Deutsche Biographische Enzyklopädie (DBE): Band 4 Görres - Hittorp [2nd rev. and enlarged Edition] 9783110946543


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Deutsche Biographische Enzyklopädie (DBE): Band 4 Görres - Hittorp [2nd rev. and enlarged Edition]
 9783110946543

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DEUTSCHE BIOGRAPHISCHE ENZYKLOPÄDIE (DBE) 2. Ausgabe

Herausgegeben von Rudolf Vierhaus

DEUTSCHE BIOGRAPHISCHE ENZYKLOPÄDIE (DBE) 2. Ausgabe

Herausgegeben von Rudolf Vierhaus unter Mitarbeit von Dietrich von Engelhardt, Wolfram Fischer, Hans-Albrecht Koch, Bernd Moeller und Klaus G. Saur

DEUTSCHE BIOGRAPHISCHE ENZYKLOPÄDIE (DBE) 2., überarbeitete und erweiterte Ausgabe Herausgegeben von Rudolf Vierhaus

Band 4 Görres – Hittorp

K · G · Saur München 2006

Wissenschaftlicher Beirat der zweiten Ausgabe: Professor Dr. Dietrich von Engelhardt, Professor Drs. Dr. h. c. Wolfram Fischer, Professor Dr. Hans-Albrecht Koch, Professor Dr. Dr. h. c. Bernd Moeller, Professor Dr. h. c. mult. Klaus G. Saur Redaktionelle Leitung: Bruno Jahn Redaktion: Sven Koch, Mike W. Malm, Anne Munding, Barbara Palmbach, Sandra Schaeff, Alexander Seelos, Mirko Vonderstein, Ute Wielandt Redaktionsschluß: 30. April 2006

Bibliographische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet unter http://dnb.ddb.de abrufbar.

0 Gedruckt auf s¨aurefreiem und chlorarmem Papier Printed on acid-free and chlorine-free paper Alle Rechte vorbehalten / All Rights Strictly Reserved K.G. Saur Verlag GmbH, M¨unchen 2006 Printed in the Federal Republic of Germany Satz: bsix information exchange GmbH, Braunschweig Druck und Binden: Strauss GmbH, M¨orlenbach ISBN-13: 978-3-598-25030-9 (Gesamt) ISBN-10: 3-598-25030-4 (Gesamt) ISBN-13: 978-3-598-25034-7 (Band 4) ISBN-10: 3-598-25034-7 (Band 4)

Inhaltsverzeichnis

Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

VI

Hinweise f¨ur die Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IX

Verzeichnis der h¨aufig benutzten Werke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

X

Verzeichnis der abgek¨urzt zitierten Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIII

Verzeichnis der allgemeinen Abk¨urzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXII Abbildungsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXIV

Biographische Artikel G¨orres – Hittorp

Autorenverzeichnis

Dr. Josef Ackermann Himmler, Heinrich Dr. Gabriele Ball Gottsched, Johann Christoph Dr. des. Rainald Becker Held, Heinrich Professor Dr. Winfried Becker Hertling, Georg Dr. Klaus Beyrer Hertz, Heinrich Dr. Ingrid Bigler-Marschall Gr¨undgens, Gustaf Hilpert, Heinz Professor Dr. Lothar Bluhm Grimm, Jacob Grimm, Wilhelm Professor Dr. Hartmut Boockmann † Heimpel, Hermann Professor Dr. Urs Boschung Haller, Albrecht von Professor Dr. Egon Boshof Heinrich II., deutscher K¨onig, Kaiser Heinrich III., deutscher K¨onig, Kaiser

Professor Dr. Dietrich von Engelhardt Groos, Friedrich Haass, Friedrich Joseph Heinroth, Johann Christian August Hirschfeld, Magnus Dr. Ruth Federspiel Haver, Eitel Fritz Haver, Fritz Dr. Cornelia Fischer Hartmann, Eduard von Dr. Elke Fr¨ohlich Heß, Rudolf Professor Dr. Hans Friedrich Fulda Hegel, Georg Wilhelm Friedrich Professor Dr. Carsten Gansel Heym, Stefan Dorothee G¨obel Haydn, Joseph Dr. Thomas Goppel Goppel, Alfons Dr. Stefan Gorißen Harkort, Johan Caspar IV. ¨ Professor Dr. Gunther Gottschalk Hesse, Hermann

Professor Dr. Christoph Bultmann Herder, Johann Gottfried

Professor Dr. Claus Grimm Gr¨unewald, Matthias

Dr. Bernd Carqu´e Gombrich, Sir Ernst H.

Michael H¨anel Haffner, Sebastian

Professor Dr. Severin Corsten Gutenberg, Johannes

Professor Dr. Lutz Hagestedt Heißenb¨uttel, Helmut

Professor Roy C. Cowen Ph. D. Grabbe, Christian Dietrich

Professor Dr. Harald Hartung Heym, Georg

Dozent Dr. Dr. h. c. Dietmar Debes † G¨oschen, Georg Joachim

Dr. Andreas Hochholzer Hindemith, Paul

Professor Dr. Burkhard Dohm Greiffenberg, Catharina Regina von

Dr. Dorothea H¨olscher-Lohmeyer Goethe, Johann Wolfgang von

Dr. Helga Dormann G¨underrode, Karoline von

Dr. Andrea Hofmeister Hardenberg, Karl August F¨urst

Professor Dr. Kaspar Elm Grundmann, Herbert

Professor Dr. Christoph Huber Gottfried von Straßburg

vi

Autorenverzeichnis Bruno Jahn Grosz, George G¨utersloh, Albert Paris Hacks, Peter Heartfield, John Hess, Moses Dr. Hanna John H¨andel, Georg Friedrich Professor Dr. Ulrich Joost G¨unther, Johann Christian Professor Dr. Bernhard Jussen Heinrich I., K¨onig des ostfr¨ankisch-deutschen Reiches Professor Dr. Walter Kaiser Helmholtz, Hermann von Dr. Britta Kaiser-Schuster Gropius, Walter Professor Dr. Ian Kershaw Hitler, Adolf Dr. Helmuth Kluger Hermann von Salza, Hochmeister des Deutschen Ordens Professor Dr. Hans-Albrecht Koch Hammer-Purgstall, Joseph von Heuß, Alfred Professor Dr. Fritz Krafft Guericke, Otto von Hahn, Otto Herschel, Wilhelm Privatdozent Dr. Hans-Christof Kraus Haller, Carl Ludwig von Dr. Erika Krauße † Haeckel, Ernst Professor Dr. Bernhard R. Kroener Hindenburg, Paul von Beneckendorff und von Dr. habil. Gabriele Lautenschl¨ager Hildegard von Bingen Professor Dr. Norbert Leser Herzl, Theodor Professor Dr. Peter L¨osche Hilferding, Rudolf Professor Dr. Dr. h. c. mult. Hans Maier G¨orres, Joseph von Guardini, Romano Professor Dr. Eberhard Mannack Gryphius, Andreas

Professor Dr. Volker Mertens Hartmann von Aue Dr. Karl von Me¨yenn Heisenberg, Werner Dr. Christoph Michel Hermann, Gottfried Professor Dr. Norbert Miller Heckmann, Herbert Dr. Helmuth Mojem Hauff, Wilhelm Professor Dr. Wolfgang Neugebauer Hintze, Otto Professor Dr. Dr. Kurt Nowak † Harnack, Adolf von Hauck, Albert Bernhard Oswald Hebel, Johann Peter Professor Dr. Roger Paulin Gotthelf, Jeremias Professor Dr. Otto P¨oggeler Heidegger, Martin Professor Dr. Karin Reich Hilbert, David Professor Dr. Hartmut Reinhardt Hebbel, Friedrich Professor Dr. Joachim Ringleben Hamann, Johann Georg Professor Dr. Werner R¨osener Heinrich, der L¨owe, Herzog von Sachsen und Bayern Professor Dr. Gabriella Rovagnati Heyse, Paul von Hildesheimer, Wolfgang Dr. Friederike Sattler Grotewohl, Otto Professor Dr. h. c. mult. Klaus G. Saur G¨otze, Heinz Professor Dr. Harm G. Schr¨oter Haber, Fritz Harkort, Friedrich Wilhelm Dr. Peter Schumann Gregorovius, Ferdinand Heß, Jonas Ludwig von Dr. Herman H. Schwedt Hermes, Georg

Dr. Michael Matthiesen Heuss, Theodor

Dr. Martial Staub Groethuysen, Bernhard Heinrich IV., deutscher K¨onig, Kaiser

¨ Dr. sc. Gunter Meißner Heckel, Erich

Professor Dr. Georg Steer Heinrich Seuse

vii

Autorenverzeichnis Dr. Mary E. Stewart Hauptmann, Gerhart

Professor Dr. Burghard Weiss Hertz, Gustav

¨ Dr. Peter Suß Graetz, Erich Graetz, Max

Dr. Miriam Wildenauer Hegel, Georg Wilhelm Friedrich

Dr. h. c. Reinhard Tgahrt Greve, Ludwig

Professor Dr. Renate Wittern-Sterzel Hahnemann, Samuel

Dr. Peter Thorau Heinrich VI., deutscher K¨onig, Kaiser, K¨onig von Sizilien

Professor Dr. W. Edgar Yates Grillparzer, Franz

Dr. Stefan Trappen Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von

Universit¨atsdozent Dr. Kurt Walter Zeidler Hartmann, Nicolai

Professor Dr. Bettina Wahrig-Schmidt Griesinger, Wilhelm

Dr. Edda Ziegler Heine, Heinrich

viii

¨ die Benutzung Hinweise fur

1. Die Artikel setzen sich aus Name und Lebensdaten, Biographie und Literaturhinweisen zusammen. Der Artikelkopf besteht aus Name (mit Namensvarianten), Vorname (zum Rufnamen zus¨atzliche Vornamen werden in Klammern gesetzt) und gegebenenfalls Adelspr¨adikat. Pseudonyme, Geburtsname, eigentlicher Name und irrt¨umlich zugeordnete Namen werden genannt. Der Berufsbezeichnung folgen Geburts- und Todesdatum mit Ortsangaben. Die Biographien informieren u¨ ber das Leben und Wirken der Personen, u¨ ber Herkunft, Bildungsweg, einflußreiche Begegnungen, Entwicklung im beruflichen Leben, Wirkungsorte, bezeichnende Werke und Leistungen, Freundschaften und Beziehungen, Zugeh¨origkeit zu Gruppen und Vereinigungen, Rezeption sowie in besonderen F¨allen u¨ ber Preise und Ehrungen. 2. Lebensdaten werden nach der vorhandenen Literatur und nach Nekrologen so exakt wie m¨oglich eingesetzt. F¨ur Daten gilt der Gregorianische Kalender (neuer Stil). 3. Die Personen des Mittelalters bis zu der Zeit um 1500 sind nach ihren Vornamen sortiert, alle sp¨ateren – abgesehen von regierenden F¨ursten – nach ihrem Nachnamen. Wo dieses Verfahren zu Unklarheiten f¨uhren k¨onnte, finden sich Verweisungen.

4. C verweist am Schluß eines Artikels auf eine weiterf¨uhrende lexikalische Literaturangabe. Am Ende der ausf¨uhrlichen, namentlich gezeichneten Artikel zu besonders herausragenden Pers¨onlichkeiten werden weitere Werke der behandelten Person aufgef¨uhrt und umfangreiche Literaturangaben gemacht. 5. Bei der alphabetischen Anordnung der Artikel erfolgt bei Namensgleichheit die Sortierung in der Chronologie des Geburtsdatums. Bei pers¨onlichen Namen gilt als Ordnungsprinzip: am Anfang stehen jeweils die deutschen K¨onige; ihnen folgen die u¨ brigen F¨ursten, alphabetisch nach Territorien angeordnet; dann Pers¨onlichkeiten des Mittelalters, deren Beiname z. B. Herkunft, Stand oder Beruf bezeichnet. Danach werden die Artikel alphabetisch nach dem Familiennamen der Person angeordnet. Adelspr¨adikate und a¨ hnliche Namensbestandteile werden nachgestellt. Umlaute gelten als zwei Buchstaben, weitere diakritische Zeichen haben auf die Sortierung keinen Einfluß. ß wird wie ss behandelt. 6. Wird in einem Artikel mit einem Pfeil auf einen anderen Namen verwiesen, kann ein Artikel zu dieser Person an entsprechender Stelle des Alphabets nachgeschlagen werden.

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Verzeichnis der h¨aufig benutzten Werke

Alberti, Eduard: Lexikon der Schleswig-HolsteinLauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1829 bis Mitte 1866. 2 Bde., Kiel 1867 / 68. Alberti, Eduard: Lexikon der Schleswig-HolsteinLauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1866-1882. 2 Bde., Kiel 1885 / 86. Bader, Karl: Lexikon deutscher Bibliothekare im Hauptund Nebenamt bei F¨ursten, Staaten und St¨adten. Leipzig 1925. Bayern. Biographische Skizzen aus dem K¨onigreich Bayern. Hrsg. v. Anton Mansch. Berlin ca. 1913. Bosls bayerische Biographie. 8000 Pers¨onlichkeiten aus 15 Jahrhunderten. Hrsg. v. Karl Bosl. Regensburg 1983. Bosls bayerische Biographie. Erg.-Bd.: 1000 Pers¨onlichkeiten aus 15 Jahrhunderten. Regensburg 1988. ¨ Brennsohn, Isidor: Die Arzte Kurlands von 1825-1900. Ein biographisches Lexicon. Kurl¨andische Gesellschaft f¨ur Literatur und Kunst. Mitau 1902. ¨ Brennsohn, Isidor: Die Arzte Livlands von den a¨ ltesten Zeiten bis zur Gegenwart. Ein biographisches Lexikon nebst einer historischen Einleitung u¨ ber das Medizinalwesen Livlands. Riga 1905. Brockhaus Enzyklop¨adie in 24 B¨anden. 19. Aufl. Mannheim 1987-94. Brockhaus Riemann. Musiklexikon. In 4 B¨anden und einem Erg¨anzungsband hrsg. v. Carl Dahlhaus und Hans Heinrich Eggebrecht. Mainz / M¨unchen 1989. Br¨ummer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. 6., v¨ollig neu bearb. und stark verm. Aufl. Leipzig 1913. Die Dermatologen deutscher Sprache. Bio-bibliographisches Verzeichnis. Fr¨uher u. d. T.: Deutscher Dermatologen-Kalender und Deutsches DermatologenVerzeichnis. Leipzig 1955. Deutsch-¨osterreichisches K¨unstler- und SchriftstellerLexikon. Biographien und Bibliographie der Wiener K¨unstler und Schriftsteller. Biographien und Bibliographie der deutschen K¨unstler und Schriftsteller in ¨ Osterreich-Ungarn außer Wien. Hrsg. v. Hermann Clemens Kosel. 2 Bde., Wien 1902-06. Das Deutsche F¨uhrerlexikon: 1934/35. Berlin 1934. Der deutsche Reichstag. Fr¨uher u. d. T.: ReichstagsHandbuch. 3. Wahlperiode nach dem 30. 1. 1933. Berlin 1936. Deutsche Tonk¨unstler und Musiker in Wort und Bild. Hrsg. v. Friedrich Jansa. 2. Ausg. Leipzig 1911. Deutscher Chirurgenkalender. Hrsg. v. August Borchard und Walter von Brunn. 2. Aufl. Leipzig 1926. Deutscher Wirtschaftsf¨uhrer. Lebensg¨ange deutscher Wirtschaftspers¨onlichkeiten. Hrsg. v. Georg Wenzel. Hamburg u. a. 1929. Deutsches Dermatologen-Verzeichnis. Lebens- und Leistungsschau. Hrsg. v. Erhard Riecke. 2. Aufl.; 1. Aufl. u. d. T.: Deutscher Dermatologen-Kalender. Leipzig 1939.

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Deutsches Gyn¨akologen-Verzeichnis. Wissenschaftlicher Werdegang und wissenschaftliches Schaffen deutscher Gyn¨akologen. Hrsg. v. Walter Stoeckel. 2. Aufl. des Deutschen Gyn¨akologenkalenders. Leipzig 1939. Deutsches Kolonial-Lexikon. Hrsg. v. Heinrich Schnee. 3 Bde., Leipzig 1920. Deutsches Musiker-Lexikon. Hrsg. v. Erich H. M¨uller. Dresden 1929. Deutsches Zeitgenossenlexikon. Biographisches Handbuch deutscher M¨anner und Frauen der Gegenwart. Hrsg. v. Franz Neubert. Leipzig 1905. ¨ Deutschlands, Osterreich-Ungarns und der Schweiz Gelehrte, K¨unstler und Schriftsteller in Wort und Bild. Hrsg. v. Gustav Adolf M¨uller. Hannover 1908. Dlabacˇz, Gottfried Johann: Allgemeines historisches K¨unstler-Lexikon f¨ur B¨ohmen und zum Theil auch f¨ur M¨ahren und Schlesien. Hrsg. v. Paul Bergner. 3 Bde., Prag 1815. Dr¨ull, Dagmar: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1652-1802. Berlin u. a. 1991. Dr¨ull, Dagmar: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1803-1932. Berlin u. a. 1986. Dr¨ull-Zimmermann, Dagmar: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1386-1651. Berlin u. a. 2002. Egerl¨ander biografisches Lexikon. Mit ausgew¨ahlten Personen aus dem ehemaligen Regierungsbezirk Eger. Hrsg. v. Josef Weinmann. 2 Bde., Bayreuth 1985-87. Eisenberg, Ludwig: Das geistige Wien. Mittheilungen u¨ ber die in Wien lebenden Architekten, Bildhauer, B¨uhnenk¨unstler, Graphiker, Journalisten, Maler, Musiker und Schriftsteller. 2 Bde., Wien 1893. Fikenscher, Georg Wolfgang Augustin: Gelehrtes F¨urstentum Baireuth. 12 Bde., N¨urnberg 1792-1805. Das geistige Deutschland am Ende des 19. Jahrhunderts. Enzyklop¨adie des deutschen Geisteslebens in biographischen Skizzen. Bd. 1: Die Bildenden K¨unstler. Leipzig / Berlin 1898. Das geistige Pommern. Große Deutsche aus Pommern. Sonderausstellung im Landeshaus Stettin. Stettin 1939. Geistige Welt. Gallerie von Zeitgenossen auf dem Gebiete der K¨unste und Wissenschaften. Hrsg. v. Anton Mansch. Berlin ca. 1910. Geistiges und k¨unstlerisches M¨unchen in Selbstbiographien. Hrsg. v. Wilhelm Zils. M¨unchen 1913. Gradmann, Johann Jacob: Das gelehrte Schwaben oder Lexicon der jetzt lebenden schw¨abischen Schriftsteller. Ravensburg 1802. ¨ Das Große Buch der Osterreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild. Hrsg. v. Walter Kleindel. Wien 1987. Das große Lexikon der Musik in 8 B¨anden. Hrsg. v. Marc Honegger und G¨unther Massenkeil. Freiburg/Breisgau 1978-82. Große Sudetendeutsche. Hrsg. v. Josef Schneider. M¨unchen 1957.

Verzeichnis der h¨aufig benutzten Werke Haan, Wilhelm: S¨achsisches Schriftsteller-Lexicon. Alphabetisch geordnete Zusammenstellung der im K¨onigreich Sachsen gegenw¨artig lebenden Gelehrten, Schriftsteller und K¨unstler, nebst kurzen biographischen Notizen und Nachweis ihrer im Druck erschienenen Schriften. Leipzig 1875. Hamacher, Gottfried, unter Mitarbeit v. Andr´e Lohmar, Herbert Mayer, G¨unter Wehner und Harald Wittstock: Gegen Hitler. Deutsche in der R´esistance, in den Streitkr¨aften der Antihitlerkoalition und der Bewegung „Freies Deutschland“. Kurzbiografien. Berlin 2005. Handw¨orterbuch der Staatswissenschaften. Hrsg. v. Ludwig Elster. 4. Aufl. 8 Bde., Erg¨anzungsbd. Jena 1923-29. Heiduk, Franz: Oberschlesisches Literatur-Lexikon. Biographisch-bibliographisches Handbuch. 3 Tle., Berlin 1990-2000. Heß, Richard: Lebensbilder hervorragender Forstm¨anner und um das Forstwesen verdienter Mathematiker, Naturforscher und National¨okonomen. Berlin 1885. Hinrichsen, Adolf: Das literarische Deutschland. 2., verb. und verm. Aufl. Berlin / Leipzig 1891. His, Eduard: Basler Gelehrte des 19. Jahrhunderts. Basel 1941. Historisch-biographisches Lexikon der Schweiz. Hrsg. v. Henrich T¨urler. 7 B¨ande, Suppl. Neuenburg / Basel 1921-34. Hochschullehrer der Wirtschaftswissenschaften in der ¨ Bundesrepublik Deutschland, Osterreich und der deutschsprachigen Schweiz. 2. Aufl. Berlin 1966. Hofer, Fritz; H¨ageli, Sonja: Z¨urcher Personenlexikon. 800 biographische Portr¨ats aus zwei Jahrtausenden. Z¨urich / M¨unchen 1986. Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische Beitr¨age zur Wiener Zeitgeschichte. Hrsg. v. Franz Planer. Wien 1929. J¨ocher, Christian Gottlieb: Allgemeines GelehrtenLexicon. Darinne die Gelehrten aller St¨ande . . . vom Anfange der Welt bis auf ietzige Zeit . . . Nach ihrer Geburt, Leben, . . . Schrifften aus den glaubw¨urdigsten Scribenten in alphabetischer Ordnung beschrieben werden. 4 Bde., Leipzig 1750 / 51. J¨ocher, Christian Gottlieb: Allgemeines GelehrtenLexicon. Fortsetzung und Erg¨anzungen zu Christian Gottlieb J¨ochers allgemeinem Gelehrten-Lexicon, worin die Schriftsteller aller St¨ande nach ihren vornehmsten Lebensumst¨anden und Schriften beschrieben werden. Hrsg. v. Johann Christoph Adelung; [Bd. 3-6] Heinrich Wilhelm Rotermund. [Bd. 7] Otto G¨unther. 7 Bde., Leipzig / Delmenhorst / Bremen 17841897. Kehrein, Joseph: Biographisch-literarisches Lexikon der katholischen deutschen Dichter, Volks- und Jugendschriftsteller im 19. Jahrhundert. 2 Bde., Z¨urich / Stuttgart / W¨urzburg 1868-71. Kobolt, Anton Maria: Baierisches Gelehrten-Lexikon. Landshut 1795. K¨opfe der Forschung an Rhein und Ruhr. Dortmund 1963. K¨opfe der Politik, Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft. Hrsg. v. Karl Ritter von Klimesch. 2 Bde., Augsburg 1953. Kordes, Berend: Lexikon der jetzt lebenden SchleswigHolsteinischen und Eutinischen Schriftsteller. Schleswig 1797. Kosch, Wilhelm: Biographisches Staatshandbuch. Lexikon der Politik, Presse und Publizistik. Fortgef¨uhrt v. Eugen Kuri. 2 Bde., Bern / M¨unchen 1963.

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Verzeichnis der h¨aufig benutzten Werke Pagel, Julius Leopold: Biographisches Lexikon hervor¨ ragender Arzte des 19. Jahrhunderts. Berlin / Wien 1901. Pˆaris, Alain: Lexikon der Interpreten klassischer Musik im 20. Jahrhundert. M¨unchen / Kassel 1992. ¨ Personenlexikon Osterreich. Hrsg. v. Ernst Bruckm¨uller. Wien 2001. P¨utter, Johann Stephan: Versuch einer academischen Gelehrten-Geschichte von der Georg-AugustusUniversit¨at zu G¨ottingen: fortgesetzt von Friedrich Saalfeld und Georg H. Oesterley. 4 Bde., G¨ottingen 1765-1838. Raßmann, Ernst: Nachrichten von dem Leben und den Schriften M¨unsterl¨andischer Schriftsteller des 18. und 19. Jahrhunderts. M¨unster (Westfalen) 1866. N. F. 1881. Recke, Johann Friedrich von; Napiersky, Karl Eduard: Allgemeines Schriftsteller- und Gelehrten-Lexikon der Provinzen Livland, Esthland und Kurland. 4 Bde., Mitau 1827-32. Recke, Johann Friedrich von; Napiersky, Karl Eduard: Allgemeines Schriftsteller- und Gelehrten-Lexikon der Provinzen Livland, Esthland und Kurland. Nachtr¨age und Fortsetzungen, bearb. v. Theodor Beise. 2 Bde., Mitau 1859-61. Reden-Esbeck, Friedrich Johann von: Deutsches B¨uhnenLexikon. Das Leben und Wirken aller hervorragenden deutschen B¨uhnen-Leiter und K¨unstler vom Beginn der Schauspielkunst bis zur Gegenwart. 1.-9. Heft. Eichst¨att 1879. Reichstags-Handbuch (teil.: Amtliches . . .). Legislatur (Wahl)-Periode 1890-1933. Berlin 1890-1933. Riemann, Hugo: Musiklexikon. Hrsg. v. Alfred Einstein. 11. Aufl. Berlin 1929. Rotermund, Heinrich Wilhelm: Das gelehrte Hannover oder Lexikon von Schriftstellern und Schriftstellerinnen, gelehrten Gesch¨aftsm¨annern und K¨unstlern, die seit der Reformation in und außerhalb den s¨amtlichen zum jetzigen K¨onigreich geh¨origen Provinzen gelebt haben und noch leben. 2 Bde. (A-K), Bremen 1823. Rotermund, Heinrich Wilhelm: Lexikon aller Gelehrten, die seit der Reformation in Bremen gelebt haben, nebst Nachrichten von gebohrnen Bremern, die in andern L¨andern Ehrenstellen bekleideten. 2 Bde. und Anh. Bremen 1818. Rudolf, Rainer; Ulreich, Eduard: Karpatendeutsches biographisches Lexikon. Stuttgart 1988. Sachsens Gelehrte, K¨unstler und Schriftsteller in Wort und Bild. Nebst eines Anhang „Nichtsachsen“. Hrsg. v. Bruno Volger. Leipzig 1907 / 08. Savelsberg, Heinrich: Aachener Gelehrte in a¨ lterer und neuerer Zeit. Aachen 1906. Schmidt, Andreas Gottfried: Anhalt’sches SchriftstellerLexikon: oder historisch-literarische Nachrichten u¨ ber die Schriftsteller, welche in Anhalt geboren sind oder gewirkt haben, aus den drei letzten Jahrhunderten gesammelt und bis auf unsere Zeiten fortgef¨uhret. Bernburg 1830.

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¨ Verzeichnis der abgekurzt zitierten Literatur

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Bonn 6 Bonner Gelehrte. Beitr¨age zur Geschichte der Wissenschaften in Bonn. Bd. 6: Landwirtschaftswissenschaften = 150 Jahre Rheinische-Friedrich-WilhelmsUniversit¨at zu Bonn 1818-1968. Bd. 2,6. Bonn 1971. Bonn 8 Bonner Gelehrte. Beitr¨age zur Geschichte der Wissenschaften in Bonn. Bd. 8: Mathematik und Naturwissenschaften = 150 Jahre Rheinische FriedrichWilhelms-Universit¨at zu Bonn 1818-1968. Bd. 2,8. Bonn 1970. Bosse Baltische K¨opfe. 24 Lebensbilder aus acht Jahrhunderten deutschen Wirkens in baltischen Landen. Hrsg. v. Heinrich Bosse und Arved Frh. von Taube. Bovenden 1953. Braune Elite 1 Die braune Elite. 22 biographische Skizzen. Hrsg. v. Romuald Smelser und Rainer Zitelmann. Darmstadt 1989. Braune Elite 2 Die braune Elite II. 21 weitere biographische Skizzen. Hrsg. v. Romuald Smelser und Rainer Zitelmann. Darmstadt 1993. Brauneder ¨ Juristen in Osterreich 1200-1980. Hrsg. v. Wilhelm Brauneder. Wien 1987. Braunschweig Braunschweigisches Biographisches Lexikon. 19. und 20. Jahrhundert. Hrsg. v. Horst-R¨udiger Jarck und G¨unter Scheel. Hannover 1996. Breitner Beitr¨age zur o¨ sterreichischen Musik der Gegenwart. Dokumente zu Leben und Werk zeitgen¨ossischer Komponisten. Bearb. v. Karin Breitner u. a. Tutzing 1992. Brem Bio 1 Bremische Biographie des 19. Jahrhunderts. Hrsg. von der Historischen Gesellschaft des K¨unstlervereins. Bremen 1912. Brem Bio 2 Bremische Biographie 1912-1962. Bearb. v. Wilhelm L¨uhrs. Bremen 1969. Brinker-Gabler 1 Deutsche Dichterinnen vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Hrsg. v. Gisela Brinker-Gabler. Frankfurt/ Main 1978. Brinker-Gabler 2 Gisela Brinker-Gabler / Karola Ludwig / Angela W¨offen: Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen 18001945. M¨unchen 1986. Brischar Johann Nepomuk Brischar: Die katholischen Kanzelredner Deutschlands seit den drei letzten Jahrhunderten. Als Beitrag zur Geschichte der deutschen Kanzelberedsamkeit, sowie als Material zur praktischen Ben¨utzung f¨ur Prediger. 5 Bde., Schaffhausen 1867-71. Bromberg Thomas Gey: Die preußische Verwaltung des Regierungsbezirks Bromberg 1871-1920. K¨oln / Berlin 1976. Brun Schweizerisches K¨unstler-Lexikon. Hrsg. v. Carl Brun. 4 Bde., Frauenfeld 1905-17.

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Wer ist wer? Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. Hrsg. v. Walter Habel . . . Ausgabe von Degeners Wer ist’s? [ab 24. Ausgabe: Begr. v. Walter Habel. (vormals Degeners Wer ist’s?)]. Berlin 1951 ff. Werke Sie leben fort in ihren Werken. Lebensbilder großer Deutscher. Stuttgart 1963. Werner Sie k¨ampften und starben f¨ur kommendes Recht. Kurze Lebensbeschreibungen Dresdner Arbeiterfunktion¨are und Widerstandsk¨ampfer. Hrsg. v. Alfred Werner = Beitr¨age zur Geschichte der Dresdner Arbeiterbewegung. H. 10. Dresden 1963. Westf Autoren Westf¨alisches Autorenlexikon. Im Auftrag des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe hrsg. und bearb. v. Walter G¨odden und Iris N¨olle-Hornkamp unter Mitarbeit v. Henrike Gundlach u. a. Bd. 1: 1750 bis 1800. Bd. 2: 1800-1850. Bd. 3: 1850-1900. Bd. 4: 1900-1950. Paderborn 1993-2002. Wetzer / Welte Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon oder Encyklop¨adie der katholischen Theologie und ihrer H¨ulfswissenschaften. 2. Aufl. in neuer Bearb. . . . begonnen v. Joseph Hergenr¨other, fortgesetzt v. Franz Kaulen. 12 Bde., Registerband, Freiburg / Breisgau 1882-1903. Widerstand Lexikon des Widerstands 1933-1945. Hrsg. v. Peter Steinbach und Johannes Tuchel. M¨unchen 21998. Wieacker Franz Wieacker: Gr¨under und Bewahrer. Rechtslehrer der neueren deutschen Privatrechtsgeschichte. G¨ottingen 1959. Wieninger Karl Wieninger: Bayerische Gestalten. 74 Lebensbilder von Herzog Tassilo III. bis Werner Heisenberg. M¨unchen 1981. Wienstein: Kath Friedrich Wienstein: Lexikon der katholischen deutschen Dichter vom Ausgange des Mittelalters bis zur Gegenwart. Hamm 1899. Wienstein: P¨ad Friedrich Wienstein: Preußische P¨adagogen der Neuzeit. Dreißig Charakterbilder als Beitrag zur Schulgeschichte. Arnsberg 1900. Wiggenhauser B´eatrice Wiggenhauser: Klerikale Karrieren. Das l¨andliche Chorherrenstift Embrach und seine Mitglieder im Mittelalter. Z¨urich 1997. Wildt Michael Wildt: Generation des Unbedingten. Das F¨uhrungskorps des Reichssicherheitshauptamtes. Hamburg 2002. Wilpert: Goethe Gero von Wilpert: Goethe-Lexikon. Stuttgart 1998. Wininger Salomon Wininger: Große j¨udische National-Biographie. 7 Bde., Cern˜au¸ti 1925-36. Nachdr. Nendeln 1979. Wistrich Robert Wistrich: Wer war wer im Dritten Reich. M¨unchen 1983.

¨ Verzeichnis der abgekurzt zitierten Literatur Wolandt Ostdeutsche Denker. Vier Jahrhunderte philosophischer Tradition von Jakob B¨ohme und Moritz L¨owi. Hrsg. v. Gerd Wolandt und Reinhold Breil. Bonn 1992. Wolf Erik Wolf: Große Rechtsdenker der deutschen Geistesgeschichte. 4. Aufl. T¨ubingen 1963. ¨ Wurtt Nekrolog W¨urttembergischer Nekrolog f¨ur das Jahr ... Hrsg. v. Karl Weller und Viktor Ernst. Jg. 1913-1920 / 21. Sonderheft. Stuttgart 1916-28. Wunder Gerd Wunder: Bauer, B¨urger, Edelmann. Lebensl¨aufe. In memoriam Gerd Wunder. Hrsg. v. der Stadt Schw¨abisch Hall. Sigmaringen 1988. Wuppertal Bio Wuppertaler Biographien. 17 Folgen, Wuppertal 1958-93. Wurm Ernst Wurm: Die Burgschauspielerin. 12 Portr¨atskizzen. Wien 1969. Wurzbach Constant von Wurzbach: Biographisches Lexikon des ¨ Kaiserthums Osterreich, enthaltend die Lebensskizzen der denkw¨urdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronl¨andern gelebt haben. 60 Bde., Wien 1856-91. Nachdr. New York 1966-73.

Wußing Fachlexikon Abc Forscher und Erfinder. Hrsg. v. HansLudwig Wußing. Frankfurt/Main 1992. Zeitgeschichte Zeitgeschichte in Lebensbildern. Aus dem Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts. Hrsg. v. Rudolf Morsey, ab Bd. 3 v. J¨urgen Aretz, Rudolf Morsey und Anton Rauscher. Mainz 1973 ff., ab Bd. 9 M¨unster 1999 ff. Zekert Otto Zekert: Ber¨uhmte Apotheker. 2 Bde., Stuttgart 1955-62. ZSK Zeitgen¨ossische schlesische Komponisten. Eine Dokumentation. 2 Bde., D¨ulmen (Westf.) 1979. ¨ ¨ Zurcher Arzte ¨ Christoph M¨orgeli / Bruno Weber: Z¨urcher Arzte aus vier Jahrhunderten. Die Portr¨atgalerie im Medizinhistorischen Museum der Universit¨at Z¨urich. Hrsg. ¨ von der Arztegesellschaft des Kantons Z¨urich. Zollikon 1998.

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¨ Abkurzungsverzeichnis

Abt. a. d. AG a. o. Prof. apl. Prof. a. St. AT Aufl. Ausg.

Abteilung an dem, an der, auf der Aktiengesellschaft außerordentlicher Professor außerplanm¨aßiger Professor alter Stil Altes Testament Auflage Ausgabe

b. BBC Bd., Bde. Bearb. bearb. bes. Bez. Bibliogr. Biogr. BRD bzw.

bei British Broadcasting Corporation Band, B¨ande Bearbeiter(in) bearbeitet besonders Bezirk Bibliographie Biographie Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise

ca. CDU CSU Cty.

circa Christlich Demokratische Union Christlich-Soziale Union in Bayern County

¨ d. A. d¨an. dass. DDR DEK dems. D´ep. ders. d. Gr. dies. Diss. d. J. dt.

¨ der (die) Altere d¨anisch dasselbe Deutsche Demokratische Republik Deutsche Evangelische Kirche demselben D´epartement derselbe der (die) Große dieselbe(n) Dissertation der (die) J¨ungere deutsch

ebd. ed. e. h. eigentl. EKD EKU engl. erw. ETH

ebenda edited ehrenhalber eigentlich Evangelische Kirche in Deutschland Evangelische Kirche der Union englisch erweitert Eidgen¨ossische Technische Hochschule e. V. eingetragener Verein evang. evangelisch f., ff. folgende Seite(n), folgendes (folgende) Jahre

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Faks. FDP Frfr. Frh. frz. geb. Gem. gest. Gestapo Gf. GmbH H. Habil. h. c. Hrsg. hrsg.

Faksimile Freie Demokratische Partei Freifrau Freiherr franz¨osisch geboren(e) Gemeinde gestorben Geheime Staatspolizei Graf Gesellschaft mit beschr¨ankter Haftung Heft Habilitation honoris causa Herausgeber(in) herausgegeben

Ing. Ingenieur Jg. Jahrgang Jh. Jahrhundert kath. kgl. k. k. KPD Kr. Kt. k. u. k. lat. Lfg. lic. Lit. Ltd. luth.

katholisch k¨oniglich kaiserlich-k¨oniglich Kommunistische Partei Deutschlands Kreis Kanton kaiserlich und k¨oniglich lateinisch Lieferung licentiatus Literatur Limited lutherisch

Nachdr. n. e. Neudr. N. F. Nr. NSDAP

Nachdruck nicht ermittelt Neudruck Neue Folge Nummer Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei NT Neues Testament

o¨ sterr. ¨ OVP o. J. o. Prof. preuß. Prof. Prov. Pseud.

o¨ sterreichisch ¨ Osterreichische Volkspartei ohne Jahr ordentlicher Professor preußisch Professor(in) Provinz Pseudonym

¨ Abkurzungsverzeichnis Red. Redaktion rev. revidiert, revised S. SA schweizer. SED sog. Sp. SPD ¨ SPO SS St. TH Tl., Tle. trans. Tsd. TU

Seite Sturmabteilung schweizerisch Sozialistische Einheitspartei Deutschlands sogenannt Spalte Sozialdemokratische Partei Deutschlands ¨ Sozialdemokratische Partei Osterreichs Schutzstaffel Sankt Technische Hochschule Teil, Teile translation, translated Tausend Technische Universit¨at

u. a. ¨ Ubers. u¨ bers. Univ. u. o¨ . urspr. USPD

unter anderem, und andere ¨ ¨ Ubersetzer(in), Ubersetzung u¨ bersetzt Universit¨at, University und o¨ fter urspr¨unglich Unabh¨angige Sozialdemokratische Partei Deutschlands

v. v. d. verb. verh. verm. ver¨off. verw. vgl. vorm.

von vor dem, vor der verbessert verheiratet vermehrt ver¨offentlicht verwitwet vergleiche vormals

z. B. zum Beispiel z. T. zum Teil

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Abbildungsnachweis

akg-images Berlin S. 1, 4, 65, 67, 71, 77, 120, 141, 144, 147, 151, 171, 189, 208, 228, 231, 237, 244, 249, 278, 308, 324, 330, 363, 366, 380, 392, 401, 427, 434, 439, 457, 463, 499, 504, 525, 530, 531, 532, 552, 562, 589, 601, 603, 604, 616, 625, 637, 639, 666, 714, 757, 763, 764, 776, 789, 793, 811b, 824, 830, 837, 847, 855, 859, 861, 862, 891 Arche-Archiv, Z¨urich S. 823 Bayerische Staatskanzlei S. 52 Deutsches Literaturarchiv Marbach / Mathias Michaelis S. 133 Haver & Boecker, Oelde S. 521, 522 Klartext Verlag, Essen S. 868 Isolde Ohlbaum S. 845 Monumenta Germaniae Historica, Archiv, M¨unchen S. 220 Sammlung Voit S. 811a Springer Verlag S. 17 Stadtbibliothek N¨urnberg, Will II, 793 S. 122 SV-Bilderdienst / S. M. S. 761 SV-Bilderdienst / Scherl S. 205, 645 ullstein bild S. 162, 186, 538 ullstein bild / Abraham Pisarek S. 883 ullstein bild / Andree S. 320 ullstein bild / Archiv Gerstenberg S. 788 ullstein bild / dpa S. 543 ullstein bild / imagno S. 252 ullstein bild / Kruse S. 47 ullstein bild / Hyzdal von Miserony S. 343 ullstein bild / Roger Violett S. 147 Universit¨at Leipzig S. 733 Universit¨atsarchiv Leipzig S. 494, 630

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G G¨orres, Albert, Psychotherapeut, * 13. 9. 1918 Berlin, † 3. 2. 1996 M¨unchen. Nach dem Studium der Philosophie, Psychologie und Medizin wurde G. 1947 in T¨ubingen zum Dr. phil. (Ein Beitrag zur Lehre vom Irrtum bei Thomas von Aquin) und 1954 zum Dr. med. (Person und Ich in den Fr¨uhschriften Freuds) promoviert. Er schloß eine psychoanalytische Ausbildung in Berlin, Heidelberg und Amsterdam an und habilitierte sich nach einer klinischen T¨atigkeit 1955 bei Alexander → Mitscherlich in Mainz. 1966-73 war er Prof. f¨ur klinische Psychologie an der Univ. M¨unchen und leitete danach als Ordinarius und Direktor bis zu seiner Emeritierung die Klinik f¨ur Medizinische Psychologie und Psychotherapie der TU M¨unchen. G. ver¨offentlichte u. a. Methode und Erfahrungen der Psychoanalyse (1958, 21961), An den Grenzen der Psychoanalyse (1968), Kennt die Psychologie den Menschen. Fragen zwischen Psychotherapie, Anthropologie und Christentum (1978, 31986), Das B¨ose. Wege zu seiner Bew¨altigung in Psychotherapie und Christentum (mit Karl → Rahner, 1982, 41984) und Tiefenpsychologische Deutung des Glaubens? Anfragen an Eugen Drewermann (1988, 41992, mit Horst B¨urkle). Postum erschien Das Kreuz mit dem Glauben. Kritische Gedanken eines Therapeuten (2000).

G¨orres, Guido (Moritz), Publizist, Dichter, * 28. 5. 1805 Koblenz, † 14. 7. 1852 M¨unchen. Der Sohn von Joseph von → G. und Bruder von Marie → G. studierte in Bonn Philosophie und Geschichte, wurde zum Dr. phil. promoviert und trat w¨ahrend umfassender Quellenstudien zu einer Biographie u¨ ber Jeanne d’Arc (Die Jungfrau von Orleans. Nach den Prozeßakten und gleichzeitigen Chroniken, 1834) in Frankreich in Kontakt mit Freunden seines Vaters, darunter Montalembert. Sp¨ater lebte G. als freier Schriftsteller und Publizist in M¨unchen und war 1838 Mitbegr¨under der „Historisch-politischen Bl¨atter f¨ur das katholische Deutschland“, die er seit 1848 redigierte; 1846 / 47 gab er das Deutsche Hausbuch heraus. In der Nachfolge Clemens → Brentanos dichtete er geistliche Lieder, von denen einige (u. a. Maria Himmelsk¨onigin) volkst¨umlich wurden. G. war seit 1844 mit Maria Vespermann (→ Arndts) verheiC Killy ratet.

G¨orres, Ida Friederike, geb. Gr¨afin Coudenhove-Kalergi, Schriftstellerin, * 2. 12. 1901 Ronsperg (B¨ohmen), † 15. 5. 1971 Frankfurt / Main. Die Tochter des Diplomaten und Privatgelehrten Heinrich Coudenhove-Kalergi und Schwester von Richard Nikolaus → Coudenhove-Kalergi wandte sich in den zwanziger Jahren der kath. Jugendbewegung zu. Nach dem Noviziat im Wiener Institut der Englischen Fr¨aulein 1923-25 studierte sie Geschichte und Volkswirtschaft an der Univ. Wien, besuchte 1927-29 die Soziale Frauenschule in Freiburg / Breisgau und setzte ihre historischen und kirchengeschichtlichen Studien an der dortigen Univ. fort. 1931-35 war sie Di¨ozesansekret¨arin f¨ur die weibliche Jugend in Dresden; sp¨ater engagierte sie sich neben ihrer publizistischen T¨atigkeit in der konfessionellen Jugend- und Erwachsenenarbeit. Nach Kriegsende ließ sie sich in Stuttgart, sp¨ater in Freiburg nieder. G. ver¨offentlichte u. a. Das große Spiel der Maria Ward

(1934, 31990), Die leibhaftige Kirche (1950), Aus der Welt der Heiligen (1955) und Zwischen den Zeiten. Aus meinen C Killy Tageb¨uchern 1951-59 (1960).

G¨orres, (Johann) Joseph von, Publizist, Schriftsteller, * 25. 1. 1776 Koblenz, † 29. 1. 1848 M¨unchen. Nach dem Besuch eines von aufkl¨arerischen Jesuiten geleiteten Gymnasiums 1786-93 verschrieb sich G. – Sohn einer mittelst¨andischen Holzh¨andlerfamilie – den Naturwissenschaften, der Medizin und der Geschichte. Mit dem kath. Glauben brechend, hing er seit 1792 revolution¨arem, republikanischem Gedankengut an. Schon seine fr¨uhen Schriften (Der allgemeine Friede ein Ideal, 1798; Beitr¨age in den Zeitschriften „Das Rothe Blatt“ 1798 / 99 und „Der R¨ubezahl“ 1799) lassen seine Devise erkennen, stets „die frische gr¨une Wahrheit ohne alle Furcht“ zu sagen. G.’ Ziel war die „Amalgamation“ der beiden großen Revolutionen des 18. Jh., der franz¨osischen in der Politik und der deutschen in der Philosophie. So sollte jener Zustand „der h¨ochsten Kultur“ erreicht werden, „bei dem die Menschenw¨urde in ihrer ganzen Majest¨at verwirklicht, das Sittengesetz auf den Thron erhoben ist und der Verstand unbeschr¨ankt gebietet“. Im November 1799 – G. war als Beauftragter der Koblenzer Patrioten in Paris – erlebte er seine große Entt¨auschung: der Staatsstreich Napoleons hatte die politische Szene verwandelt, seine Mission blieb erfolglos, die politischen Akteure sah er „entkleidet hinter den Kulissen“. F¨ur 13 Jahre verschwand G. aus der Politik. Eine Stellung als Lehrer der Naturwissenschaften an der Secondairschule Koblenz gab ihm die wirtschaftliche Basis f¨ur seine Ehe mit Katharina von Lassaulx (1801). Philosophisch geriet er in diesen zur¨uckgezogenen Jahren unter den Einfluß → Schellings (vor allem seiner Naturphilosophie), besch¨aftigte sich mit den Mythen und Religionen der V¨olker (Glaube und Wissen, 1805) (Einfluß → Herders) und begegnete mit Achim von → Arnim und Georg Friedrich → Creuzer – Clemens → Brentano kannte er bereits aus der Schulzeit – der j¨ungeren Romantik. 1804 begann er, auf Einladung von Johann Christoph von → Aretin an der Zeitschrift „Aurora“ mitzuarbeiten. Von 1806 bis 1808 lehrte er als Privatdozent an der Univ. Heidelberg. G. las ein breites Programm; seine Ziele waren die universale Darstellung der gesamten Geistes- und Naturwissenschaft und eine mythische Weltdeutung. „Ein einsiedlerischer Zauberer, Himmel und Erde, Vergangenheit und Zukunft mit seinen magischen Kreisen umschreibend“, so charakterisierte ihn der junge → Eichendorff. Die Besch¨aftigung mit der altdeutschen Geschichte, den versch¨utteten Traditionen des katholisch gepr¨agten Mittelalters, ließen den jakobinischen Weltb¨urger langsam zum deutschen Patrioten werden (es entstanden Die Teutschen Volksb¨ucher, 1807; die Mythengeschichte der asiatischen Welt, 1810; Mitarbeit an verschiedenen Zeitschriften). Bis in die Straßburger Zeit vertrat er den Gedanken einer u¨ berkonfessionellen Universalreligion,

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G¨orres einer katholisch-protestantischen Doppelkirche, doch ließ er 1807 seine beiden Kinder nachtr¨aglich taufen, 1808 wurde das dritte Kind getauft. Als die linksrheinischen Gebiete von der Herrschaft Napoleons befreit wurden, brach nach den Koblenzer Jahren des Wartens G.’ zweites „¨offentliches Leben“ an. Im Januar 1814 gr¨undete er den „Rheinischen Merkur“; das Blatt gewann rasch geistigen, politischen Einfluß – Napoleon bezeichnete es als „f¨unfte Großmacht“. Mit beißendem Spott schrieb G. gegen Napoleon, f¨ur Deutschland forderte er eine „starke Einheit in freier Vielheit“, einen friedlichen Dua¨ lismus Preußen-Osterreich mit einem Haus Habsburg als Tr¨ager der Krone, warnte vor Reaktion und Liberalismus. Herausgefordert durch die schlechte o¨ konomische Situation der Rheinprovinz, bezeichnete G. (noch vor → Baader und Wilhelm Emmanuel von → Ketteler) die soziale Frage als die Zukunftsfrage des deutschen Katholizismus. Als das europ¨aische Gleichgewicht sich wieder herstellte, die deutsche Nationalbewegung schw¨acher wurde, griff G. die Siegerm¨achte heftig an, was 1816 zum Verbot des „Rheinischen Merkur“ und zur Entlassung aus dem Schuldienst f¨uhrte. G. antwortete mit dem Manifest Teutschland und die Revolution (1819). Diese Anklage gegen die politische Reaktion wurde zur Hauptz¨asur in G.’ Lebenslauf: dem Haftbefehl der preuß. Regierung konnte er sich nur durch die Flucht nach Straßburg entziehen (Oktober 1820). Kurz darauf u¨ bersiedelte er ins schweizer. Aarau, wo er Europa und die Revolution in 27 Tagen niederschrieb; im Herbst 1821 kehrte er nach Straßburg zur¨uck. Die acht Exiljahre sollten die Inkubationszeit des sp¨aten G., des Christen, Mystikers, K¨ampfers f¨ur die kath. Sache sein. Mit der Aufnahme der Arbeit am „Katholik“ im Herbst 1824, die den neuen, von der katholisch-demokratischen Bewegung Frankreichs gepr¨agten Zusammenklang von Katholizit¨at, Freiheitsbewegung und erneuertem publizistisch-historischem Schaffen zeigte, schloß G. auch seine R¨uckkehr zur kath. Kirche ab. Im Oktober 1825 trat in Bayern → Ludwig I. die Regierung an. G. wandte sich aus dem Exil mit einem Appell, der das Programm der christlichen Romantik enthielt – Kurf¨urst → Maximilian in den Mund gelegt – an den K¨onig; dieses Lebenszeichen verfehlte seine Wirkung nicht: G.’ Freunde in M¨unchen, allen voran Bischof → Sailer, betrieben seine Berufung an die M¨unchner Universit¨at. 1827 begann G. seine T¨atigkeit als „ordentlicher Professor der allgemeinen und Litter¨argeschichte“ in M¨unchen. Das Hauptwerk der M¨unchner Zeit war die Christliche Mystik (4 Bde., 1836-42). G.’ Haus in der Sch¨onfeldstraße war Treffpunkt aller „legitim und katholisch gesinnten M¨anner“; Besucher aus halb Europa erwiesen G. ihre Reverenz. Die Gefangennahme des K¨olner Erzbischofs Clemens August von → Droste zu Vischering am 20. 11. 1837 wegen des Mischehenstreits trieb G. noch einmal zu publizistischer Aktivit¨at; er verfaßte den Athanasius, das „erste große Dokument des politischen Katholizismus“; Kirche und Staat sollten voneinander unabh¨angig, doch in „h¨oherer Ordnung der Dinge zu gemeinsamem Gedeihen verbunden sein“. 1842 zog er das Fazit des Kampfes in der Schrift Kirche und Staat nach Ablauf der K¨olner Irrung; erneut betonte er, an Preußen gerichtet, daß Deutschland den Frieden unter den Konfessionen brauche, um zu Frieden und Einheit zu gelangen. 1847 / 48 entstand sein letztes Werk Aspecten an der Zeitwende. Zum neuen Jahre 1848, in dem er vor der Tyrannis der Zukunft – „Radikalismus, Kommunismus, Proletariat“ – warnte. 1839 wurde G. von Ludwig I. geadelt. Der archimedische Punkt in G.’ Leben ist sein politischer Moralismus, sein Wille zu Freiheit, Gerechtigkeit und Wahrheit. Sein Standort wechselte mehrfach. Er hat stets Partei bezogen und dies auch von jedermann verlangt – denn Gott

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vergebe das Parteiliche, aber nicht das Geheuchelte. In der Spirale kann man das ad¨aquate Symbol f¨ur G.’ Metamorphosen finden: er selbst sah seine aufkl¨arerischen Anf¨ange am Ende seines Lebens zur¨uckgekehrt in den Bereich des Christlichen, aus dem sie gekommen waren, das Gleiche wiedergeboren in ver¨anderter Gestalt und auf h¨oherer Ebene. WERKE: Gesammelte Schriften. Hrsg. v. Marie G¨orres. 1. Abt.: Politische Schriften. 6 Bde., M¨unchen 1854-60. 2. Abt.: Gesammelte Briefe. Hrsg. v. Marie G¨orres / Franz Binder. 3 Bde., M¨unchen 1858-74. – Kritische Neuausgabe: J. G. Gesammelte Schriften. Hrsg. im Auftrage der G¨orres-Gesellschaft v. Wilhelm Schellberg / Adolf Dyroff, fortgef¨uhrt v. Leo Just / Heribert Raab. Bd. 1-16, K¨oln 1926-84; Erg.-Bde. 1 und 2, Paderborn 1985-93 (in Bd. 2 eine von Albert Portmann-Tinguely bearb. Bibliographie und Ikonographie). – Ausgew¨ahlte Werke. Hrsg. v. Wolfgang Fr¨uhwald. 2 Bde., Freiburg / Basel / Wien 1978 (Bibliographie). – J. G. Ein Leben f¨ur Freiheit und Recht. Auswahl aus seinem Werk, Urteile von Zeitgenossen, Einf¨uhrung und Bibliographie. Hrsg. v. Heribert Raab. Paderborn 1978. LITERATUR: Bernd Wacker: Revolution und Offenbarung. Das Sp¨atwerk (1824-48) von J. v. G. Mainz 1990. – G.-Studien. Festschrift zum 150. Todesjahr. Hrsg. v. Harald Dickerhof. Paderborn 1999. Hans Maier

G¨orres, Marie, Publizistin, * 28. 6. 1828 Heidelberg, † 20. 5. 1871 M¨unchen. Die Tochter von Joseph von → G. u¨ bernahm nach dem Tod ihres Bruders Guido → G. die Gesch¨aftsleitung der „Historisch-politischen Bl¨atter f¨ur das katholische Deutschland“, betreute den Nachlaß ihres Vaters und edierte seit 1854 eine Auswahl seiner politischen Schriften, seit 1858 seine gesammelten Briefe. Vor Gericht erstritt sie eine Nachbezahlung der Pensionsanspr¨uche ihres Vaters. 1854 erschien erstmals ein von ihr zusammengestelltes Lesebuch f¨ur die deutsche Jugend. C ADB

G¨ortler, Henry, Mathematiker, * 26. 10. 1909 Calgary (Kanada), † 25. 12. 1987 Freiburg / Breisgau. G. studierte an der TH M¨unchen und an den Universit¨aten M¨unchen und Gießen, wurde 1936 in Gießen promoviert (Asymptotische Eigenwertgesetze bei Differentialgleichungen vierter Ordnung) und war seit 1937 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Abteilungsleiter am Kaiser-Wilhelm-Institut f¨ur Str¨omungsforschung in G¨ottingen. 1940 an der dorti¨ gen Univ. mit der Arbeit Uber eine dreidimensionale Instabilit¨at laminarer Grenzschichten an konkaven W¨anden f¨ur reine und angewandte Mathematik und Mechanik habilitiert, wurde er 1944 a. o. Prof., 1949 o. Prof. an der Univ. Freiburg / Breisgau. G. u¨ bernahm 1950 die Gesch¨aftsf¨uhrung der Gesellschaft f¨ur Angewandte Mathematik und Mechanik, 1952 deren Vertretung im Generalrat der Internationalen Union f¨ur Theoretische und Angewandte Mechanik. Seit 1948 redigierte er das „Archiv der Mathematik“. 1963 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. G. ver¨offentlichte u. a. Zahlentafeln universeller Funktionen zur neuen Reihe f¨ur die Berechnung laminarer Grenzschichten (1957), Grenzschichtforschung (1958) und Dimensionsanalyse. Theorie der physikalischen Dimensionen mit Anwendungen (1975). Goerttler, Kurt, Anatom, * 17. 5. 1898 Sondershausen (Th¨uringen), † 16. 4. 1983 Freiburg / Breisgau. G. studierte Medizin an der Univ. Marburg, wurde 1923 ¨ promoviert (Uber das Vorkommen von viruliziden Stoffen im Serum Revakzinierter) und habilitierte sich 1926 in M¨unchen (Die Formbildung der Medullaranlage bei Urodelen). Seit 1926 a. o. Prof. in Kiel, ging er 1932 an die Univ. Z¨urich, wurde 1934 o. Prof. in Hamburg und lehrte 1935-45 an der

Goes Univ. Heidelberg. 1947 an die Univ. Saarbr¨ucken berufen, war er seit 1948 o. Prof. der Anatomie an der Univ. Freiburg / Breisgau. G. wurde 1937 in die Heidelberger Akademie der Wissenschaften, 1964 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Er ver¨offentlichte u. a. einen Grundriß der Entwicklungsgeschichte des Menschen (1949) und Der unbegrenzte Horizont. Essays u¨ ber Lesen, Bildung und Wissenschaft (1970). G. war Bearbeiter von Alfred → Benninghoffs Lehrbuch der Anatomie des Menschen.

G¨ortz von Schlitz, Georg (Heinrich) Frh., Staatsmann, * 24. 11. 1675 Schlitz (Hessen), † 2. 3. 1719 Stockholm. G. v. S., Sohn eines Ritterhauptmanns und Domherrn zu Halberstadt, studierte 1694 / 95 an der Univ. Helmstedt Rechtsund Staatswissenschaften und wurde nach Reisen durch die Schweiz, Frankreich und die Niederlande 1697 Kammerjunker am herzoglich gottorfischen Hof, sp¨ater Oberschenk und Etatsrat und begleitete Herzog → Friedrich IV. von Schleswig-Holstein-Gottorf auf seinem Feldzug nach Polen. Nach dessen Tod 1702 von der Herzoginwitwe zu ihrem Geheimen Rat ernannt, wurde er Mitglied der Vormundschaftsregierung f¨ur den unm¨undigen Thronfolger und suchte als Diplomat die Unabh¨angigkeit Gottorfs zwischen D¨anemark, Schweden und Preußen zu bewahren. Seit 1714 Ratgeber des schwedischen K¨onigs Karl XII., war G. v. S. seit 1716 einer der f¨uhrenden Staatsm¨anner Schwedens. 1718 schwedischer Friedensunterh¨andler mit Rußland, wurde er nach dem Tod ¨ Karls XII. 1718 seiner Amter enthoben. G. v. S. vertrat die Anspr¨uche Gottorfs auf Schweden gegen¨uber der Schwester Karls XII., Ulrika Eleonora, der Gemahlin → Friedrichs I. von Hessen-Kassel. Nach einem Prozeß verurteilt, wurde G. v. S. hingerichtet. Johann Eustach und Karl Friedrich Adam → G. v. S. waren seine Neffen. C SHBL, Bd 8 G¨ortz von Schlitz, Johann Eustach Graf, Diplomat, * 5. 4. 1737 Schlitz (Hessen), † 7. 8. 1821 Regensburg. Der Sohn eines Schloßhauptmanns zu Hannover und Bruder von Karl Friedrich Adam → G. v. S. wurde 1762 von Herzogin → Anna Amalia von Weimar mit der Erziehung ihrer S¨ohne betraut. 1775 verließ er den Hof, als sein Z¨ogling → Karl August bei seinem Regierungsantritt → Goethe ihm vorzog. 1778 entsandte ihn → Friedrich II. von Preußen in diplomatischer Mission nach Zweibr¨ucken, im folgenden Jahr als Botschafter nach St. Petersburg. 1788-1800 war er kurbrandenburgischer Gesandter auf dem Regensburger Reichstag, sp¨ater beim Rastatter Kongreß und beim Reichsdeputationshauptschluß 1803. Seine Schriften wurden postum als Historische und politische Denkw¨urdigkeiten [. . .] (2 Tle., 1827 / 28) herausgegeben. C NDB G¨ortz von Schlitz, Karl Friedrich Adam Graf, Milit¨ar, * 21. 12. 1733 Schlitz (Oberhessen), † 24. 8. 1797 Ohlau. Der Bruder von Johann Eustach → G. v. S. trat 1750 in das hessische Milit¨ar ein und wurde 1762 d¨anischer Oberst. 1771 als Oberst in preuß. Dienste aufgenommen, wurde er 1777 Generalmajor, sp¨ater Generaladjutant K¨onig → Friedrichs II. und Generalleutnant. G. v. S. genoß um die Zeit der Thronfolge besondere Vorz¨uge bei Hof und wurde 1787 Chef eines Reiterregiments, 1795 General der Kavallerie. C ADB G¨ortz-Wrisberg, (Wilhelm Otto Hans) Hermann Graf von, Staatsmann, * 5. 4. 1819 Hannover, † 22. 2. 1889 Braunschweig. G.-W. begleitete nach Abschluß rechtswissenschaftlicher Studien an den Universit¨aten Jena und G¨ottingen 1848 / 49 als Stabsauditeur die Truppen Braunschweigs nach Schleswig-Holstein und war seit 1857 Mitglied des herzoglichen Steuerkollegiums. 1866 wurde er Landtagsabgeordneter, 1868 Chef der Dom¨anenverwaltung und Kammerrat, 1876 Wirklicher Geheimer Rat, 1880 Vorsitzender im

Staatsministerium und Bevollm¨achtigter Braunschweigs im Deutschen Bundesrat. Nach dem Tod Herzog → Wilhelms von Braunschweig 1884 wurde G.-W. Vorsitzender des Re¨ gentschaftsrats und leitete die Ubergabe der Regentschaft an Prinz → Albrecht von Preußen. C ADB

Goerz, Carl (Paul), Industrieller, * 21. 7. 1854 Brandenburg / Havel, † 14. 1. 1923 Berlin. Nach der kaufm¨annischen Ausbildung in einem optischen Werk in Rathenow (1870-73) kam G., Sohn eines Strafanstaltsinspektors, als Vertreter optischer und feinmechanischer Firmen u. a. nach Paris, wo er Teilhaber des Unternehmens von Eugen Kraus wurde. 1886 kehrte er nach Deutschland zur¨uck und gr¨undete eine Versandhandlung f¨ur mathematische Instrumente und Zeichenger¨ate, vertrieb bald auch Photoapparate und stellte sie seit 1888 im eigenen Betrieb in Friedenau her, der 1903 in die Goerz AG umgewandelt wurde. G. war neuen Erfindungen gegen¨uber aufgeschlossen und stellte u. a. Schlitzverschl¨usse, Weitwinkelobjektive und zu Gesch¨utzvisieren weiterentwickelte Panoramafernrohre her; er erweiterte sein Unternehmen durch zahlreiche Filialen in Europa und den USA, durch eine eigene Filmfabrik und ein modernes Glash¨uttenwerk. Das Unternehmen besch¨aftigte 1917 bereits 10 000 Arbeiter, f¨ur die G. 1894 die 48-Stunden-Woche, 1897 bezahlten Urlaub und 1904 einen Pensionsfonds einf¨uhrte. C NDB

G¨orz, Hermann, Ingenieur, Betriebsleiter, * 31. 1. 1861 Mainz, † 9. 11. 1930 Berlin. G., dessen Vater Oberlandesgerichtspr¨asident in Mainz und 1. Pr¨asident der Zweiten Kammer des Hessischen Landtags war, studierte nach einer Lehre als Feinmechaniker seit 1879 Mathematik und Physik an der Univ. Berlin, seit 1882 als einer der ersten Studenten Elektrotechnik an der TH Darmstadt und wurde 1884 Ingenieur bei den St¨adtischen Elektrizit¨atswerken in Berlin. 1887 trat er in die Leitung der AEG ein, wechselte 1893 zu Siemens & Halske und wurde Chef der russischen Filiale des Konzerns in St. Petersburg. Viele seiner dort durchgef¨uhrten Reformmaßnahmen u¨ bernahmen auch andere Siemenswerke. Nach dem Ersten Weltkrieg errichtete und leitete G. die Personalverwaltung des SiemensKonzerns, der in den zwanziger Jahren bis zu 100 000 Arbeitskr¨afte besch¨aftigte. C NDB

G¨orzke, Joachim Ernst von, Milit¨ar, * 11. 4. 1611 Bollersdorf (Mittelmark), † 27. 3. 1682 K¨ustrin. Als Edelknabe der Prinzessin Maria Eleonore von Brandenburg kam G. nach deren Heirat mit Gustav Adolf nach Schweden. Als Reiter der kgl. schwedischen Leibgarde stieg er im Dreißigj¨ahrigen Krieg bis zum Oberst auf. 1656 trat er in das kurbrandenburgische Milit¨ar ein und wurde vom Großen Kurf¨ursten noch im selben Jahr zum Generalmajor ernannt. 1663 wurde G. Gouverneur von Memel und Befehlshaber der in Preußen stehenden Truppen. Er nahm an Feldz¨ugen in Westfalen und im Elsaß sowie als Oberstleutnant 1675 an den Schlachten bei Rathenow und Fehrbellin teil. 1678 schloß er Greifswald ein und befehligte die Truppen, die das schwedische Heer aus Preußen vertrieben. In seinen letzten Lebensjahren war G. Gouverneur von K¨ustrin. C ADB

Goes, Albrecht, evang. Theologe, Schriftsteller, * 22. 3. 1908 Langenbeutingen (W¨urttemberg), † 23. 2. 2000 Stuttgart. Der aus einer liberalen schw¨abischen Pfarrersfamilie stammende G. besuchte die Seminare in Sch¨ontal / Jagst und Urach und studierte evang. Theologie, Germanistik und Geschichte in T¨ubingen und Berlin, wo er 1927 / 28 bei Romano → Guardini h¨orte. Bereits w¨ahrend seiner Ausbildungszeit war er literarisch und journalistisch t¨atig und schrieb u. a. f¨ur

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G¨oschel die „Frankfurter Zeitung“. 1930 wurde G. Vikar in Echterdingen, nahm dann eine Pfarrstelle in Unterbalzheim (W¨urttemberg) an, wechselte 1938 als Gemeindepfarrer nach Gebersheim bei Stuttgart und war 1940-45 Lazarettgeistlicher an der S¨udost- und Ostfront. Seinen ersten Lyrikband Verse gab G. 1932 im Selbstverlag heraus. In den nachfolgenden B¨anden Der Hirte (1934) und Heimat ist gut (1935) vertrat er einen sinnlicher Landschaftserfahrung entspringenden Heimatbegriff. Seit 1953 vom Pfarramt beurlaubt, arbeitete G. seit 1955 als freier Schriftsteller, war aber bis 1973 auch als Prediger t¨atig. Zu seinen schriftstellerischen Arbeiten z¨ahlen vor allem Gedichte, Erz¨ahlungen und Essays, aber auch volkst¨umliche Laienspiele nach biblischen Stoffen, Biographien, Reden, Predigten und Traktate. In seinen Ver¨offentlichungen setzte sich G. immer wieder mit der Zeit des Nationalsozialismus und des Kriegs und seinen Opfern auseinander. Internationale Bekanntheit erlangte er mit seinen teilweise autobiographischen Erz¨ahlungen Unruhige Nacht (1950, 1958 verfilmt von Falk → Harnack) und Das Brandopfer (1954). Seinen Leitbildern, neben Eduard → M¨orike vor allem → Mozart, widmete er eine Reihe von Ver¨offentlichungen (u. a. Mit M¨orike und Mozart. Studien aus 50 Jahren, 1988). G. war Mitglied der Deutschen Akademie f¨ur Sprache und Dichtung in Darmstadt und der Akademie der K¨unste in Berlin. Er wurde u. a. mit dem Lessingpreis der Stadt Hamburg (1953) und der Buber-RosenzweigMedaille ausgezeichnet. C Killy

G¨oschel, Karl Friedrich, Jurist, Philosoph, Kirchenpolitiker, * 7. 10. 1784 Langensalza, † 22. 9. 1861 Naumburg. G., Sohn eines Hofrats und Amtmanns in Langensalza, sp¨ateren Kommissarius des preuß. Oberlandesgerichts in Naumburg, studierte 1803-07 Jura in Leipzig, wo er dann als Jurist t¨atig war, ehe er 1819 an das preuß. Oberlandesgericht in Naumburg ging. Er betrieb landes- und lokalgeschichtliche, literarische und theologische Studien und versuchte, auf eine Erneuerung des christlichen Glaubens durch die Literatur → Goethes und die Philosophie → Hegels hinzuwirken. Seine Aphorismen u¨ ber Nichtwissen und absolutes Wissen im Verh¨altnis zur christlichen Glaubenserkenntnis. Ein Beitrag zum Verst¨andnis der Philosophie unserer Zeit (1829) sowie Hegels wohlwollende Rezension der Schrift brachten ihn f¨ur einige Jahre in engen Kontakt zur Hegelschen Schule. Seit 1834 Rat im preuß. Justizministerium, stieg er unter → Friedrich Wilhelm IV. zum kirchenpolitischen Sachbearbeiter auf und erwirkte die staatliche Anerkennung der altlutherischen Kirche. Seit 1845 war G. Mitglied des preuß. Staatsrats und Konsistorialpr¨asident der Provinz Sachsen in Magdeburg. 1818-42 ver¨offentlichte er eine Chronik der Stadt Langensalza in drei B¨anden. C MBL

Goeschen, Alexander, Mediziner, * 12. 3. 1813 Berlin, † 2. 3. 1875 Berlin. G. studierte 1831-36 an der Univ. G¨ottingen, wurde 1836 mit einer gyn¨akologischen Arbeit promoviert (De forcipe obstricia), praktizierte in Dardesheim bei Halberstadt und unternahm 1838 eine Studienreise durch Deutschland und ¨ Osterreich. Anschließend ließ er sich als Arzt in Magdeburg nieder und wurde 1843 Medizinal-Assessor honorarius des dortigen Provinzial-Medizinal-Collegiums. Seit 1843 in Leipzig ans¨assig, gab G. 1844-46 den „Jahresbericht u¨ ber die Fortschritte der gesammten in- und ausl¨andischen Medicin“ heraus und u¨ bernahm 1849 die Redaktion von „Schmidt’s Jahrb¨uchern der in- und ausl¨andischen gesammten Medicin“. 1849 siedelte er nach Berlin u¨ ber und gr¨undete die Zeitschrift „Deutsche Klinik“, die er bis zu seinem Tod redigierte. 1854 wurde G. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Zu seinen Hauptwerken z¨ahlt Die ¨ Pflege des menschlichen K¨orpers (1847). 1 C Arzte

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G¨oschen, Georg Joachim, Verleger, * 22. 4. 1752 Bremen, † 5. 4. 1828 Grimma. Der aus einfachen Verh¨altnissen stammende G. – sein Vater war ein Kaufmann, der nach seinem zweiten Konkurs die Familie verließ – kam als Dreizehnj¨ahriger in die Familie eines Schulmeisters zur Ausbildung. Nach Abschluß einer Buchhandelslehre bei Johann Henrich Cramer in Bremen erhielt G. 1772 eine erste Anstellung bei der Leipziger Buchhandlung von Siegfried Leberecht Crusius, die 15 Jahre w¨ahrte, ihn mit angesehenen Leipziger Familien zusammenf¨uhrte und die fruchtbare Freundschaft mit Christian Gottfried → K¨orner vermittelte. 1783 nahm er eine Stelle als Faktor in der als genossenschaftliches Selbstverlagsunternehmen der Autoren gegr¨undeten „Buchhandlung der Gelehrten“ in Dessau an, schied aber 1785 wieder aus, um mit finanzieller Hilfe K¨orners einen eigenen Verlag zu gr¨unden. Eine Reise 1785 nach Gotha und Weimar brachte ihm feste Verbindungen mit Johann → Bode, → Mus¨aus und → Wieland. Wichtig wurde die Bekanntschaft mit → Bertuch, der ihm → Goethe zuf¨uhrte, und die Freundschaft mit → Schiller. Der wirtschaftlich erfolgreiche Verlag – schon 1788 konnte G. das geliehene Kapital an K¨orner zur¨uckzahlen – hat bis 1838, als er in den Besitz der J. G. Cottaschen Buchhandlung u¨ berging, zahlreiche Autoren herausgebracht. Neben klangvollen Namen wie Schiller, Goethe, Wieland, → Klopstock, → Lessing, Johann Jakob → Griesbach, Friedrich August → Wolf, Johann Gottfried → Seume, August Wilhelm → Iffland sind heute fast vergessene wie Johann Baptist von → Alxinger, Valerius Wilhelm → Neubeck, Charpentier, → Th¨ummel, von → Houwald, → Kind, → K¨uttner, → M¨ullner vertreten. Bei ihm erschien die von Schiller begr¨undete „Thalia“ 1780-91, die „Neue Thalia“ bis 1794, Wielands „Teutscher Merkur“ (in Kommission), die erste rechtm¨aßige Ausgabe der Werke Goethes 1787-90, 1787 Schillers Don Carlos und 1802 davon der typographisch beste Druck, 1788 mit 30 000 Exemplaren das Noth- und H¨ulfs-B¨uchlein f¨ur Bauersleute seines Freundes Rudolf Zacharias → Becker, seit 1790 der „Historische Kalender f¨ur Damen“, in dem Schillers Geschichte des Dreißigj¨ahrigen Krieges erstmals ver¨offentlicht wurde. Wichtigster Autor f¨ur G. aber wurde Christoph Martin Wieland, der ihm die Ausgabe seines Gesamtwerkes anvertraut hatte; f¨ur sie leistete er Bahnbrechendes. In einem langwierigen Prozeß gegen die Weidmannsche Buchhandlung, bei der zuvor 17 Einzeltitel Wielands erschienen waren, konnte die Auffassung durchgesetzt werden, daß der Autor nach Nutzung seines Manuskripts durch den Verleger sein Eigentum zur¨uckfordern und weiter frei vergeben d¨urfe. Damit war f¨ur G. der Weg frei, eine auch typographisch vorbildliche Gestaltung der S¨ammtlichen Werke zu erreichen. Unzufrieden mit den Leistungen Leipziger Buchdrucker, hatte er schon 1793 f¨ur eine eigene Druckerei um eine „Concession zur Erlangung einer Buchdruckerei mit lateinischen Schriften nach Didot“ ersucht und sie erhalten. Die Offizin verlegte er 1797, nun mit unbeschr¨ankter Konzession, nach Grimma. Hier gelang ihm die Ausstattung mit modernsten Pressen und Maschinen und mit einer eigenen, von Carl Ludwig Prillwitz geschnittenen klassizistischen Antiqua der Anschluß an die von William Caslon, John Baskerville und Giambattista Bodoni gefundene, klassizistisch reine Form der neuen Buchkunst, die nur durch typographische Mittel wirkt. Die musterg¨ultige Gestaltung kam aber nicht nur einer Prachtaus-

G¨osser gabe 1794-1802 (250 Taler) zugute; auch die Parallelausgaben in Oktav auf Velinpapier (150 Taler), im Taschenformat auf Velinpapier zweiter Wahl (112 1/2 Taler) und eine einfache Ausgabe in Oktav auf Druckpapier (27 Taler) konnten alle K¨auferschichten mit vorbildlich gedruckten Ausgaben erreichen. Gleiche Sorgfalt ließ G. den Werken Klopstocks 1798-1809, ebenfalls in vier Ausstattungen, der Neuausgabe des Novum Testamentum Graece (1803-07) durch Johann Jakob Griesbach und Homers Ilias (1806) durch Friedrich August Wolf in einer von Prillwitz neugeschnittenen griechischen Schrift angedeihen. Seine noble Auffassung von den Aufgaben und Pflichten eines Verlegers faßte er 1802 in seiner Denkschrift zur Gr¨undung einer Vereinigung der Buchh¨andler (Meine Gedanken u¨ ber den Buchhandel und u¨ ber dessen M¨angel) zusammen. LITERATUR: Christian Gottlob Lorenz: Zur Erinnerung an G. J. G. Grimma 1861. – Karl Buchner: Wieland und G. J. G. Berlin 1871. – George Joachim Viscount Goschen: The Life and Time of G. J. G. London 1903, dt. Leipzig 1905. – Johann Goldfriedrich: Aus den Briefen der G¨oschensammlung des B¨orsenvereins der Deutschen Buchh¨andler. Leipzig 1918. – Gerhard Menz: G. J. G. In: S¨achsische Lebensbilder. Bd. 3, Dresden 1941, S. 120-127. – Helmut Hiller: G., J. G. In: NDB, Bd. 6, 1964, S. 541-543. – Dietmar Debes: G. J. G. Die typographische Leistung des Verlegers. Leipzig 1965. – Stephan F¨ussel: G. J. G. Leipzig u. a. 1992. – Eberhard Z¨anker: G. J. G. Buchh¨andler, Drucker, Verleger, Schriftsteller. Ein Leben in Leipzig und Grimma-Hohnst¨adt. Beucha 1996. – Otto Werner F¨orster: G. J. G. „Ein Kaufmann, der mit den edelsten Waaren handelt . . .“. Biographische Essays. Leipzig 1999. – Stephan F¨ussel (Hrsg.): G. J. G. Ein Verleger der Sp¨ataufkl¨arung und der deutschen Klassik. 3 Bde., Berlin 1996-99. Dietmar Debes

G¨oschen, Johann Friedrich Ludwig, Jurist, * 16. 2. 1778 K¨onigsberg, † 24. 9. 1837 G¨ottingen. Seit 1794 Student der Rechtswissenschaften an der Univ. K¨onigsberg, 1796-98 an der Univ. G¨ottingen, versuchte sich G., Sohn eines M¨unzdirektors, 1800-04 erfolglos als Gutsbesitzer und setzte 1806 seine Studien in Berlin fort. Er trat in engen Kontakt mit Friedrich Carl von → Savigny und Barthold Georg → Niebuhr, wurde 1811 promoviert, lehrte als a. o., seit 1813 als o. Prof. und war 1819 / 20 Rektor der Univ. Berlin. 1815 wurde er Mitherausgeber der „Zeitschrift f¨ur die geschichtliche Rechtswissenschaft“. Auf Savignys Vorschlag geh¨orte G. 1817 der Kommission der Berliner Akademie zur Entzifferung der von Niebuhr entdeckten Handschrift des Gaius an (Gaii Institutionum commentarii IV, 1820). Seit 1822 o. Prof. und außerordentlicher Beisitzer des Spruchkollegiums in G¨ottingen, wurde er 1828 Hofrat, 1829 ordentliches Mitglied des Spruchkollegiums. G. war der Vater von Otto → G. C Altpreuß Biogr, Bd 1 G¨oschen, Otto, Jurist, * 10. 7. 1808 Berlin, † 30. 9. 1865 Halle. Der Sohn Johann Friedrich Ludwig → G.s war nach Abschluß seiner Studien an der Univ. G¨ottingen Advokat und Akzessist der Bibliothek in G¨ottingen und habilitierte sich 1833 an der Univ. Berlin. 1839 wurde er a. o. Prof., 1841 Mitglied des Spruchkollegiums und folgte 1844 einem Ruf als o. Prof. des kanonischen Rechts und des deutschen Privatrechts an die Univ. Halle, deren Rektor er 1860 / 61 war. Zu seinen Hauptwerken z¨ahlt Das s¨achsische Landrecht nach der Quedlinburger Pergamenthandschrift (1853). C ADB Goeschl, Heinrich, Bildhauer, * 24. 6. 1839 M¨unchen, † 16. 12. 1896 M¨unchen. G. beendete seine k¨unstlerische Ausbildung als Meistersch¨uler Max → Widnmanns an der M¨unchner Kunstakade-

mie und hielt sich anschließend zu kunsthistorischen Studien in Rom auf. Nach seiner R¨uckkehr ließ er sich in seiner Heimatstadt nieder, schuf eine Reihe von Kleinplastiken (u. a. Italiener mit seiner Donna, 1873) und stellte sein betr¨achtliches Verm¨ogen f¨ur wohlt¨atige Zwecke zur Verf¨ugung, bevor er in einer Heilanstalt seinem Leben selbst ein Ende setzte. C ADB

Go¨ess, Johann Frh. von, Bischof von Gurk, Kardinal, * 1611 Br¨ussel, † 19. 10. 1696 Rom. Nach Studien in L¨owen trat G., Sohn eines Gutsbesitzers, unter Kaiser → Ferdinand II. in die kaiserliche Diplomatie ein und wurde 1639 Reichshofrat. Zahlreiche Auftr¨age f¨uhrten ihn u. a. nach Kopenhagen und Temesvar; 1677-79 war er kaiserlicher Bevollm¨achtigter bei den Friedensverhandlungen in Nimwegen. 1675 f¨ur seine Verdienste vom Kaiser f¨ur das Bistum Gurk nominiert, erhielt er rasch die erforderlichen Weihen. In seinem Sprengel bem¨uhte sich G. um Volksmission und das Schulwesen, veranstaltete Exerzitien f¨ur den Klerus und hielt 1689 auf Schloß Straßburg die letzte Di¨ozesansynode der nachtridentinischen Zeit ab. 1686 von Kaiser → Leopold I. zum Kardinal vorgeschlagen, wurde ihm im folgenden Jahr die Kardinalsw¨urde verliehen. Von einer 1689 unternommenen Reise nach Rom kehrte G. nicht mehr zur¨uck. C Gatz 3 Go¨ess, Leopold Graf, o¨ sterr. Beamter, * 28. 10. 1848 Graz, † 22. 7. 1922 Ebenthal (K¨arnten). G., Großneffe von Peter → G., trat nach dem Studium in den o¨ sterr. Verwaltungsdienst ein und wurde Hofrat beim Landespr¨asidium in K¨arnten. Als Landespr¨asident der Bukowina 1893-97 befriedete er die Bev¨olkerung der verschiedenen Nationalit¨aten, vermittelte 1897-1904 als Statthalter von Triest zwischen Italienern und Slowenen, baute die Hafenanlagen aus und f¨orderte die deutschsprachige Kaufmannschaft. Seit 1904 Mitglied des Herrenhauses, wurde er 1911 zum Obersterbstabelmeister in K¨arnten, Geheimen Rat und K¨ammerer ernannt. Nach dem Ersten Weltkrieg engagierte ¨ sich G. f¨ur die K¨arntner Volksabstimmung. C OBL Go¨ess, Peter Graf, o¨ sterr. Staatsmann, * 8. 2. 1774 Florenz, † 11. 6. 1846 Wien. Nach dem Studium der Rechte an der Univ. Wien trat G., Sohn eines k. k. Generalfeldwachtmeisters und Kommandanten der großherzoglichen Leibgarde in Florenz, in den o¨ sterr. Staatsdienst ein und wurde 1797 Kreiskommandant. Seit 1799 Rat beim K¨arntner Gubernium, wurde er 1803 Pr¨asident des dalmatinischen Guberniums und machte sich um die Hebung des Lebensstandards der Bev¨olkerung verdient. 1804 wurde er wirklicher Landratspr¨asident und st¨andiger Chef in K¨arnten, 1806 Vizepr¨asident des vereinigten steirisch-k¨arntnerischen Guberniums und Gouverneur von Triest. G. war seit 1809 Generalintendant der Armee f¨ur Italien und Tirol und Landesgouverneur in Galizien, seit 1815 der venetischen Provinzen und wurde 1819 lombardischvenetianischer Hofkanzler in Wien. Seit 1823 Erster Hofkanzler und Obersthofmeister des Erzherzogs → Franz Karl, wurde er 1825 nieder¨osterreichischer Land- und 1834 Hofmarschall. G. amtierte 1825-42 als Pr¨asident der Landwirtschaftsgesellschaft, 1825-32 Pr¨asident der Gesellschaft der Musikfreunde und wurde 1829 Oberprokurator der Ersten ¨ Osterreichischen Sparkasse. C NDB G¨osser, (Johann) Wilhelm, o¨ sterr. Bildhauer, * 6. 5. 1881 Leoben (Steiermark), † 10. 3. 1966 Graz. Nach einer Lehre bei einem Holz- und Steinbildhauer und einigen Jahren Berufst¨atigkeit als Gehilfe studierte G. acht Jahre bei Hans → Bitterlich und Edmund von → Hellmer an der Wiener Kunstakademie und lebte 1913 als Stipendiat in Rom. 1920 wurde er Prof. der Bildhauerei an der Kunstgewerbeschule Graz, an der er – seit 1933 Mitglied

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Goessler der NSDAP – bis Kriegsende lehrte. G. schuf religi¨ose Figuren und Denkm¨aler, Portr¨atb¨usten und -denkm¨aler (Peter Rosegger, 1925) sowie Kriegerdenkm¨aler (Deutsches Leid, 1939). C Vollmer

an. Nach Kriegsende nach Bonn zur¨uckversetzt und 1946 emeritiert, las er dort noch bis 1950. G. war der Vater von Gerhard → G. C RGG

Goessler, Peter (Friedrich), Arch¨aologe, * 17. 5. 1872

* 29. 12. 1803 Reindorf bei Wien, † 4. 3. 1873 Graz. Nach dem Mathematikstudium an der Univ. Wien versuchte sich G. als Schriftsteller, kam als Privatlehrer in die Kreise um Karoline → Pichler und August Wilhelm → Schlegel und wurde schließlich Hauslehrer in Gußwerk bei Maria Zell. Dort lernte er Erzherzog → Johann kennen, der ihn seit 1830 als Archivar und Privatsekret¨ar besch¨aftigte und ihm 1838 eine Stelle bei der Wiener Landwirtschaftsgesellschaft vermittelte. G. wurde 1841 Prof. der Mathematik am Grazer Joanneum und 1861 Studiendirektor. Er ver¨offentlichte u. a. Vordernberg in der neuesten Zeit, oder geschichtliche Darstellung der Vereinigung der Radgewerken, nebst einer Einleitung, die Beschreibung des Berg- und H¨uttenbetriebes zu Vordernberg enthaltend (1839), Das Herzogtum Steiermark (3 Bde., 1840-43) und Das Joanneum in Gratz (1861). ¨ C OBL

Geislingen (W¨urttemberg), † 13. 3. 1956 T¨ubingen. G., Sohn eines Dekans der evang. Kirche, studierte Klassische Philologie, Geschichte und Arch¨aologie in T¨ubingen, Berlin und Paris, unternahm Studienreisen durch S¨udeuropa und den Vorderen Orient und arbeitete anschließend als Lehrer in verschiedenen schw¨abischen Gemeinden. Seit 1903 war er Mitarbeiter Wilhelm → D¨orpfelds, mit dem er zahlreiche Ausgrabungen in Griechenland durchf¨uhrte. 1932-46 war G. Honorarprofessor f¨ur Ur- und Fr¨uhgeschichte und f¨ur r¨omisch-germanische Arch¨aologie an der Univ. T¨ubingen, bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand 1934 auch Direktor der Staatlichen Kunstsammlungen und des W¨urttembergischen Landesamtes f¨ur Denkmalpflege in Stuttgart. 1946 u¨ bernahm er die Leitung der W¨urttembergischen Kommission f¨ur Landesgeschichte, war 1939-47 Herausgeber der „T¨ubinger Bl¨atter“ und ver¨offentlichte u. a. Eugen N¨agele. Sein Leben und Wirken (1947). C Leb Schwaben, Bd 16

Goeters, (Johann Friedrich) Gerhard, reformierter Theologe, Kirchenhistoriker, * 1. 4. 1926 Bonn, † 29. 8. 1996 Bonn. G., Sohn von Wilhelm → G., nahm am Zweiten Weltkrieg teil und studierte nach der Entlassung aus der Gefangenschaft seit 1948 Theologie in Bonn. 1955-64 arbeitete er am Institut f¨ur Evangelisches Kirchenrecht in G¨ottingen bei Rudolf → Smend an der Edition der Evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts mit. 1957 in Z¨urich mit der Dissertation Ludwig H¨atzer (ca. 1500 bis 1529). Spiritualist und Antitrinitarier zum Dr. theol. promoviert, habilitierte er sich 1963 in Bonn mit der Arbeit Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts: Kurpfalz. 1968-70 war G. Prof. f¨ur Kirchengeschichte in M¨unster und 1970-91 in Bonn. Seit 1985 war er Vorstand des Ausschusses f¨ur rheinische Kirchengeschichte, Mitglied des Rats der Evangelischen Kirche der Union sowie Mitglied des St¨andigen Kirchenordnungsausschusses der rheinischen Landessynode. Zu seinen Forschungsschwerpunkten z¨ahlten der reformierte Protestantismus der fr¨uhen Neuzeit, die Geschichte der rheinischen und altpreußischen Kirche (u. a. Studien zur niederrheinischen Reformationsgeschichte, 2002, hrsg. von Dietrich Meyer) und der „Kirchenkampf“ im „Dritten Reich“. C RGG

Goeters, Wilhelm (Gustav), reformierter Theologe, Kirchenhistoriker, * 9. 1. 1878 Rheydt (heute zu M¨onchengladbach), † 17. 4. 1953 Bonn. G., Sohn eines Tuchfabrikanten, studierte Theologie in Halle, Greifswald, Erlangen, Utrecht und Bonn, u. a. bei Karl → M¨uller, war 1902-09 Inspektor am reformierten Studentenkonvikt in Halle, wurde 1909 mit der Arbeit Die Vorbereitung des Pietismus in der Reformierten Kirche der Niederlande bis zur Ankunft Labadies 1666 (Nachdr. 1974) zum Lic. theol. promoviert und habilitierte sich im folgenden Jahr. Seit 1913 lehrte G. als a. o. Prof. f¨ur Kirchengeschichte in Bonn; 1931 erhielt er einen etatm¨aßigen Lehrstuhl. Er war mitverantwortlich f¨ur die Berufung Karl → Barths nach Bonn und sympathisierte mit der Bekennenden Kirche. 1933 lehnte G., der seit 1922 der Deutschnationalen Volkspartei angeh¨orte, die Ernennung zum „Bevollm¨achtigten“ der reformierten Landeskirche Hannovers ab. Im Zuge der faktischen Aufl¨osung der Fakult¨at in Bonn wurde er 1935 nach M¨unster zwangsversetzt. Seit 1936 geh¨orte G. der Theologischen Kammer der Deutschen Evangelischen Kirche und der Pr¨ufungskommission der Bekennenden Kirche

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G¨oth, Georg, o¨ sterr. Historiker, Mathematiker,

Goethe, (Julius) August (Walther) von, Beamter, * 25. 12. 1789 Weimar, † 27. 10. 1830 Rom. Der erstgeborene Sohn und einzig u¨ berlebendes von f¨unf Kindern von Johann Wolfgang von → G. aus der Verbindung mit Christiane Vulpius (→ Goethe) wurde vom Vater 1800 legitimiert. 1808-10 studierte G. Rechtswissenschaft an den Universit¨aten Heidelberg und Jena, wurde 1810 wirklicher sachsen-weimarischer Kammerassessor, 1813 Hofjunker, 1815 Kammeradjunkt, 1816 Kammerrat und 1823 Geheimer Kammerrat. Vom Vater u. a. bei der Leitung des Weimarer Theaters, der staatlichen Anstalten f¨ur Wissenschaft und Kunst und der Baudirektion herangezogen, war er sein Mitarbeiter auch bei Sammlungen, Forschungen und der Ausgabe letzter Hand. G.s 1817 mit Ottilie von Pogwisch (→ Goethe) geschlossenen Ehe entstammen u. a. die S¨ohne Walther und Wolfgang von → G. Den unbefriedigenden beruflichen und privaten Zust¨anden suchte er sich 1830 durch eine Italienreise zu entziehen, von der er nicht mehr zur¨uckkehrte. C Wilpert: Goethe

Goethe, Catharina Elisabeth, geb. Textor, genannt Frau Rat, Frau Aja, * 19. 2. 1731 Frankfurt / Main, † 13. 9. 1808 Frankfurt / Main. Die Tochter des Frankfurter Reichs-, Stadt- und Gerichtsschultheißen Johann Wolfgang → Textor heiratete mit siebzehn Jahren Johann Caspar → G. und gebar in ihrer Ehe sieben Kinder, von denen nur die beiden a¨ ltesten, Johann Wolfgang und Cornelia → G., die Kindheit u¨ berlebten. Sie entzog sich den p¨adagogischen Bem¨uhungen ihres Gatten und schloß sich 1766 dem pietistischen Kreis um Susanna von → Klettenberg an. Nach den ersten großen Erfolgen ihres Sohnes 1773 / 74 wandte sich ihr Interesse der Literatur und den Freunden Johann Wolfgangs zu, mit denen sie – wie sp¨ater auch mit den Familien ihrer Kinder – in kraftvoller und mundartlich gepr¨agter Sprache korrespondierte (Frau Rath. Briefwechsel, hrsg. von Robert Keil, 1871; Die Briefe der Frau Rath Goethe, hrsg. von Albert → K¨oster, 2 Bde., 1904, 91976). Besonders eng war G. mit Bettine Brentano (→ Arnim) befreundet, die sie als Geistesverwandte betrachtete. C Killy

Goethe, (Johanna) Christiane (Sophie) von, geb. Vulpius, * 1. 6. 1765 Weimar, † 6. 6. 1816 Weimar. Die Tochter eines Amtsarchivars und Schwester von Christian August → Vulpius arbeitete seit 1782 in Friedrich Justin → Bertuchs Werkstatt f¨ur k¨unstliche Blumen, zog nach dem Tod ihres Vaters zu ihrer Tante Juliane Auguste, lernte 1788 Johann Wolfgang von → G. kennen und lebte seit demselben Jahr mit ihm in freier Gemeinschaft. Die Ehe wurde

Goethe 1806 geschlossen, nachdem G. den Dichter vor franz¨osischen Marodeuren besch¨utzt hatte. Sie war die Mutter von C Wilpert: Goethe August von → G.

Goethe, Cornelia (Friederice Christiane), verh. Schlosser, * 7. 12. 1750 Frankfurt / Main, † 8. 6. 1777 Emmendingen. Die Tochter Johann Caspar und Catharina Elisabeth → G.s wurde zun¨achst in einer Tagesschule und im Rolandschen Institut, sp¨ater gemeinsam mit ihrem Bruder Johann Wolfgang von → G. von ihrem Vater in aufkl¨arerischem Geist erzogen. 1773 heiratete sie Johann Georg → Schlosser, einen Jugendfreund ihres Bruders, und lebte mit ihm bis zu ihrem fr¨uhen Tod im Kindbett vereinsamt in dem kleinen Ort Emmendingen. G. beschrieb die Konflikte ihrer Jugend in einem Brieftagebuch (Briefe und Correspondance Secr`ete 1767-1769, hrsg. von Melanie Baumann, 1990). C Killy

Goethe, Johann Caspar, Jurist, * 29. 7. 1710 Frankfurt / Main, † 25. 5. 1782 Frankfurt / Main. G., Sohn eines Schneidermeisters und sp¨ateren Gastwirts, studierte seit 1730 Rechtswissenschaft in Gießen und Leipzig, war 1735-38 am Reichskammergericht Wetzlar t¨atig, wurde 1738 in Gießen zum Dr. jur. promoviert und unternahm anschließend eine Kavaliersreise. 1739 hielt er sich am Reichstag in Regensburg und am Reichshofrat in Wien auf, bereiste 1740 acht Monate lang Italien und erwarb 1742 den Titel eines Wirklichen Kaiserlichen Rats. Dank ererbten Verm¨ogens konnte er auf Berufst¨atigkeit verzichten und widmete sich nach der Heirat mit Catharina Elisabeth Textor (→ Goethe) 1748 der Erziehung seiner Kinder Johann Wolfgang und Cornelia → G., privaten Studien und seiner Kunstsammlung. Sein zwischen 1762 und 1768 entstandener Reisebericht in italienischer Sprache, Viaggio per l’Italia fatto nel anno MDCCXL, erschien erstmals 1932 / 33 unter dem Titel Viaggio in Italia (dt. 1986). C Killy

Goethe, Johann Wolfgang von, Dichter, Staatsmann, Naturforscher, * 28. 8. 1749 Frankfurt / Main, † 22. 3. 1832 Weimar. G. war der a¨ lteste Sohn Johann Caspar → G.s und seiner Frau Catharina Elisabeth → G. Der Vater, kaiserlicher Rat, entstammte einer th¨uringischen Handwerkerfamilie; da er ein Kapital von 90 000 Gulden geerbt hatte, konnte er sich ein berufsloses Leben als „Particulier“ gestatten und sp¨ater noch zu der materiellen Unabh¨angigkeit des Sohnes wesentlich beitragen. Die Mutter, geborene Textor, Tochter des Frankfurter Schultheißen, geh¨orte einer s¨udwestdeutschen Gelehrten- und Beamtenfamilie an. Das Haus „Zu den Drei Leyern“, in dem G. zur Welt kam, scheintot zun¨achst, lag im Frankfurter Großen Hirschgraben. Es geh¨orte der Großmutter Cornelia G., die den Kindern zu Weihnachten 1753 ein Puppentheater schenkte, f¨ur das G. sein erstes Schauspiel, ein Josephsdrama, verfaßte. Von den f¨unf nach ihm geborenen Geschwistern wuchs nur die Schwester Cornelia → G. mit ihm auf. Den Elementarunterricht der Kinder u¨ bernahm zun¨achst der Vater, der sie dabei schon ins Italienische einf¨uhrte. Bald aber u¨ berließ er den Unterricht in den Naturwissenschaften und in der Mathematik sowie im Lateinischen, Griechischen, Franz¨osischen, Englischen und Hebr¨aischen eigenen Lehrern. Daneben lief die Unterrichtung im Zeichnen, Klavierspielen, Fechten und Reiten. G., der das Studium der Sprachen in G¨ottingen bevorzugt h¨atte, ging 1765 auf Dr¨angen des Vaters zum Studium der

Rechte nach Leipzig. Schon in der ersten H¨alfte des Jahrhunderts hatte sich die Stadt zu einem Zentrum der Aufkl¨arungsbewegung entwickelt: Johann Christoph → Gottsched hielt hier Vorlesungen u¨ ber eine rationalistische Poetik, Christian F¨urchtegott → Gellert u¨ ber eine neue Stil- und Sittenlehre, die st¨andige B¨uhne Friederike Caroline → Neubers bevorzugte franz¨osisch-klassizistische Dramen. G.s anf¨angliches Interesse an den juristischen Kollegs erlahmte; bald auch stellte sich Kritik an den Gellertschen wie den Gottschedschen Vorlesungen ein. Der Einfluß der rationalistischen Poetik machte ihn unsicher und ließ ihn alle aus Frankfurt mitgebrachten poetischen Arbeiten verbrennen. Er f¨uhlte sich mehr zum Bildenden K¨unstler berufen als zum Dichter und nahm Zeichenunterricht bei Adam Friedrich → Oeser, dem Lehrer Johann Joachim → Winckelmanns. Winckelmanns Geschichte der Kunst des Altertums (1764) wurde G. zur lebenslangen Grundlage seines Antikenverst¨andnisses. Ostern 1766 brachte der Mittagstisch im „Gasthaus am Br¨uhl“ G. mit einer Runde junger Erzieher zusammen, zu der auch Ernst Wolfgang → Behrisch geh¨orte. Ihm, der bald Freund und Kritiker G.s wurde, gelang es, die besten der noch ganz in anakreontischer Manier verfaßten Gedichte zu einem Buch zusammenzufassen, dem der Autor den Titel Annette gab: sie waren zumeist aus der Liebe zur Wirtstochter Anna Katharina → Sch¨onkopf entstanden. G.s Eifersucht brachte wiederholt Verzweiflung u¨ ber die Liebenden. Zeugnis dieser Gef¨uhlsschwankungen war das Lustspiel Die Laune des Verliebten (1768). Der pl¨otzliche Weggang von Behrisch und die Trennung im Fr¨uhjahr 1768 von „K¨athchen“ haben ihn so geschw¨acht, daß der Achtzehnj¨ahrige im Juli 1768 von einem blutigen Husten befallen wurde und erst an seinem Geburtstag die Heimreise nach Frankfurt wagen konnte. Wie ein „Schiffbr¨uchiger“ f¨uhlte sich G. beim Wiedereintritt in sein Vaterhaus. Die leichte Tuberkulose klang im Fr¨uhjahr 1769 allm¨ahlich ab. F¨ur die langsamer heilende seelische ¨ Uberreizung war eine Freundin der Mutter hilfreich: Susanna Katharina von → Klettenberg, Urbild der „sch¨onen Seele“, deren Lebensbekenntnisse G. sp¨ater seinem Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre einf¨ugte. Mit ihr und der Mutter – beide der pietistischen Erweckungsbewegung anh¨angend – studierte G. pansophische Schriften. Trotz der Krankheit wurden Die Mitschuldigen, eine schon in Leipzig begonnene Farce, jetzt beendet. In Straßburg, wohin G. im Fr¨uhjahr 1770 aufbrach, war er zu einem neuen Leben wie zu einem ernsthaft betriebenen Studium entschlossen. Die „Ephemerides“, Eintragungen von Lesefr¨uchten und Buchtiteln, zeugen von einer immensen Lekt¨ure. Wichtiger aber waren andere Eindr¨ucke: das gotische M¨unster und die els¨assische Landschaft. In dieser Gem¨utsverfassung machte die Begegnung mit Johann Gottfried → Herder „Epoche“. Auch diesem ging es um ein neues Erfassen des Sch¨opferischen. G.s Antwort darauf war eine intensive Homerlekt¨ure, die Besch¨aftigung mit Ossian, den angeblich neuentdeckten g¨alischen Heldenliedern, die Skizzierung eines Aufsatzes u¨ ber das Straßburger M¨unster (Von deutscher Baukunst, 1773 ausgef¨uhrt) und schließlich die Aufzeichnung von zw¨olf Volksliedern. Schon 1770 war ihm in Sesenheim die Pfarrerstochter Friederike → Brion begegnet. Aus der Liebe zu ihr entstanden Gedichte, von denen einige zu den pers¨onlichsten G.scher Liebeslyrik geh¨oren. Als Lizentiat der Rechte Ende August 1771 wieder nach Frankfurt zur¨uckgekehrt, begann er im September seine vierj¨ahrige Anwaltst¨atigkeit. Zwar war ihm Frankfurt nach wie vor „ein leidig Loch“; dennoch fanden sich Freunde genug, um am 14. Oktober „Shakspears Nahmenstag“ zu feiern, wobei G. vermutlich die Rede Zum Shakspears Tag hielt. Wenige Wochen danach begann er mit der Niederschrift des historischen Dramas Geschichte Gottfriedens von

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Goethe Berlichingen mit der Eisernen Hand, wozu ihn Shakespeare angeregt hatte. Sechs Wochen dauerte die Arbeit, dann sorgte der neugewonnene Freund Johann Heinrich → Merck f¨ur ein rasches Erscheinen im Juni 1773. Merck gewann G. und Herder zur Mitarbeit an den „Frankfurter Gelehrten Anzeigen“, einem wissenschaftlichen Rezensionsorgan. – Im Mai 1772 ging G. auf Anraten des Vaters an das Reichskammergericht in Wetzlar, um als Praktikant das Verfahren des Reichsprozesses kennenzulernen. In dieser Zeit entstanden, dank einer intensiven Pindarlekt¨ure, die großen Hymnen in dem neuen, dithyrambischen Stil: u. a. Mahomets Gesang, An Schwager Kronos, Prometheus, Ganymed. Schon in seinen ersten Wetzlarer Wochen war G. der verlobten Amtmannstochter Charlotte → Buff begegnet. G. schloß Freundschaft mit beiden Brautleuten, aber die Zuneigung f¨ur Lotte wurde doch „leidenschaftlicher als billig“, und so „faßte ich den Entschluß, mich freiwillig zu entfernen“. – Um sich, wieder in Frankfurt, von den schmerzlichen Erfahrungen des Sommers 1772 zu befreien, brachte er 1774, in gut vier Wochen, in Form brieflicher Mitteilungen an einen Freund die Leiden des jungen Werthers zu Papier. Der Roman wurde in alle europ¨aischen Sprachen u¨ bersetzt und war ein Welterfolg. Freunde und Fremde, u. a. der Erzieher Carl Ludwig von → Knebel mit den beiden Prinzen von Sachsen-WeimarEisenach, fanden sich bald bei dem „literarischen Meteor“ ein. Einladungen folgten, so auch die zu einem Konzert im Hause der Bankiersfamilie Sch¨onemann. Mit der Tochter Anna Elisabeth (Lili) → Sch¨onemann entspann sich bald eine leidenschaftliche Beziehung; um die Ostermesse 1775 kam es zur Verlobung; um die Herbstmesse jedoch l¨oste man sich wieder voneinander. Eine Einladung des Herzogs → Karl August von Sachsen-Weimar kam gerade recht. G. nahm sie an und traf am 7. 11. 1775 nach einer Reise in die Schweiz in Weimar ein. In der Schweiz hatte G. Johann Caspar → Lavater getroffen, dessen physiognomische Stu¨ dien G.s anatomischen bzw. morphologischen Uberlegungen entgegenkamen. Lavaters Pietismus aber trug sp¨ater zur Entfremdung der Freunde bei, vor allem seit G.s wachsender Neigung zum Spinozismus. Daß G. sich schon im Januar 1776 zu der ihm angebotenen ministeriellen T¨atigkeit entschloß, war nicht un¨uberlegt. Er wußte wohl, daß er sich damit auf einen „Platz“ stellte, von dem aus „das durchaus Scheissige dieser zeitlichen Herrlichkeit“ erkennbar wurde; andererseits war es ein „Schauplatz“, wo man „ein paar Herzogt¨umer vor sich hatte“. SachsenWeimar war ein armes Land: die erste gemeinsame Unternehmung mit dem Herzog galt dem stillgelegten Ilmenauer Kupferbergbau. G. – 1776 Geheimer Legationsrat und Mitglied des Geheimen Conseils, 1779 Geheimer Rat, 1782 geadelt – u¨ bernahm den Vorsitz der neugegr¨undeten Bergwerkskommission, bald auch den der Wegebaukommission, schließlich die Leitung der Staatsfinanzen: Aufgaben, die er sehr ernst und effektiv wahrnahm. Schon im Herbst 1776 hatte er sich des Theaters angenommen; es kamen eigene fr¨uhere Sprechst¨ucke und Singspiele zur Auff¨uhrung (u. a. Jahrmarktsfest zu Plundersweilern, Erwin und Elmire); bald auch neu entstandene (Die Geschwister, Lila, Triumph der Empfindsamkeit, Jery und B¨ately). Den H¨ohepunkt dieser Auff¨uhrungen bildete 1779 die Iphigenie. G.s Verh¨altnis zum Herzog entwickelte sich zu einer best¨andigen, zugleich vertrauten und respektvollen Freundschaft. Eine enge Bindung hatte sich gleich anfangs zu Charlotte von → Stein gekn¨upft, der gl¨ucklos verheirateten Frau des Oberstallmeisters Ernst Josias von Stein. Die 1500 Briefe G.s, die bis zum August 1786 zu ihr gingen, zeugen davon. Zur inneren Entfernung kam es durch G.s auch ihr verschwiegenen Entschluß, f¨ur unbestimmte Zeit nach Italien zu gehen. In der Lebenskrise, in die er durch Arbeits¨uberlastung und die einengende Liebesbindung gera-

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ten war, schien es ihm notwendig, die Basis seiner Existenz noch einmal neu zu gr¨unden. In den zwei italienischen Jahren (September 1786 bis Mitte 1788) hat er nicht nur Rom mit seinen antiken Bau- und Kunstwerken und in Neapel das Volksleben gr¨undlich kennengelernt, nicht nur in Sizilien gewissermaßen Griechenland erfahren (ein „Nausikaa“-Drama entworfen, das Prinzip der Pflanzenbildung – das Bildungsgesetz der Metamorphose – entdeckt), sondern, in einer Art zweiter Geburt, sich selbst wiedergefunden. Poetische Frucht dieser Jahre war die Umsetzung der Iphigenie in Blankverse und die Vollendung des noch in Frankfurt begonnenen Egmont-Dramas. Karl August hat aus G.s Selbsteinsicht kluge Folgerungen gezogen. Der aus Italien Zur¨uckgekehrte wurde von den laufenden Regierungsgesch¨aften entbunden. Erst 1791 wieder fiel ihm die Leitung des neugegr¨undeten Hoftheaters zu, der er sich bis 1817 unterzog. Er vollendete jetzt das aus Rom mitgebrachte Tasso-Drama wie auch den wohl schon in Rom begonnenen Gedichtzyklus der R¨omischen Elegien. Das sinnlich-antike Lebensgef¨uhl, aus dem sie sich n¨ahrten, erfuhr neue Belebung durch die Beziehung zu Christiane Vulpius (→ Goethe). Aus ihr entwickelte sich eine lebenslange Verbindung; Weihnachten 1789 kam der Sohn August → G. zur Welt, jedoch erst 1806 – unter dem Eindruck des auch Sachsen-Weimar unmittelbar betreffenden Kriegs – wurde die Ehe geschlossen, auch als ein bewußtes Zeichen der Anerkennung b¨urgerlicher Ordnungsvorstellungen. Das Mißbehagen an Freunden und Umwelt, das G. seit seiner R¨uckkehr nicht verloren hatte, kompensierte er durch intensive Besch¨aftigung mit der botanischen und zoologischen Morphologie wie mit der Farbenlehre, wobei die Aufmerksamkeit nicht mehr, wie fr¨uher, auf einzelne Ph¨anomene gerichtet war, sondern auf das eine Prinzip, auf das sich die mannigfachen Erscheinungen zur¨uckf¨uhren ließen. Dieser auf das Normative gerichtete Sinn war es wohl vor allem, der G. den Ausbruch der Franz¨osischen Revolution als das „schrecklichste aller Ereignisse“ erfahren ließ. Dabei war er kein Anh¨anger des „ancien r´egime“. Reformen waren auch ¨ nach seiner Uberzeugung immer wieder n¨otig; aber nur innerhalb einer Verfassung, die einen Regenten, der sich als Diener seines Staates verstand, mit Untertanen verband, die frei waren innerhalb der Grenzen ihres Standes. – Es folgten unruhige Jahre: 1790 eine Reise nach Venedig, um → Anna Amalia, die Mutter Karl Augusts, abzuholen, und drei weitere Reisen zur Begleitung des Herzogs: der Aufbruch ins schlesische Feldlager anl¨aßlich der Reichenbacher Konvention 1790, die Teilnahme an der Campagne in Frankreich 1792 und an der Belagerung von Mainz 1793. 1794, auf dem H¨ohepunkt der Revolution in Paris, entschloß sich Friedrich → Schiller zur Gr¨undung der Monatsschrift „Die Horen“ und bat G. um Mitarbeit. Damit begann das Jahrzehnt ihrer fruchtbaren Zusammenarbeit: die Epoche der deutschen literarischen Klassik – parallel zum Jahrzehnt der Fr¨uhromantik. Zu dem antirevolution¨aren Programm der „Horen“, dem es gleichwohl um Verbesserung des gesellschaftlichen Zustandes ging, lieferte G. einen programmatischen Beitrag – nicht, wie Schiller, philosophischer, sondern poetisch-metaphorischer Art – mit dem Novellenzyklus Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten. Schon um die Jahreswende 1795 / 96 zeichnete sich jedoch der Mißerfolg der Zeitschrift ab. Als G. und Schiller in 414 Xenien, bissigen Zweizeilern, mit der Urteilsunf¨ahigkeit von Kritikern und Zeitgenossen abrechneten, war „alles in Aufruhr“. In der Zeit des engen Umgangs mit Schiller entstanden u. a. die Balladen Der Schatzgr¨aber, Die Braut von Korinth, Der Gott und die Bajadere, Der Zauberlehrling, die Elegien Alexis und Dora, Amyntas, Euphrosyne, das Versepos Hermann und Dorothea (ein Welterfolg), der Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre und an dramatischer Produktion ein Teil der skiz-

Goethe zierten Achilleis und der erste Teil der als Trilogie entworfenen Nat¨urlichen Tochter. – Schillers Tod im Mai 1805 war f¨ur G. ein Verlust ohnegleichen; erst nach Wochen konnte er sich wieder zur Arbeit an der Farbenlehre und auch zur Fortsetzung des Faust-Fragments entschließen, das, schon aus Frankfurt mitgebracht, erst 1806 vollendet wurde. Napoleons Sieg bei Jena und Auerstedt 1806 und die harten Folgen f¨ur das Land u¨ berschatteten auch G.s literarische T¨atigkeit, unterbrachen sie aber nicht. Er hat das politische System des Rheinbundes unter napoleonischem Protektorat (1805) bejaht und die Aufl¨osung des Alten Reiches nicht bedauert. Seine Audienz bei Napoleon (Erfurter F¨urstentag 1808) rechnete er zu den h¨ochsten Augenblicken seines Lebens; der Kaiser, von dem er das Kreuz der Ehrenlegion erhielt, galt ihm als Verk¨orperung des Außerordentlichen und des „D¨amonischen“. In diesen unruhigen Jahren bereitete G. seine Selbstbiographie vor (bis 1775). Auch die poetischen Produktionen der n¨achsten Jahre: das Drama Pandora und der Roman Die Wahlverwandtschaften, gr¨unden, nach G.s Worten, in dem Moment einer Krise. Im ersten Friedensjahr 1814 beschloß G., sein „freies Geburtsland“ nach 17 Jahren wiederzusehen und zur Kur nach Wiesbaden zu gehen. Es war der Aufbruch zu neuer Produktivit¨at. Mitverursacht wurde sie durch die Lekt¨ure des persischen Dichters Hafis (14. Jh.). Schon auf der Reise nach Wiesbaden entstanden fast t¨aglich Gedichte; als der West¨ Ostliche Divan 1819 erschien, war er zu zw¨olf B¨uchern angewachsen, aus denen sich das Suleika-Buch durch die F¨ulle seiner Gedichte heraushebt. Sie waren 1815 aus der Liebe zu Marianne, der Frau des befreundeten Frankfurter Bankiers Johann Jacob von → Willemer, entstanden, wobei G. drei von ihr verfaßte unter die seinen aufgenommen hatte. 1816 wurde G. bei der Modernisierung der Verwaltung des zum Großherzogtum erhobenen Kleinstaates SachsenWeimar die Oberaufsicht u¨ ber alle Landesanstalten f¨ur Kunst und Wissenschaft u¨ bertragen, die er – mit dem Titel eines Staatsministers – bis zu seinem Tod aus¨ubte. Nach dem Tod Christiane von G.s (1816) zog der Sohn August von G. mit seiner Frau Ottilie → von G., geb. von Pogwisch, in das Haus am Frauenplan, in dem G. nun selber die Haushaltsf¨uhrung u¨ bernehmen mußte. August von G. starb noch vor seinem Vater 1830 in Rom. – Die Kurreisen gingen nun seit 1821 nach Marienbad, wo G. 1823 von der jungen Ulrike von → Levetzow stark angezogen wurde. Der vom Großherzog u¨ berbrachte Heiratsantrag blieb erfolglos; auf der Heimreise hat G. dem Schmerz dieses Abschieds in der Marienbader Elegie Ausdruck gegeben. – Es war G.s letzte große Reise. Fortan besch¨aftigte ihn die Vorbereitung der vollst¨andigen Ausgabe seiner Werke, die er 1831, unterst¨utzt von Johann Peter → Eckermann, abschließen konnte. „Hauptgesch¨aft“ der letzten Jahre war die Fortsetzung des Faust und der Lehrjahre. 1829 erschien die neubearbeitete Fassung von Wilhelm Meisters Wanderjahren. F¨ur die Fortsetzung des Faust kn¨upfte G. an die 1800 verfaßten Verse einer Helena-Dichtung an; die verbleibenden Akte konnte er, wie erhofft, noch vor seinem 82. Geburtstag vollenden und am 22. 7. 1831 in sein Tagebuch notieren: „Das Hauptgesch¨aft zustandegebracht“. Das in 60 Jahren gewachsene Manuskript behandelte er wie sein Verm¨achtnis: er siegelte es ein. – Am 22. M¨arz 1832, mittags um halb zw¨olf, starb G. G.s Werk umfaßt die theoretische Durchdringung und praktische Aus¨ubung von Bildender Kunst und Poesie. Er verf¨ugt souver¨an u¨ ber die Tradition und ihre Regeln – und befreit sich aus deren Zw¨angen, indem er mit ihnen neue lyrische, epische und dramatische Formen schafft, die f¨ur die Folgezeit pr¨agend wurden. Daneben steht das umfangreiche Corpus der naturwissenschaftlichen Schriften, die auf eine

Morphologie der objektiven Naturph¨anomene zielen. Erfolgreich im Sinne der modernen Naturwissenschaft war die Entdeckung des Zwischenkieferknochens beim Menschen und der Begriff der Metamorphose der Tiere und Pflanzen als eine vorweggenommene Evolutionslehre. Erfolglos dagegen blieben in der physikalisch orientierten Naturwissenschaft die Arbeiten zur Geologie und zur Optik. Erst in j¨ungster Zeit wird die G.sche Farbenlehre wieder philosophisch ernstgenommen, als eine Ph¨anomenologie im Bezug auf das Auge. Gemeinsam ist G.s naturwissenschaftlichen Schriften der Versuch, in morphologischen Anschauungsformen, mit Begriffen wie Urph¨anomen, Metamorphose, Polarit¨at und Steigerung zu den von der anorganischen Natur bis zur menschlichen Sittlichkeit waltenden einheitlichen Gesetzen vorzudringen. Dieser Universalismus weist in seinem Umfang noch einmal auf die Tradition zur¨uck. In der Suche nach der zugrundeliegenden All-Einheit aber reagiert G. bereits auf das spezifisch moderne Bewußtsein ihres Zerbrechens. AUSGABEN: G.s Werke. Abt. 1-4. Zusammen 133 Bde. Weimar 1887-1919. Nachdr. M¨unchen 1987, nebst 3 Nachtragsb¨anden, hrsg. v. Paul Raabe. [Weimarer Ausg.] – Die Schriften zur Naturwissenschaft. Hrsg. im Auftrag der Deutschen Akademie der Naturforscher. Weimar 1947 ff. – Gedenkausgabe. Hrsg. v. Ernst Beutler. 24 Bde. nebst 3 Erg¨anzungsb¨anden, Z¨urich 1948-71. – Werke. Hrsg. v. der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Berlin 1952-75. [Akademie-Ausg., abgebrochen] – Werke. Hamburger Ausgabe. Hrsg. v. Erich Trunz. Hamburg 1960-71; Neuaufl. seit 1952, seit 1972: M¨unchen. – S¨amtliche Werke. Briefe, Tageb¨ucher und Gespr¨ache. 40 Bde., Frankfurt / Main 1985 ff. [Frankfurter Ausg.]. – S¨amtliche Werke nach Epochen seines Schaffens. M¨unchner Ausgabe. 21 in 26 B¨anden, M¨unchen 1985 ff. – Corpus der Goethezeichnungen. Bearb. v. Gerhard Femmel. 7 Bde., M¨unchen 21972-79. LITERATUR: Bibliographien: G.-Bibliographie. Begr¨undet v. Hans Pyritz . . . 2 Bde., Heidelberg 1965-68. – G.-Bibliographie. In: Jahrbuch der G.-Gesellschaft bzw. G.-Jahrbuch. – Internationale Bibliographie zur Deutschen Klassik. Weimar 1959 ff. – Siegfried Seifert: G.-Bibliographie 1950-1990. 3 Bde., M¨unchen 2000. – Biographien: Emil Staiger: G. 3 Bde., Z¨urich / Freiburg 1952-54. – Kurt Robert Eissler: G. Eine psychoanalytische Studie. Basel / Frankfurt 1983. – Karl Otto Conrady: G. Leben und Werk. Frankfurt / Main 1987. – Christoph Michel: G. Sein Leben in Bildern und Texten. Frankfurt / Main 1987 u. o¨ . – Dorothea H¨olscherLohmeyer: J. W. G. M¨unchen 1991. – Heinrich Meyer: G. Das Leben im Werk. Z¨urich 1994. – Nicholas Boyle: G. Der Dichter in seiner Zeit. 2 Bde., M¨unchen 1995-99. – Karlheinz Schulz: G. Stuttgart 1999. – Studien: Wolfgang Schadewaldt: Goethestudien. Z¨urich 1963. – Ernst Beutler: Essays um G. Z¨urich / M¨unchen 71980. – Albrecht Sch¨one: G.s Farbentheologie. M¨unchen 1987. – Victor Lange: G. Stuttgart 1989. – Friedrich Sengle: Das Genie und sein F¨urst. Die Geschichte der Lebensgemeinschaft G.s mit dem Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach. Stuttgart / Weimar 1993. – G.-Handbuch. 5 Bde., Stuttgart 1996-99. – Wiederholte Spiegelungen. Weimarer Klassik. St¨andige Ausstellung des Goethe-Nationalmuseums. Hrsg. v. Gerhard Schuster und Caroline Gille. M¨unchen / Wien 1999. – Roberto Zapperi: Das Inkognito. G.s ganz andere Existenz in Rom. M¨unchen 1999, 42002. Dorothea H¨olscher-Lohmeyer

Goethe, Ottilie (Wilhelmine Ernestine Henriette) von, geb. von Pogwisch, Schriftstellerin, * 31. 10. 1796 Danzig, † 26. 10. 1872 Weimar. G., Tochter eines preuß. Majors, verbrachte ihre Kindheit nach der Trennung der Eltern meist bei Verwandten in Berlin, Ansbach und Dessau und ging 1809 mit der Mutter, die 1811 Hofdame der Herzogin → Luise wurde, zur Großmutter

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Goethe nach Weimar. 1817 heiratete sie August von → G., den Sohn des von ihr gl¨uhend verehrten Johann Wolfgang von → G. 1829-32 gab sie die Gesellschaftszeitschrift „Chaos“ heraus, an der u. a. ihre enge Freundin Adele → Schopenhauer und Johann Peter → Eckermann, Karl von → Holtei und Sibylle Mertens-Schaaffhausen mitarbeiteten. 1835-66 lebte G. in Wien, war u. a. mit Franz Romeo → Seligmann befreundet und f¨uhrte in den dortigen Salons die Literatur des Jungen Deutschland ein. 1870 kehrte sie nach Weimar zur¨uck. G. bildete in Weimar, Dresden, Leipzig und Wien den Mittelpunkt kulturell bedeutender Kreise. Sie u¨ bersetzte Goethes Torquato Tasso sowie Gedichte von Ludwig → Uhland, Eduard → M¨orike und Joseph von → Eichendorff ins Englische. 1962-79 erschienen G.s Tageb¨ucher und Briefe (hrsg. von H. Bluhm). Ihrer Ehe mit August G. entstammen Walther und Wolfgang von → G. C NDB

Goethe, Rudolf, Landwirt, * 13. 4. 1843 Naumburg / Saale, † 16. 1. 1911 Darmstadt. Im Obst-, Wein- und Gartenbau ausgebildet, wurde G. 1874 Direktor der Kaiserlichen Obst- und Gartenbauschule im els¨assischen Brumath und war 1879-1903 Direktor der Kgl. preuß. Lehranstalt f¨ur Wein-, Obst und Gartenbau in Geisenheim. Er gab die „Mitteilungen u¨ ber Obst- und Gartenbau“ (seit 1886) und die Zeitschrift „Weinbau und Kellerwirtschaft“ (seit 1889) heraus und schrieb u. a. ein Handbuch der Tafeltraubenkultur (1884). C B¨ohm

Goethe, Walther (Wolfgang) Frh. von, Komponist, * 9. 4. 1818 Weimar, † 15. 4. 1885 Leipzig. Der Sohn August und Ottilie von → G.s studierte 1838 Musik bei Felix → Mendelssohn Bartholdy und Theodor → Weinlig in Leipzig, verbrachte den Sommer desselben Jahres bei Carl → Loewe in Stettin und ging 1839 zu Ignaz von → Seyfried nach Wien. G. komponierte Lieder und drei Opern, von denen nur Anselmo Lancia 1839 in Weimar aufgef¨uhrt wurde. Nach Mißerfolgen gab er seine k¨unstlerische Laufbahn auf. G., der von seinem Jugendfreund Großherzog → Carl Alexander zum Kammerherrn ernannt wurde, lebte kr¨ankelnd und zur¨uckgezogen, den Nachlaß seines Großvaters ordnend, meist in Weimar und vermied 1842 die Zerst¨uckelung des Nachlasses und der Sammlungen, indem er den Verkauf an den Deutschen Bund ablehnte. In seinem Todesjahr vermachte er den literarischen Nachlaß Johann Wolfgang von → G.s der Großherzogin Sophie, Haus und Sammlungen dem Staat Sachsen-Weimar-Eisenach.

Goethe, (Maximilian) Wolfgang Frh. von, Publizist, * 18. 9. 1820 Weimar, † 20. 1. 1883 Leipzig. Der Sohn August und Ottilie von → G.s wurde von seinem Großvater Johann Wolfgang von → G. miterzogen. 1839-45 studierte er Rechtswissenschaft und Philologie an den Universit¨aten Bonn, Heidelberg, Berlin und Jena und wurde 1845 in Heidelberg zum Dr. jur. promoviert (De fragmento Vegoiae [. . .]). 1851 zum weimarischen Kammerherrn ernannt, ging er 1852 als preuß. Legationssekret¨ar nach Rom, quittierte 1860 als Legationsrat der Preuß. Gesandtschaft den Dienst und widmete sich dem Studium der italienischen Geschichte. Gemeinsam mit seinem Bruder Walther → G. verhinderte G. die Ver¨offentlichung des Nachlasses seines Großvaters. Seit 1870 lebte er wieder in Weimar, seit 1878 in Leipzig. G. ver¨offentlichte u. a. Der Mensch und die elementarische Natur (1845, anonym) und Gedichte (1851). C NDB

Goethert, Friedrich Wilhelm, Klassischer Arch¨aologe, * 14. 3. 1907 Berlin, † 22. 1. 1978 Berlin. G., Sohn eines Goldschmieds, begann das Studium der Klassischen Arch¨aologie bei Ferdinand → Noack in Berlin, wechselte sp¨ater zu Franz → Studniczka nach Leipzig und wurde schließlich Sch¨uler von Andreas → Rumpf in K¨oln,

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bei dem er 1931 mit einer grundlegenden Dissertation Zur Kunst der r¨omischen Republik promoviert wurde. Nach der Teilnahme an den amerikanischen Ausgrabungen in Troja und Arbeiten zur Kunst und Arch¨aologie Zyperns in Istanbul (1931-34) wurde G. 1935 Hilfsassistent am Deutschen Arch¨aologischen Institut in Rom und im folgenden Jahr Assistent, 1938 Oberassistent bei Gerhart → Rodenwaldt an der Univ. Berlin. In Berlin mit der Schrift Studien zur Kopienforschung habilitiert, nahm er w¨ahrend des Zweiten Weltkriegs an Ausgrabungen Kurt → Bittels in Bulgarien teil, erhielt 1946 einen Ruf auf eine Professur an der Univ. Berlin und wechselte 1948 an die neugegr¨undete Freie Universit¨at. 1962 ver¨offentlichte G. die von Hans → Schleif und Rodenwaldt geplante Publikation Der Athena-Tempel von Ilion. C Lullies

G¨otsch, (Johann Gottfried) Georg, Musikp¨adagoge, * 1. 3. 1895 Berlin, † 26. 9. 1956 Friedrichshafen / Bodensee. G., Sohn eines Formermeisters, trat 1910 in den „Wandervogel“ ein, besuchte das Lehrerseminar und war 1914 Kriegsfreiwilliger. Seit 1920 Volksschullehrer in Berlin, studierte er daneben 1924-29 an der Akademie f¨ur Kirchenund Schulmusik. 1926-31 war er Dozent an der Berliner Musikhochschule, 1924-30 an der Deutschen Hochschule f¨ur Leibes¨ubungen. G. errichtete 1927-29 die musikalische Akademie „Musikheim“ in Frankfurt / Oder und leitete sie bis 1942. Als Chorleiter der „M¨arkischen Spielgemeinde“ (1921-28) und des „Deutschen Singkreises“ (1928-38) organisierte er Tourneen im In- und Ausland und war neben Fritz → J¨ode und Walther → Hensel einer der f¨uhrenden deutschen Musikp¨adagogen. 1943 ließ er sich am Bodensee nieder und veranstaltete musikalische Fortbildungskurse. G., der maßgebend die Musikerziehung der zwanziger bis f¨unfziger Jahre beeinflußte, kultivierte den alten englischen Kontratanz in Deutschland und schrieb u. a. Musische Bildung. Zeugnisse eines Weges (3 Bde., 1949-55). C MGG Goetsch, (Johann Heinrich) Wilhelm, Zoologe, * 25. 10. 1887 Gotha, † 20. 3. 1960 S¨ackingen / Rhein. G., Sohn eines Verlagsbuchh¨andlers, studierte an den Universit¨aten M¨unchen, Berlin und Straßburg, wurde 1914 mit ¨ der Arbeit Uber Hautknochenbildung bei Teleostiern und bei Amia calva promoviert und war 1916-19 Assistent am Straßburger Zoologischen Institut, wo er sich 1917 mit der Arbeit Beobachtungen und Versuche u¨ ber Lebensdauer und Fortpflanzung bei S¨usswasserpolypen f¨ur Zoologie und vergleichende Anatomie habilitierte. Seit 1921 Privatdozent, seit 1923 a. o. Prof. an der Univ. M¨unchen, folgte G. 1929 einem Ruf als o. Prof. an die Univ. Santiago de Chile, kehrte 1931 nach Deutschland zur¨uck und war 1934-45 o. Prof. an der Univ. Breslau. 1944 wurde G. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. Forschungsreisen f¨uhrten ihn u. a. nach Chile, Argentinien und Brasilien. ¨ Seit 1945 in eigenen Laboratorien in Osterreich und Spanien t¨atig, wurde er 1947 Prof. an der Univ. Graz. G. befaßte sich vor allem mit Entwicklungsmechanismen und Symbioseforschung; er ver¨offentlichte u. a. Vergleichende Biologie der Insekten-Staaten (1940, 21953), Beitr¨age zur Biologie spanischer Ameisen (1942) und Die Staaten der Ameisen (1953). C NDB

G¨ott, Emil (Servatius) von, auch Zeno, Schriftsteller, Landwirt, * 13. 5. 1864 Jechtingen / Kaiserstuhl, † 13. 4. 1908 Freiburg / Breisgau. G., dessen Vater Feldwebel, dann Grundbuchbeamter war, studierte 1884-86 in Freiburg / Breisgau und Berlin Philologie, Geschichte und Philosophie und f¨uhrte danach mit Emil → Strauß ein Wander- und Landarbeiterleben, das dieser in seinem Roman Ein Riesenspielzeug (1935) beschrieb. Die

G¨ottling Rezeption der Schriften → Nietzsches und Tolstojs f¨uhrte sie zur Forderung nach einem neuen Menschentyp, dem „Edelmenschen“. G. ließ sich 1894 als Landwirt bei Z¨ahringen nieder, praktizierte neue Methoden im Ackerbau und in der Viehzucht und widmete sich verschiedenen Erfindungen (U-Boote, Briefmarkenautomaten). Er schrieb Dramen (u. a. Freund Heißsporn, 1890), Gedichte, Aphorismen und Erz¨ahlungen (Kalendergeschichte und anderes, postum 1912), die sp¨ater die nationalsozialistische Kulturpolitik als sogenannte „Spatenkultur“ und Vorl¨aufer ihrer Blutund-Boden-Literatur bezeichnete. Seine Gesammelten Werke (hrsg. von R. Woerner, 3 Bde.) erschienen 1911 (21943), seine Tageb¨ucher und Briefe (hrsg. von R. Woerner, 3 Bde.,) 1914 (21943). C NDB

G¨ott, Theodor (Gustav Hugo), P¨adiater, * 3. 11. 1880 M¨unchen, † 13. 2. 1934 Bonn. G., Sohn eines Studiendirektors, studierte an den Universit¨aten M¨unchen und G¨ottingen (Promotion 1906, Die Speichelk¨orperchen) und habilitierte sich nach Assistentenjahren bei Meinhard von → Pfaundler an der M¨unchner Kinderklinik 1913 f¨ur P¨adiatrie (Studien u¨ ber Pulsation des Herzens mit Hilfe der R¨ontgenstrahlen). Seit 1915 Direktor der Kinderabteilung des Krankenhauses M¨unchen-Schwabing, wurde er 1920 a. o. Prof. und wechselte 1925 als o. Prof. an die Univ. Bonn. G. befaßte sich vor allem mit Neurologie, Psychologie und Psychopathologie im Kindesalter und f¨uhrte u. a. den Assoziationsversuch und die R¨ontgen-Kymographie in die P¨adiatrie ein. C NDB Goette, Alexander (Wilhelm), Zoologe, Mediziner, * 31. 12. 1840 St. Petersburg, † 5. 2. 1922 Handschuhsheim bei Heidelberg. Nach dem Studium der Medizin an der Univ. Dorpat 1860-66 und der Promotion in T¨ubingen (Ueber das Haar des Buschweibes im Vergleich mit anderen Haarformen) befaßte sich G., Sohn eines Arztes und Staatsrats, als Privatgelehrter mit entwicklungsgeschichtlichen Studien und habilitierte sich 1872 an der Univ. Straßburg f¨ur Zoologie. Danach Assistent Oskar → Schmidts, wurde er dort 1877 a. o. Prof. und u¨ bernahm 1880 die Direktion der Zoologischen Sammlung des St¨adtischen Museums. 1882-86 o. Prof. der Zoologie und Direktor des Zoologischen Instituts der Univ. Rostock, kehrte er anschließend als Nachfolger Schmidts nach Straßburg zur¨uck, wo er auch zum Rektor ¨ gew¨ahlt wurde (Rede 1898, Uber Vererbung und Anpassung) und bis 1918 lehrte. G. lehnte wiederholt die Evolutionsthesen Ernst → Haeckels ab und wandte in seinem Hauptwerk Die Entwicklungsgeschichte der Unke (bombinator igneus) als Grundlage einer vergleichenden Morphologie der Wirbeltiere (1875) seine Methode der Erfassung der Organisation der Tiere u¨ ber die Untersuchung der Ontogenese an. ¨ Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Uber den Ursprung des Todes (1883), Lehrbuch der Zoologie (1902) und Die Entwicklungsgeschichte der Tiere (1921). C NDB

Goetten, Gabriel Wilhelm, Pseud. Gottlieb Musenhold, evang. Theologe, Publizist, * 4. 12. 1708 Magdeburg, † 28. 8. 1781 Hannover. G. studierte seit 1724 Theologie an den Universit¨aten Halle und Helmstedt und trat w¨ahrend seiner Zeit als Hausleh¨ rer u. a. mit einer Ditton-Ubersetzung (Die Wahrheit der christlichen Religion [. . .], 1732) hervor. 1732 wurde er Pastor an St. Michael in Hildesheim, 1736 in Celle, 1741 Superintendent in L¨uneburg, 1746 Hofprediger und Konsistorialrat in Hannover, wo er ein Schullehrerseminar einrichtete und leitete. G.s Hauptwerk Das jetzt lebende gelehrte Europa (3 Tle., 1735-40) gilt als eines der ersten biobibliographischen Nachschlagewerke u¨ ber Zeitgenossen. C DLL

G¨otting, Gottfried, Bildhauer, * 20. 2. 1830 D¨usseldorf, † Mai 1879 Aachen. Zun¨achst vermutlich bei seinem Vater, dem Maler und Bildhauer Johann Peter G., ausgebildet, ging G. 1858 nach Aachen, wo er im Dom u. a. die Figuren der Apostel und Evangelisten in der Matthiaskapelle (1864-66) sowie die Skulpturen der Karls- und der Hubertuskapelle (1868) restaurierte. 1872 erhielt er einen Lehrauftrag an der Rheinisch-Westf¨alischen TH in Aachen; 1877 wurde er zum Dombildhauer ernannt. G. schuf skulpturale Dekorationen f¨ur die Fassade des Hochschulgeb¨audes, 1877 Skulpturen f¨ur den Marienbrunnen auf dem M¨unsterplatz in Aachen. Als sein letztes Werk gilt das Relief der Anbetung der drei Weisen u¨ ber dem Dreik¨onigsportal des Aachener Rathauses. C Dict Art G¨ottisheim, Rosa, schweizer. P¨adagogin, * 10. 4. 1875 Basel, † 24. 4. 1950 Basel. G., Tochter eines Redakteurs und Politikers, besuchte das Lehrerinnenseminar in Basel und war 1903-35 Lehrerin an der dortigen T¨ochterschule. 1916 geh¨orte sie zu den Begr¨underinnen der Vereinigung f¨ur das Frauenstimmrecht in Basel, war 1924-35 Zentralpr¨asidentin des Schweizerischen Lehrerinnenvereins, 1916 Mitbegr¨underin und 1935-46 Pr¨asidentin der Basler Frauenzentrale. Im Zweiten Weltkrieg arbeitete G. in der Fl¨uchtlingshilfe und leitete eine Abteilung in der Basler Kriegssch¨adenf¨ursorge. C HLS

G¨ottler, Joseph, kath. Theologe, P¨adagoge, * 9. 3. 1874 Dachau, † 14. 10. 1935 M¨unchen. Nach dem Theologiestudium in Freising und M¨unchen war G., Sohn eines Bauern, seit 1898 Priester, wurde 1903 an der Univ. M¨unchen promoviert (Zur Lehre des hl. Thomas von Aquin u¨ ber die Wirkungen des hl. Bußsakramentes) und habilitierte sich dort 1904 f¨ur Dogmatik (Der heilige Thomas von Aquin und die vortridentinischen Thomisten u¨ ber die Wirkungen des Bußsakramentes). Seit 1909 Prof. in Freising, u¨ bernahm er 1911 die neugeschaffene Professur f¨ur P¨adagogik und Katechetik an der Univ. M¨unchen und z¨ahlte bald zu den f¨uhrenden kath. Erziehungswissenschaftlern im deutschen Sprachraum. G. entwickelte die sogenannte „M¨unchener Methode“ in der Katechetik und war 1909-30 Chefredakteur der „Katechetischen Bl¨atter“, 1919-29 des „Jahrbuchs f¨ur christliche Erziehungswissenschaft“ und der „Religionsp¨adagogischen Zeitfragen“. Zu seinen Hauptwerken z¨ahlen System der P¨adagogik (1915, 121964), Geschichte der P¨adagogik (1921, 31935) und Religions- und Moralp¨adagoC BBKL gik (1923, 21931).

G¨ottling, Johann Friedrich August, Chemiker, Pharmazeut, * 5. 6. 1755 Derenburg bei Halberstadt, † 1. 9. 1809 Jena. G., Sohn eines Pfarrers, trat um 1775 als Pharmazeut in den Dienst Wilhelm Heinrich Sebastian → Bucholtz’, des Besitzers der Weimarer Hofapotheke, und gab seit 1779 – von Bucholtz angeregt – den „Almanach oder Taschen-Buch f¨ur Scheidek¨unstler und Apotheker“, das erste pharmazeutische Periodikum, heraus (bis 1802). Durch Vermittlung von Bucholtz und → Goethe erm¨oglichte ihm Herzog → Karl August von Sachsen-Weimar ein Studium in G¨ottingen sowie Studienreisen nach England und Holland. G. erhielt in Jena ein eigenes Laboratorium, wurde dort nach der Promotion a. o., 1799 o. Prof. der allgemeinen Chemie und hielt seit 1791 auch Vorlesungen u¨ ber pharmazeutische Chemie. Als einer der ersten in Deutschland trat er f¨ur Antoine Laurent de Lavoisiers Oxidationstheorie ein, machte sich um die Ausbildung von Chemikern verdient, bet¨atigte sich auf analytischem und technisch-chemischem Gebiet und versuchte als erster in Th¨uringen, Zucker aus R¨uben zu gewinnen.

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G¨ottling G., seit 1789 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, ver¨offentlichte u. a. Praktische Vortheile und Verbesserungen verschiedener pharmaceutischchemischer Operationen f¨ur Apotheker (1783), Vollst¨andiges chemisches Probir-Cabinet zum Handgebrauche (1790) und Lehrbuch der systematischen Chemie (1792). Er war der Vater von Karl Wilhelm → G. C NDB

G¨ottling, Karl Wilhelm, auch Carl W. G., Carolus Guilielmus Goettling, Philologe, * 19. 1. 1793 Jena, † 20. 1. 1869 Jena. Der Sohn Johann Friedrich August → G.s studierte seit 1811 Philologie an der Univ. Jena, nahm 1814 als Freiwilliger an den Befreiungskriegen teil, setzte sein Studium in Berlin fort und wurde 1816 Gymnasiallehrer in Rudolstadt. 1819-21 Direktor des neugegr¨undeten Gymnasiums in Neuwied, wurde er 1822 a. o. Prof. der Philologie in Jena, 1826 Direktor des Philologischen Seminars und Universit¨atsbibliothekar, 1831 o. Professor. 1825 wurde er von → Goethe zur Revision und Korrektur der Vollst¨andigen Ausgabe letzter Hand seiner Werke (1827 ff.) herangezogen. 1845 begr¨undete G., seit 1842 Geheimer Hofrat, ein Arch¨aologisches Museum in Jena, dem er bis zu seinem Tod als Direktor vorstand. Zu seinen Werken z¨ahlen die Ausgaben der Politica (1824) und der Oeconomica (1830) des Aristoteles, Allgemeine Lehre vom Accent in der griechischen Sprache (1835), Geschichte der R¨omischen Staatsverfassung von Erbauung der Stadt bis zu C. C¨asar’s Tod (1840) und Gesammelte Abhandlungen aus dem classischen Alterthume (2 Bde., 1851-63). C IGL

G¨ottmann, (Gustav) Adolf, Musikp¨adagoge und -kritiker, * 25. 8. 1861 Darmstadt, † 23. 9. 1920 Berlin. Nach dem Besuch des Hochschen Konservatoriums in Frankfurt / Main war G., Sohn eines Musikers, S¨anger, sp¨ater Kapellmeister an den Theatern in Coburg, Basel, St. Gallen, K¨oln und Stettin. 1890 ließ er sich – inzwischen ein bekannter Gesangsp¨adagoge – in Berlin nieder. Seit 1895 war er Vorsitzender des „Berliner Tonk¨unstlervereins“, dem auf seine Initiative hin 1899 die „Freie musikalische Vereinigung“ angeschlossen wurde; 1903 erfolgte die Erweiterung zum „Centralverband Deutscher Tonk¨unstler und Tonk¨unstlervereine“. G. begr¨undete 1902 die „Deutsche Tonk¨unstlerzeitung“, deren Chefredakteur er 1909 wurde, veranstaltete 1906 und 1909 eine „Musikfachausstellung“ in Berlin und galt als einflußreicher Kritiker. Er war 1902-20 Musikreferent der „T¨aglichen Rundschau“ und verfaßte u. a. den Entwurf zu dem als „Kestenberg-Erlaß“ bekannt gewordenen Privatmusiklehrergesetz (1925). C MGG

G¨ottsberger, Johann (Baptist), kath. Theologe, * 31. 12. 1868 Schnaitsee (Oberbayern), † 11. 8. 1958 Neubiberg bei M¨unchen. G. studierte 1889-93 in Freising und M¨unchen und wurde 1894 Kurat. Seit 1897 Dozent am Erzbisch¨oflichen Klerikalseminar in Freising, wurde er 1899 promoviert und war bis 1903 Gymnasiallehrer. 1903-35 lehrte G. als o. Prof. der alttestamentlichen Exegese und der biblisch-orientalischen Sprachen an der Univ. M¨unchen. Gemeinsam mit Joseph → Sickenberger gr¨undete er 1902 die „Biblische Zeitschrift“ und gab seit 1922 die „Biblischen Studien“ heraus. G. bem¨uhte sich, sein Fachgebiet durch kritische Studien von u¨ berkommenem Konservativismus zu befreien. Zu seinen Werken z¨ahlen Adam und Eva (1910) und Die g¨ottliche Weisheit als Pers¨onlichkeit im Alten Testament (1919).

G¨otz, Anton, kath. Theologe, Bankier, Genossenschaftler, * 24. 5. 1867 Eichelberg (Oberpfalz), † 20. 11. 1946 Vilsbiburg. G. studierte am Collegium Germanicum in Rom, wurde promoviert und empfing 1893 die Priesterweihe. 1908 u¨ bernahm er die Pfarrei Arrach. G. gilt als Gr¨under der

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Liga, Wirtschaftlicher Verband der katholischen Geistlichen Bayerns e. G. m. b. H., Regensburg. Bereits an der ¨ Erstgr¨undung im Februar 1917 („Verband katholischer Okonomiepfarrer Bayerns, eingetragene Genossenschaft mit beschr¨ankter Haftung“) maßgeblich beteiligt, leitete er die das Unternehmen entscheidend pr¨agende Neugr¨undung im Oktober 1919. Er erweiterte die als Bank gegr¨undete Genossenschaft um die sog. Widdumsadministration und um ihre sozial-karitativen Einrichtungen: Priester-Sterbekasse, Priester-Rentenkasse und F¨ursorgekasse f¨ur Pfarrhausangestellte. Aus diesen sog. „Wohlfahrtskassen des Wirtschaftlichen Verbandes“ gingen 1931, ebenfalls unter der F¨uhrung von G., die als Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit gef¨uhrten Priesterversicherungen hervor, von denen ein Teil Ende 1940 auf nationalsozialistischen Druck von der „Bay¨ ern“ Offentliche Anstalt f¨ur Volks- und Lebensversicherung, M¨unchen, u¨ bernommen wurde. Die von G. gegr¨undete Bank firmiert heute als LIGA Bank Regensburg eG. Als Vorstand und Aufsichtsrat pr¨agte G. die Liga bis zu seinem Tod.

Goetz, Bruno, Schriftsteller, * 6. 11. 1885 Riga, † 20. 3. 1954 Z¨urich. G. studierte in Wien und M¨unchen und war danach als freier ¨ Journalist, Publizist und Schriftsteller in Uberlingen und Z¨urich t¨atig. Dem George-Kreis nahestehend, ver¨offentlichte er – formal meist traditionellen Formen verhaftet – Lyrik (Der letzte und der erste Tag, 1925; Das Fl¨ugelroß, 1938), Romane (Das Reich ohne Raum, 1919; Das g¨ottliche Gesicht, 1927), Essays (Neuer Adel, 1930; Deutsche Dichtung. ¨ Ursprung und Sendung, 1935) sowie Ubersetzungen aus dem Russischen und Italienischen (Gogol: Meistererz¨ahlungen, 1950; Grazia Deledda: Schilf im Winde, 1951). Goetz, Carl, Bankfachmann, * 12. 6. 1885 Frankfurt / Main, † 26. 8. 1965 Meilenberg bei Wolfratshausen (Oberbayern). Seit 1902 im deutschen und internationalen Bankwesen t¨atig, wurde G. 1922 stellvertretendes, 1928 ordentliches Vorstandsmitglied der Commerz- und Privatbank Berlin. Seit 1931 geh¨orte er dem Vorstand der Dresdner Bank an und war mit der Fusion der Dresdner mit der Darmst¨adter und Nationalbank (Danatbank) betraut. G. u¨ bernahm 1936 den Vorsitz im Aufsichtsrat der Dresdner Bank und leitete 1937 ihre Reprivatisierung. Nach dem Zweiten Weltkriegs maßgeblich an der Neuordnung der Großbanken beteiligt, war G. bis 1965 Aufsichtsratsvorsitzender der Dresdner Bank, die unter seiner F¨uhrung die zweitgr¨oßte Bank der Bundesrepublik Deutschland wurde. C Munzinger Goetz, Curt, eigentl. Kurt G¨otz, Schauspieler, Schriftsteller, * 17. 11. 1888 Mainz, † 12. 9. 1960 Grabs (Kt. St. Gallen). Nach dem Schauspielunterricht bei Emanuel → Reicher in Berlin deb¨utierte der Sohn eines Weinpr¨ufers in Rostock und kehrte u¨ ber N¨urnberg 1910 nach Berlin zur¨uck, wo er am Theater unter den Linden, am Deutschen K¨unstlertheater, am Kgl. Schauspielhaus und am Lessingtheater spielte. Seit dem Ende des Ersten Weltkriegs schrieb G. publikumswirksame Lustspiele und Kom¨odien (Hokuspokus, 1928), die h¨aufig mit ihm und seiner Frau Valerie von → Martens in den Hauptrollen aufgef¨uhrt wurden. Seit 1933 in der Schweiz ans¨assig, erwarb er die Schweizer Staatsb¨urgerschaft, ging 1939 in die USA und kehrte 1946 in die Schweiz zur¨uck. Neben erfolgreichen Schauspielen schrieb er Prosa und war an der filmischen Realisierung mehrerer seiner St¨ucke beteiligt. Zu seinen gr¨oßten Erfolgen z¨ahlten die Kom¨odien Dr. med. Hiob Pr¨atorius (1934, 1949 unter der Regie von Karl Peter Gillmann und G., der auch die Hauptrolle spielte, verfilmt) und Das Haus in Montevideo oder Traugotts Vermutung (1945, 1963 unter der Regie von Helmut → K¨autner

G¨otz verfilmt). Seit 1958 war G. Mitglied der Berliner Akademie der K¨unste. Der erste Teil seiner Autobiographie erschien 1960 unter dem Titel Die Memoiren des Peterhans von Binningen (Teil 2: Die Verwandlung des Peterhans von Binningen, 1963; Teil 3: Wir wandern, wir wandern . . ., 1964, beide bearb. von V. von Martens), eine Ausgabe seiner Werke in drei B¨anden 1977. C Cinegraph

Goetz, Ferdinand (Hermann Wilhelm), F¨orderer der Turnerbewegung, Mediziner, * 24. 5. 1826 Leipzig, † 13. 10. 1915 Leipzig. G., Sohn eines Oberzollinspektors, schloß sich als Medizinstudent (seit 1846) einer Burschenschaft an, ließ sich 1851 nach der Promotion (Nonnulla de prostitutione atque de prophylaxi et oppressione syphilidis morbi) als praktischer Arzt im s¨achsischen Geithain nieder und siedelte 1855 nach Leipzig-Lindenau u¨ ber, wo er 1866 Anteil an der Bek¨ampfung der Choleraepidemie hatte. Er war seit 1858 Redakteur der „Deutschen Turnzeitung“, bis 1895 Gesch¨aftsf¨uhrer, danach Vorsitzender der Deutschen Turnerschaft, deren Archiv er aufbaute. G. beteiligte sich an der Veranstaltung des „Ersten deutschen Turn- und Jugendfestes“ 1860 in Coburg und initiierte die 1863 gegr¨undete „Jahnstiftung“ als Pensionskasse f¨ur Turnlehrer und ihre Familien. Er trat nachdr¨ucklich f¨ur eine unpolitische Turnbewegung ein und sprach sich in der sogenannten „V¨olkischen Turnfehde“ gegen ein Verbot der Mitgliedschaft f¨ur Juden aus. Als nationalliberaler Abgeordneter geh¨orte G. seit 1887 dem Deutschen Reichstag an. 1879 gab er mit Hugo → R¨uhl ein Handbuch der Deutschen Turnerschaft heraus; 1891 erschien Vom rechten Turnerleben (1891). G. war der Vater von Walter → G. C NDB Goetz, Franz, Musiker, Kapellmeister, getauft 29. 7. 1755 Straschitz bei Maut (B¨ohmen), begraben 17. 12. 1815 Kremsier (M¨ahren). Seit 1767 Kapellknabe im Jesuitenkollegium in Pˇribram, studierte G. seit 1769 am St.-Wenzels-Seminar und an der Univ. in Prag und widmete sich bald statt der geplanten geistlichen Laufbahn musikalischen Studien. Er wurde Geiger in Br¨unn, konzertierte in Schlesien und wurde von Carl → Ditters von Dittersdorf an die Kapelle der F¨urstbisch¨ofe von Breslau nach Jauernig verpflichtet, wo er neben seiner T¨atigkeit als Konzertmeister von Ditters von Dittersdorf in Komposition unterrichtet wurde. Nach Aufl¨osung der Kapelle wechselte G. 1786 als Kapellmeister an das Landestheater Br¨unn, lei¨ utzer F¨ursterzbischofs Antete seit 1788 die Kapelle des Olm¨ ton Theodor Colloredo und trat bei hohen Feierlichkeiten als Virtuose an der Violine und der Viola da Gamba auf, so auch bei den Kr¨onungsfeierlichkeiten f¨ur → Leopold II. und → Franz II. G. gilt als einer der bedeutendsten Musiker M¨ahrens seiner Zeit. Von seinen Kompositionen haben sich vor allem kirchenmusikalische Werke, u. a. eine Missa Solemnis C f¨ur gemischten Chor und Orchester, erhalten. C MGG Goetz, Fritz, Journalist, Publizist, * 2. 4. 1876 Breslau, † 8. 3. 1957 Tel Aviv. Nach Abschluß des Studiums der klassischen und orientalischen Sprachen arbeitete G. 1904-33 beim Berliner UllsteinVerlag. Er war Chefredakteur des Lokalteils der „Vossischen Zeitung“, Redakteur der „Berliner Morgenpost“, Dozent am Institut f¨ur Zeitungswissenschaft in Berlin und stand der „Kommunalpolitischen Pressekonferenz“ in Berlin vor. Als Jude von den Nationalsozialisten 1933 zeitweilig im Konzentrationslager Dachau interniert, floh G. noch im selben Jahr nach Frankreich und emigrierte 1938 nach Pal¨astina, wo er als Vortragsredner und Publizist t¨atig war. Sein Werk Toledot ha-Itonaut ha-Olamit (Weltgeschichte des Zeitungswesens) erschien 1951. C BHdE, Bd 1

Goetz, Georg, Klassischer Philologe, * 3. 11. 1849 Gompertshausen bei Hildburghausen, † 1. 1. 1932 Jena. G., Sohn eines Schmieds und Landwirts, studierte an der Univ. Leipzig u. a. bei Friedrich → Ritschl, war nach der Promotion (De temporibus Ecclesiazuson Aristophanis) 1873 Hauslehrer in St. Petersburg und wurde 1875 Adjunkt am Seminar f¨ur Klassische Philologie der Univ. Leipzig. 1877 habilitierte er sich dort f¨ur Klassische Philologie, wurde 1879 a. o. Prof. und war 1906-23 o. Prof. an der Univ. Jena, 1910 / 11 deren Rektor. G. befaßte sich vor allem mit Plautus und Varro; er war seit 1875 Mitarbeiter an Ritschls großer Plautusausgabe, die er mit Gustav L¨owe und Friedrich Sch¨oll 1894 abschloß, sp¨ater der Realenzyklop¨adie der klassischen Altertumswissenschaft. Zu seinen wichtigsten Arbeiten z¨ahlt das Corpus glossariorum Latinorum (7 Bde., 1888-1923). C NDB Goetz, George, auch G¨otz, Publizist, Verbandsfunktion¨ar, * 13. 11. 1892 Kopenhagen, † 15. 6. 1968 Kopenhagen. Seit 1897 in Hamburg, lebte G., Sohn eines Kaufmanns, 1917-25 als Kaufmann in Danzig und war Vorstandsmitglied der dortigen J¨udischen Gemeinde. 1925 ließ er sich in Berlin nieder und war bis 1934 Generalsekret¨ar der „Vereinigung f¨ur das Liberale Judentum in Deutschland“, 1926-38 Laienprediger an der Hermann-Falkenberg-Synagoge und an der Synagoge der J¨udischen Gemeinde. G. redigierte das „Mitteilungsblatt der j¨udischen Reformgemeinde“ und das „Gemeindeblatt f¨ur die j¨udischen Gemeinden Preußens“, l¨oste Bruno → Woyda als Chefredakteur der „J¨udisch-Liberalen Zeitung“ ab und studierte 1933-38 an der Lehranstalt (Hochschule) f¨ur die Wissenschaft des Judentums. 1938 emigrierte er mit seiner Familie nach D¨anemark und lebte anschließend als Philosophiedozent und Publizist in Stockholm. Nach Kriegsende kehrte G. nach Kopenhagen zur¨uck, war 1957-68 Pr¨asident des Internationalen Constantin-BrunnerInstituts und arbeitete f¨ur deutsche und d¨anische Institutio¨ nen als Berater, Dozent und Ubersetzer. C BHdE, Bd 1 Goetz, Gottfried (Bernhard), auch G¨otz, G¨oz, Maler, Graphiker, Verleger, * 10. 8. 1708 Kloster Welehrad (M¨ahren), † 23. 11. 1774 Augsburg. G. war 1726 / 27 Sch¨uler Franz Gregor Ignaz Ecksteins in Br¨unn und 1729 / 30 Johann Georg → Bergm¨ullers in Augsburg, blieb als Geselle Johann Georg Rothblez’ in der Stadt und wurde 1733 Meister und B¨urger. Er gr¨undete einen Kunstverlag und wurde Hofmaler und Hofkupferstecher Kai¨ und ser → Karls VII. G. malte im Stil des Rokoko in Ol Fresko (u. a. Vier Jahreszeiten nach der Pfeife der Zeit tanzend, Dompropstei Konstanz, 1749) und schuf Druckgraphiken als Andachtsbilder und -b¨ucher sowie Illustrationen (u. a. Annus dierum sanctorum, mit Johann Baptist und Joseph Sebastian → Klauber, um 1770). F¨ur eine drucktechnische Erfindung, mit der er seinen kolorierten Kupferstichen Schattierungen geben konnte, wurde er von → Maria Theresia mit einem Freibrief und einem goldenen Gnadenpfennig ausgezeichnet. C NDB G¨otz, (Michael) Hans, Dermatologe, * 24. 1. 1915 Halle, † 12. 2. 1997 Essen. Nach dem Studium der Medizin wurde G. 1940 in Halle mit der Dissertation Die Arbeitsbedingungen und gesundheitlichen Verh¨altnisse im F¨arbereibetrieb Christ. Fischer S¨ohne Asch. promoviert und habilitierte sich 1951 mit der Arbeit Klinische und experimentelle Untersuchungen u¨ ber die Hautpilzkrankheiten im Gebiet von Hamburg 1948-1950. 1957 wurde er apl. Prof., 1960 Chefarzt der Hautklinik in Essen und 1963 o. Professor. Seit 1969 war er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. G., der die deutschsprachige Mykologische Gesellschaft begr¨undete, besch¨aftigte sich vor allem mit Pilz-

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Goetz erkrankungen und Hautkrebs und ver¨offentlichte u. a. Penicillinbehandlung der Hautkrankheiten (1950), Die Pilzkrankheiten der Haut durch Dermatophyten (1962) und Die Atrophien der Haut (1969).

Goetz, Hermann (Gustav), Komponist, Musiker, * 7. 10. 1840 K¨onigsberg, † 3. 12. 1876 Hottingen (heute zu Z¨urich). G., Sohn eines Bierbrauers, studierte vor¨ubergehend Mathematik und Physik an der Univ. K¨onigsberg und setzte daneben seine in der Kindheit bei Louis → K¨ohler begonnene musikalische Ausbildung fort. 1860-62 studierte er Musik am Sternschen Konservatorium in Berlin, war Sch¨uler von Hans von → B¨ulow, Hugo → Ulrich und Julius → Stern und ging 1863 als Organist, Pianist, Lehrer und Chorleiter nach Winterthur. Seit dieser Zeit mit Johannes → Brahms befreundet, war er nach 1867 auch in Z¨urich t¨atig, wohin er 1870 u¨ bersiedelte. G., der dem musikalischen Neoklassizismus zugerechnet wird, komponierte Kammer- und Klaviermusik, an Brahms orientierte Lieder und Ch¨ore sowie Orchesterund B¨uhnenwerke, u. a. Der Widerspenstigen Z¨ahmung nach Shakespeare (Urauff¨uhrung 1874). C MGG Goetz, Hermann, auch G¨otz, Maler, Graphiker, * 28. 9. 1848 Donaueschingen, † 28. 7. 1901 Karlsruhe. Nach der Ausbildung zum Lithographen und Dekorationsmaler studierte G. seit 1866 am Karlsruher Polytechnikum und 1872-75 an der dortigen Kunstschule. Er bereiste 1877 / 78 Italien, wurde Mitglied des deutschen K¨unstlervereins in Rom und war seit seiner R¨uckkehr 1878 Lehrer, seit 1882 Direktor der Karlsruher Kunstgewerbeschule. 1885 gr¨undete er den badischen Kunstgewerbeverein, 1889 das Kunstgewerbemuseum, war an den Weltausstellungen in Chicago und Paris beteiligt und unternahm 1897 eine Reise in den Vorderen Orient. G. schuf Gem¨alde und Illustrationen (u. a. f¨ur den Verlag Hallberger 1876), Innendekorationen (u. a. f¨ur den Karlsruher Trausaal) und Denkm¨aler (Friedensdenkmal in Donaueschingen). C Biogr Jahrb, Bd 6 Goetz, Hermann, Kunsthistoriker, Museumsdirektor, * 17. 7. 1898 Karlsruhe, † 8. 7. 1976 Heidelberg. G. studierte Kunstgeschichte an der Univ. M¨unchen, wurde 1923 mit der Arbeit Die Hoftrachten des GrossmoghulReiches promoviert und war dann als Kuratorassistent im V¨olkerkundemuseum in Berlin t¨atig. 1931 ging er als Sekretariatsassistent des Kern-Instituts an die Univ. Leiden und war Herausgeber der Annual Bibliography of Indian Archaeology. Seit 1936 lebte G. in Indien, wo er 1939-53 Direktor des Baroda State Museum and Picture Gallery war und als Prof. f¨ur Kunstgeschichte an der University of Baroda wirkte. 1942 gr¨undete er das „Bulletin of the Baroda State Museum and Picture Gallery“, das er bis 1954 herausgab. Danach wurde G. f¨ur zwei Jahre Direktor der National Gallery of Modern Art in Neu Delhi. 1961 nach Deutschland zur¨uckgekehrt, lehrte er an der Univ. Heidelberg Orientalische Kunst. G. ver¨offentlichte u. a. Epochen der indischen Kultur (1929), Geschichte Indiens (1962), Studies in the History and Art of Kashmir and the Indian Himalaya (1969) und Studies in the History, Religion and Art of Classical and Medieval India (1974, hrsg. von Hermann Kulke). C Dict Art G¨otz, Hermann, Politiker, * 20. 5. 1914 Duppau (Bez. Karlsbad, B¨ohmen), † 21. 4. 1987 Fulda. Nach Abschluß des Studiums der Rechts- und Staatswissenschaften an der Deutschen Univ. in Prag mit der Promotion war G. in einem Anwaltsb¨uro, dann in der Industrie und der Sozialf¨ursorge t¨atig. 1939-45 nahm er bei der Luftwaffe am Zweiten Weltkrieg teil. 1945 / 46 zu Zwangsarbeit in Innerb¨ohmen verpflichtet, wurde G. im Oktober 1946 aus dem Sudetenland ausgewiesen. Seit 1947 Angestellter des

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Landratsamtes in Biedenkopf, wurde er 1949 Leiter des Soforthilfeamtes. Seit 1948 im Kreistag von Biedenkopf und Vorsitzender der CDU-Fraktion, geh¨orte er dem Vorstand des CDU-Landesverbandes Hessen an und war Vorsitzender des CDU-Landesausschusses f¨ur Vertriebene und Fl¨uchtlinge sowie des Ausschusses f¨ur Fragen der a¨ ußeren und inneren Sicherheit. 1949-76 war G. Mitglied des Deutschen Bundestags; 1965-68 hatte er den Vorsitz des Unterausschusses „Bundesnachrichtendienst / F¨orderung des Informationswesens“ des Rechnungsausschusses, 1965-76 des Arbeitskreises Sozial- und Gesellschaftspolitik der CDU / CSU-Fraktion inne. C MdB

G¨otz, Johann Graf von, Milit¨ar, * 1599, † 6. 3. 1645 bei Jankau. G. k¨ampfte im Heer der b¨ohmischen St¨ande gegen den Kaiser, sp¨ater unter Ernst von → Mansfeld und wechselte 1626 in das Lager → Wallensteins. 1628 erhielt er das Kommando auf R¨ugen, war an der Belagerung Stralsunds beteiligt, u¨ bernahm 1636 den Oberbefehl u¨ ber die bayerische Armee und operierte mit ihr in Hessen, an der Weser und an der Ostsee. 1638-40 unter dem Vorwurf der Konspiration mit → Bernhard von Sachsen-Weimar verhaftet, trat er in kaiserliche Dienste u¨ ber und erhielt 1643 das Kommando u¨ ber das Heer in Schlesien. 1645 fiel er in der Schlacht bei Jankau. G¨otz, Johann Baptist, kath. Theologe, Historiker, * 6. 11. 1872 Dietfurt (Oberpfalz), † 26. 5. 1936 Gunzenhausen (Mittelfranken). Nach dem Studium in Eichst¨att 1897 zum Priester geweiht, war G. seit 1905 Pfarrer in Freystadt, wurde 1907 an der Univ. Freiburg / Breisgau promoviert, 1915 Pfarrer in Ingolstadt und stand 1916-28 dem dortigen Historischen Verein vor. 1928 legte er sein Pfarramt nieder, um Generalsekret¨ar des Wirtschaftsverbandes der kath. Geistlichen in Regensburg zu werden, wurde 1929 in die Gesellschaft f¨ur fr¨ankische Geschichte aufgenommen und u¨ bernahm 1932 die Stadtpfarrei Gunzenhausen. G. ver¨offentlichte neben Pfarrgeschichten grundlegende Forschungen zur Reformationsgeschichte in der Oberpfalz f¨ur die Zeit von 1520 bis 1620 (u. a. Die religi¨ose Bewegung in der Oberpfalz 1520-60, 1914). ¨ G¨otz, Johann Nikolaus, Dichter, Ubersetzer, * 9. 7. 1721 Worms, † 4. 11. 1781 Winterburg bei Bad Kreuznach. Als Theologiestudent an der Univ. Halle (1739-42) und Pr¨azeptor am Waisenhaus bildete G., Sohn eines Pfarrers, mit Johann Wilhelm Ludwig → Gleim, Johann Peter → Uz und Paul Jakob → Rudnick einen Dichterkreis. Gemeinsam mit Uz u¨ bersetzte er die Anakreon zugeschriebenen Oden aus dem Griechischen, die zun¨achst fehlerhaft, 1760 schließlich in der lange Zeit vorbildlichen Ausgabe Die Gedichte Anakreons und der Sappho Oden anonym erschienen. 1744 wurde G. Hofprediger und Hofmeister im lothringischen Forbach, sp¨ater Feldprediger des franz¨osischen Regiments „Royal Allemande“ im Flandern-Feldzug und 1751 Pfarrer in Hornbach. Seit 1754 Oberpfarrer und Inspektor in Meisenheim / Glan, wurde er 1761 Pfarrer und 1766 Superintendent in Winterburg. G. ver¨offentlichte seine anakreontische, vor allem erotische Lyrik zeitlebens anonym (u. a. in Karl Wilhelm → Ramlers Anthologien); 1785 erschienen erstmals selbst¨andig Vermischte Gedichte (3 Bde.). C Killy

G¨otz, Josef Matthias, Bildhauer, getauft 31. 3. 1696 Bamberg, † 7. 8. 1760 M¨unchen. Nach der Wanderschaft als Holzbildhauersgeselle trat G., Sohn eines Orgelmachers und Bildhauers, in die Dienste des Passauer Bildhauers Joseph Hardtmann, ersuchte 1715 um die Aufnahme als Meister in Passau und ließ sich als

Goetz Klosterbildhauer der dortigen Propstei St. Nikola nieder. 1742-60 nahm er als Ingenieur-Offizier der bayerischen Ar¨ mee am Osterreichischen Erbfolgekrieg teil. G. versuchte sich in verschiedenen Disziplinen, darunter der Architektur, und gilt neben Egid Quirin → Asam als einer der bedeutendsten s¨uddeutschen Bildhauer seiner Zeit. Zu seinen Werken z¨ahlt der Hochaltar der Wallfahrtskirche Maria Taferl (1735-39) bei Melk. C NDB

Goetz, Karl (Xaver), Medailleur, * 28. 6. 1875 Augsburg, † 8. 9. 1950 M¨unchen. G. erhielt seine Ausbildung zum Graveur in Augsburg, besuchte die dortige und die Berliner Kunstschule und bereiste anschließend die Schweiz, die Niederlande und Frankreich. Seit 1904 in M¨unchen ans¨assig, wurde er durch seine große Produktion an Medaillen zu historischen Personen oder Ereignissen der Jahre 1905-45 bekannt. Sein HindenburgPortr¨at diente 1932 als Vorlage f¨ur eine Briefmarkenserie und gilt als sein am weitesten verbreitetes Werk. G¨otz, (Johann) Michael, Verleger, getauft 7. 2. 1740 Mannheim, † 10. 10. 1810 Worms. Nach eigenen Angaben u¨ bte G., Sohn eines Trompeters der Mannheimer Hofkapelle, seit 1768 den Beruf des Notenstechers aus. Er ließ sich sp¨ater in Mannheim nieder, gr¨undete dort die erste Notenstecherei und -druckerei und schloß ihr eine Handlung f¨ur in- und ausl¨andische Musikalien an. 1776 erhielt er f¨ur beide Unternehmenszweige ein kurf¨urstlich pf¨alzisch privilegiertes Verlegermonopol, das 1781 auch auf die bayerischen Lande ausgedehnt wurde. G. druckte vor allem die zeitgen¨ossischen Mannheimer Komponisten, hatte aber auch mit mehr als 70 Nachdruckausgaben wesentlichen Anteil an er Popularisierung → Mozarts. Er richtete Filialen in M¨unchen, Worms und D¨usseldorf ein und ließ sich, nachdem er 1786-93 in M¨unchen gelebt hatte, 1799 in Worms nieder. Seit 1786 gab Andreas → Streicher in G.’ Verlag die Monatsschrift „Beitr¨age zur Aufnahme des Gesanges [. . .]“ C MGG heraus. G¨otz, Nikolaus, Drucker, * um 1440 Schlettstadt (Unterelsaß). G. studierte seit 1456 in Erfurt, war 1470 an der Juristischen Fakult¨at der Univ. K¨oln immatrikuliert und scheint dar¨uber hinaus eine handwerkliche Ausbildung genossen zu haben. Seit 1474 erschienen recht unterschiedliche Titel von zum Teil originellem Zuschnitt in seiner K¨olner Werkstatt, darunter Werner → Rolevincks Fasciculus temporum, das als eines der ersten Druckwerke mit Seitenzahlen ausgestattet C LGB war. G¨otz, (Friedrich Wilhelm) Paul, Geophysiker, Meteorologe, * 20. 5. 1891 Heilbronn, † 29. 8. 1954 Chur. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte Astronomie, Mathematik und Physik an den Universit¨aten Heidelberg und T¨ubingen und wurde 1914 Assistent an der Sternwarte Oesterberg in T¨ubingen (Promotion in Heidelberg 1918, Photographische Photometrie der Mondoberfl¨ache). Aus Gesundheitsgr¨unden nahm er eine Stelle als Lehrer in Davos an, richtete seit 1921 im Auftrag des Kurvereins Arosa ein Klima- und Strahlenforschungsinstitut ein und widmete sich dort der Erforschung des Lichts, der UV-Strahlung und des Ozons. 1931 habilitierte er sich mit der Arbeit Zum Strahlungsklima des Spitzbergensommers an der Univ. Z¨urich und nahm seit 1940 als Prof. einen Lehrauftrag f¨ur Meteorologie wahr. G., seit 1941 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, entdeckte und interpretierte den sp¨ater nach ihm G¨otz-Effekt benannten Umkehreffekt in der Ozonforschung, geh¨orte den f¨uhrenden internationalen Kommissionen zur Erforschung des Ozons und der

hohen Atmosph¨are an, untersuchte atmosph¨arische Tr¨ubungen und unternahm photogrammetrische H¨ohenbestimmungen der Nordlichter. Er ver¨offentlichte u. a. Das Strahlungsklima von Arosa (1926) und Klima und Wetter in Arosa (1954). C NDB

Goetz, Richard, o¨ sterr. Publizist, * 21. 8. 1896 Wien, † 2. 2. 1943 New York. G. studierte Rechts- und Staatswissenschaft, Politologie, Geschichte und Kunstgeschichte an der Univ. Wien, setzte seine Studien nach dem Ersten Weltkrieg fort und wurde mit einer medi¨avistischen Arbeit promoviert. Sp¨ater Mitarbei¨ ter des Osterreichischen Instituts f¨ur Geschichtsforschung, war er seit 1923 Theaterkritiker f¨ur den „Wiener Tag“ sowie Beitr¨ager u. a. der „Frankfurter Zeitung“, der „Danziger Neuesten Nachrichten“, des „Dortmunder Generalanzeigers“, der „Neuen Z¨urcher Zeitung“ und der „Bohemia“. G. war Mitarbeiter deutscher und tschechischer Radiostationen, dramaturgischer Berater am Burgtheater und Dozent an der Wiener Volkshochschule. 1936 gr¨undete er in Wien die Kulturvereinigung Podium im Hagenbund. Nach seiner Emigration in die USA 1939 lehrte er Geschichte und Kunstgeschichte an amerikanischen Colleges und Universit¨aten. G. schrieb Schauspiele (u. a. Die Emigranten, 1932) und Lyrik (Licht und Landschaft, 1935). C BHdE, Bd 2 G¨otz, Sebastian, schweizer. Bildhauer, * um 1575 Zizers. G. erhielt 1589 vom herzoglichen Hof in M¨unchen den Auftrag, am Bau der Jesuitenkirche St. Michael und der Wilhelminischen Feste mitzuwirken. 1604 kam er als junger Bildhauermeister nach Heidelberg und wurde, unter Verweis auf Arbeiten, die er in M¨unchen und W¨urzburg ausgef¨uhrt hatte, vom Kurf¨ursten mit der Ausschm¨uckung des neuen Schloßbaues, des Friedrichsbaues, beauftragt (u. a. 16 u¨ berlebensgroße Nischenstatuen von Wittelsbachern). Anschließend wandte er sich vermutlich nach Aschaffenburg, kehrte 1614 nach Heidelberg zur¨uck und schuf ein Grabmal aus Marmor und Alabaster f¨ur Kurf¨urst → Friedrich IV. C Th-B G¨otz, (Carl) Theodor von, Maler, * 14. 12. 1826 Litschen bei Hoyerswerda, † 21. 7. 1892 Dresden. G. trat fr¨uh in den s¨achsischen Milit¨ardienst ein, war als Kadett Malsch¨uler von J. G. Hantzsch, beschickte seit 1847 akademische Kunstausstellungen mit seinen Schlachtendarstellungen und orientierte sich sp¨ater an den Arbeiten Albrecht Schusters. 1872 verließ er als Oberstleutnant den Milit¨ardienst und widmete sich in Dresden der Malerei. Seine Gem¨alde dokumentieren h¨aufig historische Ereignisse wie die Waffeng¨ange bei K¨oniggr¨atz und Sedan und besitzen zum Teil dokumentarischen Wert (u. a. S¨achsische Artillerie bei der Erst¨urmung der D¨uppeler Schanzen 13. April 1849, 1851). G. schuf ferner Darstellungen historischer Schlachten, f¨ur die er archivalische Studien betrieb, und Genrebilder. C Th-B Goetz, Walter (Wilhelm), Historiker, * 11. 11. 1867 Leipzig, † 30. 10. 1958 Adelholzen (Oberbayern). Der Sohn von Ferdinand → G. studierte seit 1886 an den Universit¨aten Freiburg, M¨unchen und Leipzig und wurde 1890 promoviert (Maximilians II. Wahl zum r¨omischen K¨onige 1562. Mit besonderer Ber¨ucksichtigung der Politik Kursachsens). 1895 habilitierte er sich in Leipzig (Die bayerische Politik im ersten Jahrzehnt der Regierung Herzog Albrechts V. von Baiern (1550-1560)), 1910 habilitierte er sich nach M¨unchen um und wurde 1913 Mitglied der Historischen Kommission, deren Pr¨asident er 1946-51 war. 1905 wurde er o. Prof. in T¨ubingen, 1913 in Straßburg und 1915 in Leipzig, wo er das Institut f¨ur Kultur- und Zeitgeschichte leitete. G. engagierte sich politisch im Nationalsozialen Verein und war 1920-28 als Mitglied der Deut-

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G¨otz schen Demokratischen Partei Abgeordneter im Reichstag. 1933 emeritiert, u¨ bernahm er 1946 erneut eine Professur in M¨unchen. G. war 1907-39 Herausgeber der „Beitr¨age zur Kulturgeschichte des Mittelalters“ (55 Bde.), seit 1912 des „Archivs f¨ur Kulturgeschichte“ und 1929-33 der „Propyl¨aen Weltgeschichte“ (11 Bde.). Zu seinen Hauptwerken z¨ahlt Italien im Mittelalter (2 Bde., 1942). C Historikerlex

G¨otz, (Johann Konrad) Wilhelm (Friedrich Eduard), Geograph, * 27. 7. 1844 Schnabelwaid (Oberfranken), † 26. 3. 1911 M¨unchen. G., Sohn eines Pfarrers, studierte 1861-65 Theologie und Philologie an den Universit¨aten Erlangen und Leipzig, war seit 1867 Gef¨angnispfarrer in Lichtenau, seit 1871 in Sulzbach und legte 1874 die Staatspr¨ufung f¨ur das Lehrfach in Deutsch, Geschichte und Geographie ab. 1876 kam er als Lehrer nach M¨unchen, wurde 1882 in T¨ubingen promoviert und habilitierte sich 1886 an der TH M¨unchen. G. lehrte 1890-1909 an den bayerischen Milit¨arbildungsanstalten und wurde 1900 Prof. an der TH M¨unchen. Er f¨orderte als einer der ersten die Wirtschafts- und Verkehrsgeographie und befaßte sich mit historischer Geographie und bayerischer Landeskunde. G. ver¨offentlichte u. a. Das Donaugebiet mit R¨ucksicht auf seine Wasserstrassen nach den Hauptgesichtspunkten der wirtschaftlichen Geographie (1882), Die Verkehrswege im Dienste des Welthandels. Eine historisch-geographische Untersuchung samt einer Einleitung f¨ur eine „Wissenschaft von den geographischen Entfernungen“ (1888), Geographisch-historisches Handbuch von Bayern (2 Bde., 1895-98) und Historische Geographie. Beispiele und Grundlinien (1904). C NDB Goetz, Wolfgang (Carl Gustav), Schriftsteller, * 10. 11. 1885 Leipzig, † 3. 11. 1955 Berlin. G., Sohn eines Fabrikanten und Neffe von Walter → G., studierte in Leipzig und Berlin Geschichte und Literatur, bereiste Europa und Kleinasien und verkehrte in Berliner Literatenkreisen. 1920-29 war er Regierungsrat bei der Filmpr¨ufstelle Berlin, wurde bald ein bekannter Theaterkritiker und stand 1936-40 der Gesellschaft f¨ur Theatergeschichte vor. G. legte eine wertvolle Autographensammlung an und engagierte sich in literarischen Fachverb¨anden. 1946-49 gab er die „Berliner Hefte f¨ur geistiges Leben“ heraus. G. schrieb Dramen (u. a. Neidhardt von Gneisenau, 1922; Der Ministerpr¨asident, 1936) und Prosa (u. a. Mozart, 1941); seine autobiographischen Schriften Begegnungen und Bekenntnisse (1964) und Damals in Berlin (1970) erschienen postum. C NDB Goetze, Albrecht, Orientalist, * 11. 1. 1897 Leipzig, † 15. 8. 1971 Garmisch-Partenkirchen. Nach dem Studium an den Universit¨aten M¨unchen, Leipzig und Berlin nahm G., Sohn eines Psychiaters, am Ersten Weltkrieg teil und wurde 1922 promoviert. Im selben Jahr habilitierte er sich an der Univ. Heidelberg, hielt sich 1926 zu Ausgrabungen in Anatolien auf und wurde 1927 a. o., 1930 o. Prof. der semitischen Sprachen und der altorientalischen Geschichte in Heidelberg. 1933 als politisch unzuverl¨assig entlassen, lehrte G. in Kopenhagen und Oslo, emigrierte 1934 in die USA und wurde Prof. an der Yale University, zun¨achst f¨ur Assyriologie, 1958-66 f¨ur die Sprachen des Nahen Ostens. Er war 1947-56 Direktor der American School for Oriental Research in Bagdad, gr¨undete 1947 und redigierte bis 1956 das „Journal of Cuneiform Studies“ und befaßte sich u. a. mit dem Hethitischen und dem Akkadischen (u. a. Old Babylonian Omen Texts, 1947). G. war seit 1940 amerikanischer Staatsb¨urger. C BHdE, Bd 2

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G¨otze, Alfred (August Waldemar), Germanist, * 17. 5. 1876 Leipzig, † 27. 11. 1946 Gießen. Der Sohn von Woldemar → G. studierte seit 1895 Germanistik, Volkskunde, Geschichte, Geographie und Philosophie in Leipzig, wurde 1899 promoviert und war seit 1898 Bibliothekar und Mitarbeiter von Eduard → Sievers am Germanistischen Institut der Univ. Leipzig. 1902 wurde G. Bibliothekar, 1904 Kustos und 1924 Oberbibliothekar an der Universit¨atsbibliothek Freiburg / Breisgau. Nach der Habilitation 1905 (Martin Butzers Erstlingsschrift) lehrte er daneben seit 1906 als Privatdozent, seit 1912 als a. o. Prof. f¨ur Germanische Philologie an der dortigen Univ. und folgte 1925 einem Ruf als o. Prof. f¨ur Sprachgeschichte und a¨ ltere Literatur an die Univ. Gießen. 1911-32 war G. Mitarbeiter am Deutschen W¨orterbuch der Br¨uder → Grimm. Zu seinen Forschungsschwerpunkten z¨ahlten die Wortforschung, die Sprachgeschichte des Fr¨uhneuhochdeutschen, die deutsche Dichtung des 15. bis 17. Jh. und die Literatur der Reformationszeit. G. war Vorstandsmitglied des Deutschen Sprachvereins sowie Mitglied der Germanistischen Gesellschaften von Gießen, Marburg und Frankfurt / Main. Er vero¨ ffentlichte u. a. Die hochdeutschen Drucker der Reformationszeit (1905, 21963), Volkskundliches bei Luther (1909), Fr¨uhneuhochdeutsches Glossar (1912, 71971) und Das deutsche Volkslied (1929). C Bad Bio N.F., Bd 4 G¨otze, August Ludwig, Industrieller, * 30. 1. 1814 Plauen, † 26. 11. 1881 Chemnitz. Der Webersohn erlernte zun¨achst beim Vater dessen Handwerk und durchlief anschließend in Naumburg eine Kaufmannslehre. 1839-42 war er in Chemnitz Teilhaber von Richard → Hartmann. Anschließend gr¨undete er mit seinen Schwagern Ernst und Theodor Wiede die Maschinenfabrik G¨otze & Co., die sich mit dem Bau von Spinn- und Dampfmaschinen befaßte. In der Folgezeit engagierte sich G. bei der Gr¨undung von Aktiengesellschaften: 1855 Gemeinn¨utzige Baugesellschaft, Chemnitz-Stollberger-Eisenbahn, 1856 Eisenbahnkomitee Dresden-Freiberg-Chemnitz, 1861 Chemnitz-W¨urschnitzer Eisenbahn. Außerdem war er Vorstandsmitglied des Steinkohlenbauvereins Gottes Segen zu Lugau. Die ebenfalls unter G.s Mitwirkung 1857 gegr¨undete Chemnitzer Aktienspinnerei, der er mehrere Jahre als kaufm¨annischer Direktor vorstand, entwickelte sich zu einer der gr¨oßten s¨achsischen Spinnereien. 1848 wirkte G. in der „Kommission zur Er¨orterung der Gewerbs- und Arbeitsverh¨altnisse“ mit, geh¨orte 1851 / 52 der Zweiten Kammer des s¨achsischen Landtags an und war 1852-56 unbesoldeter Stadtrat und 1870-72 Stadtverordneter. Er war Mitbegr¨under und Vorstandsmitglied einer Reihe von Organisationen, darunter 1848 des Vereins zum Schutze der Vaterl¨andischen Arbeit, 1866 des Allgemeiner Wahlvereins und 1872 der Unfallversicherungs-Genossenschaft. G. wurde zum Kommerzienrat und zum Handelsrichter ernannt. G¨otze, Auguste, auch Goetze, Augusta, Pseud. A. Weimar, S¨angerin, Gesangsp¨adagogin, Dichterin, * 24. 2. 1840 Weimar, † 29. 4. 1908 Leipzig. Aus einer S¨anger- und Schauspielerfamilie stammend, stand G. bereits als Achtj¨ahrige gelegentlich auf der B¨uhne, war 1853-59 Sch¨ulerin ihres Vaters Franz → G. am Leipziger Konservatorium und deb¨utierte – nach vor¨ubergehendem Verlust ihrer Stimme – 1861 als Schauspielerin am Weimarer Hoftheater. 1865 trat sie wieder als Altistin auf und bereiste als Konzert- und Lieders¨angerin Deutschland, die Niederlande, Großbritannien und die Schweiz. 1870 wurde sie Gesangsp¨adagogin am Konservatorium in Dresden und gr¨undete 1876 eine private Gesangs- und Opernschule, die sie 1889 nach Leipzig verlegte und bis 1895 leitete; seit 1891 war sie auch Gesangslehrerin am dortigen Konservatorium. G. wurde zur Großherzoglich-Weimarischen Kam-

G¨otze mers¨angerin ernannt. Sie war vor allem als Interpretin der Werke Robert → Schumanns, Franz → Liszts und Felix → Mendelssohn Bartholdys bekannt. Sie schrieb mehrere dramatische Dichtungen, darunter das Lustspiel Eine Diplomatin (1880). C Kutsch

G¨otze, Carl (Johann Heinrich), P¨adagoge, * 1. 1. 1865 Pinneberg (Holstein), † 2. 5. 1947 Cuxhaven. Nach dem Besuch des Hamburger Lehrerseminars Volksschullehrer in Hamburg, leitete G., Sohn eines Tischlermeisters, die Einrichtung der Versuchsschule an der Telemannstraße, wurde 1920 st¨adtischer Schulinspektor und leitete 1921-30 als Oberschulrat das Hamburger Volksschulwesen. Neben J. Brinkmann und Alfred → Lichtwark z¨ahlte er zu den Begr¨undern der Kunsterziehungsbewegung und entwickelte aus ihrer Verbindung mit der Jugendbewegung das Hamburger Arbeitsschulprogramm. G. war 1905-14 Herausgeber von „Der Saemann. Monatsschrift f¨ur p¨adagogische Reform“ und schrieb u. a. Das Kind als K¨unstler (1898). C NDB G¨otze, Emil, S¨anger, * 19. 7. 1856 Leipzig, † 28. 9. 1901 Berlin. Von Beruf Kaufmann, studierte G. mit einem kgl. Stipendium bei Gustav Scharfe am Konservatorium in Dresden Gesang und deb¨utierte 1878 an der Dresdner Hofoper, an der er seit dem folgenden Jahr erster Tenor war. Er trat bei den Leipziger Gewandhauskonzerten auf, wurde 1881 an das K¨olner Opernhaus engagiert und sang seit 1885 als Gast an den Hofopern in Wien, Berlin, M¨unchen und Stuttgart, in den Niederlanden, in Rußland, in der Schweiz und an zahlreichen deutschen Stadttheatern. G. wurde u. a. mit der Partie des Raoul in Les Huguenots von Giacomo → Meyerbeer bekannt. C Kutsch G¨otze, Franz, S¨anger, Musikp¨adagoge, * 10. 5. 1814 Neustadt / Orla, † 2. 4. 1888 Leipzig. Nach der Ausbildung zum Violinisten war G. seit 1831 Mitglied der Weimarer Hofkapelle, begann eine zweite Karriere als Tenor und geh¨orte 1836-56 dem Ensemble der Weimarer Oper an. 1856-67 war er erfolgreicher Gesanglehrer am Leipziger Konservatorium, wo u. a. seine Tochter Auguste → G. bei ihm studierte. Sein autobiographisches Werk F¨unfzehn Jahre meiner Lehrt¨atigkeit erschien 1868. C Kutsch Goetze, Friedrich (Wilhelm), Fabrikant, Erfinder, * 27. 11. 1865 Berg vor Eilenburg, † 22. 11. 1924 Burscheid bei K¨oln. Als Maschinenschlossergeselle wurde G., dessen Vater als M¨ullerknappe, dann als Mehlh¨andler t¨atig war, Lokomotivf¨uhrer und besch¨aftigte sich daneben mit technischen Erfindungen. Seine Metalldichtung, bald ein wichtiges Element im Lokomotiven- und Maschinenbau, stellte er seit 1887 in der eigenen Werkstatt in der Thielem¨uhle in Burscheid bei K¨oln her. G. vergr¨oßerte das Unternehmen in den folgenden Jahren und spezialisierte sich auf die Entwicklung und Produktion beweglicher Metalldichtungen wie Stopfb¨uchsen und Kolbenringe und die Herstellung der dazu n¨otigen Maschinen. Der große Erfolg seines Unternehmens ließ ihn 1906 die „Goetze Gasket and Packing Co.“ in New Brunswick (USA) gr¨unden. Seit dem Ersten Weltkrieg geriet die Firma in eine Krise, deren Ende G. nicht mehr erlebte. C NDB

Goetze, Heinrich, Musiklehrer, Komponist, * 7. 4. 1836 Wartha (Schlesien), † 14. 12. 1906 Breslau. Neben der Ausbildung am Lehrerseminar Breslau 1854-56 nahm G. Musikunterricht, hatte bis 1859 ein Lehramt inne und studierte bis 1861 Gesang bei Franz → G¨otze am Leipziger Konservatorium. Er verlor seine Stimme, wandte sich

der Komposition und der T¨atigkeit als Musiklehrer zu, ging als Hauslehrer nach Rußland und kehrte Ende der sechziger Jahre nach Breslau zur¨uck. 1871 wurde er Seminarmusiklehrer am Kgl. Schullehrerseminar in Liebenthal bei Liegnitz, 1885 in Ziegenhals (Schlesien), 1896 in Breslau und war seit 1889 Kgl. Musikdirektor. G. komponierte Messen, Serenaden, Orgelst¨ucke sowie Lieder und schrieb p¨adagogische Abhandlungen und Lehrb¨ucher, u. a. Die praktische Anwendung der Harmonielehre beim Unterricht im Orgelspiele.

G¨otze, Heinz, Verleger, * 8. 8. 1912 Dresden, † 2. 3. 2001 Heidelberg. G., Sohn eines Stadthauptkassendirektors, studierte Geschichte, Kunstgeschichte und Arch¨aologie in Leipzig, M¨unchen und Neapel und wurde 1938 mit der Arbeit Die attischen Dreifigurenreliefs zum Dr. phil. promoviert. 1938 / 39 war er Assistent am Arch¨aologischen Institut der Univ. Berlin, anschließend Erster Assistent am Deutschen Arch¨aologischen Institut in Rom. Im September 1939 zur Wehrmacht eingezogen, leistete er bis Mai 1945 Kriegsdienst bei der Luftwaffe (Flakartillerie) und arbeitete dann bis 1948 im Buchhandel in Hannover. 1949 wurde G. Mitarbeiter des wissenschaftlichen Springer-Verlags in Heidelberg. 1957 machte ihn Ferdinand → Springer zum Partner und Mitinhaber. Bis Ende 1992 war G. gesch¨aftsf¨uhrender Gesellschafter des in Berlin und Heidelberg ans¨assigen Verlags mit Tochterunternehmungen in New York, Barcelona, Budapest, Hongkong, London, Mailand, Paris, Santa Clara, Singapur und Tokio. Als engster Mitarbeiter von Ferdinand Springer war G. maßgeblich am Wiederaufbau des Verlags nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligt. Ein entscheidender Schritt zur Schaffung eines internationalen Verlags- und Vertriebsnetzes war 1964 die Gr¨undung des Springer-Verlags New York und 1977 der Erwerb der Auslieferungsfirma Eastern Book Service in Tokio, dem 1983 die Gr¨undung von Springer Tokio folgte. 1974 erwarb G. den Steinkopff Verlag, 1983 den Physica Verlag, 1985 die International Fluidies Services Ltd. und den Birkh¨auser Verlag, Basel / Boston / Stuttgart. 1990 erfolgte die Gr¨undung der Springer Hungarica. Bis zum mehrheitlichen Verkauf des Springer-Verlags, eines der bis dahin weltweit gr¨oßten wissenschaftlichen Verlage in Privatbesitz, an die Bertelsmann AG 1998 blieb G. pers¨onlich haftender Gesellschafter des Verlags; danach wurde er Mitglied des Aufsichtsrats. Seine Kontakte zu Wissenschaftlern in vielen L¨andern trugen dazu bei, den 1842 in Berlin gegr¨undeten Verlag zu einem international angesehenen Unternehmen auszubauen. Als erster westlicher Verleger kn¨upfte G., ein großer Kenner ostasiatischer Kunst, Kontakte zur Volksrepublik China und bestritt dort mehrere Buchausstellungen. Un¨ ter seiner Agide entstanden spezialisierte Monographienreihen, praxisbezogene Werke, ein breites Lehrbuchprogramm sowie zahlreiche wissenschaftliche Periodika und Fortbildungszeitschriften, darunter die Facharztzeitschrift „Der Internist“. Seit Anfang der achtziger Jahre entwickelte der Verlag Formen des elektronischen Publizierens. G. ver¨offentlichte u. a. Der Springer-Verlag. Stationen seiner Geschichte. Teil II 1945-1992 (1994). Der Ehrendoktor der Medizin wurde G. vielfach verliehen, u. a. von der chinesischen Univ. Wuhan, die Ehrenprofessur vom Peking Union Medical College. Er war Ehrenmitglied der Soci´et´e Internationale de Chirurgie Orthop´edique et de Traumatologie, der Soci´et´e Fran¸caise d’H´ematologie und der International Skeletal Society sowie Ehrenb¨uger des Staates Texas (USA)

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G¨otze WEITERE WERKE: Bokuseki. Tuschespuren. Tokio 1979. – Castel del Monte. Gestalt und Symbol der Architektur Friedrichs. M¨unchen 1984, 2., verb. und erg. Aufl. 1986. LITERATUR: Pinsel und Tusche. Sammlung H. G. Hrsg. v. Gisela Armbruster und Helmut Brinkel. M¨unchen 1975. – Semper attentus. Beitr¨age f¨ur H. G. zum 8. August 1977. Hrsg. v. Konrad F. Springer. Berlin u. a. 1977. – Georg Ramseger: Gr¨oßter Botschafter der deutschen Wissenschaft. In: B¨orsenblatt f¨ur den Deutschen Buchhandel (Frankfurt) 38 (1982) Nr. 66, S. 1788 f. – Chinesische und japanische Kalligraphie aus zwei Jahrtausenden. Die Sammlung H. G. in Heidelberg. Bearb. v. Shigemi Komatsu und Kwan S. Wong unter Mitwirkung von Fumiko E. Cranston. M¨unchen 1987. – H. G. – 50 Jahre Verleger. Heidelberg 1999. – H. G. Verleger, Humanist, Homme de Lettres. 8. August 1912 - 2. M¨arz 2001. Berlin / Heidelberg 2001. Klaus G. Saur

G¨otze, Hellmuth, Intendant, * 2. 9. 1886 Leipzig, † 7. 3. 1942 Berlin. Nach einer kaufm¨annischen Ausbildung wandte sich G., Sohn eines Buchh¨andlers, der Schauspielerei zu und trat 1906-13 an den Theatern in Eisenach, Elbing, Neustrelitz, Zittau und Breslau auf, wo er auch Oberspielleiter des Naturtheaters der Jahrhundertausstellung war. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg leitete er 1919-22 die Mittelrheinische Verbandsb¨uhne in Bad Godesberg, war 1922-27 Intendant des Stadttheaters Trier, profilierte sich durch Neuinszenierungen und richtete Festspielwochen ein. Seit 1927 in gleicher Position am Landestheater Oldenburg, f¨uhrte er erfolgreich u. a. das pazifistische Drama U-Boot S 4 von G¨unter → Weisenborn und 1929 Alban → Bergs Oper Wozzeck auf, wurde von politisch rechtsstehenden Interessengruppen zunehmend kritisiert und nahm 1932 seinen Abschied. G. leitete danach das Stadttheater Magdeburg und war 1934 / 35 Intendant des Berliner Theaters am Nollendorfplatz. C Oldenburg Goetze, Johann Nikolaus Konrad, Musiker, Komponist, * 11. 2. 1791 Weimar, † 5. 12. 1861 Weimar. G. erregte als Geige spielendes Kind am Weimarer Hof die Aufmerksamkeit der Herzogin → Anna Amalia, wurde 1805 Violinist einer Privatkapelle in Leipzig und kehrte 1806 als Mitglied der Hofkapelle nach Weimar zur¨uck. Seit 1808 wurde ihm Unterricht an der Violine bei Louis → Spohr in Gotha und in Komposition bei August Eberhard → M¨uller in Weimar erm¨oglicht. G. war 1813 zu einem Studienaufenthalt in Paris, studierte dort bei Cherubini und Rodolphe Kreutzer am Konservatorium und galt in Weimar bald als Virtuose und bedeutender Komponist. 1826-48 war er Musikdirektor und Korrepetitor am großherzoglich Weimarer Hoftheater. G. komponierte Instrumental- und Vokalmusik sowie Opern, u. a. Das Orakel (1822). C ADB

G¨otze, Karl, Dirigent, Komponist, * 1836 Weimar, † 14. 1. 1887 Magdeburg. G., ein Sch¨uler von Johann Gottlob → T¨opfer, Ludwig Ernst → Gebhardi und Franz → Liszt, wurde 1855 Korrepetitor an der Oper in Weimar, sp¨ater Theaterkapellmeister in Magdeburg und Berlin, 1872 in Breslau und 1875 in Chemnitz. Er komponierte Opern (u. a. Judith, 1887) und symphonische Dichtungen. Goetze, Marie, verh. Ritter, S¨angerin, * 2. 11. 1865 Berlin, † 18. 2. 1922 Berlin. G. studierte am Sternschen Konservatorium in Berlin Gesang bei Jenny → Meyer, sp¨ater bei D´esir´ee → Artˆot de Padilla, deb¨utierte 1884 als Altistin in der Partie der Azucena im Troubadour und war 1884-86 Mitglied der Berliner Hofoper. 1886-90 sang sie am Opernhaus Hamburg, 1890 / 91 in New York, gastierte 1891 an der Wiener Hofoper und war

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1892-1920 Mitglied des Ensembles der Berliner Hofoper, wo sie u. a. in der Urauff¨uhrung der Oper Der Evangelimann von Wilhelm → Kienzl die Partie der Magdalena sang. G. trat auch erfolgreich als Konzerts¨angerin auf. C Kutsch

Goetze, Matthias, Buchh¨andler, * 1. 12. 1585 Lobst¨adt bei Borna, † 8. 6. 1662 Leipzig. Seit 1603 Lehrling in der Buchhandlung Thomas Sch¨uerers in Leipzig, wurde G., Sohn eines Schneiders, 1609 Gehilfe und u¨ bernahm nach dem Tod seines Lehrherrn und dessen Frau 1615 die Leitung des Unternehmens. 1619 heiratete er die a¨ lteste Tochter Sch¨uerers, deren noch minderj¨ahrige Br¨uder in den folgenden Jahren Teilhaber des Unternehmens wurden. G. verlegte bedeutende Werke, darunter Dietericis Catechismus Latinus, und sicherte die Existenz der Buchhandlung in der schwierigen Zeit des Dreißigj¨ahrigen Kriegs. Seit dem Tod des j¨ungsten Schwagers 1650 st¨utzte sich G. vor allem auf seine Tochter. Erst 1660 u¨ bergab er den gr¨oßten Teil der Gesch¨afte seinem Sohn Thomas C NDB Matthias → G.

Goetze, Max Robert von, Milit¨ar, * 30. 12. 1829 Nakel (Prov. Posen), † 18. 11. 1904 Hannover. G. trat in die preuß. Armee ein, nahm an den Kriegen von 1866 und 1870 / 71 teil und wurde 1871 Major, 1881 Oberst, 1889 als Generalleutnant Divisionskommandeur in Straßburg, 1893 Kommandierender General des VII. ArmeeC Priesdorff, Bd 10 korps in M¨unster.

Goetze, Otto, Maler, Graphiker, * 25. 7. 1868 Leipzig, † November 1931 Berlin. Nach Abschluß seiner Studien an den Kunstakademien und Universit¨aten Leipzig und M¨unchen ließ sich G. 1899 als Portr¨atmaler und Graphiker in Berlin nieder. Seit 1893 beschickte er regelm¨aßig die großen nationalen Ausstellungen. G. wurde vor allem als Portr¨atist (u. a. Frh. von → Richthofen, Gertrud → B¨aumer, Rudolf → Steiner, Arno → Holz) bekannt.

Goetze, Otto, Chirurg, * 25. 6. 1886 Gevelsberg (Westfalen), † 19. 7. 1955 Erlangen. G. studierte seit 1905 an den Universit¨aten G¨ottingen, Berlin und Greifswald, wurde 1910 promoviert (Die Beziehungen zwischen Uterusmyom und Konzeption) und bildete sich anschließend in Duisburg und Hamburg in Innerer Medizin und Pathoanatomie fort. Seit 1913 Chirurg in Halle, habilitierte er sich dort 1919, ging 1921 als chirurgischer Oberarzt und a. o. Prof. nach Frankfurt / Main und wurde 1929 o. Prof. und Direktor der Chirurgischen Universit¨atsklinik in Erlangen. 1934 wurde er f¨orderndes Mitglied der SS und 1937 Mitglied der NSDAP. G. nahm als Flottenarzt der Kriegsmarine am Zweiten Weltkrieg teil. 1953 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er ver¨offentlichte u. a. Die Motilit¨at und Sekretion des operierten Magens (in: Handbuch der normalen und pathologischen ¨ 2, 3 C Arzte Physiologie, Bd. 3, 1927).

G¨otze, Sigismund von, kurbrandenburgischer Kanzler, * 15. 7. 1578 C¨olln (heute zu Berlin), † 25. 12. 1650 Rosenthal (heute zu Berlin). Zun¨achst Page am Hof zu Wolfenb¨uttel, studierte G., Sohn eines Rats und Hofmeisters der Herzogin Magdalena von Braunscheig-L¨uneburg, seit 1595 an den Universit¨aten Frankfurt / Oder, Leipzig, Jena und Straßburg und hielt sich 1601-03 in Paris, Genf und Basel auf. Als Hofmeister Graf Wolrads von Waldeck erwarb er in der Schweiz und in Frankreich staatsm¨annische Bildung, wandte sich dem Calvinismus zu, trat 1607 in die Dienste der brandenburgischen Kurf¨ursten und wurde seit 1609 mit diplomatischen

G¨otzenberger Auftr¨agen beim kaiserlichen Hof betraut. 1613 / 14 kurf¨urstlicher Kommissar in J¨ulich, wurde er als Mitglied der kaiserfeindlichen Partei bei Hof 1627-30 vom politischen Geschehen ausgeschlossen und verfolgte als Kanzler seit 1630 eine die Neutralit¨at wahrende, schwedenfreundliche Politik. 1637 mußte er zur¨ucktreten, wurde 1640 engster Berater Kurf¨urst → Friedrich Wilhelms, verlor jedoch seit etwa 1643 außenpolitisch an Einfluß und beschr¨ankte sich auf kurm¨arkische Angelegenheiten. Von 1630 bis zu seinem Tod stand er dem 1604 gegr¨undeten Geheimen Rat vor. C NDB

Goetze, Thomas Matthias, Buchh¨andler, getauft 24. 2. 1623 Leipzig, begraben 6. 4. 1672 Frankfurt / Main. Der Sohn Matthias → G.s wurde vom Vater jung nach Frankfurt / Main geschickt, wo er sich nach seiner Heirat mit Margarete, einer Tochter Matth¨aus → Merians, 1644 als Buchh¨andler niederließ. Er nutzte geschickt die vor¨ubergehende Vorrangstellung Frankfurts als Buchhandelsstadt vor dem von den Schweden besetzten Leipzig aus, verlegte neben luth. Schriften juristische und chemische Werke (u. a. Johann Rudolph → Glaubers) sowie die deutschen Arbeiten des Amos → Comenius, darunter dessen Spielschule (1659). G. unterhielt mit seinen u¨ ber 80 000 B¨anden das wohl gr¨oßte Sortiment eines protestantischen Buchh¨andlers seiner Zeit und galt als der wohlhabendste Unternehmer seiner Zunft. Er richtete Filialen in Basel, Amsterdam und Jena ein, bem¨uhte sich um den Erwerb s¨amtlicher Anteile der aus dem m¨utterlichen Erbe stammenden Sch¨uererschen Buchhandlung in Leipzig und beteiligte sich am Verlag seines Schwagers Merian. C NDB

Goetze, Walter W(ilhelm), Pseud. Peter Schall, Komponist, * 17. 4. 1883 Berlin, † 24. 3. 1961 Berlin. G., Sohn eines Beamten, verließ das Friedrich-WilhelmGymnasium vor dem Abitur, bildete sich privat in Harmonielehre, Kontrapunkt und Instrumentation bei dem Komponisten Oskar M¨oricke aus und trat als Pianist mit eigenen Chansons in Kabaretts auf. Ersten Erfolg als Komponist hatte G. mit der Posse Parkettsitz Nr. 10 (1911). 1914 komponierte er zwei Operetten, dann ein Volksst¨uck und ein Singspiel. 1919 gelang ihm mit der Operette Ihre Hoheit – die T¨anzerin der Durchbruch. Nach der Premiere in Stettin wurde das Werk am Berliner ThaliaTheater unter Jean → Kren hunderte Male gespielt. Sich seitdem der historischen Kost¨umoper widmend, legte er in regelm¨aßigen Abst¨anden B¨uhnenwerke vor. In den f¨unfziger Jahren schrieb G., der nach 1945 nicht an seine fr¨uheren Erfolge ankn¨upfen konnte, unter dem Pseudonym Peter Schall vor allem Schlagertexte. C MGG

G¨otze, Wilhelm, Puppenspieler und -schnitzer, Dichter, * 2. 2. 1871 Großwutzerwitz (Kr. Jerichow), † 14. 6. 1954 Brandenburg. G., der aus armen Verh¨altnissen stammte, brach eine in Genthin und Helmstedt begonnene Schneiderlehre ab und arbeitete nach der Wanderschaft (u. a. in der Schweiz, in Frankreich und Italien) als Stalljunge und Flickschneider in einem Zirkus; sp¨ater trat er als Clown und Artist auf und sammelte erste Erfahrungen bei einem Marionettentheater. 1895 er¨offnete G. ein Puppentheater mit selbstgeschnitzten Figuren in Großwusterwitz und zog damit durch Mecklenburg, Brandenburg, die Altmark und den Harz. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg gr¨undete er 1918 die „UniversalK¨unstler-Gruppe Familie G¨otze“, in der neben dem Marionettentheater auch Musik, Artistik und Athletik zum Programm geh¨orten. 1922 wurde G. von staatlicher Seite als K¨unstler und Marionettenspieler anerkannt. 1930 zog er sich aus dem von seinen S¨ohnen fortgef¨uhrten K¨unstlerunternehmen zur¨uck und lebte am Wusterwitzer See, wo er auf seinem Grundst¨uck eigene Schnitzarbeiten zeigte. C MBL

G¨otze, (Julius) Woldemar, Sozialp¨adagoge, * 1. 1. 1843 Dresden, † 14. 11. 1898 Leipzig. Nach einer Mechanikerlehre besuchte G., dessen Vater Inhaber einer Privatschule war, das Polytechnikum und studierte sp¨ater an der Univ. Leipzig. 1870-73 unterrichtete er in Berlin und Freiberg (Sachsen), wurde 1873 Lehrer f¨ur Deutsch und Geschichte an der Realschule in Leipzig und wandte sich der Idee der Arbeitsschule zu. G. u¨ bernahm 1879 den Vorsitz der „Gemeinn¨utzigen Gesellschaft zur F¨orderung der Selbstbesch¨aftigung und des Hausfleißes“ und initiierte die Einrichtung der ersten Sch¨ulerwerkst¨atte in Dresden 1881 sowie des ersten Handfertigungsseminars in Leipzig. Seit 1890 redigierte er die „Bl¨atter f¨ur Knabenarbeit“ und bewirkte die Errichtung der Deutschen Lehrerbildungsanstalt f¨ur Knabenhandarbeit. G. war der Vater von Alfred → G. C NDB G¨otzel, Gustav, kath. Theologe, * 9. 5. 1885 M¨unchen, † 29. 6. 1950 M¨unchen. Beeinflußt von der M¨unchner katechetischen Bewegung unter Heinrich → Stieglitz und Joseph → G¨ottler, u¨ bernahm G., der 1909 die Priesterweihe empfangen hatte, 1918 die Leitung des „M¨unchener Katechetenvereins“; nach Umwandlung zum „Deutschen Katechetenverein“ (1921) stand er diesem bis 1950 vor. Seit 1938 war G. f¨ur die Entwicklung des Katholischen Katechismus der Bist¨umer Deutschlands verantwortlich, der 1955 publiziert wurde. Zu seinen eigenen Ver¨offentlichungen geh¨oren Religion und Leben (2 Tle., 1920, 21922) und Auf dem Weg zu einem neuen Katechismus (1944). C LThK G¨otzen, (Gustav) Adolf Graf von, Forschungsreisender, Diplomat, * 12. 5. 1866 Scharfeneck (Kr. Neurode, Schlesien), † 1. 12. 1910 Berlin. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Paris, Berlin und Kiel trat G., Sohn eines preuß. Premierleutnants und Großneffe Friedrich Wilhelm von → G.s, 1887 in milit¨arische Dienste, wurde jedoch u¨ berwiegend als Diplomat eingesetzt. G. unternahm 1893 / 94 eine fast einj¨ahrige Forschungsreise, bei der er zusammen mit G. von Prittwitz, H. Kersting und 600 einheimischen Tr¨agern Afrika durchquerte (Durch Afrika von Ost nach West, 1895) und u. a. erstmals Ruanda bereiste. 1896-98 Milit¨ar- und Marineattach´e in Washington, D. C., wurde er Hauptmann im Großen Generalstab und war 1900-06 Gouverneur von Deutsch-Ostafrika sowie Kommandeur der dortigen Schutztruppen. C NDB

Goetzen, Friedrich Wilhelm Graf von, Milit¨ar, * 20. 1. 1767 Potsdam, † 29. 2. 1820 Kudowa (Schlesien). Seit 1783 in der preuß. Armee, war G., Sohn eines preuß. Generalleutnants und Generaladjutanten → Friedrichs II., seit 1804 Fl¨ugeladjutant des K¨onigs und hielt sich 1805 in politischer Sondermission am kurs¨achsischen Hof in Dresden auf. 1806 mit dem Aufbau der Verteidigung Schlesiens im R¨ucken des napoleonischen Heeres betraut, trat er in der „Milit¨arischen Gesellschaft“ in Kontakt zu → Scharnhorst und wurde 1807 Generalgouverneur von Schlesien. Im selben Jahr wurde er in die Milit¨arorganisationskommission berufen, wo er die Forderung → Gneisenaus nach einem Volksheer unterst¨utzte. G. wurde 1809 als Generalgouverneur ab¨ gel¨ost, nachdem er eigenm¨achtige Verhandlungen mit Osterreich gef¨uhrt hatte, 1813 jedoch wieder eingesetzt. Neben der milit¨arischen Reorganisation Schlesiens zeichnete er sich als Topograph, Verwaltungsfachmann und Diplomat aus. C NDB G¨otzenberger, Jakob, Maler, * 14. 11. 1802 Heidelberg, † 6. 10. 1866 Darmstadt. G. studierte 1820-24 an den Kunstakademien in D¨usseldorf und M¨unchen, war Meistersch¨uler und Mitarbeiter von Peter

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G¨otzinger → Cornelius und begann 1825 mit der Ausmalung der Aula der Univ. Bonn. 1828 reiste er nach Rom, 1831 nach Florenz und kehrte 1832 mit in Italien gezeichneten Kartons zur Fertigstellung der Fresken nach Bonn zur¨uck. 1834 wurde er badischer Hofmaler und Galerieinspektor in Mannheim. 1840 schuf er 14 monumentale Wandmalereien f¨ur die Trinkhalle in Baden-Baden. G. begleitete Cornelius auf Reisen nach London und Paris, war 1845-47 Direktor der Mannheimer Galerie und reiste 1846 erneut nach Rom. Seit seinem Abschied von Mannheim arbeitete er an umfangreichen Auftr¨agen zur Ausschm¨uckung von Schl¨ossern in England. Neben Wandmalereien schuf G. Bildnisse und Gem¨alde, u. a. Die blaue Grotte. C Th-B

G¨otzinger, Ernst, schweizer. Germanist, Historiker, * 23. 9. 1837 Schaffhausen, † 10. 8. 1896 St. Gallen. Der Sohn Maximilian → G.s wurde nach Abschluß philologischer Studien an den Universit¨aten Basel, Bonn und G¨ottingen (1856-60) Prof. der deutschen Sprache an der Kantonsschule in St. Gallen und war Mitglied des Historischen Vereins St. Gallen. Er gab u. a. Johann Peter → Hebels Lyrik (1873) und Deutsche historische Schriften Joachim von → Watts (3 Bde., 1875-79) heraus und verfaßte historische Abhandlungen sowie ein Reallexikon der deutschen Alterth¨umer [. . .] (1881, 21885). C ADB

G¨otzinger, Gustav, o¨ sterr. Geologe, * 2. 7. 1880 Neuserowitz (M¨ahren), † 8. 12. 1969 Klosterneuburg (Nieder¨osterreich). G. schloß 1905 das Studium der Geographie und Geologie an der Univ. Wien ab, wurde Assistent am dortigen Geographischen Institut, war als Ozeanograph bis 1911 an der Adria eingesetzt und arbeitete anschließend an der Biologischen Station in Lunz am See. 1912 wurde er Mitarbeiter der Geologischen Reichs-, seit 1918 Bundesanstalt, 1938 deren Direktor. Von den Nationalsozialisten entlassen, wurde G. nach Kriegsende wieder zum Direktor ernannt und 1949 in den Ruhestand versetzt. Er befaßte sich u. a. mit Glazial- und Hydrogeologie, Geomorphologie, Limnologie und Ozeanographie. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen Beitr¨age zur Entstehung der Bergr¨uckenformen (1907), Morphologische Bilder von der n¨ordlichen Adria und von Istrien (1911), ¨ F¨uhrer f¨ur die Quart¨arexkursionen in Osterreich (1936) und Der voralpine Karst und seine Gesetzm¨aßigkeiten (1957). G¨otzinger, Maximilian (Wilhelm), Germanist, P¨adagoge, * 4. 11. 1799 Neustadt bei Pirna, † 2. 8. 1856 Bad Oeynhausen. Nach dem Theologiestudium in Leipzig 1818-21 war G., Sohn eines Pfarrers, Hauslehrer in Buchholz / Erzgebirge und Lehrer in Dresden und kam 1824 als Deutschlehrer an das Fellenbergische Institut in Hofwil (Kt. Bern). 1827-50 lehrte er am Gymnasium in Schaffhausen und erreichte die Erhebung des muttersprachlichen Unterrichts zum eigenst¨andigen Fach an h¨oheren Schulen. Er verfaßte germanistische Studien zu verschiedenen Mundarten, weitverbreitete Lehrb¨ucher und Unterrichtsmaterialien, u. a. Die Anfangsgr¨unde der deutschen Rechtschreibung und Satzzeichnung in Regeln und Aufgaben (1827, 101933) und Die deutsche Sprache (2 Bde., 1836-39, Neudr. unter dem Titel Die Deutsche Sprache und ihre Literatur, 1977). G., der in freundschaftlichem Kontakt mit Wilhelm → Wackernagel stand, war der Vater von Ernst → G. C Lex Gramm G¨otzl, Anselm, Komponist, * 20. 8. 1878 Karolinenthal bei Prag, † 9. 1. 1923 Barcelona. G. erhielt eine musikalische Ausbildung u. a. bei Zdenˇek Fibich und Franz → Schalk in Wien, an der Univ. Prag die musikwissenschaftliche bei Guido → Adler, bei dem er 1899 mit der Arbeit Beitrag zur Instrumentation der Beethovenschen Symphonien promoviert wurde. 1912 / 13 lebte er als

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Musiker, Komponist und kaufm¨annischer Gesellschafter in Prag. Nach Unterschlagungen wanderte G. in die USA aus, wo er als Operettenkomponist (u. a. Madame Flirt, 1909) gesch¨atzt wurde. Er starb auf einer Reise. C Dt Musikkultur

G¨otzloff, Carl Wilhelm, Maler, * 27. 9. 1799 Dresden, † 18. 1. 1866 Neapel. Als Student an der Dresdner Kunstakademie (seit 1814) wurde G., Sohn eines Stadtwachtmeisters, von Caspar David → Friedrich beeinflußt. 1821 reiste er als Stipendiat nach Rom und ließ sich 1825 in Neapel nieder. Er malte gef¨allige Veduten der Umgebung, durch deren Verkauf er im Lauf der Zeit verm¨ogend wurde, und empfing in seinem Haus eine große Anzahl deutscher Italienreisender. G. besuchte 1831 Sizilien und war 1835-38 Hofmaler des K¨onigs beider Sizilien sowie Zeichenlehrer der K¨oniginmutter. Den Blick auf Sorrent vom Capo di Monte aus soll G. sechsundvierzigmal gemalt haben. C NDB Goez, Joseph Franz Frh. von, o¨ sterr. Graphiker, Schriftsteller, * 28. 2. 1754 Hermannstadt, † 16. 9. 1815 Regensburg. Von Beruf Jurist, war G. bis 1779 im o¨ sterr. Staatsdienst in Wien t¨atig, studierte dort Malerei und wandte sich sp¨ater nach Bayern. In M¨unchen und Augsburg portr¨atierte er u. a. Kurf¨urst → Karl Theodor, Pius VI. und K¨onig Gustav III. von Schweden, wurde 1791 als Freimaurer und Illuminat aus M¨unchen ausgewiesen und lebte danach unter dem Schutz der F¨urstin Mathilde Therese von → Thurn und Taxis in Regensburg. G. ver¨offentlichte Karikaturen (Die heutige sichtbare K¨orperwelt oder hundert Charakterz¨uge, um 1784), erlernte sp¨ater autodidaktisch die Kunst der Radierung und schrieb u. a. Selbstgef¨uhl und Empfindungen bei meinem Abgang von M¨unchen (1791). C DLL Goez, Karl von, Jurist, Politiker, * 7. 3. 1844 Ellwangen / Jagst, † 14. 11. 1915 Stuttgart. G., Sohn eines Vorstands des Kreisgerichtshofes f¨ur den Jagstkreis in Ellwangen, sp¨ateren Obergerichtsrats in T¨ubingen, studierte seit 1862 Rechtswissenschaften an der Univ. T¨ubingen, war nach der Zweiten Juristischen Staatspr¨ufung 1867 beim Oberamtsgericht Rottenburg / Neckar t¨atig und unternahm 1868 eine Studienreise nach Wien, G¨ottingen, K¨oln und Paris. Nach seiner R¨uckkehr trat er 1869 in den w¨urttembergischen Justizdienst ein, u¨ bernahm 1869 / 70 f¨ur seinen Onkel Theodor von Gerster vertretungsweise die Vorlesungen u¨ ber deutsches und w¨urttembergisches Zivilprozeßrecht an der Univ. T¨ubingen und war im DeutschFranz¨osischen Krieg 1870 / 71 Mitarbeiter des Oberkriegsgerichts, danach Rechtsanwalt in Stuttgart. G., der seit 1867 der nationalliberalen Deutschen Partei angeh¨orte, war 1871-78 Mitglied des B¨urgerausschusses der Stadt Stuttgart, seit 1877 dessen Obmann, 1878-94 Mitglied des Gemeinderats der Stadt Stuttgart, seit 1891 besoldeter Gemeinderat und faktischer Vertreter des erkrankten Oberb¨urgermeister Friedrich Hack, 1882-94 Mitglied des W¨urttembergischen Landtags (seit 1886 Vizepr¨asident) und im September 1894 war er Wirklicher Staatsrat und St¨andiger Rat des Staatsministerium. 1887 war er Vorsitzender des Landesausschusses der Deutschen Partei W¨urttemberg und 1888-94 Mitglied der 4. Evangelischen Landessynode W¨urttembergs. 1894 wurde er stellvertretendes, 1896 ordentliches Mitglied des W¨urttembergischen Verwaltungsgerichtshofs, 1905 dessen Pr¨asident. G., der 1903 Titel und Rang eines Geheimen Rats mit dem Pr¨adikat Exzellenz erhielt, war der Schwager des Juristen und Politikers Ludwig → Gaupp. Er ver¨offentlichte u. a. Verwaltungsrechtspflege in W¨urttemberg (1902), Das w¨urttembergische Einkommensteuergesetz vom 8. Aug. 1903.

Gogarten Kommentar (1903, 21908) und Das Staatsrecht des K¨onigsreichs W¨urttemberg auf der Grundlage des Handbuchs von Dr. L. Gaupp (1904, Neuausg. 1908). C Raberg

Goez, Werner, Medi¨avist, * 13. 7. 1929 Frankfurt / Main, † 13. 7. 2003 Sterzing (Vipiteno). G. studierte seit 1948 in Frankfurt / Main Geschichte, Kunstgeschichte, Musikwissenschaft und Germanistik und wurde 1954 mit der Dissertation Translatio Imperii. Ein Beitrag zur Geschichte des Geschichtsdenkens und der politischen Theorien im Mittelalter und in der fr¨uhen Neuzeit (ver¨offentlicht 1958) promoviert. 1960 habilitierte er sich dort mit der Studie Der Leihezwang. Eine Untersuchung zur Geschichte des deutschen Lehnrechtes (ver¨offentlicht 1962), nahm 1964 einen Ruf auf einen Lehrstuhl f¨ur Geschichte des Mittelalters in W¨urzburg an und war 1969-97 Prof. an der Univ. Erlangen. Vor allem als Verfasser biographischer Essays u¨ ber die Zeit des Hochmittelalters bekannt geworden (u. a. Gestalten des Hochmittelalters, 1983, 21998 unter dem Titel Lebensbilder aus dem Mittelalter), besch¨aftigte sich G. auch mit Kirchen- und Verfassungsgeschichte sowie mit italienischer Landeskunde. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren u. a. Von Pavia u¨ ber Parma, Lucca, San Gimignano, Siena, Viterbo nach Rom. Ein Reisebegleiter entlang der mittelalterlichen Kaiserstraße Italiens (1972, 51985), Grundz¨uge der Geschichte Italiens in Mittelalter und Renaissance (1976, 21984) und Kirchenreform und Investiturstreit 910-1122 (2000). In Zusammenarbeit mit seiner Frau brachte G. 1998 innerhalb der Reihe „Monumenta Germaniae Historica“ eine kritische Edition aller Urkunden und Briefe der → Mathilde, Markgr¨afin von Tuszien, heraus. Goeze, Johann August Ephraim, Zoologe, * 28. 5. 1731 Aschersleben, † 27. 6. 1793 Quedlinburg. Der Sohn eines Oberpfarrers und Bruder Johann Melchior → G.s war nach dem Theologiestudium in Halle seit 1751 Hilfsprediger in Aschersleben und Quedlinburg. Er wurde Pfarrer an der Quedlinburger Hospitalkirche, 1762 an der Kirche St. Blasius, 1787 Hofdiakon am Quedlinburger Stift und befaßte sich mit reformationsgeschichtlichen und homiletischen Studien. 1772 erwarb er ein Mikroskop und f¨uhrte zoologische Untersuchungen durch. Zun¨achst widmete G. seine Aufmerksamkeit den Insekten und der Kleintierwelt des Wassers, seit 1775 vor allem helminthologischen Studien und publizierte u. a. den Versuch einer Naturgeschichte der Eingeweidew¨urmer tierischer K¨orper (1782, ¨ mit Nachtrag 1800). Im Alter wandte er sich Ubersetzungen und der Ver¨offentlichung von Volksschriften zu (u. a. N¨utzliches Allerlei aus der Natur und dem gemeinen Leben [. . .], 6 Bde., 1785-88). Seine umfangreiche Sammlung erwarb Kaiser → Joseph II. f¨ur die Univ. Pavia. Zu seinen ¨ Ver¨offentlichungen geh¨ort ferner Uber das vermeynte bey Quedlinburg gefundene Einhorn (1786). C NDB Goeze, Johann Melchior, luth. Theologe, * 16. 10. 1717 Halberstadt, † 19. 5. 1786 Hamburg. Der Bruder Johann August Ephraim → G.s studierte seit 1734 Theologie, Mathematik und Physik an den Universit¨aten Jena und Halle, wurde 1738 promoviert, 1742 ordiniert und war danach Prediger in Aschersleben. 1750 wechselte er als Zweiter Prediger an die Heilig-Geist-Kirche in Magdeburg; 1751 wurde er dort Pastor. 1755 erhielt er die Berufung als Hauptpastor an der Katharinenkirche in Hamburg; 1760-70 war er Senior im Geistlichen Ministerium. G. war als Gelehrter und Prediger angesehen. Er ver¨offentlichte neben polemischen Streitschriften den Versuch einer Historie der gedruckten nieders¨achsischen Bibeln von 1470 bis 1621 (1775, Nachdr. 1976) und andere bibliographische Arbeiten. G. war ein wortgewaltiger K¨ampfer f¨ur die luth. Orthodoxie, der sich gegen Pietismus und Aufkl¨arung

wandte. Bekannt wurde er durch seinen Streit mit Gotthold Ephraim → Lessing um dessen Fragmente eines Ungenannten (von Hermann Samuel → Reimarus, 1774-77; Lessings Schw¨achen, 1778); Lessing verteidigte sich u. a. in seinem Anti-Goeze (1778). G., der an der Lehre der luth. Orthodoxie von der Verbalinspiration der Bibel festhielt, war der dialektischen Gewandtheit seines Gegners nicht gewachsen. C NDB

Goffin´e, Leonhard, Pr¨amonstratenser, Schriftsteller, * 6. 12. 1648 Broich bei J¨ulich, † 11. 8. 1719 IdarOberstein. Der einer Familie wallonischen Ursprungs entstammende G. trat Ende 1666 in die Pr¨amonstratenserabtei Steinfeld / Eifel ein und studierte Theologie am Collegium Norbertinum in K¨oln. Nach der Priesterweihe 1675 war er in verschiedenen Pfarreien in Westfalen und in Rheinb¨ollen / Hunsr¨uck t¨atig und wirkte seit 1696 in Idar-Oberstein. Neben seiner seelsorgerischen T¨atigkeit widmete sich G. der Erbauungsschriftstellerei. Seine 1690 erstmals ver¨offentlichte und vielfach u¨ bersetzte Hauspostille oder christkatholische Unterrichtungen auf alle Sonn- und Festtage des ganzen Jahres erlebte bis Mitte des 20. Jh. mehr als 120 Auflagen; sie stellt eine Auslegung der Sonntagslesungen und -evangelien in Frageund Antwortform dar. C NDB Gog, Gregor, Pseud. Der Vagabundenk¨onig, Schriftsteller, Journalist, * 7. 11. 1891 Schwerin, † 7. 10. 1945 Taschkent. G., Sohn eines Zimmermanns und einer Magd, war nach dem Besuch der Volksschule zun¨achst Handlanger, 1910-13 Marinefreiwilliger, 1914 G¨artner und schloß sich nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1920 der ChristRevolution¨aren Partei des Naturheilarztes Karl Str¨unckmann an. Er war Mitherausgeber der Stuttgarter Zeitschrift „Weltwende. Kampfschrift des Christ-Revolution¨ars“ und 1927 Mitgr¨under der Internationalen Bruderschaft der Vagabunden. 1927-29 war G. Herausgeber der Zeitschrift „Der Kunde“, seit 1931 der linksgerichteten Zeitschrift „Der Vagabund“ und unternahm 1932 eine Reise in die UdSSR. 1933 wurde G., seit 1930 Mitglied der KPD, verhaftet und verbrachte acht Monate im Konzentrationslager; nach seiner Freilassung emigrierte er 1933 nach Z¨urich, 1934 in die UdSSR, wo er als Erzieher und Filmschauspieler t¨atig war und eine Geschichte der Vagabundenbewegung verfaßte. Seit 1941 lebte er in Ferghana. G. ver¨offentlichte u. a. Vorspiel zu einer Philosophie der Landstraße. Aus den Notizen eines Vagabunden (1928) und Sowjetkinder erz¨ahlen (1941). C Exiltheater Gogarten, Friedrich, evang. Theologe, * 13. 1. 1887 Dortmund, † 16. 10. 1967 G¨ottingen. G. studierte 1907-15 an den Universit¨aten Jena, Berlin, Heidelberg und Z¨urich Theologie, u¨ bernahm 1917 die Pfarrstelle in Stelzdorf (Th¨uringen), 1925 in Dorndorf / Saale und war seit 1925 Privatdozent f¨ur systematische Theologie an der Univ. Jena. 1931 folgte er einem Ruf als o. Prof. an die Univ. Breslau und lehrte von 1935 bis zu seiner Emeritierung 1955 an der Univ. G¨ottingen. G. geh¨orte zu den Begr¨undern der Dialektischen Theologie und war zun¨achst eng mit Karl → Barth in der Bek¨ampfung des Historismus und Anthropozentrismus der evang. Theologie des 19. Jh. verbunden. Sp¨ater wandte er sich von Barth ab und schloß sich 1933 f¨ur kurze Zeit den Deutschen Christen an, deren Rassenideologie er jedoch schon 1933 heftig kritisierte. G.s Hauptthemen sind der Mensch zwischen Gott und Welt, die Kirche in der Welt sowie die S¨akularisierung als Folge der christlichen Offenbarung. Er ver¨offentlichte u. a. Ich glaube an den dreieinigen Gott (1926), Der Zerfall des Humanismus und die Gottesfrage (1937), Der Mensch zwischen Gott und Welt (1952) und Jesus Christus – Wende der Welt (1966). C TRE

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Gogarten Gogarten, Heinrich, Maler, * 23. 8. 1850 Linz / Rhein, † 16. 11. 1911 M¨unchen. Der Sohn eines Oberpostsekret¨ars war Sch¨uler Oswald → Achenbachs an der D¨usseldorfer Kunstakademie, wo er sich vorwiegend zum Landschaftsmaler entwickelte. 1874-77 lebte er in Paris, malte zahlreiche Winterbilder, u. a. f¨ur Gyula → Andr´assy, und ließ sich nach seiner R¨uckkehr 1878 in Hamburg nieder. 1889 u¨ bersiedelte G. nach M¨unchen und arbeitete seit 1891 in Dachau, sp¨ater im nahegelegenen Karlsfeld. Seit 1897 stellte er wiederholt im M¨unchner Glaspalast aus. Zu seinen bekanntesten Werken z¨ahlen Adolfsbr¨ucke in Hamburg (1880), Winterlandschaften aus Zons (1881), Alpensee (1895) und Rotschwaige (1900).

Gohl, Johannes Daniel, Pseud. Ursinus Wahrmund, Mediziner, Medizinstatistiker, * 26. 7. 1674 Berlin, † 2. 4. 1731 Wriezen / Oder. G., Sohn eines brandenburgischen Kammermusikanten, studierte an der Univ. Halle Sprachen und Rechtswissenschaften, seit 1696 auch Medizin. Nach der Promotion 1698 (De haemorrho¨ıdum infernarum motu et ileo haematite Hippocratis) ging er nach Berlin und ließ sich 1699 als praktischer Arzt in Halle nieder, wo er auch medizinische Vorlesungen hielt. Sp¨ater kehrte er nach Berlin zur¨uck, war seit 1711 im Sommer als Brunnenarzt in Freienwalde t¨atig und wurde 1721 Physikus des Oberbarnimischen Kreises mit Amtssitz in Wriezen. 1723 wurde G. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. G. machte sich in seinen wissenschaftlichen Arbeiten um die Verbreitung des praktischen medizinischen Wissens verdient. Seine seit 1717 herausgegebenen Acta medicorum Berolinensium gelten als bedeutendes Zeugnis der medizinischen Publizistik seiner Zeit und enthalten wahrscheinlich die beiden ersten ver¨offentlichten deutschen Todesstatistiken. Sein Versuch patriotischer Gedanken u¨ ber den verwirrten kranken Verstand, besonders in der Therapie erschien 1729. C NDB Gohrbandt, Erwin, Chirurg, * 20. 9. 1890 Schlawe (Pommern), † 3. 1. 1965 Berlin. Der Sohn eines Lehrers studierte zun¨achst Theologie an der Univ. Berlin, bevor er sich dort sowie an der Milit¨ar¨arztlichen Akademie dem Medizinstudium zuwandte (Promotion 1917, Ein Fall von postkonzeptioneller Syphilis). Seit 1919 Assistent an der Chirurgischen Universit¨atsklinik der Charit´e, habilitierte sich G. 1924 und wurde 1928 a. o., 1940 o. Prof. der Chirurgie an der Univ. Berlin, 1955 Honorarprofessor an der TU Berlin-Charlottenburg. Seit 1929 Chefarzt und Direktor der Chirurgischen Abteilung des Berliner Urban-Krankenhauses, leitete er sp¨ater die Chirurgische Abteilung des Robert-Bosch-Krankenhauses und war bis 1958 ¨ Arztlicher Direktor und Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des St¨adtischen Krankenhauses Moabit. Im Zweiten Weltkrieg war er Beratender Chirurg der Luftwaffe. G. vero¨ ffentlichte u. a. ein Lehrbuch der Kinderchirurgie (1928) und Chirurgische Fragen der Kinderheilkunde in der Praxis ¨ (1936, 21942). 2, 3 C Arzte

Gohren, Karl Theodor von, Agrikulturchemiker, * 25. 2. 1836 Jena, † 29. 12. 1923 M¨odling (Nieder¨osterreich). G., Sohn eines Justizrats und Universit¨atsamtmanns, schloß das Studium der Chemie und Landwirtschaft an den Universit¨aten Jena und Berlin 1858 mit der Promotion ab und war 1859-64 Vorstand der Agrikulturchemischen Versuchsstation in Blansko (M¨ahren). Anschließend ging er als Prof. der Chemie und Technologie an die H¨ohere Landwirtschaftliche Lehranstalt nach Tetschen-Liebwerd und verfaßte dort ¨ 1868 einen Bericht Uber landwirtschaftliches Unterrichtswesen, nachdem er zahlreiche andere Landwirtschaftsschulen zum Studium ihrer Lehrpl¨ane besucht hatte. 1872-99 war

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G. Direktor der Landwirtschaftlichen Lehranstalt FranziskoJosephinum in M¨odling und hatte maßgeblichen Einfluß auf die Entwicklung des landwirtschaftlichen Unterrichts. Er ver¨offentlichte u. a. Die Agricultur-Chemie nach dem heutigen Standpunkte der Wissenschaft und Erfahrung (2 Bde., 1872-77, Teil 1 als 3., vollst¨andig umgearb. Aufl. des Werks Theoretisch-praktische Ackerbau-Chemie von Robert Hoffmann, 1863-66) und Landwirthschaftliche Lehre und Forschung (1874). C B¨ohm

Gold, Ernest, eigentl. Ernst Goldner, Pseud. Byron M., Ingersoll, Olga Phillips, J. J. Ernest, Komponist, Dirigent, * 13. 7. 1921 Wien, † 17. 3. 1999 Santa Monica (Kalifornien, USA). G. wurde von seinem Großvater am Klavier, von seinem Vater im Violinenspiel unterrichtet und nahm 1937 ein Studium an der Univ. Wien auf. 1938 emigrierte die Familie in die USA, wo G. zun¨achst Harmonielehre und Orchestration in New York, sp¨ater Dirigieren bei Leon Barzin und 1948-50 Komposition bei George Antheil in Hollywood studierte. Daneben war er als Klavierbegleiter, Komponist und seit 1945 auch als Arrangeur und Dirigent in Hollywood t¨atig. G. gilt als einer der erfolgreichsten Komponisten von Filmmusik (u. a. Exodus, 1960), sp¨ater arbeitete er auch f¨ur Fernsehproduktionen. 1958-60 leitete er die Santa Barbara Civic Opera und gr¨undete 1964 das Senior Citizens Orchestra Los Angeles. 1983 wurde er zum Vorstand der Musikbranche in der f¨ur die Oscar-Verleihung zust¨andigen ameri¨ kanischen Filmakademie ernannt. C OML Gold, Franz, Parteifunktion¨ar, * 10. 10. 1913 Botenwald bei Br¨unn, † 8. 5. 1977. G., Sohn eines Schmieds, war nach einer Fleischerlehre (seit 1927) bis 1935 in seinem Beruf t¨atig. 1927 trat er in den Kommunistischen Jugendverband, 1932 in die Kommunistiˇ sche Partei der CSR ein, wurde wegen politischer Unzuverl¨assigkeit aus dem Milit¨ardienst entlassen und ging 1939 nach Freiberg (Sachsen). Seit 1940 Wehrmachtssoldat, lief er 1941 zur Roten Armee u¨ ber und geh¨orte 1943 zu den Begr¨undern des Nationalkomitees Freies Deutschland, dessen Bevollm¨achtigter an der litauischen und Westfront er war. G. kommandierte 1944 / 45 eine Partisaneneinheit in der Slowakei, war 1945 / 46 Gebietssekret¨ar der KPCˇ und siedelte 1946 nach Dresden u¨ ber. Im selben Jahr wurde er Mitglied der SED. Dort war er in einem sowjetischen Nachrichtenb¨uro t¨atig, leitete 1948 / 49 das Deutsche Institut f¨ur sozial-¨okonomische Probleme in Berlin und war 1949 / 50 Personaldirektor beim Berliner Rundfunk. Seit 1950 Mitarbeiter des Ministeriums f¨ur Staatssicherheit, baute er die Abteilung (sp¨ater Hauptabteilung) Personenschutz auf und leitete sie bis 1974, seit 1972 im Rang eines Generalleutnants. C DDR Gold, Hugo, Verleger, Publizist, * 14. 10. 1895 Wien, † 20. 11. 1974 Tel Aviv (Israel). Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg und Kriegsgefangenschaft in Sibirien studierte G., Sohn eines Tischlermeisters, am Konservatorium und an der Deutschen Univ. in Br¨unn, wurde 1928 mit einer Arbeit u¨ ber die Einwanderung der Juden in M¨ahren zum Dr. phil. promoviert und arbeitete zudem seit 1919 in dem J¨udischen Buch- und Kunstverlag seines Onkels Max Hickl; 1924 u¨ bernahm er die Leitung des Verlags. Er gab u. a. die „J¨udische Volksstimme“, „Hickls Illustrierten J¨udischen Volkskalender“, die „Zeitschrift f¨ur die Geschichte der Juden in der Tschechoslowakei“ (1930-38) und die Familienzeitschrift „Die Welt“ (1934-39) heraus. Wahrscheinlich 1939 emigrierte G. nach Pal¨astina und konnte 1943 den Verlag unter dem Namen Olamenu Publishing House in Tel Aviv wiederer¨offnen, der sich auf B¨ucher u¨ ber mitteleurop¨aisches Judentum spezialisierte.

Goldbacher G. brachte 1964-74 die „Zeitschrift f¨ur die Geschichte der Juden“ heraus und verfaßte u. a. eine Geschichte der Juden in Wien (1966). 1967 wurde er mit dem Theodor-K¨ornerLiteraturpreis ausgezeichnet. C Lex dt-j¨ud Autoren

Gold, K¨athe, eigentl. Katharina Stephanie G., o¨ sterr. Schauspielerin, * 11. 2. 1907 Wien, † 11. 10. 1997 Wien. Die Tochter eines aus M¨ahren stammenden Schlossermeisters war bereits mit vier Jahren Statistin an der Staatsoper und am Burgtheater in Wien und erhielt nach der B¨urgerschule ein Stipendium an der dortigen Akademie f¨ur Musik und darstellende Kunst. 1926 deb¨utierte sie als Bianca in Shakespeares Der Widerspenstigen Z¨ahmung in Bern und war 1927 / 28 in M¨onchengladbach und 1928-31 in Breslau engagiert. 1932-35 unter Otto → Falckenberg an den M¨unchner Kammerspielen t¨atig, arbeitete sie gleichzeitig am Theater in der Josefstadt in Wien. Ihre gr¨oßten Erfolge hatte sie seit 1934 unter Gustaf → Gr¨undgens am Preußischen Staatstheater in Berlin, wo sie 1936 zur Staatsschauspielerin ernannt wurde. Sie spielte u. a. die Ophelia in Hamlet, die Minna in → Lessings Minna von Barnhelm, das Gretchen in → Goethes Faust und Henrik Ibsens Nora. Nach dem Engagement am Z¨urcher Schauspielhaus (1944-46) wechselte G. 1947 zum Wiener Burgtheater, wo sie, seit 1952 Kammerschauspielerin, 1985 Abschied von der B¨uhne nahm. Zu ihren wichtigen Rollen geh¨orten dort die Blanche in Tennessee Williams’ Endstation Sehnsucht und die Laura in Strindbergs Der Vater. Gastspiele gab sie u. a. bei den Salzburger und den Bregenzer Festpielen G. wirkte auch in einigen Filmen mit, u. a. in Amphytrion (1935), Andere Welt (1937), Das Fr¨aulein von Barnhelm (1940) und Das Jahr des Herrn (1950). Sie war seit 1979 Mitglied der Berliner Akademie der K¨unste und erhielt mehrere Auszeichnungen, u. a. die Josef-Kainz-Medaille (1965). C Huber Goldammer, Friedrich Leo(pold) Alexander, eigentl. Goltdammer, Pseud. L(eo) Giesbach, Hans Sachs, Lorenz Wurm, Schriftsteller, * 7. 4. 1813 Berlin, † 25. 3. 1886 Berlin. G., Sohn eines B¨ackermeisters, erlernte den Beruf des Vaters, ging 1830 auf Wanderschaft und arbeitete sp¨ater als B¨acker in Berlin. Seit 1840 schriftstellerisch t¨atig, erm¨oglichte ihm ein Stipendium K¨onig → Friedrich Wilhelms IV. die Arbeit an einer Reihe von historischen Dramen (u. a. Arme Leute, 1846; Max Emanuel, Kurf¨urst von Baiern, 1849), die allerdings nie aufgef¨uhrt wurden. 1850 wurde G. auf Vermittlung Christian Friedrich → Scherenbergs Mitglied des Vereins „Tunnel u¨ ber der Spree“. Da er auch mit seinen sp¨ateren B¨uhnenst¨ucken und Novellen (u. a. Drei Tage aus einem Leben, 1853; Defraudanten, 1858) keine wirtschaftlichen Erfolge erzielen konnte, nahm G. eine Stelle als Hilfsschreiber beim Magistrat an und arbeitete 1864-78 als Stadtwachtmeister. C DSL

Goldammer, Kurt (Moritz Artur), evang. Theologe, Religionshistoriker, * 20. 1. 1916 Berlin, † 9. 1. 1997 Am¨oneburg. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1935 Theologie und Philosophie an der Univ. Marburg und wurde 1941 mit der Arbeit Die eucharistische Epiklese in der mittelalterlichen abendl¨andischen Fr¨ommigkeit zum Dr. theol. promoviert. 1940 / 41 war er Pfarrvikar beim Landesverein f¨ur die Evangelische Kirche Sachsen, 1941 / 42 pers¨onlicher Assistent bei Heinrich → Bornkamm in Leipzig und Mitarbeiter an der Erstausgabe von Werken des → Paracelsus. 1942 vom Landesverein f¨ur Innere Mission mit der Gesangbuchreform beauftragt, u¨ bersiedelte er aus politischen Gr¨unden 1944 nach Marburg, wo er die Arbeiten zur Paracelsus-Ausgabe wieder aufnahm und als Pfarrvikar t¨atig war. 1946 habilitierte er sich f¨ur Religionsgeschichte und Geschichte der Religi¨osen

Kunst in Marburg und wurde apl. Professor. G. geh¨orte seit 1972 der Akademie der Wissenschaften Mainz an. Er ver¨offentlichte außer sieben B¨anden der Paracelsus-Ausgabe u. a. Paracelsus. Natur und Offenbarung (1953), Die Formenwelt des Religi¨osen. Grundriß der systematischen Religionswissenschaft (1960) und Religionen, Religion und christliche Offenbarung. Ein Forschungsbericht zur Religionswissenschaft (1965). C LThK

Goldast von Haiminsfeld, Melchior, Polyhistor, Philologe, Jurist, * 6. 1. 1578 Espen bei Bischofszell (Kt. Thurgau), † 11. 8. 1635 Gießen. Der Sohn eines verarmten Patriziergeschlechts studierte seit 1594 Rechtswissenschaften, Philologie, Geschichte und Theologie an den Universit¨aten Ingolstadt, Altdorf und Genf und stand seit 1603 als Sekret¨ar und Hauslehrer im Dienst adliger Familien. Mit Unterst¨utzung Bartholom¨aus Schobingers betrieb G. Forschungen in Archiven und Bibliotheken und erwarb eine genaue Kenntnis mittelalterlicher Handschriften und Urkunden. Seit 1606 lebte er vorwiegend in Frankfurt / Main und verfaßte f¨ur eine Reihe von St¨adten und F¨urstenh¨ausern historische und juristische Gutachten. 1605 erschienen seine Suevicarum rerum scriptores aliquot veteres und wenig sp¨ater als Erg¨anzung die Alamannicarum rerum scriptores aliquot vetusti (3 Bde., 1606). Seit 1613 Titularrat von Sachsen-Weimar, 1615-24 im Dienst des Grafen Ernst II. von Schaumburg-B¨uckeburg, lebte er nach dessen Tod erneut in Frankfurt und stand vermutlich seit 1632 im Dienst des Landgrafen von Hessen. Wenn G. auch nicht vor F¨alschungen zur¨uckschreckte, geh¨orte er doch mit seinen Quellenwerken zu den bedeutendsten Initiatoren der fr¨uhneuzeitlichen Geschichtsschreibung; er arbeitete insbesondere auf dem Gebiet der deutschen Reichsgeschichte und Staatswissenschaft, war Herausgeber von Kompilationen der Tagespublizistik und edierte antike und humanistische Autoren. Aus der „Manessischen Liederhandschrift“ publizierte er u. a. Paraeneticorum veterum Pars I. (1604; Neudr. hrsg. von Manfred Zimmermann, 1980). C Killy

Goldbach, Christian von, Mathematiker, * 18. 3. 1690 K¨onigsberg, † 1. 12. 1764 St. Petersburg. G., dessen Vater Prof. der Geschichte und Pfarrer war, studierte Rechtswissenschaften und Mathematik in seiner Heimatstadt und wurde nach einer langen Bildungsreise durch Mitteleuropa 1725 erster Konferenzsekret¨ar der neugegr¨undeten Akademie in St. Petersburg. Seit 1727 Erzieher Peters II. in Moskau, war er seit 1734 erneut in seiner fr¨uheren Stellung t¨atig und trat 1742 in den Dienst des Amtes f¨ur Ausw¨artige Angelegenheiten, wo er zuletzt als Geheimer Rat wirkte. G. stand im Briefwechsel mit Gottfried Wilhelm → Leibniz, Nikolaus II. und Daniel → Bernoulli sowie mit Leonhard → Euler (Briefwechsel 1729-1764, hrsg. von Adolf P. Juˇskeviˇc und Eduard Winter, 1965). C NDB

Goldbacher, Alois, o¨ sterr. Klassischer Philologe, * 27. 6. 1837 Meran, † 28. 4. 1924 Graz. Der Sohn eines Gerichtsvollziehers studierte seit 1857 Klassische Philologie bei Karl → Schenkel an der Univ. Innsbruck, legte dort 1861 die Lehramtspr¨ufung ab und setzte das Studium in Wien fort. Anschließend Gymnasiallehrer in Olm¨utz, Troppau und Graz, wurde er 1867 in Leipzig zum Dr. phil. promoviert und habilitierte sich 1871 an der Univ. Graz. 1875 ging G. als o. Prof. nach Czernowitz, amtierte 1881 / 82 als Rektor der Univ. und lehrte danach bis zu seiner Emeritierung 1908 erneut an der Univ. Graz, deren Rektor er 1891 / 92 war. Neben einer ersten kritischen Ausgabe der echten und unechten philosophischen Werke des Apuleius sowie einer lateinischen Schulgrammatik vero¨ ffentlichte G. Briefe des Augustinus im Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum (1895-1930). C NDB

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Goldbacher Goldbacher, Gregor, o¨ sterr. Dichter, * 10. 10. 1875 Steyr (Ober¨osterreich), † 22. 8. 1950 Steyr. Der Beamtensohn studierte Mathematik an der TH und an der Univ. Wien, war seit 1899 Realschullehrer und leitete von 1905 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand 1935 auch die kaufm¨annische Fortbildungsschule in Steyr. G. schrieb neben heimatkundlichen Feuilletons und Aufs¨atzen eine Reihe von Gedichtb¨anden, u. a. Feierabend. Gedichte in ober¨osterreichischer Mundart (1960), und gab das Jahrbuch des Bundes ober¨osterreichischer Mundartdichter „Hoamatgsang“ heraus. C DLL Goldbaum, Wenzel, Pseud. Georg Wilhelm M¨uller, Jurist, Schriftsteller, * 19. 9. 1881 Ł´od´z, † 15. 5. 1960 Lima (Peru). G., Sohn eines Arztes, wuchs in Frankfurt / Main auf, studierte Rechtswissenschaften an den Universit¨aten M¨unchen, Berlin und Marburg, wurde 1906 promoviert und lebte seit 1909 als Rechtsanwalt und Notar in Berlin. Er widmete sich insbesondere urheber- und theaterrechtlichen Fragen und war bis 1933 erster Sekret¨ar und Syndikus des Verbandes deutscher B¨uhnenschriftsteller und B¨uhnenkomponisten, Syndikus des Verbandes deutscher Filmautoren und Schriftf¨uhrer des Reichstheaterrats. G. begr¨undete den urheberrechtlichen Titelschutz. 1933 nach Frankreich emigriert, ließ er sich 1936 in Ecuador nieder, wo er zusammen mit seinen S¨ohnen eine Lebensversicherungsgesellschaft gr¨undete. Seit 1939 war G. S¨udamerikakorrespondent u. a. von „Le Droit d’auteur“, seit 1946 Vertreter Ecuadors bei der Copyright Convention in Washington, D. C., und hielt mehrere Jahre Vorlesungen an den Universit¨aten Quito und Guayaquil. Sein Hauptwerk Urheberrecht und Urhebervertragsrecht erschien 1922. Neben seiner T¨atigkeit als Jurist verfaßte G. Schauspiele, Romane und Gedichte, darunter Schlacken (1921) und 1914. Ein St¨uck in 5 Akten (1930). C Lex dt-j¨ud Autoren Goldbaum, Wilhelm, Pseud. O. Erter, Spectator, Journalist, Schriftsteller, * 6. 1. 1843 Kempen (Prov. Posen), † 28. 8. 1912 Wien. G. schloß das Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Breslau mit der Promotion zum Dr. jur. ab, wandte sich dem Journalismus zu und trat 1869 in die Redaktion der „Posener Zeitung“ ein. 1872 ging er als Feuilletonredakteur der „Neuen Freien Presse“ nach Wien und arbeitete u. a. f¨ur „Westermanns Monatshefte“, die „Rundschau“, die „Gartenlaube“, die „Nationalzeitung“ und die „Wiener Mode“. Seine kultur- und literaturhistorischen Essays erschienen in den Sammlungen Entlegene Culturen (1877) und Literari¨ sche Physiognomien (1884). G. war auch als Ubersetzer aus dem Polnischen t¨atig. C Lex dt-j¨ud Autoren Goldbeck, Johann Christian, Mediziner, * 11. 4. 1775 Rendsburg, † 9. 10. 1831 Altona (heute zu Hamburg). G. studierte bis 1795 an der chirurgischen Akademie in Kopenhagen Medizin, wurde 1796 in Jena zum Dr. med. h. c. ernannt, war anschließend als Chirurg in der d¨anischen Flotte und 1826 als Arzt und Vorsteher der Taubstummenanstalt in Altona t¨atig. G. ver¨offentlichte u. a. Metaphysik des Menschen, Teil 1, Grundlinien einer Metaphysik der Natur im Allgemeinen, besonders des organisirten Theils (1803), Die Metaphysik des Menschen, oder reiner Theil der Naturlehre des Menschen (1805), Nachricht wegen Taubstummheit und andern verwandten Gebrechen (1825) und Geist und Kritik des Mangelnden in der Mathematik, Naturkunde und Medicin (1827).

Goldberg, Albert, S¨anger, Regisseur, * 8. 6. 1847 Braunschweig, † 7. 11. 1905 Leipzig. In Schwerin zum Kaufmann ausgebildet, studierte G., Sohn eines j¨udischen Kantors und Bruder Jacques → G.s, seit

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1865 Musik, Dirigieren und Gesang am Leipziger Konservatorium. 1869 deb¨utierte er als Oberbrahmine in Giacomo → Meyerbeers L’Africaine an der M¨unchner Hofoper und stand in den folgenden Jahren als Bariton an den Stadttheatern von Mainz und Bremen, am Hoftheater von Neustrelitz und am Stadttheater von Straßburg auf der B¨uhne. 1875 / 76 trat G. am Stadttheater von Augsburg und an der Berliner Kroll-Oper auf, war seit 1876 am Stadttheater von K¨onigsberg engagiert, dessen Leitung er 1880 u¨ bernahm, und wirkte seit 1883 als S¨anger und Oberregisseur am Opernhaus von Leipzig. Zu seinem B¨uhnenrepertoire geh¨orten die Partien des Don Giovanni, des Fliegenden Holl¨anders, des Figaro im Barbier von Sevilla und des Papageno in der Zauberfl¨ote. C Kutsch

Goldberg, Emanuel, Physiker, Photochemiker, * 1. 9. 1881 Moskau, † 13. 9. 1970 Tel Aviv. Der Sohn eines Arztes studierte 1899-1906 an den Universit¨aten Moskau, K¨onigsberg, Leipzig und G¨ottingen sowie an der TH Berlin, wurde 1906 mit der Arbeit Beitr¨age zur Kinetik photochemischer Reaktionen promoviert und spezialisierte sich auf Photochemie und Mikromechanik. 1907-19 war er Lehrer an der Akademie f¨ur graphische K¨unste und Buchgewerbe in Leipzig, seit 1917 Vorstandsmitglied einer Tochtergesellschaft der Zeiss-Ikon AG in Dresden und Prof. an der TH Dresden. 1933 entlassen, emigrierte G. nach Frankreich, leitete bis 1937 eine Zeiss-Filiale in Paris und ging 1937 nach Pal¨astina. Dort errichtete er ein Labor f¨ur angewandte Optik, das den Ausgangspunkt f¨ur die elektrooptische Industrie in Israel bildete, und wurde 1947 Generaldirektor der Goldberg Instruments Ltd. G. trug maßgeblich zur Photochemie und Densitometrie bei, schuf wissenschaftliche Vorrichtungen f¨ur die photographische Praxis, stellte die nach ihm benannte Goldberg-Bedingung f¨ur die Kontrastwiedergabe beim Negativ-Positiv-Prozeß auf und erfand die Goldberg-Emulsion. Er ver¨offentlichte u. a. Farbenphotographie und Farbendruck (1908), Die Grundlagen der Reproduktionstechnik (1923), Der Aufbau des photographischen Bildes (1920), Helligkeitsdetails (1925) und Die graphischen K¨unste (1927). C BHdE, Bd 2 Goldberg, Fanny, S¨angerin, * 1816 Lemberg, † n. e. G., Schwester von Joseph Pasquale → G., sang 1837 / 38 am Theater am K¨arntertor in Wien, 1838 an der Mail¨ander Scala und 1839 die Titelrolle in der Urauff¨uhrung von Alessandro Ninis Oper La Marescialla d’Ancre am Teatro Nuovo in Padua. In den folgenden Jahren trat G. an mehreren italienischen B¨uhnen auf und wirkte u. a. in Genua in der Urauff¨uhrung von Pietro Combis Oper Cleopatra (1842) mit und sang 1844 in Neapel die Titelpartie bei der Urauff¨uhrung von Gaetano Donizettis Oper Caterina Cornaro. C Kutsch Goldberg, Gustav Adolf, Maler, * 19. 6. 1848 Krefeld, † 8. 5. 1911 M¨unchen. G. war Sch¨uler Arthur von → Rambergs, Karl von → Pilotys, Alexander von → Wagners und Andreas → M¨ullers an der Kunstakademie in M¨unchen, wo er sich zum Historien- und Portr¨atmaler entwickelte. Er malte u. a. die Bildnisse des Prinzen → Leopold, des Herzogs → Maximilian II. Emanuel und des K¨onigs von Bulgarien. F¨ur das Altenburger Schloß schuf G. den S¨achsischen Prinzenraub und die Belehnung Ottos von Wittelsbach, f¨ur die Lukaskirche in M¨unchen das Hochaltarbild (Grablegung Christi). Goldberg, Heinz, Drehbuchautor, Regisseur, Filmproduzent, * 30. 5. 1891 K¨onigsberg, † 2. 7. 1969 Berlin. G., Neffe von Albert und Jacques → G., studierte Literatur, Philosophie und Musik, nahm Schauspielunterricht und geh¨orte 1919 zu den Begr¨undern des Neuen Volkstheaters

Goldberg in Berlin, dessen Leitung er bis 1920 innehatte. In den folgenden Jahren war er Direktor verschiedener Berliner Theater, gr¨undete 1923 zusammen mit Ferdinand → Bruckner das Renaissance-Theater und richtete 1924 die Neue Schauspielschule in Berlin ein. Seit 1930 war G. Mitautor verschiedener erfolgreicher Filmmanuskripte, darunter Dreyfus (1930) und Ein Lied geht um die Welt (1933). Nach der Macht¨ubernahme durch die Nationalsozialisten emigrierte G. zun¨achst nach Prag, dann u¨ ber die Niederlande, die ¨ UdSSR, Osterreich, die Schweiz und Frankreich 1939 nach Großbritannien, wo er eine Reihe von Theaterproduktionen leitete und als Schriftsteller t¨atig war. Seit 1956 lebte G. in M¨unchen, arbeitete f¨ur Rundfunk und Fernsehen und ging 1963 nach Westberlin. C Exiltheater

Goldberg, Isidor, Jurist, * 1. 8. 1881 Bromberg (Posen), † 1943 Konzentrationslager Auschwitz. Das Studium der Rechtswissenschaften schloß G. 1907 mit der Promotion zum Dr. jur. ab und ließ sich als Rechtsanwalt und Notar in Plauen nieder, wo er 1927-33 Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde war. Als Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei, sp¨ater der Deutschen Staatspartei war er Stadtverordneter in Plauen und geh¨orte dem Israelitischen Gemeindeverband Sachsen in Dresden an. 1933 mit Berufsverbot belegt und zeitweise inhaftiert, emigrierte G. im selben Jahr nach Frankreich, wo er in einem Rechtsanwaltsb¨uro als Spezialist f¨ur deutsche Probleme und in der Fl¨uchtlingsorganisation Renouvel´e t¨atig war. Nach Kriegsausbruch wurde G. in verschiedenen Lagern in Frankreich interniert und im M¨arz 1943 in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert, wo er wahrscheinlich noch im selben Jahr ermordet wurde.

Goldberg, Jacques, Musiker, Schauspieler, Regisseur, * 16. 1. 1861 Braunschweig, † 26. 9. 1934 Berlin. Der Bruder Albert → G.s wirkte zun¨achst als Violonist in mehreren St¨adten der USA, war nach seiner R¨uckkehr nach Deutschland 1880 als Charakterschauspieler an verschiedenen deutschen B¨uhnen (u. a. Essen, Krefeld, Mainz) t¨atig und wurde danach Regisseur am Stadttheater von Magdeburg und am Hoftheater von Coburg-Gotha. Als Oberregisseur am Deutschen Landestheater von Prag inszenierte G. die Urauff¨uhrung von Richard → Wagners Jugendoper Die Feen und war 1896-1900 Direktor des Stadttheaters von Stettin. Weitere Engagements f¨uhrten ihn u. a. an das Theater des Westens nach Berlin und an das Stadttheater von Hamburg. In London f¨uhrte G. Regie bei der Erstauff¨uhrung von Tristan und Isolde am St.-Georges-Hall-Theater, arbeitete 1905 / 06 an der Metropolitan Opera in New York und kam 1907 als artistischer Direktor an das Stadttheater von Colmar. 1910 ging wurde er Direktor und Oberregisseur der Kgl. Hofoper Stockholm und war seit 1913 Oberregisseur an der Quindan-Oper in London, 1918 am Stadttheater von Elberfeld, 1919 / 20 an der Finnischen Oper in Helsingfors. Mit seinem mehrfach aufgef¨uhrten Lustspiel Ihr Ideal trat G. auch als B¨uhnenschriftsteller hervor.

Goldberg, Johann Gottlieb, auch Gol(t)berg, Theophilus J. G., Musiker, Komponist, getauft 14. 3. 1727 Danzig, begraben 15. 4. 1756 Dresden. Seinen ersten musikalischen Unterricht erhielt der Sohn eines Lauten- und Geigenbauers wahrscheinlich bei dem Kapellmeister Johann Balthasar Christian → Freislich, der in freundschaftlicher Beziehung zu G.s Eltern stand; sp¨ater wurde er finanziell unterst¨utzt durch Hermann Karl Graf ¨ von Keyserlingk, der ihm die Ubersiedlung nach Dresden und seine weitere Ausbildung erm¨oglichte. In Dresden war er Sch¨uler von Wilhelm Friedemann → Bach, in Leipzig von Johann Sebastian → Bach, der f¨ur ihn um 1742 die unter dem Titel Goldberg-Variationen bekannte Aria mit verschiedenen Veraenderungen vors Clavicimbal mit 2 Manualen

komponierte. W¨ahrend Keyserlingks T¨atigkeit als Gesandter am preuß. Hof hielt sich wahrscheinlich auch G. in Berlin auf und stand seit 1751 als Musikus in den Diensten Heinrich von → Br¨uhls in Dresden. Sein eigenes kompositorisches Werk ist gr¨oßtenteils verschollen; erhalten blieben u. a. zwei Cembalokonzerte, sechs Triosonaten, 24 PolonaiC MGG sen und zwei Kantaten.

Goldberg, Joseph Pasquale, o¨ sterr. Musiker, S¨anger, Komponist, * 1. 1. 1825 Wien, † 20. 12. 1890 Wien. G., Bruder von Fanny → G., studierte Musik und Violine bei Joseph → Mayseder und Ignaz von → Seyfried in seiner Heimatstadt, trat bereits in jungen Jahren als Violinvirtuose auf und unternahm Konzertreisen durch Europa. Er erhielt eine Gesangsausbildung bei Giovanni Battista Rubini, Giulio Marco Bordogni und Francesco Lamperti und deb¨utierte 1843 in Donizettis Oper Alina, Regina di Golconda in Genua. G. sang zahlreiche Baßpartien an verschiedenen italienischen B¨uhnen, ging als Konzerts¨anger und P¨adagoge nach Paris und war seit 1861 Prof. an der Royal Academy of Music in London. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er wieder in Wien. G. komponierte u. a. La Marcia trionfale (1870) zum Einzug der Truppen des K¨onigs Viktor Emanuel in Rom. C Kutsch Goldberg, Lea, Journalistin, Literaturwissenschaftlerin, ¨ Schriftstellerin, Ubersetzerin, * 29. 5. 1911 K¨onigsberg, † 15. 1. 1970 Jerusalem. G., die ihre Kindheit bis zur Revolution in Rußland verbracht hatte, schloß das Studium Philosophie und Orientalistik an den Universit¨aten Kowno (Litauen), Berlin und Bonn 1933 mit der Promotion zum Dr. phil. ab, ging 1935 nach Pal¨astina und war dort zun¨achst als Lehrerin, dann als Literatur- und Theaterkritikerin sowie als Schriftstellerin t¨atig. Seit 1952 lehrte sie an der Hebrew University in Jerusalem und wurde 1962 Prof. f¨ur vergleichende Literaturwissenschaft. G. war vor allem als Autorin von Kinder- und Jugendb¨uchern erfolgreich, ver¨offentlichte aber auch Romane und Lyrik in hebr¨aischer Sprache und u¨ bersetzte u. a. → Hofmannsthal, Heinrich → Mann, → Rilke, Gorki, Tolstoi, Ibsen, Petrarca und Shakespeare ins Hebr¨aische. Zu ihren wissenschaftlichen Ver¨offentlichungen z¨ahlen die Essays Russian literature in the nineteenth century (1976). 2003 wurde ihr 1937 erschienener erster Roman unter dem Titel Briefe von einer imagin¨aren Reise auf Deutsch ver¨offentlicht. C Altpreuß Biogr, Bd 4 Goldberg, Oskar, Mediziner, Philosoph, * 5. 11. 1885 Berlin, † 13. 8. 1953 Nizza. G., Sohn eines Orientalisten, studierte Theologie am Beth Hamidrasch und am Rabbinerseminar in Berlin und legte 1908 das Rabbinerexamen ab. Seit 1909 studierte er Orientalistik, V¨olkerpsychologie, Psychophysik und Medizin in Berlin und M¨unchen, wo er 1915 promoviert wurde. 1911 gr¨undete er mit Fritz → Hommel und anderen die Gesellschaft zur Erforschung der unbewußten Vorg¨ange in Sprache und Zahl, war 1912 Assistent f¨ur neurologische Forschung bei Theodor → Ziehen in Berlin und bei Emil → Kraepelin in M¨unchen und nahm 1913 / 14 an Expeditionen nach Tibet teil. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs war er Milit¨ararzt. Daneben wandte er sich der Mythenforschung zu und war 1917-22 Forschungsprofessor am Ostasien-Institut der Univ. M¨unchen. G. war spiritus rector der von 1927 bis 1931 bestehenden „Philosophischen Gruppe“ in Berlin. 1932-38 hielt er sich in San Remo auf, ging 1938 nach Z¨urich, 1939 nach Frankreich, 1941 nach New York und lebte seit Ende der vierziger Jahre in Paris. G. verfaßte zahlreiche Arbeiten u¨ ber j¨udische Mystik, insbesondere der Kabbalistik (u. a. Die f¨unf B¨ucher Mosis ein Zahlengeb¨aude, 1908). In seinem 1925

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Goldberger erschienenen Hauptwerk Die Wirklichkeit der Hebr¨aer. Einleitung in das System des Pentateuch (neu hrsg. von Manfred Voigts, 2000) vertrat er die Meinung, daß Aussagen des Pentateuch Beschreibungen einer von der heutigen abweichenden, metaphysischen Wirklichkeit seien, und versuchte die urspr¨ungliche hebr¨aische „Welt-Aufassung“ zu rekonstruieren; Thomas → Mann wurde bei der Abfassung seines Joseph-Romans davon beeinflußt. In seiner Schrift Maimonides. Kritik der j¨udischen Glaubenslehre (1935) kritisierte G. die Verbindung von aristotelischer Wissenschaft und j¨udischer Glaubenslehre und trat f¨ur eine lebensweltliche Verwirklichung der Tora durch ein metaphysisches j¨udisches Volk ein. C Lex j¨ud Phil

Goldberger, (Ludwig) Max, Bankier, Wirtschaftspolitiker, * 17. 5. 1848 Tarnowitz (Oberschlesien), † 22. 10. 1913 Berlin. G. trat nach einer kaufm¨annischen Ausbildung in Wien in die v¨aterliche Bank J. T. Goldberger ein, die er bald zu einem großen Bank-Kommissionsgesch¨aft ausbaute. Zusammen mit Eugen → Gutmann wandelte G. das Dresdner Bankhaus Michael Kaskel in die Dresdner Bank um, war in Rum¨anien im Eisenbahnwesen t¨atig, beteiligte sich in der Schweiz und Italien an der Verstaatlichung der Eisenbahnen und sah sich dadurch veranlaßt, sein Gesch¨aft in die „Internationale Bank“ umzuwandeln. 1892 verkaufte er diese, um sich ganz dem o¨ ffentlichen Wirtschaftsleben widmen zu k¨onnen, wurde 1891 Pr¨asident des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller und war 1896 am Zustandekommen der Berliner Gewerbe-Ausstellung beteiligt. Die Eindr¨ucke seiner 1901 unternommenen Amerikareise zum Studium des Trustwesens legte er in seinem Buch Das Land der unbegrenzten M¨oglichkeiten (1903) nieder. C NDB Goldemund, Heinrich, o¨ sterr. Ingenieur, * 13. 8. 1863 Kojetein (M¨ahren), † 2. 3. 1947 Salzburg. G. studierte seit 1886 Bauingenieurwesen an der TH Wien, trat 1890 in das Bauamt des Wiener Magistrats ein und wurde 1893 Bauadjunkt. Im folgenden Jahr kam er in das neuerrichtete B¨uro f¨ur die Bearbeitung des Regulierungsplans, wurde 1898 Oberinspektor und studierte w¨ahrend der Weltausstellung in Paris 1900 die dortige Stadtregulierung und das Gartenwesen. Seit 1908 Oberbaurat, war G. 1913-20 Stadtbaudirektor von Wien und widmete sich vor allem der Stadtregulierung, der Bauordnung, dem st¨adtischen Wohnungswesen und dem Stadtverkehr. 1919 / 20 war er Mitglied der Konstituierenden Nationalversammlung. Er geh¨orte der Donauregulierungskommission an und war maßgeblich an der Einl¨osung der Spitzackergr¨unde zur Errichtung des Technischen Museums beteiligt. 1938-45 war er Generaldirektor der Universale-Redlich-Berger AG. G. ver¨offentlichte u. a. Die bauliche Entwicklung und Stadtregulierung von Wien (1900) und Die Kriegs-Notspit¨aler der Stadt Wien (1915). C Czeike Goldenbaum, Ernst, Politiker, * 15. 12. 1898 Parchim, † 13. 3. 1990. G. arbeitete nach dem Besuch der Volksschule in der Landwirtschaft und schloß sich 1919 der KPD an. Seit 1921 in der KPD-Bezirksleitung Mecklenburg t¨atig, war er 1927-33 Redakteur der KPD-Zeitung „Volkswacht“ und geh¨orte 1924-26 und 1929-32 dem mecklenburgischen Landtag an. 1933 verhaftet, war G. seit seiner Entlassung 1934 als Landwirt in Parchim t¨atig, wurde jedoch nach dem 20. 7. 1944 erneut inhaftiert und in das Konzentrationslager Neuengamme deportiert. 1945 B¨urgermeister seiner Heimatstadt, wurde G. im folgenden Jahr erster Vorsitzender der Vereinigung der Gegenseitigen Bauernhilfe und erhielt 1946 vom Zentralkomitee der SED den Auftrag, die „Demokratische Bauernpartei Deutschlands“ (DBD) zu gr¨unden, als deren erster Vorsitzender er 1948-82 amtierte. 1949 / 50 war

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er Minister f¨ur Land- und Forstwirtschaft, 1949-76 Mitglied der Volkskammer, 1976-82 stellvertretender Vorsitzender des Staatsrats. C DDR

Goldenberg, Bernhard, Techniker, Ingenieur, * 20. 3. 1873 Dahlerau (Kr. Lennep), † 30. 5. 1917 Essen. Der Sohn eines F¨arbereibesitzers besuchte bis 1893 die Gewerbeschule in Barmen, studierte anschließend Elektrotechnik und Maschinenbau an den Technischen Hochschulen Hannover, Stuttgart und Berlin und trat 1898 als Ingenieur in den Bergischen Dampfkessel¨uberwachungsverein ein. Im folgenden Jahr wurde G. technischer Berater bei Stinnes, unternahm 1903 eine Studienreise nach Amerika und Japan und war seit 1904 als Direktor bei den Rheinisch-Westf¨alischen Elektrizit¨atswerken t¨atig. In dieser Stellung leitete er die technische und organisatorische Durchf¨uhrung der Elektrizit¨atsversorgung des Rheinisch-Westf¨alischen Industriegebiets und baute eine Reihe von Kraftwerken, darunter das Goldenberg-Kraftwerk bei K¨oln. C Rhein-Westf Wirt, Bd 17 Goldenberg, (Carl) Friedrich, Pal¨aobotaniker, * 11. 11. 1798 Halzenberg bei Wermelskirchen (Rheinland), † 26. 8. 1881 Malstatt bei Saarbr¨ucken. Der fr¨uh verwaiste G., Sohn eines Fabrikanten, besuchte eine Privatschule in J¨ulich, war seit 1815 Lehrer und unterrichtete 1826-36 an der Bergschule in Saarbr¨ucken. Daneben befaßte er sich mit fossilen Pflanzen und Tieren und ver¨offentlichte 1835 die Abhandlung Grundz¨uge der geognostischen Verh¨altnisse und der vorweltlichen Flora in der n¨achsten Umgebung von Saarbr¨ucken. 1855-62 arbeitete G. an seinem Hauptwerk Flora Saraepontana fossilis. Die Pflanzenversteinerungen des Steinkohlengebirges von Saarbr¨ucken. Seit 1852 war G. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1851 erschien von ihm Die Naturwissenschaft eine Wissenschaft des Lebens. C NDB Goldenberger, Franz Xaver, Jurist, Beamter, * 3. 6. 1867 M¨unchen, † 6. 9. 1948 Kirchdorf bei Haag (Oberbayern). Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. M¨unchen 1887-91 war G., Sohn eines St¨andehausverwalters, beim dortigen Amts- und Landgericht t¨atig und trat 1894 als Akzessist in den bayerischen Staatsverwaltungsdienst ein. 1898 wurde er Bezirksamtsassessor in Kitzingen, 1903 in Berchtesgaden, 1907 in M¨unchen und war 1908 als Regierungsassessor bei der Regierung der Oberpfalz t¨atig. Seit 1912 Regierungsrat im Kultusministerium, wurde G. 1918 Ministerialrat, 1926 Ministerialdirektor im Kultusministerium und war 1926-33 Staatsminister f¨ur Unterricht und Kultus.

Goldener, Johannes → Johannes Goldener Goldenthal, Jakob, o¨ sterr. Orientalist, * 23. 3. 1815 Brody (Galizien), † 27. 12. 1868 Wien. G. studierte Philosophie und orientalische Sprachen u. a. an der Univ. Leipzig (Promotion 1845), war seit 1843 Direktor der Israelitischen Lehranstalt in Kischinew (Bessarabien) und ging 1846 nach Wien, wo er 1848 zum a. o. Prof. f¨ur orientalischen Sprachen und Literatur an der Univ. ernannt wurde. Er ver¨offentlichte zahlreiche Untersuchungen zur Semitischen Philologie (u. a. Kalonymi Apologia Mosis Maimonidis, [. . .], 1845) und machte sich um die Edition hebr¨aischer Werke des Mittelalters verdient. G. war Herausgeber der Zeitschriften „Das Neue Zion“ (1845) und „Das Morgenland“ (1858). C Lex dt-j¨ud Autoren

Goldfriedrich, Johann (Adolph), Bibliothekar, Historiker, * 21. 7. 1870 Bautzen, † 21. 12. 1945 Leipzig. Nach dem Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie in Leipzig (Promotion 1895) war G. 1896-1903 Realschullehrer und wurde 1908 Archivar, sp¨ater Vorstand

Goldinger des Leipziger Deutschen Buchhandelsarchivs. 1912-34 Bibliothekar der Bibliothek des B¨orsenvereins der Deutschen Buchh¨andler, befaßte er sich vor allem mit der Buchhandelsgeschichte und erarbeitete die B¨ande 2-4 (1908-13) sowie den Registerband (1923) der von Friedrich → Kapp begonnenen Geschichte des deutschen Buchhandels (Bd. 1, 1886). C LGB

Berliner Rundfunks. 1950 wurde G. wegen angeblicher Verbindung zu Noel H. Field verhaftet, aus der SED ausgeschlossen und 1954 wegen „Agentent¨atigkeit“ zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. 1956 entlassen und rehabilitiert, wurde er Redakteur der „Zeit im Bild“ in Dresden. C DDR

Goldfuß, Georg August, Zoologe, Pal¨aontologe,

Aryeh, Jurist, Verbandsfunktion¨ar, * 18. 3. 1884 Mih˘aileni (Bukowina), † 18. 7. 1949 Haifa. G. studierte 1902-07 Rechtswissenschaften an der Univ. Wien, Soziologie an der Univ. Berlin und Wirtschaftswissenschaften an der Univ. Frankfurt / Main, wurde zum Dr. jur. promoviert und war 1909-38 Rechtsanwalt in Wien. Er engagierte sich in der zionistischen Bewegung, geh¨orte 1907 zu den Begr¨undern der Weltvereinigung „Poale Zion“ und der zionistischen „Studentenvereinigung Theodor Herzl“ und war Herausgeber der zionistischen Zeitschriften „Die Stimme“ und „Die Hoffnung“. G. war Vorsitzender der „Zio¨ nistischen Organisation“ in Osterreich, Pr¨asident des „J¨udischen Volksheims“ und der „J¨udischen Volksbibliothek“ und leitete 1938 / 39 den J¨udischen Nationalfonds. 1939 emigrierte er nach Pal¨astina, war stellvertretender B¨urgermeister von Haifa, 1942 Mitgr¨under der „Alijah Chadaschah“ und der „Progressive Party“ und arbeitete 1941-45 bei der Zeitschrift „Hege“ mit. G. ver¨offentlichte u. a. Die Handels¨ beziehungen zwischen Osterreich und Rum¨anien (1910), Soziologie und Tendenzen der j¨udischen Wanderung (1918), Die Juden Wiens (1927) und Die Juden M¨ahrens (1927). C BHdE, Bd 1

* 18. 4. 1782 Thurnau (Oberfranken), † 1. 10. 1848 Poppelsdorf (heute zu Bonn). Der Sohn eines Baders, der auf einer Forschungsreise in Ostindien verungl¨uckte, studierte an der Univ. Erlangen (Promotion 1805, Enumeratio insectorum eleutheratorum capitis bonae spei totiusque Africae) habilitierte sich f¨ur Zoologie und war Hauslehrer, seit 1812 Privatdozent f¨ur Zoologie in Erlangen. 1818 folgte er einem Ruf als Prof. der Zoologie und Mineralogie an die Univ. Bonn, wurde Oberaufseher des Zoologischen Museums und der Pal¨aontologischen Sammlung und war seit 1813 Mitglied sowie langj¨ahriger Bibliothekar der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. G. f¨uhrte 1818 den Begriff „Protozoa“ ein. Er ver¨offentlichte einen Grundriß der Zoologie (1826, 21834) und arbeitete 1826-44 an seinem Werk Petrefacta Germaniae (unvollendet), an dem auch der Pal¨aontologe Georg Graf zu → M¨unster beteiligt war. Zu seinen Ver¨offentlichungen ¨ geh¨oren ferner Uber die Entwicklungsstufen des Thieres (1817, Nachdr. 1979) und Physikalisch-statistische Beschreibung des Fichtelgebirges (mit Gustav Bischof, 1817). C NDB

Goldhagen, Hermann, Jesuit, Theologe, * 14. 4. 1718 Mainz, † 8. 4. 1794 M¨unchen. G., Sohn eines Kaufmanns, trat 1735 in die Gesellschaft Jesu ein, unterrichtete 1746-56 an einem Gymnasium in Mannheim und in Mainz und war 1756-64 Prof. f¨ur Exegese in Mainz. 1766 wurde er Provinzial und 1773 Geistlicher Rat in Mainz; 1774 war er Leiter des Noviziats. Seit 1792 lebte er in M¨unchen. G. wurde dort zum kurbayerischen Rat ernannt. Er verfaßte lateinische und griechische Schulb¨ucher, gab 1753 eine philologisch ausgezeichnete Ausgabe des Neuen Testaments heraus und ver¨offentlichte das dreiteilige Werk Introductio in S. Scripturam Veteris et Novi Testamenti (1765-68). 1776-91 publizierte er ein „Religionsjournal“, in dem er religionsfeindliche Aufkl¨arungsliteratur besprach. C LThK

Goldhammer, Bruno, Journalist, Redakteur, Parteifunktion¨ar, * 10. 2. 1905 Dresden, † 7. 8. 1971 Dresden. G.s Vater war Textilkaufmann und Kinobesitzer, seine Mutter Schneiderin. Nach einer Ausbildung zum Buchh¨andler und Bibliothekar und dem Beitritt zur KPD (1922) wandte er sich einer journalistischen T¨atigkeit zu und wurde 1925 Redakteur, 1929 Chefredakteur der „S¨achsischen Arbeiterstimme“ in Dresden. 1930 / 31 verb¨ußte er ein Jahr Festungshaft und war anschließend in Dresden und Chemnitz als Redakteur sowie als Parlamentsjournalist im s¨achsischen Landtag t¨atig. Als 1933 ein Haftbefehl gegen ihn ˇ erlassen wurde, emigrierte G. in die CSR. Sp¨ater ging er in die Schweiz, wurde Mitglied der KPD-Landesleitung und war Chefredakteur ihres Organs „S¨uddeutsche Informationen / S¨uddeutsche Volksstimme“. 1940 wurde G. in Z¨urich verhaftet, kam in verschiedene Gef¨angnisse und in die Internierungslager Malvaglia und Gordola und war nach seiner Entlassung 1944 / 45 Chefredakteur der Zeitschrift „Freies Deutschland“. 1945 / 46 geh¨orte er dem KPDLandesvorstand Bayern an, u¨ bersiedelte 1947 in die Sowjetische Besatzungszone, wurde SED-Mitglied und war 1948 / 49 Chefredakteur und stellvertretender Intendant des

Goldhammer, Leo, sp¨ater Goldhammer-Sahawi, Leo

Goldhann, Ludwig, o¨ sterr. Jurist, Dramatiker, * 8. 12. 1823 Wien, † 18. 1. 1893 Br¨unn. G., Sohn eines Eisenh¨andlers, studierte Rechtswissenschaften in Wien, trat 1848 in die Akademische Legion und den Studentenausschuß ein und nahm an den Barrikadenk¨ampfen teil. Ende 1848 wurde er Praktikant in der Finanzprokuratur in Br¨unn, wo er, seit 1850 Dr. jur., bis zu seiner Pensionierung 1868 t¨atig war, seit 1860 als Adjunkt. G. unternahm zahlreiche Reisen durch Europa, verkehrte u. a. mit Franz → Grillparzer, Friedrich → Hebbel und Heinrich → Laube und war seit 1892 Pr¨asident des Deutschen Journalisten- und Schriftstellervereins f¨ur M¨ahren und Schlesien. Er schrieb Dramen, u. a. Der G¨unstling eines Kaisers (1862) und Ein verkauftes Herz (1886). C DSL Goldhofer, Prosper, Augustiner-Chorherr, Mathematiker, Astronom, * 10. 11. 1709 M¨unchen, † 19. 1. 1782 Polling (Oberbayern). G. trat 1726 in das Augustiner-Chorherrenstift Polling ein, studierte Rechtswissenschaft, Mathematik und Geschichte an der Univ. Ingolstadt und wurde 1733 zum Priester geweiht. Danach Lehrer der Mathematik und Astronomie in Polling, verbreitete er die Lehren Issac Newtons und f¨uhrte einen gelehrten Briefwechsel mit Kollegen u. a. in Frankreich und Italien. Gemeinsam mit Franz → T¨opsl richtete er in Polling ein Observatorium und ein physikalisches Kabinett ein. G. war 1759 eines der ersten Mitglieder der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, redigierte 1763-67 deren astronomischen Kalender und verfaßte eine Reihe von naturwissenschaftlichen und historischen Manuskripten. Goldinger, Walter, o¨ sterr. Historiker, * 15. 3. 1910 Wien, † 15. 2. 1990 Wien. G. studierte Geschichte, Geographie und Kunstgeschichte an der Univ. Wien, war 1931-33 am Institut f¨ur o¨ sterreichische Geschichtsforschung t¨atig, wurde 1932 promoviert und trat in den Staatsdienst ein. 1945-52 leitete er das Universit¨atsarchiv und war gleichzeitig Beamter des Allgemeinen Verwaltungsarchivs, dem er 1956-72 als Direktor vorstand. 1950 habilitierte er sich an der Univ. Wien f¨ur histori-

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Goldmann sche Hilfswissenschaften und wurde 1964 a. o. Professor. G. ¨ war 1973-75 Generaldirektor des Osterreichischen Staatsarchivs und ver¨offentlichte u. a. Geschichte der Ersten Republik (1962). C Czeike

Goldmann, Emil, Rechtshistoriker, * 3. 11. 1872 Karlsbad (B¨ohmen), † 6. 6. 1942 Cambridge (Großbritannien). G. studierte Rechtsgeschichte, Altertums- und Volkskunde an der Univ. Wien und wurde 1897 zum Dr. jur. promoviert. 1904 / 05 setzte er seine Studien bei Heinrich → Brunner in Berlin und bei Karl von → Amira in M¨unchen fort, war seit 1912 Privatdozent an der Univ. Wien und wurde 1916 zum a. o. Prof. der deutschen Rechtsgeschichte und der deutschen Rechtsaltert¨umer ernannt. Seit 1932 tit. o. Prof., emigrierte ¨ G. nach dem „Anschluß“ Osterreichs nach Großbritannien, wo er zun¨achst als Privatgelehrter t¨atig war und seit 1942 in Cambridge lehrte. In seinen wissenschaftlichen Forschungen bem¨uhte sich G., volksrechtliche Bestimmungen durch volkskundliche Vergleiche darzulegen. 1928 erschienen seine Neuen Beitr¨age zur Geschichte des fr¨ankischen Rechts. C BHdE, Bd 2 Goldmann, Franz, Mediziner, * 2. 1. (?) 1895 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 4. 3. 1970 Clinton (Connecticut, USA). G. studierte an der Univ. Heidelberg Medizin, wurde 1920 an der Univ. Berlin promoviert (Ueber moderne Behandlungsmethoden der Krampfadern und des Ulcus cruris) und war bis 1921 Internist an verschiedenen Berliner Universit¨atskrankenh¨ausern. Seit 1922 im st¨adtischen Gesundheitsamt t¨atig, wurde er 1927 Magistratsmedizinalrat, 1929 Magistratsobermedizinalrat und war 1929-33 mit dem Titel Oberregierungsrat Dezernent f¨ur Gesundheitsf¨ursorge im Innenministerium, 1932 / 33 Privatdozent an der Univ. Bonn. 1933 emigrierte G. in die Schweiz, hatte bis 1937 eine Privatpraxis in Genf und ging dann in die USA, wo er bis 1947 an der Yale University lehrte. Er ver¨offentlichte u. a. Die Leistungen der deutschen Krankenversicherung im Lichte der sozialen Hygiene (1928, mit Alfred → Grotjahn). Goldmann, Hans, schweizer. Ophthalmologe, * 21. 11. 1899 Komotau (B¨ohmen), † 19. 11. 1991 Bern. Nach dem Studium der Medizin in Prag dort Assistent des Physiologen Armin von → Tschermak-Seysenegg und des Ophthalmologen Anton Philipp → Elschnig, wurde G. 1924 Mitarbeiter von August → Siegrist in Bern und habilitierte sich 1930 f¨ur Augenheilkunde. 1935-68 war er o. Prof. und leitete die Berner Universit¨ats-Augenklinik. G. erforschte vor allem das Glaukom und den Glasbl¨aserstar, entwickelte zahlreiche neue ophthalmologische Untersuchungsinstrumente und standardisierte die Perimetrie. Das Goldmann-Favre-Syndrom ist nach ihm benannt. Er ver¨offentlichte u. a. Zwei Vorlesungen u¨ ber Biomikroskopie des Auges (1954, engl. und frz. 1954), Das Glaukom (1963) und Vom Geist der Medizin (Rektoratsrede, 1964). C HLS Goldmann, Nahum, Pseud. Ben-Koheleth, zionistischer Politiker, Verleger, * 10. 7. 1895 Wischnewo (Litauen), † 29. 8. 1982 Bad Reichenhall. Der Sohn eines Schriftstellers zog mit seiner Familie um 1900 nach Frankfurt / Main, studierte seit 1912 Rechtswissenschaften und National¨okonomie an den Universit¨aten Heidelberg, Marburg und Berlin und unternahm 1913 seine erste Pal¨astinareise, deren Erlebnisse er in Reisebriefen unter dem Titel Eretz-Israel (1914) ver¨offentlichte. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs war G. Referent f¨ur j¨udische Angelegenheiten im Ausw¨artigen Amt, wurde 1920 in Heidelberg zum Dr. jur. promoviert und gr¨undete dort 1921 zusammen mit Jakob → Klatzkin die Zeitschrift „Freie Zionistische Bl¨atter“, 1925 in Berlin den Eschkol-Verlag. G. geh¨orte dem Redaktionskollegium der Encyclopaedia Judaica an,

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schrieb Rezensionen u. a. f¨ur die von Martin → Buber herausgegebene Zeitschrift „Der Jude“ und war mehrere Jahre Berliner Korrespondent der j¨udischen Zeitung „The Day“ (New York). Zun¨achst Sympathisant des Hapoel Hazair, trat G. sp¨ater zum radikalen zionistischen Fl¨ugel unter Yitzhak Grynbaum u¨ ber und geh¨orte dem Hauptvorstand der Zionistischen Vereinigung f¨ur Deutschland an. 1933 emigrierte er in die Schweiz, organisierte von Genf aus den J¨udischen Weltkongreß und war 1933-40 Repr¨asentant der Jewish Agency und des Comit´e des D´el´egations Juives beim V¨olkerbund. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs ging G. als Vertreter der Jewish Agency in die USA, setzte sich f¨ur die Gr¨undung eines j¨udischen Staates in Pal¨astina ein, wurde 1949 Vorsitzender der amerikanischen Sektion der Jewish Agency und organisierte 1951 die Claims Conference. G., der bis 1964 in New York lebte, ehe er nach Jerusalem und sp¨ater in die Schweiz u¨ bersiedelte, war 1953-77 Pr¨asident des J¨udischen Weltkongresses, 1956-68 Pr¨asident der Zionistischen Weltorganisation. Er ver¨offentlichte u. a. eine zweib¨andige Autobiographie Mein Leben als deutscher Jude (1980) und Mein Leben. USA, Europa, Israel (1981). C Lex dt-j¨ud Autoren

Goldmann, Nikolaus, Architekturtheoretiker, * 29. 9. 1611 Breslau, † vor 6. 6. 1665 Leiden. G., Sohn eines Sch¨oppenschreibers des Rats in Breslau und sp¨ateren Notarius provincialis des Herzogtums Breslau, studierte seit 1628 / 29 Rechtswissenschaften in Leipzig, ging 1632 an die Univ. Leiden, wo er auch mathematische Studien betrieb, und ist nach dem Tod seines Vaters als Privatgelehrter in Leiden nachweisbar. In seiner Architekturtheorie befaßte sich G. mit der zahlenm¨aßigen Pr¨azisierung der Proportionen in den klassischen S¨aulenordnungen (Tractatus de stylometris sive instrumentis quibus quinque ordines architecturae methodo [. . .] designantur, 1662). Er beeinflußte den Architekturtheoretiker Leonhard Christoph → Sturm, der 1696 G.s Hauptwerk in u¨ berarbeiteter und erweiterter Form als Vollst¨andige Anweisung zur Civil-BauKunst [. . .] herausgab. Seine Vorbilder fand G. in der italienischen, franz¨osischen und holl¨andischen Baukunst. C NDB Goldmann, Paul, o¨ sterr. Journalist, Publizist, * 31. 1. 1865 Breslau, † 25. 9. 1935 Wien. G., Sohn eines Kaufmanns, schloß das Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Breslau mit der Promotion ab, wandte sich dann dem Journalismus zu und u¨ bersiedelte zu seinem Onkel, dem Journalisten Fedor → Mamroth, nach Wien. Zusammen mit ihm leitete er seit 1886 die Zeitschrift „An der sch¨onen blauen Donau“, geh¨orte 1890-92 dem Redaktionsverband der „Neuen Freien Presse“ in Wien an und war 1892-1902 Korrespondent der „Frankfurter Zeitung“ in Br¨ussel, Paris und China. Anschließend arbeitete G. als Theaterkorrespondent der „Neuen Freien Presse“ in Paris und Berlin und war als Anh¨anger des modernen Dramas Vork¨ampfer Arthur → Schnitzlers, Richard → BeerHofmanns und Hugo von → Hofmannsthals. G. trat auch als ¨ politischer Publizist, Ubersetzer franz¨osischer Literatur und Verfasser von Reiseberichten (u. a. Ein Sommer in China, 2 Bde., 1899) und kleinerer B¨uhnenst¨ucke hervor. C Lex dt-j¨ud Autoren Goldmann, Wilhelm, Verleger, * 25. 2. 1897 Baumgarten (Oberschlesien), † 24. 4. 1974 Wollerau (Kt. Schwyz). Der Sohn eines Schulrektors und Kantors absolvierte eine Buchh¨andlerlehre, war Gehilfe in einer Dresdner Buchhandlung und gr¨undete 1922 in Leipzig den Wilhelm-GoldmannVerlag, der vorwiegend Kunstb¨ande und Holzschnittmappen herausgab, bevor G. 1928 die Rechte der Kriminalromane von Edgar Wallace erwarb. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg kehrte G. 1945 nach Leipzig zur¨uck, wurde

Goldscheider im folgenden Jahr von der Sowjetischen Milit¨aradministration verhaftet und bis 1950 im ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert. 1950 errichtete G. seinen Verlag in M¨unchen neu, den er 1963 in eine AG, 1966 in eine GmbH umwandelte. Das Unternehmen, das sich zu einem der gr¨oßten deutschen Taschenbuchverlage entwickelte, geh¨ort seit 1977 zu Bertelsmann. Seine letzten Lebensjahre verbrachte G. in der Schweiz. C Munzinger

Goldmark, Karl, auch Carl, K´aroly G., o¨ sterr. Komponist, * 18. 5. 1830 Keszthely / Plattensee (Ungarn), † 2. 1. 1915 Wien. Der Sohn eines aus Westgalizien eingewanderten Kantors wuchs in a¨ rmlichen Verh¨altnissen auf, erhielt seinen ersten ¨ Musikunterricht 1841 / 42 an der Odenburger Musikschule, nahm seit 1844 Geigenunterricht bei Leopold → Jansa in Wien und besuchte seit 1847 das dortige Konservatorium, mußte jedoch nach dessen Schließung 1848 wieder Privatunterricht nehmen. Anschließend war G. als Geiger an verschiedenen B¨uhnen t¨atig, u. a. in Buda und am Carltheater in Wien, wo er auch als Klavierlehrer arbeitete und sich neben seiner T¨atigkeit als Musikkritiker dem Komponieren zuwandte. Einen ersten großen Erfolg erzielte er mit seinem Streichquartett op. 8 (1860) und der Sakuntalˆa-Ouvert¨ure op. 13 (1865). Der endg¨ultige Durchbruch gelang ihm mit der 1875 an der Wiener Staatsoper uraufgef¨uhrten Oper Die K¨onigin von Saba, der weitere Opern, darunter Ein Winterm¨archen (1907), symphonische Dichtungen, Konzerte, Kammer- und Klaviermusik sowie Vokalwerke folgten. G., der dem Kreis der Neuromantiker zuzuordnen ist, verband Elemente der franz¨osischen großen Oper mit den Ideen des fr¨uhen Richard → Wagner und bezog als einer der ersten orientalisches Kolorit als Klangmittel ein. 1922 erschienen G.s Erinnerungen aus meinem Leben (hrsg. von Ferdinand Scherber, 21929). C MGG

Goldner, (Carl Ludwig Christian) Wolfgang von, Diplomat, * 1. 12. 1764 (oder 1766) Wiesbaden, † 23. 12. 1837 Frankfurt / Main. Der Sohn eines isenburgischen Regierungsrats in Offenbach studierte Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Gießen und G¨ottingen, trat in hanauische, 1794 in isenburgbirsteinische Dienste und k¨ampfte, seit 1802 Geheimer Rat und Minister, 1803-06 f¨ur die Souver¨anit¨at des Reichsgrafenstandes. 1803 initiierte G. die Gr¨undung der Frankfurter Union, trat f¨ur deren Anschluß an Preußen ein und konnte sich zun¨achst die Anerkennung Frankreichs sichern. Da Isenburg-Birstein der Mediatisierung entging, geriet G. bei den Unionsmitgliedern in Verdacht, nur im Interesse seines F¨ursten gehandelt zu haben, und mußte 1813 den isenburgischen Dienst quittieren. Danach lebte er zur¨uckgezogen auf seinem Gut Biblism¨uhle. C NDB

Goldsand, Robert, Musiker, * 17. 3. 1911 Wien, † 16. 9. 1991 Danbury (Connecticut, USA). G. erhielt Klavierunterricht bei Moritz → Rosenthal, Joseph → Marx, Camilla → Horn und Alexander Manhart. Nach seinem Konzertdeb¨ut 1921 in Wien unternahm er Tourneen in die USA. 1939 emigrierte G. in die USA, konzertierte 1940 erfolgreich in New York und unternahm ausgedehnte Konzertreisen. 1944-51 unterrichtete er Klavier am Musikkonservatorium in Cincinnati. 1949 / 50 trat G. aus Anlaß der 100. Wiederkehr des Todestags Fr´ed´eric Chopins mit einem sechs Konzerte umfassenden Zyklus mit Werken Chopins in New York und zahlreichen anderen St¨adten der USA auf. 1951-68 lehrte er an der Manhattan School of Music und 1962-67 auch am Barnard College in New York. ¨ C OML

Goldschagg, Edmund Rudolf, Redakteur, Verleger, * 11. 10. 1886 Freiburg / Breisgau, † 7. 2. 1971 M¨unchen. Der Sohn eines Buchdruckereibesitzers studierte Geschichte, National¨okonomie und Sprachen an den Universit¨aten M¨unchen, Berlin und Heidelberg, wandte sich dem Journalismus zu und wurde Volont¨ar bei der sozialdemokratischen „Volksstimme“ in Chemnitz. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg und franz¨osischer Kriegsgefangenschaft wurde G. 1920 Nachrichtenredakteur beim sozialdemokratischen Pressedienst in Berlin und 1927 leitender politischer Redakteur der sozialdemokratischen „M¨unchener Post“. 1933 wegen seiner politischen Kommentare verhaftet, durfte er seinen Beruf nicht mehr aus¨uben. Er arbeitete dann als Schriftsetzer in der Druckerei seines Bruders in Freiburg / Breisgau. 1945 wurde G. Mitherausgeber und Redakteur der „S¨uddeutschen Zeitung“, sp¨ater Chefredakteur (bis 1951) und Gesellschafter der S¨uddeutschen Verlags GmbH. C Munzinger

Goldscheid, Rudolf, Pseud. Rudolf Golm, o¨ sterr. Soziologe, Philosoph, * 12. 8. 1870 Wien, † 6. 10. 1931 Wien. Der einer Kaufmannsfamilie entstammende G. studierte ohne Abschluß Philosophie in Wien (bei Ernst → Mach), Volkswirtschaft und Philosophie in Berlin, wo Gustav → Schmoller, Georg → Simmel und Wilhelm → Dilthey seine Lehrer waren, und lebte danach als Privatgelehrter in seiner Heimatstadt. Als Anh¨anger eines wissenschaftlichen Sozialismus und als Pazifist war G. f¨uhrend in dem 1906 von Ernst → Haeckel gegr¨undeten „Deutschen Monistenbund“ t¨atig und geh¨orte 1907 zu den Gr¨undern der Wiener Soziologischen Gesellschaft, deren Vorsitz er lange innehatte. 1908 ¨ war er an der Gr¨undung des „Osterreichischen Monistenbundes“ beteiligt. G. war 1909 neben Max → Weber und anderen Mitbegr¨under der Deutschen Gesellschaft f¨ur Soziologie und trug zur Institutionalisierung der Soziologie als universit¨ares Lehrfach bei. Er war 1913 / 14 Mitherausgeber der „Annalen f¨ur Natur- und Kulturphilosophie“ (mit Wilhelm → Ostwald) und seit 1922 der „Friedenswarte“. G ver¨offentlichte u. a. Zur Ethik des Gesamtwillens. Eine sozialphilosophische Untersuchung (Bd. 1, 1902), Entwicklungswerttheorie, Entwicklungs¨okonomie, Menschen¨okonomie (1908), H¨oherentwicklung und Menschen¨okonomie. Grundlegung der Sozialbiologie (Bd. 1, 1911), Das Verh¨altnis der a¨ ußern Politik zu inneren. Ein Beitrag zur Soziologie des Weltkrieges und Weltfriedens (1914, 31915), Staatssozialismus und Staatskapitalismus (1-51917) und Sozialisierung der Wirtschaft oder Staatsbankerott (1919). C Lex dt-j¨ud Autoren Goldscheider, (Johann Karl August Eugen) Alfred, Internist, * 4. 8. 1858 Sommerfeld bei Crossen / Oder, † 10. 4. 1935 Berlin. Nach dem Medizinstudium 1876-80 am Friedrich-WilhelmsInstitut in Berlin wurde G., Sohn eines Arztes, 1881 promoviert (Die Lehre von den specifischen Energieen der Sinnesorgane) und war einige Jahre als Milit¨ararzt in Schlesien t¨atig. Seit 1889 Stabsarzt an der Kaiser-Wilhelm-Akademie, wurde er 1891 Assistent Ernst von → Leydens an der Cha¨ rit´e, habilitierte sich im selben Jahr mit einer Arbeit Uber die spezifischen Energien der Sinnesnerven und wurde nach seinem Ausscheiden aus dem milit¨arischen Dienst 1894 Dirigierender Arzt am Moabiter Krankenhaus. Seit 1898 a. o. Prof., wurde er 1905 Direktor des Rudolf-VirchowKrankenhauses und 1907 zum ordentlichen Honorarprofessor ernannt. 1910 u¨ bernahm er das Poliklinikum, aus dem sich 1919 die III. Medizinische Universit¨atsklinik entwickelte, die er als o. Prof. auch noch nach seiner Emeritierung 1926-33 leitete. Er ver¨offentliche u. a. Diagnostik der

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Goldscheider Krankheiten des Nervensystems (1893, 41911, mit Ernst von Leyden) Das Schmerzproblem (1920) und Therapie innerer Krankheiten (1929) und gr¨undete mit von Leyden die „Zeitschrift f¨ur physikalische und di¨atische Therapie“. C NDB

Goldscheider, Ludwig, o¨ sterr. Verleger, Kunsthistoriker, * 3. 6. 1896 Wien, † 26. 6. 1973 London. Der Sohn eines Uhrmachers und Juweliers studierte nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1919-21 Kunstgeschichte an der Univ. Wien, daneben auch Bildende Kunst und wurde 1923 zum Dr. phil. promoviert. Im selben Jahr wurde er Gesch¨aftsf¨uhrer und Gesellschafter des Wiener PhaidonVerlags, gab vor allem Kunstb¨ucher heraus, ver¨offentlichte aber auch eigene Werke (u. a. Ruhe auf der Flucht. Aphorismen und Schlußreime, 1924). Mit der Herausgabe von Theodor → Mommsens R¨omischer Geschichte begr¨undte er 1932 einen neuen Verlagsschwerpunkt mit der Neuausgabe historischer Werke. 1938 emigrierte G. u¨ ber Paris und Antwerpen nach London, nahm 1946 die britische Staatsb¨urgerschaft an und war bis 1973 Direktor, Autor und Herausgeber der Phaidon Press, bei der er wissenschaftliche Werke u. a. u¨ ber El Greco, Leonardo da Vinci und Michelangelo herausbrachte. C Lex dt-j¨ud Autoren

Goldschmid, Edgar, Pathologe, * 14. 12. 1881 Frankfurt / Main, † 26. 5. 1957 Lausanne. Das Medizinstudium an den Universit¨aten Freiburg / Breisgau, Kiel, Berlin und M¨unchen schloß G. 1907 mit der Promotion ab (Zur Kenntnis der S¨auglingstuberkulose). Er war Assistent an der Dermatologischen Klinik und am Klinischen Institut in M¨unchen, am German Hospital in London, am Senckenbergischen Pathologischen Institut in Frankfurt / Main, am Institut f¨ur experimentelle Therapie in Berlin und am Institut de Pathologie in Genf. 1913 wurde G. Prosektor am Senckenbergischen Pathologischen Institut, sp¨ater a. o. Prof. der allgemeinen Pathologie und pathologischen Anatomie an der Univ. Frankfurt und war daneben einige Jahre Dozent f¨ur gerichtliche Medizin. 1933 folgte er einem Ruf als Prof. der Geschichte der Medizin an die Univ. Lausanne. 1925 ver¨offentlichte G. Entwicklung und Bibliographie der pathologisch-anatomischen Abbildung.

Goldschmid, Theodor, schweizer. reformierter Theologe, Hymnologe, Komponist, * 10. 9. 1867 Winterthur, † 22. 2. 1945 Zollikon. W¨ahrend des Studiums der Theologie wurde G. in Straßburg auf kirchenmusikalischem und liturgischem Gebiet entscheidend von Friedrich → Spitta und Julius → Smend beeinflußt. 1892-1905 war er Pfarrer in D¨attlikon, 1905-14 in Pf¨affikon, 1914-37 in Z¨urich-Wipkingen, leitete die Kirchench¨ore, komponierte (u. a. die Kantate Ostermorgen, 1902) und gab Chorb¨ucher (u. a. Passionschor¨ale, 1905) heraus. G. entwarf das erste einheitliche Kirchengesangbuch f¨ur die deutschsprachige Schweiz, geh¨orte 1896 zu den Begr¨undern des Schweizer Kirchengesangsbundes, war bis 1937 dessen Zentralpr¨asident und redigierte das Verbandsorgan „Der Evangelische Kirchenchor“. C MGG

Goldschmidt, Abraham Meyer, j¨udischer Theologe, * 2. 4. 1812 Krotoschin (Prov. Posen), † 5. 2. 1889 Leipzig. Seit 1829 Elementarlehrer in Krotoschin, ging G. sp¨ater als Hauslehrer nach Krakau und Warschau, studierte in Berlin Theologie und Philosophie (Dr. phil.) und stand in Verbindung mit Moritz → Steinschneider und David → Cassel. G. setzte sich f¨ur volkssprachliche Predigten, Gebete und Ges¨ange in der j¨udischen Liturgie ein. Er wurde Prediger der neugegr¨undeten deutsch-israelitischen Gemeinde in Warschau, 1858 Rabbiner der j¨udischen Gemeinde in Leipzig. Als Prediger, Seelsorger und Direktor der Israelitischen Religionsschule wirkte G. vielf¨altig reformerisch. Er hielt u. a.

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die von Roderich → Benedix ger¨uhmte Rede zur LessingFeier in Kamenz 1859. G. war seit 1853 mit der P¨adagogin Henriette → G. verheiratet. C ADB

Goldschmidt, Adalbert von, o¨ sterr. Komponist, * 5. 5. 1848 Wien, † 21. 12. 1906 Wien. Zun¨achst Bankbeamter, erhielt G. eine musikalische Ausbildung am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien und Kompositionsunterricht bei Friedrich Adolf Wolf. In starker Anlehnung an Richard → Wagner lebte er als Komponist in seiner Heimatstadt; er wurde vor allem durch sein 1876 in Berlin uraufgef¨uhrtes Oratorium Die sieben Tods¨unden (Text von Robert → Hamerling nach Entw¨urfen von G.), die er Franz → Liszts widmete, und durch seine 1884 in Leipzig aufgef¨uhrte Oper Helianthus bekannt. Ferner komponierte er die dramatische Trilogie Gaea (1888-92), eine komische Oper, Orchesterwerke, Kammermusik, Klavierst¨ucke und rund 100 Lieder. C MGG Goldschmidt, Adolph, Kunsthistoriker, * 15. 1. 1863 Hamburg, † 6. 1. 1944 Basel. Der Sohn eines Kaufmanns und Bankiers erhielt zun¨achst eine kaufm¨annische Ausbildung in Hamburg und London, studierte dann seit 1884 Kunstgeschichte, Arch¨aologie, Philosophie und Germanistik an den Universit¨aten Jena, Kiel und Leipzig und wurde 1889 bei Anton → Springer promoviert (Die L¨ubecker Malerei und Plastik bis 1530). Nach Studienreisen durch Skandinavien, Großbritannien, die Niederlande, nach Frankreich und Italien habilitierte er sich 1893 mit Der Albani-Psalter in Hildesheim und seine Beziehung zur symbolischen Kirchenskulptur des 12. Jahrhunderts (1895) an der Univ. Berlin, wo er 1903 zum a. o. Prof. ernannt wurde. 1904 folgte G. einem Ruf als o. Prof. der Kunstgeschichte an die Univ. Halle, wo er die sog. Goldschmidt-Schule begr¨undete, und lehrte 1912-32 in gleicher Stellung als Nachfolger Heinrich → W¨olfflins an der Univ. Berlin. Seit 1908 engagierte sich G. in leitender Stellung im Deutschen Verein f¨ur Kunstwissenschaft. 1939 emigrierte er nach Basel. G. befaßte sich vor allem mit karolingischer und ottonischer Buchmalerei sowie mit mittelalterlichen Elfenbeinskulpturen und ver¨offentlichte u. a. Die Elfenbeinskulpturen aus der Zeit der karolingischen und s¨achsischen Kaiser 8.-11. Jahrhundert (3 Bde., 1914-23; 1969 Nachdr. mit Erg¨anzungen von Peter Bloch und Kurt → Weitzmann) und Die deutschen Bronzet¨uren des fr¨uhen Mittelalters (1926). 1912-32 war er Mitherausgeber des Jahrbuchs der Preußischen Kunstsammlungen, 1914-38 Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften und seit 1922 des Deutschen Arch¨aologischen Instituts. C Metzler Kunsthistoriker Goldschmidt, Alfons, auch Lorarius, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler, Journalist, * 28. 11. 1879 Gelsenkirchen, † 20. oder 21. 1. 1940 Cuernavaca (Mexiko). Der Sohn eines Textilkaufmanns studierte seit 1900 Jura, National¨okonomie und Staatswissenschaften an den Universit¨aten M¨unchen, Berlin und Freiburg / Breisgau, wurde 1904 zum Dr. rer. pol. promoviert (Leo Tolstois soziales Problem), war seit 1905 Lehrer an der Arbeiterbildungsschule in Potsdam, 1909-11 Leitender Handelsredakteur im Berliner Pressekonzern Ullstein und wurde nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1917 Lehrbeauftragter f¨ur Handelsjournalistik am Institut f¨ur Zeitungskunde der Univ. Leipzig. Daneben als politischer und Wirtschaftsjournalist t¨atig, war er Mitarbeiter des „Berliner Tageblatts“ (1907-09), der „B. Z. am Mittag“ und der „Weltb¨uhne“ und gab mit Philipp → Dengel die „R¨ate-Zeitung“ (1919 / 20) heraus. Nach seiner ersten Studienreise in die UdSSR 1920 ver¨offentlichte G. Die Wirtschaftsorganisation Sowjet-Rußlands (1920) und sein Reisebuch Moskau 1920 (1920), das den sozialistischen

Goldschmidt Aufbau positiv bewertete. 1922-25 war er Prof. der Wirtschaftswissenschaften in C´ordoba (Argentinien) und an der Universidad Nacional Aut´onoma de M´exico in Mexiko-Stadt und gr¨undete 1929 das Lateinamerikanische Wirtschaftsinstitut in Berlin. Seit demselben Jahr Reichsvorsitzender der deutschen Sektion der Internationalen Arbeiterhilfe, emigrierte G. 1933 u¨ ber die Tschechoslowakei und Moskau in die USA, lehrte am New York City College und an der New York School of Social Work, gr¨undete 1935 das Social Economic Laboratory und war seit 1937 Mitherausgeber des „Deutschen Volksechos“. 1939 ging er als Regierungsberater nach Mexiko. Seine Geschichte der mexikanischen Bauern vom Aztekenreich bis zum Beginn der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts erschien postum unter dem Titel Tierra y libertad in Mexiko (1940). C Westf Autoren, Bd 3

Goldschmidt, Berthold, Komponist, Dirigent, * 18. 1. 1903 Hamburg, † 17. 10. 1996 London. G., Sohn eines Kaufmanns, erhielt Klavierunterricht bei Edmund → Schmid und wurde von Werner Wolff in Harmonielehre und Kontrapunkt unterwiesen. Er begann in Hamburg das Studium der Kunstgeschichte und Philosophie, das er in Berlin zun¨achst noch fortsetzte, und besuchte 1922-25 die dortige Hochschule f¨ur Musik; er studierte in der Meisterklasse Franz → Schrekers Komposition sowie bei Rudolf Krasselt und Julius → Pr¨uwer Dirigieren. 1924 vor¨ubergehend Korrepetitor in Dessau, war er 1925 Assistent Erich → Kleibers bei der Urauff¨uhrung von → Bergs Oper Wozzeck in Berlin und gewann im selben Jahr das Mendelssohn-Staatsstipendium. 1927-29 war G. Kapellmeister am Landestheater in Darmstadt, 1931 Gastdirigent der Leningrader Philharmonie, 1931-33 Berater an der St¨adtischen Oper Berlin-Charlottenburg und Dirigent am Rundfunk. 1935 emigrierte er nach London und wurde 1947 britischer Staatsb¨urger. 1944-47 war er musikalischer Leiter der deutschen Abteilung an der BBC, wirkte beim ersten Edinburgh International Festival (Glyndebourne Opera) mit und arbeitete seitdem mit f¨uhrenden britischen Orchestern zusammen. 1964 dirigierte er die Urauff¨uhrung der 10. Symphonie Gustav → Mahlers, die er zusammen mit Deryck Cooke aus Fragmenten rekonstruiert hatte. G. komponierte Vokalmusik, B¨uhnenwerke, darunter die Opern Der gewaltige Hahnrei (1932) und Beatrice Cenci (1949), Orchesterwerke und Konzerte, Kammermusik (u. a. vier Streichquartette und ein Klaviertrio) und Klavierwerke. C MGG

Goldschmidt, Carl Wolfgang Benjamin, Naturforscher, * 4. 8. 1807 Braunschweig, † 15. 2. 1851 G¨ottingen. G. schloß sein Studium 1831 mit der Promotion ab (Determinatio superficiei minimae rotatione curvae data dua puncta jungentis circa datum axem ortae) und war seit 1832 als Lehrer f¨ur Mathematik an der Fellenberg’schen landwirtschaftlichen Anstalt in Hofwil, seit 1833 in G¨ottingen als Observator an der Sternwarte und als Privatdozent, seit 1844 als a. o. Prof. an der Univ. t¨atig. Er arbeitete vor allem u¨ ber Geomagnetismus sowie die Kometen- und Planetenbahnen. G. gab nach dem Tod des Verfassers das Lehrbuch der analytischen Optik von Johann Carl Eduard → Schmidt heraus (1834), arbeitete an den Publikationen Resultate aus den Beobachtungen des Magnetischen Vereins im Jahre 1836-41 (hrsg. von Carl Friedrich → Gauß und Wilhelm → Weber, 6 Bde., 1837-43) mit und ver¨offentlichte 1845 Untersuchungen u¨ ber die magnetische Declination in G¨ottingen.

Goldschmidt, Dietrich, Soziologe, * 4. 11. 1914 Freiburg / Breisgau, † 20. 5. 1998 Berlin. G., Sohn des Historikers Hans → G., studierte 1933-39 Maschinenbau und Betriebswissenschaft an der TH BerlinCharlottenburg, arbeitete f¨unf Jahre als Ingenieur bei den DEMAG-Motorenwerken in Berlin und wurde 1944 im

Zwangsarbeitslager Burg bei Magdeburg interniert. 1945-49 war er Mitherausgeber der „G¨ottinger Universit¨atszeitung“, der sp¨ateren „Deutschen Universit¨atszeitung“. 1953 wurde G. an der Univ. G¨ottingen mit der Arbeit Die Eisen- und Stahlindustrie in der Transformation Englands promoviert, hatte 1956-63 die Professur f¨ur Soziologie an der P¨adagogischen Hochschule Berlin inne und war 1963-82 Direktor am dortigen Max-Planck-Institut f¨ur Bildungsforschung. 1963 wurde er Honorarprofessor der Soziologie an der Freien Univ. Berlin. 1992-96 u¨ bernahm er Lehraufgaben an der TU Berlin im Rahmen des Erg¨anzungsstudiums f¨ur Berufsschullehrer aus der ehemaligen DDR. G., der als Pionier der Bildungssoziologie in Deutschland gilt, machte sich um die Verbindung von Ingenieur- und Sozialwissenschaften, die Umgestaltung des Bildungswesens, die Entwicklung der kulturvergleichenden Sozialisationsforschung und die internationale Vergleichsforschung des Bildungswesens verdient. Er ver¨offentlichte u. a. Stahl und Staat. Eine wirtschaftssoziologische Untersuchung zum britischen Nationalisierungsexperiment (1956). 1986-90 war G. Vorsitzender der Aktion S¨uhnezeichen / Friedensdienste.

Goldschmidt, Ernst Daniel, Bibliothekar, Historiker, * 9. 12. 1895 K¨onigsh¨utte (Oberschlesien), † 10. 12. 1972 Jerusalem. G. studierte Klassische und Orientalische Philologie in Breslau und Berlin. 1926 wurde er Volont¨ar, 1928 Bibliothekar an der Preußischen Staatsbibliothek Berlin. Seit 1928 Mitglied der Gesch¨aftsstelle der Kommission f¨ur den Gesamtkatalog der Wiegendrucke (GW), beschrieb er zahlreiche Inkunabeln, darunter s¨amtliche in hebr¨aischer Sprache. Sein Hauptwerk, die Bearbeitung der Breviere des 15. Jh., erschien im f¨unften Band des GW 1932. 1935 von den Nationalsozialisten seiner Position enthoben, emigrierte G. im folgenden Jahr nach Pal¨astina. 1936-62 war er Bibliothekar an der Jewish National and University Library in Jerusalem. C LGB Goldschmidt, (Johannes) Friedrich, Industrieller, Staatsmann, * 20. 2. 1837 Berlin, † 13. 6. 1902 Berlin. Der Sohn eines Großindustriellen studierte Chemie an der Univ. Berlin, setzte seine Ausbildung in Frankreich und Amerika fort und u¨ bernahm die Leitung der v¨aterlichen Kattundruckerei in M¨ulhausen (Elsaß). Nach der Teilnahme an den Kriegen von 1866 und 1870 / 71 wurde er Besitzer und Generaldirektor der Patzenhofer Brauerei in Berlin. G. war 1881-84 und 1887-93 Mitglied des Reichstags, geh¨orte der Kommission f¨ur die Beratung des Entwurfs des B¨urgerlichen Gesetzbuchs an und war Vorsitzender des Berliner Handwerkervereins. Er verfaßte eine Reihe von national¨okonomischen und historischen Schriften, u. a. Friedrich List, Deutschlands großer Volkswirt (1878). C Biogr Jahrb, Bd 7 Goldschmidt, Fritz, Jurist, Verbandsfunktion¨ar, * 13. 11. 1893 Breslau, † 28. 6. 1968 London. Das Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Greifswald schloß G. 1916 mit der Promotion ab und wurde Referendar und Assessor in Schlesien. Seit 1926 Amtsgerichtsrat, war er 1932 / 33 Hilfsrichter am Berliner Kammergericht, Vorsitzender des Centralvereins deutscher Staatsb¨urger j¨udischen Glaubens (CV), 1933-38 leitender Rechtsberater des CV und der Reichsvertretung, 1933-39 Berater f¨ur j¨udische ¨ Akademiker und Arzte bei nationalsozialistischen Beh¨orden und geh¨orte zu den Vorstandsmitgliedern des B’nai B’rith. Ende des Jahres 1938 im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert, konnte G. 1939 nach Großbritannien emigrieren, wo er bis 1947 beim Jewish Refugees Committee t¨atig war. 1948-68 arbeitete er als Rechtssachverst¨andiger der United Restitution Organization in London und nahm

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Goldschmidt 1952 an der Claims Conference, die zum Bundesentsch¨adigungsgesetz von 1953 und zum Bundesr¨uckerstattungsgesetz von 1957 f¨uhrte, und wiederholt an Verhandlungen in Deutschland teil. G. war Gr¨under und Pr¨asident der LeoBaeck-Lodge B’nai B’rith in London. C Streitb Jur

Goldschmidt, Hans, eigentl. Johann Wilhelm G., Chemiker, Industrieller, * 18. 1. 1861 Berlin, † 21. 5. 1923 BadenBaden. Der Sohn Theodor → G.s und Bruder Karl → G.s studierte Naturwissenschaften an den Universit¨aten Berlin, Leipzig, Straßburg und Heidelberg, wo er 1886 bei Robert Wilhelm → Bunsen promoviert wurde. 1888 trat er in die Gesch¨aftsleitung der v¨aterlichen Chemischen Fabrik Th. Goldschmidt, Berlin, ein, die er mit seinem Bruder im folgenden Jahr nach Essen verlegte. Mit den von G. geschaffenen wissenschaftlichen und technischen Voraussetzungen entwickelte sich die Firma zu einem weltweit t¨atigen Unternehmen. Er erfand das Goldschmidtsche Verfahren der elektrolytischen Entzinnung von Weißblechabf¨allen, vor allem aber begr¨undete er die Aluminothermie, die er zun¨achst zur Darstellung reiner Metalle wie Chrom und Mangan verwendete. Wichtiger wurde jedoch die Anwendung der Aluminothermie zur Verschweißung von Schienen nach dem sog. Thermit-Verfahren, das bis heute weltweite Verbreitung findet. G. schied 1916 aus dem Vorstand und 1918 aus dem Aufsichtsrat der vom ihm 1911 mitbegr¨undeten Th. Goldschmidt AG aus und zog sich nach Berlin zur¨uck. C NDB

Goldschmidt, Hans, Historiker, Archivar, * 22. 5. 1879 Hamburg, † 6. 11. 1940 London. In den Jahren 1895-1902 als Kaufmann und Bankbeamter in Berlin und Hamburg t¨atig, studierte G., Sohn eines Kaufmanns, 1903-07 an den Universit¨aten Freiburg / Breisgau und G¨ottingen Geschichte und war nach der Promotion u. a. Abteilungsleiter am Deutschen Auslandsinstitut in Stuttgart; 1918 wurde er wissenschaftlicher Dezernent und Abteilungsleiter am Institut f¨ur Weltwirtschaft in Kiel. Seit 1923 arbeitete G. am Reichsarchiv in Potsdam und emigrierte 1939 nach Großbritannien. Er ver¨offentlichte 1931 sein Hauptwerk Das Reich und Preußen im Kampf um die F¨uhrung 1867-1918. G. kam bei einem Fliegerangriff ums Leben. G. war der Vater von Dietrich → G. C BHdE, Bd 2

Goldschmidt, Hans Eberhard, Pseud. Hans Frischhof, o¨ sterr. Verleger, Publizist, * 22. 3. 1908 Wien, † 17. 2. 1984 Wien. G., Sohn eines h¨oheren Beamten, durchlief eine Buchh¨andlerlehre und studierte Germanistik und Geschichte an der Univ. Wien. Seit 1928 Mitglied der Freien Vereinigung Sozialistischer Studenten, sp¨ater der Kommunistischen Studentenfraktion, war er 1932-37 Redakteur bei der Verlagsgenossenschaft Ausl¨andischer Arbeiter in Moskau. Nach seiner R¨uckkehr nach Wien 1938 arbeitete er im Rahmen der „Roten Hilfe“ zun¨achst im Untergrund, emigrierte dann u¨ ber die Schweiz nach Großbritannien und wurde Mitarbeiter der Fl¨uchtlingsorganisation Austrian Self Aid in London. 1940 interniert und nach Australien deportiert, kehrte G. 1941 nach London zur¨uck, war als Buchh¨andler, seit 1942 f¨ur den BBC-Abh¨ordienst t¨atig, leitete mit Arthur → West die Propagandakommission des Free Austrian Movement (FAM) und war Mitarbeiter des „Zeitspiegel“ und der „Kulturellen Schriftenreihe des FAM“. 1946 kehrte G. nach Wien zur¨uck, wurde 1947 Leiter des Globus-Buchverlags, schloß 1949 sein Studium mit der Promotion zum Dr. phil. ab und war ¨ sowie Direktor des Sch¨onbrunnbis 1957 Mitglied der KPO Verlages in Wien. 1958 er¨offnete G. eine Buchhandlung mit Antiquariat. C Lex o¨ sterr Exillit

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Goldschmidt, Harry, Musikwissenschaftler, * 17. 6. 1910 Basel, † 19. 11. 1986 Dresden. G., Sohn eines Kaufmanns und einer Lehrerin, studierte 1928 Dirigieren bei Felix → Weingartner am Konservatorium in Basel, 1929 bei Hermann → Scherchen in K¨onigsberg; 1930 / 31 besuchte er die Staatliche Musikhochschule in Berlin und 1932 / 33 wieder das Konservatorium in Basel. 1933-39 war er dort Musikkritiker bei der „NationalZeitung“ und studierte an der Univ. Musikwissenschaft, Ethnologie und Philosophie. 1939-45 geh¨orte er der Schweizer Armee an. Seit 1945 war G. Musikkritiker des „Vorw¨arts“ und 1947-49 Sekret¨ar des Schweizerischen Filmarchivs. 1948 ging er nach Berlin (Ost), hatte 1949 / 50 die Leitung der Hauptabteilung Musik am Berliner Rundfunk inne und war 1950-55 Prof. f¨ur Musikgeschichte an der dortigen Deutschen Hochschule f¨ur Musik. 1955 / 56 hielt G. Vorlesungen u¨ ber europ¨aische Musik in der Volksrepublik China, arbeitete 1956-60 als freier Musikwissenschaftler und lehrte 1957 daneben an der Humboldt-Universit¨at Berlin. 1960-65 war er Direktor des Zentralinstituts f¨ur Musikforschung beim Verband deutscher Komponisten und Musikwissenschaftler der DDR und seit 1965 freier Mitarbeiter an der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Berlin. G. ver¨offentlichte u. a. Franz Schubert. Ein Lebensbild (1954; die 2., verb. und erw. Aufl., 1958, wurde als phil. Dissertation angenommen; 7 1980). C MGG Goldschmidt, Heinrich Jacob, Chemiker, * 4. 12. 1857 Prag, † 30. 9. 1937 Oslo. G. schloß das Chemiestudium an den Universit¨aten Wien, ¨ Graz und Prag 1881 mit der Promotion ab (Uber die Einwirkung von molekularem Silber auf die Kohlenstoffchloride) und arbeitete am Eidgen¨ossischen Polytechnikum in Z¨urich, wo er sich im selben Jahr habilitierte und 1885 Honorarprofessor wurde. 1894 ging er als Privatdozent an die Univ. Amsterdam, lehrte 1896-1901 als a. o. Prof. in Heidelberg und war von 1901 bis zu seiner Emeritierung 1929 o. Prof. der Chemie an der Univ. Oslo. 1929 ließ er sich in G¨ottingen nieder und kehrte 1935 als Emigrant nach Oslo zur¨uck. Zun¨achst auf dem Gebiet der organischen Chemie t¨atig, bewies G. die Identit¨at von Chinonoximen und Nitrosophenolen. Zusammen mit Victor → Meyer gelang ihm die Entdeckung der Isomerie der Benzoldioxime, die zum Ausgangspunkt f¨ur die Entwicklung der Stereochemie des Stickstoffs wurde. Sp¨ater wandte sich G. vorwiegend der physikalischen Chemie zu, insbesondere in ihrer Anwendung auf organisch-chemische Probleme. Er ver¨offentlichte zahlreiche Aufs¨atze in den „Berichten der deutschen Chemischen Gesellschaft“ sowie in der „Zeitschrift f¨ur physikalische Chemie“. G. war der Vater von Victor Moritz → G. C Poggendorff 3-6 Goldschmidt, Henriette, geb. Benas, P¨adagogin, * 23. 11. 1825 Krotoschin (Prov. Posen), † 30. 1. 1920 Leipzig. Die Tochter eines Kaufmanns und Schwester von Ulrike → Henschke war seit 1853 mit Abraham Meyer → G. verheiratet, mit dem sie 1858 nach Leipzig ging. Als eine der bedeutendsten Verfechterinnen der Ideen Friedrich → Fr¨obels gr¨undete sie 1865 zusammen mit Luise → Otto-Peters und Auguste → Schmidt den Allgemeinen Deutschen Frauenverein, dessen Vorstand sie 1867-1906 angeh¨orte, trat in Vortr¨agen und Aufs¨atzen (u. a. in der Zeitschrift „Neue Bahnen“) f¨ur den Zugang der Frauen zu Bildung und o¨ ffentlichem Leben ein und wurde eine der F¨uhrerinnen der Frauenbewegung in Deutschland. Der von ihr 1871 in Leipzig gegr¨undete Verein f¨ur Familien- und Volkserziehung baute 1911 die Hochschule f¨ur Frauen in Leipzig auf. 1872 gr¨undete G. dort ein Seminar f¨ur Kinderg¨artnerinnen, 1879 ein Lyzeum f¨ur erwachsene M¨adchen, an dem Professoren der Univ. Leipzig Gastvorlesungen abhielten.

Goldschmidt Sie ver¨offentlichte u. a. Ideen u¨ ber weibliche Erziehung im Zusammenhange mit dem System Friedrich Fr¨obel’s (1882, 2 1909 unter dem Titel Was ich von Fr¨obel lernte und lehrte) und Grunds¨atze einer modernen praktischen Erziehung der Jugend (1898). C Lex dt-j¨ud Autoren

Goldschmidt, Hermann (Mayer Salomon), eigentl. Hayum, Maler, Astronom, * 17. 6. 1802 Frankfurt / Main, † 10. 9. 1866 Fontainebleau. G. war wie sein Vater zun¨achst als Kaufmann t¨atig, wandte sich dann der Malerei zu und erhielt seine k¨unstlerische Ausbildung als Sch¨uler von Julius → Schnorr von Carolsfeld und Peter von → Cornelius in M¨unchen. 1834 ging er nach Paris, wo er bald ein gesuchter Historienmaler war, und lebte 1842-46 in Rom. Seit 1847 trat G. in Paris durch astronomische Studien hervor, entdeckte zwischen 1852 und 1861 vierzehn Planetoiden und besch¨aftigte sich vor allem mit der Beobachtung von Kometen und ver¨anderlichen Sternen. Er stand mit den bekanntesten zeitgen¨ossischen Astronomen Frankreichs und Deutschlands in Kontakt. C NDB

Goldschmidt, Hermann, o¨ sterr. Journalist, * 10. 11. 1841 B¨ohmisch-Leipa, † 8. 2. 1922 Wien. Von Beruf Kaufmann, wandte sich G. 1872 dem Journalismus zu und wurde Mitarbeiter des „Tagesboten“ sowie Korrespondent der „Neuen Freien Presse“ und der „Deutschen Zeitung“ in Prag. 1877 ging er nach Wien und gr¨undete das Internationale Zeitungsb¨uro, einen Vertrieb in- und ausl¨andischer Zeitungen als erstes Unternehmen dieser Art, dessen Leitung er selbst u¨ bernahm. G. ver¨offentlichte Novellen (1868) und Erlebtes und Erz¨ahltes (1869).

Goldschmidt, Hermann Levin, Philosoph, * 11. 4. 1914 Berlin, † 29. 3. 1998 Z¨urich. Der Sohn eines Rechtsanwalts und Notars arbeitete nach dem Abitur 1932-34 als Volont¨ar im Ullstein-Verlag in Berlin. Wegen seiner j¨udischen Herkunft verfolgt, emigrierte er 1938 in die Schweiz und studierte Philosophie an der Univ. Z¨urich, wo er 1941 mit der Arbeit Der Nihilismus im Licht einer kritischen Philosophie promoviert wurde. G. gr¨undete 1951 das Freie J¨udische Lehrhaus in Z¨urich, das er bis 1961 leitete, und 1990 mit seiner Frau Mary die „Stiftung Dialogik“ im Archiv f¨ur Zeitgeschichte in Z¨urich. Seit 1953 lehrte er als Gastprofessor an deutschen und schweizer. Universit¨aten. 1957 erhielt G. als erster den Leo Baeck Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland. Seit 1972 war er Philosophiedozent am Oberseminar des Kantons Z¨urich. G. entwickelte eine kritische Philosophie unter dem Schlagwort „Dialogik, die Freiheit des Widerspruchs“ (Philosophie als Dialogik, 1948; Dialogik. Philosophie auf dem Boden der Neuzeit, 1964; Freiheit f¨ur den Widerspruch, 1976). Der liberalen Tradition Moses → Mendelssohns verpflichtet, betonte G. die Eigenst¨andigkeit der deutsch-j¨udischen Kultur, die er auch nach Auschwitz bewahren wollte, und ver¨offentlichte u. a. Das Verm¨achtnis des deutschen Judentums (1957, erw. 31965) und Die Botschaft des Judentums. Grundbegriffe, Geschichte, Gegenwartsarbeit, Auseinandersetzung (1960). Nach einer Werkausgabe (hrsg. von Willi Goetschel, 9 Bde., 1993) erschienen 1995 seine Erinnerungen Grisebach, Buber, Bloch, Adorno. C Lex j¨ud Phil

Goldschmidt, Hugo, Musikforscher, * 19. 9. 1859 Breslau, † 26. 12. 1920 Wiesbaden. Seinen ersten Musikunterricht erhielt G., Sohn eines Gutsbesitzers, bei Julius → Sch¨affer; er studierte gleichzeitig Rechtswissenschaften in Breslau, wurde 1884 zum Dr. jur. promoviert und u¨ bernahm nach kurzer T¨atigkeit im Staatsdienst die Verwaltung des v¨aterlichen Gutes. 1887-90 Gesangssch¨uler bei Julius → Stockhausen in Frankfurt / Main, wandte sich G. anschließend in Breslau insbesondere musikhistorischen Studien zu und war 1893-1905 Mitdirektor

des Klindworth-Scharwenka-Konservatoriums in Berlin. Bereits vor 1914 ging er nach Nizza, wo er w¨ahrend des Ersten Weltkriegs lebte, und ließ sich sp¨ater in Wiesbaden nieder. G. befaßte sich vor allem mit Gesangsp¨adagogik, der Geschichte des Verzierungswesens, der Entwicklung der Oper im 17. und 18. Jh. und Musik¨asthetik und ver¨offentlichte u. a. Studien zur Geschichte der italienischen Oper im 17. Jahrhundert (2 Bde., 1901-04). C MGG

Goldschmidt, Jakob, Bankier, * 31. 3. 1882 Eldagsen bei Hannover, † 23. 9. 1955 New York. Der Sohn eines Kaufmanns und Bruder Julius → G.s durchlief eine Banklehre, gr¨undete 1910 zusammen mit dem Berliner Bankier Julius Schwarz das Bankhaus Schwarz, Goldschmidt & Co. in Berlin und u¨ bernahm 1918 die Direktion der Nationalbank f¨ur Deutschland KG a. A. 1922-31 war er pers¨onlich haftender Gesellschafter der Darmst¨adter und Nationalbank KG a. A., 1924 Mitgr¨under sowie stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Internationalen Bank Amsterdam und u¨ bernahm 1926 die Leitung der Kapital¨ubertragung des Stinnes-Unternehmens an den Dachkonzern Vereinigte Stahlwerke AG. 1934 emigrierte G. in die USA, wo er an verschiedenen gesch¨aftlichen Unternehmungen beteiligt war. C BHdE, Bd 1 Goldschmidt, James Paul, Jurist, * 17. 12. 1874 Berlin, † 28. 6. 1940 Montevideo. Das Studium der Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Berlin und Heidelberg schloß G. 1895 mit der Promotion ab und trat in den preuß. Justizdienst ein. Seit 1900 Assessor, habilitierte er sich im folgenden Jahr an der Univ. Berlin und wurde 1908 a. o. Prof., 1919 o. Prof. des Strafrechts. 1933-36 als Gastprofessor an den Universit¨aten Madrid, Valencia und Saragossa t¨atig, ging er nach dem Ausbruch des Spanischen B¨urgerkriegs in gleicher Stellung in die USA und u¨ bersiedelte 1938 nach S¨udamerika. G., dem 1919 vom Reichsjustizministerium die Ausarbeitung eines Entwurfs zur Strafprozeßreform u¨ bertragen worden war, ver¨offentlichte u. a. Neue Zivilprozeßordnung (1924). C BHdE, Bd 2 Goldschmidt, Johann Baptista, eigentl. Heymann Joseph G., Mediziner, * 1761 Baiersdorf bei Kulmbach, † 18. / 19. 11. 1835. G. studierte Medizin an der Univ. K¨onigsberg, wurde mit der Arbeit Momenta quaedam ad comparationem pathologiae humoralis cum nervosa promoviert und setzte seine Studien in Berlin fort. 1792 ließ er sich als Arzt in Frankfurt / Main nieder, wurde Armenarzt und praktizierte am dortigen Israelitischen Krankenhaus. G. geh¨orte zu den ersten, die sich um die Einf¨uhrung der Kuhpockenimpfung in Frankfurt ¨ bem¨uhten (Allgemeine Ubersicht der Geschichte der Kuhpocken und deren Einimpfung als das sicherste und heilsamste Mittel zur g¨anzlichen Ausrottung der Menschenblattern usw., 1801). G. konvertierte zum Katholizismus und war 1817-31 st¨adtischer Armenarzt. Goldschmidt, Johanna, geb. Schwabe, Frauenrechtlerin, Schriftstellerin, * 11. 12. 1806 Bremerlehe (heute zu Bremerhaven), † 10. 10. 1884 Hamburg. Die Tochter eines Kommerzienrats in Hamburg erhielt eine umfassende Erziehung und heiratete 1827 einen Hamburger Kaufmann. In den vierziger Jahren trat G. f¨ur die Emanzipation der Juden sowie die Rechte der Frauen ein und gr¨undete 1848 zusammen mit Amalia Westendarp den u¨ berkonfessionellen Frauenverein zur Bek¨ampfung und Ausgleichung religi¨oser Vorurteile, der 1849 zum Allgemeinen Bildungsverein deutscher Frauen wurde. Gemeinsam mit Friedrich Adolph Wilhelm → Diesterweg und Friedrich → Fr¨obel bem¨uhte sich G. um die F¨orderung der Hamburger Hochschule f¨ur das weibliche Geschlecht und gr¨undete 1850

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Goldschmidt den ersten B¨urger-Kindergarten f¨ur Kinder aus Handwerkerfamilien, dem sp¨ater eine Kinderbewahranstalt f¨ur Arbeiterkinder folgte. 1860 war G. Mitbegr¨underin des Hamburger Fr¨obelvereins, der sp¨ater unter ihrer Leitung einen Musterkindergarten und eine Ausbildungsst¨atte f¨ur Kinderg¨artnerinnen einrichtete. G. ver¨offentlichte u. a. Amalie und Rebekka. Briefwechsel einer christlichen Adeligen und einer Israelitin u¨ ber Zeit- und Lebensfragen (1847), Muttersorgen und Mutterfreuden (2 Bde., 1849-51) und Blicke in die Familie (21864). C Dick

Goldschmidt, (Emil August) Johannes, Meteorologe, Physiker, Klimatologe, * 24. 8. 1894 Dresden, † 1. 11. 1952 Dresden. Der Sohn eines Ratsboten studierte nach einer kurzen T¨atigkeit als Volksschullehrer Physik und Mathematik an der TH ¨ Dresden und wurde 1925 mit der Arbeit Uber den Absorptionskoeffizienten des Lichtes und der Lichtelektronen bei Platin zum Dr. rer. techn. promoviert. Er trat als wissenschaftlicher Assistent in die s¨achsische Landeswetterwarte ein, hatte von 1936 bis etwa Ende 1945 die Leitung des Observatoriums Wahnsdorf bei Dresden inne und war zeitweise Leiter der Abteilung Forschung der s¨achsischen Landeswetterwarte. Seit 1935 Regierungsrat, wurde G. 1941 Oberregierungsrat im Reichswetterdienst und hielt als Lehrbeauftragter Vorlesungen u¨ ber Meteorologie an der TH Dresden. 1945 habilitierte er sich an der Fakult¨at f¨ur Forstwirtschaft in Tharandt und lehrte an der h¨oheren Gartenbaulehranstalt Pillnitz sowie an der Univ. Leipzig. G. ver¨offentlichte u. a. Die Singularit¨aten im j¨ahrlichen Witterungsverlauf von Wahnsdorf (1950), Das Klima von Sachsen (1950) und Die 25j¨ahrige Beobachtungsreihe von Wahnsdorf 1917-1941 (1953). C NDB

Goldschmidt, Julius, Fabrikant, * 26. 9. 1884 Eldagsen bei Hannover, † 11. 2. 1936 Z¨urich. Der Bruder Jakob → G.s war vor 1914 als Erfinder und Hersteller des Adrema-Systems zur mechanischen Massenadressierung t¨atig, das maßgeblich zur Rationalisierung der Verwaltung bei Beh¨orden und in der Wirtschaft beitrug. 1918 errichtete er erste Auslandsvertretungen, verlegte 1924 seinen Betrieb nach Berlin und versuchte nach der Macht¨ubernahme der Nationalsozialisten das Unternehmen durch die Gr¨undung der Adrema-Export GmbH zu erhalten. 1935 sah sich G. gezwungen, die Firma an die Mercedes-B¨uromaschinenwerke AG in Zella-Mehlis zu verkaufen, und emigrierte in die Schweiz. C NDB

Goldschmidt, Karl (Bernhard), Chemiker, Industrieller, * 11. 10. 1857 Berlin, † 5. 1. 1926 Stuttgart. Der Bruder Hans → G.s studierte Chemie an den Universit¨aten Berlin, Leipzig und G¨ottingen, wurde 1881 in Heidelberg promoviert und u¨ bernahm 1882 die Leitung der v¨aterlichen Chemischen Fabrik Th. Goldschmidt, Berlin. Gemeinsam mit seinem Bruder verlegte er das Unternehmen 1889 nach Essen, wo es sich auf die Entzinnung von Weißblech sowie die Aluminothermie spezialisieren sollte. Gemeinsam mit Josef Weber erfand G. 1905 das Goldschmidtsche Verfahren zur Entzinnung von Weißblech mittels Chlor, das den weltweiten Weißblechkreislauf revolutionieren sollte. Zielbewußt arbeitete G. an der Internationalisierung seines Unternehmens, indem er eine weltweite Einkaufsorganisation f¨ur Weißblechabf¨alle schuf und u. a. in ¨ den USA, Großbritannien, Frankreich und Osterreich Tochtergesellschaften etablierte. Nach der Umwandlung der Chemischen Fabrik in die Th. Goldschmidt AG 1911 holte G. 1914 den sp¨ateren Nobelpreistr¨ager Friedrich → Bergius als Forschungsleiter (bis 1919) nach Essen und erm¨oglichte diesem im Mannheim den Bau einer Großversuchsanlage zur Gewinnung von Benzin aus Kohle. Ende 1922 u¨ bergab G.

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die Leitung der Th. Goldschmidt AG an seinen a¨ ltesten Sohn Theo → G., blieb aber bis zu seinem Tod Vorsitzender des Aufsichtsrats. Er ver¨offentlichte u. a. Aluminothermie (1925). C NDB

Goldschmidt, Lazarus (Elieser ben Gabriel), Pseud. Arzelaj bar Bergelaj, Orientalist, * 17. 12. 1871 Plungiany (Litauen), † 18. 4. 1950 London. G. besuchte die Jeschiwa Slobodka in Kowno, ging 1890 nach Berlin, setzte seine Studien an der dortigen Univ. und in Straßburg fort und wandte sich insbesondere der a¨ thiopischen Sprache und Literatur zu. Anschließend lebte er als Privatgelehrter in Berlin. G. trat als Herausgeber zahlreicher alter hebr¨aischer Texte und Handschriften (u. a. des Sefer ¨ Jezirah, 1894) hervor und wurde auch durch seine Ubersetzung des Babylonischen Talmuds (1896-1912) und des Korans ins Deutsche (1916) bekannt. 1933 emigriert, ließ er sich in London nieder. C Lex dt-j¨ud Autoren Goldschmidt, Leonore, geb. Tacke, P¨adagogin, * 16. 11. 1897 Gosda / Lausitz, † 7. 3. 1983 London. G. studierte seit 1916 Germanistik, Geschichte und Anglistik in Jena, Berlin und Heidelberg, wurde 1921 promoviert und war 1929 / 30 als Lehrerin in Großbritannien t¨atig, dann in Berlin. 1934 unterrichtete sie an einer privaten j¨udischen Schule und gr¨undete 1935 selbst eine Privatschule f¨ur j¨udische Kinder; daneben organisierte sie mit ihrem Mann Kindertransporte ins Ausland. Als die Schule 1939 geschlossen wurde, emigrierte G. mit etwa 80 Kindern und einigen Lehrern nach Großbritannien, f¨uhrte dort ihre Schule fort und war bis 1968 Lehrerin an privaten und o¨ ffentlichen Schulen.

Goldschmidt, Leopold, Journalist, Verbandsfunktion¨ar, * 29. 1. 1896 Teplitz-Sch¨onau, † 30. 3. 1987 Frankfurt / Main. Nach seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg studierte G., Sohn eines S¨angers, Rechtswissenschaften an der Univ. Wien und wandte sich dann dem Journalismus zu. Seit 1922 war er Redakteur des „Sozialdemokraten“, des Zentralorgans der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (DSAP) in Prag, leitender Redakteur des deutschsprachigen Programms von Radio Prag und kam 1938 im Parteiauftrag zur Organisation der DSAP-Emigranten nach Paris. 1940 emigrierte G. u¨ ber S¨udfrankreich nach Großbritannien, wo er journalistisch t¨atig war und bei einer Fl¨uchtlingsorganisation mitarbeitete. 1946 nach Deutschland zur¨uckgekehrt, wurde er stellvertretender Chefredakteur bei der „Passauer Neuen Presse“, sp¨ater Redakteur der „Neuen Zeitung“ in M¨unchen, 1947 Lizenztr¨ager und Mitherausgeber der „Frankfurter Neuen Presse“, deren Chefredakteur er bis 1949 war. Anschließend leitete G. bis 1950 als Chefredakteur die Frankfurter Redaktion des „Tagesspiegels“, widmete sich dann ganz der christlich-j¨udischen Zusammenarbeit und geh¨orte in den f¨unfziger Jahren dem Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks an. G. war 1952-60 Mitglied des Vorstands der j¨udischen Gemeinde Frankfurt / Main. 1953 wurde er Direktoriumsmitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland, 1960 in London Vorsitzender des Internationalen Komitees f¨ur christlich-j¨udische Zusammenarbeit. C Munzinger Goldschmidt, Levin, Jurist, Politiker, * 30. 5. 1829 Danzig, † 16. 7. 1897 Wilhelmsh¨ohe (heute zu Kassel). Der Sohn eines Kaufmanns studierte seit 1847 Medizin, wandte sich 1848 den Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Berlin, Bonn und Heidelberg zu und wurde 1851 ¨ an der Univ. Halle promoviert (Uber die Kommanditgesellschaft). 1855 in Heidelberg habilitiert, wurde er dort 1860 a. o., 1866 o. Prof. und folgte 1875 einem Ruf auf den f¨ur ihn errichteten ersten Lehrstuhl f¨ur Handelsrecht an der Univ. Berlin. 1870-75 war er Rat am neugegr¨undeten Bundes(sp¨ater Reichs-)oberhandelsgericht, 1875-77 als Mitglied der

Goldschmidt Nationalliberalen Partei Reichstagsabgeordneter. G. verfaßte zahlreiche Arbeiten auf dem Gebiet des Handelsrechts, das er als erster in der mittelalterlichen Praxis italienischer Kaufleute begr¨undet sah, und gr¨undete 1858 die „Zeitschrift f¨ur das gesamte Handelsrecht“. Sein Handbuch des Handelsrechts erschien 1864-91 unvollendet in mehreren Lieferungen (Neudr., 3 Tle., 1973). C NDB

Goldschmidt, Louis (Ludwig), Journalist, Schriftsteller, * 10. 11. 1867 K¨onigsberg, † 12. 12. 1943 K¨onigsberg. G., Sohn eines Schneidermeisters, studierte seit 1888 zun¨achst Medizin, dann Germanistik, Geschichte, Kunstgeschichte und Indologie und wurde zum Dr. phil. promoviert. Seit 1888 journalistisch t¨atig, wurde er 1896 Redakteur bei der „K¨onigsberger Allgemeinen Zeitung“, 1897 bei der „K¨onigsberger Hartungschen Zeitung“, deren Feuilleton er 1906-33 leitete. G. ver¨offentlichte u. a. die Erinnerungsb¨ucher Heimatgebunden. Aus dem Leben eines K¨onigsbergers (1934) und Ein Menschenleben. Ein- und Ausf¨alle eines Zeitungsschreibers (1934). C Altpreuß Biogr, Bd 3

Goldschmidt, Ludwig, Mathematiker, Philosoph, * 6. 8. 1853 Sondershausen (Th¨uringen), † 25. 1. 1931 Gotha. G., Sohn eines Oberlehrers, war zun¨achst Kaufmann, studierte dann Mathematik an den Universit¨aten Berlin und G¨ottingen und wurde 1881 mit der Arbeit Beitr¨age zur Theorie der quadratischen Formen promoviert. 1883-92 war er Direktor der Handelsschule in Gotha, anschließend mathematischer Revisor bei der Gothaer Lebensversicherungs AG und hatte 1908-19 die Leitung des Gymnasiums in Gotha inne. G. besch¨aftigte sich intensiv mit → Kant und verfaßte eine Reihe von Werken u¨ ber die kantische Philosophie, darunter Zur W¨urdigung der Kritik der reinen Vernunft (1900) und Kant u¨ ber Freiheit, Unsterblichkeit, Gott (1904). In seiner Schrift Gegen Einsteins Metaphysik. Eine kritische Befreiung (1923) versuchte er, die naturphilosophische Deutung der Relativit¨atstheorie → Einsteins zu widerlegen. C Lex dt-j¨ud Autoren

Goldschmidt, Moritz, Schriftsteller, * 26. 9. 1865 Homburg v. d. H., † 6. 6. 1934 Frankfurt / Main. Zum Bankkaufmann ausgebildet, war G. mehrere Jahre in einem Frankfurter Bankhaus t¨atig, gab seinen Beruf jedoch auf, um sich einer schriftstellerischen T¨atigkeit zu widmen. Er war Mitarbeiter u. a. der „Wiener Morgen-Zeitung“ und der „Frankfurter Zeitung“. Neben Gedichten und Erz¨ahlungen, darunter Neue Sinngedichte (1895) und Sonnenuntergang und andere Erz¨ahlungen. Ein Buch vom K¨unstler (1900), schrieb G. zahlreiche ungedruckte B¨uhnenst¨ucke und die komische Oper Frau Potiphar oder Der Rock des Joseph (1926). C Lex dt-j¨ud Autoren

Goldschmidt, Otto (Moritz David), Musiker, Dirigent, Komponist, * 21. 8. 1829 Hamburg, † 24. 2. 1907 London. G., Sohn eines Kaufmanns, begann seine musikalische Ausbildung in Hamburg, studierte 1843-46 Klavier am Konservatorium in Leipzig, wo er auch Kompositionssch¨uler von Felix → Mendelssohn Bartholdy war, und setzte sein Studium seit 1848 als Sch¨uler Chopins in Paris fort. 1849 spielte G. als Pianist in einem Konzert der S¨angerin Jenny Lind in London, die er 1851 nach Amerika begleitete und im folgenden Jahr heiratete. 1852-55 lebten sie in Dresden und u¨ bersiedelten 1858 nach London. Seit 1860 kam G. als Dirigent, auch eigener Werke, in die großen europ¨aischen Musikzentren sowie nach Hamburg und D¨usseldorf, wo er 1863 und 1866 die Musikfeste leitete. Seit 1863 Prof. und stellvertretender Direktor der Royal Academy of Music in London, gr¨undete G. 1875 den Londoner Bach-Chor, der zu einem der

bedeutendsten englischen Ch¨ore wurde. Zu seinen Bearbeitungen alter Meister z¨ahlt die von → H¨andels Ode for St. Cecilia’s Day (1739), die er erstmals in Deutschland auff¨uhrte. G.s kompositorisches Werk umfaßt Kammermusik, Lieder, Klavierkompositionen und das Oratorium Ruth. C MGG

Goldschmidt, Paul, Orientalist, * 19. 12. 1850 Danzig, † 7. 5. 1877 Ceylon. G. studierte seit 1867 Indische Philologie an den Universit¨aten Heidelberg, Berlin, T¨ubingen und G¨ottingen, nahm als Freiwilliger am Deutsch-Franz¨osischen Krieg teil und wurde 1872 in G¨ottingen promoviert. Seit 1873 hielt er sich in London auf, arbeitete f¨ur das India Office und reiste 1874 nach Ceylon, um im Auftrag der dortigen Kolonialregierung auf der Insel vorhandene Prakrit-Inschriften zu sammeln. G. schickte mehrfach Berichte u¨ ber seine Forschungen an den Gouverneur. Er starb am Sumpffieber. C ADB Goldschmidt, Richard (Benedikt), Zoologe, Genetiker, * 12. 4. 1878 Frankfurt / Main, † 24. 4. 1958 Berkeley (Kalifornien, USA). G., Sohn eines Kaufmanns und Neffe von Victor Moritz → G., studierte Medizin und Zoologie an den Universit¨aten Heidelberg und M¨unchen, wurde 1902 in Heidelberg mit der Arbeit Untersuchungen u¨ ber Eireifung, Befruchtung und Zelltheilung bei Polystomum integerrimum Rud. promoviert und ging im folgenden Jahr als Assistent Richard → Hertwigs an das Zoologische Institut nach M¨unchen. 1904 habilitierte er sich dort (Der Chromidialapparat lebhaft funktionierender Gewebszellen), wurde 1909 zum a. o. Prof. ernannt und folgte 1914 einem Ruf als o. Prof. an das neugegr¨undete Kaiser-Wilhelm-Institut f¨ur Biologie nach Berlin, wo er 1919 zweiter Direktor wurde. Seit 1906 war G. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1935 emigrierte er in die USA, erhielt 1936 eine Professur f¨ur Genetik und Zytologie an der University of California in Berkeley, wo er auch nach seiner Emeritierung 1946 als Forscher wirkte. G. ver¨offentlichte grundlegende Arbeiten zur Genphysiologie sowie u¨ ber genetischentwicklungsphysiologische Probleme der Evolution und entwickelte eine allgemeine Theorie der Geschlechtsbestimmung. Zu seinen Publikationen z¨ahlen Mechanismus und Physiologie der Geschlechtsbestimmung (1920), Physiological genetics (1938), A study of spontaneous mutation (1945), Die Lehre von der Vererbung (1952), Theoretical genetics (1955; dt. Theoretische Genetik, 1961) und Erlebnisse und Begegnungen. Aus der großen Zeit der Zoologie in Deutschland (1959). C BHdE, Bd 2 Goldschmidt, Richard Hellmuth, Psychologe, Mediziner, * 25. 7. 1883 Posen, † 2. 6. 1968 M¨unster. Der Sohn eines Landgerichtsrats studierte seit 1902 an den Universit¨aten Heidelberg, M¨unchen, Straßburg, Leipzig, Berlin und an der TH M¨unchen, wurde 1910 zum Dr. phil. promoviert (Quantitative Untersuchungen u¨ ber positive Nachbilder) und war Dozent in Leipzig und Hamburg, bevor er sich 1913 in M¨unster habilitierte. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs freiwilliger Sanit¨atsoffizier, wurde er in M¨unchen zum Dr. med. promoviert und lehrte seit 1919 als a. o. Prof. der experimentellen Psychologie an der Univ. M¨unster. Nach seiner Entlassung 1933 emigrierte G. zun¨achst in die Niederlande, wo er bis 1939 Dozent an der Univ. Amsterdam war, ging 1939 nach Großbritannien und lehrte am Psychologischen Institut der Univ. Oxford. Seit 1947 Honorarprofessor an der Univ. M¨unster, kehrte G. 1949 nach Deutschland zur¨uck und war seit 1951 a. o., 1952-68 o. Prof. der Psychologie in M¨unster. Er ver¨offentlichte u. a. Psychologische Ratschl¨age zur Erleichterung des Studiums (1919) und Psychologisches Vademecum (1930).

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Goldschmidt Goldschmidt, Rudolf, Ingenieur, * 19. 3. 1876 Neubukow (Mecklenburg), † 30. 10. 1950 London. Nach einer zweij¨ahrigen kaufm¨annischen Ausbildung studierte G. an den Technischen Hochschulen Charlottenburg und Darmstadt (1898 Dipl.-Ing.). Bis 1900 Assistent an der TH Darmstadt, war er mehrere Jahre Ingenieur in Prag und kehrte als Privatdozent an die TH Darmstadt zur¨uck. G. befaßte sich vor allem mit der drahtlosen Telegraphie und erfand die Goldschmidtsche Hochfrequenzmaschine, mit der es ihm als erstem gelang, u¨ ber den Ozean zur telegraphieren. G., der 1911 zum Prof. an der TH Berlin ernannt wurde, gab den Lehrberuf schließlich auf, um die Leitung der f¨ur den Ausbau seiner Erfindung gegr¨undeten Gesellschaft zu u¨ bernehmen und die Großfunkstationen Eilveve in Hannover und Tuckerton bei New York einzurichten. 1914 konnte erstmals ein drahtloser Telegrammwechsel zwischen Deutschland und den USA stattfinden. G. ver¨offentlichte u. a. Die normalen Eigenschaften elektrischer Maschinen (1909).

Goldschmidt, Siegfried, Orientalist, * 29. 10. 1844 Kassel, † 31. 1. 1884 Straßburg. G. studierte orientalische Sprachen und wurde 1871 zum a. o. Prof. des Sanskrit an der Univ. Straßburg ernannt. Er verfaßte eine Reihe von Untersuchungen u¨ ber die mittelalterlich-indischen Sprachen und Literaturen, insbesondere u¨ ber die Prakrit-Sprache. Mit der Edition des dem Kalidasa zugeschriebenem Ravanavaha (1880-84) ver¨offentlichte G. sein Hauptwerk.

Goldschmidt, Stefan, Chemiker, * 28. 3. 1889 N¨urnberg, † 20. 12. 1971 M¨unchen. G. studierte Chemie an der Univ. M¨unchen, wurde 1912 mit ¨ der Dissertation Uber den Abbau von Laccains¨aure promoviert und war Assistent am Chemischen Institut der Universit¨aten Greifswald und W¨urzburg. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg habilitierte er sich 1919 in W¨urzburg mit der Arbeit Zur Kenntnis der Oxydation aromatischer Amine f¨ur organische Chemie und ging 1923 als a. o. Prof. der organischen Chemie an die Univ. Karlsruhe, wo er 1927 o. Prof. wurde und seit 1929 dem Organisch-Chemischen Labor vorstand. 1935 entlassen, war G. zun¨achst Privatgelehrter, emigrierte 1938 in die Niederlande und war bis 1947 in der pharmazeutischen Industrie t¨atig. 1946 kehrte er nach Deutschland zur¨uck und war 1947-57 o. Prof. der organischen Chemie an der TH M¨unchen. G. arbeitete u. a. auf dem Gebiet der Stereochemie, der freien organischen Radikale, der Peptidsynthese und der Elektrolyse in nichtw¨aßrigen Medien. Er ver¨offentlichte u. a. Stereochemie (1933), Neue aliphatische Azoverbindungen und ihre Reaktionen (1958) und Materie und Leben (1966). C Poggendorff 6 Goldschmidt, Theo, eigentl. Theodor (Heinrich Hermann) G., Chemiker, Industrieller, * 11. 3. 1883 Berlin, † 2. 3. 1965 Seeheim / Bergstraße. G., der a¨ lteste Sohn Karl → G.s, schloß das Studium an der TH Dresden und den Universit¨aten M¨unchen und Straßburg ¨ mit der Promotion (Uber kathodische Metallzerst¨aubung in verd¨unnten Gasen) ab und trat 1908 in die von seinem Vater und seinem Onkel Hans → G. geleitete Chemische Fabrik Th. Goldschmidt, Essen, ein. Nach deren Umwandlung in eine Aktiengesellschaft 1911 u¨ bernahm er ein Mandat im Vorstand und folgte Anfang 1923 seinem Vater auf dem Posten des Vorstandsvorsitzenden nach, ein Amt, das er bis 1959 innehatte. Unter G.s Verantwortung entwickelte sich das eher monostrukturell metallurgisch ausgerichtete Unternehmen zu einem diversifizierten Spezialchemiekonzern mit weltweiter Ausrichtung. G. war f¨ur den Fortbestand der Th. Goldschmidt AG w¨ahrend der Weltwirtschaftskrise 1930 / 32 sowie nach dem Zweiten Weltkrieg ebenso maßgeblich verantwortlich wie f¨ur den wirtschaftlichen Aufschwung in den f¨unfziger Jahren. Dar¨uber hinaus war er u. a.

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Pr¨asident der Industrie- und Handelskammer Essen, Senator der Max-Planck-Gesellschaft sowie Schatzmeister der Gesellschaft Deutscher Chemiker. 1958 wurde ihm das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Nach seinem Ausscheiden aus der Th. Goldschmidt AG zog sich G. auf sein Gut nach Seeheim zur¨uck, blieb aber bis zu seinem Tod Aufsichtsratsvorsitzender. C Leb Industrie 5

Goldschmidt, Theodor, Chemiker, Unternehmer, * 1817 Berlin, † 4. 1. 1879 Berlin. G. stammte aus einer wohlhabenden Berliner B¨urgerfamilie, studierte Chemie u. a. bei Eilhard → Mitscherlich an der Univ. Berlin und durchlief anschließend eine Ausbildung als Colorist. 1847 gr¨undete er in Berlin die Chemische Fabrik Th. Goldschmidt, die in den ersten Jahren vor allem Vorprodukte f¨ur die Textilverarbeitung produzierte. Nach dem Eintritt von G.s S¨ohnen Karl und Hans → G. (1882 bzw. 1888), die den Firmensitz nach Essen verlegten, entwickelte sich das Unternehmen zu einem der weltweit f¨uhrenden Betriebe f¨ur die Entzinnung von Weißblech. Goldschmidt, Victor Mordechai, Mineraloge, Kristallograph, Musiktheoretiker, * 10. 2. 1853 Mainz, † 8. 5. 1933 Salzburg. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte an der Berliner Gewerbeakademie, dann an der Bergakademie in Freiberg, wo er mehrere Jahre Assistent war, bevor er seine mineralogischen und kristallographischen Studien an der Univ. Heidelberg fortsetzte (Promotion 1880). Anschließend lebte G. in Wien, habilitierte sich 1888 mit der Arbeit Ueber Projection und graphische Kristallberechnung in Heidelberg, hatte dort seit 1893 eine Professur inne und gr¨undete das Mineralogisch-Kristallographische Institut. Er arbeitete haupts¨achlich auf dem Gebiet der Kristallmessung und -berechnung, f¨uhrte das zweikreisige Reflexionsgoniometer ein und formulierte das kristallographische Komplikationsgesetz. Neben kristallographischen Arbeiten (u. a. Index der Krystallformen der Mineralien, 3 Bde., 1886-91; Kristallographische Winkeltabellen, 1897; Atlas der Krystallformen, 9 Bde., 1913-23) ver¨offentlichte er auch musiktheoretische Abhandlungen wie Ueber Harmonie und Complication (1901). C NDB Goldschmidt, Victor Moritz, Mineraloge, Geochemiker, * 27. 1. 1888 Z¨urich, † 20. 3. 1947 Vestre Aker bei Oslo. Der Sohn Heinrich Jacob → G.s studierte seit 1904 Mineralogie, Geologie und Chemie an den Universit¨aten Oslo und M¨unchen, wurde 1911 in Oslo mit der Dissertation Die Kontaktmetamorphose im Kristianiagebiet promoviert und habilitierte sich im folgenden Jahr mit der Arbeit Die Gesetze der Gesteinsmetamorphose, mit Beispielen aus der Geologie des s¨udlichen Norwegens. Seit 1914 a. o. Prof. und Direktor des Mineralogischen Instituts der Univ. Oslo, war er w¨ahrend des Ersten Weltkriegs Leiter der staatlichen Rohstoffkommission und wandte sich dann der Erforschung der Gesetzm¨aßigkeiten zu, die die Verteilung der Elemente im Erdk¨orper bestimmen. Seine Ergebnisse ver¨offentlichte G. in seiner Reihe Geochemische Verteilungsgesetze der Elemente (9 Hefte, 1923-38) und wurde damit zum Begr¨under der modernen Geochemie und Kristallchemie. 1926 wurde G. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. 1929 folgte er einem Ruf als o. Prof. an die Univ. G¨ottingen, wo er bis zu seiner Entlassung 1935 lehrte, und kehrte anschließend als Direktor des Geologischen Museums nach Oslo zur¨uck. Nach der Besetzung Norwegens durch deutsche Truppen wurde G. 1942 verhaftet, emigrierte noch im selben Jahr u¨ ber Schweden nach Großbritanien und war am Macaulay Institute in Aberdeen und an der landwirtschaft-

Goldstein lichen Versuchsanstalt in Rothamsted t¨atig. 1946 kehrte er nach Oslo zur¨uck. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨ort ferner Geochemistry (1954). C NDB

Goldschmidt-Rothschild, Albert Max Frh. von, Bankier, * 3. 6. 1879 Frankfurt / Main, † 15. 3. 1940 Lausanne. Der Sohn von Maximilian Benedikt von → G.-R. studierte Rechtswissenschaften und wurde Attach´e der Deutschen Botschaft in London. Sp¨ater in gleicher Stellung bei der preuß. Gesandtschaft in M¨unchen, wurde er 1922 Teilhaber des Bankhauses Goldschmidt-Rothschild & Co. in Berlin, das 1932 an die Reichskredit AG verkauft wurde. 1939 emigrierte G.-R. in die Schweiz und beging im folgenden Jahr Selbstmord. C Frankf Biogr

Goldschmidt-Rothschild, Maximilian Benedikt Frh. von, Bankier, * 20. 6. 1843 Frankfurt / Main, † 25. 3. 1940 Frankfurt / Main. Der einer Frankfurter Patrizierfamilie entstammende G.-R. studierte an der Univ. Heidelberg und trat in das v¨aterliche Bankgesch¨aft B. H. Goldschmidt ein. 1878 heiratete er die Tochter Wilhelm Carl von Rothschilds und begr¨undete das Bankhaus Goldschmidt-Rothschild, das u. a. enge Gesch¨aftsbeziehungen zu der s¨udafrikanischen Goldminenfirma Wernher Beit & Co. entwickelte. Seit 1901 o¨ sterreichisch-ungarischer Generalkonsul, wurde G.-R. 1903 von Kaiser → Wilhelm II. in den erblichen Adelsstand und 1907 in den Freiherrnstand erhoben. G.-R. war auch als Kunstsammler und Philanthrop bekannt. Er war der Vater von Albert Max von → G.-R.

Goldschmiedt, Guido, Chemiker, * 29. 5. 1850 Triest, † 6. 8. 1915 Gainfarn bei Wien. Der Sohn eines aus Bayern stammenden Großkaufmanns studierte zun¨achst an der Handelshochschule in Frankfurt / Main, wandte sich 1869 dem Studium der Chemie an den Universit¨aten Wien und Heidelberg zu und wurde 1872 promoviert. G. arbeitete anschließend bei Adolf von → Baeyer in Straßburg, ging 1874 als Assistent an die Univ. Wien und habilitierte sich dort im folgenden Jahr. Seit 1880 Adjunkt am I. Chemischen Universit¨atslaboratorium, wurde er 1891 o. Prof. an der Hochschule f¨ur Bodenkultur in Wien, 1892 o. Prof. an der Deutschen Univ. in Prag, 1911 am II. Chemischen Universit¨atslaboratorium der Univ. Wien. Seit 1885 war G. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er besch¨aftigte sich haupts¨achlich mit der Konstitutionsaufkl¨arung der Naturstoffe und ver¨offentlichte u. a. Die chemische Industrie (1877). C NDB

Goldschmit-Jentner, Rudolf K(arl), Publizist, * 11. 3. 1890 Karlsruhe, † 26. 2. 1964 M¨unchen. G.-J. studierte Rechts-, Staats- und Kulturwissenschaften an den Universit¨aten Straßburg, Heidelberg und Berlin und wurde in Heidelberg zum Dr. phil. promoviert. Er volontierte beim „Stuttgarter Neuen Tagblatt“ und u¨ bernahm anschließend das Feuilleton des „Heidelberger Tageblatts“. Zusammen mit Gustav → Hartung gr¨undete G.-J. die Heidelberger Festspiele, die er bis 1929 leitete, und lehrte 1927-33 kulturelle Publizistik an der Univ. Heidelberg. Nach der Macht¨ubernahme der Nationalsozialisten mußte G.-J. seine journalistische T¨atigkeit aufgeben und wandte sich ganz der Schriftstellerei zu. 1943-45 in „Schutzhaft“, wurde er nach Kriegsende Lizenztr¨ager mehrerer Verlage und Mitbegr¨under des „Heidelberger Tageblatts“. G.-J. ver¨offentlichte u. a. Begegnung mit dem Genius. Darstellung und Betrachtungen (1939), Goethe. Eine Bildbiographie (1957) und Genius der Jugend. Gestalten und Werke der Fr¨uhvollendeten (1960). C DLL

Goldschmitt, Bruno, Maler, Graphiker, * 22. 3. 1881 N¨urnberg, † 4. 4. 1964 M¨unchen. Der Sohn eines Pinselfabrikanten besuchte die Kunstgewerbeschule, war Sch¨uler Martin → Feuersteins und Franz → Stucks an der Kunstakademie in M¨unchen und gr¨undete 1900 zusammen mit Hermann → Hesse, Ludwig → Finckh, Robert → Weise und anderen die K¨unstlerkolonie am Unteren Bodensee. Sp¨ater war er Inhaber eines Malergesch¨afts in M¨unchen. G. malte zun¨achst vorwiegend Landschaften und wandte sich sp¨ater dem Fresko zu. Bekannt wurden vor allem seine Fresken im Hotel Laurin in Bozen und im M¨unchner Polizeigeb¨aude. Als Buchillustrator schuf G. u. a. Holzschnitte zu → Schillers Wilhelm Tell (1925), Radierungen zu den Nachtwachen des Bonaventura (1923) und Steinzeichnungen zu → Kleists Michael Kohlhaas. Daneben entstanden zahlreiche Entw¨urfe f¨ur B¨uhnenbilder und Plakate. C Th-B / Vollmer Goldstein, David, Holzindustrieller, * 24. 11. 1850 Colonnowska (Kr. Groß Strehlitz, Oberschlesien), † n. e. Nach kaufm¨annischer Ausbildung und T¨atigkeit wurde G. Mitinhaber der von seinem Bruder Sigismund → G. gegr¨undeten Firma S. Goldstein, sp¨ater Generaldirektor und Vorstandsvorsitzender der Oberschlesischen Holzindustrie AG, Holzindustrie und Holzhandel in Beuthen. Seit 1905 war er Vorsitzender des Vereins Ostdeutscher Holzh¨andler und S¨agewerke in Oberschlesien und Mitglied weiterer Interessenverb¨ande der Branche. 1923 wurde G. unbesoldeter Stadtrat in Beuthen. Seit 1921 war er auch Vorstandsmitglied, dann bis 1927 Vorsitzender der Beuthener Synagogengemeinde. Nach der Teilung Oberschlesiens wurde die Firma umorganisiert und mit der Gr¨unfeld A.-G. zusammengefaßt. Goldstein, Eugen, Physiker, Astronom, * 5. 9. 1850 Gleiwitz, † 25. 12. 1930 Berlin. Der Sohn eines Weinh¨andlers studierte seit 1870 in Berlin bei Hermann von → Helmholtz und arbeitete seit 1872 an dessen Institut als Privatmann. Seit 1878 war G. an der Berliner Sternwarte t¨atig, zun¨achst kommissarisch, seit 1888 als Assistent. 1881 wurde er mit einer Arbeit u¨ ber elektrische Entladungen in Gasen promoviert (Eine neue Form elektrischer Abstossung). 1889 richtete er das Physikalische Kabinett an der Berliner Urania ein, in dem ein interessiertes Laienpublikum vereinfachte physikalische Experimente nachvollziehen konnte; diese Methode wurde sp¨ater vom Deutschen Museum in M¨unchen u¨ bernommen. 1898 erhielt er aus Mitteln der Sternwarte ein Laboratorium in einer Mietwohnung in Sch¨oneberg (Berlin), in dem er bis 1927 arbeitete und eine Reihe von bahnbrechenden Entdeckungen machte. Wichtig waren u. a. seine Arbeiten u¨ ber die Kathodenstrahlen, deren Namen er einf¨uhrte und die die Entwicklung des Fernsehens und des Elektronenmikroskops vorantrieben. Seine Forschungen lieferten Grundlagen f¨ur die Atom- und Kernphysik. G. ver¨offentlichte u. a. Canalstrahlen (1930). C NDB Goldstein, Franz, Pseud. Anatol, Dorian, Frango, Journalist, * 9. 12. 1898 Kattowitz, † 1982. G. wurde 1923 an der Univ. Breslau mit einer Arbeit u¨ ber Verlagsrecht promoviert und war anschließend als Journalist t¨atig, zun¨achst f¨ur eine Wirtschaftszeitung, sp¨ater auch als Literatur-, Theater- und Musikkritiker f¨ur die „Buch- und Kunstrevue“. Er trat immer wieder f¨ur die deutsch-polnische Verst¨andigung ein, wurde 1938 trotz zahlreicher Proteste (u. a. von Thomas → Mann) aus Polen ausgewiesen und emi¨ grierte nach Wien. Beim „Anschluß“ Osterreichs fl¨uchtete er nach Prag und im Herbst 1938 weiter nach Jerusalem. G. hatte bereits seit 1933 gute Kontakte zu Schriftstellern im Exil und ver¨offentlichte sp¨ater Texte zur Literaturtheorie. C BHdE, Bd 2

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Goldstein Goldstein, Frieda, Pseud. Friedrich Stein, Fritz v. d. Goltz, Friedrich Steinfried, Frank Gilbert, Schriftstellerin, * 30. 4. 1864 Karlsruhe, † 4. 8. 1912 Berlin. Die Tochter eines Karlsruher Rabbiners wurde schon in der Volksschule als Wunderkind bestaunt. 1876 wechselte sie an ein Privatseminar nach Breslau, durfte jedoch drei Jahre sp¨ater das Staatsexamen nicht ablegen, weil sie noch zu jung war. Sie wurde Erzieherin bei einem Industriellen und verfaßte Modeplaudereien f¨ur eine Berliner Zeitung; sie schrieb bald f¨ur andere Bl¨atter u¨ ber technische, musik¨asthetische und kritische Themen, meist unter Pseudonym. G. ver¨offentlichte auch etliche wissenschaftliche Ar¨ beiten, M¨archen und Ubersetzungen aus dem Englischen und Norwegischen. C Wininger

Goldstein, Harry (Heimann), Kaufmann, * 20. 7. 1880 Waldenburg (Schlesien), † 10. 6. 1977 Hamburg. G. durchlief eine kaufm¨annische Lehre und trat anschließend in das Herrenbekleidungsgesch¨aft seines Vaters ein. 1902 ging er nach Hamburg und war dort, unterbrochen durch die Teilnahme am Ersten Weltkrieg, als Handelsvertreter t¨atig. 1919 war er Mitbegr¨under der Hamburger Ortsgruppe des Reichsbundes j¨udischer Frontsoldaten, die er bis zu ihrer Aufl¨osung 1939 leitete. 1934 entlassen, widmete sich G. der Verwaltung j¨udischer Organisationen, u. a. des J¨udischen Religionsverbandes in Hamburg e. V. Nach 1945 setzt er sich f¨ur den Wiederaufbau der J¨udischen Gemeinde in Hamburg ein und war 1945-55 deren gesch¨aftsf¨uhrender Vorsitzender sowie Vorstandsmitglied, sp¨ater Ehrenvorsitzender. 1946 wurde G. in die Ernannte Hamburgische B¨urgerschaft und in das Kuratorium des neugegr¨undeten Israelitischen Krankenhauses berufen. 1952 z¨ahlte er zu den Gr¨undern der Gesellschaft f¨ur christlich-j¨udische Zusammenarbeit in Hamburg, deren Vorstand er bis 1975 angeh¨orte. C Hamburg Biogr, Bd 2

Goldstein, Hermann, Politiker, Dramatiker, * 25. 1. 1852 M¨ockern (heute zu Leipzig), † 14. 6. 1909 Dresden. G. war zun¨achst H¨utejunge und Fabrikarbeiter, sp¨ater kaufm¨annischer Angestellter und Antiquar, bevor er seit den siebziger Jahren als sozialdemokratischer Agitator in Dresden auftrat. 1878 wurde er Redakteur des sozialdemokratischen Parteiorgans in Zwickau. 1891-1900 und 1905-09 geh¨orte G. der Zweiten Kammer des S¨achsischen Landtags an, von 1903 bis zu seinem Tod war er Mitglied des Reichstags. Neben der politischen Schrift Das Reichstagswahlrecht und seine Gegner (1903) verfaßte er seit 1877 Dramen, in denen er den Alltag der Arbeiter und die sozialen wie politischen K¨ampfe der Sozialdemokraten behandelte, darunter Das vergessene Konzept oder Ein sitzengebliebener Reichstagskandidat (uraufgef¨uhrt 1878, gedruckt 1901, 31910) und C Lex sozialist Lit Von Amtswegen (1905, 21910).

Goldstein, Joachim, Verleger, Intendant, Schriftsteller, * 23. 11. 1904 Berlin, † 24. 11. 1969 Berlin. Zun¨achst Mitarbeiter beim Erich-Reiss-Verlag, gr¨undete G. 1928 den Verlag Literatur und B¨uhne, sp¨ater den Joachim Goldstein J¨udischen Buchverlag Berlin. 1938 emigrierte er nach Pal¨astina und gr¨undete in Tel Aviv erneut einen Verlag, in dem er u. a. Werke von Max → Brod und Schalom → BenChorin ver¨offentlichte. 1950 erwarb er die Ginzburg Theateragentur in Haifa und wurde Gesch¨aftsleiter des Kammertheaters Tel Aviv und der dortigen Volksoper. 1957 kehrte er nach Deutschland zur¨uck, war als Intendant f¨ur die Deutsche Oper in Berlin und als Lektor im Max Hesse Verlag t¨atig und arbeitete f¨ur verschiedener Zeitungen. Zu seinen schriftstellerischen Arbeiten geh¨oren die Dichtungen Aus meiner Mappe (1926). C Exiltheater

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Goldstein, Johann, Frankfurter Patrizier, * um 1185 Frankfurt / Main, † 22. 7. um 1250 Frankfurt / Main. G., Sohn eines Handelsherrn, war als Edelsteinh¨andler t¨atig und erreichte 1219 die Befreiung seiner Heimatstadt Frankfurt aus der kgl. Vogtei. Auf seiner Stadtburg war Kaiser → Friedrich II., an dessen Kreuzzug er 1228 teilnahm, zwischen 1224 und 1242 mehrmals zu Gast. G.s Initiative ist es zu verdanken, daß die B¨urgert¨ochter und -witwen der St¨adte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar vom Ehezwang mit Hofdienern befreit wurden. Seine Tochter sollte 1232 aufgrund des Hofrechts zu einer solchen Ehe gezwungen werden, wogegen er sich erfolgreich wehrte. G. wirkte wesentlich an einer St¨arkung des Patriziats mit. C NDB Goldstein, Johann Theodor, Maler, * 12. 3. 1798 Warschau, † nach 1871 Dresden. G. machte wahrscheinlich in Berlin seine ersten Kunststudien, bevor er sich wiederholt auf Reisen in die Franz¨osische Schweiz und nach Italien begab. Von 1821 bis mindestens 1871 war er in Dresden ans¨assig, wo viele seiner zahlreichen Bilder entstanden. Zun¨achst vorwiegend als Architekturmaler t¨atig, widmete er sich seit 1828 fast ausschließlich der Landschaftsmalerei. Seine Motive fand er vor allem in der Schweiz, in Italien und Sizilien (u. a. Der Hafen von Messina). Goldstein, Josef, o¨ sterr. Kantor, * 27. 3. 1838 Kecskemet (Ungarn), † 17. 6. 1899 Wien. Als Dreizehnj¨ahriger bereits Nachfolger seines Vaters als Kantor der Synagoge seiner Heimatstadt, dann in der polnischen Synagoge in Wien t¨atig, studierte er sp¨ater Musik in Prag, Florenz und Padua. Er gab als Tenor Konzerte und brachte ein u¨ ber die j¨udische religi¨ose Vokalmusik hinausgehendes Repertoire zum Vortrag. 1855 berief ihn die Gemeinde der Wiener Synagoge in der Leopoldstadt zu ihrem Ersten Kantor. G., der als einer der bedeutendsten Kantoren seiner Generation gilt, f¨uhrte Elemente des polnisch-j¨udischen Stils (Schire Jeschurun, 3 Bde., 1862) in die Erneuerungsbewegung der j¨udischen religi¨osen Musik seiner Zeit ein. C Kutsch Goldstein, Julius, Philosoph, Politologe, Publizist, * 29. 10. 1873 Hamburg, † 25. 6. 1929 Darmstadt. G., Sohn eines Kinderzeugh¨andlers, studierte seit 1894 Sprachen, Geschichte und Philosophie in Berlin und Jena, wurde 1899 promoviert (Untersuchungen zum Kulturproblem der Gegenwart) und habilitierte sich 1902 an der TH Darmstadt f¨ur Philosophie (Die empiristische Geschichtsauffassung David Humes mit Ber¨ucksichtigung moderner methodologischer und erkenntnistheoretischer Probleme). Er lehrte dort sowie an den P¨adagogischen Instituten in Darmstadt und Mainz als Privatdozent und wurde 1910 Titularprofessor, 1925 a. o. Prof. f¨ur Philosophie. 1920-25 war er Chefredakteur der regierungsamtlichen „Darmst¨adter Zeitung“, 1925-29 Herausgeber der kulturphilosophischen Zeitschrift „Der Morgen“, 1924 Gastprofessor in den USA. Der u¨ berzeugte Republikaner und Verfechter eines humanen deutschen Nationalbewußtseins wandte sich entschieden gegen den rassistisch begr¨undeten Antisemitismus und u¨ bertriebenen Nationalismus. G. ver¨offentlichte u. a. Wandlungen in der Philosophie der Gegenwart. Mit besonderer Ber¨ucksichtigung des Problems von Leben und Wissenschaft (1911), Zur Soziologie des Antisemitismus (1920), Rasse und Politik (1921, 51960) und Deutsche Volks-Idee und DeutschV¨olkische Idee. Eine Soziologische Er¨orterung der V¨olkischen Denkart (1927, 21928). C Lex dt-j¨ud Autoren

Golf ¨ Jurist, * 25. 3. 1499 Kitzingen, Goldstein, Kilian d. A., † 25. 1. 1568 Halle / Saale. G., Sohn eines w¨urzburgischen Rats, studierte seit 1515 in Leipzig und wechselte 1521 nach Wittenberg, wo er 1525 den Magistergrad erwarb; 1536 wurde er zum Dr. jur. utr. promoviert. Seit 1530 Mitglied des Rats von Wittenberg, war er seit 1533 Prokurator am Leipziger Hofgericht und seit 1539 Assessor am Wittenberger Konsistorium. 1541 wurde der von → Melanchthon und → Luther gesch¨atzte G. Syndikus in Halle. C NDB

Goldstein, Kurt, Neurologe, Psychiater, * 6. 11. 1878 Kattowitz, † 19. 9. 1965 New York. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte Medizin in Breslau und Heidelberg, wurde 1903 promoviert (Die Zusammensetzung der Hinterstr¨ange) und habilitierte sich 1908 an der Univ. K¨onigsberg. 1906-14 Leiter der psychiatrischen Klinik in K¨onigsberg, wurde er 1915 Abteilungsleiter, 1922 Prof. und Direktor des Neurologischen Instituts der Univ. Frankfurt / Main. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs Leiter des Hirnverletztenlazaretts, kam G. 1930 an das Krankenhaus BerlinMoabit und trat als Mitherausgeber der Zeitschrift „Psychologische Forschungen“ und der „Deutschen Zeitschrift f¨ur Nervenheilkunde“ hervor. Wegen seiner j¨udischen Herkunft 1933 vor¨ubergehend in Haft, emigrierte er zun¨achst nach Amsterdam und ließ sich 1934 in den USA nieder. 1936-40 war G. u. a. als Prof. an der Columbia University t¨atig, 1940-45 an der Tufts University School of Medicine. 1945 machte er sich mit einer privaten, neuropsychiatrischen Praxis selbst¨andig, die er zwanzig Jahre lang f¨uhrte. In seinen zahlreichen Ver¨offentlichungen besch¨aftigte sich G. vorwiegend mit Hirnverletzungen und der Anatomie des ¨ Nervensystems (u. a. Uber Wesens¨anderung des Menschen durch Hirnsch¨adigung, 1928; Der Aufbau des Organismus. Einf¨uhrung in die Biologie unter Ber¨ucksichtigung der Erfahrung am kranken Menschen, 1934). Seine Autobiographie erschien 1967 unter dem Titel A History of Psychology in Autobiography. C Altpreuß Biogr, Bd 4

Goldstein, Ludwig, Schriftsteller, Redakteur, * 10. 11. 1867 K¨onigsberg (Preußen), † 1943 K¨onigsberg (?). Der Kaufmannssohn studierte in K¨onigsberg Literatur- und ¨ Kunstgeschichte, Germanistik, Philosophie, Asthetik und Indologie und wurde 1897 zum Dr. phil. promoviert. Er war 30 Jahre lang Feuilletonredakteur der „Hartungschen Zeitung“ in K¨onigsberg und literarischer Leiter beim Ostpreußischen Rundfunk. 1901 gr¨undete er mit dem Goethebund den gr¨oßten literarischen Verein in K¨onigsberg. G. ¨ besch¨aftigte sich mit Asthetik, Literaturgeschichte sowie mit der Heimatkunde Ostpreußens und K¨onigsbergs. Er ver¨of¨ fentlichte u. a. Moses Mendelssohn und die Asthetik (1904) und Der Wiederaufbau Ostpreußens 1914-1919 (1919). C Lex dt-j¨ud Autoren

Goldstein, Moritz, Pseud. Egon Distl, Michael Osten, Inquit, Schriftsteller, Redakteur, * 27. 3. 1880 Berlin, † 3. 9. 1977 New York. Der aus einer j¨udischen Kaufmannsfamilie stammende G. schloß das Studium der Philologie, Philosophie und Kunstgeschichte in Berlin 1906 mit der Promotion ab. 1907-14 gab er die „Goldene Klassiker Bibliothek“ heraus, nahm am Ersten Weltkrieg teil und war danach bis 1933 Feuilletonredakteur der „Vossischen Zeitung“ in Berlin. Seit 1928 arbeitete er auch unter dem Pseudonym Inquit als Gerichtsreporter. Als Verfechter eines national-j¨udischen Kulturbewußtseins deutscher Sprache regte er eine heftige literarische Diskussion an. 1933 entlassen, emigrierte G. nach Italien, wo er in einem Internat f¨ur deutsche Sch¨uler bei Florenz wirkte. 1936 er¨offnete er zusammen mit seiner Frau eine Pension

bei Viareggio, die er bis 1938 betrieb. Nach der Internierung 1939 aus Italien ausgewiesen, ging G. zun¨achst nach Frankreich, dann nach Großbritannien, wo er seit 1941 erneut eine Pension betrieb. 1947 u¨ bersiedelte er zu seinem Sohn nach Washington, 1951 nach New York und war fortan als freier Journalist t¨atig, u. a. f¨ur „Die Neue Zeitung“ in M¨unchen. G. schrieb Kurzgeschichten, Theaterst¨ucke, Essays, Dramen und philosophische Abhandlungen (u. a. Der Wert des Zwecklosen, 1920). Seine Memoiren erschienen 1977 unter dem Titel Berliner Jahre. Erinnerungen 1880-1933. C Lex dt-j¨ud Autoren

Goldstein, Sigismund, Unternehmer, * 1842, † 1913. G. errichtete 1882 in Beuthen das damals gr¨oßte S¨agewerk in Deutschland. Aus der Firma S. Goldstein entwickelte sich die Oberschlesische Holzindustrie A.G. 1900 gr¨undete G. die Kielcer A.G. f¨ur Bergbau-, Eisen- & Holzindustrie in Rußland. Seine anderen Betriebe wurden in der Oberschlesischen Holzindustrie A.G. zusammengefaßt, die neben dem Hauptbetrieb in Beuthen Niederlassungen in anderen Tei¨ len Oberschlesiens, in Osterreich und Rum¨anien, sp¨ater in Polen, der Tschechoslowakei und in den Niederlanden unterhielt. Sein Bruder David → G. folgte G. als Generaldirektor der Firma. G.s Sohn, Hermann G., war als letztes Mitglied der Familie in der Leitung t¨atig. Er mußte nach 1933 emigrieren und starb 1969 in England. Goldstucker, ¨ Theodor (Levy), Indologe, * 18. 1. 1821 K¨onigsberg, † 6. 3. 1872 London. G., Sohn eines Kaufmanns, schloß seine Sanskritstudien in K¨onigsberg, Bonn und Paris 1840 mit der Promotion ab. Eine Habilitation wurde ihm wegen seiner j¨udischen Herkunft verweigert. Er setzte seine Studien in Paris fort, kehrte 1845 nach Berlin zur¨uck und ging 1850 nach London, wo er 1852-72 eine Sanskrit-Professur am University College innehatte. Zusammen mit dem Indologen Horace Hayman Wilson arbeitete er an der Neuausgabe eines Sanskrit-W¨orterbuchs und begr¨undete 1866 die „Sanskrit Text Society“. Wegen seiner guten Kenntnisse des indischen Rechts wurde G. mehrmals von der indischen Regierung um Rat gebeten und nahm so Einfluß auf die englisch-indische Rechtsprechung. Er kopierte zahlreiche Sanskrit-Handschriften, die er in Fachzeitschriften publizierte. Sein Hauptwerk ist Pˆanini, his place in Sanskrit literature (1861, Neudr. 1965). C Altpreuß Biogr, Bd 5 Goldziher, Ignaz (Isaak Jehudah), Orientalist, * 22. 6. 1850 Stuhlweißenburg (Ungarn), † 13. 11. 1921 Budapest. Der Kaufmannssohn studierte orientalische Sprachen an den Universit¨aten Budapest, Berlin, Leipzig und Leiden, wurde 1870 in Leipzig promoviert und habilitierte sich 1872. Er ¨ bereiste 1873 / 74 Syrien, Pal¨astina und Agypten, wo er bei Religions- und Rechtsgelehrten weitere Studien betrieb und zahlreiche Handschriften f¨ur die Ungarische Akademie der Wissenschaften erwarb. 1876 wurde G. Sekret¨ar der Pester j¨udischen Kultusgemeinde, 1900 Lektor f¨ur Religionsphilosophie am Rabbinerseminar von Budapest. Seit 1894 war er a. o., seit 1905 o. Prof. in Budapest. G., der als bahnbrechender Erforscher der Religionsgeschichte des Islam gilt, vero¨ ffentlichte u. a. Die Zˆahiriten (1884), Muhammedanische Studien (2 Tle., 1888-90) und Die Richtungen der islamischen Koranauslegung (1920). C Lex dt-j¨ud Autoren

Golf, (Richard) Arthur, Agronom, * 21. 7. 1877 Beyersdorf bei Bitterfeld, † 18. 2. 1941 Leipzig. Der Sohn eines Rittergutsbesitzers machte eine landwirtschaftliche Lehre, bevor er an den Universit¨aten Breslau, Halle und Bonn Landwirtschaft studierte. 1903 promoviert (Untersuchungen u¨ ber die nat¨urlichen Grundlagen der nordamerikanischen Bew¨asserungswirtschaft), ha-

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Golitschek bilitierte er sich 1907 mit der Arbeit Die Technik der k¨unstlichen Bew¨asserung in Nordamerika und unternahm Studienreisen nach Deutsch-S¨udwestafrika, S¨ud- und Ostafrika, Zentralasien und Skandinavien. 1912 wurde G. a. o. Prof. der kolonialen und ausl¨andischen Landwirtschaft, 1922 o. Prof. und Direktor des Instituts f¨ur Tierzucht der Univ. Leipzig, deren Rektor er 1933-35 und 1936 / 37 war. G. geh¨orte seit 1932 der NSDAP an. 1937 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Weitere Reisen f¨uhrten ihn nach Osteuropa und in das Baltikum. 1928 brachte G. aus Zentralasien Vollblutkarakuls nach Deutschland und f¨uhrte die Karakulzucht in S¨udwestafrika ein. Er ver¨offentlichte u. a. Ackerbau in Deutsch-S¨udwestafrika (1911), Die Kartoffelbestellung (1916) und Die Karakulzucht in ihrem Heimatlande Turkestan (1933). C NDB

Golitschek, Hubertus von, Jurist, Politiker, * 22. 10. 1910 Prauss (Schlesien), † 17. 1. 1969 Luxemburg. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Breslau und Prag (Promotion 1935) trat G. in den tschechischen Finanzdienst ein und arbeitete seit 1937 in der Stahlindustrie. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zur Wehrmacht eingezogen, wurde er 1945 in Prag zun¨achst interniert, dann ausgewiesen. G. ging nach Heidelberg, war als Wirtschaftsberater t¨atig und geh¨orte seit 1948 dem Stadtrat an. Er war Mitorganisator der Badischen Heimatvertriebenen-Organisation, Mitglied des Lastenausgleichsausschusses der Heimatvertriebenen-Verb¨ande und badischer Delegierter zum Zentralverband der Vertriebenen Deutschen. Seit 1949 arbeitete er als Fl¨uchtlingsvertreter in Aussch¨ussen des Landtags von W¨urttemberg-Baden mit. 1949 wurde er f¨ur die FDP in den ersten Deutschen Bundestag gew¨ahlt, wo er bei den Verhandlungen zum Lastenausgleichsgesetz hervortrat; 1956 r¨uckte er in den zweiten Deutschen Bundestag nach, dem er bis zum Ende der zweiten Wahlperiode angeh¨orte. C MdB Golius, Jacob, Orientalist, Mathematiker, * 1596 Haag, † 1667. Nach dem Studium der Medizin, Theologie und Mathematik an der Univ. Leiden war G. Griechischlehrer in Frankreich. 1622 machte er seine erste Reise nach Marokko, wo er seine Arabischkenntnisse vervollkommnete. Seit 1624 war er Prof. der orientalischen Sprachen an der Univ. Leiden, im folgenden Jahr erm¨oglichte ihm eine Orientreise weitere Studien der arabischen und syrischen Sprache. G. kehrte mit zahlreichen orientalischen Handschriften nach Leiden zur¨uck, wo er 1629 auch eine Professur f¨ur Mathematik u¨ bernahm. G. eignete sich ferner Kenntnisse des Persischen und Chinesischen an und u¨ bersetzte verschiedene christliche Schriften ins Neugriechische und Arabische. Zu seinen Werken z¨ahlen Proverbia, hoc est proverbia quaedam Alis et Carmen Tograi dissertatio quaedam Aben Sinae (1629), Ahmedis Arabsiadae, vitae et rerum gestarum Timuri, qui vulgo Tamerlanes dicitur, historia (1635), Lexicon Arabico-Latinum (1653) und Elementa astronomica (1669). C ADB Goll, Claire, geb. Clarisse Liliane Aischmann, verh. Studer, Schriftstellerin, * 29. 10. 1891 N¨urnberg, † 30. 5. 1977 Paris. Die Tochter eines Hopfenh¨andlers verlebte unter einer strengen Mutter eine ungl¨uckliche Jugend in M¨unchen, bevor sie 1911 den sp¨ateren Verleger Heinrich → Studer heiratete. Nach der Scheidung 1916 ging sie nach Berlin und 1917 in die Schweiz, wo sie sich in der Friedens- und Frauenbewegung engagierte. Daneben schrieb sie u. a. f¨ur die Periodika „Demain“, „Westermanns Monatshefte“ und „Freie Zeitung“ (Bern). 1918 / 19 hatte sie eine Liaison mit Rainer Maria → Rilke, verkehrte mit den Dadaisten in Z¨urich und ging 1919 mit Yvan → G. nach Paris, den sie zwei Jahre sp¨ater

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heiratete. Das Ehepaar z¨ahlte zum Kreis um die kommunistische Zeitschrift „Action“, seine Wohnung in Paris wurde zu einem Treffpunkt der Surrealisten. 1939 emigrierte G. mit ihrem Mann nach New York, wo sie als Journalistin und Werbetexterin arbeitete, kehrte 1947 nach Paris zur¨uck und trat nach dem Tod Yvan G.s, mit dem zusammen sie auch Liebesgedichte geschrieben hatte (Po`emes d’amour, 1925; Po`emes de la jalousie, 1926), vor allem als Heraus¨ geberin und Ubersetzerin seiner Werke hervor. Der von G. 1960 / 61 gegen Paul → Celan erhobene Vorwurf, er habe die Gedichte aus Mohn und Ged¨achtnis (1952) mit Hilfe des Bandes Traumkraut Yvan G.s geschrieben bzw. in Kenntnis von dessen Gedichten aus Chansons malaises (1934), El´egie d’Ihp´etonga (1947) und Les G´eorgiques Parisiennes, f¨uhrte zu einem Skandal, ist jedoch gegenstandslos. G. verfaßte ihre Texte zun¨achst meist in franz¨osischer Sprache und u¨ bersetzte sie anschließend ins Deutsche. 1971 erschienen ihre Erinnerungen unter dem Titel Traumt¨anzerin. Jahre der Jugend, 1976 das autobiographische Werk La poursuite du vent (dt. Ich verzeihe keinem. Eine literarische Chronique scandaleuse unserer Zeit, 1978). C Spalek 3,3

Goll, Ernst, o¨ sterr. Lyriker, * 14. 3. 1887 Windischgr¨atz (Untersteiermark, heute Slovenj Gradec), † 13. 7. 1912 Graz. Der Gastwirtssohn zeigte schon fr¨uh dichterische Begabung und studierte seit 1905 in Graz Germanistik. Er verkehrte dort u. a. mit Joseph → Marx, Franz Silberbauer, Julius Franz → Sch¨utz und Bruno → Ertler. Seine Verskunst zeugt von hoher Musikalit¨at. In tiefster Depression setzte G. seinem Leben ein Ende. Seine nachgelassenen Gedichte wurden 1912 von Julius Franz Sch¨utz unter dem Titel Im bitteren Menschenland (Neuausg. 1947) herausgegeben. C Killy Goll, Friedrich, schweizer. Pharmakologe, Neurohistologe, * 1. 3. 1829 Zofingen (Kt. Aargau), † 12. 11. 1903 Z¨urich. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte Medizin in Z¨urich und ¨ W¨urzburg (Promotion 1853, Uber den Einfluss des Blutdruckes auf die Harnabsonderung) und arbeitete anschließend zwei Jahre bei einem Physiologen und R¨uckenmarkspezialisten in Paris. 1855 ließ er sich als praktischer Arzt in Z¨urich nieder, habilitierte sich im selben Jahr und war seit 1862 Privatdozent, 1885-1901 a. o. Prof. der Arzneimittellehre. 1863-69 Leiter der Medizinischen Poliklinik, erwarb er sich 1867 bei der Bek¨ampfung der Cholera in Z¨urich große Verdienste. Bekannt wurde G. als Entdecker der nach ihm benannten R¨uckenmarksstr¨ange („Gollsche Str¨ange“). Er ver¨offentlichte u. a. Beitr¨age zur feineren Anatomie des menschlichen R¨uckenmarks (1860). C NDB Goll, Friedrich, Orgelbauer, * 28. 9. 1839 Bissingen (W¨urttemberg), † M¨arz 1911 Luzern. Von seinem Bruder Christoph Ludwig in Kirchheim zum Orgelbauer ausgebildet, arbeitete G. bei Forell in Freiburg / Breisgau und bei Friedrich → Haas in Luzern. Nach Weiterbildung in Paris (1866-68) und kurzem Aufenthalt in London u¨ bernahm er 1868 die Leitung der Orgelbaufirma von Haas. Er vergr¨oßerte das Unternehmen auf etwa 70 Angestellte (um 1910), f¨uhrte industrielle Herstellungsprozesse ein und stellte 1895 die Fertigung von mechanischen Kegelladen auf r¨ohrenpneumatische Systeme nach eigenem Patent um. Aus der Werkstatt gingen einige hundert Orgeln f¨ur inund ausl¨andische Auftraggeber hervor. Nach G.s Tod f¨uhrten seine S¨ohne den Betrieb fort. Goll, Jaroslav, Historiker, Dichter, * 11. 7. 1846 Chlumetz (B¨ohmen), † 8. 7. 1929 Prag. Der Arztsohn studierte Geschichte, Philosophie, Geographie, Rechts- und Staatswissenschaften an der Univ. Prag, wurde 1870 zum Dr. phil. promoviert und war u. a. Sekret¨ar des amerikanischen Botschafters in Berlin. Studienreisen f¨uhrten

Gollmik ihn nach Großbritannien und in die Niederlande, 1874-80 lehrte er an der Handelsakademie in Prag. 1875-1910 an der Karls-Universit¨at, zun¨achst als Privatdozent, sp¨ater als a. o. Prof., seit 1885 als o. Prof. f¨ur Mittlere und Neuere Geschichte. Der Begr¨under der „Gollschen Schule“ wurde durch seine streng an den Quellen orientierten Untersuchungen zur b¨ohmischen Geschichte bekannt und trug wesentlich dazu bei, die K¨oniginhofer Handschrift als F¨alschung zu entlarven. G. trat auch als Lyriker hervor und u¨ bertrug zahlreiche Gedichte polnischer, italienischer, deutscher und franz¨osischer Dichter (u. a. Baudelaire) ins Tschechische. Seit 1895 redigierte er die von ihm mitbegr¨undete „Tschechische Historische Zeitschrift“. 1909 wurde G. Mitglied des ¨ Osterr. Herrenhauses. C Leb b¨ohm L¨ander, Bd 1

Goll, Yvan, auch Iwan, Ivan G., eigentl. Isaac Lang, Pseud. Iwan Lassang, Tristan Torsi, Tristan Thor, Schriftsteller, * 29. 3. 1891 St. Di´e (Elsaß), † 27. 2. 1950 Paris. Der Sohn eines els¨assischen Fabrikanten schloß das Jurastudium, das er in Straßburg, Freiburg / Breisgau und M¨unchen betrieben hatte, wahrscheinlich mit der Promotion ab und u¨ bersiedelte als u¨ berzeugter Pazifist bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs in die neutrale Schweiz. Dort setzte er seine Studien fort (Promotion zum Dr. phil. 1918), schloß sich der pazifistischen Bewegung um Romain Rolland an und befreundete sich u. a. mit James Joyce und Stefan → Zweig, nahm an Tagungen der Eranos-Gruppe in Ascona teil und verkehrte in Dadaisten-Kreisen. 1917 lernte er seine sp¨atere Frau Claire → G. kennen, mit der er 1919 nach Paris ging. Zum dortigen Freundeskreis geh¨orten u. a. Picasso, Chagall, Andr´e ´ Breton und Paul Eluard. In Paris wandte sich G. sowohl vom Expressionismus als auch von der deutschen Sprache ab und schrieb seine surrealistisch-absurden Gedichte, Romane und Dramen fortan vorwiegend in franz¨osischer Sprache. Nach 1925 entstanden zusammen mit Claire G. zahlreiche Liebesgedichte, darunter Po`emes d’amour (1925) und Po`emes de jalousie (1926). 1936-39 erschien die dreiteilige Ballade La chanson de Jean sans terre. 1939 emigrierte er mit seiner Frau nach New York, verfaßte Radiomanuskripte f¨ur Sendungen im besetzten Frankreich, gab die Zeitschrift „H´emisph`eres“ (1943-46) heraus und arbeitete f¨ur verschiedene Zeitungen. 1947 kehrte er nach Frankreich zur¨uck. G. gilt als wichtiger Vorl¨aufer des absurden Theaters (Methusalem oder Der ewige B¨urger, 1922). Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen ferner Chansons Malaises, 1934, dt. Malaische Liebeslieder, 1952; Les cercles magiques (1951, dt. Die magischen Kreise, 1960). C Killy Goller, Bruno, Maler, * 5. 1. 1901 Gummersbach, † 29. 1. 1998 D¨usseldorf. K¨unstlerisch gr¨oßtenteils Autodidakt, bereiste G., Sohn einer Hutmacherin, 1924 Italien, wo er u. a. die Malerei der italienischen Fr¨uhrenaissance, aber auch der Futuristen kennenlernte. 1927 schloß er sich dem Kreis um die Galeristin Johanna → Ey an, wurde Mitglied des „Jungen Rheinland“ und war 1928 Mitgr¨under der Rheinischen Sezession. 1949-65 lehrte er an der D¨usseldorfer Akademie. Vor allem von Giorgio Morandi und der „pittura metafisica“ beeinflußt, schuf G. zumeist Stilleben in anfangs erdig-tonigen, sp¨ater auch helleren Farben, in denen sich oft gegenst¨andliche Motive aus dem Alltagsleben wie Tassen, Vasen, H¨ute, Krawatten und Uhren, aber auch K¨orper und K¨orperteile in fl¨achiger Darstellung mit geometrischen oder vegetativ-organischen Strukturen verbinden (u. a. Das Große Ohr, 1956). C Dict Art

Goller, Vinzenz, Pseud. Hans von Berchthal, o¨ sterr. Musiker, Komponist, * 9. 3. 1873 St. Andr¨a bei Brixen (S¨udtirol), † 11. 9. 1953 Klosterneuburg (Nieder¨osterreich). Durch seinen Vater, einen Volksschullehrer und Organisten, erhielt G. ersten Musikunterricht, bevor er S¨angerknabe im

Chorherrnstift Neustift bei Brixen wurde. Seit 1888 besuchte er das Lehrerseminar in Innsbruck, war seit 1892 Lehrer im Pustertal und wurde 1898 zu Studien bei Franz Xaver → Haberl und Michael → Haller an der Kirchenmusikschule in Regensburg beurlaubt. Seit 1903 Chordirigent in Deggendorf, betrieb G. weitere Studien bei Rudolf Dittrich (Orgel) und Richard → Heuberger (Komposition) und wechselte 1910 nach Klosterneuburg an die Kirchenmusikalische Abteilung der Wiener Akademie der Tonkunst, deren Leiter er bis 1933 blieb. 1913 gr¨undete er den Kirchenmusikverein „Schola Austriaca“ und war Mitbegr¨under der o¨ sterr. Musikzeitschrift „Musica divina“. Seit 1933 Hofrat, wurde er anl¨aßlich seines 80. Geburtstags als erster Kirchenmusiker Ehrenmitglied der Wiener Akademie der Tonkunst. G. komponierte Messen (u. a. Missae cum populo activo), Requiems, Prozessionsges¨ange, Chorlieder und weltliche Lieder. Er hatte großen Einfluß auf die Entwicklung der neueren ¨ Kirchenmusik in Osterreich, u. a. als Initiator der volksliturgischen Bewegung mit Schwerpunkt kirchlicher Volksgesang. C MGG

Golling, Alexander, Schauspieler, * 2. 8. 1905 M¨unchen, † 26. 2. 1989 Tegernsee. Schon als F¨unfzehnj¨ahriger machte G. seine ersten B¨uhnenerfahrungen bei einer Laientruppe, nahm seit 1923 in M¨unchen Schauspielunterricht und war seit 1924 an verschiedenen deutschen Theatern engagiert, u. a. in Erfurt, Heidelberg und Berlin. G. wurde bald als Charakterdarsteller und Interpret von Ludwig-Thoma-Figuren sowie durch Filme bekannt (u. a. Der Tiger von Eschnapur, 1937; Das indische Grabmal, 1937). 1938 zum Staatsschauspieler ernannt, leitete er bis 1945 das Bayerische Staatsschauspiel in M¨unchen. Nach 1945 wurde G. zun¨achst mit Spielverbot belegt und in einem amerikanischen Gefangenenlager interniert. Er war bis 1982 auf der B¨uhne und in Fernsehserien (u. a. „Der Kommissar“, „Der Alte“) zu sehen. C Munzinger Gollmick, Friedrich Karl, S¨anger, * 27. 9. 1774 Berlin, † 2. 7. 1852 Frankfurt / Main. Der Sohn eines Milit¨armusikers wurde auf Kosten des Grafen von Schwerin durch Vincenzo Righini ausgebildet, deb¨utierte 1792 als S¨anger am Hoftheater in Dessau und war bis 1822 als lyrischer Tenor auf zahlreichen deutschen und o¨ sterr. B¨uhnen vor allem als → Mozart-Interpret zu h¨oren. G. war auch als Opernregisseur t¨atig und verlor als Theaterdirektor in Colmar 1819 sein ganzes Verm¨ogen. Nach dem Abschied von der B¨uhne wirkte er als Korrepetitor und Gesangslehrer, zuletzt in Frankfurt / Main. Er schrieb Opernlibretti und B¨uhnenst¨ucke. G. war der Vater von Karl → G. Gollmick, (Johann) Karl (Friedrich), Musiker, Musikschriftsteller, Komponist, * 19. 3. 1796 Dessau, † 3. 10. 1866 Frankfurt / Main. Der Sohn Friedrich Karl → G.s studierte seit 1815 in Straßburg Theologie, wurde aber als Beteiligter an Studentenkrawallen 1817 relegiert und ging nach Frankfurt / Main. Er arbeitete als Franz¨osischlehrer und war seit 1818 am dortigen Stadttheater t¨atig, zun¨achst als Paukist im Orchester, sp¨ater als Korrepetitor. G. komponierte, u¨ bertrug zahlreiche Opern aus dem Englischen, Franz¨osischen und Italienischen und bearbeitete sie neu. G. trat außerdem als Librettist, als Verfasser von Lehrb¨uchern, musiktheoretischen Aufs¨atzen und Lustspielen hervor. Seine Autobiographie (3 Bde.) erschien 1866. C MGG

Gollmik, Walter, Parteifunktion¨ar, * 4. 10. 1900 Berlin, † 15. 2. 1945 Hamburg. Der Sohn eines Maurers machte eine kaufm¨annische Lehre, trat 1920 in die KPD ein und wurde im folgenden Jahr Stadtverordneter in Berlin. Nach einer T¨atigkeit als Redakteur in

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Gollner Suhl (Th¨uringen) u¨ bernahm er verschiedene Funktionen im Zentralkomitee seiner Partei. 1933 wurde G. nach Paris geschickt, wo er als Funktion¨ar der Exil-KPD t¨atig war. 1936 u¨ bersiedelte er unter dem Decknamen Oskar Louis nach D¨anemark und war seit 1937 Herausgeber der „Deutschlandbriefe“. Nach der Besetzung D¨anemarks durch deutsche Truppen 1940 stellte sich G. der d¨anischen Polizei, die ihn internierte und 1941 an Deutschland auslieferte. 1942 zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, wurde er 1944 entlassen und starb 1945 unter nicht bekannten Umst¨anden. C BHdE, Bd 1

Gollner, Hermann, Emailmaler, * 25. 7. 1830 Kranichfeld (Th¨uringen), † 19. 4. 1906 Hanau. G. machte eine Lehre als Porzellanmaler, bevor er 1850 an der Dresdner Akademie Sch¨uler von Ludwig → Richter wurde. 1852 folgte er Georg → Cornicelius nach Hanau und verlegte sich vorwiegend auf die Genremalerei. Um 1865 wandte sich G. der Emailmalerei zu. Daneben kopierte er Gem¨alde alter Meister auf gr¨oßere Goldplatten und schuf f¨ur mehrere Adelsh¨auser u. a. Kinderportr¨ats in Email. 1879 / 80 unterrichtete G. an der Hanauer Zeichenakademie Emailmalerei. C Th-B

Gollnick, Erich Walter Alfred, evang. Theologe, * 2. 1. 1902 Gursen (Westpreußen), † 14. 4. 1944 Nizniow / Dnjestr. G. studierte in Greifswald, T¨ubingen, Wien und K¨onigsberg Theologie, war seit 1926 Hilfsprediger und wurde 1927 Pfarrer in Ostpreußen, 1931 in L¨owenhagen bei K¨onigsberg. 1933 trat er dem Bruderrat der Ostpreußischen Bekenntnissynode bei. Er hielt Vortr¨age gegen das „Neuheidentum“ der Nationalsozialisten und beteiligte sich an der Theologenausbildung der Bekennenden Kirche in Ostpreußen, wof¨ur er mehrfach gemaßregelt wurde. G. fiel 1944 an der Ostfront. C Leb bekenn Kirche Gollob, Hedwig (Maria), o¨ sterr. Bibliothekarin, Kunsthistorikerin, Architektin, * 13. 1. 1895 Olm¨utz, † 13. 6. 1983 Wien. G. studierte an der Univ. Wien Kunstgeschichte, Geschichte und Arch¨aologie, wurde 1920 promoviert und war 1920-42 Bibliothekarin an der TH Wien. Studienreisen f¨uhrten sie nach Nordafrika, in den Vorderen Orient und die USA. 1934 begann sie an der Wiener TH ein Architekturstudium, das sie 1939 als Dipl.-Ing. abschloß. 1942 wurde G. aus politischen Gr¨unden versetzt, 1944 zwangspensioniert. Nach 1945 studierte sie an der Hochschule f¨ur angewandte Kunst Malerei und B¨uhneninszenierung und arbeitete seit 1948 als Staatsbibliothekarin an der Wiener Universit¨atsbibliothek. G. ver¨offentlichte u. a. Der Wiener Holzschnitt 1490-1550 (1926) und Die Entwicklungsgeschichte der modernen Kunst (1933). C Czeike

Gollub, Hermann, Historiker, * 20. 9. 1888 Zeysen bei Lyck, † 14. 10. 1947 Greifswald. Der Sohn eines Eisenbahningenieurs wuchs in Berlin auf, studierte dort 1908-14 und wurde bei Otto → Hintze promoviert (Der Große Kurf¨urst und Polen von 1660 und 1668, 1914). Nach der R¨uckkehr aus russischer Kriegsgefangenschaft 1918 trat G. in die preuß. Archivverwaltung ein und ging 1921 als Archivrat nach K¨onigsberg; 1930 nach Auseinandersetzungen mit Max → Hein nach Breslau versetzt, wurde er 1939 Leiter des Staatsarchivs Posen und kam 1941 nach Stettin. G. besch¨aftigte sich vor allem mit der Geschichte Masurens und ver¨offentlichte eine Geschichte der Stadt Ortelsburg (1926, Nachdr. 1993), gab den Sammelband Masuren (1934) heraus und bearbeitete das Stammbuch der ostpreußischen Salzburger (1934). C Altpreuß Biogr, Bd 3

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Gollwitzer, Heinz, Historiker, * 30. 1. 1917 N¨urnberg, † 26. 12. 1999 M¨unchen. G., Sohn eines Lehrers, begann 1938 eine Ausbildung zum Gymnasiallehrer in M¨unchen. 1939 zum Milit¨ar eingezogen, wurde er schwer verwundet, studierte seit 1941 an der Univ. M¨unchen Geschichte und Germanistik und wurde 1944 mit der (ungedruckten und im Krieg verschollenen) Arbeit Karl August von Abel und seine Politik 1837-1847 bei Karl Alexander von → M¨uller promoviert. 1947 erhielt G. eine Stelle als Mitarbeiter bei der Edition der Reichstagsakten, habilitierte sich 1950 in M¨unchen mit der Studie Europabild und Europagedanke. Beitr¨age zur deutschen Geistesgeschichte des 18. und 19. Jahrhunderts (ver¨offentlicht 1951, 21964), wurde apl. Prof. und nahm 1957 den Ruf auf eine Professur f¨ur Neuere und Neueste Geschichte an der Univ. M¨unster an. G.s Forschungen reichten von der Landesgeschichte, u¨ ber die deutsche und europ¨aische Geschichte bis hin zur Universalgeschichte. Er ver¨offentlichte u. a. Die Standesherren, (1957, 21964), Die gelbe Gefahr. Geschichte eines Schlagworts (1962), Geschichte des weltpolitischen Denkens (2 Bde., 1972-82), Ludwig I. von Bayern. K¨onigtum im Vorm¨arz. Eine politische Biographie (1986) und Ein Staatsmann des Vorm¨arz. Karl von Abel. 1788-1859 (1993). G. war der Rheinisch-Westf¨alischen Akademie der Wissenschaften und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften sowie langj¨ahriges Mitglied der Kommission f¨ur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien und der Historischen Kommission f¨ur Westfalen. Er gab die „Neuen M¨unsterschen Beitr¨age zur Geschichtsforschung“ heraus und geh¨orte zu den Mitherausgebern der „M¨unsterschen For¨ schungen“ und der „Beitr¨age zur Kolonial- und Uberseegeschichte“. C Jb NRWAW 2000

Gollwitzer, Helmut (Hans), evang. Theologe, * 29. 12. 1908 Pappenheim, † 17. 10. 1993 Berlin. Der Pfarrerssohn studierte seit 1930 Theologie in M¨unchen, Erlangen, Jena und Bonn, war seit 1932 Vikar in M¨unchen, seit 1935 Referent der Bekennenden Kirche in Preußen und Th¨uringen und wurde 1937 von Karl → Barth in Basel promoviert. Seit 1938 Nachfolger Martin → Niem¨ollers an der Kirche in Berlin-Dahlem, wandte sich G. o¨ ffentlich gegen die Judenverfolgung und die nationalsozialistische Verf¨alschung des Christentums und wurde deshalb mehrfach verhaftet, 1940 mit Redeverbot belegt. Im Zweiten Weltkrieg leistete er bis Kriegsende an der Ostfront Sanit¨atsdienste und war 1945-49 in sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Seit 1950 war er o. Prof. der systematischen Theologie an der Univ. Bonn, 1957-75 an der Freien Univ. Berlin. G. bem¨uhte sich um den christlich-j¨udischen Dialog (Israel – und wir, 1958), befaßte sich mit Problemen politischer Theologie (Christentum / Marxismus), engagierte sich in der Friedensund Studentenbewegung und trat als Gegner der atomaren Aufr¨ustung (Die Christen und die Atomwaffen, 1957) und des Vietnamkriegs hervor. Zu seinen Werken z¨ahlen ferner Die marxistische Religionskritik und der christliche Glaube (1962), Krummes Holz, aufrechter Gang (1970) und Befreiung zur Solidarit¨at (1978). Sein Bericht u¨ ber die Kriegsgefangenschaft erschien unter dem Titel . . . und f¨uhren, wohin du nicht willst (1951, 91954). C Munzinger

Gollwitzer-Meier, Klothilde, Pathologin, Balneologin, * 29. 10. 1894 Wolnzach, † 2. 3. 1954 Hamburg. G.-M. studierte Medizin in M¨unchen, wurde 1920 promoviert (Die Bestimmung der Blutreaktion aus der Kohlens¨aurebindungs-Kurve), war in Halle und Greifswald t¨atig und habilitierte sich 1924 (Untersuchungen u¨ ber zentrale Atemreize). 1927 wurde sie Ober¨arztin in Frankfurt / Main, 1928 a. o. Prof., ging 1929 als Chef¨arztin nach Berlin und war seit 1932 a. o. Prof. der Pharmakologie und Pathologischen Physiologie an der Univ. Hamburg. G.-M. u¨ bernahm

Golther 1932 die Leitung des Balneologischen Instituts in Bad Oeynhausen und regte den Neubau des Gollwitzer-Meier-Instituts an, Grundstein und Vorl¨aufer des heutigen Kardiologischen Rehabilitationszentrums. Seit 1945 Direktorin des Hamburger Instituts f¨ur experimentelle Pathologie und Balneologie, hatte sie seit 1947 eine a. o. Professur an der Univ. Hamburg inne. Sie befaßte sich in ihrer wissenschaftlichen Arbeit vorwiegend mit der Physiologie der Atmung und des Kreislaufs und ver¨offentlichte u. a. Die Regulierung der Atmung (1936) und Herz, W¨armehaushalt und Klima (1952). ¨ 2, 3 C Arzte

Golombek, Oskar, kath. Theologe, * 4. 5. 1898 Wieschowa (Oberschlesien), † 28. 4. 1972 K¨oln. G., Sohn eines Gasthofbesitzers, nahm 1916-18 am Ersten Weltkrieg teil, studierte anschließend in Breslau und M¨unchen und wurde 1923 zum Priester geweiht. Seit 1934 wirkte er als Pfarrer von St. Andreas in Hindenburg, seit 1948 als Di¨ozesanseelsorger f¨ur die Heimatvertriebenen in der Erzdi¨ozese K¨oln. 1952 u¨ bernahm er die Leitung der „Katholischen Arbeitsstelle (Nord)“, 1953 den Vorsitz des Schlesischen Priesterwerks. 1964 wurde er „Sprecher der vertriebenen Priester der Erzdi¨ozese Breslau in den Di¨ozesen der Bundesrepublik Deutschland“. G. ver¨offentlichte u. a. Die katholische Kirche und die V¨olkervertreibung (1966) und Dialog mit dem Bensberger Kreis (1968). 1959 wurde er zum P¨apstlichen Hauspr¨alaten und 1964 zum Apostolischen Protonotar ernannt. C Schlesische Kirche Golsong, Heribert, Jurist, * 23. 10. 1927 Oberhausen, † 2. 4. 2000 Br¨ussel. G. studierte Jura in Bonn, K¨oln, W¨urzburg und am EuropaKolleg Br¨ugge. Nach seiner Promotion zum Dr. jur. wurde er 1954 Beamter im Generalsekretariat des Europarats. Seit 1960 war er Vizekanzler und 1962-68 Kanzler des Europ¨aischen Gerichtshofs f¨ur Menschenrechte. 1968-79 leitete er die Rechtsabteilung des Europarats. 1979-82 war er Vizepr¨asident und Berater der Weltbank. G. beteiligte sich 1988 an der Einrichtung der Investment Guarantee Agency und war seit 1989 Berater bei einer internationalen Rechtsanwaltskanzlei. Juristisch profilierte er sich durch das 1958 erschienene Standardwerk Das Rechtsschutzsystem der europ¨aischen Menschenrechtskonvention. 1986 wirkte G. am internationalen Kommentar zur Europ¨aischen Menschenrechtskonvention mit. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner The European Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms in a German Court (1957), The European Convention on Human Rights before Domestic Courts (1962), Implementation of international protection of human rights (1963) sowie V¨olkerrechtliche Vertragsbestimmungen u¨ ber den innerstaatlichen gerichtlichen Rechtsschutz des Einzelnen gegen¨uber der vollziehenden Gewalt (1971). Goltdammer, Eduard, Mediziner, * 10. 4. 1842 Berlin, † 18. 4. 1891 Berlin. Der Sohn Theodor → G.s studierte in Berlin und Heidelberg Medizin und wurde 1864 promoviert (De placenta praevia). Studienreisen f¨uhrten ihn nach Wien, Paris und nach England. Von 1865 bis zu seinem Tod – unterbrochen durch die Teilnahme als Lazarettarzt am Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 – wirkte er am Berliner Bethanien-Krankenhaus, zuletzt als Leiter der Inneren Station. C ADB

Goltdammer, Theodor, Jurist, Schriftsteller, * 5. 1. 1801 Stettin, † 5. 1. 1872 Berlin. G. studierte in Heidelberg und Berlin die Rechte und wurde 1829 Assessor in Breslau, 1834 Kreisgerichtsdirektor in K¨oslin. 1839 wechselte er als Appellationsgerichtsrat nach Frankfurt / Oder und noch im selben Jahr nach Berlin in das Justizministerium. 1841 zum Kammergerichtsrat ernannt,

wurde er 1852 in das Geheime Obertribunal berufen. G. vero¨ ffentlichte Arbeiten u¨ ber das Strafrecht, ferner Gedichte, Lieder, Novellen und ein Schauspiel (Petrarca und Laura, 1858). Er war der Vater von Eduard → G. C ADB

Goltermann, Georg (Eduard), Musiker, Komponist, * 19. 8. 1824 Hannover, † 29. 12. 1898 Frankfurt / Main. G. erhielt seine erste musikalische Ausbildung bei seinem Vater, einem Organisten und Lehrer, bevor er durch den Hannoveraner Solocellisten August Christian Prell unterrichtet wurde. 1847-49 vervollkommnete er seine Studien in M¨unchen bei Joseph Menter und nahm Kompositionsunterricht bei Ignaz → Lachner. Anschließend ging G. als Cellist auf Konzertreisen und stellte seine Kompositionen einem breiten Publikum vor. 1852 wurde er Musikdirektor in W¨urzburg, im folgenden Jahr Kapellmeister am Stadttheater von Frankfurt / Main. G. komponierte romantische Klavierlieder, Salonmusik, Balladen, T¨anze und einige OrchesterC MGG werke, vorwiegend f¨ur Violoncello.

Goltermann, (Johann August) Julius, Musiker, Musikp¨adagoge, * 15. 7. 1823 Hamburg, † 4. 4. 1876 Stuttgart. G. studierte in Hamburg und Dresden Violoncello, kehrte als erster Violoncellist am Stadttheater in seine Geburtsstadt zur¨uck und spielte bei Opernauff¨uhrungen und in philharmonischen Konzerten. 1850 wurde er Lehrer f¨ur Violoncello am Prager Konservatorium und war 1862-70 erster Violoncellist der Stuttgarter Hofkapelle. G. schrieb Kompositionen f¨ur Violoncello und Transskriptionen von Opernthemen. C MGG

Golther, (Karl) Ludwig von, Staatsmann, * 11. 1. 1823 Ulm, † 17. 9. 1876 Stuttgart. G., Sohn eines Oberjustizsekret¨ars, studierte 1841-44 in T¨ubingen Rechtswissenschaft und Philosophie, wurde 1851 als Regierungsrat nach Stuttgart berufen und war seit 1858 Oberregierungsrat im w¨urttembergischen Innenministerium. 1861 u¨ bernahm er die Leitung des Kirchen- und Schulwesens im Kultusministerium, war f¨ur das „Gesetz u¨ ber das Verh¨altnis von Staat und katholischer Kirche“ verantwortlich und wurde 1864 Kultusminister, 1867 Pr¨asident des Geheimen Rats. Wegen seiner großdeutschen Gesinnung mußte er 1870 das Ministeramt aufgeben und wurde Pr¨asident des evang. Konsistoriums. G. ver¨offentlichte u. a. Der Staat und die katholische Kirche im K¨onigreich W¨urttemberg (2 Bde., C NDB 1874). Er war der Vater von Wolfgang → G.

Golther, Wolfgang, Germanist, Musikforscher, * 25. 5. 1863 Stuttgart, † 14. 12. 1945 Rostock. Der Sohn von Ludwig von → G. studierte seit 1883 in M¨unchen Germanische Philologie, Altromanische Sprachen und Literatur und wurde dort 1886 mit der Dissertation Das Rolandslied des Pfaffen Konrad [. . .] promoviert. Nach der Habilitation (Die Sage von Tristan und Isolde. Studie u¨ ber ihre Entstehung und Entwicklung im Mittelalter) 1888 Privatdozent an der Univ. M¨unchen, wurde er 1895 als o. Prof. f¨ur Deutsche Philologie an die Univ. Rostock berufen, wo er seit 1907 auch Direktor der Universit¨atsbibliothek und 1909 / 10 Rektor der Univ. war. G. besch¨aftigte sich vorwiegend mit Mythologie, Stoffgeschichte, altdeutscher Literaturgeschichte und dem literarischen Werk Richard → Wagners, dessen Gesammelten Schriften und Dichtungen er 1914 in zehn B¨anden herausgab. Er ver¨offentlichte u. a. Deutsche Heldensage (1894, 21909), Handbuch der germanischen Mythologie (1895, Nachdr. 1996), Nordische Literaturgeschichte (Bd. 1: Die isl¨andische und norwegische Literatur des Mittelalters, 1905, 21921), Die deutsche Dichtung im Mittelalter 800-1500 (1912, 21922) und Richard C IGL Wagner. Leben und Lebenswerk (1926).

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Goltstein Goltstein, Johann Ludwig Franz (Anton Joseph Adam) Graf von, Staatsmann, getauft 5. 10. 1719 D¨usseldorf, † 5. 9. 1776 D¨usseldorf. G., Sohn eines Kanzlers und Statthalters von J¨ulich und Berg, wurde nach dem Studium an der Univ. Leiden (1737-39) wie seine Vorfahren kurpf¨alzischischer Beamter. Seit 1740 j¨ulichischen Landkommissar, wurde er 1751 Vizepr¨asident, 1757 Pr¨asident der j¨ulich-bergischen Hofkammer in D¨usseldorf. Seit 1768 Statthalter der Herzogt¨umer J¨ulich und Berg, k¨ummerte er sich um die Verbesserung der Verkehrswege und des Rheinhandels, um Bergbau, Industrie und Bauwesen und um das kulturelle Leben und die Volksaufkl¨arung. 1774 ging G. als Finanzminister nach Mannheim, kehrte aber im folgenden Jahr an den Niederrhein zur¨uck. C NDB Goltwurm, Kaspar, luth. Theologe, * 1524 Sterzing, † 1559 Weilburg. Nach theologischen Studien bei → Luther und → Melanchthon an der Univ. Wittenberg (1539-41) war G. 1542-45 Hauslehrer in Marburg und von 1546 bis an sein Lebensende Superintendent von Nassau-Weilburg. Er ver¨offentlichte u. a. Schemata rhetorica Teutsch (1545), exegetische Schriften zum Alten Testament (Die sch¨one und tr¨ostliche Historia von Joseph, 1551) und eine Sammlung von Mirakelgeschichten (Wunderwerck vnd Wunderzeichen Buch, 1557, 31573), ¨ die seine Uberzeugung, daß das Ende der Welt unmittelbar bevorstehe, dokumentiert. C Killy Goltz, Alexander Demetrius, Maler, * 25. 1. 1857 P¨usp¨okLadany (Ungarn), † 14. 5. 1944 Wien. Seit 1874 Sch¨uler Anselm → Feuerbachs in Wien, stellte er bereits 1876 seine ersten Bilder im K¨unstlerhaus aus. 1880 wurde er Mitglied der K¨unstlergenossenschaft. 1884-90 lebte G. in M¨unchen und trat der Dachauer K¨unstlerkolonie bei. Studienreisen f¨uhrten ihn nach Paris, Belgien, Italien, England, in den Orient und nach Amerika. G. malte den Mozartvorhang des Salzburger Stadttheaters und den Hauptvorhang f¨ur das Hoftheater in Wiesbaden. 1904-07 war er Vorsteher des Ausstattungswesens am Burgtheater, geh¨orte dem Gemeinderat der Stadt Wien an und u¨ bernahm 1925 die Leitung der Genossenschaft der bildenden K¨unstler in Wien. C Munzinger

Goltz, August (Friedrich Ferdinand) Graf von der, Staatsmann, * 20. 7. 1765 Dresden, † 17. 1. 1832 Berlin. G., Sohn eines kurs¨achsischen Obersten und Direktors der Feuer-Soziet¨ats- und Landschaftskasse, studierte an den Universit¨aten Leipzig und Frankfurt / Oder die Rechte, trat 1787 als Legationsrat in den diplomatischen Dienst Preußens ein und kam 1788 nach Warschau, wo er preuß. Gesch¨aftstr¨ager wurde. Seit 1791 war er Gesandter an verschiedenen H¨ofen, seit 1802 in St. Petersburg. 1808 wurde er Minister f¨ur ausw¨artige Angelegenheiten. 1813 kehrte G. nach Berlin zur¨uck, wurde 1814 von Karl August von → Hardenberg abgel¨ost und zum Oberhofmarschall ernannt. 1816-24 war er Gesandter bei der Bundesversammlung in Frankfurt / Main. C NDB Goltz, Bogumil, Schriftsteller, * 20. 3. 1801 Warschau, † 12. 11. 1870 Thorn. G., Sohn eines Stadtgerichtsdirektors, verbrachte seine Kindheit in K¨onigsberg und bei einem Landpfarrer in Tromnau (Westpreußen). Seit 1812 wieder bei den Eltern in Marienwerder, erhielt er seit 1817 eine landwirtschaftliche Ausbildung, studierte 1822 Theologie und Philosophie in Breslau und wurde 1823 Landwirt auf dem Gut Lissewo bei Gollub, das er dann verkaufte. Seit 1847 lebte er als freier Schriftsteller in Thorn und ver¨offentlichte im selben Jahr seinen Erstling Buch der Kindheit (31869), in dem er seine Kindheitserlebnisse darstellte. In den folgenden Jahren reiste G. durch

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¨ Europa und Agypten und verdiente sich mit Vortr¨agen und Reisebeschreibungen seinen Lebensunterhalt. 1852 erschien der erste Band von Ein Jugendleben. Biographisches Idyll aus Westpreußen, dem zwei weitere B¨ande folgten (2., umgearb. Aufl., 4 Bde., 1865). Weitere Werke G.’ sind Ein Kleinst¨adter in Aegypten (1853, 21870), Zur Charakteristik und Natur-Geschichte der Frauen (1859, 31866) und Die Deutschen. Ethnographische Studie (2 Bde., 1860, 2. Aufl. unter dem Titel Zur Geschichte und Charakteristik des deutschen Genius, 2 Bde., 1864). C Killy

Goltz, (Wilhelm Leopold) Colmar Frh. von der, genannt Goltz-Pascha, Pseud. W. von D¨unheim, Milit¨ar, * 12. 8. 1843 Bielkenfeld bei Labiau (Ostpreußen), † 19. 4. 1916 Bagdad (Irak). Im Kadettenkorps ausgebildet, wurde G., Sohn eines Rittergutsbesitzers und preuß. Leutnants, 1864 an die Kriegsakademie nach Berlin gesandt, wo er unter Pseudonym Romane und Novellen schrieb. Er nahm an den Kriegen von 1866 und 1870 / 71 teil und wurde Generalstabsoffizier. Seit 1873 als Milit¨arschriftsteller t¨atig, war er 1878-83 Kriegsgeschichtslehrer an der preuß. Kriegsakademie. 1883-96 reorganisierte G. die t¨urkische Armee – zuletzt im Rang eines t¨urkischen Feldmarschalls –, der er auch 1909-13 mehrmals als Berater diente. Nach Deutschland zur¨uckgekehrt, war G. 1898-1902 mit der Modernisierung der Pioniertruppe und des Festungswesens beauftragt. 1911 wurde er preuß. Generalfeldmarschall, 1914 General-Gouverneur in Belgien, danach Berater des Sultans. 1915 / 16 schloß er mit einer t¨urkischen Armee die Briten bei Kut el-Amara in Mesopotamien ein und verhinderte ein britisch-russisches Zusammenwirken in Persien. G. ver¨offentlichte u. a. Das Volk in Waffen (1883, 61925), Kriegf¨uhrung (1895) und Kriegsgeschichte Deutschlands im 19. Jahrhundert (2 Tle., 1910-14). Er starb an Flecktyphus. C NDB Goltz, Conrad (Clemens Arnold Carl) Frh. von der, Diplomat, * 7. 3. 1857 Kopriewe (Westpreußen), † 22. 4. 1917 Weißer Hirsch bei Dresden. Nach der Ausbildung an der Kadettenschule wurde G., Sohn eines preuß. Offiziers und Rittergutsbesitzers, 1873 Leutnant, schied aus der Armee aus und ging 1884 als Milit¨arinstrukteur nach China. Seit 1887 wieder im Reichsdienst, begann er eine Ausbildung zum Dolmetscher bei der Kaiserlichen Gesandtschaft in Peking und war seit 1890 in seinem Beruf t¨atig. 1900 wurde er Legationsrat und erster Sekret¨ar der deutschen Gesandtschaft in Peking. 1906 ging er als außerordentlicher Gesandter und bevollm¨achtigter Minister nach Kolumbien und war 1910-12 Gesandter in Bangkok. C Altpreuß Biogr, Bd 4 Goltz, Eduard Alexander Frh. von der, evang. Theologe, * 31. 7. 1870 Langenbruck (Kt. Basel-Land), † 7. 2. 1939 Greifswald. G., Sohn von Hermann von der → G., studierte Theologie (1893 Lic. theol.), unternahm 1894-97 Studienreisen durch Europa und war seit 1898 Pfarrer in Deyelsdorf (Pommern). 1902 habilitierte er sich an der Univ. Berlin f¨ur Theologie und wurde 1906 Direktor des Predigerseminars in Wittenberg, 1907 a. o., 1912 o. Prof. der praktischen Theologie an der Univ. Greifswald, 1927 deren Rektor. 1925 zum Konsistorialrat im Evangelischen Konsistorium in Stettin ernannt, war G. 1929-33 im preuß. Kirchensenat t¨atig. Er ver¨offentlichte u. a. Der Dienst der Frau in der christlichen Kirche (1905) und Die Praktische Theologie (1929). C Reichshandbuch Goltz, Friedrich Leopold, Physiologe, * 14. 8. 1834 Posen, † 4. 5. 1902 Straßburg. G., Sohn eines Polizeiinspektors und Neffe von Bogumil von der → G., studierte in K¨onigsberg Naturwissenschaf-

Goltz ten und Medizin (Promotion, De spatii sensu cutis) und war Assistent in der Chirurgischen Klinik, sp¨ater anatomischer Prosektor an der dortigen Universit¨at. 1861 habilitierte er sich und war seit 1865 a. o. Prof. in K¨onigsberg. 1870 wurde er Prof. der Physiologie an der Univ. Halle, 1872 in Straßburg. G. besch¨aftigte sich mit dem Zentralnervensystem, mit der Funktion des Vestibular-Apparates im Innenohr und mit der Großhirnfunktion des Hundes. Er ver¨offentlichte u. a. Beitr¨age zur Lehre von den Functionen der Nervencentren des Frosches (1869) und Gesammelte Abhandlungen u¨ ber die Verrichtungen des Großhirns (1881). C NDB

Goltz, Georg Konrad Frh. von der, Milit¨ar, * 4. 10. 1704 Parsow (Pommern), † 4. 8. 1747 Berlin. Seit 1725 im diplomatischen Dienst, wechselte G. 1729 zum Milit¨ar und wurde 1733 von K¨onig → Friedrich Wilhelm I. als Berichterstatter nach Warschau entsandt. Unter → Friedrich II. nahm er am ersten Schlesischen Krieg teil. G. wurde General-Intendant der Armee und f¨ur diplomatische Dienste herangezogen. Mit Beginn des zweiten Schlesischen Kriegs 1744 zum General bef¨ordert, u¨ bernahm er die Leitung des Verpflegungswesens und war danach im Verwaltungsdienst u. a. f¨ur die Organisation des Steuerwesens und die Planung von Wohnorten zust¨andig. C ADB

Goltz, Heinrich Frh. von der, Milit¨ar, * 10. 12. 1648 Klausdorf (Westpreußen), † 2. 7. 1725 Klausdorf. G., Sohn eines kaiserlichen Rittmeisters, trat 1670 in den kurbrandenburgischen Milit¨ardienst ein. Nach der Teilnahme an den Feldz¨ugen gegen Frankreich und Schweden wurde er 1680 Kapit¨an der Leibgarde, 1691 Oberst, 1702 Generalmajor. 1704 nahm er seinen Abschied, wurde Oberkommandant von Danzig und organisierte die Truppen nach preuß. Vorbild. 1707 ging G. an den Hof des Zaren und wurde Feldmarschall. Seit 1713 lebte er wieder auf seinem Gut in Klausdorf und wurde 1719 zum Direktor der Generalsynode der evang. Dissidenten gew¨ahlt. C Altpreuß Biogr, Bd 1 Goltz, (Alexander Georg Maximilian) Hermann Frh. von der, evang. Theologe, * 17. 3. 1835 D¨usseldorf, † 25. 7. 1906 Berlin. G., Sohn eines preuß. Offiziers und theologisch-philosophischen Schriftstellers und Bruder von Theodor Alexander Georg Ludwig von der → G., studierte seit 1853 Theologie in Erlangen, Berlin, T¨ubingen und Bonn und war 1857-61 Hauslehrer in der Schweiz. 1861 wurde er preuß. Gesandtschaftsprediger in Rom, 1865 a. o., 1870 o. Prof. der Theologie an der Univ. Basel und u¨ bernahm 1872 das Rektorat der Universit¨at. 1873 in Bonn, wurde er 1876 Propst zu St. Petri, Mitglied des Evangelischen Oberkirchenrats und Honorarprofessor an der Theologischen Fakult¨at in Berlin. Von 1891 bis zu seinem Tod war G. geistlicher Vizepr¨asident des Evangelischen Oberkirchenrats. Er befaßte sich mit der Organisation der kirchlichen Versorgung der deutschevangelischen Diaspora im Ausland, wirkte bei der Entstehung des Deutschen Evangelischen Kirchenausschusses mit und beteiligte sich an der Ausarbeitung der preuß. Kirchenverfassung. G. ver¨offentlichte u. a. Die christlichen Grundwahrheiten oder die allgemeinen Prinzipien der christlichen Dogmatik (1873), Kirche und Staat (1907) und Grundlagen der Christlichen Sozial-Ethik (1908). Er war der Vater von Eduard Alexander von der → G. C NDB

Goltz, Joachim Frh. von der, Schriftsteller, * 19. 3. 1892 Westerburg (Rheinland-Pfalz), † 29. 3. 1972 Obersasbach (Baden-W¨urttemberg). G. studierte Jura, Philosophie, National¨okonomie und Geschichte und wurde 1914 in Berlin zum Dr. jur. promoviert. Seit Beginn des Ersten Weltkriegs an der Front, wurde er mit seinen Kriegsgedichten (Deutsche Sonette, 1916) bekannt.

Nach Kriegsende und der Genesung von einer langanhaltenden Krankheit arbeitete G. kurze Zeit als Dramaturg in Baden-Baden, ließ sich in Obersasbach nieder und schrieb u. a. ein Schauspiel um → Friedrich den Großen mit dem Titel Vater und Sohn (1921). Neben weiteren Dramen und Romanen (Der Baum von Cl´ery, 1934) ver¨offentlichte er Lyrik (Mich h¨alt so viel mit Liebesbanden, 1951) und Kinderb¨ucher. C DLL

Goltz, Joachim R¨udiger Frh. von der, Milit¨ar, Diplomat, * 6. 4. 1620 Klausdorf (Westpreußen), † 26. 6. 1688 Dresden. G., dessen Vater als Rittmeister in polnischen Diensten stand, begann seine milit¨arische Laufbahn 1635 in der kaiserlichen Armee. Als Hauptmann ging er nach Frankreich und wurde 1652 Mar´echal de camp. 1656 diente er als Oberst in der brandenburgischen Armee, war Kammerherr und Amtshauptmann in Zossen und wurde im selben Jahr Generalmajor und Chef eines Regiments. 1658 reiste er als Friedensvermittler an den polnischen Hof. 1660-70 war G. Gouverneur von Berlin, erhielt 1671 den Freiherrntitel und trat – inzwischen General – 1677 in die Dienste D¨anemarks und wurde Generalfeldmarschall. 1680 ging G. nach Sachsen und diente als Generalfeldmarschall und Geheimer Kriegsrat in der kurf¨urstlichen Armee. 1683 nahm er an der Verteidigung Wiens teil. C Priesdorff, Bd 1

Goltz, Karl Franz Frh. von der, Milit¨ar, Politiker, * 25. 10. 1740 Heinrichsdorf, † 14. 4. 1818 Berlin. Nach seiner milit¨arischen Ausbildung trat G. 1770 als Generaladjutant in die polnische Armee ein. 1787 wechselte er als Oberst und Intendant im Oberkriegskollegium in preuß. Dienste. 1793 wurde er Generalmajor, 1794 Generalintendant, 1798 Generalleutnant, 1799 Geheimer Staats- und Kriegsminister, Chef des Milit¨ardepartments des Generaldirektoriums und Direktor des Oberkriegskollegiums. C Priesdorff, Bd 2 Goltz, Karl Friedrich Graf von der, Milit¨ar, * 12. 4. 1815 Stuttgart, † 21. 2. 1901 Nizza. G. nahm 1844 / 45 unter Marschall Bugeaud am Feldzug in Algier teil. 1845 wurde er Hofkavalier der Prinzessin Albrecht von Preußen, 1849 Rittmeister und pers¨onlicher Adjutant des Prinzen von Preußen. Seit 1855 Major, stieg er bis 1870 zum Generalleutnant auf. Kaiser → Wilhelm I. ernannte ihn zum diensthabenden Generaladjutanten und 1875 zum General der Kavallerie. Die Stelle des Generaladjutanten behielt er auch unter Kaiser → Friedrich und ließ sich noch im selben Jahr in den Ruhestand versetzen. C Priesdorff, Bd 7 Goltz, Karl Heinrich Friedrich Graf von der, Diplomat, * um 1772, † 13. 10. 1822 Paris. G. nahm am Rheinfeldzug 1792 teil, verließ 1809 die Armee und wandte sich dem diplomatischen Dienst zu. 1810 wurde er außerordentlicher Gesandter, bevollm¨achtigter Minister und Gesch¨aftstr¨ager Preußens am bayerischen Hof. 1813 trat G. als Generalstabsoffizier wieder in die Armee ein, wurde Generalmajor, ging mit Beginn des Pariser Friedens wieder in den diplomatischen Dienst und war bis zu seinem Tod preuß. Gesandter in Paris. Er war der Vater von Robert Heinrich Ludwig von der → G. C ADB Goltz, Moritz, auch Goltze, Buchh¨andler, Verleger, * um 1495 Belzig (Mark), † M¨arz 1548 Frankfurt / Main. G. wurde 1533 in Wittenberg immatrikuliert und gr¨undete gemeinsam mit Bartholom¨aus Vogel und Christoph Schramm ein Konsistorium. Sie kauften Christian D¨orings Wittenberger Verlag und Sortiment auf. Gleichzeitig begannen G. und seine Mitstreiter 1534 die hochdeutsche Ausgabe der Lutherbibel und seit 1539 die neunzehnb¨andige Wittenberger Gesamtausgabe von → Luthers Werken zu verlegen. G. f¨uhrte

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Goltz auch ein eigenes Unternehmen, den Verlag niederdeutscher Bibelausgaben, und erwarb 1538 eine weitere Buchhandlung. Er geh¨orte zu den wohlhabendsten Einwohnern der Stadt Wittenberg und wurde 1543 zum Ratsherrn ernannt. C NDB

Notar in Berlin nieder und wurde 1936 Mitglied des Reichstags. 1938 u¨ bernahm er die Verteidigung im Fall Generaloberst → Fritsch. G., der Mitglied zahlreicher Aufsichtsr¨ate war, war seit 1949 wieder als Rechtsanwalt in D¨usseldorf t¨atig. C Lilla, Statisten

Goltz, Robert Heinrich Ludwig Graf von der, Diplomat, * 6. 6. 1817 Paris, † 24. 6. 1869 Charlottenburg (heute zu Berlin). G., Sohn von Karl Heinrich Friedrich von der → G., studierte Jura, arbeitete am Berliner Stadtgericht und kam nach dem Assessorenexamen 1842 nach D¨usseldorf, 1845 nach Posen. W¨ahrend der Revolution 1848 war G. einer der Begr¨under der „Kreuzzeitung“. 1851 schied er aus dem Staatsdienst aus und schloß sich der konservativ-liberalen Partei, sp¨ater der Wochenblattpartei an. Seit 1854 erneut im diplomatischen Dienst, ging er als Ministerresident nach Athen, 1859 nach Konstantinopel, l¨oste im folgenden Jahr → Bismarck in St. Petersburg ab und wurde außerordentlicher Gesandter und bevollm¨achtigter Minister. Seine Selbst¨andigkeit als Botschafter in Paris (seit 1863) brachte ihn in un¨uberbr¨uckbaren Gegensatz zu Bismarck. 1866 gelang es G., die franz¨osischen Bedingungen zum Abschluß des Deutschen Kriegs zu m¨aßigen. C NDB

Goltz, Stanislaus August Graf von der, Milit¨ar, Politiker, * 2. 12. 1725 Klausdorf (Westpreußen), † M¨arz 1795 Grabau. G., Sohn eines Starosten von Valcz (Deutschkrone) und Enkel des russischen Feldmarschalls Heinrich von der → G., war 1742 Leutnant im preuß. Milit¨ardienst. Nach Beendigung des zweiten Schlesischen Kriegs trat er 1754 in die Dienste Sachsens. 1760 kam er durch Heirat in den Besitz der Starostei Graudenz. Seit 1763 Generalmajor, u¨ bernahm G. das Kommando u¨ ber ein Regiment der polnischen Kronarmee in Elbing, seit 1770 in Marienburg. Von der Konf¨oderation des evang. Adels von Polen und Westpreußen sowie der westpreußischen St¨adte zum Marschall ernannt, ließ er ein evang. Kirchengesetzbuch f¨ur Polen und Litauen entwerfen, das 1776 erstmals erschien. 1775 zum Generalleutnant bef¨ordert und 1786 in den Grafenstand erhoben, war er zuletzt preuß. Generallandschafts- und Feuersoziet¨atsdirektor. C Altpreuß Biogr, Bd 1

Goltz, R¨udiger Frh. von der, Staatsmann, * 17. 7. 1837 Kreitzig (Pommern), † 29. 6. 1910 Stettin. G. studierte Jura in Heidelberg und Berlin, wo er zum Dr. jur. promoviert wurde. Nach Studienreisen wurde er Auskultator am Stadtgericht von Berlin. Seit 1866 Landrat des Kreises Schivelbein, f¨uhrte er in seinem landwirtschaftlichen Betrieb als einer der ersten in Pommern dampfbetriebene Maschinen ein. 1870 wurde er als Konservativer in den Reichstag gew¨ahlt. G. beteiligte sich an der Gr¨undung der Freikonservativen Partei. 1876 wurde er Mitglied des Pommerschen Provinziallandtags, 1881 Landesdirektor der Provinz Pommern und hatte von 1893 bis zu seinem Tod den Vorsitz des Provinzialausschusses inne. C Leb Pommern, Bd 1

Goltz, Theodor Alexander Georg Ludwig Frh. von der, Agrarwissenschaftler, Beamter, * 10. 7. 1836 Koblenz, † 6. 11. 1905 Bonn. G., Bruder von Hermann von der → G., studierte zun¨achst Rechts- und Staatswissenschaften in Erlangen, schloß eine landwirtschaftliche Lehre an und besuchte 1858-60 die Landwirtschaftliche Akademie in Poppelsdorf. Danach ging er als Landwirtschaftslehrer an die Ackerbauschule Riesenrodt (Westfalen). 1862 in Leipzig promoviert, wurde er Lehrer und Administrator an der Landwirtschaftlichen Akademie in Waldau, 1869 Prof. auf dem Lehrstuhl f¨ur Landwirtschaft an der Univ. K¨onigsberg, 1885 Direktor der Lehranstalt f¨ur Landwirte in Jena, 1896 Prof. an der Univ. Bonn und Direktor der Landwirtschaftlichen Akademie in Poppelsdorf. G. ver¨offentlichte u. a. Die landwirtschaftliche Buchf¨uhrung (1866, 141922), Landwirtschaftliche Taxationslehre (2 Tle., 1880-82, 31903) und Handbuch der landwirtschaftlichen Betriebslehre (1886, 41912) und gab mit anderen ein Handbuch der Gesamten Landwirtschaft (3 Bde., 1889 / 90) heraus. C B¨ohm

Goltz, R¨udiger (Gustav Adolf Joachim) Graf von der, Milit¨ar, * 8. 12. 1865 Z¨ullichau (Schlesien), † 4. 11. 1946 Kinsegg (heute zu Bernbeuren, Kr. Weilheim-Schongau). G., Sohn eines Wirklichen Geheimen Rats und Vizepr¨asidenten der Oberrechnungskammer, schlug 1885 die milit¨arische Laufbahn ein, wurde Offizier und besuchte die Kriegsakademie. Nach wechselnden Truppen- und Generalstabsstellungen k¨ampfte er im Ersten Weltkrieg an der West- und Ostfront, bis er 1918 das Kommando u¨ ber die Ostsee-Division erhielt; als „Deutscher General in Finnland“ wirkte er am Aufbau der finnischen Armee mit. 1919 k¨ampfte G. an der Spitze von Freikorps gegen die Rote Armee im Baltikum. 1924-33 war er 1. Vorsitzender der Vereinigten Vaterl¨andischen Verb¨ande Deutschlands, 1934 F¨uhrer des Reichsverbandes Deutscher Offiziere. 1936 erhielt er den Charakter eines Generalleutnants. G. schrieb Meine Sendung in Finnland und im Baltikum (1920, u¨ berarb. Neuausg. unter dem Titel Als General im Osten, 1936). C NDB Goltz, R¨udiger (Gustav Adolf Karl Joachim) Graf von der, Jurist, * 10. 7. 1894 Charlottenburg (heute zu Berlin), † 18. 4. 1976 D¨usseldorf. G. studierte Rechtswissenschaft an den Universit¨aten Genf, T¨ubingen und Berlin, war im Ersten Weltkrieg Offizier und legte nach einer schweren Kriegsverletzung die juristischen Staatspr¨ufungen ab. Seit 1924 war er als Rechtsanwalt in Stettin t¨atig und u¨ bernahm die Verteidigung von NSF¨uhrern in mehreren politischen Prozessen (u. a. Fememordprozeß, Altonaer Bombenprozeß und Hindenburgprozeß). 1933 wurde er zum Pr¨asidenten des Pommerschen Provinziallandtags gew¨ahlt, ließ sich 1934 als Rechtsanwalt und

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Gołuchowski, Agenor Maria Adam Graf, o¨ sterr. Staatsmann, Diplomat, * 25. 3. 1849 Lemberg, † 28. 3. 1921 Lemberg. Der Sohn Agenor Romuald von → G.s schlug die diplomatische Laufbahn ein, wurde 1872 Attach´e, sp¨ater Botschaftssekret¨ar in Berlin, kam 1880 an die Botschaft in Paris und ging 1887 als Gesandter nach Bukarest. Als o¨ sterreichischungarischer Außenminister (1895-1906) trat er f¨ur die Aufrechterhaltung des Status quo auf dem Balkan und f¨ur eine ¨ unabh¨angige Stellung Osterreichs gegen¨uber Deutschland ein. Seine Ausgleichsbem¨uhungen mit Rußland f¨uhrten 1903 zum Abkommen von M¨urzsteg. In der ersten Marokkokrise unterst¨utzte er auf der Konferenz von Algeciras 1906 den deutschen Verb¨undeten. Nach seinem R¨ucktritt f¨uhrte G. den Polenklub im Herrenhaus, dessen Mitglied er seit 1875 war. C NDB Gołuchowski, Agenor Romuald Graf von, o¨ sterr. Staatsmann, * 8. 2. 1812 Lemberg, † 3. 8. 1875 Lemberg. Nach dem Studium der Rechte und der Promotion trat G., Sohn eines Großgrundbesitzers, 1849 an die Spitze der Landesverwaltung Galiziens. Er bem¨uhte sich um wirtschaftliche Reformen, den Eisenbahn- und Straßenbau und eine Schulreform. 1859 wurde G. Innenminister und vertrat feudale, f¨orderalistische und slawisch-nationale Interessen. Sein

Gombrich Versuch, mit dem Oktoberdiplom von 1860 der Donaumonarchie eine halbparlamentarisch-f¨oderalistische Verfassung zu geben, scheiterte. 1866 / 67 und 1871-75 war G. erneut Statthalter Galiziens. Er war der Vater von Agenor Maria Adam → G.

Golyscheff, Jef, Jefim, Efim, urspr. Anˇsel Golyˇsev, Musiker, Maler, Komponist, * 20. 9. 1897 Kherson (Ukraine), † 25. 9. 1970 Paris. Nach seiner Ausbildung an der Kunstakademie Odessa war G., Sohn eines Ingenieurs, der u. a. mit Wassily → Kandinsky befreundet war, 1903-09 zeitweise Solist des dortigen Symphonieorchesters, bevor er nach Berlin u¨ bersiedelte und am Sternschen Konservatorium zu studieren begann; seit 1914 trat er auch als Komponist, vor allem von Zw¨olftonmusik, hervor. Sp¨ater widmete er sich intensiv der Malerei und war seit 1919 im Dada-Club Berlin t¨atig. 1919-23 stellte er u. a. in der Rheinischen Sezession D¨usseldorf und in der Kunsthalle Hamburg aus. 1930 arbeitete G. mit der Tobis Klangfilm Berlin zusammen. Als 1933 zweihundert seiner ausgestellten Bilder konfisziert wurden, emigrierte G. nach Spanien und lebte bis 1938 als freier Maler in Barcelona; im Spanischen B¨urgerkrieg verlor er alle seine Bilder. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte G. bis 1954 in Paris, anschließend in Brasilien, erhielt die brasilianische Staatsb¨urgerschaft und kehrte 1966 nach Frankreich zur¨uck. C MGG Golz, Gustav von, Milit¨ar, * 9. 8. 1833 Wittenberg, † 19. 7. 1908 Homburg. G. trat 1851 in die preuß. Armee ein und wurde 1859 Adjutant der zweiten Ingenieurinspektion, sp¨ater Generalinspekteur des Ingenieur- und Pionierkorps. Er machte 1870 / 71 den Deutsch-Franz¨osischen Krieg mit, u¨ bernahm 1877 das Kommando u¨ ber das Eisenbahnregiment und wurde 1888 Chef der ersten Ingenieursinspektion, 1890 Generalinspekteur, 1893 General der Infanterie. 1896 in den Adelsstand erhoben, nahm er im folgenden Jahr seinen Abschied. C Biogr Jahrb, Bd 13 Gombart, Johann Carl, Musiker, Notenstecher, Verleger, Musikalienh¨andler, * 4. 4. 1752 Braunfels, † 9. 1. 1816 Augsburg. Dem Sohn eines Kommissionsrats der f¨urstlichen Rentkammer in der Grafschaft Solms-Braunfels wurde vom F¨urstenhaus um 1773 eine kaufm¨annische Ausbildung in Italien erm¨oglicht. 1782 ging er nach Basel, wurde Fl¨otist im dortigen Orchester (bis 1792) und erhielt 1783 das akademische B¨urgerrecht. Zugleich erlernte er die Notenstecherkunst (wahrscheinlich bei dem Augsburger Bartholom¨aus H¨ubner). Zu G.s ersten Verlagswerken geh¨oren Arbeiten von Friedrich Hartmann → Graf, Tebaldo Monzani und Georg → Distler. 1794 ging G. nach Augsburg, wo er das B¨urgerrecht und die Genehmigung zur Gr¨undung einer Notenstecherei und eines Verlags erhielt. 1794 ließ er → Mozarts Ouvert¨ure zu Cos`ı fan tutte im Klavierauszug mittels lithographischer Drucktechnik in Hoch¨atzung erscheinen. 1794-99 erschienen Werke von Joseph und Michael → Haydn und Mozart. 1802-11 gab G. Originalausgaben von Werken → Webers heraus. Ein großer Teil des Gombartschen Verlagsprogrammms stammt von Adalbert Mathias → Gyrowetz, Ernst → H¨aussler und Franz Christoph → Neubauer. C MGG

Gombosi, Otto Johannes, Musikhistoriker, Musikkritiker, * 23. 10. 1902 Budapest, † 17. 2. 1955 Natick (Massachusetts, USA). G., Sohn eines Kaufmanns, studierte Musiktheorie und Komposition an der Budapester Musikakademie und 1921-25 Musikwissenschaft in Berlin. 1926 mit der Arbeit Jacob Obrecht. Eine stilkritische Studie promoviert, kehrte er nach Budapest zur¨uck, gab seit 1928 die Zeitschrift „Crescendo“

heraus und war Kritiker bei verschiedenen Tageszeitungen, kehrte jedoch 1929 als freier Musikschriftsteller nach Deutschland zur¨uck. 1935 ging er nach Rom, war am Ungarischen Institut t¨atig und ver¨offentlichte sein Buch Der Lautenist Valentin Bakfark. Leben und Werke. Im folgenden Jahr hielt er Vorlesungen an der Univ. Basel. 1939 emigrierte G. in die USA und war 1940-46 Lektor an der Univ. Seattle, 1946-48 Assistant Prof. am Michigan College. 1948 erhielt er ein Guggenheim-Stipendium f¨ur Europa und vertrat nach dem Tod Ernst → Kurths den musikwissenschaftlichen Lehrstuhl an der Univ. Bern. 1949 / 50 war G. Assistant Prof. an der Univ. Chicago, 1951-55 Prof. der Musikwissenschaft an der Harvard University in Cambridge. C MGG

Gombrich, Sir Ernst H(ans Josef), Kunsthistoriker, Kulturwissenschaftler, * 30. 3. 1909 Wien, † 3. 11. 2001 London. G. wuchs im konservativen Wiener Bildungsb¨urgertum j¨udischer Herkunft auf. Sein Vater war Jurist und Vizepr¨asident des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer, die Mutter Pianistin und Klavierp¨adagogin. Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums der Theresianischen Akademie studierte G. von 1928 an in Wien Kunstgeschichte und Klassische Arch¨aologie. Zu seinen Lehrern z¨ahlten Julius von → Schlosser, Hans → Tietze und Emanuel → L¨owy. 1933 wurde er bei Schlosser mit einer Arbeit u¨ ber den Palazzo del T`e in Mantua promoviert (Zum Werke Giulio Romanos. In: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien, N. F. 8, 1934, S. 79-104; 9, 1935, S. 121-150). Ohne Anstellung, schrieb er f¨ur den Verleger Walter Neurath in der Reihe „Wissenschaft f¨ur Kinder“ eine an elementaren anthropologischen Fragen orientierte Weltgeschichte von der Urzeit bis zur Gegenwart (1936), die zu einem großen publizistischen Erfolg wurde. Der Kunsthistoriker und Psychoanalytiker Ernst → Kris gewann G. f¨ur die Mitarbeit an einem Buch u¨ ber die Geschichte und die psychischen Funktionsmechanismen der Karikatur, das nur als Extrakt erscheinen konnte (E. Kris / E. G.: The Principles of Caricature. In: British Journal of Medical Psychology 17, 1938, S. 319-342). Unter dem Eindruck der nationalsozialistischen Bedrohung ¨ Osterreichs vermittelte Kris den Kontakt zu Fritz → Saxl, dem Direktor der 1933 aus Hamburg nach London emigrierten Bibliothek Warburg. Dort begann G. 1936 als Stipendiat, den Nachlaß Aby → Warburgs f¨ur die Edition der Gesammelten Schriften zu sichten. Die Arbeit m¨undete 1970 in Aby Warburg. An Intellectual Biography (dt. 1981), die maßgeblich zur Wiederentdeckung des Kulturwissenschaftlers Warburg beitrug. 1938-39 lehrte G. am Courtauld Institute der University of London und schrieb gemeinsam mit dem Wiener Studienfreund Otto → Kurz an einem Lehrbuch der Ikonographie. Mit dem Beginn des Krieges wurde er zum „Monitoring Service“ der BBC verpflichtet, wo er deutsche Rundfunksendungen verfolgte und u¨ bersetzte. 1945 kehrte er als Dozent f¨ur die Kultur der Renaissance an das Warburg Institute zur¨uck und hielt zugleich am Courtauld Institute Seminare zur Kunst des Quattrocento. Im Auftrag des Verlegers B´ela Horovitz entstand f¨ur die aus Wien emigrierte Phaidon Press The Story of Art (1950; dt. Die Geschichte der Kunst, 1953), die, in mehr als dreißig Sprachen u¨ bersetzt, zum erfolgreichsten kunsthistorischen Buch u¨ berhaupt wurde. Darin erz¨ahlt G. die Geschichte der Kunst in bewußter Absetzung von universalhistorischen Deutungsmustern als Abfolge historisch sich wandelnder Darstellungsprobleme und

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Gomez k¨unstlerischer Aufgaben, wobei er Bilder als deren konkrete L¨osungen versteht. Mit einer von der Geschichtsphilosophie → Hegels gepr¨agten, auch in der sog. „Wiener Schule“ durch die Arbeiten Alois → Riegls und Max → Dvoˇra´ ks verbreiteten Auffassung, wonach Kunstwerke und Formqualit¨aten Ausdruck eines Zeit- oder Volksgeistes seien und in einem metaphysisch begr¨undeten Zusammenhang mit dem Gesamtcharakter einer Epoche st¨unden, setzte sich G. in den zu Ideals and Idols (1979; dt. Die Krise der Kulturgeschichte, 1983) vereinigten Studien wissenschaftsgeschichtlich und ideologiekritisch auseinander. Die Berufung zum Slade Professor of Fine Art in Oxford (1950-53) stand am Anfang einer langen Reihe von Gastprofessuren, die G. in England und den USA bekleidete. 1959 wurde er zum Direktor des Warburg Institute und zum Professor of the History of the Classical Tradition an der ¨ Londoner Universit¨at berufen. Beide Amter hatte er bis 1976 inne. Viele seiner B¨ucher sind aus Vorlesungen und einer unerm¨udlichen Vortragst¨atigkeit hervorgegangen. Arbeiten zur Kunst und Kultur der Renaissance sowie zur Symboltheorie liegen mit den Studies in the Art of the Renaissance vor: Norm and Form (1966; dt. Norm und Form, 1985), Symbolic Images (1972; dt. Das symbolische Bild, 1986), The Heritage of Apelles (1976; dt. Die Entdeckung des Sichtbaren, 1987) und New Light on Old Masters (1986; dt. Neues u¨ ber alte Meister, 1988). Sie verbinden die quellenkritische Bedeutungsforschung mit einer Methodenreflexion, die sich von der auf Erwin → Panofsky zur¨uckgehenden Schultradition der Ikonologie distanziert. Mit Art and Illusion. A Study in the Psychology of Pictorial Representation (1960; dt. Kunst und Illusion, 1967), The Sense of Order. A Study in the Psychology of Decorative Art (1979; dt. Ornament und Kunst, 1982) und The Image and the Eye (1982; dt. Bild und Auge, 1984) u¨ berschritt G. den Gesichtskreis der akademischen Kunstgeschichte, indem er sich wahrnehmungspsychologischer Modelle bediente, um die Prozesse der Bildproduktion und Bildrezeption u¨ ber die wechselseitige Verschr¨ankung von Wissen, Wahrnehmen und Darstellen zu erkl¨aren. Epistemologisch orientierte er sich dabei am Kritischen Rationalismus seines Freundes Karl → Popper und beschrieb die Entstehungszusammenh¨ange von Bildern als historisch konkrete Problemsituationen, in denen die u¨ berkommenen k¨unstlerischen Mittel, Normen und Konventionen unter wechselnden sozialen Bedingungen an je verschiedene Darstellungsaufgaben und Bildfunktionen angepaßt werden und dadurch geschichtlichem Wandel unterliegen. Vom hohen Ansehen, das G. als sprachm¨achtiger, humanistisch gepr¨agter Aufkl¨arer und Vermittler genoß, zeugen neben zahlreichen Ehrendoktoraten und Mitgliedschaften in wissenschaftlichen Akademien u. a. die Erhebung in den Adelsstand (1972), der Erasmuspreis (1975), der HegelPreis (1976), die Aufnahme in den Orden Pour le M´erite (1977), der Balzan-Preis (1985), der Ludwig Wittgenstein Preis und die Aufnahme in den Order of Merit (1988) sowie der Goethepreis der Stadt Frankfurt / Main (1994). WEITERE WERKE: Meditations on a Hobby Horse and other Essays on the Theory of Art. London 1963 (dt. Meditationen u¨ ber ein Steckenpferd, 1973). – Tributes. Interpreters of our Cultural Tradition. Oxford 1984. – Reflections on the History of Art. Oxford 1987 (dt. Kunst und Kritik, 1993). – E. H. G. / Didier Eribon: Ce que l’image nous dit. Entretiens sur l’art et la science. Paris 1991 (Interview; dt. Die Kunst, Bilder zum Sprechen zu bringen, 1993). – Topics of our Time. Twentieth-Century Issues in Learning and in Art. London 1991. – The Uses of Images. Studies in the Social Function of Art and Visual Communication. London 1999. – The Preference for the Primitive. Episodes in the History of Western Taste and Art. London / New York 2002.

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LITERATUR: Klaus Lepsky: E. H. G. Theorie und Methode. Wien / K¨oln 1991. – Joaqu´ın Lorda I˜narra: G. Una teor´ıa del arte. Barcelona 1991. – John Onians (Hrsg.): Sight and Insight. Essays on Art and Culture in Honour of E. H. G. at 85. London 1994. – Richard Woodfield (Hrsg.): G. on Art and Psychology. Manchester / New York 1996. – Joseph B. Trapp: E. H. G. A Bibliography. London 2000. – The Warburg Institute (Hrsg.): E. H. G. A Commemoration. London 2002. – Paula Lizarraga (Hrsg.): E. H. G. in memoriam. Pamplona 2003. – Richard B¨osel (Hrsg.): L’arte e i linguaggi della percezione. L’eredit`a di Sir E. H. G. Mailand 2004. Bernd Carqu´e

Gomez de Parientos, Moritz Georg, o¨ sterr. Milit¨ar, Historiker, * 26. 12. 1744 Nienport (Niederlande), † 10. 1. 1810 Ofen. Nach dem Besuch der Milit¨arakademie in Wiener Neustadt war G. Offizier in der o¨ sterreichisch-ungarischen Armee, kehrte jedoch bald als Prof. der Taktik und Kriegswissenschaft an die Akademie zur¨uck. Im T¨urkenkrieg 1788-90 Offizier im Generalstab, nahm er 1794 am Feldzug in den Niederlanden teil und wurde Oberst und Vizekommandant von Mainz. Seit 1800 war G. Direktor des Kriegsarchivs in Wien. Er gr¨undete das chalkographische B¨uro des Generalstabs, bem¨uhte sich um die Hebung des Bildungsniveaus der Offiziere und reorganisierte die Academia Ludovicea. G. gab ¨ 1808-10 die „Osterreichisch-milit¨ arische Zeitschrift“ heraus und verfaßte eine Terrainlehre zum Unterricht f¨ur die Offiziere der o¨ sterreichischen Armee (1805, 31824). C ADB

Gompe, Nikolaus, auch Nikolaus von Rauenthal, luth. Theologe, * 1524 / 25 Rauenthal (Hessen), † 4. 10. 1595 Wiesbaden. G. studierte Theologie und wurde 1545 Pfarrer in Erbenheim. 1548 wandte er sich o¨ ffentlich gegen das Interim und verlor daraufhin seine Pfarrstelle. In der folgenden Zeit hielt sich G. in Straßburg, Heidelberg und Wittenberg auf, bis er Diakon in Freienwalde wurde. Seit 1553 Hofprediger bei dem Grafen Philipp I. von Nassau-Idstein, ging er 1564 als Pfarrer nach Wiesbaden und wurde 1577 zum Inspektor der Herrschaft ernannt. G. entwarf eine Kirchenordnung nach N¨urnberger Vorbild, die sp¨ater in die Ordnung von NassauSaarbr¨ucken u¨ berging. C RGG

Gomperz, Benedikt Cleve, Bankier, Diplomat, † 29. 4. 1754 Nimwegen. G. ging 1702 nach Nimwegen, um dort seine Gesch¨afte als Bankier und Kaufmann zu t¨atigen. Er beteiligte sich an großen politischen Verhandlungen und lieferte Milit¨ar f¨ur die Generalstaaten und f¨ur ausw¨artige H¨ofe. Zu seinen bedeutendsten Gesch¨aften geh¨orte 1725 der Kauf von L¨andereien f¨ur Holland und Westfriesland. G. war es auch, der seinen Einfluß geltend machte, damit das Ausweisungsdekret 1744 von Kaiserin → Maria Theresia, das alle Juden aus B¨ohmen und M¨ahren betraf, zur¨uckgenommen wurde. G., der f¨ur seine Wohlt¨atigkeit bekannt war, unterst¨utzte Studenten und erm¨oglichte Schriftstellern die Drucklegung ihrer Werke. C Wininger

Gomperz, Benjamin, o¨ sterr. Otologe, P¨adiater, * 6. 10. 1861 Wien, † 4. 4. 1935 Wien. G. studierte Medizin, wurde 1885 in Wien promoviert und war Assistent an der Wiener Universit¨ats-Ohrenklinik. 1892 wurde er Leiter der Ohrenabteilung des ersten o¨ ffentlichen Kinderkrankenhauses. 1893 habilitierte er sich f¨ur Ohrenheilkunde an der Wiener Universit¨atsklinik und wurde dort 1907 zum a. o. Prof. ernannt. G. ver¨offentlichte u. a. Neue k¨unstliche Trommelfelle (1902) und Pathologie und Therapie der Mittelohrentz¨undung im S¨auglingsalter (1906). ¨ 2, 3 C Arzte

Gomperz Gomperz, Elias, Bankier, * Emmerich, † 28. 6. 1689 Emmerich. G. gr¨undete in seiner Heimatstadt Emmerich ein Bankhaus, das im Lauf der Zeit immer gr¨oßeres Ansehen genoß. Dem Kurf¨ursten → Friedrich Wilhelm von Brandenburg vermittelte er Gelder und Diamanten. Haupts¨achlich besch¨aftigte er sich jedoch mit Kriegswerbung, Proviantversorgung der Truppen, gr¨oßeren Heereslieferungen und der Instandsetzung der Festungspl¨atze. G. setzte die Abschaffung der Leibz¨olle f¨ur Juden im Herzogtum Kleve durch, finanzierte mittellosen Studenten den Unterhalt und nahm u. a. den Neubegr¨under der hebr¨aischen Grammatik, Salomo → Hanau, in sein Lehrhaus auf. G. wurde f¨ur seine Verdienste von seinen Glaubensbr¨udern zum Stadlan ernannt; 1661 u¨ bergab ihm der Kurf¨urst das Amt des Rezeptors der Judensteuer. C Wininger Gomperz, Heinrich, Philosoph, * 18. 1. 1873 Wien, † 27. 12. 1942 Los Angeles. G., Sohn von Theodor → G., studierte seit 1891 Rechtswissenschaft, seit 1893 in Berlin bei Adolf → Harnack Kirchengeschichte, nach der R¨uckkehr nach Wien Klassische Philologie und Philosophie und wurde 1896 bei Ernst → Mach zum Dr. phil. promoviert (Zur Psychologie der logischen Fundamentaltatsachen; im Druck: Die Psychologie der Grundthatsachen, 1897). 1900 habilitierte er sich an der Univ. Bern f¨ur Philosophie (Die Welt als geordnetes Ereignis), war dort bis 1903 und seit 1905 in Wien Privatdozent, wo er 1920 a. o. Prof. wurde. Von 1924 bis zu seiner Zwangsemeritierung aus politischen Gr¨unden 1934 war G. o. Prof. der Philosophie. 1935 emigrierte er in die USA und war bis 1942 Gastprofessor an der University of Southern California in Los Angeles. 1939 / 40 hielt er Vorlesungen an der University of Oregon, 1940 / 41 an der University of Illinois. Mit seiner Weltanschauungslehre. Ein Versuch, die Hauptprobleme der allgemeinen theoretischen Philosophie geschichtlich zu entwickeln und sachlich zu bearbeiten (2 Bde., 1905-08) wandte sich G. gegen den Logischen Positivismus, insofern dieser den Versuch einer Darstellung des Gesamtzusammenhangs der „Realit¨at“ als Spekulation und Metaphysik ablehne. Angeregt durch seinen Vater und sp¨ater auch zum Teil in Auseinandersetzung mit Arbeiten von Karl → Reinhardt, legte er den Schwerpunkt seiner philosophiehistorischen Studien auf die Erforschung griechischen Denkens. In Sophistik und Rhetorik (1912, Nachdr. 1965) stellte er die These auf, daß die Sophisten sich selbst zumeist nicht als Philosophen betrachtet haben. Zu G.’ Ver¨offentlichungen z¨ahlen auch Die Lebensauffassung der griechischen Philosophen und das Ideal der inneren Freiheit (1904, 31927, ¨ Nachdr. 1979), Uber Sinn und Sinngebilde, Verstehen und Erkl¨aren (1929) und Interpretation. Logical analysis of a method of historical research (1939). G. verkehrte mit zahlreichen Vertretern des Wiener Geisteslebens seiner Zeit, so u. a. mit Hugo von → Hofmannsthal. C Enz Phil Wiss Gomperz, Julius Ritter von, o¨ sterr. Industrieller, Staatsmann, * 21. 11. 1823 Br¨unn, † 21. 2. 1909 Br¨unn. Nach dem Studium der Technik und Philosophie trat G., Bruder von Max von → G., der Br¨unner Nationalgarde bei. Anschließend arbeitete er im Bankhaus seines Vaters und in der Tuchfabrik seines Großvaters. 1859 wurde er in die Handelsund Gewerbekammer Br¨unn gew¨ahlt, 1862 in den m¨ahrischen Landtag, 1871 ins Abgeordnetenhaus. Seit 1872 war er Vorstandsmitglied der Br¨unner B¨orse, Pr¨asident der Kultusgemeinde und Pr¨asident der Handelskammer in Br¨unn. Von Kaiser → Franz Joseph I. wurde G. f¨ur seine Verdienste auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet zum Herrenhausmitglied ernannt. G., der sich u. a. f¨ur den Schutz der o¨ sterr. Produktion einsetzte und gegen die hohen Einfuhrz¨olle, die Ungarn beg¨unstigten, auftrat, war einer der

Gr¨under des m¨ahrischen Gewerbevereins und wirkte bei der Verbesserung des kaufm¨annischen und gewerblichen Schulwesens mit. Er mit mit Karoline → Gomperz-Bettelheim verheiratet. C Biogr Jahrb, Bd 14

Gomperz, Max von, o¨ sterr. Industrieller, Bankier, * 1. 3. 1822 Br¨unn, † 7. 11. 1913 Wien. G., Bruder von Julius von → G., stammte aus einer Bankiersund Kaufmannsfamilie und u¨ bernahm schon in jungen Jahren als Direktor die Leitung der B¨ohmischen Westbahn. 1840 trat er gemeinsam mit seinem Bruder in die Tuchfabrik „L. Auspitz’ Enkel“ seines Vaters ein und wurde 1850 Vizepr¨asident der Br¨unner Handelskammer. Nach sei¨ ner Ubersiedelung nach Wien 1858 nahm er einen Sitz im Verwaltungsrat der „Creditanstalt f¨ur Handel und Gewerbe“ ein, deren Pr¨asident und Ehrenpr¨asident er sp¨ater wurde. G. besaß zur gleichen Zeit ein Bankhaus und war an mehreren Industrieunternehmen beteiligt, u. a. als Pr¨asident der Privaten B¨ohmischen Westbahn und der Prager EisenIndustriegesellschaft.

Gomperz, Moses Levin, auch Gumpertz, Gumperts, Hoffaktor, Bankier, * vor 1700 Kleve, † 1762 Kleve. G. war als H¨andler und Bankier in Berlin t¨atig. 1713 wurde er Oberhoffaktor und M¨unzlieferant K¨onig → Friedrich Wilhelms I. von Preußen, in dessen Auftrag er Gesch¨aftsreisen u. a. nach Sachsen, Holland und Bayern unternahm. Seit 1740 war er in gleicher Funktion f¨ur → Friedrich II. t¨atig. Zusammen mit seinem Vetter Elijah Cleve errichtete G. in Berlin das Bank- und Handelshaus Moses und Elias Gumpertz. 1761 ging er nach Kleve.

Gomperz, Ruben Elias, Bankier, * um 1654 Emmerich, † 20. 6. 1705 Berlin. G. besaß ein Bankhaus in Wesel, das unter seiner Leitung große Bedeutung erlangte. Er war f¨ur verschiedene H¨ofe, u. a. f¨ur die Kurf¨ursten von Sachsen und Brandenburg, t¨atig. Sein Hauptgesch¨aft war die Versorgung der Armee mit Munition, Getreide, Verpflegung und Geldern. G. baute ein umfangreiches Lieferantennetz in zahlreichen St¨adten Deutschlands und Frankreichs auf. 1699 siedelte er nach Berlin u¨ ber und verlegte sein Bankhaus dorthin. 1700 wurde G. zum Oberrezeptor f¨ur Kleve und Mark ernannt, jedoch 1702 aufgrund von Verleumdungen verhaftet und ins Spandauer Gef¨angnis gebracht. Durch die B¨urgschaft eines Freundes erlangte er Mitte des folgenden Jahres seine Freiheit wieder. C Wininger

Gomperz, Theodor, o¨ sterr. Klassischer Philologe, Philosophiehistoriker, * 29. 3. 1832 Br¨unn, † 29. 8. 1912 Baden (Nieder¨osterreich). G., Sohn eines Großh¨andlers und Bankiers, studierte 1849 an der Univ. Wien Rechtswissenschaft und 1850-53 Klassische Philologie. W¨ahrend eines Aufenthalts in Leipzig 1854 / 55 schrieb er f¨ur die „Grenzboten“ und schuf durch die Besch¨aftigung mit dem hippokratischen Corpus und den herkulanensischen Papyri die Basis f¨ur seine Habilitation an der Univ. Wien 1867. Seit 1869 a. o. Prof., war G. 1873-1900 o. Prof. an der Univ. Wien. 1869-80 leitete ¨ er eine zw¨olfb¨andige Ubersetzung der Werke John Stuart Mills. Seine Arbeiten auf den Gebieten der Textphilologie und Interpretation galten Autoren wie Euripides, Demosthenes und Herodot; im Mittelpunkt standen jedoch die antiken Philosophen, denen er sein Hauptwerk Griechische Denker (3 Bde., 1896-1909, 41922-31; Nachdr. 1996) widmete, das in zahlreiche Sprachen u¨ bersetzt wurde. G. war seit 1901 Mitglied des o¨ sterr. Herrenhauses, der Akademien der Wissenschaften in Petersburg und Wien und der Acad´emie des inscriptions et belles lettres in Paris. Er war der Vater von Heinrich → G. C NDB

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Gomperz-Bettelheim Gomperz-Bettelheim, Karoline von, auch Gompertz-B., geb. Bettelheim, S¨angerin, * 1. 6. 1845 Pest (heute zu Budapest), † 13. 12. 1925 Wien. Die Tochter eines Kaufmanns erhielt als Kind Gesang- und Klavierunterricht (bei Karl → Goldmark) am Wiener Konservatorium. 1860 trat sie erstmals als Pianistin o¨ ffentlich auf, widmete sich dann aber ganz dem Gesang und deb¨utierte 1861 in der Rolle der Priesterin in → Glucks Iphigenie auf Tauris an der Wiener Hofoper. Es folgten zahlreiche Auftritte in großen und kleineren Rollen, u. a. als Azucena in Verdis Troubadour und als Selika in → Meyerbeers Afrikanerin. 1863 erhielt G.-B. eine Einladung als Interpretin von Rollen des italienischen Repertoires an das Royal Theatre of Music nach London. Daneben trat sie in Wien bei Hofkonzerten und in verschiedenen deutschen St¨adten als Lieds¨angerin und Pianistin auf. Nach ihrer Heirat mit Julius von → Gomperz 1867 zog sich G.-B. von der Opernb¨uhne zur¨uck. C Dick

Gondrell, Adolf, eigentl. Grell, Schauspieler, Kabarettist, * 11. 7. 1902 M¨unchen, † 11. 1. 1954 M¨unchen. G. feierte fr¨uhe Erfolge als Kabarettist an der „Scala“ und im „Kabarett der Komiker“ in Berlin. 1935 kaufte er das Kabarett der Kathi → Kobus, den „Simplicissimus“, in M¨unchen und gr¨undete 1938 die M¨unchner Kleinkunstb¨uhne „Bonbonniere“. Daneben als Filmschauspieler t¨atig, war G. seit 1945 Mitglied der M¨unchner Kammerspiele. Einen seiner gr¨oßten Erfolge errang er als Dr. Lausitz in Des Teufels General von Carl → Zuckmayer. Seine Paraderolle wurde jedoch der Dienstmann Alois Hingerl im St¨uck Ein M¨unchner im Himmel, f¨ur das G. die Erz¨ahlung Ludwig → Thomas Der Postsekret¨ar im Himmel (1914) bearbeitet hatte. Gong, Alfred, eigentl. A. Liquornik, Schriftsteller, * 14. 8. 1920 Czernowitz, † 18. 10. 1981 New York. G., Sohn eines Kaufmanns und Schulkamerad Paul → Celans, studierte 1939 an der Univ. Czernowitz Romanistik und Komparatistik, wurde 1940 wegen seiner b¨urgerlichen Herkunft von der sowjetischen Besatzungsmacht relegiert, im folgenden Jahr als Jude im Ghetto interniert und von deutschen Besatzern in ein Konzentrationslager deportiert. Nach der Flucht aus dem Lager lebte er seit 1943 in Bukarest, ging 1946 oder 1947 nach Wien, gab 1949 / 50 anonym die humoristische Zeitschrift „Die Spulke“ heraus und arbeitete vor¨ubergehend als Lehrer und als Dramaturg am „Kleinen Theater“ im Konzerthaus. G. emigrierte 1951 in die USA, ließ sich 1952 in New York nieder, und war H¨orspielautor und Beitr¨ager deutschsprachiger Zeitschriften (u. a. „American German Review“ und „Wort in der Zeit“). Er schrieb Gedichte (u. a. Manifest Alpha, 1961; Gnadenfrist, 1980) und befaßte sich in Geschichten und Interviews mit seiner Wahlheimat Amerika (Happening in der Park Avenue. New Yorker Geschichten, 1969). C Lex o¨ sterr Exillit Gonne, Friedrich, Maler, * 30. 5. 1813 Dresden, † 30. 3. 1906 Dresden. Der Sohn eines Arztes studierte zun¨achst Medizin, wandte sich bald der Malerei zu und wurde 1834 Sch¨uler an der Akademie in Dresden. Im folgenden Jahr f¨uhrten ihn k¨unstlerische Studien nach Antwerpen, Berlin, M¨unchen und Rom, wo er seine Ausbildung abschloß. Nach l¨angeren Aufenthalten in Frankreich, England und Schweden lebte G. seit 1840 in Dresden und wurde 1857 Prof. an der dortigen Akademie. G. arbeitete vor allem als Historien-, Portr¨at- und Genremaler. Sein Hauptwerk sind die Deckenmalereien des s¨udlichen Vestib¨uls in der Dresdner Semperoper. C Th-B Gonser, Immanuel, evang. Theologe, * 19. 11. 1865 Stuttgart, † 16. 1. 1941 Stuttgart. G., Sohn eines Mittelschullehrers, studierte in T¨ubingen evang. Theologie und war danach Hauslehrer im Baltikum

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und Pfarrer in mehreren schweizer. und schw¨abischen Gemeinden. Seit 1903 Direktor des „Deutschen Vereins gegen Alkoholmißbrauch“, widmete er sein weiteres berufliches Leben der Bek¨ampfung des Alkoholismus. Er leistete eine breite o¨ ffentliche Aufkl¨arungsarbeit und schuf Organisationen zur Betreuung von Trinkern. Wegen seiner Verdienste um die o¨ ffentliche Gesundheitsf¨ursorge wurde G. in den Deutschen Reichsgesundheitsrat berufen. Er ver¨offentlichte u. a. Die Aufgabe der deutschen Schule in der Kulturbewegung gegen den Alkoholismus (1906) und Alkoholfreie Jugenderziehung (1913). C NDB

Gonszar, Rudolf, S¨anger, * 14. 4. 1907 Berlin, † 19. 9. 1971 Frankfurt / Main. G., der an der Berliner Musikakademie Gesang studierte, trat 1930 in einem Berliner Lokal als Geiger und S¨anger auf und wurde von Carl → Ebert an das Deutsche Opernhaus Berlin vermittelt, dem er bis 1934 angeh¨orte. Nach kurzer T¨atigkeit am Stadttheater von K¨onigsberg sang er 1935-69 am Opernhaus Frankfurt / Main, dazwischen 1940-42 an der Wiener Volksoper und 1955-61 als st¨andiger Gast an der Staatsoper Berlin. G.s herausragendste Rolle war der Hans Sachs in den Meistersingern; dar¨uber hinaus war er im italienischen Fach erfolgreich und wirkte als Solist u. a. bei der Urauff¨uhrung der Carmina Burana von Carl → Orff 1937 in C Kutsch Frankfurt mit. Gontard, Carl (Philipp Christian) von, Architekt, getauft 13. 1. 1731 Mannheim, † 23. 9. 1791 Breslau. Nach kurzer T¨atigkeit als Ballettmeister an der Oper in Bayreuth wandte sich G., Sohn eines Tanz- und Ballettmeisters, der Baukunst zu und trat 1749 als Kondukteur in das Bayreuther Hofbauamt ein. Bei Jacques F. Blondel 1750-52 in Paris ausgebildet, hielt er sich 1754 / 55 in S¨udfrankreich und Italien auf, wo er entscheidende Impulse f¨ur sein sp¨ateres Schaffen empfing. In Bayreuth trat G. mit seiner Ernennung zum Hofbauinspektor 1756 neben Rudolf Heinrich → Richter an die Spitze des Hofbauamtes und wurde 1761 Lehrer f¨ur Baukunst und Perspektive an der FriedrichsAkademie. Seit 1764 im Dienst → Friedrichs des Großen, leitete er die k¨onigliche Baut¨atigkeit in Potsdam und Berlin und wurde neben Georg Wenceslaus von → Knobelsdorff der bedeutendste Architekt der friderizianischen Epoche. 1767 in den Adelsstand erhoben, wurde er 1786 zum Major bef¨ordert und als Ehrenmitglied in die Kgl. Preußische Akademie der K¨unste und mechanischen Wissenschaften aufgenommen, wo er bis zu seinem Tod als Lehrer t¨atig war. G., dessen Baustil sich zunehmend dem Klassizismus n¨aherte, pr¨agte mit seinen Bauten wesentlich das Stadtbild von Bayreuth, Potsdam und Berlin. Zu seinen Hauptwerken z¨ahlen die Erweiterungstrakte des Neuen Schlosses in Bayreuth, das Marmorpalais und Neue Palais in Potsdam sowie die K¨onigsund Spittelkolonnaden, die Kuppelt¨urme des Deutschen und Franz¨osischen Doms in Berlin. C NDB Gontard, Gert von, Theaterdirektor, * 24. 8. 1906 Berlin, † 29. 9. 1979 Z¨urich. G. studierte in Berlin Philosophie, Psychologie, Germanistik und Theaterwissenschaft. 1929-32 gab er die von ihm gegr¨undete literarisch-politische Zeitschrift „Neue Revue“ heraus. 1933 emigrierte G. in die USA und war 1938-41 Lektor f¨ur Geschichte des Theaters und der dramatischen Literatur an Max → Reinhardts Workshop for Stage, Screen and Radio in Hollywood. 1941 ging G. nach New York und war dort als Leiter einer deutschen Theatergruppe und Produzent von Theaterst¨ucken in deutscher Sprache t¨atig. Seit 1961 organisierte er, zum Teil in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut, Gastspiele deutschsprachiger Theaterensem-

Goodman bles in den USA, u. a. des Wiener Burgtheaters. Seit 1973 besch¨aftigte er sich zunehmend mit Opernproduktionen an der Metropolitan Opera in New York. C Exiltheater

Ludwig von Erlach von Castelen. Ein Lebens- und Charakterbild aus den Zeiten des dreißigj¨ahrigen Krieges (3 Bde., 1880-82). C ADB

Gontard, Jacob Friedrich, Kaufmann, Bankier, * 1702 Frankfurt / Main, † 1766 Frankfurt / Main. Der Sohn eines hugenottischen Einwanderers u¨ bernahm nach dem Tod seines Vaters 1726 die Leitung von dessen Handelshaus f¨ur Woll- und Baumwollwaren. G. baute den Handel mit Stoffen aus England aus und war dann auch im Bankgesch¨aft erfolgreich. 1740 erhielt er das B¨urgerrecht der Stadt Frankfurt. Er erwarb umfangreichen Immobilienbesitz und ließ 1749 auf dem Gel¨ande des ehemaligen Zunfthauses der Wollweber ein großes Wohn- und Gesch¨aftshaus bauen, das den Beinamen Großes Kaufhaus erhielt und u¨ ber hundert Jahre als Gesch¨aftssitz diente. Von 1760 bis zu seinem Tod war G. B¨orsenvorsteher. C Frankf Biogr

Gonzenbach, Carl (Arnold), schweizer. Maler, Kupferstecher, * 21. 7. 1806 St. Gallen, † 13. 6. 1885 St. Gallen. G., Sohn eines Kaufmanns, erhielt seine k¨unstlerische Ausbildung in der Malschule von Johann Jakob Lips und bei Daniel Freudweiler in Z¨urich, bei Jacob → Felsing in Darmstadt und an der M¨unchner Kunstakademie. Nach einem l¨angeren Aufenthalt in Paris unternahm er eine Studienreise nach Italien, kehrte 1832 nach St. Gallen zur¨uck und arbeitete vor allem als Portr¨atmaler und -zeichner. 1838 u¨ bersiedelte G. nach M¨unchen, wo er bis zu seiner R¨uckkehr in seine Heimatstadt 1878 lebte. G.s Kupferstiche (u. a. Arnold von Winkelried auf der Walstatt bei Sempach, 1842) sind fast vollst¨andig im Museum von St. Gallen erhalten. C HLS

Gontard, Paul Curt von, Ingenieur, Forschungsreisender, * 22. 11. 1896 Hagen (Westfalen), † 21. 12. 1951 St. Louis. G. studierte an der TH Berlin Maschinenbau und trat nach dem Ersten Weltkrieg in die Daimler Motorengesellschaft ein, f¨ur die er als Gr¨under und Leiter einer Filiale in den USA t¨atig war. W¨ahrend seiner Urlaubszeit begann er mit seiner Expeditionst¨atigkeit, der er sich sp¨ater g¨anzlich widmete. Forschungsreisen f¨uhrten ihn u. a. nach Kanada, Alaska, in den Westen der USA und nach Ostafrika. G. vero¨ ffentlichte u. a. Auf entlegenen Pfaden (1927) und West vom Mississippi (1928).

Gontard, Susette, geb. Borkenstein, Schriftstellerin, * 9. 2. 1769 Hamburg, † 22. 6. 1802 Frankfurt / Main. Die Tochter Hinrich → Borkensteins heiratete 1786 den Frankfurter Bankier Jakob Friedrich Gontard, in dessen Haus Friedrich → H¨olderlin die Hofmeisterstelle innehatte. Zwischen dem Dichter und G. entwickelte sich eine intensive Liebesbeziehung, die in zahlreichen Dichtungen und einem umfangreichen Briefwechsel ihren Ausdruck fand. H¨olderlin verherrlichte G. in seinen Gedichten und im Hyperion-Roman unter dem Namen Diotima. G.s Briefe an den Dichter wurden 1934 von Karl → Vi¨etor unter dem Titel Die Briefe der Diotima herausgegeben. C Frankf Biogr Gonzaga, Hannibal F¨urst von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 1602 Mantua, † 2. 8. 1668 Wien. Aus einem traditionsreichen italienischen F¨urstengeschlecht stammend, trat G. fr¨uh in die kaiserliche Armee ein und wurde 1634 Oberst, wenig sp¨ater General und 1640 Kommandant von Wien. 1644 wurde er General-Feld-, Land- und Hauszeugmeister, 1660 Feldmarschall, 1666 Pr¨asident des Hofkriegsrats und Oberhofmeister der verwitweten Kaiserin Eleonore.

Gonzenbach, August von, schweizer. Politiker, Historiker, * 16. 5. 1808 St. Gallen, † 29. 9. 1887 Bern. G. studierte in Basel und Jena Jura, wurde 1831 promoviert und trat im selben Jahr in den Staatsdienst seines Heimatkantons ein. 1833 wurde er in den Großen Rat gew¨ahlt; als eidgen¨ossischer Staatsschreiber befaßte er sich vorwiegend mit Handels- und Industriefragen. Wegen seiner konservativen Gesinnung geriet G. 1847 in Konflikt mit den liberalen Kr¨aften und verlor seinen Sitz im Großen Rat. Nach seinem Umzug nach Bern wurde er 1850 in den Berner Großen Rat gew¨ahlt, dem er bis 1875 angeh¨orte. 1854-75 war er auch Mitglied des Nationalrats. Nach seinem Ausscheiden aus allen politischen Funktionen widmete sich G. historischen Studien und ver¨offentlichte u. a. Der General Hans

Gonzenbach, Hans Jakob, schweizer. Politiker, * 24. 3. 1754 Hauptwil (Kt. Thurgau), † 11. 7. 1815 Winterthur. G., Sohn eines Gerichtsherrn und Leinwandh¨andlers, war seit 1783 Gerichtsherr von Hauptwil und trat erstmals als mutmaßlicher Verfasser der Schrift Unmassgebliche Vorschl¨age eines Thurg¨owischen Volks-Freundes [. . .] in Erscheinung, die 1798 die thurgauische Befreiungsbewegung einleitete. 1798 / 99 war er Beisitzer im Landeskomitee und helvetischer Regierungsstatthalter des Kantons Thurgau. Nach dem R¨uckzug der Franzosen 1799 versuchte G., der auf der Seite der monarchistischen Allianz stand, den Gerichtherrenstand erneut einzusetzen, mußte aber noch im selben Jahr ins Ausland fliehen, wo er sich dem Emigrantenregiment Ferdinand de Rov´er´eas anschloß. Nach seiner R¨uckkehr in die Schweiz wurde G. 1802 Mitglied der zweiten thurgauischen Interimsregierung. C HLS Gonzenbach, Wilhelm von, schweizer. Hygieniker, Bakteriologe, * 7. 4. 1880 St. Gallen, † 16. 10. 1955 Z¨urich. G. studierte an den Universit¨aten Z¨urich und M¨unchen Medizin und legte 1908 das Staatsexamen ab. Nach der Promotion 1910 in Z¨urich (Desinfektionsversuche mit Formaldehyd in warmer, feuchter, bewegter Luft) arbeitete er als Assistent am Hygienischen Institut der Univ. Z¨urich und habilitierte sich dort 1914 (Theorie und praktische Bedeutung der Wassermann-Reaktion). 1920 wurde G. als o. Prof. der Hygiene und Bakteriologie an die ETH Z¨urich berufen, an der er bis zu seiner Emeritierung 1950 t¨atig war. 1922-35 geh¨orte er dem Großen Rat Z¨urichs an. G. arbeitete vor allem auf den Gebieten der Sozialhygiene, bakteriologischen Desinfektion und der Wasserversorgung. Er verfaßte zahlreiche wissenschaftliche Publikationen (Gesundes Bauen, gesundes Wohnen, 1934), redigierte die Hygienezeitschrift „Gesundheit und Wohlfahrt“ und arbeitete an mehreren medizinischen und technischen Zeitschriften mit. 1945 erschien von ihm Gesundheit als Recht und Pflicht. G. geh¨orte dem Vorstand der Schweizerischen Gesellschaft f¨ur Gesundheitspflege an. Goodman, Alfred (Alexander Grant), urspr. Guttmann, Komponist, * 1. 3. 1920 Berlin, † 14. 8. 1999 Berlin. G., Sohn des Komponisten Oskar → Guttmann, verbrachte seine Kindheit in Breslau und lebte seit 1931 wieder in Berlin, wo er das Sternsche Konservatorium besuchte. 1937 / 38 war er Geiger und Schlagzeuger im Orchester des j¨udischen Kulturbundes. Im April 1939 emigrierte er nach London, im Januar 1940 weiter nach New York. 1942 wurde er in die US-Army einberufen. Seit 1947 studierte er an der Columbia University in New York u. a. bei Henry Cowell und Otto Luening und schloß das Studium 1953 ab. 1956 war er Redakteur bei Westminster Records in New York und

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Gooß 1956-60 Dozent am Henry Street Settlement f¨ur Komposition und Kontrapunkt. 1961 nach Europa zur¨uckgekehrt, war G. in M¨unchen als freischaffender Komponist und Arrangeur t¨atig. Seit 1963 war er freier, 1971-85 fester Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks. 1972 wurde er bei Carl → Dahlhaus mit der Arbeit Die amerikanischen Sch¨uler Franz Liszts zum Dr. phil. promoviert. 1976-90 war G. Lehrbeauftragter an der Musikhochschule M¨unchen. 1995 ging er nach Berlin. G. komponierte Vokalmusik, B¨uhnenwerke (u. a. das Musical f¨ur Kinder Comics for Carter, 1949; die Oper The Audition, 1954), Instrumental- und Kammermusik. Er ver¨offentlichte Musik im Blut. Geschichte der amerikanischen Musik (1968), Musik von A-Z. Lexikon (1971) und Sachw¨orterbuch der Musik (1976). C MGG

Gooß, Roderich, o¨ sterr. Archivar, Diplomat, * 6. 5. 1879 Zeiden (Siebenb¨urgen), † 19. 4. 1951 Wien. G., Sohn eines Generalstabsarztes, schloß seine historischen Studien an den Universit¨aten Kiel, Marburg, Klausenburg und Wien 1903 mit der Promotion ab, wurde im folgenden Jahr Mitarbeiter des o¨ sterr. Haus-, Hof- und Staatsarchivs und kam 1918 in das Politische Archiv des o¨ sterr. Außenministeriums. G. war 1919 Mitglied der deutschen Friedensdelegation in Versailles und trat anschließend in den Dienst des deutschen Ausw¨artigen Amtes in Berlin. Zeitweise an der Gesandtschaft in Wien t¨atig, wurde er 1937 als Legationsrat verabschiedet, jedoch 1941-45 an der Gesandtschaft in Zagreb erneut verwendet. Er ver¨offent¨ lichte u. a. Osterreichische Staatsvertr¨age. F¨urstentum Siebenb¨urgen (1526-1690) (1911), Das Wiener Kabinett und die Entstehung des Weltkrieges [. . .] (1919) und Die Siebenb¨urger Sachsen in der Planung deutscher S¨udostpolitik. Von der Einwanderung bis zum Ende des Thronstreites zwischen K¨onig Ferdinand I. und K¨onig Johann Z´apolya (1538) (1940). C BHdAD Goossens, Josse (Maria Konstantin), Maler, * 22. 10. 1876 Aachen, † 25. 10. 1929 Regensburg. G. studierte an der Kunstakademie in D¨usseldorf bei Arthur → Kampf, Eduard von → Gebhardt und Claus Meyer. 1910 u¨ bersiedelte er nach M¨unchen und wurde 1925 Prof. an der M¨unchner Kunstakademie. G. schuf eine Reihe von großfl¨achigen Wandbildern, u. a. in der Aula des Gymnasiums in Moers, im Rathaus in Bergisch-Gladbach und im Kreishaus in Tondern. In seinen Staffeleibildern stellte er u. a. Volksfeste, Faschingstreiben und Szenen aus Kaffeeh¨ausern dar. G. war Ehrenmitglied der Kgl. Kunstakademie D¨usseldorf und Mitglied der M¨unchner Sezession. C Th-B

Goote, Thor → Langsdorff, Werner von Gopˇcevi´c, Spiridon Graf, Pseud. Leo Brenner, Journalist, Astronom, * 9. 7. 1855 Triest, † 1909 Wien. G. k¨ampfte 1875 auf der Seite Montenegros gegen die T¨urken und war in den folgenden Jahren als Kriegsberichterstatter f¨ur die „Wiener Allgemeine Zeitung“ und das „Berliner Tageblatt“ u. a. in Albanien, Bosnien und Bulgarien t¨atig. 1886 / 87 war er serbischer Attach´e in Berlin, 1887-90 in Wien. Seit 1890 besch¨aftigte sich G. mit Astronomie, begr¨undete unter Pseudonym die Manora-Sternwarte in Lussinpiccolo und gab 1899-1907 die Zeitschrift „Astronomische Rundschau“ heraus. G. entdeckte die Rotationszeiten der Planeten Venus, Merkur und Uranus. Er ver¨offentlichte u. a. Bulgarien und Ostrumelien (1886), Makedonien und Alt-Serbien (1889), Geschichte von Montenegro und Al¨ banien (1914) und Osterreichs Untergang. Die Folge von Franz Josefs Missregierung (1920).

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Goppel, Alfons, Politiker, * 1. 10. 1905 Reinhausen (heute zu Regensburg), † 24. 12. 1991 Johannesberg bei Aschaffenburg. Nach dem Studium der Rechtsund Staatswissenschaften an der Univ. M¨unchen und der Referendarzeit (1932: Große Juristische Staatspr¨ufung) ließ sich G., Sohn eines B¨ackermeisters und sp¨ateren christlichen Gewerkschafters, in Regensburg als Rechtsanwalt nieder. 1934 trat er in den bayerischen Justizdienst ein, wurde Richter am Amtsgericht Mainburg, danach, im selben Jahr, Staatsanwalt in Kaiserslautern und 1938 Amtsgerichtsrat in Aschaffenburg. 1935 heiratete er Gertrud Wittenbrink aus Bentheim (Westfalen) und hatte mit ihr f¨unf S¨ohne. Im Zweiten Weltkrieg war G., zuletzt als Oberleutnant, an der Front. Nach dem Krieg wurde er Rechtsrat, 1952 Stadtrat und zweiter B¨urgermeister der Stadt Aschaffenburg. Von 1930 bis 1933 geh¨orte G. der Bayerischen Volkspartei an, nach dem Krieg war er Gr¨undungsmitglied der CDU in Bentheim. 1959 r¨uckte er in den Parteivorstand, 1962 in das Pr¨asidium der CSU ein; von 1954 bis 1978 war er im bayerischen Landtag Abgeordneter der Stimmkreise Aschaffenburg und Nabburg / Vohenstrauß / Oberviechtach in der Oberpfalz. Als Staatssekret¨ar im Justizministerium nahm ihn Ministerpr¨asident Hans → Ehard 1957 in sein Kabinett. Von 1958 bis 1962 war G. Staatsminister des Innern, bevor er 1962 zum Ministerpr¨asidenten des Freistaates Bayern gew¨ahlt wurde; bis 1978 blieb er im Amt. Vom 1. 11. 1972 bis 31. 10. 1973 war G. Pr¨asident des Bundesrats. In Straßburg beendete er von 1979 bis 1984 seine politische Laufbahn als Mitglied der Fraktion der Europ¨aischen Volkspartei im Europ¨aischen Parlament. Das Bayerische Rote Kreuz f¨uhrte G. 1969-85 als dessen Pr¨asident. Die Ehrenpr¨asidentschaft, Ehrenmitgliedschaft im Pr¨asidialrat des Deutschen Roten Kreuzes und Mitgliedschaft im Vorstand der Schwesternschaft des Bayerischen Roten Kreuzes zeugen von dieser Zeit. 1964 wurde er Ehrendoktor der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakult¨at der Univ. W¨urzburg. W¨ahrend der Amtszeit von Ministerpr¨asident G. wandelte sich der Freistaat Bayern vom reinen Agrarstaat zu einem modernen Industrieland, ohne deshalb die Agrikultur zu vernachl¨assigen. Die Voraussetzungen daf¨ur wurden geschaffen, indem weiterf¨uhrende Schulen, Universit¨aten und Hochschulen f¨ur einen hohen Bildungsstand sorgten. 1970 wurde der Welt erstes Umweltministerium in Bayern installiert, damit Vorsorge getroffen f¨ur eine Landesentwicklung, die dem Wandel Kontinuit¨at, den Ressourcen Schutz versprechen sollte. Die Integration von Millionen Vertriebenen aus dem Zweiten Weltkrieg gelang. Grundlegende Gesetze wurden novelliert und mit einer maßvollen Gebietsreform die Voraussetzung gesichert, daß Bayern vorbereitet war f¨ur immer weiter reichende Anforderungen. Humanist und weltoffener Katholik, empfand G. die Menschen als Ziel und Beweggrund allen politischen Handelns. In der Familie sah er den idealen Lebens- und Erfahrungsraum. F¨ur u¨ ber 25 Jahre o¨ ffentlichen Einsatzes wurde G. wiederholt geehrt. Anerkannt wurden insbesondere sein Eintreten f¨ur ein christlich abendl¨andisches Europa, die damals noch nicht absehbare Einheit der Deutschen und seine bayerische Heimat. WERKE: Reden. Ausgew¨ahlte Manuskripte aus den Jahren 1958-1965. W¨urzburg 1965. – R¨uckblicke 1957-1984

Gorbach des Bayerischen Ministerpr¨asidenten A. G. Hrsg. v. Claudia Friemberger und Ferdinand Kramer unter Mitarbeit von Daniel Sch¨onwald. St. Ottilien 2005. LITERATUR: Festschrift zum 90. Geburtstag von Dr. h. c. A. G. 1. Oktober 1995. Hrsg. von der Alfons GoppelStiftung. M¨unchen 1995. – Claudia Friemberger: A. G. Vom Kommunalpolitiker zum Bayerischen Ministerpr¨asidenten. M¨unchen 2001. – Karl-Ulrich Gelberg: A. G. (1905-1991). In: Zeitgeschichte in Lebensbildern. Bd. 10. Hrsg. v. J¨urgen Aretz, Rudolf Morsey und Anton Rauscher. M¨unster 2001, S. 261-279. – Hans Zehetmair (Hrsg.): Bilanz eines erf¨ullten Lebens. A. G. zum 100. Geburtstag. M¨unchen 2005. Thomas Goppel

Goppelsr¨oder, (Christoph) Friedrich, schweizer. Chemiker, * 1. 4. 1837 Basel, † 14. 10. 1919 Basel. G., Sohn eines Bankiers, studierte an den Universit¨aten Basel, Berlin und Heidelberg Chemie und wurde 1858 in Heidelberg promoviert. Nach kurzer T¨atigkeit in einem L¨orracher Unternehmen wurde er 1860 Stellvertreter, 1861 Nachfolger des o¨ ffentlichen Chemikers in Basel. Im selben Jahr habilitierte er sich an der dortigen Univ. und u¨ bernahm nach dem Tod Christian Friedrich → Sch¨onbeins 1869 als a. o. Prof. die gesamte Lehrt¨atigkeit im Fach Chemie an der Univ. Basel. 1869-72 war er Chemielehrer an der Gewerbeschule Basel, 1872-80 Direktor der Chemieschule in M¨ulhausen (Elsaß). In wohlhabenden Verh¨altnissen lebend, ¨ legte G. 1880 seine Amter nieder und widmete sich fortan in seinem Privatlaboratorium in M¨ulhausen, seit 1898 in Basel der Forschung. 1893 wurde er in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. G. besch¨aftigte sich mit der Kapillaranalyse, einem analytischen Verfahren zur Erkennung selbst geringster Spuren von Materie, die 1944 mit der Entdeckung der Papierchromatographie entscheidend weiterentwickelt wurde. Er ver¨offentlichte u. a. Zur Infek¨ tion des Bodens und Bodenwassers (1872), Uber die Darstellung der Farbstoffe sowie u¨ ber deren gleichzeitige Bildung und Fixation auf den Fasern mit Hilfe der Elektrolyse (1885) und Kapillaranalyse beruhend auf Kapillarit¨ats- und Adsorptionserscheinungen (1910). C NDB

Goppelt, Adolf von, Kaufmann, Politiker, * 2. 1. 1800 Heilbronn, † 12. 10. 1875 Heilbronn. G. machte eine kaufm¨annische Ausbildung, reiste 1819-22 durch Westeuropa und f¨uhrte seit 1824 mit seinem Bruder das v¨aterliche Kolonialwarengesch¨aft in Heilbronn, das sich unter seiner Regie zu einem der bedeutendsten Handelsh¨auser der Stadt entwickelte. 1832 wurde G. in den Gemeinderat von Heilbronn, 1839 in den w¨urttembergischen Landtag gew¨ahlt. Als f¨uhrender Vertreter der liberalen Opposition befaßte er sich vor allem mit Zoll-, Handels- und Finanzfragen und k¨ampfte f¨ur den Ausbau des Eisenbahnnetzes. Im ersten parlamentarischen Ministerium W¨urttembergs war G. 1848 / 49 Chef des Finanzdepartements mit dem Titel Staatsrat. In seine Amtszeit fielen die Grundentlastung durch die Abschaffung des Zehnten und die Durchsetzung der Besteuerung des staatlichen und k¨oniglichen Grundbesitzes. Nach der Niederlage der Altliberalen bei den Neuwahlen zur ersten Landesversammlung 1849 trat G. von seinem Amt zur¨uck. 1850 geh¨orte er der Verfassunggebenden Landesversammlung, 1851 / 52 und 1862-65 dem W¨urttembergischen Landtag an. 1871-74 saß er im Reichstag. 1855-59 war G. Mitglied und seit 1856 Vorstand der Handelskammer Heilbronn, 1861 / 62 stellvertretendes St¨andisches Mitglied, von 1871 bis zu seinem Tod ordentliches Mitglied des W¨urttembergischen Staatsgerichtshofes. 1857 / 58 geh¨orte er als w¨urttembergischer Kommiss¨ar der deutschen Handelsgesetzgebungskommission in N¨urnberg an. C Raberg

Goppelt, Leonhard, evang. Theologe, * 6. 11. 1911 M¨unchen, † 21. 12. 1973 M¨unchen. G. war seit 1945 Dozent in Erlangen und G¨ottingen, seit 1949 in Hamburg, wo er 1954 eine außerordentliche Professur u¨ bernahm. 1968 wechselte er an die neugegr¨undete Evangelisch-Theologische Fakult¨at der Univ. M¨unchen. Gepr¨agt von der Erlanger luth. Schule, war G. um eine Synthese von historisch-kritischer Methode und kirchlicher Auslegungstradition bem¨uht. Zentral war sein Verst¨andnis von Heilsgeschichte, das – ausgehend von Gerhard von → Rad – auf der typologischen Beziehung von Altem und Neuem Testament basierte (Typos. Die typologische Bedeutung des Alten Testaments im Neuen, 1939, Nachdr. 1966, 1969, 1981). Neben zahlreichen Beitr¨agen f¨ur theologische Lexika und W¨orterb¨ucher schrieb er Christentum und Judentum im ersten und zweiten Jahrhundert (1954) sowie eine Theologie des Neuen Testaments (2 Bde., 1975 / 76). C BBKL

Goral-Sternheim, Arie, Pseud. Walter A. Sternheim, Schriftsteller, Publizist, * 16. 10. 1909 Rheda, † 23. 4. 1996 Hamburg. In Hamburg aufgewachsen, machte G.-S., der sich fr¨uh der sozialistisch-zionistischen Jugendbewegung anschloß, 1925-28 eine kaufm¨annische Lehre, wurde Mitglied des Kibbuz Cherut bei Hameln und arbeitete bis 1932 in der Landwirtschaft. 1933 emigrierte er nach Frankreich, 1934 nach Pal¨astina, wo er u. a. als Museumsassistent, Maler und Kunsterzieher f¨ur Kinder t¨atig war. Seit 1950 lebte er u¨ berwiegend in Italien, kehrte, 1951 in der Bundesrepublik eingeb¨urgert, 1953 nach Hamburg zur¨uck und war seit 1955 Kunsterzieher am Sozialp¨adagogischen Institut der Univ. Hamburg. Außer in seiner „Engagierten Kunst“ besch¨aftigte sich G.-S. auch als Publizist mit dem deutsch-j¨udischen Verh¨altnis. Er setzte sich insbesondere f¨ur das Gedenken an Heinrich → Heine, Carl von → Ossietzky und Walter Arthur → Berendsohn ein (Der Hamburger Carl von Ossietzky, 1982, Neuaufl. 1989 als Der Hamburger Carl von Ossietzky und das Gewissen der Stadt. Zum 100. Geburtstag am 3. Oktober 1889; Walter A. Berendsohn 1884-1984. Der Fall Walter A. Berendson 1933-1984, 1984) und ver¨offentlichte u. a. die Dokumentationen Der Fall Hofst¨atter. Aus dem Leben eines Rechtssympathisanten (1963), Der Anti-Schoeps. Zum Fall Hans Joachim-Schoeps (1970), Aufstand im Warschauer Ghetto (1973), A. Paul Weber. Ein deutsches Mißverst¨andnis (1977, 81982) und Was man auch in Hamburg wissen konnte, wenn man wollte. Judenpogrom November 1938 (1980, 2 1988 in 2 B¨anden). Zu G.-S.s Gedichtb¨anden z¨ahlen Jiskor. Hamburger Juden-Memento (1991, 21991), Hamburger Heiligengeistfelddomkantate Hundepsalm (1992) und Krieg 1942-1992 (1993). 1989 erschienen die Aufsatzsammlung J¨udischer Bestand und Widerstand in der Bundesrepublik Deutschland. Texte 1959-1989 und Jeckepotz. Eine j¨udischdeutsche Jugend 1914-1933. C Westf Autoren, Bd 4

Gorbach, Alfons, o¨ sterr. Politiker, * 2. 9. 1898 Imst (Tirol), † 31. 7. 1972 Graz. G. schloß sein Studium in Graz und Innsbruck 1922 mit der Promotion zum Dr. jur. ab. 1929-32 Grazer Gemeinderat, ernannte Engelbert → Dollfuß den Stadtschulrat (1932-37) 1933 zum steirischen Landesf¨uhrer der Vaterl¨andischen Front. 1935-38 war er Abgeordneter zum Steierm¨arkischen Landtag, 1937 / 38 Landesrat. Entschiedener Gegner der Nationalsozialisten, wurde G. 1938 verhaftet und war 1938-42 und 1944 / 45 in den Konzentrationslagern Dachau und Flos¨ senb¨urg. Seit 1945 OVP-Abgeordneter im Nationalrat und bis 1961 dessen Dritter Pr¨asident, war er 1960-63 Bunde¨ sparteiobmann der OVP und 1961-64 Bundeskanzler. G.

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Gordan erreichte eine Aufwertung des Parlaments gegen¨uber dem Koalitionsausschuß und f¨uhrte die parlamentarische Fragestunde ein. Er schrieb Gedanken zur Politik (1961). C Czeike

Gordan, Paul (Albert), Mathematiker, * 27. 4. 1837 Breslau, † 21. 12. 1912 Erlangen. G., Sohn eines Bankiers und Kaufmanns, h¨orte bereits w¨ahrend des Besuchs der Handelsschule in Berlin mathematische Vorlesungen, studierte Mathematik in Breslau, K¨onigsberg und Berlin (Promotion 1862, De linea geode¨ tica). 1863 in Gießen mit der Arbeit Uber die Transformation der Θ-Funktionen habilitiert und 1865 zum a. o. Prof. ernannt, folgte er 1874 einem Ruf nach Erlangen, wo er bis zur Emeritierung 1910 wirkte. 1874 wurde G. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. Seit der K¨onigsberger Studienzeit mit der Theorie der elliptischen Funktionen vertraut, baute G. diese Theorie nach der algebraisch-geometrischen Seite aus, wobei die L¨osung des Umkehrproblems im Zentrum stand, und legte das Werk Theorie der Abelschen Funktionen (1866, mit Alfred → Clebsch) vor. Danach wandte er sich der algebraischen Theorie der Formen und ihrer Invarianten zu (Vorlesungen u¨ ber Invariantentheorie, 2 Bde., 1885-87, hrsg. von Georg → Kerschensteiner). G. bewies das nach ihm benannte Endlichkeitstheorem und ver¨offentlichte Arbeiten zur Theorie C NDB der algebraischen Gleichungen.

Gordan, Paulus, Taufname: G¨unther Heinrich Jakob, Benediktiner, Theologe, * 21. 6. 1912 Berlin, † 1. 1. 1999 Beuron. Der Sohn eines Stadtrats und stellvertretenden Berliner B¨urgermeisters begann 1930 das Studium der Rechtswissenschaften und ging 1931 nach Rom, wo er zum Katholizismus konvertierte. Wieder in Berlin, studierte er Philosophie, Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte, setzte seine Ausbildung in Breslau und Innsbruck fort und trat 1933 in Beuron in den Benediktinerorden ein. Wegen seiner j¨udischen Herkunft mußte G. das Kloster 1938 verlassen, empfing 1939 in Monte Cassino die Priesterweihe und wirkte anschließend in Benediktinerkl¨ostern in Brasilien, Chile und auf Martinique. 1959-68 hatte er die Schriftleitung der Zeitschrift „Erbe und Auftrag“ inne. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil war er Rundfunkbeauftragter, 1968-76 Generalsekret¨ar der Benediktinischen Konf¨oderation in Rom und 1977-93 Obmann der Salzburger Hochschulwochen. G. vero¨ ffentlichte u. a. Freundschaft mit Bernanos (1959, 21983), Im Blickpunkt: Der Mensch (1971) und Boten Gottes. Neun Bildbetrachtungen (1978). C LThK

Gordon, Andreas, eigentl. George G., Benediktiner, Philosoph, Naturforscher, * 15. 6. 1712 Cofforach (Schottland), † 22. 8. 1751 Erfurt. Der einem schottischen Adelsgeschlecht entstammende G. kam 1724 nach Regensburg und studierte Philosophie. Nach einer Reise durch Frankreich und Italien trat er 1732 in das Schottenstift St. Jakob in Regensburg ein. 1735 wurde er zur weiteren wissenschaftlichen Ausbildung an die Univ. Salzburg entsandt und war von 1737 bis zu seinem Tod Prof. der Philosophie in Erfurt. G. wandte sich entschieden von der scholastischen Philosophie ab und versuchte, vor allem im Bereich der Naturphilosophie, die zeitgen¨ossische Naturwissenschaft zu ber¨ucksichtigen. Er ver¨offentlichte u. a. Phaenomena electricitatis exposita (1744, dt. Versuch einer Erkl¨arung der Elektrizit¨at, 1745, 21746), Philosophia utilis et iucunda (3 Bde., 1745), Varia philosophiae mutationem spectantia (1749) und Physicae experimentalis elementa (3 Bde., 1751-53). C ADB

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Gordon, Harry, schweizer. Statistiker, * 11. 10. 1894 Z¨urich, † 4. 6. 1951 Bern. G. schloß sein Studium in Z¨urich mit einer sozialstatistischen Dissertation ab. Seit 1919 im Eidgen¨ossischen Statistischen Amt t¨atig, wurde er 1922 Leiter der Sozialstatistik. G. entwickelte die Wirtschaftsstatistik zu einem „Werkzeug und Hilfsmittel f¨ur eine ethisch-positive Gestaltung unserer materiellen Daseinsbedingungen“. Die Ergebnisse seiner Arbeit wurden in der monatlich erscheinenden schweizer. Zeitschrift „Die Volkswirtschaft“ publiziert. C Biogr Verstorb Schweiz, Bd 4

Gordon, Walter, Physiker, * 3. 8. 1893 Apolda, † 24. 12. 1939 Stockholm. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte in Berlin Mathematik und Physik; 1921 wurde er mit der Arbeit Zur Theorie der adiabatischen Invarianten bei Max → Planck promoviert. Nach dreij¨ahriger Assistenz bei Max von → Laue arbeitete er in Manchester und am Kaiser-Wilhelm-Institut f¨ur Faserstoffchemie in Berlin, bis er 1926 an die Univ. Hamburg ging, wo er sich 1929 habilitierte und 1930 zum a. o. Prof. ernannt wurde. G. emigrierte 1933 nach Schweden, wo er im selben Jahr am Institut f¨ur Mechanik und Mathematische Physik der Univ. Stockholm eine neue Wirkungsst¨atte fand. G., der sich in Berlin mit der allgemeinen Relativit¨atstheorie befaßt hatte, stellte 1926 unabh¨angig von Oskar Klein eine relativistische Wellengleichung f¨ur kr¨aftefreie Teilchen ohne Spin, die „Klein-Gordon-Gleichung“, auf und leitete 1928 gleichzeitig mit Charles Galton Darwin die Feinstruktur des Wasserstoffspektrums aus der Diracschen Wellengleichung ab. Er ver¨offentlichte u. a. eine Einf¨uhrung in die mathematische Philosophie (1930). C BHdE, Bd 2

Gorg´e, Camille, schweizer. Diplomat, * 26. 9. 1893 Bassecourt (Kt. Bern), † 6. 9. 1976 Luzern. Das Studium in Leipzig und Genf schloß G. 1916 als Lizentiat der Rechte ab und trat im folgenden Jahr in das Volkswirtschaftsdepartement, 1918 in das Politische Departement ein. 1924-27 beurlaubt, wurde er juristischer Berater im japanischen Ministerium des Ausw¨artigen. Nach seiner R¨uckkehr aus Tokio leitete G. die Sektion des V¨olkerbundes beim Politischen Departement in Bern. 1928-39 nahm er als Delegierter an den V¨olkerbundverhandlungen teil und pr¨asidierte u. a. 1935 die Konferenz der Internationalen Hilfsvereinigung in Genf und 1938 die juristische Kommission der Konferenz des Roten Kreuzes in London. 1940-45 war G. schweizer. Gesandter in Japan, 1946-50 in der T¨urkei, 1950-53 in der Sowjetunion und 1954-57 in D¨anemark, wo er 1957 erster schweizer. Botschafter wurde. Er ver¨offentlichte juristische und literarische Arbeiten. C HLS Gorgias, Johann, Pseud. Veriphantor, Florindo, Floridan, Poliandin, Schriftsteller, * 25. 5. 1640 Kronstadt (Siebenb¨urgen), † 7. 6. 1684 Kronstadt. Etwa seit 1659 studierte G. in Wittenberg Theologie. Er d¨urfte sich auch l¨angere Zeit in Hamburg aufgehalten haben, denn sp¨atestens seit 1664 war er als „Florindo“ Mitglied des Elbschwanenordens, und um 1665 erfolgte dort seine Dichterkr¨onung. 1676 nach Kronstadt zur¨uckgekehrt, u¨ bernahm er 1679 die Leitung des Gymnasiums. G.’ satirische Romane, die alle unter Pseudonym erschienen, waren so erfolgreich, daß auch Schriften anderer Autoren unter seinen Decknamen herausgegeben wurden. Mit seinem Werk, u. a. mit Veriphantors Buhlende Jungfer (1665), kritisierte G. scharf u¨ berzeichnend die Alamode-Literatur des 17. Jahrhunderts. Die M¨annerwelt warnte er vor den „verf¨uhrerischen und m¨annischen Weibern“. Sein konservatives Frauenbild verteidigte G. mit Poliandins Gest¨urztem Ehrenpreiß des hochl¨oblichen Frauenzimmers (1666) und sprach darin Frauen jede Gelehrsamkeit ab. Seine kurzen,

Gorvin oft die Grenze des Obsz¨onen u¨ berschreitenden Erz¨ahlungen, zuletzt Veriphantors Betrogener Frontalbo (1670; Neuausg. 1985), sind stets Exempel f¨ur den anschließenden moralisierenden Traktat. C Killy

Goritz, Johannes → Corycius, Johannes Goritz, Otto, S¨anger, * 8. 6. 1873 Berlin, † 11. 4. 1929 Hamburg. G. erhielt seine Gesangsausbildung bei seiner Mutter, trat 1888-90 als Schauspieler am Stadttheater in Bremen, 1892 / 93 am Stadttheater in Aachen auf und gab sein Deb¨ut als Operns¨anger 1895 am Hoftheater in Neustrelitz. 1899 wechselte er an das Opernhaus in Breslau, 1901 an das Stadttheater (Opernhaus) in Hamburg, wo er 1902 an der Urauff¨uhrung von Georg → Jarnos Oper Der zerbrochne Krug mitwirkte. 1903 erhielt G. ein Engagement an der Metropolitan Opera in New York. Hier war er vor allem in → Wagner-Partien erfolgreich (als Beckmesser in den Meistersingern und als Alberich im Ring-Zyklus) und war an Opernpremieren von Richard → Strauss, Engelbert → Humperdinck und Hermann → G¨otz beteiligt. 1916 zur Aufgabe seines Engagements gezwungen, wurde G. mit Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg interniert. 1920 / 21 trat er in Hamburg, 1922-25 an der Großen Volksoper in Berlin auf und war sp¨ater als Gesangsp¨adagoge in Hamburg t¨atig. C Kutsch Gorlitt, Robert, Bankier, * 13. 9. 1874 Ludwigshafen, † n. e. G. studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Freiburg, Rom und M¨unchen. Nach dem Assessorenexamen 1901 und der Promotion wurde er Notar, 1908 Vorstandsmitglied der Bayerischen Boden-Creditanstalt in W¨urzburg, 1914 der Westdeutschen Bodenkreditanstalt in K¨oln und Direktionsmitglied der Gemeinschaftsgruppe deutscher Hypothekenbanken. Seit 1925 Vorstand der Bank f¨ur deutsche IndustrieObligationen in Berlin, wurde er 1928 Direktor der Bayerischen Vereinsbank in M¨unchen. G. war 1929-33 Aufsichtsratsvorsitzender der Universit¨atsdruckerei H. St¨urtz in W¨urzburg, ferner Mitglied des Aufsichtsrats der Bayerischen Handelsbank, der Vereinsbank N¨urnberg, der Berliner Minimax A. G. und der Bayerischen Siedlungs- und Landbank.

Gornik, Friedrich, o¨ sterr. Bildhauer, * 15. 1. 1877 Prevalje (Slowenien), † 26. 3. 1943 Wien. Nach der Ausbildung an der Kunstgewerbeschule und der Wiener Akademie der bildenden K¨unste trat G. 1903 mit Tierstudien f¨ur Keramiken hervor. Daneben lieferte er Entw¨urfe f¨ur Vasen, Schalen und dergleichen mit fig¨urlichem Schmuck. Nach Tierstudien im Sch¨onbrunner Zoologischen Garten schuf er eine Anzahl großer Tierfiguren und -gruppen in Gipsmodellen. 1907 erhielt er f¨ur die Plastik Tigerliebespaar die Goldene Staatsmedaille. Seine Pferdegruppe Troika kaufte der o¨ sterr. Kaiser an. In den letzten Jahren schuf G. zunehmend Menschendarstellungen, zum Teil in einer modern-stilisierten Formensprache. G.s Werke waren regelm¨aßig in den Ausstellungen des Wiener K¨unstlerhauses zu sehen, dessen Mitglied er 1907 wurde.

Gorrisch, Walter, auch Gorrish, Pseud. f¨ur Walter Kaiser, Schriftsteller, * 22. 11. 1909 Barmen (heute zu Wuppertal), † 19. 1. 1981 Berlin. Von Beruf Stukkateur, trat G. 1931 in die KPD ein und emigrierte 1933 u¨ ber die Niederlande und Belgien nach Frankreich. Seit 1936 nahm er am Spanischen B¨urgerkrieg teil, wurde 1939 in Frankreich interniert, 1940 an Deutschland ausgeliefert, war 1940-43 im Zuchthaus, anschließend im Strafbataillon und desertierte 1944 zur Roten Armee. Seit 1945 lebte G. in Berlin und war als Offizier der Deutschen Volkspolizei bis 1949 maßgeblich am Aufbau der Polizei

in der Sowjetischen Besatzungszone beteiligt. Als Erz¨ahler (u. a. in Um Spaniens Freiheit, 1946; 1956 Neuaufl. und Verfilmung unter dem Titel Mich d¨urstet) wie als Drehbuchautor griff er autobiographische Elemente auf. In der letzten Erz¨ahlung, Engel im Fegefeuer (1972), schildert er den gesellschaftlichen Umbruch im Herbst 1918. 1961 erhielt G. den Nationalpreis. C DDR

Gorter, Albert, Dirigent, Komponist, * 23. 11. 1862 N¨urnberg, † 14. 3. 1936 Herrsching / Ammersee. Nach seiner Ausbildung an der Kgl. Musikschule in M¨unchen folgte G., Sohn eines Großkaufmanns, dem Ruf von Richard → Wagner und Franz → Liszt nach Bayreuth, wo er gemeinsam mit Engelbert → Humperdinck als B¨uhnenkapellmeister wirkte. Auf Schloß Chenon¸con bei Paris warb er nach Wagners Tod mit Konzerten f¨ur dessen Musik. 1885 erhielt er f¨ur seine kompositorischen Leistungen den Michael-Beer-Preis, verbunden mit einj¨ahrigem Studienaufenthalt in Rom. Seit 1886 war G. Kapellmeister u. a. in Regensburg, Breslau und Karlsruhe, seit 1906 Erster Kapellmeister der Oper und des Gewandhausorchesters in Leipzig, 1920-25 Generalmusikdirektor in Mainz. Mit seinen Kompositionen – Orchester- und Vokalwerke, Kammermusik und Opern, darunter Das s¨uße Gift (1906) – folgte G. den Vorbildern der neudeutschen Schule. C NDB

Gorup von Bes´anez, Eugen Franz Frh., Chemiker, * 15. 1. 1817 Graz, † 24. 11. 1878 Erlangen. G. v. B., Sohn eines k. k. Generals der Kavallerie, studierte Medizin in Wien, Padua und M¨unchen, wo er 1842 mit der Arbeit De prosopalgia promoviert wurde und danach auf dem noch jungen Gebiet der physiologischen Chemie arbeitete. Mit den Untersuchungen u¨ ber die Galle habilitierte er sich 1846 in Erlangen und wurde dort 1849 a. o. Prof., 1855 o. Prof. der Chemie. G. v. B. besch¨aftigte sich eingehend mit den Vorg¨angen des Stoffwechsels, der Wirkung der Fermente bei Pflanzen, dem Einfluß des Ozons auf organische Stoffe und entdeckte die Proteasen in der keimenden Gerste. Seine Werke, darunter das Lehrbuch der Chemie (3 Bde., 1859-62), erlebten zahlreiche Auflagen. G. v. B.’ Auffas¨ sung, daß der theoretischen Uberlegung mehr Beachtung zu schenken sei als der Anschaulichkeit, wenn die Richtigkeit der Theorie erkannt sei, brachte ihn in Gegensatz u. a. zu Justus von → Liebig und provozierte polemische Diskussionen in der Fachpresse. 1850 wurde G. v. B. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Anleitung zur qualitativen und quantitativen zoochemischen Analyse (1850) und Chemische Analyse der Sch¨onbornsquelle bei Kissingen (1878). C NDB

Gorup von Bes´anez, Ferdinand Johann Frh., o¨ sterr. Jurist, * 1. 2. 1855 Saaz (B¨ohmen), † 15. 4. 1928 Wien. G. v. B., Neffe von Eugen Franz → G. v. B., studierte 1873-82 an der Univ. Wien und wurde zum Dr. jur. promoviert. Seit 1883 Konzipient der Wiener Polizeidirektion, trat er 1887 in das Polizeipr¨asidium ein und war seit 1901 Oberpolizeirat und Zentralinspektor der Sicherheitswache. 1903 ver¨offentlichte er Wiener Verkehrs- und Straßenpolizei und Gewerbe- und Marktpolizei. Seit 1908 war G. stellvertretender Polizeipr¨asident, 1914-17 Polizeipr¨asident von Wien und u. a. mit den Untersuchungen der Umst¨ande, die zum Tod des Kronprinzen → Rudolf in Mayerling bei Wien 1889 f¨uhrten, beauftragt.

Gorvin, Joana Maria, eigentl. Gl¨uckselig, Schauspielerin, * 30. 9. 1922 Hermannstadt (Siebenb¨urgen), † 3. 9. 1993 Klosterneuburg (Nieder¨osterreich). G. begann 1939 eine Schauspielausbildung in Berlin und erhielt 1941 eine erstes Engagement am Stadttheater in Potsdam. Unter Gustaf → Gr¨undgens und J¨urgen → Fehling,

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Gos ihrem sp¨ateren Lebensgef¨ahrten, feierte sie ihre gr¨oßten Erfolge. Nach ihrem Berliner Deb¨ut in Caragiales Der verlorene Brief (1943) am dortigen Staatstheater trat sie in Hermann → Sudermanns Johannisfeuer und als Evchen in → Goethes Urfaust auf. F¨ur zwei Jahre ging sie an das Hebbeltheater und spielte u. a. unter Karl Heinz → Stroux in der deutschen Erstauff¨uhrung von Thornton Wilders Wir sind noch einmal davongekommen. Nach einem Gastspiel in Z¨urich wirkte sie in den f¨unziger Jahren unter Gr¨undgens in D¨usseldorf, sp¨ater in Hamburg. Seit 1975 arbeitete sie als freie Schauspielerin und trat u. a. bei den Salzburger Festspielen auf. C Munzinger

Gos, Albert, schweizer. Maler, * 7. 4. 1852 Genf, † 23. 6. 1942 Genf. Mitten aus musikalischen Studien heraus wandte sich G. unter dem Einfluß des Alpenmalers Alexandre Calame der Malerei zu. Kaum zwanzigj¨ahrig, begann er mit jenen Landschaften aus den Berner und Walliser Alpen, die bald regelm¨aßig in Genf und anderen Schweizer St¨adten, h¨aufig auch in Paris und London ausgestellt wurden. Die pathetischstimmungsvolle Darstellung seines Vorbilds Calame f¨uhrte er fort. 1880 und 1887 war G. beim Concours Diday siegreich gegen Ferdinand → Hodler. Den gr¨oßten Erfolg hatte er mit seinen Darstellungen des Matterhorns zu allen Tagesund Jahreszeiten, darunter das Matterhorn von der Riffelalp aus. Im Ersten Weltkrieg bezog G. die schweizer. Grenzbesetzungstruppen als Staffage in seine k¨unstlerischen und patriotischen Absichten ein.

Gosche, Agnes, Lehrerin, * 26. 8. 1857 Halle / Saale, † 14. 3. 1928 Halle / Saale. Nach dem Studium der Kunstgeschichte in Z¨urich, das sie 1899 mit der Promotion abschloß (Simone Martini. Ein Beitrag zur Geschichte der sienestischen Malerei im 14. Jahrhundert), wandte sich G. der P¨adagogik und der Weiterbildung von Frauen zu. 1900 gr¨undete sie in Halle den Verein f¨ur Frauenerwerb und Fortbildung und leitete 1904-11 die Ausbildung von Kinderg¨artnerinnen in dem von Henriette → Goldschmidt in Leipzig gegr¨undeten Lyzeum f¨ur Damen. Als Verfechterin der Ideen Friedrich → Fr¨obels baute sie in Halle den ersten Volkskindergarten auf und u¨ bernahm dort 1911-23 die Leitung der neugegr¨undeten St¨adtischen Frauenschule. 1912 gr¨undete G. in Halle die erste Kinderlesehalle Deutschlands. Sie ver¨offentlichte u. a. Abriß der Kunstgeschichte f¨ur h¨ohere Lehranstalten (1912), Die Aufgabe der Frauenschulen (1919) und Die organisierte Frauenbewegung (1927). C P¨adagoginnen, Bd 2

Gosche, (Hermann) Richard (Adolf), Literaturhistoriker, * 4. 6. 1824 Neundorf (Niederlausitz), † 29. 10. 1889 Halle. G., Sohn eines Pfarrers, studierte seit 1842 Theologie, Orientalische Sprachen, Klassische Philologie und Sanskrit in Leipzig, seit 1844 in Berlin. 1847 promoviert (De ariana linguae gentisque armeniacae indole), wurde er Bibliothekar an der Kgl. Bibliothek in Berlin und begann ein Verzeichnis der arabischen Handschriften. 1853 habilitierte sich G. f¨ur Orientalische Sprachen, lehrte seit 1859 an der dortigen Kriegsakademie Allgemeine Literaturgeschichte, war seit 1860 in diesem Fach a. o. Prof. an der Univ. Berlin und wurde 1862 o. Prof. f¨ur Orientalische Sprachen in Halle. G. war 1857-67 Vorstandmitglied der Deutschen Morgenl¨andischen Gesellschaft in Halle, Mitbegr¨under und Vorstandsmitglied des Allgemeinen Deutschen Schriftstellerverbands, Gr¨under und Herausgeber des „Jahrbuchs f¨ur Literaturgeschichte“ (1865) und des „Archivs f¨ur Literaturgeschichte“ (seit 1870), daneben Feuilletonist der „Saale-Zeitung“. 1874 nahm er als Repr¨asentant des preuß. Kultusministeriums am Internationalen Orientalistenkongreß in London teil. G. gab 1889 eine Neu-

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bearbeitung der → Tieckschen Shakespeare-Ausgabe und → Lessings S¨ammtliche Werke (8 Bde., 1875) heraus. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen ferner Ueber die Lieder und Reime von Strassburg bis zum Beginn der Reformation (1872) und Richard Wagner’s Frauengestalten (1884, 3 1887). G. beging Selbstmord. C IGL

Gosebruch, Martin, Kunsthistoriker, * 20. 6. 1919 Essen, † 17. 9. 1992 Braunschweig. Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft studierte G. 1947-50 in M¨unchen Kunstgeschichte und Arch¨aologie, ¨ wurde mit der Arbeit Uber die Bildmacht der burgundischen Skulptur im fr¨uhen 12. Jahrhundert promoviert und habilitierte sich nach einem Aufenthalt in Rom 1958 in Freiburg / Breisgau (Florentinische Kapitelle von Brunelleschi zum Tempio Malatestiano und der Eigenstil der fr¨uhen Renaissance). Dort zum Prof. ernannt, folgte er 1965 einem Ruf an die TH Braunschweig, wo er sich der regionalen Kunstgeschichte widmete und 1981 bei der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft eine Kommission f¨ur Nieders¨achsische Bau- und Kunstgeschichte gr¨undete. G. ver¨offentlichte u. a. Giotto und die Entwicklung des neuzeitlichen Kunstbewußtseins (1962) und Methodik der Kunstwissenschaft (1970). C Metzler Kunsthistoriker

Gosen, Theodor von, Bildhauer, * 10. 1. 1873 Augsburg, † 3. 4. 1943 Breslau. G. studierte 1892-99 an der M¨unchner Akademie unter Wilhelm von → R¨umann, schloß sich den 1897 gegr¨undeten Vereinigten Werkst¨atten f¨ur Kunst im Handwerk an und verhalf mit seinen kleinplastischen Werken (u. a. Tafelaufs¨atze, Pokale, Schalen, Bildnisplaketten) dem neueren Kunstgewerbe zu großem Aufschwung. Neben diesen Bronzearbeiten entwarf er Broschen und G¨urtelschließen und schuf Prachtger¨ate aus Edelmetallen. 1906 als Prof. an die Kunstakademie in Breslau berufen, wandte er sich auch der Großplastik zu. Zu G.s Hauptwerken z¨ahlen das aus Muschelkalk hergestellte Reiterdenkmal der L¨utzower J¨ager in Zobten (Schlesien), der bronzene Pegasusreiter in Breslau und ein Nackter Bronzeputto am Breslauer Rathaus. Sein Werk, in der Nachfolge von Adolf von → Hildebrand stehend, ist inhaltlich dem Historismus, formal dem Naturalismus verhaftet. Goslar, Hans, Pseud. Hans Steffen, Publizist, Beamter, * 4. 11. 1889 Hannover, † 25. 2. 1945 Konzentrationslager Bergen-Belsen. Nach dem Besuch der Handelshochschule in Berlin und einer Banklehre wurde G., Sohn eines Kaufmanns, Wirtschaftsjournalist bei der nationalliberalen „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“. Er war Mitbegr¨under des Berliner „HerzlKlubs“ der zionistischen kaufm¨annischen Jugend und Mitglied des Zionistischen Jugendvereins Berlin und schrieb Die Krisis der j¨udischen Jugend Deutschlands (1911). Nach dem Ersten Weltkrieg war er Redakteur der Wirtschaftszeitung „Plutus“, seit Ende 1919 Leiter der neugegr¨undeten preuß. Regierungspressestelle und Begr¨under des „Amtlichen Preußischen Pressedienstes“. Als Vertrauensmann von Otto → Braun und geistiger F¨uhrer der preuß. Pressepolitik trat er in zahlreichen Publikationen (u. a. Weimar – trotz alledem!, 1932) und Rundfunkbeitr¨agen f¨ur die Weimarer Demokratie ein. 1926 wurde G. zum Ministerialrat ernannt. 1928-33 saß er f¨ur „Misrachi“ in der Repr¨asentantenversammlung der J¨udischen Gemeinde Berlin. Nach dem sog. Preußenschlag 1932 entlassen, fl¨uchtete G. Anfang 1933 nach Amsterdam, arbeitete dort als Wirtschafts- und Finanzberater und organisierte die Rettung von Juden aus Deutschland. Im November 1943 wurde er verhaftet und nach Westerbork, dann nach Bergen-Belsen deportiert. C Lex dt-j¨ud Autoren

Goßler Goslar, Lotte, T¨anzerin, Choreographin, Ballettdirektorin, * 27. 2. 1907 Dresden, † 16. 10. 1997 Great Barrington (Massachusetts, USA). Die aus einer Bankiersfamilie stammende G. studierte kurzzeitig bei Mary → Wigman und bei Gret → Palucca und feierte dann in Berlin an der Scala und im „Kabarett der Komiker“ erste Erfolge. 1933 emigrierte sie nach Z¨urich, wo sie Mitglied des Kabaretts „Die Pfefferm¨uhle“ wurde, und ging 1937 in die USA. Nach verschiedenen Tourneen und Engagements am Tournabout Theater in Hollywood (1943-53) gr¨undete sie 1954 „Lotte Goslar’s Pantomime Circus“, in dem sie Elemente aus Ballett, Pantomime, Tanz und Zirkus kombinierte. Daneben unterrichtete sie in einer eigenen Tanzschule (u. a. Marilyn Monroe) und war als Choreographin f¨ur den Film t¨atig (u. a. Galileo, nach Bertolt → Brecht). Ihre Autobiographie erschien unter dem Titel Mime, Mask and Marionette (2 Bde., 1979 / 80). C Modern Dance Gosse, Marie-Therese, Lehrerin, * 12. 12. 1876 Berlin, † 13. 3. 1961 Naumburg / Saale. Nach einer Ausbildung als Nadelarbeitslehrerin im LetteVerein in Berlin unterrichtete G. in den Staatlichen Strickschulen in W¨unschelburg, an der Haushaltungs- und Gewerbeschule in Gnesen und in der Abteilung f¨ur Kunsthandarbeiten in Rheydt. 1907-12 war sie Leiterin der Haushaltungsund Gewerbeschule in Danzig, anschließend Direktorin der Ostpreußischen M¨adchengewerbeschule in K¨onigsberg. Als diese 1931 an das Berufsp¨adagogische Institut zur Ausbildung von Gewerbelehrerinnen angeschlossen wurde, wurde G. Direktorin beider Anstalten. 1933 wurde sie zur vorzeitigen Pensionierung gezwungen. C P¨adagoginnen, Bd 2 Gossembrot, Sigmund, auch Gossenbrot, Cosmiprot, Humanist, * 1417 Augsburg, † 31. 1. 1493 Straßburg. Aus einer Patrizierfamilie stammend, studierte G. 1433-36 in Wien die Artes und die Rechte. Nach Augsburg zur¨uckgekehrt, hatte er als Teilhaber einer Handelsgesellschaft nur m¨aßigen Erfolg. Seit 1441 im Rat der Stadt, wurde er 1458 B¨urgermeister. 1461 gab er sein Amt auf und trat ins Kloster St. Johann in Straßburg ein. Schon in Augsburg war er Mittelpunkt einer „congregatio“ von Humanisten. Sein Briefwechsel mit Konrad Saeldner (1457-59) ist das erste literarische Dokument des Streits um die Berechtigung des Humanismus in Deutschland. In Straßburg hatte G. Beziehungen u. a. zu Johannes → Geiler von Kaysersberg. Gegen¨uber Ludwig → Dringenberg wandte er sich 1466 in einem l¨angeren Brieftraktat gegen die Annahme eines Widerspruchs zwischen „doctrina mundana“ und „doctrina divina“. C Killy Gossen, Hermann (Heinrich), National¨okonom, * 7. 9. 1810 D¨uren, † 13. 2. 1858 K¨oln. G., Sohn eines Steuereinnehmers und sp¨ateren Gutsbesitzers, studierte Rechtswissenschaften, wurde Jurist im Staatsdienst und war seit 1847 Privatgelehrter. Er entwickelte eine subjektive Werttheorie, die den wirtschaftenden Menschen mit seinen Bed¨urfnissen in den Mittelpunkt r¨uckt und das Marginalprinzip, zuvor von Johann Heinrich von → Th¨unen zur Erkl¨arung der Produktionsvorg¨ange herangezogen, zur Deutung des Konsumentenverhaltens ben¨utzt. F¨ur den Ablauf der Bed¨urfnisbefriedigung und die daraus resultierende wechselnde Bewertung eines Gutes formulierte G. die beiden nachtr¨aglich so benannten „Gossenschen Gesetze“, die erst in der sp¨ateren Grenznutzenschule Verbreitung fanden. Sein Hauptwerk ist die Entwicklung der Gesetze des menschlichen Verkehrs und der daraus fließenden Regeln f¨ur menschliches Handeln (1854, 31927 mit einem Vorwort von Friedrich von → Hayek; Neudr. 1967). ¨ C Okonomen

Gossen, Paul Friedrich, Ingenieur, Fabrikant, * 13. 12. 1872 Stargard (Pommern), † 30. 6. 1942 N¨urnberg. G., Sohn eines Schlossermeisters, studierte nach einer Ausbildung zum Feinmechaniker an der TH Charlottenburg und arbeitete in verschiedenen Firmen als Ingenieur. 1903 kam er zur Erlanger Reiniger, Gebbert & Schall A.G., die sp¨ater mit der elektromedizinischen Abteilung von Siemens & Halske zu den Siemens-Reiniger Werken verschmolzen wurde. 1908 wechselte er zur Meßger¨atefabrik Siegfried Guggenheimer in N¨urnberg und leitete w¨ahrend des Ersten Weltkriegs vor¨ubergehend die Meßger¨atefabrik bei Reiniger. 1919 gr¨undete er die P. Gossen & Co. K. G., Fabrik elektrischer Meßger¨ate, in Baiersdorf bei Erlangen, die 1920 nach Erlangen und in den folgenden Jahren immer wieder erweitert wurde. G. produzierte zun¨achst Hitzdrahtinstrumente, dann Vielfach- und Lichtmeßger¨ate, die zumeist zum Einbau in Elektrizit¨atswerke, Maschinen oder Radios und Photoapparate dienten. Anfang der dreißiger Jahre geh¨orte er zu den wichtigsten Lieferanten f¨ur Nachrichtentechnik und Luftfahrt. Die Lichtmesser OMBRUX und SIXTUS waren erfolgreiche Markenprodukte f¨ur die Phototechnik. G. wurde 1941 zum Wehrwirtschaftsf¨uhrer ernannt. Bei seinem Tod besch¨aftigte das Unternehmen fast 3000 Personen.

Gosset, Philipp Charles, schweizer. Ingenieur, Topograph, * 11. 3. 1838 Bern, † 24. 3. 1911 Wabern. Der Sohn eines Engl¨anders studierte seit 1855 Physik und Geologie in Bern, Genf und Paris, wo er 1860 sein Diplom erhielt. 1862-64 war G. leitender Ingenieur beim Bau der Jura-Simplon-Bahn in Sitten. Seit 1867 beim Eidgen¨ossischen Generalstabsbureau in Bern, erarbeitete und revidierte er eine Anzahl von Bl¨attern des topographischen Atlasses im Berner Oberland, Gotthardgebiet, Tessin und B¨undner Oberland. Danach sondierte er den Genfersee, den Oeschinen- und den Murtensee; 1874-80 f¨uhrte er die Vermessung des Rhonegletschers durch. F¨ur seine Arbeit u¨ ber Bildung und Bewegung der Gletscher erhielt G. 1879 den Schl¨afli-Preis. In Wabern betrieb er eine „kanadische Baumschule“ mit Versuchen u¨ ber Forstb¨aume und Gartenarchitektur. Goßler, Friedrich Franz Theodor, Franziskaner, * 1. 11. 1800 Magdeburg, † 2. 12. 1856 Wiedenbr¨uck. Nach dem Jurastudium in Berlin und Bonn war G. Assessor am Kammergericht in Berlin und Hamm. 1826 zum Katholizismus konvertiert, trat er vermutlich noch im selben Jahr in das Franziskanerkloster Rietberg (Westfalen) ein. Wegen seines Vorhabens, ein Klarissenkloster zu gr¨unden, geriet er 1843 in Widerstreit mit seinem Orden. Nach einer mit Klarissen unternommenen „abenteuerlichen“ Reise nach Berlin mußte er sich in Rom verantworten, von wo er nach Jerusalem weiterreiste. Bis 1846 lebte G. in den Kl¨ostern zu Dorsten und Hardenberg. Zuletzt unterrichtete er am Progymnasium in Rietberg einige Jahre Hebr¨aisch. Neben Predigten, Gebetb¨uchern, Spr¨uchen ver¨offentlichte er u. a. Pilgerreise nach Jerusalem in den Jahren 1843 und 1844 (4 Bde., 1845-52). C ADB Goßler, Gustav (Konrad Heinrich) von, Politiker, * 13. 4. 1838 Naumburg, † 29. 9. 1902 Danzig. Der Sohn Karl Gustav von → G.s und Bruder des preuß. Kriegsministers Heinrich von → G. studierte in Berlin, Heidelberg und K¨onigsberg die Rechte, trat 1859 in den preuß. Justizdienst ein, war 1865-74 Landrat von Darkehmen und wurde anschließend Hilfsarbeiter im Ministerium des Innern. Seit 1877 Abgeordneter der Deutsch-Konservativen im Reichstag, wurde er 1881 dessen Pr¨asident, 1879 Unterstaatssekret¨ar im preuß. Kultusministerium, 1881 Unterrichtsminister. G.s Verdienst war der Abbau des Kulturkampfes, doch suchte er mit seiner Reform der Volksschule den

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Gossler staatlichen Einfluß auf die Schule zu st¨arken und verbot Polnisch als Unterrichtssprache in den Volksschulen der Provinz Posen. Da seine Maßnahmen auf Widerspruch stießen und er sich u¨ berdies der F¨orderung des Realschulwesens versagte, trat er 1891 zur¨uck und wurde Oberpr¨asident von Westpreußen, wo er sich besonders f¨ur die TH Danzig einsetzte. G. ver¨offentlichte u. a. Ansprachen und Reden (1890). C NDB

Gossler, (Johann) Heinrich, Kaufmann, * 29. 3. 1805 Hamburg, † 10. 9. 1879 Hamburg. Der Sohn von Johann Heinrich → G. durchlief eine kaufm¨annische Lehre und ging 1828 in die USA, um die Handelsbeziehungen der Firma Joh. Berenberg, Gossler & Co. auszubauen. Nach dem Tod des Vaters 1842 f¨uhrte G. das Unternehmen gemeinsam mit seinem Bruder Wilhelm weiter. Kurz nach der Handelskrise 1857 trennten sich die Br¨uder, wobei sich G. als Merchant Banker auf den Banksektor der Firma konzentrierte. Er beteiligte sich an ausl¨andischen Aktienbanken, Schiffahrtsgesellschaften und Industrieunternehmen und gr¨undete 1869 eine Niederlas¨ sung in New York. G. u¨ bernahm zahlreiche Amter in der Hamburger B¨urgerschaft, u. a. als Richter am Niedergericht (1835 / 36), Handelsrichter (1837-39) und Commerzdeputierter (1846 / 47). Er war der Vater von Johann und John Henry → G. C Hamburg Biogr, Bd 2 Goßler, Heinrich von, Milit¨ar, Staatsmann, * 29. 9. 1841 Weißenfels (Sachsen), † 13. 1. 1927 Berlin. G., Sohn von Karl Gustav von → G. und Bruder von Gustav von → G., trat 1860 als Freiwilliger in den preuß. Milit¨ardienst ein und besuchte 1866-69 die Kriegsakademie. Im Deutsch-Franz¨osischen Krieg schwer verwundet, kam er 1871 ins Kriegsministerium, dem er, zuletzt als Chef der Armeeabteilung, bis 1889 angeh¨orte. Danach Direktor des Allgemeinen Kriegsdepartements und Generalleutnant, wurde er 1896 Kriegsminister. G. brachte die Milit¨arStrafgerichtsordnung zum Abschluß und strukturierte das Heer um. 1903 nahm er seinen Abschied. Neben Aufs¨atzen zu Milit¨arfragen ver¨offentlichte G. eine Biographie des Feldmarschalls Albrecht Graf von → Roon. Gossler, Johann (John), seit 1880 Berenberg-Gossler, Kaufmann, Bankier, * 13. 2. 1839 Hamburg, † 8. 12. 1913 Hamburg. Der Sohn von Heinrich → G. wurde in Frankreich, England, Nord- und S¨udamerika kaufm¨annisch ausgebildet und trat 1864 als Partner seines Vaters in die Firma Joh. Berenberg, Gossler & Co. ein. 1879 u¨ bernahm er die Leitung des Unternehmens, war jedoch weniger risikofreudig als sein Vater und l¨oste u. a. die Niederlassungen in New York und Boston auf. 1880 erhielt G. durch Beschluß des Hamburger Senats die Erlaubnis, den Familiennamen Berenberg-Gossler zu f¨uhren. Wegen seines Eintretens f¨ur den Anschluß Hamburgs an das deutsche Zollgebiet wurde G. 1889 der erbliche preuß. Adelstitel verliehen, 1910 kam der Freiherrentitel hinzu. Nach G.s Tod u¨ bernahm sein Sohn Cornelius von Berenberg-Gossler die Leitung der Firma. C Hamburg Biogr, Bd 2 ¨ Papierm¨uller, * 28. 9. 1767 Goßler, Johann Erhard d. A., Neustadt / Pfalz, † 20. 11. 1839. Der Sohn des Papierm¨ullers Michael G. wurde bis 1784 auf der v¨aterlichen Lorchm¨uhle ausgebildet und war dann zehn Jahre auf Wanderschaft. Da die v¨aterliche M¨uhle inzwischen in andere H¨ande u¨ bergegangen war, kaufte G. 1800 in Frankeneck bei Speyer ein Gel¨ande zum Bau einer Papierm¨uhle, die er 1810 erweiterte und zur leistungsf¨ahigsten M¨uhle im Bezirk Speyer ausbaute. 1818 r¨ustete er die Papierm¨uhle mit zwei Holl¨andern aus und baute eine Anlage zur chemischen

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Bleiche der Lumpen. 1826 kaufte er die Papierm¨uhle Annweiler und u¨ bergab sie drei Jahre sp¨ater seinem Schwiegersohn Johann Peter Michel. G.s S¨ohne Heinrich und Johann Jakob → G. f¨uhrten zun¨achst eigene Papierm¨uhlen, die aber nach dem Tod Heinrichs 1843 von Johann Jakob zusammengef¨uhrt wurden.

Goßler, Johann Erhard d. J., Papierfabrikant, * 25. 2. 1835 Frankeneck, † 8. 2. 1916 Frankeneck. ¨ und Sohn Johann Der Enkel Johann Erhard → G.s d. A. Jakob → G.s u¨ bernahm 1859 nach dem Tod seines Vaters die Leitung der Goßlerschen Papierfabrik und stellte im folgenden Jahr den Handbetrieb, der bisher noch neben dem Maschinenbetrieb im Gange war, ein. 1885 wurde neben den Schreib- und B¨ucherpapieren die Produktion eines „Pergamentersatzpapiers“ aufgenommen. Nach seinem Tod ging die Firma an seine beiden T¨ochter u¨ ber, deren eine, Paula, mit dem Oberlenninger Papierfabrikanten Adolf → Scheufelen verheiratet war, so daß die Firma Scheufelen den Goßlerschen Betrieb seit 1925 als Zweigwerk betrieb. C Pf¨alzer Pers Gossler, Johann Heinrich, Kaufmann, Bankier, * 28. 3. 1775 Hamburg, † 3. 4. 1842 Hamburg. ¨ Außerst erfolgreich in der Leitung der Handelsgesch¨afte der Familie, gelang es G., der nach dem Tod seines Vaters Johann Hinrich → G. seit 1798 Teilhaber der Firma Joh. Berenberg, Gossler & Co. war, selbst nach Verlusten w¨ahrend der franz¨osischen Besetzung, das Unternehmen zu konsolidieren. Er baute vor allem den Handel mit S¨udamerika und den Bankbereich der Firma weiter aus, so daß er bald zu den bedeutendsten Merchant Bankers Hamburgs geh¨orte und die Firma selbst die große Handelskrise von 1857 weitgehend unbeschadet u¨ berstand. Seit 1821 war G. Mitglied des Hamburger Senats. 1839 z¨ahlte er zu den Gr¨undungsmitgliedern des Vereins f¨ur Hamburgische Geschichte. G. war der Vater von Heinrich → G. C Hamburg Biogr, Bd 2 Gossler, Johann Hinrich, Kaufmann, * 18. 8. 1738 Hamburg, † 31. 8. 1790 Hamburg. G., Sohn eines Caffamachers, begann 1753 eine kaufm¨annische Lehre und trat kurz darauf in die Firma der Br¨uder Paul und Johann → Berenberg ein. Nach Ablauf seiner Lehrzeit bereiste G. seit 1760 Spanien, Portugal, Frankreich und England. 1768 kehrte er nach Hamburg zur¨uck, heiratete die Tochter Johann Berenbergs und wurde 1769 Partner seines Schwiegervaters. Das Unternehmen hieß fortan Johann Berenberg & Gossler und entwickelte sich unter der Leitung G.s zu einem der f¨uhrenden Handelsh¨auser Hamburgs. Nach G.s Tod f¨uhrte seine Frau das Unternehmen, das nun unter dem Namen Joh. Berenberg, Gossler & Co. firmierte, gemeinsam mit ihrem Schwager und ihrem Schwiegersohn weiter. 1798 wurde G.s Sohn Johann Heinrich → G. TeilhaC Hamburg Biogr, Bd 2 ber. Goßler, Johann Jakob, Papierm¨uller, * 10. 5. 1798, † 15. 11. 1859. ¨ erlernte das PaDer a¨ lteste Sohn Johann Erhard → G.s d. A. piermacherhandwerk und ging 1818 auf Wanderschaft nach Bayern, Sachsen, Westfalen und an den Niederrhein. Sp¨atestens seit 1835 f¨uhrte er eine eigene Papierm¨uhle unter der Bezeichnung J. J. Goßler, die sich seit 1841 „Mechanische Papierfabrik“ nannte und die G. nach dem Tod seines Bruders Heinrich 1843 mit dessen Papierm¨uhle zusammenf¨uhrte. In den f¨unfziger Jahren erweiterte G. seine Fabrik in schneller Folge, schaffte Papiermaschinen und Holl¨ander an, baute ein Dampfkesselhaus und eine Lumpenkocherei. Seine M¨uhle galt als eine der am besten ausgestatteten in der Pfalz. G. war der Vater von Johann Erhard → G. d. J.

Goswin Gossler, John Henry, Kaufmann, * 25. 4. 1849 Hamburg, † 14. 6. 1914 Hamburg. Der j¨ungste Sohn Heinrich → G.s und Bruder von Johann (John) → G. erhielt 1874 Prokura bei Joh. Berenberg, Gossler & Co. und wurde im selben Jahr Teilhaber der Niederlassungen in Boston und New York. Da G. jedoch in eigener Regie vor allem mit Zucker spekulierte und große Verluste machte, mußte er die Firma 1877 verlassen. Mit finanzieller Unterst¨utzung seiner Mutter gr¨undete er mit Julius Warnholz die Firma Warnholz & Gossler, die bedeutende Handelsbeziehungen mit Ost- und S¨udafrika unterhielt. C Hamburg Biogr, Bd 2 Goßler, Karl Gustav von, Jurist, * 26. 5. 1810 Kassel, † 12. 5. 1885 K¨onigsberg. G., Sohn eines Oberjustizrats, wurde nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Berlin und Heidelberg 1835 Kammergerichtsassessor und 1838 Kreisjustizrat sowie Landund Stadtgerichtsdirektor in Weißenfels. In gleicher Funktion ging er 1844 nach Merseburg und 1846 nach Potsdam. 1849 zum Kreisgerichtsdirektor ernannt, wurde G. 1855 Vizepr¨asident am Appellationsgericht in K¨onigsberg, 1864 Erster Pr¨asident des Appellationsgerichts in Insterburg und 1868 Chefpr¨asident des Ostpreußischen Tribunals. Seit 1869 war er Kanzler des K¨onigreichs Preußen, Kronsyndikus und Mitglied des Herrenhauses. Mit der Durchf¨uhrung der Oberlandesgerichte in Ostpreußen 1879 leistete G. einen wichtigen Beitrag zur Vereinheitlichung der Rechtsordnung in Preußen. Er war der Vater von Gustav und Heinrich von → G. C Altpreuß Biogr, Bd 1 Goßmann, Friederike, Schauspielerin, getauft 21. 3. 1838 W¨urzburg, † 15. 8. 1906 Gmunden (Ober¨osterreich). Die Tochter eines Gymnasialprofessors und einer Konzertund Operns¨angerin nahm in M¨unchen bei Konstanze Dahn Schauspielunterricht und deb¨utierte dort 1853. Nach Engagements in W¨urzburg und K¨onigsberg kam sie 1855 an das Thalia-Theater nach Hamburg, 1857 an das Wiener Burgtheater, wo sie bis zu ihrer Heirat mit dem Diplomaten Anton → Prokesch von Osten 1861 t¨atig war. Bis 1867 unternahm G. Gastspielreisen nach Deutschland, in die Niederlande und nach Rußland. Als anmutige Darstellerin naiv-sentimentaler Figuren erlangte sie große Popularit¨at und wurde enthusiastisch gefeiert, u. a. als Grille in dem gleichnamigen St¨uck von Charlotte → Birch-Pfeiffer, als Marianne in → Goethes Geschwistern und als Ibsens Nora. Seit 1869 lebte G. in Graz, zuletzt in Gmunden. Ihre Erinnerungen vero¨ ffentlichte sie unter dem Titel Mein ‚Grillenzimmer‘ (1892). C NDB

Goßmann, Gerhard, auch Gossmann, Graphiker, Illustrator, * 1. 11. 1912 Guben, † 25. 7. 1994 F¨urstenwalde. Nach einer Lithographenlehre (1928-32) und dem Besuch der H¨oheren Graphischen Fachschule in Berlin arbeitete G. freischaffend und wurde 1930 Mitglied der Assoziation Revolution¨arer Bildender K¨unstler Deutschlands. Weltbekannt wurde seine Gestaltung des Schutzumschlags f¨ur die Erstausgabe von Margaret Mitchells Vom Winde verweht. Nach dem Zweiten Weltkrieg gr¨undete G. mit Otto → Nagel den Brandenburgischen Kulturbund und arbeitete als Lehrer f¨ur Kunsterziehung und Geschichte in F¨urstenwalde / Spree. Seit 1955 wieder als freischaffender Graphiker t¨atig, war er langj¨ahriger Vorsitzender des Bezirksverbandes Frankfurt / Oder im Verband Bildender K¨unstler der DDR sowie Stadtverordneter in F¨urstenwalde. Er unternahm Reisen durch Osteuropa, nach Kuba, Korea, China und bis in die Mongolei; die dort gewonnenen Eindr¨ucke fanden Eingang in seine mehr als 5000 Illustrationen, 250 Gem¨alde und rund 2000 Graphiken und Aquarelle. Er illustrierte On-

kel Toms H¨utte, Robinson Crusoe und Der letzte Mohikaner ebenso wie Werke von Cervantes, → Hauff und E. T. A. → Hoffmann; zu den Dramen Heinrich von → Kleists schuf er große Radierzyklen. C BBL

Goßner, Balthasar, Mineraloge, * 3. 1. 1877 Zaiertshofen (Bayern), † 7. 11. 1937 H¨urben bei Krumbach (Schwaben). G. studierte in M¨unchen, W¨urzburg und Leipzig, wurde 1902 in M¨unchen mit der Dissertation Untersuchung polymorpher K¨orper promoviert und war Assistent am Mineralogischen Institut der Univ. M¨unchen, wo er sich 1908 mit der Arbeit Beitr¨age zur Kenntnis der Isomorphie f¨ur Mineralogie habilitierte. 1920 wurde er a. o. Prof. in T¨ubingen, 1925 o. Prof. der Mineralogie und Kristallographie an der Univ. M¨unchen und bald danach Direktor der Mineralogischen Staatssammlung. G. ver¨offentlichte u. a. Kristallberechnung und Kristallzeichnung (1914), Der chemische Bau der Silikate (1923) und Lehrbuch der Mineralogie (1924). C Reichshandbuch

Goßner, Johannes Evangelista, kath, dann evang. Theologe, Missionar, * 14. 12. 1773 Hausen (Kr. G¨unzburg), † 30. 3. 1858 Berlin. G., Sohn eines Landwirts, empfing 1796 in Dillingen die Priesterweihe und wurde 1802 Domkaplan in Augsburg, wo er mit kath. Reformern in Kontakt kam. 1812-19 u¨ bersetzte er in M¨unchen das Neue Testament, ging danach als Religionslehrer nach D¨usseldorf und trat 1826 zur evang. Kirche u¨ ber. 1829 wurde G. Pfarrer der b¨ohmisch-lutherischen Bethlehemgemeinde in Berlin, wo er besonders im sozialen Bereich wirkte. 1833 gr¨undete er einen M¨anner- und einen Frauenkrankenverein, 1834 eine Kleinkinderbewahranstalt, 1837 das Elisabeth-Krankenhaus. Die von ihm 1836 errichtete Missionsgesellschaft (Goßner-Mission) gr¨undete Missionsstationen in Indien, Kenia, Nepal und Sambia und ein Arbeitszentrum f¨ur Industrieseelsorge in Mainz-Kastel. ¨ G. verfaßte u. a. das Herzb¨uchlein (1812), das mit 26 Ubersetzungen einer der popul¨arsten Missionstraktate wurde, und Schatzk¨astchen, enthaltend biblische Betrachtungen auf alle Tage im Jahr zur Bef¨orderung h¨auslicher Andacht und Gottseligkeit (1824). C TRE

Gosswin, Anton, auch Goßwein, Cosuvino, Jusonius Praun, Josquinus, Komponist, * um 1546 L¨uttich (?), † 1597 / 98. G. wurde 1568 B¨urger von M¨unchen, nachdem er bereits zuvor Altist an der M¨unchner Hofkapelle gewesen war, und u¨ bernahm 1569 von Ivo de → Vento das Kapellmeisteramt in der Landshuter Kapelle des Erbprinzen → Wilhelm. Nach deren Aufl¨osung 1570 kehrte er als S¨anger an die M¨unchner Hofkapelle zur¨uck, bis er 1579 infolge der Sparmaßnahmen durch Herzog → Albrecht V. entlassen wurde. Seit 1580 Kapellmeister beim Freisinger Bischof, Wilhelms j¨ungerem Bruder, folgte G. diesem 1584 nach Bonn. Als S¨anger und Kapellmeister wirkte er 1562 bei der Kaiserkr¨onung → Maximilians und auf den Regensburger Reichstagen 1576 und 1594 mit. 1574 verlieh ihm der Kaiser ein B¨urgerwappen. W¨ahrend G. als Komponist von Liedern (Newe teutsche Lieder, 1581), Madrigalen, Motetten und Messen der Tradition seines Lehrers Orlando di → Lasso verhaftet blieb, zeigte er mit der sechsstimmigen Motette Ad te levavi eigenen Stil. C MGG

Goswin von Herike, Deutschordensmeister in Livland, † 10. 9. 1359. G. hatte 1342 die neuerrichtete Marienburg an der Ostgrenze gegen¨uber Pleskau inne, war 1343 Komtur von Fellin und 1343-45 stellvertretender Hauptmann von Reval. 1345 erfolgte seine Wahl zum Meister des livl¨andischen Ordenszweiges. Er erwarb das bis dahin der d¨anischen Krone unterstellte Herzogtum Estland nach langen Verhandlungen 1346 f¨ur 19 000 Mark b¨ohmischen Silbers f¨ur den Orden.

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Goswin Goswin von Marienberg, Benediktiner, Chronist, † nach 1393 Marienberg / Vinschgau. G. und sein Bruder Albert kamen als Kinder ins Stift Marienberg bei Burgeis im S¨udtiroler Vinschgau. Seit etwa 1348 Diakon, empfing er 1349 die Priesterweihe und wurde Prior, ¨ 1374 Hofkaplan Herzog → Leopolds III. von Osterreich. Nach 1393 verlieren sich seine Spuren. 1349 verfaßte G. ein Antiphonar und andere Musikhandschriften, 1353 stellte er ein Urbar von Marienberg zusammen. Am bedeutendsten ist seine Chronik Registrum monasterii Montis sancti Marie (1374), die ihn zum einzigen namhaften Historiographen Tirols im Mittelalter machte. Im Zentrum steht die Geschichte des etwa 1100 gegr¨undeten Klosters, das um 1150 von Schuls im Engadin nach Marienberg verlegt wurde. G.s prim¨ares Anliegen war es, durch zahlreiche Urkundentexte die Besitzrechte des Klosters unanfechtbar festzuhalten. C VL Goth, Trudy, T¨anzerin, Journalistin, * 31. 5. 1913 Berlin, † 12. 5. 1974 Florenz. Nach ihrem Tanzunterricht bei Harald → Kreutzberg studierte G. Photographie in Wien, Budapest und Berlin sowie Journalismus an der Univ. Florenz. 1934 emigrierte sie nach Italien, wo sie Assistentin von Angiola Sartorio war, Tourneen f¨ur das Ballett der Oper von Florenz organisierte und selbst beim Maggio Musicale Fiorentino auftrat. 1939 ging G. in die USA, studierte Tanz u. a. bei Agnes de Mille und wurde Solot¨anzerin des New York City Ballet. An der Columbia University in New York schloß sie das Journalismusstudium ab, war 1948-51 Pressesprecherin der Musikfeste in Venedig und schrieb Kritiken f¨ur internationale Opern- und Ballettzeitschriften. 1951-60 betreute G. die Konzertauftritte des Dirigenten Dimitri Mitropoulos und war 1960-65 Presseverantwortliche der Opernfestspiele von Wien, Berlin, Florenz und Salzburg. Seit Mitte der sechziger Jahre lebte sie in Italien. C Exiltheater Gothan, Walther (Ulrich Eduard Friedrich), Pal¨aobotaniker, * 28. 8. 1879 Woldegk (Mecklenburg), † 30. 12. 1954 Berlin. Nach einem bergm¨annischen Praktikum studierte G., Sohn eines T¨opfermeisters, seit 1899 an den Bergakademien Clausthal und Berlin Geologie und Bergbau, 1903 / 04 an der Univ. Berlin Botanik und Chemie. 1905 in Jena mit der Arbeit Zur Anatomie lebender und fossiler GymnospermenH¨olzer promoviert, habilitierte er sich 1908 an der TH Berlin. 1903 wurde er Assistent an der Preußischen Geologischen Landesanstalt, 1913 Sammlungskustos, 1927 Bezirksgeologe, 1929 Landesgeologe und 1938 Abteilungsleiter. Seit 1908 Privatdozent, wurde G. 1926 a. o. Prof. an der TH Berlin, 1927 Honorarprofessor; seit 1947 war er Prof. der Pal¨aobotanik. Der Schwerpunkt seiner Forschung lag in der morphologisch-systematischen Beschreibung der Steinkohlenflora. Die Terti¨arflora untersuchte er bez¨uglich Bildung und Klassifikation der Braunkohle und wurde damit zum Begr¨under der Kohlenpetrographie. Zu G.s Werken z¨ahlen Leitfossilien (1908), eine Neubearbeitung des Lehrbuchs der ¨ Pal¨aobotanik (1921) von Henry → Potoni´e, Uber den fossilen Kautschuk (1950), Die Entstehung der Kohle (1951), Die Geschichte der Pal¨aobotanik und ihrer Ausweitungen in Berlin (1951) und Steinkohlenpflanzen (1957, mit Winfried Remy). C NDB Gothein, Eberhard, National¨okonom, Kulturhistoriker, * 29. 10. 1853 Neumarkt (Niederschlesien), † 13. 11. 1923 Berlin. G., Sohn eines Arztes und Bruder von Georg → G., schloß das Studium (seit 1872) der Geschichte und Volkswirtschaftslehre in Breslau und Heidelberg, u. a. bei Philipp → Erdmannsd¨orfer, 1877 mit der Promotion zum Dr. phil.

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ab (Der gemeine Pfennig auf dem Reichstage von Worms). 1878 in Breslau habilitiert (Politische und religi¨ose Volksbewegungen vor der Reformation), wurde er 1885 o. Prof. f¨ur National¨okonomie an der TH Karlsruhe, 1890 an der Univ. Bonn und 1905 o. Prof. f¨ur National¨okonomie und Finanzwissenschaft mit einem Lehrauftrag f¨ur Kulturgeschichte an der Univ. Heidelberg, der er 1914 / 15 als Prorektor vorstand. G. hatte maßgeblichen Anteil an der Gr¨undung der Handelshochschule K¨oln (Er¨offnung 1901) und der Wirtschaftshochschule Mannheim (Er¨offnung 1909). 1912-17 war er Vorsitzender der Badischen Historischen Kommission, 1912-19 Stadtverordneter in Heidelberg und 1919-21 Mitglied der Badischen Verfassunggebenden Nationalversammlung bzw. des Badischen Landtags. Schon in seinem ersten Hauptwerk Culturentwicklung S¨ud-Italiens in Einzeldarstellungen (1886) verband G. in der Nachfolge von Jacob → Burckhardt und Wilhelm → Dilthey Quellenforschung mit kritischer Erz¨ahlkunst und vollendete diese Darstellungsform in der Wirtschaftsgeschichte des Schwarzwaldes und der angrenzenden Landschaften (Bd. 1, 1892, Nachdr. 1970). Universalgeschichtlich motiviert, verband G. Wirtschafts- und Geistesgeschichte zu einer weitgespannten Kulturgeschichte (u. a. Schriften zur Kulturgeschichte der Renaissance, Reformation und Gegenreformation, 2 Bde., 1924). 2006 erschien der Briefwechsel mit seiner Frau Marie Luise → G., mit der er seit 1885 verheiratet war, unter dem Titel „Im Schaffen genießen“ (hrsg. von Michael Maurer, Johanna S¨anger und Editha Ulrich). G. war der Vater von Percy → G. C Bad Bio N.F., Bd 2

Gothein, Georg, Politiker, * 15. 8. 1857 Neumarkt (Niederschlesien), † 22. 3. 1940 Berlin. Nach dem Studium in Breslau und an der Berliner Bergakademie war G., Bruder von Eberhard → G., 1885-87 Generalsekret¨ar des Oberschlesischen Berg- und H¨uttenm¨annischen Vereins, danach Bergrevierbeamter und 1893-1901 Syndikus der Handelskammer Breslau. Seit 1889 Stadtverordneter im schlesischen Waldenburg, war G. 1893-1903 Abgeordneter der Freisinnigen im preuß. Landtag und 1901-18 Reichstagsmitglied, seit 1910 f¨ur die Fortschrittspartei. Der Gegner der Flottenr¨ustung war 1918 Mitbegr¨under der Deutschen Demokratischen Partei, Mitglied der Nationalversammlung und Reichsschatzminister im Kabinett → Scheidemann. Aus Protest gegen den Versailler Vertrag trat er noch im selben Jahr mit dem Kabinett zur¨uck. 1920-24 geh¨orte er erneut dem Reichstag an. G. ver¨offentlichte Beitr¨age im „Berliner Tageblatt“, in der Wiener „Neuen Freien Presse“ und in der „Nation“ und mehrere B¨ucher, u. a. China und Japan (1934). C Reichshandbuch

Gothein, Marie Luise, geb. Schr¨oter, Schriftstellerin, * 12. 9. 1863 Passenheim (Ostpreußen), † 24. 12. 1931 Heidelberg. Als Tochter eines Gerichtsrats in Ostpreußen und Schlesien aufgewachsen, hatte G. in Breslau Schulunterricht bei Eberhard → G., den sie 1885 heiratete. Sie war u. a. mit dem Kunsthistoriker Paul → Clemen, dem Arch¨aologen Georg → Karo und dem Literaturhistoriker Friedrich → Gundolf bekannt. G. ver¨offentlichte u. a. die Biographien William Wordsworth. Sein Leben, seine Werke, seine Zeitgenossen (1893) und John Keats. Leben und Werke (2 Bde., 1897), gab eine Geschichte der Gartenkunst (2 Bde., 1914) heraus und u¨ bersetzte aus dem Englischen. Von besonderer Bedeutung war ihre Nachdichtung der Hohen Lieder (Gitanjali) des Rabindranath Tagore (1914); mit der Verleihung des Literaturnobelpreises an Tagore 1913 wurde auch G. weithin bekannt. 1931 verlieh ihr die Philosophische Fakult¨at der Univ. Heidelberg die Ehrendoktorw¨urde. G. war die Mutter von Percy → G. C Hahn

Gotter Gothein, Percy, Pseud. Peter von Uri, Lyriker, Erz¨ahler, * 22. 5. 1896 Bonn, † 22. 12. 1944 Konzentrationslager Neuengamme. Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem er schwer verwundet wurde, studierte G., Sohn von Eberhard und Marie Luise → G., Philosophie und Romanistik in Heidelberg, Berlin, G¨ottingen und M¨unchen und wurde 1923 mit der Arbeit Die antiken Reminiscenzen in den Chansons de geste promoviert. Nach l¨angeren Studienaufenthalten in Italien wurde er 1926 wissenschaftlicher Assistent an den Romanischen Seminaren der Universit¨aten Bonn und K¨oln und wirkte 1930 an der Gr¨undung des Runde-Verlags in Berlin mit. Vor seiner Emigration 1936 nach Italien ver¨offentlichte G., der zum Kreis um Stefan → George geh¨orte, neben einem Gedichtband das Werk Francesco Barbaro. Fr¨uh-Humanismus und Staatskunst in Venedig (1932); 1939 erschien das Spiel Tyrannis. 1943 ging er in die Niederlande, um im Namen des Kreisauer Kreises Kontakt u. a. zur britischen Regierung aufzunehmen. Nach dem 20. Juli 1944 verhaftet, kam G. im selben Jahr im Konzentrationslager Neuengamme ums Leben. 1953 erschienen Begegnungen mit dem Dichter. Aus einem Erinnerungsbuch. C Lex dt-j¨ud Autoren

Gothofredus, Dionysius, auch Denis Godefroy, Jurist, * 17. 10. 1549 Paris, † 7. 9. 1622 Straßburg. Nach seinem Studium in L¨owen, K¨oln und Heidelberg war G. wahrscheinlich am Pariser Cour de Parlament t¨atig, mußte ¨ Paris aber wegen seines Ubertritts zum Calvinismus 1579 verlassen. Er ging nach Genf, wo er zehn Jahre als Prof. r¨omisches Recht lehrte und 1587 in den Rat der Zweihun¨ dert aufgenommen wurde. Uber Straßburg (1591) kam er 1600 nach Heidelberg, wo er die juristische Lehrmethodik reformierte, u¨ bernahm 1618 im Auftrag des Pfalzgrafen → Friedrich V. eine Gesandtschaft beim franz¨osischen K¨onig und mußte 1621 vor den Truppen → Tillys aus Heidelberg nach Straßburg fliehen. Seine Bedeutung f¨ur die Rechtswissenschaft beruht vor allem auf der Herausgabe des Corpus juris civilis (1583), einer Kompilation aller Werke der Justinianischen Gesetzgebung mit eigenem Kommentar, die in zahlreichen Auflagen bis ins 18. Jh. erschien. C NDB

Gotsche, Otto, Politiker, Schriftsteller, * 3. 7. 1904 Wolferode bei Eisleben, † 17. 12. 1985 Berlin. Zu Beginn seiner Klempnerlehre 1918-21 trat G., Sohn eines Schuhmachers und Bergmanns, dem Spartakusbund bei, war 1921-23 Unterbezirksleiter des kommunistischen Jugendverbandes in Mansfeld und wurde Funktion¨ar der KPD. 1933 / 34 im Konzentrationslager Sonnenburg interniert, arbeitete er bis zum Kriegsende im Widerstand. Nach 1945 war er Landrat in Eisleben, dann als Ministerialdirigent im Innenministerium von Sachsen-Anhalt t¨atig, ehe er 1949 pers¨onlicher Referent Walter → Ulbrichts wurde. 1960-71 war G. Sekret¨ar des Staatsrats, 1963-71 Abgeordneter und Mitglied des Pr¨asidiums der Volkskammer und seit 1966 Mitglied des Zentralkomitees der SED. G. verfaßte Romane und Erz¨ahlungen aus der Arbeiterbewegung. Sein erfolgreichster Roman Die Fahne von Kriwoj Rog (1959) beschreibt das Leben einer Bergarbeiterfamilie im Widerstand vom Ende der zwanziger Jahre bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. C Killy

Gotschlich, Emil (Carl Anton Constantin), Hygieniker, * 28. 3. 1870 Beuthen (Oberschlesien), † 19. 12. 1949 Heidelberg. G., Sohn eines Gymnasialoberlehrers, studierte seit 1889 Medizin in Breslau, wo er 1894 promoviert wurde (Beitr¨age zur Kenntnis der S¨aurebildung und des Stoffumsatzes im quergestreiften Muskel). Auf Ersuchen Robert → Kochs wurde er 1896 als Direktor an das St¨adtische Gesundheitsamt

¨ von Alexandria (Agypten) gesandt; er hatte dieses Amt bis Kriegsbeginn 1914 inne. 1915 wurde er Direktor des Instituts f¨ur Hygiene und Infektionskrankheiten in Saarbr¨ucken. 1917 u¨ bernahm G. das Ordinariat f¨ur Hygiene in Gießen, von 1926 bis zur Emeritierung 1935 das in Heidelberg. Bis 1941 leitete er das Zentral-Hygieneinstitut in Ankara (T¨urkei) und vertrat nach Kriegsende seinen alten Lehrstuhl in Heidelberg. Mit seiner Auffassung der Hygiene als Wissenschaft von den Umgebungsfaktoren unter Einbeziehung aller zivilisatorischen wie kulturellen Aspekte bek¨ampfte G. ¨ in Agypten 1899 die Pest und 1902 die Cholera. Er ver¨offentlichte u. a. Die Variabilit¨at der Mikroorganismen in allgemeiner biologischer Hinsicht (1924) und Handbuch der hygienischen Untersuchungsmethoden (3 Bde., 1926-29). C NDB

Gottberg, Walter Philipp Werner von, Milit¨ar, * 6. 12. 1823 K¨onigsberg, † 9. 5. 1885 K¨onigsberg. G., Sohn eines Oberstleutnants, trat 1835 in die preuß. Armee ein, nahm 1866 als Bataillonskommandeur am Krieg ge¨ gen Osterreich teil und wurde Generalstabschef in den Elbherzogt¨umern. 1870 war er im Deutsch-Franz¨osischen Krieg Oberquartiermeister der 3. Armee. Seit 1871 im Dienst des Kronprinzen von Preußen, war er u. a. Milit¨argouverneur von dessen S¨ohnen → Wilhelm und Heinrich. G. wurde 1876 Generalleutnant, 1877 Kommandeur in Stuttgart, 1881 Gouverneur von Straßburg, 1883 General in K¨onigsberg. C Altpreuß Biogr, Bd 3 Gotter, Friedrich Wilhelm, Schriftsteller, * 3. 9. 1746 Gotha, † 18. 3. 1797 Gotha. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften 1763-66 in G¨ottingen trat G., Sohn eines Archivars und Legationsrats, in den Staatsdienst von Sachsen-Gotha ein und wurde 1767 gothaischer Legationssekret¨ar beim Reichskammergericht in Wetzlar. Als Hofmeister zweier Adliger 1768 / 69 wieder in G¨ottingen, begr¨undete er 1769 mit Heinrich Christian → Boie und Abraham Gotthelf → K¨astner den „G¨ottinger Musenalmanach“. 1770-72 erneut Legationssekret¨ar in Wetzlar, geh¨orte er dem Kreis um → Goethe an. Seit 1772 lebte G. als herzoglicher Geheimsekret¨ar in Gotha, wo er das Hoftheater w¨ahrend dessen bedeutendster Epoche unter Conrad → Ekhof f¨orderte, u. a. auch die Schauspieler August Wilhelm → Iffland und Heinrich → Beck. Er u¨ bertrug franz¨osische Kom¨odien und schrieb eigene Lust- und Singspiele, darunter Die Geisterinsel nach Shakespeares Sturm, die, von Goethe ger¨uhmt, → Schiller 1797 in den „Horen“ ver¨offentlichte. G. verfaßte auch mehrere klassizistische St¨ucke nach franz¨osischem Muster, darunter Orest und Elektra (1774) und Medea (1775). Seine Lyrik (Gedichte, 3 Bde., 1787-1802) bewegte sich mit gleicher Leichtigkeit im anakreontischen, rokoko-witzigen und moralisch-empfindsamen Zeitstil. G.s Tochter Pauline wurde 1812 die zweite Gattin Friedrich Wilhelm Joseph von → Schellings. C Killy Gotter, Gustav Adolf Graf von, Diplomat, * 26. 3. 1692 Gotha, † 28. 5. 1762 Berlin. G. begleitete 1715 seinen Vater, einen gothaischen Kammerdirektor, nach Wien, wo er rasch Einfluß gewann, besonders bei Prinz → Eugen. 1717 wurde er Gesch¨aftstr¨ager und 1720 Gesandter. 1732 wurde er Gesandter Preußens in Wien, vertrat daneben auch W¨urttemberg. 1736 zog sich G. auf sein Schloß Molsdorf bei Gotha zur¨uck und legte die sp¨atere Herrnhutergemeinde Neudietendorf an. Seit 1740 Oberhofmarschall in Berlin, kehrte er 1745 krank nach Molsdorf zur¨uck. G. lebte danach am Gothaer Hof, kam 1753 erneut nach Berlin und war bis zu seinem Tod einer der f¨unf Minister des Generaldirektoriums. C NDB

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Gotter ¨ Gotter, Ludwig Andreas, Liederdichter, Ubersetzer, * 26. 5. 1681 Gotha, † 19. 9. 1735 Gotha. G. war in seiner Heimatstadt seit 1719 Geheimsekret¨ar, sp¨ater Hof- und Assistenzrat und Minister. Er geh¨orte zu den besten Liederdichtern des Halleschen Pietismus. W¨ahrend seine Werke zun¨achst vereinzelt und anonym im Geistreichen Gesangbuch (1697, 1698) erschienen, fanden sie sp¨ater vor allem durch Johann Anastasius → Freylinghausens Gesangb¨ucher (1704, 1714) weite Verbreitung, u. a. Schaffet, schaffet, Menschenkinder, schaffet eure Seligkeit und Womit soll ich Dich wohl loben? Die meisten seiner 150 Psalmen¨ubersetzungen blieben ungedruckt. C MGG

Gottesmann, Hugo, Musiker, * 8. 4. 1896 Wien, † Juli 1970 Bay View (Michigan, USA). G., Sohn eines Gesch¨aftsmanns, studierte Rechtswissenˇ c´ıc an schaft an der Univ. Wien und Geige bei Otakar Sevˇ der dortigen Musikakademie. 1916-22 war er Konzertmeister der Wiener Symphoniker, mit denen er unter Bruno → Walter, Richard → Strauss und Wilhelm → Furtw¨angler konzertierte. G. gr¨undete das „Gottesmann Quartett“, das sich der Pflege zeitgen¨ossischer Musik widmete. Seit 1926 war er a. o. Prof. f¨ur Violine und Kammermusik an der Wiener Musikakademie. 1928 spielte G. anl¨aßlich des 100. Todestages von Franz → Schubert dessen komplettes QuartettŒuvre. Nach Gastaufenthalten als Dirigent in G¨oteborg und Rom emigrierte G. 1936 in die USA, wo er ein neues Quartett gr¨undete. Dem Adolf-Busch-Quartett, dessen Mitglied er sp¨ater wurde, geh¨orte er bis zu dessen Aufl¨osung 1952 an. G. war von 1943 bis zu seinem Tod Mitglied des Summer College in Bay View (Michigan) und leitete dort die Streicherabteilung.

Gottfried I., Graf von Arnsberg, erw¨ahnt 1124-68. G. war der Sohn des Utrechter Burggrafen Heinrich von Cuijk. Als Schwiegersohn des Grafen → Friedrich des Streitbaren erbte er 1124 dessen Besitzungen in Westfalen. Mit seinem Bruder Hermann erschlug er in einer Fehde 1133 Graf Florenz von Holland, wof¨ur er von Kaiser → Lothar III. verbannt wurde. 1136 geriet er in Streit mit dem k¨olnischen Soest. G. stand in der Gunst K¨onig → Konrads III., der ihm die Erlaubnis zum Burgenbau innerhalb seines Territoriums erteilte, und verkehrte h¨aufig an dessen wie an → Friedrichs I. Hof. C NDB

Gottfried II., Graf von Arnsberg, erw¨ahnt 1185 - um 1235. Ziel der Politik G.s, dessen Vater Heinrich 1200 als M¨onch starb, war, eine unabh¨angigere Stellung gegen¨uber dem Erzstift K¨oln zu erlangen, das etwa 1164 die Lehnshoheit u¨ ber den arnsbergischen Allodialbesitz erworben hatte und seit dem Sturz → Heinrichs des L¨owen vorherrschende Macht im s¨udlichen Westfalen war. Im Thronstreit zwischen Staufern und Welfen stellte er sich gegen Erzbischof → Adolf von K¨oln; 1200 schloß G. mit ihm Frieden, nachdem er eidlich seine Treue zum Erzstift bekundet hatte. Daf¨ur erhielt G. die H¨alfte der Eink¨unfte aus der neugegr¨undeten Stadt ¨ R¨uthen. 1218 nahm er am Kreuzzug gegen Agypten teil, zeigte sich in der Folgezeit gegen¨uber Klosterstiftungen sehr freigebig und stand mit den K¨olner Erzbisch¨ofen in gutem Einvernehmen. C NDB

Gottfried III., Graf von Arnsberg, * nach 1210, † 1281. Trotz einer schweren Niederlage im Zusammenstoß mit dem K¨olner Erzbischof → Konrad von Hochstaden stand G. w¨ahrend der Streitigkeiten in Westfalen auf K¨olner Seite und war einer der F¨uhrenden in dem Bund, der 1254 den Paderborner Bischof Simon von der Lippe besiegte und gefangensetzte. 1277 kehrte G. zur antik¨olnischen Politik zur¨uck. Doch Konrad kam G. durch schnellen Zugriff zuvor und erzwang Frieden. Wenig erfolgreich mit a¨ ußeren Unternehmungen, gelang G. der innere Ausbau seines Territoriums,

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indem er 1237 / 38 Arnsberg zur Stadt erhob, 1263 Neheim befestigte und 1265 volle Rechte an Eversberg erwarb. C NDB

Gottfried IV., Graf von Arnsberg, † 21. 2. 1371. Die Regierungszeit G.s, des Sohnes des Grafen Wilhelm von Arnsberg, war wie die seiner Vorg¨anger durch das Verh¨altnis zu K¨oln gepr¨agt. 1339 verlieh ihm Erzbischof → Walram das Landmarschallamt in Westfalen. Es kam jedoch bald zu schweren Auseinandersetzungen. Gemeinsam mit Graf Adolf von der Mark zerst¨orte G. 1343 das k¨olnische Menden und 1356, diesmal allein, Winterberg. Inzwischen war Adolf auf die Seite K¨olns getreten und gewann 1354 von G. die Herrschaft Fredeburg und 1367 auch deren Burg, nachdem er 1366 die Stadt Arnsberg niedergebrannt hatte. Den Frieden von 1367 vermittelte der k¨olnische Koadjutor → Konrad von Falkenstein, der G. 1368 veranlaßte, seine Grafschaft in einem Scheinkauf an das Erzstift K¨oln abzutreten. G. wurde im Dom zu K¨oln begraben. C NDB

Gottfried von Hohenlohe, Hochmeister des Deutschen Ordens, * um 1265, † 19. 11. 1310 Marburg. Im Alter von 14 ahren trat G. in den Deutschen Orden ein und war 1290 Landkomtur von Franken, 1294-97 Deutschmeister. 1297 w¨ahlte man ihn in Venedig zum Hochmeister. Auf einen dringenden Ruf von Ordensbr¨udern reiste G. nach Preußen. Doch schon 1302 mußte er in Memel vorl¨aufig, ein Jahr sp¨ater in Elbing endg¨ultig von seinem Amt zur¨ucktreten. Sp¨ater widerrief G. seine Abdankung und bereitete seinem Nachfolger in Marienburg, → Siegfried von FeuchtC NDB wangen, Schwierigkeiten.

Gottfried (I.), Herzog von Niederlothringen, † 964. G., Sohn des Pfalzgrafen Gottfried, wurde von dem K¨olner Erzbischof → Bruno, dessen Sch¨uler und Vertrauter er war, vermutlich im Jahr nach der Niederwerfung des Grafen Reginar III. (958) als Herzog von Niederlothringen eingesetzt. Schon fr¨uher hatte G. dort einige Grafschaften besessen, und m¨oglicherweise geht der Bau der Burgen Valenciennes und Eename an der Schelde auf ihn zur¨uck. 964 schickte ihn Bruno mit einem Lothringer Heer nach Italien, wo G. noch im selben Jahr an einer Seuche starb. C LexMA Gottfried I., Herzog von Niederlothringen, † 26. 9. 1023. Zun¨achst Graf in den Ardennen, schloß sich G., Sohn des Grafen Gottfried von Verdun, 1002 K¨onig → Heinrich II. an, der ihn 1012 zum Nachfolger von Herzog Otto im Herzogtum Niederlothringen machte. Doch gelang es ihm nicht, sich gegen die Grafen von Hennegau, L¨owen, Holland und Elsaß durchzusetzen. Nach zwei Siegen 1015 und 1017 brachte ihm Dietrich von Holland 1018 eine schwere Niederlage bei, wobei er verwundet und gefangengenommen wurde. G. starb kinderlos; ihm folgte sein Bruder → Gozelo I. C LexMA Gottfried II. der B¨artige, Herzog von Ober- und Niederlothringen, * vor 1026, † 21. 12. 1069 Verdun. Seit 1026 als Graf von Verdun und Vogt des Klosters St. Vannes bezeugt, u¨ bertrug Kaiser → Heinrich III. 1044 G., Sohn → Gozelos I., das Herzogtum Oberlothringen und seinem schwachsinnigen Bruder Gozelo II. Niederlothringen. Mit dem Ziel, die beiden Lothringen wiederzuvereinen, emp¨orte sich G. 1045 und 1047 gegen Heinrich, der ihn 1047 absetzte, aber erst 1050 bezwang. 1048 erschlug er den zu seinem Nachfolger bestimmten Grafen Adalbert. Zur Verteidigung des Hennegaus 1051 aus der Haft entlassen, heiratete G. 1054 heimlich Beatrix, Witwe des Markgrafen von Tuszien. Nach Beatrix’ Gefangennahme, G.s Flucht aus Italien, seiner Unterwerfung 1056 und Heinrichs Anerkennung der Ehe wurde G. der m¨achtigste Herr Mittelitaliens und mit der Wahl seines Bruders Friedrich 1057 zum Papst (→ Ste-

Gottfried phan IX.) die wichtigste St¨utze des Reformpapsttums gegen den r¨omischen Adel. 1065 erhielt er vom jungen K¨onig → Heinrich IV. das Herzogtum Niederlothringen. C NDB

Gottfried III. der Bucklige, Herzog von Niederlothringen, † 26. 2. 1076 Vlaardingen. G. trat 1069 die Nachfolge seines Vaters → Gottfried II. an. Der Kirche reserviert gegen¨uberstehend, gab G. lange das vom Vater der Abtei St. Hubert in Verdun vermachte Erbe nicht heraus. Als Gefolgsmann und Freund Kaiser → Heinrichs IV. verteidigte er die Westgrenze des Reiches und trug mit einem großen milit¨arischen Aufgebot an der Unstrut 1075 entscheidend zum Sieg Heinrichs u¨ ber die Sachsen bei. Durch Heirat mit → Mathilde von Tuszien auch Markgraf der Toskana, vertrat G. Heinrichs Sache in Italien. Als der Reichstag zu Worms 1076 die Absetzung Papst Gregors VII. verk¨undete, war er als einziger Laienf¨urst zugegen. Als G. kurz darauf von einem Dienstmann des Grafen Dietrich von Holland ermordet wurde, verlor das Reich eine starke St¨utze und Lothringen den Frieden. C NDB

Gottfried IV. von Bouillon, Herzog von Niederlothringen, * um 1060, † bald nach dem 18. 7. 1100 Jerusalem. Von seinem Onkel → Gottfried III., dem Buckligen, zum Erben eingesetzt, bekam G., Sohn von Graf Eustach II. von Boulogne, erst 1087 das Herzogtum Niederlothringen von Kaiser → Heinrich IV., den er im Investiturstreit unterst¨utzte. Doch vermochte er sich gegen die lokalen Gewalten nicht durchzusetzen. Dem Aufruf Papst Urbans II. folgend, brach G. 1096 als erster Reichsf¨urst mit seinen Br¨udern Balduin und Eustach sowie 20 000 Mann zum ersten Kreuzzug auf, f¨ur den er seine Stammburg Bouillon verkaufte. In Konstantinopel mußte er dem griechischen Kaiser schw¨oren, ihn f¨ur alle in Kleinasien zu erobernden L¨ander als Lehnsherrn anzuerkennen. 1098 siegreich gegen die Seldschuken bei Antiochia, war G. 1099 maßgeblich an der Eroberung Jerusalems beteiligt. Im selben Jahr schlug er bei Askalon den ¨ Sultan von Agypten. Die Sage erhob G. zum Ideal des christlichen Ritters. C NDB Gottfried V. der Große, Herzog von Niederlothringen, † 25. 1. 1139 Kloster Affligem (Brabant). Nach dem Tod seines Bruders → Heinrich 1095 folgte G., Sohn Heinrichs II. von L¨owen, ihm als Graf von L¨owen und erhielt nach dem Aufbruch → Gottfrieds von Bouillon zum Kreuzzug dessen Markgrafschaft Antwerpen. Im Krieg zwischen Kaiser → Heinrich IV. und dessen Sohn → Heinrich V. stand G. hinter dem J¨ungeren und bekam als Belohnung 1106 das → Heinrich von Limburg abgesprochene Herzogtum Niederlothringen. 1114 am Aufstand des K¨olner Erzbischofs gegen Heinrich V. beteiligt, wechselte G. bald wieder auf Heinrichs Seite, setzte mit dessen Hilfe die Wahl seines Bruders zum Bischof von L¨uttich durch und nahm den Kampf gegen die Limburger Grafen wieder auf. Als er sich in der 1127 ausbrechenden Auseinandersetzung um Flandern gegen den Kandidaten → Lothars III. stellte, setzte dieser G. 1128 ab und → Walram von Limburg als Herzog von Niederlothringen ein. Am Ende seines Lebens C NDB lebte G. im Kloster Affligem. Gottfried VII. in der Wiege, Herzog von Niederlothringen, (Gottfried III. von Brabant), * 1142, † 11. 8. 1190, begraben im Dom zu L¨owen. Beim Tod seines Vaters Herzog Gottfried VI. noch kein Jahr alt, erhielt G. dennoch von → Konrad III. das Herzogtum Lothringen-Brabant unter Vormundschaft seiner Mutter Luitgardis. Eine gef¨ahrliche Bedrohung lag in der Ausdehnung

seines s¨udlichen Nachbarn, des Grafen von Hennegau. Dagegen suchte G. Schutz beim K¨olner Erzbischof → Philipp von Heinsberg. Aufgrund seiner guten Beziehung zu → Friedrich Barbarossa erhielt er von diesem 1154 die Vogtei u¨ ber das Kloster Parc bei L¨owen und nahm 1179 am Reichskrieg gegen → Heinrich den L¨owen teil. Doch beim Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen Philipp von Heinsberg und Friedrich trat er auf die Seite des K¨olners, der G.s Bem¨uhungen, selbst¨andige Enklaven dem eigenen Territorium einzuverleiben, unterlief und sich in Brabant die Herrschaft Diest C NDB sicherte.

Gottfried, Graf von Calw, Pfalzgraf (bei Rhein), * um 1060, † 6. 2. 1133. G., Sohn des Grafen Adalbert II. von Calw und Verwandter der Reformp¨apste → Leo IX. und → Stephan IX., blieb als Anh¨anger → Heinrichs V. seit 1106 in dessen Begleitung. Er war an den Kriegsz¨ugen gegen Ungarn und Polen, den Vertr¨agen mit Papst Paschalis II. und am Abschluß des Wormser Konkordats (1122) beteiligt. Neben Herzog → Friedrich II. von Schwaben fungierte G. 1116-18 als Statthalter des in Italien weilenden Kaisers in Deutschland und u¨ bte hier eine Art von pfalzgr¨aflichem Hofrichteramt aus. Nach dem gewaltsamen Tod des Siegfried von Ballenstedt 1113 belehnte Heinrich G. mit dessen lothringischrheinischer Pfalzgrafschaft. Nach der Wahl → Lothars III. schwand sein Einfluß auf die Reichspolitik; die PfalzgrafC NDB schaft wurde ihm entzogen. Gottfried der Gefangene, Graf von Verdun und Hennegau, * 930 / 35, † 3. 9. nach 997, vermutlich 1005. G., 959 als Graf im Bidgau und 960-66 als Graf im Methingau nachweisbar, baute seit etwa 965 den Burgbannbezirk Eename an der Schelde zu einer Mark innerhalb des ottonischen Grenzsicherungssystems aus. 973 / 74 empfing er Grafenrechte im Hennegau und in Brabant, womit sich seine Herrschaft nun von Flandern bis Oberlothringen erstreckte. Als Parteig¨anger Kaiser → Ottos II. trat er nach dessen Tod f¨ur → Otto III. gegen Herzog → Heinrich den Z¨anker ein und widersetzte sich dem Eingreifen K¨onig Lothars von Frankreich in Lothringen. Von Lothars Truppen 985 in Verdun gefangengenommen, erlangte G. wegen seiner Weigerung, Herrschaften abzutreten, erst Mitte 987 seine C NDB Freiheit wieder. Gottfried I., Graf von Spitzenberg-Helfenstein, Bischof von W¨urzburg, † 8. 7. 1190 Antiochia. Der aus einem schw¨abischen Grafengeschlecht stammende G. wirkte als kaiserlicher Kanzler (1172-86) an den Friedensschl¨ussen 1177 in Venedig und 1183 in Konstanz mit. 1172 wurde er Domherr, 1174 Dompropst in W¨urzburg und 1180 Propst des Stiftes Aachen. 1185 zum Bischof von Regensburg gew¨ahlt, verzichtete er Anfang 1186, ohne die Weihe empfangen zu haben. Im Herbst 1186 wurde G. auf Veranlassung K¨onig → Heinrichs VI. Bischof von W¨urzburg. 1187 vermittelte er im Trierer Schisma und verhinderte einen neuen Ausbruch des Kirchenstreits. Als Diplomat und Heerf¨uhrer an der Vorbereitung und Durchf¨uhrung des dritten Kreuzzugs beteiligt, starb er an einer Seuche in der N¨ahe Antiochias. Zeitgen¨ossische Dokumente betonen G.s Gelehrsamkeit und Wortgewandtheit. C LexMA Gottfried III. von Hohenlohe, Bischof von W¨urzburg, * um 1280, † 4. 9. 1322 W¨urzburg (?). Seit Ende 1298 Propst des Stiftes Haug und Domherr in W¨urzburg, wurde G. in einer Doppelwahl 1314 zum Bischof von W¨urzburg gew¨ahlt, aber erst nach dem Tod seines Mitbewerbers Friedrich zu Stolberg 1317 eingesetzt. Durch die Verschuldung des Hochstiftes geriet G. gegen¨uber dem

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Gottfried p¨apstlichen Legaten Jakob von Rotha in Zahlungsschwierigkeiten, die 1318 zu seiner zeitweiligen Exkommunikation und Suspension f¨uhrten. In sein Pontifikat fiel 1316 die Gr¨undung eines Kollegiatstiftes durch Graf → Berthold VII. von Henneberg in Schleusingen (1319 nach Hildburghausen und 1320 nach Schmalkalden verlegt), 1319 die des B¨urgerspitals zum Heiligen Geist in W¨urzburg, lebte doch G. im Gegensatz zu seinen Vorg¨angern und Nachfolgern mit der C Gatz 1 Stadt in leidlicher Eintracht.

Gottfried IV., Schenk von Limpurg, Bischof von W¨urzburg, * 26. 1. 1404, † 1. 4. 1455 W¨urzburg. Nach dem Studium in Heidelberg wurde G. 1419 Domherr in W¨urzburg, 1424 in Bamberg und 1425 dort Domdekan. 1442 setzte ihn K¨onig → Friedrich III. zum Stiftspfleger des an den Rand des Ruins getriebenen Hochstiftes W¨urzburg ein. Seit 1443 Bischof von W¨urzburg, verdankte ihm das Bistum seine finanzielle Sanierung. G. reorganisierte Gerichts- und M¨unzwesen, kaufte zahlreiche verpf¨andete G¨uter zur¨uck, st¨arkte durch geschickte B¨undnispolitik die Stellung W¨urzburgs gegen¨uber dem markgr¨aflichen Einfluß und f¨orderte innerkirchliche Reformen. Seit 1446 verwendete er regelm¨aßig den schon von seinen Vorg¨angern gelegentlich gebrauchten Herzogtitel. C Gatz 2

Gottfried, genannt Bruder Gottfried, Bruder vom gemeinsamen Leben, * um 1370, † 8. 5. 1453 Hildesheim. G. war um 1400 Laienprediger im Gebiet o¨ stlich von M¨unster. In Herford war er, Mitbegr¨under des Fraterhauses 1426, ein Jahrzehnt lang t¨atig. Danach brachte er die Traditionen der Devotio moderna nach Hildesheim, wo 1440 eine Niederlassung entstand; 1444 wurde er dort der erste Buchbinder. Der Hildesheimer Rektor Peter → Dieburg nannte ihn den eigentlichen Gr¨under der Hildesheimer „Br¨uder vom C NDB gemeinsamen Leben“. Gottfried, Abt von Admont, auch Godefredus, * um 1100, † 25. 6. 1165 Admont (Steiermark). G. wurde vermutlich in Schwaben geboren. Er war Prior des Klosters St. Georgen im Schwarzwald, bevor er auf Vermittlung des p¨apstlichen Kardinallegaten → Dietwin 1138 Abt des Benediktinerklosters Admont wurde. Der unter seinem Vorg¨anger Wolfhold begonnene Aufschwung des Stiftes erreichte unter G. seinen H¨ohepunkt, das Stift wurde das letzte, hochangesehene Zentrum der Hirsauer Reformbewegung. G. pflegte vielf¨altige Beziehungen zu theologischen Autoren wie → Herbord von Michelsberg oder → Gerhoh von Reichersberg, der ihm 1147 die Streitschrift Liber contra duas hereses widmete. Seine ausschließlich homiletischen Schriften (u. a. Expositio super decem onera) waren von der Aufgabe bestimmt, das religi¨ose Leben der Konventualen auf hohem geistigem Niveau auszubilden, und nicht auf weitere Verbreitung angelegt. C VL Gottfried, Graf von Cappenberg, Pr¨amonstratenser, * um 1096, † 13. 1. 1127 Ilbenstadt (heute zu Niddatal). Als G., einer der m¨achtigsten Herren Westfalens und in die K¨ampfe am Ausgang des Investiturstreits verstrickt, 1121 mitschuldig wurde am Brand des Doms und der Stadt M¨unster, schenkte er seine G¨uter dem eben entstehenden Orden → Norberts von Xanten. G.s Burg Cappenberg wurde 1122 das erste deutsche Pr¨amonstratenserstift, dem er die Stifte Varlar bei Coesfeld und Ilbenstadt in der Wetterau folgen ließ. Er selbst wurde 1125 Pr¨amonstratenser und veranlaßte seine Frau wie seine Geschwister ebenfalls zum Ordenseintritt, wodurch das Geschlecht samt großem Be-

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sitz aus dem Kampf um die westf¨alische Territorienbildung ausschied. Als Norbert Erzbischof von Magdeburg wurde, C LThK scheint sich G. ihm entfremdet zu haben.

Gottfried von Franken, Schriftsteller, * um 1300. Der aus der Gegend von W¨urzburg stammende G. war ein hervorragender Kenner des mainfr¨ankischen Wein- und Gartenbaus. Bekannt mit zahlreichen Fachleuten, weitgereist von Holland bis Griechenland, vertraut mit mediterranen Anbaumethoden und belesen im antiken Agrarschrifttum, sammelte er umfassendes Fachwissen f¨ur sein Lehrbuch Palladius abbreviatus (um 1350). Beim Abfassen dieses Handbuchs der Baum- und Rebenpflege, der Obstwein- und Weinbereitung, beobachtete G. an sich ein Nachlassen der Sehkraft, f¨ur das er dem in verpichten F¨assern lagernden W¨urzburger Frankenwein die Schuld gab. Zielgruppe des Werkes waren vor allem seine im Land- und Weinbau t¨atigen Zechgenossen unter den Klerikern, an die er sich in holprigem Latein wandte. Die Neuartigkeit des agrartechnischen Inhalts verschaffte dem Buch rasche Verbreitung und eine deutsche ¨ Ubersetzung als Pelzbuch („wie man pawm pelcz“: pfropft). C VL

Gottfried Hagen, Chronist, 13. Jh. G. ist wahrscheinlich identisch mit dem mehrfach bezeugten K¨olner Stadtschreiber Gottfried oder Godefried. Dieser wurde um 1230 als Sproß des K¨olner Patriziergeschlechts der Vetscholder in Xanten geboren, studierte Theologie und war seit 1268 Beauftragter der Stadt K¨oln zur Abwendung der p¨apstlichen Banndrohung. Sp¨ater wurde er Pfarrer von Klein St. Martin in K¨oln, sp¨ater Stadtschreiber und war bei seinem Tod 1299 Dechant des K¨olner Georgstifts. G. vollendete 1270 die Reimchronik Boich van der stede Colne, ¨ in der er nach einem Uberblick u¨ ber die Geschichte K¨olns die Auseinandersetzungen zwischen Patriziern, Z¨unften und Erzbisch¨ofen um die Macht in der Stadt K¨oln schildert. C VL

Gottfried von Hagenau, Dichter, Arzt, * vor 1275, † 26. 9. 1313 Straßburg. Nach dem Studium der Artes, der Medizin und Theologie, vermutlich in Straßburg und Paris, war G. zun¨achst Schulrektor in Basel, danach Arzt in Straßburg und dort seit etwa 1300 Kanoniker am Stift St. Thomas. F¨ur seinen G¨onner, den 1299 beim Angriff auf Freiburg erschlagenen Straßburger Bischof → Konrad von Lichtenberg, verfaßte er sein Hauptwerk Liber sex festorum beatae Virginis (1293-1300), ein Epos in 4134 gereimten lateinischen Versen u¨ ber das Leben Marias und ihre Festtage. G. stiftete sein Verm¨ogen f¨ur das Fest der Unbefleckten Empf¨angnis Mari¨a, das 1307 an St. Thomas eingef¨uhrt und bis zur Reformation beibehalten wurde. C VL

Gottfried von Neifen, auch G. von Neiffen, Neuffen, Minnes¨anger, erw¨ahnt 1234-55. Der aus einem Adelsgeschlecht mit Sitz Burg Hohenneuffen am Rande der Schw¨abischen Alb stammende G. ist im Umkreis der Hohenstaufer bezeugt und wird zum Dichterkreis um K¨onig → Heinrich VII. gerechnet. Die Echtheit mancher seiner 45 Minnedichtungen und sechs Lieder im „genre objectif“, vor allem in der „Großen Heidelberger Liederhandschrift“ u¨ berliefert, ist umstritten. Beeinflußt u. a. von → Reinmar dem Alten, → Walther von der Vogelweide und → Neidhart, u¨ bernahm er die klassischen Motive der Freude, Sehnsucht, Trauer und des Leidens des Liebenden, wagte aber auch eine gewisse Freiz¨ugigkeit bei erotischen Themen. Hervorzuheben ist G.s Sprach- und Formvirtuosit¨at, etwa in seiner Pastourelle XXVII, die stilbildend wirkte. In der seit Mitte des 15. Jh. bekannten Ballade Der edle Moringer tr¨agt der treulose H¨uter der Frau G.s Namen. C Killy

Gottfurcht Gottfried von Straßburg, Dichter, um 1210. Zu G. sind keine Urkunden bekannt, Hinweise auf seine Person sind nur seinem Tristan-Roman (der mit Selbstaussagen besonders zur¨uckhal¨ tend ist) und den Außerungen anderer Dichter zu entnehmen. Nach G.s Angaben im sogenannten „Literatur-Exkurs“ zu lebenden oder bereits verstorbenen mittelhochdeutschen Erz¨ahlern und Lyrikern (→ Hartmann von Aue als Stil-Vorbild; wahrscheinlich → Wolfram von Eschenbach hinter der Maske einer Gegnerfigur; → Bligger von Steinach; → Heinrich von Veldeke; → Reinmar von Hagenau; → Walther von der Vogelweide) arbeitete G. am Tristan um 1210, vermutlich in h¨oherem Alter (Prolog, Vers 42). Er lebte und wirkte in Straßburg, was durch seine Sprache und die auf das Elsaß konzentrierte ¨ Uberlieferung best¨atigt wird. Nachdem er nie als „her“ bezeichnet wird, war er wohl nichtadliger Herkunft. Der in der Rezeption auftauchende Titel „meister“ bezieht sich auf seinen Ruf als literarische Autorit¨at und nicht unbedingt auf einen akademischen Grad (vgl. Manessesche Liederhandschrift, Autorbild). Dabei war G. nach Ausweis seiner Dichtung umfassend gebildet; wahrscheinlich besuchte er eine der großen Schulen der Zeit, wobei es offenbleiben muß, ob er geistlichen Standes war. G. kannte die lateinische Literatur der Antike und des Mittelalters (z. B. Ovid, Alanus ab Insulis), er war vertraut mit der mittellateinischen Poetik (z. B. Matthaeus von Vendˆome); er hatte Spezialkenntnisse in der Theologie und Philosophie (Einfluß Abaelards, der sogenannten „Schule von Chartres“), der Jurisprudenz und den K¨unsten des Hofes (z. B. der Jagd und der Musik). Dabei u¨ berblickte er die franz¨osische und die deutsche volkssprachige Dichtung. Sein Auftraggeber, der im Akrostichon des Prologs als „Dieterich“ erscheint, ist wohl im Straßburger Stadtpatriziat, vielleicht in der Gruppe der ministerialen „Kammerhandwerker“, zu suchen. G. stand jedenfalls der Adelskultur und dem Rittertum distanziert gegen¨uber (Kritik am Hof des K¨onigs Marke) und stellte den Kaufmannsstand meist in positivem Licht dar (Tristan als Tantris in der Rolle des Kaufmanns). Straßburg, reichsfrei seit 1205, war Schauplatz ketzerischer Bewegungen; so f¨uhrte der Bischof 1212 einen KatharerProzeß mit Eisenprobe durch, zu dem G.s Kritik am Gottesurteil (Vers 15 267 ff.) einen Reflex bieten k¨onnte. Ob G. selbst der Ketzerei nahestand, ist sehr umstritten. Als Vorlage bearbeitete G. den nur fragmentarisch erhaltenen anglonormannischen Roman Tristran des Thomas von England, dies in Kenntnis breiterer Stofftradition (zur Quellenkritik Vers 131 ff., 8505 ff.). Sein Werk z¨ahlt durch die virtuose Sprachkunst, die Selbst¨andigkeit im Erz¨ahldetail und die abstrakte Durchdringung des Stoffes, vor allem in einer Reihe groß angelegter Minneexkurse, zu den bedeutendsten literarischen Leistungen der gesamteurop¨aischen Tristantradition. Der Abbruch des Textes war nach dem Zeugnis der Fortsetzer (um 1235 → Ulrich von T¨urheim, um 1290 → Heinrich von Freiberg) bedingt durch G.s Tod. WEITERE WERKE: Zwei Spruchstrophen u¨ ber das „gl¨aserne Gl¨uck“ und „die W¨ortchen ‚mein‘ und ‚dein‘“ sind nach → Rudolf von Ems G. zuzuschreiben, die „Manessische Liederhandschrift“ (C) u¨ berliefert sie unter → Ulrich von Lichtenstein. Drei weitere in Handschrift C unter G. tradierte Lieder (dort auch Autorenbild) gelten als unecht, f¨ur die Echtheit des Marienpreises und des Minneliedes wird neuerdings pl¨adiert.

AUSGABEN: G. v. S.: Tristan und Isold. Hrsg. v. Friedrich Ranke. Dublin / Z¨urich 1930. 131978. – Neuhochdeut¨ sche Ubersetzungen: Xenja von Ertzdorff. M¨unchen 1979. – R¨udiger Krohn. 3 Bde., Stuttgart 1980. – Peter Knecht. Berlin 2004 (Ausgabe Marold, Bd. 2). – Dieter K¨uhn. Frankfurt / Main 1991. – Kommentare: Krohn, a. a. O., Bd. 3, 31991. – Lambertus Okken. 3 Bde., Amsterdam 1984-86. LITERATUR: Bibliographie von Hans-Hugo Steinhoff. Berlin 1971. Fortsetzung Berlin 1986. – Mark Chinca: G. v. S., Tristan. Cambridge 1997. – Christoph Huber: G. v. S. Tristan und Isolde. 2., verb. Aufl. Berlin 2001. – Will Hasty (Hrsg.): A companion to G. v. S.’s Tristan. Rochester 2003. Christoph Huber

Gottfried von Tienen, Dichter, 13. Jh. G., wahrscheinlich dem niederen Adel von Brabant zugeh¨orig und 1259 als B¨urgermeister von Tienen erw¨ahnt („Magister Godefridus de Thenis“), zog hochbetagt und fern seiner Heimat die Summe seines Lebens in Form eines Lehrgedichts f¨ur seinen Sohn und seine drei Br¨uder: Omne punctum (d. i. der Punkt, auf den es im Leben ankommt). Verjagt durch verleumderische Anklagen eines anonymen Gegners, schildert G. in 340 lateinischen Versen diesen „Neureichen“ satirisch, aber auch voller Haß als raffgierigen, r¨ucksichtslosen B¨urger der aufbl¨uhenden fl¨amischen St¨adte, vom Adel verachtet, doch wegen seines Geldes umworben. Aufgrund seiner virtuosen Reime, der lebensnahen Schilderungen und sentenzi¨osen Maximen stieg das Werk rasch zur beliebten Lekt¨ure auf. C VL Gottfried von Viterbo, Geschichtsschreiber, Dichter, * um 1125 Viterbo, † 1192 / 1200 Viterbo. G. war nach dem Studium an der Domschule in Bamberg unter → Konrad III., → Friedrich I. Barbarossa und → Heinrich VI. Notar an der staufischen Hofkapelle. Sp¨ater trat er in die Dienste der p¨apstlichen Kurie. Seine ihm von Barbarossa aufgetragenen Gesandtschaften f¨uhrten ihn nach Sizilien, Spanien, Frankreich und nach Rom. F¨ur seine Dienste wurde er mit den Kanonikaten in Speyer, Pisa und Lucca bedacht. Auf seinen Reisen sammelte er umfangreiches Material und schrieb mit der → Heinrich VI. gewidmeten Genealogie Speculum regum (um 1183) sein erstes von insgesamt vier B¨uchern. Hauptwerk ist das im Wechsel von Versen und Prosa verfaßte dreiteilige Pantheon (1190), eine mit Sagen und Anekdoten angereicherte „Weltgeschichte“. C Sturlese ¨ Gottfried, Johann Ludwig, reformierter Theologe, Ubersetzer, * um 1584 Amberg, † 11. 5. 1633 Offenbach. Nach dem Theologiestudium in Heidelberg war G., vermutlich Sohn eines Metzgers, 1603-24 Diakon und Pfarrer in der Kurpfalz. 1624 kam er als Korrektor nach Frankfurt und wurde 1625 Pfarrer der reformierten Gemeinde von Offenbach. Er versah Matth¨aus → Merians Biblia Sacra (1625-29) mit lateinischen und zum Teil deutschen Versen und gab verschiedene B¨ande der sog. de Bryschen Reisen heraus. ¨ Seine bekannteste Ubersetzung ist eine Weltbeschreibung Pierre Davitys’, von G. in Archontologia cosmica (1628) umbenannt, die historische Anekdoten volkst¨umlich vortr¨agt, ihren Wert aber, wie die meisten Werke G.s, erst durch die Kupferstiche Merians erlangt. Von der Historischen Chronica [. . .] nach Austheylung der vier Monarcheyen (8 Tle., 1629-34, 61743) verfaßte G. die ersten sechs Teile und den Anfang des siebten Teils; den Rest schrieb Johann Philipp → Abelin. C NDB

Gottfurcht, Hans, Gewerkschafter, * 7. 2. 1896 Berlin, † 18. 9. 1982 Lugano. Seit 1911 in der Textilindustrie arbeitend, trat G., Sohn eines Kaufmanns, 1913 der SPD und dem Zentralverband der Angestellten bei, dessen Mitarbeiter er 1919 wurde. Seit 1917

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Gottgetreu war er Mitglied der USPD, seit 1921 Gauleiter des Zentralverbandes mit Zust¨andigkeit f¨ur Berlin, Halle / Saale und K¨oln. 1933-38 Versicherungsagent, baute er illegale Gewerkschaftsgruppen in Sachsen, Th¨uringen, Schlesien und Nordwestdeutschland auf. 1937 vor¨ubergehend in Haft, emigrierte er 1938 u¨ ber Amsterdam nach London, wo er Mitglied britischer Gewerkschaften und der Labour Party wurde. W¨ahrend des Kriegs leitete G. dort die „Landesgruppe deutscher Gewerkschafter in Großbritannien“ und wirkte an DeutschlandSendungen der BBC mit. Seit 1945 Verbindungsmann zwischen britischen und deutschen Gewerkschaften, war er seit 1950 Leiter der Bildungsabteilung, 1952-59 stellvertretender Generalsekret¨ar des Internationalen Bundes Freier Gewerkschaften in Br¨ussel. G., der seit 1961 in der Schweiz lebte, ver¨offentlichte Die internationale Gewerkschaftsbewegung im Weltgeschehen (1962). C Demokr Wege

Gottgetreu, Erich, Journalist, Schriftsteller, * 31. 7. 1903 Chemnitz, † 13. 11. 1981 Jerusalem. Nach Lehren im Buch- und im Textilhandel wurde G., Sohn eines Kaufmanns, 1923 freiberuflicher Journalist und studierte 1925 / 26 Theaterwissenschaft und Zeitungskunde in Berlin. 1928 / 29 Redakteur des „L¨ubecker Volksboten“, war er 1930-33 stellvertretender Schriftleiter des „Sozialdemokratischen Pressedienstes“ in Berlin. Inzwischen Mitglied der SPD und des Jungj¨udischen Wanderbundes, vero¨ ffentlichte er den gegen den Nationalsozialismus gerichteten Roman Drittes Reich Geheim (1932) und wurde 1933 zeitweilig in Haft genommen. Im selben Jahr emigrierte G. nach Pal¨astina, wo er f¨ur zahlreiche nationale wie internationale Zeitungen und Presseb¨uros arbeitete, u. a. f¨ur de Gaulles „Agence Fran¸caise Ind´ependante“. 1942-67 war er Korrespondent, sp¨ater Leiter des Israel-B¨uros der USNachrichtenagentur Associated Press, seit 1968 freier Journalist, u. a. f¨ur deutsche, o¨ sterr. und schweizer. Zeitungen. C BHdE, Bd 1 Gotthard Kettler, Herzog von Kurland, auch Godderd, Hochmeister des Deutschen Ordens, * 1517 Eggeringhausen (heute zu Borchen, Westfalen), † 17. 5. 1587 Mitau. Als Zwanzigj¨ahriger trat G. in den Schwertbr¨uderorden in Livland ein, wurde 1551 Schaffer zu Wenden, 1554 Komtur von D¨unaburg, 1558 von Fellin und Koadjutor des Ordensmeisters Wilhelm von → F¨urstenberg, den er 1559 zur Abdankung zwang. Bei Kriegsausbruch zwischen dem Orden und dem Erzbischof von Riga bef¨urwortete er 1556 den Anschluß an Polen, schloß nach dem Einfall Rußlands in Livland 1559 ein Schutzb¨undnis mit dem polnischen K¨onig Sigismund II. August und unterwarf sich ihm, der zugleich Großf¨urst von Litauen war, nach Verlust fast aller Gebiete n¨ordlich der D¨una 1561. Zum Luthertum u¨ bergetreten, legte G. 1562 sein usurpiertes Amt nieder und l¨oste den Ordensstaat auf, den er zum Teil als erster Herzog von Kurland als Lehen empfing. 1572 f¨uhrte er im Herzogtum den Protestantismus ein. C NDB

Gotthard, Georg, schweizer. Dramatiker, * um 1550, † 23. 3. 1619 Solothurn. G. war B¨urger (seit 1571) und Schlosser, seit 1594 Eisenh¨andler in Solothurn, doch richtete sich sein eigentliches Interesse auf zentrale Ereignisse der r¨omischen und griechischen Geschichte, die er in zwei von seinen drei Dramen nachzeichnete, in den 1584, 1598 und 1617 in Solothurn aufgef¨uhrten St¨ucken Kampf zw¨uschen den R¨omern und denen von Alba, Ein sch¨on lustigs Spil oder Tragedi Von der Zerst¨orung der großen und vesten K¨oniglichen Statt Troia oder Ilio und Ein Sch¨one Lehrr¨uche Histori, und Comoedia, von dem L¨aben dess frommen und g¨ottsf¨orchtigen Tobiae. C HLS Gotthard, Johann Peter → Pazd´ırek, Bohumil

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Gotthard, Joseph Friedrich, Mediziner, Chirurg, * 21. 12. 1757 Lichtenfels bei Bamberg, † 23. 2. 1834 Bamberg. Zun¨achst Kaufmann, studierte G. seit 1784 in Bamberg, Wien, W¨urzburg und Mainz Medizin, spezialisierte sich auf Chirurgie und war seit 1791 Prof. der Anatomie und Tierheilkunde in Bamberg und zugleich Hof- und Oberlandestierarzt der Provinz. 1802 wurde er Assessor der Medizinischen Fakult¨at und Beisitzer des Medizinkollegiums, 1803 Prof. der Anatomie, Tierheilkunde und gerichtlichen Medizin an der land¨arztlichen Schule zu Bamberg. 1813-15 war er als Armenarzt und nach Schließung der land¨arztlichen Schule 1823 als Privatdozent f¨ur Naturkunde und praktischer Arzt in Bamberg t¨atig. G. ver¨offentlichte u. a. Leitfaden f¨ur angehende Aerzte Kranke zu pr¨ufen und Krankheiten zu erforschen mit einer Kranken- und Witterungsbeobachtungstabelle (1793), Versuch eines vollst¨andigen systematischen Lehrplan’s f¨ur Thierarzneyschulen (1796) und Welches waren bisher und sind noch die allgemeinen Hindernisse einer gl¨ucklichen Vorbauung und Heilung bey einer bevorstehenden oder schon gegenw¨artigen Seuche? Ein Programm (1803).

Gotthardt, Georg, kath. Theologe, * Ingolstadt, † 6. 3. 1589 Passau. G. studierte 1573-76 in Rom. Nach seiner Promotion erhielt er ein Kanonikat in Passau und war Dombaumeister und Rektor der Domschule. Seit 1584 Pfarrer in Sierning (Ober¨osterreich), scheiterte sein Versuch, dort im Sinne der Gegenreformation zu wirken. Als ihm daraufhin der Passauer Bischof Urban von → Trennbach die Pfarrei entzog, wurde er zum Vertrauensmann Herzog → Wilhelms V. von Bayern und unterst¨utzte dessen Plan, seinen Sohn auf den Passauer Bischofsstuhl zu bringen. Trennbach ließ G. 1589 verhaften und wegen Hochverrats hinrichten. G. hinterließ apologetisch-polemische Schriften, darunter eine Defensio ecclesiae catholicae (1586) gegen Jakob → Heerbrand. C ADB

Gotthardt, Joseph, kath. Theologe, Kulturhistoriker, * 18. 3. 1878 Oberrod bei Rennerod (Hessen), † 27. 1. 1927 G¨ottingen. G. studierte in M¨unster, wo er zum Dr. phil. promoviert wurde. 1905 empfing er die Priesterweihe und wurde 1913 Kaplan, 1922 Pfarrer in P¨ombsen (Kr. H¨oxter). Als Mitglied des Provinziallandtags vertrat er das Zentrum. G. verfaßte apologetische und lokalgeschichtliche Schriften u¨ ber den Kreis H¨oxter, Beitr¨age u¨ ber Annette von → Droste-H¨ulshoff, Alte und moderne Bildungsideale (2 Bde., 1913) und Bernhard Bolzano und sein Lebenswerk (3 Bde., 1917-24). Seit 1922 gab er die Zeitschrift „Der Nethegau“ heraus. C Kosch: Kath

Gotthelf, Felix, Komponist, * 3. 10. 1867 M¨onchengladbach, † 21. 4. 1930 Dresden. Das Medizinstudium schloß G. 1885 mit der Promotion in Heidelberg ab. Bis 1891 studierte er Musik in K¨oln, Berlin, Wien und Dresden. Anschließend Kapellmeister in K¨oln und Kolberg, widmete er sich seit 1893 haupts¨achlich dem Komponieren. Nach Bonn und M¨unchen lebte G. 1898-1920 in Wien, anschließend in Dresden. Er schrieb Lieder, Kammermusik und eine symphonische Phantasie, wurde aber vor allem bekannt mit dem B¨uhnenmysterium Mahadeva (1911 Urauff¨uhrung in D¨usseldorf). G. schrieb u. a. Der Mythos in den Meistersingern (o. J.) und Das Wesen der Musik (1893). Gotthelf, Herta, Journalistin, Parteifunktion¨arin, * 6. 6. 1902 Breslau, † 13. 5. 1963 Alf / Mosel. Seit 1918 Mitglied der Spartakus-Jugend, seit 1920 der SPD, wurde G. nach dem Besuch der Frankfurter Akademie der Arbeit und einem Volontariat bei der SPD-

Gottland Zeitschrift „Frauenwelt“ in Berlin 1926 Mitarbeiterin von Marie → Juchacz, Schriftleiterin der „Genossin“ und Mitglied des SPD-Parteiausschusses. 1934 emigrierte sie nach Großbritannien, wo sie Heimarbeiterin, Sekret¨arin Ernst ¨ → Tollers, Ubersetzerin und 1943-46 Journalistin der BBC war. 1942 trat sie der SPD-Ortsgruppe London bei und war 1941-44 im Arbeitsausschuß der „Landesgruppe deutscher Gewerkschaften in Großbritannien“ sowie in der von Fanny → Blatny gegr¨undeten Kleinen Fraueninternationale aktiv. 1946 zur¨uck in Deutschland, wurde G. Leiterin des SPD-Frauensekretariats und war 1947-58 Mitglied des gesch¨aftsf¨uhrenden Parteivorstandes, 1950-63 Schriftleiterin der politischen Frauenzeitschrift „Gleichheit“. C BHdE, Bd 1

Gotthelf, Jeremias, eigentl. Albert Bitzius, schweizer. Schriftsteller, * 4. 10. 1797 Murten (Kt. Freiburg), † 2. 10. 1854 L¨utzelfl¨uh (Kt. Bern). Aus einer alten Berner Beamten- und Pfarrerfamilie stammend, erhielt G. seine Schulund theologische Ausbildung in Bern (bis 1820). Nach einem Semester in G¨ottingen und einer Reise durch Norddeutschland kehrte er in seine Heimat zur¨uck, wo er zun¨achst in Herzogenbuchsee, dann in Bern 1824-31 als Vikar t¨atig war. G. st¨urzte sich gleich in p¨adagogisch-politische T¨atigkeit, besonders auf dem Gebiet der Schulbetreuung und der Lehrerausbildung. Auf diesem Wirkungsfeld durch die Berner Verfassung von 1831 gehemmt, suchte er nach einem anderen T¨atigkeitsbereich. Als Vikar, dann seit 1832 als Pfarrer in L¨utzelfl¨uh im Emmental engagierte sich G. f¨ur das Erziehungs- und Armenwesen. Darauf bezogen sich auch seine ersten schriftstellerischen und publizistischen Versuche. Sie galten Problemen bzw. Mißst¨anden in den Mittel- und Unterschichten der Landbev¨olkerung (Pauperismus, Alkoholismus), die auch seine weitere schriftstellerische T¨atigkeit bestimmten. Kennzeichnend sind die Verwendung des Berner Dialekts neben der Hochsprache, die Beschr¨ankung auf ein geographisches Gebiet, das Berner Oberland, und die Verbindung von lehrhaftdidaktischem Ton mit Satire und Polemik. Volkst¨umlichkeit, Seelsorge und christlich-konservative Weltordnung vereinigen sich auf diese Weise zu einem kunstvollen Ganzen, und das Pseudonym Jeremias Gotthelf dr¨uckt diese Einheit symbolisch aus. Verwendet wurde es zuerst in dem Roman Der Bauern-Spiegel (1837), der neben dem Roman Leiden und Freuden eines Schulmeisters (1838 / 39) G.s erstes politisches Auftreten markiert. G.s schriftstellerischer Ruhm stellte sich aber erst mit dem Erscheinen des ersten Uli-Romans von 1841 (Wie Uli der Knecht gl¨ucklich wird) ¨ und der Ubernahme der Redaktion des „Neuen Berner Kalenders“ (1841-44) ein. G. entfaltete in breitem epischen Schaffen (Romane, Novellen, Erz¨ahlungen) ein Bild des Berner Bauernlebens. Zu den bekanntesten Erz¨ahlungen geh¨ort die Novelle Die schwarze Spinne (1843). Die Romane dieser Schaffenszeit, auf denen sein erster Ruhm auch außerhalb der Schweiz basiert (Anne B¨abi Jow¨ager, 1843 / 44; Geld und Geist, 1843 / 44; Uli der Knecht [Neufassung 1846]; Uli der P¨achter, 1849) haben mit den Erz¨ahlungen das GutB¨ose-Schema, das oft predigthafte Lob der T¨uchtigkeit und handfeste Szenen aus dem Volksleben gemeinsam. 1845 wurde G. wegen Kritik am Berner Erziehungsdepartement als Schulkommiss¨ar amtsenthoben. Seine letzten Jahre sind von einer zunehmenden kritischen und konservativen Haltung dem ‚Zeitgeist‘ gegen¨uber umd¨ustert. In den Romanen dieser Zeit – sie wurden fast alle in Deutschland

verlegt – nimmt G. Stellung gegen die von ihm empfundenen politischen und sozialen Ausw¨uchse der Zeit: Kommunismus, Materialismus, Demokratie, Agitation und Radikalismus (Jakobs, des Handwerksgesellen, Wanderungen durch die Schweiz, 1846 / 47; Der Geldstag, 1846; K¨athi, die Großmutter, 1847; Die K¨aserei in der Vehfreude, 1850, und am vehementesten in Zeitgeist und Berner Geist, 1851). AUSGABEN: S¨amtliche Werke. Hrsg. v. Rudolf Hunziker / Hans Bloesch. 24 Bde. und 18 Erg¨anzungsb¨ande. Erlenbach / Z¨urich 1911-77. LITERATUR: Walter Muschg: J. G. Eine Einf¨uhrung in seine Werke. Bern / M¨unchen 21960. – Friedrich Sengle: Albert Bitzius. Pseud. J. G. In: Ders.: Biedermeierzeit. Bd. 3. Stuttgart 1980. – Karl Fehr: J. G. Stuttgart 21985. – Hanns Peter Holl: J. G. Leben, Werk, Zeit. Z¨urich 1988. – Walter Pape u. a.: Erz¨ahlkunst und Volkserziehung. Das literarische Werk des J. G. T¨ubingen 1999. – Philipp W. Hildmann: Schreiben im zweiten konfessionellen Zeitalter. J. G. (Albert Bitzius) und der Schweizer Katholizismus des 19. Jahrhunderts. T¨ubingen 2005. – Barbara Mahlmann-Bauer / Christian von Zimmermann (Hrsg.): J. G. Wege zu einer neuen Ausgabe. T¨ubingen 2006. Roger Paulin

Gotthilf, Ernst von, o¨ sterr. Architekt, * 1. 10. 1865 Temesv´ar, † 1959. Nach dem Studium in Z¨urich, dann an der TH und der Akademie der bildenden K¨unste in Wien arbeitete G. dort bei Ferdinand → Fellner und Hermann → Helmer, bis er sich 1892 selbst¨andig machte. Bei seinen fr¨uhen Bauten griff er den sp¨aten Barockstil auf, danach gelangte er zu einer ruhigen, blockhaft geschlossenen Einfachheit. G. baute u. a. das Dreil¨auferhaus, das Haus der Kaufmannschaft (1902 / 03) und die Creditanstalt (1906) in Wien, weitere Bankgeb¨aude in Budapest, Bukarest und Sarajevo, das „Zentralhotel“ in Baden bei Wien und das Rathaus im m¨ahrischen G¨oding. 1939 emigierte G. nach Großbritannien. C Th-B

Gottl-Ottlilienfeld, Friedrich von, National¨okonom, Soziologe, * 13. 11. 1868 Wien, † 19. 10. 1958 Frankfurt / Main. G., Sohn eines k. u. k. Generalmajors, studierte in Wien, Berlin und Heidelberg, wurde 1897 promoviert und habilitierte sich 1900. Seit 1902 a. o., seit 1904 o. Prof. in Br¨unn, ging er 1908 an die TH M¨unchen, 1920 an die Univ. Hamburg, 1924 nach Kiel und 1926 an die Univ. Berlin (Emeritierung 1936). Nach 1945 lebte er in Wetzlar. Wie Max → Weber und Werner → Sombart erforschte G. die Verbin¨ dung von Okonomie mit Geschichte und Soziologie. Schon sein erstes Werk Der Wertgedanke, ein verh¨ulltes Dogma der National¨okonomie (1897) gab G.s Ansatz vor: Kritik der bestehenden Wirtschaftstheorie, Grundlegung der Sozialwis¨ senschaften und Entwurf einer „reifen“ Theorie der Okonomie. Eine Sonderstellung nahm er im Werturteilsstreit ein, indem er f¨ur „ontologische Werturteile“ Wissenschaftlichkeit beanspruchte. Zu G.s Werken z¨ahlen ferner Wirtschaft und Wissenschaft (2 Bde., 1931), Wirtschaftspolitik und Theorie (1939) und Ewige Wirtschaft (2 Bde., 1943). C NDB

Gottland, Peter, auch Gothland, eigentl. Roddelstedt, auch Peter Maler genannt, Maler, Graphiker, * Anfang 16. Jh. vermutlich Gotland (Schweden), † nach 1572 vermutlich in oder bei Weimar. Seit 1547 als Maler in Weimar nachweisbar, arbeitete G. zu¨ Seit 1553 Mavor wahrscheinlich bei Lucas → Cranach d. A. ¨ Nachfolger. ler des s¨achsischen Hofs, war er Cranachs d. A. Er bemalte Wappen, Fahnen und Decken, wirkte am Altar der Stadtkirche mit und zeichnete Entw¨urfe f¨ur das Grabmal → Johann Friedrich des Großm¨utigen und seiner Gemahlin. Neben den Bildnissen s¨achsischer Herz¨oge schuf er Portr¨ats f¨uhrender Theologen und Gelehrter der Univ. Jena. Besonderes Ansehen genoß er als Kupferstecher und Entwerfer

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Gottlieb von Bildteppichen, von denen nur der Reformationsteppich (um 1555) erhalten ist. Eine seiner letzten Arbeiten war das Schneidewein-Epitaph (1570-72) in Arnstadt. Bis auf einige Graphiken, Gedenktafeln und Portr¨ats sind G.s Werke verlorengegangen oder werden noch unter „Cranach-Schule“ gef¨uhrt. C NDB

In seinem Werk K. K. Hofbibliothek: Bucheinb¨ande (1910) entwickelte er f¨ur die Einbandforschung neue Grundlagen, insbesondere f¨ur die Renaissancezeit. G. war auch als Schriftsachverst¨andiger in Kriminalf¨allen an Wiener Gerichten t¨atig. C LGB

Gottlieb, (Maria) Anna (Josepha Franzsika), auch

† 6. 3. 1953 Bonn. G., Sohn eines Schreinermeisters, studierte 1910-14 in Bonn Theologie und wurde 1914 zum Priester geweiht. Als Kaplan in Essen vor allem in der Jugendarbeit t¨atig, entschloß er sich zum Lehrberuf und war 1919-39 Studienrat in Essen und Bonn. Dort wurde er 1928 promoviert und habilitierte sich 1935 f¨ur Systematik und Geschichte des Kirchenrechts. 1939 als Lehrstuhlvertreter an die Univ. Freiburg / Breisgau berufen, wurde er 1946 a. o., 1947 o. Prof. f¨ur Kirchenrecht. G. ver¨offentlichte u. a. Der abendl¨andische Chorepiskopat (1928), Das Staatskirchenrecht (1930), Der kirchliche Amtseid der Bisch¨ofe (1936), Grundriß des katholischen Eherechts (1948) und Die Offiziale des Bistums Konstanz im Mittelalter (1951). C Bad Bio N.F., Bd 1

Nannerl, Nannina, o¨ sterr. Schauspielerin, S¨angerin, * 29. 4. 1774 Wien, † 4. 2. 1856 Wien. Bereits als Zw¨olfj¨ahrige sang G., Tochter eines Schauspielers und einer Operns¨angerin, 1786 in der Urauff¨uhrung der → Mozart-Oper Die Hochzeit des Figaro am Theater in der Wiener Hofburg die Partie der Barbarina. 1789 ans FreihausTheater engagiert, war sie 1791 die erste Pamina in der Zauberfl¨ote, eine Rolle, die Mozart eigens f¨ur sein „Nannerl“ geschrieben hatte. Nach Mozarts Tod wechselte G. an das Leopoldst¨adter Theater. Ihren gr¨oßten Erfolg feierte sie als Hulda in Ferdinand → Kauers Donauweibchen. Als sp¨ater ihre Sopranstimme versagte, war G. als Schauspielerin in kleineren Rollen t¨atig; 1828 wurde sie ohne Pension fristlos entlassen. C Kutsch

Gottlieb, Johann, o¨ sterr. Chemiker, * 15. 2. 1815 Br¨unn, † 4. 3. 1875 Graz. G. studierte Pharmazie in Wien und Prag, wo er Assistent und Privatdozent wurde. 1846 folgte er einem Ruf als Prof. der allgemeinen und technischen Chemie an das Joanneum in Graz, der sp¨ateren Technischen Hochschule; 1874 / 75 war er Rektor. G. entdeckte die Propion- und Mesacons¨aure, beschrieb die Zusammensetzung der von dem franz¨osischen Chemiker Michel Eug`ene Chevreul aufgesp¨urten, aber erst¨ aure und analysierte mals durch ihn rein dargestellten Ols¨ zahlreiche Mineralquellen der Steiermark. Er war Mitglied ¨ der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften. G. vero¨ ffentlichte u. a. ein Vollst¨andiges Taschenbuch der chemischen Technologie (1852), Lehrbuch der reinen und angewandten Chemie zum Gebrauch an Realschulen (1853) und Polizeilich-chemische Skizzen (1853).

Gottlieb, Rudolf, Pharmakologe, Mediziner, * 1. 9. 1864 Wien, † 31. 10. 1924 Heidelberg. Nach dem Medizinstudium und der Promotion 1887 in Wien wandte sich G. der Pharmakologie zu, die er in Straßburg und Marburg studierte. Seit 1890 Assistent bei Waldemar von Schroeder in Heidelberg, habilitierte er sich 1892 (Studien u¨ ber die Wirkung des Pikrotoxins) und wurde 1896 a. o., 1898 o. Prof. und Direktor des Pharmakologischen Instituts der Univ. Heidelberg. G., seit 1911 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, f¨orderte besonders die Pharmakologie und Toxikologie der Kreislauforgane, untersuchte W¨armeregulation und Antipyrese und analysierte Hormone, Diurese sowie die Morphiumwirkung. Er ver¨offentlichte u. a. Die experimentelle Pharmakologie als Grundlage der Arzneibehandlung (1910, 71925; mit Hans Horst → Meyer) und Theorie und Erfahrung als Grundlagen der Arzneibehandlung (1913). Gottlieb, Theodor, o¨ sterr. Bibliothekar, Buchwissenschaftler * 8. 4. 1860 Br¨unn, † 15. 1. 1929 Wien. Nach dem Studium in Wien, Berlin und Leipzig, wo er 1887 promoviert wurde, erhielt der aus einer Kaufmanns- und Beamtenfamilie stammende G. eine bibliothekarische Ausbildung in London und Rom. 1890-1919 wirkte er an der Wiener Hofbibliothek, zuletzt als Kustos I. Klasse. Schon ¨ mit seiner ersten Schrift Uber mittelalterliche Bibliotheken (1890, Neudr. 1955) legte er durch eine Auflistung gedruckter wie ungedruckter B¨ucherverzeichnisse eine kritische Quellenkunde zur Bibliotheksgeschichte vor und wurde Wegbereiter des großen Quellenwerkes der Mittelalter¨ ¨ Kataloge in Deutschland (MBK) und Osterreich (MBKO).

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Gottlob, Theodor, kath. Theologe, * 7. 9. 1890 Essen,

Gottowt, John, Schauspieler, Regisseur, * 15. 6. oder 9. 6. 1881 oder 1882 Lemberg (Galizien) oder Bremen, † 27. 8. 1934 oder 1942 Berlin oder Wielicka. G. war 1905-11 Schauspieler am Deutschen Theater Berlin, dann bis 1912 Regisseur und Schauspieler am M¨unchner Lustspielhaus, 1913-17 Schauspieler am Lessing-Theater Berlin und 1917-19 Regisseur und Schauspieler an der Neuen Wiener B¨uhne. Dort f¨uhrte er expressionistische Dramen auf, u. a. 1917 Georg → Kaisers Die B¨urger von Calais. Seit 1919 wieder in Berlin, wirkte er als Schauspieler und Regisseur an verschiedenen B¨uhnen. Er spielte auch in mehreren Filmen mit, darunter in Der Student von Prag (1913), als Hauptdarsteller in Algol (1920), Das Wachsfigurenkabinett (1923) und Unheimliche Geschichten (1932). 1933 wurde G. wegen seiner j¨udischen Herkunft mit Spielverbot belegt. Unklar ist, ob er 1934 in Berlin starb oder 1942 in Wielicka von deutschen Soldaten erschossen wurde. C Exiltheater Gottron, Adam (Bernhard), Musikforscher, * 11. 10. 1889 Mainz, † 29. 10. 1971 Mainz. G. studierte Geschichte, Germanistik, Kunstgeschichte und Theologie, wurde 1912 in Freiburg / Breisgau mit der Arbeit Ramon Lulls Kreuzzugsideen zum Dr. phil. promoviert und empfing 1917 in Mainz die Priesterweihe. 1933-62 war er Pr¨ases der Kirchench¨ore der Di¨ozese Mainz, 1960-70 Honorarprofessor an der dortigen Universit¨at. Er gr¨undete 1947 die Zeitschrift „Musik und Altar“, war bis 1952 deren Schriftleiter und richtete 1961 die Arbeitsgemeinschaft f¨ur mittelrheinische Musikgeschichte ein. G. befaßte sich in seinen fr¨uhen Schriften mit Raimundus Lullus, in den zwanziger Jahren vor allem mit Volksmusik und ver¨offentlichte sp¨ater u. a. Kirchenmusik und Liturgie (1937) und Mozart und Mainz (1951). C MGG Gottron, Heinrich (Adolf), Dermatologe, * 10. 3. 1890 Oppenheim / Rhein, † 26. 6. 1974 Mainz. G. studierte in Freiburg, M¨unchen, Heidelberg, Leipzig und Bonn, wurde 1916 in Heidelberg promoviert (Beitrag zur Kenntnis der juvenilen Paralyse und juvenilen Tabes), war seit 1927 Oberarzt an der Universit¨ats-Hautklinik in Berlin und habilitierte sich 1930. Seit 1933 a. o. Prof., war er seit 1935 o. Prof. und Direktor der Haut- und Poliklinik der Univ. Breslau. Seit 1937 Mitglied der NSDAP, wurde er sp¨ater Mitglied der 1942 gegr¨undeten Deutschen Gesellschaft f¨ur Konstitutionsforschung. 1946-61 war G. o. Prof. in T¨ubingen. Seine Forschung richtete sich auf die Ursachen infekti¨oser Hautkrankheiten, die Wechselwirkungen zwischen Kreislauf, Stoffwechsel, Konstitution und

Gottschalk Haut, auf Hauttumoren sowie auf seltene Hautkrankheiten. Die von ihm entdeckte famili¨are Akrogerie, ein Minortyp des Hutchinson-Gilford-Syndroms, wird nach ihm GottronSyndrom genannt. G. verfaßte u. a. Hautkrankheiten unter dem Gesichtspunkt der Vererblichkeit (1935) und gab mit Walter → Sch¨onfeld Dermatologie und Venerologie (5 Bde., ¨ 1958-60) heraus. Schlesien C Arzte

Gottschald, (Romilo) Otto, Maschinenbauer, * 24. 7. 1818 Lauter / Erzgebirge, † 16. 9. 1871 Golzern bei Grimma (Sachsen). Nach seiner Ausbildung zum Kaufmann war G., Sohn eines Oberf¨orsters, Reisender und sp¨ater Teilhaber eines Leipziger Handelshauses. 1848 erwarb er bei Grimma einen Reparaturbetrieb f¨ur landwirtschaftliche Ger¨ate, den er bald um eine Eisengießerei erg¨anzte. Mit dem Wachstum des Betriebs erweiterte G. das Fabrikationsprogramm; hinzu kamen Landmaschinen, seit 1860 auch Maschinen zur Papierherstellung und Turbinen. Sein Ziel, unter rationeller Ausnutzung des Maschinenparks pr¨azise Arbeit zu liefern, wirkte sich positiv auf die Entwicklung des Unternehmens aus. Seit 1862 als Gottschald, N¨otzli & Steiner und 1872 als Maschinenbau AG Golzern-Grimma firmierend, erlangte das Unternehmen nach dem Ersten Weltkrieg auf dem neuen Gebiet des Apparatebaus Weltgeltung. C NDB

Gottschaldt, Johann Jacob, evang. Theologe, Hymnologe, * 21. 4. 1688 Eibenstock (Sachsen), † 15. 2. 1759 Sch¨oneck (Vogtland). G. studierte in Leipzig und Wittenberg Theologie und wurde 1711 Magister. Seine erste Anstellung als Pfarrer fand er 1716 in Somsdorf bei Dresden und war 1721-39 Diakonus in seiner Vaterstadt, zuletzt Pastor in Sch¨oneck. G. wurde als Hymnologe bekannt durch die Herausgabe zweier Gesangb¨ucher, besonders von Theologia in Hymnis oder Universal-Gesangbuch [. . .] (1737), in dem er 1300 Kirchenlieder, darunter 17 eigene, zusammenstellte. Mit Allerhand Lieder-Remarquen (6 Tle., 1737-48) legte er Mitteilungen u¨ ber verschiedene Gesangb¨ucher, ihre Lieder und Dichter vor. C BBKL

Gottschaldt, Kurt, Psychologe, * 25. 4. 1902 Dresden, † 24. 3. 1991 G¨ottingen. G., Sohn eines Fabrikbesitzers, studierte Psychologie in Berlin bei Wolfgang → K¨ohler, Kurt → Lewin und Max ¨ → Wertheimer und wurde 1926 mit der Dissertation Uber die Wirkung der Erfahrung auf die Wahrnehmung der Figuren zum Dr. phil. promoviert. Danach Assistent am Psychologischen Institut der Univ., hatte er 1929-33 in Bonn die Leitung des Psychologischen Laboratoriums der Rheinischen Provinzial-Kinderanstalt f¨ur seelisch Abnorme inne. 1932 habilitierte er sich an der dortigen Univ. f¨ur Psychologie, war seit 1935 Leiter der neugegr¨undeten „Erbpsychologischen Abteilung“ des Kaiser-Wilhelms-Instituts f¨ur Anthropologie und wurde 1938 a. o. Prof. an der Univ. Berlin. Zu seinem Forschungsprogramm geh¨orte u. a. die Frage nach den erbpsychologischen Grundlagen psychischen Verhaltens. 1946 wurde G. o. Prof. an der Humboldt-Universit¨at, 1948 Direktor des dortigen Instituts f¨ur Psychologie und Leiter der Poliklinik f¨ur nerv¨ose und schwer erziehbare Kinder am Kinderkrankenhaus der Stadt Berlin. 1953 gr¨undete er die „Zeitschrift f¨ur Psychologie“ neu und war bis 1962 deren Herausgeber. Seit 1954 war G. Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften, u¨ bersiedelte 1962 nach politischen Querelen in den Westen und war bis 1970 Direktor des Instituts f¨ur Psychologie an der Univ. G¨ottingen. G. vero¨ ffentlichte u. a. Ursachen der jugendlichen Verwahrlosung in der Nachkriegszeit (1949). C DDR

Gottschalg, Alexander Wilhelm, Musiker, Lehrer, Redakteur, * 14. 2. 1827 Mechelrode bei Weimar, † 31. 5. 1908 Weimar. Seine musikalische Ausbildung erhielt G. 1842-47 am Lehrerseminar und bei Franz → Liszt. Danach Lehrer in Tiefurt, war er 1870-81 Seminarmusiklehrer und Hoforganist, 1874-1903 Lehrer f¨ur Musikgeschichte an der Großherzoglichen Musikschule in Weimar. Seit 1865 arbeitete G. als Redakteur f¨ur die Musikzeitung „Urania“ und schrieb 1885-97 f¨ur die Zeitschrift „Chorgesang“. Neben Liedern und Chormusik komponierte er Klavier- und Orgelst¨ucke. Seine Erinnerungen wurden unter dem Titel Franz Liszt in Weimar [. . .] (1910, hrsg. von C. R. Ren´e) ver¨offentlicht. Gottschalk, F¨urst der slawischen Abodriten, * um 1010, † 7. 6. 1066 Lenzen / Elbe. Der aus dem Geschlecht der Nakoniden stammende G. brach nach der Ermordung seines Vaters Uto durch einen Sachsen um 1028 die Ausbildung im Michaeliskloster in L¨uneburg ab, um dessen Tod zu r¨achen. Er unterlag im Kampf Herzog → Bernhard II. von Sachsen und ging nach D¨anemark ins Exil zu K¨onig Knut. 1043 trat G. das Erbe seines Vaters an. Er schuf ein großes, die St¨amme der Abodriten umfassendes Herrschaftsgebiet, dessen Christianisierung er mit Hilfe des Erzbischofs → Adalbert I. von Bremen vorantrieb. Das Bistum Oldenburg wurde wiederbesetzt und um 1060 die Bist¨umer Mecklenburg und Ratzeburg gegr¨undet. Der dem Sturz Adalberts 1066 folgenden heidnischen Reaktion fiel auch G.s politisches wie kirchliches Werk zum Opfer. Der im Aufstand erschlagene G. wurde als Heiliger verehrt. C Mecklenburg, Bd 1

Gottschalk von Aachen, f¨alschlicherweise auch G. von Limburg, Benediktiner, Sequenzendichter, * vor 1050, † 24. 11. nach 1108 Klingenm¨unster. Vermutlich aus Niederdeutschland stammend und in Kaiserswerth erzogen, verfaßte G. von 1071 bis um 1102 als Kanzleinotar Kaiser → Heinrichs IV. dessen Urkunden und Briefe. 1091 erscheint er als Hofkaplan, 1099 als capellarius. Er war Propst von St. Servatius in Maastricht und des Marienstifts Dom zu Aachen, bis er um 1106 in das pf¨alzische Kloster Klingenm¨unster eintrat. Im Investiturstreit formulierte er in elf Briefen die Politik Heinrichs IV., darunter die Zwei-Schwerter-Lehre und das Wormser Manifest von 1076 gegen Papst Gregor VII. G. sind mit Bestimmtheit acht reimlose, vor 1106 entstandene Sequenzen zuzuordnen, darunter Fecunda verbo und Exsulta, exaltata. Widerspruch gegen die hierin angezweifelte Himmelfahrt Marias suchte er mit C BBKL Predigten abzuwehren. Gottschalk Gresemund, Theologe, * um 1406 Meschede (Westfalen), † 9. 7. 1463 Erfurt. G. entstammte einer westf¨alischen Gelehrtenfamilie und studierte seit 1424 an der Univ. Erfurt, an der er 1428 den Grad eines Magister artium erwarb und 1439 zum Dr. theol. promoviert wurde. Sp¨ater war er einer der f¨uhrenden Professoren an dieser Hochschule und wurde dreimal zu ihrem Rektor gew¨ahlt. G., seit 1445 Kanonikus und von 1455 an Dekan am Marienstift in Erfurt, war ein angesehener Theologe, der h¨aufig als Disputant und Gutachter in theologischen Streitfragen herangezogen wurde, u. a. 1447 in der Auseinandersetzung um das Wilsnacker Blutwunder gegen → Matthias Doering und → Johannes Kannemann. Seine Quaestio quodlibetalis, ein Kommentar u¨ ber den Ablaß aus dem Jahr 1446, ist in der Stiftsbibliothek Kremsm¨unster erhalten. C VL

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Gottschalk Gottschalk Hollen, auch Holem, Augustinereremit, Theologe, * um 1411 K¨orbecke bei Soest, begraben 5. 1. 1481 Osnabr¨uck. G. trat um 1425 in das Augustinereremitenkloster Herford ein, absolvierte seine philosophisch-theologischen Studien in der s¨achsisch-th¨uringischen Ordensprovinz, wurde 1434 / 35 zum Priester geweiht und studierte anschließend in Perugia und Siena. Seit 1440 Lektor, kehrte G. nach Herford zur¨uck, wurde Prediger und Prior und ließ sich um 1450 nach Osnabr¨uck versetzen. 1465 war er Vikar seines Ordens f¨ur den Distrikt Westfalen. Er vertrat die Via antiqua, befaßte sich bevorzugt mit Kirchenrecht und Kirchengeschichte und war ein bedeutender Prediger. G. kritisierte in seinen aus der seelsorgerischen Praxis entstandenen Sermones auch kirchliche Mißst¨ande und schrieb u. a. ein Praeceptorium divinae legis (1461-68), einen Traktat u¨ ber die zehn Gebote. C VL Gottschalk der Sachse, Godescalc, G. von Orbais, selten auch G. von Fulda, Theologe, Schriftsteller, * um 807, † 10. 10. 866 / 70 Hautvillers bei Epernay. Der s¨achsische Grafensohn wurde als Oblate im Kloster Fulda erzogen. Nach einem Studienaufenthalt auf der Reichenau zum M¨onchsgel¨ubde gezwungen, sprach ihn die Mainzer Synode 829 davon frei. Doch war G. schon 830 wieder M¨onch in Corbie, sp¨ater in Hautvillers und Orbais. Auf Missionsreisen durch Italien und den Balkan forderten seine Predigten, in denen er die doppelte Pr¨adestination verfocht, Widerspruch der Geistlichkeit heraus. Auf Betreiben seines Fuldaer Lehrers → Hrabanus Maurus von der Synode in Mainz 848 als H¨aretiker verurteilt, hielt ihn nach erneuter Verurteilung 849 durch die Synode in Quierzy Erzbischof Hinkmar von Reims in Hautvillers gefangen. In dieser sp¨aten Lebensphase entstanden vor allem grammatikalische und theologische Arbeiten, die ihn als Gegner von Johannes (Scotus) Eriugena ausweisen. G. war nicht nur ein leidenschaftlicher Theologe, der extreme Positionen vertrat, und ein hervorragender Kenner des Augustinus, sondern auch selbst¨andiger Grammatiker. Seine zehn u¨ berlieferten Gedichte, davon zwei mit Melodie, zeigen eine ausdrucksvolle Sprachkraft und reiche Formkunst. Seine Pr¨adestinationslehre wurde im 17. Jh. von den Jansenisten aufgegriffen. C TRE Gottschalk, Abt von Selau, * 1115 K¨oln, † 18. 2. 1184 Launowitz (B¨ohmen). Von seinen Eltern zum Studium der Heilkunde nach Paris geschickt, erkrankte G. mit zwanzig Jahren schwer und beschloß den Eintritt ins Kloster. Er wurde Pr¨amonstratenser im Kloster Steinfeld. 1142 beauftragte ihn Propst → Eberwin mit der Errichtung eines Klosters im b¨ohmischen Strahow. Auf Bitte des Prager Bischofs u¨ bernahmen die Pr¨amonstratenser 1149 das Benediktinerkloster Selau in B¨ohmen mit G. als dem ersten Abt. Bald wurden unter seiner Leitung ¨ weitere Stifte bis nach Osterreich gegr¨undet. C Leb Sudeten, Bd 3

Gottschalk, Alfred, Biochemiker, * 22. 4. 1894 Aachen, † 4. 10. 1973 T¨ubingen. Nach dem Medizinstudium in M¨unchen, Freiburg / Breisgau ¨ und Bonn (Promotion 1920, Uber den Mechanismus der Erstickung und Erholung des markhaltigen Kaltbl¨uternerven) wurde G. 1920 Assistent an der Univ. Frankfurt und 1922 am Kaiser-Wilhelm-Institut f¨ur Biochemie in Berlin. Seit 1927 Direktor des Biochemischen Instituts am st¨adtischen Krankenhaus von Stettin, mußte er 1935 das Land verlas¨ sen. Uber Großbritannien emigrierte er 1939 nach Australien, wo er in Melbourne und Canberra forschte und lehrte. 1963 nach Deutschland zur¨uckgekehrt, wirkte G. am MaxPlanck-Institut f¨ur Virusforschung und erhielt 1966 eine Honorarprofessur an der Univ. T¨ubingen. Sein Hauptgebiet war

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die Erforschung von Enzymen, deren Ergebnisse in rund 200 Beitr¨agen f¨ur Zeitschriften und Handb¨ucher vorliegen. 1960 erschien The chemistry and biology of sialic acids and related substances, 1996 Glycoproteins. C BHdE, Bd 2

Gottschalk, Andreas, Mediziner, * 28. 2. 1815 D¨usseldorf, † 8. 9. 1849 K¨oln. G., Sohn eines Sch¨achters, studierte in Bonn Medizin, Altphilologie, Logik, Psychologie und englische Literatur, wurde 1840 zum Dr. med. promoviert und er¨offnete 1842 in K¨oln eine Praxis, in der er sich vor allem auf die Behandlung a¨ rmerer Patienten konzentrierte. Zu Beginn der vierziger Jahre lernte er Moses → Hess kennen und wandte sich sozialistischen und demokratischen Ideen zu. Am 3. 3. 1848 stand er an der Spitze der K¨olner Volksdemonstration, die vom K¨olner Gemeinderat u. a. das allgemeine Wahlrecht, Presse- und Versammlungsfreiheit sowie die Erziehung aller Kinder auf o¨ ffentliche Kosten forderte. G. kam in Untersuchungshaft. Nach seiner Freilassung im April 1848 gr¨undete er den K¨olner Arbeiterverein, dessen Pr¨asident er bis Juli war. Im selben Monat erneut verhaftet, ging er nach seinem Freispruch Anfang 1849 nach Br¨ussel und dann Paris, kehrte Mitte M¨arz nach K¨oln zur¨uck und praktizierte erneut als Armenarzt. G. starb an der Cholera.

Gottschalk, Benno, Rabbiner, * Oktober 1883 Berlin, † Juli 1966 Los Angeles (USA). G. studierte in Berlin am J¨udischen Lehrerseminar und seit 1909 an der Lehranstalt f¨ur die Wissenschaft des Judentums. Die Pr¨ufung u¨ ber die von ihm als irrelevant angesehenen j¨udischen Ritualgesetze verweigernd, konnte er seine Studien nicht mit dem Rabbinerexamen, sondern nur mit dem f¨ur Prediger und Religionslehrer beenden. Dennoch wirkte er an liberalen Synagogen in Konitz, Posen, Hirschberg, Berlin, Frankfurt / Main und K¨oln als Rabbiner. G., ein Gegner des Zionismus, verteidigte auch nach Beginn der Verfolgung durch den Nationalsozialismus die Assimilationspolitik, 1933-37 mit Beitr¨agen in den „Mitteilungen der J¨udischen Reformgemeinde zu Berlin“. 1939 emigrierte er u¨ ber Großbritannien in die USA, wo er seit 1944 in Los Angeles lebte und Rabbiner einer an den hohen Feiertagen zusammenkommenden Gemeinde war. G. ver¨offentlichte u. a. Ziel des Staatslebens nach der Lehre des Judentums (1917). C BHdE, Bd 1

Gottschalk, Hans (Ludwig), geb. Cohn, Arabist, * 24. 3. 1904 Freiburg / Breisgau, † 17. 7. 1981 Salzburg. Der Sohn des Philosophen Jonas → Cohn nahm mit 18 Jahren den Namen G. an, studierte Islamwissenschaften, Semitistik und Alte Geschichte in Freiburg, Berlin, T¨ubingen und M¨unchen, wurde 1928 promoviert und erhielt ein Forschungsstipendium der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft. Seit 1930 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Seminar f¨ur Geschichte und Kultur des Vorderen Orients der Univ. Hamburg, wurde er 1933 entlassen. Nach einem Stipendium der Moses-Mendelssohn-Stiftung 1935-38 wurde er Kurator der Mingana Collection of Oriental Manuscripts an der Selly Oak Colleges Library in Birmingham, 1948 a. o. Prof. der Arabistik an der Univ. Wien. G. ver¨offentlichte u. a. Catalogue of the Arabic Manuscripts in the Mingana Collection, Selly Oak (1949) und Der Islam in Christus und die Religionen der Erde (1951).

Gottschalk, Joachim, Schauspieler, * 10. 4. 1904 Calau / Lausitz, † 6. / 7. 11. 1941 Berlin. Der Sohn eines Arztes fuhr nach dem Abitur 1922 drei Jahre zur See, nahm Schauspielunterricht in Berlin und begann seine B¨uhnenlaufbahn in Zwickau. Er hatte Engagements in Stuttgart, Leipzig, Kolberg und Frankfurt / Main und kam 1938 an die Volksb¨uhne Berlin. Im selben Jahr begann G. mit der Arbeit f¨ur den Film, wo er vor allem als Liebhaber

Gottsched durch seine unterk¨uhlte Art zu spielen auf sich aufmerksam machte und bald den Beinamen „deutscher Clark Gable“ erhielt. G. spielte u. a. an der Seite von Brigitte → Horney in Eine Frau wie Du (1939), Ein Leben lang (1940) und Die schwedische Nachtigall (1941). Als G.s j¨udischer Ehefrau und dem achtj¨ahrigen Sohn 1941 die Deportation nach Theresienstadt drohte, w¨ahlte G. mit seiner Familie den Freitod. Nach der Novelle Es wird schon nicht so schlimm, in der Hans → Schweikart das Schicksal seines Freundes G. nachzeichnete, drehte Kurt Maetzig 1947 den Film Ehe im Schatten. C Cinegraph

Gottschalk, Sigmund, Gyn¨akologe, * 21. 10. 1860 K¨onigsfeld bei St. Georgen, † 3. 11. 1914 Berlin. G. studierte in T¨ubingen, W¨urzburg und Berlin, wo er 1883 promoviert wurde (Ueber die weibliche Epispadie) und sich 1899 f¨ur Geburtshilfe und Gyn¨akologie habilitierte. Er erhielt eine Professur an der Univ. Berlin und wurde Direktor der Gyn¨akologischen Abteilung des J¨udischen Krankenhauses und bald einer der bekanntesten Frauen¨arzte Berlins. G. widmete sich vor allem der pathologisch-anatomischen Seite seines Fachgebiets, befaßte sich in grundlegenden Arbeiten mit dem Chorionepitheliom und f¨uhrte das Styptizin in die Therapie ein. Er ver¨offentlichte u. a. das Handbuch Gyn¨akologie (1909) und Gesundheitspflege f¨ur Frauen und M¨utter (1913).

Gottschall, Rudolf (Carl) von, Pseud. Carl Rudolf, Wilhelm Lehmann (gemeinsam mit Feodor Wehl10-3072), Schriftsteller, * 30. 9. 1823 Breslau, † 21. 3. 1909 Leipzig. W¨ahrend des Jurastudiums 1841-44 in K¨onigsberg wegen Bet¨atigung bei den Liberalen relegiert, dann aus Breslau ausgewiesen, wurde G., Sohn eines preuß. Artillerieleutnants, 1846 in Berlin zum Dr. jur. promoviert. 1846-48 Dramaturg am K¨onigsberger Stadttheater, war er nach Stationen in Hamburg, Berlin, Breslau und seit 1862 in Posen 1865-88 Herausgeber der „Bl¨atter f¨ur literarische Unterhaltung“ und der Zeitschrift „Unsere Zeit“ in Leipzig. Nach literarischen Anf¨angen im Geist des Vorm¨arz wurde er bald nationalkonservativer Dramatiker, Erz¨ahler und Kritiker. 1864 wurde G. zum Hofrat, 1875 zum Geheimen Hofrat ernannt und 1877 in den erblichen Adelsstand erhoben. In Dramen stellte G. oppositionelle Figuren wie Ulrich von Hutten (1843) und Robespierre (1845) ins Zentrum, polemisierte in dem Lustspiel Pitt und Fox (1854) gegen den englischen Parlamentarismus, u¨ bte aber auch Sozialkritik, u. a. in dem Roman Das goldene Kalb (3 Bde., 1880). In seinem Erz¨ahlwerk griff er neben historischen Stoffen kirchliche Konflikte auf. G.s Erinnerungen erschien unter dem Titel Aus meiner Jugend (1898). C Killy Gottsche, Karl Moritz, Mediziner, Botaniker, * 3. 7. 1808 Altona (heute zu Hamburg), † 28. 9. 1892 Altona. G., Sohn eines Kaufmanns und Reeders, studierte seit 1829 in Berlin Naturwissenschaften und Medizin und wurde 1831 promoviert (De diagnosi stethoscopia). Nach der Staatspr¨ufung 1834 ließ er sich als praktischer Arzt in seiner Heimatstadt nieder und widmete sich der Zoologie, seit 1837 der Botanik. 1841 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Sein Interesse richtete sich vor allem auf Lebermoose. Durch Christian Gottfried Daniel → Nees von Esenbeck aufgefordert, mit ihm die Synopsis hepaticarum (1847-51) herauszugeben, schrieb G. die H¨alfte des gesamten Werkes und lieferte die Zeichnungen. Es folgten zahlreiche Publikationen u¨ ber außereurop¨aische Lebermoose, u. a. Hepaticae Mexicanae (1867). G.s große Lebermoossammlung nebst 4000 Quartbl¨attern mit Zeichnungen sowie f¨unf B¨anden Aufzeichnungen erwarb das Botanische Museum in Berlin. C SHBL, Bd 3

Gottsched, Johann, Mediziner, Meteorologe, Physiker, * 15. 7. 1668 K¨onigsberg, † 10. 4. 1704 K¨onigsberg. G., Sohn eines B¨ackers, studierte seit 1684 Medizin in K¨onigsberg. Nach Reisen durch Deutschland, Holland und Italien wurde er 1691 Bezirksarzt im ostpreußischen Bartenstein, 1694 a. o. Prof., 1701 o. Prof. der Medizin und Physik an der Univ. K¨onigsberg, 1702 Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin. Er gab die „Meteorologischen Jahresberichte“ f¨ur 1702 und 1703 heraus, ferner eine um Anmerkungen und Zus¨atze erweitere Neuauflage von Johannes → Loesels Flora Prussica (3 Bde., 1703 / 04) und Arbeiten auf dem Gebiet der Physiologie. Neue Wege betrat G. in der Meteorologie, indem er durch dauernde Beobachtung mit Hilfe des Barometers, Thermometers und Hygroskops eine zuverl¨assige Wettervoraussage zu begr¨unden suchte. C Altpreuß Biogr, Bd 1

Gottsched, Johann Christoph, Literaturtheoretiker, Publizist, * 2. 2. 1700 Juditten (sp¨ater zu K¨onigsberg), † 12. 12. 1766 Leipzig. Der Sohn eines Pfarrers studierte an der K¨onigsberger Univ. „Albertina“ Theologie und Philosophie. 1724 floh er aus seiner Heimat, um einer Aushebung als Soldat zu entgehen. Gepr¨agt von der Philosophie → Wolffs und → Leibnizens, bot ihm das Buchhandelszentrum Leipzig ideale Voraussetzungen, sein kulturpolitisches und p¨adagogisches Reformprogramm durchzusetzen, das nicht nur auf eine deutsche Nationalsprache und Nationalliteratur abzielte, sondern auch gegen Aberglaube und Orthodoxie gerichtet war. So bildete der Leipziger Prof. der Poesie (1730) und der Logik und Metaphysik (1734) eine Allianz mit dem gering geachteten Stand der Theaterleute (Theaterreform mit Friederike Caroline und Johann → Neuber) und schrieb die Regeltrag¨odie Sterbender Cato (1732). G. bestimmte als Senior der Leipziger Deutschen Gesellschaft (1727-38) und als Zeitschriftenherausgeber (seit 1725) das literarische Leben der fr¨uhen Aufkl¨arung. Er ver¨offentlichte zwei Moralische Wochenschriften („Die Vern¨unftigen Tadlerinnen“, 1725 / 26; „Der Biedermann“, 1727-29) und drei literaturkritische Journale („Beytr¨age zur Critischen Historie der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit“, 1732-44; „Neuer B¨uchersaal der sch¨onen Wissenschaften und freyen K¨unste“, 1745-50; „Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit“, 1751-62), die an ein b¨urgerliches Publikum adressiert waren. Seine Hauptmitarbeiterin und Ehefrau Luise Adelgunde Victorie → G., die Tochter des Danziger Arztes Johann Georg Kulmus, arbeitete in seinem ¨ Sinne als Ubersetzerin, Rezensentin und Dramenautorin. G. stand mit etwa neunhundert Gelehrten in Europa in Kontakt und initiierte bzw. unterst¨utzte zahlreiche gelehrte Gesellschaften. Sein universalistisches Œuvre ist an den Hauptwerken, der Poetik Versuch einer Critischen Dichtkunst (1729, datiert 1730), der Philosophie Erste Gr¨unde der gesammten Weltweisheit (1733 / 34), der Rhetorik Ausf¨uhrliche Redekunst (1736), der Grammatik Deutsche Sprachkunst (1748) und der Dramensammlung Die Deutsche Schaub¨uhne (1741-45), ablesbar. G. gilt auch als wichtiger Vermittler und Popularisator naturwissenschaftlicher Kenntnisse. Somit verband G. erstmals barocke Gelehrsamkeit mit aufkl¨arerischer Breitenwirkung. Literaturhistorische Bedeutung erlangte er durch die Critische Dichtkunst, in der er eine rationalistische, auf

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Gottsched Naturnachahmung basierende Poetik propagierte. An Miltons Paradise Lost entz¨undete sich der „Literaturstreit“ mit den Schweizern Johann Jacob → Bodmer und Johann Jacob → Breitinger, in dem G. unterlag und der ihn in der Folge zum Gesp¨ott der Nachwelt werden ließ (so zum Beispiel in → Lessings 17. Literaturbrief). G.s Leistungen hinsichtlich der „Organisation eines u¨ berregionalen Literaturbetriebes“ bleiben davon unber¨uhrt. WEITERE WERKE: Ausgew¨ahlte Werke. Hrsg. v. Joachim Birke / P. M. Mitchell. Berlin / New York 1968-95. – Schriften zu Theorie und Praxis aufkl¨arender Literatur. Hrsg. v. Uwe-K. Ketelsen. Reinbek bei Hamburg 1970. – Schriften zur Literatur. Hrsg. v. Horst Steinmetz. Stuttgart 1972. – Reden, Vorreden, Schriften. Hrsg. v. Marianne Wehr. Leipzig 1974. – Der Biedermann. Hrsg. v. Wolfgang Martens. Stuttgart 1975. – Die Vern¨unftigen Tadlerinnen. Hrsg. v. Helga Brandes. Hildesheim 1993. LITERATUR: Theodor Wilhelm Danzel: G. und seine Zeit. Ausz¨uge aus seinem Briefwechsel. Leipzig 1848. – Gustav Waniek: G. und die deutsche Litteratur seiner Zeit. Leipzig 1897. – Werner Rieck: J. C. G. Eine kritische W¨urdigung seines Werkes. Berlin (Ost) 1972. – Hans Otto Horch / Georg-Michael Schulz: Das Wunderbare und die Poetik der Fr¨uhaufkl¨arung. G. und die Schweizer. Darmstadt 1988. – Heide Hollmer: Anmuth und Nutzen. Die Originaltrauerspiele in G.s ‚Deutscher Schaub¨uhne‘. T¨ubingen 1994. – P. M. Mitchell: J. C. G. (1700-1766). Harbinger of German Classicism. Columbia, S. C. 1995. – Gabriele Ball: Moralische K¨usse. G. als Zeitschriftenherausgeber und literarischer Vermittler. G¨ottingen 2000. – Gottsched-Tag. Wissenschaftliche Veranstaltung zum 300. Geburtstag von J. C. G. am 17. Februar 2000 in der Alten Handelsb¨orse in Leipzig. Hrsg. v. Kurt Nowak und Ludwig Stockinger. Stuttgart / Leipzig 2002. – Detlef D¨oring: Die Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig. Von der Gr¨undung bis in die ersten Jahre des Seniorats J. C. G.s. T¨ubingen 2002. – Diskurse der Aufkl¨arung. Luise Adelgunde Victorie und J. C. G. Vortr¨age, gehalten anl¨aßlich eines Interdisziplin¨aren Arbeitsgespr¨aches am 9. und 10. Juni 2005 in der Herzog August Bibliothek. Hrsg. v. Gabriele Ball, Helga Brandes und Katherine R. Goodman. Wiesbaden 2006. Gabriele Ball

Gottsched, Luise (Adelgunde Victorie), geb. Kulmus, genannt Gottschedin, Schriftstellerin, * 11. 4. 1713 Danzig, † 26. 6. 1762 Leipzig. Auf einer Reise lernte die Tochter eines kgl. polnischen Leibarztes Johann Christoph → G. kennen und heiratete ihn 1735. „Musterhafte Gehilfin“ ihres Mannes und Mitarbeiterin an dessen Zeitschriften, vor allem aber unerm¨udli¨ che Ubersetzerin englischer und franz¨osischer Autoren, verdankte er ihr den Abschluß zahlreicher literarischer und wis¨ senschaftlicher Unternehmungen, z. B. der Ubersetzung der englischen Moral Weeklies „Spectator“ und „Guardian“ von Joseph Addison und Richard Steele, die zu Vorbildern f¨ur die Moralischen Wochenschriften wurden, und der deutschen Fassung des Historischen und Critischen W¨orterbuchs von ¨ Pierre Bayle (4 Bde., 1741-44, Nachdr. 1974-78). Mit Ubersetzungen von Moli`ere, Voltaire u. a. war sie an J. C. G.s Sammlung Die deutsche Schaub¨uhne (1741-45, 21746-50) beteiligt. Sie verfaßte, ihrem Mann an literarischem Talent u¨ berlegen, auch eigene Lustspiele, darunter die anonym erschienene Kom¨odie Die Pietisterey im FischbeinRocke (1736), die als eine fr¨uhe s¨achsische Typenkom¨odie das Fr¨ommlertum verspottet. Ihre Briefe (3 Bde.) wurden zuerst 1771-73 von Dorothea Henriette von Runckel herausC Killy gegeben.

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Gottschick, Johannes (Friedrich), evang. Theologe, * 23. 11. 1847 Rochau (Kr. Stendal), † 3. 1. 1907 T¨ubingen. Der Pfarrerssohn war nach dem Theologiestudium 1865-68 in Erlangen und Halle und zweij¨ahrigem Besuch des Konvikts in Magdeburg Gymnasiallehrer in Halle, Wernigerode und Torgau, danach geistlicher Inspektor und Direktor des Magdeburger Kandidatenkonvikts. 1882 wurde er o. Prof. der praktischen Theologie in Gießen, 1893 in T¨ubingen. ¨ Uberzeugter Anh¨anger der Theologie Albrecht → Ritschls, verfocht er das Ernstnehmen der historisch-kritischen Analyse der Bibel in der kirchlichen Praxis und eine „positiv kirchliche Tendenz“ der theologischen Wissenschaft. G.s zentrales Werk war Die Kirchlichkeit der sogenannten kirchlichen Theologie (1890). Er war einer der Gr¨under der „Zeitschrift f¨ur Theologie und Kirche“, die er bis 1906 herausgab. C NDB Gottschlich, Hugo, o¨ sterr. Schauspieler, * 30. 10. 1905 Wien, † 22. 3. 1984 Wien. Nach seinem Deb¨ut 1928 am Stadttheater von Innsbruck war G. in den dreißiger Jahren in Wien bei den Kabaretts „Wiener Werkel“ und „Literatur am Naschmarkt“ t¨atig. 1946 trat er bei den Kleinkunstb¨uhnen „Der liebe Augustin“ und der „Insel“ auf. Seit 1947 war er Ensemblemitglied des Volkstheaters, spielte am Theater in der Josefstadt und wurde 1955 Mitglied des Burgtheaters. G. war als Darsteller in St¨ucken von Johann → Nestroy und Ferdinand → Raimund bekannt. Er stand bis kurz vor seinem Tod auf der B¨uhne und wirkte in zahlreichen Filmen und beim Fernsehen mit. C Czeike Gottstein, Adolf, Hygieniker, * 2. 11. 1857 Breslau, † 3. 3. 1941 Berlin. G., Sohn eines Kaufmanns und Bruder von Leo → G., studierte in Breslau, Straßburg und Leipzig. Nach der Promotion 1881 war er Assistent am St¨adtischen Krankenhaus Breslau, ließ sich 1884 als Arzt in Berlin nieder und wurde 1906 Stadtrat f¨ur Hygiene, 1911 Stadtmedizinalrat in Charlottenburg und 1919 Ministerialdirektor. Seit 1924 im Ruhestand, war er Schriftleiter mehrerer Fachbl¨atter und begr¨undete 1926 die „Zeitschrift f¨ur das gesamte Krankenhauswesen“. 1925 wurde G. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1919-24 Leiter des preuß. Medizinalwesens, forcierte G. den staatlichen Gesundheitsschutz; er gr¨undete u. a. drei Akademien f¨ur Sozialhygiene und brachte das Hebammen-, das Tuberkuloseund das Kr¨uppelf¨ursorgegesetz auf den Weg. Neben der Sozialhygiene galten seine Forschungen der Bakteriologie, der Medizinstatistik und der Epidemiologie. G. gab ein Handbuch der sozialen Hygiene und Gesundheitsf¨ursorge (6 Bde., 1925-27) heraus und verfaßte u. a. Schulgesundheitspflege (1926), Die Lehre von den Epidemien (1929) und Epidemiologie (1937). Er war der Vater von Werner → G. ¨ Schlesien C Arzte

Gottstein, Georg, Chirurg, * 12. 9. 1868 Breslau, † 21. 4. 1936 Breslau. G., Sohn von Jacob → G., studierte 1888-94 Medizin an der Univ. Breslau, sammelte erste praktische Erfahrungen am St¨adtischen Krankenhaus Urban in Berlin und wurde 1895 an der Univ. Breslau mit der Arbeit Versuche zur Heilung der Tetanie mittelst Implantation von Schilddr¨use und Darreichung von Schilddr¨usenextract promoviert. Seit 1896 Assistent an der Chirurgischen Universit¨atsklinik Breslau, habilitierte er sich dort 1902 mit der Studie Die gleichzeitige doppelseitige Vagotomia supradiaphragmatica beim Hunde und ihr Einfluß auf die Kardia. Seit 1906 war G. Prof. und Prim¨ararzt an der Chirurgischen Abteilung des Israelitischen Krankenhauses in Breslau. Bekannt wurde er vor allem mit seinem 1901 erschienenen Buch Technik und Klinik der

Gotzkowsky Oesophagoskopie. Nach G. wurde ein spezielles Operationsverfahren (extramusk¨ose Kardiomyotomie) bei Kardiospasmus benannt; 1908 ver¨offentlichte er ein sp¨ater gebr¨auchliches Verfahren der endoskopischen Ballondilatation, eben¨ falls bei Kardiospasmus. Schlesien C Arzte

Gottstein, Hans, Industrieller, * 12. 8. 1887 Liebau (Schlesien), † 29. 7. 1965 London. G. studierte an den Technischen Hochschulen Dresden und M¨unchen sowie an der Univ. M¨unchen. Nach T¨atigkeiten bei mehreren Unternehmen im In- und Ausland trat er 1909 in die von seinem Vater Leo → G. gegr¨undete Feldm¨uhle, Papier- und Zellstoffwerke AG ein und wurde 1913 Vorstandsmitglied, 1922 Generaldirektor. Reisen f¨uhrten ihn 1910 / 11 in die USA, nach Japan und Indien. G. war Aufsichtsratsvorsitzender der Pommerschen Zellstoffabrik Scholwin, Mitglied des Aufsichsrats sechs weiterer Firmen, stellvertretender Vorsitzender des Vereins der Industriellen Pommerns sowie Vorsitzender der Handelspolitischen Kommission des Vereins Deutscher Papierfabrikanten und des Vereins Deutscher Zellstoffabrikanten. 1935 oder 1936 emigrierte er nach London. C Reichshandbuch

Gottstein, Jacob, Hals-Nasen-Ohrenarzt, * 7. 11. 1832 Lissa (Preußen), † 10. 1. 1895 Breslau. G. studierte in Breslau bei Friedrich Theodor von → Frerichs und Albrecht Theodor → Middeldorpff, wurde 1856 promoviert (De Bichati vi historica) und ließ sich dort 1857 als Arzt nieder. Seit 1864 auf Hals-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten, seit 1867 auch auf Ohrenleiden spezialisiert, habilitierte er sich 1872 f¨ur Otorhinolaryngologie (Ueber den feinern Bau und die Entwicklung der Geh¨orschnecke beim Menschen und den S¨augethieren). 1890 erhielt er den Professorentitel. G. entwickelte eine Curette speziell zur Entfernung von Wucherungen im Nasenrachenraum. Sein Lehrbuch Die Krankheiten des Kehlkopfes und der Luftr¨ohre (1884, 41893) wurde ins Englische, Franz¨osische und Russische u¨ bersetzt. ¨ G. war der Vater von Georg → G. C Arzte Schlesien

Gottstein, Leo, Industrieller, * 26. 5. 1850 Breslau, † 31. 1. 1922 Weimar. G., Bruder von Adolf → G. studierte zun¨achst vergleichende Anatomie, dann Chemie und wurde in Straßburg promoviert. Verwandt mit dem Papierfabrikanten M. Behrend-Varzin, beschloß er die Errichtung eines Zellstoffwerkes auf dem Grund der ehemaligen Stiftsm¨uhle des Klosters Gr¨ussau bei Liebau, genannt „Feldm¨uhle“. 1885 wurde die Schlesische Sulfit-Cellulose Fabrik Feldm¨uhle (seit 1911 Feldm¨uhle, Papier- und Zellstoffwerke AG) gegr¨undet und 1886 mit zwei Kochern und G. als Direktor in Gang gebracht. Nach der Gr¨undung eines Zweigwerkes in Cosel nahmen 1895 beide Unternehmungen auch die Papierfabrikation auf und verlegten ihre Hauptverwaltung nach Breslau. Ein drittes Werk lief 1911 bei Stettin an. 1919 trat G. in den Aufsichtsrat u¨ ber. Er war Vorstands- und Ehrenmitglied des Vereins Deutscher Papierfabrikanten. G. war der Vater von Hans → G. C NDB

Gottstein, Werner, P¨adiater, * 5. 1. 1894 Berlin, † 21. 11. 1959 Chicago (Illinois, USA). G., Sohn von Adolf → G., studierte nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg in Berlin, Freiburg / Breisgau und Jena Medizin und wurde 1921 in Berlin promoviert (Kommt ¨ nach Atiologie, Klinik und Pathologischer Anatomie der Encephalitis lethargica eine Sonderstellung zu?). Danach am Krankenhaus Berlin-Westend t¨atig, wechselte er 1922 an die Universit¨ats-Kinderklinik der Charit´e und 1925 an die Universit¨ats-Kinderklinik Freiburg / Breisgau, wo er sich 1927 f¨ur Kinderheilkunde habilitierte. Seit 1929 war er wieder in Berlin t¨atig und wirkte anfangs am Luisenandenken Waisenhaus in Charlottenburg, seit 1931 als a¨ rztlicher

Leiter des St¨adtischen Kinder- und M¨utterheims Charlottenburg. 1934 aus dem Krankenhausdienst entlassen und kurzzeitig in einem Konzentrationslager inhaftiert, emigrierte G. 1938 u¨ ber D¨anemark und Großbritannien in die USA, wo er seit 1940 als Kinderarzt in Chicago (Illinois) praktizierte. Er ver¨offentlichte u. a. Beitr¨age zur klinischen Arbeitsphysiologie im Kindesalter (1928), Die versuchsweise Einschulung (1930) und Sexualhygienische Belehrung und Erziehung (1932). C Seidler

Gottwald, Christoph, auch Gottwaldt, Mediziner, Naturforscher, * 1636 Danzig, † 1. 12. 1700 Danzig. G., Sohn eines Kaufmanns, wurde 1662 nach dem Studium der Medizin und Naturwissenschaften in Straßburg und Leiden mit der Arbeit De melancholia hypochondriaca promoviert. Nach einer Studienreise durch Frankreich und Italien ließ er sich 1663 als Arzt in Danzig nieder. Er trug eine umfangreiche Naturalien- und Kunstsammlung zusammen. Von G., der 1698 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen wurde, erschienen u. a. Museum Gottwaldianum sive Catalogus rerum rariorum tam naturalium quam artificialium (1714), Physikalischanatomische Bemerkungen u¨ ber die Schildkr¨oten (1781) und Physikalisch-anatomische Bemerkungen u¨ ber den Biber (1782). Er war der Vater von Johann Christoph → G. C Altpreuß Biogr, Bd 1

Gottwald, Heinrich, Musiklehrer, * 24. 10. 1821 Reichenbach (Schlesien), † 17. 2. 1876 Breslau. G. war Sch¨uler des Prager Konservatoriums und wurde Orchestergeiger und Hornist am Theater an der Wien. Seit 1857 Musiklehrer in Breslau, komponierte er Orchesterwerke, Messen sowie St¨ucke f¨ur Horn und Klavier, von denen nur wenige in Druck gingen, darunter ein Klaviertrio. Als Mitarbeiter der „Neuen Zeitschrift f¨ur Musik“ setzte er sich besonders f¨ur Franz → Liszt und Richard → Wagner ein. G.s Schrift Ein Breslauer Augenarzt und die neue Musikrichtung (1859) richtete sich gegen den Arzt F. W. Viol.

Gottwald, Johann Christoph, Arzt, Naturforscher, * 24. 7. 1670 Danzig, † 1. 8. 1713 Danzig. Der Sohn Christoph → G.s studierte seit 1691 in Kiel, Leipzig und Rostock Medizin, Mathematik und Naturwissenschaften, wurde 1694 in Rostock mit einer Dissertation De viscido (des Blutes), sanitatis offendiculo promoviert und unternahm danach eine Bildungsreise nach Holland, England Frankreich und Italien. 1697 nach Danzig zur¨uckgekehrt, ließ er sich als praktischer Arzt nieder; er wurde vor allem durch seine Bem¨uhungen bei der Bek¨ampfung der Pest 1709 bekannt. Seine Schilderung der Seuche in Danzig erschien 1710 als Memoriale loimicum. Das von G. fortgef¨uhrte umfangreiche Kunst- und Naturalienkabinett seines Vaters wurde von G.s Erben an Zar Peter I. den Großen verkauft. C Altpreuß Biogr, Bd 1

Gotzkowsky, Johann Ernst, auch Gotskowski, Kaufmann, * 21. 11. 1710 Konitz (Westpreußen), † 9. 8. 1775 Berlin. Als Waise von Verwandten in Dresden erzogen, kam G. mit 14 Jahren zu seinem a¨ lteren Bruder nach Berlin, wo er nach Abschluß einer Lehre als Materialwarenh¨andler in dessen Schmuck- und Kurzwarenhandlung arbeitete. 1746 u¨ bernahm G. die Samtfabrik seines Schwiegervaters, 1753 noch eine Seidenmanufaktur; 1754 besch¨aftigte er insgesamt 1500 Menschen. Auf Wunsch K¨onig → Friedrichs II. errichtete er 1761 die „Aechte Porcelaine Manufacture“. Im Siebenj¨ahrigen Krieg gelang es ihm w¨ahrend der russischen Besetzung Berlins, die Kriegssteuer aufzubringen; zugleich wurde ihm aufgrund von Verlusten aus Spekulationsgesch¨aften die Kreditw¨urdigkeit entzogen. Nach Kriegsende

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Goubeau mußte er die Pozellanmanufaktur verkaufen, die der preuß. Staat u¨ bernahm, bald auch die u¨ brigen Fabriken. 1768 erschien seine autobiographische Geschichte eines patriotischen Kaufmanns. G. starb in Armut. C NDB

Goubeau, Josef, Chemiker, * 31. 3. 1901 Augsburg, † 18. 10. 1990 Heidelberg. G. studierte seit 1921 Chemie an der Univ. M¨unchen, wurde ¨ 1926 mit der Arbeit Uber die fundamentalen Atomgewichte des Silbers, Kaliums und Chlors promoviert und war dann Assistent in M¨unchen, 1928 / 29 an der Univ. Freiburg, seit 1929 an der Bergakademie Clausthal. 1933 wurde er Mitglied der SA, 1937 der NSDAP. 1935 habilitierte er sich in ¨ Clausthal (Uber die Verwendung des Raman-Effektes in der analytischen Chemie; die Analyse von Kohlenwasserstoffen unter Ber¨ucksichtigung technischer Produkte) und war seit 1937 Oberassistent an der Univ. G¨ottingen, wo er 1940 apl. und 1943 a. o. Prof. wurde. 1951-69 war er o. Prof. und Leiter des Labors f¨ur Anorganische Chemie an der TH Stuttgart. G., Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (seit 1958), der Heidelberger Akademie der Wissenschaften (seit 1958) und Ehrenmitglied der Real Sociedad Espa˜nola de F´ısica y Qu´ımica, war 1959-80 Redakteur der „Zeitschrift f¨ur anorganische und allgemeine Chemie“. Er ver¨offentlichte u. a. Versuche zur quantitativen RamanSpektralanalyse (1941), Die Raman-Spektren von Olefinen (1948) und Theoretical organic chemistry (1948). C Deichmann 2 Gou´e, (August) Siegfried von, Jurist, Dramatiker, * 2. 8. 1743 Hildesheim, † 26. 2. 1789 Burgsteinfurt (Westfalen). Nach dem Studium der Rechte in Halle wurde G., Sohn eines d¨anischen und venetianischen Offiziers, der 1733-51 Stadtmajor in Hildesheim, dann in Braunschweig und Wolfenb¨uttel war, Hofgerichtsassessor in Wolfenb¨uttel, wo er seine erste Literatentafel, den Possenhaften Ritterorden, gr¨undete. 1767-71 war er Legationssekret¨ar am Reichskammergericht in Wetzlar. Dem dort gegr¨undeten „Ritterbund“ geh¨orten u. a. → Goethe als G¨otz von Berlichingen und Karl Wilhelm → Jerusalem als Masuren an. Wegen Pflichtvergessenheit vom Braunschweiger Hof entlassen, wurde G. 1775 privater Rechtsberater in Salzgitter, 1779 Hofrichter, Hofkavalier und Hauptmann des Grafen von Bentheim-Steinfurt. Bald nach seiner Stiftung des Freimaurerordens Ludwig zum flammenden Stern (1786) infolge liederlichen Lebens auch dort entlassen, war er zuletzt dem Trunk verfallen. G.s Trauerspiel Masuren oder Der junge Werther (1775) ist kultur- und sprachgeschichtlich sowie in psychologischer Hinsicht eine wichtige Quelle. C Westf Autoren, Bd 1

Goullon, Karl Heinrich, Hom¨oopath, * 8. 6. 1836 Berka / Ilm, † 25. 10. 1906 Weimar. G. studierte Medizin in Jena, Leipzig und Berlin (Promotion 1859, De meningitide granulosa). Nach seiner Assistentenzeit an der Landes-Irrenheilanstalt in Jena ging er 1861 nach Paris, um o¨ ffentliche und private Irrenanstalten kennenzulernen. Danach Betreuer eines geisteskranken Grafen in Polen, erprobte G. mit großem Erfolg die von seinem Vater bekannte Hom¨oopathie. 1863 ließ er sich als Arzt in Stadtremda bei Rudolstadt, 1865 in Weimar nieder. G. wurde Mitarbeiter mehrerer Fachzeitschriften, redigierte 1878-83 die „Hom¨oopathische Rundschau“ und ver¨offentlichte u. a. Darstellung der Hom¨oopathie (1859, 21862), Diabetes mellitus (1872) und Gebrauchsanweisung zur hom¨oopathischen Reiseapotheke (1896). C Biogr Jahrb, Bd 11

Goumo¨ens, Eduard von, schweizer. Unternehmer, * 14. 6. 1874 Bern, † 6. 2. 1959 Thun (Kt. Bern). Nach einem Maschinenbaustudium in Dresden und Charlottenburg schlug G., Sohn eines Gutsverwalters, eine milit¨a-

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rische Laufbahn ein. Diese brach er ab, als er 1906 f¨ur die Soci´et´e fran¸caise de la viscose die Leitung einer neueingerichteten Kunstseidenfabrik in Emmenbr¨ucke (Kt. Luzern) u¨ bernahm. Seine T¨atigkeit f¨ur die Firma wurde im Ersten Weltkrieg vor¨ubergehend unterbrochen, als G. zum Leiter des eidgen¨ossischen Ern¨ahrungsamtes ernannt wurde und im Verwaltungsrat der Volkstuch AG mitwirkte. Nach dem Zusammenschluß des Emmenbr¨ucker Unternehmens mit zwei weiteren Viskosekunstseidefabriken zum Verband Schweizerischer Kunstseide-Fabriken stand er dem neuen Unternehmen bis zu seinem Tod als Pr¨asident vor. G. z¨ahlt zu den Wegbereitern der Kunstfaserindustrie in der Schweiz. C Schweizer Pioniere, Bd 12

Goumois, William de, schweizer. Maler, * 18. 1. 1865 Basel, † 10. 10. 1941 Riehen bei Basel. Nach zweij¨ahrigem Studium in Basel ging G. nach Paris und lernte zuletzt bei Henry Moore in Großbritannien. Seit 1888 beschickte er Ausstellungen, zun¨achst mit Portr¨ats, bald ausschließlich mit Bildern von den K¨usten der Bretagne, der franz¨osischen Riviera und von Biarritz. 1892 verlegte er seinen Winterwohnsitz von Paris zur¨uck nach Basel. G. beteiligte sich in Paris an Ausstellungen der Artistes fran¸cais, der Nationales und der Ind´ependants, in M¨unchen im Glaspalast sowie an schweizer. Ausstellungen. Zu seinen Werken z¨ahlen St¨urmische See (1898) und Umgebung von Dover.

Gourfein-Welt, L´eonore, schweizer. Ophthalmologin, * 30. 7. 1859 Czernowitz, † 5. 1. 1944 Genf. Nach dem Studium und der Promotion 1890 in Z¨urich war G.-W. in Genf Assistentin, M´edecin adjoint an der Universit¨ats-Augenklinik und seit 1919 Privatdozentin f¨ur Ophthalmologie. Gr¨underin der Laborantinnenschule an der Schule f¨ur Soziale Arbeit in Genf und Mitglied der Soci´et´e fran¸caise d’ophthalmologie, trat sie vor allem mit Ver¨offentlichungen u¨ ber sympathische Ophthalmologie (Ophthalmie sym¨ pathique, 1932), Hemianopsie, Atiologie der Pseudogliome, Serum der Starerkrankten und Netzhautentz¨undung hervor. Als u¨ berzeugte Feministin war G.-W. nicht nur in Frauenverb¨anden und als Ehrenpr¨asidentin der Association Genevoise de Femmes Universitaires t¨atig, sondern begleitete auch publizistisch die Anliegen von Frauen (u. a. Les e´ tudes des femmes dans l’Universit´e de Gen`eve, 1928). ¨ C Arzte 2, 3

Gout, Jean Fran¸cois, Maler, Radierer, * 23. 9. 1748 Bayreuth, † 1812. G., Abkomme einer Hugenottenfamilie, malte kurz vor 1773 in N¨urnberg den Saal im Haus des Kaufmanns Feuerlein aus und leitete seit 1773 die Ausschm¨uckung von Schloß Birkenfeld (Unterfranken). Sein dortiges Hauptwerk war die Bemalung des Speisesaals mit vier großen Gem¨alden: D¨adalus und Ikarus, Odysseus mit Kalypso und mit Penelope sowie Jason und Medea. Seit 1780 Hofmaler in Bayreuth, empfahl ihn 1782 Johann Heinrich → Merck an den Hof in Darmstadt. Im selben Jahr aquarellierte G. f¨ur Merck in Speyer zahlreiche Stadtansichten. Sp¨ater arbeitete er in Wiesbaden, Frankfurt und Dessau; auch ist ein l¨angerer Aufenthalt in der Schweiz u¨ berliefert. C Th-B

Goverts, Henry, Verleger, * 28. 5. 1892 Hamburg, † 30. 5. 1988 Vaduz. Nach dem Ersten Weltkrieg war G. kurzzeitig Regievolont¨ar bei Max → Reinhardt und geh¨orte in Heidelberg zum Kreis um Carl → Zuckmayer, Carlo → Mierendorff und Theodor → Haubach. Mit Mierendorff und Haubach geh¨orte er sp¨ater dem Kreisauer Kreis (1942-44) an. Nach der Promotion 1924 wurde G. Assistent von Alfred → Weber. Sp¨ater u¨ bernahm er an der Volkshochschule in Hamburg eine Lehrt¨atigkeit, die ihm 1933 untersagt wurde. Gemeinsam mit Eugen → Claassen gr¨undete er 1934 einen Verlag, der nach der

Gozelo Trennung der beiden Inhaber 1949 unter wechselnden Bezeichnungen firmierte. Das Unternehmen bestand bis zum Tod von Alfred → Scherz als Scherz & Goverts Verlag, danach als Goverts Verlag, wurde nach dem Ausscheiden von G. (1964) mit dem Steingr¨uben-Verlag vereinigt, als Goverts Kr¨uger Stahlberg Verlag eine Tochter des S. Fischer Verlags und zuletzt als „Goverts bei S. Fischer“ gef¨uhrt. C LGB

Gowa, Ferdinand, Germanist, * 24. 6. 1900 Hamburg, † 26. 5. 1972. G. studierte Germanistik, Philosphie, Psychologie und Kunstgeschichte in Frankfurt / Main und M¨unchen und wurde 1923 zum Dr. phil. promoviert. Danach schloß er ein Jurastudium in M¨unchen, K¨oln und Hamburg an und wurde 1933 zum Dr. jur. promoviert. Im selben Jahr gr¨undete er zusammen mit anderen die Gemeinschaft J¨udischer K¨unstler, war seit 1934 Gesch¨aftsf¨uhrer des J¨udischen Kulturbundes Hamburg und wurde 1935 Schriftleiter von dessen Monatsbl¨attern. 1938 im Konzentrationslager Buchenwald interniert, mußte er nach seiner Freilassung den Kulturbund aufl¨osen und emigrierte 1939 mit seiner Familie u¨ ber Schweden in die USA. Dort lehrte er Deutsch an den Universit¨aten Pittsburgh (bis 1947) und Nashville und wurde in Nashville 1949 Gesch¨aftsf¨uhrer und 1950 Leiter des Instituts f¨ur moderne Sprachen. C Exiltheater Gowa, Hermann, seit 1934 Henry G., B¨uhnenbildner, Maler, * 25. 5. 1902 Hamburg, † 23. 5. 1990 M¨unchen. G. studierte seit 1922 Philosophie, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaften sowie Malerei in M¨unchen. 1924-28 war er B¨uhnenbildner und technischer Leiter an der Bayerischen Landesb¨uhne in M¨unchen und wurde 1928 technischer Direktor, dann B¨uhnenbildner am Frankfurter K¨unstlertheater. Nach T¨atigkeiten in Leipzig, Schwerin und Schneidem¨uhl emigrierte G. 1933 nach Frankreich, wo er als freiberuflicher Maler t¨atig war und 1938 ein Puppentheater gr¨undete. 1940 interniert, lebte er 1943-45 versteckt und hatte Kontakte zur R´esistance. 1946-51 leitete er die Schule f¨ur Kunst und Handwerk in Saarbr¨ucken, 1954-62 die Werkkunstschule in Offenbach und lebte seit 1964 als Maler in Berlin. G.s B¨uhnenbilder und Gem¨alde waren zun¨achst von C´ezanne, sp¨ater von Chagall, Matisse und Picasso beeinflußt. C Exiltheater Goy, Samuel (Ludwig Carl), Agrarwissenschaftler, Chemiker, * 20. 5. 1879 Pitschen (Oberschlesien), † 18. 5. 1949 Leipzig. G. studierte seit 1901 Landwirtschaftschemie und Nahrungsmittelchemie an der TH Berlin und der Univ. Marburg, ¨ wo er 1908 mit der Dissertation Uber das Quecksilberoxycyanid und andere Quecksilbercyanverbindungen promoviert wurde. 1912 in K¨onigsberg mit der Arbeit Untersuchungen u¨ ber die Verdaulichkeit der einzelnen Bestandteile von Sphagnumtorf, Torfmelasse und von Ablaugen der Sulfit-Cellulosefabrikation f¨ur Agrikulturchemie und Nahrungsmittelchemie habilitiert, wurde er dort 1919 Direktor der Landwirtschaftlichen Versuchsstation und war 1922-32 a. o. Prof. an der Univ. K¨onigsberg. 1946 wurde er Leiter der Versuchsanstalt f¨ur Pflanzenbau, Tierern¨ahrung und Bodenkunde in Leipzig-M¨ockern und gleichzeitig Honorarprofessor in Leipzig. G. besch¨aftigte sich insbesondere mit Pflanzenbau und Bodenkunde und ver¨offentlichte u. a. Die Kalkd¨ungungsfrage und Ostpreußen (1923), Agrikulturchemie und Landwirtschaft (1925), Wie sch¨utzt man sich beim Einkauf von D¨unge- und Futtermitteln vor Nachteilen? (1925) und Bodenfruchtbarkeit und D¨ungung (1948). C B¨ohm

Goyert, Georg, Pseud. Georg Goyert zur H¨ude, Schrift¨ steller, Ubersetzer, * 7. 7. 1884 Witten / Ruhr, † 11. 5. 1966 Witten / Ruhr. G. schloß das Studium der Romanistik und Germanistik an den Universit¨aten Marburg, Paris und M¨unster 1910 mit der Promotion zum Dr. phil. ab (Pierre Loti. Sein Wesen aus seinen Werken). Er ver¨offentlichte Liebesgeschichten des franz¨osischen Mittelalters (1919), gab Balzacs Mystische Geschichten und Fl¨amische Sagen, Legenden und Volksm¨archen (1917, mit Konrad Wolter) heraus. Bekannt ¨ wurde G. vor allem als Ubersetzer der Werke von Flaubert, Poe, James Joyce, D. H. Lawrence, Faulkner, Maupassant, Camus, Rimbaud, O’Casey, Julian Green und Ralph Ellison ins Deutsche. C DLL Gozbald, auch Gottsbold, Benediktiner, Abt von Niederaltaich, Bischof von W¨urzburg, † 20. 9. 855 W¨urzburg. G., der vermutlich ostfr¨ankischer adliger Herkunft war, legte in Neustadt die Profeß ab. Seit 825 ist er als Abt des Klosters Niederaltaich u¨ berliefert. 830-33 leitete er die Hofkapelle und Kanzlei → Ludwigs des Deutschen, der ihm als Abt das Recht verlieh, pers¨onlich oder durch die Klosterv¨ogte Tauschgesch¨afte mit Adligen zu betreiben, ihm als Belohnung f¨ur seine Verdienste als Erzkaplan und Kanzler 841 die Besitzungen „Ingoldestat“ auf dem Gebiet des heutigen Ingolstadt schenkte und ihn 842 zum Bischof von W¨urzburg erhob. Pers¨onliche Beziehungen unterhielt G. zu Papst Gregor IV., von dem er Reliquien der r¨omischen M¨artyrer Felicissimus und Agapit erhielt. C LexMA

Gozbert, auch Cozbert, Cozpert, Benediktiner, Abt von St. Gallen, † 2. 4. nach 837. Wahrscheinlich einem Thurgauer Geschlecht entstammend, begr¨undete G. w¨ahrend seiner Abtszeit von 816 bis zur Abdankung 837 das sogenannte Goldene Zeitalter des Klosters St. Gallen. Auf politischer Ebene erreichte er 818 von Kaiser → Ludwig I. dem Frommen die Unabh¨angigkeit vom Bistum Konstanz und 833 von → Ludwig II. dem Deutschen das Recht auf freie Abtswahl. Auf wirtschaftlichem Gebiet f¨orderte er das Kloster durch starke Erweiterung des Grundbesitzes. G. vermehrte die Best¨ande der Bibliothek erheblich und ließ 830-35 ein neues Kloster samt Basilika errichten. Er verfaßte eine Lebensbeschreibung des Klostergr¨unders → Otmar. C HLS Gozbert, auch Gosbert, Gozpert, Benediktiner, Abt von Tegernsee, * Essing bei Kelheim, † 21. 1. 1001 Tegernsee. Der aus einer oberpf¨alzischen Adelsfamilie stammende G. wurde in Augsburg ausgebildet. Als Kanoniker von Essing bei Kelheim trat er in St. Emmeram in Regensburg unter Abt → Ramwold ein. Seit 982 Abt von Tegernsee, brachte er die Gorzer Reform zur Bl¨ute. Verdienste erwarb er sich um die Neugr¨undung der Bibliothek und den Ausbau der Klosterschule, die → Froumund und Meginhelm ber¨uhmt machten. G. gr¨undete eine bedeutende Malerschule, f¨orderte das Studium antiker Schriftsteller und ordnete Froumund neben dem M¨onch Wigo zum Wiederaufbau des Klosters Ellwangen ab. G.s Freundschaft mit dem heiligen → Wolfgang und den bayerischen Herz¨ogen f¨uhrte Tegernsee zu geistiger und wirtschaftlicher H¨ohe. C LThK Gozelo I., Herzog von Nieder- und Oberlothringen, † 19. 4. 1044. Der Sohn → Gottfrieds des Gefangenen ist erstmals 1008 als Markgraf von Antwerpen bezeugt. 1023 trat er die Nachfolge seines kinderlos verstorbenen Bruders → Gottfried I. von Niederlothringen an. 1025 unterwarf er sich gemeinsam mit Dietrich I. von Oberlothringen K¨onig → Konrad II., dessen Wahl G. nicht anerkannt hatte. Konrad II. verlieh ihm 1033 das durch den Tod → Friedrichs II. freigewordene Herzogtum Oberlothringen. Mit dieser Machtf¨ulle besiegte G. 1037

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Gozwin den in Lothringen eingefallenen Odo von Blois-Champagne bei Bar. 1044 folgten ihm seine S¨ohne → Gottfried II. in Ober- und der anscheinend schwachsinnige Gozelo II. in Niederlothringen. Die neuerliche Teilung des Herzogtums lag vermutlich auch im Interesse → Heinrichs III. C NDB

Gozwin, auch Gozechin, Domscholaster in L¨uttich und Mainz, * Anfang 11. Jh. in oder bei L¨uttich, † 28. 9. (?) 1075 / 80 Mainz. G. studierte vor 1031 in Fulda bei → Bardo, dem sp¨ateren Mainzer Erzbischof. Unter Bischof Wazo von L¨uttich war er Domscholaster, bis er 1058 Leiter der Domschule in Mainz und Propst der Marienkirche wurde. Etwa 1060-62 verfaßte G. die Passio sancti Albani, mit der er nicht nur das Leben des legend¨aren Griechen Albanus nachzeichnete, sondern in einem Exkurs u¨ ber die Geschichte von Mainz auch Kritik an der von der Mainzer Kirche beanspruchten Primatsw¨urde u¨ bte. In der Epistola ad Walcherum, Teil einer Korrespondenz mit seinem L¨utticher Lieblingssch¨uler und dortigen Amtsnachfolger Walcher, beklagt der alternde G. den Niedergang aller Werte und der Wissenschaft durch Irrlehrer wie Berengar von Tours – zugleich ein Zeugnis seiner hohen Bildung und ausgefeilten Stilistik. C VL

Graaff, Carlo, Politiker, * 22. 7. 1914 Haaren bei Aachen, † 9. 12. 1975 Braunlage / Harz. G. schloß sein Studium an den Technischen Hochschulen Aachen und Berlin 1939 als Diplomingenieur ab und u¨ bernahm nach dem Zweiten Weltkrieg 1950 den v¨aterlichen Waggonbau-Betrieb in Elze bei Hannover. Er gr¨undete weitere Firmen im gleichen Marktsegment und hatte mehrere Aufsichtsratsmandate in Großkonzernen der nieders¨achsischen Metallindustrie inne. G. war 1957-68 Landesvorsitzender der FDP in Niedersachsen und vertrat seine Partei 1955-59 und 1965-75 im Bundestag. 1959 f¨uhrte er die FDP in einer Koalition mit der SPD und dem Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten in die Landesregierung und u¨ bernahm das Ressort Wirtschaft und Verkehr. Von 1963 bis zum Ausscheiden der FDP aus der Regierung war G. stellvertretender Ministerpr¨asident. C Munzinger

Graaff, Wilhelm, Unternehmer, * 30. 6. 1872 Stolberg (Rheinland), † 29. 3. 1931 Gundelsheim (W¨urttemberg). G., Sohn eines Hotelbesitzers, wandte sich fr¨uh technischen Problemen zu und gr¨undete in London ein Patentverwertungsb¨uro, das er vor 1901 nach Berlin verlegte. Zusammen mit seinem Bruder Clemens gr¨undete er dort 1901 die Firma MINIMAX und konstruierte mit dem M¨unchner Ingenieur Hans Mikorey den ersten brauchbaren Handfeuerl¨oscher, der 1904 patentiert wurde. G. wurde zum Pionier des vorbeugenden Brandschutzes in Deutschland. Die MINIMAXApparatebau GmbH, sp¨atere MINIMAX AG Berlin entwickelte sich rasch; im Ausland wurden zahlreiche Tochterfirmen errichtet.

Grab, Hermann (Johann), Schriftsteller, Musikkritiker, Musikp¨adagoge, * 6. 5. 1903 Prag, † 2. 8. 1949 New York. G., Sohn eines Chemieingenieurs und Fabrikanten, studierte seit 1921 in Prag, Wien, Berlin und Heidelberg Musik, Philosophie, Staats- und Kameralwissenschaften sowie Rechtswissenschaften, wurde 1927 zum Dr. phil. (Der Begriff des Rationalen in der Soziologie Max Webers. Ein Beitrag zu den Problemen der philosophischen Grundlegung der Sozialwissenschaft), 1928 auch zum Dr. jur. promoviert und arbeitete als Jurist, P¨adagoge und Pianist in Prag. Als Musikkritiker schrieb er 1928-32 f¨ur die Prager Zeitung „Bohemia“ und 1932-38 f¨ur das „Prager Montagsblatt“. 1939 emigrierte er u¨ ber Frankreich, Spanien und Portugal in die USA, wo er 1941 in New York die Musikschule „The Music House“ gr¨undete und seit 1946 an der David Mannes Music School,

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dem sp¨ateren Mannes College of Music unterrichtete. G. ver¨offentlichte mehrere, am o¨ sterr. Impressionismus und an den Werken Marcel Prousts und Thomas → Manns orientierte Erz¨ahlungen, u. a. Der Stadtpark (1935) und Hochzeit in Brooklyn (1957). C Lex dt-j¨ud Autoren

Grab, Walter J., Historiker, * 17. 2. 1919 Wien, † 17. 12. 2000 Tel Aviv. G., Sohn eines j¨udischen Gesch¨aftsmanns, studierte 1937 / 38 an der Univ. Wien Rechtswissenschaften und emigrierte 1938 nach Pal¨astina. An der Hebr¨aischen Univ. Jerusalem studierte er 1938-40 Geschichte, Anglistik, deutsche Literaturwissenschaft und Politische Philosophie, mußte das Studium aufgrund politischer Schwierigkeiten unterbrechen und leistete ihn den folgenden Jahren Kriegsdienst. 1958-62 setzte er seine Ausbildung an der Univ. Tel Aviv, seit 1962 an der Univ. Hamburg fort, wo er 1965 mit der Dissertation Demokratische Str¨omungen in Hamburg und SchleswigHolstein zur Zeit der ersten franz¨osischen Republik promoviert wurde. 1965-70 war G. Senior Lecturer f¨ur Neuere europ¨aische Geschichte an der Univ. Tel Aviv, anschließend dort Prof. und 1971 Gr¨under des „Instituts f¨ur Deutsche Geschichte“, dessen Leitung er bis 1985 innehatte. Gastprofessuren f¨uhrten ihn u. a. nach Duisburg (1977 / 78) und Hamburg (1984 / 85). G. besch¨aftigte sich vor allem mit den demokratischen Str¨omungen in Deutschland von der Franz¨osischen Revolution bis zur Reichsgr¨undung. Er ver¨offentlichte u. a. Norddeutsche Jakobiner. Demokratische Bestrebungen zur Zeit der Franz¨osischen Revolution (1967) und Georg B¨uchner und die Revolution von 1848 (1985). G. war Mit´ glied der Soci´et´e des Etudes Robespierristes. C BHdE, Bd 2 Grabau, Johann Heinrich Wilhelm, Pseud. Maximin Joseph Stephani, Internist, * 25. 6. 1809 Itzehoe, † 4. 3. 1870 Eidelstedt bei Hamburg. G. wurde nach der medizinischen Promotion 1835 (Nonnulla de instinctus definitione) in Kiel 1839 Privatdozent, war dann vor¨ubergehend Arzt in Itzehoe und ging 1843 als a. o. Prof. der Medizin nach Jena. 1843 wurde er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. G. ließ sich 1848 als Arzt in Hamburg nieder, errichtete 1852 auf seinem Besitz „Solabona“ in Eidelstedt eine Wasserheilanstalt und wurde sp¨ater Besitzer einer Schroth’schen Heilanstalt in Wandsbeck. Zu seinen medizinischen Arbeiten geh¨oren u. a. Chemisch-physiologisches System der Pharmakodynamik (2 Tle., 1837 / 38), Die vitale Theorie des Blutkreislaufes. Eine physiologische Abhandlung (1841), Der Schlag und die T¨one des Herzens und der Arterien im gesunden und kranken Zustande (1846), Di¨atetische Betrachtungen mit besonderer R¨ucksicht auf die Wassercur (1851, auch 1854 und 1858) und Warum ich Hom¨aopath wurde. Ein kurze Musterung der gangbaren Heilkunst, Wassercur und Hom¨oopathie (1861). Daneben ver¨offentlichte er unter dem Pseudonym Maximin Joseph Stephani Heinrich Heine und Ein Blick auf unsre Zeit (1834, unter dem Titel Die neue romantische Schule und ihre Repr¨asentanten, 1838).

Grabau, Johannes Andreas August, luth. Theologe, * 18. 3. 1804 Olvenstedt bei Magdeburg, † 2. 6. 1879 Buffalo (New York). Der Bauernsohn studierte 1825-30 in Halle Theologie, war dann Lehrer in Magdeburg und Sachsa und wurde 1834 Pfarrer an St. Andreas in Erfurt. Zwei Jahre sp¨ater wegen seiner Ablehnung der preuß. Unionsliturgie abgesetzt und als u¨ berzeugter Altlutheraner mehrmals mit Gef¨angnishaft bestraft, wanderte G. mit etwa 1000 Gleichgesinnten in die USA aus und gr¨undete die „Dreifaltigkeitsgemeinde“, f¨ur die G. bis an sein Lebensende als Pfarrer sorgte. 1845 riefen G. und vier andere Pastoren die Buffalo-Synode ins Leben,

Grabe die jedoch nach einer jahrelangen theologischen Auseinandersetzung mit der Missouri-Synode unter Carl Ferdinand Wilhelm → Walther 1866 einen Großteil der Gemeinden an diese verlor. C MBL

Grabbe, Christian Dietrich, Dichter, * 11. 12. 1801 Detmold, † 12. 9. 1836 Detmold. Als Sohn eines Zuchthausmeisters hat G. von Kindheit an die Legende eines genialen, doch verkannten, schicksalhaft verfluchten Außenseiters entwickelt und durch erfundene Geschichten, bizarres Benehmen und auff¨alligen Alkoholmißbrauch untermauert. Dieses Bild eines B¨urgerschrecks und ungez¨ugelten Talents wirkte nicht nur bei den negativen Rezeptionen nach, zum Beispiel durch Friedrich Theodor → Vischer und Wilhelm → Scherer, sondern auch bei der auf seiner Pers¨onlichkeit sowie seinen dramatischen Innovationen fußenden Anerkennung u. a. von Frank → Wedekind, vielen Expressionisten und Bertolt → Brecht. Den Grundstein f¨ur eine b¨urgerliche Existenz legte G. mit seinem Studium 1820-23 in Leipzig und Berlin, das ihn von der verhaßten geistigen Enge und Isolierung seiner Geburtsstadt befreite. Das pseudohistorische Trauerspiel Herzog Theodor von Gothland wurde beendet und von Berliner Freunden wie Heinrich → Heine, Friedrich von → Uechtritz und Ludwig → Tieck gelobt. Danach schrieb er sein heute noch erfolgreichstes literatursatirisches St¨uck Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung. Nachdem seine immer begrenzten Mittel ersch¨opft waren, versuchte G. 1823 an verschiedenen Theatern als Schauspieler unterzukommen, mußte sich aber Ende August in „das verw¨unschte Detmold“ wieder einschleichen. Nach bestandenem juristischem Examen wurde er 1824 Advokat, 1826 Stellvertreter des Auditeurs des kleinen lippischen Heeres und 1828 nach dessen Tod selbst Auditeur. Vor seiner R¨uckkehr hatte G. neben einem seichten Trauerspiel Nannette und Marie das Fragment eines „streng historischen Dramas“ Marius und Sulla geschrieben, alle dichterischen Ambitionen jedoch aufgegeben, bis sein fr¨uherer Leipziger Kommilitone Georg Ferdinand Kettembeil ihm anbot, seine Jugendwerke zu verlegen. Diese erschienen 1827 als Dramatische Dichtungen. Ihnen beigegeben wurde G.s ¨ Aufsatz Uber die Shakspearo-Manie, der die romantische Verherrlichung des Engl¨anders anprangerte. 1829 folgte das Trauerspiel Don Juan und Faust, das einzige zu seinen Lebzeiten aufgef¨uhrte Werk. 1829 erschien auch Kaiser Friedrich Barbarossa als der Anfang eines auf sechs bis acht Dramen geplanten Zyklus zu den Hohenstaufen. Nach Erscheinen des zweiten Dramas Kaiser Heinrich VI. (1830) gab G. dieses Vorhaben jedoch auf und verfaßte sein realistisches Meisterwerk Napoleon oder die hundert Tage (1831) als „dramatisch-epische Revolution“. Nach einer gescheiterten Verlobung heiratete G. 1833 Louise Christiane Clostermeier; die Ehe wurde ungl¨ucklich. 1834 legte G. sein Auditeur-Amt nieder und ging nach D¨usseldorf, wo Karl → Immermann ihm zu helfen versuchte. 1835 ver¨offentlichte er sein Lustspiel Aschenbr¨odel und die Trag¨odie Hannibal nach Vorschl¨agen von Immermann, aber auch die Abhandlung Das Theater zu D¨usseldorf mit R¨ucksicht auf die u¨ brige deutsche Schaub¨uhne, die den Bruch mit dem g¨anzlich anders denkenden Immermann unheilbar machte. So mußte der nunmehr mittellose, wieder der Trunksucht verfallene und todkranke G. im Fr¨uhjahr nach Detmold zur¨uckkehren, wo er starb. Erst 1838 erschien sein letztes vollendetes Drama Die Hermannsschlacht.

WEITERE WERKE: Werke und Briefe. Historisch-kritische Gesamtausgabe in sechs B¨anden. Hrsg. v. der Akademie der Wissenschaften in G¨ottingen, bearb. v. Alfred Bergmann. Emsdetten 1960-73. LITERATUR: Alfred Bergmann (Hrsg.): G.s Werke in der zeitgen¨ossischen Kritik. 6 Bde., Detmold 1958-66. – Ders. (Hrsg.): G. in Berichten seiner Zeitgenossen. Stuttgart 1968. – Ders. G. Bibliographie. Amsterdam 1973. – GrabbeJahrbuch. Detmold 1982 ff. – Winfried Freund (Hrsg.): G.s Gegenentw¨urfe. Neue Deutungen seiner Dramen. M¨unchen 1986. – Werner Broer / Detlev Kopp (Hrsg.): C. D. G. (1801-1836). Ein Symposium. T¨ubingen 1987. – Detlev Kopp / Michael Vogt (Hrsg.): G. und die Dramatiker seiner Zeit. T¨ubingen 1990. – Roy C. Cowen: C. D. G. – Dramatiker ungel¨oster Widerspr¨uche. Bielefeld 1998. Roy C. Cowen

Grabe, Georg (Eugen Leopold), Techniker, Industrieller, * 9. 4. 1870 Berlin, † 5. 1. 1954 Berlin. G., Sohn eines M¨obelh¨andlers, studierte an der TH Berlin Elektrotechnik und war seit 1892 bei der Firma Siemens & Halske Techniker f¨ur Telegraphie, Telephonie und Signalwesen. 1898 wurde er Oberingenieur, 1902 Prokurist, 1916 Abteilungsdirektor, 1920 stellvertretendes, 1925 ordentliches Vorstandsmitglied. Seiner Initiative ist es zu verdanken, daß Siemens & Halske auf dem Gebiet der automatischen Wahl der Telephonverbindungen f¨uhrend wurde. G. geh¨orte dem Vorstand der Bayerischen Telephon-Werke A.-G. M¨unchen, der Compagnie G´en´erale de T´el´egraphie et de T´el´ephonie Paris, der Electrotechna A.-G. Prag, der Telefon-ApparateFabrik E. Zwietusch & Co. Berlin und der Klangfilm GmbH Berlin an. C NDB

Grabe, Johannes Ernst, evang. Theologe, * 10. 7. 1666 K¨onigsberg, † 3. 11. 1711 Oxford. Der Sohn eines luth. Theologen und Bruder von Martin Sylvester → G. studierte an der Univ. K¨onigsberg und wurde 1685 Magister und Dozent f¨ur Geschichte, Rhetorik und Kirchengeschichte. Nach seiner R¨uckkehr von einer Studienreise zu verschiedenen deutschen Universit¨aten lehnte er eine Professur f¨ur Theologie ab, da er unter dem Einfluß des K¨onigsberger Synkretismus und der Schriften Bellarmins an der luth. Lehre zu zweifeln begann. Anl¨aßlich meh¨ rerer Ubertritte zum Katholizismus wegen vom Kurf¨ursten angeordneter Untersuchungen reichte auch G. schriftlich seine „Dubia“ ein, in denen er die Reformation angriff und → Luther der H¨aresie beschuldigte. In einem staatskirchenrechtlichen Verfahren wurde G. 1695 aus K¨onigsberg ausgewiesen. 1697 wanderte er nach Oxford aus, trat in die Kirche von England u¨ ber und wurde Hilfsgeistlicher an Christ Church. Zu G.s Werken z¨ahlen neben der Ver¨offentlichung u. a. von Animadversiones historicae in controversias Bellarmini (1692) patristische Studien und eine vierb¨andige Neuausgabe der Septuaginta auf der Grundlage des Codex Alexandrinus. 1706 erhielt G. die theologische Doktorw¨urde der Univ. Oxford. C NDB

Grabe, Martin Sylvester, Bibliothekar, Mediziner, * 14. 7. 1674 K¨onigsberg, † 5. 12. 1727 K¨onigsberg. G., Bruder von Johannes Ernst → G., studierte seit 1681 in K¨onigsberg Medizin und wurde 1700 in Leiden promoviert. Seit 1703 war er erster Bibliothekar der K¨onigsberger Schloßbibliothek und verfaßte 1712 ein Verzeichnis des Nachlasses von F¨urst → Radziwill unter dem Titel Series librorum qui Bibliothecae [. . .] augmento Radziviliano noviter accessere. G. wurde zum kgl. Rat ernannt und war kgl. Leibarzt. C Altpreuß Biogr, Bd 1

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Graben-Hoffmann Graben-Hoffmann, Gustav Heinrich, eigentl. Hoffmann, Gesangsp¨adagoge, Komponist, * 7. 3. 1820 Bnin bei Posen, † 20. 5. 1900 Potsdam. G.-H., Sohn eines Lehrers und Kantors, wurde am Lehrerseminar in Bromberg ausgebildet und war seit 1840 an der Stadtschule in Posen t¨atig. 1843 begann er ein Gesangs- und Kompositionsstudium in Berlin, trat, aus gesundheitlichen Gr¨unden nur kurzzeitig, als Konzerts¨anger auf und war schließlich Gesangslehrer in Potsdam, wo er 1850 eine „Musikakademie f¨ur Damen“ gr¨undete. Daneben nahm G.-H. bis 1857 Kompositionsunterricht bei Moritz → Hauptmann in Leipzig. 1858-68 unterrichtete er Gesang in Dresden und wurde anschließend als Gesangslehrer der Großherzogin von Mecklenburg nach Schwerin berufen und zum Prof. ernannt. 1870 baute er in Berlin eine „Gesangsakademie f¨ur Damen“ auf, die nur geringen Erfolg hatte. 1873 kehrte er nach Dresden zur¨uck. Neben zahlreichen Liedern, deren bekanntestes 500 000 Teufel ist, schrieb G.-H. Duette, Chorlieder, Klavierst¨ucke und einige p¨adagogische Werke (u. a. Die Pflege der Singstimme und die Gr¨unde von der Zerst¨orung und dem fr¨uhzeitigen Verlust derselben, 1865). C MGG

Grabenhorst, Georg, Schriftsteller, * 21. 2. 1899 Neustadt am R¨ubenberge, † 9. 6. 1997 Bad Bevensen. G. studierte nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg seit 1918 Geschichte, Kunstgeschichte, Neuere Literatur und Philosophie in Marburg und Kiel und wurde 1922 zum Dr. phil. promoviert. Seit 1924 freier Schriftsteller, ver¨offentlichte G. 1928 den Roman Fahnenjunker Volkenborn, in dem er seine Kriegserlebnisse verarbeitete. 1930 wurde er Referent f¨ur Kultur- und Landespflege in der Hannoverschen Provinzialverwaltung, nach dem Zweiten Weltkrieg Regierungsdirektor im Nieders¨achsischen Kultusministerium in Hannover. Daneben war er Mitarbeiter des „Hannoverschen Kuriers“, gab mit Moritz Jahn den „Niederdeutschen Almanach“ heraus und trat weiterhin mit autobiographisch gepr¨agten Romanen und Erz¨ahlungen wie Abenteuer der Jugend (1969) und Hall und Widerhall. Begegnungen und Freundschaften (1974) sowie mit kunst- und kulturgeschichtlichen Essays und Gedichten (Spuren im Sand. Fr¨uhe und sp¨ate Verse, 1983) in Erscheinung. C Killy

Graber, Alfred, schweizer. Publizist, Schriftsteller, * 19. 11. 1897 Basel, † 15. 4. 1987 Lugano. Der Sohn eines Bauern war nach dem Studium der deutschen und franz¨osischen Literatur in Z¨urich und M¨unchen 1921-26 Redakteur bei der „Deutschen Alpenzeitung“, bis 1931 Sekret¨ar Max → Rychners bei der „Neuen Schweizer Rundschau“, danach freier Journalist und 1938-52 Herausgeber der „Neuen Schweizer Bibliothek“. Seit 1952 arbeitete er als Lektor und Redakteur beim Schweizer Druckund Verlagshaus in Z¨urich. Schriftstellerisch trat G. mit Berggeschichten (Fels u¨ ber der Tiefe, 1978), Reiseromanen und autobiographischen Berichten (All die vergessenen Gesichter, 1972) hervor. Zentrale Themen seiner Texte waren Freundschaft, unheimliche Ereignisse und die franz¨osische R´esistance (Freund in der Nacht, 1981). Daneben u¨ bersetzte G. u. a. die Werke Eug`ene Ramberts aus dem Franz¨osischen. C HLS Graber, Frank Alfred, schweizer. Schriftsteller, * 16. 3. 1899 Reichenbach (Kt. Bern), † 19. 4. 1960 Reichenbach. G. trat nach dem Schulbesuch in das Baugesch¨aft des Vaters ein, betrieb sp¨ater auch Landwirtschaft und wurde in den Großen Rat des Kantons Bern gew¨ahlt. Nach dem Prosaband Berge, H¨utten und Menschen. F¨unf Erz¨ahlungen aus den Bergen (1935) ver¨offentlichte er als Vertreter einer rea-

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listisch darstellenden Heimatliteratur Romane, Dramen (Das Gewissen am Berg, 1942) und Lyrik. G. erhielt 1959 den LiC CH 91 teraturpreis der Stadt Bern.

Graber, Rudolf, schweizer. Schriftsteller, * 8. 7. 1899 S¨ackingen, † 26. 1. 1958 Basel. Nach seiner Ausbildung zum P¨adagogen studierte G. in Basel und W¨urzburg Germanistik und Geschichte und war danach bis zu seinem Tod Gymnasiallehrer in Basel. Seinem Erstling, dem Drama Wetter u¨ ber Paris (1932), folgten vor allem Romane und Erz¨ahlungen, die meist Reiseerlebnisse und lokale Ereignisse zum Thema haben, u. a. Kahnfahrt durch das wundersch¨one Land Frankreich (1946). Am bekanntesten wurden die Basler F¨ahrengeschichten (1985). C Killy Graber, Rudolf, kath. Theologe, Bischof von Regensburg, * 13. 9. 1903 Bayreuth, † 31. 1. 1992 Regensburg. G., Sohn eines Unteroffiziers und sp¨ateren Justizbeamten, trat 1922 in das Priesterseminar Eichst¨att ein, studierte an der bisch¨oflichen Hochschule Philosophie sowie Theologie an der Univ. Innsbruck. 1926 zum Priester geweiht, ging er zum Studium an die Dominikanerhochschule Angelicum nach Rom, wo er 1929 zum Dr. theol. promoviert wurde. Er unterrichtete Religion und Latein an einer Realschule in Neumarkt (Oberpfalz), seit 1933 an einem Gymnasium in Eichst¨att und war in der Jugendseelsorge t¨atig. Seit 1937 lehrte G. außerdem Aszetik und Mystik an der Di¨ozesanhochschule in Eichst¨att, wurde 1939 zum Domprediger bestellt und las seit 1941 als a. o., seit 1946 als o. Prof. Kirchengeschichte, Fundamentaltheologie, Aszetik und Mystik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Eichst¨att. Ein Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit war die heilsgeschichtliche Bedeutung Mariens. 1962 zum Bischof von Regensburg ernannt, forderte G. insbesondere eine „religi¨ose Erneuerung vom Altar aus“ und suchte den Kontakt C Gatz 5 zu den orthodoxen Kirchen. Graber, Vitus, o¨ sterr. Zoologe, * 2. 7. 1844 Weer (Tirol), † 3. 3. 1892 Rom. G., Sohn eines Sensenschmieds, schloß das Studium der Naturwissenschaften in Innsbruck 1868 mit der Promotion ab. Nach zwei Jahren Unterrichtst¨atigkeit in Vinkovce und Graz habilitierte er sich 1871 f¨ur Zoologie, wurde 1873 a. o. Prof. und lehrte seit 1876 an der Univ. Czernowitz, wo er das Zoologische Institut gr¨undete, dem er 1886 / 87 vorstand. Im Mittelpunkt seiner Forschungst¨atigkeit standen die Sinnesorgane und die Embryologie der Insekten. G. ver¨offentlichte ¨ u. a. Uber die Blutk¨orperchen der Insekten (1871), Die Insekten (2 Bde., 1877-79), Grundlinien zur Erforschung des Helligkeits- und Farbensinnes der Tiere (1884), Die a¨ ußeren mechanischen Werkzeuge der Tiere (1886) und Leitfaden der C NDB Zoologie (1888).

Grabert, Martin (Heinrich Bruno), Musiker, Dirigent, Komponist, * 15. 5. 1868 Arnswalde (Neumark), † 23. 1. 1951 Berlin. Nach seiner Ausbildung im Klavier- und Violinspiel besuchte G. das Kgl. Institut f¨ur Kirchenmusik und die Meisterklasse f¨ur Komposition der Berliner Akademie der K¨unste. 1894 / 95 war er Kapellmeister des Stadttheaters von Rostock, 1895-97 Chefdirigent und Organist an der KaiserFriedrich-Ged¨achtniskirche in Berlin, 1898-1924 an der Dorotheenst¨adtischen Kirche, danach bis zu seiner Pensionierung 1938 an der Markuskirche. G. machte sich besonders auf dem Gebiet der A-cappella-Chormusik verdient und bem¨uhte sich, dem Kantatenwerk Johann Sebastian → Bachs in den Gottesdiensten Geltung zu verschaffen. Er komponierte u. a. eine Messe a capella (1941). C MGG

Grabow Grabmann, Martin, kath. Theologe, Philosoph, * 5. 1. 1875 Winterzhofen (Oberpfalz), † 9. 1. 1949 Eichst¨att. Der Bauernsohn studierte 1893-98 am Bisch¨oflichen Lyzeum in Eichst¨att Philosophie und Theologie, empfing 1898 die Priesterweihe und war zwei Jahre lang Seelsorger in der Oberpfalz. 1900 setzte er seine Studien am Thomaskolleg der Dominikaner in Rom fort und wurde 1901 zum Dr. phil., 1902 zum Dr. theol. promoviert. Seit 1906 a. o. Prof. der Dogmatik am Bisch¨oflichen Lyzeum in Eichst¨att, u¨ bernahm er 1913 als o. Prof. den Lehrstuhl f¨ur Christliche Philosophie an der Theologischen Fakult¨at in Wien und lehrte von 1918 bis zur Aufhebung der Theologischen Fakult¨at 1939 in M¨unchen Dogmatik. 1941 wurde er zum Apostolischen Protonotar ernannt. G. betrieb umfangreiche Quellenforschungen zur Philosophie- und Theologiegeschichte des Mittelalters (Aristotelismus, Thomas von Aquin, Thomismus, mittelalterliche Mystik) und verfaßte grundlegende Werke zur Scholastik. Er ver¨offentlichte u. a. Die Geschichte der scholastischen Methode (2 Bde., 1909-11; Nachdr. 1956, 1957, 1961, 1988), Thomas von Aquin. Pers¨onlichkeit und Gedankenwelt (1912, 81949), Mittelalterliches Geistesleben (3 Bde., 1926-56, Nachdr. 1984) und Die Geschichte der katholischen Theologie seit dem Ausgang der V¨aterzeit (1933, Nachdr. 1983). G. war Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Seine Bibliothek bildete den Grundstock des 1954 gegr¨undeten Grabmann-Instituts zur Erforschung der mittelalterlichen Philosophie und Theologie an der Univ. M¨unchen. C TRE

Grabmayr von Angerheim, Karl von, o¨ sterr. Politiker, Jurist, * 12. 2. 1848 Bozen, † 24. 7. 1923 Meran. Nach dem Jurastudium in Innsbruck 1871 promoviert, arbeitete G. v. A. zun¨achst in Wien und seit 1878 in Meran als Rechtsanwalt. 1892 zog er als Vertreter des Verfassungstreuen liberalen Großgrundbesitzes in den Tiroler Landtag ein, 1897 auch in den o¨ sterr. Reichsrat; 1906 gab er seine Anwaltskanzlei auf, um sich ausschließlich der Politik zu ¨ widmen. Nach seiner Ubersiedlung nach Wien wurde er 1907 ins o¨ sterr. Herrenhaus berufen und stand seit 1913 dem Reichsgericht, seit 1918 dem Verwaltungsgerichtshof als Pr¨asident vor. G. v. A. war maßgeblich an der Agrarreform beteiligt und schuf das Tiroler Grundbuch sowie das H¨oferecht. Er ver¨offentlichte u. a. Die Agrarreform im Tiroler Landtag (1896). Grabner, Hasso, Schriftsteller, * 21. 10. 1911 Leipzig, † 3. 4. 1976 Potsdam. G. absolvierte eine Buchh¨andlerlehre, schloß sich der KPD an und war nach 1933 im Widerstand. Er wurde verhaftet und u¨ berlebte neun Jahre Zuchthaus, Konzentrationslager und Strafdivision. Nach 1945 beteiligte er sich bis zur Gr¨undung der Freien Deutschen Jugend an der Wiederbelebung der deutschen Jugendbewegung. Sp¨ater zeitweise Rundfunkintendant und Wirtschaftsfunktion¨ar, lebte er seit 1958 als freier Schriftsteller im brandenburgischen Werder. G., der schon in der Weimarer Republik der Gruppe schreibender Arbeiter angeh¨orte, ver¨offentlichte in der DDR lyrische Agit-Prop-Texte, didaktische Lehrst¨ucke nach dem Vorbild Bertolt → Brechts sowie politische Abenteuerromane (Die Zelle, 1968; Makedonisches Duell, 1973). C Killy Grabner, Hermann, o¨ sterr. Musiktheoretiker, Komponist, * 12. 5. 1886 Graz, † 3. 7. 1969 Bozen. Nach dem 1909 mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaft studierte G. 1910-12 am Leipziger Konservatorium bei Max → Reger Komposition, schloß mit dem Nikisch-Preis ab und folgte Reger als Assistent nach Meiningen. 1913 ging G. als Lehrer f¨ur Komposition an das Straßburger Konservatorium, wechselte 1919

an die Mannheimer Musikhochschule und die Heidelberger Musikakademie, 1924 an das Leipziger Konservatorium und war 1938-45 an der Berliner Musikhochschule t¨atig. G., der 1932 zum Prof. ernannt worden war, ver¨offentlichte u. a. Regers Harmonik (1920, 21961), Allgemeine Musiklehre (1924, 101970) und Handbuch der funktionellen Harmonielehre (2 Bde., 1944, 51967). Er komponierte vor allem Chorwerke, Oratorien, Kantaten, Motetten, Orgelwerke und Kammermusik. Seine Oper Die Richterin wurde 1930 in Barmen C MGG uraufgef¨uhrt.

Grabner, Leopold, o¨ sterr. Forstmann, * 21. 7. 1802 Breitenfurt (Nieder¨osterreich), † 4. 11. 1864 Wien. G. besuchte die k. k. Forstlehranstalt Mariabrunn, an der er 1823-27 Assistent war. 1827-33 Waldamtingenieur des Oberforstamtes Purkersdorf, wurde er danach Prof. der Naturkunde an der k. k. Forstlehranstalt Mariabrunn, wo er 1937-47 den Lehrstuhl f¨ur Forstkunde innehatte und sich um den hochschulm¨aßigen Ausbau der Forstschule verdient machte. Seit 1847 stand er der F¨urstlich Liechtensteinschen Forstverwaltung in der Wiener Kanzlei F¨urst Alois → Liechtensteins vor. G. ver¨offentlichte u. a. Grundz¨uge der Forstwirtschaftslehre (2 Bde., 1841-56) und war 1851-53 ¨ Chefredakteur der „Osterreichischen Vierteljahresschrift f¨ur C Czeike das Forstwesen“. Grabow, Hinrich, Goldschmied, † 1534 L¨uneburg. Der Sch¨uler Karsten Wittings wurde 1495 B¨urger L¨uneburgs und legte 1496 seine Meisterpr¨ufung ab. Einige seiner Werke sind im L¨uneburger Ratssilber enthalten, u. a. eine um 1500 entstandene Schale und eine Schale mit Hieronymus und Andreas (um 1510). In seinen sorgf¨altig gearbeiteten Werken ist zwar schon der Einfluß der Renaissance sp¨urbar, doch geh¨ort sein Stil noch dem sp¨aten Mittelalter an. C NDB Grabow, Matth¨aus → Matth¨aus Grabow Grabow, Robert, Politiker, * 3. 5. 1885 Pyritz (Pommern), † 1. 5. 1945 Rostock. G. studierte 1903-08 Rechts- und Staatswissenschaften in Berlin und Greifswald und war seit 1916 Assessor beim Magistrat in Stettin. 1918 wurde er zum 2. B¨urgermeister, 1919 zum Oberb¨urgermeister von Memel gew¨ahlt. Als Mitglied des 1. Landesdirektoriums f¨ur das Memelgebiet geh¨orte er 1920-23 auch dem Staatsrat f¨ur das Memelgebiet an, dessen Wirtschaftsrat er 1925 vorsaß. 1921 und 1923 vertrat er als Gegner der Abtrennung vom Deutschen Reich die Stadt vor der Botschafterkonferenz in Paris; in derselben Eigenschaft trat er 1924 und 1926 vor dem V¨olkerbund in Genf auf. G. war 1926 Memeler Abgeordneter im litauischen Sejm, 1930-35 Oberb¨urgermeister, seit 1. 4. 1935 B¨urgermeister von Rostock. Er starb durch Selbstmord. Grabow, Wilhelm, Jurist, Politiker, * 15. 4. 1802 Prenzlau, † 15. 4. 1874 Prenzlau. Nach dem Jurastudium 1821-23 in Berlin wurde G., Sohn eines Kaufmanns, Justiz- und Stadtgerichtsrat in Berlin, 1836 Hofgerichtsrat und Universit¨atsrichter in Greifswald. 1838-50 war er Oberb¨urgermeister von Prenzlau. 1847 geh¨orte er als einer der f¨uhrenden Vertreter der freisinnigen Partei dem Preußischen Vereinigten Landtag, 1848 als deren zeitweiliger Pr¨asident der preuß. Nationalversammlung an. Nach der Aufl¨osung der Nationalversammlung wurde er 1850 wieder zum Oberb¨urgermeister von Magdeburg gew¨ahlt, von der Regierung aber nicht anerkannt. Seit 1859 wieder Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses, f¨uhrte G. die gem¨aßigt liberale Fraktion und hatte 1862-66, w¨ahrend des Verfassungskonflikts in Preußen, erneut das Pr¨asidium C NDB inne.

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Grabower Grabower, Rolf, Jurist, Beamter, * 21. 5. 1883 Berlin, † 7. 3. 1963 M¨unchen. G., Sohn eines Justizrats, Rechtsanwalts und Notars, studierte Rechtswissenschaft und National¨okonomie in Heidelberg, K¨onigsberg und Berlin und wurde 1905 in Leipzig zum Dr. jur., 1910 in Berlin zum Dr. phil. (Die finanzielle Entwicklung der Aktiengesellschaft der deutschen chemischen Industrie und ihre Beziehungen zur Bankenwelt) promoviert. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg wurde er 1919 Mitarbeiter Johannes → Popitz’ im Reichsfinanzministerium, 1921 als dessen Nachfolger Leiter des Umsatzsteuerreferats und 1926 Leiter des neueingerichteten steuerlichen Betriebspr¨ufungsdienstes der Reichsfinanzverwaltung. Daneben war er 1922-33 Dozent an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie und 1929-33 an der Handelshochschule Berlin. Seit 1934 Richter am Reichsfinanzhof, wurde er 1935 zwangsweise in den Ruhestand versetzt und war 1942-45 im Konzentrationslager Theresienstadt inhaftiert. 1945-52 war G. Pr¨asident der Oberfinanzdirektion Nordbayern mit Sitz in N¨urnberg, hielt Vorlesungen an der Hochschule f¨ur politische Wissenschaften in M¨unchen und lehrte seit 1946 als Honorarprofessor f¨ur Finanzrecht an der Univ. Erlangen. Er ver¨offentlichte u. a. Die Geschichte der Umsatzsteuer und ihre gegenw¨artige Gestaltung im In- und Ausland (1925). C Hagemann Grabowski, Franz, Eisenh¨uttenmann, * 25. 12. 1897 Kattowitz (Oberschlesien), † 17. 12. 1981 Wetzlar. Im Alter von 17 Jahren wurde G. Mitarbeiter des zum oberschlesischen Konzern Friedensh¨utte AG geh¨orenden Werks Ferrum bei Kattowitz, das eine Stahlgußh¨utte, ein Schweißwerk, eine Maschinenbauanstalt und eine Anlage f¨ur den Apparatebau umfaßte. Bis 1945 geh¨orte er der Ferrum AG an, seit 1931 als Vorstandsmitglied. Von 1946 bis zum Eintritt in den Ruhstand 1967 wirkte er bei den Buderus’schen Eisenwerken in Wetzlar / Lahn, bis 1953 als Vorstandsmitglied und kaufm¨annischer Leiter, danach als Vorstandsvorsitzender mit dem Titel Generaldirektor. Seiner Initiative ist die Wiedervereinigung von Eisenerzeugung und Eisenverarbeitung, zudem die Koordination der Schwerindustrie im Raum Wetzlar zuzuschreiben. G. war Ehrensenator der Univ. Gießen und der TH Darmstadt sowie Ehrenb¨urger von Wetzlar (1979). C Renkhoff

Grabowsky, Adolf, Politikwissenschaftler, Jurist, * 31. 8. 1880 Berlin, † 22. 8. 1969 Liesthal (Kt. BaselLandschaft). Nach dem Studium der Philosophie und Kunstgeschichte sowie der Rechts- und Staatswissenschaften in Berlin und Freiburg / Breisgau (1904 Promotion zum Dr. jur. et rer. pol.) wurde G., Sohn eines Unternehmers, 1905 in Berlin Referendar. Er gab seit 1907 die von ihm gegr¨undete „Zeitschrift f¨ur Politik“ und 1912-23 die Zeitschrift „Das neue Deutschland“ heraus. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs setzte er sich in Zusammenarbeit mit dem Volksbund f¨ur Freiheit und Vaterland f¨ur ein Friedensabkommen ein. 1921 war G. Mitgr¨under der Deutschen Hochschule f¨ur Politik in Berlin, seit 1925 Leiter des Geopolitischen Seminars, seit 1926 Mitarbeiter des Ausw¨artigen Amtes, zeitweise deutscher Delegierter beim V¨olkerbund in Genf und von 1930 bis zu seiner Entlassung 1933 auch Dozent an der TH Berlin. 1934 emigrierte er in die Schweiz, wurde Dozent an der Volkshochschule in Basel und gr¨undete dort 1937 das „Weltpolitische Archiv“. 1940 wurde ihm auf Betreiben der deutschen Botschaft in der Schweiz Berufsverbot erteilt. G. war einer der Wiederbegr¨under der westdeutschen Politikwissenschaft nach dem Zweiten Weltkrieg sowie Mitbegr¨under der Geopolitik-Forschung. 1950 lehrte er als Gastprofessor an der Univ. Marburg, 1952-65 als a. o. Prof. in Gießen. G. vero¨ ffentlichte u. a. Staat und Raum (1928), Die Politik. Ihre

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Elemente und ihre Probleme (1932) und Raum, Staat und Geschichte. Grundlegung der Geopolitik (1960). C Lex dt-j¨ud Autoren

Grabowsky, Carl, auch Grabowski, Schauspieler, Regisseur, Intendant, * 23. 4. 1805 Danzig, † 27. 6. 1883 Wiesbaden. G., Sohn eines Grenadiers, deb¨utierte 1828 als Charakterdarsteller in Dirschau, spielte danach sechs Jahre am Hoftheater in Hannover und f¨uhrte nach einem Engagement am K¨onigst¨adtischen Theater in Berlin seit 1839 Regie am Hoftheater in Wiesbaden. 1845-63 leitete er Auff¨uhrungen in D¨usseldorf, am Wiener Burgtheater, danach in Wiesbaden, Dessau, W¨urzburg und Berlin. Zuletzt war G. Regisseur, Direktor und Intendant am Hoftheater in Meiningen. C Kosch: Theater Gracklauer, Oscar, Bibliograph, * 10. 2. 1834 Immenstadt / Allg¨au, † 17. 6. 1883 Leipzig. G., Sohn eines Advokaten, war 1850-56 und 1862-74 Mitarbeiter der Jenisch & Stage’schen Buchhandlung in Augsburg, danach Buchhalter in der Jos. Koesel’schen Buchhandlung in Kempten und u¨ bernahm 1875 das „Literarische Auskunfts-Bureau“ in Leipzig (1836 von Gustav Wuttig als Verlags- und Sortimentsbuchhandlung gegr¨undet). Aufgrund seiner großen bibliographischen Kenntnisse wurde G. auf diesem Gebiet bald f¨uhrend, ver¨offentlichte etwa 38 Fachkataloge, vermittelte dem Buchhandel damals noch schwer zug¨angliche Informationen und erleichterte so vielfach die Beschaffung der B¨ucher. Die Firma bestand nach dem Tod G.s unter dem Namen „O. Gracklauers bibliographisches Auskunftsb¨uro“ und sp¨ater als „Bibliographische Agentur Oscar Gracklauer“ fort. C LGB Grad, Charles, Schriftsteller, Ingenieur, * 8. 12. 1842 T¨urkheim (Elsaß), † 5. 7. 1890 Logelbach (Elsaß). Nach seinem Studium in Paris arbeitete G. als Ingenieur bei den Baumwollfabriken in Logelbach, bereiste mehrfach Europa, Nordafrika und den Orient und trieb magnetische und geophysikalische Forschungen in mitteleurop¨aischen Gebirgen, dem Eismeer, der Sahara und dem Sinai-Gebirge. 1870 gr¨undete er im Elsaß mehrere Meteorologische Stationen. 1876 wurde G. Mitglied des oberels¨assischen Bezirkstags, 1877 des Deutschen Reichstags und 1878 des Landesausschusses von Elsaß-Lothringen. W¨ahrend des Internationalen Kongresses f¨ur Sozialpolitik 1889 in Paris amtierte er als dessen Pr¨asident. G. ver¨offentlichte u. a. L’Alsace, le pays et ses habitants (1889). Grade, Alfred, Buchh¨andler, * 25. 12. 1899 Halle / Saale, † 25. 8. 1984 Frankfurt / Main. G. durchlief eine Buchh¨andlerlehre und arbeitete bei der genossenschaftlichen Volksbuchhandlung in Halle / Saale, deren Leitung er sp¨ater u¨ bernahm. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung wurde die Volksbuchhandlung enteignet und G. in Untersuchungs-, dann in Konzentrationslagerhaft genommen. 1939 nach Frankfurt / Main entlassen, er¨offnete er dort 1945 wieder eine Buchhandlung und wurde 1946 zum ersten Vorsitzenden des Hessischen Verleger- und Buchh¨andler-Verbandes gew¨ahlt. W¨ahrend seiner Amtszeit wurde 1949 die Franfurter Buchmesse neugegr¨undet. G. war Mitgestalter der neuen Satzung des B¨orsenvereins und Mitbegr¨under der Buchh¨andler-Abrechnungs-Gesellschaft. Der B¨orsenverein verlieh ihm 1967 den Ehrenring des deutschen Sortiments und 1969 die Plakette „Dem F¨orderer des deutschen Buches“. C LGB

Grade, Hans (Gustav Bernhard), Ingenieur, Flugpionier, * 17. 5. 1879 K¨oslin (Pommern), † 22. 10. 1946 Borkheide (Mark). G., Sohn eines Lehrers, studierte seit 1900 an der TH Charlottenburg Ingenieurwesen, wurde 1903 Leiter einer Mo-

Gradmann torenwerkstatt in K¨oslin und gr¨undete 1905 die GradeMotoren-Werke GmbH in Magdeburg. 1908 gelang ihm mit einem selbstkonstruierten Dreidecker-Flugzeug als erstem Deutschen ein Motorflug. 1909 verlegte G. den Firmensitz nach Bork (heute Borkheide), wo er 1910 eine Flugzeugfabrik und eine Flugschule gr¨undete. 1913 baute G. die erste deutsche Kunstflugmaschine, die auch Sturz- und R¨uckenflug erm¨oglichte. G.s Flugzeugfabrik wurde 1918 in eine Automobilfabrik umgewandelt, die den ersten deutschen Kleinwagen produzierte. 1925 mußten die Garde-Automobilwerke schließen. C MBL

Gradenwitz, Otto, Jurist, * 16. 5. 1860 Breslau, † 7. 7. 1935 Berlin. Nach dem Jurastudium in Breslau, Berlin, Heidelberg und Leipzig wurde G., Sohn eines Bankiers, 1880 in Berlin pro¨ moviert (Uber den Begriff der Voraussetzung), habilitierte sich 1885 (Interpolationen in den Pandekten) und war seit 1890 apl. Prof. in Berlin, 1895 a. o., seit 1896 o. Prof. in K¨onigsberg, seit 1907 in Straßburg und 1909-28 in Heidelberg. Er machte sich um die Entwicklung und F¨orderung der Methoden und Techniken zur Erforschung des r¨omischen Rechts und der juristischen Papyrologie verdient. G. war Herausgeber mehrerer lexikographischer Werke (u. a. Heidelberger Index zum Codex Theodosianus, 1925) und verfaßte u. a. eine Einf¨uhrung in die Papyruskunde (1900). G. geh¨orte 1910 zu den Gr¨undungsmitgliedern der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. C Bad Bio N.F., Bd 1 Gradenwitz, Peter (Emmanuel), Musikwissenschaftler, * 24. 1. 1910 Berlin, † 27. 7. 2001 Tel Aviv. G. studierte Musikwissenschaft, Literaturgeschichte und Philosophie an den Universit¨aten Freiburg und Berlin bei Wilibald → Gurlitt, Arnold → Schering und Curt → Sachs sowie Komposition bei Julius → Weismann und Josef → Rufer. 1936 wurde er bei Gustav → Becking mit der Arbeit Johann Stamitz. Das Leben promoviert. Anschließend emigrierte G. nach Tel Aviv, wo er 1945 einen Konzertf¨uhrer f¨ur symphonische Musik ver¨offentlichte, dem ein Kammermusikund ein Klavierf¨uhrer folgten. 1949 gr¨undete er „Israeli Music Publications“, das erste Verlagshaus f¨ur Konzertmusik in Israel, das er bis zu seiner Pensionierung 1982 leitete. 1966 wurde G. Dozent am Musikwissenschaftlichen Institut der Univ. Tel Aviv. Er war Mitbegr¨under der israelischen Niederlassung der International Society for Contemporary Music. Neben Studien zur Stamitz-Familie und zur Musik → Sch¨onbergs besch¨aftigte sich G. vorwiegend mit j¨udischer und israelischer Musikgeschichte. C MGG Gradl, Heinrich, Historiker, * 13. 2. 1842 Eger, † 3. 3. 1895 Eger. G. studierte Germanistik und Geschichte an der Deutschen Univ. in Prag, wurde 1878 Archivar der Stadt Eger und u¨ bernahm sp¨ater die Leitung des Stadtmuseums und der Stadtbibliothek. Zur Geschichte der b¨ohmischen Region ver¨offentlichte er u. a. Geschichte des Egerlandes bis 1437 (1893) und Die Reformation im Egerlande. Nach den Quellen dargestellt (1893).

Gradl, Hermann, Maler, Radierer, * 15. 2. 1883 Marktheidenfeld (Unterfranken), † 15. 2. 1964 N¨urnberg. G. besuchte 1900 die St¨adtische Gewerbeschule M¨unchen und wechselte dann zur Ausbildung in kunstgewerblichen F¨achern an die M¨unchner Kunstgewerbeschule zu Theodor Spieß, dessen Meistergehilfe er 1905 wurde. Seit 1907 leitete G. die Fachklasse f¨ur Weberei und Keramik an der N¨urnberger Kunstgewerbeschule, ging aber bald zur Landschaftsund Architekturmalerei u¨ ber und war seit 1938 Leiter der Fachklasse f¨ur Landschaftsmalerei an der Staatsschule f¨ur angewandte Kunst in N¨urnberg. G. malte Landschaften

in romantisierendem Realismus, Genrebilder im Stil Carl → Spitzwegs, religi¨ose Bilder und Kinderbildnisse. Daneben war er Illustrator sowie Mitarbeiter einiger Zeitschriften und schrieb Der sch¨one deutsche S¨uden. Die Seele unserer Heimat in Bildern (1936). C Imhoff

Gradl, Johann Baptist, Politiker, Publizist, * 25. 3. 1904 Berlin, † 2. 7. 1988 Berlin. Der Sohn eines bayerischen Berufssoldaten und sp¨ateren Reichspostbeamten studierte nach einer Banklehre in Halle und Berlin Wirtschafts- und Staatswissenschaften, schloß das Studium 1926 als Diplomvolkswirt ab und wurde 1930 promoviert (Die Reparations-Sachleistungen von Versailles bis zur BIZ). 1926-30 geh¨orte er der Redaktion der Zeitung der Berliner Zentrumspartei, „Germania“, an. Seit 1931 volkswirtschaftlicher Referent der Gesch¨aftsf¨uhrung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, war er 1938-45 stellvertretender Hauptgesch¨aftsf¨uhrer der Reichsgruppe Banken in Berlin. Bis 1933 Mitglied der Zentrumspartei (1930-33 Vorsitzender in Berlin-Kreuzberg), geh¨orte er nach Kriegsende zu den Begr¨undern der Berliner CDU, wurde 1947 von der sowjetischen Milit¨aradministration mit Redeverbot belegt, ging nach Westberlin und half von dort aus ostdeutschen Fl¨uchtlingen. Seit 1947 verlegte G. die Zeitung „Der Tag“; 1948-66 war er Gesellschafter der Deutschland-Verlags-Gesellschaft. 1950 war er Mitgr¨under, 1970-87 Vorsitzender der Exil-CDU und geh¨orte 1954 zu den Mitgr¨undern des Kuratoriums Unteilbares Deutschland, dessen Vorsitzender er 1973-87 war. 1953-71 im CDUBundesvorstand, vertrat er Berlin 1957-80 im Deutschen Bundestag. 1958-75 war er Pr¨asident des Forschungsbeirats f¨ur Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands. 1965 wurde G. im Kabinett Ludwig → Erhard Bundesminister f¨ur Vertriebene, Fl¨uchtlinge und Kriegsgesch¨adigte; 1966 u¨ bernahm er kommissarisch das Ministerium f¨ur gesamtdeutsche Fragen. Er ver¨offentlichte u. a. Deutschland als Aufgabe (1986). C Zeitgeschichte, Bd 8

Gradmann, Erwin, o¨ sterr. Kunsthistoriker, * 2. 8. 1908 Wien, † 4. 9. 1985 Z¨urich. G. studierte in Wien Kunstgeschichte und kam 1936 als Direktionsassistent und Bibliothekar des Kunstgewerbemuseums nach Z¨urich. Er war Prof. der Architektur und Kunstgeschichte sowie Konservator der Graphischen Sammlung an der ETH und ver¨offentlichte vor allem Arbeiten u¨ ber Zeichenkunst und Baustilkunde, u. a. Niederl¨andische Meister (1946, 21952). G. nahm als Kommissionspr¨asident der Gottfried-Keller-Stiftung auch zahlreiche denkmalpfleC CH 91 gerische Aufgaben wahr.

Gradmann, Robert (Julius Wilhelm), Geograph, Botaniker, Bibliothekar, * 18. 7. 1865 Lauffen / Neckar, † 16. 9. 1950 Sindelfingen. Nach dem Studium der Theologie in T¨ubingen 1883-87 und dem Vikariat wurde G., Sohn eines Kaufmanns, 1891 Stadtpfarrer in Forchtenberg und betrieb als Autodidakt geographische und botanische Studien. G. wurde ohne botanisches Studium 1898 mit der Dissertation Das Pflanzenleben der Schw¨abischen Alb mit Ber¨ucksichtigung der angrenzenden Gebiete S¨uddeutschlands dargestellt (2 Bde., 41950) promoviert. Aus seinen pflanzengeographischen Studien resultierte die sogenannte Steppenheidetheorie, die zu neuen siedlungsgeschichtlichen Erkenntnissen f¨uhrte. Seit 1901 Bibliothekar an der Universit¨atsbibliothek T¨ubingen, erarbeitete G. einen neuen alphabetischen Hauptkatalog nach dem Vorbild des angels¨achsischen Katalogsystems. 1909 habilitierte er sich mit der Arbeit Geschichte des Getreidebaus im r¨omischen und deutschen Altertum, unternahm mehrere Forschungsreisen durch die Schweiz, Frankreich und Algerien und war

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Gradnauer seit 1914 Prof. der Geographie in T¨ubingen, 1919-33 in Erlangen. 1925 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. G.s Werk S¨uddeutschland (2 Bde.) erschien 1931 (Nachdr. 1956); seine Lebenserinnerungen wurden 1965 gedruckt. C NDB

Gradnauer, Georg, Politiker, * 16. 11. 1866 Magdeburg, † 18. 11. 1946 Berlin. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1885 Literatur, Geschichte und Philosophie in Genf, Berlin, Marburg und Halle und wurde 1889 promoviert. 1888 trat er in die SPD ein, war 1891-96 Redakteur der „S¨achsischen Arbeiterzeitung“ in Dresden und schrieb 1897-1905 f¨ur den „Vorw¨arts“ in Berlin. 1898-1907 und 1912-18 geh¨orte er dem Reichstag an. 1906-18 leitete G. die „Dresdner Volkszeitung“. Nach der Novemberrevolution wurde er Justiz-, Außen-, zeitweise auch Innenminister und Ministerpr¨asident in Sachsen. 1919-24 erneut Reichstagsabgeordneter der SPD, war er 1921 kurzfristig Reichsinnenminister; 1921-31 vertrat er die s¨achsische Regierung als Gesandter in Berlin. 1933 war G. in „Schutzhaft“, 1944 / 45 im Konzentrationslager Theresienstadt interniert. Er ver¨offentlichte u. a. Verfassungswesen und Verfassungsk¨ampfe in Deutschland (1909) und Die deutsche Volkswirtschaft (1921). C Schr¨oder

Graeb, Carl Georg Anton, Maler, Radierer, * 18. 3. 1816 Berlin, † 8. 4. 1884 Berlin. G. wurde bei dem Berliner Hoftheatermaler J. Gerst und an der dortigen Kunstakademie ausgebildet, erhielt 1838 eine Stelle als Dekorationsmaler am K¨onigst¨adtischen Theater und lieferte 1842 die Dekorationen f¨ur das Stadttheater von Frankfurt / Main. W¨ahrend mehrerer Studienreisen durch Europa schuf er zahlreiche Stadtansichten und Landschaftsbilder und widmete sich seit 1844 ganz der Architekturmalerei. 1851 wurde er Hofmaler, 1860 Mitglied, 1875 Senatsmitglied der Akademie der K¨unste. Zu G.s bekanntesten ¨ Olgem¨ alden z¨ahlt die Innenansicht des Chors im Halberst¨adter Dom (1854).

Graebe, Carl (James Peter), Chemiker, * 24. 2. 1841 Frankfurt / Main, † 19. 1. 1927 Frankfurt / Main. Der einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie entstammende G. studierte 1858-60 Maschinenbau am Polytechnikum in Karlsruhe, seit 1860 Chemie in Heidelberg und wurde 1862 bei Robert Wilhelm → Bunsen promoviert. Er war Vorlesungsassistent in Marburg und Heidelberg, arbeitete seit 1864 in dem Farbwerk Meister, Lucius & Co. in H¨ochst und wechselte aus gesundheitlichen Gr¨unden bald in die Papierfabrik F. Flinsch nach Frankfurt. Danach betrieb er Forschungen in Heidelberg und Berlin, bis er 1868 gemeinsam mit Carl → Liebermann die Grundsubstanz des Farbstoffs Alizarin fand, dessen k¨unstliche Herstellung ein Jahr sp¨ater ¨ gelang. 1868 habilitierte sich G. (Uber Naphthalin), wurde 1869 Privatdozent in Leipzig und war 1870-77 Prof. der Chemie in K¨onigsberg, 1878-1906 in Genf. 1887 wurde G. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen; seit 1907 war er Pr¨asident der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Er ver¨offentlichte u. a. Untersuchungen u¨ ber Chinone (1911) und eine Geschichte der organischen Chemie (1920). C Altpreuß Biogr, Bd 5 Graebe, Kurt, Politiker, * 9. 2. 1874 Karniszewo bei Gnesen, † 8. 8. 1952 M¨unchen. Der Sohn eines Rittergutsbesitzers wurde Offizier und brachte es im Ersten Weltkrieg bis zum Regimentskommandeur. 1919 wurde er Leiter des Deutschtumbundes zur Wahrung der Minderheitsrechte in Polen mit Sitz in Bromberg und gr¨undete u. a. die Deutsche Volksbank und den Deutschen Schulverein. Trotz zeitweiliger Verhaftungen wurde er 1922 in den Sejm gew¨ahlt und geh¨orte sp¨ater dem Vor-

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stand des Deutschen Parlamentarischen Klubs an. G. war Mitbegr¨under und Pr¨asident des Verbandes der deutschen Volksgruppen in Europa.

Graebner, (Robert) Fritz, Ethnologe, * 4. 3. 1877 Berlin, † 13. 7. 1934 Berlin. G., Sohn eines Gymnasiallehrers, studierte 1895-1901 in Berlin und Marburg u. a. Geschichte und Geographie, war seit 1899 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter im Staatlichen Museum f¨ur V¨olkerkunde in Berlin und wurde 1901 promoviert (Rudolf von Habsburg gegen Otto von Brandenburg). 1906 folgte er einem Ruf an das neuerrichtete RautenstrauchJoest-Museum f¨ur V¨olkerkunde in K¨oln und habilitierte sich 1911 an der Univ. Bonn. W¨ahrend der Kriegsjahre befand er sich in Australien in englischer Gefangenschaft. 1921 wurde G. a. o. Prof. an der Univ. Bonn, 1925 Direktor des Rautenstrauch-Joest-Museums in K¨oln, u¨ bernahm 1926 eine Professur an der dortigen Univ. und wurde 1928 aus gesundheitlichen Gr¨unden emeritiert. G., der als Begr¨under der kulturhistorischen Richtung der deutschen V¨olkerkunde gilt, ver¨offentlichte u. a. Ethnologie. Kultur der Gegenwart (1923). C NDB Gr¨abner, Johann Heinrich (II), Klavier- und Orgelbauer, * August 1705, † 11. 11. 1777 Dresden. In G.s Familie lassen sich u¨ ber Generationen hinweg Hoforganisten, Orgelbauer und Klaviermacher nachweisen; sein Vater Johann Heinrich G. war ein gesuchter Cembalobauer. Vor allem als Klavierbauer war G. auch außerhalb seiner Heimat Sachsen ber¨uhmt; er findet u. a. in Polen und Livland Erw¨ahnung. Vermutlich baute er seit Beginn des Siebenj¨ahrigen Kriegs Fortepianos. C NDB Gr¨abner, Johann Heinrich Philipp, luth. Theologe, * 7. 7. 1819 Burghaig bei Kulmbach, † 27. 5. 1898 St. Charles (Missouri, USA). Nach dem Theologiestudium in Erlangen war G., Sohn eines Schneidermeisters, Organisten und Kantors, Privatlehrer der Kinder Wilhelm → L¨ohes in Neuendettelsau, der ihn als Missionar und Helfer f¨ur die nach Amerika ausgewanderten Deutschen ausbildete. 1847 leitete G. die Auswanderung einer Gruppe von Deutschen nach Nordamerika und gr¨undete in Michigan die Gemeinde Frankentrost, die auch Missionszentrum f¨ur die benachbarten Indianer wurde. 1853 ging er aus gesundheitlichen Gr¨unden nach Roseville bei Detroit, 1859 nach St. Charles (Missouri). Bedeutend f¨ur das Luthertum in den USA wurden sein Sohn August G. und sein Enkel Theodor G. C NDB Gr¨adener, Hermann (Otto Theodor), Musiker, Dirigent, Komponist, * 8. 5. 1844 Kiel, † 18. 9. 1929 Wien. G. erhielt seine musikalische Ausbildung bei seinem Vater Karl Georg Peter → G. und am Wiener Konservatorium. Seit 1862 war er Organist in Gumpendorf, spielte seit 1864 Violine im Wiener Hofopernorchester und wurde 1873 Lehrer f¨ur Harmonie an der Klavierschule Horak. 1877 ging G. an das Konservatorium der Musikfreunde, dirigierte, 1882 zum Prof. ernannt, 1892-96 die Wiener Singakademie und den Orchesterverein f¨ur klassische Musik und wurde 1899 Lektor f¨ur Harmonie, Kontrapunkt und Formenlehre an der Universit¨at. W¨ahrend der Wiener Theater- und Musikausstellung dirigierte er große Orchesterkonzerte. G. komponierte Orchester-, Kammermusik-, Klavier- und Chorwerke, die in der Nachfolge von → Brahms stehen. Er war der Vater des Schriftstellers Hermann → G. C MGG Gr¨adener, Hermann, o¨ sterr. Schriftsteller, * 29. 4. 1878 Wien, † 24. 2. 1956 Altm¨unster (Ober¨osterreich). Der Sohn des Musikers Hermann → G. studierte in Wien und M¨unchen u. a. Philosophie und Geschichte. W¨ahrend des

Graefe Ersten Weltkriegs befand er sich drei Jahre lang in Gefangenschaft auf Sizilien. Vom Gedankengut des Nationalsozialismus beeinflußt, war G., seit 1933 – nach dem Verbot der ¨ Nationalsozialistischen Partei in Osterreich – im Untergrund, propagandistisch t¨atig. Er ließ sich als freier Schriftsteller in Wien nieder und schrieb mythisch und v¨olkisch gef¨arbte Werke in expressionistischem Stil. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren G.s Schriften auf der Liste der „gesperrten Autoren und B¨ucher“. Er schrieb Dramen, Essays, Romane, Lyrik und H¨orspiele sowie die Novelle Der Esel. Sancho Pansas letztes Abenteuer (1935). C Killy

Seit 1898 arbeitete er an der historisch-kritischen Weimarer Goethe-Ausgabe (Sophienausgabe) mit, seit 1905 an der Großherzog-Wilhelm-Ernst-Ausgabe des Insel-Verlags. Auch an dem Quellenwerk Goethe u¨ ber seine Dichtungen (9 Bde., 1901-14) war G. maßgeblich beteiligt. 1905-21 war er Mitarbeiter, seit 1913 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter des Goethe- und Schiller-Archivs in Weimar; 1909 wurde er zum Prof. ernannt. Seit 1913 gab G. mit Max → Hecker das „Jahrbuch der Goethe-Gesellschaft“ heraus. 1921 zog er sich aus Gesundheitsgr¨unden als Privatgelehrter nach Jena zur¨uck; 1928-32 lebte er in Eisenach. C IGL

Gr¨adener, Karl (Georg Peter), Komponist, Dirigent, Musikp¨adagoge, * 14. 1. 1812 Rostock, † 10. 6. 1883 Hamburg. Nach anf¨anglich juristischem Studium in Halle und G¨ottingen hatte G., fr¨uh verwaister Sohn eines Gerichtssekret¨ars, als Violoncellist 1835-38 eine Stellung in Helsingfors inne. 1841-51 war er Universit¨atsmusikdirektor mit dem Titel eines d¨anischen Professors in Kiel, lehrte Theorie, dirigierte Chor und Orchester und komponierte. G. gr¨undete und leitete in Hamburg eine Gesangsakademie, war 1862-65 Lehrer f¨ur Gesang und Theorie am Wiener Konservatorium und kehrte nach Hamburg zur¨uck, wo er seit 1867 dem von ihm mitbegr¨undeten Hamburger Tonk¨unstlerverein vorsaß und seit 1873 am Konservatorium lehrte. Unter seinen Kompositionen sind haupts¨achlich die kleinen Klavierst¨ucke in sp¨atromantischem Stil bekannt, die an → Schumann ankn¨upfen, sowie zahlreiche Lieder. G. war der Vater des Musikers und Komponisten Hermann → G. C MGG

Gr¨af, Walther Karl Theodor, Verleger, Politiker, * 27. 7. 1875 Bertikow (Kr. Angerm¨unde), † 1939. G. studierte Staatswissenschaften an den Universit¨aten Berlin und Heidelberg, wurde in einer Stettiner Großhandlung zum Kaufmann ausgebildet, arbeitete 1899-1909 als Redakteur in Hamburg, Prenzlau und Anklam und u¨ bernahm 1910 die Leitung eines Zeitungsverlags in Anklam, 1917 in Uckerm¨unde. G. war seit 1913 Mitglied des preuß. Landtags und stellvertretender Vorsitzender der deutschnationalen Fraktion, geh¨orte 1919 der Verfassunggebenden Landesversammlung Preußen an und wurde Mitbegr¨under und f¨uhrendes Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei. G. war Vorsitzender mehrerer Aufsichtsr¨ate und besaß eine Buchdruckerei. C Reichshandbuch

Graef, Adam, Maurer, Politiker, * 19. 2. 1882 Niederselters (Hessen), † April 1945 Konzentrationslager Bergen-Belsen. G. war gelernter Maurer, arbeitete an verschiedenen Orten und trat 1904 in Frankfurt / Main der BauarbeiterGewerkschaft und 1907 in K¨oln der SPD bei. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg hauptamtlicher Gewerkschaftssekret¨ar in Limburg, wurde er 1922 in seiner Heimatgemeinde zum B¨urgermeister gew¨ahlt, 1933 von den Nationalsozialisten abgesetzt. G. war in den folgenden Jahren im Widerstand, wurde 1940 verhaftet, in das Konzentrationslager Sachsenhausen u¨ berf¨uhrt und starb kurz vor der Befreiung 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen. Gr¨af, (Franz) Botho, Arch¨aologe, * 12. 10. 1857 Berlin, † 9. 4. 1917 K¨onigstein / Taunus. G., Sohn eines Malers, der vor allem als Portr¨atist erfolgreich war, studierte in Greifwald bei Ulrich von → WilamowitzMoellendorff und in Berlin, wo er 1886 promoviert wurde (De Bacchi Expediditione Indica). Seit 1889 Privatdozent an der Univ. Berlin, wurde er 1904 in Jena a. o. Prof. f¨ur Arch¨aologie und Neuere Kunstgeschichte. G.s Hauptinteresse galt der k¨unstlerischen Form und ihrer Geschichte bei den Griechen, vor allem hinsichtlich der Plastik und der Vasenmalerei. Zu seinen Verdiensten z¨ahlt die Herausgabe des dreib¨andigen Werkes Die antiken Vasen von der Akropolis zu Athen (1909-14), die erst 1933 von Ernst → Langlotz abC NDB geschlossen wurde. Gr¨af, Hans (Gerhard), Literaturwissenschaftler, * 5. 5. 1864 Weimar, † 20. 12. 1942 Jena. Nach dem Studium der Medizin und Naturwissenschaften in Jena (1884 / 85), der Germanistik und Kunstgeschichte in Berlin (1889-91) und der Philosophie in Jena (1891 / 92) wurde G., Sohn eines Ingenieurleutnants, sp¨ateren Verlagsbuch- und Kunsth¨andlers, 1892 dort promoviert (Der „Sprachverderber“ vom Jahre 1643 und die aus ihm hervorgegangenen Schriften) und war 1892-1901 Hilfsarbeiter an der Herzoglichen Bibliothek in Wolfenb¨uttel.

Graefe, (Friedrich Wilhelm Ernst) Albrecht von, Ophthalmologe, * 22. 5. 1828 Finkenheerd bei Berlin, † 20. 7. 1870 Berlin. Der Sohn Carl Ferdinand von → G.s studierte 1843-47 an der Berliner Univ. Medizin, wurde 1847 promoviert (De bromo eiusque praecipuis praeparatis) und ging nach Prag, Wien, Paris, London, Glasgow und Dublin, um sich in der Augenheilkunde fortzubilden. 1850 ließ er sich in Berlin nieder und er¨offnete eine Augenklinik, die zur bedeutendsten ophthalmologischen Forschungs- und Lehranstalt der Welt wurde. Mit dem 1850 von Hermann von → Helmholtz erfundenen Augenspiegel untersuchte G. erstmals den Augenhintergrund und operierte seit 1856 erfolgreich den Gr¨unen Star. 1852 ¨ habilitierte er sich mit der Studie Uber die Wirkung der Augenmuskeln an der Berliner Univ., wo er 1857 a. o. Prof. und 1866 o. Prof. der Augenheilkunde wurde. 1868 u¨ bernahm er die Leitung der Augen¨arztlichen Abteilung der Charit´e. Bahnbrechend war seine operative Heilung des Glaukoms durch die Iridektomie (seit 1857). 1854 begr¨undete G. das „Archiv f¨ur Ophthalmologie“, 1863 die „Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft“. Er ver¨offentlichte u. a. Symptomenlehre der Augenmuskell¨ahmungen (1867). 1911 erschienen Albrecht von Graefe’s grundlegende Arbeiten u¨ ber den Heilwert der Iridektomie. Seit 1858 war G. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er war der Vater des Politikers Albrecht von → G. C Leb Berlin 2

Graefe, Albrecht von, Politiker, * 1. 1. 1868 Berlin, † 18. 4. 1933 Goldebee (Mecklenburg). Der Sohn des Ophthalmologen Albrecht von → G. unternahm nach aktivem Milit¨ardienst 1892 / 93 eine Weltreise, wurde 1896-1907 der Deutschen Botschaft in Konstantinopel zugeteilt und erwarb 1899 in Mecklenburg das Rittergut Goldebee. 1900 studierte er in Berlin zwei Semester Jura. Seit 1899 Mitglied des Landtags von Mecklenburg, seit 1912 auch des Deutschen Reichstags, geh¨orte G. der konservativen beziehungsweise der deutschnationalen Fraktion an. 1919 geh¨orte er als Deutschnationaler der Weimarer Nationalversammlung an und war 1920-28 erneut Mitglied des Reichstags, im Dezember 1922 Mitbegr¨under der Deutschv¨olkischen Freiheitspartei, deren Vorsitz er bis 1928 innehatte. 1923 nahm G. am Hitlerputsch teil. Er ver¨offentlichte u. a. Damals in Weimar 1919 (1929).

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Graefe Graefe, Alfred (Karl) von, Ophthalmologe, * 23. 11. 1830 Martinskirchen bei M¨uhlberg / Elbe, † 12. 4. 1899 Weimar. G., Sohn eines preuß. Hauptmanns, studierte in Halle, Heidelberg, W¨urzburg, Leipzig und Prag Medizin und wurde 1854 in Halle promoviert (De canaliculorum lacrymalium natura). Nach einer dreij¨ahrigen Assistenzzeit in der Berliner Augenklinik seines Vetters Albrecht von → G. habilitierte er sich 1858 in Halle (De signis ophthalmoscopicis quorundam amblyopiae generum quae retinae morbos referenda sunt), gr¨undete dort 1859 eine Augenklinik und lehrte an der Universit¨at. 1864 wurde er a. o. Prof., 1873 o. Prof. und 1885 Direktor der neuen Universit¨ats-Augenklinik; 1892 ließ sich G., seit 1883 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, aus gesundheitlichen Gr¨unden emeritieren. Er arbeitete haupts¨achlich auf dem Gebiet der Motilit¨atsst¨orungen des Auges (Motilit¨atsst¨orungen mit einleitender Darlegung der normalen Augenbewegungen, 1875, 2 1898), f¨uhrte das Listersche Verfahren der Antisepsis in die Ophthalmologie ein und nahm als erster eine Tr¨anensackexstirpation vor. Bedeutend f¨ur die Entwicklung der Augenheilkunde war sein gemeinsam mit Thedor → Saemisch herausgegebenes Handbuch der gesamten Augenheilkunde (7 Bde., 1874-80). C NDB

Graefe, Carl Ferdinand von, Chirurg, Ophthalmologe, * 8. 3. 1787 Warschau, † 4. 7. 1840 Hannover. G., dessen Vater Intendant des polnischen Krongroßmarschalls Graf Fryderyk J´ozef Moszy´nski war, studierte in Dresden, Halle und Leipzig Medizin und wurde 1804 in Leipzig promoviert (De notione et cura angiectaseos labiorum ratione habita communis vasorum morbosae extensionis). Seit 1810 war er o. Prof. der Medizin in Berlin und erzielte als Augenarzt und Chirurg große Erfolge. Er entwickelte zahlreiche chirurgische Apparate und ophthalmologische Instrumente, f¨uhrte die Naht bei angeborenen Gaumenspalten ein (1816) und nahm die partielle Resektion des Unterkiefers vor. G. gilt als Begr¨under der modernen plastischen Chirurgie, besonders auf dem Gebiet der Nasenoperation. G., der 1823 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen und 1826 geadelt wurde, war der Vater des Augenarztes Albrecht von → G. Er vero¨ ffentlichte u. a. Repertorium augen¨arztlicher Heilformeln (1817) und Rhinoplastik (1818) und gab mit Philipp Franz von → Walther das „Journal der Chirurgie und Augenheilkunde“ (1820-49) heraus. C Leb Berlin 2

Graefe, Christian Friedrich, Philologe, * 1. 7. 1780 Chemnitz, † 12. 12. 1851 St. Petersburg. G. studierte seit 1799 in Leipzig Theologie und Klassische Philologie, bestand 1803 das theologische Kandidatenexamen und wurde 1805 zum Magister promoviert. Seit 1806 Erzieher im livl¨andischen Urbs, wurde er 1810 als Prof. der griechischen Literatur an die geistliche Akademie des Alexander-Newski-Klosters nach St. Petersburg berufen. Im folgenden Jahr wechselte er als Prof. der lateinischen Literatur an das P¨adagogische Institut, unterrichtete dort seit 1815 wieder sein vorheriges Fach und hatte dieses Lehramt auch nach der Umwandlung des Instituts zur Univ. 1819 inne. Die russische Akademie der Wissenschaften nahm ihn 1820 als wirkliches Mitglied auf. Seit 1821 war G. auch Konservator des Antiken- und M¨unzkabinetts der Eremitage. Er ver¨offentlichte Abhandlungen zur griechischen Epigraphik, Grammatik und vergleichenden Sprachforschung und edierte textkritische Ausgaben sp¨ater griechischer Dichter, u. a. Meleagri Gadareni epigrammata tamquam specimen novae recensionis Anthologiae Graecae (1811). C ADB

Graefe, Friedrich, Mediziner, Politiker, * 6. 8. 1815 Wiesbaden, † 6. 12. 1878 Wiesbaden. Der Sohn eines Hutmachers studierte in Berlin und Heidel¨ berg Medizin und wurde 1838 promoviert (Uber H¨amorrhoi-

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den), 1840 approbiert, verzichtete aber auf eine staatliche Anstellung; die Aus¨ubung einer Praxis wurde ihm untersagt. G. gr¨undete 1848 mit dem Ingenieur Oswald → Dietz den ersten Wiesbadener Arbeiterverein und war im selben Jahr Mitbegr¨under der Republikanischen Gesellschaft. Er war der Vater des Mathematikers Friedrich → G. C Renkhoff

Gr¨afe, Friedrich (Heinrich Franz Konrad Karl), Mathematiker, * 10. 12. 1855 Wiesbaden, † 2. 12. 1918 Darmstadt. G., Sohn Friedrich → G.s, studierte 1874-78 Mathematik und Naturwissenschaften in Karlsruhe, M¨unchen, Z¨urich und Bern, wurde 1879 in Bern promoviert und war an der Univ. bis 1881 Privatdozent f¨ur mathematische Wissenschaften. Nach dem Wechsel an die TH Darmstadt habilitierte er sich 1885 und lehrte 1897-1918 als o. Prof. der h¨oheren Mathematik. 1905-18 war G., seit 1888 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, Bibliothekar der Hauptb¨ucherei und wurde 1918 zum Geheimen Hofrat ernannt. G. ver¨offentlichte u. a. Erweiterungen des Pascalschen Sechsecks (1880), Vorlesungen u¨ ber die Theorie der Quaternionen (1883), Aufgaben und Lehrs¨atze aus der analytischen Geometrie des Punktes, der geraden Linie, des Kreises und der Kegelschnitte (1885) und Aufl¨osungen und Beweise der Aufgaben und Lehrs¨atze aus der analytischen Geometrie des Punktes (1886). C Poggendorff 4 Gr¨afe, Heinrich (Gotthilf Adam), P¨adagoge, * 3. 3. 1802 Buttst¨adt (Th¨uringen), † 22. 7. 1868 Bremen. Nach dem Studium der Theologie und insbesondere der Mathematik 1820-23 wurde G., Sohn eines Hutmachermeisters, Hilfsgeistlicher und Hilfslehrer in Weimar, 1825 Rektor der B¨urgerschule in Jena und 1840 auch a. o. Prof. der P¨adagogik an der dortigen Universit¨at. 1842 wurde er Rektor der B¨urgerschule Kassel. G. geh¨orte 1848-50 als Abgeordneter dem hessischen Landtag an. 1849 trat er in die oberste Schulbeh¨orde des Landes ein und gab 1849 / 50 das „Kurhessische Landtagsblatt“ heraus. Er geriet in heftige Opposition zur Regierung und wurde 1851 wegen seiner Schrift Der Verfassungskampf in Kurhessen (1851) zu einem Jahr Festungshaft verurteilt. 1853 ging er in die Schweiz, lehrte in Genf und richtete 1855 in Bremen eine B¨urgerschule ein. G. redigierte mehrere p¨adagogische Fachzeitschriften und schrieb Schulb¨ucher auf verschiedenen Gebieten; er ver¨offentlichte ferner u. a. Allgemeine P¨adagogik (3 Bde., 1845) und Die deutsche Volksschule oder die B¨urger- und Landschule nach der Gesamtheit ihrer Verh¨altnisse. Ein Handbuch f¨ur Lehrer und Schulaufseher (2 Bde., 1846 / 47). C NDB Gr¨afe, Heinrich Eduard, Verleger, * 10. 1. 1799 Hamburg, † 23. 8. 1867 K¨onigsberg. G. wurde in der Braunschweigischen Schulbuchhandlung ausgebildet und er¨offnete nach einigen Wanderjahren 1825 eine Kommissionsbuchhandlung in Leipzig. Nach zwei Jahren verkaufte er sie an die Br¨uder Friedrich und Heinrich → Brockhaus, ging nach K¨onigsberg und trat in die Buchhandlung seines Schwiegervaters ein; 1832 u¨ bernahm er mit seinem Schwager Johann Otto Unzer das Sortiment. Nach dem Tod beider fiel auch der zugeh¨orige Verlag an ihn. Gr¨afe & Unzer wurde bald die gr¨oßte Sortimentsbuchhandlung in Deutschland. Im „Haus der B¨ucher“ waren die B¨ucher erstmals auf mehreren Stockwerken eingelagert und wurden von K¨onigsberg aus bis nach Rußland und China geliefert. G. gr¨undete sp¨ater den „Verein der ost- und westpreußischen Buchh¨andler zur Bek¨ampfung der Schleuderei“. C LGB Gr¨afe, Johann Friedrich, Komponist, getauft 7. 5. 1711 Wustermark (Kr. Nauen), † 5. oder 8. 2. 1787 Braunschweig. G., Sohn eines Pfarrers, scheint sich 1737-41 zum Studium in Halle und Leipzig aufgehalten zu haben, wo er Johann Christoph → Gottscheds Bekanntschaft machte. Wo und bei

Gr¨affer wem er seine musikalische Ausbildung erhielt, ist nicht u¨ berliefert. Erstmals wird G. in Braunschweig erw¨ahnt, und zwar 1755 als Kammersekret¨ar, 1764 als Postrat und 1774 als Post- und Kammerrat. G. leitete neben Johannes Sigismund → Scholze durch seine Sammlung verschiedener und auserlesener Oden [. . .] (4 Tle., 1737-43) den Aufschwung der Liederkomposition in Deutschland ein. Er dichtete und komponierte auch selbst Oden, Sch¨afergedichte, Lieder und Psalmen. C MGG

Gr¨afe, Richard Edmund, Chemiker, * 18. 12. 1876 Dresden, † 20. 2. 1945 Dresden. Zun¨achst Lehrer, studierte G., Sohn eines Architekten und Baumeisters, 1897-1901 an der TH Dresden Chemie und wurde 1901 in Basel mit der Arbeit Einwirkung des ChlorKohlenoxydes auf einige aromatische Alkohole und Phenole promoviert. 1901-11 war er Chemiker und technischer Direktor der A. Riebeckschen Montanwerke in Webau bei Halle und unternahm 1905-07 mehrere Studienreisen in die USA und nach Schottland. G. war 1911 Mitbegr¨under der Deutschen Trinidad-Asphalt Gesellschaft und wurde deren Gesch¨aftsf¨uhrer, sp¨ater auch Mitarbeiter der Colas GmbH Dresden-Reick. 1917 hatte er Anteil an der Gr¨undung der Braunkohlenstiftung an der Bergakademie Freiberg und habilitierte sich 1918. Seit 1933 war G. freier Chemiker und besch¨aftigte sich mit Fragen der Brennstoffchemie und der bitumin¨osen Straßenbaustoffe. Er arbeitete haupts¨achlich auf dem Gebiet der Regenerierung von Alt¨ol und der Qualit¨at des Schwelkokses. G. war Herausgeber einer Einf¨uhrung in die chemische Technologie der Brennstoffe (1927). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Die Braunkohlenteer-Industrie (1906), Laboratoriumsbuch f¨ur die Braunkohlen-Teerindustrie (1923) und Asphalt. Kleines Taschenbuch f¨ur den praktischen Strassenbauer (1929). C NDB Gr¨aff, Franz Friedrich, Mineraloge, * 13. 6. 1855 Bretten (Baden), † 3. 12. 1902 Freiburg / Breisgau. G. studierte seit 1872 an den Technischen Hochschulen Karlsruhe, Berlin und Freiburg / Breisgau, wo er 1879 mit der Dissertation Beitr¨age zur Kenntnis der Naphtalinreihe promoviert wurde. 1883 habilitierte er sich an der Univ. Freiburg f¨ur reine und angewandte Chemie (Zur Kenntniß der Mononitro-naphtalin-monocarbons¨auren [Nitronaphtos¨auren]) und setzte 1884-87 seine Studien in M¨unchen und Heidelberg fort. Aufgrund der Arbeit Mineralogisch-petrographische Untersuchung von El¨aolithsyeniten von der Serra de Tingua, Prov. Rio de Janeiro, Brasilien wurde G.s venia legendi 1887 auf die F¨acher Mineralogie und Geologie ausgedehnt. Seit 1888 a. o. Prof. in Freiburg, erhielt er 1892 einen bezahlten Lehrauftrag und wurde 1896 a. o. Prof. der Mineralogie, Kristallographie und Petrographie. G. erforschte die s¨udbadische Region, erarbeitete gemeinsam mit Gustav Steinemann eine geologische Spezialkarte von Baden und unternahm Forschungsreisen ins Montblanc-Massiv, in die Euganeischen Berge (Colli ¨ Euganei) bei Padua, nach Mittelitalien, Sizilien, OsterreichUngarn, Frankreich und in die Karpaten.

Universit¨atsprofessor in Japan. Nach einem weiteren Jahr als a. o. Prof. in T¨ubingen wurde er 1929 leitender Oberarzt am Pathologischen Institut des Allgemeinen Krankenhauses Hamburg-Barmbeck und gleichzeitig apl. Prof. der Allgemeinen Pathologie und Pathologischen Anatomie an der Univ. Hamburg. 1952-55 war er Prosektor des Kinderkrankenhauses Rothenburgsort in Hamburg. Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Arbeit waren die Erforschung des Typhus, der Tuberkulose und des Rheumatismus. G. ver¨offentlichte u. a. Tod im Luftangriff (1948, 21955) und Medizinische und pathologisch-anatomische Forschung und Lehre. Betrachtungsweisen und ihre Auswirkungen in Arzttum, Rechtspflege und Versicherungswesen (1949). ¨ C Arzte 2, 3

Gr¨affe, Carl Heinrich, Mathematiker, * 7. 11. 1799 Braunschweig, † 2. 12. 1873 Z¨urich. Wie sein Vater gelernter Juwelier, erwarb sich G. 1821 durch Selbststudium die Aufnahmeberechtigung an das Carolineum in Braunschweig, studierte seit 1824 an der Univ. G¨ottingen Mathematik und wurde 1825 mit einer preisgekr¨onten Dissertation u¨ ber Die Geschichte der Variationsrechnung vom Ursprung der Differential- und Integralrechnung bis auf die heutige Zeit promoviert. Seit 1828 lehrte er am Technischen Institut in Z¨urich, wurde 1833 Prof. an der Oberen Industrieschule, außerdem Privatdozent und 1860 a. o. Prof. der Mathematik an der Universit¨at. G. machte sich verdient mit einem Verfahren zur numerischen Aufl¨osung algebraischer Gleichungen. Er ver¨offentlichte u. a. Mathematische Abhandlungen (1825), Lehrbuch der reinen Mathematik (1835) und Die Aufl¨osung der h¨oheren numerischen Gleichungen (1837). C NDB Gr¨affe, Eduard, schweizer. Zoologe, * 27. 12. 1833 Z¨urich, † 23. 4. 1916 Laibach. G. studierte in Z¨urich Medizin und Naturwissenschaften, wurde 1859 mit der Arbeit Beobachtungen u¨ ber Radiaten und W¨urmer in Nizza promoviert und setzte in M¨unchen seine zoologischen Studien fort. 1861-70 unternahm er Forschungsreisen nach Samoa, auf den Tonga-Archipel und die Viti-Inseln und war f¨ur kurze Zeit Redakteur des „Journals des Museum Godeffroy“. 1874 begann G. mit dem Aufbau der Zoologischen Station in Triest, die er bis 1899 leitete. Er legte zoologische Sammlungen an und ver¨offentlichte u. a. Das S¨ußwasser-Aquarium (1861) und Reisen im Innern der Insel Viti-Levu (1868). Graeffe, Johann Friedrich Christoph, evang. Theologe, * 15. 2. 1754 G¨ottingen, † 27. 10. 1816 G¨ottingen. G. studierte 1770-75 Philologie, Philosophie und Theologie in G¨ottingen, unterrichtete einige Jahre als Hauslehrer und war 1783 Hospes in Loccum. Seit 1784 Pastor in Obernjesa, u¨ bernahm er 1792 die Stelle eines Predigers an St. Albani in seiner Heimatstadt. 1797 in Helmstedt promoviert, wurde er 1802 Superintendent und Inspektor des k¨oniglichen Pastoralinstituts in G¨ottingen. G. ver¨offentlichte u. a. ein Lehrbuch der allgemeinen Katechetik nach Kantischen Grunds¨atzen (3 Bde., 1795-99). C ADB

Gr¨aff, Siegfried, Pathologe, * 22. 3. 1887 Karlsruhe,

Gr¨affer, Franz (Arnold), Pseud. J. L. B¨ottiger, F. H.

† 2. 9. 1966 Burgberg bei Villingen. Nach dem Medizinstudium in Straßburg, Heidelberg, Freiburg und Berlin und der Promotion 1912 bei Ludwig → Aschoff in Freiburg (Die Naphtholblau-Oxydasereaktion der Gewebszellen nach Untersuchungen am unfixierten Pr¨aparat), dessen Schwiegersohn er auch wurde, arbeitete G. als Assistenzarzt an den Pathologischen Instituten in Karlsruhe, Freiburg und Heidelberg. 1917 habilitierte er sich in Freiburg f¨ur Pathologische Anatomie (Pathologischanatomische Beitr¨age zur Pathogenese des Typhus abdominalis) und war 1922 a. o. Prof. in Heidelberg, 1923-25

Cont´ee, F. E. Fergar, A. F. Rittgr¨aff, D. F. Vaillant, o¨ sterr. Schriftsteller, Bibliothekar, Buchh¨andler, * 6. 1. 1785 Wien, † 8. 10. 1852 Wien. Der Sohn des Verlegers und Buchh¨andlers August G. durchlief eine Buchh¨andlerlehre und erwarb 1816 die Kiblersche Antiquariatsbuchhandlung, die jedoch nicht erfolgreich war. Er war Bibliothekar des F¨ursten Moriz Liechtenstein, dann des Grafen Karl → Harrach. G. gr¨undete und redigierte das „Conversationsblatt“ (1819-21), erarbeitete fundierte Antiquariatskataloge und f¨uhrte als einer der ersten in Wien Autographenversteigerungen durch. Als sein

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Gr¨afle Hauptwerk gilt die gemeinsam mit Johann Jakob Hein¨ rich → Czikann herausgegebene Osterreichische NationalEncyklop¨adie (6 Bde., 1835-37). G. schrieb kulturhistorische Belletristik, haupts¨achlich u¨ ber das Wien seiner Zeit, u. a. Kleine Wiener Memoiren (1845). Er starb verarmt in einem Irrenhaus. C LGB

Gr¨afle, Albert, Maler, * 2. 5. 1807 Freiburg / Breisgau, † 28. 12. 1889 M¨unchen. G. studierte an der Kunstakademie in Freiburg und seit 1827 in M¨unchen. Er schuf zun¨achst romantische Historienbilder (u. a. Die Schilderhebung Hermann des Etruskers) und wandte sich in den dreißiger Jahren zunehmend der Portr¨atmalerei zu. Zur Fortbildung ging G. 1839 nach Paris, u¨ bernahm dort 1840-45 mehrere Auftragsarbeiten f¨ur Franz Xaver → Winterhalter, mit dem er wiederholt nach London reiste, verbrachte einige Zeit im Elsaß und kehrte 1852 nach M¨unchen zur¨uck, wo er eine vielbesuchte Malschule er¨offnete. G. war f¨ur seine Genrest¨ucke, Stilleben und Bildnisse bekannt. C ADB

trat er die Nachfolge Max → Regers als Kompositionslehrer am Leipziger Konservatorium an, wurde 1930 Direktor des Sternschen Konservatoriums in Berlin, leitete seit 1933 eine Meisterklasse an der Akademie der K¨unste und war bis 1941 Vizepr¨asident der Reichsmusikkammer. G.s Kompositionen werden der nachromantischen Schule zugeordnet. Neben Liedern, Orchesterwerken und Kammermusik schrieb er einige Opern, u. a. Don Juans letztes Abenteuer (1914) und die international vielbeachtete Orchestersuite Die Fl¨ote von Sanssouci (1930). C MGG

Gr¨anicher, Samuel, schweizer. Maler, Kupferstecher, * 18. 12. 1758 Zofingen (Kt. Bern), † 14. 12. 1813 Dresden. Zun¨achst Kupferstecher, ging G. 1790 nach Dresden, wo er bei Giovanni Battista Casanova zum Maler ausgebildet wurde. Er besch¨aftigte sich vor allem mit Kopien biblischer Historienmalerei und Tierbildern, schuf eigene Portr¨atbilder und konzentrierte sich allm¨ahlich auf die Tierdarstellung in Kreide, R¨otel oder Deckfarben. Gegen Ende seines Lebens entstanden auch Landschaftsbilder, Darstellungen s¨achsischer Trachten und Uniformen sowie Dresdner Ansichten.

Gr¨aflinger, Franz, o¨ sterr. Beamter, Musikschriftsteller, * 26. 11. 1876 Linz, † 9. 9. 1962 Bad Ischl (Ober¨osterreich). Zun¨achst S¨angerknabe am Linzer Dom, wurde G. an sieben Instrumenten ausgebildet und war Privatsch¨uler verschiedener Kapellmeister. 1896-99 arbeitete er als Volksschullehrer und Chormeister und trat danach in den Rechnungsdienst der Stadtgemeinde Linz ein. Seit 1900 war er nebenberuflich Musikkritiker und Musikschriftsteller f¨ur die „Amtliche Linzer Zeitung“ und verschiedener Tages- und Fachbl¨atter im In- und Ausland. G. geh¨orte zu den Begr¨undern des Brucknerbundes, der Internationalen Brucknergesellschaft und der Bruckner-Wochen in Linz-St. Florian. Er ver¨offentlichte u. a. Anton Bruckner. Sein Leben und seine Werke (1921) und ¨ komponierte Lieder, Ch¨ore und Sonaten. C OML

Graepel, (Carl Bernhard) Friedrich, Jurist, Politiker,

Gr¨al, Johann Friedrich (Jakob), auch Grael, Grahl,

Ovelg¨onne (Niedersachsen), † 7. 10. 1924 Eutin. Der Sohn Friedrich → G.s studierte 1876-79 in T¨ubingen, Leipzig und M¨unchen Rechtswissenschaften und trat 1885 als Hilfsarbeiter in das Justizministerium des Landes Oldenburg ein. Nach Jahren als Amtsrichter in Brake und Oldenburg wechselte er 1895 in die Eisenbahndirektion und war seit 1899 Eisenbahndirektor, seit 1907 Eisenbahndirektionspr¨asident. G. wurde 1916 Finanzminister und behielt dieses Amt auch in der provisorischen Regierung von 1918; 1919-21 leitete er als Parteiloser zus¨atzlich die Ministerien f¨ur Justiz, Kirchen und Schulen. 1921-24 war er Amtsgerichtsrat in Eutin. C Oldenburg

Greel, Baumeister, * 9. 1. 1707 Quilitz bei M¨uncheberg, † 27. 9. 1740 Bayreuth. Der Sohn eines Hof- und Lustg¨artners des Markgrafen von Brandenburg-Schwedt erhielt seine Ausbildung in der Baukunst bei Martin Heinrich → B¨ohme, nach dessen Tod 1725 er preuß. Hofbaumeister wurde und f¨ur die Instandhaltung des Berliner Schlosses verantwortlich war. G., der zu den bedeutendsten Sch¨opfern der Berliner Barockbaukunst geh¨ort, baute 1729-35 den Turm der Sophienkirche in Berlin, 1732-35 den nicht erhaltenen Turm der Heiliggeistkirche in Potsdam und mehrere Palais. Die von G. seit 1727 neuerrichtete Petrikirche st¨urzte ohne sein Verschulden 1734 ein, was zu seiner Entlassung und Verbannung f¨uhrte. 1735 ging er an den Hof des Markgrafen Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Schwedt und wurde 1736 Baudirektor des Markgrafen → Friedrich von Brandenburg-Bayreuth, f¨ur den er u. a. 1736-40 den Umbau des Alten Schlosses der Eremitage bei Bayreuth durchf¨uhrte. C NDB

Graener, Paul, urspr. Gr¨aner, Komponist, Musikp¨adagoge, Dirigent, * 11. 1. 1872 Berlin, † 13. 11. 1944 Salzburg. Der Sohn eines G¨urtlers wuchs nach dem fr¨uhen Tod seiner Eltern bei Verwandten auf. Nach musikalischer Ausbildung am Veit’schen Konservatorium (u. a. bei Albert → Becker) war G. fr¨uh Kapellmeister an Theatern in Bremerhaven, K¨onigsberg, Berlin und 1898-1906 in London am Theatre Royal Haymarket und an der Royal Academy of Music. 1908 ging er nach Wien, wo er am Neuen Konservatorium Komposition lehrte. 1910-13 war G. Direktor des Salzburger Mozarteums und lebte danach als freischaffender Komponist und privater Musiklehrer in M¨unchen. 1920-24

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* 17. 4. 1818 Kniphausersiel (Niedersachsen), † 14. 10. 1890 Jever. Der Kaufmannssohn studierte 1838-41 in Jena, Heidelberg und G¨ottingen Rechtswissenschaften und trat 1843 in den oldenburgischen Staatsdienst ein. Nach T¨atigkeiten als Landgerichtsassessor und Hilfsrichter in mehreren Gemeinden war G. seit 1858 Amtsrichter in Elsfleth. Seit 1863 Justizrat, kam er 1872 an das Amtsgericht Jever und wurde 1879 Oberamtsrichter. 1850 / 51, 1862-66 und 1869-76 geh¨orte G. dem oldenburgischen Landtag an und wurde 1871 f¨ur die Nationalliberalen in den Reichstag gew¨ahlt, legte das Mandat jedoch im selben Jahr nieder. Er war der Vater von Otto → G. C Oldenburg

Graepel, Otto (Friedrich), Politiker, * 1. 10. 1857

Gr¨asel, Arnim, Bibliothekar, * 13. 7. 1849 Saalburg, † 27. 5. 1917 G¨ottingen. G. studierte seit 1868 Klassische Philologie und Geschichte an den Universit¨aten Leipzig, G¨ottingen und Straßburg. 1878 wurde er Assistent, 1883 Kustos an der K¨oniglichen Universit¨atsbibliothek in Halle. 1891 wechselte er nach Berlin, wo er 1894 zum Oberbibliothekar aufstieg, und wurde 1899 stellvertretender Direktor der K¨oniglichen Universit¨atsbibliothek G¨ottingen. G. ver¨offentlichte Grundz¨uge der Bibliothekslehre (1890) und war beauftragt, einen SpecialKatalog der Bibliotheksausstellung (1893) f¨ur die Pr¨asentation der deutschen Bibliotheken auf der Weltausstellung in Chicago zu erarbeiten. G. war einer der Wortf¨uhrer der B¨ucherhallenbewegung und verfaßte einen F¨uhrer f¨ur Bibliotheksbenutzer (1905, 21913). C LGB Graeser, Camille (Louis), schweizer. Architekt, Maler, Graphiker, * 27. 2. 1892 Carouge (Kt. Genf), † 21. 2. 1980 Z¨urich. G., Sohn eines Papierwarenfabrikanten, studierte nach einer Schreinerlehre 1911-15 an der Stuttgarter Kunstgewerbe-

Gr¨atz schule, u. a. als Sch¨uler Bernhard → Pankoks, unterhielt von 1918 bis zu seiner R¨uckkehr in die Schweiz 1933 in Stuttgart ein Atelier f¨ur Innenarchitektur, Graphik und Produktgestaltung und ließ sich daneben von Adolf → H¨olzel k¨unstlerisch fortbilden. In Z¨urich wirkte er zun¨achst als Designer, bis er sich 1940 ganz der Malerei zuwandte. G. geh¨orte seit 1937 der Gruppe „Allianz“ an und war 1943 Gr¨undungsmitglied der Galerie Eaux-Vives in Z¨urich. Er war einer der bedeutendsten Vertreter der konkreten Kunst in der Schweiz. C HLS

Gr¨aser, Erdmann, Pseud. E. Grond, Journalist, Schriftsteller, * 5. 5. 1870 Berlin, † 7. 7. 1937 Berlin. Nach einem Volontariat beim Ullstein Verlag war G. 1900-05 Redakteur der „Berliner Morgenpost“, seit 1905 der „Berliner Illustrirten Zeitung“, seit 1910 der „Berliner Allgemeinen Zeitung“, seit 1920 der „Vossischen Zeitung“. Er schrieb u¨ ber zwanzig Romane und Erz¨ahlungen, u. a. Lemkes selige Witwe (6 Bde., 1907), Koblank (1922) und Koblanks Kinder (1922). G. gilt als volkst¨umlicher Chronist des Lebens um die Jahrhundertwende in Berlin. C DLL Gr¨aser, Wolfgang, schweizer. Musiker, Maler, Schriftsteller, * 7. 9. 1906 Z¨urich, † 13. 6. 1928 Berlin. G., Sohn eines Arztes, verbrachte seine Kindheit und Jugend in Neapel und M¨unchen und lebte seit 1921 in Berlin. Bereits 1919 wurde seine Malerei in einer M¨unchner Ausstellung vorgef¨uhrt; im selben Jahr begann er, sich mit Johann Sebastian → Bach zu besch¨aftigen. 1922 nahm G. Geigenunterricht bei Karl → Klingler, studierte dann Mathematik, Physik und orientalische Sprachen, arbeitete aber haupts¨achlich auf musikwissenschaftlichem Gebiet. 1923 entstand seine Neuausgabe der Kunst der Fuge, die 1927 in Leipzig unter Karl → Straube eine vielbeachtete erste Auff¨uhrung erfuhr. Im selben Jahr erschien sein Buch K¨orpersinn. Gymnastik, Tanz, Sport. G. starb durch Selbstmord. C NDB Gr¨asse, Johann Georg Theodor, Bibliothekar, * 31. 1. 1814 Grimma (Sachsen), † 27. 8. 1885 Niederl¨oßnitz bei Dresden. G., Sohn eines Professors an der F¨urstenschule in Grimma, studierte in Leipzig Philologie und Arch¨aologie und wurde 1835 promoviert. Seit 1838 war er Lehrer an der Dresdner Kreuzschule und wurde 1843 Privatbibliothekar → Friedrich Augusts II. von Sachsen, 1848 Inspektor der k¨oniglichen M¨unzsammlung, 1852 der k¨oniglichen Porzellansammlung und 1864 des „Gr¨unen Gew¨olbes“. Er arbeitete vor allem auf dem Gebiet der Literatur-, Kultur- und Porzellangeschichte sowie der Namen-, Wappen- und Sagenforschung. G. ver¨ o¨ ffentlichte u. a. eine Ubersetzung der Gesta Romanorum, das Lehrbuch einer allgemeinen Liter¨argeschichte aller bekannten V¨olker der Welt (4 Bde., 1837-59), Tr´esor des livres rares et pr´ecieux (7 Bde., 1859-69) und den zuerst 1861 erschienenen Orbis Latinus (21909, Nachdr. 1980; Großausg. bearb. von Helmut Plechl, 41971), ein f¨ur die Geschichtswissenschaft des Mittelalters und der Fr¨uhen Neuzeit unentbehrliches Verzeichnis lateinischer Ortsnamen. C IGL

Gr¨assel, Hans (Georg), Baumeister, * 18. 8. 1860 Rehau (Oberfranken), † 10. 3. 1939 M¨unchen. Nach dem Besuch der Gewerbeschule in Hof / Saale und der Industrieschule in N¨urnberg studierte G., Sohn eines Landwirts und Ziegeleibesitzers, 1877-85 Architektur an der TH M¨unchen. 1890 wurde er Bauamtmann f¨ur Hochbau im Dienst der Stadt M¨unchen und beeinflußte 38 Jahre lang maßgeblich das Bild der Stadt. Seit 1912 war er Dozent, seit 1918 Honorarprofessor an der TH M¨unchen und wurde 1920 Stadtbaudirektor, 1925 Geheimer Baurat. G. errichtete Schulen, Sozial- und Amtsbauten und setzte mit seinem Stil neue Maßst¨abe, indem er zweckdienlich, aber mit R¨ucksicht auf

den individuellen Bauorganismus und den jeweiligen Standort baute. Weitreichende Bedeutung kommt ihm als Reformator der Friedhofs- und Grabmalkultur zu; die von ihm erdachte Form des Waldfriedhofs machte in Europa Schule. C Alzheimer

Gr¨ater, Friedrich (David), Skandinavist, Lyriker, * 22. 4. 1768 Schw¨abisch Hall, † 2. 8. 1830 Schorndorf (W¨urttemberg). G., Sohn eines Ratsadvokaten und -bibliothekars, studierte seit 1786 Theologie, Philosophie und Philologie in Halle und Erlangen, wo er 1790 zum Dr. phil. promoviert wurde. 1789 begann er als Lehrer am Kgl. Gymnasium illustre in Schw¨abisch Hall, des Konrektor er 1793-1804 war, wurde 1797 Prof., 1804 Rektor und Oberinspektor, 1807 Ephorus des Kgl. Kontuberniums, 1813 Kgl. P¨adagogiarch der lateinischen Schulen unter der Steig und u¨ bernahm 1818 die Leitung des Kgl. Landesgymnasium in Ulm. 1822-27 stand er der von ihm gegr¨undeten „Gesellschaft der D¨anenfreunde an der Donau“ vor. Obgleich ihn aufkl¨arerische Popularisierungsabsichten von den Begr¨undern moderner Textkritik und Sprachforschung trennen, gilt G. als Initiator der altnordischen Philologie in Deutschland. Er machte sich um die F¨orderung des Studiums der skandinavischen und germani¨ schen Literatur verdient, u. a. als Ubersetzer von G¨otterliedern der Edda, vor allem aber mit der von ihm gegr¨undeten Zeitschrift „Bragur“ (3 Bde., 1791-93; fortgef¨uhrt unter dem Titel „Braga und Hermode“, 4 Bde., 1796-1802; dann als „Neues literarisches Magazin der deutschen und nordischen Vorzeit“, 1 Bd., 1812). Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen auch Lyrische Gedichte (1809) und ein Versuch einer Einleitung in die Nordische Alterthumskunde (2 Tle., 1829-31). C IGL

Gr¨ater, Kaspar, auch Greter, Gretter, Greth, luth. Theologe, * um 1501 Gundelsheim bei Heilbronn, † nach 21. 4. 1557 Stuttgart. G., Sohn eines Schultheißen, studierte 1520-22 in Heidelberg, war Hauslehrer bei Dietrich von Gemmingen auf Guttenberg / Neckar und ging 1527 als lateinischer Schulmeister nach Heilbronn. Dort engagierte er sich an der Seite Johann → Lachmanns f¨ur die Reformation und vollendete 1528 Lachmanns Katechismus. 1533 setzte G. seine Studien in Heidelberg fort, wurde 1534 promoviert und trat im selben Jahr eine Pfarrstelle in Herrenberg bei T¨ubingen an. 1538 wechselte er nach Cannstatt und wurde 1541 Hofprediger → Ulrichs von W¨urttemberg. Als Vertrauter des F¨ursten und seines Nachfolgers Herzog → Christoph geh¨orte er zu den f¨uhrenden Theologen des Landes und u¨ bte maßgeblichen Einfluß auf die wichtigen kirchlichen Entscheidungen (u. a. Einf¨uhrung der Visitation 1544, „Confessio Virtembergica“ 1551) aus. Seit 1553 war er Mitglied des Kirchenrats. Von G.s Schriften ist u. a. Das der Christlich Glaub der einich, gerecht und warhafftig sey (1530) nennenswert. C NDB

Gr¨atz, Curt Emil Alexander, Reeder, * 25. 4. 1872 Wittenberg, † n. e. Nach dem Jurastudium an der Univ. Lausanne war G. 1892-1911 aktiver Offizier, 1912 / 13 in der Kohlengroßhandelsfirma Emanuel Friedlaender & Co. in Berlin t¨atig, 1914-29 Direktor der Dampfschiffs-Reederei Emanuel Friedlaender & Co. in Breslau und wurde 1930 Direktor der Firma Emanuel Friedlaender Co., Schiffahrts- und Kohlenb¨uro in Breslau. W¨ahrend des Kriegs kommandierte er ein Landsturm-Bataillon im Osten und diente als Adjutant beim stellvertretenden VI. Generalkommando. G. war Vorsitzender verschiedener schlesischer Schiffahrtsvereine, des Reichsausschusses der Deutschen Binnenschiffahrt in Berlin und des Arbeitgeberverbandes des Großhandels Breslau e. V.

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Graetz Graetz, Erich, Industrieller, * 13. 10. 1891 Berlin, † 28. 5. 1974 Altena (Westfalen). Der Sohn von Max → G. studierte Chemie und unternahm Reisen ins europ¨aische Ausland sowie nach S¨ud- und Nordamerika. 1910 trat er in das v¨aterliche Unternehmen ein und begann dort eine Allroundlehre. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg war G. seit 1919 Kommanditist in der neu gegr¨undeten Ehrich & Graetz KG; mit der Umwandlung in eine AG 1922 r¨uckte er in den Vorstand auf. G. trieb die Ausweitung der Produktpalette auf elektrische Erzeugnisse voran, so daß das Unternehmen in den zwanziger Jahren auch Herde, Kocher und Heißwasser¨ofen im Sortiment f¨uhrte. Seit 1930 war G. Vorstandsvorsitzender der Ehrich & Graetz AG. Bereits Mitte 1933 wickelte das Unternehmen unter seinem neuen „Betriebsf¨uhrer“ den ersten R¨ustungsauftrag ab. Zum Hauptprodukt der Ehrich & Graetz AG in der NS-Zeit avancierte eine seit 1935 neu entwickelte Pr¨azisionsf¨orderpumpe f¨ur die deutsche Luftwaffe, mit der im Zweiten Weltkrieg s¨amtliche deutschen Flugzeuge ausger¨ustet wurden. G. wurde am 18. 1. 1939 zum Wehrwirtschaftsf¨uhrer ernannt. 1940 richtete das Unternehmen eine „Judenabteilung“ ein; die Anwerbung ausl¨andischer Fremdbzw. Zwangsarbeiter begann 1941. In den letzten Kriegsmonaten setzte sich G. in den Westen ab. Das Stammwerk in Berlin-Treptow wurde zu achtzig Prozent zerst¨ort und seit Mai 1945 teilweise demontiert. 1948 gr¨undete G. zusammen mit seinem Bruder Fritz im westf¨alischen Altena die Graetz KG. In den f¨unfziger Jahren entwickelte sich das Unternehmen zu einem der renommiertesten bundesdeutschen Radio- und Fernsehger¨atehersteller, fertigte an 13 Produktionsst¨atten und hatte rund 5000 Mitarbeiter. 1960 verkaufte G. das Unternehmen an die SEL / Alcatel. Der Name G. f¨ur Fernseher und Radios blieb erhalten. Im Zuge der aufkommenden Konkurrenz aus Fernost geriet das Label immer mehr unter Druck. Die letzten Ger¨ate der Marke Graetz verließen 1984 bzw. 1990 die B¨ander. Das Graetzsche Nachkriegsstammwerk in Altena wurde 1993 von Nokia, das den Betrieb 1988 erworben hatte, geschlossen. LITERATUR: Peter S¨uß: „Ist Hitler nicht ein famoser Kerl?“ G. Eine Familie und ihr Unternehmen vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik. Paderborn 2003. Peter S¨uß

Graetz, Heinrich (Hirsch), j¨udischer Historiker, * 31. 10. 1817 Xions (Prov. Posen), † 7. 9. 1891 M¨unchen. Der Sohn eines Fleischermeisters und Privatsch¨uler des Landrabbiners Samson Raphael → Hirsch in Oldenburg studierte seit 1842 an der Univ. Breslau semitische Philologie und Philosophie, wurde 1845 in Jena promoviert und lehrte seit 1847 an der Religionsschule in Breslau. Seit 1850 leitete er die j¨udische Schule in Ludenburg, hielt Vorlesungen u¨ ber die j¨udische Geschichte und wurde 1854 Dozent f¨ur j¨udische Geschichte und Bibelkunde am neugegr¨undeten J¨udisch-Theologischen Seminar Fraenckelscher Stiftung in Breslau, 1869 Honorarprofessor f¨ur orientalische Sprachen, Literatur und Geschichte an der Breslauer Universit¨at. Auf einer Pal¨astina-Reise 1872 gr¨undete er in Jerusalem ein Waisenhaus. 1869-87 war er Herausgeber der „Monatsschrift f¨ur Geschichte und Wissenschaft des Judentums“. G. vero¨ ffentlichte als erster eine Gesamtgeschichte des j¨udischen Volkes (Geschichte der Juden von den a¨ ltesten Zeiten bis auf die Gegenwart, 11 Bde., 1853-75). G. war der Vater von Leo → G. C TRE

Gr¨atz, Joseph, auch Graetz, Graz, Musiker, Komponist, Jurist, * 2. 12. 1760 Vohburg / Donau, † 17. 7. 1826 M¨unchen. Im niederbayerischen Kloster Rohr erhielt G. schon als Kind Unterricht auf der Orgel und in Gesang. Er h¨orte Vorlesungen in Rethorik, Logik und Physik in Neuburg / Donau,

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studierte in Ingolstadt Rechtswissenschaften und war als Organist t¨atig. Nach einem Jahr juristischer Praxis am Landgericht in Vohburg entschied er sich endg¨ultig f¨ur die musikalische Laufbahn, studierte seit 1786 bei Michael → Haydn in Salzburg Klavier und Komposition und unternahm Studienreisen nach Venedig und durch Oberitalien. 1788 ließ er sich als Komponist und Hofklaviermeister in M¨unchen nieder. Zu seinen Werken z¨ahlen Messen, Litaneien und Melodien f¨ur das kath. Gesangbuch 1812. G. verfaßte u. a. Gr¨unde zur Tonsetzkunst (1804, Ms.). C MGG

Graetz, Leo, Physiker, * 26. 9. 1856 Breslau, † 12. 11. 1941 M¨unchen. Der Sohn von Heinrich → G. studierte seit 1877 in Breslau, Berlin und Straßburg Mathematik und Physik und wurde 1880 mit der Arbeit Ueber die Bewegungserscheinungen an capillaren Quecksilberelektroden promoviert. Nach zwei Jahren als Assistent in Straßburg habilitierte er sich 1883 in ¨ M¨unchen mit einer Arbeit Uber die W¨armeleitf¨ahigkeit von Gasen in Abh¨angigkeit von der Temperatur (1881). Seit 1893 dort a. o. Prof., erhielt er 1908 das zweite Ordinariat f¨ur Physik neben Wilhelm Conrad → R¨ontgen. Neben Problemen der W¨armestrahlung, Reibung und Elastizit¨at besch¨aftigte sich G. nach 1890 zunehmend mit elektrischen Wellen sowie R¨ontgen- und Kathodenstrahlen. Er entwickelte einen elektrolytischen Gleichrichter (Graetz-Zelle) und eine Schaltung zur Gleichrichtung beider Halbwellen des Wechselstroms (Graetz-Schaltung). G. ver¨offentlichte u. a. Die Elektricit¨at und ihre Anwendungen zur Beleuchtung, Kraft¨ubertragung, Metallurgie, Telephonie und Telegraphie (1883, 231928), Die Physik (1917), Die Atomtheorie in ihrer neuesten Entwicklung (1918, 41922), Handbuch der Elektrizit¨at und des Ma¨ gnetismus (5 Bde., 1918-28), Der Ather und die Relativit¨atstheorie (1923), Hochfrequenztechnik (1928) und Einf¨uhrung in die Physik der R¨ontgen- und Gamma-Strahlen (1930). C NDB

Graetz, (Hermann Hugo) Max, Industrieller, * 6. 12. 1861 Berlin, † 8. 9. 1936 Berlin. Der Sohn des Begr¨unders der Petroleumlampenfirma Ehrich & Graetz, Albert G., trat 1880 nach einem dreij¨ahrigen Amerikaaufenthalt in das v¨aterliche Unternehmen ein. G. weitete den Betrieb zusehends in Richtung moderner Gasbeleuchtung aus; 1906 gelang ihm mit der Erfindung des „GraetzinLichts“, das vor allem in der Straßenbeleuchtung Verwendung fand, der Durchbruch. Nach dem Prinzip des „GraetzinLichts“, eines h¨angenden Gasgl¨uhlichts, entwickelte G. 1910 die „Petromaxlaterne“, in der Petroleumgas mit Luft gemischt wurde, was eine blaue Flamme hoher Leuchtkraft hervorbrachte. Lukrative Auftr¨age vor allem aus dem Ausland waren die Folge. 1909 wurde G. zum K¨oniglich Preußischen Kommerzienrat ernannt; 1912 erhielt das Unternehmen die K¨oniglich Preußische Staatsmedaille in Gold, die h¨ochste Auszeichnung, die der preuß. Staat an ein Industrieunternehmen vergab. Im Ersten Weltkrieg stellte G. das Stammwerk in Berlin-Treptow binnen weniger Monate vollst¨andig auf R¨ustungsg¨uterfabrikation um. 1919 gr¨undete er die Graetz KG, die wiederum 1922 in eine FamilienAG umgewandelt wurde. 1928 u¨ bernahm die Graetz AG die Elektrowatt GmbH und stieg damit in das beginnende Radiogesch¨aft ein. G. kontrollierte die Ehrich & Graetz AG als Aufsichtsratsvorsitzender und Mehrheitsaktion¨ar bis zu seinem Tod. LITERATUR: Peter S¨uß: „Ist Hitler nicht ein famoser Kerl?“ G. Eine Familie und ihr Unternehmen vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik. Paderborn 2003. Peter S¨uß

Graetz, Paul, Schauspieler, Kabarettist, Chansonnier, * 2. 7. 1890 Berlin, † 16. 2. 1937 Hollywood. G. erhielt seine Ausbildung in der Schauspielschule des Deutschen Theaters in Berlin, an das er nach Engagements

Graevenitz am Stadttheater in Glogau, am Kom¨odienhaus und seit 1912 am Neuen Theater in Frankfurt / Main 1918 zur¨uckkehrte. Im 1919 er¨offneten Kabarett „Schall und Rauch (II)“ kreierte er u. a. die Programme Wenn der alte Motor wieder tackt von Kurt → Tucholsky und Heimat Berlin von Walter → Mehring. 1921 trat er an der „Wilden B¨uhne“ auf. Nach dem Ausscheiden aus dem Deutschen Theater war er seit 1925 als freier B¨uhnen- und Filmschauspieler sowie als Kabarettist t¨atig. Tucholsky schrieb f¨ur ihn das Chanson Immer raus mit der Mutter und den Sketch Herr Wendriner geht ins Theater. 1931 stand er in der → Reinhardt-Inszenierung von Hoffmanns Erz¨ahlungen im Großen Schauspielhaus auf der B¨uhne. 1933 emigrierte G. nach England, 1935 in die USA. Im Exil spielte er bei einigen Filmen mit. C Exiltheater

Graetz, Ren´e, Bildhauer, * 2. 8. 1908 Berlin, † 17. 9. 1974 Graal-M¨uritz. G. wuchs in Genf auf, erlernte den Beruf des Tiefdruckers und ging 1923 nach S¨udafrika, wo er die Bildhauerklasse der Kunstakademie Kapstadt besuchte. Seit 1939 in London, wurde er 1940 auf der Isle of Man interniert und sp¨ater nach Kanada deportiert. Nach seiner R¨uckkehr nach Großbritannien heiratete G. 1944 die K¨unstlerin Elizabeth Shaw und ging zwei Jahre sp¨ater nach Berlin (Ost). Hier schuf er neben Graphiken zahlreiche Kleinplastiken in der Tradition von Henry Moore (Zeichnende, 1959; St¨urzender, 1960). Zu seinen wichtigsten Arbeiten z¨ahlen die Reliefstelen in Buchenwald (1958, mit Waldemar → Grzimek und Fritz → Cremer), die Steinskulptur Befreiung f¨ur das Ehrenmal in der Gedenkst¨atte Sachsenhausen (1959), und das Wandbild Krieg und Frieden im Palast der Republik (1975, mit Arno → Mohr). G. wurde u. a. mit dem K¨atheKollwitz-Preis der Akademie der K¨unste der DDR (1973) ausgezeichnet. C Lex Kunst

Gr¨atzer, Alfred, Maler, Graphiker, * 28. 12. 1875 Groß Strehlitz (Oberschlesien), † 11. 8. 1911 Berlin. Nach einem Jahr als Maschinenbaueleve studierte G. an den Kunstakademien in Berlin und M¨unchen, bildete sich in Paris und Ungarn weiter und arbeitete in Dresden. Sp¨ater ließ er sich in Berlin nieder. Als Maler und Lithograph schuf er vor allem Landschaften und Portr¨ats, darunter Bauerntypen, polnische Juden und ein Bildnis Werner → Sombarts. G.s Werke wurden u. a. 1904 auf der Großen Kunstausstellung C Wininger in Dresden und 1911 in Berlin gezeigt.

Graetzer, Guillermo, eigentl. Wilhelm G., Komponist, Musikp¨adagoge, * 5. 9. 1914 Wien, † 22. 1. 1993 Buenos Aires. G. studierte 1933-35 Komposition bei Ernst Lothar → Knorr, Paul → Hindemith und Harald Genzmer in Berlin, 1935 / 36 bei Paul A. → Pisk in Wien. 1937 / 38 war er Orchesterleiter am Neuen St¨adtischen Konservatorium in Wien. 1939 emigrierte G. nach Argentinien, gr¨undete 1946 mit Erwin Leuchter und Ernesto Epstein das Collegium Musicum in Buenos Aires und war 1946-60 dort Prof. f¨ur Musik, P¨adagogik und Musikwissenschaft sowie Chordirektor. 1947 geh¨orte er zu den Begr¨undern der Argentinischen Liga f¨ur Komponisten. 1956, 1957 und 1962 war G. Prof. an der Asociaci´on Amigos de la Musica. Als Prof. f¨ur Komposition, Orchester, Dirigieren und Chorale lehrte er bis 1983 an der Escuela Superior de Bellas Artes und der Universidad Nacional de la Plata. Er f¨uhrte das Orff-Schulwerk in verschiedenen s¨udamerikanischen Staaten ein, war 1964 Gr¨under und dann Vizepr¨asident der Sociedad Argentina de Educaci´on Musical und wurde Direktor des Fondo Nacional de las Artes. G. komponierte Chor- und Orchesterwerke sowie Kammermusik, u. a. La Parabola (1947) und Sinfonia brevis (1951), und gab lateinamerianische Volksmusik heraus. C MGG

Gr¨ave, Johann Georg, auch Graevius, Greffe, Philologe, Historiker, * 29. 1. 1632 Naumburg / Saale, † 11. 1. 1703 Utrecht. Nach dem Besuch von Schulpforta studierte G. seit 1650 in Leipzig Rechtswissenschaften und sp¨ater in Deventer und Amsterdam Klassische Philologie. 1652 als Professor eloquentiae nach Duisburg berufen, wechselte er zwei Jahre sp¨ater nach Deventer und lehrte seit 1661 in Utrecht. In den 42 Jahren seiner dortigen T¨atigkeit erwarb sich G. den Ruf eine Lehrers und Gelehrten von europ¨aischem Rang. Wilhelm III. von Oranien ernannte ihn zu seinem Historiographen, die Republik Venedig bot ihm einen Lehrstuhl in Padua an. G. gab u. a. Ciceros Briefe und Reden, Hesiod sowie Lukian heraus und ver¨offentlichte die Sammlung Thesaurus antiquitatum Romanarum (12 Bde., 1694-99). C ADB Gr¨avell, Maximilian Karl Friedrich Wilhelm, Jurist, Politiker, * 21. 8. 1781 Belgard (Hinterpommern), † 29. 9. 1860 Dresden. Der Sohn eines Feldpredigers studierte in Halle / Saale Rechtswissenschaften, war seit 1801 Auskultator am Berliner Stadtgericht und arbeitete als Assessor in Berlin und im s¨udpreußischen Plock, danach als Anwalt in verschiedenen Orten. 1818 wurde er vom Dienst suspendiert und in einem sp¨ateren Prozeß wegen gebrochener Amtsverschwiegenheit verurteilt. G. ver¨offentlichte zahlreiche juristische und politische Schriften, u. a. Handbuch f¨ur praktische Juristen (4 Tle., 1812-19), Wie darf die Verfassung Preußens nicht werden? (1819) und Praktischer Kommentar zur allgemeinen Gerichtsordnung f¨ur die preußischen Staaten (1825-31). 1848 wurde er in die deutsche Nationalversammlung gew¨ahlt; vom 9. Mai bis 20. Dezember 1849 war er Reichsinnenminister und vom 16. Mai bis 3. Juni 1849 Reichsministerpr¨asident. C Frankf Nationalvers Gr¨avell, Paul Harald, Pseud. Arjuna van Jostenoode, Publizist, * 2. 12. 1856 Berlin, † 27. 1. 1932 Breslau. Der Arztsohn studierte an verschiedenen Universit¨aten in Deutschland, wurde zum Dr. phil. promoviert und unternahm Reisen ins europ¨aische Ausland, vor allem nach ¨ Belgien, Frankreich, Großbritannien und Osterreich. 1889 konvertierte er zum kath. Glauben und wurde Generalsekret¨ar des Internationalen Verbandes f¨ur christliche Weltanschauung und Kultur. G. ver¨offentlichte u. a. Arische Gesinnung und deutsches Schildesamt (1900), Der Katholizismus am Scheidewege (1904), Die neue Bildung (1905), Die Philosophie des Mahabharata (1907) und Das Ariertum und seine Feinde (1908). C Kosch: Kath Gr¨aven, (Johannes) Hans (August Theodor Wilhelm), Arch¨aologe, * 15. 8. 1866 Hannover, † 4. 11. 1905 Trier. G., Sohn eines Hutmachermeisters, studierte in G¨ottingen, T¨ubingen und Berlin Klassische Philologie und wurde 1890 promoviert. Nach dem Oberlehrerexamen 1891 arbeitete er am deutschen Arch¨aologischen Institut in Rom. Er begann intensive Forschungen u¨ ber antike, fr¨uhchristliche, byzantinische und mittelalterliche Diptychen. In zahlreichen Ver¨offentlichungen (u. a. Entstellte Konsulardiptychen, 1892; Typen der Wiener Genesis auf byzantinischen Elfenbeinreliefs, 1900) beschrieb er die Kleinkunstformen dieser Schreibt¨afelchen. G. kehrte 1900 als Direktorialassistent am Kestner-Museum in Hannover nach Deutschland zur¨uck und wurde 1903 Direktor des Provinzialmuseums in Trier, wo er das r¨omische Straßennetz rekonstruierte. C NDB Graevenitz, Friedrich Wilhelm Graf von, Politiker, * 5. 5. 1679 Schilde bei Wittenberge, † 25. 2. 1755 Perleberg. G., Sohn eines mecklenburgischen Geheimen Rats, Hofmarschalls, Kammerpr¨asidenten und Oberlandeshauptmanns und Bruder von Wilhelmine von → G., stammte aus

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Graevenitz altm¨arkischem Adel, trat 1705 in die Dienste des Herzogs → Eberhard Ludwig von W¨urttemberg und wurde bald dessen Vertrauter. 1714 stieg er zum Oberhofmarschall und Gesandten beim Schw¨abischen Kreis auf und erreichte 1717 die Ernennung zum Premierminister des Konferenzministeriums. Bis zum Tod des Herzogs exekutierte G. die Regierungsgewalt des Herzogs, verschaffte sich und seiner Familie materiellen Gewinn, schuf aber auch die modernen Staatsgrundlagen W¨urttembergs. Besondere Verdienste erwarb er sich 1723 in den Verhandlungen mit Frankreich um die Grafschaft M¨ompelgard. Herzog → Karl Alexander enthob ihn ¨ 1733 aller Amter und ließ die gesamte Familie verhaften und deren Besitz konfiszieren. Nach einem Vergleich 1735 mit einer Abfindung entlassen, ging G. nach Wien und intrigierte von dort aus ohne Erfolg gegen den Herzog; in preuß. Diensten ist er zu keiner Verwendung mehr gekommen. C NDB

Graevenitz, Fritz von, Bildhauer, Maler, Graphiker, * 16. 5. 1892 Stuttgart, † 6. 6. 1959 Stuttgart. Nach milit¨arischer Ausbildung machte der Sohn eines Generals als Berufsoffizier am Ersten Weltkrieg mit und nahm 1918 schwerverwundet seinen Abschied. 1919 / 20 studierte er an der Kunstgewerbeschule in Stuttgart, bildete sich dann u. a. bei Gustav → Britsch in Starnberg fort und ließ sich 1921 als selbst¨andiger Bildhauer und Maler bei Stuttgart nieder. 1937 wurde er zum Prof. an der Stuttgarter Akademie der bildenden K¨unste ernannt, deren Direktor er 1938-44 war. Als Maler und Graphiker w¨ahlte er meist Landschaftsmotive, bei den plastischen Arbeiten u¨ berwiegen Tierskulpturen, Portr¨ats und Denkm¨aler. G. ver¨offentlichte u. a. Bildhauerei in Sonne und Wind (1933) und Plastik, Malerei, Graphik (1957). C MBL Graevenitz, Gerhard von, K¨unstler, * 19. 9. 1934 Schilde (heute zu Weisen, Brandenburg), † 20. 8. 1983 bei Thun (Schweiz). G. stammte aus einer altm¨arkischen Adelsfamilie, wandte sich der Avantgardekunst zu und lebte seit 1970 in Amsterdam. Vom Konstruktivismus ausgehend, arbeitete er vor allem mit geometrischen Formen. Er erweiterte seine funktionalistischen Objektzusammenstellungen nach 1961 als Vertreter der kinetischen Kunst um reflektierende Lichtobjekte auf der Grundlage mathematisch definierter Systeme und gestaltete Lichtr¨aume. G. starb bei einem Flugzeugabsturz in den Alpen. Graevenitz, Kurt-Fritz von, Diplomat, * 21. 8. 1898 Kreuth (Oberbayern), † 20. 11. 1987 M¨unchen. Der Sohn eines Generalleutnants studierte 1919-22 in T¨ubingen und Leipzig Rechtswissenschaften und wurde 1925 promoviert (Die Tangerfrage. Eine v¨olkerrechtsgeschichtliche Studie). Seit 1922 im Ausw¨artigen Dienst, arbeitete er bis 1945 als Attach´e bei Auslandsvertretungen in Mailand, Kattowitz, Ankara, Bagdad, Istanbul, Budapest, Rom, Tunis und Athen und war seit 1941 Generalbevollm¨achtigter des Reichs f¨ur Griechenland und seit 1944 Generalkonsul. Seit 1942 geh¨orte er der NSDAP an. 1945 / 46 interniert, war er danach u. a. f¨ur die Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften als Redakteur der Neuen Deutschen Biographie und als Journalist t¨atig. 1951 trat er in das Ausw¨artige Amt der Bundesrepublik ein, arbeitete in der L¨ander- und in der Kulturabteilung und leitete 1952-55 die Diplomatenschule in Speyer. Nach T¨atigkeiten als Generalkonsul in Istanbul und Z¨urich war er 1961-63 Botschafter in Mexiko. 1964-68 leitete G. die deutsche Delegation im Rat f¨ur kulturelle Zusammenarbeit im Europarat. C BHdAD

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Graevenitz, (Christiane) Wilhelmine (Friederike) Gr¨afin von, * 4. 2. 1686 Schwerin, † 21. 10. 1744 Berlin. G. wurde 1706 von ihrem Bruder Friedrich Wilhelm von → G. an den w¨urttembergischen Hof nach Stuttgart geholt und zog Herzog → Eberhard Ludwig in ihren Bann. Nachdem er sich von seiner Gattin ohne f¨ormliche Scheidung losgesagt hatte, heiratete er G. 1707. Drei Jahre sp¨ater wurde die morganatische Ehe auf Verlangen des Kaisers getrennt, und G. ging 1711 eine Scheinehe mit dem zum Landhofmeister ernannten b¨ohmischen Grafen W¨urben ein, um am Stuttgarter Hof bleiben zu k¨onnen. Durch ihren Einfluß auf den Herzog f¨uhrte sie zwanzig Jahre lang eine fast unumschr¨ankte Herrschaft in W¨urttemberg und erwarb f¨ur sich und ihre Famlie betr¨achtliche Besitzt¨umer. Ihretwegen wurde die herzogliche Residenz nach Ludwigsburg verlegt und dort von ihr ein kostspieliger Hofstaat eingerichtet. 1728 entzweite sich G. mit ihrem Bruder, 1731 l¨oste sich der Herzog von ihr und ließ sie verhaften. 1733 mußte sie W¨urttemberg verlassen und lebte schließlich vergessen in Berlin. C NDB

Graf, Antonie, geb. Machold, o¨ sterr. Lehrerin, * 20. 4. 1845 Wien, † 23. 2. 1929 Wien. G. arbeitete als Lehrerin und Erzieherin und engagierte sich in der o¨ sterr. Frauenbewegung. Sie ver¨offentlichte f¨ur den Bund o¨ stereichischer Frauenvereine u. a. einen Wegweiser zur Berufswahl f¨ur schulentlassene M¨adchen (1912) und ¨ eine Ubersicht u¨ ber die Unterrichtsanstalten der weiblichen Bev¨olkerung. 1894 gr¨undete G. in Wien die erste Schwimmvereinigung f¨ur Frauen. Sp¨ater wurde sie Ehrenpr¨asidentin ¨ des Osterreichischen Sportklubs. Graf, Christian Ernst, auch Graaf, Komponist, Kapellmeister, * 30. 6. 1730 Rudolstadt, † 17. 7. 1804 Den Haag (Niederlande). Der Bruder von Friedrich Hartmann → G. erhielt seine erste musikalische Ausbildung von seinem Vater Johann → G. und trat 1745 in die Rudolst¨adter Hofkapelle ein. 1750 reiste er in die Niederlande, leitete das Collegium musicum in Middelburg und ging dann nach Den Haag, wo er zun¨achst als Komponist und seit 1762 als Kapellmeister am k¨oniglichen Hof t¨atig war. In den Niederlanden a¨ nderte G. die Schreibweise seines Namens in Graaf. G. komponierte Symphonien und andere Orchesterwerke, Klavier- und Violinsonaten, VaC MGG riationen, Duos, Lieder und Ges¨ange. Graf, Conrad, Klavierbauer, * 17. 11. 1782 Riedlingen (W¨urttemberg), † 18. 3. 1851 Wien. Der zun¨achst zum Schreiner ausgebildete G. kam 1798 / 99 nach Wien, wo er nach dem Milit¨ardienst eine Anstellung bei dem Klaviermacher Jakob Schelke fand. 1804 u¨ bernahm er die Werkstatt Schelkes und heiratete im folgenden Jahr dessen Witwe. Nach der Ablegung des B¨urgereides 1822 wurde ihm 1824 der Titel eines k. k. Hofpiano- und Klaviermachers verliehen. G.s Unternehmen galt als gr¨oßte und bedeutendste Klavier-„Fabrik“ des Wiener Vorm¨arz, auf deren Instrumenten u. a. Ludwig van → Beethoven, Fr´ederic Chopin, Clara und Robert → Schumann sowie Franz → Liszt spielten. ¨ C OML Graf, Eduard, Mediziner, * 11. 3. 1829 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 19. 8. 1895 Konstanz. G. studierte in Halle, Greifswald und Berlin Medizin und wurde 1851 in Greifswald promoviert (De enchondromate adjecta historia morbi). Nach zwei Jahren als Assistenzarzt im st¨adtischen Lazarett in Danzig praktizierte er in Imgenbroich und Ronsdorf in der Eifel, bevor er sich 1860 als praktischer Arzt in Elberfeld niederließ; 1861-80 war er zugleich leitender Arzt am dortigen St.-Josephs-Hospital. Als

Graf ¨ Vorsitzender des Arztevereins im Regierungsbezirk D¨usseldorf, des Niederrheinischen Vereins f¨ur o¨ ffentliche Gesund¨ heitspflege und seit 1873 auch des Deutschen Arztevereinsbundes war G. einer der bedeutendsten Verbandsfunktion¨are seiner Zeit und begr¨undete mit Hermann Eberhard → Richter die starke Stellung des Medizinerverbandes im deutschen Gesundheitswesen. G. verfaßte die Festschrift Das a¨ rztliche Vereinswesen in Deutschland (1840). C ADB

Graf, Emil, S¨anger, * 11. 7. 1886 Andelfingen, † 26. 2. 1958 M¨unchen. G. studierte Zahnmedizin, bevor er in Z¨urich und M¨unchen seine Stimme ausbildete. 1912-14 war er am Stadttheater in Heidelberg, dann bis 1915 am Stadttheater in Freiburg / Breisgau engagiert. 1917-28 sang er als erster Opern- und Operettentenor am Theater am G¨artnerplatz in M¨unchen, danach an der Bayerischen Staatsoper. Neben den großen Partien erarbeitete sich G. ein umfangreiches Repertoire kleinerer Rollen und feierte auch als Konzerts¨anger Erfolge. Seit 1942 unterrichtete er am Trapp’schen Konservatorium in M¨unchen. C Kutsch Graf, Emma Elise, schweizer. P¨adagogin, * 12. 10. 1865 Langenthal (Kt. Bern), † 22. 11. 1926 Bern. Nach einer Lehre als Weißn¨aherin wurde G. Primarlehrerin und war sp¨ater die erste Sekundarlehrerin f¨ur wissenschaftliche F¨acher im Kanton Bern; nach der Promotion 1902 aufgrund einer Dissertation u¨ ber Rahel → Varnhagen und die Romantik wurde sie Seminarlehrerin. 1902-20 k¨ampfte sie als Zentralpr¨asidentin des Schweizerischen Lehrerinnenverbandes f¨ur die berufliche und wirtschaftliche Besserstellung der Lehrerinnen. Sie gr¨undete das Lehrerinnenheim im Eggh¨olzli bei Bern, redigierte 1904-13 die Verbandszeitung und gr¨undete 1915 das „Jahrbuch der Schweizerfrauen“, dessen Redaktion sie bis 1919 innehatte. 1916 / 17 setzte sie sich als Pr¨asidentin des Aktionskomitees f¨ur das Frauenstimmrecht in Gemeindeangelegenheiten f¨ur das passive Wahlrecht der Bernerinnen ein. G. ver¨offentlichte u. a. Die Anf¨ange der Frauenbewegung in der deutschen Schweiz (1915) und Die Frauenstimmrechtsbewegung in der deutschen Schweiz (1918). C HLS Graf, Ernst, schweizer. Musiker, Musikp¨adagoge, * 26. 6. 1886 Sch¨onholzerswilen (Kt. Thurgau), † 19. 8. 1937 Bern. G. wurde 1904 an der Univ. Basel f¨ur Philologie eingeschrieben, studierte seit 1907 Musiktheorie und Orgel am Konservatorium und setzte seine Ausbildung sp¨ater in Leipzig, Dresden und M¨unchen fort. 1912 wurde er Organist am Berner M¨unster, Lektor f¨ur Kirchenmusik an der Univ. sowie Lehrer f¨ur Orgel und Musiktheorie am Konservatorium der Stadt. G. gr¨undete 1917 die Bibliothek des Konservatoriums und leitete sp¨ater den großen Umbau der M¨unsterorgel. Seit 1928 lehrte er als Honorarprofessor an der Universit¨at. G. komponierte Chorges¨ange und ver¨offentlichte u. a. Grundz¨uge der Orgeltechnik (1916) und Elementarschule des Triospiels (1921). Graf, (Kaspar) Ernst, schweizer. Maler, Graphiker, * 17. 5. 1909 Bern, † 20. 8. 1988 Ermatingen (Kt. Thurgau). G. machte 1926-29 eine Lehre als Graphiker in Laupen und und ließ sich nach k¨unstlerischer Weiterbildung in M¨unchen und Paris in Ermatingen nieder. Unterbrochen von einer abstrakten Phase um 1970, zeigen seine Aquarelle, Holz- und Linolschnitte vor allem Landschaft und Menschen der Gegend. G. erhielt 1980 den Thurgauer Kulturpreis. C CH 91

Graf, Ferdinand, o¨ sterr. Politiker, * 15. 6. 1907 Klagenfurt, † 8. 9. 1969 Wien. G. studierte Rechtswissenschaften in Graz und wurde 1929 Sekret¨ar des K¨arntner Landwirteverbandes, 1933 dessen Di¨ rektor. Nach dem „Anschluß“ Osterreichs 1938 zwei Jahre in den Konzentrationslagern Dachau und Flossenb¨urg inhaf¨ tiert und anschließend mit Aufenthaltsverbot f¨ur Osterreich belegt, wurde er 1941 zur Wehrmacht eingezogen. 1943-45 war er Lohnverrechner einer Baufirma. 1945 wurde G. Leiter des Verbandes o¨ sterreichischer Landwirte und als Hauptreferent f¨ur Organisation, Personal, Finanzen und Propaganda ¨ in das Generalsekretariat der OVP gew¨ahlt. Als 1945 Staatssekret¨ar f¨ur das Sicherheitswesen im Innenministerium bereitete er den Aufbau des Bundesheeres vor, 1956-61 war er Bundesminister f¨ur Landesverteidigung. Graf, Friedrich Hartmann, Komponist, Musiker, * 23. 8. 1727 Rudolstadt, † 19. 8. 1795 Augsburg. Der Bruder Christian Ernst → G.s studierte Fl¨ote und Komposition bei seinem Vater Johann → G. sowie Pauke beim Rudolst¨adter Hofpauker. Er trat als Pauker in ein holl¨andisches Regiment ein und wurde bei K¨ampfen in England verwundet und kriegsgefangen. Seit 1759 in Hamburg, begann er 1761 seine Karriere als Solofl¨otist und leitete bis etwa 1764 zusammen mit Georg Philipp → Telemann die o¨ ffentlichen Konzerte im Konzertsaal „auf dem Kamp“. Nach Konzertreisen durch ganz Europa spielte er seit 1769 bei seinem Bruder in Den Haag, bis er 1773 einem Ruf als Musikdirektor der evang. Kirchen nach Augsburg folgte. Neben Oratorien und Kantaten komponierte G. vor allem Fl¨otenkonzerte, die von Wolfgang Amadeus → Mozart kritisch beurteilt wurden. C MGG Graf, Georg, kath. Theologe, Orientalist, * 15. 3. 1875 Munzingen / Ries, † 18. 9. 1955 Dillingen. Der Sohn eines Schreinermeisters studierte seit 1894 an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Dillingen, wurde 1898 zum Priester geweiht und war danach in der Seelsorge t¨atig. Er befaßte sich mit orientalischen Sprachen, vor allem mit der bis dahin kaum beachteten christlich-arabischen Literatur, und wurde 1904 in M¨unchen zum Dr. phil., 1918 in Freiburg zum Dr. theol promoviert. Seit 1930 war er Honorarprofessor der Literatur des christlichen Orients an der Theologischen Fakult¨at der Univ. M¨unchen. Auf Studienreisen durch Europa und den Nahen Osten sammelte G. Material f¨ur seine Geschichte der christlichen arabischen Literatur (5 Bde., 1944-53). Seit 1946 p¨apstlicher Hauspr¨alat, wurde er 1949 Leiter der Arabischen Abteilung des „Corpus Scriptorum Christianorum Orientalium“ in L¨owen und 1952 Leiter der Orientalischen Sektion der G¨orres-Gesellschaft. C NDB Graf, Georg Engelbert, Schriftsteller, P¨adagoge, * 25. 7. 1881 Bobstadt (Hessen), † 2. 12. 1952 Berlin. G., Sohn eines Volksschullehrers, studierte seit 1900 zun¨achst Indogermanistik, dann Geographie, und Geologie in Berlin, war 1906-18 Generalsekret¨ar des Vereins zur F¨orderung der Kunst in Berlin und wurde nach dem Eintritt in die SPD 1908 Wanderlehrer des Zentralbildungsausschusses. 1913 / 14 studierte er in Z¨urich erneut ohne Abschluß. 1914 kam er als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter in das Reichskriegsministerium. Seit 1917 Mitglied der USPD (seit 1922 wieder der SPD), leitete er 1919-21 die sozialistische Heimvolkshochschule Schloß Tinz bei Gera, danach das Bildungswesen im Deutschen Metallarbeiterverband und seit 1926 dessen Wirtschaftsschule in Bad D¨urrenberg. 1928-33 war er Mitglied des Reichstags. 1945 wurde er Leiter der Volkshochschule Wilmersdorf und Dozent an der P¨adagogischen Hochschule in Berlin. G. war Redakteur der Jugendzeitschrift der USPD sowie der „Jungsozialistischen Bl¨atter“

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Graf und Herausgeber der „Jungsozialistischen Schriftenreihe“. Neben wirtschaftspolitischen Abhandlungen, Jugendschriften und M¨archen ver¨offentlichte er u. a. die Romane Der Dammbruch (1936) und Winzerfest (1943). C BHE

Graf, Heinrich, Mathematiker, * 21. 9. 1897 M¨unchen, † 21. 7. 1984 Darmstadt. G. studierte an der TH und der Univ. M¨unchen Maschinenbau, Mathematik und Physik und wurde 1925 an der TH mit der Dissertation Die Einteilung der Ebene in Dreiecke durch drei Systeme gerader Linien promoviert. Nach drei Jahren als Privatdozent an der TH Karlsruhe (Habili¨ tationsschrift 1927, Uber Geflechte kongruenter oder a¨ hnlicher Kurven) ging er 1930 als a. o. Prof. der darstellenden Geometrie und angewandten Mathematik an die Technische Hochschule Aachen und wechselte 1932 als Direktor des Instituts f¨ur Geometrie, Kinematik und Sammlung mathematischer Modelle auf den Lehrstuhl f¨ur Mathematik an die TH Darmstadt. G. ver¨offentlichte u. a. Dreifache Geradensysteme in der Ebene, welche Dreiecksnetze bilden (1924), Besondere r¨aumliche Geradenanordnungen derart, dass durch jeden Schnittpunkt gleichviele Gerade hindurchgehen (1926) und R¨aumliche Ebenennetze, deren Sechsflachzellen Inkugeln besitzen (1940). Graf, Herbert, Regisseur, Musikschriftsteller, * 10. 4. 1903 Wien, † 5. 4. 1973 Genf. Der Sohn Max → G.s studierte seit 1920 Musik und Dramaturgie in Wien und wurde 1925 mit einer Arbeit u¨ ber Richard Wagner als Opernregisseur (1926) promoviert. Nach vier Jahren als Regisseur in M¨unster und Breslau wurde er 1929 Direktor der St¨adtischen Oper Frankfurt / Main. 1933 aufgrund seiner j¨udischen Abstammung zur Emigration gezwungen, brachte er in den folgenden Spielzeiten St¨ucke in Basel, Prag, Philadelphia, Florenz, Salzburg, Wien und Paris auf die B¨uhne. 1936-60 war er Regisseur, seit 1949 auch Leiter der Opernabteilung der Metropolitan Opera in New York. Als Direktor der Oper in Z¨urich nach Europa zur¨uckgekehrt, wurde er 1965 Intendant des Grand Th´eaˆ tre in Genf. G. bem¨uhte sich besonders um die Werke von Wolfgang Amadeus → Mozart, Richard → Wagner und Richard → Strauss. Er ver¨offentlichte u. a. Opera for the people (1951; dt. Aus der Welt der Oper, 1960) und Producing opera for America (1961). Seit 1943 war G. Staatsb¨urger der USA. C NGroveD Graf, Hermann Eugen, Maler, * 28. 6. 1873 Frankfurt / Main, † 25. 4. 1940 Weimar. G. begann ein Musikstudium am Hochschen Konservatorium in Frankfurt / Main und bildete sich dann an der Kunstschule in Weimar bei Max → Thedy und an der M¨unchner Kunstakademie zum Maler aus. Er unternahm Studienreisen in die Niederlande, nach Belgien und D¨anemark und war sp¨ater Prof. und Direktoriumsmitglied der Renten- und Pensionsanstalt bildender K¨unstler in Weimar. Zu G.s Werken z¨ahlen Portr¨ats, Stilleben und Interieurs. Graf, Johann, auch Graff, Komponist, Musiker, * wahrscheinlich 11. 3. 1688 im Kreis N¨urnberg, † 2. 2. 1750 Rudolstadt. Der Sohn eines Schulmeisters erhielt Unterricht in Oboe, Geige und Komposition und trat 1708 als Instruktor und Oboistenmeister in das Regiment des Generals Georg Wilhelm L¨offelholz ein, mit dem er an K¨ampfen in Ungarn teilnahm. Sp¨atestens seit 1715 spielte er als Leiter einer „Oboisten-Banda“ in Mainz und als Hofmusiker in Bamberg bei Erzbischof Lothar Franz von → Sch¨onborn. Von 1718 datiert als sein erstes gedrucktes Werk eine Sammlung von sechs Violinsonaten. 1722 wechselte G. als Konzertmeister beim F¨ursten von Schwarzburg in das th¨uringische Rudolstadt, wo er von 1739 bis zu seiner Pensionierung als

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Kapellmeister arbeitete. Zahlreiche seiner dort komponierten Kirchenst¨ucke und Werke der Tafelmusik gingen bei einem Schloßbrand 1735 verloren. Das erhaltene Sp¨atwerk zeigt G. als einen von Georg Friedrich → H¨andel beeinflußten Komponisten. Er war der Vater von Christian Ernst und Friedrich Hartmann → G. C MGG

Graf, Johann Heinrich, schweizer. Mathematiker, * 15. 8. 1852 T¨oss (heute Gem. Winterthur), † 17. 6. 1918 Bern. G., Sohn eines Polizisten, studierte seit 1871 am Eidgen¨ossischen Polytechnikum Z¨urich, war seit 1874 Mathematikund Physiklehrer an der Lerberschule (sp¨ater Freies Gymnasium) in Bern und wurde 1877 mit Beitr¨age zur Theorie der Riemann’schen Fl¨ache promoviert. 1878 habilitierte er sich und wurde 1890 zum a. o. Prof, 1892 zum o. Prof. der Mathematik in Bern ernannt. 1905 / 06 war er Rektor der Univ. und 1895-1918 Pr¨asident der Schweizerischen Bibliothekskommission; er initiierte wesentlich die Gr¨undung der Schweizerischen Landesbibliothek und war Sekret¨ar der Zentralkommission f¨ur Schweizerischen Landeskunde. 1896-1911 war G. konservativer Gemeinderat und Pr¨asident des Gesamtkirchgemeinderats der Stadt Bern, 1905-15 Pr¨asident der Sektion Bern des Schweizer Alpen-Clubs. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Bibliographische Vorarbeiten, Kataloge der Bibliotheken, Gesellschaftsschriften, Zeitungen und Kalender (2 Bde, 1894-96), Wann beginnt das XX. Jahr¨ hundert? (1900), Uber Zahlenaberglauben, insbesondere die Zahl 13 (1904), Der Basler Mathematiker Leonhard Euler (1907) und Die Zahl „Sieben“ (1917). C HLS Graf, Karl Heinrich, evang. Theologe, Orientalist, * 28. 2. 1815 M¨ulhausen (Elsaß), † 16. 7. 1869 Meißen. G., Sohn eines Kaufmanns und Wechselagenten, studierte 1833-36 in Straßburg Theologie und Orientalistik, nahm nach einem einj¨ahrigen Stipendienaufenthalt in Genf eine Hauslehrerstelle in Paris an, setzte daneben seine Studien fort und wurde 1842 Lizentiat der Theologie. Seit 1844 unterrichtete er am Knabeninstitut in Kleinzschocher bei Leipzig, seit 1847 als Lehrer f¨ur Franz¨osisch und Hebr¨aisch an der Landesschule in Meißen, wo er 1852 den Professorentitel erhielt. 1846 wurde er in Leipzig zum Dr. phil. promoviert. G. besch¨aftigte sich mit persischer Literatur und mit dem Alten Testament. Hier trat er f¨ur die Sp¨atdatierung der sog. Priesterschrift im Pentateuch ein. Er ver¨offentlichte u. a. Der Prophet Jeremia erkl¨art (1862) und Die geschichtlichen B¨ucher des Alten Testaments. Zwei historisch-kritische Untersuchungen (1866). C TRE Graf, Ludwig Ferdinand, o¨ sterr. Maler, * 29. 12. 1868 Wien, † 17. 11. 1932 Wien. G. studierte an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien Malerei, hielt sich 1892-94 in Paris auf und unternahm sp¨ater zahlreiche Studienreisen. Anfangs einer der f¨uhrenden Wiener Impressionisten, schuf er nach einer expressionistischen Phase vor allem naturnahe, auf Farbwirkung bedachte Bilder. G. gr¨undete mit anderen den Hagenbund, dessen Pr¨asident er 1909 und 1921 / 22 war. Zu seinen Werken z¨ahlen Bretonisches M¨adchen (1893) und Schwimmbad (1905). Graf, Max, o¨ sterr. Musikschriftsteller, * 1. 10. 1873 Wien, † 24. 6. 1958 Wien. G.s Vater verfaßte politische Schriften, besaß eine Druckerei und war als Zeitungsherausgeber sowie als Presseleiter des Statthalters von B¨ohmen t¨atig. G. studierte in Wien Jura, Literaturgeschichte, Philosophie und Musikwissenschaft, h¨orte u. a. Musikgeschichte bei Eduard → Hanslick und Musiktheorie bei Anton → Bruckner und wurde 1896 mit einer juristischen und einer musikwissenschaftlichen Dissertation (Die Musik der Frau in der Renaissancezeit) promoviert.

Graf Nach einem einj¨ahrigen Studienaufenthalt in Paris habilitierte er sich und lehrte seit 1902 am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. G. war Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung (bis 1913) und korrespondierte mit Sigmund → Freud. 1909 wurde er Prof. der Musikgeschichte und -¨asthetik an der Staatsakademie f¨ur Musik und darstellende Kunst in Wien. Als Korrespondent der „Frankfurter Zeitung“, Mitarbeiter des „Berliner Tageblatts“, der „Vossischen Zeitung“, des „Prager Tageblatts“, der „Zukunft“, der „Gesellschaft“ sowie des „Boston Transcript“ und Autor zahlreicher Abhandlungen und Aufs¨atze war G. einer der einflußreichsten Musikf¨orderer und -kritiker des 20. Jahrhunderts. Er trat u. a. f¨ur Gustav → Mahler, Richard → Strauss, Arnold → Sch¨onberg, Alban → Berg und Paul → Hindemith ein. 1919-22 war G. Chefredakteur des von ihm gegr¨undeten „Musikalischen Kuriers“. 1930-35 ¨ hielt er Vorlesungen am Osterreichisch-Amerikanischen In¨ stitut in Wien. Nach dem „Anschluß“ Osterreichs an das Deutsche Reich emigrierte G. in die USA, lehrte als Prof. an der New School for Social Research in New York, am Carnegie Institute in Pittsburgh und an der Temple University in Philadelphia und schrieb u. a. f¨ur die „New York Times“. 1947 kehrte er in seine Heimatstadt und an die Staatsakade¨ mie zur¨uck. Er war der Vater von Herbert → G. C OML

Graf, Maxl, Schauspieler, * 25. 9. 1933 M¨unchen, † 19. 3. 1996 M¨unchen. G.s K¨unstlerkarriere begann in der Kinderfunkserie Christa und Maxl des Bayerischen Rundfunks. Sp¨ater erhielt er eine Gesangs- und Tanzausbildung, nahm Schauspielunterricht und wurde in den f¨unfziger Jahren einem breiten Fernsehpublikum meist als jugendlicher Liebhaber in der Reihe Der Kom¨odienstadl bekannt. Das Fernsehen blieb Schwerpunkt seiner T¨atigkeit; als Inspektor Fr¨oschl trug er an der Seite von Beppo → Brem wesentlich zum Erfolg der ARDVorabendserie Die seltsamen Methoden des Franz Joseph Wanninger bei, mit Carolin Reiber moderierte er mehrere Jahre die ZDF-Unterhaltungsserie Lustige Musikanten. Seit Mitte der siebziger Jahre wandte sich G. zunehmend dem Theater zu und gab neben Tourneeauff¨uhrungen Gastspiele, u. a. am Deutschen Theater und an den Kammerspielen in M¨unchen. Graf, Oskar, Maler, Radierer, Graphiker, * 26. 12. 1873 Freiburg / Breisgau, † 22. 2. 1958 Bad Boll (BadenW¨urttemberg). Nach k¨unstlerischer Ausbildung in M¨unchen, Dachau und Paris ließ sich G. als Leiter eines Sch¨ulerateliers f¨ur Radierung in M¨unchen nieder. Seit 1919 hatte er dort auch einen Lehrauftrag f¨ur Freihandzeichnen an der TH inne. Zu seinen Werken z¨ahlen vorwiegend gegenst¨andliche Gem¨alde (u. a. Die Kreuzigung, Anbetung der K¨onige, Aus dem Hunsr¨uck und Dachauer Moos) und h¨aufig mit Aquatinta kombinierte Radierungen (u. a. Mappenwerk Faust. Der Trag¨odie 1. und 2. Teil, 1923). G. war mit C¨acilie → Graf-Pfaff verheiratet. C Th-B Graf, Oskar Maria, eigentl. Oskar Graf, Schriftsteller, * 22. 7. 1894 Berg / Starnberger See, † 28. 6. 1967 New York. Neben der Arbeit in der v¨aterlichen B¨ackerei eignete sich G. autodidaktisch Werke der Weltliteratur an, floh 1911 vor dem Bruder, dessen Pr¨ugeln er ausgesetzt war, nach M¨unchen und lebte dort von Hilfsarbeiten. Er fand Anschluß an anarchistische Kreise und die Schwabinger Boheme, verkehrte u. a. mit Franz → Jung, Erich → M¨uhsam und Georg → Schrimpf und besuchte 1914 Berlin. Ende desselben Jahres zum Kriegsdienst eingezogen, wurde G. nach Befehlsverweigerung, Hungerstreik und Verbringung in Irrenanstalten 1916 aus dem Milit¨ardienst entlassen. Er

kehrte nach M¨unchen zur¨uck, nahm an der Revolution und der M¨unchner R¨aterepublik teil, konnte sich seit 1924 als freier Schriftsteller etablieren und engagierte sich literaturpolitisch. 1927 schaffte er mit dem u. a. von Maxim Gorkij und den Br¨udern → Mann begr¨ußten autobiographischen Zeitroman Wir sind Gefangene. Ein Bekenntnis aus diesem Jahrhundert (Fortsetzung mit dem Werk Gel¨achter von außen. Aus meinem Leben 1918-1933, 1966) den Durchbruch. Nach der Macht¨ubernahme durch die Nationalsozialisten, vor der er fr¨uh warnte, ging G. nach Wien, stellte sich nach der B¨ucherverbrennung mit seinem international publizierten Protest Verbrennt mich! gegen das Regime und dessen Versuch der Vereinnahmung seiner Werke und entwickelte eine rege Publikations- und Vortragst¨atigkeit in der o¨ sterr. Arbeiterschaft. 1934 u¨ bersiedelte er nach Br¨unn, war Mitbegr¨under und -herausgeber der von Wieland → Herzfelde geleiteten „Neuen Deutschen Bl¨atter“, Mitarbeiter zahlreicher antifaschistischer Exilperiodika und bereiste als Teilnehmer eines Schriftstellerkongresses die Sowjetunion. 1938 emigrierte er in die USA und lebte in New York, wo er u. a. Pr¨asident der German American Writers Association war, Unterst¨utzung f¨ur Emigranten organisierte und sich vor j¨udischen und deutsch-amerikanischen Verb¨anden gegen eine kollektive Beschuldigung der Deutschen wandte. G. blieb zeitlebens parteilos und wurde im Nachkriegsdeutschland zuerst nur in der DDR als proletarisch-revolution¨arer Schriftsteller, in der Bundesrepublik Deutschland zun¨achst als Heimatdichter, sp¨ater als wichtiger Exilautor rezipiert. Seine meist im l¨andlichen bayerischen Raum angesiedelten Erz¨ahlungen und Romane bieten ein realistisches, sozial engagiertes Bild von dessen j¨ungster Vergangenheit (u. a. Unruhe um einen Friedfertigen, 1947). Der Roman Das Leben meiner Mutter (1946) erschien zuerst 1940 in englischer ¨ Ubersetzung. C Spalek 2,1

Graf, Otto (Maximilian), Baustoffwissenschaftler, * 15. 4. 1881 Vordersteinwald bei Freudenstadt / Schwarzwald, † 29. 4. 1956 Stuttgart. G., Sohn eines Oberhofj¨agers, studierte Maschinenbau, arbeitete kurze Zeit bei der Maschinenfabrik Augsburg-N¨urnberg (MAN) und trat 1903 in die Materialpr¨ufungsanstalt der TH Stuttgart ein. Seit 1922 Lehrbeauftragter der Bauingenieur-Abteilung der TH, wurde er 1925 a. o. Prof., 1936 o. Prof. der Baustoffkunde und Materialpr¨ufung. 1933 u¨ bernahm er die Leitung des von ihm gegr¨undeten Instituts f¨ur Bauforschung, der sp¨ateren Forschungs- und Materialpr¨ufungsanstalt. In u¨ ber 600 Fachpublikationen nahm G. zu allen Aspekten der Baustoffkunde und Bautechnik Stellung. Er ver¨offentlichte u. a. Entwurf und Berechnung von Eisenbetonbauten (2 Bde., 1926 / 27) und gab den 3. Band des Handbuchs der Werkstoffpr¨ufung unter dem Titel Pr¨ufung nichtmetallischer Baustoffe (1941) sowie Das kleine Lexikon der Bautechnik (1956) heraus. C NDB Graf, Otto, Psychologe, Mediziner, * 29. 7. 1893 Patersdorf (Niederbayern), † 15. 8. 1962 Kiel. G. studierte an der Univ. M¨unchen Medizin, wurde 1920 promoviert (Zur Frage der lohnenden Arbeitspause bei geistiger Arbeit) und schloß ein Studium der Philosophie und Psychologie an. Seit 1921 Assistent an der Psychologischen Abteilung der Deutschen Forschungsanstalt f¨ur Psychiatrie, u¨ bernahm er nach der Habilitation 1925 an der TH M¨unchen ¨ (Uber die Wirkung mehrfacher Arbeitspausen bei geistiger Arbeit) die stellvertretende Leitung der Abteilung und war daneben drei Jahre wissenschaftlicher Leiter der Eignungspr¨ufstelle der bayerischen Landespolizei. Seit 1929 Leiter der Psychiatrischen Abteilung des Kaiser-WilhelmInstituts f¨ur Arbeitsphysiologie der Univ. M¨unster in Dort-

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Graf mund, lehrte er seit 1935 als a. o. Prof. der Arbeitspsychologie. G. ver¨offentlichte u. a. Leitfaden f¨ur das Arbeitsstudium (1932), Experimentelle Psychologie und Erblehre (1936) und Ern¨ahrung, Gesundheit und Leistung (1948).

Statistik f¨ur die industrielle Produktion befaßten. Zu den Publikationen auf diesem Gebiet z¨ahlen Statistische Verfahren bei textilen Untersuchungen (1952) und Formeln und Tabellen der mathematischen Statistik (1953). C NDB

Graf, Robert, Schauspieler, * 18. 11. 1923 Witten / Ruhr, † 4. 2. 1966 M¨unchen. G. studierte Philosophie, entschied sich dann aber f¨ur das Theater und besuchte Schauspielschulen in Bochum und M¨unchen. Nach Engagements in Straubing, Wiesbaden und Salzburg spielte er seit 1951 an den M¨unchner Kammerspielen u. a. in Bertolt → Brechts Der gute Mensch von Sezuan und in Luigi Pirandellos Sechs Personen suchen einen Autor. Seit Mitte der f¨unfziger Jahre wurde er durch Fernsehinszenierungen, etwa von Jean-Paul Sartres Schmutzigen H¨anden, bekannt. F¨ur seine Leistung in dem Film Wir Wunderkinder (1958) wurde er mit dem Bundesfilmpreis und 1961 mit dem Friedenspreis der Stadt M¨unchen ausgezeichnet. C Munzinger

Graf, Ulrich, Jurist, Politiker, * 17. 12. 1912 Nakel / Netze (Prov. Posen), † 4. 4. 2006 Bremen. G. studierte Rechts- und Staatswissenschaften sowie Volkswirtschaftslehre und war nach der Promotion zum Dr. jur. 1936 bei der AEG in Bremen t¨atig. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg wurde er Gesch¨aftsf¨uhrer der Handwerksabteilung der Handelskammer und 1947 Gesch¨aftsf¨uhrer der Handwerkskammer Bremen. 1959-71 geh¨orte G., der seit 1951 Mitglied der FDP und der Bremischen B¨urgerschaft war, als Senator f¨ur Justiz und Verfassung, seit 1967 zugleich als Senator f¨ur kirchliche Angelegenheiten den Bremer Landesregierungen an. 1968-71 war er Landesvorsitzender der FDP in Bremen.

Graf, Thomas, Benediktiner, Theologe, * 22. 11. 1902 Holzkirchen (Oberbayern), † 24. 3. 1941 M¨unchen. G. trat 1922 in das Kloster Schweiklberg ein und studierte seit 1923 an der Ordenshochschule Sant’Anselmo in Rom. Nach der Promotion zum Dr. phil. 1927 und der Priesterweihe 1928 schloß er ein Studium der Theologie in Freiburg (Schweiz) an und wurde 1932 zum Dr. theol. promoviert. Danach Prof. der Philosophie an Sant’Anselmo, wurde G. 1935 zum Abt von Schweiklberg gew¨ahlt. In diesem Amt f¨uhrte er zahlreiche Auseinandersetzungen mit den nationalsozialistischen Machthabern. G. ver¨offentlichte u. a. De subjecto psychico virtutum cardinalium secundum doctrinam scholasticorum usque ad medium saeculum XIV (3 Bde., 1934 / 35).

Graf, Ulrich, Beamter, Politiker, * 6. 7. 1878 Bachhagel (Bayern), † 3. 3. 1950 M¨unchen. G. erlernte das M¨ullerhandwerk und trat 1896 in die Armee ein. 1904 schied er wegen Dienstbesch¨adigung aus dem Milit¨ardienst aus. Danach Kommunalbeamter in M¨unchen, trat er 1921 der NSDAP bei. 1921-23 war er st¨andiger Begleiter und erster Leibw¨achter → Hitlers und rettete ihm w¨ahrend des Putschversuchs an der Feldherrnhalle das Leben, wobei er selbst schwer verletzt wurde. Fristlos entlassen, wurde G., der 1921 zu den Gr¨undern der SA geh¨orte, 1925 in den M¨unchner Stadtrat gew¨ahlt und trat im selben Jahr der SS bei. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung stieg er bis zum SS-Brigadef¨uhrer auf, war 1935-45 Ratsherr der Stadt M¨unchen und seit 1936 Mitglied des Reichstags. 1948 wurde G. zu f¨unf Jahren Arbeitslager verurteilt. C Munzinger Graf, Ulrich (Paul Albert), Mathematiker, * 6. 2. 1908 Wolgast / Pommern, † 11. 9. 1954 D¨usseldorf. G., Sohn eines Fabriksbesitzers, studierte an der TH und der Univ. Berlin Mathematik, Physik und Philosophie und wurde 1932 mit der Dissertation Eine Abbildung nichteuklidischer R¨aume und die Anwendung auf die de Sitter-Welt promoviert. ¨ 1934 mit der Arbeit Uber Laguerresche Geometrie in Ebenen und R¨aumen nichteuklidischer Metrik habilitiert, ging er 1938 als a. o. Prof. nach Danzig und wurde 1939 o. Prof. und Direktor der Institute f¨ur Geometrie und f¨ur Geod¨asie. Er besch¨aftigte sich mit Problemen der Geometrie, Bildmessung, Anaglyphen und Kartographie und ver¨offentlichte u. a. Schul- und Lehrb¨ucher wie Darstellende Geometrie (1937) und Trigonometrie der Ebene, sph¨arische Geometrie und Kartenentw¨urfe (1938). Im letzten Kriegsjahr verlor G. seine Familie und mußte aus Danzig fliehen. In der Folgezeit nahm er zahlreiche Lehr- und Forschungsauftr¨age bei den Alliierten sowie in Kiel, Wuppertal, Bamberg und D¨usseldorf wahr, die sich vor allem mit der Nutzanwendung mathematischer

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Graf, Urs, schweizer. Zeichner, Kupferstecher, Goldschmied, * um 1485 Solothurn, † 1527 / 28 Basel (?). Der Sohn eines Goldschmieds erlernte das Kunsthandwerk seines Vaters, arbeitete zwischen 1503 und 1508 als Geselle in Straßburg und Z¨urich und f¨uhrte neben Goldschmiedearbeiten erste Graphiken, Kupferstiche und Holzschnitte aus. Nachdem er sich 1509 endg¨ultig in Basel niedergelassen hatte, trat er 1511 als Geselle in die Werkstatt des Glasmalers Hans Heinrich Wolleb ein und wurde 1512 in die Zunft der Goldschmiedemeister aufgenommen. Im selben Jahr erhielt G., der zu den wichtigsten Illustratoren der Basler Buchdruckereien geh¨orte, das Basler B¨urgerrecht. Zwischen 1513 und 1523 nahm er f¨ur die Stadt an mehreren Feldz¨ugen teil; wegen u¨ bler Nachrede und Gewaltt¨atigkeit wurde er zu Geld- und Haftstrafen verurteilt. G. schuf Vorlagen u. a. f¨ur Gef¨aße, Medaillons und Prunkwaffen und bekleidete seit 1519 das Amt eines M¨unzeisenschneiders f¨ur die Basler Silberm¨unze. Dar¨uber hinaus umfaßt sein Werk vor allem Holzschnitte, Kupferstiche, Radierungen und Niellen sowie Federzeichnungen, darunter Darstellungen aus dem Landsknechts-, Soldaten- und Volksleben. Von G. stammt die fr¨uheste datierte Radierung (1513). C NDB Graf, Walter, o¨ sterr. Musikforscher, * 20. 6. 1903 St. P¨olten, † 11. 4. 1982 Wien. G. studierte an der Univ. Wien Musikwissenschaft (bei Robert → Lach, Guido → Adler, Egon → Wellesz, Robert → Haas), V¨olkerkunde, Psychologie, Philosophie, Phonetik und Anthropologie. 1933 wurde er mit einer Dissertation ¨ Uber den deutschen Einfluß auf den estnischen Volksgesang promoviert. G. habilitierte sich 1952 an der Univ. Wien mit der Arbeit Die musikwissenschaftlichen Phonogramme Rudolf P¨ochs von der Nordk¨uste Neuguineas: eine materialkritische Studie unter besonderer Ber¨ucksichtigung der v¨olkerkundlichen Grundlagen. Zun¨achst in der Privatwirtschaft t¨atig, wurde er 1957 Leiter des Phonogrammarchivs der ¨ Osterreichischen Akademie der Wissenschaften und Lehrbeauftragter an der Univ. Wien. 1963-73 war er dort a. o. Prof. f¨ur Vergleichende Musikwissenschaft und hatte von 1972 bis zu seinem Tod die Leitung der neugegr¨undeten Kommission ¨ f¨ur Schallforschung der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften inne. G. ver¨offentlichte u. a. Zur Verwendung von Ger¨auschen in der außereurop¨aischen Musik (1966) und Die musikalische Klangforschung. Wege zur Erfassung der musikalischen Bedeutung der Klangfarbe (1969). C MGG Graf, Willi, Widerstandsk¨ampfer, * 2. 1. 1918 Kuchenheim bei Euskirchen, † 12. 10. 1943 M¨unchen. Als Mitglied eines kath. Sch¨ulerbundes fand G. schon fr¨uh zur Gemeinschaft „Grauer Orden“. Mit anderen Mitgliedern dieser Vereinigung wurde er als Medizinstudent in

Graff Bonn 1938 erstmals inhaftiert und angeklagt. Nach Ausbildung zum Sanit¨ater und Fronteinsatz im Zweiten Weltkrieg lernte G. 1942 w¨ahrend der Fortsetzung seines Studiums in der 2. M¨unchner Studentenkompanie Hans → Scholl und Alexander → Schmorell kennen und schloß sich deren Widerstandsgruppe an. Er versuchte, auf mehreren Reisen Mitk¨ampfer zu gewinnen, war an der Erarbeitung und Verbreitung von Flugbl¨attern der „Weißen Rose“ beteiligt und wurde 1943 am gleichen Tag wie die Geschwister Scholl in M¨unchen verhaftet. G. wurde vom Volksgerichtshof zum Tod verurteilt und ein halbes Jahr sp¨ater hingerichtet. C Widerstand

Graf-Pfaff, C¨acilie, Malerin, Graphikerin, * 5. 8. 1868 Erlangen, † 8. 7. 1939 N¨urnberg. G. erhielt ihre k¨unstlerische Ausbildung durch Privatunterricht u. a. bei Gabriel → Max in M¨unchen und arbeitete seit 1890 als selbst¨andige Radiererin und Kunstmalerin. Radierungen wie David, Dachau bei Mondschein und Prophet wurden in die Sammlungen der Kupferstichkabinette Dresden und M¨unchen aufgenommen. G. war mit Oskar → Graf verheiratet. C Vollmer

Grafe, Eduard, evang. Theologe, * 12. 3. 1855 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 13. 6. 1922 Bonn. Der Sohn Hermann Heinrich → G.s studierte in Bonn, Leip¨ zig und T¨ubingen Theologie, wurde 1880 promoviert (Uber Veranlassung und Zweck des R¨omerbriefs) und habilitierte sich 1884 f¨ur Neues Testament in Berlin (Die Paulinische Lehre vom Gesetz). Seit 1886 a. o. Prof. in Halle / Saale, wechselte er 1888 als o. Prof. nach Kiel und lehrte seit 1890 neutestamentliche Exegese und Theologie in Bonn. Als Sch¨uler Karl Heinrich von → Weizs¨ackers ver¨offentlichte G. u. a. Das Verh¨altnis der Paulinischen Schriften zur Sapientia Salomonis (1892) und Die Stellung und Bedeutung des Jakobusbriefes in der Entwicklung des Urchristentums (1904). Er war der Vater von Erich → G. C Bonn 1 Grafe, Erich, Neurologe, * 24. 2. 1881 Berlin, † 16. 5. 1958 Florenz. Der Sohn Eduard → G.s studierte in Kiel, Bonn, Heidelberg und Berlin Medizin und wurde 1904 promoviert (Die Urnieren-Pfortader beim H¨uhnerembryo). Seit 1905 war er Assistent am Physiologischen und Hygienischen Institut in Berlin, seit 1907 Assistent und nach der Habilitation (Beitr¨age zur Kenntnis des Stoffwechsels im protrahierten Hungerzustande) a. o. Prof. an der Medizinischen Klinik in Heidelberg. 1921 wurde er Direktor der Medizinischen Klinik in Rostock, 1923 o. Prof., 1926 Direktor der Medizinischen Nervenklinik in W¨urzburg. G. erforschte vor allem den Stoffwechsel und Stoffwechselkrankheiten; er ver¨offentlichte u. a. Die pathologische Physiologie des Gesamtstoffund Kraftwechsels bei der Ern¨ahrung des Menschen (1923) und Die Krankheiten des Stoffwechsels und ihre Behandlung (1931, 21958). Nach der Entlassung 1945 und Wiedereinstellung 1948 lebte G., der zahlreiche Ehrungen erhielt, seit der Emeritierung 1952 in Garmisch-Partenkirchen. ¨ 2, 3 C Arzte ¨ Grafe, Felix, o¨ sterr. Schriftsteller, Ubersetzer, * 9. 7. 1888 Humpoletz (B¨ohmen), † 18. 12. 1942 Wien. Nach Abbruch des Studiums der Philosophie, Kunstgeschichte und Philologie in Wien und M¨unchen (seit 1908) wurde der Sohn eines Teer- und Pappenfabrikanten Bankangestellter. In Karl → Kraus’ „Fackel“ ver¨offentlichte der mit Alfred → Kubin und Frank → Wedekind befreundete G. 1910 erste Gedicht¨ubertragungen und Nachdichtungen (u. a. von Baudelaire, Verlaine und Wilde). Im selben Jahr erschien sein Lyrikband Idris. Anf¨anglich vom franz¨osischen Symbolismus beeinflußt, brachte G. nach seiner R¨uckkehr nach Wien 1914 Gedichte im expressionistischen Stil (Ruit

Hora. Neue Gedichte, 1916) heraus, u¨ bte sich bei seinen sp¨ateren Arbeiten aber in klassizistischer Formstrenge. Seit ¨ 1914 war er Beamter bei der Allgemeinen Osterreichischen Bodencreditanstalt. 1918-20 redigierte er die expressionistische Zeitschrift „Der Anbruch“. Seit seiner Pensionierung 1932 lieferte G. freiberuflich Kunstgutachten f¨ur das Wiener Dorotheum. 1941 wegen oppositioneller Aktivit¨aten verhaftet, wurde G. 1942 hingerichtet. C Killy

Grafe, Hermann Heinrich, Kaufmann, Laienchrist, * 3. 2. 1818 Palsterkamp bei Bad Rothenfelde, † 25. 12. 1869 Elberfeld (heute zu Wuppertal). G. absolvierte seit 1834 eine kaufm¨annische Lehre in Duisburg und war seit 1838 Handlungsgehilfe in einer Seidenweberei. 1843 gr¨undete er in Elberfeld einen neuen Betrieb, den er bis zu seinem Tod leitete. Seit seinem 16. Lebensjahr gl¨aubiger und bekennender Christ, trat er 1846 aus der Gemeindevertretung der reformierten Kirche aus und legte sein Amt als Diakon nieder. Die Praxis der staatlich subventionierten Volkskirche widersprach seiner Vorstellung von der neutestamentlichen Gemeinde als Gemeinschaft der in Worten und Werken bekennenden Christen. Dieser Vorstellung folgend, gr¨undete er 1854 die „Freie evangelische Gemeinde Elberfeld-Barmen“, 1862 mit anderen die Wuppertaler Stadtmission. G. schrieb zahlreiche Kirchenlieder (Geistliche Lieder, 1863). Er war der Vater von Eduard → G. C BBKL Graff, Anton, Maler, * 18. 11. 1736 Winterthur (Schweiz), † 22. 6. 1813 Dresden. G., Sohn eines Zinngießers, erhielt in Winterthur seine erste Ausbildung zum Maler bei Johann Ulrich → Schellenberg und arbeitete 1756-65, unterbrochen von Studienaufenthalten in Ansbach, M¨unchen und Regensburg, bei Johann Jakob → Haid in Augsburg. Seit 1766 war er Hofmaler des s¨achsischen Kurf¨ursten und Lehrer an der Kunstakademie in Dresden. Unter seinen u¨ ber 2000 nachweisbaren Werken befinden sich neben Portr¨ats aus s¨achsischen und preuß. Hof- und Adelskreisen erstmals auch zahlreiche Bildnisse von Repr¨asentanten des aufstrebenden B¨urgertums, u. a. von Heinrich von → Kleist, Christian F¨urchtegott → Gellert und Theodor → K¨orner. G.s Landschaften beeinflußten u. a. Philipp Otto → Runge und Caspar David → Friedrich. Die Maltechnik seiner letzten Schaffensperiode verweist in einigen Details auf den Impressionismus. C NDB

Graff, Eberhard (Gottlieb), Germanist, * 10. 3. 1780 Elbing (Ostpreußen), † 18. 10. 1841 Berlin. Der Sohn eines Arztes wurde 1797 in K¨onigsberg f¨ur Theologie immatrikuliert, erhielt 1802 eine Stelle als Lehrer am Erziehungsinstitut in Jenkau und war seit 1805 Gymnasialprofessor in Elbing. Seit 1810 Regierungs- und Schulrat in Marienwerder, Arnsberg und Koblenz, scheiterte G., stark beeinflußt von → Pestalozzi und → Herbart, mit seinen reformp¨adagogischen Bem¨uhungen und schied 1818 aus dem preuß. Staatsdienst aus. Angeregt durch Karl → Lachmann und Jacob → Grimm, wandte er sich in der Folgezeit der Sprachwissenschaft zu und ver¨offentlichte 1824 als Vorarbeit zu einer Sichtung des althochdeutschen Sprachschatzes eine Arbeit u¨ ber Die althochdeutschen Pr¨apositionen, die als Dissertation anerkannt wurde und ihm eine a. o. Professur in K¨onigsberg eintrug; 1827 wurde er o. Professor. G. erarbeitete den f¨ur die deutsche Sprachwissenschaft grundlegenden Althochdeutschen Sprachschatz oder W¨orterbuch der althochdeutschen Sprache [. . .] etymologisch und grammatisch bearbeitet (6 Bde., 1834-43, Bd. 6 abgeschlossen und hrsg. von Hans Ferdinand → Maßmann, Bd. 7: Vollst¨andiger alphabetischer Index zu dem althochdeutschen Sprachschatze, ausgearb. von H. F. Maßmann). Seit 1830 war er Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften und Regierungsrat im preuß. Ministerium f¨ur geistliche Angelegenheiten. C IGL

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Graff Graff, Erich, Jurist, * 10. 4. 1607 Marburg, † 4. 5. 1683

Graff, Karl (Ludwig Theodor), Architekt, Kunst-

Marburg. Der Sohn eines Apothekers studierte seit 1623 in Marburg Rechtswissenschaften und Philosophie, trat 1632 eine Stelle als Assessor in der Fuldaer Kanzlei des hessischen Landgrafen → Wilhelm V. an und wurde 1634 in Gießen promoviert. Im selben Jahr vom Landesherrn an die inzwischen nach Kassel verlegte Univ. zum o. Prof. der Rechte berufen, wurde er mit der R¨uckverlegung der Univ. nach Marburg 1653 Prof. der Pandekten, 1655 Professor primarius der Rechte. Seit 1656 arbeitete G. in der Kommission zur Kodifizierung eines hessischen Landrechts mit. C ADB

gewerbler, * 4. 5. 1844 Grabow (Mecklenburg), † 25. 2. 1906 Dresden. G. studierte am Polytechnikum in Hannover sowie an der Bauakademie in Berlin Architektur und arbeitete anschließend als Gotiker an Kirchenentw¨urfen und Restaurierungen u. a. der Dome in Schwerin und G¨ustrow. In Wien war er an den Schlußarbeiten des Opernhausneubaus sowie an der Errichtung der Hofmuseen unter → Semper beteiligt. Er zeichnete zahlreiche Entw¨urfe zu Geb¨auden f¨ur die Wiener Weltausstellung (1870-73) und die Ausstellung o¨ sterr. Kunstgewerbes. 1874 wurde G. Direktor der neuen Kunstgewerbeschule in Dresden, wo er einige Zeit den kunstgewerblichen Teil der „Frauenzeitung“ redigierte. C Th-B

Graff, Franz, schweizer. Maler, Zeichner, * 13. 12. 1803 Solothurn, † 23. (26. ?) 3. 1859 Solothurn. G., zu dessen Vorfahren Urs → Graf z¨ahlte, erhielt seine k¨unstlerische Ausbildung als Aquarellmaler in Neuenburg, Basel und Paris. 1826 kehrte er von dort in seine Heimat zur¨uck, erteilte zun¨achst Privatunterricht und wurde 1830 Zeichenlehrer an den Stadtschulen. Daneben richtete er eine Sonntagsschule f¨ur das technische Zeichnen junger Handwerker ein und unterrichtete 1833-36 auch an der h¨oheren Lehranstalt. Im Jahr seiner Pensionierung 1850 gr¨undete er mit anderen den Kunstverein Solothurns. G. schuf mehrere Aquarelle sowie Sepia- und Bleistiftzeichnungen mit landschaftlichen Motiven aus seiner Heimat.

Graff, J¨org, Meistersinger, Liederdichter, * um 1480 Dachsbach (Kr. Neustadt / Aisch) (?), † 26. 5. 1542 N¨urnberg. Nach Jahren als Landsknecht im Dienst → Maximilians I. erblindete G. um 1517 und verdiente sich danach seinen Lebensunterhalt als fahrender S¨anger. Er geriet mehrmals mit der n¨urnbergischen Obrigkeit in Konflikt, u. a. 1519 wegen Totschlags, und war auf Almosen und G¨onner angewiesen. Seine Ges¨ange handeln von seinen Kriegserlebnissen sowie seinem Leben als ruheloser Blinder und waren in zahlreichen Einzeldrucken und Flugbl¨attern verbreitet. Sp¨ater dichtete G. auch Kirchenlieder. Einige seiner Lieder sind im Altdeutschen Liederbuch (1877, hrsg. von Franz Magnus → B¨ohme, Neudr. 1966) und in Acht Lieder aus der Reformationszeit (1910, hrsg. von Johannes → Bolte) enthalten. C NDB

Graff, Johann Andreas, auch Graf, Grav, Maler, Zeichner, Kupferstecher, * 1. 5. 1637 N¨urnberg, † 6. 12. 1701 N¨urnberg. G. erhielt seine k¨unstlerische Ausbildung in N¨urnberg, 1653-58 in Frankfurt / Main, danach in Venedig und Rom und kehrte 1664 in seine Heimatstadt zur¨uck. Nach l¨angerer T¨atigkeit in Frankfurt / Main ließ er sich 1686 endg¨ultig in N¨urnberg nieder. G. unterrichtete, gab zahlreiche Prospekte heraus und malte vor allem Portr¨ats, Naturdetails und Bauwerke. Er war mit Maria Sibylla → Merian verheiratet und Vater von Johanna Helena → Herolt und Maria Dorothea C Frankf Biogr Henrica → Gsell.

Graff, Johann Jakob, Schauspieler, * 23. 9. 1768 M¨unster im Georgenthal bei Kolmar (Elsaß), † 20. 3. 1848 Weimar. Der Pfarrerssohn mußte nach einem Duell mit t¨odlichem Ausgang sein Theologiestudium abbrechen und aus Straßburg fliehen. Seit 1789 reiste er mit Schauspielgesellschaften durch Deutschland, bis er 1793 nach Weimar empfohlen wurde und dort im Juni desselben Jahres deb¨utierte. G. geh¨orte der Weimarer B¨uhne 47 Jahre lang an und war einer der bedeutendsten Schauspieler unter → Goethes Leitung. Seine Darstellung des Wallenstein in der Urauff¨uhrung des Dramas 1799 fand → Schillers Beifall und brachte G. den k¨unstlerischen Durchburch. Weitere große Rollen G.s waren der G¨otz, Thoas, Epimenides und Nathan. C NDB

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Graff, Kasimir (Romuald), Astronom, * 7. 2. 1878 Pr´ochnowo (Kr. Kolmar, Posen), † 15. 2. 1950 Breitenfurt bei Wien. G., Sohn eines Gutsbesitzers, studierte seit 1897 in Berlin Astronomie, Physik, Mathematik sowie Geod¨asie und wurde 1901 mit der Arbeit Formeln und H¨ulfstafeln zur Reduktion von Mondbeobachtungen und Mondphotographieen f¨ur selenographische Zwecke promoviert. Seit 1900 Leiter der Urania-Sternwarte in Berlin, wurde er 1902 Assistent an der Sternwarte Hamburg-Bergedorf und Dozent f¨ur astronomische Geographie an der Univ. Hamburg, 1909 Observator der Sternwarte und 1917 lehrbeauftragter Professor. 1928-38 und 1945-48 war er o. Prof. und Direktor der Universit¨atssternwarte in Wien. G. erfand ein Universal- (1914) und ein Kreiskeilphotometer (1926) sowie ein Sternkolorimeter (1928). Er ver¨offentlichte u. a. Untersuchungen des Lichtwechsels einiger ver¨anderlicher Sterne vom Algoltypus (1907), Grundriß der Astrophysik (1928, mit Max Beyer) und Grundriß der geographischen Ortsbestimmung (1914, 3 1944). C NDB

Graff, Konrad, Klavierbauer, * 17. 11. 1783 Riedlingen (Schwaben), † 18. 3. 1851 Wien. G. kam 1799 als Soldat eines J¨ager-Freikorps nach Wien, absolvierte dort eine Klavierbauerlehre bei Jakob Schwelkle und machte sich 1804 selbst¨andig. Seine Instrumente genossen bald hohes Ansehen. 1824 wurde G. zum k. u. k. Hofpiano- und Klaviermacher ernannt. Pianisten wie Fr´ed´eric Chopin, Clara und Robert → Schumann sowie Johannes → Brahms besaßen Klaviere von G., den auch Ludwig van → Beethoven sch¨atzte. C Czeike

Graff, Paul, luth. Theologe, * 8. 12. 1878 Fallersleben, † 18. 3. 1955 Hannover. Nach dem Theologiestudium in T¨ubingen, Greifswald und G¨ottingen lebte G. im Kloster Loccum, zun¨achst als Kandidat, dann als Bibliothekar. Seit 1908 war er Pfarrer in verschiedenen Gemeinden der hannoverschen Landeskirche, zuletzt 1932-51 in Hannover-Ricklingen. G. trat mit zahlreichen publizistischen Arbeiten hervor, die vorwiegend historischen Themen gewidmet waren. Bedeutung und Einfluß erlangte er vor allem als Liturgiker, und zwar sowohl mit historischer als auch mit aktueller Zielsetzung. Sein Hauptwerk ist die zweib¨andige Geschichte der Aufl¨osung der alten gottesdienstlichen Formen in der evangelischen Kirche Deutschlands (1921-39).

Graff, Sigmund, Schriftsteller, * 7. 1. 1898 Roth bei N¨urnberg, † 18. 6. 1979 Erlangen. G., Sohn eines Rechtsanwalts, studierte nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg National¨okonomie und war als Journalist t¨atig. 1924 wurde er Mitarbeiter Franz → Seldtes im „Stahlhelm“ und arbeitete als Redakteur f¨ur das gleichnamige Verbandsorgan. 1926 trat er erstmals als B¨uhnenautor mit dem „Frontst¨uck“ Die endlose Straße (31930) hervor, dem weitere, milit¨arischen Traditionen verpflichtete Werke

Graffi folgten. 1933 wurde G. Referent im Propagandaministerium, 1938 Regierungsrat und war w¨ahrend des Zweiten Weltkriegs f¨ur die Presse- und Propagandaabteilung des Oberkommandos der Wehrmacht t¨atig, f¨ur die er Auftragsarbeiten wie Wall der Herzen – ein Buch vom Westwall (1940) und Eherne Ernte. Gedichte im Krieg (1941) verfaßte. Nach Kriegsende arbeitete G. wieder als freier Schriftsteller, gab vor, Verbindungen zum Widerstand gehabt zu haben, und schrieb mehrfach Erinnerungen. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Goethe vor der Spruchkammer oder Herr Geheimrath verteidigt sich (1951) und die Aphorismensammlungen Vom Baum der Erkenntnis. Wahrheiten und Bosheiten (1955, 21973) und Lockv¨ogel der Wahrheit (1968). C Weiß

Graff, Wilhelm Paul, Pseud. Wilhelm Paul, Dramatiker, * 10. 3. 1845 Doberan (Mecklenburg), † 23. 8. 1904 Schwerin. Nach einer Handelslehre studierte G. seit 1866 in Rostock, Berlin, G¨ottingen und M¨unchen Rechtswissenschaften, sp¨ater Geschichte und Literatur. Noch w¨ahrend des Studiums ver¨offentlichte er das historische Drama Die Babenberger (1870). 1870-74 arbeitete er als Lektor und Hauslehrer in Wiesbaden, Berlin und Rostock. 1875 ließ sich G. als freier Schriftsteller und zeitweiliger Hilfsarbeiter in der Schweriner Regierungsbibliothek bei G¨ustrow nieder. Neben weiteren Dramen wie Michael Kohlhaas (1871) und Um eine Krone (1885) erschienen von ihm noch die epische Dichtung Ein G¨otterm¨archen (1876) und der Schwank Vermietet (1873). C Kosch: Theater

Graff de Pancsova, Erwin, Gyn¨akologe, * 23. 9. 1878 Aschaffenburg, † 1952 Berlin. Der Sohn von Ludwig → G. de P. studierte in M¨unchen und Graz Medizin und wurde 1902 promoviert. Er assistierte am Pathologischen Institut der Univ. Graz, 1904 / 05 an der Klinik unter Anton von → Eiselsberg in Wien, 1905-08 an der Chirurgischen Klinik unter Hermann Alexander → Schloffer in Innsbruck. Seit 1909 Assistent an der II. Frauenklinik in Wien, habilitierte er sich 1916 f¨ur Geburtshilfe und Gyn¨akologie und lehrte seit 1926 als a. o. Professor. 1931 erhielt G. de P. einen Ruf als Prof. nach Iowa City (USA). Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nach Deutschland zur¨uck. G. de P. arbeitete vor allem u¨ ber Krebsfr¨uherkennung, Sterilit¨at und R¨ontgentherapie in der Gyn¨akologie. Er ver¨offentlichte u. a. Die Unfruchtbarkeit der Frau (1927) und Geburtshilfe ¨ des praktischen Arztes (1930, 31947). 2 C Arzte Graff de Pancsova, Ludwig (Bartholom¨aus), o¨ sterr. Zoologe, * 2. 1. 1851 Pancsova (Panˇcevo, Jugoslawien), † 6. 2. 1924 Graz. Der Sohn eines Apothekers und B¨urgermeisters im damals ungarischen Pancsova studierte seit 1868 in Wien Medizin, ging 1871 zu Oskar → Schmidt nach Graz und wandte sich der Zoologie zu. Ein Jahr sp¨ater folgte er seinem Lehrer als Assistent nach Straßburg, wo er 1873 mit den Resultaten von Forschungsaufenthalten in S¨uditalien promoviert wurde (Zur Anatomie der Rhabdocoelen). 1874 in M¨unchen habilitiert, war G. de P. seit 1876 Prof. an der Forstakademie in Aschaffenburg, bis er 1884 als o. Prof. der Zoologie an die Univ. Graz berufen wurde. Seine Forschungsreisen u. a. nach Java, Singapur, Ceylon, Alexandrowsk, Sebastopol und Nordamerika galten vor allem der Beobachtung der Strudelw¨urmer, u¨ ber deren Systematik und Morphologie er zahlreiche Studien (u. a. Monographie der Turbellarien, 2 Tle., 1882-99) ver¨offentlichte. G. de P. war Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopol¨ dina (seit 1884), der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften sowie Mitbegr¨under der Deutschen Zoologischen Gesellschaft und der Gesellschaft f¨ur Morphologie und

Physiologie. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner ¨ Uber einige Deformit¨aten an fossilen Crinoiden (1880), Die auf den Menschen u¨ bertragbaren Parasiten der Hausthiere (1891) und Das Schmarotzertum im Tierreich und seine Bedeutung f¨ur die Artbildung (1907). Er war der Vater von Erwin → G. de P. C NDB

Graffenried, Christoph von, schweizer. Kolonisator, * 15. 11. 1661 Worb bei Bern, † November / Dezember 1743 Worb. Der Sohn eines Genealogen und Landvogts von Aigle hielt sich nach Studien (u. a. in Leiden) mehrere Jahre in England auf und wurde 1682 in Cambridge zum Magister promoviert. Nach seiner R¨uckkehr wurde er 1691 Mitglied des Rats der Zweihundert in Bern und 1702 Landvogt von Yverdon. Nach dem Ende seiner Amtszeit 1708 verschuldet, verließ er Bern heimlich, um mit Hilfe von schweizer. Geldgebern, der englischen K¨onigin Anna und des Herzogs von Beaufort Auswanderer in Nordamerika anzusiedeln. 1710 erreichte er mit etwa 800 Schweizern und Pf¨alzern das Siedlungsgebiet am Zusammenfluß von Neuse und Trent im heutigen Staat North Carolina und gr¨undete dort New Bern. Drei Jahre sp¨ater kehrte er, wiederum hoch verschuldet, nach England zur¨uck, konnte aber keine neuen Geldmittel f¨ur seine Pl¨ane erlangen. 1730-40 war er erster Herr der ganzen Herrschaft Worb seines Namens. C HLS Graffenried, Johann Rudolph, schweizer. Landvogt, Mathematiker, * 1584 Burgdorf (Kt. Bern), † 1648 Dalmatien. G., Sohn eines Schultheißen, studierte Rechtswissenschaften und wurde 1612 als Notar patentiert und vereidigt. Seit 1619 Landschreiber von Interlaken, wurde er 1629 Großvogt ¨ und 1634 Landvogt von Unterseen. 1636 wegen Uberschul¨ dung seiner Amter enthoben, trat er in die Kriegsdienste der Republik Venedig. Als Mathematiker Autodidakt, ver¨offentlichte G. das Rechenbuch Arithmeticae logisticae popularis libri IV. In welcher der Algorithmus in gantzen Zahlen und Frakturen [. . .] bis zu der Croß begriffen seynd [. . .] (1618) und ein Compendium sciothericorum oder Tractat von den Sonnenuhren (1617, 21629). C HLS Graffi, Arnold, Onkologe, * 19. 6. 1910 Bistritz (Rum¨anien), † 30. 1. 2006 Berlin. G. studierte 1930-35 Medizin in Marburg, Leipzig und T¨ubingen, arbeitete 1937-39 mit Ferdinand → Sauerbruch an der Charit´e in Berlin zusammen und war bis 1940 als Krebsforscher am Paul-Ehrlich-Institut in Frankfurt / Main t¨atig. Im selben Jahr wurde er in Berlin mit der Dissertation Die Mazeration des lebenden Kindes promoviert. Nach Forschungsaufenthalten in Prag und Budapest nach Berlin zur¨uckgekehrt, arbeitete er in einem Forschungslabor der Schering AG und am Kaiser-Wilhelm-Institut f¨ur Zellphysiologie. 1948 habilitierte er sich an der HumboldtUniv. zu Berlin, wurde Abteilungsleiter am Institut f¨ur Medizin und Biologie der Akademie der Wissenschaften in Berlin-Buch und war dann bis 1975 Direktor des dortigen Instituts f¨ur Experimentelle Krebsforschung. G., ein Wegbereiter der experimentellen Krebsforschung in Deutschland, erforschte die Prozesse der Krebsentstehung durch chemische Stoffe und Viren. Anfang der sechziger Jahre entwickelte er ein Konzept zur Gentherapie f¨ur Krebs. G. wurde 1964 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Er ver¨offentlichte u. a. Probleme der experimentellen Krebsforschung (mit Heinz Bielka, 1959), Experimente und Betrachtungen zur Natur und Ursache des Krebses (1964), Grundlagen der Neutronentherapie (1975), Ausgew¨ahlte Beitr¨age zur Diagnostik maligner Tumoren (1976) und DNA repair and cancer research (1979). C DDR

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Graffunder Graffunder, Heinz, Architekt, * 23. 12. 1926 Berlin, † 9. 12. 1994 Berlin. G. stammte aus einer Arbeiterfamilie, durchlief eine Maurerlehre, besuchte 1949-52 die Vereinigten Ingenieur-Schulen in Berlin-Neuk¨olln und errichtete Wohnungsbauten in Steglitz und Lichtenberg. Seinem Entwurf f¨ur den Tierpark Berlin-Friedrichsfelde 1954 folgten zahlreiche Arbeiten f¨ur Zoologische G¨arten, u. a. in Rostock, Cottbus, Neustrelitz, Magdeburg und Erfurt. 1957-60 zeichnete er f¨ur das Freibad Pankow, 1963-65 f¨ur den Bau der DDR-Botschaft in Budapest verantwortlich. Der u¨ berzeugte Anh¨anger der industrialisierten Bauproduktion leitete w¨ahrend der siebziger Jahre die st¨adtebauliche Planung der Plattenbauten in den Berliner Trabantensiedlungen Marzahn und Hellersdorf. Als Beispiele dezidiert st¨adtischen Bauens projektierte er Appartementh¨auser an der Berliner Friedrichsgracht und die zentralen Rathauspassagen (1972). Internationale Beachtung fand 1973 sein Entwurf f¨ur den Palast der Republik in Berlin. C DDR Graffunder, Walter, Physiker, * 7. 1. 1898 Frankfurt / Main, † 12. 8. 1953 im Engadin. G., Sohn eines Polizeikommissars, studierte an der TH Darmstadt und der Univ. Frankfurt / Main Naturwissenschaften und wurde 1922 mit einer Dissertation u¨ ber die Abh¨angigkeit der Dielektrizit¨atskonstanten von Benzol, Aceton und Glyzerin von der Temperatur (1923) promoviert. Danach Assistent am Physikalischen Institut in Frankfurt / Main, habilitierte er sich 1933 (Das R¨ohrenrauschen bei Niederfrequenz), wurde aber aus politischen Gr¨unden nicht als Privatdozent zugelassen und arbeitete bis 1945 im R¨ohrenlabor der Firma Telefunken. 1946 siedelte G. in die Schweiz u¨ ber und lehrte dort seit 1948 als Privatdozent, seit 1950 als a. o. Prof. an der Univ. Freiburg. G. entwickelte neue Meßmethoden auf den Gebieten der Elektronenr¨ohren sowie der Hochfrequenztechnik. C NDB Grafius, Lukas, evang. Theologe, * 2. 9. 1667 Hetzeldorf (Siebenb¨urgen), † 30. 10. 1736 Birth¨alm (Siebenb¨urgen). G. studierte in Wittenberg und Hamburg Theologie und kehrte 1690 als Prediger in Mediasch nach Siebenb¨urgen zur¨uck. 1695-99 betreute er die Pfarrgemeinde Kleinschelken und u¨ bernahm danach das Stadtpfarramt in Mediasch. 1711 wechselte er als Generaldechant nach Birth¨alm, wo er seit 1712 Pfarrer und Bischof war. Als entschiedener Vertreter der luth. Orthodoxie verteidigte er die Rechte der Superintendentur gegen alle gegenreformatorischen Anspr¨uche des Hermannst¨adter und des Kronst¨adter Kapitels, aber auch gegen pietistische Tendenzen. C Myß Gragert, (Karl Wilhelm) Otto, Gyn¨akologe, * 28. 7. 1892 Berlin, † 21. 8. 1969 Bad Neuenahr-Ahrweiler. G. studierte in Berlin und Greifswald Medizin, wurde ¨ 1922 promoviert (Uber chronischen Gelenkrheumatismus im Kindesalter) und habilitierte sich 1924 f¨ur Geburtshilfe und Gyn¨akologie. Seit 1920 Assistent an der Universit¨atsFrauenklinik Greifswald, praktizierte er dort seit 1924 als Oberarzt und lehrte seit 1929 als a. o. Prof. an der Universit¨at. 1932 wechselte er als Chefarzt an die St¨adtische Frauenklinik Duisburg und war seit 1950 am Kursanatorium in Bad Neuenahr t¨atig. 1951 gr¨undete er den Berufsverband der Frauen¨arzte. G. arbeitete u. a. u¨ ber Gelenkrheumatismus bei Kindern, Menstruation, Sterilit¨at und Wechseljahre. ¨ 2, 3 C Arzte

Grahl, Hans, S¨anger, * 30. 3. 1895 Leipzig, † 31. 8. 1966 Berlin. G. erhielt seine Gesangsausbildung in Breslau und Leipzig, wo er 1920 am Opernhaus deb¨utierte. 1923-28 sang er am Staatstheater Weimar, danach am Staatstheater Darmstadt, an der Staatsoper Hamburg, am Deutschen Theater Prag

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und am Opernhaus in Breslau. Daneben gab er Gastspiele in Salzburg, Philadelphia, Paris, Budapest, Z¨urich, Barcelona, Florenz und Rom. Mit dem Kriegsende 1945 beendete er seine B¨uhnenlaufbahn und ließ sich als Gesangslehrer in Berlin nieder. Besondere Erfolge feierte der Tenor als Siegmund in der Walk¨ure, als Siegfried im Ring-Zyklus und in der m¨annlichen Titelrolle von Tristan und Isolde. C Kutsch

Grahl, Heinrich, S¨anger, Gesangsp¨adagoge, * 30. 11. 1860 Stralsund, † 14. 3. 1923 Berlin. G. studierte 1881-84 an der K¨oniglichen Hochschule f¨ur Musik in Berlin bei Felix → Schmidt Gesang und deb¨utierte 1883 in Frankfurt / Oder mit → Mendelssohn Bartholdys Lobgesang als Konzerts¨anger. In der Folgezeit sang er in ¨ zahlreichen großen St¨adten Deutschlands, Osterreichs, der Niederlande und Rußlands in Oratorien und Liederkonzerten. 1902 ließ sich G. als Gesangslehrer an der Elisabethschule und Dirigent des Frauenchors ehemaliger Elisabethsch¨ulerinnen in Berlin nieder. Grahn-Young, Lucile (Alexia), auch Lucina G.-Y., T¨anzerin, Ballettmeisterin, * 30. 6. 1819 Kopenhagen, † 4. 4. 1907 M¨unchen. G.-Y., Tochter eines d¨anischen Leutnants und Zollassistenten, erhielt Ballettunterricht, deb¨utierte als Meistersch¨ulerin des Choreographen Auguste Bournonville 1834 in dem Ballett Die Stumme von Portici. Sie wurde schnell zur k¨oniglichen Solot¨anzerin, verließ aber 1839 wegen k¨unstlerischer und pers¨onlicher Kontroversen Kopenhagen und trat in den folgenden Jahren in ganz Europa auf. Als eine der bedeutendsten Ballerinen ihrer Zeit beendete G.-Y. 1854 ihre Karriere, lebte als Ballettmeisterin in Leipzig (1856-61) und M¨unchen (1869-74) und heiratete den Hofoperns¨anger Friedrich → Young. Ihr Verm¨ogen hinterließ G.-Y. den notleidenden Kindern der Stadt M¨unchen. C MGG

Grailich, (Wilhelm) Joseph, o¨ sterr. Kristallograph, * 16. 2. 1829 Preßburg, † 13. 9. 1859 Wien. Der Sohn eines Professors der Philologie am evang. Lyceum in Preßburg, studierte 1847-53 am Polytechnikum und an der Univ. Wien Naturwissenschaften und wurde nach der Promotion Eleve, sp¨ater Assistent am Physikalischen Institut. 1855 f¨ur Kristallographie, Physik der Kristalle und allgemeine Physik habilitiert, wurde er im selben Jahr Kustosadjunkt am Hofmineralienkabinett, a. o. Prof. der h¨oheren Physik und Mitglied der wissenschaftlichen Pr¨ufungskommission f¨ur Lehramtskandidaten. G. versuchte als erster die Fluoreszenzerscheinungen an Kristallen wissenschaftlich zu begr¨unden und gesetzm¨aßige Zusammenh¨ange zwischen geometrischen und physikalischen Eigenschaften kristalli¨ sierter K¨orper zu erforschen. Von G. stammt die Ubersetzung und Umarbeitung von William Hallowes Millers Treatise on crystallography (1839) unter dem Titel Lehrbuch der messenden Kristallographie (1856). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Beitrag zur Theorie der gemischten Farben (1854), Brechung und Reflexion des Lichts an Zwillingsfl¨achen optisch einaxiger vollkommen durchsichtiger Medien (1856) und Krystallographisch-optische Untersuchungen (1858). 1859 wurde G. in die Wiener Akademie der Wissenschaften aufgenommen. C NDB

Graimberg, Carl Graf von, Zeichner, Kunstsammler, * 30. 7. 1774 Schloß Paars bei Chˆateau-Thierry (Aisne, Frankreich), † 10. 11. 1864 Heidelberg. Der infolge der Franz¨osischen Revolution von 1789 emigrierte G., dessen Vater Abgeordneter des Adels zu den Generalst¨anden war, kam 1810 nach Heidelberg und wurde vom romantischen Reiz der Schloßruine derart beeindruckt, daß er sich dort niederließ. Die von ihm teils allein, teils mit fremder Hilfe geschaffenen zahlreichen Veduten haben zur

Gramberg Weltber¨uhmtheit des Heidelberger Schlosses beigetragen. G. selbst bezog einige R¨aume des Schlosses, dessen Erhaltung er sich mit großem Engagement widmete. Er sammelte Kunstwerke aller Art, die sich auf die Geschichte der Kurpfalz und S¨udwestdeutschlands bezogen, darunter den Windesheimer Zw¨olfbotenaltar von Tilman → Riemenschneider. Die Sammlung ging nach seinem Tod an die Heidelberger Stadtverwaltung und bildete den Grundstock des 1907 gegr¨undeten Kurpf¨alzischen Museums. C NDB

Graimberg-Bellau, Maria (Antoinette Josephine Theresia Franziska) Gr¨afin von, Lehrerin, * 8. 3. 1879 Bensheim, † 14. 6. 1965 Heidelberg. G., Enkelin von Carl von → Gaimberg, war nach ihrer Lehrerinnenausbildung in Aschaffenburg als Franz¨osisch-Lehrerin in M¨adchenpensionaten t¨atig. Dem Katholizismus ebenso wie dem Wohlfahrtsgedanken eng verbunden, gr¨undete sie 1911 in Heidelberg die deutschlandweit erste kath. Soziale Frauenschule in der sie vierzig Jahre als Lehrerin und Direktorin t¨atig war. 1951 u¨ bergab sie die Schule dem Deutschen Caritasverband und zog sich aus der aktiven Arbeit zur¨uck. C BBKL ¨ Physiker, B¨urgermeister von Gralath, Daniel d. A., Danzig, * 30. 5. 1708 Danzig, † 23. 7. 1767 Danzig. Der Sohn eines aus Regensburg stammenden Kaufmanns studierte seit 1728 Rechtswissenschaften in Halle und Marburg. Nach einer Bildungsreise durch Frankreich kehrte er 1734 nach Danzig zur¨uck und lebte zun¨achst als Privatgelehrter. Seit 1742 Quartiermeister, r¨uckte er 1758 in den Rat auf und wurde 1763 B¨urgermeister der Stadt. Seine wissenschaftlichen Forschungen galten vor allem der Elektrizit¨atslehre. Er verbesserte die Leidener Flasche und unternahm erste Meßversuche elektrischer Kr¨afte. In den Abhandlungen der von ihm 1742 gegr¨undeten Naturforschenden Gesellschaft in Danzig ver¨offentlichte er eine Geschichte der Electricit¨at (3 Tle., 1747-56). G. war der Vater Daniel → G.s d. J. C NDB

Gralath, Daniel d. J., Jurist, Historiker, * 8. 6. 1739 Danzig, † 21. 2. (10. .) 1809 Danzig. ¨ studierte in K¨onigsberg RechtsDer Sohn Daniel → G.s d. A. wissenschaft und wurde 1763 promoviert. 1764-1809 war er Prof. der Rechtswissenschaft am Akademischen Gymnasium in Danzig, seit 1799 dessen Rektor. Neben juristischen Ver¨offentlichungen verfaßte G. den ersten umfassenden, bis in das Jahr 1752 reichenden Versuch einer Geschichte Danzigs (3 Bde., 1789-91). C Altpreuß Biogr, Bd 1

Gramann, Johann → Poliander, Johannes Gramatt´e, Walter, Maler, Graphiker, * 8. 1. 1897 Berlin, † 9. 2. 1929 Hamburg. Der B¨ackerssohn wurde 1914 zum Kriegsdienst einberufen und u¨ berlebte den Ersten Weltkrieg k¨orperlich und seelisch schwer verletzt. Trotz Studien an der Berliner Kunstakademie im wesentlichen Autodidakt, machten ihn seine ersten, stark vom expressionistischen „Br¨ucke“-Stil beeinflußten graphischen Arbeiten wie Aufschrei, Das M¨udesein und Die große Angst schnell bekannt. Nach zwei k¨unstlerisch fruchtbaren Jahren in Barcelona kehrte G. 1926 nach Berlin zur¨uck. Er schuf Holzschnitte, Lithographien, Kaltnadel¨ radierungen, Olgem¨ alde und Aquarelle. Die fr¨uhe Periode anklagender, depressiver Bilder (u. a. Der Mann im Schlitten, 1920) wurde sp¨ater abgel¨ost von zahlreichen Landschaften, Stilleben, Selbstportr¨ats und Bildnissen seiner Frau, die einen freieren Blick auf das Leben zeigen. G. illustrierte u. a. Lev Tolstojs Der lebende Leichnam (1919) sowie Lenz (1925; als Einzelbl¨atter erschienen) und Woyzeck von Georg → B¨uchner. C NDB

Gramatzki, Hugh Ivan, auch H. John G., Physiker, * 12. 8. 1882 Shillong (Indien), † 14. 3. 1957 Kleinmachnow bei Berlin. G. wuchs als Sohn eines Ingenieurs in Indien auf und studierte an der TH Karlsruhe Naturwissenschaften. Er arbeitete als beratender Ingenieur, nahm als Marineoffizier am Ersten Weltkrieg teil und ließ sich nach der Entlassung aus norwegischer Internierung in Berlin nieder. Dort widmete er sich besonders der Astronomie, war 1922 Mitbegr¨under der Astro-Gesellschaft, die sich sp¨ater zu einem der f¨uhrenden Unternehmen der optischen Industrie entwickelte, und ver¨offentlichte u. a. einen Leitfaden der astronomischen Beobachtung (1928) f¨ur Amateurastronomen. Er konstruierte Photometereinrichtungen, lichtstarke Photo- und Projektionsobjektive sowie Objektive mit ver¨anderlicher Brennweite f¨ur ¨ Sternenbeobachtungen. Seine Abhandlung Uber eine Nichtarchimedische Mathematik als Grundlage einer neuen Mechanik und Physik (1929) stieß auf das Interesse Albert → Einsteins. Seine vielseitige Begabung stellte G. auch als zweiter Vorsitzender der Richard-Wagner-Gesellschaft, Konzertpianist, H¨orspielautor und Schriftsteller (Das weiße Tier, 1929) unter Beweis. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Hilfsbuch der astronomischen Photographie (1930), Planetenphotographie (1937), Probleme der konstruktiven Optik und ihre mathematischen Hilfsmittel (1954) und Der Alltag lehrt uns Optik (1957). C NDB

Gramberg, Anton Gustav Adelbert, Technologe, * 27. 12. 1875 Berlin, † 4. 9. 1966 Frankfurt / Main. Der Sohn eines Baumeisters und Prof. studierte seit 1894 an den Technischen Hochschulen Stuttgart und Charlottenburg Maschinenbau. Seit 1902 Assistent in Berlin, seit 1904 Dozent f¨ur Heizung und Meßwesen in Danzig, wurde er 1908 in Darmstadt zum Dr.-Ing. promoviert. Im Ersten Weltkrieg technischer Offizier, ging G. 1918 als Oberingenieur und Direktor zur IG Farben nach Frankfurt / Main (bis 1936) und wurde 1919 Dozent an der dortigen Univ., 1925 Honorarprofessor der technischen Thermodynamik und des Meßwesens an der Naturwissenschaftlichen Fakult¨at; 1935 u¨ bernahm er auch einen Lehrauftrag f¨ur mechanische Technologie an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakult¨at der Universit¨at. G. ver¨offentlichte u. a. Technische Messungen bei Maschinenuntersuchungen und im Betriebe (1905, 71959) und Maschinenuntersuchungen und das Verhalten der Maschinen im Betriebe (1918). C Altpreuß Biogr, Bd 4

Gramberg, Gerhard Anton, Mediziner, Schriftsteller, * 5. 11. 1744 Tettens bei Jever, † 10. 3. 1818 Oldenburg. Der Pastorensohn studierte 1762-66 in G¨ottingen Medizin (Promotion 1766, De haemoptysi in genere et speciatim eius nexu cum varia adversa exhypochondriis valetudine) und ließ sich 1767 als Arzt in Oldenburg nieder. Seit 1778 Hofund Garnisonsarzt, erhielt er 1783 den Titel eines Kanzleirats und war seit 1794 Landphysikus des Herzogtums Oldenburg. Der Aufkl¨arung verpflichtet, ver¨offentlichte er in den von ihm mit Gerhard Anton von → Halem herausgegebenen Zeitschriften „Bl¨atter vermischten Inhalts“ (1787-97) und „Oldenburgische Zeitschrift“ (1804-07) zahlreiche popul¨arwissenschaftliche, historische, biographische, musikalische und numismatische Beitr¨age. G. war mit Friedrich → Nicolai befreundet und Mitarbeiter an dessen „Allgemeiner deutscher Bibliothek“ (1765-1805). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Poetisches Taschenbuch (1803), Etwas u¨ ber Alarcos (1803, Neudr. 1994), Sophonisbe 1808, 1994) Maßregeln gegen die Verbreitung einer Pocken-Epedemie (1814) und Gedichte (2 Bde., 1817). 2001 erschienen unter dem Titel „Leben und wirken Sie noch lange f¨ur Wahr-

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Gramberg heit, Wissenschaft und Geschmack!“ Briefe des G.s an Nicolai aus der Zeit zwischen 1789 und 1808 (hrsg. von Gabriele Crusius). G. war der Vater von Gerhard Anton Hermann → G. C Oldenburg

Gramberg, Gerhard Anton Hermann, Jurist, Schriftsteller, * 18. 9. 1772 Oldenburg, † 10. 5. 1816 Oldenburg. Der Sohn Gerhard Anton → G.s studierte seit 1790 in Jena und Erlangen Rechtswissenschaften und ließ sich 1793 als Advokat in seiner Heimatstadt nieder. Als Sekret¨ar des Kammerkollegiums 1799 in den Staatsdienst eingetreten, war er 1808-11 Assessor am oldenburgischen Landgericht. Unter der franz¨osischen Besatzung wurde er Rat am Kaiserlichen Oberappellationsgericht in Hamburg. Mit der Wiederherstellung der alten Ordnung 1813 kehrte G. nach Oldenburg in die Justizkanzlei und das Konsistorium zur¨uck. Er war Mitglied der Literarischen Gesellschaft und schrieb Gedichte (Kr¨anze, 5 Bde., 1801-17), Verserz¨ahlungen, Schauspiele und Aufs¨atze. C Oldenburg

Grammann, Karl, Komponist, * 3. 6. 1842 L¨ubeck, † 30. 1. 1897 Dresden. Der Sohn eines Kaufmanns und Konsuls besuchte seit 1867 das Leipziger Konservatorium, lehrte 1871-84 als Prof. in Wien und ließ sich sp¨ater in Dresden nieder. Er komponierte im Stil Richard → Wagners, mit dem er pers¨onlich bekannt war. Nach der Urauff¨uhrung seiner Oper Melusine in Wiesbaden 1875 folgten Thusnelda und der Triumphzug des Germanicus (Dresden 1881), Das Andreasfest (Dresden 1882) und die Einakter Ingrid und Irrlicht (Dresden 1894). Die nachgelassene Oper Auf neutralem Boden wurde 1901 in Hamburg aufgef¨uhrt. G. komponierte ferner zwei Symphonien, ein Violinkonzert und mehrere Kammermusikwerke. C Kosch: Theater

Grammateus, Heinrich, eigentl. Schreyber, Mathematiker, * vor 1496 Erfurt, † 1525 / 26 Wien. Seit 1507 in Wien immatrikuliert, studierte G. 1514-17 in Krakau und kehrte als Magister an die Wiener Univ. zur¨uck. Als die Hochschule 1521 wegen der Pest geschlossen wurde, arbeitete er einige Jahre in N¨urnberg und Erfurt. 1525 erscheint er in Wien als Examinator der Baccalaureanden und Prokurator der s¨achsischen Nation. Als Vertreter der Wiener Schule war G. der erste Deutsche, dessen mathematische ¨ Abhandlungen durch Drucklegung einer breiteren Offentlichkeit auch in deutscher Sprache zug¨anglich wurden. Er machte sich vor allem um die Verbesserung der Zeichensprache verdient, f¨uhrte neue Symbole f¨ur die Potenzen der Unbekannten ein und verwendete durchg¨angig die Zeichen + und – sowie die allgemeine Buchstabenzahl. Sein wichtigstes Werk Ayn new kunstlich Buech [. . .] erschien 1521 in N¨urnberg. C NDB Grammatici, Nicasius, Gramatici, Grammaticus, Jesuit, Astronom, * 22. 2. 1684 oder 1685 Trient, † 17. 9. 1739 Regensburg. G. trat 1701 in die Gesellschaft Jesu ein und studierte Philosophie und Theologie in Amberg und Ingolstadt, wo er 1720 Prof. der Mathematik und des Hebr¨aischen wurde. Zugleich verantwortlich f¨ur die dortige Sternwarte, berief ihn Philipp V. 1726 als Prof. der Mathematik und Astronomie in sein Seminarium Nobilium nach Madrid, doch kehrte er 1730 auf eine Professur f¨ur Moraltheologie am Lyzeum in Amberg zur¨uck. 1732 wurde er Vorsteher des Seminars, sp¨ater Pater spiritualis des Jesuitenkollegs in Regensburg. G. ver¨offentlichte zahlreiche astronomische Abhandlungen, u. a. Solis et lunae eclipsium in plano organice delineandarum methodus nova (1720), Planetolabium novum (1726) und Tabulae lunares ex theoria et mensuris geometrae celeberrimi domini Isaaci Newtoni (1726). C LMU

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Grammel, Richard, Physiker, * 3. 3. 1889 Klosterreichenbach (W¨urttemberg), † 26. 6. 1964 Stuttgart. G. studierte Mathematik und Physik in M¨unchen, T¨ubingen und Stuttgart, wurde 1913 mit der Dissertation Zur n-dimensionalen Vektor-Symbolik promoviert und habilitierte sich 1916 mit der Arbeit Zus¨atze zur Kreiseltheorie mit einer Anwendung auf die Ballistik an der TH Danzig. Er war seit 1917 Privatdozent an der Univ. Halle / Saale, 1920-57 o. Prof. der technischen Mathematik und Thermodynamik an der TH Stuttgart. G. arbeitete vor allem u¨ ber die Kreiseltheorie, die Theorie der Torsionsschwingungen und Probleme der technischen Dynamik. Er gab die Zeitschrift „IngenieurArchiv“ heraus, redigierte das Handbuch der Physik und ver¨offentlichte u. a. Die hydrodynamischen Grundlagen des Fluges (1917), Der Kreisel (2 Bde., 1920, 21950), Die me¨ chanischen Beweise f¨ur die Bewegung der Erde (1922), Uber einige dynamische Probleme bei Kolbenmotoren (1939) und Aus der Werkstatt des Denkens (1951). G. war seit 1920 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina.

Grammer, Georg, Unternehmer, * 15. 5. 1931 Amberg, † 15. 5. 2005 Amberg. G. u¨ bernahm 1954 die von seinem Großvater 1880 in Amberg gegr¨undete Sattlerei und gr¨undete im selben Jahr einen Betrieb zur Fabrikation von Traktorsitzkissen. Innerhalb weniger Jahrzehnte baute er die Firma zu einem international t¨atigen Unternehmen zur Herstellung von Komponenten f¨ur die Innenausstattung von Kraftfahrzeugen aus. Mit der Hintersch¨aumtechnik schuf G. eine neuartige Technologie zur Polsterherstellung, die sp¨ater zur Coating-Technologie weiterentwickelt wurde. 1989 wurde der Betrieb in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. G. war bis 1998 deren Vorstandsvorsitzender, sp¨ater Mitglied des Aufsichtsrats, dessen Vorsitz er bis 2000 innehatte.

Gramsch, Friedrich Karl Fedor Oskar, Beamter, * 2. 5. 1860 Z¨ullichau, † 5. 2. 1923 K¨onigsberg. G. schloß das Studium der Rechtswissenschaft in Berlin, Leipzig und M¨unchen mit der Promotion ab, trat 1885 als Regierungsreferendar bei der Regierung Kassel in die allgemeine Staatsverwaltung ein und u¨ bernahm 1892 / 93 das Landratsamt Braunsberg. Seit 1900 beim Oberpr¨asidium in K¨onigsberg t¨atig, wurde er 1902 Oberpr¨asidialrat und 1908 Regierungspr¨asident in Allenstein, wechselte jedoch im selben Jahr zur sog. Ansiedlungskommission f¨ur Westpreußen und Posen und wirkte bei der Umsetzung der preuß. Germanisierungspolitik unter Ministerpr¨asident Bernhard von → B¨ulow mit. Differenzen mit dessen Nachfolger Theobald von → Bethmann Hollweg f¨uhrten zur Versetzung auf den Posten des Regierungspr¨asidenten in Gumbinnen. In dieser Funktion war G. im August 1914 an der mit zahlreichen Schwierigkeiten verbundenen Verlagerung der Zivilbeh¨orden in das nicht von russischen Truppen besetzte Gebiet beteiligt. Seit 1915 beim Regierungspr¨asidium K¨onigsberg t¨atig, wurde er 1917 stellvertretender preuß. Staatskommissar f¨ur Volksern¨ahrung. G. zog sich 1919 auf sein Gut im Kreis Braunsberg zur¨uck. C Altpreuß Biogr, Bd 3

Gran, Daniel (Johannes), auch de G., le G., G. della Torre, Legrande; Johann Daniel, Daniel Leo, o¨ sterr. Maler, getauft 22. 5. 1694 Wien, † 16. 4. 1757 St. P¨olten. Nach erster k¨unstlerischer Ausbildung bei Adam Pankraz Ferg und dem Architekturmaler Georg Werle war G., Sohn eines Kochs, Sch¨uler von Sebastiano Ricci in Venedig und Francesco Solimena in Neapel. Nach seiner R¨uckkehr 1720 trat er in die Dienste des Hauses Schwarzenberg. G. war einer der bedeutendsten Repr¨asentanten der barocken Fresko¨ malerei in Osterreich. Die Lockerung der Komposition durch

Grandjean freie, lichtdurchflutete Himmelsr¨aume und isolierte Figurengruppen aus pathetisch bewegten Einzelgestalten ohne Aufgabe von Geschlossenheit in der Gesamtwirkung sowie die Verwendung heller, kr¨aftiger Farben kennzeichnen seinen Stil. Zu seinen Hauptwerken z¨ahlen die Fresken im Palais Schwarzenberg (1724-26; 1945 fast v¨ollig zerst¨ort) und in der Wiener Hofbibliothek in Wien (1726-30), im Landhaussaal in Br¨unn (1734 / 35), in der Wallfahrtskirche auf dem Sonntagberg (1738 / 39 und 1741-43) und im Kaisersaal in Klosterneuburg (1749). G.s bedeutendstes Altarbild ist die Himmelfahrt Mariens am Hochaltar der Stiftskirche Lilienfeld (1745). Er schuf auch virtuose Federzeichnungen. C NDB

Gran, Heinrich, Drucker, * um 1450 wahrscheinlich Hagenau, † 1523 / 27 wahrscheinlich Hagenau. G. war lange Mitglied des Magistrats von Hagenau und geh¨orte dem Vorstand der Korporation der reichen Konstoffler an. Als sein erster bekannter Druck wird der Cornutus des Johannes Garlandia von 1489 genannt. G. druckte vor allem theologische Schriften, u. a. Predigten von Gabriel → Biel, Michael de Ungaria und Bernardinus de Bustis, Abhandlungen u¨ ber Liturgie, Pastoraltheologie, Moral und Kirchengeschichte sowie die Werke der Kirchenv¨ater und der bedeutenden Theologen des Mittelalters. Seine Auftraggeber waren u. a. Wolfgang → Lachner in Basel, Konrad → Hist in Speyer und seit 1497 haupts¨achlich der Augsburger Verleger Johann → Rynmann, nach dessen Tod 1523 G. seine C NDB Druckt¨atigkeit beendete. Granach, Alexander, eigentl. Jessaiah Szajko Gronach, bis 1912 Hermann G., Schauspieler, * 18. 4. 1890 Werbowitz (Galizien), † 14. 3. 1945 New York. Von Beruf B¨acker, schloß sich G., Sohn eines H¨andlers und B¨ackers, 1905 in Lemberg einem j¨udischen Wandertheater an und kam 1906 nach Berlin. Er lernte Deutsch, war Mitbegr¨under der j¨udischen Theatervereinigung „Jacob Gordin“, wurde in die Schauspielschule Max → Reinhardts aufgenommen und deb¨utierte 1912 am Deutschen Theater. Nach dem Ersten Weltkrieg spielte er in Wien und M¨unchen Charakterrollen, kehrte 1921 nach Berlin zur¨uck und trat in den folgenden Jahren u. a. am Lessing-Theater, am Stadttheater ¨ und an der Piscatorb¨uhne auf. 1933 floh G. u¨ ber Osterreich, die Schweiz und Polen in die Sowjetunion, war Mitarbeiter der „Deutschen Zentral-Zeitung“ in Moskau, Mitbegr¨under des j¨udischen akademischen Theaters und Direktor des j¨udischen Nationaltheaters in Kiew. 1938 emigrierte er u¨ ber die Schweiz, Frankreich und Portugal in die USA, wo er seit 1939 u. a. in den Filmen Ninotschka von Ernst → Lubitsch, Hangmen also die von Fritz → Lang und The Seventh Cross nach dem Roman von Anna → Seghers mitwirkte. Seine Autobiograhie There Goes an Actor erschien 1945. C Lex o¨ sterr Exillit

Grandaur, Bernhard (Johann Michael) Ritter von, Jurist, Beamter, * 18. 12. 1776 W¨urzburg, † 23. 11. 1838 M¨unchen. G., Sohn eines Schirmmachers, besuchte als Stipendiat das Juliusspital in W¨urzburg, studierte anschließend an der dortigen Universit¨at Rechtswissenschaften und wurde nach der Promotion 1804 bayerischer Landrichter in Homburg (Unterfranken), 1807 in Karlstadt. Von → Ludwig I. 1826 aufgrund zweier Denkschriften in die neugeschaffene Ministerialsektion f¨ur Angelegenheiten der Kirche und des Unterrichts beim Innenministerium berufen, wurde er 1828 Kabinettssekret¨ar. In dieser Position verteidigte und unterst¨utzte er, seit 1831 im Rang eines Staatsrats, die autokratische Machtaus¨ubung des K¨onigs gegen die sich in der Revolutionszeit um 1830 herausbildenden politischen Fraktionen

von B¨urgertum, Adel und Geistlichkeit in Bayern. G. ver¨offentlichte u. a. Die Gesetzgebung des F¨urstentums W¨urzburg (1806). C NDB

Grande, Ludwig Eduard Johann, Musiker, Dirigent, Komponist, * 26. 4. 1865 Teltsch (Bez. Daˇcice), † 25. 7. 1940 Troppau. G., Sohn eines Burggrafen und sp¨ateren Gutsverwalters in Schlakau bei Troppau, erhielt zun¨achst privaten Musikunterricht und studierte seit 1881 am Wiener Konservatorium; daneben h¨orte er Musikgeschichte bei Eduard → Hanslick an der Univ. Wien. Nach dem Diplom 1886 setzte er seine Musikstudien privat bei Franz → Krenn, Anton → Bruckner und Theodor → Leschetizky fort. 1890 gr¨undete G. die erste staatlich autorisierte Musiklehranstalt in Troppau, wo er auch als st¨adtischer Musikdirektor (1893-1917), als Leiter der Stadtkapelle (seit 1902) und als Leiter der Singakademie (1910-27) wirkte. Er f¨uhrte regelm¨aßige Sinfoniekonzerte ein und brachte auch zahlreiche zeitgen¨ossische Werk zu Geh¨or, darunter auch eigene Kompositionen (18 Sinfonien, ein Klavierkonzert, Kammermusikst¨ucke und Lieder). Einige seiner Werke gingen auf schlesische Volksmusik zur¨uck (Schlesische Bauernt¨anze, Aus den Bergen meiner Heimat). C Dt Musikkultur

Granderath, Theodor, Jesuit, Theologe, * 19. 6. 1839 Giesenkirchen (Rheinland), † 19. 3. 1902 Valkenburg (Niederlande). Der Sohn eines Lehrers und K¨usters studierte in T¨ubingen Theologie und trat 1860 in die Gesellschaft Jesu ein. Nach dem Studium in Maria Laach und Ditton Hall (Großbritannien) empfing er 1872 die Priesterweihe und wurde 1874 Prof. des Kirchenrechts, sp¨ater auch der Apologetik und Dogmatik am Jesuitenkolleg in Ditton Hall. 1887 u¨ bernahm er im niederl¨andischen Exaeten die Weiterf¨uhrung der „Collectio Lacensis“, der Edition von Akten und Dekreten der neueren Konzile. 1893-1901 arbeitete G. in Rom an einer Geschichte des Vaticanischen Konzils von seiner ersten Ank¨undigung bis zu seiner Vertagung (3 Bde., 1903-06, hrsg. von K. Kirch). C NDB Grandidier, Philippe Andr´e, Jesuit, Historiker, * 29. 11. 1752 Straßburg, † 11. 10. 1787 L¨utzel (Oberelsaß). G., Sohn eines Juristen, studierte an der kath. Univ. Straßburg Philosophie und Theologie. Bischof Louis-C´esarConstantin de Rohan ernannte ihn 1773 zu seinem Sekret¨ar und Archivar und erm¨oglichte ihm so die Sammlung von Materialien f¨ur seine els¨assische Kirchengeschichte Histoire ´ de l’Eglise et des e´ vˆeques-princes de Strasbourg (2 Bde., 1776 / 78). Zwar wurde er sp¨ater der Urkundenf¨alschung bezichtigt, doch sind durch ihn wertvolle, im Original verschollene Texte wie etwa das a¨ lteste Straßburger Stadtrecht und die Akten des Gutenberg-Prozesses erhalten geblieben. G. ver¨offentlichte ferner eine Histoire eccl´esiastique, militaire, civile et litt´eraire de la Provence d’Alsace (1787). C NDB Grandjean, (Joseph) Moritz Anton, Pseud. M. G. Herbert, Traun der Schwerm¨utige, o¨ sterr. Schriftsteller, Beamter, * 8. 10. 1821 Wien, † 19. 1. 1885 Wien. G., Sohn eines k. k. Hofbereiters, Tabaktrafikanten und sp¨ateren Kaffeehausbesitzers, durchlief eine Ausbildung in der Kommerziellen Abteilung des Polytechnischen Instituts in Wien, arbeitete anschließend f¨unf Jahre in einem Großhandelshaus und war 1843-73 Beamter der o¨ sterr. Nationalbank. Daneben schriftstellerisch t¨atig, verfaßte G. Feuilletons f¨ur verschiedene Zeitschriften und zahlreiche B¨uhnenst¨ucke, vor allem Lustspiele, Possen und Schw¨anke wie Die geheime Mission (1853), Er kann nicht lesen (1860) und Die neue Magd (1876). 1863-84 erschienen unter dem Titel Gute Unterhaltung! Humoristica insgesamt acht

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Grandy Sammlungen humoristischer Erz¨ahlungen; 1870 schrieb G. gemeinsam mit Karl → Costa das Libretto zu der komischen Operette Die Prinzessin von Dragant nach Johann → Nestroys Lohengrin-Parodie. C DSL

Grandy, Theo, Journalist, Redakteur, Intendant, * 7. 10. 1919 Elchingen (Kr. Aalen), † 31. 10. 1987. G., Sohn eines selbst¨andigen Stellmachermeisters, durchlief 1934-37 eine Lehre als Elektroinstallateur. 1938-41 war er Funker, dann Kampfflieger. 1941 in sowjetische Kriegsgefangenschaft geraten, engagierte er sich seit 1943 im „Nationalkomitee Freies Deutschland“, f¨ur das er seit 1944 journalistisch in Moskau t¨atig war. 1945 wurde G. in Berlin Redakteur der „Deutschen Volkszeitung“ und 1946 des „Neuen Deutschland“; zun¨achst betreute er die Ressorts Wirtschaft und Jugend, seit 1947 die Innenpolitik. 1950-52 war er stellvertretender Chefredakteur, dann Chefredakteur der Schweriner „Landes-Zeitung“. 1951-54 studierte er an der Parteihochschule „Karl Marx“ beim SED-Zentralkomitee. 1952 wurde G. Chefredakteur der „Ostsee-Zeitung“ (Rostock). Es folgten seit 1953 weitere Stationen als Chefredakteur im Innenministerium der DDR, bei der DEFA und bei der „BZ am Abend“, außerdem als stellvertretender Chefredakteur der „T¨aglichen Rundschau“. 1955-57 war G. Intendant des Berliner Rundfunks und 1957-61 Chefredakteur der „Berliner Zeitung“. Zuletzt arbeitete er als Redakteur der „Humanitas“. C DDR

Graner, (Carl) Friedrich (Hermann) von, Forstwissenschaftler, * 27. 3. 1847 Ludwigsburg, † 25. 9. 1914 Stuttgart. G. studierte Forstwissenschaften an der Univ. T¨ubingen und an der Land- und Forstwirtschaftlichen Akademie Hohenheim und trat 1870 bei der Verwaltung des dortigen Lehrreviers in den w¨urttembergischen Forstdienst ein. Nach einem Jahr als Kollegialhilfsarbeiter der Katasterkommission wurde er 1874 Revierverwalter und Forstmeister in Stubersheim, Weingarten, Sulz / Rhein und Rottweil. Seit 1883 auch Lehrbeauftragter f¨ur Forsteinrichtungswesen an der Univ. T¨ubingen, u¨ bernahm er 1887 das Ordinariat f¨ur Forstwissenschaft. 1896 kehrte er als Forstrat in den Verwaltungsdienst zur¨uck, wurde 1901 zum Oberforstrat ernannt und war seit 1903 Leiter der Stuttgarter Forstdirektion. G. ver¨offentlichte u. a. Die Forstbetriebseinrichtung (1889), Forstgesetzgebung und Forstverwaltung (1892) und Die Forstverwaltung W¨urttembergs (1910). C Marcon / Strecker Granichstaedten, Bruno (Bernhard), o¨ sterr. Komponist, Librettist, S¨anger, * 1. 9. 1879 Wien, † 30. 5. 1944 New York. Der Sohn eines Juristen studierte am Leipziger Konservatorium, war Korrepetitor an der Wiener Hofoper und trat mit Chansons in Wiener Kabaretts hervor. Zwischen 1908 und 1930 komponierte G. mehr als sechzehn Operetten, u. a. Publikumserfolge wie Bub oder M¨adel (1908), Auf Befehl der Herzogin (1915) und Der Orlow (1925). G. schrieb auch Libretti und Filmmusik, etwa zu Im Walzerparadies (1931). ¨ Nach dem „Anschluß“ Osterreichs an das Deutsche Reich 1938 emigrierte er in die USA und arbeitete zun¨achst in Hollywood als Filmkomponist, sp¨ater als Pianist in New Yorker Nachtlokalen. Seine Musik war anfangs von Franz → Leh´ar inspiriert, nahm sp¨ater aber immer mehr rhythmische Elemente aus Jazz und Blues auf. C MGG Granichstaedten-Czerva, Rudolf von, o¨ sterr. Verbandsfunktion¨ar, Schriftsteller, Jurist, * 2. 5. 1885 Wien, † 18. 1. 1967 Wien. G.-C. studierte an den Universit¨aten Wien, M¨unchen und Frankfurt / Main sowie an der Wiener Hochschule f¨ur Welthandel und wurde zum Doktor der Rechte, der Staatswissenschaften und der Philosophie promoviert. Er ließ sich als

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Wirtschaftsjurist und Strafverteidiger in seiner Heimatstadt nieder, dozierte an der Hochschule f¨ur Welthandel und war Pr¨asident des Wiener Handels- und Industrievereins sowie Vizepr¨asident des Zentralverbandes o¨ sterreichischer Aktiengesellschaften. G. ver¨offentlichte Abhandlungen zu rechtswissenschaftlichen, volkswirtschaftlichen und aktienrechtlichen Problemen sowie Arbeiten zur Genealogie und zur Tiroler Geschichte, u. a. Grundbegriffe des modernen Bankund B¨orsenwesens (91923), Geschichte Tirols 1848 bis 1916 (1924) und Bibliographische Quellen zur Tiroler Familienforschung (1939). Seit 1924 redigierte G. die Zeitschrift „Die Aktiengesellschaft“. C Czeike

Granigg, Bartholom¨aus, auch Bartel G., o¨ sterr. Mineraloge, Geologe, * 25. 6. 1883 H¨uttenberg (K¨arnten), † 18. 1. 1951 Wien. Der Bergmannssohn schloß das Studium an der Montanistischen Hochschule Leoben 1903 als Bergingenieur ab und wurde 1905 in Genf promoviert. Nach praktischen Jahren als H¨auer, Bergeleve und Bergverwalter erwarb G. 1909 mit einer Dissertation u¨ ber die Die stoffliche Zusammensetzung der Schneeberger Lagerst¨atten als erster den Titel eines Dr. mont. und trat im folgenden Jahr als Adjunkt in den Leobner Hochschuldienst ein. 1911 wurde er a. o. Prof., 1917 o. Prof. der Mineralogie und Petrographie, 1919 auch der Bergbaubetriebs- und Bergwirtschaftslehre. 1934 wechselte er als o. Prof. der Mineralogie und Geologie an die TH Graz. G. ver¨offentlichte u. a. Die Erzf¨uhrung der Ostalpen ¨ (1913), Die Wasserkraftnutzung in Osterreich und deren geographische Grundlagen (1925) Organisation, Wirtschaft und ¨ Betrieb im Bergbau (1926), Von den Wohltaten und Ubeln ¨ der Technik (1946), Die Bodensch¨atze Osterreichs und ihre wirtschaftlichen Grundlagen (1947) und Die Lagerst¨atten nutzbarer Mineralien (1951). C NDB Granitsch, Georg, o¨ sterr. Politiker, Publizist, * 1. 2. 1833 Wien, † 18. 9. 1903 Hadersdorf-Weidlingau (Nieder¨osterreich). G. studierte Rechtswissenchaften, ließ sich nach der Promotion als Rechtsanwalt in Wien nieder und arbeitete seit 1861 als politischer Publizist f¨ur den „Botschafter“, die „Augsburger Allgemeine Zeitung“, den „Pester Lloyd“, die „Ostdeutsche Post“ und die „Neue Freie Presse“. Als f¨uhrender liberaler Politiker wurde er 1867 in den Wiener Gemeinderat, 1868 in den nieder¨osterreichischen Landtag und 1873 in den o¨ sterr. Reichsrat gew¨ahlt. G. ver¨offentlichte u. a. Der Reichsratskandidat der judenliberalen Partei (1887) und Anweisung zur Errichtung von Spar- und Darlehenskassen und Vereinen nach dem System Raiffeisens in Nieder¨osterreich (1887). C Czeike

Granitsch, Helene, o¨ sterr. Schriftstellerin, Frauenrechtlerin, * 8. 6. 1876 Wien, † 11. 2. 1956 Portland (USA). G. besuchte die Lehrerinnenbildungsanstalt St. Anna in Wien, nahm Schauspielunterricht und engagierte sich nach ihrer Heirat 1899 mit dem Rechtsanwalt Robert G. in sozialen Fragen. Sie organisierte mit Theodor → Escherich die o¨ sterr. S¨auglingsschutzbewegung und war 1903 Mitbegr¨underin des Vereins S¨auglingsschutz, in den folgenden Jahren Gr¨underin, Vorsitzende und Vizepr¨asidentin der ¨ Reichsorganisation der Hausfrauen Osterreichs, des Wirtschaftsverbandes der geistigen Arbeiter, der Internationalen ¨ Hilfe f¨ur geistige Arbeiter, der Osterreichischen Frauenpartei und der Frauenschaft sowie Mitglied des Consultativen ¨ Frauen-V¨olkerbundkomitees. Nach dem „Anschluß“ Osterreichs an das Deutsche Reich 1938 emigrierte sie in die USA, wo sie in den World Women Council gew¨ahlt wurde. G. ver¨offentlichte u. a. Die Kriegsdienstleistung der Frauen (1915), Krieg und Luxus (1917) und Das Buch der Frau (1920). C Czeike

Grasberger Granow, Hans-Ulrich, Jurist, Diplomat, * 21. 1. 1902 Liegnitz (Schlesien), † 9. 8. 1964 Stockholm. Der Arztsohn studierte seit 1920 in Frankfurt / Main Rechtswissenschaften und wurde 1924 promoviert. Danach im preuß. Justizdienst, trat er 1928 in den Ausw¨artigen Dienst ein, f¨ur den er bis 1943 u. a. in Bagdad, New York, Ottawa, Paris, Amsterdam und Athen t¨atig war. 1939 trat G. in die NSDAP ein. Im Januar 1944 wurde er in den Ruhestand versetzt. 1945-50 war G. Amtsrichter in Lauterbach (Hessen), seit 1950 Oberregierungsrat, seit 1951 Ministerialrat im Bundesfinanzministerium und vertrat seit 1953 die Bundesrepublik Deutschland als Generalkonsul und Botschafter (seit 1958) in Singapur, Malaysia, S¨udafrika und zuletzt in Schweden. C BHdAD Grans, Heinrich, Schauspieler, Regisseur, * 10. 12. 1822 Braunschweig, † 21. 8. 1893 Breslau. G. begann 1842 als jugendlicher Held und Liebhaber in Prenzlau und kam u¨ ber Frankfurt / Oder, Braunschweig, Magdeburg, Breslau und Prag 1854 nach Weimar. 1869-75 in Leipzig engagiert, ging er 1875 wieder nach Breslau, wo er sp¨ater Oberregisseur und Direktor wurde. Gegen Ende seiner Karriere unternahm G. fast nur noch Gastspielreisen. Er spielte Hauptrollen in den Dramen → Schillers, → Goethes und Shakespeares. Karl → Gutzkow schrieb ein Lobgedicht auf ihn. G.’ eigene Schauspiele haben vor allem das Theatermilieu zum Thema. 1890 erschienen Genrebilder aus dem Schauspielerleben. C Kosch: Theater

und wurde 1912 promoviert. 1938 wurde er Honorarpro¨ fessor, sp¨ater o. Prof. der Agyptologie in Berlin und 1943 Vizepr¨asident der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Seit 1951 Abteilungsleiter an der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, war er 1956-62 Direktor des dortigen Instituts f¨ur Orientforschung. G. war Mitver¨ fasser des W¨orterbuchs der Agyptischen Sprache (12 Bde., 1926-63; 6 Bde., 21957-59; zusammen mit Adolf → Erman) und ver¨offentlichte u. a. einen Grundriß der Medizin der al¨ ten Agypter (2 Bde., 1954 / 55). C Dawson

Gras, Kaspar, o¨ sterr. Bildhauer, * um 1584 Konstanz (?), † 3. 12. 1674 Schwaz (Tirol). Der Sohn eines Hauptmanns erlernte seit 1602 in Innsbruck bei Hubert → Gerhard das Modellieren von Plastiken f¨ur den Guß, trat 1608 als Bossierer in den Dienst Erzherzog → Maximilians III. und wurde um 1613 zum Hofbossierer ernannt. Nach Beendigung der Arbeiten am mehrfach abge¨anderten Grabmal des Erzherzogs (nach 1618; Innsbruck, Stadtpfarrkirche St. Jakob) vom neuen Landesf¨ursten → Leopold V. als Kammerbossierer verpflichtet, modellierte er u. a. den sogenannten Leopoldsbrunnen in Innsbruck (1622-30). 1670 wurde G. als Altersversorgung und Austrag die Stelle eines Erzkastners in Schwaz u¨ bertragen. G. entwickelte seinen Stil unter dem Einfluß der Werke Giambolognas; seine glatten und naturgetreuen Modelle geh¨oren zu den sp¨atesten Formen des Manierismus in S¨uddeutschland. C NDB

Grantzow, Adele, T¨anzerin, * 1. 1. 1845 Braunschweig, † 7. 6. 1877 Berlin. G., Tochter eines Ballettmeisters, trat zun¨achst in Braunschweig auf, war 1857-66 Mitglied des Hoftheaters in Hannover und vervollst¨andigte in Paris ihre Ausbildung. Danach war sie auf B¨uhnen in Moskau, St. Petersburg und Paris zu sehen, gastierte 1872 und 1873 in Berlin, ferner in Wien, 1875 in Kairo und geh¨orte 1875 / 76 dem Berliner Hoftheater als erste T¨anzerin an. C Braunschweig

Granzow, Walter, Landwirt, Politiker, Bankfachmann, * 13. 8. 1887 Sch¨onhagen (Ostpriegnitz), † 3. 12. 1952 Bad Schwartau. G. besuchte die H¨ohere Landwirtschaftsschule, 1907 / 08 das Landwirtschaftliche Institut der Univ. Halle und f¨uhrte seit 1910 den v¨aterlichen Hof im altm¨arkischen Geestgottberg. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg war er 1919-22 Deichhauptmann des Wischedeichverbandes (Elbniederung). G. wurde Mitglied des Kreistages Osterburg und war 1922-32 als Verwalter eines Gutes bei Severin (Mecklenburg) t¨atig. 1931 trat er der NSDAP bei, war bis 1933 landwirtschaftlicher Gaufachberater f¨ur MecklenburgL¨ubeck und 1932 / 33 Ministerpr¨asident und Minister des ¨ Außeren sowie Minister der Finanzen und der Landwirtschaft, Dom¨anen und Forsten von Mecklenburg-Schwerin. Seit 1933 Mitglied der SS, geh¨orte G. 1933-43 dem Reichstag an. Seit 1933 war G. auch Pr¨asident der Deutschen Rentenbank, Verwaltungsratsvorsitzender der Deutschen Siedlungsbank, Vorsitzender des Aufsichtsrates in anderen Banken (u. a. Deutsche Pachtbank, Getreide-Kreditbank) sowie Vorsitzender des Ehrengerichtes des Deutschen Reichsbauernrats. 1935 u¨ bernahm er die Reichsleitung des Amtes f¨ur Agrarpolitik der NSDAP. Nach Kriegsende bis 1948 interniert, wurde G. Wirtschaftsberater und sp¨ater Verk¨aufer in einer Margarinefabrik. C Lilla, Statisten ¨ Grapow, Hermann, Agyptologe, * 1. 9. 1885 Rostock, † 24. 8. 1967 Berlin. ¨ G. studierte 1906-10 in Berlin und G¨ottingen Agyptologie, arbeitete seit 1907 am W¨orterbuch der a¨ gyptischen Sprache an der Preußischen Akademie der Wissenschaften mit

Grasberger, Franz, o¨ sterr. Musikwissenschaftler, Bibliothekar, * 2. 11. 1915 Gmunden (Ober¨osterreich), † 25. 10. 1981 Wien. G. studierte an der Univ. Wien Musikwissenschaft, an der dortigen Musikakademie Kirchen- und Schulmusik, wurde 1938 mit der Arbeit Joseph Weigl (1766-1846). Leben und Werk mit besonderer Ber¨ucksichtigung der Kirchenmusik ¨ promoviert und trat im selben Jahr in die Osterreichische Nationalbibliothek ein. Er wurde ein Fachmann f¨ur Musikbibliographie und war seit 1970 Leiter der Musiksammlung. G. hatte 1954-72 einen Lehrauftrag f¨ur Musikforschung an der Univ. Wien, ver¨offentlichte u. a. Biographien zu Johannes → Brahms und Richard → Strauss und gab BrucknerStudien heraus. Er gr¨undete die Abteilung Musikdokumen¨ tation in der Nationalbibliothek, das Institut f¨ur Osterreichische Musikdokumentation (1972) und das Anton-BrucknerInstitut in Linz und brachte die Hoboken-Sammlung nach ¨ Wien. C OML Grasberger, Hans (Johannes), Pseud. Karl Birkenb¨uhl, o¨ sterr. Schriftsteller, * 2. 5. 1836 Obdach (Steiermark), † 11. 12. 1898 Wien. G., Sohn eines verarmten Weißgerbers, studierte 1855-59 in Wien Rechtswissenschaften, nahm 1859 an einer Pilgerfahrt nach Jerusalem teil und trat nach kurzer Berufsaus¨ubung ¨ 1861 in die Redaktion des „Osterreichischen Volksfreunds“ ein. Seit 1865 Redakteur der „Presse“, arbeitete er 1867-73 als Korrespondent mehrerer Bl¨atter in Rom, anschließend zehn Jahre lang als Kunstkritiker und Feuilletonredakteur in Wien wiederum f¨ur die „Presse“. Nach 1883 schrieb er noch f¨ur die „Wiener Zeitung“ und die „Deutsche Zeitung“. G. ver¨offentlichte Lyrik (Sonette aus dem Orient, 1864, 21869, neu bearb. 1873), steirische Mundartgedichte und religi¨ose Erz¨ahlungen. Er geh¨orte zu den angesehensten Wiener Kunstkritikern seiner Zeit und war u. a. seit 1872 mit Peter → Rosegger befreundet, der mit anderen postum Ausgew¨ahlte Werke (3 Bde., 1905-09) G.s herausgab. 1896 erschien seine Studie Die Naturgeschichte des Schnaderh¨upfels. C DSL

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Grasb¨ock Grasb¨ock, Matthias (Theobald), Zisterzienser, * 16. 9. 1846 Weinzierl (Ober¨osterreich), † 27. 9. 1915 Wilhering (Ober¨osterreich). G. trat 1867 in das Zisterzienserstift Wilhering ein, empfing 1872 die Priesterweihe und wurde nach Jahren in der Seelsorge 1884 Prior, 1892 Abt in Wilhering und Landtagsabgeordneter. Seit 1899 vertrat er den Orden im o¨ sterr. Herrenhaus und im Landesschulrat. Als F¨orderer der Stiftspfarreien, Gr¨under des Stiftsgymnasiums, Generalvikar der Zisterzien¨ serkl¨oster Osterreich-Ungarns und Ehrenb¨urger zahlreicher Gemeinden war G. einer der bedeutendsten Ordensleute sei¨ ner Zeit in Osterreich. C Kosch: Kath

Graser, Hans, Baumeister, * nach 1400. G. geh¨orte zu den bedeutenden Baumeistern des Sp¨atmittelalters in N¨urnberg. Gewißheit u¨ ber seine T¨atigkeit besteht f¨ur die Jahre 1441-45. Als erster bisher bekannter Baumeister f¨uhrte er u¨ ber seine Aufgaben und Pflichten ein Tagebuch. Das f¨ur die mittelalterliche Fachliteratur wichtige und in N¨urnberg traditionsbildend gewordene Manuskript ist verschollen, aber in Ausz¨ugen aus den Aufzeichnungen seiner Amtsnachfolger Lutz → Steinlinger und Endres → Tucher bekannt. Es enthielt u. a. detaillierte Angaben u¨ ber Arbeitsund Baumaterialkosten. C VL

Graseck, Florens, Gesandter, * 1521 Straßburg,

(Unterfranken), † 28. 2. 1841 Bayreuth. G., Sohn eines Wirts und Metzgers, studierte in Bamberg und W¨urzburg Philosophie, wurde 1786 promoviert und besuchte anschließend das W¨urzburger Priesterseminar. Nach der Priesterweihe 1790 arbeitete er als Pr¨afekt am adligen Knabeninstitut Julianeum in W¨urzburg, seit 1793 als Erzieher am Pageninstitut Virgilianum in Salzburg und wurde 1804 Prof. der Philosophie und P¨adagogik an der Univ. Landshut. Im selben Jahr begann er als Schul- und Studienrat von Bamberg aus mit der Organisation des Schulwesens in Oberfranken. Seit 1810 Regierungs- und Kreisschulrat in Bayreuth, wurde er aufgrund seiner Heirat 1812 exkommuniziert. G. erhielt 1825 seinen Abschied. Beeinflußt von der Aufkl¨arung sowie den Ideen → Herders, → Fichtes und → Schellings, beschrieb G. in Divinit¨at oder das Prinzip der einzig wahren Menschenerziehung (1811, 31830) die Idee der Gottver¨ahnlichung des Menschen als leitendes christliches Bildungsziel. Besondere Bedeutung erlangte er durch die Entwicklung der Schreib-Lese-Methode im Anfangsunterricht (Der erste Kindesunterricht, die erste Kindesqual, eine Kritik der bisher u¨ blichen Leselehrmethoden, 1819, 31828) und seine Besch¨aftigung mit der Taubstummenbildung (Der durch Gesicht und Tonsprache der Menschheit zur¨uckgegebene Taubstumme, 1829). 1803-05 gab er das „Archiv f¨ur Volkserziehung und Staat. Eine moralisch-politische Zeitschrift“ heraus. C LMU

† 15. 1. 1594 Stuttgart. G. trat 1546 als Sekret¨ar und Gesandter in die Dienste des Grafen Wilhelm von F¨urstenberg, im folgenden Jahr in w¨urttembergischen Dienst und wurde vorwiegend zu Auftr¨agen am kaiserlichen Hof eingesetzt. Aus seinen zahlreichen Berichten – etwa u¨ ber seine Reise 1557 an den Hof des franz¨osischen K¨onigs in der Waldenserfrage – ergibt sich ein lebendiges und vielschichtiges Bild des damaligen Diplomatentums und des politischen Betriebs an den H¨ofen. Nachdem er wegen seines Alters f¨ur den Reisedienst eines Gesandten nicht mehr geeignet war, ging G. nach Stuttgart, wo er seinen Dienst als Kreissekret¨ar (bis 1583) und w¨urttembergischer Sekret¨ar (bis zu seinem Tod) weiterf¨uhrte. C Wunder

Grasegger, Georg, Bildhauer, * 28. 11. 1873 Partenkirchen (heute zu Garmisch-Partenkirchen), † 8. 6. 1927 K¨oln. Nach dem Besuch einer Schnitzschule in seiner Heimatstadt studierte G. Bildhauerei an der M¨unchner Kunstakademie und schuf erste Werke f¨ur den Justizpalast und den N¨ordlichen Friedhof in M¨unchen; seine freiplastischen und kunstgewerblichen Arbeiten aus dieser Zeit zeigen den Einfluß des Jugendstils. Seit 1901 Lehrer an der Kunstgewerbeschule in K¨oln, fand er mit impressionistischen Neigungen in der Freiplastik und wuchtiger Volkst¨umlichkeit in den Großwerken zu einem eigenen Stil. Neben zahlreichen religi¨osen Kleinplastiken f¨uhrte er u. a. den Kriegerengel im K¨olner Dom und den Fastnachtsbrunnen in K¨oln aus. C Th-B Grasel, Johann Georg, * 20. 4. 1790 Neu-Serowitz, † 31. 1. 1818 Wien. G. kam um die Wende zum 19. Jh. als Kopf einer R¨auberbande wohl zu Unrecht in den Ruf eines „edlen R¨aubers“. Er f¨uhrte mit sp¨ater u¨ ber hundert Personen eine der gr¨oßten Banden seiner Zeit, die im o¨ sterr. Waldviertel sowie im s¨udlichen B¨ohmen und M¨ahren t¨atig war und f¨ur u¨ ber 200 Delikte verantwortlich gemacht wurde. G. wurde 1815 verhaftet und drei Jahre sp¨ater in Wien hingerichtet. C Czeike Graser, Ernst, Chirurg, * 4. 4. 1860 Feuchtwangen (Mittelfranken), † 19. (17. ?) 11. 1929 M¨unchen. Der Kaufmannssohn studierte in Erlangen, Straßburg, M¨unchen und Berlin Medizin, wurde 1883 promoviert (Manometrische Untersuchungen u¨ ber den intraocularen Druck und dessen Beeinflussung durch Atropin und Eserin) und habilitierte sich 1886 in Erlangen f¨ur Chirurgie (Experimentelle Untersuchungen u¨ ber die feineren Vorg¨ange bei der Verwachsung peritonealer Bl¨atter), wo er seit 1892 a. o. Prof. der prop¨adeutischen Chirurgie und Oberarzt der Chirurgischen Poliklinik war. Nach einigen Monaten als o. Prof. in Rostock hatte er 1902-29 den Lehrstuhl f¨ur Chirurgie und das Direktorat der Klinik in Erlangen inne. G. ver¨offentlichte Abahndlungen u¨ ber Unterleibsbr¨uche, Wundheilungsfragen, Bauchfellerkrankungen und vor allem Darmchirurgie, u. a. Die Unterleibsbr¨uche (1891) und Operative Behandlung von ¨ Appendizitis und Peritonitis (1923). 1 C Arzte

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Graser, Johann Baptist, P¨adagoge, * 11. 7. 1766 Eltmann

Graser, Rudolph (Johann Nepomuk), auch von Grasern, Benediktiner, Theologe, * 4. 7. 1728 Linz, † 20. 1. 1787 Ried. G. trat 1744 in Kremsm¨unster in den Benediktinerorden ein, empfing 1752 die Priesterweihe und wurde 1757 Prof. der Poetik. Nach einem Studienaufenthalt in Paris war er seit 1762 als Kooperator in verschiedenen Orten t¨atig und betreute seit 1775 die Pfarrgemeinde Ried. G. ver¨offentlichte u. a. Vollst¨andige Lehrart zu predigen, oder wahre Beredsamkeit [. . .] nach den Vorschriften der ber¨uhmten Redner Frankreichs und Teutschlands in gr¨undlichen Regeln verfaßt (1766) und einige Predigtsammlungen. Er f¨uhrte einen Briefwechsel mit Johann Christoph → Gottsched und dessen Frau und war Mitglied der kurbayerischen Gesellschaft zur Pflege der geistlichen Beredsamkeit. C Kosch: Kath Grashey, Hubert Ritter von, Psychiater, * 31. 10. 1839 Gr¨onenbach bei Memmingen, † 24. 8. 1914 M¨unchen. G. studierte in W¨urzburg Medizin, wurde 1867 promoviert (Die Cholera-Epidemie im Juliusspitale zu W¨urzburg) und assistierte anschließend ein Jahr an der Irrenanstalt Werneck. Nach psychiatrischen Studien in Wien und Berlin wurde er 1873 Direktor der Kreis-Irrenanstalt Deggendorf, 1884 o. Prof. und Direktor der Psychiatrischen Klinik im Julius-Hospital in W¨urzburg sowie 1886 nach dem Tod seines Schwiegervaters Bernhard von → Gudden, mit dem er das Gutachten u¨ ber den Geisteszustand des K¨onigs → Ludwig II. erstattet hatte, Direktor der Psychiatrie in M¨unchen. Seit 1886 Leiter der oberbayerischen KreisIrrenanstalt in M¨unchen, wurde er 1887 Leibarzt K¨onig

Grass → Ottos I. und 1891 in das Medizinische Komitee der Univ. aufgenommen. 1887 erfolgte die Wahl in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Von 1896 bis zu seiner Pensionierung leitete G. als Obermedizinalrat im Innenministerium die bayerische Medizinalverwaltung. Er war Mitglied des kaiserlichen Gesundheitsamtes sowie des Reichsgesundheitsrats und erhielt 1899 den pers¨onlichen Adel. G. arbeitete u¨ ber Aphasie, Halluzination, Zwangsvorstellung und verminderte Zurechnungsf¨ahigkeit und ver¨offentlichte u. a. Experimentelle Beitr¨age zur Lehre von der Blut-Circulation in der Sch¨adel-R¨uckgratsh¨ohle (1892). G. war der Vater von Rudolf → G. C Deutsche Irr, Bd 2

Grashey, Otto, Maler, Schriftsteller, Redakteur, * 20. 4. 1833 G¨unzburg / Donau, † 8. 3. 1912 M¨unchen. Der Postbeamte und leidenschaftliche J¨ager begann als Autodidakt Jagdszenen und Tierbilder zu malen, die erstmals 1869 im M¨unchner Glaspalast ausgestellt wurden. 1878-1908 redigierte er die Zeitschrift „Der deutsche J¨ager“ und ver¨offentlichte u. a. ein Praktisches Handbuch f¨ur J¨ager (1894, 31916) und den Hubertuskalender (1894). C Biogr Jahrb, Bd 17

Grashey, Rudolf, R¨ontgenologe, * 24. 2. 1876 Deggendorf (Niederbayern), † 24. 9. 1950 Bad T¨olz. Der Sohn Hubert von → G.s studierte Medizin, wurde 1900 in M¨unchen promoviert (Ueber Verbrennungen) und habi¨ litierte sich 1908 f¨ur Chirurgie (Uber die Untersuchungen von Frakturen mit R¨ontgenstrahlen). Seit 1911 a. o. Prof., widmete er sich vor allem der R¨ontgenologie und u¨ bernahm 1920 die Chefarztstelle in der Physikalisch-Medizinischen Abteilung des Schwabinger Krankenhauses in M¨unchen. 1928 wurde er o. Prof. und Direktor des R¨ontgeninstituts im B¨urgerhospital in K¨oln und leitete 1944-49 das Institut f¨ur R¨ontgenologie und Radiologie in Berlin. G. besch¨aftigte sich vor allem mit der Diagnose von Knochenerkrankungen und der r¨ontgenologischen Lokalisation von Fremdk¨orpern. Er ver¨offentlichte u. a. einen Atlas typischer R¨ontgenbilder vom normalen Menschen (1905, 101964), einen Atlas chirurgischpathologischer R¨ontgenbilder (1908, 31931) und Irrt¨umer der R¨ontgendiagnostik und Strahlentherapie (1924). ¨ 2, 3 C Arzte Grashof, Franz, Ingenieur, * 11. 7. 1826 D¨usseldorf, † 26. 10. 1893 Karlsruhe. G., Sohn eines Gymnasialoberlehrers, studierte Mathematik, Physik und Maschinenbau am K¨oniglichen Gerwerbeinstitut in Berlin und war dort nach zweij¨ahriger T¨atigkeit im Dienst der deutschen Flotte seit 1854 Lehrer f¨ur Mathematik und Mechanik. Seit 1856 auch nebenamtlicher Leiter des Eichamtes, war er im selben Jahr Mitbegr¨under des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), wurde dessen erster Direktor und hatte bis 1867 die Schriftleitung der Vereinszeitschrift inne. 1863 wurde er Prof. der angewandten Mechanik und theoretischen Maschinenlehre an der TH Karlsruhe. Als einer der ersten versuchte G. technische Probleme jenseits empirischer Betrachtung mit mathematisch-wissenschaftlichen Methoden zu l¨osen. Er ver¨offentlichte u. a. eine Theoretische Maschinenlehre (3 Bde., 1875-90) und Ueber die Wandlungen der Arbeitsverm¨ogens im Haushalt der Natur und der Gewerbe (1877). Der Verein Deutscher Ingenieure verleiht seit 1896 j¨ahrlich eine Grashof-Gedenkm¨unze f¨ur besondere Verdienste um die Technik. C NDB Grashof, Karl Friedrich August, P¨adagoge, Beamter, * 24. 8. 1770 Groß-Germersleben bei Magdeburg, † 4. 3. 1841 K¨oln. Der Sohn eines Justizamtmanns studierte 1789-92 in Halle Theologie und wurde 1794 Lehrer am sp¨ateren FriedrichWilhelms-Gymnasium in Berlin, 1798 Konrektor am Lyzeum in Prenzlau, 1810 dessen Rektor. Nach der Teilnahme

an den Befreiungskriegen wurde ihm 1814 die Reorganisation des deutschen Unterrichts im Bereich des Generalgouvernements Aachen u¨ bertragen. Seit 1816 Konsistorialund Schulrat in K¨oln, u¨ bernahm er 1820 zus¨atzlich die Leitung des K¨olner Karmeliten-Kollegiums, das sp¨ater zum Friedrich-Wilhelms-Gymnasium wurde. G.s Autobiographie Aus meinem Leben und Wirken, zugleich als Beitrag zur Geschichte der Rheinprovinz in Hinsicht auf Kirche und Schule erschien 1839. C ADB

Grasmair, Anton, Maler, Kupferstecher, * um 1700 Brixen (S¨udtirol), † um 1750 Augsburg. Der Bruder Johann Georg Dominikus → G.s erhielt seine erste k¨unstlerische Ausbildung in Klausen und verbrachte sp¨ater einen l¨angeren Zeitraum zum Studium in Italien. G. ließ sich in Augsburg nieder und heiratete dort 1724. Zu seinen Tafelgem¨alden und Kupferstichen z¨ahlen Heiliger Antonius von Padua, Maria mit Kind und Pfingstfest. C Th-B Grasmair, Johann Georg Dominikus, auch Graßmayr, Maler, * 31. 3. 1691 Brixen, † 27. 10. 1751 Wilten (heute zu Innsbruck). Zum Glockengießer ausgebildet, wandte sich der aus einer alten Tiroler Glockengießerfamilie stammende G., Bruder Anton → G.s, der Malerei zu. Er wurde bei Giuseppe Alberti in Cavalese sowie in Venedig, Bologna und Rom u. a. bei Bendetto Lutti und Carlo Maratta ausgebildet. Nach kurzem Aufenthalt in seiner Heimatstadt 1721 f¨uhrte ihn eine dreij¨ahrige Wanderreise durch S¨uddeutschland nach Donaueschingen, wo er als f¨urstenbergischer Hofmaler arbeitete. 1723 ließ er sich in Wilten bei Innsbruck nieder. G. schuf ¨ Altarbl¨atter und Olbilder f¨ur zahlreiche religi¨ose St¨atten Tirols; er malte auch romantische Landschaften und mythologische Motive sowie Portr¨ats. C NDB Grasmann, Eustachius, Forstwissenschaftler, * 19. 2. 1856 Inning / Ammersee, † 8. 6. 1935 M¨unchen. Der Sohn eines Revierf¨orsters studierte seit 1875 in Aschaffenburg und M¨unchen Forstwissenschaft und wurde 1878 promoviert. Er war wissenschaftlicher Assistent in M¨unchen, ging 1887 nach Japan und hielt an der Land- und Forstwirtschaftsschule Tokio, der sp¨ateren Landwirtschaftlichen Abteilung der Kaiserlichen Univ., Vorlesungen u¨ ber Forstpolitik und forstliche Betriebswirtschaftslehre. 1896 kehrte er nach Deutschland zur¨uck und trat in die bayerische Forstverwaltung ein. Nach seiner Pensionierung als Regierungsdirektor der Kammer der Forsten war er als forstwirtschaftlicher Berater und Gutachter des Bayerischen K¨onigshauses t¨atig. G. gilt als Wegbereiter der modernen japanischen Forstpolitik. Er ver¨offentlichte u. a. Forstliche Exkursionen in die Kisogwaldungen, Provinz Shinano (1891). C NDB Grass, Abraham, auch Groß, Großmann (?), Bildhauer, * um 1592, † 29. 10. 1633 Kulmbach. G. soll aus Schlesien stammen und heiratete 1619 die Tochter eines Goldschmieds in N¨urnberg. 1618 erhielt er den Auftrag, die Prachtkamine des N¨urnberger Rathauses bildhauerisch zu gestalten. Er schuf allegorische Figuren und acht Tonreliefs mit mythologischen und historischen Motiven. Eine zweite ihm sicher zuzurechnende Arbeit ist das Modell der Grabmalfigur des Markgrafen → Joachim Ernst in der Klosterkirche in Heilsbronn. C Th-B Grass, Carl Gotthard, Maler, Dichter, * 19. 10. 1767 Serben (Livland), † 3. 8. 1814 Rom. G. studierte seit 1786 in Jena Theologie, betrieb in der Folgezeit auch intensive Kunststudien, schrieb f¨ur → Schillers Periodika und konnte → Goethe sein Talent als Landschaftsmaler vorstellen. 1791-94 war er Prediger, Maler und Zeichenlehrer in Riga. Nach Jahren als Sch¨uler des Landschaftsmalers Ludwig Heß in Z¨urich und als Gast von Ferdinand

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Graß von Salis in Graub¨unden reiste G. 1803 u. a. mit Karl Friedrich → Schinkel nach Sizilien. Sp¨ater ließ er sich endg¨ultig in Rom nieder. G. schrieb u. a. f¨ur Schillers „Rheinische Thalia“ und → Cottas „Morgenblatt f¨ur gebildete St¨ande“. Er ver¨offentlichte Gedichte, Reiseberichte und Sicilische Reise oder Ausz¨uge aus dem Tagebuch eines Landschaftsmalers. Nach seinem Tode herausgegeben (2 Bde., 1815). C DLL

Graß, (Johann) Leo von, Landwirtschaftsfunktion¨ar, * 20. 3. 1832 Danzig, † 2. 10. 1917 Klanin (Kr. Putzig). Der aus einer Danziger, 1840 nobilitierten Kaufmannsfamilie stammende G. studierte seit 1852 Jura in Heidelberg (Corps Saxoborussia), wurde Referendar und arbeitete 1857 vor¨ubergehend bei der Regierung Merseburg. Danach verwaltete er die v¨aterlichen Ritterg¨uter. 1891-1910 war er Vorsitzender des Provinziallandtags, 1899-1910 auch des Provinzialausschusses von Westpreußen und seit 1896 des Vereins der Spiritusfabrikanten. In den neunziger Jahren propagierte er Kornhausbauten, um den Getreidepreis gegen Marktschwankungen hoch zu halten. G. geh¨orte seit 1891 dem Preußischen Herrenhaus an. 1902 erschien seine Naturgeschichte des menschlichen Verkehrslebens. C Spenkuch

Grass, Nikolaus, o¨ sterr. Jurist, * 28. 7. 1913 Ampass bei Hall (Tirol), † 5. 10. 1999 Hall (Tirol). G., Sohn eines Rechtsanwalts, studierte seit 1931 an der Univ. Innsbruck zun¨achst Geographie, Kunstgeschichte und Geschichte, seit 1933 haupts¨achlich Rechtswissenschaften. 1936 wurde er mit der Arbeit Das Haller Damenstift zum Dr. phil., 1939 zum Dr. jur. und 1940 mit einer staatswissenschaftlichen Dissertation promoviert. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg trat er 1945 in den Verwaltungsdienst der Tiroler Landesregierung ein und habilitierte sich 1946 an der Philosophischen Fakult¨at der Univ. Inns¨ bruck f¨ur die F¨acher Osterreichische Geschichte, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte und Rechtsgeschichte (Beitr¨age zur Rechtsgeschichte der Alpwirtschaft). Mit Umhabilitierung an die Rechtswissenschaftliche Fakult¨at erhielt er die Venia legendi f¨ur Verwaltungsrecht. 1949 wurde er dort a. o., 1959 o. Professor. G.’ wissenschaftliches Interesse galt der historischen, vor allem auch rechtsgeschichtlichen Erforschung des gesamten Alpenraums. Seine spezielle Aufmerksamkeit widmete er dem Land Tirol und der Alm- und Weistumsforschung (Almwirtschaft in der Urzeit und im Mittelalter, 1980; Nordtiroler Weist¨umer, 1966). Dar¨uber hinaus besch¨aftigte er sich mit Leben und Werk des → Nikolaus von Kues, mit der Wissenschafts- und Universit¨atsgeschichte sowie mit den Beziehungen zwischen Kirche und Staat im Mittelalter. Er gab u. a. die Reihe „Studien zur Rechts-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte“ heraus. G. war seit 1970 ¨ korrespondierendes, seit 1976 wirkliches Mitglied der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften. ¨ Akad, Jg. 150 C Almanach Ost

Grassauer, Ferdinand, o¨ sterr. Bibliothekar, Schriftsteller, * 26. 6. 1840 Sallingstadt (Nieder¨osterreich), † 27. 10. 1903 Weidling bei Wien. G., Sohn eines Schullehrers, verließ nach zweij¨ahrigem Studium der Theologie 1862 das Stift Heiligenkreuz, trat als Akzessist bei der Staatskredit-Hofbuchhaltung in den o¨ sterr. Staatsdienst ein und studierte daneben Geschichte und Philosophie. 1866 promoviert, absolvierte er im folgenden Jahr die Lehramtspr¨ufung f¨ur Mittelschulen und wurde Amanuensis, 1875 Kustos an der Universit¨atsbibliothek Wien und 1884 deren Direktor. Er war seit 1893 Regierungsrat und seit seiner Pensionierung (1903) Hofrat. G. geh¨ort zu den bedeutenden o¨ sterr. Bibliothekaren, dem die Bibliothek der

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Univ. Wien die Einf¨uhung der Grundlagen moderner Bestandsf¨uhrung vom Grund- und Bandkatalog u¨ ber das wissenschaftliche Referatsystem bis zur liberalen Benutzungsordnung verdankt. Er ver¨offentlichte geographische und bibliothekarische Schriften und gab den Generalkatalog der laufenden periodischen Druckschriften an den o¨ sterreichiC NDB schen Bibliotheken (1898) heraus.

Graßberger, Roland, o¨ sterr. Hygieniker, * 26. 11. 1867 Salzburg, † 4. 12. 1956 Wien. Der Arztsohn studierte Medizin an der Univ. Wien und wurde 1892 promoviert. Nach T¨atigkeiten als anatomischer Demonstrator, Hospitant und Sekundararzt war er 1897-1924 Assistent am Hygienischen Institut der Universit¨at. 1902 f¨ur Hygiene habilitiert, wurde er 1906 a. o. Prof., erhielt 1917 den Titel eines o. Prof. und war seit 1924 o. Prof. und Direktor des Hygienischen Instituts. G. arbeitete u¨ ber anaerobe Sporenbilder und deren Toxinbildungsverm¨ogen, Milch- und Trinkwasserhygiene, Wohn-, Schul- und Gewerbehygiene, Desinfektion und Ungezieferbek¨ampfung. Er ver¨offentlich¨ te u. a. Die Desinfektion in Theorie und Praxis f¨ur Arzte, Chemiker und Ingenieure (1913) und Die Gasflamme als ¨ Luftpr¨ufer (1934). G. war Mitglied der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften. C NDB Graßberger, Roland, o¨ sterr. Jurist, * 12. 5. 1905 Wien, † 10. 8. 1991 Wien. G. studierte in Wien Rechtswissenschaften, wurde 1928 promoviert und habilitierte sich 1931. Er absolvierte ein einj¨ahriges Polizeipraktikum in Washington, New York und Chicago und wurde 1946 Leiter des Instituts f¨ur Kriminologie in Wien, 1948 o. Prof. des Strafrechts, des Strafprozesses und der Kriminologie an der Univ. Wien. G. gab die „Kriminologischen Abhandlungen“ heraus und ver¨offentlichte u. a. Psychologie des Strafverfahrens (1950) und Die Unzucht mit Tieren (1968). C Czeike Grasse, Johann, auch J. Chortalasseus, auch Gras(s)hof(f)(er) genannt, Schriftsteller, Alchemist, Jurist, * nach 1560 Riga, † 1618 Stralsund. G. studierte in Frankfurt / Oder und Helmstedt, wurde zum Dr. jur. promoviert und ließ sich sp¨ater in Stralsund nieder. Dort erhielt er 1591 das B¨urgerrecht und beriet die Stadt wahrscheinlich als Syndikus. Sein alchemistisches Hauptwerk erschien in einer zweiteiligen Vollfassung (Arcani artificiosissimi Aperta Arca. Das ist: Der [. . .] Geheimn¨ussen der Natur er¨offneter [. . .] Kasten, 1617) und in einem Teilabdruck (Ein [. . .] Tractat: genannt Der kleine Baur, 1618). Seine Schriften wurden auch im 18. Jh. wiederholt gedruckt; das Thema der allegorischen Erz¨ahlung wurde u. a. von Clemens → Brentano im M¨archen von dem Hause Starenberg und von Alexander von → Bernus in dem Gedicht Stunde C Killy des Saturn wieder aufgegriffen.

Grasser, Erasmus, auch Asm, Rasm G., Bildhauer, Baumeister, * um 1450 Schmidm¨uhlen bei Burglengenfeld (Oberpfalz), † zwischen 8. 4. und 1. 6. 1518 M¨unchen. G. wird erstmals 1474 als Schnitzer in den Akten der M¨unchner Malerzunft erw¨ahnt, der auch die Bildhauer angeh¨orten. Drei Jahre sp¨ater wird er Meister genannt, und 1480-1504 geh¨orte er zu den vier Vorstehern der Zunft. 1513-18 war er ¨ Miglied des Außeren Rats der Stadt. G.s Schaffen erstreckte sich u¨ ber das bayerische Voralpenland bis in die benachbarten Alpenl¨ander und bestimmte wesentlich das Bild der M¨unchner Plastik im sp¨aten 15. und fr¨uhen 16. Jahrhundert. Mit dem fr¨uhesten bekannten Werk, den 16 Moriskent¨anzern f¨ur den Tanzsaal des Alten Rathauses in M¨unchen (1480; zehn erhalten), begr¨undete er seinen Ruf als bedeutendster Bildhauer der Sp¨atgotik in M¨unchen. G. war auch als

Grassl Baumeister und Sachverst¨andiger im Kirchen-, Br¨ucken-, Brunnen- und Salinenbau t¨atig (u. a. St. Galler Kloster in Rohrschach, Erweiterung der Pfarrkirche in Schwaz in Tirol und Salinenbauten in Reichenhall). C NDB

Grasser, Johann Jacob, auch Grasserus, schweizer. refor-

¨ mierter Theologe, Ubersetzer, Herausgeber, * 21. 2. 1579 Basel, † 20. 3. 1627 Basel. G., Sohn eiens Pfarrers, studierte in Basel Theologie, war seit 1601 Magister und wurde im selben Jahr zum Dichter gekr¨ont. Nach Bildungsreisen durch England, Frankreich, Deutschland und Italien u¨ bernahm er 1610 das Pfarramt in Bennwil und betreute seit 1612 die Kirchengemeinde St. Theodor an der Clara-Kirche in Kleinbasel. Bekannt als Polyhistor und reformierter Theologe, zog er zahlreiche ratsuchende Bildungsreisende, Gelehrte, Kaufleute und Glaubensgenossen in den kleinen Ort. Neben historischen und religi¨osen Schriften verfaßte G. Reisebeschreibungen wie die Newe und vollkommne Italienische / Frantz¨osische / und Englische Schatzkamer (1609) und Gelegenheitsgedichte (Poemata, 1614, hrsg. von Georg Weirach). C Killy

¨ Grasshoff, Fritz, Schriftsteller, Ubersetzer, Maler, Graphiker, * 9. 12. 1913 Quedlinburg, † 9. 2. 1997 Hudson am Ottawa River (Kanada). G., Sohn eines ehemaligen Kapit¨ans, der als Kohlenh¨andler arbeitete, wurde 1933 Kirchenmalerlehrling, nahm Privatunterricht bei dem Zeichenlehrer Heinrich Kollmeyer, war dann als Journalist und Pressezeichner t¨atig und besuchte die Presseschule in Berlin. Im Kriegsgefangenenlager Hoort schrieb er das Heilighafener Sternsingerspiel (1945), das vielfach aufgef¨uhrt wurde. 1946-67 lebte G. als Maler, freier Schriftsteller und Illustrator in Celle, sp¨ater u. a. in Schweden und Kanada. Bekannt wurde er vor allem durch liedhafte Gedichte, die in Thematik wie im derb-komischen Ton u. a. an Fran¸cois Villon, aber auch an Bertolt → Brecht, Joachim → Ringelnatz und → Klabund ankn¨upfen (u. a. Die Halunkenpostille. Rumpelkammerromanzen, Hafenballaden, Spelunkensongs, 1947; Graßhoffs unverbl¨umtes Lieder- und L¨asterbuch. Ein Leitfaden durch die Molesten des Daseins unter besonderer Ber¨ucksichtigung der Dickfelligkeit des Publikums. Stramm bebildert von ihn selbst, 1965). Ferner ver¨offentlichte G. den Roman Der blaue Heinrich (1980), u¨ bersetzte antike Autoren (Die klassische Halunkenpostille, 1964) sowie den schwedischen Dichter Carl Michael Bellman und war als Schlagertexter erfolgreich. C Killy

Graßhoff, Helmut, Slawist, * 7. 11. 1925 Hamersleben (Kr. Oschersleben), † 18. 7. 1983 Berlin. Bis 1947 in Kriegsgefangenschaft, machte G., Sohn eines Kaufmanns, eine Ausbildung zum Bankkaufmann, studierte 1950 Wirtschaftswissenschaften, 1951-54 Slawistik an der Humboldt-Universit¨at Berlin und wurde 1959 zum Dr. phil. promoviert. Seit 1958 war er Sekret¨ar des Nationalkomitees der Slawisten der DDR, 1958-68 stellvertretender Leiter der Literaturwissenschaftlichen Abteilung des Instituts f¨ur Slawistik der Deutschen Akademie der Wissenschaften. 1969 mit einer Abhandlung u¨ ber Russische Literatur in Deutschland im Zeitalter der Aufkl¨arung (1973) habilitiert, wurde er 1972 Prof. und u¨ bernahm im selben Jahr die Chefredaktion der „Zeitschrift f¨ur Slawistik“. Neben Ver¨offentlichungen zu Themen der russischen Literatur, Folklore, Kultur- und Wissenschaftsgeschichte war G. Mitherausgeber der Studien zur Geschichte der russischen Literatur des 18. Jahrhunderts (1963-70). C DDR Grassi, Anton, o¨ sterr. Porzellanmodellierer, Bildhauer, * 26. 6. 1755 Wien, † 31. 12. 1807 Wien. Der Sohn eines Galanteriearbeiters und Bruder von Joseph → G. studierte bereits im Alter von zw¨olf Jahren an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien und geh¨orte dort u. a.

zu den Sch¨ulern von Franz Xaver → Messerschmidt. Seit 1775 arbeitete er unter der Leitung von Wilhelm → Beyer am Statuenprogramm f¨ur den Sch¨onbrunner Park mit. Seit 1778 Adjunkt des Modellmeisters der Wiener Prozellanmanufaktur, u¨ bernahm er 1784 dessen Stelle und wurde 1790 zum ordentlichen Mitglied der Akademie der bildenden K¨unste ernannt. Nach der R¨uckkehr von einem neunmonatigen Italienaufenthalt u¨ bernahm G. 1794 auch die Leitung der h¨oheren Kunstklasse in der Malerei und die Korrektur in der Historien- und Landschaftsmalerei. Seine Arbeiten zwischen sp¨atem Rokoko und fr¨uhem Klassizismus geh¨oren zu den bedeutendsten Werken europ¨aischer Porzellanplastik. G. schuf auch Portr¨atb¨usten, u. a. von → Joseph II., → Franz I. und Joseph → Haydn. C NDB

Grassi, Ernesto, Philosoph, * 2. 5. 1902 Mailand, † 22. 12. 1991 M¨unchen. G. studierte in Mailand u. a. bei Emilio Chiocchetti, wurde dort 1925 promoviert und setzte sein Studium bei → Scheler, → Hartmann, → Jaspers und vor allem bei → Heidegger fort. Seit 1929 Lektor f¨ur italienische Sprache an der Univ. Freiburg / Breisgau, lehrte er in Rom, ehe er 1935 eine Professur in Pavia erhielt. Gleichzeitig war er seit 1937 Honorarprofessor in Freiburg / Breisgau. 1938 gr¨undete G. in Berlin das Institut „Studia Humanitatis“ und mit Walter F. → Otto ¨ und Karl → Reinhardt das Jahrbuch „Geistige Uberlieferung“, dessen erster Band 1940 eine Humanismus-Debatte entfachte; aus politischen Gr¨unden wurde das Jahrbuch bald verboten. Nach 1945 lehrte G. in Z¨urich und seit 1948 an dem von ihm begr¨undeten Institut f¨ur Philosophie und Geistesgeschichte des Humanismus in M¨unchen. Im Zentrum seiner Arbeit stand die Philosophie der Antike, der Renaissance und des italienischen Humanismus, die er unter Einbeziehung von Elementen der Existenzphilosophie f¨ur die Gegenwart fruchtbar zu machen suchte (Die Macht der Phantasie, 1980; Einf¨uhrung in die philosophischen Probleme des Humanismus, 1986). G. machte die Philosophie Giambattista Vicos bekannt. Mit Kunst und Mythos (1957) und Theorie des Sch¨onen in der Antike (1962) beteiligte er sich an der Diskussion um den modernen Kunstbegriff. Seit 1955 war G. Herausgeber von „rowohlts deutscher enzyklop¨adie (rde)“. C BEdPh Grassi, Joseph, o¨ sterr. Maler, * 22. 4. 1757 Wien, † 8. 1. 1838 Dresden. Der Bruder Anton → G.s wurde 1768 als Sch¨uler in die Wiener Kunstakademie aufgenommen und ist 1791 als Akademiemitglied erw¨ahnt. Bis dahin hatte er sich bereits einen Ruf als ausgezeichneter Portr¨atist und Miniaturenmaler erworben. Um 1790 ging er als Lehrer der Theresa Jablonowska nach Warschau und schuf in den folgenden Jahren idealisierte Frauenbildnisse und Portr¨ats bedeutender Polen, die noch nach seinem Weggang 1795 nach Wien stilbildend wirkten. Die meisten Werke aus dieser Periode gingen in den Weltkriegen verloren. Zwischen 1797 und 1799 ging G. nach Dresden, wo er seit 1800 als Prof. an der Akademie lehrte. 1808-10 und 1816-21 hielt er sich in Rom auf. Neben einem Portr¨at der K¨onigin → Luise von Preußen malte er vor allem Szenebilder mythologischen Inhalts im Stil eines akademischen Klassizismus. C NDB Grassl, Georg, P¨adagoge, Redakteur, Politiker, * 23. 4. 1863 Pantschowa (Banat), † 28. 7. 1948 Salzburg. G. studierte in Graz, Wien und Prag Rechtswissenschaften, war nach der Promotion Hofmeister und Erzieher in Paris und unternahm anschließend Bildungsreisen durch Frankreich, Italien, die Schweiz und S¨uddeutschland. Nach T¨atigkeiten als Staatsbeamter in Wien und bei der Landesregierung in Sarajevo, zuletzt als Leiter der Unterrichtsverwaltung f¨ur Bosnien und die Herzegowina, u¨ bernahm er 1919

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Grassl die Leitung des „Deutschen Volksblatts“ in Neusatz. 1920 begr¨undete er den Schw¨abisch-Deutschen Kulturbund, zu dessen Bundessekret¨ar er gew¨ahlt wurde. Seit 1925 vertrat G. die Interessen der Banater Schwaben als Abgeordneter im Parlament Jugoslawiens; 1932 wurde er in den jugoslawischen Senat gew¨ahlt.

bayerischen Verfassung betraut. Seit 1919 als Ministerialdirektor auch Generaldirektor der Rhein-Main-Donau-Aktiengesellschaft, wurde er 1921 Staatsrat im Reichsverkehrsministerium. G. ver¨offentlichte neben staatsrechtlichen Arbei¨ ten Schriften zu verkehrspolitischen Fragen, u. a. Uber die C DBJ, Bd 10 deutsche Binnenschiffahrt (1914).

Grassl, Otto, Maler, Graphiker, * 26. 4. 1891 M¨unchen, † 22. / 25. 11. 1976 Dachau. G. besuchte 1906-08 die M¨unchner Kunstgewerbeschule und studierte anschließend an der Kunstakademie bei Franz von → Stuck. Seit 1919 war er Lehrer f¨ur kunstgewerbliches Malen an der M¨unchner Gewerbeschule. Neben Gebrauchsgraphik und Exlibris schuf er Gem¨alde, die mit dekorativer Farbsymbolik vor allem religionsphilosophische und religi¨ose Themen behandeln. 1913 ver¨offentlichte er den graphischen Zyklus Der Kuß.

Graßmann, Justus G¨unther, Lehrer, * 19. 6. 1779 Sinzlow bei Stettin, † 9. 3. 1852 Stettin. Der Sohn Gottfried Ludolf → G.s studierte 1798-1801 und wurde nach kurzer Hauslehrert¨atigkeit Konrektor des Gymnasiums in Pyritz, 1806 Subrektor des Gymnasiums in Stettin. G.s mathematische Raumlehre (1817-24, 31843) begr¨undete die Unterrichtsform einer Anschauungsgeometrie in den Volksschulen. Seine kristallographische Abhandlung Zur physischen Kristallonomie und geometrischen Combinationslehre (1829) war Ausgangspunkt weiterf¨uhrender Forschungen. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren fer¨ ner Uber den Begriff und Umfang der reinen Zahlenlehre (1827), Zur Mathematik und Naturkunde (1829) und Zur Akustik (1837). G. war der Vater von Hermann → G. C ADB

Graßmann, Gottfried Ludolf, evang. Theologe, Agrarschriftsteller, * 3. 4. 1738 Landsberg / Warthe, † 31. 8. 1798 Sinzlow bei Stettin. Nach dem Theologiestudium und der Betreuung von Pfarrstellen in Wittmannsdorf und Stargard war G. seit 1768 in Sinzlow und Kortenhagen t¨atig. Er widmete sich landwirtschaftlichen Studien und brachte u. a. seit 1774 das Periodikum „Berliner Beitr¨age zur Agrarwissenschaft“ heraus. Wegen seiner Verdienste um die Behebung von Mißst¨anden in der pommerschen Dreifelderwirtschaft ernannte ihn die preuß. Regierung zum k¨oniglichen Regierungskommissar in ¨ Landeskulturangelegenheiten. Die Arbeit Uber die allgemeine Stallf¨utterung des Viehs [. . .] (1788) wurde von der Preußischen Akademie der Wissenschaften mit einem Preis ausgezeichnet. G. war der Vater von Justus G¨unther → G. C ADB

Graßmann, Hermann (G¨unther), Mathematiker, Physiker, Sprachforscher, * 15. 4. 1809 Stettin, † 26. 9. 1877 Stettin. G., Sohn Justus G¨unther → G.s, studierte 1827-30 in Berlin Theologie und Philologie und besch¨aftigte sich daneben intensiv mit Mathematik und Physik. 1831 wurde er Gymnasiallehrer in Stettin, 1834 Lehrer f¨ur Mathematik an der Berliner Gewerbeschule. Im folgenden Jahr kehrte er als Lehrer f¨ur Mathematik und Physik an der Otto-Realschule nach Stettin zur¨uck. Nach einem Jahr als Gymnasiallehrer unterrichtete er seit 1843 an der Friedrich-Wilhelm-Realschule und seit 1852 als Prof. der Mathematik am st¨adtischen Gymnasium. Mit seiner Wissenschaft der extensiven Gr¨oße oder die Ausdehnungslehre (1844, 21878) schuf er die Grundlage der modernen Vektor- und Tensorrechnung. Von jahrelanger Nichtbeachtung seiner Leistung entt¨auscht, wandte sich G. sprachwissenschaftlichen und physikalischen Studien zu. In der Physik besch¨aftigte sich G. mit der Optik, besonders mit der Farbenlehre (Graßmannsche Gesetze). G. betrieb intensive Sanskritstudien, entdeckte 1863 die Hauchdissimilation im Altindischen und Griechischen, verfaßte ein weitverbreitetes W¨orterbuch zum Rig-Veda (6 Lieferungen, 1873-75, 4 1964) und u¨ bersetzte den Rig-Veda (2 Tle., 1876 / 77). G.s Gesammelten mathematischen und physikalischen Werke (hrsg. von Friedrich → Engel) erschienen 1894-1911 in drei C NDB B¨anden (Nachdr. 1972).

Graßmann, Josef Ritter von, Beamter, Industrieller, * 8. 4. 1864 G¨unzburg / Donau, † 27. 4. 1928 M¨unchen. Der Sohn eines Forstmeisters studierte in M¨unchen Staatsund Rechtswissenschaft und wurde nach der Promotion Magistratsrat von Augsburg. Seit 1898 im bayerischen Außenministerium, wurde er 1902 Legationsrat, 1904 Oberregierungsrat im Verkehrsministerium und 1907 Ministerialrat. Nach dem Ersten Weltkrieg war G. mit der Ausarbeitung der

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Graßmann, Peter, Gewerkschafter, * 28. 7. 1873 M¨unchen, † 25. 10. 1939 Berlin. G., Sohn eines Stationsdieners, durchlief 1886-90 eine Schriftsetzerlehre, trat 1893 in die SPD und Gewerkschaft ein und war 1894 / 95 Vorsitzender des Gewerkschaftskartells in Solingen. Zun¨achst in seinem Beruf t¨atig, wurde 1903 er Gauvorsteher des Verbandes der Deutschen Buchdrucker f¨ur Rheinland und Westfalen, 1908 zweiter Vorsitzender des Verbandes, 1919 zweiter Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes. 1924 f¨ur die SPD in den Reichstag gew¨ahlt, wurde er im Mai 1933 verhaftet, 1934 in das Polizeigef¨angnis Berlin-Alexanderplatz verbracht, gefoltert und wegen illegaler T¨atigkeit angeklagt. Die Umst¨ande seines Todes sind ungekl¨art. C Schr¨oder

Grassmann, Wolfgang, Chemiker, * 20. 2. 1898 M¨unchen, † 6. 8. 1978 Herrsching / Ammersee. Der Sohn eines Sanit¨atsbeamten nahm am Ersten Weltkrieg teil und k¨ampfte als Freikorpsmitglied in M¨unchen und im Ruhrgebiet. Anschließend studierte er Chemie an der Univ. M¨unchen, wurde 1924 promoviert (Untersuchungen u¨ ber proteolytische Enzyme der Pflaumen) und habilitierte sich 1928 (Untersuchungen u¨ ber die Spezifit¨at proteolytischer Pflanzenenzyme). Seit 1934 a. o. Prof. und Leiter der Chemischen Abteilung des Pathologischen Instituts, wechselte G. im selben Jahr als Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts f¨ur Lederforschung nach Dresden. Seit 1945 beim Landwirtschaftsamt M¨unchen besch¨aftigt, wurde er 1947 Lehrbeauftragter f¨ur organische und physiologische Chemie in Regensburg und u¨ bernahm dort 1949 die Direktion der Forschungsstelle f¨ur Eiweiß und Leder in der Max-Planck-Gesellschaft. G. ver¨offentlichte u. a. Neue Methoden und Ergebnisse der Enzymforschung (1928), Biochemisches Praktikum (1936) und Die Wasserwerkstatt (1938) und gab ein Handbuch der Gerbereichemie und Lederfabrikation (1938 ff.) heraus. Gratius, Ortwin, eigentl. Ortwin van Graes, Humanist, Theologe, * um 1480 Holtwick (heute zu Rosendahl, Kr. Coesfeld), † 22. 5. 1542 K¨oln. G. besuchte die Schule der Br¨uder vom gemeinsamen Leben in Deventer, wurde 1501 an der Univ. K¨oln immatrikuliert und war dort zeitweilig Lektor f¨ur die Druckerei Quentell. Seit 1507 Prof. an der Artistenfakult¨at in K¨oln, verfeindete ¨ er sich vor allem durch seine Ubersetzungen antisemitischer Schriften Johannes → Pfefferkorns und durch Angriffe auf Johannes → Reuchlin bald mit zahlreichen Humanisten. Die

Grau an ihn als fiktiven Empf¨anger gerichteten Epistolae obscurorum virorum (1518) beantwortete er mit den Lamentationes obscurorum virorum (1518). Als sein bedeutendstes Werk gilt die kommentierte Zusammenfassung antip¨apstlicher Publikationen Fasciculus rerum expetendarum ac fugiendarum (1535). C Killy

Gratz, Barnard, H¨andler, * 1738 Langendorf (Oberschlesien), † 20. 4. 1801 Baltimore (USA). G. geh¨orte zu den ersten deutsch-j¨udischen Auswanderern nach Amerika im 18. Jahrhundert. Er arbeitete zun¨achst im Buchhaltungsb¨uro eines Cousins in London, wanderte 1754 nach Philadelphia aus und wurde H¨andler f¨ur indianische Waren. Sp¨ater gr¨undete er mit seinem Bruder Michael, der 1759 ins Land gekommen war, die Firma B. & M. Gratz, die Land f¨ur Neusiedler vermittelte. G. war am Aufbau der j¨udischen Gemeinschaft in Philadelphia beteiligt und saß sp¨ater in deren Vorstand. Er wurde zum Begr¨under einer sp¨ater durch ihr philanthropisches Wirken bekannten Familie; das „Gratz-College“ in Philadelphia ist nach dem bereits in den USA geborenen Hyman G. benannt.

Gratz, Gustav, Politiker, Publizist, * 30. 3. 1875 G¨ollnitz (Gelnica), † 21. 11. 1946 Budapest. G. war Sohn eines evang. Pfarrers und stammte aus einer Salzburger Emigrantenfamilie. Er studierte in Budapest Staats- und Rechtswissenschaften und wandte sich nach der Promotion der politischen Publizistik zu. 1906 in das ungarische Parlament gew¨ahlt, wurde er 1917 Sektionschef im Wiener Außenministerium, wechselte aber noch im selben Jahr als Finanzminister in das Kabinett des ungarischen Ministerpr¨asidenten Moritz Graf Eszterh´azy. Seit 1919 ungarischer Gesandter in Wien, wurde er 1921 Außenminister, resignierte aber nach der Verhinderung der R¨uckkehr des habsburgischen K¨onigs → Karl IV. Sp¨ater Mitarbeiter des „Pester Lloyd“, war G. 1924-39 Pr¨asident des Ungarl¨andischen Deutschen Volksbildungsvereins. Seit 1926 geh¨orte er wieder dem ungarischen Parlament an. G. ver¨offentlichte u. a. Deutschungarische Probleme (1938).

Gratz, Leopold, o¨ sterr. Politiker, * 4. 11. 1929 Wien, † 2. 3. 2006 Wien. Der Sohn eines Bankbeamten engagierte sich bereits in sei¨ stuner Jugend in verschiedenen Organisationen der SPO, dierte Rechtswissenschaften, arbeitete 1952 / 53 beim Landesarbeitsamt Wien, war 1953 / 54 Angestellter des Klubs der Sozialistischen Abgeordneten und Bundesr¨ate und wurde 1955 Parlamentsbediensteter. 1963-66 war G. Mitglied des Bundesrats, 1966-73 und 1986-89 Abgeordneter zum Natio¨ und 1970 / 71 Bunnalrat (1971-73 Klubobmann der SPO) desminister f¨ur Unterricht und Kunst. Seine Amtszeit als B¨urgermeister und Landeshauptmann von Wien (1973-84) war von der Bauring-Aff¨are und dem AKH-Skandal u¨ berschattet. Seit 1976 war G. Landesparteivorsitzender der Wie¨ und 1984-86 Bundesminister f¨ur Ausw¨artige Angener SPO legenheiten. Seit 1986 Erster Pr¨asident des Nationalrats, trat er 1989 wegen Verstrickung in die Causa Proksch (LuconaSkandal) zur¨uck. G. ver¨offentlichte u. a. Ja zu Wien (1976) ¨ und Osterreich und Europa (1986). Gratz, Lorenz Klemens, kath. Theologe, * 26. 1. 1806 St¨otten bei F¨ussen (Bayern), † 18. 11. 1884 Augsburg. Der Neffe von Peter Alois → G. studierte seit 1825 in Landshut und M¨unchen Theologie und Philosophie und wurde 1829 promoviert. Im selben Jahr zum Priester geweiht, wurde er Stadtkaplan von Kempten, Pr¨afekt des k¨oniglichen Studienseminars und Gymnasiallehrer f¨ur Hebr¨aisch und Religion in Augsburg. Seit 1832 Prof. der Exegese am Lyzeum in Dillingen, war er seit 1850 Domkapitular, 1856-82 Generalvikar, 1869 Domdechant in Augsburg. G. ver¨offentlichte

mehrere exegetische Schriften und ein Handbuch der biblischen Erd- und L¨anderkunde (1844, 2. u¨ berarb. Aufl. unter dem Titel Schauplatz der heiligen Schrift [. . .], 1858). C BBKL

Gratz, Peter Alois, kath. Theologe, P¨adagoge, * 17. 8. 1769 Mittelberg / Allg¨au, † 1. 11. 1849 Darmstadt. G. studierte seit 1788 am Klerikalseminar in Dillingen Theologie und wurde 1792 zum Priester geweiht. Seit 1796 betreute er die Pfarrei Unterthalheim bei Horb / Neckar. 1812 wurde er Prof. der neutestamentlichen Exegese in Ellwangen, 1817 in T¨ubingen, 1819 in Bonn. 1828-39 war er Regierungs- und Schulrat in Trier. G. gab die Zeitschrift „Der Apologet des Katholizismus“ heraus und ver¨offentlichte u. a. einen kritisch-historischen Kommentar u¨ ber das Evangelium des Matth¨aus (2 Bde., 1821-23). C Leb Bayer Schwaben, Bd 10 Gratzer, Hans, o¨ sterr. Schauspieler, Regisseur, Theaterdirektor, * 16. 10. 1941 Wiener Neustadt (Nieder¨osterreich), † 19. 1. 2005 Hainfeld (Nieder¨osterreich). Bereits als Sch¨uler Leiter einer Theatergruppe, begann G., Sohn eines Arztes, eine Ausbildung am Max-ReinhardtSeminar in Wien. Nach deren Abbruch gr¨undete er 1963 das Kammertheater in der Piaristengasse in Wien, wo er erstmals auch als Regisseur t¨atig war. Seit 1967 arbeitete G. als Schauspieler in Hamburg, M¨unchen, bei den Salzburger Festspielen sowie am Volks- und Burgtheater in Wien, bis er 1973 die Werkstatt im Theater am K¨arntnertor in Wien gr¨undete. Nach der Schließung des Theaters gr¨undete er 1977 das Schauspielhaus, das er bis 1986 leitete. Mit Klassikerinszenierungen, Gegenwartsdramatik und MusicalProduktionen z¨ahlte das Schauspielhaus zu den innovativsten Theatern im deutschsprachigen Raum. Nach einer T¨atigkeit als freier Regisseur kehrte G. von 1991 bis 2001 f¨ur eine zweite Direktionszeit an das Schauspielhaus zur¨uck. Sein ausschließlich an Ur- und Erstauff¨uhrungen orientiertes Konzept scheiterte am mangelnden Erfolg beim Publikum. 2003 u¨ bernahm G. die k¨unstlerische Leitung des Wiener Theaters in der Josefstadt, die er nach einer Saison wieder abgeben mußte. 2004 erhielt G. den Wiener Theaterpreis „Nestroy“. Gratzl, Emil, Bibliothekar, Orientalist, * 30. 12. 1877 M¨unchen, † 9. 1. 1957 M¨unchen. Der Sohn eines Konditormeisters studierte in M¨unchen, Marburg und Berlin Klassische Philologie und Semitistik und trat 1899 in die k¨onigliche Hof- und Staatsbibliothek in M¨unchen ein. 1905 wurde er zum mit der Arbeit Die altarabischen Frauennamen zum Dr. phil. promoviert. Als Leiter der Erwerbungsabteilung gelang es G., durch planm¨aßigen Ausbau der Best¨ande den Rang der Bayerischen Staatsbibliothek als einer der f¨uhrenden europ¨aischen Bibliotheken zu sichern. Man nannte ihn den „bedeutendsten Akzessionisten seiner Zeit“ (Emil Jacobs). Von 1929 bis zu seiner Pensionierung 1938 war er Direktor der Bayerischen Staatsbibliothek. G. ver¨offentlichte zahlreiche Fachartikel u¨ ber orientalische Buchkunst und Handschriften. C NDB Grau, Alexander, Milit¨ar, Unternehmer, * 1. 1. 1878 Preußisch-Eylau, † 25. 1. 1938 Berlin. Nach der Ausbildung im Kadettenkorps und an der Kriegsakademie wurde G. w¨ahrend des Ersten Weltkriegs als Major in die Presseabteilung des Kriegsministeriums abkommandiert. Zuletzt Chef der Abteilung, war er 1918 an der Gr¨undung einer Filmgesellschaft zur Abwehr feindlicher Propaganda beteiligt und wurde sp¨ater in den Vorstand der Universal-Film-Aktiengesellschaft (UFA) berufen.

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Grau G. f¨orderte Kriegs- und Kulturfilmproduktionen, initiierte die Filmhallen in Babelsberg nach dem Vorbild Hollywoods und leitete den Presse- und Werbedienst. C Altpreuß Biogr, Bd 1

Grau, August, o¨ sterr. Physiker, Techniker, * 4. 2. 1863 Wien, † 25. 10. 1923 Wien. G. studierte an der TH und der Univ. Wien Mathematik und Physik und wandte sich seit 1889 als Assistent am Technologischen Gerwerbemuseum vor allem der Elektrotechnik zu. Seit 1894 Prof. an der h¨oheren Fachschule f¨ur angewandte Physik, u¨ bernahm er nach deren Umwandlung in eine Fachschule f¨ur Elektrotechnik die Abteilungsleitung der Versuchsanstalt. G. war Privatdozent an der Hochschule f¨ur Bodenkultur und der TH, 1914-18 Direktor der Staatsgewerbeschule und seit 1918 Direktor des Technologischen Gewerbemuseums. Seiner Initiative war in den Nachkriegswirren die Rettung der technischen Anlagen zur Aufnahme des ¨ ersten Radiobetriebs in Osterreich vor der Beschlagnahme durch die Alliierten zu verdanken. G. arbeitete u¨ ber Elektromotoren und elektrische Meßkunde und ver¨offentlichte u. a. Bestimmung der elektromotorischen Kr¨afte und der Stromst¨arken in Wechselstromkreisen (1896) und Versuche mit hohen Riemengeschwindigkeiten (1907). C Czeike Grau, Bernhard, Eisenh¨utteningenieur, * 11. 2. 1856 Zeppenfeld / Siegerland, † 1. 3. 1924 Berlin. G. studierte seit 1874 Chemie und H¨uttenwesen an der TH Aachen und arbeitete nach T¨atigkeiten beim Eschweiler Bergwerks-Verein und im Hochofenwerk Ph¨onix in Ruhrort als Ingenieur an der Falvah¨utte im oberschlesischen K¨onigsh¨utte. Dort engagierte er sich f¨ur die Idee des Aufbaus einer Hochofenindustrie zur Roheisenerzeugung an der deutschen Ostseek¨uste, um durch g¨unstige Rohstoff- und Produktvertriebswege Wettbewerbsvorteile gegen¨uber dem englischen Roheisen auf dem deutschen Markt zu erlangen. Mit der Errichtung des Eisenwerkes Kraft in Stettin, das 1897 seine Arbeit aufnahm, konnte G. seine Vorstellung erfolgreich in die Tat umsetzen. Sp¨ater folgte eine Reihe von Unternehmen dem Gedanken der k¨ustennahen Eisenerzeugung. C NDB Grau, Conrad, Historiker, * 6. 7. 1932 Magdeburg, † 18. 4. 2000 Strausberg. G. studierte 1952-56 Geschichte an der HumboldtUniversit¨at Berlin, war seit 1957 an der Deutschen Akademie der Wissenschaften t¨atig, wo er vor allem zur osteurop¨aischen Geschichte arbeitete, und wurde 1960 mit der Arbeit Der Wirtschaftsorganisator, Staatsmann und Wissenschaftler Vasilij N. Tatiˇscˇ ev (1686-1750) (ver¨offentlicht 1963) promoviert. Seit den siebziger Jahren widmete er sich verst¨arkt der Geschichte der Akademie der Wissenschaften. Bis 1991 war G. Leiter des Wissenschaftsbereichs Akademiegeschichte am Zentralinstitut f¨ur Geschichte bzw. am Institut f¨ur deutsche Geschichte der Akademie der Wissenschaften, 1992-97 Mitarbeiter der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und seit 1994 Mitglied der Leibniz-Soziet¨at. Bekannt wurde er vor allem durch seine Ver¨offentlichungen zur Akademie- und Wissenschaftsgeschichte, darunter Wissenschaft in Berlin (1987, mit Hubert Laitko), Ber¨uhmte Wissenschaftsakademien. Von ihrem Entstehen und ihrem weltweiten Erfolg (1988) und Die Preußische Akademie der Wissenschaften zu Berlin (1993). G. beging Selbstmord. C DDR-Historiker Grau, Johannes, luth. Theologe, * 1483 Kronach (Oberfranken), † November 1559 Weimar. Nach dem Studium der Theologie in K¨oln und Leipzig war G. seit 1519 Kleriker in Kronach, wo er sich der Reforma¨ tion zuwandte. Er heiratete, wurde seiner Amter enthoben und floh schließlich mit seiner Frau nach Wittenberg, wo er

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1522 immatrikuliert wurde. → Luther empfahl ihn 1524 als Prediger nach Weimar, wo er ein Jahr sp¨ater das Pfarramt u¨ bernahm und seit 1529 als Superintendent amtierte. G. trug wesentlich zur Festigung der Reformation und zur Bildung der Geistlichen im Sinn der luth. Lehre in Th¨uringen bei. 1549 / 50 war er maßgeblich an Gutachten zum Augsburger und zum Leipziger Interim beteiligt. C NDB

Grau, Rudolf Friedrich, luth. Theologe, * 20. 4. 1835 Heringen / Werra, † 5. 8. 1893 K¨onigsberg. Der Pfarrerssohn studierte 1854-57 in Leipzig, Erlangen und Marburg Theologie und war Hauslehrer, 1860 Repetent am Marburger Seminarium Philippinum. Im folgenden Jahr habilitiert, wurde er 1865 a. o. Prof. an der Univ. Marburg und 1866 als o. Prof. des Neuen Testaments nach K¨onigsberg berufen. G. gab seit 1865 die apologetische Zeitschrift „Beweis des Glaubens“, 1877-80 das Bibelwerk f¨ur die Gemeinde (2 Bde.) heraus und ver¨offentlichte u. a. Semiten und Indogermanen. Eine Apologie des Christentums vom Standpunkt der V¨olkerpsychologie (1864), Urspr¨unge und Ziele unserer Kulturentwicklung (1875) und Das Selbstbewußtsein Jesu (1887). C Altpreuß Biogr, Bd 1 Grau, Wilhelm, Historiker, * 4. 8. 1910 Straubing, † 9. 10. 2000 Alzey. G., Sohn eines Postbeamten, studierte seit 1930 Geschichte in Frankfurt / Main, Berlin und M¨unchen, wurde 1933 mit der Arbeit Antisemitismus im sp¨aten Mittelalter (1934, 21939) promoviert und arbeitete seit 1935 am Reichsinstitut f¨ur Geschichte des neuen Deutschlands. 1937 trat G. der NSDAP bei und habilitierte sich an der Univ. M¨unchen. Nach Auseinandersetzungen mit Walter → Frank 1938 entlassen, war G. seit 1940 in der Dienststelle Rosenberg t¨atig, wo er im Auftrag des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg den Raub j¨udischer und freimaurerischer Bibliotheken in Paris organisierte. 1940-42 war er zudem Leiter des Instituts zur Erforschung der Judenfrage in Frankfurt / Main. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg seit 1942 wurde er 1945 Leiter des Universum-Verlags in Mainz, 1946 Mitinhaber einer Druckerei in Alzey und 1951 Inhaber der Verlagsdruckerei Rheinhessische Druckwerkst¨atte. G. ver¨offentlichte u. a. Die Judenfrage in der deutschen Geschichte (1937, 61943). C Gr¨uttner Graubner, Gerhard, Architekt, * 29. 1. 1899 Dorpat, † 25. 7. 1970 Hannover. G. studierte an den Technischen Hochschulen M¨unchen und Stuttgart Architektur und war 1925-32 Assistent von Paul → Bonatz. W¨ahrend der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft schuf G. u. a. Fabrik- und Verwaltungsgeb¨aude, die Stadthalle M¨ulheim, die Schauspielh¨auser Bochum und Bremerhaven, das Rathaus in Aachen und das Nationaltheater Mannheim. 1939 wurde ihm die technische Leitung der Stadtplanungsgesellschaft D¨usseldorf u¨ bertragen. Seit 1940 lehrte er als o. Prof. f¨ur Entwerfen, Geb¨aude- und Baustoffkunde an der TH Hannover. Nach Kriegsende spezialisierte sich G. zunehmend auf die Planung und Ausf¨uhrung von Theaterbauten, die nach seinen Entw¨urfen in L¨unen, Krefeld, Wuppertal und Trier entstanden. Seine bekannteste Leistung ist der Wiederaufbau des zerst¨orten Nationaltheaters in M¨unchen (mit K. Fischer; 1963 er¨offnet). G. ver¨offentlichte u. a. Paul Bonatz und seine Sch¨uler (1931). C Munzinger

Graudan, Nikolai, Musiker, * 5. 9. 1896 Libau (Lettland), † 9. 8. 1964 Moskau. G. studierte an der Univ. St. Petersburg Rechtswissenschaften, daneben 1914-18 Violoncello am Staatlichen Konservatorium. Seit 1918 Solist beim dortigen Staatsorchester und Staatstheater, war er seit 1920 auch Prof. am Konservatorium. 1922-24 erster Cellist an der Nationaloper in Riga,

Graul spielte er 1925 im St¨adtischen Orchester D¨usseldorf und seit 1926 im Philharmonischen Orchester Berlin. 1935 emigrierte G. nach London, 1938 weiter in die USA. Dort spielte er in Minneapolis sowie an der Metropolitan Opera in New York und ließ sich 1950 in Los Angeles nieder. G. starb w¨ahrend einer Reise in Moskau. C BHdE, Bd 2

Graudenz, Johannes, Journalist, * 12. 11. 1884 Danzig, † 22. 12. 1942 Berlin. G. ging mit 17 Jahren nach England, arbeitete in verschiedenen Berufen und L¨andern und begann seine journalistische T¨atigkeit 1916 im Berliner B¨uro der amerikanischen Presseagentur United Press (UP). Sp¨ater berichtete er f¨ur UP aus Moskau, leitete eine Photoagentur und war Korrespondent der „New York Times“. Seit 1932 war G. Handelsvertreter, stand aber auch in Verbindung mit kommunistischen Widerstandskreisen und lernte 1940 Harro → Schulze-Boysen kennen. Neben anderen Widerstandsaktionen gegen die nationalsozialistische Herrschaft war G. an der Ausarbeitung und Herstellung der Flugschrift Die Sorge um Deutschlands Zukunft geht durch das Volk beteiligt. Im September 1942 wurde er mit Frau und Kindern verhaftet, zwei Monate sp¨ater zum Tod verurteilt und hingerichtet. C Widerstand

Grauert, Hermann (Heinrich) von, Historiker, * 7. 9. 1850 Pritzwalk (Brandenburg), † 12. 3. 1924 M¨unchen. Nach kaufm¨annischer Ausbildung und Mitarbeit im v¨aterlichen Handelsgesch¨aft studierte G. in M¨unster, G¨ottingen, Berlin, Straßburg und M¨unchen Geschichte und wurde 1876 bei Georg → Waitz promoviert (Die Herzogsgewalt in den nordwestf¨alischen Bisth¨umern M¨unster, Osnabr¨uck und Minden). Er arbeitete seit 1877 im Bayerischen Reichsarchiv und im Vatikanischen Archiv in Rom und gr¨undete im selben Jahr mit anderen die G¨orres-Gesellschaft, deren Pr¨asident er 1920 wurde; seit 1885 war er Herausgeber des „Jahrbuchs der G¨orres-Gesellschaft“. 1883 habilitiert, war er 1885-1923 o. Prof. der Geschichte an der Univ. M¨unchen, der er 1915 / 16 als Rektor vorstand. Mit Arbeiten zur Papstwahl sowie zum Reichsgedanken und zur Friedensidee des Mittelalters profilierte er sich als f¨uhrender kath. Historiker seiner Zeit. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen Papstwahlstudien (1899) und Die Kaisergr¨aber in Speyer (1901). C Historikerlex

Grauert, Ludwig, Politiker, * 9. 1. 1891 M¨unster (Westfalen), † 4. 6. 1964 K¨oln. Nach einem Jurastudium und der Teilnahme am Ersten Weltkrieg wurde G. 1921 Gerichtsassessor und war bis 1923 als Staatsanwalt in M¨unster und Bochum t¨atig, bevor er in den Arbeitgeberverband der H¨uttenbetriebe D¨usseldorf wechselte. Seit 1928 Gesch¨aftsf¨uhrendes Vorstandsmitglied der Arbeitgeberverb¨ande deutscher Eisen- und Stahlindustrieller (Gruppe Nordwest), war er maßgeblich an der Unterst¨utzung der NSDAP beteiligt. Im Februar 1933 zum Ministerialdirektor und bald darauf zum Staatssekret¨ar im Preuß. Ministerium des Inneren ernannt, unterstand G., der 1934 zum SSBrigadef¨uhrer bef¨ordert wurde, die Polizei-, Personal- und Kommunalabteilung der Beh¨orde. Dar¨uber hinaus war er als Staatssekret¨ar im Reichsinnenministerium zust¨andig f¨ur Verfassung und Gesetzgebung und schlug noch in der Nacht des Reichstagsbrandes eine „Notverordnung gegen Brandstiftung und Terrorakte“ vor. Seit 1933 gab G. zusammen mit Roland → Freisler Das Neue Recht in Preußen heraus. Mitte 1936 wurde er in den Ruhestand versetzt. C Weiß Grauert, Ulrich, Milit¨ar, * 6. 3. 1889 Berlin, † 24. 5. (?) 1941 Compi`egne (beigesetzt). Der Sohn eines Offiziers trat 1909 als F¨ahnrich in die preuß. Armee ein. Seit 1915 bei verschiedenen Fliegerabteilungen,

wurde er 1918 als Hauptmann F¨uhrer einer Fliegerabteilung. Nach Kriegsende in die Reichswehr u¨ bernommen, wurde G. 1929 als Major in das Reichswehrministerium versetzt. 1935 trat er in die Luftwaffe ein, zu deren Aufbau er als Fliegerausbildungskommandeur wesentlich beitrug. Als Befehlshaber eines Fliegerkorps in Polen und im Westfeldzug wurde er 1940 zum Generaloberst bef¨ordert. G. starb 1941 ¨ bei Luftk¨ampfen u¨ ber dem Armelkanal. C Munzinger

Grauert, Wilhelm Heinrich, Klassischer Philologe, Historiker, * 25. 3. 1804 Amsterdam, † 10. 1. 1852 Wien. Der Sohn eines Kaufmanns studierte u. a. bei Barthold Georg → Niebuhr Philologie und Altertumswissenschaften in Bonn und wurde 1825 promoviert. Seit 1826 Privatdozent f¨ur alte Geschichte, wurde er 1827 a. o., 1835 o. Prof. der Geschichte und Literatur an der Akademie M¨unster. G. gr¨undete das Historische Seminar der Akademie, den Historischen Verein zu M¨unster sowie den Rheinisch-westf¨alischen Schulm¨annerverein. 1850 wechselte er auf den Lehrstuhl f¨ur allgemeine Geschichte der Univ. Wien und begr¨undete das erste Histori¨ sche Seminar in Osterreich. G. ver¨offentlichte u. a. Christina K¨onigin von Schweden und ihr Hof (2 Bde., 1837-42). C Czeike Graul, Emil Heinz, Mediziner, * 29. 12. 1920 Zeitz, † 27. 1. 2005 Marburg. G. studierte Medizin und Chemie in Leipzig, wo er 1947 zum Dr. med. promoviert wurde. Eine zweite Promotion zum Dr. rer. nat. erfolgte 1948 in M¨unster (Das atmungsphysiologische Verhalten von Enchytr¨aen unter dem Einfluß des Lichtes, nachgewiesen durch Bestimmung des min¨utlichen Sauerstoffverbrauchs der Tiere), wo sich G. 1951 f¨ur Strahlenkunde und Dermatologie habilitierte. 1954 ging er an die Univ. Marburg, wurde Abteilungsleiter am Institut f¨ur Strahlenbiologie und Isotopenforschung sowie Oberarzt an der Strahlenklinik, 1957 a. o., 1963 o. Prof. f¨ur Radiobiologie und Isotopenforschung, 1980 auch f¨ur Environtologie. Zuletzt war er Direktor der Marburger Klinik und Poliklinik f¨ur Nuklearmedizin. Nach seiner Emeritierung leitete G. als Chefarzt die Abteilung f¨ur Imaging Diagnostik im Verbund Klinikum Bad Wildungen. Er geh¨orte seit 1950 der Kommission zur Erforschung gewerblicher Hautkrankheiten und seit 1957 der Atomkommission der Bundes¨arztekammer sowie der Strahlenschutzkommission der Deutschen Gesellschaft f¨ur Arbeitsschutz an. G., Begr¨under der deutschen Nuklearmedizin und Environtologie, war Mitheraus¨ geber des „Deutschen Arzteblatts“ (1955-74), der „Direktinformation Nuklearmedizin“ (1966-72), von „Diagnostik“ (1968-74) und der „Zeitschrift f¨ur Verkehrsmedizin“. Er vero¨ ffentlichte u. a. Autoradiographie als methodisches Hilfsmittel in der medizinischen Forschung (1957), Strahlensyndrom, radioaktive Verseuchung. Pathogenetische, klinische, prognostische, genetische und sanit¨atstaktische Probleme im Atomzeitalter (1957) und Die unbew¨altigte Zukunft (1970).

Graul, Hans, Geograph, * 4. 7. 1909 Wien, † 2. 5. 1997 Gutenzell. G. begann 1928 das Studium der Geographie und Geschichte an der Univ. Wien, das er 1935 mit der Promotion abschloß (Morphologische Untersuchungen im Hausruck und Kobernauserwald und in deren Vorland). 1942 habilitierte er sich in M¨unchen (Zur Morphologie der Ingolst¨adter Ausr¨aumungslandschaft). Seit 1939 in Krakau t¨atig, war er u. a. stellvertretender Leiter der Sektion f¨ur geographische Landeskunde am Institut f¨ur Deutsche Ostarbeit. Seit 1951 lehrte er an der Univ. T¨ubingen, seit 1954 in Heidelberg und war 1961-74 Vorstand des Instituts f¨ur Geographie unter besonderer Ber¨ucksichtigung der physischen Geographie. ¨ G., seit 1974 korrespondierendes Mitglied der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften, war Mitherausgeber

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Graul der „Heidelberger Geographischen Arbeiten“. Er ver¨offentlichte u. a. Beitr¨age zur Siedlungsgeographie des Generalgouvernements (1943, mit Gisela Hildebrand), Zur Gliederung der W¨urmeiszeit im Illergebiet (1953, mit Ingo Sch¨afer) und Geomorphologie (1968). ¨ Akad, Jg. 147 C Almanach Ost

Graul, Karl (Friedrich Leberecht), evang. Theologe, Missionswissenschaftler, * 6. 2. 1814 W¨orlitz (Anhalt), † 10. 11. 1864 Erlangen. G., Sohn eines Zeug- und Leinewebers, studierte 1834-38 in Leipzig Theologie, war anschließend Hauslehrer in Italien und unterrichtete seit 1840 als Institutslehrer in Dessau. 1844-60 war er Direktor der Dresdner Evangelischlutherischen Missionsgesellschaft in Sachsen und erwirkte 1847 die Verlegung der Gesellschaft nach Leipzig, um durch die dortige Univ. eine bessere und sachlichere theologische Ausbildung der Missionare zu erreichen. Nachdem er sein Amt niedergelegt hatte, habilitierte er sich 1861 in Erlangen ¨ (Uber Stellung und Bedeutung der christlichen Missionen im Ganzen der Universit¨atswissenschaften, 1864) als erster Deutscher f¨ur Missionswissenschaft. 1849-53 bereiste G. Indien. Er u¨ bersetzte und erl¨auterte die klassische Literatur des vorarischen Tamilidioms (Bibliotheca Tamulica, 4 Bde., 1854-65). C NDB

Graul, Richard Ernst, Kunsthistoriker, Museumsdirektor, * 24. 6. 1862 Leipzig, † 25. 12. 1944 Leipzig. G. studierte Arch¨aologie und Kunstgeschichte in Leipzig und wurde 1889 in Z¨urich promoviert. Nach Studienreisen durch Italien, Frankreich, die Niederlande und Großbritannien ging er 1892 als Volont¨ar der Gem¨aldegalerie und Skulpturensammlung des Alten Museums nach Berlin, assistierte 1894 an der Nationalgalerie und im folgenden Jahr am Berliner Kunstgewerbemuseum. Ende 1896 wurde G. Direktor des Kunstgewerbemuseums in Leipzig und leitete dort zeitweilig auch die Gem¨aldegalerie. Er war Mitbegr¨under der Kunstzeitschrift „Pan“ und ver¨offentlichte u. a. Rembrandts Handzeichnungen (21924), Deutsche Kunst in Wort und Farbe (1911) und Das Kunstgewerbemuseum in Leipzig (1929). C Reichshandbuch

Graumann, Johann Philipp, auch Grauman, M¨unzmeister, * um 1706 Braunschweig (?), † 22. 4. 1762 Berlin. Als erfolgreicher Handelskaufmann erwarb sich G. gr¨undliche Kenntnisse des M¨unzwesens und der dadurch m¨oglichen Arbitragegesch¨afte. Nach Ver¨offentlichung mehrerer einschl¨agiger Schriften von der braunschweigisch-l¨uneburgischen Regierung als Kommerzkommissar in den Staatsdienst berufen, arbeitete er 1749 in der Schrift Abdruck von einem Schreiben, die deutsche und anderer V¨olker M¨unzverfassung [. . .] betreffend ein M¨unzsystem f¨ur ganz Deutschland aus. Seit 1750 Finanz- und Dom¨anenrat sowie Generaldirektor des M¨unzwesens in Berlin, f¨uhrte G. einen neuen M¨unzfuß ein, der nahezu Wechselparit¨at mit den meisten Auslandsw¨ahrungen herstellte. Der nach ihm benannte Graumannsche M¨unzfuß, ein Vierzehntalerfuß, blieb in Preußen maßgeblich bis 1856. G. gilt als einer der bedeutendsten W¨ahrungsfachleute seiner Zeit. Er ver¨offentlichte u. a. Gesammelte Briefe von dem Gelde, von dem Wechsel und dessen Kurs, von der Proportion zwischen Gold und Silber, von dem Pari des Geldes und von den M¨unzgesetzen verschiedener L¨ander (2 Tle., 1762). C NDB

Graumann, Peter Benedict Christian, Mediziner, * 23. 11. 1752 Waren (Mecklenburg), † 5. 10. 1803 B¨utzow bei Schwerin. G. studierte 1771-74 in G¨ottingen Medizin, unternahm Studienreisen nach Berlin, Prag und Wien und wurde 1776 in B¨utzow, dem landesherrlichen Teil der Univ. Rostock, promoviert (Disp. in qua observationes suas physico-medicas,

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et sententias communicat). Nach kurzer Praxis in seiner Heimatstadt war er seit 1777 a. o. Prof. in B¨utzow, seit 1779 auch praktischer Arzt in Rostock und wurde 1784 o. Professor. G. blieb auch nach der Wiedervereinigung der beiden Akademien in B¨utzow und war Kreisphysikus meh¨ rerer Amter sowie Hof- und Leibarzt. Neben Fachver¨offentlichungen in der Medizin und Naturgeschichte (Betrachtungen u¨ ber die allgemeine Stufenfolge der nat¨urlichen K¨orper, 1774; Abhandlung u¨ ber die Franzosenkrankheit des Rindviehes und die Unsch¨adlichkeit des Fleisches solcher Thiere, 1784) gab er das „Di¨atetische Wochenblatt f¨ur alle St¨ande“ ¨ (1781-83) heraus. 2 C Arzte

Graun, August Friedrich, Kantor, * 1698 / 99 Wahrenbr¨uck (Sachsen), † 5. 5. 1765 Merseburg. Der a¨ lteste Sohn eines s¨achsischen Akziseeinnehmers erhielt den ersten Musikunterricht vermutlich im Familien¨ kreis. Uber seine weitere Ausbildung ist nichts bekannt. 1729 wurde er Domkantor und Lehrer an der Domschule in Merseburg. G. war der Bruder von Johann Gottlieb und Carl Heinrich → G. C MGG Graun, Carl Heinrich, S¨anger, Kapellmeister, Komponist, * zwischen 9. 8. 1703 und 8. 8. 1704 Wahrenbr¨uck (Sachsen), † 8. 8. 1759 Berlin. G. besuchte neben seinem Bruder Johann Gottlieb → G. 1714-20 die Dresdner Kreuzschule und wurde dort in Cembalo, Klavier, Komposition und vor allem in Gesang ausgebildet. Nach einem Studienaufenthalt in Prag kam er 1725 als Tenorist an die Braunschweiger Hofkapelle. Sp¨ater zum Vizekapellmeister ernannt, komponierte er dort sechs Opern, darunter Lo specchio della fedelt´a aus Anlaß der Verm¨ahlung des preuß. Kronprinzen. 1735 berief ihn der preuß. Kronprinz, der sp¨atere → Friedrich II., nach Rheinsberg, ernannte ihn 1740 zum k¨oniglichen Kapellmeister und beauftragte ihn mit der Einrichtung eines Opernhauses in Berlin. Die neue B¨uhne wurde 1742 mit G.s Oper Cesare e Cleopatra eingeweiht. G. komponierte u¨ ber 30 italienische Opern, Kirchenmusik, u. a. die Passionskantate Der Tod Jesu (1755, Text von Karl Wilhelm → Ramler), Konzerte und Kammermusik. C MGG Graun, Johann Gottlieb, Musiker, Komponist, * 1701 / 02 Wahrenbr¨uck (Sachsen), † 27. 10. 1771 Berlin. Der Sohn eines Akziseeinehmers und Bruder von August Friedrich und Carl Heinrich → G. besuchte die Dresdner Kreuzschule, wurde 1718 an der Univ. Leipzig immatrikuliert und erhielt seine Ausbildung zum Violinisten u. a. bei Giuseppe Tartini in Padua. 1726 wurde er Konzertmeister am herzoglichen Hof in Merseburg, wo er Lehrer Wilhelm Friedemann → Bachs war, 1731 am Hof Karl August Friedrichs zu Waldeck. Im folgenden Jahr wurde G. Mitglied der neugegr¨undeten Kapelle des preuß. Kronprinzen, des sp¨ateren → Friedrich II., in der er als Konzertmeister zusammen mit seinem Bruder Carl Heinrich t¨atig war. G. war einer der Hauptvertreter der Berliner Schule. Er komponierte etwa 100 Symphonien, Concerti grossi und Solokonzerte (vor allem f¨ur Violone), Opernwerke, Kammermusik, geistliche Musik und eine italienische Passion. C MGG Graunke, Kurt, Musiker, Komponist, Dirigent, * 20. 9. 1915 Stettin, † 5. 5. 2005 M¨unchen. G. erlernte das Violinspiel, studierte an der Berliner Musikhochschule (1934 und 1938-41) und bei Walther → Schneiderhan in Wien (1941 / 42) und trat 1936-44 als Violinsolist auf. 1945 gr¨undete er in M¨unchen ein Symphonieorchester, das er bis 1989 leitete und mit dem er auch Filmmusiken einspielte (u. a. zu Querelle von Rainer Werner → Fassbinder, 1984, und zu Das Schweigen der L¨ammer, 1991); 1990 wurde das Symphonie-Orchester Graunke in M¨unchner Symphoniker umbenannt. Als Gast

Grautoff dirigierte G. u. a. die Bamberger Symphoniker, die Hessische Staatskapelle in Wiesbaden, die M¨unchner Philharmoniker und die Wiener Symphoniker. Zu seinen Kompositionen geh¨oren neun Symphonien.

Graupe, Paul, Buchh¨andler, Antiquar, * 29. 5. 1881 NeuTrebbin, † 9. 2. 1953 Baden-Baden. G. absolvierte eine Buchh¨andlerlehre, hospitierte in verschiedenen Buchhandlungen und u¨ bernahm 1907 das Antiquariat von Georg Lissa in Berlin. Aus seinen Katalogen, die in Fortf¨uhrung der Z¨ahlung seines Vorg¨angers mit der Nummer 43 beginnen, ist besonders die Nummer 77 von 1914 mit einer Sammlung von Totentanzliteratur zu nennen. Seit 1916 versteigerte G. auch B¨ucher, Graphiken und Zeichnungen, u. a. die Bibliotheken von Paul → Schlenther und Alfred Walter → Heymel. Ende 1936 emigrierte G. nach Paris und sp¨ater in die USA. C LGB

Graupenstein, Friedrich Wilhelm, Maler, Lithograph, * 2. 9. 1828 Minden (Westfalen), † 25. 5. 1897 Hamburg. G. studierte an der Berliner Kunstakademie u. a. bei Karl → Begas und Johann Gottfried → Schadow Malerei und Lithographie, arbeitete zwei Jahre in Bremen und ließ sich 1853 als freier K¨unstler in Hamburg nieder. Als Auftragsmaler portr¨atierte er zahlreiche norddeutsche Adlige, Senatoren und Staatsbeamte sowie den Pr¨asidenten Venezuelas und den K¨onig von Siam. Neben etwa tausend Kreidezeichnungen hinterließ er an die dreihundert Lithographien, darunter Portr¨ats hamburgischer K¨unstler und Schriftsteller. C Th-B Graupner, (Johann) Christoph, Kapellmeister, Komponist, Musiker, * 13. 1. 1683 Kirchberg (Sachsen), † 10. 5. 1760 Darmstadt. Der Sohn eines Schneidermeisters besuchte nach erster Ausbildung in Gesang und Klavierspiel neun Jahre die Leipziger Thomasschule und studierte dann Rechtswissenschaften. 1706 ging er nach Hamburg und wurde im folgenden Jahr Cembalist an der Oper. Nach der Auff¨uhrung seiner ersten Opern berief in Landgraf → Ernst Ludwig 1709 als Vizekapellmeister nach Hessen-Darmstadt. Seit 1712 Kapellmeister, schuf er bis 1719 weitere drei Opern (u. a. La costanza vince l’inganno, 1715; 2. Fassung 1719) und wandte sich dann ausschließlich der Kirchen-, Orchester- und Kammermusik zu. Eine Bewerbung um das Leipziger Thomaskantorat scheiterte 1722 / 23 am Widerstand des Landgrafen. G. gab 1728 ein Darmst¨adtisches Choralbuch heraus. Er komponierte 9 Opern, mehr als 1400 Kantaten (vor allem Kirchenkantaten), 113 Symphonien, 87 Ouvert¨uren, 44 Konzerte, Kammer- und Klaviermusik. C MGG

Graupner, Johann Christian Gottlieb, Musiker, Musikalienh¨andler, * 6. 10. 1767 Verden / Aller, † 16. 4. 1836 Boston. Der Sohn eines Oboisten erlernte das Instrument seines Vaters und wanderte nach einigen Jahren als Soldat in einem hannoverschen Regiment 1788 nach London aus. 1795 schiffte er sich nach Nordamerika ein und ließ sich 1797 in Boston nieder, wo er als Musiklehrer und Instrumentenbauer arbeitete und im Federal Street Theater Oboe spielte. 1800 er¨offnete er ein Musikaliengesch¨aft mit Verlag, in dem er auch eigene Kompositionen vertrieb. Nach 1810 z¨ahlte er zu den Begr¨undern der Philharmonic Society, des ersten selbst¨andigen Orchesters in den USA. 1815 rief er mit anderen die Handel and Haydn Society ins Leben. C MGG

Graus, Frantiˇsek, Historiker, * 14. 12. 1921 Br¨unn, † 1. 5. 1989 Basel. G., Sohn eines Kaufmanns, wurde wegen seiner j¨udischen Herkunft 1941 nach Theresienstadt, dann nach Auschwitz

und Buchenwald deportiert. Nach 1945 studierte er Geschichte an der Univ. Prag, wurde 1948 mit einer Untersuchung zur Stadtarmut in vorhussitischer Zeit promoviert, habilitierte sich 1951 und wurde Prof. und 1954 Abteilungsleiter am Historischen Institut der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag. 1969 emigrierte er in die Bundesrepublik Deutschland, wurde zun¨achst Gastprof. an der Univ. Konstanz, 1970 o. Prof. f¨ur mittelalterliche Geschichte an der Univ. Gießen und lehrte 1972-89 als o. Prof. an der Univ. Basel. G. besch¨aftigte sich u. a. mit den Kontinuit¨atskonstruktionen der deutschen Medi¨avistik, den Funktionen fr¨uhmittelalterlicher Hagiographie, sozialgeschichtlichen Aspekten religi¨oser Bewegungen und der Erforschung mittelalterlicher Mentalit¨aten. Er war seit 1983 Mitherausgeber der „Historischen Zeitschrift“ und ver¨offentlichte u. a. Geschichtsschreibung und Nationalsozialismus (1969), Le¨ bendige Vergangenheit. Uberlieferung im Mittelalter und in den Vorstellungen vom Mittelalter (1975), Pest, Geißler, Judenmorde. Das 14. Jahrhundert als Krisenzeit (1987, 31994) und Mentalit¨aten im Mittelalter (1987). C Historikerlex

Grauss, Alois, o¨ sterr. Politiker, * 18. 6. 1890 Jenbach (Tirol), † 30. 11. 1957 Rotholz bei Jenbach. Nach dem Besuch einer Handelsschule, der Landwirtschaftlichen Fachschule Rotholz und der Hotelfachschule in Innsbruck bewirtschaftete G. den landwirtschaftlichen Familienbesitz in Buch (Tirol). In den zwanziger Jahren engagierte er sich als Kommunalpolitiker und als Obmann der Bezirksbauernkammer in Schwaz und der Tiroler Bauernsparkasse. Seit 1929 Landtagsmitglied, wurde er nach dem „Anschluß“ ¨ Osterreichs an das Deutsche Reich 1938 zeitweilig im Konzentrationslager Reichenau (Innsbruck) inhaftiert. Nach dem Krieg war G. Obmann des Tiroler Bauernbundes, 1951-57 Landeshauptmann von Tirol. C Munzinger Grautoff, Erna, geb. Heinemann, Schriftstellerin, * 10. 1. 1888 Berlin, † 31. 12. 1949 GarmischPartenkirchen. G. war mit dem Kunsthistoriker und Romanisten Otto → G. verheiratet und lebte mit ihm in Berlin und Paris. Sie u¨ bersetzte u. a. Werke von Romain Rolland und Jules Romains sowie Shakespeares Sonette. Seit 1906 ver¨offentlichte sie Gedichte, Erz¨ahlungen und Romane (Aurore. Geliebte, Mutter, Dichterin, 1937). Gemeinsam mit ihrem Mann verfaßte sie Die lyrische Bewegung im heutigen Frankreich (1912). Ihre gesammelten Gedichte erschienen 1947 unter dem Titel Geliebtes Leben. C Budke

Grautoff, Ferdinand, Pseud. Seestern, Parabellum, Redakteur, Schriftsteller, * 10. 8. 1871 L¨ubeck, † 15. 5. 1935 Leipzig. Der Sohn eines Buchh¨andlers studierte in Berlin, T¨ubingen und Marburg Philosophie und Geschichte. Nach der Promotion trat er in die Redaktion der „L¨ubeckischen Nachrichten“ ein, deren Chefredakteur er bald darauf wurde. Seit 1899 politischer Redakteur der „Leipziger Neuesten Nachrichten“, wurde er deren Hauptschriftleiter und war zuletzt Chefredakteur einer technischen Zeitung in Leipzig. G. ver¨offentlichte u. a. 1906. Der Zusammenbruch der alten Welt (1905), Die Garibaldi-Droschke und andere lustige Geschichten (1913) und Eine Fahrt an die Westfront (1915).

Grautoff, Otto, Kunsthistoriker, Publizist, * 31. 5. 1876 L¨ubeck, † 27. 4. 1937 Paris. G. studierte nach einer Buchhandelslehre in Bern und Paris Kunstgeschichte und wurde 1904 promoviert. 1900-03 Herausgeber der Zeitschrift „Jugend“, arbeitete er bis zu Beginn des Ersten Weltkriegs als Kunsthistoriker in Paris, dann f¨ur das Ausw¨artige Amt in Berlin. Seit 1915 lehrte er dort auch an der Lessing-Hochschule, seit 1917 an der Handelshochschule, unternahm sp¨ater Vortragsreisen durch

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Grave Deutschland, die Schweiz und Frankreich und gr¨undete 1927 die Deutsch-Franz¨osische Gesellschaft. 1933 emigrierte G. nach Frankreich und war bis zu seinem Tod Attach´e am Institut d’Art et d’Arch´eologie der Univ. Paris. Er ver¨offentlichte u. a. Im Schatten Poussins (1920), Die franz¨osische Malerei seit 1914 (1921), Zur Psychologie Frankreichs (1922) und Das gegenw¨artige Frankreich (1926). G. war mit Erna → G. verheiratet; die Tochter Christiane heiratete den Dramatiker Ernst → Toller. C Wendland

Grave, Friedrich (Wilhelm Theodor), Jurist, Philosoph, * 21. 7. 1881 Bremen, † 17. 9. 1954 Wabern bei Bern (Schweiz). Der aus einer Kaufmannsfamilie stammende G. studierte Rechtswissenschaften und wurde 1905 in Kiel mit der Arbeit Das kaufm¨annische Handelsgeschlecht promoviert. Nach einer T¨atigkeit als Rechtsanwalt in Bremen (1908-11) studierte er Philosophie, Psychologie und V¨olkerkunde in G¨ottingen. 1914-18 u¨ bernahm G. die Vertretung von Bremer Rechtsanw¨alten, die Kriegsdienst leisteten. Im Umfeld der Erneuerungsschriften der zwanziger Jahre entstand sein 1926 publiziertes Werk Chaotica ac Divina, eine metaphysische Schau, aus dem er bereits zwei Jahre zuvor das Thesenwerk Das Chaos als objektive Weltreligion separat ver¨offentlicht hatte. 1929 erschien unter dem Titel Marktzauber ein Ausschnitt aus der erst 1953 vollst¨andig ver¨offentlichten Schrift Metaphysik der Erkenntnis; auf die Auseinandersetzung u. a. mit Thesen Hinrich → Knittermeyers zur¨uck ging sein Band Suna di Pallanza. Briefe der Einkehr (1934). Seit 1934 lebte G. in Bern. Er hatte engen Kontakt u. a. Eugen → Diesel, Hermann Graf → Keyserling, Leo → Frobenius und Martin → Werner. C Brem Bio 2

Gravenhorst, Carl Theodor, Schulmann, Schriftsteller, * 1. 11. 1810 Braunschweig, † 28. 1. 1886 Braunschweig. Der Sohn eines Finanzbeamten studierte in Leipzig, Bonn und G¨ottingen Klassische Philologie und Geschichte. 1834-37 war er Hofmeister an der Ritterakademie in L¨uneburg, 1837-40 Kollaborator am Collegium Johanneum in L¨uneburg, 1841-45 Konrektor am Gymnasium in G¨ottingen, 1845-49 Prof. an der Ritterakademie in L¨uneburg. Als hannoverscher Abgeordneter zur Nationalversammlung 1848 sprach er sich u. a. f¨ur die Abschaffung des Adels, der Amtstitel, der Orden, der Todesstrafe und der Zensur aus. 1849-66 unterrichtete G. in Hildesheim und Bremen; danach u¨ bernahm er als Schulrat die Leitung des vereinigten Ober- und Progymnasiums seiner Heimatstadt. Seit 1877 war er stimmf¨uhrendes Mitglied der braunschweigischen Oberschulkommission. G. ver¨offentlichte u. a. Griechisches Theater. F¨ur deutsche Leser bearbeitet [. . .] (2 Bde., 1856) und Odysseus’ Heimkehr. Ein Heldengedicht in f¨unfzig Liedern (1865). C Braunschweig

Gravenhorst, (Heinrich Ludwig Diedrich) Friedrich, Straßenbautechniker, * 3. 1. 1835 Weide bei Großenaspe (Schleswig-Holstein), † 11. 6. 1915 Stade. Nach einer Forst- und Jagdlehre legte G., Sohn eines Hofbesitzers, in Kiel die Pr¨ufung als Feld- und Landvermesser ab und studierte anschließend Mathematik, Mechanik und Tiefbau am Polytechnikum in Hannover. Danach arbeitete er mehrere Jahre bei der Wasserbau-Inspektion in Celle sowie bei der Grundsteuerregulierung in K¨oslin und Stolp, wurde 1872 Kreisbaumeister in Otterndorf und u¨ bernahm 1873 als Wegebauinspektor die Leitung des Landesbauamtes Stade. W¨ahrend seiner vierzigj¨ahrigen Amtszeit l¨oste G. als erster die bis dahin u¨ bliche Straßenbefestigung mittels unterschiedlich großer Findlinge durch normierte Kleinpflasterung ab und schuf damit den bis in die Mitte des 20. Jh. hinein in Europa vorherrschenden Straßenbelag. C Leb Nieders, Bd 2

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Gravenhorst, (Johann) Heinrich (Christoph), Lehrer, Bienenz¨uchter, * 26. 9. 1823 Watzum (Kr. Wolfenb¨uttel), † 21. 8. 1898 Wilsnack. Der G¨artnerssohn besuchte 1844-49 das Schullehrerseminar in Wolfenb¨uttel, nahm eine Hauslehrerstelle in Wispenstein an und wurde nach einer Probezeit 1852 als Lehrer und Organist in V¨olkenrode angestellt. Wegen zunehmender Geh¨orlosigkeit mußte G. den Unterricht fr¨uh aufgeben und trat 1860 in den Ruhestand. Danach widmete er sich intensiv der Bienenzucht und besaß 1883 126 Bienenst¨ocke. G. erfand den Bienenstrohkorb mit beweglicher Wabe (Der praktische Imker. Anleitung, sich den Bogenst¨ulper [. . .] selbst anzufertigen und darin die Bienenzucht mit Nutzen zu betreiben, 1873, 51903). Seit 1883 gab er die „Deutsche Illustrierte Bienenzeitung“ heraus und ver¨offentlichte ein Imkeralbum. Portr¨ats und Lebensbeschreibungen verdienstvoller Bienenz¨uchter (2 Folgen, 1889-95). C Braunschweig

Gravenhorst, Johann Heinrich, Chemiker, Fabrikant, * 20. 10. 1719 Braunschweig, † 14. 4. 1781 Braunschweig. Zun¨achst Kaufmannsdiener in Celle und Besitzer einer Bierbrauerei, gr¨undete G. mit seinem Bruder 1759 in Braunschweig die erste Salmiakfabrik Deutschlands. Neben dem Hauptprodukt wurde dort auch Glaubersalz, roter Alaun und das „Braunschweiger Gr¨un“, eine Maler- und Anstreichfarbe aus basischem Chlorkupfer, hergestellt. G. ver¨offentlichte u. a. Einige Nachrichten an das Publicum, vier der Gravenhorstschen Fabrikproducte betreffend (1769). C ADB

Gravenhorst, Johann Ludwig Christian Carl, Zoologe, * 14. 11. 1777 Braunschweig, † 14. 1. 1857 Breslau. G., dessen Vater eine Bier- und Essigbrauerei besaß, h¨orte einige Semester Vorlesungen in Rechtswissenschaften, studierte seit 1799 Naturwissenschaften in G¨ottingen und wurde 1801 in Helmstedt promoviert (Diss. inaug. sistens conspectum historiae entomologiae, imprimis systematum entomologicorum). Nach einem Studienaufenthalt in Paris forschte er in Braunschweig als Privatgelehrter und habilitierte sich 1805 in G¨ottingen mit der Arbeit Dissertatio sistens specimen disquisitionis opiniorum de Generatione Cryptogamorum Animalium et Vegetabilium, annexis thesibus VIII f¨ur Naturgeschichte. Dort seit 1808 a. o. Prof. und Adjunkt am Akademischen Museum, wurde er 1810 o. Prof. der Naturgeschichte an der Univ. Frankfurt / Oder (seit 1811 in Breslau) und Direktor des Botanischen Gartens. 1814 gr¨undete er in Breslau aus seiner Privatsammlung das Zoologische Museum der Stadt. 1818 wurde G. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Neben Studien u¨ ber Infusionstierchen, Amphibien, Reptilien und einige Meerestiere ver¨offentlichte G. Grundlagenwerke wie Vergleichende Zoologie (1843) und Das Tierreich nach den ¨ Verwandtschaften und Uberg¨ angen in den Klassen und Ordnungen desselben dargestellt (1845). Seinen Ruf als beschreibender Systematiker und Insektenforscher erwarb er sich vor allem mit den Arbeiten u¨ ber die Schlupfwespen Ichneumonologia Europaea (3 Tle., 1829). C NDB

Gravenhorst, Traud, Schriftstellerin, * 17. 5. 1892 Breslau, † 28. 6. 1968 M¨unchen. G. war verheiratet mit dem Senatspr¨asidenten Georg G. und lebte in Berlin, Mannheim und M¨unchen. 1932 ver¨offentlichte sie Reise nach Sagan. Schlesische Novellen. Sp¨ater erschienen Romane und Erz¨ahlungen wie Geliebtes Tal (1955) und Amarant. Tage der Kindheit (1958). Ihrer Heimat widmete sie auch die Monographie Schlesien. Erlebnisse eines Landes (1938) und Ein Rittergut in Schlesien. Fremde Adler, Eros und Toscana (1966).

Grebe Gravenreuth, Karl Frh. von, Beamter, * 12. 12. 1858 M¨unchen, † 5. 11. 1891 Buea (Kamerun). Der Sohn eines Hofbeamten trat 1877 in die bayerische Armee ein. 1885 ging er im Auftrag der Ostafrikanischen Gesellschaft nach Ostafrika, gr¨undete 1886 im damaligen Usambara die Station Korogwe und verteidigte 1888 in Auseinandersetzungen mit arabischen H¨andlern Bagamoyo. Nach kurzer T¨atigkeit in der Kolonialabteilung des Ausw¨artigen Amtes in Berlin f¨uhrte er 1891 eine Forschungsexpedition in das Hinterland von S¨udkamerun und starb bei K¨ampfen mit den Einheimischen. C ADB Gravenreuth, Karl Ernst Graf, Staatsmann, * 28. 5. 1771, † 29. 9. 1826 Augsburg. G. wuchs in Zweibr¨ucken auf, studierte Rechtswissenschaften und Diplomatie in G¨ottingen und trat als Legationsrat in die Dienste des Herzogs von Pfalz-Zweibr¨ucken. Seit 1799 Geheimer Rat und Referent im bayerischen Außenministerium, wurde er 1800 bevollm¨achtigter Minister Bayerns in Wien. 1805 unterschrieb er als bayerischer Armeeminister den Allianzvertrag mit Frankreich. 1807 wurde er Generalkommissar in Schwaben, 1817 Staatsrat und 1825 von K¨onig → Maximilian I. Joseph als erblicher Reichsrat der Krone Bayern in den Grafenstand erhoben. C Kosch: Kath Grawe, Klaus, Psychologe, Psychotherapeut, * 29. 3. 1943 Wilster (Schleswig-Holstein), † 10. 5. 2005 Z¨urich. Nach dem Studium der Psychologie seit an den Universit¨aten Hamburg und Freiburg / Breisgau war G. 1969-79 an der Psychiatrischen Universit¨atsklinik in Hamburg-Eppendorf t¨atig. 1976 promoviert (Indikation und spezifischen Wirkung von Verhaltenstherapie und Gespr¨achspsychotherapie. Eine Untersuchung an phobischen Patienten), habilitierte er sich 1979 in Hamburg f¨ur Medizin und ging im selben Jahr als Prof. f¨ur Klinische Psychologie und Psychotherapie an die Univ. Bern. G., der eine wissenschaftliche Begr¨undung psychotherapeutischer Theorieformen forderte und in seiner therapeutischen Praxis Anh¨anger der Verhaltenstherapie war, besch¨aftigte sich mit psychotherapeutischer Prozeßund Ergebnisforschung. In Psychotherapie im Wandel. Von der Konfession zur Profession (1994, 31994) suchte er, die Zusammenh¨ange zwischen Therapieprozessen und ihren Wirkungen aufzuzeigen, und formulierte auf der Basis der Gemeinsamkeiten verschiedener Therapieans¨atze eine allgemeine Psychotherapie (Psychologische Therapie, 1998, 2 2000). In Neuropsychotherapie (2004) bem¨uhte sich G. um den Nachweis neurobiologischer Entsprechungen von psychischen Entwicklungen.

Grawert, Julius August Reinhold von, Milit¨ar, * 28. 12. 1746 K¨onigsberg, † 18. 9. 1821 Obertalheim bei Landeck (Schlesien). G., Sohn eines preuß. Kapit¨ans, trat 1759 in die preuß. Armee ein und wurde 1765 Leutnant, 1788 Oberstleutnant und Regimentskommandeur in Halberstadt, danach Generalquartiermeisterleutnant im Generalstab und Generalquartiermeister, 1800 Inspekteur der oberschlesischen Infanterieregimenter. 1804 war er als Generalleutnant Gouverneur von Glatz, 1807 als Kommandierender General Generalgouverneur von Schlesien. Seit 1812 F¨uhrer des preuß. Hilfskorps f¨ur Napoleon gegen Rußland, erkrankte er wenig sp¨ater und nahm seinen Abschied. C Altpreuß Biogr, Bd 1 Grawitz, Paul Albert, Pathologe, * 1. 10. 1850 Zernin (Kr. B¨utow, Pommern), † 27. 6. 1932 Greifswald. Der Sohn eines Gutsbesitzers studierte 1869 in Halle / Saale und seit 1870 in Berlin Medizin und wurde 1873 promoviert (Zwei seltene Geschwulstf¨alle nebst Beobachtungen u¨ ber die Kontraktilit¨at von Geschwulstzellen). Als As-

sistent von Rudolf → Virchow besch¨aftigte er sich besonders mit den Methoden der Bakteriologie und habilitierte sich 1884 f¨ur Pathologie und pathologische Anatomie. 1886 ging er als a. o. Prof. nach Greifswald, wo er 1887 zum o. Prof. der pathologischen Anatomie berufen wurde. Die Antrittsrede als Rektor der Univ. 1896 behandelte das Thema ¨ Uber Leben und Tod. Seit 1886 war G. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. G. arbeitete u¨ ber Schimmelpilze, u¨ ber die Entstehung der angeborenen H¨uftgelenkluxation, Neugeborenengelbsucht, Lungeninfarkt sowie u¨ ber Entz¨undungen. Nach seiner Studie u¨ ber Die Entstehung von Nierentumoren aus Nebennierengewebe (1884) werden die Hypernephrome allgemein als „Grawitzsche Tumore“ bezeichnet. C NDB

Grazie, Marie Eugenie delle, o¨ sterr. Schriftstellerin, * 18. 4. 1864 Weißkirchen (Banat), † 18. 2. 1931 Wien. G., Tochter eines Bergbaudirektors, wuchs in einem Gebirgsdorf an der unteren Donau sowie in Weißkirchen im Banat auf, u¨ bersiedelte nach dem Tod des Vaters mit ihrer Mutter nach Wien und besuchte dort sp¨ater die Lehrerinnenanstalt St. Anna. 1882 ver¨offentlichte sie einen Band Gedichte, 1892 den Lyrikband Italienische Vignetten. Sp¨ater wandte sie sich, dem deutschen Naturalismus verbunden, auch dem Schauspiel (Schlagende Wetter, 1899) und der erz¨ahlenden Literatur zu. F¨ur das St¨uck Der Schatten (1901) erhielt sie 1901 den Bauernfeld-Preis. Durch mehrere Publikationen in der „3-Mark-Reihe“ des Ullstein-Verlags popul¨ar geworden, ergriff sie in Homo. Der Roman einer Zeit (1919) f¨ur die Emanzipation der Frau und gegen den Krieg Partei. G. wurde 1916 mit dem Ebner-Eschenbach-Preis ausgezeichnet. C NDB

Grebe, Ernst Wilhelm, Mathematiker, Physiker, * 30. 8. 1804 Michelbach bei Marburg, † 14. 1. 1874 Kassel. Der Pfarrerssohn studierte 1821-24 in Bonn und Leipzig Philologie und Mathematik, 1824-26 in Marburg Theologie und wurde 1829 mit der Arbeit De linea helice ejusque projectionibus orthographicis commentatio promoviert. Zun¨achst Privatdozent an der Univ. Marburg, trat er 1831 in den Schuldienst ein und unterrichtete als Gymnasiallehrer in mehreren hessischen St¨adten. 1855 wurde er mit dem Rektorat der Realschule in Kassel betraut. G. f¨orderte die von Leonhard → Euler begr¨undete sogenannte „Neuere Dreiecksgeometrie“, der ein großer Teil seiner Ver¨offentlichungen gewidmet war. In seiner Abhandlung Das geradlinige Dreieck in bezug auf die Quadrate der Perpendikel, die man von einem Punkte der Ebene auf seine Seiten f¨allen kann (in: Archiv der Mathematik und Physik, 1847) untersuchte er den nach ihm benannten Punkt in der Ebene eines gegebenen Dreiecks, f¨ur den die Summe der Quadrate der Abst¨ande von den Dreiecksseiten m¨oglichst klein ist. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner De quadrilatero circulari observationes quaedam (1831), Regeln f¨ur die wichtigsten arithmetischen Operationen (1833) und Kurzer Abriss der sph¨arischen Trigonometrie (1858). C NDB

Grebe, Friedrich, Lehrer, Politiker, * 1. 1. 1873 Neuhof bei Hildesheim, † 26. 11. 1931 Berlin. Nach dem Studium an der Univ. M¨unster war G. Gymnasiallehrer in Osnabr¨uck. 1919 in die preuß. Landesversammlung gew¨ahlt, geh¨orte er seit 1921 als Mitglied des Zentrums dem preuß. Landtag an. G. gab eine Reihe von Schriften heraus, die sich mit der Frage des zentralistischen bzw. f¨oderalen Aufbaus des Deutschen Reiches und mit der Rolle des Zentrum im deutschen Parteienspektrum befassen (u. a. Reich und L¨ander, 1920).

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Grebe Grebe, Karl Friedrich August, Forstwissenschaftler, * 20. 6. 1816 Großenritte (Hessen), † 12. 4. 1890 Eisenach. Der Sohn eines Brigadierf¨orsters absolvierte eine praktische Lehrzeit bei seinem Vater, studierte an der Forstlehranstalt Melsungen und der Univ. Berlin und wurde 1841 an der Univ. Marburg promoviert (De conditionibus ad arborum nostrarum saltuensium vitam necessariis). 1842 habilitierte er sich an der Univ. Greifswald, trat 1844 in den th¨uringischen staatlichen Forstdienst ein, wurde Forstrat in Weimar, sp¨ater Prof. der Forstwissenschaft und Forstmeister an der Akademie Eldena, 1850 Oberforstrat und Direktor der Forstlehranstalt in Eisenach sowie Vorstand der Großherzoglichen Taxationskommission. 1862 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. G. vero¨ ffentlichte u. a. Die Betriebs- und Ertragsregulierung der Forsten (1867, 21879). C Hess Forst

Grebe, Paul Ernst, Germanist, * 14. 3. 1908 Frankfurt / Main, † 13. 2. 1987 Wiesbaden. G. studierte seit 1927 in Frankfurt / Main und Marburg, habilitierte sich 1942 an der Univ. Marburg und z¨ahlte nach 1945 zu den f¨uhrenden Pers¨onlichkeiten auf dem Gebiet der Pflege und Kodifizierung der deutschen Sprache. 1947-73 leitete er die Duden-Redaktion in Wiesbaden und (seit 1959) in Mannheim. 1964 begr¨undete er das Institut f¨ur deutsche Sprache in Mannheim mit, dem er bis 1976 als Direktor vorstand. G., der als Honorarprofessor an der Univ. Mannheim lehrte, leitete die Herausgabe mehrerer Standardwerke der deutschen Sprache, u. a. des zehnb¨andigen Großen Duden und der Duden-Grammatik. Als gesch¨aftsf¨uhrender Vorsitzender des Arbeitskreises f¨ur Rechtschreibregelung wirkte er an den sogenannten „Wiesbadener Empfehlungen“ f¨ur eine Reform der Orthographie der deutschen Sprache mit.

Grebel, Konrad, schweizer. Humanist, T¨aufer, * um 1498 Gr¨uningen (Kt. Z¨urich), † um August 1526 Maienfeld (Kt. Graub¨unden). Aus einem Z¨urcher Patriziergeschlecht stammend, erwarb sich G. 1514-21 an den Universit¨aten Basel, Wien und Paris eine fundierte humanistische Bildung. Nach seiner R¨uckkehr nach Z¨urich schloß er sich → Zwingli an. Wegen grunds¨atzlicher Meinungsverschiedenheiten u¨ ber die Reform der Kirche und die Haltung zur Obrigkeit kam es jedoch 1523 / 24 zum Bruch. G. begr¨undete in der Folge zusammen mit Freunden die Z¨urcher T¨auferbewegung. Nach o¨ ffentlichen Disputationen u¨ ber die Tauffrage vollzog er 1525 erste Erwachsenentaufen und geriet dadurch in schwere kirchliche und politische Konflikte. Von der Obrigkeit verfolgt und mehrfach inhaftiert, zog er missionierend durch Schaffhausen, St. Gallen, Waldshut, Appenzell und das Z¨urcher Oberland. 1526 starb G. an der Pest. C RGG Greber, (Johann) Jakob, auch Grever, Komponist, Kapellmeister, * um 1673, begraben 5. 7. 1731 Mannheim. G. studierte in Italien und ging vermutlich 1702 mit der toskanischen S¨angerin Francesca Margarita de l’Epine nach London. Dort arbeitete er als Komponist und begleitete die S¨angerin bei mehreren Konzerten. 1705 wurde das neuerbaute Queen’s Theater in London mit G.s Pastorale Gli amori d’Ergasto (komponiert 1701) er¨offnet, der ersten in London aufgef¨uhrten italienischen Oper. Wenig sp¨ater verließ G. England und trat in den Dienst → Karl Philipps, des Statthalters von Tirol und sp¨ateren Kurf¨usten von der Pfalz. 1707-17 lebte G. in Innsbruck, danach in Neuburg / Donau, Heidelberg und seit 1720 in Mannheim. Seit 1708 stand er als Hofkapellmeister zun¨achst der Innsbrucker und sp¨ater der Mannheimer Kapelle vor. C MGG

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Greber, Julius, Jurist, Schriftsteller, * 24. 6. 1868 Aachen, † 30. 3. 1914 Colmar. G. studierte an den Universit¨aten Straßburg und Berlin Jura. Nach der Promotion in Straßburg und dem Staatsexamen 1896 war er als Amtsgerichtsrat und Staatsanwalt in Straßburg t¨atig. G. gr¨undete das Els¨assische Theater und war dessen erster Direktor. Er verfaßte dramatische, lyrische und epische Werke, insbeondere zahlreiche humoristische Theaterst¨ucke in els¨assischer Mundart, die meist im d¨orflichen Milieu spielen. Grebler, Leo, National¨okonom, * 25. 4. 1900 Berlin, † 2. 4. 1991 Los Angeles (USA). G., Sohn einer urspr¨unglich aus Galizien stammenden Familie, studierte seit 1919 in Berlin und Gießen Philosophie und National¨okonomie; 1926 wurde er in Gießen bei Paul → Mombert mit der Dissertation Das volkswirtschaftliche Problem der industriellen Absatzorganisation promoviert. 1926-28 Assistent der Gesch¨aftsf¨uhrung in einer Berliner Immobiliengesellschaft, 1927-29 auch Mitarbeiter der Enquˆete-Kommission zur Analyse der wirtschaftlichen Situation in Deutschland, arbeitete er seit 1929 als Journalist f¨ur das „Magazin der Wirtschaft“ und seit 1931 f¨ur das Wirtschaftsressort der „Frankfurter Zeitung“. 1935 entlassen, emigrierte G. zun¨achst in die Schweiz, 1937 weiter in die USA, wo er u. a. als Direktor der statistischen Abteilung beim Federal Home Loan Bank Board und als Berater f¨ur den Bereich Wohnungs- und Stadtplanung bei den Vereinten Nationen t¨atig war. 1948 folgte er einem Ruf auf eine Professur f¨ur Raumordnung und Wohnungswesen an die Columbia University in New York. Zudem war er Senior Staff Member des Council of Economic Advisers im Executive Office of the President (1955-58) und des National Bureau of Economic Research (1957 / 58). 1958 ging G. als Prof. of Real Estate and Urban Land Economics an die University of California in Los Angeles, wo er 1965 und 1968 das Projekt f¨ur Mexikanisch-Amerikanische Studien leitete (The MexicanAmerican People. The Nation’s Second Largest Minority, 1970, mit Joan W. Moore und Ralph C. Guzman). G. ver¨offentlichte u. a. The Cost of the World War to Germany and to Austria-Hungary (mit Wilhelm → Winkler, 1940) und The Housing of Nations. Analysis and Policy in a Comparative Framework (mit Leland S. Burns, 1977). C Hagemann Grebmer von Wolfsthurn, Eduard, o¨ sterr. Politiker, * 24. 1. 1821 Schloß Wolfsthurn bei Bruneck (S¨udtirol), † 11. 1. 1875 Bruneck. G. v. W. studierte an den Universit¨aten Graz, Padua und Innsbruck Jura und wurde zum Dr. jur. promoviert. ¨ 1848 beteiligte er sich als Freiwilliger am OsterreichischItalienischen Krieg. Seit 1850 Rechtsanwalt in Bruneck, wurde er 1861 B¨urgermeister der Stadt und Mitglied des Landtags von Tirol sowie des o¨ sterr. Reichsrats, 1869 Landeshauptmann von Tirol. Seit 1873 war G. v. W. Obmann der liberalen Fortschrittspartei im o¨ sterr. Reichsrat.

Grebner, Thomas, Jesuit, Historiker, * 1. 7. 1718 Mergentheim (Baden-W¨urttemberg), † 19. 5. 1787 W¨urzburg. G. studierte an der Univ. W¨urzburg und trat 1736 in die Gesellschaft Jesu ein. Nach mehrj¨ahriger T¨atigkeit als Lehrer in Fulda wurde er 1752 Prof. der Philosophie an der Univ. W¨urzburg, 1755 Prof. der Geschichte. G. besch¨aftigte sich vornehmlich mit der fr¨ankisch-w¨urzburgischen Geschichte und M¨unzkunde. Sein bedeutendstes Werk ist das Compendium historiae universalis et pragmaticae Romani imperii et ecclesiae Christianae (3 Bde., 1757-64), dessen erster Band ein Auszug aus einem umfangreichen Werk Hadrian → Daudes ist. C ADB

Gref Greder, Emil, S¨anger, * 19. 7. 1867 Singen, † 20. 12. 1919 New York. G. war seit 1887 als Schauspieler in K¨oln, L¨ubeck und Danzig t¨atig, studierte bei Joseph → Hauser in Karlsruhe Gesang und deb¨utierte 1891 als Operns¨anger am Stadttheater in Ulm. In der Folgezeit war er an mehreren B¨uhnen engagiert, u. a. am Hoftheater in Stuttgart 1893-95 und am Opernhaus in Leipzig 1897-1902, wo er ein breites Repertoire an Baßbariton-Rollen sang. Erfolge feierte er beispielsweise als Leporello in → Mozarts Don Giovanni, als van Bett in Albert → Lortzings Zar und Zimmermann und als Beckmesser in Richard → Wagners Die Meistersinger von N¨urnberg. Nach einem Engagement an Metropolitan Opera in New York (1904-06) gr¨undete G. Chorschulen und Musikvereine u. a. in Sydney und Melbourne. Der Versuch, in Amerika Konzerte zu veranstalten, brachte ihn in finanzielle Schwierigkeiten. G. beging Selbstmord. C Kutsch

Gredler, Vincenz Maria, eigentl. Ignaz G., Franziskaner, Naturforscher, * 30. 9. 1823 Telfs (Tirol), † 4. 5. 1912 Bozen. G., Sohn eines Lehrers, trat 1841 in den Franziskanerorden ein und wurde 1846 zum Priester geweiht. Seit 1849 unterrichtete er Naturgeschichte am Gymnasium der Franziskaner in Bozen. Ohne jemals eine Hochschule besucht zu haben, ¨ legte er 1852 die Lehramtspr¨ufung ab. Nach der Ubernahme des Bozener Gymnasiums durch weltliche Lehrkr¨afte leitete G. 1872-98 das dortige neugegr¨undete Ordensgymnasium. Einen Ruf auf eine Professur an die Univ. Buenos Aires mußte er auf Weisung des Ordensprovinzials ausschlagen. G. verfaßte grundlegende Arbeiten u¨ ber die Tiroler Fauna, insbesondere die K¨afer und Mollusken, und publizierte die ersten Zusammenstellungen u¨ ber das Vorkommen der Ameisen, Zweifl¨ugler und Wanzen Tirols. Sein Spezialgebiet waren die chinesischen Land- und S¨ußwassermollusken. G. arbeitete auch auf geologischem, mineralogischem und botanischem Gebiet und erforschte erstmals die Spuren der Eiszeit in Tirol. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨orten Fauna der Kriechthiere und Lurche Tirol’s (1872), Ethische Naturbilder (1892) und Neues Verzeichnis der Conchylien von Tirol und Vorarlberg (1894). C NDB Greeff, Richard, Zoologe, * 14. 3. 1829 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 30. 8. 1892 Marburg. G., Sohn eines Fabrikbesitzers, studierte in W¨urzburg, Heidelberg und Berlin Medizin und wurde 1857 in Berlin mit der Arbeit De acuto et chronico oris fauciumque catarrho promoviert. Zun¨achst als Arzt t¨atig, gab er diesen Beruf jedoch nach einigen Jahren auf, widmete sich zoologischen Studien und habilitierte sich 1863 in Bonn f¨ur Zoologie. 1871 wurde er als Prof. der Zoologie und vergleichenden Anatomie an die Univ. Marburg berufen, 1877 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. G. erforschte haupts¨achlich den Bau und die Fortpflanzungsverh¨altnisse der Einzeller, insbesondere der Rhizopoden, sowie die Anneliden und Echinodermen. Er unternahm zahlreiche Forschungsreisen (u. a. an die Adriak¨uste, auf die Kanarischen, Kapverdischen und Guinea-Inseln sowie nach Neapel und Lissabon), die er nicht nur zoologisch, sondern auch geographisch und ethnographisch auswertete (Reise nach den Canarischen Inseln, 1868). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Untersuchungen u¨ ber die Alciopiden (1876), Die Echiuren (Gephyrea armata) (1879) und Die Retina der Wirbelthiere (1894). G. war der Vater des Ophthalmologen Richard → G. C NDB

Greeff, (Karl) Richard, Ophthalmologe, * 18. 6. 1862 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 4. 11. 1938 Berlin. Der Sohn des Zoologen Richard → G. studierte in Marburg, Leipzig und Berlin Medizin und wurde 1888 in Mar-

burg promoviert (Ueber das Auge von Siphonops Thomensis). 1888-92 war er Assistent in der Augenklinik in Berlin und habilitierte sich 1894 an der Univ. Berlin f¨ur Ophthalmologie. 1896-99 unternahm er in staatlichem Auftrag Studien- und Vortragsreisen durch Ostpreußen und Posen zur Bek¨ampfung des Trachoms, einer epidemischen Bindehautentz¨undung. 1897 wurde er leitender Arzt der Abteilung f¨ur Augenkranke an der Charit´e in Berlin und zum a. o. Prof. an der dortigen Univ. ernannt. G. arbeitete vor allem u¨ ber die Erkrankungen der Netzhaut. Neben seinem Hauptwerk (Lehrbuch der pathologischen Anatomie des Auges, 1902-06) verfaßte er medizinhistorische Schriften, u. a. u¨ ber die Geschichte der Brille (Die Erfindung der Augengl¨aser, 1921), und sammelte Bilder und Reproduktionen zur Brillengeschichte, alte Brillen und Sehhilfen, die den Grundstock der Sammlung der Carl-Zeiss-Stiftung in Jena bildeten. C NDB

Greeff-Andrießen, Pelagie, o¨ sterr. S¨angerin, * 20. 6. 1860 Wien, † 17. 12. 1935 Frankfurt / Main. G.-A. erhielt ihren ersten Gesangunterricht durch ihre Mutter, Marie Andriessen von Lingke, und besuchte das Konservatorium in Wien. Nach mehreren Engagements als Operettens¨angerin (u. a. am Carl-Theater in Wien) entschloß sie sich zum Wechsel in das Opernfach. An der Berliner Hofoper als untalentiert entlassen, kam sie 1884 an das Leipziger Opernhaus und entwickelte sich dort zu einer der bedeutendsten dramatischen Sopranistinnen in Deutschland. 1890-93 war G.-A. an der Oper von K¨oln, 1893-1907 am Opernhaus von Frankfurt / Main engagiert. 1886 trat sie bei den Bayreuther Festspielen auf. 1891 sang sie anl¨aßlich der → Mozart-Zentenarfeier in Salzburg die Gr¨afin in Die Hochzeit des Figaro. Ihre gr¨oßten Erfolge erzielte G.-A. in → Wagner-Opern, etwa als Brang¨ane in Tristan und Isolde und als Br¨unnhilde in Walk¨ure. Seit 1892 erschien sie regelm¨aßig im Wagner-Repertoire der Londoner Covent C Frankf Biogr Garden Opera. Greeven, Heinrich, evang. Theologe, * 4. 10. 1906 Thorn, † 7. 6. 1990 Bochum. G., Sohn eines Pfarrers, studierte seit 1925 Theologie in T¨ubingen und Greifswald, wo er 1930 mit der Arbeit Gebet und Eschatologie im Neuen Testament promoviert wurde. 1933 habilitierte er sich mit der Schrift Das Hauptproblem der Sozialethik in der neueren Stoa und im Urchristentum (Nachdr. 1983) f¨ur Neues Testament, wurde Mitglied der Bekennenden Kirche und lehrte seit 1937 als Dozent in Heidelberg. Nach Kriegsdienst und R¨uckkehr aus britischer Gefangenschaft zun¨achst als Pfarrer t¨atig, wurde er 1948 Prof. f¨ur Neues Testament in Heidelberg. 1950 wechselte er nach Bethel, 1956 nach K¨oln und 1964 nach Bochum (1965-67 Rektor), wo er 1972 emeritiert wurde. In seinen Forschungen widmete sich G. der neutestamentlichen Sozialethik und der textkritischen Arbeit an den synoptischen Evangelien. C LThK Gref, Franz Heinrich, Maler, * 14. 12. 1872 St¨uhlingen (Baden), † 17. 9. 1957 Weilimdorf (heute zu Stuttgart). G. war Sch¨uler Christian → Landenbergers und Moritz Weinholdts in M¨unchen, Ludwig → Schmid-Reuttes an der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe (1888-92) und Leopold von → Kalckreuths und Robert von Haugs an der Kunstakademie in Stuttgart (1904-06). Er schuf Fresken und dekorative Wandbilder insbesondere f¨ur Kirchen, u. a. f¨ur die Kirche in Eglosheim und die Erl¨oserkirche in Stuttgart. Nach dem Ersten Weltkrieg entstanden bis zum Ende der zwanziger Jahre Figuren- und Landschaftsbilder, u. a. Begegnung I (1918), Hirten (1923) und L¨andliche Szenen (1925). 1923 trat G. der neugegr¨undeten Stuttgarter Sezession bei. 1941

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Grefe erfolgte eine stilistische Umorieniertierung: W¨ahrend G.s Malerei vorher dem Expressionismus nahestand, l¨ost sich nunmehr der Pinselstrich auf, und die Farbfelder werden aus Farbpunkten zusammengesetzt.

Grefe, Konrad, o¨ sterr. Maler, * 7. 11. 1823 Wien, † 16. 8. 1907 Tulbing (Nieder¨osterreich). G. studierte 1837-44 an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste, u. a. bei Joseph → M¨oßmer und Carl Gsellhofer. Zun¨achst als Landschaftsmaler t¨atig, ging er 1846 zur Radierung u¨ ber und ver¨offentlichte zusammen mit Lorenz → Sch¨on die „Monatshefte landschaftlicher Radierungen“. G. war Mitbegr¨under und Pr¨asident des Wiener K¨unstlervereins „Eintracht“ und vertrat 1857 die Wiener K¨unstlerschaft in der Allgemeinen deutschen K¨unstlergenossenschaft. Seit 1873 besaß er ein eigenes Atelier in Wien. G. schuf mehrere hundert Radierungen von Landschaften und historischen Bauwerken und u¨ ber 200 Aquarelle. Eine Folge von 36 radierten Naturstudien wurde als Vorlagenwerk f¨ur die o¨ sterr. Zeichenschulen beh¨ordlich empfohlen und mit der Goldenen Medaille ausgezeichnet.

Greff, Joachim, Dramatiker, * um 1510 Zwickau, † 11. (?) 11. 1552 Roßlau bei Dessau. G., Sohn eines Kantors, studierte in Wittenberg, war Lehrer in Halle und Magdeburg und wurde 1536 oder 1537 Rektor der Dessauer Lateinschule. Vermutlich seit 1549 wirkte er als Pfarrer in Roßlau. G. u¨ bersetzte 1533 die Kom¨odie Aulularia des Plautus (gedruckt 1535) und verfaßte eine Reihe von Schuldramen in deutscher Sprache mit dem Ziel, die reformatorische Lehre zu verbreiten. Seine St¨ucke, die h¨aufig eine biblische Handlung in eine zeitgen¨ossische Umgebung verlegten, sollten moralisch und religi¨os belehren. Vorbild f¨ur G.s dramatisches Schaffen war die lateinische Kom¨odie, sein zusammen mit Georg → Major verfaßtes Lieblich . . . spil von dem Patriarchen Jacob und seinen zwelff S¨onen (1534) orientierte sich ganz an der Kom¨odie des Terenz. G. war einer der ersten, der die reformatorische Lehre dramatisch darstellte, und hatte dadurch wesentlichen Anteil an der Entstehung des s¨achsischen Reformationsdramas. C Killy

Grefinger, (Johann) Wolfgang, auch Graefinger, Gr¨affinger, Greffinger, Komponist, Musiker, * um 1470 / 80 Krems (Nieder¨osterreich) (?), † nach 1515. ¨ Uber G.s Herkunft und Leben ist wenig bekannt. Sicher ist, daß er nach 1500 als Priester und Organist an St. Stephan in Wien t¨atig war und mindestens bis 1515 in dieser Stadt lebte. G.s kompositorisches Werk ist nur zu einem geringen Teil u¨ berliefert. Seine mehrstimmigen Lieder in deutscher Sprache bilden zusammen mit den Werken Heinrich → Fincks und Thomas → Stoltzers das wichtigste Verbindungsglied vom a¨ lteren Meister Erasmus → Lapicida zur Liedkunst → Arnolds von Bruck. Seine Odenvertonungen sind die ersten bekannten mehrstimmigen Vertonungen von Hymnen des Aurelius Prudentius. C MGG Greflinger, Georg, Pseud. Celadon, Seladon, Schrift-

¨ steller, Ubersetzer, Journalist, * um 1620 Neunburg vorm Walde bei Regensburg, † 1677 Hamburg. G., der aus einer protestantischen Familie stammte, verlor fr¨uh seine Eltern und wurde noch als Minderj¨ahriger durch die Rekatholisierungspolitik Kurf¨urst → Maximilians I. aus seiner Heimat vertrieben. Zun¨achst in Sachsen lebend, fand er Zugang zum Leipziger Lyrikerkreis und lernte die s¨achsische Lieddichtung kennen. Nach Wanderjahren, die ihn u. a. nach Schlesien, Danzig und Thorn f¨uhrten, ließ er sich 1646 in Hamburg nieder, wo er als Notar, Gelegenheitsdichter, Fachschriftsteller und Herausgeber der Zeitung „Nordischer Mercurius“ (1665 ff.) t¨atig war. Er wurde in den Elbschwa-

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nenorden aufgenommen und 1654 von Johann → Rist zum Poeta laureatus gekr¨ont. Seine gr¨oßten literarischen Erfolge erzielte G. mit seinen Liebesliedern (Seladons Best¨andige ¨ Liebe, 1644). Er erlangte auch als Ubersetzer aus dem Franz¨osischen (Corneilles Cid, 1650) und Holl¨andischen sowie als Chronik-Autor Bedeutung, u. a. durch sein Werk Der Deutschen Dreyßig-J¨ahriger Krieg (1657) in 4400 Alexandrinern. C Killy

Gregel, Johann Philipp von, kath. Theologe, * 7. 4. 1750 Pr¨olsdorf (Franken), † 2. 1. 1841 W¨urzburg. G. studierte in W¨urzburg Theologie und Jura und wurde 1773 zum Priester geweiht. 1774 trat er als Hofmeister in den Dienst des Grafen von Schenk und begleitete diesen auf ausgedehnten Reisen. 1787 an der Univ. Mainz promoviert, kam G. noch im selben Jahr als Universit¨atsbibliothekar und a. o. Prof. des Kirchenrechts an die Univ. W¨urzburg; 1791 wurde er zum o. Prof. ernannt. Seit 1789 war er Geistlicher Rat und Kanonikus. 1803 gab G. seine Professur auf und war als Landesdirektionsrat, seit 1814 als Regierungsrat und Referent in Kirchensachen im bayerischen Staatsdienst t¨atig. Er trat f¨ur die S¨akularisation ein und verteidigte ¨ die landesherrlichen Rechte bei der Besetzung von Amtern. Er ver¨offentlichte u. a. Das landesherrliche Patronatrecht nach den ver¨anderten Verh¨altnissen der bisch¨oflichen Gerechtsame betrachtet (1805). Gregor V., Papst, vorher Brun von K¨arnten, * um 969 / 72, † 18. 2. 999 Rom. Der Sohn Herzog → Ottos von K¨arnten und Urenkel Kaiser → Ottos I. wurde am Hof Bischof Hildebalds von Worms erzogen. 996 begleitete er als kgl. Hofkaplan → Otto III. auf seinem ersten Zug nach Rom. Als der K¨onig unterwegs vom Tod Papst Johannes’ XV. erfuhr, schlug er einer r¨omischen Gesandtschaft Brun als Nachfolger vor. Vermutlich am 3. 5. 996 wurde er in Rom als erster Deutscher zum Papst gew¨ahlt und als G. V. inthronisiert. Am 21. 5. 996 kr¨onte G. Otto III. zum Kaiser. Ende 996 wurde er von Crescentius aus Rom vertrieben, 998 jedoch durch den Kaiser wieder in sein Amt eingesetzt. Bereits ein Jahr sp¨ater starb G. an der Malaria. C LexMA Gregor, Benediktiner, Abt von Einsiedeln, 10. Jh. Der aus dem angels¨achsischen Raum stammende G. geh¨orte seit 949 dem Benediktinerorden an und war 964-96 dritter Abt des Klosters Einsiedeln. Er machte die Abtei zu einem Vorbild regeltreuen monastischen Lebens, pflegte gute Beziehungen zu den Ottonen und hielt sich wiederholt am K¨onigshof auf. Er gr¨undete 983 das Benediktinerkloster in Petershausen und ließ 987 in Einsiedeln die Klosterkirche ausbauen. 964 nahm er → Wolfgang, den sp¨ateren Bischof von Regensburg, als M¨onch und Scholaster in das Kloster auf. C LThK Gregor von Heimburg, Humanist, Jurist, * vor 1400 Schweinfurt, † August 1472 Schloß Wehlen / Elbe. G. studierte Rechtswissenschaft an der Univ. Wien, wurde 1430 in Padua promoviert und ging als Generalvikar in geistlichen Angelegenheiten nach Mainz. 1432 / 34 nahm er im Dienst der Mainzer Kurf¨ursten und Kaiser → Sigismunds am Basler Konzil teil und unterst¨utzte auf den Reichstagen 1442 und 1446 in Frankfurt sowie 1443, 1444 und 1447 in N¨urnberg die deutschen F¨ursten in ihren Bem¨uhungen um die Reform der deutschen Kirche. 1450 vertrat G. den kgl. Hof bei den Auseinandersetzungen mit Markgraf → Albrecht Achilles von Brandenburg und unterst¨utzte 1458 die ¨ Herz¨oge → Albrecht von Osterreich und → Sigmund von Tirol im Erbstreit mit dem Bischof von Brixen. Gemeinsam mit

Gregor-Dellin seinem Auftraggeber Sigismund wurde er, der sich beredt f¨ur Reformw¨unsche deutscher F¨ursten gegen¨uber der Kurie einsetzte, 1460 exkommuniziert und seiner G¨uter beraubt. Seit 1466 diente G. dem ebenfalls ge¨achteten B¨ohmenk¨onig Georg von Podiebrad und unterstellte sich nach dessen Tod 1471 der Obhut der Herz¨oge von Sachsen. Auf deren Intervention hin wurde 1472 der Kirchenbann aufgehoben. C LexMA

Gregor, Christian, Musiker, Komponist, evang. Bischof, * 1. 1. 1723 Dirsdorf (Schlesien), † 6. 11. 1801 Berthelsdorf (Oberlausitz). G., der fr¨uh seine Eltern verlor (sein Vater war Bauer), wurde auf Veranlassung des Grafen von Pfeil f¨ur den Lehrerberuf und als Organist ausgebildet. 1742 schloß er sich der Br¨udergemeine in Herrnhut an und war in der Folge f¨ur diese als Lehrer, Organist und in verschiedenen administrativen Funktionen t¨atig. 1764 zum Mitglied des Leitungsgremiums der Br¨udergemeine gew¨ahlt, unternahm G. in der Folge Visitationsreisen zu englischen, amerikanischen und russischen Br¨uderkolonien. 1789 wurde er zum Bischof erw¨ahlt und ordiniert. G. dichtete Kirchenlieder, von denen einige (Jesu, geh voran; Herz und Herz vereint zusammen) bleibende Popularit¨at gewannen, und gab 1784 das erste gedruckte Choralbuch der Br¨udergemeine heraus. Sein Hauptverdienst ist die Ordnung der Lieder des Grafen Nikolaus Ludwig von → Zinzendorf, die er f¨ur den kirchlichen Gebrauch u¨ berarbeitete, und die Herausgabe des Gesangbuchs zum Gebrauch in evangelischen Br¨udergemeinen (1773-78), das bis 1927 C NGroveD G¨ultigkeit hatte.

Gregor, Hans, Schauspieler, Regisseur, Theaterleiter, * 14. 4. 1866 Dresden, † 13. 8. 1945 Wernigerode / Harz. G., Sohn eines B¨ackermeisters, begann ein Ingenieurstudium, entschied sich jedoch schon bald f¨ur die Theaterlaufbahn. Er nahm bei Heinrich → Oberl¨ander Schauspielunterricht und war seit 1888 als Charakterdarsteller, sp¨ater auch als Regisseur an verschiedenen B¨uhnen t¨atig. 1896 u¨ bernahm G. die Leitung des Stadttheaters in G¨orlitz, ging 1898 als Direktor an das Vereinigte Theater nach ElberfeldBarmen und gr¨undete 1905 die Berliner Komische Oper, die er bis 1911 leitete. Im selben Jahr wurde er als Nachfolger Felix → Weingartners Direktor der Wiener Hofoper, an der er bis 1918 t¨atig war. G. war ein fr¨uher Verfechter des realistischen Musiktheaters und F¨orderer zeitgen¨ossischer Komponisten. Unter seiner Leitung wurden zahlreiche Werke uraufgef¨uhrt, u. a. Hans → Pfitzners Die Rose vom Liebesgarten und Richard → Strauss’ Der Rosenkavalier. In seinem Buch Die Welt der Oper, die Oper der Welt (1931) berichtet C MGG G. u¨ ber seine Erfahrungen und Erlebnisse.

Gregor, Joseph, o¨ sterr. Theaterwissenschaftler, Schriftsteller, * 26. 10. 1888 Czernowitz, † 12. 10. 1960 Wien. G., Sohn eines Architekten, studierte in Wien Musikwissenschaft, Germanistik und Philosophie und wurde 1911 promoviert (Die musikalische Entwicklung des Problems vom Ausdruck). 1910 arbeitete er unter Max → Reinhardt in M¨unchen und Berlin als Regieassistent, 1912-14 als Lektor f¨ur Musik ¨ an der Univ. Czernowitz. 1918 kam G. an die Osterreichische Nationalbibliothek in Wien, wo er 1922 die Theatersammlung und 1929 das Archiv f¨ur Filmkunde gr¨undete und als Direktor leitete. Daneben lehrte er am Max-ReinhardtSeminar, an der Akademie der bildenden K¨unste und an der Univ. Wien. 1953 schied G. als Wirklicher Hofrat aus dem Dienst der Nationalbibliothek aus. G. war einer der f¨uhrenden Theaterhistoriker seiner Zeit; er verfaßte u. a. Das rus-

sische Theater (1927, mit Ren´e → F¨ul¨op-M¨uller) und Geschichte des o¨ sterreichischen Theaters (1948) und gab die Denkm¨aler des Theaters (12 Bde., 1924-30) sowie die Zeitschrift „Theater der Welt“ heraus. G. schrieb die Textb¨ucher zu den von Richard → Strauss vertonten Opern Der Friedenstag (1938), Daphne (1938) und Die Liebe der Danae (1944). C MGG

Gregor, Kurt, Politiker, * 21. 8. 1907 Dresden, † 5. 5. 1990 Berlin. G., Sohn eines Arbeiters, machte 1923-26 eine Lehre als Maschinenbauer und bildete sich in Abendkursen zum Maschinenbauingenieur weiter. 1931 in die KPD eingetreten, arbeitete er 1932-38 f¨ur mehrere Maschinenfabriken in der Sowjetunion, danach als Technischer Leiter in deutschen Unternehmen. Seit 1946 Mitglied der SED, leitete er 1946-50 die Hauptabteilung Wirtschaftsplanung der s¨achsischen Landesregierung und war 1950 / 51 Staatssekret¨ar im Ministerium f¨ur Schwerindustrie, 1951 / 52 Staatssekret¨ar, 1952-54 Minister und 1954-56 Staatssekret¨ar im Ministerium f¨ur Außenhandel und Innerdeutschen Handel. Danach war G. in verschiedenen wirtschaftspolitischen Gremien der DDR und im Sekretariat des Rats f¨ur Gegenseitige Wirtschaftshilfe in Moskau t¨atig. C DDR Gregor, Nora, o¨ sterr. Schauspielerin, * 3. 2. 1901 G¨orz (heute Gorizia, Italien), † 20. 1. 1949 Vi˜na del Mar (Chile). G. stammte aus einer angesehenen G¨orzer B¨urgerfamilie und war in erster Ehe mit dem Pianisten Mitja Nikisch verheiratet. Sie begann ihre k¨unstlerische Laufbahn 1918 am Renaissancetheater in Wien. Danach spielte sie unter Rudolf Beer am Raimundtheater, unter Max → Reinhardt am Theater in der Josefstadt und am Deutschen Theater in Berlin. Seit 1922 u¨ bernahm sie auch Filmrollen und ging 1930 / 31 nach Hollywood. Seit 1933 am Wiener Burgtheater engagiert, wo G. in klassischen und modernen St¨ucken auftrat, wurde ihre k¨unstlerische Karriere 1937 durch ihre Heirat mit dem Heimwehrf¨uhrer Ernst R¨udiger von → Starhemberg abrupt beendet. 1938 floh sie mit ihm in die Schweiz, sp¨ater u¨ ber Paris und Lissabon nach Argentinien, wo sie in Armut lebte. Ihre letzten Jahre verbrachte G. in Chile, wo sie 1949 Selbstmord ver¨ubte. C Exiltheater Gregor-Dellin, Martin, Schriftsteller, * 3. 6. 1926 Naumburg / Saale, † 23. 6. 1988 Gr¨obenzell bei M¨unchen. G.-D., Sohn eines Kaufmanns, wurde 1944 Soldat und geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach seiner R¨uckkehr 1947 betrieb er musikalische und literarische Studien und wurde 1951 Lektor in einem Verlag in Halle / Saale. 1958 u¨ bersiedelte er in die Bundesrepublik Deutschland und war danach freier Schriftsteller und Kritiker in Bayreuth, 1961 / 62 literarischer Redakteur des Hessischen Rundfunks in Frankfurt / Main und 1962-66 als Verlagslektor in M¨unchen t¨atig. Seit 1966 lebte er als freier Schriftsteller in Gr¨obenzell bei M¨unchen. G.-D. wurde vor allem als Autor von Biographien bekannt (u. a. Richard Wagner. Sein Leben, sein Werk, sein Jahrhundert, 1980; Heinrich Sch¨utz. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit, 1984); mit Dietrich Mack gab er Cosima → Wagners Tageb¨ucher (2 Bde., 1976 / 77) heraus. Sein Roman J¨udisches Largo (1956, 21963 unter dem Titel Jakob Haferglanz) ist stark von G.-D.s Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieg gepr¨agt. G.-D. war Mitglied der Bayerischen Akademie der Sch¨onen K¨unste und der Deutschen Akademie f¨ur Sprache und Dichtung, beteiligte sich am Aufbau des Verbandes deutscher Schriftsteller, dessen Generalsekret¨ar er 1976-82 war, und stand 1982-88 als Pr¨asident dem PEN-Zentrum der Bundesrepublik Deutschland vor. C KLG

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Gregori Gregori, Ferdinand, Schauspieler, Regisseur, * 13. 4. 1870 Leipzig, † 12. 12. 1928 Berlin. G., Sohn eines Buchdruckers, studierte zun¨achst Medizin, wandte sich aber 1891 der B¨uhne zu. 1895-98 war er am Deutschen Theater in Berlin t¨atig, 1898-1901 am Schillertheater engagiert. 1901 wurde er am Wiener Burgtheater verpflichtet, an dem er auch als Regisseur arbeitete. 1910-12 u¨ bernahm G. als Intendant das Hof- und Nationaltheater Mannheim. 1916 kehrte er nach Berlin zur¨uck und war Schauspieler und Spielleiter am Deutschen Theater Max → Reinhardts sowie Lehrer an der angeschlossenen Schauspielschule. 1918-23 saß er der Vereinigung k¨unstlerischer B¨uhnenvorst¨ande vor und gab ihre Monatsschrift „Die Scene“ heraus. Zu Beginn seiner schauspielerischen Laufbahn vor allem Heldendarsteller, spielte G. sp¨ater auch Charakter- und V¨aterrollen. Zu seinen Hauptrollen z¨ahlten der Othello, der Hamlet, der Mephisto und Nathan der Weise. C NDB Gregorig, Josef, o¨ sterr. Politiker, * 27. 4. 1846 Bisamberg (Nieder¨osterreich), † 2. 7. 1909 Maria Enzersdorf (Niedero¨ sterreich). G. besuchte die Handelsschule und f¨uhrte ein Gesch¨aft in Wien. Seit Ende der achtziger Jahre politisch aktiv, schloß er sich der Christlich-Sozialen Partei Karl → Luegers an. 1889-1908 geh¨orte er dem Gemeinderat an, wo er die sogenannten „Antisemiten“ anf¨uhrte, und gr¨undete den Bund der Antisemiten, dem er bis 1904 als Obmann vorsaß. 1890-1908 war G. Mitglied des nieder¨osterreichischen Landtags, 1897-1907 auch des o¨ sterr. Reichstags. C Czeike Gregorii, Johann Gottfrid, auch Gregorius, Melissantes, Schriftsteller, * 17. 2. 1685 Toba (Th¨uringen), † 4. 8. 1770 Dornheim bei Arnstadt (Th¨uringen). G. studierte Theologie und war zun¨achst Hauslehrer und Schriftsteller, seit 1719 Pfarrer in einer nahe seiner Heimatstadt gelegenen Gemeinde. Bis zu seinem Lebensende hatte er mehrere Pfarrstellen inne. G. begann seine schriftstellerische T¨atigkeit mit einem Compendieusen Zeitungs-Lexicon (1708). Durch zahlreiche geographische, genealogische und historische Arbeiten verschaffte er sich bei einem breiten Leserpublikum Anerkennung; einzelne seiner Schriften erfuhren bis zu zehn Auflagen. C Killy

Gregorius, Benediktiner, Abt von Burtscheid, † vor 991 Burtscheid (heute zu Aachen). G. war entweder s¨uditalienischer oder byzantinischer Abstammung. W¨ahrend eines Aufenthalts in Rom traf er mit Kaiser → Otto II. und dessen Gemahlin → Theophanu zusammen, die ihn zum geistlichen Erzieher und Beichtvater ihres damals dreij¨ahrigen Sohnes Otto bestimmten. Nach der Wahl → Ottos III. zum K¨onig 983 auf dem Reichstag zu Verona begleitete G. ihn zur Kr¨onung nach Aachen und lebte anschließend in dem von ihm errichteten Benediktinerkloster Burtscheid. G. beeinflußte maßgeblich Ottos religi¨ose Entwicklung. Otto bezeichnete ihn als „venerandus confessor“ und gedachte seiner durch eine Schenkung an das Kloster C NDB Burtscheid im Jahr 1000.

Gregorovius, Ernst Ferdinand, Beamter, Landrat, * 20. 6. 1816, † nach 1886. 1843 mit der Verwaltung des Polizeidistrikts in Adelnau beauftragt, wechselte G. in gleicher Eigenschaft 1845 in das ebenfalls im Regierungsbezirk Posen gelegene Komornik, wo er bis 1848 t¨atig war. 1849 / 50 war er kommissarischer Verwalter des Landratsamts Pleschen, 1853-58 und 1861-85 Landrat in Pleschen. G. geh¨orte 1855-58 dem preuß. Abgeordnetenhaus an und war dort Mitglied der Fraktion von Arnim. C Haunfelder, Preuß Abg

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Gregorovius, Ferdinand (Adolf), Pseud. Ferd. Fuchsmund, Publizist, Historiker, * 19. 1. 1821 Neidenburg (Ostpreußen), † 1. 5. 1891 M¨unchen. G. hat fr¨uh zu schreiben begonnen, er hat vielerlei und mit k¨unstlerisch-leichter Hand geschrieben, doch auch sein ber¨uhmtestes Werk, die Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter. Vom V. bis zum XVI. Jahrhundert (8 Bde., 1859-72. Neu hrsg. v. Waldemar Kampf. M¨unchen 21988) w¨are nie entstanden, hat er bekannt, h¨atte er nicht schon als Kind unter dem wuchtigen Eindruck der mittelalterlichbacksteingotischen Architektur des Deutschordensschlosses gelebt, in dem die Familie des Vaters, des Kreisjustizrats Ferdinand Timotheus G., wohnte. G. lebte ganz aus der Anschauung der Dinge heraus, aus ihr erwuchsen ihm allm¨ahlich die Kategorien, mit deren Hilfe er sp¨ater die geschichtliche Welt zu analysieren und darzustellen vermochte. G. entstammte einer alten ostpreußischen Theologen- und Juristenfamilie; er war das j¨ungste Kind seiner Eltern. Bis 1838 besuchte er das Gumbinner Gymnasium; das Studium der Theologie in K¨onigsberg beendete er 1841 mit dem ersten kirchlichen Examen. Da er meinte, nicht zum Pfarrer zu taugen, schloß er 1843 ein wiederaufgenommenes Philosophiestudium mit einer Dissertation u¨ ber Plotin bei Karl → Rosenkranz ab (ver¨offentlicht 1855). Noch im selben Jahr erschien aus seiner Feder (unter Pseudonym) die politische Satire Konrad Siebenhorns H¨ollenbriefe an seine lieben Freunde in Deutschland. Zwei Jahre danach ließ er den Roman Werdomar und Wladislav. Aus der W¨uste der Romantik folgen. Im Revolutionsjahr 1848 widmete er seine Idee des Polenthums mit dem Untertitel einer „polnischen Leidensgeschichte“ dem polnischen Historiker und Freiheitsk¨ampfer Joachim Lelewel. 1849 erschien mit Goethes Wilhelm Meister in seinen socialistischen Elementen entwickelt eine eigenwillige, aber durchaus kenntnisreiche literarhistorische Studie. Die 1851 publizierte Geschichte des r¨omischen Kaisers Hadrian und seiner Zeit markierte G.’ Durchbruch in die eigentliche Geschichte und wurde f¨ur ihn der „Wegweiser nach Rom“ (so G. in der Neuauflage 1884). G., der bis dahin als Lehrer und von Arbeiten f¨ur die demokratische „Neue K¨onigsberger Zeitung“, das von Robert → Prutz edierte „Deutsche Museum“ und die „Hartungsche Zeitung“ gelebt hatte, ging 1852 nach Italien. Vordergr¨undige Veranlassung war die Erkrankung eines dort lebenden Freundes, indessen kann durchaus eine Form von Emigration aus den enggewordenen preuß. Verh¨altnissen unterstellt werden. G. blieb bis 1874 in Rom. Der publizistische Erfolg seiner die neue Gattung der historischen Landschaftsbeschreibung begr¨undenden Reiseb¨ucher (Corsica, 2 Bde., 1854. Neuausg. 1975; Wanderjahre in Italien, 5 Bde., 1856-77. Neuausg. 1967) sicherte seinen Unterhalt. Sein Hauptwerk wurde die Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter, eine an den gebildeten Laien gerichtete, aus den Quellen gearbeitete Darstellung, die vom Verfall des r¨omischen Kaisertums bis zum Beginn des 16. Jh. reicht und die Stadtgeschichte in Beziehung zum Papsttum und zum mittelalterlichen Kaisertum setzt. Die historischen Studien uber ¨ die Grabm¨aler der r¨omischen P¨apste (1857) waren Vorarbeiten. In seinem letzten Romjahr ließ G. noch eine Monographie u¨ ber Lucrezia Borgia (2 Bde., Neuausg. 1982) folgen. 1874 nahm er seinen Wohnsitz in M¨unchen, reiste aber allj¨ahrlich nach Rom, besuchte Griechenland und den Orient. Frucht dieser Reisen wurde die gewichtige Geschichte der Stadt Athen im Mittelalter. Von der Zeit Justinians bis zur t¨urki-

Greifenhagen schen Eroberung (2 Bde., 1889. Neuausg. 1994). Der Plan, auch Jerusalem darzustellen, blieb unausgef¨uhrt. 1875 wurde G. ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, eine M¨unchner Professur hatte er schon zuvor abgelehnt. 1876 machte ihn die Stadt Rom zum Ehrenb¨urger. G., in seinem letzten Lebensdrittel vielgelesen und vielgeehrt, blieb bis zu seinem Tod ein u¨ berzeugter Liberaler. Die Tatsache, daß der Vatikan 1874 seine Geschichte Roms auf den „Index librorum prohibitorum“ setzte, galt weniger dem Protestanten G. als dem Freisinnigen. WEITERE WERKE: R¨omische Tageb¨ucher. Hrsg. v. Friedrich Althaus. Stuttgart 1892. LITERATUR: Johannes H¨onig: F. G. Eine Biographie. Stuttgart 21943. – Friedrich Carl Scheibe: Mittelalterbild und liberaler Fortschrittsglaube in der Geschichtsschreibung von F. G. In: Archiv f¨ur Kulturgeschichte 61 (1979) S. 191-230. – F. G. und Italien. Eine kritische W¨urdigung. Hrsg. v. Arnold Esch / Jens Petersen. T¨ubingen 1993. Peter Schumann

Gregory, Caspar Ren´e, evang. Theologe, * 6. 11. 1846 Philadelphia, † 9. 4. 1917 Neuchˆatel-sur-Aisne (Frankreich). G., Sohn eines Schulbesitzers, studierte in Philadelphia und Princeton Theologie, kam 1874 nach Leipzig und wurde 1876 promoviert. 1878 / 79 war er Aushilfspastor an der amerikanischen Kapelle in Leipzig. 1884 an der Univ. Leipzig f¨ur Theologie habilitiert, wurde er dort 1889 a. o., 1891 o. Honorarprofessor der neutestamentlichen Textkritik. G. unternahm Reisen in zahlreiche L¨ander zur Erforschung der neutestamentlichen Handschriften. Er verwaltete den Nachlaß Konstantin von → Tischendorfs und erarbeitete 1876-94 den unter dem Titel Prolegomena erschienenen Einleitungsband zu Tischendorfs letzter Ausgabe des Neuen Testaments. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete sich G., mit fast 68 Jahren der a¨ lteste Kriegsteilnehmer, als Freiwilliger; er fiel an der Westfront. C Leb Sachsen, Bd 1 Greid, Herman(n), eigentl. Hermann Grabscheid, Pseud. Hans Dirk, Schauspieler, Regisseur, * 24. 11. 1892 Wien, † 7. 1. 1975 Stockholm. G. arbeitete seit 1923 als Schauspieler und Regisseur in Berlin und D¨usseldorf und begr¨undete 1929 das sozialistische Schauspielerensemble „Truppe im Westen“ mit, das er bis 1932 leitete. G., Mitglied der KPD, emigrierte 1933 nach Schweden. 1935 / 36 wirkte er in Moskau und Dnjepropetrowsk (Ukraine) als Schauspieler, war Leiter der Schauspielschule am neugegr¨undeten deutschen Theater von Dnjepropetrowsk und kehrte 1936 nach Schweden zur¨uck, wo er zu einer der f¨uhrenden Pers¨onlichkeiten des deutschsprachigen Exiltheaters wurde. 1938 inszenierte er die schwedische Erstauff¨uhrung von Die Gewehre der Frau Carrar von Bertolt → Brecht, mit dem er 1939-41 zusammenarbeitete. Nach seiner Konversion vom Juden- zum Christentum war G. 1943 Mitgr¨under des Freien Deutschen Kulturbundes in Schweden und 1944 der „Vereinigung f¨ur kirchliche Dramatik“. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er maßgeblich am Aufbau der Friedensbewegung in Schweden beteiligt. 1973-75 leitete er das Theaterensemble der Stockholmer Arbeiterbildung. C Lex o¨ sterr Exillit Greiderer, Vigil(ius), Franziskaner, Historiker, * 10. 12. 1715 Kufstein, † 26. 12. 1780 Schwaz (Tirol). G. studierte an der Univ. Innsbruck Philosophie, trat 1736 in Schwaz in den Franziskanerorden ein und war nach der Priesterweihe Lektor an verschiedenen Schulen in Tirol. 1768 nahm er als Kustos der Ordensprovinz am Generalkapitel des Ordens in Valencia teil und wurde 1774 zum Vicarius

Provincialis gew¨ahlt. G. erforschte die Geschichte des Franziskanerordens und ver¨offentlichte u. a. Germania FrancisC LThK cana (2 Bde., 1777-81). ¨ Greif, Heinrich, Schauspieler, Schriftsteller, Ubersetzer, * 11. 3. 1907 Dresden, † 16. 7. 1946 Berlin. G., Sohn eines Postbeamten, studierte 1926 / 27 an der Univ. Berlin und nahm Schauspielunterricht am Volksb¨uhnenstudio. Seit 1929 war er Schauspieler an Erwin → Piscators Theater am Nollendorfplatz und bei verschiedenen Schauspieltruppen, u. a. bei Gustav von → Wangenheims „Truppe 31“. 1933 emigrierte G. nach Paris, kehrte jedoch bald nach Deutschland zur¨uck und schloß sich der verbotenen KPD an. 1934 ging er zun¨achst in die Sowjetunion, sp¨ater in die Schweiz, wo er ein Engagement am Schauspielhaus Z¨urich annahm. Seit 1935 erneut in Moskau, wirkte er in sowjetischen Filmen mit und war deutscher Rundfunksprecher f¨ur Radio Moskau. 1945 kehrte er nach Deutschland zur¨uck und war zun¨achst als Stadtrat f¨ur Kultur in Dresden, sp¨ater am Deutschen Theater als Schauspieler t¨atig. G. u¨ bersetzte aus dem Russischen und schrieb Gedichte, die postum 1947 unter dem Titel Ein Deutscher, dreißig Jahre alt erschienen. C Lex sozialist Lit

Greif, Martin, eigentl. Friedrich Hermann Frey, Pseud. Andreas Griffius, Schriftsteller, * 18. 6. 1839 Speyer, † 1. 4. 1911 Kufstein. G., dessen Vater Regierungsrat in Bayreuth und Kabinettsdirektor von K¨onig → Otto von Griechenland war, geh¨orte 1857-67 der bayerischen Armee an und lebte danach als freier Schriftsteller und Journalist in M¨unchen und zeitweise in Wien. Reisen f¨uhrten ihn u. a. nach England, in die Niederlande, nach Spanien, D¨anemark und Italien. Seine Dramen verarbeiteten h¨aufig historische Themen. F¨ur sein patriotisches Schauspiel Ludwig der Bayer oder Der Streit von M¨uhldorf (1891, 51910) errichteten ihm die B¨urger von Kraiburg / Inn ein eigenes Festspielhaus. Aus G.s lyrischem Werk (u. a. Gedichte, 1868; 9., verb. und verm. Aufl. 1909), das seit 1870 zunehmend patriotische Z¨uge trug, ragt die Naturlyrik hervor, die in einfacher Strophen-, Reim- und Versform sowie in volksliedhaftem Ton geschrieben ist. G. wurde 1903 k¨oniglich-bayerischer Hofrat. C Leb Pfalz, Bd 1

Greifenhagen, Adolf, Klassischer Arch¨aologe, * 31. 12. 1905 K¨onigsberg (Preußen), † 27. 1. 1989 Berlin. G. studierte Klassische Arch¨aologie in K¨onigsberg und wurde 1928 bei Bernhard → Schweitzer mit der Dissertation Eine attisch schwarzfigurige Vasengattung und die Darstellung des Komos im 6. Jahrhundert promoviert. Nach Mitarbeit am Deutschen Arch¨aologischen Institut in Rom, einer Studienreise durch die Mittelmeerl¨ander und der Teilnahme an den Ausgrabungen Theodor → Wiegands in Pergamon (1932 / 33) war G. Assistent an den Universit¨aten in K¨onigsberg und Bonn. Seit 1936 unterst¨utzte er Ernst → Buschor in M¨unchen beim Aufbau der Reihe „Corpus Vasorum Antiquorum“ (CVA). Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und sowjetischer Gefangenschaft kehrte G. 1955 zur Arbeit am CVA zur¨uck, wurde 1957 zum Kustos der Antikensammlung des Hessischen Landesmuseums in Kassel und 1958 zum Direktor der Antikenabteilung der Staatlichen Museen in Berlin ernannt. Neben Arbeiten zur Vasenmalerei publizierte er vor allem zu den Werken in Berliner Sammlungen (Schmuckarbeiten in Edelmetall, 2 Bde., 1970-75; Antike Kunstwerke, 1960, 21966). G. erforschte ferner die griechische Keramik in S¨uditalien. Er war Mitglied der Heidelberger und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (seit 1965 bzw. 1971), Corresponding Fellow of the British Academy London (seit 1982) sowie Honorarprofessor an der Hochschule f¨ur Bildende K¨unste Berlin (seit 1966) und der Freien Univ. Berlin (seit 1970). C Gnomon 60 (1988)

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Greiff Greiff, Friedrich, auch Gryphius, Apotheker, Dichter, * 29. 10. 1601 T¨ubingen, † 20. 11. 1668 T¨ubingen. G. studierte Medizin, gab aber auf Wunsch seines Vaters das Studium noch vor der Promotion auf und u¨ bernahm 1620 die v¨aterliche Apotheke in T¨ubingen. G., der enge Bezie¨ hungen zu T¨ubinger Universit¨atsmedizinern und den Arzten am Stuttgarter Hof unterhielt, widmete sich pharmazeutischchemischen Studien und ver¨offentlichte eine Reihe einschl¨agiger Untersuchungen (Kurze Beschreibung einer sehr geschmeidigen Feldapotheke, 1642). Am Einzug chemiatrischer Medikamente in den offiziellen Arzneimittelschatz hatte er wesentlichen Anteil. Bekannt wurde er insbesondere durch die Herstellung und den Vertrieb des von Joseph du Chesne entwickelten Universalheilmittels „Himmlischer Theriak“. G. schrieb auch Gedichte, in der Regel religi¨ose Gebrauchspoesie, und Lieder. Poetikgeschichtliche Bedeutung erlangte seine Anthologie f¨ur den religi¨osen Selbstunterricht des „gemeinen Mannes“ (Geistlicher Gedicht Vortrab, 1643). C Killy

Greiffenberg, Catharina Regina von, Freifrau von Seisenegg, o¨ sterr. Mystikerin, Erbauungsschriftstellerin, Lyrikerin, * 7. 9. 1633 Seisenegg (Nieder¨osterreich), † 8. 4. 1694 N¨urnberg. G. war die bedeutendste deutschsprachige Dichterin des Barock. Ihre seit 1608 dem protestantischen Landadel zugeh¨orige Familie lebte unter den gegenreformatorischen Pressionen Habsburgs. G. entfaltete eine verinnerlichte Fr¨ommigkeit, die – in Affinit¨at zum mystischen Spiritualismus – eine außerkirchliche Verf¨ugung u¨ ber Heilsg¨uter einschloß. G.s Erziehung u¨ bernahm nach dem Tod ihres Vaters (1641) dessen Halbbruder Hans Rudolph. G.s Werke dokumentieren humanistisches Wissen, theologisch-philosophische Belesenheit, besondere Sprachfertigkeiten, Vertrautheit mit naturwissenschaftlichen Vorstellungen und Kenntnis der hermetischen K¨unste (Magie, Alchemie). Aufgrund ihrer Gelehrsamkeit galt G. als ‚Wunder ihrer Zeit‘. In ihren fr¨uhen Jahren war Johann Wilhelm von → Stubenberg wichtigster F¨orderer ihrer poetischen Fertigkeiten. Als „Ister-Clio“ geh¨orte G. zum literarischen Freundschaftsbund der „Ister-Gesellschaft“ und wurde sp¨ater Vorsteherin der „Lilienzunft“ in der „Teutschgesinnten Genossenschaft“. Aufgrund eines Erweckungserlebnisses nach dem Tod ihrer j¨ungeren Schwester Anna Regina (1651) verschrieb G. ihr Leben dem Gotteslob („Deoglori“). Widerstrebend heiratete sie mit Dispens des Markgrafen von Bayreuth 1664 ihren Onkel und Ziehvater Hans Rudolph. Auf dessen Veranlassung und angeblich ohne ihre Zustimmung erschien G.s bis heute bekanntestes Werk Geistliche Sonnette / Lieder und Gedichte (1662), zum Druck bef¨ordert und eingeleitet durch ihren engsten Vertrauten Sigmund von → Birken. Da Hans Rudolph wegen der Verwandtenehe bis 1666 inhaftiert wurde, oblag G. die Verwaltung des Gutes. Zugleich plante sie u¨ ber Jahre die Bekehrung Kaiser → Leopolds I. zum Luthertum. Nach Hans Rudolphs Tod verlor G. den gr¨oßten Teil ihres Besitzes und emigrierte 1680 nach N¨urnberg. G.s dreiteiliges Hauptwerk umfaßt jeweils zw¨olf And¨achtige Betrachtungen der Passion (1672, 21683), der Menschwerdung / Geburt und Jugend (1678, 21693) und Des Allerheiligsten Lebens JESU (1693). Die affektive Intensit¨at dieser von Lyrik durchsetzten, mystisch vertieften Meditationen diente einer plastisch-sinnlichen Vergegenw¨artigung Christi. Im Sinne eines lutherisch-w¨ortlichen Abendmahlsverst¨andnisses meinte

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G., schon im Diesseits am himmlischen Leib Christi zu partizipieren. In h¨aretischer Zuspitzung dieser Sichtweise suchte sie sich daher das Abendmahl in ihrer mystischen Poesie selbst zu bereiten. Sie erstrebte eine magisch-alchemistische Verf¨ugungsgewalt u¨ ber das Numinose und eine daraus resultierende Selbstheiligung im Medium der Dichtung. G.s Intention einer Selbsterl¨osung des Subjekts zeigt Affinit¨aten zu dichterischen Konzeptionen im 18. Jahrhundert. Gemeinsam mit den kath. Barock-Mystikern Friedrich → Spee und Johannes Scheffler (→ Angelus Silesius) markiert G. zugleich den Beginn einer pantheistischen Naturlyrik. WEITERE WERKE: S¨amtliche Werke. Hrsg. v. Martin Bircher / Friedhelm Kemp. 10 Bde., Millwood, New York 1983. – Der Briefwechsel zwischen Sigmund von Birken und C. R. v. G. Hrsg. v. Hartmut Laufh¨utte in Zusammenarbeit mit Dietrich J¨ons und Ralf Schuster. 2 Tle., T¨ubingen (= Sigmund von Birken: Werke und Korrespondenz. Bd. 12). LITERATUR: VD 17. – Horst-Joachim Frank: C. R. v. G. G¨ottingen 1967. – Peter Maurice Daly: Dichtung und Emblematik bei C. R. v. G. Bonn 1976. – Ruth Liwerski: Das W¨orterwerk der C. R. v. G. 2 Bde., Bern 1978. – HansGeorg Kemper: Deutsche Lyrik der fr¨uhen Neuzeit. Bd. 3: Barock-Mystik. T¨ubingen 1988. – Burkhard Dohm: Die Auferstehung des Leibes in der Poesie. Zu einem Passionsgedicht C. R. v. G.s. In: Daphnis 21 (1992) S. 673-694. – Kurt Erich Sch¨ondorf: C. R. v. G. Ein Beitrag zu ihrem kulturellen Umfeld und dichterischem Schaffen. In: Ders. (Hrsg.): Aus dem Schatten treten. Aspekte weiblichen Schreibens zwischen Mittelalter und Romantik. Frankfurt / Main 2000. – Cristina M. Pumplun: „Die freyheit des Geistes / gehet in die Unendlichkeit“. C. R. v. G.s Kompositmetaphern und die ars combinatoria. In: Hartmut Laufh¨utte u. a. (Hrsg.): K¨unste und Natur in Diskursen der Fr¨uhen Neuzeit. Wiesbaden 2000, S. 1063 ff. Burkhard Dohm

Greiffenclau zu Vollraths, Georg Friedrich, auch G. zu Vollrads, kath. Theologe, Bischof von Worms, Erzbischof und Kurf¨urst von Mainz, * 8. 9. 1573 Schloß Vollraths (Rheingau), † 6. 7. 1629 Mainz. G. zu V. war 1580-87 Kanonikus in Bleidenstadt, Speyer, Worms und Mainz und studierte 1588-94 an den Universit¨aten Trier und W¨urzburg sowie in Italien und Frankreich Theologie. 1601-04 war er Domscholaster, 1604-26 Dompropst in Mainz, seit 1604 auch Propst, seit 1616 Bischof von Worms. 1626 wurde G. zu V. Erzbischof und Kurf¨urst von Mainz, hatte dieses Amt jedoch nur bis zum folgenden Jahr inne. 1627 begann er mit dem Bau des kurf¨urstlichen Schlosses in Mainz. C NDB

Greiffenclau zu Vollraths, Isengard → Isengard Greiffenclau zu Vollraths

Greiffenclau zu Vollraths, Johann Philipp von, F¨urstbischof von W¨urzburg, * 13. 2. 1652 Amorbach (Unterfranken), † 3. 8. 1719 W¨urzburg. Der Sohn eines kurmainzischen Rats wurde 1666 Domizellar in W¨urzburg und empfing 1676 die niederen Weihen und das Subdiakonat. Seit 1684 Mitglied des Domkapitels zu W¨urzburg, wurde er 1687 in Mainz zum Priester geweiht und 1695 zum Domdechanten ernannt. 1699 w¨ahlte ihn das W¨urzburger Kapitel als Nachfolger Johann Gottfried von → Guttenbergs zum F¨urstbischof von W¨urzburg. G. zu V. entfaltete eine rege Baut¨atigkeit in W¨urzburg; in seine Amtszeit fielen u. a. die Neugestaltung des Doms durch Giovanni Pietro Magno (1701-03) und der Mittelbau des Juliusspitals. 1712 gestattete G. zu V. die Gr¨undung des W¨urzburger Ursulinenklosters. C Gatz 3

Greim Greiffenclau zu Vollraths, Karl Philipp von, F¨urstbischof von W¨urzburg, * 1. 12. 1690 Schloß Vollraths (Rheingau), † 25. 11. 1754 W¨urzburg. G. zu V. wurde 1701 Domizellar in Mainz, 1705 in W¨urzburg, studierte an der Univ. Mainz und wurde zum Doktor promoviert. Nach seiner Priesterweihe 1715 Kanonikus in Mainz, Speyer und Komburg, wurde er 1717 Propst an St. Maria zu der Greden in Mainz, 1728 W¨urzburger Domkapitular. G. zu V. war w¨urzburgischer und mainzischer Geheimer Rat, 1738-49 Rektor der Univ. Mainz und wurde 1749 zum F¨urstbischof von W¨urzburg gew¨ahlt. Er reorganisierte die Verwaltung des Bistums, reformierte die Univ. W¨urzburg, u. a. durch die Einrichtung eines Lehrstuhls f¨ur ¨ Experimentalphysik, und ordnete das Apotheken- und Arztewesen neu. 1752 trat er einen Teil seines Di¨ozesangebiets an das Bistum Fulda ab und erhielt als Ausgleich das Pallium. Unter seiner Amtszeit fand die letzte Hexenverbrennung im Hochstift W¨urzburg statt. G. zu V. gab den Auftrag zur Ausgestaltung des Kaisersaals und des Treppenhauses der Neuen Residenz in W¨urzburg durch Giovanni Battista → Tiepolo und seine S¨ohne. C Gatz 3

Greiffenclau zu Vollraths, Richard, auch G. zu Vollrads, kath. Theologe, Erzbischof von Trier, * 1467 Schloß Vollraths (Rheingau), † 13. 3. 1531 Schloß Ottenstein bei Wittlich. G. zu V. wurde 1482 Domizellar, 1487 Domkapitular in Trier und studierte seit 1488 Theologie in Paris. 1511-31 war er Erzbischof und Kurf¨urst von Trier. G. zu V. verhandelte auf dem Wormser Reichstag im Namen der Reichsst¨ande mit → Luther, um ihn zum Widerruf zu bewegen. Im folgenden Jahr wehrte er die Fehde Franz von → Sickingens ab. C Gatz 2

Greiffenhagen, Martin, Politologe, * 30. 9. 1928 Bremerv¨orde, † 2. 6. 2004 Esslingen. Der aus einer evang. Pfarrerfamilie stammende G. studierte nach einer Ausbildung zum Buchh¨andler in Bremen seit 1950 Philosophie und Sozialwissenschaften in G¨ottingen, Birmingham, Oxford und Heidelberg, wo er 1956 bei Karl → L¨owith zum Dr. phil. promoviert wurde (Skepsis und Naturrecht in der Theologie Jeremy Taylors). 1956-58 Gesch¨aftsf¨uhrer eines Berufsverbands, war er anschließend Assistent an der Hochschule f¨ur Sozialwissenschaften in Wilhelmshaven-R¨ustersiel, seit 1962 o. Prof. f¨ur Politikwissenschaft an der P¨adagogischen Hochschule L¨uneburg und 1965-90 an der Univ. Stuttgart. Daneben war er zeitweise Berater von Bundeskanzler Willy → Brandt. G. ver¨offentlichte u. a. Das Dilemma des Konservatismus in Deutschland (1971, 31986), Handw¨orterbuch zur politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland (1979, 22002, mit Sylvia G.), Ein schwieriges Vaterland. Zur politischen Kultur Deutschlands (1979, zuletzt u¨ berarb. 1994, mit Sylvia G.), Das evangelische Pfarrhaus (1984) und Von Potsdam nach Bonn. Zehn Kapitel zur politischen Kultur Deutschlands (1986). Seit 1966 war er Herausgeber der „Stuttgarter Beitr¨age zu Geschichte und Politik“. Seine Autobiographie Jahrgang 1928 erschien 1988.

Greil, Alois, o¨ sterr. Maler, Illustrator, * 27. 3. 1841 Linz, † 12. 10. 1902 Wien. Der aus einer Tiroler K¨unstlerfamilie stammende G. studierte 1857-61 an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien, wo Christian → Rubens sein Lehrer war. Anschließend lebte er in Ober¨osterreich und S¨uddeutschland, seit 1873 erneut in Wien. Den Schwerpunkt von G.s Schaffen bilden Aquarellund Genrebilder, die h¨aufig Szenen aus dem b¨auerlichen Leben und Landschaften darstellen. G. arbeitete auch als Illustrator, u. a. f¨ur die „Gartenlaube“ und die „Neue Illustrierte Zeitung“, und schuf die Illustrationen zu zahlreichen Ge-

samtausgaben von Dichtern (u. a. Ludwig → Anzengruber, Franz → Grillparzer, Peter → Rosegger, Adalbert → Stifter). C Th-B Er war der Vater von Auguste → G.

Greil, Auguste, o¨ sterr. Malerin, * 10. 7. 1869 Linz, † 31. 5. 1950 Wien. Die Tochter Alois → G.s besuchte die Kunstgewerbeschule ¨ des Osterreichischen Museums in Wien und war anschließend als Genre- und Architekturmalerin und Kopistin t¨atig. Mit Vorliebe malte sie die Innenr¨aume von St. Stephan und anderer Wiener Kirchen. G. stellte wiederholt im Wiener K¨unstlerhaus aus. Greil, Philipp Jakob, o¨ sterr. Maler, * 29. 4. 1729 Pfunds (Tirol), † 4. 10. 1787 Pfunds. G. wurde bei Johann Zangerle in Fendels und bei Franz Sumier in M¨unchen ausgebildet und hielt sich danach l¨angere Zeit in Bayern auf, wo ihm der Titel eines kurf¨urstlichen Hofmalers verliehen wurde. Sp¨ater kehrte er nach Tirol zur¨uck und arbeitete als Kirchenmaler. In zahlreichen Kirchen Nordwesttirols und in Graub¨unden schuf er Deckenund Wandbilder, in denen der Einfluß Giovanni Battista → Tiepolos zu erkennen ist. C Th-B Greiling, Johann Christoph, evang. Theologe, P¨adagoge, * 21. 12. 1765 Sonneberg (Th¨uringen), † 3. 4. 1840 Aschersleben. Der Sohn eines Orgelbauers wurde mit 15 Jahren Kandidat des Schulamtes und studierte danach an der Univ. Jena Philosophie und Theologie. 1788 trat er als Hofmeister in den Dienst eines kurs¨achsischen Oberlandj¨agermeisters. 1797 wurde er Pastor in Schochwitz, sp¨ater in Neugattersleben bei Magdeburg, 1805 Oberhofprediger in Aschersleben. G. verfaßte Kanzelvortr¨age und philosophisch-p¨adagogische Schriften, in denen er versuchte, die Grunds¨atze der Philosophie → Kants auf die Erziehungslehre anzuwenden. Sein Buch Philosophische Briefe u¨ ber die Grunds¨atze der religi¨os-sittlichen Erziehung (1794) fand weite Verbreitung. C ADB

Greim, Georg Heinrich, Geograph, Meteorologe, * 15. 7. 1866 Offenbach / Main, † 5. 4. 1946 Jugenheim / Bergstraße. G., Sohn eines Oberschulrats und Vortragenden Rats im Ministerium des Innern, studierte in Gießen, M¨unchen und G¨ottingen Naturwissenschaften, insbesondere Geologie, Mineralogie und physische Geographie, und wurde 1887 in Gießen mit der Dissertation Die Diabascontactmetamorphose bei Weilburg an der Lahn promoviert. 1891 habilitierte er sich an der TH Darmstadt mit der Arbeit Beitrag zur Kenntnis des Kieselschiefers und erhielt dort 1897 einen Lehrauftrag f¨ur physikalische Geographie und Mineralogie. 1898 wurde G. mit den Planungen f¨ur die Errichtung von Wetterbeobachtungsstellen in Hessen beauftragt. Danach nahm er verschiedene leitende Funktionen im hessischen Wetterdienst wahr, zuletzt als Vorstand des Landesamtes f¨ur Wetter- und Gew¨asserkunde. 1920 wurde G. o. Prof. der Geographie an der TH M¨unchen, wo er bis 1931 lehrte. G. arbeitete haupts¨achlich auf dem Gebiet der physischen Geographie; er untersuchte Abfluß, Geschwindigkeit und Temperatur von Alpengletschern und f¨uhrte zahlreiche meteorologische Studien u¨ ber Hessen durch. Er ver¨offentlichte u. a. Landeskunde des Großherzogtums Hessen, der Provinz Hessen-Nassau und des F¨urstentums Waldeck (1908), Beitr¨age zur Anthropogeographie des Großherzogtums Hessen (1912), Italien (1926) und Die interdiurne Ver¨anderlichkeit der Lufttemperatur in Darmstadt in den Jahren 1901-30 und ihre kalenderm¨aßige Bindung (1945). C Poggendorff 4, 6

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Greim Greim, Robert Ritter von, Milit¨ar, * 22. 6. 1892 Bayreuth, † 24. 5. 1945 Salzburg. Der Sohn eines Polizeioffiziers nahm als Flugzeugf¨uhrer am Ersten Weltkrieg teil und erhielt u. a. den Milit¨ar-MaxJoseph-Orden. 1924-27 organisierte er f¨ur Chiang Kai-shek in Kanton die chinesische Luftwaffe. 1934 trat G. in die Reichswehr ein und wurde 1935 Kommandeur des Jagdgeschwaders „Richthofen“, 1938 als Generalmajor Amtschef im Reichsluftfahrtministerium, 1939 Generalleutnant, 1940 General. Seit 1942 f¨uhrte er als Oberbefehlshaber das Luftwaffenkommando Ost und leitete den Luftwaffeneinsatz an der Ostfront. Am 27. 4. 1945 w¨ahrend der Schlacht um Berlin von → Hitler als Nachfolger Hermann → G¨orings zum Generalfeldmarschall und Oberbefehlshaber der Luftwaffe ernannt, beging G. nach Kriegsende in alliierter Gefangenschaft Selbstmord. C Weiß Grein, Christian Wilhelm Michael, Anglist, Germanist, * 16. 10. 1825 Willingshausen (Hessen), † 15. 6. 1877 Hannover. G., Sohn eines Rentmeisters, studierte 1844-49 Mathematik und Naturwissenschaften in Marburg und Jena und h¨orte daneben germanistische Vorlesungen. Nach vierj¨ahriger Lehrt¨atigkeit am Gymnasium in Rinteln wandte er sich 1854 ganz der Germanistik zu und wurde 1858 an der ¨ Univ. Marburg promoviert (Uber das Hildebrandslied, nach der Handschrift neu herausgegeben, kritisch bearbeitet und erl¨autert, nebst Bemerkungen u¨ ber die Fuldaer Codices der Kasseler Bibliothek). Im folgenden Jahr erhielt er eine Stelle an der dortigen Universit¨atsbibliothek. 1862 habilitierte sich G. f¨ur Germanistik (Ablaut, Reduplikation und secund¨are Wurzeln der starken Verben im Deutschen) und wurde 1864 Sekret¨ar, 1865 Archivar und Direktionsmitglied des kurf¨urstlichen Haus- und Staatsarchivs in Kassel. Als dieses 1870 nach Marburg verlegt wurde, kehrte G. dorthin zur¨uck. 1873 wurde er zum a. o. Prof. der Germanistik an der Univ. Marburg ernannt, 1876 an das preuß. Archiv in Hannover versetzt. Obgleich Germanist, gilt G. als Wegbereiter der Anglistik als universit¨arer Disziplin in Deutschland. Seine Bibliothek der angels¨achsischen Poesie (4 Bde., 1857-64) leistete einen wesentlichen Beitrag zur Erforschung der altenglischen Literatur. Zu G.s weiteren Ver¨offentlichungen geh¨oren Dichtungen der Angelsachsen, stabreimend u¨ bersetzt (2 Bde., 1857-59, Nachdr. 1930), Die Quellen des Heliand, nebst Tatians Evangelienharmonie (1869) und Das gotische Verbum, in sprachvergleichender Hinsicht dargestellt (1872). C NDB Greinacher, Heinrich, schweizer. Physiker, * 31. 5. 1880 St. Gallen, † 17. 4. 1974 Bern. G. studierte in Z¨urich und Genf Physik und wurde 1904 ¨ in Berlin promoviert (Uber die Ursache des Volta-Effekts). 1907 habilitierte er sich an der Univ. Z¨urich und war dort als Dozent t¨atig, seit 1916 als Titularprofessor und nahm einen Lehrauftrag f¨ur Radiologie wahr. 1924 wurde G. als o. Prof. der Physik an die Univ. Bern berufen, an der er bis 1952 lehrte. 1930-32 war er Pr¨asident der Schweizerischen Physikalischen Gesellschaft. G. arbeitete vor allem auf den Gebieten der Radiologie, Meß- und Elektrotechnik und der Akustik. Er ist der Erfinder der nach ihm benannten Kaskadenschaltung, die u. a. in der Nuklearforschung Anwendung fand. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Radium (Radioaktivit¨at, Ionen, Elektronen) (1907), Die neueren Fortschritte auf dem Gebiete der Radioaktivit¨at. Von Anfang ¨ 1906 bis Mitte 1908 (1908), Uber die Klassifizierung der neueren Strahlen (1908), Bausteine der Atome (1924) und Physik in Streifz¨ugen (1939, 21943). C Poggendorff 5-6

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Greindl, Josef, S¨anger, * 23. 12. 1912 M¨unchen, † 16. 4. 1993 Wien. Nach dem Studium an der M¨unchner Musikakademie (1932-36), einem fr¨uhen Deb¨ut am M¨unchner G¨artnerplatztheater (1934) und Engagements in Krefeld (1936) und D¨usseldorf (1938) wurde G. 1942 an die Berliner Staatsoper engagiert, wechselte 1948 an die St¨adtische Oper und geh¨orte 1956-69 zum Ensemble der Wiener Staatsoper. Der Baßbariton verk¨orperte mehr als 50 Rollen und war international erfolgreich, u. a. in Salzburg als Sarastro in → Mozarts Zauberfl¨ote, als → Wagner-S¨anger in Bayreuth, wo er als Landgraf im Tannh¨auser, als Pogner in den Meistersingern und als Hans Sachs zu h¨oren war; Gastspiele f¨uhrten ihn an die New Yorker Metropolitan Opera, nach Neapel, Buenos Aires und Tokio. Seine ausdrucksvolle Stimme war sowohl im seri¨osen Fach als auch in Buffo-Partien gesch¨atzt. Seit 1961 hatte G. einen Lehrauftrag an der Musikhochschule Saarbr¨ucken, seit 1973 war er Prof. an der Musikhochschule Wien. C MGG

Greiner, Albert, Musikp¨adagoge, * 1. 12. 1867 Augsburg, † 20. 12. 1943 Augsburg. G., dessen Vater Volksschullehrer, sp¨ater Musiklehrer und Chorregent am Gymnasium St. Stephan in Augsburg war, besuchte die Lehrerbildungsanstalt in Lauingen und war seit 1897 als Volksschullehrer t¨atig. Daneben studierte er an der Augsburger Musikschule. 1905 gr¨undete er dort die St¨adtische Singschule, deren hauptamtlicher Direktor er 1914-33 war. G. entwickelte eine neue Methodik der Stimmbildung, die er in dem f¨unfb¨andigen Werk Stimmbildung (1938, 2 1952) beschrieb. C MGG Greiner, Daniel, Maler, Bildhauer, * 27. 10. 1872 Pforzheim, † 8. 6. 1943 Jugenheim a. d. Bergstraße. Nach dem Studium der Theologie und Philosophie 1892-95 in Gießen, das er mit einer Dissertation u¨ ber Kant abschloß, war G., Sohn eines Predigers, 1897-1901 Pfarramtskandidat in Schotten. Seit 1901 war er als K¨unstler t¨atig; 1903 wurde er in die K¨unstlerkolonie Darmstadt aufgenommen, die er 1907 wieder verließ, um unabh¨angig arbeiten zu k¨onnen. Er lebte zur¨uckgezogen in Jugenheim. G. schuf Monumentalplastiken, u. a. den Friedensbrunnen und Rathausbrunnen in Jugenheim, sowie zahlreiche Kleinplastiken, meist f¨ur den sakralen Gebrauch. Als Maler f¨uhrte er haupts¨achlich Fresken f¨ur o¨ ffentliche und kirchliche Bauten aus. G., der 1922-28 als Mitglied der USPD dem Hessischen Landtag angeh¨orte, schrieb auch Gedichte und war als Kunstschriftsteller t¨atig. C Bad Bio N.F., Bd 3 Greiner, Franz Ferdinand, Industrieller, * 3. 4. 1808 St¨utzerbach (Th¨uringen), † 9. 6. 1855 St¨utzerbach. Der aus einer alten Glasmacherfamilie stammende G. erlernte die Lampenglasbl¨aserei und richtete um 1830 in der M¨uhle seines Vaters eine Glasbl¨aserei ein. M¨oglicherweise auf Anregung eines bei ihm besch¨aftigten Perlenglasmachers begann er als erster unter den Glasbl¨asern im Th¨uringer Wald mit der Herstellung und kommerziellen Verwertung einfacher Thermometer. Mit der Zeit produzierte er in seinem Betrieb 64 verschiedene Sorten von Thermometern und Aerometern sowie physikalische Ger¨ate, chemische Glasartikel und Glasspielwaren, die vor allem in Preußen, Bayern, Baden und der Schweiz Abnahme fanden. G. schuf dadurch und durch die Ausbildung von Lehrlingen die Grundlage f¨ur das Entstehen von zahlreichen Werkst¨atten und industriellen Betrieben zur Herstellung von Thermometern im Th¨uringer Raum. C NDB Greiner, Franz Sales von, o¨ sterr. Beamter, * 2. 2. 1730, † 2. 6. 1798. G., Sohn eines kaiserlichen Beamten, wurde nach dem Studium der Rechte Beamter der b¨ohmischen Hofkanzlei. 1771

Greippel wurde er in den Ritterstand erhoben. Seit 1773 Hofrat und Geheimer Referent der Hofkanzlei, wurde er zu einem der engsten Berater → Maria Theresias. G. malte und komponierte und trat auch als S¨anger auf. In seinem Haus entstand einer der bedeutendsten Wiener Salons, zu dessen Besuchern u. a. → Mozart und Joseph → Haydn geh¨orten. Seit ca. 1789 / 90 gab es das G.sche Haustheater. G.s Tochter Karoline → Pichler f¨uhrte die Tradition des Salons fort. ¨ C OML

Greiner, Friedrich (Fritz) Eberhard, Ingenieur, * 7. 9. 1867 Weingarten (W¨urttemberg), † 26. 8. 1936 Stuttgart-Bad Cannstatt. ¨ G., Sohn eines Okonomieverwalters, erhielt eine praktische Ausbildung in einer Maschinenfabrik, bildete sich zum Maschinentechniker weiter und arbeitete als Konstrukteur und Betriebsingenieur in verschiedenen Unternehmen. 1901 wurde er Gießereileiter der Maschinenfabrik G. Kuhn in Stuttgart. Nach deren Verschmelzung mit der Maschinenfabrik Esslingen u¨ bernahm er die Gesamtleitung u¨ ber die Gießereien beider Unternehmen. 1912-18 wurde nach G.s Pl¨anen eine Großgießerei in EsslingenMettingen errichtet. G.s Name ist mit zahlreichen Neuerungen auf dem Gebiet des Gießereiwesens verbunden. Er entwickelte u. a. Gußteile f¨ur Kraftfahrzeuge und Luftschiffe, s¨aurebest¨andiges Gußeisen und die sogenannten EK-Pakete, schwer schmelzbare Eisenlegierungen mit Keramikzus¨atzen. G. besch¨aftigte sich auch mit Kostenfragen und modernen Berechnungsverfahren f¨ur eine wirtschaftliche Leitung von Gießereiunternehmen. C NDB Greiner, Hugo, Pseud. Friedrich von der H¨ohe, evang. Theologe, Dramatiker, * 13. 3. 1864 Rudolstadt, † 31. 3. 1911 Halle / Saale. Der Sohn eines B¨urgerschullehrers studierte an der Univ. Leipzig Theologie und Philosophie und wurde nach Abschluß des Studiums Prediger, 1901 Archidiakon und 1907 Oberpfarrer in Halle. Er verfaßte zahlreiche dramatische Werke, vor allem Volksschauspiele und Festspiele mit zum Teil religi¨osen und historischen Themen (u. a. Luther auf der Coburg, 1899; Der Kyffh¨auser, 1909).

Greiner, (Johann) Karl, Instrumentenbauer, * November 1742 Bischofsgr¨un (Kr. Bayreuth), † 8. 10. 1798 Wetzlar / Lahn. G. war der Sohn des Faktors einer Glash¨utte und kam 1768 als Schneiderlehrling im Gefolge des zur Reichskammervisitation bestellten brandenburgisch-kulmbachschen Gesandten nach Wetzlar. Handwerklich-mechanisch begabt, entwickelte er sich zum Erbauer der unterschiedlichsten Musikinstrumente. 1782 erfand er das Bogenhammerklavier, bei dem es sich um die „wohlklingende“ Verbindung der Wirkung von Violine und Klavier handelt. Greiner, Leo, Pseud. Dionysius Tod, Schriftsteller, Kaba¨ rettist, Ubersetzer, * 1. 4. 1876 Br¨unn, † 21. 8. 1928 Berlin. Der Sohn eines Kaufmanns studierte 1896-99 in M¨unchen Literaturwissenschaft und Philologie. 1901 schloß er sich dem literarischen Kreis um Frank → Wedekind an und begr¨undete mit ihm und Otto → Falckenberg das literarische Kabarett „Die elf Scharfrichter“. Er redigierte 1899 / 1900 den deutschen Teil der „Revue franco-allemande“ und gab mit Wilhelm von → Scholz die Zeitschrift „Der Fr¨uhling“ heraus. 1904 ging er nach Berlin und war dort bis 1924 als Lektor und Dramaturg in der Theaterabteilung des S. Fi¨ scher Verlags t¨atig. G. wurde als Ubersetzer literarischer Texte aus dem Mittelhochdeutschen, Griechischen und Chinesischen bekannt. Die von ihm herausgegebene Auswahl aus den Tageb¨uchern Nikolaus → Lenaus (Kampf ums Licht. Lenau, sein Leben, Lieben und Leiden, 1911) fand weite Ver-

breitung. G. schrieb auch eigene Gedichte und Dramen, die von Arbeiten Paul → Ernsts beeinflußt waren (u. a. Der Liebesk¨onig, 1906). C Killy

Greiner, Michael, o¨ sterr. S¨anger, Theaterdirektor, * 27. 1. 1797 Wien, † 11. 2. 1862 Aachen. Der Sohn eines Uhrmachers studierte zun¨achst an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien, wandte sich bald der B¨uhne zu und kam 1822 als erster Tenor an das neugegr¨undete Theater in der Josefstadt in Wien. Weitere Engagements f¨uhrten ihn 1829-36 an das K¨onigst¨adtische Theater in Berlin, 1838 an das Hoftheater in Dessau, dessen Leitung er 1841 u¨ bernahm. 1849 wurde er Direktor des Stadttheaters von Mainz, danach in Freiburg / Breisgau (1853-55) und in Aachen (1855-59 und 1861 / 62). G. war der Vater der S¨angerin Josephine → Gallmeyer. C Kutsch

Greiner, (Ernst) Otto, Graphiker, Maler, * 16. 12. 1869 Leipzig, † 24. 9. 1916 M¨unchen. G., Sohn eines Zigarrenmachers, bildete sich zum Lithographen aus, nahm daneben Unterricht im Zeichnen und trat 1888 in die Malklasse Alexander von → Liezen-Mayers an der Akademie der bildenden K¨unste in M¨unchen ein. Auf einer Italienreise lernte er 1891 in Rom Max → Klinger kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. Seit 1898 hatte G. seinen st¨andigen Wohnsitz in Rom, wo die meisten seiner Werke entstanden, in der Mehrzahl Lithographien, Stiche und Radierungen, aber auch Gem¨alde, darunter sein Hauptwerk Odysseus und die Sirenen (1902). Als Maler schuf er Bildnisse sowie fig¨urliche Darstellungen im idealistischen Stil von → Klinger und → B¨ocklin. Nach dem Eintritt Italiens in den Ersten Weltkrieg 1915 mußte G. Rom verlassen und verbrachte die letzten Lebensjahre in M¨unchen. C NDB Greinz, Hugo, o¨ sterr. Publizist, Schriftsteller, * 3. 6. 1873 Innsbruck, † 24. 1. 1964 Salzburg. Der Sohn eines k. u. k. Baurats und Bruder von Rudolf → G. studierte in Wien, Graz und Innsbruck Jura und trat 1897 in den Staatsdienst ein. 1899 mußte er diesen aus politischen Gr¨unden quittieren. 1899-1902 gab G. die literarische Zeitschrift „Kyffh¨auser“ heraus. Danach war er als Redakteur f¨ur mehrere Zeitschriften, u. a. die Wiener „Volkszeitung“, t¨atig. G. gab zwei Novellensammlungen und literaturkritische Arbeiten, zum Beispiel zu Detlev von → Liliencron, heraus und u¨ bertrug mehrere Werke skandinavischer Dichter ins Deutsche.

Greinz, Rudolf (Heinrich), Pseud. Kassian Kluibensch¨adel, o¨ sterr. Schriftsteller, * 16. 8. 1866 Pradl (heute zu Innsbruck), † 16. 8. 1942 Innsbruck. Der Bruder von Hugo → G. studierte 1884-87 in Graz und Innsbruck Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte, mußte sein Studium jedoch krankheitsbedingt abbrechen. Seit 1889 lebte er als freier Schriftsteller in Meran, sp¨ater in Innsbruck und seit 1911 in M¨unchen. 1911-13 arbeitete er f¨ur die Zeitschrift „Jugend“ und ver¨offentlichte unter Pseudonym satirisch-politische Artikel. 1933 zog sich G. nach Aldrans bei Innsbruck zur¨uck und unternahm zahlreiche Reisen nach Italien. G. gilt als einer der f¨uhrenden o¨ sterr. Heimaterz¨ahler und Mundartdichter. In seinen u¨ ber 100 humoristischen Dorf- und Kleinstadtgeschichten schildert er aus einer b¨urgerlich-distanzierten Haltung das volkst¨umliche Leben in Tirol. Zu seinen erfolgreichsten Werken z¨ahlen die ¨ Romane Das Haus Michael Senn (1909), Die Abtissin Verena (1915), Die Stadt am Inn und Der Garten Gottes (1919). C Killy Greippel, Johann Franz, auch Greipel, o¨ sterr. Maler, * 2. 6. 1720 Bennisch (Schlesien), † 4. 4. 1798 Wien. G. besuchte seit 1744 die Akademie der bildenden K¨unste in Wien, wo Franz Christoph → Janneck und Paul → Troger

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Greis seine Lehrer waren. 1765 wurde er als Mitglied in die Akademie aufgenommen; sein Aufnahmest¨uck war Die Enthauptung Johannes des T¨aufers. G. malte Historienbilder mit religi¨osen Motiven u. a. f¨ur St. Augustin in Wien sowie f¨ur eine Reihe von Kirchen in Oberschlesien.

Greis, Carl, S¨anger, * 8. 10. 1861 Frankfurt / Main, † 16. 2. 1950 Braunschweig. G. studierte Gesang bei Friedrich R¨ubsam in Frankfurt / Main und deb¨utierte in der Spielsaison 1885 / 86 am dortigen Opernhaus. 1886-88 am Stadttheater von Straßburg verpflichtet, kam er 1888 an das Hoftheater von Braunschweig, wo er 40 Jahre lang vornehmlich als Operns¨anger (Bariton) wie auch als Schauspieler und Regisseur wirkte. Zu G.’ Hauptrollen z¨ahlten u. a. die Titelrolle in der Hochzeit des Figaro, der Papageno in der Zauberfl¨ote und der Masetto im Don Giovanni von → Mozart, der Graf Luna im Troubadour von Giuseppe Verdi und die Titelrolle im Barbier von Sevilla von Gioacchino Rossini. C Kutsch

Greis, Otto, Maler, * 28. 8. 1913 Frankfurt / Main, † 30. 3. 2001 Ingelheim. G. studierte seit 1932 Maschinenbau in Frankfurt / Main, brach das Studium jedoch ab und nahm 1934-38 privaten Mal- und Zeichenunterricht bei Johann Heinrich H¨ohl in dessen Atelier an der St¨adelschule. 1940-45 war er Angeh¨origer der Wehrmacht. 1945 lernte er Ernst Wilhelm → Nay kennen, mit dem er bis 1948 in regem Austausch stand. Neben Bernard → Schultze, Karl Otto G¨otz und Heinz Kreutz nahm G. mit ersten informellen Arbeiten (u. a. Blauer Aufbruch, 1952) an der Quadriga-Ausstellung 1952 in Frankfurt / Main teil und entwickelte sich in der Folgezeit zu einem der wichtigsten Vertreter des deutschen Informel. Um 1956 wandte er sich von der informellen Malerei ab, ging 1957 nach Frankreich und schuf dort Materiebilder aus pastos aufgetragenen Farbschichten sowie Tuschezeichnungen. In den sechziger Jahren entstanden vor allem Aquarelle, die G.s Hinwendung zum Licht dokumentieren. G. bereiste seit 1969 den Mittelmeerraum und lebte und arbeitete seit 1983 abwechselnd in Ockenheim am Rhein und Spanien. Zu seinem Sp¨atwerk z¨ahlen die kleinformatige Alhamilla-Serie (1987-90) und die Sylphiden-Serie (1995-97).

Greischel, (Friedrich Traugott) Walther, Kunsthistoriker, Museumsdirektor, * 27. 2. 1889 Spremberg, † 15. 9. 1970 Orselina (Kt. Tessin). G., Sohn eines Fabrikbesitzers, studierte Kunstgeschichte, Arch¨aologie und Philologie an verschiedenen deutschen Universit¨aten und wurde 1914 in Freiburg / Breisgau promoviert. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg wirkte er seit 1919 am Kaiser-Friedrich-Museum in Magdeburg, seit 1922 als gesch¨aftsf¨uhrender Direktor und seit 1923 als Nachfolger des Gr¨undungsdirektors Theodor → Volbehr. Er geh¨orte dem K¨unstlerkreis um Stefan → George an und ver¨offentlichte mit dem Band Der Magdeburger Dom (1929) ein wichtiges Standardwerk. Seit 1946 war G. Direktor des Westf¨alischen Museums in M¨unster, das er bis zu seiner Pensionierung 1954 leitete. C MBL

Greisel, Johann Georg, o¨ sterr. Mediziner, † 18. 5. 1684 Znaim. Zun¨achst Feldarzt, ging G. sp¨ater nach Wien, wurde Prof. der Anatomie an der dortigen Univ. sowie Assessor des Medizinal-Kollegiums und ließ sich schließlich als Physikus in Znaim nieder. Er ver¨offentlichte zahlreiche medizinische Aufs¨atze in den „Ephemeriden“ der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, der er seit 1670 angeh¨orte. 1670 erschien sein Tractatus medicus de cura lactis in arthritide, in quo [. . .] diaeta lactea optima arthritidem curandi methodus proponitur (1670, 21681).

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Greiser, Arthur (Karl), Milit¨ar, Politiker, * 22. 1. 1897 Schroda (Prov. Posen), † 14. 7. 1946 Posen. G., Sohn eines Gerichtsvollziehers, nahm als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil und k¨ampfte nach Kriegsende in einem Freikorps. Als Handelsvertreter in Danzig t¨atig, schloß er sich 1922 der Deutschsozialen Partei an, begr¨undete 1924 den „Stahlhelm“ in Danzig, trat 1929 der NSDAP und der SA bei und schloß sich 1931 der SS an. Seit 1930 war G. Gaugesch¨aftsf¨uhrer der NSDAP in Danzig und Fraktionsf¨uhrer seiner Partei im Danziger Volkstag. 1933 wurde er Vizepr¨asident des Senats und Innensenator der Freien Stadt Danzig. 1934 folgte er Hermann → Rauschning im Amt des Senatspr¨asidenten, das er bis 1939 neben der stellvertretenden Gauleitung innehatte. Im Zweiten Weltkrieg war G. als Gauleiter und Reichsstatthalter des neugebildeten Gaues Wartheland f¨ur die Massendeportation und Ermordung von Juden und Polen im Rahmen der „Eindeutschungspolitik“ verantwortlich. Seit 1942 war er SS-Obergruppenf¨uhrer. Nach Kriegsende wurde G. in Polen als Kriegsverbrecher verurteilt und hingerichtet. C Lilla, Statisten Greißing, Joseph, auch Greising, Greissing, Baumeister, * 9. 1. 1664 Hohenweiler (Vorarlberg), † 12. 12. 1721 W¨urzburg. G., Sohn eines Handwerkers, war um 1690 in W¨urzburg Polier des Stadtzimmermeisters Adam Nick und erwarb 1698 das B¨urgerrecht dieser Stadt. 1700 wird er als Baumeister urkundlich erw¨ahnt; 1707 erfolgte seine Ernennung zum Stadtgeschworenen, 1715 zum Oberratsassessor. G. gilt als f¨uhrender Baumeister in Franken im fr¨uhen 18. Jahrhundert. Er war der erste deutsche Meister von u¨ berlokaler Bedeutung im Hochstift W¨urzburg, in dem das Bauwesen bis dahin in den H¨anden von italienischen Architekten lag. G.s zahlreiche Sakralbauten pr¨agten das architektonische Bild Mainfrankens wesentlich. Seine einschiffigen Landkirchen gelten als Leitmotiv f¨ur den mainfr¨ankischen Sakralbau bis in die Zeit des Sp¨atrokoko. C Th-B Greissle, Felix, Komponist, Dirigent, Musikverleger, * 15. 11. 1899 Wien, † 26. 4. 1982 Manhasset (New York, USA). G. studierte 1919-21 an der Univ. Wien und war daneben seit 1920 Privatsch¨uler bei Arnold → Sch¨onberg, dessen Tochter Gertrude er 1921 heiratete. Danach als Notenstecher in Wien t¨atig, wurde er 1924 Chorleiter an der Wiener Staatsoper. 1938 emigrierte G. in die USA, war Lektor beim Verlag G. Schirmer und leitete seit 1947 einen Musikverlag. Daneben unterrichte er Theorie und Komposition an der Columbia University in New York und der Philadelphia Musical Academy. G. verlegte zahlreiche Werke Sch¨onbergs und stellte Transkriptionen, Arrangements und Klavierausz¨uge her. Zu seinen eigenen Kompositionen z¨ahlt die Oper Die Wirtin von ¨ Pinsk (1937). C OML Greiter, Matth¨aus, auch Matthias G., Matheus G., Greiterus, Greitter, Gryter, Gritter, Greuter, Kantor, Komponist, * um 1495 Aichach / Paar (Oberbayern), † 20. 12. 1550 Straßburg. G. studierte seit 1510 an der Univ. Freiburg, trat in den Dominikanerorden ein und erhielt eine musikalische Ausbildung. Seit etwa 1520 war er als Ordensgeistlicher Vors¨anger am Straßburger M¨unster. 1524 trat er zur Reformation u¨ ber, erwarb durch Heirat das B¨urgerrecht und u¨ bernahm ver¨ schiedene kirchliche Amter. 1534 wurde G. Musiklehrer an dem von Johannes → Sturm gegr¨undeten Gymnasium Argentinense und schrieb f¨ur seine Sch¨uler das Lehrbuch Elementale musicum, juventuti accomodum (1544, 21546). 1546 ¨ des Ehebruchs angeklagt, verlor er fast alle Amter, wurde jedoch durch die F¨ursprache des Landgrafen von Hessen als Lehrer wiedereingesetzt. Nach der Einf¨uhrung des Interims

Grell im Straßburger M¨unster 1550 war er dort noch f¨ur kurze Zeit Kantor. G. schrieb und komponierte zahlreiche Kirchenlieder und arbeitete an mehreren Gesangb¨uchern (u. a. Teutsch Kirchenampt, 1524) mit. Die Melodie des Liedes O Mensch, bewein dein S¨unde groß sowie einige der liturgischen Ges¨ange G.s gingen auf Dauer in den evang. Gottesdienst ein. C MGG

Greith, Franz Josef, auch Joseph G., schweizer. Komponist, Publizist, * 17. 8. 1799 Rapperswil (Kt. St. Gallen), † 1. 1. 1869 St. Gallen. Der Sohn eines Musikers und Goldschmieds und Bruder Karl Johann → G.s studierte an den Universit¨aten Landshut und Freiburg Theologie, wurde jedoch aus Gewissensgr¨unden nicht Geistlicher, sondern arbeitete als Musik- und Gesangslehrer sowie als Chor- und Orchesterdirigent in Hofwil (1821-24), Aarau (1824-33) und St. Gallen (1833-69). Schon seit der Freiburger Studienzeit war G. ein Verfechter des politischen und religi¨osen Liberalismus. Vor allem w¨ahrend der Jahre in Aarau, wo er u. a. mit Heinrich → Zschokke und Ignaz Paul Vitalis → Troxler in enger Verbindung stand, nahm er als Publizist leidenschaftlich an den staats- und kirchenpolitischen K¨ampfen seiner Zeit teil. G. komponierte rund 200 Chorlieder zum religi¨osen und schulischen Gebrauch. Sein freiheitlich-patriotisches Lied Von ferne sei herzlich gegr¨ußet, das erstmals 1822 im Zofinger Liederbuch gedruckt erschien, erlangte als „R¨utli-Lied“ in der Schweiz große Popularit¨at. G. war der Vater von Karl → G. C Biogr Lex Aargau

Greith, (Emil Franz) Karl, schweizer. Musiker, Komponist, * 21. 2. 1828 Aarau, † 17. 11. 1887 M¨unchen. G., Sohn von Franz Josef → G., erhielt am Konservatorium in M¨unchen und bei Karl Ludwig → Drobisch in Augsburg seine musikalische Ausbildung und war seit 1844 Musiklehrer an mehreren Schulen in St. Gallen. 1861 trat er die Nachfolge seines Vaters als Chordirektor an der dortigen Stiftskirche an, ging 1871 nach M¨unchen und wurde 1877 Domkapellmeister an der Liebfrauenkirche. G. schuf ein umfangreiches kirchenmusikalisches Werk, von dem vor allem seine Marienlieder und Messen gr¨oßere Bekanntheit erlangten. C NDB

Greith, Karl Johann, kath. Theologe, Bischof von St. Gallen, * 25. 5. 1807 Rapperswil (Kt. St. Gallen), † 17. 5. 1882 St. Gallen. Nach Studien in Luzern, M¨unchen und Paris empfing G., Bruder von Franz Josef → G., 1831 die Priesterweihe und war Bibliotheksadjunkt, Subregens des Priesterseminars und Prof. der Theologie in St. Gallen. Als f¨uhrender Vertreter der kirchlichen Richtung wurde er 1834 von der Regierung abgesetzt, worauf er zu historischen und literarischen Studien nach Rom ging. 1837 kehrte G. in die Schweiz zur¨uck und hatte mehrere Pfarrstellen inne. 1847 wurde er Domdekan, 1862 Bischof von St. Gallen. G. griff aktiv in die kirchenpolitischen und innerkirchlichen Auseinandersetzungen seiner Zeit ein. Als Mitglied des Großen Rats von St. Gallen 1837-53 entwickelte er sich zum F¨uhrer der Katholiken. Auf dem Vatikanischen Konzil 1871 schloß er sich als einziger Schweizer der Opposition der deutschen und franz¨osischen Bisch¨ofe gegen die Opportunit¨at der Dogmatisierung der p¨apstlichen Unfehlbarkeit an. Neben zahlreichen Predigten und kirchenpolitischen Schriften verfaßte G. germanistische (Spicilegium Vaticanum, 1838) und historische (Geschichte der altirischen Kirche, 1867) Werke. C Gatz 4

Grell, (August) Eduard, Musikschriftsteller, Musiker, Komponist, Dirigent, * 6. 11. 1800 Berlin, † 10. 8. 1886 Berlin. G., Sohn eines Organisten, wurde u. a. von Carl Friedrich → Zelter musikalisch ausgebildet und 1817 als Organist an

der Nikolaikirche in Berlin angestellt. Im selben Jahr trat er in die Berliner Singakademie ein und unterrichtete seit 1829 Kontrapunkt. 1831 zum Kgl. Musikdirektor ernannt, wurde er 1829 Domorganist; 1853-75 war er als Nachfolger von Karl Friedrich → Rungenhagen Direktor der Berliner Singakademie. G. komponierte in jungen Jahren kammermusikalische, Klavier- und Orchesterwerke, wandte sich jedoch sp¨ater fast ausschließlich der A-cappella-Vokalmusik im Stil Giovanni Pierluigi Palestrinas zu. Sein Hauptwerk ist die sechzehnstimmige Missa solemnis senisdenis vocibus decantanda, die 1861 in der Berliner Singakademie uraufgef¨uhrt wurde. C MGG

Grell, Heinrich, Mathematiker, * 3. 2. 1903 L¨udenscheid (Westfalen), † 21. 8. 1974 Berlin. Der Sohn eines Metzgermeisters studierte seit 1922 Mathematik, Physik und Astronomie an der Univ. G¨ottingen und wurde 1926 mit der Dissertation Beziehungen zwischen den Idealen verschiedener Ringe promoviert. 1930 habilitierte er sich an der Univ. Jena mit der Arbeit Verzweigungstheorie in beliebigen Ordnungen algebraischer Zahl- und Funktionsk¨orper und hatte dort 1930-34 einen Lehrauftrag inne. G. trat 1933 in die NSDAP ein und wurde Bezirksleiter der Dozentenschaft der Univ. Jena. 1934 wechselte er mit einem Lehrauftrag f¨ur Analysis und analytische Geometrie an die Univ. Halle, wurde jedoch 1935 seines Amtes enthoben. 1939-44 war er Arbeitsgruppenleiter im Entwicklungsb¨uro der Messerschmidt Flugzeugwerke in Augsburg, 1944 / 45 Mathematiker beim Reichsforschungsrat in Erlangen und 1945-48 wissenschaftlicher Assistent an der Univ. Erlangen und der Hochschule Bamberg. 1948 wurde G. Prof. mit Lehrauftrag an der Humboldt-Universit¨at Berlin und war 1953-59 Fachrichtungsleiter f¨ur Mathematik. 1959-62 leitete er als gesch¨aftsf¨uhrender Direktor das Institut f¨ur Reine Mathematik der Deutschen Akademie der Wissenschaften, deren stellvertretender Generalsekret¨ar er 1964-72 war. G., der vorwiegend auf dem Gebiet der kommutativen Algebra und der Idealtheorie arbeitete, begr¨undete eine Algebraikerschule in der DDR und gestaltete die Mathematiklehrpl¨ane und -lehrb¨ucher f¨ur die allgemeinbildenden Schulen mit. C DDR

Grell, Karl Gottlieb, Zoologe, * 28. 12. 1912 Burg / Wupper, † Oktober 1994 T¨ubingen. G., der 1938 an der Univ. Bonn mit der Dissertation Der Darmtraktus von Panorpa communis L. und seine Anh¨ange bei Larve und Imago promoviert wurde, konzentrierte sich zun¨achst auf die Erforschung der Skorpionsfliege, stieß auf einen einzelligen Parasiten dieses Insektes und besch¨aftigte sich fortan mit Einzellern. Im Zweiten Weltkrieg war er zur Bek¨ampfung der einzelligen Malaria-Erreger auf dem Balkan und in S¨udrußland eingesetzt; als „M¨ucken-Karle“ warnte er im Rundfunk die Soldaten vor infizierten M¨uckenschw¨armen. 1941 habilitierte er sich mit der Arbeit Der Genitalapparat von Panorpa communis L. an der Univ. Bonn, wurde Dozent, kam nach dem Krieg an das Max-PlanckInstitut f¨ur Biologie in Hechingen und u¨ bernahm 1957 einen Lehrstuhl f¨ur Zoologie an der Univ. T¨ubingen, wo er 1980 emeritiert wurde. G. ver¨offentlichte u. a. Die amerikanische Pantoffelschnecke Crepidula fornicata L. (1950), Protozoologie (1956) und Larven von Protostomiern (1963). Grell, Otto, S¨anger, * 1773, † 17. 6. 1831 Berlin. G. war Geheimer Haupt-Bank-Sekret¨ar in Berlin, ließ sich dann in Gesang ausbilden und geh¨orte seit 1794 der Berliner Singakademie an. Er trat als Tenorsolist auf und u¨ bernahm auch Partien an der Berliner Hofoper. 1808 wurde er zum Kammers¨anger des F¨ursten → Esterh´azy von Gal´antha in Eisenstadt ernannt. Vor seiner Abreise aus Berlin regte er die Gr¨undung einer Berliner Liedertafel an, die 1809 unter

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Grelle der Leitung von Carl Friedrich → Zelter verwirklicht wurde. 1810 kehrte er nach Berlin zur¨uck und trat mehrmals am K¨oniglichen Theater in Opern- und Singspielrollen (u. a. als Belmonte in → Mozarts Entf¨uhrung aus dem Serail) sowie als Solist der Berliner Liedertafel und der Singakademie auf. C Kutsch

Grelle, Frido, Schauspieler, Theaterdirektor, * 12. 4. 1866 Hannover, † 13. 8. 1939 Bad Elster / Elstergebirge. G. war seit 1888 am Hoftheater in Meiningen f¨ur das Fach des jugendlichen Liebhabers verpflichtet. Nach Engagements in Hamburg, Berlin, Gera und Leipzig kam er 1902 an das Stadttheater von Zwickau, das er bis 1924 zun¨achst als Direktor, sp¨ater als Intendant leitete. G. schrieb Schauspiele und dramatische Dichtungen (u. a. Ahasver, der ewige Kampf, 1919). Sein Drama Die Neuberin wurde mehrmals aufgef¨uhrt.

Grelling, Kurt, Logiker, Wissenschaftstheoretiker, Mathematiker, * 2. 3. 1886 Berlin, † 18. 9. 1942 Konzentrationslager Auschwitz. G. studierte Mathematik, Physik und Philosophie in Freiburg, Berlin, Lausanne und G¨ottingen, wo er 1910 das Staatsexamen ablegte. Nach der Promotion bei David → Hilbert im selben Jahr aufgrund der Dissertation Die Axiome der Arithmetik mit besonderer Ber¨ucksichtigung der Beziehungen zur Mengenlehre war er im h¨oheren Schuldienst t¨atig. G. war zun¨achst Anh¨anger der anthropologischen Erkenntnistheorie von Jakob Friedrich → Fries, wie sie Leonard → Nelson weiterf¨uhrte; gleichzeitig befaßte er sich mit der Philosophie der exakten Wissenschaften. Mit Leonard Nelson ver¨offentlichte er 1908 eine Analyse der damals bekannten Antinomien (Bemerkungen zu den Paradoxien von Russell und Burali-Forti, in: Abhandlungen der Fries’schen Schule, N. F.), darunter auch der nach ihm benannten Grellingschen Antinomie. 1924 erschien seine elementare Einf¨uhrung Mengenlehre. Sp¨ater geh¨orte G. der Berliner „Gesellschaft f¨ur empirische (danach: wissenschaftliche) Philosophie“ an und vertrat den empiristischen Standpunkt. Um 1935 / 36 hielt er sich zeitweise zu Studienzwecken bei Paul → Oppenheim in Br¨ussel auf. Nach Kriegsausbruch floh G. nach Br¨ussel und wurde bald nach dem Einmarsch der deutschen Besatzungstruppen 1940 nach Paris abgeschoben und in einem Lager interniert; am 16. 9. 1942 wurde er nach Auschwitz deportiert und zwei Tage sp¨ater ermordet. C Enz Phil Wiss

Grellmann, Heinrich Moritz Gottlieb, Historiker, * 7. 12. 1756 Jena, † 13. 10. 1804 Moskau. G. studierte 1776-81 Theologie in Jena, ging anschließend nach G¨ottingen, wo er zun¨achst im Haus des Natur- und Sprachforschers Christian Wilhelm → B¨uttner lebte und seit 1783 Beitr¨age in Georg Christoph → Lichtenbergs „G¨ottinger Taschen-Calender“ und in den „G¨ottingischen Gelehrten Anzeigen“ ver¨offentlichte. 1787 wurde er zum a. o., 1791 zum o. Prof. f¨ur Philosophie und Statistik an der Univ. G¨ottingen ernannt und kurz vor seinem Tod 1804 zum o. Prof. der Statistik an die Univ. Moskau berufen. Bekannt wurde G. vor allem durch seine 1783 erstmals erschienene Schrift Die Zigeuner. Ein historischer Versuch u¨ ber die Lebensart und Verfassung, Sitten und Schicksahle dieses Volks in Europa, nebst ihrem Ursprunge (21787), die in mehrere Sprachen u¨ bersetzt wurde. Gremels, (Karl Felix) Hans, Pharmakologe, Physiologe, * 9. 12. 1896 Großbreitenbach (Kr. Ilmenau, Th¨uringen), † 25. 3. 1949 Freiburg / Breisgau. G., Sohn eines Lehrers und Kantors, studierte Naturwissen¨ schaften und Medizin (Promotion 1924 in Hamburg, Uber den Anteil von Mark und Rinde beim acuten Nebennierenausfall) und bildete sich danach u. a. bei Arthur → Bornstein

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in Hamburg und Walther → Straub in M¨unchen wissenschaftlich weiter. 1932 an der Univ. M¨unchen f¨ur pathologische Physiologie und Pharmakologie habilitiert (Zur Physiologie und Pharmakologie der Energetik des S¨augetierherzens), wurde er 1938 o. Prof. der Pharmakologie an der Univ. Marburg. G. untersuchte vor allem die Physiologie und Pharmakologie der Harnbereitung sowie des Herz- und Ge¨ samtenergiestoffwechsels. Er ver¨offentlichte u. a. Uber die Steuerung der energetischen Vorg¨ange am S¨augetierherzen (in: Archiv f¨ur experimentelle Pathologie und Pharmakologie, 1936). C Marburg

Gremp von Freudenstein, Ludwig, Jurist, * 1509 Stuttgart, † 11. (?) 5. 1583 Straßburg. G. v. F., Sohn eines w¨urttembergischen Rats und Kammermeisters, wurde 1525 als Student der Rechte an der Univ. T¨ubingen inskribiert, an die er nach Studien in Orl´eans und Ingolstadt 1537 als Prof. des r¨omischen und kanonischen Rechts zur¨uckkehrte. 1538 / 39 war er Rektor der Universit¨at. 1541 trat G. v. F. als Syndikus in den Dienst der Reichsstadt Straßburg, die er bis zu seinem Tod auf fast allen Reichstagen und Tagsatzungen, meist zusammen mit Jakob → Sturm, vertrat. 1543 erarbeitete er ein Gutachten u¨ ber die Frage der Session und des Stimmrechts der Reichsst¨adte auf den Reichstagen, das im Druck erschien und 1615 erneut aufgelegt wurde. G. v. F. vermachte seine 2600 B¨ande umfassende Bibliothek mit den Schwerpunkten Rechtswissenschaft und protestantische Theologie der Univ. T¨ubingen und rief eine Studienstiftung, die sp¨atere „Freiherr von Grempsche Familienstiftung“, ins Leben, die bis 1962 in T¨ubingen bestand. C Leb Schwaben, Bd 3 Gren, Friedrich Albert Carl, Chemiker, Physiker, Mediziner, * 29. 4. 1760 Bernburg / Saale, † 26. 11. 1798 Halle / Saale. Nach dem fr¨uhen Tod seines Vaters, eines Hutmachermeisters, ging G. bei einem Apotheker in die Lehre und u¨ bernahm 1779 die Leitung einer Apotheke, die er jedoch schon im folgenden Jahr aufgab, um in Erfurt Provisor an der Apotheke von Wilhelm Bernhard Trommsdorff zu werden. Von 1782 an studierte er Chemie und Medizin an den Universit¨aten Helmstedt und Halle, wo er 1786 zum Dr. med. (Observationes et experimenta circa genesin a¨eris fixi et phlogisticati) und 1787 zum Dr. phil. promoviert wurde. Seit 1787 a. o. Prof. der Arzneiwissenschaft, wurde er 1788 o. Prof. der Philosophie, sp¨ater auch der Medizin in Halle und hielt Vorlesungen u¨ ber Chemie, Pharmakologie und Physik. G., engagierter Vertreter der Phlogistontheorie und Anh¨anger der Naturphilosophie → Kants, verfaßte mehrere Lehr- und Handb¨ucher, u. a. ein Systematisches Handbuch der gesamten Chemie (3 Bde., 1787-90, 31806 / 07), das als das erste systematische und wissenschaftliche Lehrbuch der Chemie gilt. Er gab das „Journal der Physik“ (1790-94), das „Neue Journal f¨ur Physik“ (1795-98) und die „Annalen der Physik“ (1799 ff.) heraus, in denen die deutsche Fachwelt auch u¨ ber neue grundlegende Arbeiten des Auslandes informiert wurde. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner ein Grundriss der Naturlehre (1788, 21793) und ein Grundriss der Chemie nach den neuesten Entdeckungen entworfen (1796, 31809, engl. 1800). C NDB Grenander, Alfred (Frederik Elias), Architekt, * 26. 6. 1863 Sk¨ovde (Schweden), † 14. 7. 1931 Berlin. G., Sohn eines Auditeurs, studierte in Stockholm und 1885-88 an der TH Berlin Architektur und er¨offnete 1889 zusammen mit Wilhelm Martens ein Baub¨uro. 1890-97 wirkte er an Paul → Wallots Reichstagsbau mit, wurde danach Lehrer an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin und sp¨ater Prof. an den Vereinigten Staatsschulen f¨ur

Grentrup freie und angewandte Kunst. Seit 1900 war G. verantwortlicher Architekt f¨ur die Bauten der Hoch- und Untergrundbahn Gesellschaft Berlin; er entwarf u. a. die U-Bahnh¨ofe Bismarckstraße (1906, heute Deutsche Oper), Wittenbergplatz (1911-13), Alexanderplatz (1913), Danziger Straße (1913, seit 1950 Dimitroffstraße, seit 1991 Eberswalder Straße) und Olympiastadion (1929 / 30). G. errichtete auch Br¨ucken, Fabrikgeb¨aude (u. a. der Firmen Loewe, 1908-10 und 1916, und Knorr-Bremse, 1913-16, in Berlin), Villen und Landh¨auser sowie zahlreiche Zeitungskioske, die charakteristisch f¨ur das Straßenbild Berlins wurden. C NDB

Grengg, Karl, o¨ sterr. S¨anger, * 16. 3. 1853 Graz, † 7. 10. 1914 Graz. G. studierte Jura in Prag, machte dann eine Gesangsausbildung in Graz, wo er 1874 als Operns¨anger am Landestheater deb¨utierte. Nach Engagements u. a. am Deutschen Theater in Prag 1879-82 und am Opernhaus von Leipzig 1882-89 kam er 1889 an die Wiener Hofoper, der er bis zu seinem Tod angeh¨orte. G. trat mehrmals bei den Bayreuther Festspielen auf und gab Gastspiele u. a. an der Hofoper in M¨unchen und der Covent Garden Opera in London. 1902 mußte er infolge eines Schlaganfalls seine Karriere beenden. Zu G.s Hauptrollen z¨ahlten der Sarastro in → Mozarts Zauberfl¨ote, der Kaspar in Carl Maria von → Webers Freisch¨utz und zahlreiche Partien in Opern von Richard → Wagner, u. a. der Gurnemanz im Parsifal, den er 1897 in Bayreuth zum 25. Mal C Kutsch sang. Grengg, Maria, o¨ sterr. Zeichnerin, Schriftstellerin, * 26. 2. 1889 Stein / Donau (Nieder¨osterreich), † 8. 10. 1963 Wien. G., Tochter eines Ingenieurs, besuchte die Meisterklasse Koloman → Mosers an der Kunstgewerbeschule in Wien und war seit 1923 literarische und graphische Mitarbeiterin der Zeitschrift „Der getreue Eckart“. Mit dem Roman Die Flucht zum gr¨unen Herrgott (1930), der eine hohe Auflage erzielte, gelang ihr der schriftstellerische Durchbruch. In der Folgezeit verfaßte G. Romane, Novellen und Erz¨ahlungen, die vorwiegend in ihrer nieder¨osterreichischen Heimat spielen und h¨aufig stark autobiographische Z¨uge tragen. F¨ur den Novellenband Starke Herzen (5 Bde., 1937) erhielt sie als ¨ erste Frau 1937 den Osterreichische Staatspreis f¨ur Literatur. Nach 1945 bet¨atigte sich G., die mit dem Nationalsozialismus sympathisiert hatte, fast ausschließlich als bildende K¨unstlerin, Verfasserin kunsthistorischer Essays und Jugendbuchautorin. C Killy Grengg, Roman, o¨ sterr. Geologe, Mineraloge, * 1. 12. 1884 Stein / Donau (Nieder¨osterreich), † 27. 9. 1972 Wien. G. studierte in Wien an der TH und der Univ. Naturgeschichte, Mathematik und Geometrie und wurde 1913 ¨ ¨ promoviert (Uber Atzfiguren und Verwitterungsfiguren am Gyps). 1916 habilitierte er sich an der TH Wien f¨ur Mineralogie und angewandte Geologie und war 1920-25 Prof. der Chemie am Technologischen Gewerbemuseum, 1925-45 Prof. der Mineralogie und Petrographie an der TH Wien. G. ver¨offentlichte u. a. Der Einfluss der Donauregulierung ¨ in Nieder-Osterreich auf die Herabminderung der Eisstoss¨ gefahren (1911), Uber die Bewertung von nat¨urlichen Gesteinen f¨ur bautechnische Zwecke (1928), Anwendung mineralogischer und petrographischer Erkenntnisse auf die technische Materialpr¨ufung nichtmetallischer anorganischer Stoffe (1931) und Die seifige Erde von Gaura in Siebenb¨urgen (1940). Er war auch als o¨ ffentlicher Probenehmer f¨ur Minerale, Steine und Bodenarten sowie als Gerichtssachverst¨andiger, Sch¨atzmeister und beh¨ordlich autorisierter Zivilingenieur t¨atig.

Grenser, (Johann) Heinrich (Wilhelm), Holz- und Blechblasinstrumentenbauer, * 5. 3. 1764 Lipprechtsroda (Th¨uringen), † 12. 12. 1813 Dresden. G. ging zwischen 1779 und 1786 bei seinem Onkel Karl August → G. in die Lehre, u¨ bernahm 1796 dessen Werkstatt und verdoppelte die Belegschaft bis 1803. Er erfand den „Clarinettbaß“ und verbesserte um 1808 das damals popul¨are Bassethorn, das er als erster in geknickter Form produzierte und mit 16 Klappen ausstattete. Zudem trat er mit Fachaufs¨atzen hervor, die sich um 1800 mehrmals in scharfem Ton gegen Johann Georg → Tromlitz und dessen Klappensystem der Fl¨ote richteten. Die Firma G.s wurde nach seinem Tod von seinem Sohn Heinrich Otto an den fr¨uheren Gesellen Samuel Gottfried Wiesner verkauft. C MGG

Grenser, Karl August(in), auch Grentzer, Instrumentenbauer, * 11. 11. 1720 Wiehe (Th¨uringen), † 4. 5. 1807 Dresden. Der Bauernsohn G. erlernte bei Johann Poerschmann in Leipzig das Handwerk des Blasinstrumentenmachers, ging 1739 nach Dresden und er¨offnete 1744 eine eigene Werkstatt. Seine Instrumente, insbesondere seine Querfl¨oten mit drei bis sieben Mittelst¨ucken und einer bis vier Klappen, galten als die besten ihrer Zeit und verschafften seiner Werkstatt in ganz Europa Ber¨uhmtheit. 1753 wurde G. zum kurs¨achsischen Hofinstrumentenmacher ernannt. C MGG

Grenser, Karl August(in), Musiker, * 14. 12. 1794 Dresden, † 26. 5. 1864 Leipzig. Der Enkel Karl August → G.s trat bereits mit sechs Jahren als Blockfl¨otist auf. Nach einer musikalischen Ausbildung wurde er 1814 erster Fl¨otist im Concert- und Theaterorchester (sp¨ater Gewandhausorchester) in Leipzig, dem er bis 1855 angeh¨orte. Seit 1843 war er Lehrer f¨ur Fl¨ote am neugegr¨undeten Leipziger Konservatorium. G. verfaßte eine Geschichte der Musik [. . .] in Leipzig, die als Manuskript erhalten ist.

Grenser, Woldemar Ludwig, Mediziner, Geburtshelfer, * 2. 1. 1812 Dresden, † 2. 6. 1872 Dresden. G. studierte seit 1830 in Leipzig Medizin, war seit 1834 als Assistent im Entbindungsinstitut von Johann Christian Gottfried → J¨org t¨atig und wurde 1838 mit der Dissertation De vi puerperii lactandique temporis medicatrice promoviert. 1839 unternahm er eine wissenschaftliche Reise nach Prag, Wien, Paris, London, W¨urzburg und Heidelberg, hielt nach der R¨uckkehr in Leipzig geburtshilfliche Vorlesungen, wurde 1843 zum a. o. Prof. ernannt (Inauguralrede Corporis positionem in genibus ulnisque in praxi obstetricia non esse negligendam) und 1845 als Prof. der medizinischchirurgischen Akademie und Direktor des Entbindungsinstituts nach Dresden berufen, wo er die Antisepsis und ¨ Athernarkose in die Dresdner Geburtshilfe einf¨uhrte. 1856 wurde er zum k¨oniglich-s¨achsischen Hofrat und 1864 zum Geheimen Medizinalrat ernannt. G. gab seit 1853 das zuerst 1843 erschienene Lehrbuch der Geburtshilfe von Franz Carl Joseph → Naegele (81872) und Die ersten Mutterpflichten und die erste Kindespflege von Friedrich August von → Ammon (131868) heraus und verfaßte selbst ein Lehrbuch ¨ der Hebammenkunst (1863, 31882). C Arzte 1

Grentrup, Theodor, kath. Missionsrechtler, * 25. 5. 1878 Ahlen (Westfalen), † 11. 10. 1967 Berlin. G. studierte kanonisches Recht in Rom, war seit 1906 Dozent f¨ur Missionsrecht und unterrichtete 1929-33 an der Hochschule f¨ur Politik in Berlin. Der von ihm vertretene kirchenrechtliche Missionsbegriff hatte vor allem vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil gr¨oßere Bedeutung. G. ver¨offentlichte

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Grenzebach u. a. Jus Missionarium. Quod in formam compendii redactum scripsit (1925) und Volk und Volkstum im Lichte der Religionen. Eine grunds¨atzliche Studie zur Gegenwartslage (1937). C LThK

Grenzebach, Ernst, S¨anger, Gesangsp¨adagoge, * 14. 2. 1871 Berlin, † 29. 5. 1936 Berlin. Der Sohn eines Berliner Kaufmanns studierte 1900-04 Gesang und Musik am Sternschen Konservatorium in Berlin und war nach Abschluß seiner Ausbildung zun¨achst Konzertsolist, sp¨ater Gesangslehrer am Klindworth-ScharwenkaKonservatorium in Berlin und Prof. an der Berliner Musikhochschule (bis 1934). Zu G.s Sch¨ulern z¨ahlten u. a. Max → Lorenz, Peter → Anders und Anny → Helm. C Kutsch Gresemund, Dietrich d. J., auch Theoderich G., Theodericus G., Gresemundt, Humanist, Theologe, Jurist, * 1477 Speyer, † 14. 10. 1512 Mainz. G., dessen Vater Leibarzt des Erzbischofs von Mainz war, studierte an den Universit¨aten Mainz, Heidelberg, Padua und Bologna Theologie und Jura und wurde 1498 an der Univ. Ferrara zum Dr. jur. promoviert. Sp¨atestens 1499 trat er in den geistlichen Stand u¨ ber und wurde 1505 Kanoniker, 1508 Protonotar und oberster geistlicher Richter, 1510 Scholaster am Stift St. Stephan in Mainz. Seit 1504 unterrichtete er an der Univ. Mainz das ius civile, zuletzt als Ordinarius. G. stand in enger Verbindung mit dem els¨assischen Humanistenkreis, insbesondere mit Johannes → Geiler von Kaysersberg und Jakob → Wimpfeling, und verfaßte mehrere humanistische Schriften. Als deren bedeutendste gilt sein Erstlingswerk Lucubratiunculae (1493), ein lateinischer Dialog u¨ ber die sieben freien K¨unste, der in vier Auflagen erschien. C Killy Greser, (Hans) Daniel, auch Gr¨aser, luth. Theologe, * 6. 12. 1504 Weilburg / Lahn, † 29. 9. 1591 Dresden. G., Sohn eines Schuhmachermeisters, empfing nach theologischen Studien an den Universit¨aten Mainz und Marburg 1526 die Priesterweihe und wurde im selben Jahr von Erhard → Schnepf f¨ur die evang. Lehre gewonnen. Seit 1532 Prediger in Gießen, wurde er 1542 nach Dresden berufen, wo er bis 1589 Superintendent war. G. hatte maßgeblichen Anteil am Aufbau und an der Festigung des evang. Kirchenwesens in Dresden. Er war an zahlreichen Visitationen und Untersuchungen, insbesondere gegen die Kryptocalvinisten, beteiligt und verfaßte die Generalartikel, die Kurf¨urst → August von Sachsen 1577 zur Ordnung der Kirche seines Landes dienten. In seiner Autobiographie Historia und Beschreybungen des ganzen Lauffs und Lebens (1587) legte G. ausf¨uhrlich Zeugnis u¨ ber sein Leben und Wirken ab. C NDB Gresser, Franz von, Staatsmann, * 3. 10. 1807 Pfreimd (Oberpfalz), † n. e. Der Sohn eines Gastwirts trat nach dem Studium bei der Regierung des Regenkreises in den bayerischen Staatsdienst ein und war anschließend bei den Regierungen von Schwaben und Unterfranken t¨atig, seit 1858 im Rang eines Regierungsdirektors. 1866 berief ihn Ministerpr¨asident Chlodwig F¨urst von → Hohenlohe-Schillingsf¨urst zum bayerischen Staatsminister des Innern f¨ur Kirchen- und Schulangelegenheiten, als der sich G. vor allem um liberale Schulreformen bem¨uhte. Als durch den Sieg der Patrioten und Ultramontanen bei den Landtagswahlen von 1869 eine Fortsetzung seiner Bildungspolitik nicht mehr m¨oglich war, trat G. von seinem Amt zur¨uck.

Gressly, Amanz, schweizer. Geologe, * 17. 7. 1814 Schmelzi bei B¨arschwil (Kt. Solothurn), † 12. 4. 1865 Waldau (Kt. Bern). G., Sohn eines Glasfabrikanten, studierte an der Univ. Straßburg zun¨achst Medizin, wandte sich bald den Geowis-

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senschaften zu und hielt bereits 1834 vor der Naturforschenden Gesellschaft Straßburgs einen geologischen Vortrag. 1837 wurde er Mitarbeiter von Louis Agassiz in Neuchˆatel und gab 1838-41 die Observations g´eologiques sur le Jura ¨ soleurois heraus. Nach Agassiz’ Ubersiedlung nach Amerika 1846 lebte er haupts¨achlich von geologischen Gutachten, nahm an Exkursionen in den Mittelmeerraum und nach Skandinavien teil und widmete sich stratigraphischen Studien u¨ ber den Oberen Jura. G., der haupts¨achlich die Geologie des Solothurner Jura erforschte, gilt als einer der Begr¨under der modernen Stratigraphie. Die von ihm aufgestellte These, die Entstehung der Faltung des Jura sei auf sich erhebende oder explodierende Krater zur¨uckzuf¨uhren, wurde sp¨ater widerlegt. 1861 erschienen seine Erinnerungen eines Naturforschers aus S¨udfrankreich. C HLS

Greßmann, Hugo (Ernst Friedrich Wilhelm), evang. Theologe, * 21. 3. 1877 M¨olln, † 6. 4. 1927 Chicago. G., Sohn eines Bahnhofsverwalters, studierte in Greifswald, G¨ottingen, Marburg und Kiel und wurde 1899 an der Univ. G¨ottingen promoviert (Musik und Musikinstrumente im Alten Testament). 1902 habilitierte er sich an der Univ. Kiel f¨ur Altes Testament und ging nach einj¨ahriger T¨atigkeit am Deutschen evangelischen Institut f¨ur Altertumswissenschaft des Heiligen Landes in Jerusalem 1907 als a. o. Prof. an die Univ. Berlin, wo er 1921 zum o. Prof. ernannt wurde. 1925-27 war er Direktor des Institutum Judaicum. G. arbeitete vorwiegend u¨ ber die Religions- und Literaturgeschichte Israels. Er verfaßte mehrere umfangreiche Werke zur alttestamentlichen Geschichte (u. a. Ursprung der israelitischj¨udischen Eschatologie, 1905; Der Messias, 1929) und gab Wilhelm → Boussets Religion des Judentums unter dem Titel Religion des Judentums im sp¨athellenistischen Zeitalter (1926) neu heraus. Die von G. gemeinsam mit Fachgelehrten herausgegebenen Sammlungen Altorientalische Bilder zum Alten Testament (1909, 21927) und Altorientalische Texte zum Alten Testament (1909, 21926, Nachdr. 1970) wurden zu Standardwerken. C Smend Greßmann, Uwe, Schriftsteller, * 1. 5. 1933 Berlin, † 30. 10. 1969 Berlin. G., uneheliches Kind eines Dienstm¨adchens, wuchs in Waisenh¨ausern und Kinderheimen auf und arbeitete als Elektroinstallateur, Monteur und Postabfertiger in Berlin. Als Autodidakt gelangte er zur Literatur, begann 1961 in Zeitschriften und Anthologien Gedichte zu ver¨offentlichen und lebte seit 1965 als freischaffender Schriftsteller. Mit seinem ersten Gedichtband Der Vogel Fr¨uhling (1966) wurde er auch u¨ ber die DDR hinaus bekannt. G. verfaßte auch Nachdichtungen aus dem Ungarischen und Russischen. C Killy Grestius, Hieronymus, evang. Theologe, Historiker, * Herford (?), † 15. 9. 1559 Esens (Ostfriesland). G., dessen Vater vermutlich Dechant in Herford war, studierte an der Univ. Wittenberg und war 1538-40 Rektor der Domschule in Osnabr¨uck sowie Erzieher beim Grafen von Rietberg. 1548 wurde er Prediger in Salzuflen, 1555 in Esens. G. war der Verfasser der Gesta Harlingiorum (1555), der einzigen u¨ berlieferten Reimchronik des o¨ stlichen Ostfriesland, die 1845 von Diedrich M¨ohlmann neu herausgege¨ ben wurde (Neuausg. und Ubersetzung von Gerhard Ohling, Die Denkw¨urdigkeiten des Hieronymus von Grest und die Harlingische Geschichte, 1960). C Ostfriesland, Bd 2 Gretener, Xaver Severin, schweizer. Jurist, * 23. 10. 1852 Dietwil, † 27. 8. 1933. G. studierte an den Universit¨aten W¨urzburg, Heidelberg, Leipzig und St. Petersburg Jura und wurde 1876 an der Univ. Heidelberg promoviert. 1883 habilitierte er sich an der Univ. Bern f¨ur Strafrecht und Strafprozeßrecht und wurde dort 1886 a. o. Prof., 1890 o. Professor. 1900 folgte er einem

Greulich Ruf an die Univ. Breslau, wo er bis zu seiner Emeritierung 1921 Prof. des Strafrechts und Strafprozeßrechts war. G. ver¨offentlichte einen Kommentar Zum Entwurf eines Milit¨ar-Strafgesetzbuchs f¨ur die Schweizer Eidgenossenschaft (1886) sowie eine Reihe von Studien zum Strafrecht und zum Strafrechtsvollzug in Rußland.

Grethe, Carlos, Maler, * 25. 9. 1864 Montevideo (Uruguay), † 24. 10. 1913 Nieuport (Belgien). G. studierte 1882-84 an der Akademie der bildenden K¨unste in Karlsruhe, besuchte die Acad´emie Julian in Paris und war 1886-90 Meistersch¨uler Ferdinand → Kellers in Karlsruhe. 1888 gr¨undete er die Karlsruher Sezession, deren Hauptf¨orderer er in der Folge war. 1890 wurde G. Prof. an der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe, 1893 Prof. an der dortigen Akademie der bildenden K¨unste. 1899 folgte er einem Ruf an die Akademie der bildenden K¨unste in Stuttgart, wo er 1905 den Verein w¨urttembergischer Kunstfreunde gr¨undete und die Einrichtung von Lehr- und Versuchswerkst¨atten anregte. Als Maler wurde G. durch sein Gem¨alde Lustige Matrosen auf einem Walfischf¨anger (1887), das 1888 in M¨unchen ausgestellt wurde, bekannt. In seinem k¨unstlerischen Schaffen thematisierte er h¨aufig das Verh¨altnis des Menschen zum Meer, das er auf zahlreichen Reisen in K¨ustenregionen in Deutschland, Großbritannien, Italien und Belgien studierte. C Biogr Jahrb, Bd 18

Grether, Hans, Ingenieur, Statiker, * 25. 4. 1880 L¨orrach, † 25. oder 26. 10. 1925 La Paz (Bolivien). G., Sohn eines wohlhabenden Landwirts, studierte an der TH Karlsruhe Maschinenbau und wurde 1908 mit der Dis¨ sertation Uber Potentialbewegung tropfbarer Fl¨ussigkeiten in gekr¨ummten Kan¨alen promoviert. Anschließend zun¨achst als Statiker, sp¨ater als Chefingenieur am Neubau der Eisenbahnbr¨ucke u¨ ber den St. Lorenz-Strom bei Quebec (Kanada) t¨atig, hielt er daneben an der Univ. Montreal Vorlesungen u¨ ber Statik und Br¨uckenbau. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs kehrte er nach Deutschland zur¨uck und arbeitete mit Fritz → Haber an der Entwicklung der Gasmaske. 1919 ging G. nach Argentinien und 1921 nach Bolivien, wo er Leiter einer Eisenbahn-Studienkommission wurde. 1925 legte er einen umfangreichen Erschließungsplan f¨ur Bolivien vor, der neben Bahnlinien auch den Straßen- und Wasserwegebau umfaßte. C Bad Bio N.F., Bd 4

Gretler, Heinrich, schweizer. Schauspieler, * 1. 10. 1897 Z¨urich, † 30. 9. 1977 Z¨urich. Zun¨achst Lehrer, nahm G. Schauspiel- und Gesangsunterricht und war 1919-26 als Schauspieler sowie Opern- und Operettens¨anger am Z¨urcher Stadttheater engagiert. 1927-33 lebte er in Berlin, wo er u. a. an Viktor → Barnowskys Deutschem K¨unstlertheater, unter Max → Reinhardt am Deutschen Theater und an Friedrich → Hollaenders Kabarett „Tingel-Tangel Theater“ auftrat. 1927 erhielt G. seine erste Filmrolle in dem Stummfilm Der geheimnisvolle Spiegel. 1933 verließ er Deutschland aus politischen Gr¨unden und lebte zun¨achst als freier Schauspieler in Z¨urich. 1938-75 war G. am Z¨urcher Schauspielhaus und anderen schweizer. Theatern engagiert und wirkte in zahlreichen schweizer., o¨ sterr. und deutschen Filmen, von 1962 an auch in Fernsehfilmen mit. G. stellte sowohl klassische als auch volkst¨umliche Rollen dar, u. a. den Wilhelm Tell und den G¨otz von Berlichingen in den Dramen → Schillers und → Goethes. C Cinegraph

Gretschel, Heinrich Friedrich, Mathematiker, * 21. 10. 1830 Prietitz bei Kamenz (Sachsen), † 2. 2. 1892 Freiberg. Der Sohn eines G¨artners studierte 1847-54 an den Polytechnika Dresden und Leipzig und wurde 1854 Lehrer am modernen Gesamtgymnasium, seit 1856 auch an der Handelsschule

in Leipzig, 1873 Prof. der h¨oheren Mathematik an der Bergakademie Freiberg. G. ver¨offentlichte mehrere Lehrb¨ucher zur Mathematik, Physik und Meteorologie (u. a. Katechismus der Physik, 1865, 31882) sowie ein Lexikon der Astronomie (1882). Seit 1865 gab er zusammen mit Gustav Wunder und Heinrich Hirzel das „Jahrbuch der Erfindungen“ heraus. Daneben besch¨aftigte sich G. mit Instrumentenkunde und verfaßte ein Lehrbuch der Geigen- & Bogenmacherkunst (1869). C Poggendorff 3

Gretscher, Philipp, Gesangsp¨adagoge, * 6. 12. 1859 Koblenz, † 17. 1. 1937 Stettin. G. studierte Pharmazie und legte 1883 an der Univ. Leipzig das Staatsexamen ab, schlug danach die musikalische Laufbahn ein und studierte in D¨usseldorf Gesang und Klavier. Von 1888 an wirkte er als S¨anger, Gesangsp¨adagoge und Chordirigent in D¨usseldorf, Eupen und Aachen. Seit 1901 lebte er in Stettin, wo er Mitinhaber einer Gesangschule war. G. komponierte zahlreiche Lieder und Ch¨ore, darunter einige sehr beliebte Frauench¨ore, und schuf Balladen, Melodramen und Unterrichtswerke. Gretser, Jakob, auch Gretscher, Johann Baptista Gallus G., Jesuit, Theologe, Dramatiker, * 27. 3. 1562 Markdorf bei Meersburg, † 29. 1. 1625 Ingolstadt. G., Sohn eines Ratsherrn und B¨urgermeisters, trat 1578 in die Gesellschaft Jesu ein, studierte 1586-88 an der Univ. Ingolstadt und wurde Magister der Philosophie. 1589 empfing ¨ er die Priesterweihe. Seit der Ubernahme der Philosophischen Fakult¨at der Univ. Ingolstadt durch die Jesuiten 1588 lehrte G. dort als Prof. der Philosophie, der scholastischen Theologie (1592-1605) und der Moraltheologie (1609-16). 1605-09 und seit 1616 war er von seiner Lehrt¨atigkeit freigestellt, um als kontroverstheologischer Schriftsteller die Gegenreformation zu bef¨ordern. G., der auch als Dramatiker, Gr¨azist und Historiker t¨atig war, verfaßte mehr als 300 Werke, von denen seine an Jesuitenb¨uhnen aufgef¨uhrten Legenden- und Bekehrungsdramen die gr¨oßte Bedeutung erlangten. Als sein Hauptwerk gilt Dialogus Udonis Archiepiscopi Magdeburgensis, das in zwei handschriftlichen Fassungen (1587 und 1598) u¨ berliefert ist. C Killy

Greul, Johannes Menanus Ostrofrancus, Humanist, * um 1470 Egenhausen bei Schweinfurt, † um 1532 Ottakring (heute zu Wien). G. besuchte die Lateinschule in Schweinfurt, studierte seit 1487 an der Artistenfakult¨at in Leipzig und seit 1492 an der Theologischen Fakult¨at in Wien. 1501-29 war er Pfarrer von Ottakring in der N¨ahe Wiens. Er schloß Freundschaft mit den Humanisten Konrad → Celtis und Johannes → Cuspinianus und war 1503-06 Mitglied des von Celtis begr¨undeten „Collegium poetarum et mathematicorum“. G.s bedeutendstes Werk ist die Historia divi Kiliani (1526), die in 786 lateinischen Hexametern die christliche Legende des Frankenapostels → Kilian in ein antikes Heldenepos umwandelt. C Fr¨ank Leb, Bd 19

Greulich, Emil Rudolf, Pseud. Erge, Schriftsteller, * 6. 10. 1909 Berlin, † 31. 8. 2005. Der Sohn eines Schriftgießers erlernte 1924-28 den Beruf des Schriftsetzers und arbeitete nach der Wanderschaft bei der Berliner Reichsdruckerei. Fr¨uh in der proletarischen Jugendbewegung engagiert, trat G. 1929 der KPD bei, wurde Polit- und Agitpropleiter und war als Setzer bei der „Roten Fahne“ t¨atig. Nach weiteren Wanderungen durch Europa arbeitete er seit 1933 im Untergrund, wurde 1939 von der Gestapo verhaftet, 1942 in die Strafdivision 999 eingezogen und geriet 1943 in Tunesien in amerikanische Kriegsgefangenschaft. 1946 kehrte G. nach Berlin zur¨uck, wurde Korrektor, sp¨ater Redakteur beim Dietz-Verlag und geh¨orte zu den Begr¨undern des Deutschen Schriftstellerverbandes

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Greulich und des Verbandes der Deutschen Presse in der DDR. 1948 u¨ bernahm er die Leitung des Kabaretts „Frischer Wind“, seit 1949 war er als freischaffender Schriftsteller t¨atig. G. verfaßte neben Kabarett- und Feuilletontexten autobiographische Berichte wie Zum Heldentod begnadigt (1949) und Des Kaisers Waisenknabe (1987), sozialistische Abenteuerromane (u. a. Das geheime Tagebuch, 1951) und Romane u¨ ber Kommunisten in der Jugendbewegung. C Killy

Greulich, Hermann, schweizer. Politiker, * 9. 4. 1842 Breslau, † 8. 11. 1925 Z¨urich. Aus bescheidenen Verh¨altnissen stammend, erlernte G. das Buchbinderhandwerk, ging 1862 auf Wanderschaft, arbeitete 1865 in Reutlingen und kehrte im selben Jahr nach Z¨urich zur¨uck. 1867 trat er in die Internationale ArbeiterAssociation ein und wurde Leiter der Z¨urcher Sektion. Die von G. gegr¨undete Gewerkschaft und eine von ihm ins Leben gerufene erste sozialdemokratische Partei (1870) hatten keinen Bestand. 1869-80 war er Redakteur von deren Organ „Die Tagwacht“. Seit 1873 f¨ur den Schweizerischen Arbeiterbund t¨atig, trat G. nach dessen Aufl¨osung 1880 eine Stelle im Statistischen Amt des Kantons Z¨urich an und wurde 1885 dessen Vorsteher. 1887 u¨ bernahm er das Amt des schweizer. Arbeitersekret¨ars, das er bis zu seinem Tod innehatte. 1888 war er Mitgr¨under der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz, 1892-1925 Mitglied des Z¨urcher Stadtparlaments, 1901-25 des Kantonsrats und seit 1902 des Nationalrats, wo er die sozialdemokratische Fraktion anf¨uhrte. G. gilt als Pionier der Gewerkschaftsbewegung und der Sozialdemokratie in der Schweiz. Er bek¨ampfte extremistische und revolution¨are Str¨omungen in der schweizer. Arbeiterbewegung und wandte sich mit seiner Schrift Das bolschewistische Regime (1917) gegen die Dritte Internationale. C NDB Greuner, Fritz R., Politiker, Publizist, * 4. 1. 1903 Chemnitz, † 16. 5. 1990 Berlin. G., Sohn eines Angestellten, machte eine Ausbildung als F¨arbereitechniker und besuchte anschließend die F¨arbereischule an der Akademie f¨ur Technik in Dresden. 1925-33 geh¨orte er der Deutschen Demokratischen Partei / Deutschen Staatspartei, dem Reichsbanner und dem Republikanischen Reichsbund an. 1932-41 arbeitete er als Sportlehrer in Chemnitz und war daneben freiberuflich als Journalist t¨atig. Nach Kriegsdienst und sowjetischer Gefangenschaft trat er 1949 der Liberaldemokratischen Partei Deutschlands bei, war bis 1952 Sekret¨ar des Kreisverbandes Chemnitz, Mitglied des Landesvorstandes Sachsen und 1952-55 Sekret¨ar des Bezirkes Chemnitz, daneben 1950-57 Stadtverordneter in Chemnitz. 1950-52 geh¨orte G. dem S¨achsischen Landtag und 1954-63 der Volkskammer an. Nach einem Fernstudium in Journalistik (seit 1954) leitete er 1956-61 als Chefredakteur das „S¨achsische Tageblatt“ in Dresden, anschließend war er bis 1968 Direktor des Buchverlags Der Morgen in Berlin. C SBZ / DDR

Greussing, Paul, o¨ sterr. Schriftsteller, * 28. 12. 1859 Innsbruck, † 7. 4. 1916 Innsbruck. G. studierte an der Univ. Innsbruck Philosophie und trat, ohne sein Studium abgeschlossen zu haben, in den Staatsdienst ein. Zun¨achst Steuerbeamter in Kufstein, lebte er seit 1889 als Landwirt im Stubaital und von 1901 an als Schriftsteller in Innsbruck. G. schuf vor allem lyrische Werke, gab mehrere Gedichtsammlungen heraus (u. a. Morgenlicht und Abendglanz, 1901) und verfaßte Dramen sowie volkskundliche Schriften u¨ ber das Tiroler Volksleben. Greuter, Bernhard, schweizer. Unternehmer, * 20. 2. 1745 Ulisbach bei Wattwil (Kt. St. Gallen), † 11. 9. 1822 Islikon (Kt. Thurgau). Zun¨achst Hauslehrer, ging G. sp¨ater bei mehreren Kattundruckereien in die Lehre. 1767 gr¨undete er in Kefikon eine

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¨ kleine Blauf¨arberei und Druckerei, die er nach der Ubersiedlung nach Islikon zu einem bedeutenden Produktionsund Handelsunternehmen ausbaute. 1796 schloß G. seinen Betrieb mit dem Handelshaus Gebr¨uder Rieter in Winterthur zusammen. 1805 erreichtete er ein Filialunternehmen in Frauenfeld und beteiligte sich im selben Jahr an der Gr¨undung der Firma Ziegler & Greuter in Guebwiller, das eines der erfolgreichsten Unternehmen der Fr¨uhzeit der schweizer. Industrialisierung war. In sp¨ateren Jahren u¨ bertrug G., der 1798 zum Vertreter des Kantons Thurgau im Großen Rat gew¨ahlt wurde, die Firmengesch¨afte in zunehmendem Maße seinen S¨ohnen und widmete sich fast ausschließlich der Landwirtschaft. C ADB ¨ auch Greither, Greitherer, Kreitter, Greuter, Elias d. A., Kreuter, Maler, * um 1569 / 70, † 9. (11. ?) 11. 1646 Weilheim. G., der vermutlich ein Sch¨uler von Christoph → Schwarz war, erwarb 1591 in Weilheim das B¨urgerrecht und war Anfang des 17. Jh. dort und in der kl¨osterlichen Umgebung der angesehenste Maler. Bedeutung erlangte er insbesondere dadurch, daß er als erster in der fr¨uhbarocken kirchlichen Kunst Bayerns großformatige Deckenfresken ausf¨uhrte. 1614-16 wirkte G. an der Ausgestaltung der M¨unchner Residenz mit. Als sein bedeutendstes Werk gilt der Hochaltar in der Kirche in Beuerberg. G. war der Vater von Johann und Elias → G. d. J. C Th-B

Greuter, Elias d. J., auch Greither, Kreitter, Kreuter, Maler, * um 1595 Weilheim, † 1641 / 42. ¨ und Bruder Johann → G.s, erG., Sohn Elias → G.s d. A. warb 1619 den Meisterbrief. 1623 wird er als Hausbesitzer in Weilheim erw¨ahnt; G. arbeitete aber auch in M¨unchen und im Eschtal. Mit Sicherheit k¨onnen ihm zwei Bilder aus der Andechser Klosterkirche zugewiesen werden, die Taufe Christi und der Heilige Michael. Von G., dem bedeutendsten K¨unstler seiner Familie, stammt zudem das Bild eines Altars in der Kirche in Unterhausen bei Weilheim. Greuter, Johann, auch Greither, Kreitter, Kreuter, Maler, † 12. 3. 1641 Weilheim. Der Bruder Elias → G.s d. J. wird 1607 zum ersten Mal erw¨ahnt. 1613 erwarb er das B¨urgerrecht in Weilheim; 1619 wurde er Zunftmeister. G. schuf vor allem Fresken, haupts¨achlich in Zusammenarbeit mit seinem Vater Elias ¨ dessen Einfluß in den einzig erhaltenen Fresken → G. d. A., G.s an der Decke des Hauptschiffes der Weilheimer Pfarrkirche (um 1628), die „Sieg des Glaubens“ zum Thema haben, deutlich wird. Das Gem¨alde Allegorie des Glaubens im Schleißheimer Schloß d¨urfte aus der Fr¨uhzeit von G. stammen. Greuter, Josef, o¨ sterr. kath. Theologe, Politiker, * 1. 10. 1817 Tarrenz (Tirol), † 21. 6. 1888 Innsbruck. G. studierte in Brixen Theologie, wurde 1842 zum Priester geweiht und war anschließend in mehreren Tiroler Gemeinden seelsorgerisch t¨atig. 1850 wurde er Gymnasiallehrer in Innsbruck, wo er auch landesgeschichtliche Studien betrieb. Seit 1861 Pr¨asident des kath. Volksvereins, wurde G. 1867 als Abgeordneter in den Tiroler Landtag und den o¨ sterr. Reichstag gew¨ahlt. Als Gegner der Liberalen bek¨ampfte er die Aufhebung des Konkordats und das Reichsvolksschulgesetz von 1869, das das gesamte Unterrichts- und Schulwesen der staatlichen Leitung und Aufsicht unterstellte. G. war Ehrenb¨urger von mehr als 300 Tiroler Gemeinden. Greve, Bernhard Anton, Veterin¨armediziner, * 20. 10. 1785 Cloppenburg, † 21. 1. 1828 Oldenburg. G., der zun¨achst eine Apothekerlehre absolviert und mehrere Jahre als Apothekergehilfe gearbeitet hatte, studierte

Greve 1810 / 11 Veterin¨armedizin an der Tierarzneischule in Hannover und ließ sich als Tierarzt in Cloppenburg nieder. W¨ahrend der franz¨osischen Besetzung des Herzogtums Oldenburg Departements-Tierarzt in Osnabr¨uck, wurde er 1816 herzoglicher Marstallarzt in Oldenburg. Im selben Jahr richtete G. dort eine Privatlehranstalt zur Ausbildung von Tier¨arzten ein. 1827 wurde er Obertierarzt und Mitglied des Collegium Medicum, der obersten Medizinalbeh¨orde des Herzogtums. G. pr¨agte durch seine Mitwirkung bei der Organisation des tiermedizinischen Ausbildungs- und Berufswesens und durch seine Leistungen auf den Gebieten der Tierzucht und der Seuchenbek¨ampfung maßgeblich die Entwicklung des staatlichen Veterin¨arwesens im Herzogtum Oldenburg. Er ver¨offentlichte u. a. Kurzgefaßte Naturgeschichte sch¨adlicher Insekten (1810) und Erfahrungen und Beobachtungen u¨ ber die Krankheiten der Haustiere im Vergleich mit den Krankheiten der Menschen (2 Bde., 1818-21). G. war der Vater von Eduard Wilhelm Johann → G. C Oldenburg

Greve, Eduard Wilhelm Johann, Veterin¨armediziner, * 26. 11. 1819 Oldenburg, † 15. 2. 1913 Oldenburg. Der Sohn Bernhard Anton → G.s absolvierte eine Apothekerlehre, studierte 1840-42 Veterin¨armedizin an der Tierarzneischule in Berlin und wurde 1847 an der Univ. Gießen promoviert. Seit 1844 als Tierarzt t¨atig, wurde er 1859 Obertierarzt in Oldenburg und 1863 in das Collegium Medicum berufen. G. reorganisierte das staatliche Veterin¨arwesen im Herzogtum Oldenburg und paßte es an den neuesten Stand der Wissenschaft an. Zusammen mit Carl Friedrich Wiepken verfaßte er ein Systematisches Verzeichnis der Wirbeltiere im Herzogtum Oldenburg (1876, 21878) und die Studie Die Wirbeltiere des Herzogtums Oldenburg analytisch bearbeitet (1878, beide mit C. F. Wiepken). 1892 wurde G. der Titel Landesobertierarzt verliehen. C Oldenburg Greve, Franz, S¨anger, * 5. 9. 1844 M¨unster, † 12. 5. 1892 Hamburg. G., der zun¨achst Bankbeamter in M¨unchen war, erhielt eine Gesangsausbildung und war seit 1882 nacheinander an den Stadttheatern in Z¨urich, Mainz, Basel und Bremen verpflichtet. Von 1888 bis zu seinem Tod wirkte er an der Hamburger Oper und feierte u. a. in den Rollen des Nelusco in Giacomo → Meyerbeers L’Africaine, des Pizarro in → Beethovens Fidelio, des Grafen Luna in Verdis Troubadour und des Wotan in Richard → Wagners Ring des Nibelungen Erfolge. G. war mit der Sopranistin Katharina → Klafsky verheiratet. C Kutsch

Greve, Hans Christian, Zahnarzt, * 25. 3. 1870 Apenrade, † 13. 4. 1955 M¨unchen. G., Sohn eines Lehrers, studierte 1889-94 Zahnmedizin in Berlin und M¨unchen, wurde 1894 in Erlangen zum Dr. phil. promoviert und leistete anschließend Milit¨ardienst. Seit 1896 praktizierte er zun¨achst in L¨ubeck, seit 1899 in Magdeburg und seit 1904 in M¨unchen, wo er 1910 zum Hofzahnarzt ernannt wurde. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs wirkte G. als Zahnarzt in einem Lazarett. 1920 in W¨urzburg zum Dr. med. dent. promoviert und in Erlangen zum a. o. Prof. ernannt, u¨ bernahm er die Leitung der konservierenden Abteilung der Universit¨ats-Zahnklinik. Nach seiner Pensionierung 1936 praktizierte G. in M¨unchen als Zahnarzt. Er besch¨aftigte sich vor allem mit Karies- und Parodontoseforschung und der Geschichte der Zahnmedizin und ver¨offentlichte u. a. ein Diagnostisch-therapeutisches Taschenbuch f¨ur Zahn¨arzte (1897, 121953), Aphorismen zur Kulturgeschichte der Zahnheilkunde und des zahn¨arztlichen Standes (1930), Zahn¨arztlich-klinisches W¨orterbuch (1940, 21949) und Die

Zahnkaries. In geschichtlicher, anatomisch-biologischer, anthropologisch-soziologischer, allgemein-pathologischer ¨ 2, 3 C Arzte und hygienischer Hinsicht (1949).

Greve, Hedwig, Malerin, * 29. 3. 1850 Osnabr¨uck, † 10. 8. 1925 Weilheim (Oberbayern). G. besuchte die Akademien der bildenden K¨unste in D¨usseldorf und M¨unchen und war Sch¨ulerin von Gustav S¨uß und Alexander von → Liezen-Mayer. Nach ihrer Ausbildung arbeitete sie als Portr¨at- und Genremalerin und war mit ihren Bildern, darunter Portr¨ats Kaiser → Wilhelms I. und seines Justizministers Heinrich von → Friedberg, bis 1890 h¨aufig auf Ausstellungen vertreten. Gr¨oßere Bedeutung erlangten ihr Frauenportr¨at sowie die Gem¨alde Andacht und Alte Frau. C Schmidt-Liebich

Gr`eve, Leopold, Schauspieler, * 24. 3. 1837 Berlin, † 5. 12. 1890 Hamburg. G. begann seine B¨uhnenlaufbahn an den Kgl. Schauspielen in Berlin und kam nach Engagements in K¨onigsberg, Breslau, Magdeburg und K¨oln 1868 an das Theater an der Wien. 1873 von Heinrich → Laube f¨ur das Stadttheater von Wien gewonnen, war er 1880-83 wieder im Theater an der Wien und zuletzt bis 1890 am Stadttheater von Hamburg engagiert. G. trat zun¨achst vor allem als Lebemann, sp¨ater haupts¨achlich als Charakterdarsteller und Heldenvater auf. Zu seinen Hauptrollen z¨ahlten Odoardo Galotti in → Lessings Emilia Galotti und der Richter von Zalamea im gleichnamigen Schauspiel von Pedro Calder´on de la Barca.

Greve, Ludwig, auch H(einz) L., Lu(t)z, Dichter, Bibliothekar, * 23. 9. 1924 Berlin, † 12. 7. 1991 Amrum. G. stammte aus einer b¨urgerlichen j¨udischen Familie, der seit 1933 Lebensbedingungen und -wege „verordnet“ wurden. In seiner erst sp¨at begonnenen und unvollendet hinterlassenen „Geschichte einer Jugend“ Wo geh¨orte ich hin? (1994) hat er mit inst¨andiger Beil¨aufigkeit davon erz¨ahlt. Stationen der Flucht in Frankreich und Italien – nach der Haft des Vaters in Sachsenhausen 1938, der verweigerten Einreise nach Kuba und der spektakul¨aren R¨uckfahrt auf der „St. Louis“ 1939 – waren j¨udische Kinderheime, der Maquis, Zwangsaufenthalte und Verstecke, zuletzt in einem Piemonteser Bergdorf. Von dort sind im Februar 1944 Vater und Schwester deportiert worden (und nie zur¨uckgekehrt); G. hat sich und die Mutter in die Obhut italienischer Geistlicher nach Lucca retten k¨onnen. (Davon berichtet das Prosast¨uck Ein Freund in Lucca, 1975.) 1945 nach Pal¨astina ausgewandert, kehrte G. 1950 nach Deutschland zur¨uck, arbeitete erst f¨ur die Qu¨aker, dann 1951 / 52 als Dolmetscher in Rom und wurde von HAP → Grieshaber schon als „Dichter“ in der Kunstschule auf dem Bernstein bei Sulz / Neckar willkommen geheißen (bis 1955, zusammen mit den Freunden aus Haifa, Max und Margot → F¨urst). Fortan lebte er in Stuttgart, verheiratet mit Katharina Maillard (seit 1952). 1957 wurde er Mitarbeiter des Deutschen Literaturarchivs in Marbach; dort hat er von 1968 bis 1988 die Bibliothek geleitet. Diese Position erlaubte ihm, unabh¨angig vom Literaturbetrieb, ermutigt durch Ludwig von → Ficker, Werner → Kraft, Wilhelm → Lehmann, in sparsamer Folge „wie f¨ur Freunde“ geschriebene Gedichte aus dem Itinerar zu ver¨offentlichen (im Sammelband Hommage a` Werkman, 1958; Gedichte, 1961). Sie trugen ihm 1958 das VillaMassimo-Stipendium ein. Das schmale Werk befremdete die Zeitgenossen zuerst: durch den in Ton und Rhythmus hochgespannten Anspruch, durch dringliche Anreden in einer der

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Greve „Phrase“ (K. → Kraus) entwundenen „Sprache der Sterblichkeit“ f¨ur Nahes (Juni in der Stadt, Schw¨abische Alb) und N¨achstes (Fremde Tochter), schließlich durch die von R. → Borchardt angeregte Wahl des Odenmaßes (wie in der Ode Mein Vater, erstmals 1966 in der „Neuen Z¨urcher Zeitung“). Die Sammlungen Bei Tag (1974) und Playback (Privatdruck 1984, mit der Freiburger Rede von 1979 Warum schreibe ich anders?) erreichten einen stetig erweiterten Kreis von Lesern und Kritikern. Seine letzte strenge Auswahl Sie lacht und andere Gedichte (1991) machte dann ein gr¨oßeres Publikum auf den j¨ah in der Nordsee aus Leben und Arbeit gerissenen (und in Stuttgart begrabenen) Dichter aufmerksam. 1992 wurde ihm postum der Peter-Huchel-Preis zuerkannt. WEITERE WERKE: Gedichte. [M¨unchen] 1964 (Handpressendrucke von Josua Reichert). – Marbacher Kataloge: Expressionismus (mit P. Raabe). 1960; Jugend in Wien (mit W. Volke). 1974; H¨atte ich das Kino. 1976; Das 20. Jahrhundert (mit J. Meyer). 1980; Gottfried Benn. 1986. – Marbacher Magazin 29: Malgr´e tout. Grieshaber mit seinen Freunden. 1984. – Ein Besuch in der Villa Sardi. Portr¨ats, Gedenkbl¨atter, Reden. Warmbronn 2001. – Die Gedichte. Hrsg. v. Reinhard Tgahrt in Zusammenarbeit mit Waltraud Pf¨afflin. Mit einem Nachwort von Harald Hartung. G¨ottingen 2006. LITERATUR: Abschied von L. G. Marbach / Neckar 1991. – Jutta Salchow: L. G. Bibliographie 1952-1993. Marbach / Neckar 1994. – Peter-Huchel-Preis 1992. L. G. Texte, Dokumente, Materialien (mit Bibliographie). Baden-Baden 1995. – Uwe P¨orksen: Ein Januartag im Gebirge. L. G. antwortet Paul Celan. Mainz 2006. Reinhard Tgahrt

Greve, Otto-Heinrich, Politiker, * 30. 1. 1908 Rostock, † 11. 6. 1968 Ascona. G. studierte an mehreren Universit¨aten Rechts- und Staatswissenschaften und wurde 1935 in Rostock promoviert. Vor 1933 war er Mitglied des Reichsvorstandes der Deutschen Jungdemokraten und des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. Seit 1936 im Justizdienst t¨atig, wurde G. 1938 aus politischen Gr¨unden entlassen und arbeitete danach in verschiedenen Industrieunternehmen. Nach 1945 wirkte er an der Neugr¨undung der Deutschen Demokratischen Partei mit und wurde Landrat in Greiz (Sachsen). Von 1946 an lebte er in Hannover und war als Rechtsanwalt, seit 1948 auch als Notar t¨atig. 1948 trat G. in die SPD ein, geh¨orte 1947-51 dem Nieders¨achsischem Landtag, 1948 / 49 dem Parlamentarischen Rat an und war 1949-61 Mitglied des Deutschen Bundestags. C MdB

Greve-Lindau, Georg Wilhelm, Maler, Radierer, * 1. 5. 1876 Lindau / Harz, † 16. 7. 1963 Duderstadt. G.-L. studierte an den Akademien der bildenden K¨unste in M¨unchen, Karlsruhe und Stuttgart u. a. bei Ludwig → Schmid-Reutte und Leopold von → Kalckreuth und unternahm nach Abschluß des Studiums Studienreisen nach Paris, nach Spanien, in die Niederlande und nach Florenz (1912 / 13), wo ihm der Villa-Romana-Preis verliehen wurde. Nach seiner R¨uckkehr lebte er in verschiedenen deutschen St¨adten, zuletzt in Hamburg. G.-L.s Werke, haupts¨achlich Portr¨ats, Landschafts- und Genrebilder sowie Radierungen, waren seit 1904 auf fast allen gr¨oßeren Ausstellungen vertreten. Zu seinen Werken z¨ahlen das Gem¨alde Badende und die Kohlezeichnung Frauen beim Lampenlicht. Greven, Anton, Verleger, * 16. 3. 1793 K¨oln, † 9. 3. 1870 K¨oln. Der Sohn eines Beamten trat 1807 in den Dienst der franz¨osischen K¨olner Regierung und wurde 1815 als Leiter des Paßund Fremdenwesens in den preuß. Staatsdienst u¨ bernommen. Vermutlich seit 1828 verlegte er das t¨aglich erscheinende „Fremdenblatt der Stadt K¨oln“, aus dem sp¨ater die Zeitung „K¨olnischer Anzeiger und Rheinisches Handelsblatt“ her-

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vorging. Von 1831 an gab G. Greven’s K¨olner Adreßbuch heraus und begr¨undete so den gleichnamigen Verlag, der sp¨ater von seinen S¨ohnen weitergef¨uhrt wurde. C LGB

Greven, Anton, Maler, * 1810 K¨oln, † 18. 12. 1838 K¨oln. G. studierte an den Akademien der bildenden K¨unste in D¨usseldorf und M¨unchen. Aus Gesundheitsgr¨unden mußte er seine k¨unstlerische Ausbildung fr¨uhzeitig abbrechen und in seine Heimatstadt K¨oln zur¨uckkehren, wo er in jungen Jahren starb. G. wurde durch sein Genrebild Ein spanischer Ritter mit seiner Liebsten, das 1836 in der D¨usseldorfer Kunstausstellung pr¨asentiert wurde, einem gr¨oßeren Publikum bekannt. Von ihm stammen ferner die Lithographie Der Brautwerber und das unvollendet gebliebene Bild Die zechenden Klosterbr¨uder.

Grevenberg, Julius, Schauspieler, Theaterdirektor, * 1. 2. 1853 Stettin, † 10. 11. 1927 Graz. Der einer K¨olner K¨unstlerfamilie entstammende G. studierte an den Technischen Hochschulen Karlsruhe, M¨unchen und Berlin Mathematik, schlug 1881 die k¨unstlerische Laufbahn ein und wurde Schauspieler in Stralsund. Im folgenden f¨uhrten ihn wechselnde Engagements an zahlreiche ¨ B¨uhnen in Deutschland und Osterreich-Ungarn, u. a. nach K¨onigsberg (1882), Hamburg (1895), Graz (1897-99), Leipzig (1901 / 02) und Berlin (1903-08). G. spielte vornehmlich Helden- und Liebhaberrollen, u. a. die Titelrollen in → Schillers Verschw¨orung des Fiesko zu Genua und in Heinrich → Laubes Graf Essex sowie den Johann Vokerat in Gerhart → Hauptmanns Drama Einsame Menschen. 1911-21 hatte G. die Leitung der Vereinigten St¨adtischen B¨uhnen in Graz inne.

Greverus, Johann Ernst, Beamter, * 24. 10. 1807 Oldenburg, † 19. 5. 1871 Eutin. G., Sohn eines Auktionsverwalters, studierte 1826-29 Jura an den Universit¨aten G¨ottingen und Heidelberg und trat 1831 in den oldenburgischen Staatsdienst ein. 1839 wurde er Amtmann in Birkenfeld, 1846 in Oldenburg. Als Mitglied der vom Großherzog eingesetzten Verfassungskommission und als Abgeordneter des konstituierenden Landtags wirkte G. 1848 / 49 maßgeblich am Entwurf und Zustandekommen der Verfassung des Großherzogtums Oldenburg mit. Seit 1853 Amtmann in Schwartau, geh¨orte er 1860-66 dem oldenburgischen Landtag an. 1871 wurde er Regierungsdirektor und Vorsitzender der Regierung des F¨urstentums L¨ubeck. C Oldenburg

Greverus, Johann Paul Ernst, Pseud. Ernst Greif, P¨adagoge, Schriftsteller, * 12. 8. 1789 Str¨uckhausen bei Oldenburg, † 15. 8. 1859 Oldenburg. Der Sohn eines Pastors studierte an den Universit¨aten Jena und G¨ottingen Theologie und Philosophie und war 1811-15 Lehrer in Hannoversch M¨unden und Bremen. 1819 u¨ bernahm er die Leitung des Gymnasiums in Lemgo und wurde 1827 Rektor des Gymnasiums in Oldenburg, wo er bis zu seiner Pensionierung 1854 wirkte. G. entwickelte in seiner Amtszeit das humanistische Gymnasium in Oldenburg und strukturierte das F¨acherangebot durch die Einf¨uhrung eines festen Kanons an Pflichtf¨achern. Er ver¨offentlichte Aufs¨atze, vorwiegend u¨ ber die Behandlung klassischer Autoren in der Schule, ferner Ideen zu einer Revision des gesamten Schulwesens (1836) und Reiselust in Ideen und Bildern aus Italien und Griechenland (2 Tle., 1839 / 40). C Oldenburg

Greving, (Karl Maria Nikolaus) Joseph, kath. Theologe, * 24. 12. 1868 Aachen, † 6. 5. 1919 Bonn. G., Sohn eines Volksschullehrers, studierte an den Universit¨aten Bonn und M¨unchen Theologie und wurde 1893 in M¨unchen promoviert. Seit 1894 in Essen und K¨oln seelsorgerisch t¨atig, habilitierte er sich 1899 an der Univ. Bonn

Greyerz f¨ur Kirchengeschichte und wurde 1909 als o. Prof. der Kirchengeschichte an die Univ. M¨unster berufen. 1917 folgte er einem Ruf an die Univ. Bonn. G. arbeitete haupts¨achlich zur Reformationsgeschichte. Die von ihm geplante umfassende Biographie Johannes → Ecks blieb unvollst¨andig (Johann Eck als junger Gelehrter, 1906; Johann Ecks Pfarrbuch, 1908). Bekannt wurde G. vor allem als Herausgeber der Reihe „Reformationsgeschichtliche Studien und Texte“ (seit 1906) und als Begr¨under des „Corpus Catholicorum. Werke katholischer Schriftsteller im Zeitalter der Glaubensspaltung“ (seit 1919). C NDB

Grevsmuhl, ¨ Carl, Beamter, Politiker, Gewerkschafter, * 19. 1. 1878 Eutin, † 7. 3. 1934 Hamburg. G. wurde 1896 vom Lehrerseminar in Greiz (Th¨uringen) relegiert und trat im folgenden Jahr als Hilfsschreiber in den ¨ hamburgischen Staatsdienst ein. Uber die Position des Justizsekret¨ars stieg er bis zum Regierungsrat in der Abteilung Handel, Schiffahrt und Gewerbe (seit 1928) auf. Seit 1907 Mitglied des Bureaubeamtenvereins, wurde G. 1924 / 25 Vorsitzender des von ihm mitbegr¨undeten und 1918 erstmals zusammengetretenen Beamtenrats und des Hamburger Deutschen Beamtenbundes. 1913 wurde G. u¨ ber die Fraktion der Rechten in die Hamburger B¨urgerschaft gew¨ahlt und geh¨orte ihr bis 1931 als Vertreter der Deutschen Volkspartei, 1928-31 als Vizepr¨asident und 1932 / 33 als Abgeordneter der Deutschen Staatspartei an. 1918 war er Mitgr¨under der Deutschen Volkspartei in Hamburg. 1926 rief er die Hamburgische Verwaltungsakademie ins Leben. 1933 mußte G. die Leitung des Hamburger Deutschen Beamtenbundes aufgeben und wurde zwangsweise pensioniert. C Hamburg Biogr, Bd 2 Grewe, Wilhelm G., Jurist, Diplomat, * 16. 10. 1911 Hamburg, † 11. 1. 2000 Bonn. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Berlin, Freiburg, Frankfurt / Main und Hamburg; 1936 wurde er in Hamburg mit der Dissertation Gnade und Recht promoviert. 1941 habilitierte er sich an der Univ. K¨onigsberg mit einer Arbeit u¨ ber die Geschichte des V¨olkerrechts, war 1941 Dozent f¨ur o¨ ffentliches Recht und V¨olkerrecht an der Univ. Berlin und vertrat 1945-47 eine Professur an der Univ. G¨ottingen. Seit 1947 Ordinarius f¨ur V¨olkerrecht und Staatsrecht an der Univ. Freiburg / Breisgau, besch¨aftigte er sich vor allem mit aktuellen v¨olkerrechtlichen und staatsrechtlichen Fragen (Die Satzung der Vereinten Nationen, Antinomien des F¨oderalismus, Ein Besatzungsstatut f¨ur Deutschland, alle 1948). 1951 u¨ bernahm er unter dem damaligen Staatssekret¨ar im Ausw¨artigen Amt, Walter → Hallstein, die Leitung der deutschen Delegation f¨ur die Abl¨osung des Besatzungsstatus und 1953 die Leitung der Rechtsabteilung des Ausw¨artigen Amtes. 1955 wurde G. zum Ministerialdirektor im Ausw¨artigen Amt und zugleich zum Leiter der Politischen Abteilung ernannt. Er besch¨aftigte sich mit Fragen der Beziehung zwischen den westlichen und o¨ stlichen Staaten und arbeitete an der sog. Hallstein-Doktrin mit. 1958 wurde G. Botschafter in Washington, 1962 bei der NATO und 1971 in Japan. Er war Mitherausgeber der Zeitschrift „Außenpolitik“ und der „Zeitschrift f¨ur die gesamte Staatswissenschaft“. G.s rechtsgeschichtliches Hauptwerk ist das Buch Epochen des V¨olkerrechts (1984, 21988). Seine Erinnerungen erschienen unter dem Titel R¨uckblenden 1976-1951. Aufzeichnungen eines Augenzeugen deutscher Außenpolitik von Adenauer bis Schmidt (1979).

Grewenig, Hanns, Ingenieur, Unternehmer, * 30. 9. 1891 Straßburg, † 6. 4. 1961. Nach Besuch der Oberrealschule in Frankfurt / Main absolvierte G. zwei Jahre lang Praktika in verschiedenen Maschinenfabriken, trat 1911 in die Deutsche Marine ein, legte

1917 das Examen zum Diplom-Marineingenieur ab und war im Ersten Weltkrieg leitender Ingenieur auf einem U-Boot. Nach dem Krieg in der Automobilindustrie t¨atig, war G. seit 1928 bei General Motors in Berlin angestellt, leitete dort den Kundendienst, wurde dann Verkaufsleiter im Wagenverkauf f¨ur Bayern, W¨urttemberg, Baden und Hessen, war Fabrikdirektor der Opel-Lastwagenfabrik in Brandenburg und wurde 1938 Betriebsf¨uhrer der Adam Opel AG in R¨usselsheim. 1941-47 hatte er die Leitung der Vomag in Plauen inne, geh¨orte 1948-57 zum Vorstand der Bayerischen Motorenwerke AG, verantwortlich f¨ur den kaufm¨annischen Bereich, war 1948-55 zugleich Gesch¨aftsf¨uhrer der BMW Verwaltungs GmbH und wurde 1951 Mitglied des Beirats der BMW Maschinenfabrik Spandau GmbH. G. kam bei einem Autounfall ums Leben.

Grey-Stipek, Valerie (Karoline), geb. L¨ovez, o¨ sterr. Schauspielerin, Theaterdirektorin, * 10. 2. 1845 Pest (heute zu Budapest), † 20. 2. 1934 Wien. G.-S. deb¨utierte als Schauspielerin am Budapester Stadttheater und trat sp¨ater bei Gastspielen in Deutschland und am Deutschen Theater in St. Petersburg auf, wo sie große Erfolge feierte. 1880 gr¨undete sie in Wien das GreyTheater, das auch als Ausbildungsst¨atte f¨ur junge Schauspieler diente. G.-S. war die erste, die sich mit der Atemtechnik besch¨aftigte und sie in den Schauspielunterricht integrierte. Zu ihren Sch¨ulern z¨ahlten Josef → Kainz, aber auch der Politiker Karl → Lueger, der sich von G.-S. rhetorisch schulen ließ. Mit dem Drama Der Schlierach-Lois (1906) wurde sie auch als Schriftstellerin bekannt.

Greyerz, Gottlieb von, schweizer. Forstbeamter, * 29. 3. 1778 Stefiisburg (Kt. Bern), † 16. 5. 1855 Bern. Nach Studien an den Universit¨aten Heidelberg und G¨ottingen trat G., Sohn eines Pfarrers, 1804 als Oberf¨orster in G¨unzburg in den bayerischen Staatsdienst ein. 1810 wurde er Forstinspektor in Augsburg, 1829 in Bayreuth. Nach seiner Pensionierung 1842 kehrte G. nach Bern zur¨uck, wo er die Leitung und Pflege der Alleepflanzungen im Berner Umland sowie am Brienzer und Thuner See u¨ bernahm. G. ver¨offentlichte zahlreiche Artikel in der „Allgemeinen Forstund Jagdzeitung“ (1825 ff.), in denen er f¨ur einen rationellen Waldbau eintrat. C HLS

Greyerz, Hans Karl Walter von, schweizer. evang. Theologe, * 7. 2. 1870 Bern, † 22. 9. 1949 Bern. G., Sohn eines Pfarrers, studierte Theologie in Basel, Jena und Bern und wurde 1892 ordiniert. Seit 1894 war er Pfarrer in B¨urglen bei Biel, 1902-12 in Winterthur, 1912-18 in Kandergrund-Kandersteg und 1918-35 an der Johanneskirchgemeinde in Bern. G., der sich in Winterthur dem Sozialismus zuwandte, trat f¨ur ein soziales Christentum, Antimilitarismus, Zivildienst und Abr¨ustung ein und gr¨undete 1938 den Kirchlichen Friedensbund der Schweiz. Im Auftrag des Berner Synodalrats verfaßte er den Rechenschaftsbericht Die bernische Landeskirche im Lichte des Evangeliums 1930-40 (1944). C NDB

Greyerz, Otto (Aim´e Alphons) von, schweizer. Philologe, Schriftsteller, * 6. 9. 1863 Bern, † 8. 1. 1940 Bern. Der aus einer Berner Patrizierfamilie stammende G., Sohn eines Pfarrers und Urenkel des Naturforschers Georg → Forster, studierte Deutsche, Franz¨osische und Klassische Philologie, Geschichte und Philosophie in Bern, G¨ottingen und Berlin und wurde 1887 in Bern promoviert (Beat Ludwig von Muralt). Er war 1888-91 Lehrer f¨ur Deutsch und Franz¨osisch am amerikanischen Robert-College in Konstantinopel, 1891-1907 Lehrer f¨ur Deustch am St¨adtischen Gymnasium in Bern, 1907-15 f¨ur Deutsch und Englisch am Landeserziehungsheim in Glarisegg bei Steckborn. 1914 habilitierte er sich an der Univ. Bern f¨ur Sprache und Literatur der

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Greyff deutschen Schweiz, war 1915 / 16 Privatdozent und wurde dort 1916 a. o. Prof., 1921 o. Prof. f¨ur Sprache und Literatur der deutschen Schweiz und f¨ur Methodik des Deutschunterrichts. G. setzte sich f¨ur die Pflege des Hochdeutschen ein, bem¨uhte sich aber auch um eine Aufwertung und Reinerhaltung des Berner Dialekts. Er gab u. a. die Volksliedsammlung Im R¨oseligarte (6 Bde., 1908-25, Neudr. 1925) heraus und gr¨undete 1915 das Berner Heimatschutztheater, das er lange Zeit leitete; 1921 geh¨orte er zu den Begr¨undern der „Schweizerischen Monatshefte f¨ur Politik und Kultur“ (seit 1931 „Schweizer Monatshefte“). G. schrieb volkst¨umliche Dialektschauspiele, u. a. die Lustspiele Kn¨orri und Wunderli (1906) und Ds Schmocker Lisi (1917). C IGL

Greyff, Michael, auch Michel G., Greiff, Griff, Gry(f)f, Gryphius, Drucker, * um 1445 / 50 Reutlingen, † um 1512. G., Sohn eines Buchdruckers, erlernte vermutlich in Straßburg das Buchdruckerhandwerk und gr¨undete um 1474 / 75 die erste Buchdruckerei in Reutlingen. Sein erster Druck, eine w¨urttembergische Amtsdrucksache, datiert aus dem Jahr 1476. Aus G.s Werkstatt stammen rund 170 Druckwerke, insbesondere theologische Schriften sowie grammatikalische Texte und W¨orterb¨ucher f¨ur den Schul- und Universit¨atsgebrauch, in sp¨ateren Jahren auch volkst¨umliche Schriften. Sein bedeutendstes Buch war Spiegel menschlicher Behaltnis (1492) mit 260 Holzschnitten. G.s Nachkommen ließen sich in Frankreich und Italien als Drucker und Verleger nieder und begr¨undeten eine der erfolgreichsten Druckerdynastien des 16. Jahrhunderts. G. war der Vater von Sebastian → Gryphius. C LGB

Gribel, Friedrich Wilhelm, Reeder, * 30. 6. 1785 Stettin, † 10. 8. 1846 Stettin. Nach der Schulzeit trat G. in das Handelsgesch¨aft seines Vaters ein und wurde 1805 Teilhaber. Anfangs stand der Weinhandel im Vordergrund, erst unter G.s F¨uhrung wurde die Frachtschiffahrt zum Firmenschwerpunkt. 1817 beteiligte sich G. als Direktor der Aktiengesellschaft an der „Pommerschen Provinzial-Zuckersiederei“, die bald zum wichtigsten Industriebetrieb Stettins wurde. Den Produktionsrohstoff f¨uhrte er auf eigenen Schiffen aus Westindien ein. Als einer der bedeutendsten Stettiner Unternehmer seiner Zeit war G. u. a. an der Gr¨undung der „Preußischen See- und Assekuranz-Compagnie“ und der „Preußischen National-Versicherungs-Gesellschaft“ beteiligt sowie Mitglied des Vorbereitungskomitees f¨ur den Bau der Eisenbahnlinie von Stettin nach Berlin. C Leb Pommern, Bd 3 Griebel, Carl, S¨anger, * 4. 6. 1835 Coburg, † 12. 6. 1901 Lichtental (heute zu Baden-Baden). G. durchlief eine Sattlerlehre, ließ dann seine Stimme ausbilden und deb¨utierte, unterst¨utzt von Franz → Liszt, am Hoftheater in Weimar. 1854-56 sang er in Riga, 1856-58 in Narwa (Estland), 1858 / 59 am Theater von Reval und kam nach Stationen an den Stadttheatern in Stettin und Danzig 1861 an das Hoftheater in Darmstadt, wo er 1863 an der deutschen Erstauff¨uhrung von Gounods Oper La Reine de Saba mitwirkte. Danach in Coburg, Braunschweig, Bremen und am Friedrich-Wilhelmst¨adtischen Theater in Berlin t¨atig, f¨uhrte er w¨ahrend seines Engagements am Stadttheater in N¨urnberg 1869 / 70 erstmals Regie. 1870 erneut in Bremen, 1871-73 am Stadttheater in Hamburg zu h¨oren, wurde G. 1873 als Baß-Buffo und Regisseur an das Deutsche Theater in Rotterdam engagiert, wohin er nach einer T¨atigkeit am Hoftheater in Hannover 1877 zur¨uckkehrte. G. war vor allem als Bartolo im Barbier von Sevilla und als Leporello in Don Giovanni, als van Bett in → Lortzings Zar und Zimmermann sowie als Beckmesser und als Biterolf in den Meistersingern bzw. im Tannh¨auser von Richard → Wagner erfolgreich. 1878 gab er wegen eines Nervenleidens seine B¨uhnen-

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karriere auf; aufgrund seiner Erfahrungen mit der Pflege von Nervenkranken richtete er in Meran und Lichtental Nervenheilanstalten ein. C Kutsch

Griebel, Otto, Maler, * 31. 3. 1895 Meerane, † 7. 3. 1972 Dresden. G., Sohn eines Tapeziermeisters, begann 1909 eine Ausbildung zum Dekorationsmaler, ging im selben Jahr an die Kgl. Zeichenschule nach Dresden und studierte seit 1912 Glasmalerei an der dortigen Kunstgewerbeschule. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1915-18 wurde er Meistersch¨uler bei Robert → Sterl an der Dresdner Akademie und arbeitete in der Dada-Gruppe mit Otto → Dix, George → Grosz und John → Heartfield zusammen. Seit 1919 war G. Mitglied der KPD, f¨ur die er u. a. Flugbl¨atter und Plakate entwarf, und geh¨orte der Novembergruppe, 1924-33 der Dresdner Secession an; 1924 war er Mitbegr¨under der Roten Gruppe in Dresden, 1929 der Dresdner Gruppe der Assoziation revolution¨arer bildender K¨unstler (Asso) und 1931 der Neuen Dresdner Sezession. Als Vertreter des sozial engagierten Verismus schuf G. vor allem Holzschnitte, Zeichnungen (u. a. Ein St¨uck europ¨aischer Kulturaufschnitt, 1922) und Gem¨alde (Die Internationale, 1928-30; Selbstbildnis aus dem Jahre 1945 vor dem brennenden Dresden, 1945). 1933 verhaftet, war G. 1934-38 k¨unstlerischer Mitarbeiter des Dresdner Hygienemuseums, leistete 1939 / 40 Kriegsdienst und war nach der Entlassung aus der Wehrmacht 1941-43 Ausstellungsgestalter in Krakau. Seit 1945 wieder in Dresden, war er seit 1948 als Kunsterzieher t¨atig und leitete 1953-60 als Studiendirektor die Arbeiter- und Bauernfakult¨at der Hochschule f¨ur Bildende K¨unste Dresden. G.s Lebenserinnerungen wurden 1986 von Matthias Griebel und Hans-Peter L¨uhr unter dem Titel Ich war ein Mann der Straße aus dem Nachlaß herausgegeben. C Lex Kunst Grieben, Hermann (Christian Friedrich), Pseud. Roderich, ¨ Redakteur, Schriftsteller, Ubersetzer, * 8. 2. 1822 K¨oslin (Pommern), † 24. 9. 1890 K¨oln. Der Sohn eines Subrektors des K¨osliner Gymnasiums studierte seit 1841 in Breslau Theologie, Philosophie und Geschichte und wurde 1845 mit einer Dissertation u¨ ber Dantes G¨ottliche Kom¨odie promoviert. 1846-48 war er Hauslehrer in Laskowetz (Kr. Schwetz, Westpreußen), volontierte dann bei der „K¨osliner Zeitung“ und wurde 1850 Schriftleiter der „Ostsee-Zeitung“ in Stettin. Nach einem kurzen Zwischenspiel in der Redaktion der „L¨ubeckischen Zeitung“ kehrte er 1853 als Redaktionsleiter der „Pommerschen Zeitung“ nach Stettin zur¨uck und wechselte 1859 zur „K¨olnischen Zeitung“. G. schrieb Gedichte, Trauerspiele, Reiseberichte, war als liberaler politischer Publizist t¨atig und u¨ bersetzte aus dem Griechischen und dem Italienischen. Die 3., vermehrte Auflage seiner Gesammelten Gedichte (1875) erschien 1884 unter dem Titel Rheinische Wanderlieder und andere Dichtungen. C Leb Pommern, Bd 1 Griebner, Michael Heinrich, Jurist, * 14. 10. 1682 Leipzig, † 19. 2. 1734 Leipzig. G. studierte Theologie und Rechtswissenschaften in Leipzig und wurde 1703 promoviert. Seit 1707 Prof. der Rechtsgelehrsamkeit in Wittenberg, wechselte er 1717 als Hofund Justizrat nach Dresden, leitete 1718-26 das dortige Geheime Archiv und kehrte dann als o. Prof. der Rechtswissenschaften in seine Heimatstadt zur¨uck. Zu G.s Schriften z¨ahlt das Werk Principiorum jurisprudentiae naturalis libri IV (4 Bde., 1710-48), das erst postum vollendet wurde.

Griem, Helmut, Schauspieler, Regisseur, * 6. 4. 1932 Hamburg, † 19. 11. 2004 M¨unchen. Der Sohn eines Beamten schloß sich w¨ahrend des Studiums der Germanistik und Philosophie in Hamburg einer Theater-

Griepenkerl gruppe an, trat im Kabarett auf und wurde 1956 an das Stadttheater in L¨ubeck verpflichtet. Danach spielte er u. a. an den St¨adtischen B¨uhnen in K¨oln, wo er erstmals unter dem Regisseur Hans → Lietzau arbeitete, in Darmstadt, Wien sowie vor allem an den Kammerspielen und am Residenztheater in M¨unchen, am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg und am Schillertheater in Berlin. International bekannt wurde G., der 1960 in Fabrik der Offiziere von Frank → Wisbar sein Filmdeb¨ut gab, 1969 durch seine Darstellung eines SSOffiziers in Luchino Viscontis La caduta degli dei (Die Verdammten). Danach feierte G., der sich zunehmend auf anspruchsvolle Charakterrollen verlegte, in Bob Fosses Cabaret (1972), in der Heinrich → B¨oll-Verfilmung Ansichten eines Clowns (1976) oder neben Romy → Schneider in La passante de Sans-Souci (1982, dt. Die Spazierg¨angerin von Sans-Souci) große Kinoerfolge; er wirkte auch in Deutschland im Herbst (1977 / 78) mit und war im Fernsehen u. a. in Der Leutnant und sein Richter (1983) und Endloser Abschied (1994) zu sehen. Seit 1982 geh¨orte G. dem Ensemble der M¨unchner Kammerspiele an, wo er u. a. in Dieter Dorns Inszenierung des Faust (1987, 1988 verfilmt unter dem Titel Faust – Vom Himmel durch die Welt zur H¨olle) in der Titelrolle erfolgreich war, und wechselte 2001 an das Bayerische Staatsschauspiel. Zu G.s Regiearbeiten geh¨orten die Inszenierungen von Joe Ortons Seid nett zu Mr. Sloane (1989) und Arthur Millers Tod eines Handlungsreisenden (1997).

Grienauer, Alois, o¨ sterr. S¨anger, * 12. 1. 1850 Perchtoldsdorf (Nieder¨osterreich), † 16. 3. 1937 Wien. G. erhielt seine Ausbildung am Wiener Konservatorium, deb¨utierte 1873 am Stadttheater in Salzburg und erhielt Engagements u. a. in Graz, N¨urnberg, Straßburg, Darmstadt, Frankfurt / Main und K¨oln. Seit 1881 gab er nur noch Gastspiele und gl¨anzte vor allem als → Wagner-Interpret. 1888 / 89 trat er an der Metropolitan Opera New York auf und sang u. a. in den amerikanischen Erstauff¨uhrungen von Rheingold und Tannh¨auser. Nach dem Abschied von der B¨uhne unterrichtete G. als Prof. am Konservatorium in Wien. C Kutsch

Grienauer, Edwin, o¨ sterr. Bildhauer, * 7. 3. 1893 Wien, † 21. 8. 1964 Wien. G. studierte 1916-19 an der Wiener Kunstgewerbeschule bei Franz → Barwig Bildhauerei, arbeitete als freier K¨unstler und war Mitglied des Wiener K¨unstlerhauses. Neben zahlreichen Klein- und Großplastiken vor allem f¨ur Kirchen schuf er Medaillen und Entw¨urfe f¨ur M¨unzpr¨agungen. 1949-55 war G. Lehrbeauftragter an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien. C Czeike

abschloß und sich der Germanistik zuwandte. 1890 wurde er Bibliothekar, 1896 k. k. Scriptor an der Universit¨atsbi¨ bliothek Wien. 1891 promoviert (Uber germanische G¨otternamen auf Inschriften des Niederrheins unter besonderer Ber¨ucksichtigung der Matronensteine), habilitierte sich G. 1898 f¨ur Germanische Sprachgeschichte und Altertumskunde (Die angels¨achsischen Runenreihen). 1904 wechselte er als Kustos der Universit¨atsbibliothek und Dozent an die Univ. Czernowitz, wo er 1906 tit. a. o. Prof. wurde. 1919-21 war G. Oberbibliothekar an Universit¨atsibliothek in Wien. Er ver¨offentlichte zahlreiche Abhandlungen, Aufs¨atze und Einzeluntersuchungen zur germanischen Volks- und Namenkunde, Sprach- und Kulturgeschichte. C IGL

Grienewaldt, Franciscus Jeremias, auch Gr¨unewald(t), Hieremias, Chronist, * 29. 7. 1581 Regensburg, † 9. 6. 1626 Ilmbach (Franken). Der Sohn eines Eisenkramers besuchte seit 1589 das Gymnasium Poeticum in Regensburg, konvertierte zum Katholizismus und trat um 1600 in das Kart¨auserkloster zu Pr¨ull ein, wo er 1602 die Profeß ablegte. Er entdeckte den Nachlaß des → Andreas von Regensburg und trat als Kirchen-, Stadt- und Landeshistoriker mit mehreren, in zahlreichen Abschriften verbreiteten Studien hervor. Sein Hauptwerk ist eine Chronik Regensburgs nach dem Vorbild von Andreas → Raselius (Historiam ratisbonem, oder summarische Beschreibung der uralten namhaften Stadt Regensburg, von ihrem Ursprung, Auf- und Abnehmen, und wie man Sie heut noch siehet, dero vornehmsten geist- und weltlichen Zierden in zwey B¨uchern, 1615), die G. zu einem der namhaftesten Geschichtsschreiber der Barockzeit machte. Grieninger, August(in), Augustinerchorherr, Theologe, Schriftsteller, * 26. 6. 1638 Margreid (S¨udtirol), † 22. 8. 1692 Steindorf bei F¨urstenfeldbruck (Bayern). G. studierte Theologie in Olm¨utz und wurde Augustinerchorherr des Stifts Rottenbuch bei Schongau (Oberbayern) und Seelsorger der umliegenden Pfarreien, u. a. in Oberammergau. Er verfaßte Predigtzyklen und Erbauungsschriften, die er in den letzten zehn Jahren seines Lebens zum Druck gab. Neben geistlicher Lyrik wie Christi Schmachschul [. . .] (1683) und christlicher Lebensberatung (Selige Haus-Ordnung, das ist Gott gef¨alliger Ehestand [. . .], 1683) ver¨offentlichte er Salomonischer Scepter, das ist: ¨ Uber Salomons Hofhaltung, Lebens-Lauff und denckw¨urdigen Spr¨uchen leicht verst¨andig und n¨utzlich Gem¨uthserfrischende Poeterey (1685). C BBKL

* 2. 7. 1561 Hall (Tirol), † 11. 3. 1636 Rom. Nach dreij¨ahrigem Theologiestudium trat G. 1590 in die Gesellschaft Jesu ein und studierte am Collegium Romanum Mathematik. Um die Jahrhundertwende unterrichtete ¨ er in mehreren Orten Osterreichs. 1597 lernte er in Graz Johannes → Kepler kennen. Nach Rom zur¨uckbeordert, bildete er seit 1612 mathematisch-astronomisch qualifizierten Nachwuchs f¨ur die China-Mission seines Ordens aus. G. vero¨ ffentlichte neben mathematischen und optischen Arbeiten und Lehrb¨uchern u. a. den Fixsternkatalog Catalogus veteres affixarum stellarum longitudines et latitudines (1612). C NDB

Grienwald, Franz Joseph, auch Grienwaldt, Gruenwaldt, Greinwald, Grein, Mediziner, * 17. 3. 1708 Wolfratshausen, † 11. 7. 1743 M¨unchen. G. studierte Philosophie und Medizin in Ingolstadt, verließ die Univ. nach philosophischem Streit mit den Jesuiten und wurde 1732 in Altdorf promoviert (De vita plantarum). Er ließ sich in M¨unchen nieder, wurde Leibarzt des F¨urstbischofs von Freising und ver¨offentlichte als Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und der Carolo-Albertinischen Akademie zahlreiche medizinische, tier¨arztliche und naturwissenschaftliche Abhandlungen. 1733 erschien das von ihm herausgegebene biobi¨ bliographische Lexikon bayerischer Arzte Album Bavariae iatricae. G. starb an den Folgen eines Verkehrsunfalls. ¨ 1 C Arzte

Grienberger, Theodor (Maria) Ritter von, o¨ sterr. Ger-

Griepenkerl, Christian, Maler, * 17. 3. 1839 Oldenburg,

manist, Bibliothekar, * 15. 1. 1855 Mittersill (Salzburg), † 21. 11. 1932 Wien. Der Sohn eines k. k. Steuerunterinspektors studierte 1873-79 in Wien Medizin und volontierte 1881-83 an der Bibliothek des Lyzeums Salzburg, anschließend an der Universit¨atsbibliothek in Wien, wo er 1884 das Medizinstudium

† 22. 3. 1916 Wien. G. kam 1855 nach Wien studierte an der dortigen Kunstakademie und bei Carl → Rahl, der ihn bald an den Fresken des Wiener Arsenals mitarbeiten ließ. Nach dem Tod seines Lehrers f¨uhrte er erst dessen Entw¨urfe f¨ur das Wiener Opernhaus aus und wurde dann mit eigenen Decken- und Wandbildern

Grienberger, Christoph, Jesuit, Mathematiker, Astronom,

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Griepenkerl international bekannt. 1874-1910 o. Prof. an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien, u¨ bernahm er 1877 die dortige Spezialschule f¨ur Historienmalerei. Auf diesem Gebiet widmete er sich vor allem der allegorischen Darstellung mit Verweisen auf die antike Mythologie. C Oldenburg

Griepenkerl, Friedrich Konrad, P¨adagoge, Musikwissenschaftler, * 10. 12. 1782 Peine, † 6. 4. 1849 Braunschweig. G., Sohn eines Predigers, studierte in G¨ottingen Theologie, Philosophie und P¨adagogik, bei Johann Nikolaus → Forkel Orgel, Klavier und Musiktheorie. Seit 1808 unterrichtete er am Fellenbergschen Institut in Hofwyl (Schweiz) und leitete das dortige Musikleben. 1816 als Kollaborator an das Catharineum in Braunschweig zur¨uckgekehrt, wurde er 1821 promoviert und 1825 o. Prof. der philosophischen und sch¨onen Wissenschaften am dortigen Collegium Carolinum. G. widmete sich vor allem dem Werk Johann Sebastian → Bachs, gr¨undete eine Singakademie zur Auff¨uhrung der Chorwerke, gab seit 1837 die Klavierwerke und seit 1844 eine Gesamtausgabe der Orgelwerke heraus und schrieb mehrere Abhandlungen u¨ ber dessen Werk. G. ver¨offentlichte ein Lehr¨ buch der Asthetik (2 Tle., 1827) und ein Lehrbuch der Logik (1828, 21831), beide auf → Herbarts Grunds¨atzen beruhend. Er war der Vater von Robert → G. C MGG

Griepenkerl, (Wolfgang) Robert, Kunstkritiker, Schriftsteller, * 4. 5. 1810 Hofwyl (Kt. Bern), † 16. 10. 1868 Braunschweig. Der Sohn Friedrich Konrad → G.s besuchte 1829-31 das Collegium Carolinum in Braunschweig, studierte 1831-35 in Berlin Theologie und widmete sich philosophischen, a¨ sthetischen und literarischen Studien. 1839 in Jena promoviert, hielt er in der Folgezeit kunstgeschichtliche und literarische Vorlesungen am Collegium Carolinum, seit 1840 auch an der Kadettenanstalt in Braunschweig, wurde 1844 zum a. o. Prof. der Deutschen Sprache und Literatur am Collegium Carolinum ernannt, gab aber das Lehramt 1847 auf, um als freier Schriftsteller und Dramatiker zu arbeiten. 1860 mußte er wegen Bankrotts eine einj¨ahrige Schuldhaft verb¨ußen. Er schrieb unter dem Einfluß → Hegels und Friedrich Theodor → Vischers literatur-, musik- und kunstkritische Abhandlungen wie Ritter Berlioz in Braunschweig (1843), Novellen (1868) und historische Dramen, u. a. Maximilian Robespierre (1849). G. starb verarmt in einem Hospital. C NDB

Gries, Ekkehard, Jurist, Politiker, * 16. 9. 1936 Eichenberg, † 30. 7. 2001 Bad Homburg. G. studierte seit 1956 an der Univ. G¨ottingen Rechtswissenschaften, legte 1965 das Zweite Staatsexamen ab und wurde Assessor am Regierungspr¨asidium in Kassel. Seit 1953 war er Mitglied der Deutschen Jungdemokraten und der FDP, 1971-77 stellvertretender Landesvorsitzender, 1977-82 Landesvorsitzender und seit 1995 Ehrenvorsitzender der FDP Hessen. 1966 wurde er hauptamtlicher Stadtrat in Oberursel, 1971 Leiter der Zentralabteilung im hessischen Ministerium f¨ur Wirtschaft und Technik, dem er 1975 / 76 als Staatssekret¨ar angeh¨orte. 1976-82 war G. hessischer Innenminister, 1978-82 Mitglied des Bundesrats, nach der Ermordung Heinz Herbert → Karrys 1981 / 82 auch stellvertretender Ministerpr¨asident. 1986-92 geh¨orte er dem Deutschen Bundestag an und nahm die Aufgabe des verkehrspolitischen Sprechers seiner Fraktion wahr. C MdB ¨ Gries, Johann Diederich, Ubersetzer, Schriftsteller, * 7. 2. 1775 Hamburg, † 9. 2. 1842 Hamburg. Nach kaufm¨annischer Lehre begann G., Sohn eines Kaufmanns und Senators in Hamburg und Bruder von Johann Michael → G., ein Studium der Rechtswissenschaften in Jena, wurde aber bald in den Kreis der Weimarer Klassik gezogen. Er lernte → Goethe, → Schiller, → Herder und → Wieland kennen und ver¨offentlichte seine ersten Gedichte in den

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„Horen“ und im „Musenalmanach“. Nach der Promotion 1800 lebte er in G¨ottingen, sp¨ater in Heidelberg, Stuttgart und wieder in Jena, bevor er 1837 nach Hamburg zur¨uckkehrte. G.’ lyrische Arbeiten waren zeittypische Gelegenheitsgedichte, aber schon w¨ahrend des Studiums fing er mit ¨ Ubersetzungsarbeiten an, mit denen er nach Verlust des ererbten Verm¨ogens seinen Lebensunterhalt bestreiten mußte. ¨ Seine Ubersetzungen Tassos (Befreites Jerusalem, 4 Bde., 1800-04), Ariosts (Rasender Roland, 4 Bde., 1804-08) und Calder´ons (Dramen, 8 Bde., 1815-42) stellen ihn auf eine Stufe mit August Wilhelm → Schlegel und weisen ihn als ¨ einen der bedeutendsten Ubersetzer seiner Zeit aus. G., der mit nahezu allen Gr¨oßen der zeitgen¨ossischen Literaturszene ¨ verkehrte, leistete durch seine Ubersetzungen einen wesentlichen Beitrag zur Europ¨aisierung der Literatur im Zeitalter der Romantik. C Killy

Gries, Johann(es) Michael, Diplomat, Jurist, * 22. 7. 1772 Hamburg, † 12. 4. 1827 Frankfurt / Main. Der Bruder von Johann Dietrich → G. studierte Rechtswissenschaften in G¨ottingen, wurde 1795 promoviert und ließ sich als Anwalt in Hamburg nieder. Seit 1800 Syndikus, war er w¨ahrend der Besetzung der Stadt durch napoleonische Truppen Generalsekret¨ar des Pr¨afekten. Nach der ersten Befreiung Hamburgs wurde er wieder in sein altes Amt eingesetzt und bildete w¨ahrend der erneuten Besetzung mit dem l¨ubischen Syndikus in G¨ustrow das „hanseatische Direktorium“, das die politischen Interessen der Hansest¨adte w¨ahrend der Befreiungskriege wahrnahm und wesentlich zur Erhaltung ihrer Selbst¨andigkeit beitragen konnte. Sp¨ater vertrat G. seine Stadt beim Wiener Kongreß und 1815-27 als Bundestagsgesandter in Frankfurt / Main. C NDB Griesbach, Carl Ludolf, o¨ sterr. Geologe, * 11. 12. 1847 Wien, † 13. 4. 1907 Graz. G., Sohn eines Guts- und Fabrikbesitzers, studierte an der ¨ Univ. Wien Geologie und trat 1867 als Volont¨ar in die Osterreichische Geologische Bundesanstalt ein. Er untersuchte Gesteinskomplexe bei Wien sowie in den Karpaten und nahm 1869 / 70 an einer Expedition nach Ostafrika teil. Seit 1871 in London, trat er 1874 als Offizier in englische Dienste und wurde 1878 Assistant Superintendent im Geological Survey of India in Kalkutta, das er 1894-1903 leitete. Seine geologischen Feldforschungen wurden durch zahlreiche milit¨arische Eins¨atze im Mittleren Osten und in Afghanistan wiederholt unterbrochen. Dennoch lieferte G. f¨ur viele der von ihm besuchten Gebiete die lange Zeit einzigen geologischen Aufnahmen und gab die erste zusammenfassende geologische Beschreibung des Zentral-Himalaya (Geology of the Central Himalayas, in Memoirs of the Geological Survey of India, 1891) heraus. Er befaßte sich auch mit Seismologie und vertrat in einer Zusammenstellung aller Beben der Jahre 1867 und 1868 die These von deren tektonischer Entstehung. G. war der Vetter von Hermann Adolf → G. C NDB Griesbach, Hermann Adolf, Hygieniker, * 9. 4. 1854 Schwartau bei L¨ubeck, † 23. 6. 1941 Schwartau. G., Sohn eines Apothekers und Vetter von Carl Ludolf → G., studierte in Marburg, Leipzig, G¨ottingen, Berlin, W¨urzburg und Heidelberg Biologie, Chemie und Medizin. Er wurde 1876 in Leipzig zum Dr. phil. und 1883 in Heidelberg zum Dr. med. promoviert, habilitierte sich im selben Jahr in Basel f¨ur Zoologie und erhielt dort einen Lehrauftrag f¨ur Histologie. Seit 1885 unterrichtete er als Prof. der Naturwissenschaften an der Oberrealschule und der Gewerbe- und Maschinenbauschule im els¨assischen M¨ulhausen. 1890-1918 war er Prof. der Biologie und Hygiene in Straßburg, danach ordentlicher Honorarprofessor in Gießen. G. ver¨offentlichte mehr als 200 wissenschaftliche Arbeiten u. a. auf dem Gebiet der Zoologie, Embryologie, Histochemie

Grieshaber und Physiologie. Neben der Mitarbeit an der Encyclop¨adie der Naturwissenschaften (1880-1900) und dem Handbuch der Hygiene (1926-29) ver¨offentlichte er eine Physikalischchemische Prop¨adeutik (2 Bde., 1895-98) und ein Medizinisches W¨orter- und Nachschlagebuch (2 Tle., 1927). G. machte sich um die Verbesserung der Schulhygiene verdient. C NDB

Griesbach, Johann Jakob, evang. Theologe, * 4. 1. 1745 Butzbach (Hessen), † 24. 3. 1812 Jena. Der Pfarrerssohn studierte in T¨ubingen, Leipzig und Halle, wo er 1768 Magister der Philosophie wurde. Auf einer Studienreise durch Deutschland, Holland, England und Frankreich erarbeitete er sich eine große Sammlung von Lesarten neutestamentlicher Handschriften, Kirchenv¨aterzitaten und ¨ wenig bekannten Ubersetzungen, die den Grundstock seiner Forschungsarbeit bildete. Zur¨uckgekehrt, habilitierte er sich 1771 in Halle und wurde 1773 Prof. des Neuen Testaments. 1775 folgte er einem Ruf nach Jena, wo er bis zu seinem Tod lehrte. Aufbauend auf der Arbeit Johann Albrecht → Bengels, begr¨undete G. die neutestamentliche Textkritik und Textgeschichte. 1774 / 75 gab er die erste textkritische Ausgabe des Neuen Testaments heraus, die an u¨ ber 350 Stellen vom u¨ berlieferten „textus receptus“ abwich. Die „G.sche Hypothese“, Mk habe Mt und Lk benutzt, hat sich nicht durchsetzen k¨onnen. G. f¨uhrte f¨ur die ersten drei Evangelien den Begriff „Synoptiker“ ein und ver¨offentlichte die erste Ausgabe in Parallelkolumnen. Er verkehrte freundschaftlich mit → Goethe, → Schiller und → Wieland. G. war seit 1781 sachsen-weimarischer Kirchenrat, seit 1784 Geheimer Kirchenrat. Er ver¨offentlichte u. a. eine Anleitung zum Studium der popul¨aren Dogmatik (1779 41789). C TRE Griesbach, Walter, Internist, Endokrinologe, * 7. 10. 1888 New York, † 10. 8. 1968 Dunedin (Neuseeland). G. studierte Medizin an den Universit¨aten Freiburg / Breisgau, Kiel und M¨unchen und wurde 1913 in Freiburg pro¨ moviert (Uber Milchs¨aurebildung aus Kohlehydrat im lackfarbenen Blute). Anschließend arbeitete er als Assistent in Freiburg, Frankfurt / Main, Wiesbaden und am Krankenhaus St. Georg in Hamburg, wo er sich 1924 f¨ur Stoffwechselkrankheiten habilitierte. Er geh¨orte zu den Mitarbeitern im pharmakologischen Labor Arthur → Bornsteins, zuletzt als Oberarzt. Seit 1930 a. o. Prof. an der Univ. Hamburg, wurde er 1933 aus dem Krankenhausdienst entlassen, war nach dem Verlust der Lehrbefugnis 1934 als praktischer Arzt t¨atig und u¨ bernahm 1938 die Leitung der Inneren Abteilung am Israelitischen Krankenhaus, verlor jedoch noch im selben Jahr die a¨ rztliche Approbation. 1939 emigrierte er u¨ ber London, New York und Melbourne nach Neuseeland, wo er eine Forschungsstelle an der Otago Medical School in Dunedin erhielt. Bis 1959 arbeitete er als Research Officer in der Endocrinology Research Unit des N. Z. Medical Research Council vor allem auf dem Gebiet der Hypophysenhistologie. G. war seit 1967 Mitglied der Deutschen Akade¨ mie der Naturforscher Leopoldina. 2, 3 C Arzte Griesbacher, Peter, kath. Theologe, Musiktheoretiker, Komponist, * 25. 3. 1864 Egglham (Niederbayern), † 28. 1. 1933 Regensburg. G., Sohn eines M¨ullers, studierte am Priesterseminar in Passau und wurde 1886 ordiniert. W¨ahrend der folgenden Jahre als Seelsorger betrieb er autodidaktisch Musikstudien, vor allem in Musiktheorie und Kompositionslehre, und ver¨offentlichte bald erste eigene Kompositionen. Nach zwei Jahren als Musikpr¨afekt von St. Emmeram in Regensburg zog er sich aus gesundheitlichen Gr¨unden 1895-1911 nach Osterhofen / Donau zur¨uck, wurde dann Kanonikus am Kollegiatstift St. Johann in Regensburg und unterrichtete als Lehrer f¨ur Kontrapunkt und musikalische Stillehre an der dortigen

Musikschule. G. gr¨undete, redigierte und edierte mehrere kirchenmusikalische Fachbl¨atter, ver¨offentlichte u. a. Kontrapunkt (2 Bde., 1910) und Kirchenmusikalische Stilistik und Formenlehre (4 Bde., 1912-16) und erwarb sich große Anerkennung als Glockensachverst¨andiger (Glockenmusik, 1927). In seinen u¨ ber 300 Messen, Kantaten, Singspielen und Liederzyklen versuchte er, die Kirchenmusik aus der formalen Begrenztheit zu befreien. C MGG

Griese, Friedrich, Schriftsteller, * 2. 10. 1890 Lehsten (Mecklenburg), † 1. 6. 1975 L¨ubeck. Der Sohn eines Kleinbauern unterrichtete seit 1913, unterbrochen von der freiwilligen Teilnahme am Ersten Weltkrieg, in Stralendorf bei Parchim, sp¨ater in Kiel als Volksschullehrer. Wegen zunehmender Schwerh¨origkeit aufgrund einer Kriegsverletzung wurde er 1933 pensioniert und erhielt von der Stadt Parchim einen Hof, auf dem er seit 1934 als freier Schriftsteller arbeitete. Fast alle seine von Knut Hamsun und Selma Lagerl¨of beeinflußten B¨ucher (u. a. die Romane Feuer, 1921; Das Korn raucht, 1923; Winter, 1927) mystifizieren das b¨auerliche Leben, vor allem seiner mecklenburgischen Heimat, und wenden sich mit ihrer Zivilisationskritik gegen Rationalismus und Aufkl¨arung. Bereits in der Weimarer Republik erfolgreich, war G. einer der wichtigsten Vertreter der nationalsozialistischen Literatur. Er forderte u. a. in seiner Autobiographie Mein Leben. Von der Kraft der Landschaft (1934) die „Einheit zwischen dem Blut und dem Boden“. G. erhielt u. a. den Lessingpreis der Stadt Hamburg (1935), die Goethe-Medaille f¨ur Kunst und Wissenschaft (1940) und den Literaturpreis der Stadt Berlin. Seit 1942 war er Mitglied der NSDAP. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde G. interniert (Der Wind weht nicht, wohin er will, 1960) und lebte seit 1947 in Velgen, sp¨ater in L¨ubeck, Bevensen und Groß-Gr¨onau. C Sarkowicz Griesel, August Franz Wenzel, Pseud. Renat M¨unster, Schriftsteller, B¨uchersch¨atzmeister, * 1783 Prag, † 16. 3. 1825 Prag. G. war zun¨achst Buchh¨andler, sp¨ater B¨uchersch¨atzmeister. Er redigierte u. a. den „Kranz“ und war Mitarbeiter verschiedener Zeitschriften und Zeitungen. G. ver¨offentlichte Romane, Erz¨ahlungen, Sagen und Novellen (1825), Schauspiele wie Der Tod der heiligen Euphrosyne (1820), Aoide. Zehn Lieder, in Musik gesetzt von J. M. Haydn (1807) und gab ein M¨archen- und Sagenbuch der B¨ohmen (2 Tle., 1820) heraus. C DLL Grieshaber, Franz Karl, kath. Theologe, Philologe, * 12. 12. 1798 Endingen (Baden), † 20. 12. 1866 Freiburg / Breisgau. G. studierte 1814-20 Theologie und Philologie in Freiburg / Breisgau, empfing 1821 die Priesterweihe und wurde im selben Jahr provisorischer Lehrer, 1825 Prof. am dortigen Gymnasium. 1826-57 war er Prof. am Lyzeum in Rastatt; 1845 wurde er aus gesundheitlichen Gr¨unden aller kirchlichen Funktionen enthoben, 1847 zum Großherzoglich Badischen Geheimen Rat ernannt. G. schrieb Vaterl¨andisches aus den Gebieten der Literatur, der Kunst und des Lebens (1842) und gab Deutsche Predigten des XIII. Jahrhunderts (2 Bde., 1844-46, Nachdr. 1978) sowie eine Oberrheinische Chronik (1850) heraus. C IGL

Grieshaber, Helmut Andreas Paul, auch HAP G., Graphiker, Maler, * 15. 2. 1909 Rot an der Rot (Oberschwaben), † 12. 5. 1981 Reutlingen-Achalm. Neben einer Schriftsetzerlehre 1926-28 in Reutlingen studierte G. an der Stuttgarter Kunstakademie Kalligraphie und bildete sich 1928-31 in Paris und London weiter. Anschlie¨ ßend bereiste er Agypten, den Vorderen Orient und Griechenland. Dort 1933 wegen antifaschistischer Aktivit¨aten

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Grieshaber auf Betreiben der Deutschen Botschaft des Landes verwiesen, kehrte er nach Reutlingen zur¨uck und verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Hilfsarbeiter und Zeitungsaustr¨ager. Daneben schuf er, seit 1933 mit Ausstellungsverbot belegt, im Handpressendruck verlegte Holzschnitte. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und franz¨osischer Gefangenschaft wieder in Reutlingen ans¨assig, gab G. seit 1947 die Halbmonatszeitung „Weltpress“ heraus und wurde 1951 Lehrer an der privaten Bernsteinschule in Sulz / Neckar. 1955-60 lehrte er an der Kunstakademie in Karlsruhe. Nach Niederlegung der Professur (aus Protest gegen die Pr¨ufungsordnung) war er 1960-62 Mitherausgeber der Zeitschrift „Labyrinth“, 1964 Gr¨under der Zeitschrift „Engel der Geschichte“. G. war ein Erneuerer des Holzschnitts nach 1945, den er auch auf monumentale Formen und baubezogene Werke u¨ bertrug. Er schuf vor allem großformatige Farbholzschnitte mythologischen, religi¨osen und politisch engagierten Inhalts. Sein Hauptwerk ist der Totentanz von Basel (1966). G. illustrierte eigene und fremde Texte, u. a. Janusk¨opfe (1957), Affen und Alphabete (1962) und Pablo Nerudas Gedichte Aufenthalt auf Erden (1973). 1959 und 1964 nahm er an der documenta teil; 1978 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Akademie der K¨unste in Berlin (Ost) gew¨ahlt. C Lex Kunst

Grieshaber, Johannes Konrad, schweizer. Messerschmied, Instrumentenbauer, * 18. 10. 1877 Schaffhausen, † 18. 9. 1962 Schaffhausen. G. ging bei seinem Vater, einem Messerschmied und Schleifer, in die Lehre und kam auf der Wanderschaft u. a. nach Genf, Paris, London und Sheffield. Wieder in Schaffhausen, arbeitete er zun¨achst als Messerschmied und begann dann, von ihm weiterentwickelte augenchirurgische Instrumente anzufertigen, die in zahlreichen Fachbeitr¨agen erw¨ahnt und weltweit von Augen¨arzten gesch¨atzt wurden. Die Univ. Z¨urich verlieh G. 1952 die medizinische Ehrendoktorw¨urde. C Schaffhauser Biogr, Bd 5

Griesheim, Christian Ludwig von, Kameralist, * 1709, † 10. 10. 1767 Ullersdorf bei G¨orlitz. In wohlhabenden Verh¨altnissen aufgewachsenen, widmete sich G. nach dem Studium der Agrarverwaltung und unternahm Studienreisen durch Deutschland, Ungarn, B¨ohmen und D¨anemark, bevor er in den sachsen-gothaischen Dienst eintrat. Er brachte es bis zum Oberamtshauptmann, Hofund Konsistorialrat, wurde jedoch 1752 aus nicht gekl¨arten Gr¨unden entlassen. Danach lebte er in verschiedenen Orten und ver¨offentlichte u. a. Die Stadt Hamburg in ihren politischen, o¨ konomischen und sittlichen Zust¨anden (1759) und Beitr¨age zur Aufnahme des bl¨uhenden Wohlstands der Staaten (2 Bde., 1762-67). C ADB Griesheim, Heinrich Christoph von, Jurist, Staatsmann, * 4. 1. 1598 Griesheim / Ilm (Hessen), † 1649 (?). G. galt als eines der Wunderkinder seiner Zeit. Er wurde in Jena immatrikuliert und verteidigte dort im Alter von siebzehn Jahren eine Dissertation. Sp¨ater setzte er seine Studien in Helmstedt und Rostock fort und publizierte 1620 die damals aufsehenerregende staatsrechtliche Abhandlung Jurisprudentiae publicae Romano-Germanicae brevis delineatio. Davon beeindruckt, berief ihn Graf Ernst von Schaumburg als ersten Prof. der Rechte an die von ihm gegr¨undete Univ. Rinteln. Von dort wechselte er 1625 nach Marburg, konvertierte zum Katholizismus und trat als Geheimer Rat in D¨usseldorf, sp¨ater als Oberamtmann in Fritzlar in f¨urstliche Dienste. Nach der Besetzung Fritzlars durch Landgraf → Wilhelm V. von Hessen-Kassel 1631 wurde G. sieben Jahre gefangengehalten. Seit 1643 in kurmainzischen Diensten, verliert sich seine Spur nach 1649 im dunkeln. C ADB

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Griesheim, Karl Gustav Julius von, Milit¨ar, * 16. 7. 1798 Berlin, † 1. 1. 1854 Koblenz. Der Sohn eines Infanteriehauptmanns trat in die preuß. Armee ein, wurde Offizier und nahm an den Befreiungskriegen teil. 1819 Regimentsadjutant und Auditeuroffizier in Berlin, h¨orte er Vorlesungen an der Univ. und ver¨offentlichte 1837 das Handbuch Der Compagnie-Dienst. Er wurde ins Kriegsministerium abkommandiert und lehrte sp¨ater Taktik an der Allgemeinen Kriegsschule. 1849 / 50 geh¨orte G. dem preuß. Abgeordnetenhaus an. Seit 1850 erster Kommandant der Festung Koblenz, wurde er 1853 Generalmajor. G. publizierte milit¨arwissenschaftliche und milit¨arpolitische Schriften. Seine postum herausgegebenen Vorlesungen u¨ ber die Taktik (1855, 31872) wurden zum Standardwerk. Zur Herausgabe von → Hegels philosophischen Vorlesungen griff Eduard → Gans auf die Mitschriften G.s zur¨uck. C Haunfelder, Lib Abg

Griesinger, Georg August, Diplomat, Schriftsteller, * 8. 1. 1769 Stuttgart, † 9. 4. 1845 Wien. G. studierte Theologie in T¨ubingen, ging als Erzieher f¨ur kurze Zeit in die Schweiz und nahm dann eine Stelle als Hofmeister im Haus des s¨achsischen Gesandten am Wiener Hof an. Dieser erm¨oglichte ihm eine diplomatische Laufbahn in s¨achsischen Diensten. Seit 1808 Legationsrat, seit 1828 Geheimer Legationsrat, u¨ bernahm G. 1831 auch die Aufgaben des großherzoglich sachsen-weimarischen Gesch¨aftstr¨agers. G. f¨orderte und beobachtete das Wiener Musikleben und war u. a. mit Carl Maria von → Weber, Ludwig van → Beethoven und vor allem Joseph → Haydn bekannt. Seine Notizen und sein Briefwechsel mit dem Verlag Breitkopf & H¨artel und dem Arch¨aologen Karl August → B¨ottiger sind eine wichtige Quelle zur Musikgeschichte jener Zeit. C MGG Griesinger, Georg Friedrich von, evang. Theologe, * 16. 3. 1734 Marschalkenzimmern bei Sulz / Neckar, † 17. 4. 1828 Stuttgart. Der Pfarrerssohn studierte in T¨ubingen Mathematik, Physik, Philosophie und Theologie und wurde 1758 promoviert. Nach einem Vikariat und zweij¨ahriger Studienreise kehrte er 1761 als Repetent nach T¨ubingen zur¨uck, wurde 1764 Vikar in Stuttgart, 1783 Pfarrer an St. Leonhard und war 1786-1822 Pr¨alat und Oberkonsistorialrat. Als Mitarbeiter am rationalistischen W¨urttembergischen Gesangbuch von 1791 und an der Neuausgabe der T¨ubinger Summarien f¨ur gottesdienstliche Lesungen (1786) sowie Herausgeber einer Bibel¨ubersetzung (1824) geh¨orte G. zu den Hauptvertretern der kirchlichen Aufkl¨arung in W¨urttemberg. Er schrieb u. a. Einleitung in die Schriften des neuen Bundes (1799), ¨ Uber die Authenthie der alttestamentlichen Schriften (1804), ¨ Uber den Pentateuch (1806), Theologia dogmatica (1825) und Initia theologiae moralis (1826). C NDB Griesinger, Jakob, auch Jacobus de Alemania, Jacobus Teutonicus, Tedesco, Jacopo da Ulma, Giacomo di Ulma, Giacomo d’Alemagna, Glasmaler, * 1407 Ulm, † 12. 10. 1491 Bologna. Der Sohn eines Handwerkers wurde wahrscheinlich in Ulm als Maler oder Glaser ausgebildet, kam 1432 nach Rom, k¨ampfte einige Jahre als Landsknecht und war dann Hausverwalter in Capua. 1441 trat er als Laienbruder in das Dominikanerkloster San Domenico in Bologna ein und arbeitete dort bis zu seinem Tod als Schlosser, Schmied, Glaser und Maler. Die Mischung deutscher und italienischer Stilelemente pr¨agte die von ihm haupts¨achlich im Klosterkomplex ¨ bemalten Glasfenster. Seinen Sch¨ulern schreibt die Uberlieferung Glasfenster im Mail¨ander Dom und in anderen Kirchen Oberitaliens zu. G.s pers¨onliches und k¨unstlerisches Ansehen bei den Zeitgenossen war so groß, daß er gleich nach seinem Tod als Seliger verehrt wurde. C NDB

Griesinger Griesinger, Ludwig Friedrich, Jurist, Politiker, * 2. 6. 1767 Stuttgart, † 2. 2. 1845 Stuttgart. G., Sohn eines Oberamtmann und sp¨ateren Regierungsrats, studierte seit 1785 in T¨ubingen Rechtswissenschaften, wurde dort 1808 promoviert und ließ sich in Stuttgart als Advokat nieder. Er schrieb den f¨ur das b¨urgerliche Recht W¨urttembergs jahrzehntelang maßgeblichen Commentar f¨ur das Hzgl. Wirtembergische Landrecht (10 Bde., 1793-1808, Sachregister 1830), f¨uhrte als erfolgreicher Strafund Zivilrechtsverteidiger bald eine der gr¨oßten Kanzleien der Stadt und war Direktor des dortigen Konsulentenkollegiums. 1815-17 geh¨orte G. den W¨urttembergischen St¨andeversammlungen an und setzte sich gemeimsam mit dem ihm befreundeten Johann Friedrich → Cotta f¨ur die neue Verfassung ein. 1820-24 war er Mitglied der Zweiten Kammer des W¨urttembergischen Landtags. In einer unter dem Titel Der B¨uchernachdruck aus dem Gesichtspunkt des Rechts, der Moral und der Politik betrachtet (1821) ver¨offentlichten Rede trat er vehement, aber erfolglos, f¨ur die Freiheit des Nachdrucks ein. C Raberg Griesinger, (Carl) Theodor, Pseud. Krummer Philipp, Publizist, Schriftsteller, * 11. 12. 1809 Kirnbach bei Wolfach / Schwarzwald, † 2. 3. 1884 Stuttgart. G., Sohn eines Pfarrers, studierte in T¨ubingen Theologie, wurde 1832 Pfarrgehilfe in Trossingen, 1833 Vikar in Freudenstadt und ließ sich 1835 als Zeitschriftenredakteur und freier Schriftsteller in Stuttgart nieder. 1841-48 war er Mitarbeiter einer Buchhandlung. Er redigierte den „W¨urttembergischen Landboten“ und den „Schw¨abischen Humoristen“ und gr¨undete nach dem Revolutionsjahr 1848 das radikaldemokratische Blatt „Die Volkswehr“. Als Teilnehmer der Reutlinger Volksversammlung zu Pfingsten 1849 wurde er wegen Hochverrats angeklagt und zwei Jahre in der Festung Hohenasperg in Untersuchungshaft gehalten. Nach dem Freispruch 1852 wanderte er nach Nordamerika aus, kehrte aber 1857 nach Stuttgart zur¨uck. G. ver¨offentlichte Geschichtsnovellen und erfolgreiche Reise- und Abenteuererz¨ahlungen sowie Kriminal- und Enth¨ullungsgeschichten, u. a. Im hohen Norden. Reisen und Abenteuer in den Polarl¨andern [. . .] (1864; 3., verm. Aufl. 1880) und Die alte Brauerei oder Criminalmysterien von New-York. Nach dem Leben erz¨ahlt (3 Bde., 1859, 1873 unter dem Titel New York vor zwanzig Jahren, oder: Die alte Brauerei. CriminalRoman). 1841 erschien das von ihm bearbeitete und herausgegebene Universal-Lexicon von W¨urttemberg, Hechingen und Sigmaringen (2. Ausgabe mit Nachtr¨agen und Berichtigungen von Carl Pfaff, 1843). C NDB Griesinger, Wilhelm, Psychiater, Internist, * 29. 7. 1817 Stuttgart, † 26. 10. 1868 Berlin. G. entstammte einer b¨urgerlichen Familie; Ferdinand G. war Stiftungsverwalter, die Mutter, Karoline Luise, eine geb. D¨urr. Schon fr¨uh entstand die Freundschaft mit Carl August → Wunderlich und Wilhelm → Roser. Alle drei studierten seit 1834 in T¨ubingen Medizin. Wegen Mitgliedschaft in einem studentischen Corps mußte G. das letzte Jahr in Wien studieren, wo er Johann Lukas → Sch¨onlein als klinischen Lehrer bewunderte. Nach dem Examen bildete er sich in Wien und Paris weiter, war 1840-42 Assistent des Psychiaters Ernst Albert → Zeller in Winnenthal und seit 1842 Assistent von Wunderlich an der Medizinischen Klinik in T¨ubingen. Verbindungen zu den Vertretern der T¨ubinger Hegelschule entstanden nach der Relegation von David

Friedrich → Strauß (1835) vor allem zu Ferdinand Christian → Baur, Eduard → Zeller und Albert Friedrich → Schwegler. Es bildete sich ein „Club“ junger Dozenten aller Fachrichtungen; vier neue Zeitschriften gingen aus dem Kreis hervor, u. a. das „Archiv f¨ur physiologische Heilkunde“, f¨ur das G. zahlreiche Beitr¨age verfaßte, so eine Abrechnung mit Sch¨onleins Krankheitslehre (Herr Ringseis und die naturhistorische Schule, 1842) und zwei grundlegende Artikel, in denen er die Psychiatrie mit der Reflextheorie in Zusammenhang brachte (Ueber psychische Reflexactionen, 1842; Neue Beitr¨age zur Physiologie und Pathologie des Gehirns, 1844). G. wandte sich, u. a. 1845 in seinem psychiatrischen Lehrbuch Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten, gegen jede idealistische Auffassung psychischer Krankheit (Johann Christian August → Heinroth, Karl Wilhelm → Ideler); auch den Somatikern (Maximilian → Jacobi) erteilte er eine Absage. Er sah die Seele als Ensemble materiell aufzufassender Nervenaktionen, diese aber in der Geschichte des Individuums und seinen konkreten Lebensumst¨anden vermittelt. Hier finden sich Ber¨uhrungspunkte mit Eduard Zellers gleichzeitig ge¨außerter Kritik an Johann Friedrich → Herbarts Psychologie. Seit 1847 a. o. Prof. in T¨ubingen, las G. u. a. u¨ ber Geschichte der Medizin, Materia Medica und Pathologie; 1849 nahm er einen Ruf nach Kiel an. 1850 fand die Heirat mit Josephine von Rom statt. Im selben Jahr reiste G. nach Kairo als Leibarzt des Vizek¨onigs von ¨ Agypten; 1852 kehrte er nach T¨ubingen zur¨uck; die wissenschaftlichen Ertr¨age des Aufenthalts erschienen im „Archiv f¨ur physiologische Heilkunde“, dessen Herausgeber er 1851-59 war, sowie 1857 als Beitrag zu Rudolf → Virchows Handbuch der Pathologie (Bd. II.2: Infektionskrankheiten). 1860 wurde er auf den Lehrstuhl der Medizinischen Klinik in Z¨urich berufen. In der 2. Auflage seines Lehrbuchs (1861) r¨uckte er von der Auffassung der Einheitspsychose (derzufolge die psychische Krankheit in den individuell unterschiedlich ausgepr¨agten Stadien Depression, Exaltation, Schw¨ache abl¨auft) ab und bekannte sich zum Prinzip des Non-Restraint (John Conolly; Behandlung ohne Zwangsmittel). Zun¨achst im Z¨urcher Burgh¨olzli, dann auch in Deutschland, setzte er dies um. Er nahm 1865 einen Ruf nach Berlin an; gegen anf¨angliche Widerst¨ande reformierte er die Krankenbehandlung in der dortigen Irrenklinik (Charit´e). Die letzten Lebensjahre waren gekennzeichnet durch h¨aufige Reisen, besonders im Zusammenhang mit der Psychiatriereform, und heftige Polemiken mit einigen Kollegen. G. vertrat eine differenzierte Therapie in Stadt- und Landkliniken ¨ mit Arbeitstherapie und Familienarbeit. Der Aufsatz Uber Irrenanstalten und deren Weiterentwicklung in Deutschland erschien 1867 in dem vom ihm gegr¨undeten „Archiv f¨ur Psychiatrie und Nervenkrankheiten“. Ihm antwortete u. a. Heinrich → L¨ahr (Fortschritt? R¨uckschritt!, 1868). G. starb 1868 an einem perityphlitischen Abszeß. Das Kompendium der Psychiatrie von Emil → Kraepelin (1883) dr¨angte seinen Einfluß zur¨uck. Die genannten Polemiken brachten G. zu Recht den Ruf eines Vorreiters der Sozialpsychiatrie ein, was zu seiner Renaissance seit 1968 beitrug. Mit der Integration von Neurologie und Psychiatrie, der sp¨aten Bewegung hin zu Konzepten der Lokalisierung psychischer Verm¨ogen im Hirn (Paul Broca) und zur Degenerationstheorie (Benoit-Augustin Morel) lag er jedoch im Trend der Zeit. Aufgrund der historischen und dynamischen Aspekte seiner Psychiatrie wurde er als Vorl¨aufer der Tiefenpsychologie reklamiert; der philosophische und humanistische Hintergrund, sein schriftstellerisches Talent und seine institutionellen Bem¨uhungen waren Gegenstand von Studien der letzten Zeit. WEITERE WERKE: Gesammelte Abhandlungen. Hrsg. v. Carl August Wunderlich. Berlin 1872. – Briefwechsel mit

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Grieß Robert Julius Mayer. In: Robert Julius Mayer: Kleinere Schriften und Briefe. Hrsg. v. Jakob Johann Weyrauch. Stuttgart 1893. LITERATUR: Carl August Wunderlich: W. G. Nekrolog (1868). Wiederabdruck in: Karl Roser (Hrsg.): Wilhelm Roser. Wiesbaden 1892. – Klaus D¨orner: B¨urger und Irre. Frankfurt / Main 1968. – Otto M. Marx: W. G. and the History of Psychiatry: a Reassessment. In: Bulletin of the History of Medicine 46 (1972) S. 519-544. – Gerlof Verwey: Psychiatry in an Anthropological and Biomedical Context. Dordrecht 1985. – Bettina Wahrig-Schmidt: Der junge W. G. im Spannungsfeld zwischen Philosophie und Physiologie. T¨ubingen 1985. – Heinz-Peter Schmiedebach: Psychiatrie und Psychologie im Widerstreit. Husum 1986. – Bettina Wahrig-Schmidt: W. G. (1817-1868). In: Dietrich von Engelhardt / Fritz Hartmann (Hrsg.): Klassiker der Medizin. Bd. 2, M¨unchen 1991, S. 172-189. Bettina Wahrig-Schmidt

Grieß, Johann Peter, Chemiker, * 6. 9. 1829 Kirchhosbach bei Kassel, † 30. 8. 1888 Bournemouth (Großbritannien). Als Sohn eines Landwirts besuchte G. die H¨ohere Gewerbeschule in Kassel, erhielt ersten Unterricht in Chemie und wurde 1850 in Jena immatrikuliert. 1851 wechselte er nach Marburg, wo er 1853 relegiert wurde. Er ging nach M¨unchen und h¨orte dort ohne Immatrikulation Vorlesungen bei Justus von → Liebig, kehrte 1855 an die Marburger Univ. zur¨uck, mußte das Studium aber bald aus finanziellen Gr¨unden einstellen und eine Arbeit in einer chemischen Fabrik in Offenbach annehmen. Nach einem Fabrikbrand arbeitslos, holte ihn sein fr¨uherer Lehrer 1857 wieder nach Marburg, wo er die Ausgangssubstanz f¨ur die k¨unstlichen organischen ¨ „Azo-Farbstoffe“ entdeckte. Uber die Struktur der DiazoVerbindungen f¨uhrte er eingehende Untersuchungen durch. 1858 wurde er Assistent August Wilhelm von → Hofmanns am Royal College of Chemistry in London, 1862 Chemiker bei der englischen Brauerei Allsopp and Sons. 1878 erhielt G. das erste deutsche Patent auf Azo-Farbstoffe. Er war Mitglied der Royal Society of London und seit 1885 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. C NDB

Grießbach, Robert, Chemiker, * 3. 4. 1886 Dresden, † 25. 12. 1970 Wolfen bei Bitterfeld. Zun¨achst als Lehrer t¨atig, studierte der aus einer Lehrerfamilie stammende G. 1915-19 Mathematik und Naturwissenschaften an der Univ. Leipzig, wo er 1920 promoviert wurde (Beitrag zur Kenntnis der F¨allungsgleichgewichte). 1921 trat er in das Oppauer Werk der Badischen Anilinund Sodafabrik ein und war 1929-55 in der Farbenfabrik Wolfen t¨atig, bei der er u. a. die Herstellung von Ionenaustauschern einf¨uhrte. 1955 wurde er Prof. der physikalischen Chemie an der Univ. Leipzig. G. besch¨aftigte sich vor allem mit Austauschproblemen. Er ver¨offentlichte u. a. ¨ Jodfrage und Landwirtschaft (1929), Uber die Herstellung und Anwendung neuerer Austauschadsorbentien, insbesondere auf Harzbasis (1939), Austauscher-Adsorbentien in der Lebensmittelindustrie (1949) und Austauscheradsorbentien in Theorie und Praxis (1957); er gab Ionenaustauscher in Einzeldarstellungen (9 Bde., 1962-70) heraus. C Wußing

Griesselich, Ernst Ludwig, Journalist, Statistiker, * 5. 10. 1832 Karlsruhe, † 9. 7. 1913 Wien. W¨ahrend der o¨ sterr. Feldz¨uge in Italien und SchleswigHolstein war G. Kriegsberichterstatter, sp¨ater Korrespondent o¨ sterr. und deutscher Zeitungen in Paris und Wien, vor allem der „Leipziger Illustrierten Zeitung“. Er besch¨aftigte sich zunehmend mit statistischen Fragen, insbesondere auf dem Gebiet des Fremdenverkehrs, und entwickelte ein international beachtetes System der Fremdenstatistik. Seine Arbeit diente

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dem Wiener Magistrat als Grundlage st¨adtischer Statistiken. G. ver¨offentlichte u. a. Die Entwicklung des Wiener Fremdenverkehrs 1874-1888 (1889) und Der Fremdenverkehr in ¨ Wien w¨ahrend der Jahre 1874-90 (1891). C OBL

Grießelich, Ludwig, Milit¨ararzt, Hom¨oopath, * 9. 3. 1804 Sinsheim (Baden), † 31. 8. 1848 Hamburg. G. studierte in Heidelberg Medizin, wurde 1824 promoviert und trat als Milit¨ararzt in die badische Armee ein. Er war ein engagierter Anh¨anger und F¨orderer der Hom¨oopathie (Handbuch zur Kenntnis der hom¨oopathischen oder specifischen Heilkunst, 1848), gr¨undete 1833 den „Hom¨oopathischen Verein des Großherzogthums Baden“ und gab die Zeitschrift „Hygea“ (1834 ff.) heraus, deren Artikel er gr¨oßtenteils selbst schrieb. 1836 erschienen von ihm Kleine botanische Schriften. C ADB

Griesser, Gerd, Medizinstatistiker, * 31. 7. 1918 Stuttgart, † 26. 9. 2001 Molfsee bei Kiel. Nach dem Studium der Medizin und der Promotion 1942 in T¨ubingen (Wirkt das Tropenklima auf Herz und Kreislauf?) habilitierte sich G. dort 1959 mit der Arbeit Der extracorporale Kreislauf. 1960 erhielt er eine Stelle als Di¨atendozent und 1962 als Lehrbeauftragter. 1964 folgte er einem Ruf als o. Prof. f¨ur Medizinische Statistik und Dokumentation an die Univ. Kiel. 1979-85 war G. Pr¨asident der Univ. Kiel und seit 1980 Ehrensenator der Medizinischen Univ. zu L¨ubeck. In seinen Forschungen besch¨aftigte sich G. mit medizinischer Statistik und Informatik sowie mit den M¨oglichkeiten der Automatisierung im klinischen Laboratorium. G. war Mitherausgeber verschiedener Zeitschriften: „Medizinische Welt“ (seit 1965), „Methods of Information in Medicine“ (1964-91), „Das o¨ ffentliche Gesundheitswesen“ (1968-79) und „Medical Informatics“ (seit 1970). Er ver¨offentlichte u. a. Automatisierung des Klinischen Laboratoriums (mit Gustav Wagner, 1968) und Ein KrankenhausInformations- und Kommunikationssystem zur Unterst¨utzung der Klinik. Ein Leitfaden (1994).

Grießmeyer, Albert, Beamter, * 20. 11. 1879 Ansbach, † 10. 6. 1937 Berlin. G. studierte in M¨unchen und Erlangen Rechtswissenschaften und trat 1905 als Verwaltungsbeamter in das Reichsmarineamt ein. 1914 zur kolonialen Gouvernementsverwaltung Kiautschou versetzt, geriet er nach der Eroberung der Kolonie durch die Japaner im selben Jahr in Kriegsgefangenschaft und konnte erst 1920 nach Deutschland zur¨uckkehren. Nach kurzer Zeit als Leiter der Abwicklungszentrale in Kiel war er Personalreferent und Ministerialrat im Reichsarbeitsministerium in Berlin und wurde 1931 Pr¨asident der Reichsversicherungsanstalt f¨ur Angestellte. C Munzinger

Griewank, Karl, Historiker, * 16. 8. 1900 B¨utzow (Mecklenburg), † 27. 10. 1953 Jena. G., Sohn eines Arztes, studierte in G¨ottingen, Leipzig und Berlin Geschichte und wurde 1922 in Rostock promoviert. Seit 1926 war er in der „Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler / Deutsche Forschungsgemeinschaft“ t¨atig und u¨ bernahm die Leitung der Abteilung f¨ur Geisteswissenschaften und Verlagswesen. 1942 in Frankfurt / Main habilitiert, wurde er 1946 a. o. Prof. in Berlin, 1947 o. Prof. der mittleren und neuen Geschichte sowie Direktor des Historischen Seminars der Univ. Jena. 1946-53 war er Hauptherausgeber der „Deutschen Literaturzeitung“. G. ver¨offentlichte u. a. Staat und Wissenschaft im Deutschen Reich (1927), Die franz¨osische Revolution 1789-1799 (1948, 31967) und Deutsche Studenten und Universit¨aten in der Revolution von 1848 (1949). Postum erschien Der neuzeitliche Revolutionsbegriff. Entstehung und Entwicklung (1955, 21969). G. starb durch Selbstmord. C DDR-Historiker

Grillo Grifo, * um 726, † 753 bei St. Jean de Maurienne (Burgund). Der Sohn → Karl Martells und dessen zweiter Gemahlin, der bayerischen Prinzessin → Swanahilde, erhielt vom Vater Teile der Herrschaft in Neustrien, Austrien und Burgund als Erbe, stand dar¨uber jedoch zeitlebens in Streit mit seinen Halbbr¨udern → Karlmann und → Pippin III. 747 aus sechsj¨ahriger Klosterhaft in Ch`evremont entlassen, ging G. zu dem ihn unterst¨utzenden Herzog → Odilo nach Bayern und versuchte nach dessen Tod 748 vergeblich, die Herrschaft an sich zu bringen. Von Pippin zun¨achst mit Le Mans und weiteren Besitzungen abgefunden, erhob er sich erneut und wurde schließlich von Gefolgsleuten Pippins get¨otet. C LexMA

Grigull, Ulrich, Physiker, Thermodynamiker, * 12. 3. 1912 Gallingen (Ostpreußen), † 20. 10. 2003 M¨unchen. G. studierte 1930-35 Maschinenwesen an der TH Danzig, wurde Mitarbeiter am Lehrstuhl des Thermodynamikers Ernst → Schmidt, ging 1937 mit Schmidt an die Deutsche Forschungsanstalt f¨ur Luftfahrt (seit 1938 Luftfahrtforschungsanstalt „Hermann G¨oring“) nach V¨olkenrode bei Braunschweig und wurde 1941 an der TH Braunschweig mit einer Arbeit u¨ ber W¨arme¨ubergang bei der Kondensation mit turbulenter Wasserhaut zum Dr. Ing. promoviert. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg war er als Berater und Fabrikdirektor t¨atig und trat 1953 bei den Farbenfabriken Bayer AG in Leverkusen ein. Daneben Lehrbeauftragter an der TH Braunschweig, wurde G. 1961 als Nachfolger Ernst Schmidts Prof. und Direktor des Instituts f¨ur Thermodynamik der TH (seit 1970 TU) M¨unchen. G., der als einer der weltweit f¨uhrenden Experten auf dem Gebiet der W¨arme- und Stoff¨ubertragung galt, ver¨offentlichte ¨ u. a. eine grundlegende Uberarbeitung von Sigmund → Erks und Heinrich Gr¨obers Die Grundgesetze der W¨arme¨ubertra3 2 ¨ gung (1954, 1963, Neudr. 1981, 1988, zahlreiche Ubersetzungen), Technische Thermodynamik (1966, 31977) und W¨armeleitung (1979, 21990, mit Heinrich Sander). 1960 war er Mitgr¨under und bis zu seinem Tod Mitherausgeber des „International Journal of Heat and Mass Transfer“. G. war seit 1975 Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, leitete 1984-99 als Vorsitzender deren Kommission f¨ur die Herausgabe der Gesammelten Werke von Johannes → Kepler und erhielt u. a. den Max-Jacob-Memorial Award. C Jb BAW 2003

Grill, Oswald, o¨ sterr. Maler, * 30. 8. 1878 Wien, † 13. 1. 1964 Wien. G. studierte an der Kunstgewerbeschule in Wien und an der M¨unchner Kunstakademie und arbeitete seit 1906 als freischaffender K¨unstler in Dachau. Nach Wien zur¨uckgekehrt, war er 1917-38 Vizepr¨asident bzw. Pr¨asident des Zen¨ tralverbandes der bildenden K¨unstler Osterreichs und wurde 1929 zum Prof. ernannt. G. malte haupts¨achlich Portr¨ats und Landschaften, die u. a. im Wiener K¨unstlerhaus und im M¨unchner Glaspalast ausgestellt wurden. F¨ur sein Werk erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter die Goldene ¨ Staatsmedaille Osterreichs. C Czeike Grillenberger, Karl, Politiker, Redakteur, * 22. 2. 1848 Zirndorf bei N¨urnberg, † 19. 10. 1897 M¨unchen. 1861-64 zum Schlosser ausgebildet, blieb G., Sohn eines Kantors und Hilfslehrers, nach der Wanderschaft als Handwerksbursche 1869 in N¨urnberg. Im selben Jahr trat er in die Sozialdemokratische Arbeiterpartei und die Internationale Metallarbeiter-Gewerksgenossenschaft ein, war nebenberuflich f¨ur sozialdemokratische Zeitungen t¨atig und wurde

1874 Leiter der N¨urnberger Genossenschaftsdruckerei, 1878 Schriftleiter der „Fr¨ankischen Tagespost“ und Bezirksvorsitzender seiner Partei. Nach dem Erlaß der Sozialistengesetze wurde G. Miteigent¨umer der Genossenschaftsdruckerei, in der u. a. der „Sozialdemokrat“ illegal nachgedruckt und seit 1883 die von G. mitbegr¨undete „Deutsche Metall-ArbeiterZeitung“ hergestellt wurden. 1881 erstmals in den Reichstag gew¨ahlt (Mitglied bis 1897), geh¨orte er neben August → Bebel zu den besten Rednern seiner Fraktion. Als Mitglied des Bayerischen Landtags (1892-97) trat er vor allem f¨ur eine Reform des Wahlrechts ein. C Arbeiterbewegung

Grillmeier, Alois, Jesuit, Theologe, Kardinal, * 1. 1. 1910 Pechbrunn (Oberpfalz), † 13. 9. 1998 M¨unchen. G. war Sohn eines Landwirts. Nach seinem Eintritt in den Jesuitenorden 1929 studierte er Philosophie und Theologie am Berchmanns-Kolleg des Ordens in Pullach sowie in Valkenburg, Frankfurt / Main und Rom. 1937 wurde er zum Priester geweiht, 1942 in Freiburg / Breisgau zum Dr. theol. promoviert. Nach Kriegsdienst und Lehrt¨atigkeit in Pullach war G. 1950-78 Prof. der Dogmatik und Dogmengeschichte an der Jesuitenhochschule St. Georgen in Frankfurt. 1994 wurde er zum Kardinal erhoben. G. nahm als Berater und Konzilstheologe am Zweiten Vatikanischen Konzil teil und wirkte anschließend bei dessen Interpretation und Umsetzung mit. Vor allem aber wurde er durch seine Darstellung und Deutung der altkirchlichen Christologie bekannt, der er mehrere umfangreiche und scharfsinnig-gelehrte Werke widmete (u. a. Das Konzil von Chalkedon, 3 Bde., 1951-54, 51979; Jesus der Christus im Glauben der Kirche, 5 Bde., 1979-98). C Munzinger

Grillo, (Heinrich) Friedrich (Theodor Ernst), auch Fritz G., Unternehmer, * 20. 12. 1825 Essen, † 16. 4. 1888 D¨usseldorf-Grafenberg. Nach kaufm¨annischer Lehre trat G., Bruder von Wilhelm → G., in die v¨aterliche Eisenwarenhandlung ein und u¨ bernahm sie. Um die Mitte der f¨unfziger Jahre wandte er sich der rheinisch-westf¨alischen H¨uttenindustrie zu und gr¨undete zahlreiche Gewerkschaften zwischen Dortmund und Duisburg sowie zur Emscher hin. G. beteiligte sich an Aktiengesellschaften und gr¨undete 1866 das Eisenwerk „Grillo, Funke & Co.“, 1869 eine Draht- und Hanfseilerei. Neben weiteren Beteiligungen in der Stahl-, Chemie- und Glasindustrie, an Gas- und Wasserwerken sowie Kreditinstituten gr¨undete er 1872 den „Schalker Gruben- und H¨uttenverein“ sowie mit anderen die „Dortmunder Union“, mit 12 400 Arbeitern eines der gr¨oßten Unternehmen seiner Zeit. In seinem auf Gewinnmaximierung vor allem durch Beteiligungstransaktionen gerichteten unternehmerischen Streben glich er mehr dem Managertypus der zweiten H¨alfte des 20. Jh. als vergleichbaren Großindustriellen seiner Zeit wie Alfred → Krupp und August → Thyssen. C NDB

Grillo, Wilhelm (Theodor), Unternehmer, * 15. 10. 1819 Essen, † 23. 1. 1889 D¨usseldorf. Der Bruder Friedrich → G.s gr¨undete nach kaufm¨annischer Lehre eine eigene Eisenwarenhandlung in M¨ulheim / Ruhr und versuchte sich einige Jahre sp¨ater mit einem Zinkwalzwerk in Neum¨uhl bei Duisburg, hatte damit aber wenig Erfolg. Die zweite Gr¨undung 1854 in Oberhausen war jedoch Ausgangspunkt einer expansiven Produktion, die mit dem Bau einer Zinkweißanlage 1865 gesteigert und 1880 durch eine eigene Zinkh¨utte in Hamborn abgerundet wurde. G.s Unternehmungen gaben der Region um Oberhausen, Hamborn und M¨ulheim wesentliche Entwicklungsimpulse. C NDB

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Grillparzer Grillparzer, Franz (Seraphicus), o¨ sterr. Dramatiker, * 15. 1. 1791 Wien, † 21. 1. 1872 Wien. Als Sohn eines Rechtsanwalts studierte G. 1807-11 Rechtswissenschaft an der Wiener Universit¨at. W¨ahrend dieser Zeit entstand sein erstes f¨unfaktiges Trauerspiel Blanka von Kastilien. Er reichte das St¨uck dem Burgtheater ein (sein Onkel Josef → Sonnleithner war Hoftheatersekret¨ar), doch wurde es abgelehnt. G. wurde Beamter – zun¨achst als Konzeptspraktikant bei der Finanzhofkammer (1814) – und brachte es schließlich bis zum Direktor des Hofkammerarchivs (1832 bis zur Pensionierung – mit dem Hofratstitel – 1856). F¨ur G. gab es jedoch „nie eine andere Wahrheit als die Dichtkunst“ (Tagebuch, 1827). Sein bedeutendster Mentor war Joseph → Schreyvogel, seit 1814 Hoftheatersekret¨ar und Dramaturg am Burgtheater. Der Einfluß der Aufkl¨arung und der Weimarer Klassik, seit 1816 durch den Verkehr mit Schreyvogel verst¨arkt, wirkte in G.s Schaffen mit dem Einfluß Shakespeares, Lopes de Vega und der Wiener Vorstadttheater zusammen. So entstand ein ihm eigener Dramenstil, gekennzeichnet durch Anschaulichkeit („Wort und Bild zu gleicher Zeit“, Tagebuch, 1817) und B¨uhnenwirksamkeit („Das a¨ cht dramatische ist immer theatralisch“, Tagebuch, 1837). Von Schreyvogel angeregt, schrieb G. und u¨ berarbeitete schließlich das Trauerspiel Die Ahnfrau, das 1817 im Theater an der Wien mit großem Erfolg aufgef¨uhrt wurde. Seine n¨achsten Dramen wurden alle im Burgtheater erfolgreich aufgef¨uhrt: die K¨unstlertrag¨odie Sappho (1818), die Trilogie Das Goldene Vließ (1821), die historischen Dramen K¨onig Ottokars Gl¨uck und Ende (1825) und Ein treuer Diener seines Herrn (1828). Nur die Liebestrag¨odie Des Meeres und der Liebe Wellen fiel 1832 infolge einer schwachen Auff¨uhrung durch. G.s Tagebuchaufzeichnungen und Epigramme belegen seine Unzufriedenheit mit dem „Geistesdruck“ des Metternichschen Systems. Trotzdem war er im Theaterleben Wiens verwurzelt. Abgesehen von seinen in ausf¨uhrlichen Tagebuchaufzeichnungen dokumentierten Reisen (1819 nach Italien, 1829 nach Deutschland – wo er u. a. → Goethe in Weimar besuchte –, 1836 nach Paris und London, 1843 nach Konstantinopel und Griechenland und 1847 nach Norddeutsch¨ land) blieb er zeitlebens in Osterreich. Diese Ortsgebundenheit spiegelt sich in seinem Werk wider: „Ich bin ein dorischer Dichter [. . .] Ich rede die Sprache meines Vaterlandes“ (Tagebuch, 1828). G. blieb unverheiratet. Seine große Liebe zu Marie Smolk von Smolenitz, die 1829 den Miniaturmaler Moritz Michael → Daffinger heiratete, kommt in der feinsinnigen Charakterzeichnung seiner dramatischen Frauenfiguren (Erny, Hero, Rahel) und im lyrischen Zyklus Tristia ex Ponto (Erstver¨offentlichung im Almanach „Vesta f¨ur das Jahr 1835“) zum Ausdruck. Katharina → Fr¨ohlich, mit der er sich 1821 „un¨uberlegt“ verlobte, blieb seine ‚ewige Braut‘; von 1849 bis zu seinem Tod wohnte er bei den Schwestern Fr¨ohlich in der Spiegelgasse. Zu seinen Freunden geh¨orten in den zwanziger Jahren Eduard von → Bauernfeld, Ernst von → Feuchtersleben, → Schubert und → Beethoven, f¨ur den er 1823 den Singspieltext Melusina verfaßte; zu Beethovens Begr¨abnis 1827 schrieb er die Trauerrede, die vom Burgtheaterschauspieler Heinrich → Ansch¨utz gesprochen wurde. Als Schreyvogel 1832 an der Cholera starb, notierte G. im Tagebuch: „Seit

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seinem Tode ist niemand in Wien, mit dem ich u¨ ber Kunstgegenst¨ande sprechen m¨ochte.“ Das letzte St¨uck, das er mit Schreyvogel besprochen hatte, das von Calder´on, Voltaire und dem Zauberspiel der Wiener Vorstadtb¨uhne beeinflußte dramatische M¨archen Der Traum ein Leben, wurde 1834 sein gr¨oßter Theatererfolg; das n¨achste St¨uck, das erst nach der Reise nach Paris und London vollendete Lustspiel Weh dem, der l¨ugt, fiel 1838 durch. F¨ur G. bestand die Aufgabe eines dramatischen Dichters darin, „sein Werk der allgemeinen Menschennatur verst¨andlich und empfindbar zu machen“ (Tagebuch, 1834 / 35). F¨ur ihn war das Theaterpublikum mit einer „Jury“ zu vergleichen. Nach dem Durchfall zog er sich vom Theater zur¨uck; seine bedeutendste Ver¨offentlichung in den vierziger Jahren war die Erz¨ahlung Der arme Spielmann (1847 im Almanach „Iris“). Anfang der f¨unfziger Jahre erfolgte unter Heinrich → Laube (Direktor des Burgtheaters seit 1849) eine Reihe von gegl¨uckten Neuinszenierungen. F¨ur G. kam diese Neuentdeckung zu sp¨at; seine letzten Dramen – das historische Trauerspiel Ein Bruderzwist in Habsburg, das M¨archendrama Libussa (beide um 1848 vollendet) und das große Trauerspiel Die J¨udin von Toledo (1851 vollendet) – wurden erst nach seinem Tod aufgef¨uhrt. 1849 wurde G. zum Gr¨undungsmitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien gew¨ahlt, in deren Auftrag er 1853 das bedeutendste Werk seiner Altersjahre verfaßte, die auf seinen Tageb¨uchern basierende fragmentarische Selbstbiographie. 1861 wurde er zum Mitglied des Herrenhauses auf Lebenszeit ernannt, 1864 zum Ehrenb¨urger der Stadt Wien; auch die Ehrendoktorw¨urde der Universit¨aten Wien (1859), Leipzig (1859) und Innsbruck (1871) wurde ihm verliehen. WEITERE WERKE: S¨amtliche Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe. Hrsg. v. August Sauer / Reinhold Backmann. 42 Bde., Wien 1909-48. – G.s Gespr¨ache und die Charakteristiken seiner Pers¨onlichkeit durch die Zeitgenossen. Hrsg. v. August Sauer. 6 Bde., Wien 1904-16. LITERATUR: Jahrbuch der Grillparzer-Gesellschaft. 1891 bis 1936. Neue Folge 1941-44. 3. Folge 1953 ff. – Josef Nadler: F. G. Vaduz 1948. – Norbert Fuerst: G. auf der B¨uhne. Wien / M¨unchen 1958. – Joachim Kaiser: G.s dramatischer Stil. M¨unchen 1961. – Heinz Politzer: F. G. oder das abgr¨undige Biedermeier. Wien / M¨unchen / Z¨urich ˇ 1972. – Zdenko Skreb: G. Eine Einf¨uhrung in das dramatische Werk. Kronberg / Taunus 1976. – Friedrich Sengle: Biedermeierzeit. Bd. 3, Stuttgart 1980, S. 57-132. – Dagmar C. G. Lorenz: G. Der Dichter des sozialen Konflikts. Wien / K¨oln / Graz 1986. – Robert Pichl u. a. (Hrsg.): G. und die europ¨aische Tradition. Wien 1987. – Arno Dusini: Die Ordnung des Lebens. Zu F. G.s Selbstbiographie. T¨ubingen 1991. – Sieglinde Klettenhammer (Hrsg.): Zwischen Weimar und Wien: G. – Ein Innsbrucker Symposion. Innsbruck 1992. – Hilde Haider-Pregler / Evelyn DeutschSchreiner (Hrsg.): Stichwort G. Wien / K¨oln / Weimar 1994. – Ian F. Roe: F. G.: A Century of Criticism. Columbia, S. C. 1995. W. Edgar Yates

Grimald, Abt von Weißenburg und St. Gallen, † 13. 6. 872 St. Gallen. G. stammte aus einer moselfr¨ankischen Adelsfamilie und war mit dem Trierer Erzbischof → Thietgaud verwandt, vermutlich dessen Bruder. Er wurde an der Aachener Hofschule und an der Klosterschule Reichenau ausgebildet und trat 824 als Kapellan in den Dienst Kaiser → Ludwigs I. des Frommen. 833-37 war Kanzler → Ludwigs II. des Deutschen und wurde 848 als dessen Erzkapellan h¨ochster geistlicher W¨urdentr¨ager am Hof. Seit 854 stand er auch wieder an der Spitze der kgl. Kanzlei. 870 zog sich G. in das Kloster St. Gallen, das er zuvor als weltlicher Abt (seit 841) ebenso wie Kloster Weißenburg (Abt 833-39 und erneut seit 847)

Grimm stark gef¨ordert hatte; u. a. erreichte er 854 die Abl¨osung der St. Galler Zinsverpflichtungen gegen¨uber dem Bistum Konstanz. G., einer der bedeutendsten Staatsm¨anner der Regierung Ludwigs des Frommen, z¨ahlt durch den Ausbau der St. Galler Klosterschule und mit Schenkungen an die Klosterbibliothek auch zu den Begr¨undern der h¨oheren Bildung C LexMA im ostfr¨ankischen Reich.

Grimberg, Heinrich, Unternehmer, * 26. 3. 1833 Bochum, † 24. 3. 1907 Bochum. Aus einer Bauernfamilie stammend, erkannte G. fr¨uh die wirtschaftlichen M¨oglichkeiten des westf¨alischen Bergbaus und war bei der Vermessung der ersten Grundst¨ucke des Bochumer Vereins dabei. 1872 gr¨undete er mit anderen die Zeche Lothringen, wurde Mitglied des Grubenvorstandes und war sp¨ater jahrzehntelang Vorstandsvorsitzender. In den Gr¨underjahren zu Reichtum und Kapital gekommen, beteiligte sich G. an zahlreichen Unternehmen der Rohstoffgewinnung und -verarbeitung und dehnte seine T¨atigkeit in den neunziger Jahren auf den hessischen Kalibergbau aus, wo er die Gewerkschaft „Wintershall“ sanierte und damit deren Aufstieg zu einem der gr¨oßten Unternehmen des deutschen Kalibergbaus begr¨undete. C NDB

Grimm, Arthur, Maler, * 11. 2. 1883 Mudau / Odenwald, † 23. 2. 1948 Mudau / Odenwald. Der Sohn eines Lehrers besuchte 1899-1902 das Lehrerseminar in Karlsruhe, unterrichtete kurzzeitig als Volksschullehrer und bildete sich 1902-05 an der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe zum Zeichenlehrer an h¨oheren Schulen weiter. 1907 schied er aus dem Staatsdienst aus und studierte bis 1911 an der Kunstakademie in Karlsruhe vor allem bei Wilhelm → Tr¨ubner. Nach einem Studienaufenthalt in Paris und der Teilnahme am Ersten Weltkrieg lebte er zun¨achst in Baden-Baden und seit 1932 als freischaffender K¨unstler in seiner Heimat. Von der Moderne abgewandt, malte G. vor allem die Landschaften S¨udwestdeutschlands, aber auch Bildnisse, Figuren und Stilleben in einem Tr¨ubner nachempfundenen und dem deutschen Impressionismus verwandten Stil. Er ver¨offentlichte u. a. das Mappenwerk Baden-Baden in 100 Zeichnungen (1928). Wegen seiner Mitgliedschaft in der NSDAP war G. 1945 / 46 interniert. C Bad Bio N.F., Bd 2 Grimm, Eduard, evang. Theologe, Philosoph, * 7. 8. 1848 Jena, † 11. 11. 1932 Emmelndorf bei Hittfeld. G. studierte 1867-70 in Jena Theologie, nahm als Freiwilliger am Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 teil und ging dann als Kandidat der Theologie und Lehrer nach Hamburg. Seit 1878 betreute er die Pfarrgemeinde B¨urgel bei Jena, wechselte 1881 als Archidiakon nach Weimar und kehrte 1892 als Hauptpastor nach Hamburg zur¨uck. Neben Predigtsammlungen und theologischen Schriften (Die Ethik Jesu, 1903, 21917) ver¨offentlichte G. philosophische Abhandlungen, u. a. Zur Geschichte des Erkenntnisproblems. Von Bacon bis Hume (1890), Das Problem Friedrich Nietzsches (1899) und Das Sittliche. Eine Weiterf¨uhrung des Kantischen Grundgedankens (1928). C BBKL Grimm, Ferdinand, o¨ sterr. Politiker, * 15. 2. 1869 Wien, † 8. 11. 1948 Bad Kreuzen (Ober¨osterreich). G. studierte an der Univ. Wien Rechtswissenschaften und wurde 1893 promoviert. Bereits 1892 trat er beim Zoll- und Taxamt in den Staatsdienst ein, wechselte 1898 in das Finanzministerium und wurde 1912 Ministerialrat, 1917 Sektionschef. Seit 1918 Unterstaatssekret¨ar im Staatsamt f¨ur Finanzen, leitete G. von November 1920 bis Oktober 1921 als Finanzminister die Sanierung der Staatsfinanzen. Sp¨ater amtierte er als Pr¨asident des Kreditinstituts f¨ur o¨ ffentliche

Arbeiten und Unternehmungen. W¨ahrend der Zeit des Kaiserreichs soll sich G. auch als Finanzberater des Hauses Habsburg bet¨atigt haben.

Grimm, Friedrich (Wilhelm Johannes), Jurist, Politiker, * 17. 6. 1888 D¨usseldorf, † 16. 5. 1959 Freiburg / Breisgau. Der Sohn eines Eisenbahnlandmessers studierte seit 1907 in Genf, Berlin, Marburg und M¨unster Rechtswissenschaften, wurde 1910 promoviert und ließ sich 1914 als Anwalt in Essen nieder. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg machte G. sich in juristischen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der franz¨osischen Besetzung des Ruhrgebiets einen Namen als Vertreter nationaler Interessen (Vom Ruhrkrieg zur Rheinr¨aumung. Erinnerungen eines deutschen Verteidigers vor franz¨osischen und belgischen Kriegsgerichten, 1930). 1922 habilitierte er sich an der Univ. M¨unster, wurde dort 1927 a. o. Prof. des internationalen Privat- und Prozeßrechts und vertrat Deutschland in den folgenden Jahren vor internationalen Schiedsgerichten. 1933-45 war G. Mitglied des Reichstags. Seit 1937 Anwalt am Berliner Kammergericht und Notar in Berlin-Dahlem, verteidigte er u. a. Konrad → Adenauer, vertrat aber auch die Interessen der NS-Regierung, u. a im Prozeß gegen David → Frankfurter nach der Ermordung Wilhelm → Gustloffs. Nach franz¨osischer Kriegsgefangenschaft ließ sich G. 1950 wieder als Rechtsanwalt in Freiburg / Breisgau nieder. Im selben Jahr trat er in die Deutsche Reichspartei ein. 1953 erschien die Autobiographie Politische Justiz, die Krankheit unserer Zeit (Neuaufl. 1974), 1961 postum Mit offenem Visier. Aus den Lebenserinnerungen eines deutschen Rechtsanwalts (bearb. von Hermann Schild). C Lilla, Statisten Grimm, Georg, Maler, * 1846 Kempten (?), † 24. 12. 1887 Palermo. In armen Verh¨altnissen aufgewachsen, arbeitete G. als Hirte, Stellmacher und Anstreicher, bevor er in Berlin, finanziell unterst¨utzt, Malkurse der Freien Schule besuchen konnte. Er gewann einen Reisepreis, lernte Italien, Nordafrika und den Vorderen Orient kennen und wanderte 1864 nach Brasilien aus. Nach einer aufsehenerregenden Ausstellung seiner Landschaftsbilder in Rio de Janeiro erhielt er 1882 von der kaiserlichen Regierung einen Lehrauftrag f¨ur Landschaftsmalerei an der dortigen Akademie der K¨unste. In den zwei Jahren seiner T¨atigkeit f¨uhrte er Freilichtstudien ein und begr¨undete eine Schule, der u. a. Antˆonio Pareiras angeh¨orte. C NDB Grimm, Georg, Jurist, Religionswissenschaftler, * 25. 2. 1868 Rollhofen (heute zu Neunkirchen / Sand, Kr. N¨urnberger Land), † 26. 8. 1945 Utting / Ammersee. Der Sohn eines Schmiedemeisters brach das Studium der Theologie ab, studierte Rechtswissenschaften und trat in den Staatsdienst ein. 1919 ließ er sich als Oberlandesgerichtsrat pensionieren, um sich der Erforschung des Buddhismus, dessen Anh¨anger er inzwischen geworden war, zu widmen. G. versuchte in vielen Schriften nachzuweisen, daß entgegen der buddhistischen Tradition eine alte Buddha-Lehre durchaus einen unbegreifbaren und unver¨außerlichen Pers¨onlichkeitskern aller Lebewesen konzediere. In Zusammenarbeit mit dem Indologen Karl Seidenst¨ucker gr¨undete er 1921 die „Altbuddhistische Gemeinde“ in Utting / Ammersee. Als G.s Hauptwerk gilt Die Lehre des Buddha, die Religion der Vernunft (1915, 1957 mit dem Untertitel Die Religion der Vernunft und Meditation). C NDB Grimm, Hans (Emil Wilhelm), Schriftsteller, * 22. 3. 1875 Wiesbaden, † 27. 9. 1959 Lippoldsberg. Der Sohn Julius → G.s arbeitete nach einj¨ahrigem Literaturstudium in Lausanne und einer Ausbildung zum Exportkaufmann in Großbritannien 1897-1908 als Kaufmann, Farmer und Korrespondent in S¨udafrika. 1910 reiste er im Auftrag

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Grimm der „T¨aglichen Rundschau“ durch Deutsch-S¨udwestafrika. Nach Deutschland zur¨uckgekehrt, studierte er in M¨unchen Staatswissenschaften sowie am Kolonialinstitut in Hamburg und ließ sich nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg (u. a. als Hilfsarbeiter in der Auslandsabteilung der Obersten Heeresleitung) 1918 als freier Schriftsteller in Lippoldsberg nieder. G.s Fr¨uhwerk, vor allem seine Novellen aus S¨udafrika (S¨udafrikanische Novellen, 1913; Der Gang durch den Sand und andere Geschichten aus s¨udafrikanischer Not, ¨ 1916), die seine Vorstellung von der „nat¨urlichen Uberlegenheit der weißen Rasse“ dokumentieren, fanden schnell Anerkennung bei der Kritik. Mit dem Roman Volk ohne Raum (2 Bde., 1926), einer sprachm¨achtig vorgetragenen Verbindung eines Politikkonzepts aus dem 19. Jh. mit der „Lebensraum“-Ideologie, lieferte er den Nationalsozialisten das Schlagwort f¨ur ihre Kriegspolitik. 1933 zum Senator der Preußischen Akademie der K¨unste ernannt, wurde er Mitglied des Pr¨asidialrats der Reichsschrifttumskammer, 1935 aber aus dieser Funktion entlassen. 1934-39 veranstaltete G. die „Lippoldsberger Dichtertage“, die er 1949 wiederbelebte. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg verteidigte er, der bei der Bundestagswahl 1953 f¨ur die Deutsche Reichspartei kandidierte, u. a. in seiner Erzbischofsschrift. Antwort eines Deutschen (1950) den „urspr¨unglichen Nationalsozialismus“. Offen Partei f¨ur → Hitler als dem „geschichtlich ahnungsvollsten Warner“ ergriff er in Warum, woher, aber wohin? Vor, unter und nach der geschichtlichen Erscheinung Hitler (1954). Zu G.s Ver¨offentlichungen, die zum Teil im 1951 gegr¨undeten Klosterhausverlag erschienen, z¨ahlen ferner R¨uckblick (1950), Leben in Erwartung. Meine Jugend (1952), Erkenntnise und Bekenntnisse (1954) und Suchen und Hoffen. Aus meinem Leben 1928 bis 1934 (1960). C Hillesheim

Grimm, Hans (August Georg), Physiker, Chemiker, * 20. 10. 1887 Hamburg, † 25. 10. 1958 Gauting bei M¨unchen. Nach einer kaufm¨annischen Lehre studierte G., Sohn eines Kaufmanns, in Leipzig, Jena und M¨unchen Nahrungsmittelchemie, wurde 1911 mit der Dissertation Zur Kenntnis des Retens promoviert und war seit 1912 diplomierter Nahrungsmittelchemiker. Im folgenden Jahr assistierte er an der Univ. Hamburg, bevor er als Offizier am Ersten Weltkrieg teilnahm. 1918 kehrte er nach M¨unchen zur¨uck und wandte sich der physikalischen Chemie zu. 1923 mit der ¨ Arbeit Uber die gesetzm¨aßige Erfassung von Kolonnendestillationen bin¨arer Gemische sowie u¨ ber Versuche zur Ermittlung von Dampfdruckunterschieden von Isotopen habilitiert, wurde er 1924 a. o. Prof. der physikalischen Chemie in W¨urzburg, 1927 o. Professor. 1929-38 leitete er das Forschungslabor der BASF in Oppau und lehrte daneben als Honorarprofessor in W¨urzburg. Aus politischen Gr¨unden zog er sich dann ins Privatleben zur¨uck, widmete sich in Dießen / Ammersee seinen Forschungen und philosophischen Studien und lehrte seit 1949 wieder an der Univ. M¨unchen. G. erkannte die Bedeutung geometrischer Struktur¨ahnlichkeiten differenter anorganischer Stoffe und Verbindungen. Es gelang ihm, aus leicht l¨oslichen Salzen neue, harte und diamant¨ahnliche Verbindungen zu schaffen (Neuartige Mischkristalle, 1924). C NDB Grimm, Hans Rudolf, schweizer. Schriftsteller, * 15. 9. 1665 Burgdorf (Kt. Bern) (?), † 5. 1. 1749 Burgdorf. G., Sohn eines Deutschlehrmeisters, durchlief eine Buchbinderlehre, ließ sich nach langj¨ahrigem Aufenthalt in Norddeutschland 1690 in Burgdorf nieder und arbeitete dort als Buchbinder, Schildermaler, Posaunist, Trompeter und Schankwirt. 1709 war er Großrat von Burgdorf und 1728-30 Unterspitalvogt, wurde aber wegen Unterschlagung aus dem Rat ausgeschlossen. Er beschrieb in volkst¨umlichem Stil

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vermeintlich u¨ bernat¨urliche Erscheinungen (Buch der Natur oder Beschreibung des großen Welt-Gebr¨aus Himmel und der Erden, 1727), aber auch vergangene Freiheitsk¨ampfe. G. verfaßte eine Neue-vermehrte und verbesserte SchweitzerCronica (1733). C HLS

Grimm, Heinrich, Komponist, Musiktheoretiker, * 1592 / 93 Holzminden, † 10. 7. 1637 Braunschweig. Der Sohn eines Schneiders war Sch¨uler des Komponisten und Musikschriftstellers Michael → Praetorius, studierte an der Univ. Helmstedt Philosophie und Theologie und wurde 1619 Kantor am Gymnasium in Magdeburg. Nach der Zerst¨orung der Stadt 1631 fl¨uchtete er nach Braunschweig, wo er bis zu seinem Tod Kantor an St. Katharinen, sp¨ater an St. Andreas war. G. komponierte fast ausschließlich Figuralund Choralmusik f¨ur den Gottesdienst in luth. Tradition und verfaßte einige musiktheoretische und musikp¨adagogische Traktate, u. a. Unterricht, wie ein Knabe nach der alten Guidonischen Art zu solmisieren leicht angef¨uhrt werden kann (1624). C MGG Grimm, Heinrich Gottfried, Milit¨ararzt, * 21. 6. 1804 Sargstedt bei Halberstadt, † 24. 12. 1884 Berlin. G., Sohn des Wundarztes Christian Friedrich G., studierte seit 1821 am Friedrich-Wilhelm-Institut in Berlin Medizin, wurde 1826 promoviert (Quaedam de phlegmasiae albae dolentis pathologia) und als Compagnie-Chirurg angestellt. Seit 1831 Stabsarzt, bereiste er 1832 zu Studienzwecken England, Schottland, Frankreich und Italien. 1835 wurde er Regimentsarzt, 1848 Oberstabsarzt, 1840 k¨oniglicher Leibarzt, 1844 Generalarzt und 1851 als Generalstabsarzt Leiter des preuß. Milit¨armedizinalwesens. G. machte sich um die Verbesserung der Milit¨arsanit¨atsverfassung verdient und veranlaßte u. a. die Bildung einer Milit¨armedizinalabteilung im Kriegsministerium und die Bildung eines Sanit¨atsoffizierscorps. Grimm, Herman (Friedrich), Pseud. Laban Habelmann, Kunst- und Literarhistoriker, * 6. 1. 1828 Kassel, † 16. 6. 1901 Berlin. Durch sein Elternhaus und den Onkel hatte G., Sohn Wilhelm → G.s, fr¨uh Kontakt zu bekannten Zeitgenossen, u. a. zu Marianne von → Willemer und Bettine und Achim von → Arnim, deren Tochter Gisela er 1859 heiratete. Er studierte 1847-49 in Berlin und Bonn Rechtswissenschaft und Philologie, wurde 1868 in Abwesenheit in Leipzig promoviert und habilitierte sich 1870 in Berlin. Seit demselben Jahr Privatdozent, wurde ihm 1873 ein eigener Lehrstuhl f¨ur Kunstgeschichte eingerichtet. Bevor er sich ganz der akademischen Lehre widmete, ver¨offentlichte G. Dramen, Versepen, Novellen und den Gespr¨achsroman Un¨uberwindliche M¨achte (3 Tle., 1867, 21870); sie nahmen, erz¨ahlerisch spr¨ode, schon Gedanken und Themen seiner sp¨ateren Essays (4 Bde., 1859-90) vorweg. G. explizierte dort sowie in seinen Biographien Leben Michelangelo’s (2 Bde., 1860-63, engl. 1865, italien. 1875; mehrere Neuausg., zuletzt unter dem Titel Leben & Werk Michelangelos. Der H¨ohepunkt der Renaissance, 1996) und Das Leben Raphaels von Urbino (Teil 1: Bis zur Vollendung der Disputa und Schule in Athen, 1872, 2. Ausg. von Bd. 1 und Abschluß in einem Band 1886 unter dem Titel Das Leben Raphael’s; 3., neu bearb. Aufl. 1896; engl. 1888; mehrere Neuausg., zuletzt unter dem Titel Leben & Werk Raphaels, 1997) die Inkarnation des großen K¨unstlers als Repr¨asentanten der Menschheit jenseits historischer und sozialer Bedingtheiten, dessen Werk nicht analysierbar, sondern nur ganzheitlich nacherlebt werden k¨onne. Mit dieser Kunstauffassung nahm er wichtige Aspekte der geistesgeschichtlichen Methode Wilhelm → Diltheys vorweg. G. geh¨orte dem Herausgeber-Gremium der Weimarer Goethe-Ausgabe an und war Mitbegr¨under der

Grimm Goethe-Gesellschaft. Seine Darstellung → Goethes erschien zuerst 1877 (Goethe, 2 Bde.; 121923, bearb. von Reinhard → Buchwald 1939, zuletzt 1989; engl. 1880). C IGL

Grimm, Hugo, o¨ sterr. Maler, * 21. 2. 1866 Feldkirch (Vorarlberg), † 8. 10. 1944 Kitzb¨uhel (Tirol). G. arbeitete im o¨ sterr. Staatsdienst als Postbeamter. Privat widmete er sich der Malerei, bildete sich autodidaktisch weiter und nahm 1891-94 bei Alfons Silber in Hall (Tirol) Zeichenunterricht. Nach weltabgeschiedenen und teils m¨archenhaften Motiven schuf er Landschaftsmalereien in der Tradition der Romantiker. Seit 1911 konnte sich G. ganz seiner Kunst widmen. Er f¨uhrte sp¨ater auch Buch- und Plakatillustrationen aus. C Th-B

Grimm, Jacob, Baumeister, begraben 20. 12. 1490 N¨urnberg. Aus einer N¨urnberger Steinmetzenfamilie stammend, schuf G. 1457 die erste steinerne Pegnitzbr¨ucke in N¨urnberg. 1466 wurde er Baumeister der St. Lorenzkirche und 1484 Werkmeister der Stadt. Außerhalb N¨urnbergs war er f¨ur den Bau der Klosterkirche von Gnadenberg bei Neumarkt 1451 zust¨andig. 1469 stand er in Diensten des Landgrafen von Leuchtenberg, 1476 in denen des Bischofs von W¨urzburg. 1489 war G. am Bau des Heilig-Geist-Spitals in N¨urnberg beteiligt, wurde aber w¨ahrend der Bauarbeiten wegen Vernachl¨assigung des Br¨uckenbaus seines Amtes enthoben. Grimm, Jacob (Ludwig Carl), Philologe, * 4. 1. 1785 Hanau, † 20. 9. 1863 Berlin. Grimm, Wilhelm (Carl), Philologe, * 24. 2. 1786 Hanau, † 16. 12. 1859 Berlin.

J. und W. G. geh¨oren zu jener Wissenschaftlergeneration der ersten H¨alfte des 19. Jh., auf die sich eine nachfolgende Deutsche Philologie als „Gr¨undungsv¨ater“ oder „-heroen“ in besonderem Maße berief. Durch die gemeinschaftliche Herausgabe eines wirkungsm¨achtigen Teils ihres wissenschaftlichen Werks, insbesondere die Erz¨ahlsammlung Kinder- und Hausm¨archen (KHM) sowie das Projekt eines Deutschen W¨orterbuchs, sind sie als „Br¨uder Grimm“ im Bewußtsein auch einer nichtwissenschaftlichen Nachwelt lebendig geblieben. Das gemeinschaftliche Studium der Rechtswissenschaften in Marburg, begonnen 1802 und 1803, wurde 1806 nur von ¨ W. G. abgeschlossen, der bis zur Ubernahme einer Bibliothekarsstelle in Kassel 1814 allerdings ohne feste Anstellung blieb. J. G. nahm 1805 als Mitarbeiter und „Hilfskraft“ an einer Studienreise seines Lehrers Friedrich Carl von → Savigny nach Paris teil, wo er in die Praxis einer modernen wissenschaftlichen Archivarbeit eingef¨uhrt wurde. Zur¨uckgekehrt nach Kassel, u¨ bernahm er eine Stelle als Verwaltungsbeamter beim dortigen Kriegsdepartement. Nach dem Einmarsch der Franzosen 1806 und der Errichtung des (napoleonischen) K¨onigreiches Westphalen 1807 wechselte J. G. in die Bibliothekslaufbahn, betreute die Privatbibliothek des K¨onigs → J´erˆome und wurde 1809 Beisitzer im Staatsrat. Auch nach der Wiederherstellung des Kurf¨urstentums Hessen konnte er dank seiner Fachkenntnisse im Staats-

dienst bleiben und wurde mit der Wiederbeschaffung und R¨uckf¨uhrung aus Hessen und Preußen entf¨uhrten Kulturguts betraut. Als Legationssekret¨ar im ausw¨artigen Dienst nahm er 1815 am Wiener Kongreß teil. Seiner Neigung folgend, wechselte J. G. 1816 wieder in die Bibliothekarslaufbahn. Bis 1829 arbeiteten J. und W. G. in hessischen Diensten an der Kasseler Bibliothek, bevor sie 1830 als Bibliothekare und Professoren nach G¨ottingen u¨ bersiedelten. Die Laufbahn der durch ihre wissenschaftliche Arbeit inzwischen europaweit renommierten G.s erlebte 1837 einen scharfen Einschnitt, als sie sich nach der Thronbesteigung K¨onig → Ernst Augusts von Hannover und dessen Aufk¨undigung der liberalen Verfassung von 1833 als Mitunterzeichner einer Protestation G¨ottinger Professoren („G¨ottinger Sieben“) gegen diesen von ihnen als Rechtsbeugung verstandenen herrscherlichen Akt wandten. Nicht zuletzt infolge der großen – keineswegs intendierten – Publizit¨at der Protestation erfolgte die Gegenreaktion ebenso rasch wie durchgreifend: die Entlassung der sieben Unterzeichner. Drei von ihnen wurden zudem ausgewiesen, u. a. J. G. Die G.s zogen nach Kassel zur¨uck. Gegen ihren Willen und zum Teil auch in Opposition zu ihrer eher wertkonservativen Grundhaltung wurden sie in der Folge zu einem Symbol liberalen B¨urgerprotestes im 19. Jahrhundert. Die politische Publizit¨at, die mit dem Namen G. nunmehr verbunden war, behinderte die schnelle Berufung auf eine andere Bibliotheks- und Professorenstelle in Deutschland. Durch die Initiative des Leipziger Verlegers Salomon → Hirzel begann 1838 die Vorbereitung des großangelegten Projekts eines Deutschen W¨orterbuchs, das den Br¨udern vorerst finanzielle Unabh¨angigkeit sicherte. Nach der Thronbesteigung → Friedrich Wilhelms IV. von Preußen erhielten die G.s 1840 einen Ruf an die Akademie der Wissenschaften zu Berlin, deren Mitgliedschaft mit dem Recht verbunden war, Vorlesungen an der Univ. zu halten. Vor allem J. G. wurde in den sp¨aten dreißiger und fr¨uhen vierziger Jahren zu einer bedeutenden wissenschaftlichen und politischen Instanz. Von den ersten Germanistenversammlungen 1846 in Frankfurt / Main und 1847 in L¨ubeck wurde er zum Vorsitzenden gew¨ahlt. In der PaulskirchenVersammlung 1848 erhielt er unter den prominenten Abgeordneten den Ehrenplatz in der Mitte der ersten Reihe. Von den politischen Entwicklungen entt¨auscht, zogen sich die G.s indes bald aus dem aktiven politischen Leben zur¨uck. So standen die Berliner Jahre bis zum Tod der Br¨uder in erster Linie im Zeichen ihrer Arbeit am Deutschen W¨orterbuch, dessen erster Band 1854 erschien (1. Lfg. 1852). Weiteste Popularit¨at gewannen vor allem die Kinder- und Hausm¨archen der Br¨uder G., die heute das wohl bekannteste Buch deutscher Sprache sind. Auch in der Musik haben die M¨archen breite Nachwirkung; so bearbeitete etwa Carl → Orff in den Werken Der Mond und Die Kluge Texte der Br¨uder G. Durch ihren Marburger Lehrer F. C. von Savigny vermittelt, wurden die G.s 1806 zu (anonymen) Mitarbeitern an Achim von → Arnims und Clemens → Brentanos Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn (3 Bde., 1805-08). Das zuvor schon durch Ludwig → Tiecks MinneliederSammlung von 1803, Ludwig → Wachlers literaturgeschichtliche Vorlesungen in Marburg und vor allem die historische Arbeit Savignys angeregte Interesse der Br¨uder f¨ur die „altdeutsche“ und „volksl¨aufige“ Literatur erhielt hier seine bestimmende Richtung. Aus f¨ur Brentano angefertigten Erz¨ahlskizzen und Exzerpten stellten die G.s eine eigene Sammlung von M¨archentexten zusammen, die 1812-15 in zwei B¨anden erschien. Die M¨archen galten den Br¨udern als „volkspoetische Zeugnisse“ und „Reste urdeutschen Mythus“; sie waren, ebenso wie die wissenschaftlichen Anmerkungen dazu (1812-15 im Anhang, 1822 in einem eigenen Band, erweitert nochmals 1856) und eine eigene Sammlung Deutscher Sagen (1816-18), vornehmlich als Quellenmate-

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Grimm rialien f¨ur eine projektierte „Geschichte der deutschen Poesie“ gedacht. Erst in der Folge einer zunehmenden erz¨ahltechnischen Ausgestaltung der Texte entstand die sogenannte „Gattung Grimm“, die seitdem die Form und Vorstellung von M¨archen oder gar „Volksm¨archen“ nachhaltig bestimmt. Von der zweiten Auflage (1819) an bis zur Ausgabe letzter Hand (1857) verantwortete W. G. allein die M¨archenredaktion und bef¨orderte die Tendenz zum Kinderbuch. F¨ur die weite Verbreitung sorgte nicht zuletzt eine einb¨andige Auswahledition, die zu Lebzeiten der G.s allein zehn Auflagen (zwischen 1825 und 1858) erlebte. Die irrige Vorstellung einer Sammlung von „Volksm¨archen“ aus m¨undlicher Tradition geht auf die G.sche Programmatik einer „Volkspoesie“ zur¨uck und beherrschte die M¨archenforschung bis weit ins 20. Jahrhundert. Erst die Untersuchungen Heinz R¨ollekes zur Beitr¨agerschaft der G.schen M¨archen bedeuteten den endg¨ultigen Schritt von einer oft deutscht¨umelnden Mythenkunde zur literaturgeschichtlichen Erz¨ahlforschung. F¨ur die Entwicklung einer Wissenschaft von der deutschen Sprache und Literatur ist J. G.s Deutsche Grammatik von kaum zu u¨ bersch¨atzender Bedeutung. Aus dem Ungen¨ugen seiner fr¨uhen spekulativen etymologischen Arbeiten entstand seit 1816 das Projekt einer Grammatik des Deutschen, die die Genese der sprachlichen Formen und ihrer Zusammenh¨ange systematisch darstellen sollte. Der erste Band beobachtete die Flexion (1819), 1822 umgearbeitet zu einer Lautlehre, die das mit G.s Grammatik wohl meistverbundene sogenannte „Grimmsche Gesetz“, die germanische und hochdeutsche Lautverschiebung, darstellte; die B¨ande 2 und 3 (1826 und 1831) galten der Wortbildung, Band 4 (1837) der Syntax des einfachen Satzes. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem G¨ottinger Lexikographen Georg(e) Friedrich → Benecke und vor allem mit dessen Sch¨uler Karl → Lachmann, dem Begr¨under einer modernen Textedition, entstand der Kern einer sprachgeschichtlich und textkritisch orientierten, altgermanistisch ausgerichteten Wissenschaft von der deutschen Sprache und Literatur, aus der sich in der Folge die heute g¨angigen disziplin¨aren Filiationen (Sprach- und Literaturwissenschaften) entwickelt haben. J. G.s Wissenschaftskonzeption war nicht auf Sprachgeschichte beschr¨ankt, sondern besaß einen weiten kulturgeschichtlichen Horizont. Sprach-, Religions- (bzw. Mythologie-) und Rechtsgeschichte waren die Hauptfelder seiner Arbeit, die sich wirkungsm¨achtig in mehreren großen Sammelprojekten niederschlug: Deutsche Rechtsalterth¨umer (2 Bde., 1828), Deutsche Mythologie (2 Bde., 1835-44), Weisth¨umer (4 Bde., 1840-42, 1863; weitergef¨uhrt Bde. 5-7, 1866-78). Die Hochsch¨atzung der Materialsammlungen als Zeugnisse einer empirischen Altertumskunde wird heute zunehmend in Frage gestellt. G.s a-methodologischer Zugang, eine gewisse Erratik sowie der f¨acher¨ubergreifende Angang, der kontr¨ar zur fachdisziplin¨aren Entwicklung der Wissenschaft steht, verst¨arken den Eindruck einer Sonderstellung von J. G.s wissenschaftlichem Werk im Rahmen der fr¨uhen Deutschen Philologie. W. G. stand in seiner wissenschaftsgeschichtlichen Bedeutung im Schatten des a¨ lteren Bruders. Als Hauptwerk gilt seine rezeptionsgeschichtliche Sammlung Die deutsche Heldensage (1829). Neben Volkserz¨ahlung und Heldensage galt sein wissenschaftliches Interesse vor allem dem Sprichwort. Dies schlug sich zum einem in den M¨archenredaktionen, zum anderen in seiner Edition von → Freidanks mittelhochdeutscher Spruchsammlung Bescheidenheit (1834; 1860) nieder. W. G.s philologische Arbeit ist st¨arker als die seines Bruders durch die Herausgabe mittelalterlicher Texte bestimmt. Sein publikumsorientiertes Editionsverst¨andnis vermochte sich jedoch nicht gegen die strengkritische „Lachmann-Schule“ durchzusetzen und hat

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erst in der j¨ungeren Medi¨avistik wieder Aufmerksamkeit erringen k¨onnen. LITERATUR: Ludwig Denecke: J. G. und sein Bruder W. Stuttgart 1971. – Ulrich Wyss: Die wilde Philologie. J. G. und der Historismus. M¨unchen 1979. – Astrid Stedje (Hrsg.): Die Br¨uder G. Erbe und Rezeption. Stockholm 1985. – Heinz R¨olleke: „Wo das W¨unschen noch geholfen hat“. Gesammelte Aufs¨atze zu den ‚KHM‘ der Br¨uder G. Bonn 1985. – Dieter Hennig / Bernhard Lauer (Hrsg.): Die Br¨uder G. Dokumente ihres Lebens und Wirkens. (200 Jahre Br¨uder G.) Kassel [1985]. – Wolfgang Mieder: „Findet, so werdet ihr suchen!“ Die Br¨uder G. und das Sprichwort. Bern 1986. – Joachim D¨uckert (Hrsg.): Das G.sche W¨orterbuch. Untersuchungen zur lexikographischen Methodologie. Leipzig 1987. – Volker Mertens (Hrsg.): Die G.s, die Germanistik und die Gegenwart. Wien 1988. – Gunhild Ginschel: Der junge J. G. 1805-1819. 2., erw. Aufl. Stuttgart 1989. – Monika K¨ostlin: Im Frieden der Wissenschaft. W. G. als Philologe. Stuttgart 1993. – Veronika Krapf: Sprache als Organismus. Metaphern – ein Schl¨ussel zu J. G.s Sprachauffassung. Kassel 1993. – Beate Kellner: G.s Mythen. Studien zum Mythosbegriff und seiner Anwendung in J. G.s ‚Deutscher Mythologie‘. Frankfurt / Main 1994. – Lothar Bluhm: G.-Philologie. Beitr¨age zur M¨archenforschung und Wissenschaftsgeschichte. Hildesheim 1995. – L. Bluhm: Die Br¨uder G. und der Beginn der Deutschen Philologie. Hildesheim 1997. – L. Bluhm / H. R¨olleke: „Redensarten des Volks, auf die ich immer horche“. M¨archen – Sprichwort – Redensart. Neue Ausgabe. Stuttgart 1997. – H. R¨olleke: Die M¨archen der Br¨uder G. Quellen und Studien. Trier 2000. – H. R¨olleke: Die M¨archen der Br¨uder G. Eine Einf¨uhrung. Stuttgart 2004 (11985). Jahrb¨ucher zur G.-Forschung: Br¨uder G.-Gedenken. [Bd. 1]. Gemeinsam mit Gerhard Heilfurth hrsg. v. Ina-Maria Greverus / Ludwig Denecke. Marburg 1963. Bde. 2-10 hrsg. v. L. Denecke. Marburg 1975-93. Ab Bd. 11 (Stuttgart / Leipzig 1995) hrsg. v. Ruth Reiher / Berthold Friemel. – Jahrbuch der Br¨uder G.Gesellschaft. Hrsg. v. Hartmut Kugler u. a. Kassel 1991 ff. – Nachlaßeditionen: Die Grimmforschung ist von der Konkurrenz zweier Unternehmungen gepr¨agt. Kritisch kommentierte Editionen in Einzelb¨anden erscheinen seit 1998 im Rahmen der Werke und Briefwechsel. Kasseler Ausgabe (Verlag der Br¨uder Grimm-Gesellschaft) und seit 2001 im Rahmen der Briefwechsel der Br¨uder Jacob und Wilhelm Grimm. Kritische Ausgabe in Einzelb¨anden (Hirzel Verlag). Lothar Bluhm

Grimm, Johann, schweizer. Maler, * 1675 (1677 ?) Bern (Burgdorf ?), † 3. 10. 1747 Bern. G. wurde in der Malschule des Josef → Werner in Bern, danach in Rom ausgebildet. Nach seiner R¨uckkehr arbeitete er zun¨achst in Burgdorf, seit 1720 in Bern, wo er selbst eine Zeichenschule er¨offnete. G. schuf Portr¨ats, Stammb¨aume, Veduten und Miniaturen, darunter eine Serie der acht vornehmsten Geb¨aude des damaligen Bern in Aquarell, Pastell ¨ f¨ur den Rat der Stadt (1743). C Bern Bio, Bd 5 und Ol Grimm, Johann Karl Philipp, Mathematiker, Physiker, * 17. 8. 1768 Halle, † 22. 11. 1813 Liegnitz. G. war nach dem Studium der Mathematik und Physik zun¨achst Prof. der Physik an der Friedrichs-Schule und Artillerieakademie in Breslau und seit 1801 Prof. an der Ritterakademie in Liegnitz. G. ver¨offentlichte u. a. Handbuch der Physik, f¨ur Schullehrer und Liebhaber dieser Wissenschaft (3 Bde., 1797-1800, fortges. unter dem Titel Supplemente zu dem Handbuche der Physik oder Repertorium der neuesten Fortschritte in der Physik f¨ur Schullehrer und Liebhaber dieser Wissenschaft, 4 Tle., 1800-1805), Die Erde und ihre Atmosph¨are (1800), Das Wissensw¨urdigste aus der Physik (1803) und Grundriss der Experimentalphysik (1823).

Grimm Grimm, Joseph, kath. Theologe, * 23. 1. 1827 Freising, † 1. 1. 1896 W¨urzburg. G. studierte in M¨unchen Philosophie und Theologie, wurde 1850 zum Priester geweiht und war seit 1854 Kooperator an der M¨unchner Domkirche. 1856 wurde er Prof. der Exegese am Lyzeum in Regensburg, 1874 o. Prof. des Neuen Testaments an der Univ. W¨urzburg. Sp¨atere Berufungen nach Prag und M¨unchen nahm er nicht an. Zu G.s Ver¨offentlichungen z¨ahlen Abhandlungen u¨ ber die Einheit der Evangelien und Das Leben Jesu. Nach den vier Evangelien dargestellt (7 Bde., 1876-99; Bd. 7 bearb. von Joseph → Zahn). C DLL Grimm, Julius, Jurist, Historiker, * 26. 11. 1821 Kassel, † 3. 8. 1911 Wiesbaden. G. studierte in Bonn, Marburg und Heidelberg Rechtswissenschaften, wurde 1848 promoviert und war nach der Habilitation 1851 a. o. Prof. in Bonn, 1853-59 o. Prof. in Basel. Danach ging er als Generalsekret¨ar und Syndikus zur S¨ud¨osterreichischen Eisenbahngesellschaft. Seit 1868 in Wiesbaden im Ruhestand, bet¨atigte er sich politisch und war Mitbegr¨under der Nationalliberalen Partei in Hessen-Nassau sowie des Deutschen Kolonialvereins. 1888 wurde er in den preuß. Landtag gew¨ahlt. G. arbeitete u¨ ber verschiedene Themen der nassauischen Geschichte (Der r¨omische Br¨uckenkopf in Kastel bei Mainz und die dortige R¨omerbr¨ucke, 1882; Wiesbaden nach dem dreißigj¨ahrigen Kriege, 1906). Er war der Vater des Schriftstellers Hans → G. C Renkhoff Grimm, Julius (Otto), Dirigent, Komponist, * 6. 3. 1827 Pernau (Livland), † 7. 12. 1903 M¨unster (Westfalen). Seit dem sechsten Lebensjahr Vollwaise, wuchs G., dessen Vater zun¨achst Milit¨arapotheker, dann Apothekenbesitzer war, bei Verwandten auf, die ihm das Studium der Philosophie und Philologie in Dorpat erm¨oglichten. Nach dem Staatsexamen 1848 unterrichtete er als Hauslehrer in St. Petersburg, wo erste Kompositionen entstanden. 1851 / 52 studierte G. am Leipziger Konservatorium. Er schloß Freundschaft mit Johannes → Brahms und Joseph → Joachim. Zu dritt unterst¨utzten sie die Familie Robert → Schumanns nach dessen geistigem Zusammenbruch 1854. 1855-60 war G. Musiklehrer und Chordirigent in G¨ottingen, danach Dirigent des Musikvereins in M¨unster. Er leitete mehrere Gesangvereine, war Lektor f¨ur Musiktheorie und Gesang an der Univ. M¨unster und unterrichtete als Privatlehrer. 1877 wurde er Musikdirektor, 1885 Prof. und 1900 Mitglied der Berliner Akademie der K¨unste. Seine eigenen Kompositionen orientierten sich vor allem an Brahms. C MGG Grimm, Karl Ludwig Willibald, evang. Theologe, * 1. 11. 1807 Jena, † 22. 2. 1891 Jena. G. studierte seit 1827 in Jena Theologie und wurde 1832 zum Dr. phil. promoviert. 1833 habilitiert, lehrte er seit 1837 als außerordentlicher, seit 1844 als ordentlicher Honorarprofessor an der Univ. Gießen. Seine zahlreichen Ver¨offentlichungen befassen sich vor allem mit der neutestamentlichen Exegese. G. gab mit anderen das Kurzgefaßte exegetische Handbuch zu den Apokryphen des Alten Testaments (6 Bde., 1851-60) heraus. Sein Hauptwerk ist das Lexicon Graeco-Latinum in libros Novi Testamenti (1888, als selbst¨andige Bearbeitung von Christian Gottlob Wilkes Clavis Novi Testamenti philologica). C BBKL Grimm, Karl Otto, Beamter, Bankier, * 25. 4. 1867 Mannheim, † 14. 9. 1928 Berlin. Der Sohn des großherzoglich-badischen Ministerpr¨asidenten Karl von G. studierte in Heidelberg und Berlin Rechtswissenschaften und wurde 1890 promoviert. 1894 trat er als Amtmann beim Bezirksamt in Mannheim in den Staats¨ dienst ein. Uber Stationen im badischen Innenministerium

und beim Bezirksamt Schopfheim kam G. 1903 als kommissarischer Hilfsarbeiter ins Reichsinnenministerium nach Berlin. 1906 wurde er Geheimer Regierungsrat und Vortragender Rat und wechselte 1907 zum Reichsbankdirektorium, dem er bis zu seinem Tod als ordentliches Mitglied angeh¨orte. 1909 wurde er zum Geheimen Oberfinanzrat ernannt. G. befaßte sich vor allem mit dem Dezernat f¨ur die Unterbringung und Abwicklung von Anleihen, das besonders w¨ahrend des Ersten Weltkriegs von Bedeutung war, sowie mit dem Personaldezernat. C DBJ, Bd 10

Grimm, Ludwig Emil, Maler, Zeichner, Radierer, * 14. 3. 1790 Hanau, † 4. 4. 1863 Kassel. Der j¨ungere Bruder von Jacob und Wilhelm → G. studierte seit 1805 an der Kunstakademie in Kassel und wechselte nach kurzem Aufenthalt in Heidelberg, wo er Illustrationen zu Des Knaben Wunderhorn und Achim von → Arnims „Zeitung f¨ur Einsiedler“ beisteuerte, an die M¨unchner Kunstakademie. Nach der Teilnahme an den Befreiungskriegen 1814 und einer Italienreise kehrte er 1817 nach Kassel zur¨uck und ließ sich als Maler, Zeichner, Radierer und Illustrator – u. a. der Kleinen Ausgabe der Kinder- und Hausm¨archen (1825) seiner Br¨uder – nieder. Er schuf Portr¨ats, Landschaften, Genrebilder und Karikaturen. Seine Zeichnungen sind durch feinen Strich und lockere Modellierung gekennzeichnet. Seit 1832 lehrte G. als Prof. an der Kasseler Kunstakademie. Seine Autobiographie Erinnerungen aus meinem Leben (1911, hrsg. von Adolf Stoll, Neuausg. von Wilhelm Praesent, 1950) sind u¨ ber das Biographische hinaus eine wichtige Quelle f¨ur die Lebensbedingungen eines K¨unstlers der Zeit sowie f¨ur die Erforschung des Kreises um die Br¨uder Grimm. C Killy Grimm, (Friedrich) Melchior Frh. von, Schriftsteller, Diplomat, * 26. 12. 1723 Regensburg, † 18. 12. 1807 Gotha. Der aus einer Pfarrersfamilie stammende G. schrieb bereits als Sch¨uler Lyrik sowie die 1748 in → Gottscheds „Schaub¨uhne“ abgedruckte Romandramatisierung Banise. 1742-45 studierte er in Leipzig Literatur, Geschichte und o¨ ffentliches Recht. Nach drei Jahren als Hauslehrer in Regensburg u¨ bersiedelte er 1749 nach Paris, wo er mit den wichtigsten Vertretern der intellektuellen Szene, darunter Denis Diderot und Jean-Jacques Rousseau, verkehrte, Beitr¨age zur Encyclop´edie lieferte und sich mit der Polemik Le petite Proph`ete de Boehmisch-Broda (1753) im damaligen Opernstreit einen Namen machte. Kurz nach Ver¨offentlichung dieser Streitschrift begann G. in der Nachfolge des Abbe Raynal die Correspondance litt´eraire, philosophique et critique [. . .] als vierzehnt¨agig versandtes Periodikum mit Berichten u¨ ber das k¨unstlerische Leben der Metropole, sp¨ater zunehmend auch u¨ ber die politischen und gesellschaftlichen Zust¨ande in Frankreich. Abonnenten waren ausschließlich europ¨aische F¨urstenh¨ofe. Zwar konnte G. durch die Form der Geheimkorrespondenz keine o¨ ffentliche Wirkung erzielen, aber sie erm¨oglichte ihm eine unzensierte Berichterstattung, die als Dokument der Geistes-, Kultur- und Sozialgeschichte des vorrevolution¨aren Frankreich von unsch¨atzbarem Wert ist. 1774 u¨ berließ G., seit 1771 Baron, die Redaktion seiner Korrespondenz Jakob Heinrich → Meister und trat in diplomatischen Dienst von Sachsen-Gotha und → Katharinas II., deren Emigrantenfonds er, 1792 aus Paris geflohen und nach Deutschland zur¨uckgekehrt, verwaltete. C Killy Grimm, Robert, schweizer. Politiker, * 16. 4. 1881 Wald (Kt. Z¨urich), † 8. 3. 1958 Bern. Zun¨achst als Buchdruck-Maschinenmeister und Typograph in der Schweiz und im Ausland t¨atig, wurde G., Sohn eines Metallarbeiters, 1906 Sekret¨ar des Basler Arbeiterbundes.

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Grimm 1909-18 war er Redakteur der „Berner Tagwacht“. 1907-09 geh¨orte er dem Großrat von Basel-Stadt, 1909-18 dem Berner Stadtrat, 1910-38 dem Berner Großrat, 1911-19 und 1920-55 dem Nationalrat (1946 Pr¨asident) an. 1918-38 war G. zudem Berner Gemeinderat und 1938-46 Regierungsrat im Kanton Bern. 1946 wurde er Direktor der L¨otschbergbahn. G.s Aufstieg zum Arbeiterf¨uhrer begann 1906 mit der Brosch¨ure Der politische Massenstreik. 1918 wurde er als Anf¨uhrer im Landesstreik inhaftiert. Seit 1920 F¨uhrer der schweizer. Sozialisten, gelang ihm mit der Verabschiedung des Parteiprogramms von 1935 die Wendung der Partei zur Sozialdemokratie. Als bedeutendster Sozialist der Schweiz in der ersten H¨alfte des 20. Jh. verfaßte G. auch eine Geschichte der Schweiz in ihren Klassenk¨ampfen (1920, Nachdr. 1976) und eine Geschichte der sozialistischen Ideen in der Schweiz (1931, Nachdr. 1978). C HLS

Grimm, Samuel Hieronymus, schweizer. Maler, Schriftsteller, getauft 18. 1. 1740 Burgdorf (Kt. Bern), † 14. 4. 1806 London. G. erlernte bei seinem Onkel Johann → G. die Malerei und wurde in Bern mit Albrecht von → Haller bekannt, der das Vorwort zu seinem einzigen Band Gedichte (1762) schrieb. Bekannt wurde G. vor allem durch seine Illustrationen zu Werken von Ewald Christian von → Kleist, Friedrich → Hagedorn, Christian F¨urchtegott → Gellert und anderen. 1765 wanderte er nach London aus, wo er seit 1768 mit Erfolg Landschafts- und Architekturzeichnungen, Aquarelle, mythologische Figurenbilder und Genreszenen ausstellte. Daneben zeichnete er auch f¨ur topographische Werke. C Bern Bio, Bd 5 Grimm, Siegmund, auch Sigismund Grymm, Arzt, Drucker, † Mitte 1531 Augsburg. G. wurde 1500 in Freiburg / Breisgau zum Dr. med. promoviert und praktizierte 1507-16 als Stadtarzt in Augsburg. Seit 1517 betrieb er dort zusammen mit Marx Wirsung eine Druckerei, die ihn nach 1522 zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten brachte, bis schließlich 1527 sein ganzer Besitz einschließlich Druckerei und Schriftgießerei gepf¨andet wurde. G. verlegte vor allem humanistische, sp¨ater zunehmend reformatorische Schriften. C MGG Grimm, Wilhelm → Grimm, Jacob Grimm-Sachsenberg, Richard, Maler, Graphiker, Typograph, * 22. 2. 1873 Untersachsenberg / Vogtland, † 6. 6. 1952 Leipzig. G.-S. studierte an den Kunstakademien Dresden und M¨unchen und unterrichtete nach einem Studienaufenthalt in Florenz einige Jahre als Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Krefeld. 1907 ließ er sich als freier K¨unstler in Leipzig nieder. Er malte, radierte und stach vor allem Landschaften; in der Kirche seines Geburtsorts Untersachsenberg f¨uhrte er ein Bergpredigt-Fresko aus. Die Beherrschung fast aller graphischen Techniken kam ihm bei seinen buchgewerblichen und typographischen Arbeiten zugute. G.-S. entwarf Verlagssignets, Vignetten, Plakate, Vorsatzmuster und Bucheinb¨ande sowie Schrifttypen, darunter eine r¨omische Grimm-Antiqua, eine Saxonia-Type und eine GrimmFraktur. Er war Mitglied des Vereins Deutscher Buchgewerbek¨unstler, des Leipziger K¨unstlerbundes und der Leipziger Jahresausstellung. Grimm von Wartenfels, Heinrich, schweizer. Staatsmann, * 9. 6. 1754 Solothurn, † 19. 11. 1821 Solothurn. G. v. W. stammte aus patrizischem Geschlecht und trat 1770 bei der Schweizergarde in Paris in milit¨arische Dienste. Er kehrte 1781 als Major zur¨uck und trat im selben Jahr als Jungrat der Kantonsregierung bei. 1794 wurde er Stadtmajor, 1797 Altrat und 1800 Pr¨asident des Kantonsgerichts. Als

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Solothurn 1811 als eidgen¨ossischer Vorort die Leitung der schweizer. Staatsangelegenheiten u¨ bernahm, wurde G. v. W. erster Schultheiß und Landammann der Schweiz. Nach Napoleons Sturz und der damit verbundenen Restauration in der Schweiz verlor G. v. W. 1814 sein Amt, blieb aber Staatsund Regierungsrat. C ADB

Grimme, Adolf (Berthold Ludwig), Politiker, P¨adagoge, * 31. 12. 1889 Goslar, † 27. 8. 1963 Degerndorf / Inn (heute zu Brannenburg, Kr. Rosenheim). Der Sohn eines Bahnhofsvorstehers studierte 1908-14 in Halle, M¨unchen und G¨ottingen Philosophie (u. a. bei Edmund → Husserl) und Germanistik und war 1919-23 Studienrat und Oberstudienrat in Hannover. Nach Stationen als Mitglied des Provinzialschulkollegiums Hannover, Oberschulrat in Magdeburg, Ministerialrat im preuß. Kultusministerium und Vizepr¨asident des Provinzialschulkollegiums Berlin und Mark Brandenburg trat G., der seit 1918 der SPD angeh¨orte, 1930 als Kultusminister in die preuß. Regierung ein. Er geh¨orte zum Kreis der entschiedenen Schulreformer und der religi¨osen Sozialisten. Vom Reichskommissar f¨ur Preußen 1932 abgesetzt, hatte er unter der nationalsozialistischen Herrschaft kein Amt inne und wurde 1942 wegen seiner Verbindungen zum Widerstandskreis um Arvid → Harnack zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. 1945 / 46 leitete er als Regierungsdirektor die Hauptabteilung Kultur des Pr¨asidiums Hannover und dann zwei Jahre das nieders¨achsische Kultusministerium. Als Generaldirektor des Nordwestdeutschen Rundfunks 1948-56 leistete G. einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau eines freien, demokratisch kontrollierten und um unabh¨angige Berichterstattung bem¨uhten Rundfunks. Grundlage und Ziel seines kultur- und bildungspolitischen Lebenswerks war eine allgemeine Ausweitung der Volksbildung. Wissen und Bildung sollten helfen, Wahrnehmungsf¨ahigkeit und Kreativit¨at als Mittel gegen die Selbstentfremdung des Menschen in der modernen Industriegesellschaft zu entwickeln. G. ver¨offentlichte u. a. Der religi¨ose Mensch (1922), Die religi¨ose Schule (1923), Das neue Volk – der neue Staat (1932) und Rettet den Menschen (1949). Nach G. ist der Adolf-Grimme-Preis benannt. C Leb Berlin 3

Grimme, Friedrich Wilhelm, Pseud. Strunzerth¨aler, Volkskundler, Schriftsteller, * 25. 12. 1827 Assinghausen (Kr. Brilon, Westfalen), † 3. 4. 1887 M¨unster (Westfalen). G., Sohn eines Lehrers und Organisten, studierte 1847-52 an der Kgl. Akademie in M¨unster Theologie, Franz¨osische Philologie und Geschichte und war Gymnasiallehrer in Arnsberg, Brilon und M¨unster, seit 1856 am Theodorianum in Paderborn. 1872-85 leitete er das Gymnasium in Heiligenstadt (Th¨uringen). Als Volkskundler und Mundartdichter setzte er seiner sauerl¨andischen Heimat ein literarisches Denkmal (u. a. Schw¨anke und Gedichte in sauerl¨andischer Mundart, 1861, erste Auflage unter dem Titel Sprickeln un Sp¨one, 1858). Zur Kulturgeschichtsschreibung S¨udwestfalens trug er mit Memoiren eines Dorfjungen (1864) und Das Sauerland und seine Bewohner (1866; 2., umgearb. und verm. Aufl. 1886) bei. G. trat auch mit Kompositionen hervor, die sich an Carl Maria von → Weber orientierten. Er war der Vater von Hubert → G. C NDB

Grimme, Hubert, Orientalist, Semitist, * 24. 1. 1864 Paderborn, † 5. 9. 1942 M¨unster (Westfalen). Der Sohn Friedrich Wilhelm → G.s studierte in M¨unster und Berlin Klassische und Germanische Philologie sowie Orientalistik und wurde 1886 promoviert. Nach anderthalb Jahren als Lehrer am Realgymnasium in Lippstadt wurde er 1889 Privatdozent, 1891 o. Prof. der semitischen Sprachen an der Univ. Freiburg (Schweiz). 1910-29 lehrte er als o. Prof. in M¨unster. G. arbeitete vor allem u¨ ber das S¨udarabische und das Hebr¨aische und besch¨aftigte sich mit dem Koran und

Grimmelshausen dem Alten Testament. Er ver¨offentlichte u. a. die Biographie Mohammed (2 Bde., 1892-95) und Die altsinaitischen Buchstabeninschriften (1929). Zu G.s Werken z¨ahlt auch Plattdeutsche Mundart (1910).

Grimmel, Elias, Maler, * 1703 Memmingen, † 21. 1. 1759 St. Petersburg. G. studierte in Memmingen und an der Wiener Kunstakademie Malerei und wurde 1741 Hofmaler in St. Petersburg. Er wird in den Wiener Akademie-Protokollen von 1731 bis 1737 als Teilnehmer der Preiskonkurrenzen gef¨uhrt und gewann 1734 eine Silbermedaille. In St. Petersburg schuf G. neben seiner T¨atigkeit als Mal- und Zeichenlehrer Andachtsbilder und Vorlagen f¨ur Stichillustrationen. C Th-B Grimmel, Felix, Unternehmer, * Kempten (?), † 1557 Konstanz. G., Sohn eines Vertreters der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft in Mailand, trat mit dem v¨aterlichen Erbe in die Gaisberg-Gesellschaft, die bis 1548 bedeutendste Leinenhandelsgesellschaft in Konstanz, ein. 1549-57 war er Gewerbsherr und Richter in der Ratsstube in Konstanz. Mit seinem Bruder Jakob → G. gr¨undete er 1549 eine eigene Handels- und Verlagsgesellschaft mit Sitz in Konstanz und Memmingen. Das Unternehmen produzierte und veredelte Leinen- und Barchenttuche und handelte mit Papier, Baumwolle und Gew¨urzen. Der r¨aumliche Schwerpunkt von Warenhandel und Verlagsproduktion erstreckte sich vom Hochrhein u¨ ber den Bodensee bis nach Oberschwaben und ins Allg¨au, w¨ahrend die Tuche u¨ ber Antwerpen bis nach Spanien und England vertrieben wurden. Die Br¨uder G. pflegten Gesch¨aftsbeziehungen zu den damals wichtigsten Finanzund Handelszentren in Italien, Frankreich, Deutschland und den Niederlanden. Grimmel, Jakob, Unternehmer, * Kempten (?), † 1564 Memmingen (?). Der Bruder von Felix → G. heiratete 1544 die Tochter ¨ und beteiligte sich an von Eberhard → Zangmeister d. A. der Memminger Zangmeister-Gesellschaft. Seit 1543 durchlief er eine Ausbildung in Antwerpen, arbeitete dort als Handlungsgehilfe, kehrte 1549 nach Memmingen zur¨uck und gr¨undete mit seinem Bruder die Handelsgesellschaft Felix und Jakob G. mit Sitz in Memmingen und Konstanz. 1552-61 war G. Spezereischauer in Memmingen, 1559-61 geh¨orte er dem Großen Rat an. Nach dem Tod seines Bruders 1557 f¨uhrte er die Gesellschaft noch bis zu ihrer Aufl¨osung 1560 alleine weiter und widmete sich danach der weiterhin bestehenden Memminger Teilfirma. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von, Pseud. u. a. Samuel Greifnson von Hirschfeld, Schriftsteller, * um 1620 Gelnhausen, † 17. 8. 1676 Renchen bei Offenburg. Nach einer kaum dokumentierten Kindheit und Jugend war G. zeitweise Soldat, sp¨ater Regimentsschreiber und u¨ bte nach dem Dreißigj¨ahrigen Krieg Verwaltungs¨amter am Oberrhein aus. 1667 wurde er Schultheiß in Renchen, einem damals zum Bistum Straßburg geh¨orenden Gebiet. In dem Jahrzehnt zwischen 1666 und 1675 erschien sein rund 20 Titel umfassendes literarisches Werk. G. erweist sich darin als begnadeter Prosaautor, dessen eigentliches Metier der einfache Stil ist. So anschaulich und unterhaltsam seine Schriften auch sein m¨ogen, sein eigentliches Anliegen war moral-

didaktischer Art. Er verfolgte satirische und erbauliche Wirkungsabsichten und bediente sich dazu u. a. der Form der menippeischen Satire. Signifikant f¨ur die literaturgeschichtliche Stellung G.s ist die Kluft, die sich zwischen ihm und den humanistischen Dichtern des Barock auftut. Die von diesen ¨ ausge¨ubten gehobenen Amter in Kirche, Universit¨at und Verwaltung blieben ihm verschlossen. Aus Mangel an fundierter Bildung war G. veranlaßt, l¨angst veraltete, ins Deutsche u¨ bersetzte Quellen f¨ur seine Dichtungen heranzuziehen. In seinem Joseph (1666) zeigte G. seine F¨ahigkeit zur Innovation, indem er den biblischen Stoff erstmals in deutscher Sprache und in Romanform pr¨asentierte. Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch (1668) wurde das sofort erfolgreiche Hauptwerk G.s. Es handelt sich um den ersten originalen deutschen Pikaroroman. In der f¨ur die Gattung typischen Form der Ich-Erz¨ahlung wird aus der Position der R¨uckschau der Lebenslauf einer Person erz¨ahlt. Kennzeichnend sind die starken Gl¨uckswechsel, das niedrige soziale Umfeld, das anf¨angliche Leiden unter Lasterhaftigkeit und Unmoral, das sp¨atere unmoralische Tun des Helden als Draufg¨anger, Betr¨uger und Epikureer. Die Bekehrung und der R¨uckzug des Helden in eine Einsiedelei konstituiert im Simplicissimus, dem Vorbild a¨ lterer Pikaroromane entsprechend, den Schluß. G. verlegt die Handlung ¨ in die Zeit des Dreißigj¨ahrigen Kriegs. Altere Interpretationen betonen deshalb den autobiographischen Charakter des Werkes. Neuere Forschungen relativieren diese Sicht und heben subtile (z. B. allegorische) Darstellungstechniken, die Rolle schwankhafter Erz¨ahltechniken, die moraldidaktischen und sozialkritischen Absichten, die Verwendung der Form des Pikaroromans und den Zusammenhang mit der in der Neuzeit wieder gepflegten Gattung der menippeischen Satire hervor. Mit Landst¨ortzerin Courasche (1670), Springinsfeld (1670) und Vogelnest (1672; dem interessantesten Werk G.s neben dem Simplicissimus) legte G. drei weitere Romane vor, die inhaltlich und formal an den Simplicissimus ankn¨upfen. Thomas → Manns Felix Krull und Die Blechtrommel von G¨unter Grass entstanden in bewußter Auseinandersetzung mit G.s Simplicissimus. Ratio Status (1670) ist ein Traktat u¨ ber das Verhalten des Menschen in der Welt. G. st¨utzt sich hier u. a. auf die Lehren der „biblischen Policey“ von → Reinkingk und bezieht Front gegen Machiavelli und den Utilitarismus. In Proximus und Lympida (1672) verarbeitet G. den Stoff einer Legende, die zeigt, wie ein junger Mann aus Fr¨ommigkeit das reiche v¨aterliche Erbe ausschl¨agt und daf¨ur mit der Hand einer reichen Frau belohnt wird. Der Vorwurf ist so variiert, daß mit Verwicklung und Aufl¨osung die Disposition des „hohen Romans“ vorliegt und daß die erbauliche Wirkungsabsicht deutlich hervortritt. WEITERE WERKE: Gesammelte Werke in Einzelausgaben. Hrsg. v. Rolf Tarot. T¨ubingen 1967 ff. – Werke. 2 in 3 B¨anden. Hrsg. v. Dieter Breuer. Frankfurt / Main 1989-97. – Ewigw¨ahrender Kalender. Faks. hrsg. v. Klaus Haberkamm. Konstanz 1967. – Claus von und zu Schauenburg. Teutscher Friedens-Rath. Straßburg 1670 (postum unter redaktioneller Mitarbeit G.s erschienen). LITERATUR: Gustav K¨onnecke: Quellen und Forschungen zur Lebensgeschichte G.s. 2 Bde., Weimar 1926-28. – G¨unther Weydt: Nachahmung und Sch¨opfung im Barock. Bern / M¨unchen 1968. – G. und seine Zeit. Hrsg. v. G¨unther Weydt / Rudolf Wimmer. In: Daphnis 5 (1976) Heft 2-4. – Simpliciana. Schriften der Grimmelshausen-Gesellschaft. Bd. 1 ff., 1979 ff. – Joseph B. Dallett: Geheimpoetik. Kritische Betrachtungen. In: Daphnis 10 (1981) S. 349-395. – Volker Meid: G. M¨unchen 1984. – Stefan Trappen: G. und die menippeische Satire. T¨ubingen 1994. Stefan Trappen

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Grimmer Grimmer, Christian Friedrich, Komponist, * 6. 2. 1798

Grimminger, Adolf, S¨anger, Schriftsteller, * 2. 5. 1827

Mulda bei Freiberg (Sachsen), † Juni 1850 Langenhennersdorf bei Pirna (Sachsen). G. studierte in Leipzig Theologie und wurde zum Dr. phil. promoviert. Er arbeitete als Hauslehrer, er¨offnete eine Buchhandlung und betrieb zuletzt ein Musikinstitut. Sein eigentliches Interesse galt der Liedkomposition. Er ver¨offentlichte zwanzig Romanzen und Balladen im Volkstone und 1832 dreißig Deutsche Lieder und Balladen. G. war mit Gustav Theodor → Fechner und Robert → Schumann befreundet.

Stuttgart, † 9. 3. 1909 Stuttgart. Der Sohn eines Webers erlernte 1845-48 die Bildhauerei in Stuttgart, studierte dann bei Aloys → Bayer in M¨unchen Gesang und deb¨utierte dort 1853 an der Hofoper. Bis 1869 war er in Mannheim, Karlsruhe und Hannover, an der Wiener Hofoper und neun Jahre am Deutschen Theater in Rotterdam engagiert. Dann ließ er sich in Stuttgart nieder, gab nur noch gelegentlich Gastspiele und widmete sich der Bildhauerei sowie seinen dichterischen Ambitionen. 1867 erschien G.s erster Lyrikband Mei’ Derhoim. Gedichte in schw¨abischer Mundart (41883), 1872 folgten Lug-in’s-Land und C Kutsch 1894 Sprossen und Bl¨uten.

Grimmer, Reginald Otto, Politiker, * 1. 5. 1926 Leipzig, † 4. 10. 1994 Berlin. Der Sohn eines Schlossers und einer Schneiderin erhielt eine Ausbildung zum Dreher, trat nach sowjetischer Kriegsgefangenschaft 1949 der SED bei und u¨ bernahm Funktion¨arsposten in Leipzig und Dresden. 1951 wurde G. Mitarbeiter der Abteilung Agitation des Zentralkomitees der SED und u¨ bernahm nach dem Besuch der Parteihochschule der KPdSU in Moskau 1955 die stellvertretende Leitung der Abteilung. 1962 wurde er stellvertretender, 1968 als Nachfolger von Gerhart → Eisler erster Vorsitzender des Staatlichen Komitees f¨ur Rundfunk; in dieser Funktion war er maßgeblich an Propagandamaßnahmen gegen den „Prager Fr¨uhling“ beteiligt. 1971-88 war G. Sekret¨ar f¨ur Agitation und Propaganda der SED-Bezirksleitung Berlin. C DDR

Grimmer, Walter (Eugen), Milchwirtschaftler, Chemiker, * 28. 6. 1878 B¨ohlen bei Leipzig, † 24. 9. 1944 K¨onigsberg (Preußen). Der aus einer Kaufmannsfamile stammende G. studierte Chemie in G¨ottingen und Dresden, wo er nach der Promotion (1904 in G¨ottingen, Zur Kenntnis des Cyclohexanoms) an der Physiologisch-Chemischen Versuchsstation der Tier¨arztlichen Hochschule assistierte. Dort und seit 1907 am Milchwirtschaftlichen Institut in Greifswald befaßte er sich vor allem mit biologischen Fragen der Milchwirtschaft, die 1913 zu seiner Habilitationsschrift Beitr¨age zur Kenntnis der Fermente der Milchdr¨use f¨uhrten. Seit 1916 Leiter der Versuchsstation und Lehranstalt der Landwirtschaftskammer f¨ur die Provinz Ostpreußen, habilitierte er sich in K¨onigsberg f¨ur das Fach Milchwirtschaft um und wurde 1924 zum o. Prof. berufen. W¨ahrend G.s Forschungen anfangs vor allem den Milchenzymen galten, besch¨aftigte er sich in K¨onigsberg mit der K¨asereifung und der Mykologie des K¨ases. Seine Forschungen waren f¨ur die damals in der Volksern¨ahrung zentrale Milchwirtschaft grundlegend. G. ver¨offentlichte Rationelle Milchwirtschaft (6 Tle., 1913), einen Leitfaden der Milchhygiene (1922), ein Lehrbuch der Chemie und Physiologie der Milch (1926), ein Milchwirtschaftliches Praktikum (1926) und war Mitherausgeber eines Handbuchs der Milchwirtschaft (1930-36). G. gr¨undete die Zeitschrift „Milchwirtschaftliche Forschungen“. C NDB

Grimmich, Virgil, Benediktiner, Theologe, * 13. 11. 1861 Kaaden (B¨ohmen), † 14. 8. 1903 Almsee (Gr¨unau, Obero¨ sterreich). G. studierte in Kaaden, Br¨ux und Kremsm¨unster, trat dort 1880 in das Benediktinerstift ein und wurde 1885 zum Priester geweiht. 1886-88 studierte er Philosophie in Rom und wurde zum Dr. phil promoviert. Danach lehrte er an der Theologischen Hauslehranstalt in St. Florian, bis er 1897 als a. o. Prof. der Theologie an die Univ. Wien ging, wo er 1899 zum Dr. theol. promoviert wurde. Seit 1901 war er o. Prof. der Moraltheologie an der Deutschen Univ. in Prag. G. vero¨ ffentlichte als erster ein Lehrbuch der theoretischen Philosophie (1893) auf der Grundlage der Lehren des Thomas von Aquin. Zu seinen Werken z¨ahlen ferner Katechetik (1900) und Religionsunterricht an unseren Gymnasien (1900). ¨ C OBL

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Grimpe, (Johann) Georg, Zoologe, * 16. 2. 1889 Leipzig, † 22. 1. 1936 Leipzig. G., Sohn des Besitzers des „Th¨uringer Hofes“ in Leipzig, studierte 1908-13 in Leipzig und Neapel Zoologie und vergleichende Anatomie, wurde 1912 in Leipzig mit der Dissertation Das Blutgef¨aßsystem der dibranchiaten Cephalopoden. Teil 1. Octopoda promoviert und war 1913-20 Direktorialassistent des Zoologischen Gartens in Leipzig. Daneben assistierte er seit 1916 am Zoologischen Institut der Univ. und u¨ bernahm 1918 als Kustos auch die Betreuung und Neuaufstellung der Sammlungen des Instituts. 1922 mit der Arbeit Zur Kenntnis der Cephalopodenfauna der Nordsee habilitiert, wurde G. 1928 a. o. Prof. in Leipzig. Seine meeresbiologischen Forschungen, vor allem u¨ ber Tintenfi¨ sche, und Ver¨offentlichungen wie Systematische Ubersicht der europ¨aischen Cephalopoden, zugleich Katalog s¨amtlicher rezenter Gattungen der Klasse (1922) machten ihn international bekannt. G. war Herausgeber des Sammelwerkes Die Tierwelt der Nord- und Ostsee (1925-30), Mitarbeiter der 4. Auflage von Brehms Tierleben (1920) und seit 1927 Schriftleiter der Zeitschrift „Der Zoologische Garten“. C NDB

Grimschitz, Bruno, o¨ sterr. Kunsthistoriker, * 24. 4. 1892 Moosburg (K¨arnten), † 13. 6. 1964 Wien. G. studierte seit 1910 Kunstgeschichte in Wien und wurde 1918 promoviert. Im folgenden Jahr trat er als Hilfskraft in ¨ die Osterreichische Galerie in Wien ein, deren Direktor er 1939 wurde. G. bewahrte die im Besitz der Galerie befindlichen Bilder Egon → Schieles und Oskar → Kokoschkas vor der nationalsozialistischen S¨auberung. Er lehrte an der TH und der Univ. Wien und ver¨offentlichte u. a. Das Belvedere ¨ ¨ in Wien (1946), Barock in Osterreich (1960) und Osterreichische Maler vom Biedermeier zur Moderne (1964). C Czeike

Grimsehl, (Carl) Ernst (Heinrich), Physiker, * 6. 8. 1861 Hannover, † 30. 10. 1914 bei Langemarck (Belgien). G., Sohn eines F¨arbereibesitzers, studierte seit 1879 in G¨ottingen Mathematik und Physik, wurde Hilfslehrer in Hannover und unterrichtete seit 1885 am Johanneum in Hamburg. 1892 ging er nach Cuxhaven, baute die Physikalische Sammlung der dortigen Realschule auf und war seit 1900 an der neugegr¨undeten Realschule auf der Uhlenhorst in Hamburg t¨atig. Um den Unterricht anschaulicher und praxisn¨aher zu gestalten, erfand G. zahlreiche Versuchs¨ und Ubungsapparaturen, die auf Ausstellungen gezeigt und in Fachzeitschriften dargestellt wurden. Er ver¨offentlichte u. a. Die Vorg¨ange beim elektrischen Strome (1894), Angewandte Potentialtheorie in elementarer Behandlung (1905), Die elektrische Gl¨uhlampe im Dienste des physikalischen Unterrichts (1906), ein Lehrbuch der Physik (1909) und Didaktik und Methodik der Physik (1911). G. fiel im Ersten Weltkrieg bei Langemarck in Belgien. C NDB

Grisar Grindel, David Hieronymus von, Chemiker, Apotheker, Mediziner, * 29. 9. 1776 Riga, † 8. 1. 1836 Riga. Zum Apotheker ausgebildet, studierte G. seit 1796 in Jena Medizin und Naturwissenschaften. 1798 nach Riga zur¨uckgekehrt, gr¨undete er eine chemische Gesellschaft, hielt Privatvorlesungen u¨ ber Chemie und trat als Gesch¨aftspartner in die Apotheke seines Lehrherrn ein. G. wurde 1802 von der Univ. Jena promoviert, schlug einen anschließenden Ruf als Prof. der Chemie und Pharmazie an die wiedergegr¨undete Univ. Dorpat jedoch aus. Einem zweiten Ruf 1804 folgte er und lehrte dort bis 1814. Nachdem er wiederum als Apotheker in Riga gearbeitet hatte, studierte er 1820-22 in Dorpat Medizin und hielt gleichzeitig Vorlesungen in Chemie. G. ließ sich als Arzt in Riga nieder und praktizierte seit 1823 als Kreisarzt. G. ver¨offentlichte Handb¨ucher und Einf¨uhrungen ¨ f¨ur Pharmazie, Botanik und Chemie, u. a. Allgemeine Ubersicht der neuen Chemie, zur Einleitung f¨ur Anf¨anger darge¨ stellt (1799), ferner ein Taschenbuch f¨ur pr¨ufende Arzte und Apotheker (1808) und Briefe u¨ ber Chemie (2 Bde., 1814). ¨ C Arzte 1

Grindel, Gerhard, Redakteur, Schriftsteller, Filmproduzent, * 8. 12. 1902 Berlin, † 7. 8. 1965 Berlin. G. studierte in Berlin Theater- und Kunstgeschichte und schrieb seit 1928 Drehb¨ucher f¨ur Kultur- und Spielfilme. Mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft erhielt er Schreibverbot; seit 1944 mußte er Zwangsarbeit leisten. Nach dem Krieg war er Ressortchef f¨ur Kulturpolitik beim Berliner „Tagesspiegel“, sp¨ater Chefredakteur von „sie“ und der Theaterzeitschrift „Dionysos“ sowie Theaterkritiker des ¨ „Abend“. Daneben verfaßte er Ubersetzungen und Dramatisierungen f¨ur den H¨orfunk, sp¨ater auch f¨ur das Fernsehen. G. ver¨offentlichte u. a. M¨archen unter dem Titel Der leuchtende Teppich (1947) und den Essay Ethos der Freiheit (1948).

Gringsmuth-Dallmer, Hanns (Paul Gerhard), Historiker, Archivar, * 23. 11. 1907 Oppeln, † 7. 9. 1999 Plauen / Vogtland. G.-D., Sohn eines Regierungsrates, studierte in Jena, Bonn und Halle / Saale Geschichte und Germanistik und wurde 1934 in Halle bei Hans → Herzfeld mit der Arbeit Die Beh¨ordenorganisation im Herzogtum Magdeburg. Ihre Entwicklung und Eingliederung in den brandenburgpreußischen Staat promoviert. Nach Weiterbildung am Institut f¨ur Archivwissenschaften und einer geschichtswissenschaftlichen Fortbildung am Preußischen Geheimen Staatsarchiv in Berlin (1936 / 37) kam er an das Staatsarchiv Magdeburg, an dem er 1941 zum Archivrat bef¨ordert wurde. 1947 aus der Kriegsgefangenschaft nach Magdeburg zur¨uckgekehrt, wirkte G.-D. am Landesarchiv Sachsen-Anhalt, dessen Direktor er 1948 wurde. 1953-66 war er auch Honorardozent am Institut f¨ur Archivwissenschaft in Potsdam. 1967 aus politischen Gr¨unden als Archivdirektor abgel¨ost und an die Außenstelle Wernigerode versetzt, schied G.-D. 1976 aus dem Archivdienst aus und u¨ bersiedelte 1980 in die Bundesrepublik. Er war ordentliches Mitglied der Historischen Kommission bei der S¨achsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und der Historischen Kommission f¨ur Sachsen-Anhalt. Seine Ver¨offentlichungen galten vor allem archivwissenschaftlichen Themen und der mittelalterlichen Stadtgeschichte Magdeburgs. C MBL

Grinten, Hans van der, Kunstsammler, Museumsgr¨under, * 19. 3. 1929 Kranenburg, † 24. 5. 2002 Essen. Nach einem Studium der Landwirtschaft und der Kunstgeschichte (bis 1958) f¨uhrte G. bis 1965 den landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters weiter und baute zusammen mit seinem Bruder Franz Joseph seit Beginn der f¨unfziger Jahre eine eigene Kunstsammlung auf. Den Schwerpunkt bildete das Werk von Joseph → Beuys, dessen Holzschnitte, Zeich-

nungen und Plastiken auf dem Hof in Kranenburg 1953 zum ersten Mal weltweit in einer Einzelausstellung gezeigt wurden. 1971 erhielt G. eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter am St¨adtischen Museum Abteiberg in M¨onchengladbach und leitete 1974-91 als Konservator die Abteilung f¨ur Moderne Kunst am Stedelijk Museum Commanderie van Sint-Jan in Nimwegen. 1990 geh¨orte er zu den Begr¨undern der „Stiftung Schloß Moyland“, die 1997 die Er¨offnung des Museums Schloß Moyland m¨oglich machte, und leitete sie bis 1999. Die umfangreiche Beuys-Sammlung der Br¨uder wurde in die Stiftung eingebracht und bildet mit ann¨ahernd 5000 Werken und einem Archiv von etwa 100 000 Dokumenten den Kern der Kunstsammlung. G. ver¨offentlichte zahlreiche Kataloge und Aufs¨atze zur Kunst des 20. Jahrhunderts.

Gripeswoldt, Jochim, Goldschmied, † nach 1561. G. erhielt 1518 das B¨urgerrecht der damals durch den Salzhandel bedeutenden Hansestadt L¨uneburg. Seit 1519 wird er als Meister gef¨uhrt. Seine Goldschmiedewerkstatt bildete zwischen 1521 und 1559 23 namentlich bekannte Lehrlinge aus. G.s Arbeiten z¨ahlen zu den bedeutendsten Zeugnissen der Goldschmiedekunst der Renaissance in Norddeutschland. Soweit sie erhalten blieben, geh¨oren sie zum Ratssilber aus dem 15. und 16. Jahrhundert, das L¨uneburg als einzige Hansestadt bewahren konnte und das sp¨ater in den Besitz Berliner Museen u¨ berging. Zu ihm geh¨oren mehrere Pokale und Becken sowie ein 1540 gestifteter Gießl¨owe. C NDB Gripp, Karl (Christian Johannes), Geologe, Pal¨aontologe, * 21. 4. 1891 Hamburg, † 26. 2. 1985 L¨ubeck. G., Sohn eines Lehrers, studierte seit 1910 Geologie und Pal¨aontologie in G¨ottingen, Grenoble und Kiel und wurde ¨ 1914 promoviert (Uber das marine Altmioc¨an im Nordseebecken). 1920 in Hamburg mit der Arbeit Steigt das Salz zu L¨uneburg, Langenfelde und Segeberg episodisch oder kontinuierlich? habilitiert, wurde G. 1927 a. o. Prof. und Kustos am Geologischen Staatsinstitut in Hamburg und unternahm Forschungsreisen nach Spitzbergen und Gr¨onland. Zu seinem wissenschaftlichen Schwerpunkt wurde die geologische Erforschung Norddeutschlands und insbesondere die Glazialgeologie. 1934 entlassen, arbeitete er als Gutachter bei der Westk¨ustenforschung, als Angestellter bei der „Provinzialstelle f¨ur Vor- und Fr¨uhgeschichtliche Landesaufnahme und Denkmalpflege“ und seit 1939 als beratender Geologe bei der Planung zur Erweiterung des Nord-Ostsee-Kanals. Nach Kriegsbeginn lehrte G. als apl. Prof. an der Univ. Kiel und wurde 1943 stellvertretender Leiter des Geologisch-Pal¨aontologischen Instituts und Museums der Univ. Kiel. 1945-58 war er als o. Prof. Direktor dieses Instituts. G. ver¨offentlichte u. a. Geologie von Hamburg und seiner n¨aheren und weiteren Umgebung (1933), Entstehung und k¨unftige Entwicklung der Deutschen Bucht (1944) und Erdgeschichte von SchleswigHolstein (1964). C SHBL, Bd 9

Grisar, Erich, Schriftsteller, * 11. 9. 1898 Dortmund, † 30. 11. 1955 Dortmund. Der Sohn eines Fabrikarbeiters arbeitete als technischer Vorzeichner in verschiedenen Betrieben und im Br¨uckenbau Dortmunds. Nach 1922 lebte er f¨ur kurze Zeit in Butzbach (Hessen) und Leipzig. 1924 ließ er sich in seiner Heimatstadt als freier Schriftsteller nieder. W¨ahrend der nationalsozialistischen Herrschaft hatte G. Publikationsverbot und arbeitete in seinem alten Beruf. Nach 1945 war er Bibliothekar an der Stadtb¨ucherei in Dortmund. G. schrieb sozialkritische Erz¨ahlungen und Gedichte in der Tradition der Arbeiterdichtung sowie Sprechch¨ore (Unser ist der Tag, 1924, 21931) und die Reportage Mit Kamera und Schreibmaschine durch

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Grisar Europa (1932). 1946 gab er mit Denk ich an Deutschland in der Nacht eine der ersten Anthologien deutscher Exillyrik heraus. Sein Leben beschrieb er in Kindheit im Kohlenpott (1946). C Westf Autoren, Bd 3

im s¨uddeutschen Raum, geh¨orte dem Pr¨asidium der „Europ¨aischen F¨oderation Junger Ch¨ore“ an und war Mitorganisator der „Europa Cantat“. Er setzte sich f¨ur eine historisch C MGG korrekte Wiedergabe der Werke → Bachs ein.

Grisar, Hartmann, Pseud. Konstantin Germanus, Jesuit, Theologe, * 22. 9. 1845 Koblenz, † 25. 2. 1932 Innsbruck. Nach dem Studium der Theologie in M¨unster und Innsbruck wurde der B¨ackerssohn 1868 in Rom zum Priester geweiht und trat im selben Jahr in die Gesellschaft Jesu ein. 1871-95 lehrte er Kirchengeschichte an der Univ. Innsbruck und ging danach zur Erforschung des Papsttums nach Rom. 1901 erschien seine vor allem auf eigene arch¨aologische Studien gest¨utzte Geschichte Roms und der P¨apste im Mittelalter, die er aber nicht u¨ ber das Jahr 590 hinausf¨uhren konnte. Gesundheitliche Probleme zwangen ihn zur R¨uckkehr nach Deutschland, dann wieder nach Innsbruck, wo er als Honorarprofessor lehrte und sich besonders dem Werk und der Person → Luthers widmete. Er ver¨offentlichte u. a. Luther (3 Bde., 1911 / 12), Lutherstudien (1921-23) und Martin Luthers Leben und Werk (1926). Er f¨uhrte die reformatorische Theologie Luthers auf psychopathologische Ursachen zur¨uck. C NDB

Grischow, August(in), Mathematiker, * 13. 12. 1683

Grisar, Joseph, Jesuit, Theologe, Kirchenhistoriker, * 22. 11. 1886 Koblenz, † 7. 8. 1967 Meran. G., Neffe von Hartmann → G., trat 1906 in die Gesellschaft Jesu ein, studierte in M¨unchen und empfing 1917 die Priesterweihe. 1923 in M¨unchen mit der Arbeit Bayern und Preußen zur Zeit der K¨olner Wirren promoviert, erhielt er eine Professur f¨ur Kirchengeschichte an der Ordenshochschule in Valkenburg und z¨ahlte 1932 zu den Begr¨undern der Fakult¨at f¨ur Kirchengeschichte an der P¨apstlichen Univ. Gregoriana in Rom, wo er bis 1963 als Prof. t¨atig war. G. lehrte auch an der Vatikanischen Archivschule und arbeitete in der Ritenkongregation mit. Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs begr¨undete er die Reihe „Miscellanea Historiae Pontificiae“, in der auch seine beiden B¨ande Die ersten Anklagen in Rom gegen das Institut Maria Wards (1959) und Maria Wards Institut vor r¨omischen Kongregationen (1616-1630 (1966) ver¨offentlicht wurden. C LThK Grisch, Andreas, Landwirt, * 5. 1. 1879 vermutlich Surlej bei Silvaplana (Kt. Graub¨unden), † 6. 2. 1952 K¨usnacht (Kt. Z¨urich). G., Sohn eines Wegmachers, besuchte bis 1899 das Lehrerseminar in Chur, studierte dann Landwirtschaft am Eidgen¨ossischen Polytechnikum in Z¨urich und war seit 1902 Mitarbeiter an der landwirtschaftlichen Versuchsanstalt Z¨urichOerlikon, 1920-44 als Leiter der Abteilung Samenkontrolle. Er erwarb sich internationale Reputation als Fachmann f¨ur die Herkunftsbestimmung von Saatgut. G. ver¨offentlichte u. a. Der Anbau der Feldfr¨uchte und Futterpflanzen (mit Albert N¨af, 1914, 51936), Die haupts¨achlichen Pflanzen und Pflanzenbest¨ande der Naturwiesen und Weiden (1931) und Die Herkunftsbestimmung der Klee- und Grassamen (1944). C HLS

Grischkat, Hans (Adolf Karl Wilhelm), Chordirigent, * 29. 8. 1903 Hamburg, † 10. 1. 1977 Kemnat bei Stuttgart. G. studierte Naturwissenschaften in T¨ubingen, wechselte dann aber zu Musikwissenschaft (Karl → Hasse) und Musik (G¨unther Hohmann, Hermann → Keller). 1924 gr¨undete er den „Reutlinger Singkreis“ und 1936 den „GrischkatSingkreis“. 1942 wurde ihm der Titel eines Kirchenmusikdirektors verliehen. 1945-50 leitete er den von ihm gegr¨undeten Chor des „Schw¨abischen Sinfonieorchesters Reutlingen“. 1950 wurde er an der Musikhochschule in Stuttgart, an der er bis 1968 lehrte, zum Prof. ernannt. G. wurde f¨uhrend im Bereich der Jugendmusikbewegung

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Anklam, † 10. 11. 1749 Berlin. Der Kaufmannssohn studierte in Jena Theologie, Philosophie und Mathematik und wurde als Magister Adjunkt der Philosophischen Fakult¨at. Seit 1725 Prof. der Mathematik am Collegium Medico-Chirurgicum in Berlin, wurde er bald Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Nachdem er sich in Jena mit Introductio in philologiam generalem (1714 / 15), Isagoge ad studia mathematica (1712) und Ophthalmographia (1716) einen Namen gemacht hatte, widmete er sich in Berlin vor allem meteorologischen und astronomischen Untersuchungen. G. war der Vater von August Nathanael → G. C ADB

Grischow, August Nathanael, Mathematiker, Astronom, * 29. 9. 1726 Berlin, † 4. 6. 1760 St. Petersburg. Der Sohn August → G.s wurde 1749 in die Berliner Akademie der Wissenschaften aufgenommen. Zwei Jahre sp¨ater folgte er einem Ruf als Prof. der Astronomie und Sekret¨ar der Akademie der Wissenschaften nach St. Petersburg. Dort arbeitete er haupts¨achlich u¨ ber die Theorie der Parallaxe der Himmelsk¨orper, vor allem des Mondes, und ver¨offentlichte u. a. ein Tage-Register von dem Cometen des 1743ten Jahres samt beygefuegten Figuren desselben (1743) und De parallaxi coelestium corporum (1755). Postum erschien 1761 C ADB Investigatio parallaxeos lunae.

Grisebach, August (Heinrich Rudolph), Botaniker, * 17. 4. 1814 Hannover, † 9. 5. 1879 G¨ottingen. G., Sohn des Generals Rudolph G. und Neffe des Botanikers Georg Friedrich Wilhelm → Meyer, der bereits in der Jugendzeit seine botanischen Interessen weckte, studierte seit 1832 in G¨ottingen und Berlin Naturwissenschaften und Medizin und wurde 1836 in Berlin mit den Observationes quaedam de gentianearum familiae characteribus promoviert, die auf eine botanische Studienreise in die Dauphin´e in Frankreich zur¨uckgingen und 1839 eine Fortsetzung in der Monographie Genera et specia gentianearum fanden. 1837 habilitiert, wurde er 1841 an der Univ. G¨ottingen zum a. o. und 1847 zum o. Prof. f¨ur Naturgeschichte ernannt; seit 1875 war er Direktor des Botanischen Gartens. In seinen Vorlesungen trug G. vor allem u¨ ber physiologische Botanik vor. Die Verbindung von Taxonomie und Pflanzengeographie stand u¨ ber seinem wissenschaftlichen Werk. Mehrfach unternahm er Forschungsreisen durch verschiedene L¨ander, u¨ ber die er in Ver¨offentlichungen berichtete. 1866 pr¨agte G. – wohl unter dem Einfluß von Alexander von → Humboldt, dessen Vegetationsformen er erweiterte – den Ausdruck „Geobotanik“; seine Idee einer „Flora Europaea“ blieb unrealisiert, f¨uhrte bei ihm selbst nur zu einem postum publizierten Fragment (Flora Europaea. Fragmentum, 1882). Unter seinen Werken nimmt Die Vegetation der Erde nach ihrer klimatischen Anordnung (2 Bde., 1872, 21884 / 85) einen zentralen Platz ein. Die zeitgen¨ossische Forschung auf seinem Spezialgebiet wurden von ihm in den Berichten u¨ ber die Leistungen in der Pflanzengeographie (1841-53 und 1868-76) referiert. Er war C NDB der Vater von Eduard und Hans → G. Grisebach, August, Kunsthistoriker, * 4. 4. 1881 Berlin, † 24. 3. 1950 Heidelberg. Der Sohn eines Architekten studierte seit 1900 in M¨unchen und Berlin und wurde 1906 bei Heinrich → W¨olfflin mit der Arbeit Das deutsche Rathaus der Renaissance promoviert. Nach einem Museumsvolontariat in Berlin habilitierte

Grob sich G. 1910 an der TH Karlsruhe (Der Garten. Eine Geschichte seiner k¨unstlerischen Gestaltung), ging als Privatdozent 1912 an die Univ. Berlin, 1918 als o. Prof. an die TH Hannover, folgte 1919 einem Ruf an die Univ. Breslau und lehrte seit 1930 in Heidelberg. 1937 wegen seiner j¨udischen Ehefrau seines Amtes enthoben, nahm er 1946 seine Lehrt¨atigkeit wieder auf. G., der sich vor allem mit Architekturgeschichte besch¨aftigte, geh¨ort zu den Begr¨undern der Kunstgeographie. Er ver¨offentlichte u. a. Die Baukunst im 19. und 20. Jahrhundert (1915), Karl Friedrich Schinkel. Architekt, St¨adtebauer, Maler (1924) und Die Kunst der deutschen St¨amme und Landschaften (1946). C Metzler Kunsthistoriker

Grisebach, Eberhard, Philosoph, P¨adagoge, * 27. 2. 1880 Hannover, † 16. 7. 1945 Z¨urich. Der Sohn eines Beamten und Neffe August → G.s studierte 1900 in Darmstadt Architektur, seit 1901 in Berlin Philosophie. Nach krankheitsbedingter Unterbrechung nahm er 1908 sein Studium in Jena wieder auf, wurde 1910 aufgrund seiner Dissertation Kultur als Formbildung promoviert und habilitierte sich 1913 mit der Studie Kulturphilosophische Arbeit der Gegenwart. Unter dem Eindruck des Neoidealismus Rudolf → Euckens und der a¨ sthetischen Hermeneutik Wilhelm → Diltheys sowie der Philosophie Georg → Simmels und Heinrich → Rickerts setzte sich G. mit dem Problem der Ethik in der dialektischen Spannung zwischen der Innenwelt des Menschen und seiner realen Umgebung auseinander. Die erkenntnistheoretische Frage der Scheidung zwischen beiden Bereichen qualifizierte G. als eine ethische, indem er Erkenntnisf¨ahigkeit und Einbildungskraft, Antriebskr¨afte der Individuation, als durch den Widerspruch anderer Menschen hervorgerufen sah. G.s existentialkritische Anthropologie beeinflußte die protestantische Theologie seiner Zeit. Seit 1922 a. o. Prof. in Jena, erhielt G. 1931 einen Ruf auf den Lehrstuhl f¨ur Philosophie in Z¨urich, der P¨adagogik und Psychologie einschloß. Er ver¨offentlichte u. a. Wahrheit und Wirklichkeiten. Entwurf zu einem metaphysischen System (1919), Die Grenzen des Erziehers und seine Verantwortung (1924, Nachdr 1966) und Gegenwart. Eine kritische Ethik (1928, Nachdr. 2005). 1962 erschien Maler des Expressionismus im Briefwechsel mit Eberhard Grisebach (hrsg. von Lothar Grisebach). C NDB Grisebach, Eduard (Anton Rudolf), Schriftsteller, Literarhistoriker, * 9. 10. 1845 G¨ottingen, † 22. 3. 1906 Charlottenburg (heute zu Berlin). Der Sohn August → G.s und Bruder Hans → G.s studierte seit 1864 in Leipzig, Berlin und G¨ottingen Rechtswissenschaften und wurde 1868 promoviert. Nach dem Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 trat er in den diplomatischen Dienst ein und ließ sich nach Stationen in Rom, Smyrna, Jassy, Bukarest, St. Petersburg, Mailand und Port-au-Prince 1889 pensionieren. Publikumserfolge erzielte G. mit seinen anonym erschienenen Versepen Der neue Tanh¨auser (1869, 241909) und Tanh¨auser in Rom (1875, 91904) im Gestus Schopenhauerscher Weltnegierung. G. war Herausgeber von Werken Gottfried August → B¨urgers, Georg Christoph → Lichtenbergs, Heinrich von → Kleists und E. T. A. → Hoffmanns, Literaturhistoriker ¨ (Die deutsche Literatur 1770-1870, 1876, 41887), Ubersetzer, → Schopenhauer-Biograph (1897) und -Herausgeber und B¨uchersammler (Weltlitteratur-Katalog eines Bibliophilen, 1898, Erg.-Bd. 1900; 2., verb. und verm. Aufl. 1905). C NDB Grisebach, Hans (Otto Friedrich Julius), Architekt, * 26. 8. 1848 G¨ottingen, † 11. 5. 1904 Berlin. Der Bruder Eduard → G.s studierte seit 1868 am Polytechnikum Hannover Architektur, arbeitete 1873-76 in Wien bei

Friedrich von → Schmidt, sp¨ater als Bauf¨uhrer in Wiesbaden unter Johannes → Otzen und ließ sich nach einer Studienreise durch Europa 1880 in Berlin nieder; seit 1888 war er Mitglied der dortigen Akademie der K¨unste. G. baute, 1889-1901 gemeinsam mit dem Architekten August Dinklage, dem Historismus verpflichtet, nach Formen der deutschen und niederl¨andischen Renaissance zahlreiche Wohnund Gesch¨aftsh¨auser (u. a. die Villa Gerhart → Hauptmanns in Agnetendorf und das Atelier des mit G. befreundeten Max → Liebermann) sowie Sakralbauten wie die Peterskirche in Frankfurt / Main. Die meisten seiner Bauten wurden im Zweiten Weltkrieg zerst¨ort. Die etwa 2000 B¨ande z¨ahlende B¨uchersammlung G.s, die 1908 f¨ur die sp¨atere Kunstbibliothek der Staatlichen Museen erworben werden konnte, umfaßt europ¨aische Buchkunst von den Anf¨angen bis ins 19. Jh., Quellenschriften zur Architekturgeschichte und -theorie sowie illustrierte B¨ucher. C MBL

Grissemann, Johann, o¨ sterr. Bildhauer, * 15. 5. 1831 Imst (Tirol), † 22. 6. 1892 Korneuburg (Nieder¨osterreich). G. war Sch¨uler von Franz Xaver Renn und der Akademien in Wien und M¨unchen und beendete seine Ausbildung mit Hilfe eines staatlichen Stipendiums in Florenz und Rom. Er ließ sich in Imst nieder und leitete l¨angere Zeit die staatlich unterst¨utzte Holzschnitzerschule. Zu seinen dortigen Sch¨ulern z¨ahlten u. a. Franz → Egg, Hermann → Klotz, Eduard → Posch und Christian → Plattner. Als G.s bedeutendstes Werk gilt die Statue Erzherzog → Rudolfs auf dem Rudolfsbrunnen in Innsbruck (1877, nach dem Entwurf Friedrich von → Schmidts). Gritzinger, Leon (Georg), o¨ sterr. S¨anger, * 20. 9. 1856

¨ Kotzman (Osterreich), † 2. 12. 1910 Ardagger (Niedero¨ sterreich). G. trat in die o¨ sterr. Armee ein, wurde 1879 beurlaubt, studierte Gesang und wurde noch w¨ahrend der Ausbildung Chorist an der Wiener Hofoper. 1884 als Heldentenor in das Ensemble u¨ bernommen, wechselte er 1890 an das Hamburger Opernhaus, 1892 nach Dresden, 1895 nach Breslau und 1897 nach N¨urnberg. 1898-1908 war er in Braunschweig engagiert und gab daneben Gastspiele an den wesentlichen deutschen Opernb¨uhnen. G.s B¨uhnenrepertoire umfaßte Partien wie den Tannh¨auser, den Lohengrin, den Johann von Leiden im Propheten von Giacomo → Meyerbeer und den Eleazar in La Juive. C Kutsch

Gritzner, (Adolf) Maximilian (Ferdinand), Pseud. Max Ferdinand, Heraldiker, Bibliothekar, * 29. 7. 1843 Sorau (Niederlausitz), † 10. 7. 1902 Berlin-Steglitz. Seit 1862 in der preuß. Armee, wurde G., Sohn eines Rechtsanwalts und Notars, infolge einer Verwundung bei K¨oniggr¨atz 1866 aus dem aktiven Milit¨ardienst entlassen. Danach trat er nach einer kurzen Verwaltungsausbildung als Beamter in das preuß. Innenministerium ein. Seit 1875 verwaltete G. die Bibliothek des Ministeriums, zu deren Bibliothekar er 1894 ernannt wurde. Er verfaßte grundlegende genealogische und heraldische Werke, u. a. Handbuch der heraldischen Terminologie (1890) und Landes- und Wappenkunde der brandenburgisch-preußischen Monarchie (1894). Unter Pseudonym ver¨offentlichte G. zwei patriotische Schauspiele, Die Brandenburger vor Ofen (1883) und Feindliche Gewalten (1886). C NDB Grob, Adrian David, Milit¨ar, Dramatiker, * 3. 2. 1772 Lufingen bei Z¨urich, † 9. 8. 1836 St. Gallen. G., Urenkel Johannes von → G.s, war Zuckerb¨acker in Z¨urich, Straßburg und Offenbach, bevor er 1792 in ein franz¨osisches Regiment eintrat. 1798 wurde er Artilleriechef in Herisau, k¨ampfte 1799 am Bodensee und trat in den Dienst der helvetischen Interimsregierung. Nach der Niederlage gegen die franz¨osischen Truppen floh er nach

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Grob Turin, arbeitete sp¨ater in St. Gallen wieder als Konditor und wurde dort 1804 erneut Verwalter des Zeughauses. G. schrieb zahlreiche Geschichtsdramen, u. a. Abt Cuno von Staufen und die Appenzeller oder Die Sieger im Futterhembd. Ein dramatisch-historisches Gem¨ahlde (1816). Autobiographisches stellte er in Sigmunds Vorlesungen im Kreise gem¨uthlicher Freunde und Familien (3 Bde., 1832) dar. C DLL

Grob(-Prandl), Gertrude, geb. Grob, o¨ sterr. S¨angerin, * 11. 11. 1917 Wien, † 16. 5. 1995 Wien. G. erhielt ihre Gesangsausbildung bei Minna Singer-Burian und feierte 1940 an der Volksoper in Wien ihr Deb¨ut als Santuzza in Pietro Mascagnis Cavalleria rusticana. Anf¨anglich trat sie besonders als Verdi-Interpretin hervor und machte sich durch Gastspiele als Elsa in Lohengrin 1943 in Dresden und Elisabeth in Tannh¨auser mit → Wagner-Partien einen Namen. 1944 sang G. bei der Festauff¨uhrung an der Wiener Staatsoper anl¨aßlich des 80. Geburtstags von Richard → Strauss die Titelpartie in Ariadne auf Naxos. 1945 war sie zwei Jahre lang am Stadttheater in Z¨urich engagiert, seit 1947 als hochdramatischer Sopran in Wien, wo sie in einer mehr als f¨unfundzwanzigj¨ahrigen T¨atigkeit u. a. die Hexe in → Humperdincks H¨ansel und Gretel, die Rosalinde in Die Fledermaus und dramatische Fachpartien Puccinis, Verdis und Wagners verk¨orperte. Anfang der f¨unfziger Jahre gastierte G., 1952 zur Kammers¨angerin ernannt, als Br¨unnhilde und Isolde u. a. in Neapel, Barcelona und Buenos Aires sowie an der Mail¨ander Scala, in Br¨ussel, Paris, Berlin und San Francisco. Besondere Erfolge feierte sie in der Titelpartie von Puccinis Turandot. 1955-58 war G. f¨uhrende Sopranistin der Berliner Staatsoper. In ihrer Abschiedsvorstellung 1972 an der Wiener Staatsoper sang sie die Venus in Tannh¨auser. C MGG Grob, Johannes von, Pseud. Reinhold von Freyenthal, Ernst Warnmund von Freyenthal, Lyriker, Epigrammatiker, * 16. 9. 1643 Grobenentschwil (Kt. St. Gallen), † 1. 4. 1697 Herisau. Am Collegium Humanitatis in Z¨urich erzogen, verbrachte G., Sohn eines Amtmanns und Landeskommissars, 1661-64 drei Dienstjahre als Soldat in der Leibgarde des Kurf¨ursten → Johann Georg II. von Sachsen und unternahm danach eine Bildungsreise nach Hamburg, London, Amsterdam, Gent und Paris. Nach Toggenburg zur¨uckgekehrt, u¨ bernahm er die Leinwarenhandelsfirma seines Vaters und wurde 1670 zum Landeskommissar gew¨ahlt. Auseinandersetzungen mit dem F¨urstabt von St. Gallen f¨uhrten 1675 zur Auswanderung in die freie Landgemeinde Appenzell-Außerrhoden; G. ließ sich in Herisau nieder, wo er sp¨ater als Ratsmitglied, Armenpfleger und Bauherr amtierte. Im Zusammenhang mit einer diplomatischen Mission f¨ur seine Landgemeinde bei Kaiser → Leopold I. wurde er 1688 in den Adelsstand erhoben. G. hinterließ die Gedichtsammlungen Dichterische Versuchsgabe (1678), Treugemeinter Eydgen¨ossischer Auffwecker [. . .] (1689) und Reinhold von Freyenthals Poetisches Spazierw¨aldlein (postum 1700), deren satirische Epigramme, Oden und Gelegenheitsgedichte wirkungsvoll traditionelle Themen der Standes- und Typensatire sowie aktuelle politische und kulturpolitische Fragen aufgriffen. C Killy

Grob, Konrad, schweizer. Maler, * 3. 9. 1828 Andelfingen (Kt. Z¨urich), † 9. 1. 1904 M¨unchen. In Winterthur zum Lithographen ausgebildet, arbeitete G., Sohn eines Weinbauern, in St. Gallen, Reutlingen, Innsbruck, Verona und Neapel, bevor er sich 1865 entschloß, an der Kunstakademie in M¨unchen Malerei zu studieren. Er er¨offnete dort ein eigenes Atelier. Seit 1870 malte er mit Erfolg Genrebilder (u. a. Der Maler auf Studienreise und Die

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Meisenfalle); sp¨ater kamen Historiengem¨alde nach Schweizer Motiven wie Die Schlacht von Sempach hinzu. C HLS

Grob, Max, schweizer. P¨adiater, * 21. 9. 1901 Z¨urich, † 21. 12. 1976 Z¨urich. Nach seiner medizinischen Ausbildung (Promotion 1928 in Z¨urich, Blutuntersuchungen bei Melaena neonatorum) u¨ bernahm G., Sohn eines Primarlehrers, 1939 die Chirurgische Abteilung des Kinderspitals Z¨urich, die sich unter seiner Leitung zu einem europ¨aischen Zentrum der Kinderchirur¨ gie entwickelte. 1953 habilitiert (Uber Lageanomalien infolge St¨orungen der fetalen Darmdrehung) und 1957 zum a. o. Prof. ernannt, erhielt er 1970 den ersten Lehrstuhl f¨ur Kinderchirurgie der Schweiz. G. f¨uhrte einige komplizierte Eingriffe im Bereich der Herz- und Kinderchirugie erfolgreich als erster durch; zahlreiche Operationsmethoden wurden nach ihm benannt. Mit dem Lehrbuch der Kinderchirurgie (1957, 21982) ver¨offentlichte er das Standardwerk der Nachkriegszeit im deutschsprachigen Raum. G. war 1969 Mitbegr¨under und erster Pr¨asident der Schweizerischen Gesellschaft f¨ur Kinderchirurgie. C HLS Grob-Schmidt, Dora, schweizer. Volkswirtschaftlerin, * 3. 2. 1895 Basel, † 1999. Nach dem Studium der Geschichte und der Philologie an der Univ. Basel war G.-S. seit 1918 Gewerbeinspektorin und 1919-21 im wissenschaftlichen B¨uro der Eigen¨ossischen Steuerverwaltung an Studien zu einer schweizer. Finanzreform t¨atig. Zugleich studierte sie National¨okonomie, schloß 1923 mit der Promotion ab und arbeitete seit 1925 f¨ur die kantonale Industrie- und Gewerbebeh¨orde. G.-S. z¨ahlte 1925 zu den Begr¨undern des Schweizerischen Verbandes der Berufs- und Gesch¨aftsfrauen. W¨ahrend des Zweiten Weltkriegs leitete sie die Gruppe Hausarbeit im Kriegsern¨ahrungsamt, danach beriet sie die Schweizerische Bankgesellschaft. G.-S. engagierte sich besonders f¨ur bessere Arbeitsbedingungen f¨ur Frauen sowie den Frauen- und Kinderarbeitsschutz. Sie ver¨offentlichte u. a. Frauen und Arbeitslosigkeit (1935) und Die Frau in den Gespr¨achen des Erasmus (1945). C CH 91

Grobbel, Karl, Politiker, * 29. 10. 1896 Berlin, † 3. 1. 1971 Berlin. Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann und der Teilnahme am Ersten Weltkrieg studierte G. Staats- und Rechtswissenschaften in Berlin. 1920 trat er der Zentrumspartei bei, deren Generalsekret¨ar in Ost-Mitteldeutschland er 1924 wurde. Seit 1925 gab er die Monatsschrift „Der Weckruf“ heraus. 1933 drei Monate inhaftiert, arbeitete er nach seiner Entlassung als Handelsvertreter. 1945 geh¨orte er zu den Begr¨undern der CDU in der Sowjetischen Besatzungszone, wurde 1946 stellvertretender, 1948-50 als Mitglied des Landtags erster Vorsitzender der CDU Brandenburg und Abgeordneter der Volkskammer. 1950 f¨ur kurze Zeit Minister f¨ur Arbeit und Sozialwesen in Brandenburg, u¨ bernahm G. im Oktober desselben Jahres das Ressort f¨ur Handel und Versorgung. 1953 wurde er wegen „parteisch¨adigenden Ver¨ haltens“ von allen Amtern entbunden und arbeitete daraufhin als Redakteur f¨ur Wirtschaftspolitik der „Neuen Zeit“. 1961 begr¨undete G. die katholische Monatsschrift „Begegnung“, die er auch herausgab. C DDR

Grobben, Karl, o¨ sterr. Zoologe, * 27. 8. 1854 Br¨unn, † 13. 4. 1945 Salzburg. Der Sohn eines Wagenfabrikanten studierte 1873-76 in Wien Naturwissenschaften und Zoologie und wurde 1877 promoviert. Nach sechs Jahren als Assistent am Zoologischen Vergleichenden Anatomischen Institut der Univ. habilitierte er sich 1879 und wurde 1884 a. o. Prof., 1893 o. Prof. der Zoologie. G., seit 1904 Mitglied der Deutschen Akademie der

Groddeck Naturforscher Leopoldina, f¨uhrte anatomisch-histologische und entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an niederen Krebstieren sowie morphologische Studien an Mollusken durch und gewann richtungweisende Erkenntnisse u¨ ber deren Parthenogenese und Entwicklungsdetermination. Er vero¨ ffentlichte u. a. Morphologische Studien u¨ ber den Harnund Geschlechtsapparat (1884) Zur Kenntnis des Stammbaumes und des Systems der Crustaceen (1892), Die systematische Einteilung des Tierreiches (1908) und Versuch einer Erkl¨arung f¨ur den Schichtenwechsel in Perlen. Eine zellphysiologische Betrachtung (1925) und gab das von Carl Friedrich → Claus 1880 begr¨undete Lehrbuch der Zoologie C NDB (1905, 41932) heraus.

Grobe, Donald, S¨anger, * 16. 12. 1929 Ottawa (Illinois, USA), † 1. 4. 1986 Berlin. G. studierte zun¨achst Ingenieurwesen, dann Musik und Gesang an der Millikin University in Decatur (Illinois), am Chicago Musical College und am Mannes College in New York und gab 1952 sein B¨uhnendeb¨ut an der Oper in Chicago. 1953-56 sang er in New York in Konzerten und Operetten, kam dann nach Europa und hatte Engagements am Stadttheater in Krefeld / M¨onchengladbach, am Staatstheater in Hannover und seit 1960 an der St¨adtischen Oper (seit 1961 Deutsches Opernhaus) in Berlin. Er wirkte an einigen Urauff¨uhrungen mit, so 1965 in Der junge Lord von Hans Werner Henze, 1971 in Melusine von Aribert Reimann und 1979 in Der Untergang der Titanic von Wilhelm Dieter Siebert. Regelm¨aßig nahm er an den Salzburger Mozartfestspielen teil und hatte Gastauftritte an den großen europ¨aischen Opernh¨ausern, in Tokio und New York. Neben Auftritten als Don Octavio in → Mozarts Don Giovanni und als Henry Morosus in der Schweigsamen Frau von Richard → Strauss wurde er durch die Verk¨orperung des Aschenbach in der deutschen Erstauff¨uhrung von Benjamin Brittens Der Tod in Venedig (1984) bekannt. G. war auch als Oratorien- und Lieders¨anger erfolgreich. Seit 1981 lehrte er als Prof. an der Berliner Musikhochschule. C Kutsch Grobecker, Anna, geb. Mejo, Schauspielerin, S¨angerin, * 27. 7. 1829 Breslau, † 27. 9. 1908 Treibach-Althofen (K¨arnten). Die Tochter des S¨angerehepaars Franz → Mejo und Rosa Mejo-Straub und Schwester von Fanny → H¨ofler-Mejo und Jenny → Mejo trat bereits in ihrer Kindheit am Hoftheater Braunschweig auf, gab mit siebzehn Jahren ihr eigentliches Deb¨ut in Magdeburg und wurde zwei Jahre sp¨ater in Leipzig f¨ur die großen B¨uhnen entdeckt. Seit 1850 in Berlin, seit 1856 am Carltheater in Wien, feierte sie als Soubrette große Erfolge vor allem in Operetten von Jacques → Offenbach. 1860 wechselte sie an das von Karl → Treumann er¨offnete Theater am Franz-Josephs-Kai und kehrte mit ihm 1863 an das Carltheater zur¨uck. 1862 gab G. als erste Operettens¨angerin ein Konzert am Wiener Hof. Nach Gastspielen in Paris zog sie sich 1874 auf ihr Landgut Althofen zur¨uck. G. war 1856-60 mit Philipp → G. verheiratet. C Kutsch Grobecker, Ewald, Schauspieler, * 9. 4. 1825 Spandau (heute zu Berlin), † 26. 1. 1897 Wiesbaden. Zun¨achst Kaufmann, trat G., Bruder von Philipp → G., 1847 auf einer Prenzlauer B¨uhne erstmals auf. Danach zog er mit Wandergesellschaften durch Brandenburg und Mecklenburg, bis er 1849 ein Engagement im komischen Fach am Stadttheater in Danzig erhielt. Nach einem Gastspiel in Wiesbaden wurde er 1853 an das dortige Hoftheater verpflichtet, wo er bis zu seinem Abschied von der B¨uhne einer der popul¨arsten Charakterkomiker Deutschlands war. G. wurde Ehrenmitglied des Hoftheaters Wiesbaden.

Grobecker, Philipp, Schauspieler, * 11. 9. 1815 Spandau (heute zu Berlin), † 18. 2. 1883 Berlin-Moabit. Der Bruder Ewald → G.s spielte anf¨anglich in Wandertruppen und wurde w¨ahrend seines Engagements am K¨onigst¨adtischen Theater in Berlin (1841-58) zum gefeierten Komiker. Nach drei Jahren am Wiener Carl-Theater kehrte er nach Berlin zur¨uck, trat am Viktoriatheater auf und zog sich 1865 als Privatmann nach Moabit zur¨uck. G. war zuerst mit Wilhelmine → G., in zweiter Ehe mit Anna → G. verheiratet. Grobecker, Wilhelmine, geb. Proksch, Schauspielerin, S¨angerin, * 1. 7. 1819 Berlin, † 10. 9. 1848 Berlin. G. besuchte bereits als Elfj¨ahrige das Konservatorium ihrer Heimatstadt und deb¨utierte mit siebzehn Jahren an der Hofoper Dresden als Rosina im Barbier von Sevilla. Sie hatte schnell Erfolg, sang deutsche und italienische Partien und wurde 1843 nach einem Gastspiel am K¨onigst¨adtischen Theater in Berlin dorthin engagiert. G. sang u. a. die Gr¨afin in → Mozarts der Hochzeit des Figaro und die Marie in Donizettis Regimentstochter; daneben trat sie in Lustspielen und Possen auf. G. war seit 1844 mit Philipp → G. verheiratet. C Kutsch Grober, Julius, Internist, * 27. 11. 1875 Bremen, † 10. 11. 1971 Bonn. G. studierte in Jena, Bonn und Straßburg Medizin, wurde 1899 promoviert und habilitierte sich 1901 in Jena f¨ur Innere Medizin (Die Resorptionskraft der Pleura). Nach drei Jahren als a. o. Prof. in Jena wurde er 1909 Direktor der St¨adtischen Krankenanstalt in Essen und nahm als Oberstabsarzt am Ersten Weltkrieg teil. 1918 wurde G. o. Prof. und Direktor der Medizinischen Klinik an der Deutschen Univ. in Dorpat, kehrte nach der Unabh¨angigkeitserkl¨arung Estlands 1920 nach Jena zur¨uck und erhielt einen Lehrauftrag f¨ur physikalische und di¨atetische Therapie. Seit 1925 Leiter des Physikalisch-Therapeutischen Instituts der Univ., war er dort seit 1932 a. o. Professor. G. ver¨offentlichte u. a. Das deutsche Krankenhaus (1911) und Physikalische Thera¨ pie. Klinisches W¨orterbuch f¨ur Studierende und Arzte (1934, 2. Aufl. unter dem Titel Klinisches Lehrbuch f¨ur Physikalische Therapie, 1950, bearb. von Gottfried → Boehm). ¨ 2, 3 C Arzte

Grock, eigentl. Charles Adrian Wettach, schweizer. Clown, * 10. 1. 1880 Reconvilier bei Biel, † 14. 7. 1959 Imperia (Italien). Der Sohn eines ehemaligen Zirkusartisten brach Lehren als Weinh¨andler und Hotelier ab, arbeitete als Hauslehrer f¨ur Franz¨osisch und Reiten bei einem ungarischen F¨ursten und begann dort, in Variet´es aufzutreten. Um 1910 erfand er die naive, musikalische Clownfigur „Grock“, die ihn bald weltber¨uhmt machte. In den folgenden vierzig Jahren gelang es ihm, sie aus dem Nummernrepertoire des Zirkus zu l¨osen und sie in eigenen Vorstellungen sowie im Film, sp¨ater auch im Fernsehen zu etablieren. Seit 1951 leitete er einen eigenen Zirkus. G. soll im Lauf seiner Karriere vor etwa 30 Millionen Menschen aufgetreten sein. 1954 nahm er Abschied von der B¨uhne. G. ver¨offentlichte einige Erinnerungsb¨ande (Grock, ich lebe gern!, 1930; Nit m¨o-¨o-¨o-glich. Die Memoiren des K¨onigs der Clowns, 1956, bearb. von E. Konstantin). C Munzinger Groddeck, Albrecht, Kaufmann, Reeder, * 17. 4. 1638 Lagschau (Danziger H¨ohe), † 7. 10. 1714 Danzig. Der Sohn eines Hofbesitzers gr¨undete 1661 ein Handelshaus in Danzig und erlangte 1662 das B¨urgerrecht der Stadt. Sein Unternehmen wuchs und erhielt durch die Heirat mit der Tochter des Kaufmanns Konrad Figk, der Gesch¨aftsund Verwandtschaftsbeziehungen nach Amsterdam hatte, einen kr¨aftigen Schub. Zuletzt war G. einer der f¨uhrenden

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Groddeck Danziger Reeder und im Besitz der beiden Warenspeicher „Großer Groddeck“ und „Kleiner Groddeck“ in der Hopfengasse. Seine Handelsunternehmungen erstreckten sich bis nach Kleinasien. G. war der Vater von Gabriel → G. C NDB

Groddeck, Albrecht Ludwig von, Geologe, Mineraloge, * 25. 8. 1837 Danzig, † 18. 7. 1887 Clausthal. G., Sohn eines Direktors des Kommerz- und Admiralit¨atsgerichts in Danzig, studierte seit 1856 in Braunschweig, Berlin, Breslau und Clausthal und wurde mit einer Dissertation u¨ ber die Erzg¨ange des nordwestlichen Oberharzes in G¨ottingen promoviert. 1864 wurde er Lehrer an der Bergakademie in Clausthal, 1871 deren Direktor. G. lehrte u¨ ber Bergbaukunde, Aufbereitung, Mineralogie, Geognosie und Petrefaktenkunde. Er ver¨offentlichte u. a. einen Abriß der Geognosie des Harzes (1871, 21883), Die Lehre von den Lagerst¨atten ¨ der Erze (1879), Uber die Erzg¨ange bei Lintfort (1881) und Die Bergwerke, Aufbereitungs-Anstalten und H¨utten, sowie die technisch-wissenschaftlichen Anstalten, WohlfahrtsEinrichtungen pp. im Ober- und Unter-Harz (1883). G. war mehrmals Gutachter bei der Verleihung von Mineralgewinnungsrechten im Ausland. C Altpreuß Biogr, Bd 1 Groddeck, Ernst Gottfried, Klassischer Philologe, * 17. 11. 1762 Danzig, † 11. 8. 1823 Kijowiec bei Minsk. G., Sohn eines Arabisten und Hebraisten, studierte 1782-85 unter → Heyne Klassische Philologie an der Univ. G¨ottingen, war Lehrer und Erzieher in verschiedenen polnischen F¨urstenh¨ausern und wurde 1804 Prof. und Pr¨afekt der Universit¨atsbibliothek Wilna. Er war Mitarbeiter der G¨ottinger „Bibliothek der alten Literatur und Kunst“, der „Allgemeinen Literaturzeitung“ in Halle und des „Wilnaer Journals“. Mit seinem Grundriß der griechischen Literaturgeschichte Historiae Graecorum litterariae elementa (1811), den Initia historiae Graecorum litterariae (2 Bde., 1821-23) und dem F¨uhrer durch die r¨omischen Altert¨umer Antiquitatum Romanarum doctrina in usum lectionum academicarum adumbrata (1811) gilt G. als Begr¨under der Klassischen Philologie in Polen. C NDB Groddeck, Gabriel, Philologe, * 7. 1. 1672 Danzig, † 12. 9. 1709 Danzig. Der Sohn Albrecht → G.s studierte seit 1683 in K¨onigsberg und Leipzig, wo er 1693 die Lehrbefugnis erhielt. Nach einer f¨unfj¨ahrigen Studienreise durch Holland, Frankreich, England und Italien lehrte er ein Jahr als Prof. der orientalischen Sprachen und Assessor der Philosophischen Fakult¨at in Leipzig, bevor er 1699 als Prof. der Philosophie und Bibliothekar am Akademischen Gymnasium nach Danzig zur¨uckkehrte. 1701 wurde G. in die Berliner Akademie der Wissenschaften aufgenommen. Er ver¨offentlichte u. a. Abhandlungen u¨ ber polnische Geschichte und Literatur in den „Acta eruditorum“ und in den „Nova literaria maris Balthici“. G. starb mit seiner Frau und seinen sechs Kindern an der Pest. C Altpreuß Biogr, Bd 1 Groddeck, Georg, Mediziner, Psychosomatiker, Schriftsteller, * 13. 10. 1866 Bad K¨osen / Saale, † 11. 6. 1934 Knonau (Kt. Z¨urich). Aus einer Danziger Patrizierfamilie geb¨urtig, war G. nach ¨ dem Medizinstudium (Promotion 1889 in Berlin, Uber das Hydroxylamin und seine Verwendung in der Therapie der Hautkrankheiten) Mitarbeiter des Leibarztes → Bismarcks, bevor er 1900 in Baden-Baden das Sanatorium „Marienh¨ohe“ er¨offnete, das er bis zu seinem Tod leitete. Als Romancier und psychoanalytischer Essayist beeinflußte G. u. a. Sigmund → Freud (Briefe u¨ ber das Es, 1974), Erich → Fromm und S´andor → Ferenczi (Briefwechsel, 1986) und wurde international rezipiert. G. schrieb den Entwicklungsroman Ein Kind der Erde (1905) und den grotesken psychoanalytischen

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Roman Der Seelensucher (1921). Die Wirkung seines Werkes wurde in Deutschland durch den Nationalsozialismus unterbrochen, seine B¨ucher wurden verbrannt. Zentrale Werke wie Der Mensch als Symbol (1933) und Das Buch vom Es. Psychoanalytische Briefe an eine Freundin (1923, Neudr. 1961, 1979) wurden in der Bundesrepublik Deutschland seit den sechziger Jahren wiederaufgelegt und erfuhren zunehmende Beachtung. G. gilt auch als einer der Gr¨underv¨ater der psychosomatischen Medizin. Eine Werk-Ausgabe erschien C Killy 1987-89 in drei B¨anden.

Groebbels, Franz (Maria), Ornithologe, Physiologe, * 1. 9. 1888 Sigmaringen (Baden-W¨urttemberg), † 7. 11. 1960 M¨olln (Schleswig-Holstein). Nach dem Medizinstudium in M¨unchen und Heidelberg ¨ wurde G. 1913 promoviert (Uber den Einfluß des Trinkens auf die Verdauung fester Substanzen), spezialisierte sich w¨ahrend seiner Assistentenzeit in Frankfurt / Main und M¨unchen auf Physiologie und habilitierte sich 1921 f¨ur dieses Fach in Hamburg (Die Lage- und Bewegungsreflexe der V¨ogel). Von 1923 bis zu seiner Emeritierung 1953 lehrte er an der dortigen Univ. als außerplanm¨aßiger Prof. und praktizierte als Oberarzt am Physiologischen Institut HamburgEppendorf. Als Ornithologe ver¨offentlichte G. das Standardwerk Der Vogel (2 Bde., 1932-37), das neben empirischen Beobachtungen auf der Sichtung von 9000 einschl¨agigen Publikationen basiert. Die Werke Der Vogel in der deutschen Landschaft (1938) und Ornithologische Hilfstabellen (1938) geben wertvolle Bestandsaufnahmen und Beobachtungshilfsmittel. C NDB

Groebel, Christian Ernst August, Schulmann, * 22. 12. 1783 Flemmingen (Th¨uringen), † 24. 6. 1854 Dresden. Der Pfarrerssohn besuchte die Schulpforta, studierte 1803-06 in Leipzig Theologie und Philologie und kehrte 1808 als Hilfslehrer nach Schulpforta zur¨uck. 1811 wurde er Konrektor des Gymnasiums in G¨orlitz, danach der Dresdner Kreuzschule, deren Leitung er 1816 u¨ bernahm. Als G. 1848 in den Ruhestand trat, war die Schule eine der gesuchtesten p¨adagogischen Anstalten der Zeit. G. ver¨offentlichte u. a. Lehrprogramme und ein Elementarbuch f¨ur den Lateinunterricht. C ADB Groeben, Georg Dietrich von der, Milit¨ar, * 22. 10. 1725 K¨onigsberg, † 9. 7. 1794 Berlin. G., Sohn eines Hofgerichtsrats, trat 1741 in die preuß. Armee ein und nahm als Brigademajor am Siebenj¨ahrigen Krieg teil. Seit 1787 Generalmajor und Inspekteur der Kavallerie in Niederschlesien, kam er 1788 an das Kriegsdepartement nach Berlin und wurde sp¨ater Generalleutnant und Chef des Oberkriegskollegiums. G. geh¨orte zu den ersten deutschen Kriegswissenschaftlern. Er begann schon in sei¨ ner Jugend mit der Ubersetzung und kritischen Bearbeitung franz¨osischer Fachliteratur, begr¨undete die erste europ¨aische Milit¨arzeitschrift „Versuch einer Kriegsbibliothek“, fortgesetzt als „Neue Kriegsbibliothek“, und ver¨offentlichte darin meist unter Pseudonym taktische, milit¨arhistorische und miC Altpreuß Biogr, Bd 1 lit¨artechnische Arbeiten.

Groeben, Hans (Georg Max Joachim) von der, Politiker, Diplomat, * 14. 5. 1907 Langheim, † 6. 3. 2005 Rheinbach. Der aus einer ostpreuß. Gutsbesitzersfamilie stammende G. studierte seit 1925 Ingenieurwesen an der TH Berlin, dann Rechtswissenschaften und Volkswirtschaftslehre in Berlin, Bonn und G¨ottingen und trat 1933 in das Reichsern¨ahrungsministerium ein, wo er zum Oberregierungsrat aufstieg. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg im nieders¨achsischen Finanzministerium t¨atig, wurde er 1952

Gr¨ober Leiter der Abteilung f¨ur den Schuman-Plan im Bundeswirtschaftsministerium, 1953 Ministerialdirigent und Vertreter der Bundesregierung im Koordinierungsausschuß der Europ¨aischen Gemeinschaft. Seit 1958 geh¨orte er der Kommission der Europ¨aischen Wirtschaftsgemeinschaft, 1967-70 der EG-Kommission an und war danach als Europaberater der CDU und als Publizist t¨atig. G. war Mitherausgeber des Kommentars zum EWG-Vertrag (1958-60, 62003 / 04). Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen ferner Aufbaujahre der Europ¨aischen Gemeinschaft. Das Ringen um den Gemeinsamen Markt und die Politische Union (1958-1966) (1982) und Deutschland und Europa in einem unruhigen Jahrhundert. Erlebnisse und Betrachtungen (1995).

Groeben, Karl Graf von der, Milit¨ar, Politiker, * 17. 9. 1788 Schrengen (Ostpreußen), † 13. 7. 1876 Neud¨orfchen bei Marienwerder (Ostpreußen). G., Sohn eines Majoratsherrn auf Ponarien, trat 1806 in die preuß. Armee ein, wurde 1812 zum Generalstab kommandiert und nahm im selben Jahr seinen Abschied, um auf russischer Seite weiter gegen das napoleonische Frankreich zu k¨ampfen. An den Befreiungskriegen nahm er wieder als preuß. Offizier teil und wurde Oberstleutnant, 1842 Generalleutnant, 1843 Generaladjutant → Friedrich Wilhelms IV. Als Politiker im Umfeld des K¨onigs geh¨orte G. zum konservativen Kreis des „Politischen Wochenblatts“, schlug 1849 den Aufstand in Baden nieder und war seit 1854 Mitglied des preuß. Herrenhauses. 1858 trat er als General der Kavallerie in den Ruhestand. C Altpreuß Biogr, Bd 1

Groeben, Otto von der, F¨uhrer der preuß. Adelsopposition, * 1567 Jesau bei Rastenburg (Ostpreußen), † 4. 12. 1644 Jesau bei Rastenburg. G., Sohn eines Amtshauptmanns, studierte vermutlich seit 1586 in K¨onigsberg. 1594 erscheint er als Vertreter der st¨andischen Opposition in Preußen gegen die vormundschaftliche Regierung der brandenburgischen Kurf¨ursten. Die oppositionellen Vorstellungen gegen eine preuß. Zentralmacht orientierten sich an der polnischen Adelsherrschaft, dem G. seit 1605 als Landvogt von Schnaken und Mitglied der Landratskurie nachstrebte. Er konvertierte zum Katholizismus, verlor damit jedoch das Ansehen bei seinen adligen Standesgenossen, legte 1626 sein Amt als Landrat nieder und ging nach Polen. Als Rat und Sekret¨ar des K¨onigs gelang es ihm dort, die Beziehungen zwischen Polen und Preußen zeitweilig zu st¨oren. C NDB

Groeben, Otto Friedrich von der, Milit¨ar, Kolonialpionier, Reiseschriftsteller, * 16. 4. 1656 (oder 1. 4. 1657) Napratten (Ermland), † 30. 1. 1728 Marienwerder (Ostpreußen). G., Sohn eines brandenburgischen Offiziers, reiste mit siebzehn Jahren als Begleiter eines polnischen Obersten nach Italien und Malta, machte von dort aus an einer Kaperfahrt gegen die T¨urken mit und unternahm eine Pilgerreise in das Heilige Land. Danach besuchte er fast alle L¨ander Westeuropas und kehrte 1681 nach Preußen zur¨uck. 1682 u¨ bertrug ihm Kurf¨urst → Friedrich Wilhelm das Kommando u¨ ber eine Expedition nach Guinea. Im heutigen Ghana errichtete G. 1683 das Fort Großfriedrichsburg als St¨utzpunkt der ersten preuß. Kolonie, die 1720 aufgegeben wurde. Zur¨uckgekehrt, nahm er 1686 an einem Feldzug Venedigs gegen die T¨urken teil. Seit 1688 brandenburgisch-preußischer Generalmajor, widmete sich G. sp¨ater der Bewirtschaftung seiner G¨uter und wurde 1697 Amtshauptmann von Marienwerder. G. ver¨offentlichte u. a. Orientalische Reisebeschreibung (1694) und Guinesische Reisebeschreibung (1694). C NDB

Gr¨ober, Adolf, Jurist, Politiker, * 11. 2. 1854 Riedlingen (W¨urttemberg), † 19. 11. 1919 Berlin. G., Sohn eines Graveurs und Goldschmieds, studierte in T¨ubingen, Leipzig (dort 1874 Mitbegr¨under des kath. Studentenvereins „Teutonia“) und Straßburg Rechtswissenschaften und trat 1878 in den w¨urttembergischen Justizdienst ein. 1887 Staatsanwalt in Rottweil, wurde er im selben Jahr f¨ur die Zentrumspartei in den Reichstag gew¨ahlt. Wegen seiner politischen Bet¨atigung als Landrichter nach Heilbronn strafversetzt, wurde er 1895 Landgerichtsrat und war 1912-19 Landgerichtsdirektor in Heilbronn. Seit 1889 Mitglied des W¨urttembergischen Landtags (bis 1918), betrieb er die Gr¨undung der w¨urttembergischen Zentrumspartei; 1895 konstituierte sich die Fraktion des Zentrums im W¨urttembergischen Landtag, deren Vorsitzender er 1917 wurde. Zwischen 1895 und 1912 kandidierte G. als Z¨ahlkandidat in insgesamt mehr als hundert Wahlkreisen sowohl bei Reichstagsals auch bei Landtagswahlen. 1914 wurde er Vorstandsmitglied des Reichsausschusses der Deutschen Zentrumspartei, 1917 Fraktionsf¨uhrer im Reichstag. 1918 geh¨orte G. als Staatssekret¨ar ohne Portefeuille den Kabinetten der Reichskanzler → Max von Baden und Friedrich → Ebert an. 1919 war er Mitglied der W¨urttembergschen Verfassunggebenden Landesversammlung und der Deutschen Nationalversammlung. G. leistete herausragende Arbeit an der Gestaltung der sog. Weimarer Reichsverfassung vom 11. 8. 1919. Als Sozialpolitiker f¨orderte G. die Entstehung der christlichen Gewerkschaften. Seine politische Grund¨uberzeugung war beim Engagement f¨ur die Abschaffung des Staatskirchentums in W¨urttemberg wie auch f¨ur die Schaffung von mehr Wehrgerechtigkeit stets gepr¨agt vom Gedanken des demokratischen Ausgleichs. C Leb Baden-W¨urtt, Bd 19 Gr¨ober, Conrad, kath. Theologe, Erzbischof von Freiburg / Breisgau, * 1. 4. 1872 Meßkirch, † 14. 2. 1948 Freiburg / Breisgau. G., Sohn eines Schreinermeisters, studierte 1891-93 Theologie in Freiburg, seit 1893 am Collegium Germanicum in Rom, empfing 1897 die Priesterweihe und wurde 1898 in Rom zu Dr. theol. promoviert. Anschließend Vikar in Ettenheim und Kaplan in Karlsruhe, war er 1901 / 02 Rektor des Konstanzer Knabenkonvikts „Konradihaus“, betreute danach die Gemeinde der Dreifaltigkeitskirche und wurde 1922 M¨unsterpfarrer in Konstanz. 1925 als Domkapitular in die bisch¨ofliche Kurie nach Freiburg berufen, wurde er 1931 Bischof von Meißen, 1932 Erzbischof von Freiburg. Im selben Jahr konnte er das badische Konkordat zum Abschluß bringen. Von national-konservativer Grundhaltung, beteiligte er sich 1933 an den Verhandlungen u¨ ber das Reichskonkordat und verfocht eine Zeitlang im deutschen Episkopat am entschiedensten die Bereitschaft zu einer dem nationalsozialistischen Staat gegen¨uber loyalen und entgegenkommenden Politik der kath. Kirche. Sp¨ater wurde er zum Gegner der NSDAP. C Bad Bio N.F., Bd 1 Gr¨ober, Gustav, Romanist, * 4. 5. 1844 Leipzig, † 5. 11. 1911 Ruprechtsau bei Straßburg. Der Sohn eines Druckers studierte in Leipzig Romanistik und wurde 1869 mit einer vielbeachteten Dissertation u¨ ber Die handschriftlichen Gestaltungen der chansons de geste Fierabras und ihre Vorstufen promoviert. 1871 in Z¨urich habilitiert, wurde er dort 1872 a. o. Prof., folgte 1874 einem Ruf als o. Prof. nach Breslau und lehrte von 1880 bis zu seiner Emeritierung 1909 in Straßburg. G. gilt als der bedeutendste deutsche Romanist seiner Zeit. Er gr¨undete 1877 die „Zeitschrift f¨ur romanische Philologie“, die er bis zu seinem Tod herausgab, und leistete wesentliche Beitr¨age zum Grundriß der romanischen Philologie (2 Bde., 1886-1902, 21904-06),

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Gr¨ober die in ihrer methodischen und literaturgeschichtlichen Klarheit und Kompetenz zu Klassikern der wissenschaftlichen Literatur des Faches wurden. G. gab altfranz¨osische und altprovenzalische Texte heraus. C Lex Gramm

Gr¨ober, Hermann, Maler, * 17. 7. 1865 Wartenberg (Oberbayern), † 24. 6. 1935 M¨unchen. G. studierte 1883-86 Malerei an der M¨unchner Kunstakademie, unternahm Studienreisen in die Niederlande und nach Italien und hielt sich h¨aufig in Paris auf. Seit 1907 Lehrer f¨ur Aktzeichnen an der M¨unchner Kunstakademie, wurde er dort 1914 zum Prof. ernannt. G. malte anf¨anglich in impressionistischer Aufl¨osung, sp¨ater in festerer Form vornehmlich Portr¨ats, Landschaften und Genrebilder nach Motiven aus seiner oberbayerischen Heimat. Er war Mitarbeiter der „Jugend“ und des „Simplicissimus“ und Mitglied der M¨unchner Sezession. Gr¨obler, Alfred, Berg- und Eisenh¨uttenmann, * 23. 3. 1865 Aschersleben, † 24. 8. 1926 Frankfurt / Main. G. studierte in Clausthal, Berlin und Hannover das Bergfach. 1889-93 leitete er italienische Asphaltgruben, seit 1893 ein Kaliwerk in Sondershausen. Den Kaliwerken in Salzdetfuth stand er seit 1901, den Buderus’schen Eisenwerken in Wetzlar / Lahn seit 1911 als Generaldirektor vor. G. war Mitglied des Provinziallandtags und des Kreistags, Vorsitzender der Industrie- und Handelskammer Wetzlar sowie des Vereins deutscher Eisen- und Portlandzementwerke. 1897 wurde er Bergrat; die TH Darmstadt verlieh ihm den Titel eines Dr.-Ing. e. h.

Gr¨obli, Isaak, schweizer. Unternehmer, * 26. 4. 1822 Oberuzwil (Kt. St. Gallen), † 27. 4. 1917 Gossau (Kt. St. Gallen). Nach Jahren als Textilarbeiter in Lyon, R¨uschlikon und Thalwil richtete G., dessen Vater zun¨achst Weber, dann Lehrer war, 1843 eine eigene Jacquard-Handweberei ein, verlor den Betrieb jedoch Ende der vierziger Jahre. Seit 1855 Betriebsleiter der Firma B¨osch S¨ohne, erfand er neben einer Spulmaschine f¨ur die Handweberei 1864 eine Schifflistickmaschine, die nach dem N¨ahmaschinenprinzip arbeitete und erstmals die industrielle Massenproduktion von Stickereiwaren erm¨oglichte. Sp¨ater hatte er die technische Leitung in mehreren Betrieben der Stickereiwarenindustrie inne. C Schweizer Pioniere, Bd 15 Groedel, Franz (Maximilian), R¨ontgenologe, Kardiologe, * 23. 5. 1881 Bad Nauheim, † 12. 10. 1951 New York. G., Sohn eines Arztes und Sanatoriuminhabers, studierte in M¨unchen, Gießen und Leipzig Medizin, wurde 1904 pro¨ moviert (Uber Pneumokokken-Endokarditis) und leitete seit 1909 die R¨ontgenabteilung des Hospitals zum Heiligen Geist in Frankfurt / Main. 1920 habilitierte er sich an der dortigen Univ. f¨ur R¨ontgenologie und physikalische Therapie. Seit 1921 praktizierte er als leitender Arzt im v¨aterlichen Privatsanatorium in Bad Nauheim, wurde 1926 a. o. Prof. in Frankfurt und gr¨undete 1931 das William-G.-KerckhoffHerzforschungsinstitut in Bad Nauheim. Als ihm 1933 wegen seiner j¨udischen Herkunft die Lehrerlaubnis entzogen wurde, kehrte G. von einer Vortragsreise in den USA nicht nach Deutschland zur¨uck. Er baute in New York eine kardiologische Praxis auf, beriet verschiedene Krankenh¨auser und lehrte an der Fordham University. Als international anerkannter R¨ontgenologe und Kardiologe erwarb er sich große Verdienste um die Verbesserung und Differenzierung der R¨ontgendiagnostik und der Elektrokardiographie. G. gab ein Lehrbuch und Atlas der R¨ontgendiagnostik in der inneren Medizin und ihren Grenzgebieten (1909) heraus und vero¨ ffentlichte u. a. Direct Electrocardiography of the human heart and intrathoracic electrocardiography (1948). C NDB

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Gr¨oger, Florian, o¨ sterr. Redakteur, Parteifunktion¨ar, Politiker, * 10. 8. 1871 Oberwildgrub bei Freudenthal ¨ (Osterr.-Schlesien), † 19. 5. 1927 Klagenfurt. Zun¨achst Leiter der Arbeiterb¨ackerei in Oberleutensdorf (B¨ohmen), dann als Leinenweber in Ostrau t¨atig, kehrte G. nach Versuchen, in Wien, Burgenland und Ober¨osterreich einen Weberbetrieb aufzubauen, nach Nordm¨ahren zur¨uck. 1894 schloß er sich den Sozialdemokraten an, arbeitete am „Volksfreund“ in Br¨unn mit und wurde 1897 Gewerkschaftssekret¨ar. Er war Redakteur der Parteizeitung „Volkspresse“ in Czernowitz, dann der „Wahrheit“ und seit 1902 des „B¨ohmerwaldboten“ in Komotau. 1898 wurde G. Krankenkassenbeamter in M¨ahrisch-Sch¨onberg, 1901 in Villach, dann in Klagenfurt und 1904 Leiter der Bezirkskrankenkasse in Karbitz, seit 1906 der Bezirkskrankenkasse in Aussig, wo er auch das „Volksrecht“ redigierte. Seit 1912 war G. Mitglied des Reichsrats, 1918 / 19 erster stellvertretender Landesverweser in K¨arnten, seit 1919 st¨andiger Abgeordneter zum Nationalrat und 1921-23 Landeshauptmann von K¨arnten. Seine Autobiographie erschien 1926 unter dem Titel Von ¨ unten auf! C OBL

Gr¨oger, Friedrich Carl, Maler, Lithograph, * 14. 10. 1766 Pl¨on, † 9. 11. 1838 Hamburg. Der Sohn eines Schneidermeisters brach Lehren als Schneider, Drechsler und Anstreicher ab, verdiente seinen Unterhalt mit Portr¨atzeichnen und ließ sich schließlich mit seinem Freund und Sch¨uler Heinrich Jakob → Aldenrath in L¨ubeck nieder. Gemeinsam besuchten sie 1789 die Kunstakademie in Berlin, 1798 die in Dresden und unternahmen sp¨ater Studienreisen nach Paris und Kopenhagen. 1814 ließen sie sich in Hamburg nieder. Zahlreiche Portr¨ats und Miniaturen sind von beiden signiert, so daß sich G.s Beitrag nur schwer abgrenzen l¨aßt. Vor 1800 dominieren Brustbilder vor neutralem Hintergrund, sp¨ater Szenen in Landschaftsr¨aumen und Personen mit charakterisierenden Gegenst¨anden. C SHBL, Bd 5

Gr¨oger, Maximilian, o¨ sterr. Chemiker, * 16. 4. 1857 Haugsdorf (Nieder¨osterreich), † 5. 12. 1939 Wien. G. studierte 1875-79 in Wien Chemie und war seit 1882 Prof. an der Deutschen Staatsgewerbeschule in Br¨unn, 1893-1919 an der Staatsgewerbeschule in Wien. Er arbeitete u¨ ber Fragen der anorganischen und analytischen Chemie. G. ver¨offentlichte u. a. Dichte und Moleculargewicht des Ozons (1898) und Oxydationsprodukte der Palmitins¨aure mit Kaliumpermanganat in alkalischer L¨osung (1884). ¨ C OBL

Gr¨oll, Michael, auch Groell, Verleger, Buchh¨andler, * 11. 12. 1722 N¨urnberg, † 2. 9. 1798 Warschau. G. lebte bis 1750 in Dresden, war seit 1755 Mitgesellschafter, seit 1756 Eigent¨umer einer Verlagsbuchhandlung und ging 1759 als k¨oniglicher Kommission¨ar und Buchauktionator nach Warschau. Seit 1778 besaß er dort die damals modernste polnische Druckerei. In seinem Verlag erschienen die Werke der bedeutendsten zeitgen¨ossischen ¨ polnischen Schriftsteller, Ubersetzungen ausl¨andischer Autoren (u. a. Voltaire, Defoe, Rousseau, Moli`ere), die wichtigste literarische Zeitung der polnischen Aufkl¨arung „Zabawy Przyjemme i Pozyteczne“ (Angenehme und n¨utzliche Belustigungen) sowie Schulb¨ucher, Kalender, wissenschaftliche Abhandlungen, Zeitungen und Kataloge. G. betrieb seit 1788 die erste Warschauer Leihbibliothek mit einer Lesehalle. Die Stadtbibliothek N¨urnberg besitzt große Teile seiner Privatbibliothek. C LGB

Gr¨one, Georg, Bildhauer, * 11. 3. 1864 Dresden, † 1935.

G. studierte 1882-86 als Meistersch¨uler Ernst → H¨ahnels Bildhauerei an der Dresdner Kunstakademie. Seine neuklassizistische Formensprache wurde im Wettbewerb um den Al-

Gr¨oninger tar der Lutherkirche in Dresden mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Eines seiner Hauptwerke ist das Brunnenstandbild des Markgrafen Otto des Reichen in Freiberg (Sachsen). Zu seinen sp¨ateren Arbeiten geh¨oren die Bronzestatuette Reue (1903) und Sonnenbad (1906). C Kosch: Kath

Groener, (Karl Eduard) Wilhelm, Milit¨ar, Politiker, * 22. 11. 1867 Ludwigsburg, † 3. 5. 1939 Potsdam. G., Sohn eines Regimentszahlmeisters, trat 1884 in die w¨urttembergische Armee ein und wurde 1912 Chef der Eisenbahnabteilung im Großen Generalstab. Im Ersten Weltkrieg war er als Generalmajor f¨ur das Feldeisenbahnwesen verantwortlich. 1916 kam er erst ins Kriegsern¨ahrungsamt und wurde sp¨ater als Generalleutnant Chef des Kriegsamtes im preuß. Kriegsministeriums und Stellvertreter des Ministers. Nach Unstimmigkeiten mit der Obersten Heeresleitung im August 1917 entlassen, wurde er Generalstabschef der Heeresgruppe Eichhorn in der Ukraine, nach dem R¨ucktritt Erich → Ludendorffs Ende Oktober 1918 1. Generalquartiermeister neben → Hindenburg. In dieser Funktion leitete er den R¨uckmarsch und die Demobilisierung der Truppen. Im November 1918 verband sich G. mit den sozialdemokratischen Volksbeauftragten, besonders mit Friedrich → Ebert, zur Abwehr eines revolution¨aren Umsturzes in Deutschland (Ebert-Groener-Pakt). G. bef¨urwortete die Abdankung → Wilhelms II. sowie die Unterzeichnung des Versailler Vertrags. 1920-23 war er Verkehrsminister, 1928-32 Reichswehrminister (seit 1931 zugleich Innenminister). Als einer der wenigen u¨ berzeugten Demokraten aus dem Kreis der Milit¨ars versuchte G. die nationalsozialistische Bewegung bis hin zum Verbot der SA entschieden zu bek¨ampfen, wurde jedoch im Mai 1932 entlassen, nachdem Kurt von → Schleicher den Reichspr¨asidenten davon u¨ berzeugt hatte, daß G. nicht mehr das Vertrauen der Reichswehrf¨uhrung besitze. G. ver¨offentlichte u. a. Der Weltkrieg und seine Probleme (1920), Das Testament des Grafen Schlieffen (1927) und Der Feldherr wider Willen (1930). Seine Lebenserinnerungen. Jugend, Generalstab, Weltkrieg (hrsg. von F. Frh. Hiller von Gaertringen) erschienen postum 1957. C Verwaltung Gr¨oning, Albert Wilhelm, Politiker, * 26. 1. 1839 Bremen, † 23. 6. 1903 Bremen. G., Sohn eines bremischen Syndikus und Enkel Georg von → G.s, studierte in G¨ottingen und Leipzig Rechtswissenschaften und ließ sich 1860 in seiner Heimatstadt als Anwalt nieder. Schon fr¨uh engagierte er sich im „Nationalverein“ f¨ur die kleindeutsche L¨osung eines unter F¨uhrung Preußens vereinigten Deutschlands. Am Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 nahm er als Freiwilliger teil. Zur¨uckgekehrt, wurde er als Mitglied der bremischen B¨urgerschaft in den Senat gew¨ahlt. Seine Aufgaben als Verwalter des bremischen Landgebiets, sp¨ater als Finanz- und Steuersenator versuchte er im Sinn seiner national- und wirtschaftsliberalen Grundanschauung zu l¨osen. G. wurde mehrmals zum B¨urgermeister und zum Pr¨asidenten der Kollegialregierung des Stadtstaats gew¨ahlt. C NDB

Gr¨oning, Georg von, B¨urgermeister von Bremen, * 23. 8. 1745 Bremen, † 1. 8. 1825 Bremen. G., Sohn eines bremischen B¨urgermeisters, brach eine kaufm¨annische Lehre ab und studierte in G¨ottingen und Leipzig Rechtswissenschaften. Nach dem Tod seines Vaters, des bremischen Senators und B¨urgermeisters Albert G., nahm er dessen Sitz im Senat der Hansestadt ein. Auf dem nieders¨achsischen Kreistag in Hildesheim, dann beim Friedenskongreß in Rastatt und sp¨ater in Paris und London agierte er mit großem diplomatischen Geschick und sicherte die Selbst¨andigkeit des Stadtstaats in den machtpolitischen Auseinandersetzungen nach der Franz¨osischen Revolution.

Beim Reichsdeputationshauptschluß gelang ihm der R¨uckerwerb kurhannoverschen Besitzes einschließlich einiger Liegenschaften innerhalb des bremischen Landgebiets sowie die Zusicherung der Aufhebung des den bremischen Handel belastenden Elsflether Weserzolls. Nach dem Verlust der bremischen Freiheit unter Napoleons Hegemonie zog sich G. immer mehr aus der Politik zur¨uck. Zwar amtierte er 1814-21 noch als B¨urgermeister, konnte aber aus Altersschw¨ache nicht mehr gestaltend t¨atig sein. G. wurde 1795 geadelt. C NDB

Gr¨oning, Karl, B¨uhnenbildner, Schriftsteller, * 7. 5. 1897 Hamburg, † 1980. G. entwarf in Belgrad und Altona B¨uhnendekorationen und arbeitete seit 1935 f¨ur das Deutsche Schauspielhaus Hamburg. Er ver¨offentlichte u. a. Hamburgische TheaterGeschichten (1942) sowie eine Chronologie der Stadt Hamburg (1948) und war sp¨ater Mitherausgeber von Friedrichs Theaterlexikon (1969). G. u¨ bersetzte auch St¨ucke von Moli`ere und Aristophanes. C DLL

Gr¨oning, Peter, B¨urgermeister von Stargard, * 1561 Stargard (Pommern), † 12. 2. 1631 Stargard. Der Sohn eines Stellmachers wurde im Alter von vierzehn Jahren Schreiber im Dienst eines herzoglichen Hofrats, sp¨ater Rentmeister des Amtes Jasenitz. 1588 kehrte er in seine Heimatstadt zur¨uck und wurde 1590 Ratsherr, 1598 K¨ammerer und 1616 B¨urgermeister der Stadt. Kinderlos, hinterließ G. einen großen Teil seines Verm¨ogens einer Schulstiftung f¨ur arme, begabte Sch¨uler; das daraus entstandene Kollegium wurde 1812 in ein Gymnasium umgewandelt. C ADB

Gr¨oninger, Gerhard, Bildhauer, * um 1582 Paderborn, † um 1652 M¨unster. G. erlernte die Bildhauerei bei seinem Bruder Heinrich G. in Paderborn und ließ sich 1609 als B¨urger in M¨unster nieder. Er trat in die Werkstatt des Bildhauers Hans Lacke ein, heiratete dessen Tochter und wurde 1621 zum Gildemeister gew¨ahlt. 1636 machte er Konkurs, lebte 1639-42 in Rheine (Westfalen) und kehrte dann nach M¨unster zur¨uck. G., f¨uhrender Vertreter des Fr¨uhbarock in Westfalen, benutzte Marmor, Alabaster, Baumberger Stein und schuf vom niederl¨andischen Manierismus beeinflußte Werke mit eigenen naturalistischen und phantastischen Elementen. Zu seinen Werken z¨ahlen im Dom zu M¨unster u. a. das Epitaph des Wenzel von Aschenbrock (um 1610), die Statue des hl. Mauritius und der Hochaltar (1619-22; Entwurf und bildhauerische Arbeiten). C NDB

Gr¨oninger, Johann Mauritz, Bildhauer, * 1652 Paderborn, † 21. 9. 1707 M¨unster. G. wurde vermutlich in Paderborn ausgebildet; seine Arbeiten verraten jedoch einen bestimmenden Einfluß des sp¨atbarocken fl¨amischen Stils. 1674 wurde G., Sohn eines Bildhauers und Urgroßneffe Gerhard → G.s, Hofbildhauer von F¨urstbischof Christoph Bernhard von → Galen. Arbeiten von ihm sind haupts¨achlich in Westfalen, aber auch in Mainz und Trier nachgewiesen. Neben virtuoser Beherrschung der Technik, die vor allem den Details seiner Figuren zugute kam, wird besonders seine Portr¨atkunst hervorgehoben. Seine Hauptwerke sind die Grabm¨aler f¨ur Christoph Bernhard von Galen und Friedrich Christian von → Plettenberg (1706-08) im Dom zu M¨unster. G. war der Vater von Johann Wilhelm → G. C Leb Westfalen, Bd 15

Gr¨oninger, Johann Wilhelm, Bildhauer, * 1675 oder 1677 M¨unster, † nach 1732 M¨unster. Der Sohn Johann Mauritz → G.s beendete 1701 seine Wanderschaft, wurde B¨urger von M¨unster und u¨ bernahm sp¨ater die Werkstatt seines Vaters, an dessen Art sich seine Werke

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Gr¨onland anschlossen. Mit der Eleganz, Zierlichkeit und Anmut seiner Figuren stand er unter offensichtlichem Einfluß franz¨osischer Vorbilder. Seine Grabm¨aler leiten zum Rokoko u¨ ber. G.s Hauptwerk ist das Epitaph f¨ur den Domherren Ferdinand von Plettenberg (gestorben 1712) im Dom zu M¨unster. Dar¨uber hinaus schuf er Hausmadonnen, Br¨ucken- und Gartenfiguren. Bevorzugtes Material war Alabaster und Baumberger Stein, vereinzelt auch Holz. C Lex Kunst

Gr¨onland, Peter(sen), Komponist, * 15. 10. 1761 Wilster (Holstein), † 30. 12. 1825 Kopenhagen. G., Sohn eines Zimmermanns, studierte 1782-85 in Kiel Rechtswissenschaften und trat 1787 als Kopist in die deutsche Kanzlei in Kopenhagen ein. 1794 wurde er Administrator der K¨oniglichen Porzellanfabrik, 1795 Archivar, 1803 Mitdirektor der Schatzkammeradministration; seit 1801 war er Justizrat. G. komponierte Lieder; er vertonte allein 50 Gedichte → Goethes. Die Problematik der Nachbildung von Volksliedern reflektierte G. theoretisch als Anh¨anger der „Zweiten Berliner Liederschule“. Er gab wichtige Anregungen f¨ur das skandinavische Volkslied sowie Impulse f¨ur die Rezeption der Werke Johann Sebastian → Bachs in D¨anemark. In der fr¨uheren Literatur wurde G. h¨aufig mit seinem Bruder Johann Friedrich G. verwechselt. C SHBL, Bd 1 Gr¨oppel, Karl, Fabrikant, * 11. 3. 1883 Beuthen (Oberschlesien), † 4. 7. 1962 Bochum. G. studierte an den Technischen Hochschulen Aachen und Berlin-Charlottenburg Eisenh¨uttenkunde, wurde 1910 Diplom-Ingenieur und trat als Aufbereitungsfachmann in die v¨aterliche Maschinenfabrik ein, f¨ur die er anfangs den Bau von Anlagen in Europa und Nordafrika leitete. Nach dem Tod des Vaters 1923 u¨ bernahm er das Unternehmen und f¨uhrte das damals modernste Trennungs-Verfahren ein, konnte aber in der Wirtschaftskrise Ende der zwanziger Jahre das Aufgehen des Familienbetriebs in der Westfalia Dinnendahl Gr¨oppel AG nicht verhindern. G. selbst trat als technischer Vorstand in die WEDAG ein. Er machte sich als Kunstsammler und M¨azen des deutschen Expressionismus verdient. Zusammen mit seiner Frau erwarb er eine bedeutende Privatsammlung zeitgen¨ossischer deutscher Malerei, zu der Werke von Paula → Modersohn-Becker, Emil → Nolde, August → Macke und vielen anderen geh¨orten. G. gelang es, die Sammlung durch die Zeit des Nationalsozialismus zu retten und sp¨ater noch zu erweitern. Seit dem Erwerb durch die Stadt Dortmund 1957 ist die Sammlung Gr¨oppel mit u¨ ber 200 Werken im dortigen Museum am Ostwall untergebracht. C NDB

Groepper, Horst, Diplomat, * 17. 6. 1909 Kiel, † 31. 12. 2002 Bonn. G., Sohn eines Offiziers, studierte 1927-31 Rechtswissenschaften an den Universit¨aten T¨ubingen, Bonn und M¨unster, trat in den preuß. Justizdienst ein und war 1934-38 als Gerichtsassessor t¨atig. 1938 wechselte er in den Ausw¨artigen Dienst, war 1939-41 Legationssekret¨ar in Moskau unter dem Botschafter Friedrich Werner Graf von der → Schulenburg und war anschließend im Ausw¨artigen Amt in Berlin t¨atig. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg (1944 / 45) und der R¨uckkehr aus der Kriegsgefangenschaft wirkte G. zun¨achst als juristischer Berater und Anwalt, trat 1953 wieder in den Ausw¨artigen Dienst ein, ging als Konsul nach Genf, als Botschaftsrat nach Wien und war 1956-60 am Wiederaufbau der Botschaft in Moskau beteiligt. 1960 arbeitete er in Deutschland in der Zentrale des Ausw¨artigen Dienstes, u¨ bernahm 1961 die stellvertretende Leitung der Ostabteilung und wurde 1962 erneut nach Moskau entsandt. Seit 1966 Botschafter in Ankara, leitete er seit 1968 die Rechtsabteilung der Zentrale in Bonn und war 1972 / 73 Botschafter in Dublin. C BHdAD

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Gr¨ossl, Franz, o¨ sterr. Journalist, * 29. 1. 1913 Wien, † Mai 1984 Wien. Nach dem Studium der Anglistik, Germanistik und Geschichte an der Univ. Wien war G. 1937 / 38 als Journalist im Generalsekretariat der Vaterl¨andischen Front t¨atig und redigierte die Monatszeitschrift „Neues Leben“. Mit Schreibverbot belegt, arbeitete er bis 1940 in einem Eisenwerk und als Buchhalter. Nach der R¨uckkehr aus britischer Kriegsgefan¨ genschaft 1946 trat er in die Redaktion des 1945 als OVPTageszeitung wiedergegr¨undeten „Kleinen Volksblatts“ ein und u¨ bernahm 1947 die Leitung des Ressorts Außenpolitik. 1951-63 und von 1968 bis zur Einstellung 1970 hatte G. die Chefredaktion des Blatts inne, das seit Oktober 1962 unter dem Titel „Volksblatt“ erschien. 1963-68 war er Generaldi¨ ¨ rektor des „Osterreichischen Verlags“ (OVP), 1973-78 Mitarbeiter des Bundespressedienstes. C Hausjell Gr¨oteken, Theodor Heinrich, kath. Theologe, * 31. 7. 1836 Werden / Ruhr, † 17. 10. 1896 Kirchherten (Rheinland). G. studierte in M¨unster Theologie, besuchte nach der Promotion das Priesterseminar in K¨oln und wurde 1859 zum Priester geweiht. Danach war er Vikar, Pfarrer, Landdechant und Definitor in verschiedenen Orten im Rheinland und in Westfalen. Er errichtete Kirchen in Uckerath, P¨utz und Grottenherten und gr¨undete Raiffeisensche Darlehenskassen zur Unterst¨utzung der Landbev¨olkerung. G. ver¨offentlichte Arbeiten u¨ ber theologische, soziale, politische Fragen (u. a. Die Lehre von der Unfehlbarkeit, 1870), gab ein Deutsches Volksliederbuch (1871) heraus und schrieb religi¨ose Schauspiele wie Der heilige Engelbert von K¨oln (1880) und Des Siegers Einzug [. . .] (1883). C Kosch: Kath Groethuysen, Bernhard, Philosoph, * 9. 1. 1880 Berlin, † 17. 9. 1946 Luxemburg. G. kann als Philosoph des B¨urgertums gelten, wobei sich beide Typen – der „Philosoph“ und der „B¨urger“ – in seiner eigenen Wahrnehmung ausschlossen. Damit ist die Paradoxie angesprochen, mit der sein Denken und Tun konfrontiert war: Gedanklich m¨undete sie in seine „philosophische Anthropologie“, praktisch in sein Bem¨uhen, zwischen der deutschen und der franz¨osischen Kultur zu vermitteln, in der er den Ausdruck des b¨urgerlichen Lebens schlechthin sah. So gut wie nichts pr¨adestinierte G. zu einer solchen Rolle. Entgegen einer in der Literatur verbreiteten Meinung waren G.s Eltern Deutsche. Die Familie G. stammte aus Straelen am Niederrhein, allerdings war der Großvater m¨utterlicherseits Russe. Nach dem Ausbruch der Geisteskrankheit des Vaters, eines Sanit¨atsrats, wurde G. von seiner Mutter in BadenBaden erzogen. Zum Wintersemester 1898 / 99 immatrikulierte er sich in Wien, ging nach einem Jahr f¨ur zwei Semester nach Berlin und f¨ur zwei weitere nach M¨unchen, bevor er nach Berlin zur¨uckkehrte, wo er 1903 mit der Dissertation Das Mitgef¨uhl bei dem Psychologen Friedrich Stumpf promoviert wurde. Die Vorarbeiten zu einer Geschichte der Franz¨osischen Revolution, die er danach in Angriff nahm und deren erstes (im Zweiten Weltkrieg verlorengegangenes) Kapitel 1907 als Habilitationsschrift angenommen wurde, lassen den Einfluß seiner Berliner Lehrer Georg → Simmel und Wilhelm → Dilthey erkennen. Letzterer vor allem riet G., der sp¨ater seine Gesammelten Schriften herausgeben sollte, vor dem Hintergrund der „Lebensphilosophie“ nach der „Umsetzung

Groff einzelner Energien von verschiedenen Formen in eine Totalkraft“ zu trachten, „welche herrschend in [einer Nation] wird und eine neue Ordnung in der Welt der Objektivit¨aten [. . .] herbeif¨uhrt“. Noch stand jedoch f¨ur G. das revolution¨are Ereignis im Mittelpunkt und war sein Verh¨altnis zu Frankreich (er hielt sich regelm¨aßig, u. a. im Auftrag der LeibnizKommission der Preußischen Akademie der Wissenschaften, in Paris auf) vom Blick des Außenstehenden gepr¨agt. Dank des Literaturwissenschaftlers und Bergson-Sch¨ulers Charles ¨ Du Bos und seiner Lebensgef¨ahrtin, Simmels Ubersetzerin, der belgischen Anarchistin Alix Guillain, faßte er in dem Milieu der Dichter (der „Nouvelle Revue Fran¸caise“ um Andr´e Gide) Fuß, die er in seiner postum erschienenen Introduction a` la philosophie de l’Art als Weggef¨ahrten des Anthropologen dargestellt hat. Die modernen K¨unstler – so seine These – h¨atten den Historismus u¨ berwunden, indem sie die Vergangenheit hinter sich gelassen h¨atten: Darin komme die „Selbstgen¨ugsamkeit des Lebens“ zum Ausdruck, die er als ein Hauptmerkmal des B¨urgertums erkannte. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte sich G.s Einstellung soweit ver¨andert, daß er sich trotz vierj¨ahriger Internierung in Chˆateauroux entschloß, in Frankreich zu bleiben. Im Sommersemester lehrte er weiterhin in Berlin, so daß er in beide Richtungen als „Vermittler“ (Robert → Minder) t¨atig werden konnte. In diese Zeit geh¨oren Abhandlungen u¨ ber die philosophischen Traditionen Deutschlands und Frankreichs ¨ sowie zahlreiche Rezensionen, Ubersetzungen (→ Goethe, → H¨olderlin, → B¨uchner, → Hofmannsthal) und verlegerische wie auch institutionelle Initiativen. Auch an den auf den Literaten Paul Desjardins zur¨uckgehenden „Dekaden“ von Pontigny, einem der Treffpunkte der europ¨aischen Intelligenz in der Zwischenkriegszeit, war G. neben Ernst Robert → Curtius maßgeblich beteiligt. 1927 erschienen, gleichzeitig in deutscher und in franz¨osischer Sprache, die beiden ersten (und letzten) B¨ande der Entstehung der b¨urgerlichen Welt- und Lebensanschauung in Frankreich. Im Mittelpunkt stand nicht mehr die Revolution, sondern der B¨urger, der sie machen w¨urde. Die Predigten des 17. und 18. Jahrhunderts spiegeln nach G.s Meinung indirekt eine neue „Weltanschauung“. Die Politisierung des B¨urgertums habe Rousseau herbeigef¨uhrt, der „Lebenspositivismus“ jedoch habe in allen Bereichen des Lebens die Oberhand gewonnen. Der B¨urger habe als „Mensch“ bereits anders als der „Christ“ (oder der „Philosoph“) gelebt. G.s Analyse erinnert an Simmel, unterscheidet sich jedoch grunds¨atzlich von jeglicher Soziologie. Sie gr¨undet vielmehr in einer von Dilthey herr¨uhrenden Hermeneutik, die G.s Denken und Handeln zutiefst gepr¨agt hat und die zuweilen als N¨ahe zum Marxismus mißverstanden wurde. Doch stieß G.s bezeugte Freude am Dialog (so Georg → Misch und Jean Paulhan) an Grenzen. Bereits 1932 kehrte G. aufgrund der politischen Entwicklung Deutschland endg¨ultig den R¨ucken und wurde Franzose. Die letzten Jahre seines Lebens bestritt er mehr schlecht als recht als einer der ersten freien Publizisten. Nach der Besatzungszeit, die er unbehelligt u¨ berlebte, starb er 1946 in Luxemburg w¨ahrend eines Aufenthalts bei Freunden. G.s Einfluß ist schwer zu ermitteln. Allein im Bereich der Geschichtsschreibung nehmen seine Intuitionen in vielerlei Hinsicht entscheidende Akzente der Schule der „Annales“ vorweg (Geschichte des Todes, Geschichte des Unglaubens, usw.). LITERATUR. Hannes B¨ohringer: B. G. Vom Zusammenhang seiner Schriften. Berlin 1978 (mit G.s Bibliographie und Quellenangaben). – Hans-Martin Lohmann: Geschichten und Geschichte. Zu B. G.s ideologiehistorischen Frankreich-Studien. In: Vermittler. H. Mann, Benjamin, G., Koj`eve, Szondi, Heidegger in Frankreich, Goldmann, Sieburg (Deutsch-franz¨osisches Jahrbuch 1). Hrsg. v. J¨urgen

Sieß. Frankfurt / Main 1981, S. 59-74. – J¨urgen Sieß: Der Philosoph bei den Dichtern. B. G.s Fragmente einer literarischen Anthropologie. Ebd., S. 75-104. Martial Staub

Gr¨otzsch, Robert Gottlieb, Pseud. R. Pl¨ottner, Rebold Gretsch, St. Jose, Bruno Brandy, Schriftsteller, Publizist, * 10. 3. 1882 Naunhof bei Leipzig, † 6. 3. 1946 New York. G., Sohn eines Arbeiters, durchlief eine Klempnerausbildung, ver¨offentlichte 1904 erste literarische Versuche in der „S¨achsischen Arbeiterzeitung“ und wurde dort 1906 Redakteur. 1918 war er im Presseamt des Dresdner Arbeiter- und Soldatenrats t¨atig, 1919 wurde er Redakteur bei der „Dresdener Volkszeitung“. 1933 emigrierte G. nach Prag, wurde dort Mitarbeiter des „Neuen Vorw¨arts“, ging 1938 nach Paris und gelangte von dort u¨ ber Spanien und Portugal 1941 in die USA. Er arbeitete an der „New Yorker Volkszeitung“ mit, war Vorstandsmitglied der Newcomer-Gemeinschaft in New York und verdiente seinen Lebensunterhalt als Klempner. G. war einer der ersten sozialdemokratischen Schriftsteller, die f¨ur die Arbeiterjugend schrieben; seine Erz¨ahlungen, Geschichten und M¨archen erschienen 1907-23 in der Kinderbeilage der „Gleichheit“. Neben Jugendb¨uchern (u. a. Nauckes Luftreise und andere Wunderlichkeiten, 1908, Nachdr. 1986) verfaßte G. Dramen und Romane, darunter Wir suchen ein Land. Roman einer Emigration (1936). C Lex sozialist Lit Gr¨owel, Margaretha, auch Gr¨owel-Sztollar, Politikerin, * 14. 8. 1899 Hamburg, † 20. 1. 1979 Salzburg. G. unterrichtete nach dem Studium und der Promotion bis 1933 am Katholischen Knabenseminar Hamburg; sp¨ater war sie u. a. Dozentin am hamburgischen Institut f¨ur Lehrerfortbildung. Schon w¨ahrend der Weimarer Republik engagierte sie sich in karitativen und sozialen Frauenverb¨anden. Unter der nationalsozialistischen Herrschaft f¨ur kurze Zeit im Konzentrationslager Fuhlsb¨uttel inhaftiert, geh¨orte sie 1945 zu den Begr¨undern der Hamburger CDU. Als Vorstandsmitglied ihrer Partei wurde sie 1949 in den ersten Deutschen Bundestag gew¨ahlt. 1953 heiratete G. den Ingenieur Maximilian Sztollar und lebte danach als deutscher Konsul in Houston (Texas). Groff, Guillielmus de, Bildhauer, * 13. 11. (?) 1676 Antwerpen, † 16. 8. 1742 M¨unchen. G., Sohn eines Wagenmachers, erhielt seine Ausbildung um 1700 in Paris und eventuell in Italien. Seit 1708 arbeitete er f¨ur Ludwig XIV. in Paris. Dort traf er 1714 Kurf¨urst → Maximilian II. Emanuel, der ihn 1715 als Hofbildhauer nach M¨unchen berief. Seine Werkstatt und Gießerei im „Staats-Atelier“ in der Herzog-Max-Burg besch¨aftigte zeitweilig bis zu vierzehn Gesellen. G. trug zu allen wichtigen Ausstattungen kurbayerischer Schl¨osser und Gartenanlagen bei. Neben zahlreichen privaten und kirchlichen Auftr¨agen schuf er f¨ur den Hof M¨obel, Wandbrunnen, Feuerhunde, Armleuchter, Plaketten und vieles andere mehr. In seiner Vielseitigkeit war G. auch als Ausbilder einer der Wegbereiter des Rokoko in Bayern. Er war der Vater von Karl de → G. C Th-B Groff, Karl de, auch Charles de G., Bildhauer, * 1712 Paris, † 19. 9. 1774 M¨unchen. G. kam dreij¨ahrig mit seinem Vater Guillielmus de → G. nach M¨unchen und wurde in der v¨aterlichen Werkstatt ausgebildet. Bevor er 1742 in der Nachfolge seines Vaters bayerischer Hofbildhauer wurde, arbeitete er einige Zeit in Wien und nahm dort an Wettbewerben der Akademie teil. Sp¨atere Berufungen nach Polen, Venedig, Frankreich und zuletzt 1751 in kaiserliche Dienste lehnte er allesamt ab. G.s Werke C NDB sind dem Sp¨atbarock verpflichtet.

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Grogger Grogger, Paula, Schriftstellerin, Lehrerin, * 12. 7. 1892 ¨ ¨ Oblarn (Steiermark), † 1. 1. 1984 Oblarn. Die Tochter eines Eisen- und Maschinenh¨andlers besuchte 1907-12 die Lehrerinnenbildungsanstalt in Salzburg und war Dorfschullehrerin im steierm¨arkischen Ennstal. 1929 wurde sie aus gesundheitlichen Gr¨unden pensioniert und widmete sich danach ihrer schriftstellerischen T¨atigkeit. Bereits 1926 schaffte G. mit ihrem ersten, in der Steierm¨ark w¨ahrend der napoleonischen Zeit spielenden Roman Das Grimmingtor den Durchbruch und wurde als Vertreterin eines bodenst¨andig-b¨auerlichen Schrifttums erst vom o¨ sterr. St¨andestaat, dann vom Nationalsozialismus umworben; sie war Mitglied der nationalsozialistischen Tarnorganisation „Bund ¨ deutscher Schriftstellerinnen in Osterreich“, ohne der NS¨ Ideologie aus Uberzeugung anzuh¨angen. In ihren Gedichten, Legenden, Spielen, Aufs¨atzen und vor allem in ihrer Prosa fand sie allen verwendeten Klischees zum Trotz zu eigenst¨andiger Form. In Ver¨offentlichungen wie Die Reise nach Salzburg (1958) und Sp¨ate Matura oder Pegasus im Joch (1975) schilderte G. Teile ihrer Biographie. Ihr zweiter großer Roman Die R¨auberlegende (nach G.s gleichnamiger Legende, 1929) erschien 1977. C Killy Groh, Herbert Ernst, eigentl. Herbert Alois Grom, schweizer. Schauspieler, S¨anger, * 1905 Luzern, † 28. 7. 1982 Norderstedt (Schleswig-Holstein). G. bildete seine Stimme in Z¨urich und Mailand aus, deb¨utierte 1926 am Staatstheater in Darmstadt und unternahm nach Beendigung seines dortigen Engagements 1928 eine Konzert- und Gastspielreise durch Italien. Als Operettentenor bekannt, wurde er 1930 als erster Solist an den Hamburger Sender verpflichtet; seit 1933 sang er beim Berliner Deutschlandsender. 1946 absolvierte G. zusammen mit Robert → Stolz eine glanzvolle Europatournee. Noch 1968 sang er in den USA in dem Musical My Fair Lady. C Kutsch

Groh, Jakob, o¨ sterr. Graphiker, Radierer, * 14. 5. 1855 Rumburg (B¨ohmen), † 17. 2. 1917 Wien. Seine k¨unstlerische Ausbildung erhielt G. an der Wiener Kunstgewerbeschule u. a. bei Ferdinand → Laufberger. Sp¨ater fand er w¨ahrend zahlreicher Studienreisen die Motive seiner Illustrationen f¨ur Die Kunstsch¨atze Italiens (1882 ff.) und andere Bildb¨ande. Bekannt machten ihn vor allem seine Radierungen nach Portr¨ats sowie ber¨uhmten Werken der Kunstgeschichte, etwa von Lucas → Cranach und Rogier van der Weyden. G. war auch Lehrer an der Graphischen Lehr¨ und Versuchsanstalt in Wien. C OBL

Groh, Johann, auch Ghro, Gro, Groe, Grohe, Gron, Gross, Musiker, Kapellmeister, Komponist, * um 1575 Dresden, † 1627 (?) Weesenstein (?). Zun¨achst Kapellknabe in Dresden, war G. 1604-21 Organist an der Kurf¨urstlichen Schule zu St. Afra in Meißen. 1621 wurde er als Organist an der Schloßkapelle in Weesenstein von Rudolf von B¨unau mit dem Neuaufbau der Kirchenmusik beauftragt. G., zu seiner Zeit ein gefragter Komponist, schrieb Vokal und Instrumentalmusik. C MGG

Groh, Otto Emmerich, Schriftsteller, Dramaturg, Theaterintendant, * 7. 4. 1905 Karlstadt (Bayern), † 13. 10. 1978. G. wurde 1933 Spielleiter und Dramaturg am Neuen Schauspielhaus in Wien. Seit 1939 im B¨uhnenvorstand des Deutschen Volkstheaters sowie Schriftleiter der Programmzeitschrift des Hauses, u¨ bernahm er 1949 die Direktion des ¨ Salzburger Stadttheaters. Neben Ubersetzungen und Bearbeitungen schrieb G. vor allem Gedichte, Schauspiele (u. a. Die Lieder an Melitta, 1928; Baron Trenck, der Pandur, 1935) und Prosa (Alexander. Der Roman des Eroberers, 1932; K¨onigsballade, 1935). C Czeike

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Groh-Kummerl¨ow, Grete, geb. Groh, Politikerin, Gewerkschafterin, * 6. 2. 1909 Plauen, † 16. 2. 1980 KarlMarx-Stadt (heute Chemnitz). G.-K., Tochter eines Arbeiters, war seit 1924 Textilarbeiterin und trat 1925 dem Deutschen Textilarbeiterverband bei. Seit 1927 im Kommunistischen Jugendverband Deutschlands engagiert, wurde sie 1930 Mitglied der KPD und im selben Jahr in den s¨achsischen Landtag gew¨ahlt. W¨ahrend der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft mehrere Jahre in Haft, nahm G.-K. nach 1945 Funktionen im Freien Deutschen Gewerkschaftsbund und in der SED wahr. Sie geh¨orte dem Bundesvorstand der zentralen Gewerkschaftsorganisation an und war bis 1971 Mitglied der Volkskammer, 1954-67 von deren Pr¨asidium. C DDR Groh´e, Jacob Friedrich, Mediziner, * 12. 3. 1830 Speyer, † 21. 11. 1886 Greifswald. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1850 in W¨urzburg und Gießen, war als Assistent an der Kreisverpflegs-Anstalt f¨ur Unterfranken und am Siechenhaus der Stadt W¨urzburg, seit 1853 als Assistent am dortigen Pathologischen Institut t¨atig und wurde 1856 promoviert. 1857 ging er als Assistent Rudolf → Virchows an das neugegr¨undete Pathologische Institut in Berlin, wurde 1858 als a. o. Prof. f¨ur Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie an die Univ. Greifswald berufen und 1862 zum o. Prof. und Direktor des Pathologischen Instituts ernannt; 1874 / 75 war er Rektor. W¨ahrend des Deutschen Kriegs von 1866 war er leitender Arzt eines Reservelazaretts in Demmin und f¨uhrte w¨ahrend des Krieges 1870 / 71 mehrmals einen Sanit¨atszug. G. war einer der ersten Spezialisten f¨ur Pathologische Anatomie; sein besonderes Interesse galt der Geschwulstlehre. Seine Ver¨offentlichungen erschienen in Zeitschriften, u. a. in „Virchows Archiv“ (Melanotisches Carcinom des Zwischenkiefers ausgehend von den Zahns¨ackchen der Schneidez¨ahne, 1858; Ueber den Bau und das Wachsthum des menschlichen Eierstocks und u¨ ber einige krankhafte St¨orungen desselben, 1864). C Pf¨alzer Pers Groh´e, Josef, Politiker, * 6. 11. 1902 Gem¨unden / Hunsr¨uck, † 3. 1. 1988 K¨oln. G., Sohn eines Ladenbesitzers, war Angestellter in Betrieben der Eisenwarenbranche, bevor er, seit 1922 Mitglied der NSDAP, 1925 stellvertretender Gauleiter und Hauptschriftleiter des „Westdeutschen Beobachters“ wurde. Seit 1931 Gauleiter von K¨oln und Aachen, wurde er 1933 Mitglied des Reichstags und war 1933 / 34 Bevollm¨achtigter der Rheinprovinz im Reichsrat. G. wurde im Juli 1944 Reichskommissar f¨ur die besetzten Gebiete in Belgien und Nordfrankreich. Im Fr¨uhjahr 1945 organisierte er in K¨oln den „Volkssturm“ und veranlaßte die Sprengung der f¨unf großen Rheinbr¨ucken der Stadt. Im August 1946 verhaftet und an Belgien ausgeliefert, wurde er nach R¨uck¨uberstellung an deutsche Beh¨orden 1950 in Bielefeld zu einer mehrj¨ahrigen Haftstrafe verurteilt, jedoch noch im selben Jahr aus der Haft entlassen. C Lilla, Statisten Grohmann, Adolf, o¨ sterr. Semitist, Orientalist, * 1. 3. 1887 Graz, † 21. 9. 1977 Innsbruck. Der Kaufmannssohn studierte an der Univ. Wien semiti¨ sche Philologie, Agyptologie, Kulturgeschichte des Vorderen Orients, orientalische Arch¨aologie und islamische Kunst, wurde 1911 promoviert und habilitierte sich 1916 f¨ur Sprach- und Altertumskunde des Vorderen Orients. 1916-18 unterrichtete er Arabisch an der K. u. K. o¨ ffentlichen Lehranstalt f¨ur orientalische Sprachen in Wien, leitete dann die Orientalische Abteilung der Papyrussammlung der Nationalbibliothek und wurde 1921 a. o. Professor. 1923-45 o. Prof. an der Deutschen Univ. in Prag, hatte er seit 1949 einen Lehrauftrag an der Univ. Innsbruck inne. G. ver¨offentlichte zahlreiche Abhandlungen, Monographien und Fachbeitr¨age

Groißmayr zur Papyrologie und Kulturgeschichte des Vorderen Orients, war Mitarbeiter an nahezu allen grundlegenden Sammelwerken seiner Fachgebiete und besorgte u. a. die Herausgabe der ¨ Papyri der K¨oniglich Agyptischen Bibliothek Kairo. ¨ Akad, Jg. 128 C Almanach Ost

Grohmann, (Johann) Christian August, Philosoph, * 7. 8. 1769 Großkorbetha bei Weißenfels, † 3. 7. 1847 Dresden. G., Sohn eines Pastors, studierte seit 1786 Theologie und Philosophie in Leipzig und wurde 1790 promoviert. 1792 habilitierte er sich in Wittenberg (Dissertatio de generationis atque temperatorum legibus), erhielt 1798 eine außerordentliche Professur und wurde 1803 o. Prof. der Logik und Metaphysik. 1810 folgte er einem Ruf an das Hamburger Akademische Gymnasium, wo er bis zu seiner Pensionierung 1833 unterrichtete. Mit Werken wie Ideen zu einer physiognomischen Anthropologie (1791), Philosophie der Medizin (1808), Ideen zur Entwickelung des kindlichen ¨ Alters (1812) und Asthetik als Wissenschaft (1830) versuchte G. eine Vermittlung zwischen Natur- und Geisteswissenschaft, speziell zwischen den medizinischen und anthropologischen Erkenntnissen und dem philosophischen Diskussionsstand der Zeit, und bereitete so den Weg f¨ur die moderne Entwicklungspsychologie. C NDB

Grohmann, Friedrich Wilhelm, Schauspieler, S¨anger, * 1803 Berlin, † 18. 1. 1891 Berlin. Sein erstes Engagement erhielt G. 1823 am Kgl. Theater in Berlin, wo er im Opernchor kleinere Solopartien u¨ bernahm. Danach ging er als Schauspieler und S¨anger nach Breslau, gab den Ersten Jugendlichen Liebhaber in D¨usseldorf, Elberfeld und Aachen und spielte 1828-30 in Augsburg. Weitere Stationen seiner Karriere waren Mainz, Dresden und K¨oln, bevor er sich 1874 am Hoftheater in Berlin von der B¨uhne verabschiedete. Eine seiner eindrucksvollsten Rollen war der Karl Moor in → Schillers R¨aubern. C Kosch: Theater Grohmann, Johann Friedrich Reinhold, Mediziner, * 7. 6. 1784 Querfurt (Th¨uringen), † 29. 9. 1867 Wien. G. schloß das Studium der Medizin in Leipzig 1808 mit der Promotion ab (De diabete), unterbrach eine Reise nach Konstantinopel wegen Ausbruch des Kriegs mit Rußland in Bukarest, wo als Arzt t¨atig war und Beobachtungen u¨ ber die 1813 ausgebrochene Pest-Epidemie sammelte. Nach einem Aufenthalt in Konstantinopel kehrte er 1815 nach Sachsen zur¨uck, wurde 1816 als Arzt der preuß. Gesandtschaft nach Konstantinopel berufen, aber an die K¨uste von Epirus verschlagen. 1823 floh er aus den Diensten von Jussuf-Pascha nach Wien. Dort 1825 mit der Dissertation Animadversiones in homoeopathiam erneut zum Dr. med. promoviert, ließ er sich als Arzt nieder und war 1831-34 an der Ausarbeitung eines neuen Pestnormativs beteiligt. G. ver¨offentlichte u. a. Beobachtungen u¨ ber die im Jahre 1813 herrschende Pest zu Buckarest (1816), Ueber das Heilungsprincip in der Hom¨oopathie (1826), Das Pest-Contagium in Egypten und seine Quelle, nebst einem Beitrage zum Absperr-System (1844) und Ueber das Sich Selbst am Menschen (1860).

Grohmann, Josef, o¨ sterr. Industrieller, * 25. 8. 1792 Sch¨onb¨uchel (B¨ohmen), † 27. 3. 1873 W¨urbenthal ¨ (Osterr.-Schlesien). G., Sohn eines Handelsmanns, trat 1812 in die W¨urbenthaler Zwirnerei „Weiß & R¨osler“ ein, heiratete 1818 die Nichte Ferdinand R¨oslers und wurde Teilhaber des Betriebs. 1821 u¨ bernahm er die Leitung der Firma und baute die Heimarbeit mit verbesserten Maschinen aus. Mit Beginn der Mechanisierung und der Umwandlung des Unternehmens zur Textilfabrik mit eigener F¨arberei unter dem Namen „Grohmann & Co.“ 1847 kam der große Aufschwung. 1865 wurde die Fabrik nochmals stark vergr¨oßert; 1867 u¨ bergab G. sie

seinem Sohn Guido G. Unter den Nachkommen gedieh der Betrieb durch Fusionen und Filialbetriebe zum Konzern, der ¨ 1945 vom tschechischen Staat enteignet wurde. C OBL

Grohmann, Karl Ferdinand Daniel, Schauspieler, Dichter, * 1758 Leipzig, † Februar 1794 Riga. G. studierte Rechtswissenschaften in Leipzig, wandte sich jedoch bald der Schauspielerei zu. Er deb¨utierte 1778 und war seit 1783 als Schauspieler vor allem in Liebhaber-Rollen in Riga engagiert. G. ver¨offentlichte Prosaische Gedichte (2 Bde., 1784 / 85), Beytrag zur Lect¨ure (1790) und das Schauspiel Gioconda oder Weiberrache kennt keine Grenzen (1781). C DLL

Grohmann, Paul, o¨ sterr. Alpinist, * 12. 6. 1838 Wien, † 29. 7. 1908 Wien. Der Sohn eines Arztes und Neffe Christian August → G.s konnte sich als verm¨ogender Privatier von Jugend an seiner Passion, dem Bergsteigen, widmen. Schon als Siebzehnj¨ahriger bestieg er als erster Tourist den Gipfel des Reißkofels. Es folgten bis 1869 zahlreiche Erst- und Zweitbesteigungen in den Dolomiten, den Zillertaler und den Karnischen Alpen. 1862 gr¨undete er mit Edmund von → Mojsisovics und ¨ Guido von Sommaruga den Osterreichischen Alpenverein. G. ver¨offentlichte Karten und Reisehandb¨ucher wie Wanderungen in den Dolomiten (1877). Seine Autobiographie erschien 1890 in den „Mitteilungen der Akademischen Sek¨ tion Wien des DOAV“. C NDB

Grohmann, Will, Kunsthistoriker, * 4. 12. 1887 Bautzen, † 6. 5. 1968 Berlin. G. studierte 1908-13 in Leipzig und Paris Geschichte, Kunstgeschichte, Philologie und Orientalistik und unterrichtete seit 1918 im h¨oheren Schuldienst. Daneben engagierte er sich als Kunstschriftsteller und Mitarbeiter der Staatlichen Gem¨aldegalerie Dresden f¨ur die moderne Kunst. 1933 wurde er entlassen. Seit 1945 war G. Ministerialdirektor f¨ur Volksbildung in Dresden, 1947 / 48 Prof. und Rektor der dortigen Hochschule f¨ur Werkkunst und 1948-50 o. Prof. der Kunstgeschichte an der Berliner Hochschule f¨ur bildende K¨unste. 1955 wurde er Redakteur der internationalen Kunstzeitschrift „Quadrum“ in Br¨ussel. G. geh¨orte durch seine publizistische T¨atigkeit zu den Wegbereitern der zeitgen¨ossischen Kunst in Deutschland. Er verfaßte monographische Werke u¨ ber Paul → Klee (1954, 41965), Karl → SchmidtRottluff (1956), Wassily → Kandinsky (1958) und Henry Moore (1960). C Munzinger

Grohne, Ernst, Museumsfachmann, Volkskundler, * 14. 3. 1888 Eiterfeld bei H¨unfeld (Hessen), † 24. 9. 1957 Fulda. G., Sohn eines Richters, studierte seit 1907 in T¨ubingen und G¨ottingen Sprachwissenschaft, Geschichte und Geographie (Promotion 1913) und wurde 1914 Assistent am Museum f¨ur Hamburgische Geschichte. 1923 gr¨undete er die „Niederdeutsche Zeitschrift f¨ur Volkskunde“. 1924 wurde G. Direktor des Gewerbe- und Focke-Museums in Bremen und war seit 1932 auch ehrenamtlicher Denkmalpfleger der Stadt; er rettete den gr¨oßten Teil der Best¨ande durch den Zweiten Weltkrieg. G. ver¨offentlichte volkskundliche und landesarch¨aologische Abhandlungen, u. a. Tongef¨aße in Bremen seit dem Mittelalter (1940) und Das Bauernhaus im Bremer Gebiet (1942). 1953 wurde er zum Prof. ernannt. C Leb Nieders, Bd 5

Groißmayr, Fritz B´ela, o¨ sterr. Meteorologe, * 4. 4. 1894 Attnang (Ober¨osterreich), † 16. 9. 1948 Passau. G., Sohn eines Eisenbahnbeamten, begann 1914 am Polytechnikum im th¨uringischen Arnstadt mit dem Studium der Chemie, nahm am Ersten Weltkrieg teil und geriet in italienische Kriegsgefangenschaft. Nach der Heimkehr schloß er

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Groitzsch sein Studium ab und lebte mehrere Jahre in Ungarn. Seit 1932 leitete er die Reichswetterdienststelle in Passau und war 1942-44 Ingenieur im Aluminiumwerk T¨oging / Inn. In zahlreichen Fachartikeln beschrieb G. die Zusammenh¨ange zwischen Witterungserscheinungen weit entfernter Gebiete. Den Nachweis globaler meteorologischer Einfl¨uße versuchte er auch in seiner postum erschienenen Arbeit Die s¨akulare Klimawende um 1940 und das Katastrophenjahr 1947 in Zentraleuropa (1949) zu f¨uhren. C NDB

Groitzsch, Wiprecht Graf von, Kolonisator, † 22. 5. 1124 Pegau (Sachsen). G. erbte Herrschaftsrechte in der Altmark, die er gegen Landgebiete zwischen Elster, Pleiße und Mulde eintauschte und vom Kerngebiet um die Burg Groitzsch aus als volleigenen Besitz beherrschte und kolonisierte. Als treuer Bundesgenosse K¨onig → Heinrichs IV. und Herzog Wratislaws von B¨ohmen erhielt er noch Landzuweisungen. Seinen großen Streubesitz ließ er durch fr¨ankische Bauern besiedeln. Missions- und Zivilisationsarbeit leistete das von ihm gegr¨undete und 1096 geweihte Benediktinerkloster Pegau. C NDB Grolig, Moritz, o¨ sterr. Bibliothekar, * 3. 6. 1873 Br¨unn, † 19. 6. 1949 Wien. G. studierte in Wien und Prag Rechtswissenschaften und ¨ Geschichte. 1900-32 war er in der Bibliothek des Osterreichischen Patentamtes in Wien t¨atig, zuletzt als Direk¨ tor. Er war Herausgeber der „Osterreichischen Zeitschrift f¨ur das Bibliothekswesen“ und des „Archivs f¨ur Bibliographie, Buch- und Bibliothekswesen“ sowie Mitarbeiter des „B¨orsenblatts f¨ur den deutschen Buchhandel“ und zahlreicher anderer Fachzeitschriften. G. ver¨offentlichte u. a. Bibliographien zu Henry David Thoreau und Edgar Allan Poe sowie Abhandlungen zur Geschichte des Buchdrucks, zur Bibliotheksgeschichte und zur Handschriftenkunde, darunter Die Buchdruckerei des Jesuitenkollegiums in Wien 1559-1565 (1909).

Groll, Andreas, o¨ sterr. Maler, * 6. 9. 1850 Wien, † 23. 12. 1907 Wien. G. studierte Malerei an der Wiener Kunstakademie und bei Christian → Griepenkerl, deb¨utierte 1874 mit dem Historiengem¨alde Marc Anton vor der Leiche des Brutus nach der Schlacht bei Philippi und bildete sich 1876-78 in Rom und Venedig weiter. Zur¨uckgekehrt, wandte er sich bald der kirchlichen Freskomalerei im Anschluß an die o¨ sterr. Barocktradition zu. Seine Wand- und Deckengem¨alde beeindrucken vor allem durch die Leuchtkraft der Farben und die Beherrschung sehr großer Fl¨achen. Er bemalte u. a. die Kuppel des Braunschweiger Polytechnikums, die Decke der Brigittakirche in Wien sowie Kuppel und Decke der Wallfahrtskirche Haindorf bei Friedland in B¨ohmen. Seit 1887 unterrichtete G. auch als Lehrer f¨ur Aktzeichnen an der Kunstgewerbeschule in Wien. C Th-B

Groll, Evermodus, Taufname: Johann Wunibald, Benediktiner, Komponist, * 15. 4. 1755 Nittenau, † 19. 3. 1810 Freising. G., Sohn eines Bierbrauers, wurde seit 1765 als Chorknabe im Benediktinerkloster Reichenbach ausgebildet. Er besuchte die Domschule in Regensburg und trat in das f¨ur seine Musikpflege bekannte Pr¨amonstatenserkloster Sch¨aftlarn ein, wo er 1776 die Profeß ablegte und 1781 zum Priester geweiht wurde. Er war Seminardirektor in Landshut und 1795-99 Prof. f¨ur Musik am kurf¨urstlichen Seminar in Straubing. Von 1799 bis zur S¨akularisierung des Klosters wirkte er als Kanonikus und Chorleiter wieder in Sch¨aftlarn. 1804 war er Kooperator an St. Peter in M¨unchen und seit 1806 Pfarrer in Allershausen bei Freising. G. komponierte rund

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zehn Messen sowie Symphonien. Von seinen Werken erschienen im Druck die VI. Missae brevissimae cum totidem Offertoriis, op. 1 (1790) und die IV. Missae solenniores, et tamen breves cum totidem Offertoriis, op. 2 (1798).

Groll, Gunter, Pseud. Sebastian Grill, Film- und Theaterkritiker, Lektor, * 5. 8. 1914 Liegnitz (Schlesien), † 5. 6. 1982 Ammerland (Oberbayern). G. studierte an der Univ. M¨unchen, geh¨orte zu den Begr¨undern einer Widerstandsgruppe und wurde 1937 mit einer Dissertation u¨ ber Das Gesetz des Films. Eine StilUntersuchung u¨ ber den Film als Kunstgattung promoviert. 1946 gab er die Lyrikanthologie De profundis mit Autoren der „inneren Emigration“ heraus. Er schrieb in der „S¨uddeutschen Zeitung“ vielbeachtete Film- und Theaterkritiken im Stil Alfred → Kerrs, die sp¨ater als Magie des Films. Kritische Notizen u¨ ber Film, Zeit und Welt (1953) und Lichter und Schatten. Filme in dieser Zeit (1956) gesammelt erschienen. Gleichzeitig arbeitete G. als Verlagslektor und gab die Werke von Theodor → Storm und E. T. A. → Hoffmann heraus. C Cinegraph

Groll, Joseph, Bierbrauer, * 21. 8. 1813 Vilshofen, † 22. 10. 1887 Vilshofen. G. kam 1842 als Braumeister an das B¨urgerliche Br¨auhaus nach Pilsen. Er erfand dort das Brauverfahren f¨ur das „Pilsner Bier“, angeblich weil beim ersten Sud die altbekannte bayerische Rezeptur in Verbindung mit dem Saazer Hopfen ein anderes Geschmacksergebnis erbrachte: ein helles, sehr w¨urziges Bier mit deutlicher Hopfennote. G. verließ Pilsen 1845.

Groller, Balduin, Pseud. f¨ur Adalbert Goldscheider, Schriftsteller, Redakteur, * 5. 9. 1848 Arad (Ungarn), † 22. 3. 1916 Wien. An der Univ. Wien f¨ur Philosophie und Rechtswissenschaften immatrikuliert, begann G. schon w¨ahrend der Studienzeit sein publizistisches und schriftstellerisches Talent zu entfalten. 1871 gr¨undete er die kurzlebige „Allgemeine Kunstzeitung“, sp¨ater redigierte er u. a. die „Deutsche Schriftstellerzeitung“, die „Neue Illustrierte Zeitung“ (1886-92) und das „Neue Wiener Journal“ (seit 1895); daneben war er redaktioneller Vertreter der Zeitschriften „Die Gartenlaube“ und ¨ „Uber Land und Meer“. Der Feuilletonist und humoristische Erz¨ahler ver¨offentlichte mehr als dreißig B¨ande Novellen und Romane, u. a. Detektiv Dagoberts Taten und Abenteuer. Ein Novellenzyklus (6 Bde., 1910-12). G. war Vizepr¨asident des Journalisten- und Schriftstellerverbandes „Concordia“ sowie Mitglied der Kunstkommission des o¨ sterr. Kultusministeriums. C Wininger Grollmuß, Maria, Lehrerin, Publizistin, * 24. 4. 1896 Leipzig, † 6. 8. 1944 Konzentrationslager Ravensbr¨uck. Die Tochter eines Schuldirektors studierte seit 1920 in Leipzig und Berlin, legte 1925 das Staatsexamen f¨ur das h¨ohere Lehramt ab und wurde 1928 promoviert. G. schrieb anfangs f¨ur liberaldemokratische Zeitungen, trat 1927 in die SPD ein und wechselte 1932 zur Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP). Schon vor 1933 aus dem Schuldienst entfernt, arbeitete sie als Berufsberaterin und schloß sich nach der nationalsozialistischen Machtergreifung dem aktiven politischen Widerstand an. Im November 1934 verhaftet, wurde sie 1935 zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt und 1940 in das Konzentrationslager Ravensbr¨uck verbracht, wo sie starb, weil ihr a¨ rztliche Hilfe verweigert wurde. C Zeitgeschichte, Bd 11

Grolman, Adolf (Karl Friedrich Wilhelm Maximilian) von, Schriftsteller, * 6. 10. 1888 Karlsruhe, † 17. 8. 1973 Karlsruhe. Der Sohn eines Offiziers studierte seit 1907 Rechtswissenschaften und Philosophie in Genf, Freiburg / Breisgau,

Gromann M¨unchen, Heidelberg und Berlin und trat nach der Promotion 1911 als Jurist in den badischen Staatsdienst ein. Nach dem Studium der Literaturwissenschaft 1916-18 (Promotion 1918 in M¨unchen) und der Habilitation (F. M. Heßemers literarische Werke, 1920) lehrte er als Privatdozent an der Philosophischen Fakult¨at in Gießen. 1922 ließ er sich als Privatgelehrter und freier Schriftsteller in Karlsruhe nieder. Seit 1925 Mitarbeiter von Will → Vesper, war G. 1944 / 45 inhaftiert. Er gab die Werke von Joseph von → Eichendorff, Gottfried → Keller und Adalbert → Stifter heraus und vero¨ ffentlichte literaturwissenschaftliche Untersuchungen sowie literatur-, kunst-, und musikgeschichtliche Essays (u. a. Europ¨aische Dichterprofile, 3 Bde., 1947 / 48; Vom Kleinod in alten Zeiten. Einige Stationen auf dem Wege zur Erkenntnis von Stifters Wesen, Werk und Wirklichkeit, 1952). Zu seinen literarischen Werken geh¨oren Karlsruher Novellen (1946) und der Roman Ferien (1946). C Bad Bio N.F., Bd 1

Grolmann, Karl Ludwig Wilhelm von, Jurist, Staatsmann, * 23. 2. 1775 Gießen, † 14. 2. 1829 Darmstadt. G., Sohn eines Geheimen Regierungsrats, studierte seit 1791 in Gießen und Erlangen Rechtswissenschaften, Philosophie, Naturwissenschaften und Geschichte. Seit 1795 Privatdozent an der Univ. Gießen, wurde er 1798 a. o., 1800 o. Professor. Seit 1803 arbeitete er in Regierungs- und Gesetzgebungskommissionen zur Reform des Strafrechts sowie der Zivilund Kriminalgesetze mit. 1819 wurde G. Staatsminister von Hessen-Darmstadt und u¨ bernahm 1820 die Ministerien f¨ur Inneres und Justiz (bis 1829). Er ver¨offentlichte u. a. Grunds¨atze der Criminalrechtswissenschaft (1798, 41825), ¨ Uber die Begr¨undung des Strafrechts und der Strafrechtsgesetzgebung (1799), Die Theorie des gerichtlichen Verfahrens in b¨urgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach den gemeinen deutschen Gesetzen (1800, 51825) und Ausf¨uhrliches Handbuch u¨ ber den Code Napol´eon (3 Bde., 1810-12). C Verwaltung

Grolman, Helmuth (Otto Wilhelm) von, Milit¨ar, * 6. 11. 1898 Reinshain (Schlesien), † 18. 1. 1977 Hannover. G. besuchte die Kriegsakademie in Berlin und nahm 1916-18 am Ersten Weltkrieg teil. 1920 aus der Armee entlassen, setzte er 1924 seine Milit¨arkarriere in der Reichswehr fort und unterrichtete 1933-35 an der Kriegsakademie. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs Oberstleutnant im Generalstab, war G. 1945 Generalleutnant und Divisionskommandeur. 1948 aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft entlassen, wurde er 1949 Referent im nieders¨achsischen Fl¨uchtlingsministerium. Seit 1954 Staatssekret¨ar, war G. 1959-61 erster Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestags. C Munzinger

Grolmann, Wilhelm von, Milit¨ar, * 20. 6. 1829 Glogau,

Grolmann, Heinrich Dietrich von, Jurist, * 31. 12. 1740

Grolmann, Wilhelm Heinrich von, Jurist, * 28. 2. 1781

Bochum, † 21. 10. 1840 Berlin. G. studierte in Halle und G¨ottingen Rechtswissenschaften und trat 1765 als Kammergerichtsrat in den preuß. Staatsdienst ein. 1786 geadelt und zum Geheimen Justizrat ernannt, war er in den folgenden Jahren wesentlich an der Ausarbeitung des Allgemeinen Landrechts beteiligt und wurde 1804 Pr¨asident des Geheimen Obertribunals. 1817-32 geh¨orte G. dem neueingerichteten Staatsrat an. Er war der Vater von Karl und Wilhelm Heinrich von → G. C ADB

Berlin, † 1. 1. 1856 Berlin. Der Sohn Heinrich Dietrich von → G.s studierte in G¨ottingen und Halle / Saale Rechtswissenschaften und trat 1804 als Assessor in Marienwerder in den Staatsdienst ein. Seit 1808 Kammergerichtsrat in Berlin, nahm er als Major an den Befreiungskriegen teil und war danach in Kleve und Magdeburg t¨atig. 1821 kehrte G. nach Berlin zur¨uck, wurde 1827 Mitglied, 1831 Pr¨asident des Kammergerichts, 1840 Chefpr¨asident, Wirklicher Geheimrat und Mitglied des Staatsrats. 1845 trat er aus gesundheitlichen Gr¨unden in den Ruhestand. C ADB

Grolmann, Karl (Wilhelm Georg) von, Milit¨ar, * 30. 7. 1777 Berlin, † 15. 9. 1843 Posen. Der Sohn Heinrich Dietrich von → G.s trat 1791 in die preuß. Armee ein, war in der Schlacht von Jena 1806 Adjutant der Generalit¨at und wurde 1807 nach schwerer Verwundung zum Major bef¨ordert und von → Scharnhorst in die Milit¨ar-Reorganisationskommission berufen, in der er f¨ur das Leistungsprinzip und den Gedanken der politischen Mitverantwortung des ganzen Volkes eintrat. Nach der Kriegs¨ erkl¨arung Osterreichs an Frankreich 1809 nahm er seinen Abschied und trat in das o¨ sterr. Heer ein. Nach dem Wiener Frieden trat er in spanische Dienste, wurde als Kommandeur eines spanischen Fremdenbataillons 1812 in Valencia gefangengenommen, entkam nach Jena und wurde bei Beginn der Befreiungskriege 1813 Major im preuß. Generalstab, 1814 Generalmajor im Kriegsministerium unter → Boyen, 1815 Generalquartiermeister → Gneisenaus. Nach Kriegsende stellte er seine organisatorischen F¨ahigkeiten bei der Einf¨uhrung der allgemeinen Wehrpflicht sowie der Reorganisation des Generalstabs unter Beweis. Aus Protest gegen die einsetzende Reaktion nahm er 1819 seinen Abschied, trat 1825 als Generalleutnant wieder in Dienst und wurde 1832 Kommandierender General in Posen. G. war der Vater von Wilhelm von → G. C NDB

† 4. 1. 1893 Barzdorf bei Striegau (Schlesien). Der Sohn Karl von → G.s trat 1847 bei der Infanterie in die preuß. Armee ein und wurde 1852-55 an der Allgemeinen Kriegsschule, 1858-60 beim Topographischen Bureau f¨ur Generalstabsaufgaben ausgebildet. Er machte als Major den ¨ Preußisch-Osterreichischen Krieg 1866 und als Oberstleutnant den Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 mit, wurde Generalmajor, Generalleutnant und Kommandeur von Erfurt und nahm als General der Infanterie 1892 seinen Abschied. ¨ Uber die private Teilnahme an einem russischen Milit¨arunternehmen gegen kaukasische Bergv¨olker ver¨offentlichte G. Milit¨arische Aufzeichnungen w¨ahrend eines Aufenthaltes im Kaukasus und in Persien (1862). C ADB

Grom-Rottmayer, Hermann, o¨ sterr. Maler, Lithograph, * 20. 12. 1877 Wien, † 24. 1. 1953 Wien. Der Sohn eines Eisenbahninspektors schlug zun¨achst eine Milit¨arlaufbahn ein, nahm 1903 als Offizier seinen Abschied und studierte bis 1906 an der Wiener Kunstakademie, 1906-08 in M¨unchen bei Ludwig → Herterich. Nach Studienreisen durch Italien und Frankreich kehrte er 1910 in seine Heimatstadt zur¨uck und trat der Wiener Sezession bei. 1926 wurde G.-R. Prof. f¨ur Zeichnen und Malen an der TH Wien; er unterrichtete u. a. figurales Zeichnen und gab Kurse in Komposition. C Czeike

Gromann, Nikolaus, auch Nickel Grohmann, Steinmetz, Baumeister, * um 1500, † 29. 11. 1566 Gotha. G. wird zuerst als Steinmetz und eventuell Baumeister des Kurf¨ursten → Johann Friedrich I. von Sachsen mit Arbeiten an Schloß Osterstein in Weida (Th¨uringen) erw¨ahnt. 1543 u¨ berarbeitete er die Kirche des Schlosses Hornstein in Weimar und wurde gegen Ende des Jahres als f¨urstlicher Baumeister auf Lebenszeit angestellt. In den folgenden 23 Jahren seiner T¨atigkeit erweiterte, errichtete und restaurierte er zahlreiche H¨auser, Schl¨osser, Kl¨oster, Kirchen und Befestigungsbauten in Th¨uringen und Sachsen, darunter das

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Gronau Wasserschloß in Wolfersdorf bei Neustadt, Schloß Grimmenstein in Gotha, den „Neuen Bau“ auf der Veste Heldburg und den „Neuen Bau“ in Weimar. Nach G.s Pl¨anen wurde 1562-64 das Altenburger Rathaus erbaut. G. war, erst dekorativ, in seinen sp¨aten Hauptwerken auch formal, als einer der ersten Baumeister Th¨uringens dem Stil der Renaissance verpflichtet. Der Bau der Schloßkapelle auf Hartenfels bei Torgau ist durch seinen Einfluß auf die Grundrißbildung protestantischer Gottesh¨auser von baugeschichtlicher Bedeutung. C NDB

Gronau, Daniel Magnus, Musiker, Komponist, * um 1700 Insterburg (?), † 2. 2. 1747 Danzig. ¨ Uber G.s Ausbildung und Leben ist wenig bekannt. Er war als Organist in Danzig t¨atig, 1717-19 an der kleinen Orgel in der polnischen St.-Annen-Kapelle, 1719-24 an der kleinen Orgel zu St. Katharinen, 1724-30 an der Chororgel zu St. Marien und von 1730 bis zu seinem Tod an der großen Orgel der St.-Johannis-Kirche. G. komponierte Lieder, Pr¨aludien und mehr als 500 Fugen. Er geh¨ort in die Reihe der norddeutschen Orgelmeister. Seine Variationen gelten als eine der wichtigsten Quellen in der Geschichte der Orgelregistrierung des 18. Jahrhunderts. C MGG

Gronau, Georg, Kunsthistoriker, * 15. 2. 1868 Berlin, † 1937 Fiesole (Italien). G. studierte in Berlin und Bonn und leitete 1910-24 die Gem¨aldegalerie in Kassel. Er besch¨aftigte sich mit italienischer Kunstgeschichte, speziell mit venezianischer Malerei, und ver¨offentlichte u. a. Studien u¨ ber Tizian, Leonardo da Vinci, Correggio und die K¨unstlerfamilie Bellini (Sp¨atwerke des Giovanni Bellini, 1928; Giovanni Bellini, 1930). C Wininger

Gronau, Hans von, Milit¨ar, * 6. 2. 1850 Alt-Schadow bei Beeskow, † 23. 2. 1940 Potsdam. Der Sohn eines Oberf¨orsters trat 1869 in die preuß. Armee ein und nahm als Offizier am Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 teil. Nach dem Besuch der Artillerie- und Ingenieurschule und der Kriegsakademie wurde er als Hauptmann zum Großen Generalstab kommandiert. Seit 1897 als Oberst Regimentskommandeur in K¨onigsberg, wurde er Generalleutnant und Divisionskommandeur und war 1908-12 als General Gouverneur von Thorn. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs erhielt G. die F¨uhrung des IV. Reservekorps an der Westfront, wechselte im Herbst 1915 als Chef des XLI. Reservekorps an die Ostfront und wurde dort 1916 Oberbefehlshaber der nach ihm benannten Armeegruppe G. 1913 erfolgte seine Ernennung in den Adelsstand. C Munzinger

Gronau, Heinz, Beamter, * 1. 1. 1912 Leipzig, † 28. 10. 1977. Der Sohn eines Buchdruckers erlernte den Beruf eines Dentalmechanikers und trat 1930 in die KPD ein. Nach der nationalsozialistischen Macht¨ubernahme 1933 mehrmals verhaftet, wurde er 1935 wegen Hochverrats zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt und 1938 in das Konzentrationslager Buchenwald u¨ berf¨uhrt. G. war an der illegalen Partei- und Milit¨arorganisation des Lagers und an der Selbstbefreiung der H¨aftlinge 1945 beteiligt und ging 1946 in der Sowjetischen Besatzungszone zur Polizei. Er wurde Kommandeur von Grenzpolizeitruppen. Seit 1962 kommandierte er das Wachregiment Berlin des Ministeriums f¨ur Staatssicherheit (seit 1967 Wachregiment Felix Dscherschinski). G. trat 1972 als Generalmajor in den Ruhestand. C DDR

Gronau, Johann Friedrich Wilhelm, Mathematiker, * 11. 11. 1803 K¨onigsberg, † 14. 8. 1887 Oels (Danzig ?). G., Sohn eines Brauhelfers, begann in K¨onigsberg das Studium der Theologie, wechselte aber bald zu Mathematik und

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Naturwissenschaften. Noch w¨ahrend der Studienzeit Hilfslehrer an der Domschule, kam er 1830 an die B¨urgerschule, das sp¨atere Realgymnasium St. Johann, nach Danzig und unterrichtete als Oberlehrer, seit 1863 als Prof. haupts¨achlich Mathematik. G. ver¨offentlichte neben einer großen Logarithmentafel 1862 / 63 Abhandlungen und Fachbeitr¨age vor allem zu den Problemen der Hyperbel-Funktionen und des ¨ Imagin¨aren in der Mathematik, u. a. Uber die allgemeine und volle G¨ultigkeit mathematischer Formeln. Ein Beitrag zur Deutung des Negativen und Imagin¨aren (1857), Theorie und Anwendungen der hyperbolischen Funktionen (1865) und Historische Entwicklung der Lehre vom Luftwiderstande (1868). C Hess Bio, Bd 1

Gronau, Karl Ludwig, Meteorologe, * 7. 6. 1742 Berlin, † 8. 12. 1826 Berlin. G. folgte seinem Vater im Amt des Pfarrers der Parochialkirche in Berlin und betreute die Gemeinde 1769-1821. Er war einer der ersten, die meteorologische Beobachtungen mit Hilfe von Barometer und Thermometer zu pr¨azisieren und zu systematisieren suchten und durch langfristige Datensammlung Aufschl¨usse u¨ ber die klimatischen Bedingungen erhofften. G. ver¨offentlichte u. a. einen Versuch einiger Beobachtungen u¨ ber die Witterung in der Mark Brandenburg, besonders in der Gegend um Berlin seit a¨ ltester Zeit (2 Tle., 1794) und Hundertj¨ahrige meteorologische Tabellen der Witterung in Berlin von 1701 bis 1800 (1807). C NDB

Gronau, (Hans) Wolfgang von, Pilot, Milit¨ar, * 25. 2. 1893 Berlin, † 17. 3. 1977 Frasdorf (Oberbayern). Der Sohn von Hans von → G. wurde 1911 Seekadett, nahm als Offizier am Ersten Weltkrieg teil und wechselte 1915 zur Seefliegerei. Schon w¨ahrend des Kriegs erprobte er erste M¨oglichkeiten des Instrumentenflugs. Nach dem Krieg nahm er als Kapit¨anleutnant seinen Abschied und bewirtschaftete in den folgenden Jahren ein Gut in Ostpreußen. Seit 1926 war G. Ausbildungsleiter und Vorstandsmitglied der Deutschen Verkehrsfliegerschule in Warnem¨unde. Als Flieger gewann er Wettbewerbe und vollbrachte Pionierleistungen wie den eint¨agigen Island-Flug 1929 und den Alleinflug von Sylt nach New York 1930. 1933 wurde er Ausbildungsleiter f¨ur Seeflieger im neugegr¨undeten Luftamt. 1934-38 f¨uhrte er den „Aeroclub von Deutschland“ und war Vizepr¨asident der internationalen Dachorganisation des Vereins. Seit 1939 Luftattach´e an der deutschen Botschaft in Tokio, kehrte er erst 1947 zur¨uck und arbeitete in der Folgezeit als Vertreter eines amerikanischen Flugzeugherstellers. G. ver¨offentlichte u. a. Im Gr¨onland-Wal. Dreimal u¨ ber den Atlantik und einmal um die Welt (1933), Weltflieger. Erinnerungen 1926-47 (1955) und Pionierfl¨uge mit dem Dornier ’Wal’ (1973). C Munzinger

Gronemann, Karoline, o¨ sterr. Frauenrechtlerin, * 3. 7. 1869 Wien, † 20. 8. 1911 Wien. Beamtin der S¨udbahndirektion in Wien, begann G., sich in Vortr¨agen und Aufs¨atzen f¨ur die Rechte der Frauen und vor allem f¨ur die Probleme der Frauenberufsbildung zu engagieren. 1901 gr¨undete sie die „Vereinigung der arbeitenden Frauen“, die vor allem die Berufsfortbildung angestellter Frauen f¨ordern sollte. 1911 umfaßte der Verein 2379 Mitglieder und hatte Filialen in anderen o¨ sterr. Großst¨adten. 1903 gr¨undete G. als Publikationsorgan und Diskussions¨ forum f¨ur Frauenfragen die „Osterreichische Frauenrund¨ schau“. C OBL Gronemann, Sammy (Samuel), Schriftsteller, * 21. 3. 1875 Strasburg (Westpreußen), † 6. 3. 1952 Tel Aviv. Der Sohn Selig → G.s studierte in Frankfurt / Main, Halberstadt und Berlin den Talmud, 1894-98 Rechtswissenschaf-

Gronsfeld ten und ließ sich 1906 als Rechtsanwalt in Berlin nieder. Schon fr¨uh in der zionistischen Bewegung engagiert, war er 1905 Mitgr¨under des Neuen J¨udischen Gemeindevereins, 1907-11 Mitglied des Aktionskomitees, 1911-33 Vorsitzender des Ehrengerichts der Zionistischen Organisation und bis 1946 Delegierter des Zionistischen Kongresses. G. vero¨ ffentlichte 1920 den satirischen Zeitroman Tohuwabohu, der das Thema j¨udischer Assimilation in Deutschland behandelt, 1924 Erinnerungen an seine Zeit als Dolmetscher f¨ur Jiddisch w¨ahrend des Ersten Weltkriegs (Hawdoloh und Zapfenstreich, Neuausg. 1984). 1933 erst nach Frankreich und 1936 nach Pal¨astina emigriert, schrieb er als einer der bekanntesten israelischen Theaterautoren kabarettistische Einakter, Kom¨odien und Dramen f¨ur das israelische Nationaltheater. C Killy

Gronemann, Selig, j¨udischer Theologe, * 7. 12. 1843 Fl¨otenstein (Westpreußen), † 6. 3. 1918 Hannover. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte 1865-71 am J¨udischTheologischen Seminar und an der Univ. in Breslau (Promotion zum Dr. phil. 1869), wurde 1872 Rabbiner in Strasburg (Westpreußen) und wechselte 1878 nach Danzig. Seit 1883 war er Landrabbiner in Hannover und betreute die dortige j¨udische Gemeinde bis 1917. Als Zionist wurde er 1903 Mitglied der Zentralkommission der zionistischen Organisation Deutschlands. G. ver¨offentlichte Aufs¨atze, Predigten und Abhandlungen zu j¨udischer Theologie und j¨udischen Religionsvorschriften sowie Genealogische Studien u¨ ber die alten j¨udischen Familien Hannovers (1913). Er war der Vater von Sammy → G. C Altpreuß Biogr, Bd 4 Groner, Auguste, geb. Kopal(l)ik, Pseud. Olaf Bj¨ornson, A. von der Paura, M. Renorga, Metis, o¨ sterr. Schriftstellerin, * 16. 4. 1850 Wien, † 19. 9. 1929 Wien. Die Tochter eines Rechnungsbeamten besuchte die Malschule des Wiener Kunstgewerbemuseums sowie eine Lehrerinnenbildungsanstalt und war 1876-1905 st¨adtische Volks¨ schullehrerin in Wien. 1894 begr¨undete sie die „Osterreichi¨ sche Jugendzeitung“ und die „Osterreichische Jugendbibliothek“. Als vielgelesene Jugend- und Volksschriftstellerin erhielt sie mehrere staatliche Auszeichnungen. G. schrieb historische Erz¨ahlungen, Heimatromane, Jugendliteratur und Kriminalromane sowie die heimatkundliche Schrift So war mein Wien. Skizzen u¨ ber alte Straßen, Pl¨atze, H¨ofe in Wien (1926). Mit der Figur des Polizisten Joseph M¨uller schuf sie 1893 den ersten Seriendetektiv der deutschensprachigen Literatur. G. war seit 1879 mit Richard → G. verheiratet. C LuK 377 / 378 (2003)

Groner, Richard, o¨ sterr. Beamter, Journalist, Historiker, * 3. 10. 1853 Wien, † 15. 6. 1931 Wien. G. wurde 1871 Beamter der o¨ sterr. Staatsbahnen, war daneben seit 1875 Redakteur des „Familienblatts“, redigierte seit 1881 das „Interessante Blatt“ und gr¨undete 1889 mit Ludwig → Eisenberg das biographische Jahrbuch „Das geistige Wien“. Er ver¨offentlichte u. a. das topographischlexikalische Werk Wien wie es war (1919, 61966), das einen ¨ enzyklop¨adischen Uberblick u¨ ber die Geschichte der Stadt seit dem Wiener Kongreß erm¨oglicht. G. war mit Auguste → G. verheiratet. C Czeike

Groninger, (Friedrich) Ludwig (Adolph), Seeschadenberechner, * 25. 5. 1840 Brake / Niederweser, † 17. 12. 1929 Bremen. Der Sohn eines Arztes begann erst eine Apothekerlehre, arbeitete dann als Kommis einer Bremer Speditionsfirma und f¨uhrte schließlich ein Holzgesch¨aft. 1865 trat er als Schadenberechner in die Bremer Firma Theodor Hach ein. Seine Aufgabe war die Ermittlung der Regulierungsh¨ohe bei Schadensf¨allen in der Schiffahrt sowie die Vermittlung zwischen den Parteien und die Rechtsfeststellung. 1882 wurde ihm

die Leitung der Firma u¨ bertragen. Verdienste erwarb sich G. mit seinen Schiedsspr¨uchen vor allem um die Entwicklung des deutschen und internationalen Seerechts, an dessen Kodifizierung er als Mitglied mehrerer internationaler Aussch¨usse mitwirkte. Er war 1891-1918 Mitglied der Bremischen B¨urgerschaft. C NDB

Gronostay, Walter, Komponist, * 29. 7. 1906 Berlin, † 10. 10. 1937 Berlin. G., Sohn eines Bahnarbeiters, gab bereits als Kind Violinkonzerte, erhielt mit 14 Jahren Kompositionsunterricht bei Hugo → Kaun und besuchte seit 1922 die Klavierausbildungsklasse der Berliner Hochschule f¨ur Musik. 1923 legte er seine Kapellmeisterpr¨ufung ab, wurde 1926 als j¨ungster Sch¨uler in Arnold → Sch¨onbergs Meisterklasse an der Preußischen Akademie der K¨unste in Berlin aufgenommen und war seit 1929 Abteilungsleiter bei der „Berliner Funkstunde“. G. komponierte Lieder, Klavierst¨ucke, Kammermusik, Orchesterwerke, Chansons und Unterhaltungsmusik. Seine Kurzoper In zehn Minuten wurde beim Kammermusikfest 1928 in Baden-Baden aufgef¨uhrt. G. engagierte sich f¨ur den Rundfunk, schrieb H¨orspielmusiken und war in der Rundfunkversuchsstelle der Musikhochschule t¨atig. Nach 1932 galt sein Hauptinteresse der Filmmusik (u. a. f¨ur Reifende Jugend, Der Tunnel, 1932; Savoy Hotel 217, 1936; Straßenmusik, 1936). Gronovius, Johann Friedrich, eigentl. Gronow, Philologe, * 8. 9. 1611 Hamburg, † 28. 12. 1671 Leiden. G., Sohn eines erzbisch¨oflichen bremischen Rats und Syndk´ıkus des Bremer Domkapitels, studierte seit 1631 in Altdorf und Groningen (Niederlande) Rechtswissenschaften, betrieb aber auch allgemeine und klassische Studien. Seit 1639 unternahm er Studienreisen durch England, Italien, Deutschland, die Schweiz und Frankreich. In Angers 1640 zum Dr. jur. promoviert, wurde er 1642 als Prof. der Geschichte und der Eloquenz nach Deventer (Niederlande) berufen. Seit 1658 lehrte er an der Univ. Leiden, wurde mehrfach zum Rektor gew¨ahlt und leitete seit 1665 auch die Bibliothek. G. gilt als einer der bedeutendsten Latinisten des 17. Jahrhunderts. Neben den Observationum libri III ¨ (1639) waren vor allem seine kommentierten Ubersetzungen der Werke von Livius, Plautus, Plinius, Sallust, Seneca und anderen von grundlegender Bedeutung. C NDB Gronowski, Johannes Franz, Politiker, * 4. 2. 1874 Graudenz, † 27. 8. 1958 Paderborn. Nach einer Lehre als Maschinenschlosser arbeitete der aus einer Arbeiterfamilie stammende G. als Hilfswerkf¨uhrer in der Eisenbahnhauptwerkst¨atte Dortmund, bevor er 1902 Arbeitersekret¨ar in der christlichen Gewerkschaftsbewegung wurde. Seit 1906 Stadtverordneter in Dortmund, wurde er 1908 f¨ur die Zentrumspartei in den preuß. Landtag gew¨ahlt, war 1919-21 Mitglied der preuß. Landesversammlung und geh¨orte danach wieder dem preuß. Landtag an. 1922 wurde er zum Oberpr¨asidenten der Provinz Westfalen ernannt. Als er 1933 das Verbot bestimmter Zeitungen ablehnte, wurde er aus dem Amt entlassen und war dann als Handelsvertreter t¨atig. 1945 geh¨orte G. zu den Begr¨undern der CDU in Nordrhein-Westfalen und war 1946-51 Landesvorsitzender der Partei in Westfalen-Lippe und 1946-50 und 1953 / 54 Landtagsabgeordneter. C Leb Westfalen, Bd 17

Gronsfeld, Jost Maximilian Graf von Bronckhorst und, Heerf¨uhrer, * 22. 11. 1598 Schloß Rimberg bei Aachen, † 24. 9. 1662 Gronsfeld bei Maastricht. Zu Beginn des Dreißigj¨ahrigen Kriegs trat der aus dem westf¨alischen Adelsgeschlecht Bronckhorst-Batenburg stammende G. in das Heer der kath. Liga unter F¨uhrung des Kurf¨ursten → Maximilian I. von Bayern ein. Er stieg zum

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Groos Kommandeur und Regimentsinhaber auf und bew¨ahrte sich auch als diplomatischer Unterh¨andler. Seit 1632 Generalfeldzeugmeister der Liga, nahm er nach Niederlagen und Auseinandersetzungen mit der kaiserlichen Generalit¨at 1636 seinen Abschied, kehrte aber 1645 im gleichen Rang in das kurbayerische Heer zur¨uck und wurde bald Generalfeldmarschall. Nach ungl¨ucklichen Operationen gegen das franz¨osisch-schwedische Heer wurde G. 1648 verhaftet und vor ein Kriegsgericht gestellt, 1649 rehabilitiert und aus der Haft entlassen. Danach lebte er auf seinen rheinischen G¨utern und versuchte, die dortige Regionalpolitik mitzubestimmen. G.s Kriegserinnerungen, als Erg¨anzung zum Teutschen Florus des Eberhard Wassenberg 1647 gedruckt, sind ein bedeutendes Dokument zur Geschichte des Dreißigj¨ahrigen Kriegs. C NDB

Groos, Friedrich, Mediziner, Philosoph, * 23. 4. 1768 Karlsruhe, † 15. 6. 1852 Eberbach / Neckar. G., Sohn des badischen Hofund Kirchenrats Emanuel G., begann 1788 in T¨ubingen und Stuttgart mit dem Studium der Rechtswissenschaften, das er seit 1792 in Freiburg und Pavia zugunsten der Medizin aufgab. Nach der Promotion 1796 praktizierte er mehrere Jahre als Assistent des Stadtphysikus in Karlsruhe, unterbrochen durch eine schwere Krankheit, in der ihm die Lekt¨ure stoischer Texte zu einer großen Hilfe wurde. 1805-13 war G. Arzt in Karlsruhe, Stein / Pforzheim, Gochsheim und Odenheim, danach Hofmedikus in Schwetzingen und seit 1814 als Nachfolger von Johann Christian → Roller leitender Arzt der Irren- und Siechenanstalt in Pforzheim. Mit der von der Siechenanstalt abgetrennten Irrenanstalt siedelte G. 1826 nach Heidelberg u¨ ber, hielt dort auch Vorlesungen an der Univ. u¨ ber Psychiatrie und trat 1836 mit der Verleihung des Z¨ahringer L¨owenordens in den Ruhestand. Mit seinen Beitr¨agen zur Medizin, Psychologie, Psychiatrie und Gerichtsmedizin sowie Philosophie und Naturphilosophie geh¨ort G. zu den philosophisch beeinflußten Medizinern der Romantik um 1800. Geisteskrankheiten haben nach ihm eine physische wie geistige Ursache, sie gehen auf die „ungl¨uckliche Vereinigung und den Zusammenfluß einer psychischen oder moralischen und einer organischen Abnormit¨at“ zur¨uck, ihre Behandlung kann ebenfalls nur k¨orperlich und psychologisch ausfallen. Wichtige Schriften in diesem Zusammenhang sind: Betrachtungen u¨ ber die moralische Freiheit und Unsterblichkeit (1818), Untersuchungen u¨ ber die moralischen und organischen Bedingungen des Irreseyns und der Lasterhaftigkeit (1826), Entwurf einer philosophischen Grundlage f¨ur die Lehre von den Geisteskrankheiten (1828). Seine Autobiographie wurde seinem Werk Der Weg durch den Vorhof der politischen Freiheit zum Tempel der moralischen Freiheit (1849) vorangesetzt. ¨ WEITERE WERKE: Uber das hom¨oopathische Heilprincip. Ein kritisches Wort. Heidelberg 1825. – Ideen zur Begr¨undung eines obersten Princips f¨ur die psychische Legalmedicin. Heidelberg 1829. – Die Schellingsche Gottesund Freiheitslehre vor den Richterstuhl der gesunden Vernunft gefordert. Heidelberg 1829. LITERATUR: Christian Roller: Nekrolog Dr. F. G. In: Allgemeine Zeitschrift f¨ur Psychiatrie 10 (1853) S. 137-142. – Hans-Bernhard Hubert: F. G. Med. Diss. M¨unchen 1957. – Heinrich Schipperges: F. G. In: NDB, Bd. 7, 1966, S. 129 f. Dietrich von Engelhardt

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Groos, Karl (Theodor), Philosoph, Psychologe, * 10. 12. 1861 Heidelberg, † 27. 3. 1946 T¨ubingen. G., Sohn eines Verlagsbuchh¨andlers, studierte in Heidelberg Philosophie und wurde bei Kuno → Fischer promoviert. 1889 habilitierte er sich in Gießen, wurde 1892 a. o. Prof. der Philosophie und folgte 1898 einem Ruf als o. Prof. nach Basel. 1901 kehrte G. nach Gießen zur¨uck. Seit 1911 hielt er Vorlesungen u¨ ber Philosophie und Psychologie an der Univ. T¨ubingen. G. ver¨offentlichte zahlreiche philosophische, entwicklungs- und biopsychologische Studien und versuchte, die Erkenntnisse der Humanwissenschaften seiner Zeit in einem philosophischen System zur Grundlegung einer eigenen Metaphysik zu b¨undeln (Der Aufbau der Systeme. Eine formale Einf¨uhrung in die Philosophie, 1924). Seine systematischen Bem¨uhungen blieben jedoch hinter den fr¨uhen Studien zur Ein¨ubungstheorie (u. a. Die Spiele der Tiere, 1896, 31930; Die Spiele der Menschen, 1899; Das Seelenleben des Kindes, 1903, 61923) zur¨uck. 1952 erschien Seele, Welt und Gott. Gesammelte Aufs¨atze zur Naturphilosophie und Metaphysik des Geistes. C NDB

Groote, Eberhard von, Germanist, Antiquar, * 19. 3. 1789 K¨oln, † 15. 4. 1864 K¨oln. G. studierte 1809-11 Rechtswissenschaften, Geschichte und Arch¨aologie in Heidelberg, nahm als preuß. Offizier an den Befreiungskriegen teil und bem¨uhte sich nach der Besetzung von Paris um die R¨uckf¨uhrung rheinpreußischen Kulturbesitzes. 1816 trat er als K¨olner Regierungsassessor in den Staatsdienst ein und war 1831-50 Pr¨asident der Armenverwaltung. Als kath. Romantiker im Freundeskreis von Max von → Schenkendorf und Joseph → G¨orres f¨orderte er die Vollendung des K¨olner Doms, betrieb antiquarische und germanistische Studien und gab u. a. → Gottfrieds von Straßburg Tristan sowie Des Meisters Godefrit Hagen [. . .] Reimchronik der Stadt C¨oln, aus dem 13. Jahrhundert (1834) heraus. C Kosch: Kath s’Grooten, Christian, auch Schrotenius, Sgrothenius, Schrootz, Scroot, Kartograph, * um 1530 Sonsbeck bei Xanten, † 1603 / 04 Kalkar / Niederrhein. ¨ Uber s’G.s Ausbildung zum Kartographen ist wenig bekannt. Er verbrachte den gr¨oßten Teil seines Lebens in Kalkar am Niederrhein und schuf, zumeist im Auftrag spanischer Beh¨orden, Territorialatlanten Westeuropas sowie ei¨ nige gr¨oßere Ubersichtsbl¨ atter, darunter eine DeutschlandKarte von 1565. Seit 1568 arbeitete er f¨ur den spanischen Generalstab an einem Atlas Nordwesteuropas, f¨ur den er zahlreiche Studienreisen unternahm und der 1573 K¨onig Philipp II. in Madrid vorgestellt wurde. s’G. wurde mit der Erarbeitung einer zweiten, verbesserten Version beauftragt, die er, inzwischen nach K¨oln u¨ bergesiedelt, 1592 abschloß. Neu waren vor allem s’G.s kartographische Aufnahmen mehrerer nordwestdeutscher Territorien wie zum Beispiel des Herzogtums Westfalen, des Bistums Paderborn und der Grafschaft Ostfriesland. Die Verzeichnung der Land- und Seeverkehrswege seiner Zeit charakterisieren das Werk von 1573 als a¨ ltesten Verkehrsatlas Nordeuropas. C NDB

Grooth, Georg Christoph, Maler, * 21. 1. 1716 Stuttgart, † 28. 9. 1749 St. Petersburg. Der Sohn und Sch¨uler des Hofmalers und Galerieinspektors Johann Christoph G. arbeitete 1739 / 40 in Prag und kam u¨ ber Reval 1743 nach St. Petersburg, wo er seit 1746 als Hofmaler der Zarin Elisabeth Petrowna f¨ur die Lustschl¨osser Peterhof und Zarskoje Selo t¨atig war. G. malte vor allem stark individualisierte Portr¨ats und Repr¨asentationsbildnisse russischer Aristokraten und von Mitgliedern der Zarenfamilie. Er war der Bruder von Johann Nikolaus → G. C Th-B

Gropius Grooth, Johann Nikolaus, Maler, * 1723 (1721 ?) Stuttgart, † 1797 Memmingen. G. war wie sein Bruder Georg Christoph → G. erst Sch¨uler seines Vaters, bevor er sich vermutlich 1746 in Wien weiterbildete. 1757 / 58 portr¨atierte er in M¨unchen die kurf¨urstliche Familie. Sp¨ater arbeitete er vor allem in Basel, zeitweilig auch in Bern und erwarb sich in der Schweiz einen Ruf als gesch¨atzter Bildnismaler, der u. a. Rembrandt und Caravaggio stilistisch nachempfand. G. soll auch als Kunsth¨andler und Gem¨alderestaurator t¨atig gewesen sein. C Th-B

Gropius, Carl (Wilhelm), Maler, * 4. 4. 1793 Braunschweig, † 20. 2. 1870 Berlin. G. kam als Kind mit seinen Eltern nach Berlin und wurde in der dort von seinem Vater gegr¨undeten Maskenfabrik und Verleihanstalt ausgebildet, bevor er sich auf Auslandsreisen als Landschaftsmaler weiterbildete. Nach seiner R¨uckkehr wurde er 1820 Inspektor und Hoftheatermaler der K¨oniglichen Theater. G., seit 1822 Mitglied der Kunstakademie, entfaltete eine rege T¨atigkeit als Illusionshandwerker und Kunsth¨andler. 1827 gr¨undete er mit seinen Br¨udern nach dem Vorbild von Daguerre ein Diorama, zu dem u. a. Karl Friedrich → Schinkel einige Vorlagen f¨ur die Lichtbilder lieferte. Angeschlossen war eine Verkaufsausstellung f¨ur Exotica, Kinderb¨ucher und Spielwaren aus eigener Produktion sowie die G.sche Buch- und Kunsthandlung, die vor allem Berliner Ansichten und Pl¨ane in Stichen und Steindrucken vertrieb. C NDB

Gropius, Martin (Carl Philipp), Architekt, * 11. 8. 1824 Berlin, † 13. 12. 1880 Berlin. Der Sohn eines Seidenwebereibesitzers und Vetter von Carl → G. legte 1847 das Feldmesserexamen am Berliner Gewerbe-Institut ab, studierte an der Bauakademie und wurde 1855 Baumeister. In der Folgezeit f¨uhrte er erste selbst¨andige Arbeiten aus und unterrichtete als Hilfslehrer an der Bauakademie, bis er 1866 ein gemeinsames B¨uro mit Heino Schmieden er¨offnete, das bald zu den f¨uhrenden Unternehmen dieser Art in Berlin z¨ahlte. 1867 u¨ bernahm G. die Leitung der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums; 1869 wurde er Direktor der K¨oniglichen Kunst- und Gewerbeschule, gleichzeitig Senator der Akademie und Leiter aller preuß. Kunstschulen. Seine im historistischen Geist an Stilvorbildern der Antike und der Renaissance orientierten Bauten wie das Berliner Kunstgewerbemuseum (1877-81) und das Leipziger Gewandhaus wirkten in ihrer klaren Zweckbestimmung bei Unterordnung ornamentaler Elemente schulbildend. G. war der Großonkel von Walter → G. C NDB

Gropius, Walter (Adolf Georg), Architekt, * 18. 5. 1883 Berlin, † 5. 7. 1969 Boston. Aus großb¨urgerlicher Familie stammend, studierte G. einige Semester Architektur an den Technischen Hochschulen M¨unchen und Berlin. 1908 trat er in das B¨uro von Peter → Behrens ein, wo er die Bauten der AEG (vor allem die Turbinenhalle) mitverfolgte, die G.’ Architekturauffassung entscheidend pr¨agten. In seinem 1910 in Berlin gegr¨undeten eigenen Bauatelier entstand seit 1911 das erste und bedeutendste Beispiel des Neuen Bauens in Deutschland, das Faguswerk in Alfeld / Leine in Partnerschaft mit Adolf → Meyer. An diesem die neuen Materialien Glas und Eisen kombinierenden Industriebau versuchte G. die reine Konstruktionsform mit der Kunstform zusammenzuzwingen, um dem „Kunstwollen sinnlichen Ausdruck zu geben“ (G.).

Hier finden sich die Grundideen des Kunsttheoretikers Alois → Riegl mit denen des Deutschen Werkbundes vereinigt. In zahlreichen Schriften hat sich G. mit diesen Problemkreisen auseinandergesetzt. Die Vorstellung eines „monumentalen Stils“ setzte G. 1914 im B¨uro- und Fabrikgeb¨aude auf der Werkbundausstellung in K¨oln um. Nach dem Ersten Weltkrieg galt G.’ Engagement zun¨achst der Reformierung der k¨unstlerischen Ausbildung: Er schloß sich 1918 dem Arbeitsrat f¨ur Kunst (AfK) an, in dessen Leitung er eintrat, und wurde im April 1919 zum Direktor des von ihm gegr¨undeten Staatlichen Bauhauses in Weimar berufen, dessen Ziel er in der Errichtung des „Baus der Zukunft“ als eines Einheitskunstwerkes unter Wiedervereinigung aller werkk¨unstlerischen Disziplinen mit dem Handwerk verfolgte: Nach der Vorlehre folgte die Ausbildung in den Werkst¨atten bei einem Form- und einem Handwerksmeister; h¨ochste Stufe sollte der Bau sein. 1921 / 22 entstand das noch expressionistisch beeinflußte Haus Sommerfeld in Berlin als erstes Gemeinschaftsprojekt. In Dessau konnte das B¨uro G. 1925 / 26 die neuen Bauhausgeb¨aude und Meisterh¨auser ausf¨uhren. Mit dem Schulgeb¨aude gelang ihm in der Trennung der Funktionen und deren Visualisierung durch Material und Konstruktion ein weiteres Hauptwerk. Seinen langgehegten Wunsch des streng durchrationalisierten Siedlungsbaus (nach dem Taylorschen Prinzip) konnte G. 1926 / 28 mit der Siedlung Dessau-T¨orten in die Tat umsetzen. 1927 variierte er das Thema mit zwei H¨ausern in der Werkbundsiedlung Am Weißenhof in Stuttgart. 1928 trat G. von der Leitung des Bauhauses zur¨uck, um sich verst¨arkt den Bauaufgaben, besonders dem Siedlungsbau, der Wohnung f¨ur das Existenzminimum, zuwenden zu k¨onnen: in der Siedlung Karlsruhe-Dammerstock 1928 / 29 und den Wohnbl¨ocken der Siedlung Siemensstadt in Berlin 1929 / 30. Mit dem Projekt der Hirsch-Kupfer-H¨auser versuchte sich G. 1931 / 32 erfolglos am vorfabrizierten Wohnungsbau. 1934 emigrierte G. mangels Auftr¨agen nach Großbritannien, bis er 1937 eine Professur f¨ur Architektur an der Graduate School of Design der Harvard University in Cambridge (Mass.) erhielt. 1938-41 hatte er mit Marcel → Breuer ein privates Architekturb¨uro; das 1938 errichtete Haus Gropius in Lincoln (Mass.) geh¨ort zu den besten H¨ausern seiner amerikanischen Zeit. 1946 gr¨undete G. in Cambridge „The Architects Collaborative“ (TAC), das u. a. 1955-57 f¨ur die Interbau einen Wohnblock im Berliner Hansaviertel plante. WEITERE WERKE: Denkmal f¨ur die M¨arzgefallenen, Weimar, 1920 / 22. – Totalumbau des Jenaer Stadttheaters, 1921 / 22. – Wettbewerb Chicago Tribune Tower, Chicago, 1922. – Projekt Totaltheater f¨ur Erwin Piscator, Berlin, 1927. – Arbeitsamt Dessau, 1927. – Packaged House, 1942-52. LITERATUR: Giulio Carlo Argan: W. G. e la Bauhaus. Turin 1951 (dt. 1962). – Sigfried Giedion: W. G. Mensch und Werk. Stuttgart 1954. – James Marston Fitch: W. G. New York 1960. – Helmut Weber: W. G. und das Faguswerk. M¨unchen 1961. – William B. O’Neal (Hrsg.): A Bibliography of Writings by and about W. G. Charlottesville, Va. 1966 (Supplement 1972). – Marcel Franciscono: W. G. and the Creation of the Bauhaus in Weimar. Urbana / Chicago / London 1971. – Alberto Bussignani: W. G. Florenz 1972. – Paolo Berdini (Hrsg.): W. G. Bologna 1983 (dt. 1984). – Reginald R. Isaacs: W. G. Der Mensch und sein Werk. 2 Bde., Berlin 1983 / 84. – Karin Wilhelm: W. G. Industriearchitekt. Braunschweig / Wiesbaden 1983. – Winfried Nerdinger: W. G. Mit einem kritischen Werkverzeichnis. Berlin 1985. 2. erw. und durchges. Aufl. 1996. – Horst Claussen: W. G. Grundz¨uge seines Denkens. Hildesheim 1986. – Hartmut Probst / Christian Sch¨adlich: W. G. 3 Bde., Berlin 1986 / 87. – Winfried Nerdinger (Hrsg.): The W. G. Archive. New York /

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Gropp Cambridge, Mass. 1990. – Annemarie Jaeggi: W. G. und der Siedlungsbau der Weimarer Republik. Karlsruhe 2001. – Ulrich M¨uller: Raum, Bewegung und Zeit im Werk von W. G. und Ludwig Mies van der Rohe. Berlin 2004. Britta Kaiser-Schuster

Gropp, Ignaz, Benediktiner, Theologe, * 12. 11. 1695 Kissingen, † 19. 11. 1758 G¨untersleben bei W¨urzburg. G. trat 1717 in das Benediktinerkloster St. Stephan in W¨urzburg ein, lehrte dort Philosophie und Theologie und war seit 1741 Prior. Seit 1749 betreute er die Pfarrgemeinde G¨undersleben bei W¨urzburg. G. schrieb Heiligenviten, Regionalhistorisches sowie die W¨urzburgische Chronik deren letztern Zeiten, oder ordentliche Erz¨ahlung derer Geschichten, Begebenheiten und Denkw¨urdigkeiten [. . .] (2 Tle., 1748-50). C Fr¨ank Leb, Bd 19

Gropp, Rugard Otto, Philosoph, * 22. 3. 1907 Magdeburg, † 4. 7. 1976 Berlin. G., Sohn eines Stadtinspektors, war 1926-29 Werkstudent der Germanistik, Geschichte und Philosophie in Leipzig, M¨unchen und Halle. 1929 wurde er Mitglied der KPD und arbeitete als Stenotypist. 1941 wurde G. verhaftet, wegen „Verdacht auf Hochverrat“ verurteilt und im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert. 1944 zu einem Strafbataillon versetzt, floh er zur Roten Armee. 1945 nahm er das Studium an der Univ. Halle wieder auf und wurde 1948 zum Dr. rer. pol. promoviert (Zur b¨urgerlichen Geschichts- und Gesellschaftsproblematik. Eine Untersuchung vom Standpunkt des historischen Materialismus). 1952 habilitierte er sich (Voraussetzungen und Aufbau der Geschichtswissenschaft. Zur Kritik des historischen Empirismus) und wurde o. Prof. f¨ur dialektischen und historischen Materialismus an der Univ. Leipzig; seit 1960 wirkte er an der Akademie der Wissenschaften der DDR. Ausgehend von einer materialistischen → Hegel-Deutung, ver¨offentlichte G. zahlreiche Schriften zum dialektischen Materialismus, von denen vor allem Der dialektische Materialismus. Kurzer Abriß (1957, 10 1961) weite Verbreitung fand. Zu seinen Arbeiten geh¨oren außerdem Zu Fragen der Geschichte der Philosophie und des dialektischen Materialismus (1958, 21959) und Das na¨ tionale philosophische Erbe. Uber die progressive Grundlinie in der deutschen Philosophiegeschichte (1960). Er gab die Schriftenreihe „Philosophisches Erbe“ heraus. G. war maßgeblich an den Auseinandersetzungen um Leo → Kofler und Ernst → Bloch beteiligt. C DDR

Groppe, Theodor, Milit¨ar, * 16. 8. 1882 Trier, † 28. 4. 1973 Trier. Der Sohn eines Offiziers und Verlagsbuchh¨andlers trat in die Armee ein und nahm am Ersten Weltkrieg im Rang eines Hauptmanns teil. Danach Generalstabsoffizier, wurde er zu Beginn des Zweiten Weltkriegs als Divisionskommandeur am Westwall eingesetzt. Als G. per Befehl vom dortigen NSDAP-Kreisleiter geforderte Ausschreitungen gegen die j¨udische Bev¨olkerung unterband, wurde er seines Kommandos enthoben, 1942 unehrenhaft aus der Armee entlassen und nach dem 20. 7. 1944 von der Gestapo verhaftet. Seiner Hinrichtung konnte er im April 1945 mit Hilfe eines Geistlichen entkommen. 1947 ver¨offentlichte G. den Bericht Ein Kampf um Recht und Sitte. C TBL Gropper, Johannes, kath. Theologe, Kardinal, * 24. 2. 1503 Soest (Westfalen), † 13. 3. 1559 Rom. G., Sohn eines Soester B¨urgermeisters und Bruder Kaspar → G.s, studierte in K¨oln zun¨achst die Artes, wurde 1516 Magister, schloß das Studium des Zivilrechts an und wurde 1525 promoviert. Ohne theologisches Studium 1526 zum Priester geweiht, wurde er im selben Jahr vom K¨olner Erzbischof Hermann von → Wied zum Großsiegler der Erzdi¨ozese

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berufen und befaßte sich vor allem mit Verwaltungsreformen. Seit 1530 widmete sich G. dem Studium der theologischen Tradition. Als einer der ersten kath. Theologen setzte er sich ernsthaft mit → Luther auseinander und ver¨offentlichte 1538 mit dem Enchiridion Christianae institutionis eine umfassende kath. Dogmenlehre, die Basis und Ausgangspunkt kath. Reformbestrebungen in weiten Teilen Europas wurde, im Zuge der nachtridentinischen Gegenreformation aber 1596 auf den Index der verbotenen B¨ucher geriet. In den Jahren 1539 bis 1541 war er an den Religionsgespr¨achen im Reich mit den Protestanten maßgeblich beteiligt; der zeitweilige Einigungstext („Regensburger Buch“) ging weitgehend auf ihn zur¨uck. Nach dem Scheitern der Verhandlungen widmete er sich ganz dem gegenreformatorischen Kampf in der Erzdi¨ozese. Er erreichte, daß der dem Protestantismus zuneigende Erzbischof Hermann 1547 durch → Adolf von Schaumburg abgel¨ost wurde, und setzte eine breite Reformbewegung und Wiederbelebung des Katholizismus im Rheinland und in Westfalen in Gang. 1555 zum Kardinal erhoben, lebte G. zuletzt an der Kurie. C TRE

Gropper, Kaspar, kath. Theologe, * 1519 Soest (Westfalen), † 9. 3. 1594 K¨oln. G. studierte in K¨oln Rechtswissenschaften, wurde 1538 promoviert und nach theologischen Studien zum Priester geweiht. Zun¨achst Offizial des zum Protestantismus neigenden K¨olner Erzbischofs Hermann von → Wied, war er 1542-58 als Prof. an der Juristischen Fakult¨at, mehrmals Rektor der Univ., Rat des Herzogs von Kleve und Dekan des St.-Patrokli-Kapitels einer der wichtigsten Helfer seines Bruders Johannes → G. im Kampf um Reform und Erhalt des Katholizismus in der Erzdi¨ozese. 1558 begleitete G. seinen Bruder nach Rom, wurde von Papst Paul IV. zum Mitglied des obersten p¨apstlichen Gerichtshofs ernannt und 1573-76 zu zahlreichen Visitationen nach Deutschland entsandt, wo er nachhaltig die Gegenreformation unterst¨utzte. C NDB

Gropper, Roberta, Politikerin, * 16. 8. 1897 Memmingen, † 11. 2. 1993 Berlin. G. trat als Tabakarbeiterin 1915 der sozialistischen Jugendbewegung bei und arbeitete 1918-24 als B¨uroangestellte beim Tabakarbeiterverband. Seit 1919 Mitglied der KPD, wurde sie 1930 Sekret¨arin f¨ur Frauenarbeit bei der KPDLandesleitung Berlin-Brandenburg und war 1930-32 Mitglied des Reichstags. G. emigrierte 1934 nach Frankreich. 1935 reiste sie in die Sowjetunion und wurde 1937 im Zug der stalinistischen S¨auberungen verhaftet und mehrere Jahre gefangengehalten. 1947 kehrte sie nach Berlin zur¨uck, trat in die SED ein und war in den folgenden Jahrzehnten Mitglied der SED-Bezirksleitung Groß-Berlin, der Volkskammer und Sekret¨arin des FDGB-Bezirksvorstandes Berlin (Ost) f¨ur den Aufbau der DDR. C BHdE, Bd 1

Gros, Carl Heinrich von, Jurist, * 10. 11. 1765 Sindelfingen, † 9. 11. 1840. Der Sohn eines Spezialsuperintendenten war nach dem Studium der Philosophie und Theologie in T¨ubingen und Erlangen 1788-93 Hauslehrer des sp¨ateren K¨onigs → Wilhelm I. von W¨urttemberg, studierte dann Rechtswissenschaften und Geschichte in Jena und G¨ottingen und wurde 1795 zum Dr. jur. promoviert. Seit 1796 war er o. Prof. f¨ur Rechtswissenschaften an der Univ. Erlangen, 1798 / 99, 1805-08 und 1810 / 11 Rektor, 1800-02 und 1812-14 Prokanzler. 1802 Konsulent der w¨urttembergischen Landschaft, wurde er wegen der fehlenden Best¨atigung des Herzogs f¨ur f¨unf Wochen auf der Festung Hohenasperg inhaftiert. Nach seiner Freilassung wurde er preuß. Hofrat. 1817 zum Pr¨asidenten des w¨urttembergischen Kriminaltribunals, dann des Obertribunals und zum Mitglied des kgl. Geheimrats ernannt, wirkte

Groschopp G. an den Beratungen mit der St¨andeversammlung u¨ ber die w¨urttembergische Verfassung und an der Modernisierung der w¨urttembergischen Gesetzgebung mit.

Gros, Jacques, eigentl. Friedrich Jakob Gross, schweizer. Architekt, * 23. 9. 1858 Landstuhl / Pfalz † 18. 10. 1922 Meggen (Kt. Luzern). Der Sohn eines G¨artnermeisters besuchte die Bautechnische Abteilung der Zeichen- und Modellierschule in Basel und arbeitete 1874-80 in einem Basler Baugesch¨aft, danach in Frankreich und Deutschland. 1884 kehrte er in die Schweiz zur¨uck und bildete sich bis 1887 in St. Moritz zum Spezialisten f¨ur Holzarchitektur weiter. Nach drei Jahren bei der Firma Bucher & Durrer im Kanton Obwalden etablierte sich G. 1890 mit eigenem Baugesch¨aft in Z¨urich. Seine Bauten f¨ur die kantonale Gewerbeausstellung 1894, das Waldhaus Dolder (1895) und das Grandhotel Dolder (1897-99, beide in Z¨urich) verschafften ihm zahlreiche Auftr¨age f¨ur Chalets und Landh¨auser in der ganzen Schweiz, die sich formal sowohl an der nordischen als auch an der alpinen Holzbauarchitektur orientierten. G. ver¨offentlichte u. a. Skizzen f¨ur Wohn- und Landh¨auser, Villen etc. (2 Serien, 1897-1900) und Holzbauten, Chalets und verschiedene Schweizer Architekturen (1902-04). C HLS

Gros, (Franz Jakob) Oskar, Chemiker, Pharmakologe, Mediziner, * 13. 3. 1877 Werneck bei W¨urzburg, † 3. 8. 1947 Uffing / Staffelsee. G., Sohn eines Arztes, studierte seit 1896 in W¨urzburg und Leipzig Chemie und assistierte nach der Promotion 1901 ¨ (Uber die Lichtempfindlichkeit des Fluoresce¨ıns, seiner substituierten Derivate, sowie der Leukobasen derselben) an der Bergwerksakademie Clausthal sowie am PhysikalischChemischen Institut der Univ. Leipzig. 1903-08 schloß er in Leipzig ein Medizinstudium an, wurde 1908 zum Dr. med. promoviert (Versuche u¨ ber die Curarinwirkung bei Kaninchen) und habilitierte sich 1909 mit der Arbeit Studie u¨ ber die H¨amolyse. 1915 als o. Prof. der Pharmakologie nach Halle berufen, wechselte er 1919 nach K¨oln, 1922 nach Kiel und 1925 zur¨uck nach Leipzig, wo er bis zu seiner Emeritierung 1943 lehrte. Zur Beurteilung und Erforschung pharmakologischer Wirkungen f¨uhrte G. physikalisch-chemische Begriffe und Denkweisen ein. Er arbeitete vor allem u¨ ber H¨amolyse, Silbersalzwirkungen und Lokalan¨asthetika. G. war Mitglied der S¨achsischen Akademie der Wissenschaften. C NDB

Grosch, Minnie, Schriftstellerin, * 13. 9. 1879 Kastel (heute zu Mainz), † 21. 1. 1963 Mainz. G. war nach dem Besuch des Seminars in Darmstadt Lehrerin. Seit 1912 Hausschriftleiterin bei der Union Deutsche Verlagsgesellschaft, ver¨offentlichte sie nach ersten kleinen Arbeiten 1921 den Roman Der letzte des Hauses Willbrunn. Es folgten in rascher Folge vor allem Jugenderz¨ahlungen und -romane, u. a. Der wunderbare Jakob. Heiteres und Ernstes aus der Jungm¨adelzeit (1929). 1921-28 leitete sie eine Privatschule. 1934 gab G. ihre Stellung im Verlag auf und publizierte u. a. Ein M¨adel k¨ampft f¨ur Deutschland. Erz¨ahlung aus deutscher Sturmzeit (1934). C DLL

Grosche, Robert, kath. Theologe, * 7. 6. 1888 D¨uren (Rheinland), † 21. 5. 1967 K¨oln. G. studierte in Bonn, wurde zum Dr. phil. promoviert und empfing 1912 die Priesterweihe. Seit 1920 war er Studentenpfarrer in K¨oln, wo er 1924 zum Dr. theol. promoviert wurde. Sp¨ater betreute er Pfarrgemeinden in Br¨uhl-Vochem und in K¨oln, wurde 1943 Stadtdechant und 1944 Domkapitular in K¨oln und hielt seit 1954 als Honorarprofessor an der dortigen Univ. vor allem Vorlesungen u¨ ber Kontroverstheologie. G. war Herausgeber und Schriftleiter der kontroverstheologischen Vierteljahrsschrift „Catholica“ und

engagierte sich nach dem Zweiten Weltkrieg stark in der o¨ kumenischen Bewegung. Er ver¨offentlichte u. a. Der Kolosserbrief (1926), Paul Claudel (1928), Pilgernde Kirche (1939) und Et intra et extra (1958). C LThK

Groschel, Franz Karl, o¨ sterr. Dramatiker, * 5. 10. 1854 Orawitz (Roman Oravitza, Ungarn), † 11. 12. 1907 Wien. Zun¨achst Buchhalter, gab G. nach der Auff¨uhrung seines Trauerspiels Der Goldschmied von Venedig 1882 in Marburg den Beruf auf, um sich ganz dem Schauspiel zu widmen. 1885 ließ er sich als Redakteur und Schriftsteller in Budapest nieder. Zu seinen Werken z¨ahlen St¨ucke wie Ladislaus Posthumus (1891), Peter Mayr, der Wirt an der Mahr (1902) und Sonnenkinder (1905). C Kosch: Theater

Groschke, Johann Gottlieb, Mediziner, Naturforscher, * 30. 8. 1760 Tuckum (Kurland), † 20. 3. 1828 Mitau. G., Sohn eines herzoglich kurl¨andischen Leibchirurgen und Apothekers, studierte seit 1778 Medizin und Naturwissenschaften in Berlin und G¨ottingen, wo er 1784 mit der Dissertation De emphyemate promoviert wurde. Anschließend begab er sich auf eine Studienreise in die Niederlande, nach England, Frankreich und Schottland und ging 1788 als Prof. der Naturgeschichte und Physik an das Gymnasium in Mitau. 1791 wurde G. zum Hofarzt ernannt. Zu seinen Publikationen geh¨oren Aufs¨atze vor allem naturhistorischen Inhalts sowie Medicinisch-chirurgische Abhandlung von der Eiterbrust (1786). Groschlag zu Dieburg, (Friedrich Karl) Willibald Frh. von, Staatsmann, * 18. 11. (?) 1729 Mainz, † 25. 5. 1799 Wien. G. zu D., Sohn eines mainzischen Konferenzministers und sp¨ateren Pr¨asidenten des Reichskammergerichts in Wetzlar, studierte in Marburg und G¨ottingen Rechtswissenschaften und trat in den kurmainzischen Staatsdienst ein. Gef¨ordert von Friedrich Lothar von → Stadion, wurde er 1758 Gesandter des Kurf¨urstentums am franz¨osischen Hof, 1765 Vizegroßhofmeister des Kurf¨ursten Emmerich Joseph von → Breidbach in Mainz. Als Nachfolger seines Mentors zum Staats- und Konferenzminister ernannt, setzte er dessen innen- und kirchenpolitschen Reformen engagiert fort. Nach dem Tod Emmerichs wurde er 1774 jedoch vom Domkapitel ¨ in seinen Amtern nicht best¨atigt und sp¨ater vom neugew¨ahl¨ ten Kurf¨ursten Friedrich Karl von → Erthal entlassen. Uber die nachfolgende T¨atigkeit als franz¨osischer Gesandter beim Oberrheinischen Kreis seit 1777 ist wenig bekannt. G. zu D. gilt als einer der bedeutendsten Minister in der Reichsgeschichte des 18. Jahrhunderts. C NDB Groschopp, Richard, Regisseur, * 19. 2. 1906 K¨olleda, † 8. 7. 1996 Kleinmachnow bei Berlin. G., Sohn eines Sch¨utzenhauswirts, erlernte 1920-23 den Beruf des Konditors und war danach Lehrling in einer Bank in Greiz. 1924 wegen nationalsozialistischer Bet¨atigung entlassen, arbeitete er als Konditor in Plauen, Erfurt, Kiel, W¨urzburg, Hamburg und Dresden. 1929 begann G. mit Schmalfilmarbeiten, drehte dann vor allem Werbe- und Dokumentarfilme, wurde 1934 und 1935 f¨ur die Filme Eine kleine K¨onigstrag¨odie und Bommerli mit deutschen und internationalen Preisen ausgezeichnet und erhielt den Wanderpreis der Reichsfilmkammer. Seit 1936 war er Regisseur und Kameramann bei der Firma Boehner-Film in Dresden, im Zweiten Weltkrieg Filmberichter und Sonderf¨uhrer einer PropagandaKompanie und drehte 1941 mit Eine kleine Elsaßfahrt einen der ersten deutschen Farbfilme. 1946 wurde G. Produktionsleiter der DEFA in Dresden, ging 1951 nach Babelsberg und war mehrere Jahre Regisseur der Satire-Kurzfilmserie „Stacheltier“. An zahlreichen Abenteuer- und Kriminalfilmen wirkte er als Drehbuchautor und Regisseur mit (u. a. Sie kannten sich alle, 1958; Die Glatzkopfbande, 1963). G. war

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Groschuff Pr¨asident des Nationalen Zentrums der DDR der internationalen Amateurfilm-Vereinigung und 1959-62 Fachrichtungsleiter f¨ur Spielfilmregie an der Filmhochschule PotsdamBabelsberg. Er wurde u. a. mit dem Kunstpreis der DDR (1959) ausgezeichnet. G. ver¨offentlichte u. a. Filmentwurf ¨ und Filmgestaltung (1948), Uber Filmgestaltung. Ein Regiehandbuch f¨ur Filmamateure (1975) und Faszination Film (Gespr¨ach, aufgezeichnet von Ralf Schenk, 1987). C Cinegraph

Groschuff, Friedrich, Philologe, * 5. 11. (?) 1700 (1701?) Danzig, † 15. 12. 1783 (1784?) Schleiz. G. studierte Theologie und Rechtswissenschaften in K¨onigsberg und Leipzig und widmete sich daneben der Kulturgeschichte, Literatur und Klassischen Philologie. Er war Erzieher, Sekret¨ar und Hofmeister u. a. am Hof HessenPhilippsthal und in Eutin und ließ sich dann mit dem Titel eines holsteinischen Justizrats als Privatgelehrter im th¨uringischen Schleiz nieder. G. ver¨offentlichte u. a. eine Abhandlung von den Fingern, deren Verrichtung und symbolischen Bedeutung [. . .] (1757). Ein dreib¨andiges Glossarium der deutschen Sprache mit dem Titel Origines etymologicohistoricae [. . .] blieb ungedruckt. C DLL Groscurth, Georg, Mediziner, * 24. 12. 1904 Unterhaun, † 8. 5. 1944 Brandenburg-G¨orden. G., Sohn eines Kleinbauern, studierte 1924-29 Medizin in Marburg, Freiburg, Graz, Wien und Berlin und wurde 1930 mit der Arbeit Die Kreislaufgeschwindigkeit bei der Fettsucht promoviert. Als Mitarbeiter des Kaiser-WilhelmInstituts f¨ur Physikalische Chemie in Berlin wurde G. 1933 aus politischen Gr¨unden entlassen. Seit 1934 praktizierte er am Krankenhaus Moabit, habilitierte sich 1939 und wurde Oberarzt und Dozent f¨ur Innere Medizin an der Univ. Berlin. G. versteckte j¨udische Verfolgte in seiner Wohnung, seiner Privatpraxis und in der Klinik. Er war Mitbegr¨under der Widerstandsgruppe „Europ¨aische Union“, der auch der Physiker Robert → Havemann angeh¨orte. G. wurde im September 1943 verhaftet, zwei Monate sp¨ater vom Volksgerichtshof zum Tod verurteilt und im Mai 1944 hingerichtet. C Widerstand

Grosheim, Georg Christoph, Komponist, Musikp¨adagoge, Musikschriftsteller, * 1. 7. 1764 Kassel, † 18. 11. 1841 Kassel. Der Sohn eines Violinisten trat 1781 oder 1782 in die Hofkapelle des Landgrafen → Friedrich II. von Hessen ein und ver¨offentlichte bald seine ersten Kompositionen. Er gab Privatstunden, unterrichtete am Lehrerseminar des Lyceum Fridericianum (1784-1835), versuchte sich als Musikalienh¨andler, war am Hof engagiert und f¨uhrte Auftragskompositionen aus. G. komponierte Opern, Lieder, Kammer- und Kirchenmusik, schrieb musikhistorische und musiktheoretische Abhandlungen wie Fragmente aus der Geschichte der Musik (1832) und Versuch einer a¨ sthetischen Darstellung mehrerer Werke dramatischer Tonmeister a¨ lterer und neuerer Zeit (1834) und war Herausgeber der Zeitschrift „Euterpe“. Er war mit Karl von → M¨unchhausen, Johann Gottfried → Seume und Ludwig van → Beethoven befreundet. C MGG ¨ Groskurd, Christian Heinrich, Schulmann, Ubersetzer, * 2. 6. 1747 Hullersen (heute zu Einbeck), † 7. 2. 1806 Stralsund. Der Sohn eines Pfarrers und Bruder Christoph Gottlieb → G.s studierte 1767-70 in G¨ottingen Philologie und unterrichtete danach als Subrektor am Lyzeum in Stockholm. Seit 1775 war er Konrektor, 1779-1804 Rektor in Stralsund. W¨ahrend seiner Zeit in Stockholm widmete sich G. intensiv der schwedischen Sprache und Literatur, u¨ bersetzte schwedische Reiseberichte und schrieb eine Geschichte der schwedischen Bibel¨ubersetzung. Daneben ver¨offentlichte er

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Schulb¨ucher und p¨adagogische Abhandlungen wie Gedanken u¨ ber die gemeinn¨utzigste Einrichtung einer Schule (1771). C ADB

Groskurd, Christoph Gottlieb, Philologe, Schulmann, * 15. 5. 1770 Hullersen (heute zu Einbeck), † 8. 7. 1834 Stralsund. Der Bruder Christian Heinrich → G.s studierte 1790-93 Theologie und Philologie in G¨ottingen und war Kollaborator am P¨adagogium in Ilfeld. 1797-1823 unterrichtete er am Stralsunder Gymnasium. Danach widmete er sich ganz dem Studium des geographischen Werkes von Strabon, als dessen Ergebnis er Strabon’s Erdbeschreibung in 17 B¨uchern, nach berichtigtem griechischen Texte, unter Begleitung kritischer und erkl¨arender Anmerkungen verdeutscht (4 Tle., Register, 1831-34) ver¨offentlichte. C ADB

Gross, Babette (Lisette), geb. Th¨uring, Publizistin, * 16. 7. 1898 Potsdam, † 8. 2. 1990 Berlin. Die Tochter eines Braumeisters und Schwester der Publizistin Margarete → Buber-Neumann besuchte ein Lehrerinnenseminar und legte 1919 das Examen ab. 1920 trat sie in die KPD ein. 1924-33 war G. Gesch¨aftsf¨uhrerin des Neuen Deutschen Verlags in Berlin. Sie floh nach Paris und leitete ´ bis 1936 den Verlag Editions du Carrefour ihres Lebensgef¨ahrten Willi → M¨unzenberg. 1937 brach sie mit der KPD. 1940 wurde G. kurzzeitig interniert, konnte aber u¨ ber Portugal nach Mexiko fliehen. 1947 nach Deutschland zur¨uckgekehrt, ließ sie sich in Frankfurt / Main nieder, geh¨orte 1949 zu den Begr¨undern der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und war bis 1951 Mitglied von deren Gesch¨aftsleitung. G. ver¨offentlichte Werke zur politischen Zeitgeschichte, u. a. Die Volksfrontpolitik in den dreißiger Jahren (1962) und Willi M¨unzenberg. Eine politische Biographie (1967, 21968). C BHdE, Bd 1

Groß, Bernhard, Mainzer Domherr, * um 1430 Morschen (?), † 2. 4. 1502 Mainz. G. studierte seit 1446 Kirchenrecht und Theologie in Heidelberg und Erfurt. 1457 wurde er zum Siegler des Erzbischofs von Mainz, → Dietrich von Erbach, ernannt. W¨ahrend der Stiftsfehde 1461-63 auf der Seite der nassauischen Partei, amtierte G. sp¨ater unter den Erzbisch¨ofen → Adolf II. von Nassau und → Berthold von Henneberg als Protonotar und Generalrichter. Er verschaffte sich Pfr¨unden in den Mainzer Stiften St. Maria und St. Stephan. Seit 1465 widmete sich G. vor allem der Klosterreform in Mainz und Pfaffenschwabenheim im Sinn der Devotio moderna. G. gilt als Wegbereiter ihres Fr¨ommigkeitsideals im Rheinland. C NDB

Groß, Edgar (Karl Marian), Germanist, Theaterintendant, * 26. 9. 1886 Lankwitz (heute zu Berlin), † 29. 11. 1970 Rom. Nach dem Studium der Literatur- und Theaterwissenschaft in Berlin und W¨urzburg, der Promotion 1910 (Die a¨ ltere Romantik und das Theater) und B¨uhnenausbildung in Berlin war G. seit 1919 Dramaturg und Oberspielleiter der St¨adtischen B¨uhnen Halle. 1928 u¨ bernahm er die Intendanz in Halberstadt, wechselte sp¨ater nach L¨ubeck und Aachen und leitete nach der nationalsozialistischen Annexion des Sudetenlandes die B¨uhnen Eger-Franzensbad, Außig-Marienbad sowie die sudentendeutsche Theaterschule. 1946 wurde er Oberspielleiter in W¨urzburg. G. ver¨offentlichte mehrere theaterwissenschaftliche Monographien wie Goethe und das Hallesche Theater (1928) und gab u. a. die Werke von Theodor → Fontane, Marie von → Ebner-Eschenbach und E. T. A. → Hoffmann heraus. C DLL

Groß, Emil, Verleger, * 6. 8. 1904 Bielefeld, † 19. 2. 1967 Bielefeld. Der Sohn eines Eisendrehers engagierte sich schon w¨ahrend seiner kaufm¨annischen Lehre bei der Sozialistischen Arbei-

Groß terjugend und war seit 1924 hauptamtlicher Funktion¨ar der SPD Ostwestfalen. Nach dem Besuch der Heimvolkshochschule Tinz in Th¨uringen bestand er die Zulassungspr¨ufung zum Studium ohne Reifezeugnis und studierte 1930-33 in Berlin Staatswissenschaften. Seit 1931 Vorsitzender der Sozialistischen Studentenschaft an Berliner Hochschulen, emigrierte er 1933 nach Amsterdam. Als Mitbegr¨under und Herausgeber der Emigrantenzeitschrift „Freie Presse“ und Organisator sozialdemokratischen Widerstands im Ruhrgebiet ging er nach der Besetzung des Landes in den Untergrund, wurde 1941 verhaftet und in Deutschland zu einer Zuchthausstrafe verurteilt. Nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligte sich G. als Bezirkssekret¨ar, Parteivorstands- und Parteiratsmitglied am Wiederaufbau der SPD, f¨ur die er in den nordrhein-westf¨alischen Landtag und in die Stadtverordnetenversammlung von Bielefeld gew¨ahlt wurde. 1946 gr¨undete G. den Zeitungsverlag Freie Presse Bielefeld und den Phoenix Verlag und hatte als Mitbegr¨under und Aufsichtsratsmitglied der Nachrichtenagentur „dpa“ sowie als Pr¨asident und Vorstandsmitglied nationaler und internationaler Zeitungsverlegerverb¨ande wesentlichen Anteil an der Neuorganisation des Pressewesens der Bundesrepublik Deutschland. C BHdE, Bd 1

Groß, Erhart, Kart¨auser, Schriftsteller, † um 1450 N¨urnberg. Aus einer Patrizierfamilie stammend, lebte G. in der ersten H¨alfte des 15. Jh. als Kart¨auser im Kloster Marienbad bei N¨urnberg. Er verfaßte moraltheologische Schriften, die sich an die Nonnen des Katharinenklosters und an private Adressaten im unmittelbaren Lebensumfeld G.’ richteten. G.’ Adaption der Griseldis-Geschichte aus Boccaccios Decamerone von 1432 (Grisardis, 1931 hrsg. von P. Strauch) beeinflußte mit dem vorgeschalteten Ehetraktat → Albrecht von Eyb. C Killy

Gross, Ferdinand, Pseud. Athanasius, Jean Piccolo, o¨ sterr. Journalist, Schriftsteller, * 8. 4. 1849 Wien, † 21. 12. 1900 Kaltenleutgeben bei Wien. G. begann eine Beamtenausbildung bei der o¨ sterr. S¨udbahn, wandte sich bald dem Journalismus zu und schrieb schon 1869 f¨ur Zeitungen wie die „Morgenpost“. Sp¨ater arbeitete er in der Redaktion des „Pester Journals“ und des „Prager Tagblatts“, 1879-81 als Feuilletonredakteur bei der „Frank¨ furter Zeitung“. Nach Osterreich zur¨uckgekehrt, ver¨offentlichte er Beitr¨age im „Neuen Wiener Tagblatt“, im „Wiener Fremdenblatt“ und in der „Wiener Mode“, gab u. a. die „Extrapost“ heraus und gr¨undete 1886 eine Monatsschrift mit dem programmatischen Namen „Der Frauenfeind“. 1897-99 war er Pr¨asident des Journalisten- und Schriftstellervereins „Concordia“. G. ver¨offentlichte seine Feuilletons gesammelt u. a. unter dem Titel Kleine M¨unze (1878) und Nichtig und fl¨uchtig (1880). Er schrieb auch Lyrik (Lieder aus dem Gebirge, 1888) und Lustspiele (Die neuen Journalisten, 1880, mit Max → Nordau). C Killy Gross, Franz, Pharmakologe, Mediziner, * 14. 2. 1913 Leipzig, † 26. 3. 1984 Heidelberg. G. studierte in Berlin Medizin und wurde 1938 in Leip¨ zig promoviert (Uber die Reduktionszeit des Blutes). G. erforschte den Einfluß von Pharmaka auf die Blutdruckregulation und setzte seine pharmakologischen Untersuchungen nach dem Zweiten Weltkrieg zun¨achst in Bern und seit 1946 bei dem Chemie-Unternehmen Ciba in Basel fort. Dort war er in den folgenden Jahren an der Entdeckung mehrerer pharmakologischer Grundsubstanzen wie Phentolamin und Hydralazin beteiligt. 1968 wurde er als o. Prof. der Pharmakologie nach Heidelberg berufen. G. arbeitete in Gremien der Weltgesundheitsorganisation mit und war Vorsitzender der International Society of Endocrinology sowie

der International Union of Pharmacology. Er ver¨offentlichte u. a. Homo pharmaceuticus (1977) und Notwendigkeit und Ethik klinisch-therapeutischer Pr¨ufungen von Arzneimitteln (1979). C CH 91

Gross, Friedrich, Ophthalmologe, * 1797 Großwardein (Oradea, Rum¨anien), † 2. 1. 1858 Großwardein. G. studierte Philosophie in Pest, wurde 1819 promoviert und schloß ein Medizinstudium in Wien an. Nach der Promotion 1825 praktizierte er zwei Jahre als Hausarzt, kehrte in seine Heimatstadt zur¨uck und richtete eine Heilanstalt f¨ur arme Blinde ein. Die ophthalmologischen Ergebnisse seiner klinischen und chirurgischen T¨atigkeit ver¨offentlichte G. u. a. in Die Augenkrankheiten der großen Ebenen Un¨ garns und statistische Ubersicht der Leistungen der PrivatAugenheilanstalt f¨ur Arme zu Groß-Wardein durch 25 Jahre von 1830-1856 (1857). C Wininger

Groß, Fritz, auch Gross, Pseud. Peter Michael, John Sorg, F. G., Redakteur, Schriftsteller, * 20. 3. 1897 Wien, † 7. 10. 1946 London. Der Sohn eines Juweliers trat 1914 der Sozialistischen Arbeiterjugend, 1918 der „Roten Garde“ in Wien bei, ging im selben Jahr nach Berlin und wurde dort Mitglied der KPD. 1917 erschien sein Gedichtzyklus Rezitationen. Seit 1919 zum Studium der National¨okonomie in Heidelberg, wurde G. im folgenden Jahr relegiert, arbeitete anschließend als Redakteur der „Freiheit“ und der „Republik“ in Berlin und seit 1921 als Buchh¨andler in Frankfurt / Main. Danach in verschiedenen Berufen in Remscheid, D¨usseldorf, Wien und seit 1925 wieder als Redakteur der Berliner „Welt am Abend“ t¨atig, ver¨offentlichte G. 1926 die Schrift Lenin, Liebknecht, Luxemburg und 1932 die Gedichtsammlung Funkspr¨uche. Bereits seit 1928 in Hamburg, wurde er 1932 aus der KPD ausgeschlossen, emigrierte 1933 nach Großbritannien, arbeitete dort u. a. f¨ur den „Spectator“ und betrieb in London eine Leihbibliothek f¨ur Fl¨uchtlinge. 1940 kurzzeitig auf der Isle of Man interniert, wurde G. 1941 Mitarbeiter der Zeitschrift ¨ „Contemporary Review“ und der Osterreich-Sendung der BBC sowie Mitglied des „Club 1943“. G.’ rund 1000 „TotenNovellen“, Erz¨ahlungen vom Tod prominenter Pers¨onlichkeiten sind unver¨offentlicht. C Lex o¨ sterr Exillit

Groß, Gustav, o¨ sterr. Wirtschaftswissenschaftler, Politiker, * 12. 6. 1856 Reichenberg (B¨ohmen), † 23. 2. 1935 Wien. G. studierte in Wien und Berlin Volkswirtschaft, habilitierte sich 1885 und lehrte sp¨ater als Prof. in Wien. Seit 1899 Abgeordneter der m¨ahrischen Stadt Iglau zum o¨ sterr. Reichsrat, geh¨orte er zu den f¨uhrenden Politikern des deutschnationalen ¨ Lagers in Osterreich. G. war Pr¨asident und Obmann der deutschen Schutzvereine „S¨udmark“ und „Deutscher Schulverein“ sowie Vorsitzender des „Deutschen Nationalvereins“. 1917 / 18 pr¨asidierte er den Reichsrat und war 1918 / 19 Mitglied der Provisorischen Nationalversammlung G. ver¨offentlichte u. a. Die Lehre vom Unternehmensgewinn (1883), Karl Marx (1885) und Der große Krieg (1915). Groß, Hans, o¨ sterr. Kriminologe, Jurist, * 26. 12. 1847 Graz, † 9. 12. 1915 Graz. Der Sohn eines kaiserlichen Oberkriegskommissars studierte in Graz Rechtswissenschaften und arbeitete nach der Promotion als Referendar, Untersuchungsrichter, Staatsanwalt und sp¨ater Senatsvorsitzender des Grazer Appellationsgerichts. Nach Ver¨offentlichung kriminalistischer und kriminologischer Abhandlungen wurde G. 1899 ohne Habilitation als o. Prof. des Straf- und Strafprozeßrechts an die Univ. Czernowitz berufen. 1903 wechselte er nach Prag, 1905 nach Graz, wo er seit 1912 das erste Kriminalistische (sp¨ater Kriminologische) Institut in Europa leitete. G. gilt als Begr¨under

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Groß einer gegen¨uber der normativen Strafrechtswissenschaft eigenst¨andigen Kriminologie. Die Bildung von Sachindizienketten und die Pr¨ufung der Tatmotivation auf der Basis naturwissenschaftlicher und psychologischer Pr¨ufung von Tathergang und Tatumst¨anden ist nach G. zentraler Gegenstand dieser Wissenschaft. Die so verstandene Kriminologie er¨offnete den Strafverfolgungsbeh¨orden fundamental neue M¨oglichkeiten der Verbrechenspr¨avention und -bek¨ampfung. Seit 1898 war G. Herausgeber des „Archivs f¨ur KriminalAnthropologie und Kriminalistik“. G.’ Handbuch f¨ur Untersuchungsrichter als System der Kriminalistik (1893) wurde weltweit rezipiert und erschien seit der 8. Auflage (1942) unter dem Titel Handbuch der Kriminalistik. G. war der Vater von Otto → G. C NDB

Groß, Heinrich, o¨ sterr. Psychiater, * 14. 11. 1915 Wien, † 15. 12. 2005 Hollabrunn (Nieder¨osterreich). G., seit 1932 Mitglied der Hitlerjugend, seit 1933 der SA und seit 1938 der NSDAP, wurde nach Abschluß des Medizinstudiums 1940 zun¨achst Arzt an der Pflegeanstalt Ybbs, dann an der Wiener Heil- und Pflegeanstalt „Am Steinhof“. 1945-47 war er in sowjetischer Kriegsgefangenschaft. 1948 wegen der Ermordung behinderter Kinder in der sog. Kinderfachabteilung „Am Spiegelgrund“ des Steinhof angeklagt, wurde G. 1950 zu zwei Jahren Haft verurteilt. Nach Aufhebung des Urteils 1951 durchlief G., Mitglied ¨ seit 1953, am Neurologischen Krankenhaus am der SPO Rosenh¨ugel eine Ausbildung zum Facharzt, war seit 1955 wieder am Spiegelgrund (sp¨ater Psychiatrisches Krankenhaus Baumgartner H¨ohe) t¨atig und wurde dessen Primarius. 1968 u¨ bernahm er die Leitung des neugegr¨undeten Ludwig Boltzmann-Institut zur Erforschung der Mißbildungen des Nervensystems. 1981 trat er in den Ruhestand. Bekannt wurde G., einer der meistbesch¨aftigten Gerichtsgutachter ¨ Osterreichs, vor allem durch seine Arbeiten auf dem Gebiet der Neuropathologie, f¨ur die er auch aus der NS-Zeit stammendes Material und Pr¨aparate verwendete. Aufgrund seiner Forschungen an Kinderhirnen wurde G. mit dem TheodorK¨orner-Preis ausgezeichnet; das ihm 1975 verliehene Ehrenkreuz f¨ur Wissenschaft und Kunst Erster Klasse wurde ihm 2003 aberkannt. Ein 2000 gegen G. eingeleitetes zweites Gerichtsverfahren kam nicht zu einem Abschluß.

Groß, Jenny, Schauspielerin, * 5. 9. 1863 Szantho (Ungarn), † 8. 5. 1904 Berlin. G. studierte Schauspiel in Wien und erhielt im Alter von sechzehn Jahren ihr erstes Engagement am Wiener CarlTheater, wo sie naive Rollen spielte. Sp¨ater wechselte sie zum Wiener Stadttheater, 1885 nach Berlin. Am K¨oniglichen Schauspielhaus und seit 1889 am Lessingtheater, wurde sie in sentimentalen Rollen, als elegante Salondame und als Volkskom¨odiantin zum Publikumsliebling. C Wininger ¨ Baumeister, * 11. 12. 1697 Groß, Johann Adam d. A., Winnenden (W¨urttemberg), † 2. 10. 1757 K¨onigsbronn (W¨urttemberg). Unter den ersten bekannten Bauten des Steinhauersohns sind vor allem die Remsbr¨ucke zu Waiblingen (1737 / 38) und der Turm der Pfarrkirche in K¨onigsbronn. 1749 wurde er Rentkammerbaumeister und w¨urttembergischer Landbaumeister. Der Wiederaufbau der Stadt N¨urtingen nach dem Brand von 1750 zeigt ihn als einen der bedeutenden St¨adtebauer seiner Zeit. G. baute auch drei B¨urgerh¨auser in seiner Heimatstadt Winnenden sowie zahlreiche w¨urttembergische Pfarrh¨auser. Er war der Vater von Johann Adam → G. d. J. C NDB

Groß, Johann Adam d. J., Baumeister, * 27. 9. 1728 Winnenden (W¨urttemberg), † 24. 6. 1794 Dettenhausen. Nach erster Ausbildung durch seinem Vater Johann Adam ¨ studierte G. 1750-52 in Paris. Nach Deutsch→ G. d. A. land zur¨uckgekehrt, arbeitete er bis 1757 als Baukontrolleur

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bei der Stuttgarter Residenzbaudeputation. Seit 1767 war er Landoberbauinspektor der neugeschaffenen Landbaudeputation, 1768-73 auch Prof. der perspektivischen Baukunst an der Acad´emie des Arts in Ludwigsburg. G. bestimmte den st¨adtebaulichen Charakter der zwischen 1765 und 1791 im Herzogtum W¨urttemberg abgebrannten St¨adte und D¨orfer, u. a. G¨oppingen (seit 1782), Vaihingen (nur zum Teil, seit 1784), N¨urtingen (ein Straßenzug, seit 1787) und T¨ubingen (Viertel am Lustnauer Tor, seit 1789). C NDB

Gross, Johann Friedrich, Physiker, * 5. 5. 1732 Nagold (W¨urttemberg), † 5. 2. 1795 Stuttgart. G. war Regierungssekret¨ar am w¨urttembergischen Hof in Stuttgart, bevor er 1787 zum Prof. der Experimentalphysik an der Karlsschule berufen wurde. Er erforschte die Elektrizit¨at und ver¨offentlichte u. a. Elektrische Pausen (1776); postum erschienen seine Grunds¨atze der Blitzableitungskunst (1796). C Poggendorff 1

Groß, Johann Gottfried, Journalist, * 8. 10. 1703 Uehlfeld bei Neustadt / Aisch (Mittelfranken), † 12. 7. 1768 Erlangen. Der Pfarrerssohn studierte in Halle und Leipzig evang. Theologie, Philosophie, Philologie, Statistik und Politik. Er war Hauslehrer, Prediger und Lehrer in K¨othen, Bergen bei Magdeburg und Halle und wurde 1740 Prof. an der Erlanger Ritterakademie. 1741 gr¨undete er in Erlangen das Periodikum „Auszug der neuesten Weltgeschichte“, f¨ur das er fast s¨amtliche Beitr¨age selbst verfaßte. Als eine der ersten Zeitschriften im Sinne des modernen Journalismus mit Unterhaltungsartikeln, Anekdoten, politischen Berichten sowie klar und selbst¨andig urteilenden Kommentaren fand sie ihre Leserschaft auch im europ¨aischen Ausland und in den USA; sie erreichte die damals sehr hohe Auflage von bis zu 18 000 Exemplaren. F¨ur einige Zeit wich G. mit seiner Zeitschrift nach N¨urnberg aus, bet¨atigte sich dort auch als politischer Agent → Maria Theresias und kehrte 1753 nach Erlangen zur¨uck. Er war auch ein engagierter F¨orderer der Landesgeschichte. C NDB

Gross, Johann Matthias, evang. Theologe, * 8. 9. 1676 Harsdorf bei Kulmbach, † 11. 12. 1748 Markt Bergel (Bayern). G. studierte in Jena Theologie, war seit 1695 Magister und wurde 1698 Pfarrer in Bischofsgr¨un, 1703 in Uehlfeld, 1720 in Markt Bergel. G. ver¨offentlichte Eigentliche Gestalt des aus Leib und Seel wesentlich bestehenden Menschen (1716), Bibliotheca hydrographica [. . .] (1729), Historisches Lexicon evangelischer Jubelpriester (2 Tle., 1728-32), Meteorologisches, erbauliche Lieder und regionalgeschichtliche Abhandlungen. C DLL

Groß, Johannes, Politiker, * 22. 12. 1879 Oberwolfach (Baden), † 11. 3. 1954 Stuttgart. Der Bauernsohn durchlief eine Schneiderlehre in Halbmeil (Baden). 1900 wurde er Mitglied der Zentrumspartei und der christlichen Schneidergewerkschaft, 1905 Sekret¨ar der christlichen Gewerkschaften; 1909 gr¨undete er den w¨urttembergischen Landesverband der Gewerkschaft Deutscher Eisenbahner, dessen Sekret¨ar er wurde. G. war Vorsitzender der w¨urttembergischen Windthorstb¨unde und seit 1920 Mitglied des Reichsparteiausschusses der Deutschen Zentrumspartei. 1924-28 war er Gesch¨aftsf¨uhrer des W¨urttembergischen Verbands der Eisenbahn- und DampfschiffahrtsUnterbeamten, -Handwerker und -Arbeiter, 1930-32 Vorstandsmitglied des Deutschen Beamtenbundes und 1930-33 Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Eisenbahner. 1933 wegen des Verdachts der Untreue und Unterschlagung verhaftet, stand er nach der Haftentlassung unter st¨andiger Polizeiaufsicht. Nach l¨angerer Zeit der Arbeitslosigkeit war er als Handelsvertreter t¨atig. 1945 war G. Mitbegr¨under der Christlich-Sozialen Volkspartei bzw. der CDU Nordw¨urt-

Groß temberg, geh¨orte dem Landesparteivorstand an und hatte 1946-53 den Fraktionsvorsitz der CDU im Gemeinderat der Stadt Stuttgart inne. C Raberg

Gross, Johannes, Journalist, Publizist, * 6. 5. 1932 Neunkhausen, † 29. 9. 1999 K¨oln. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte Philosophie und Rechtswissenschaften, wurde 1959 Bonner Korrespondent der „Deutschen Zeitung“, 1961 deren Ressortchef f¨ur Politik, wechselte 1962 zum Deutschlandfunk in K¨oln und war seit 1968 Chefredakteur bei der Deutschen Welle. 1974 u¨ bernahm er die Chefredaktion des Wirtschaftsmagazins „Capital“, dessen Herausgeber er 1980 wurde. G. war auch Leitartikler der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und Moderator von Fernsehsendungen wie der „Bonner Runde“ (seit 1977) und „Tacheles“ (1996). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Die Deutschen (1967), Absagen an die Zukunft (1970, erw. Aufl. 1974), Unsere letzten Jahre. Fragmente aus Deutschland (1980), Notizbuch (1985, korrigierte Ausg. 1988), Das neue Notizbuch 1985-1990 (1990), Wie das Wunder in die Jahre kam. Essays zu Deutschland (1993), Begr¨undung der Berliner Republik (1994) und Tacheles gesprochen. Notizbuch 1990-1995 (1996). Im „FAZ-Magazin“ verfaßte er viele Jahre die Rubrik „Notizbuch“, in der er Themen der Zeit und des Geschmacks glossierte. G. wurde u. a. mit dem „Bambi“-Fernsehpreis 1983 und dem LudwigErhard-Preis f¨ur Wirtschaftspublizistik 1986 ausgezeichnet. C Munzinger Groß, Josef, kath. Theologe, Bischof von Leitmeritz, * 10. 10. 1866 Pfraumberg (Westb¨ohmen), † 20. 1. 1931 Leitmeritz. G. studierte in Prag Theologie, wurde nach der Promotion 1889 zum Priester geweiht und war danach Kaplan, sp¨ater Pfarrer und seit 1893 Erzdechant in der b¨ohmischen Industriestadt Falkenau. Sein soziales Engagement gipfelte 1900 in der Gr¨undung eines kath. Privatwaisenhauses. Als Bischof von Leitmeritz (seit 1910) widmete er sich besonders der F¨orderung des Priesternachwuchses sowie dem Ausbau der kath. Vereinsorganisation und Presse. Auch als Pr¨asident des „Deutschen Katholikenrats f¨ur B¨ohmen“ setzte er sich vehement gegen separatistische Bestrebungen einer tschechischen Nationalkirche zur Wehr. C Kosch: Kath

Gross, Jost, schweizer. Politiker, * 1. 3. 1946 Flawil (St. Gallen), † 6. 5. 2005 Waldenburg (W¨urttemberg). G., Sohn eines Lehrers, studierte 1966-70 Rechtswissenschaften an der Univ. Bern und wurde 1975 promoviert (Die pers¨onliche Freiheit des Patienten, 1978). Seit 1979 als An¨ walt in St. Gallen t¨atig, wurde er 1980 Dozent f¨ur Offentliches Recht und 2001 Privatdozent f¨ur Staats- und Verwaltungsrecht an der dortigen Universit¨at. 1984-96 wirkte G. als Richter am Verwaltungsgericht von Thurgau. F¨ur die Sozialdemokratische Partei, deren Pr¨asident er in den achtziger Jahren im Kanton Thurgau war, geh¨orte er 1980-84 dem thurgauischen Großrat und 1995-2005 dem Nationalrat an. 1992-2004 war G. Pr¨asident der Schweizerischen Gesellschaft f¨ur Gesundheitspolitik, seit 1994 Pr¨asident des thurgauischen Gewerkschaftsbundes. Als erster Zentralsekret¨ar (1978-87) und seit 1992 als Pr¨asident des Stiftungsrats der Schweizerischen Stiftung Pro Mente Sana in Weinfelden setzte er sich f¨ur die Belange psychisch Kranker und behinderter Menschen ein. G. ver¨offentlichte u. a. Das schweizerische Staatshaftungsrecht. Stand und Entwicklungstendenzen (1995). C HLS

Gross, Karl, o¨ sterr. Jurist, * 26. 7. 1837 Zuckmantel

¨ (Osterr.-Schlesien), † 10. 2. 1906 Wien. G. studierte 1861-63 Rechtswissenschaften in Wien, wurde 1863 promoviert, ließ sich als Rechtsanwalt nieder und war Juristenpr¨afekt der Theresianischen Milit¨arakademie. 1866 f¨ur Kirchenrecht habilitiert, erhielt er 1867 auch die Lehr-

befugnis f¨ur Zivilprozeßrecht, folgte jedoch im selben Jahr einem Ruf als o. Prof. des kanonischen Rechts nach Innsbruck; 1871 wechselte er nach Graz, 1888 nach Wien. G. ver¨offentlichte u. a. ein Lehrbuch des katholischen Kirchenrechts mit besonderer Ber¨ucksichtigung der partikularen Ge¨ ¨ staltung desselben in Osterreich (1894, 81922). C OBL

Gross, Karl, Pseud. Carlo Dolce, Schriftsteller, Journalist, * 24. 5. 1838 Budapest, † 28. 8. 1916 Baden (Nieder¨osterreich). Nach dem Studium der Rechtswissenschaften arbeitete G. seit 1870 als Direktionssekret¨ar der ungarischen Staatsbahnen, wandte sich aber bald dem Journalismus zu. Seit 1874 war er in Wien Mitarbeiter des „Illustrierten Wiener Extrablatts“ und der „Wiener Allgemeinen Zeitung“, seit 1880 auch der „Wiener Zeitung“. Daneben u¨ bersetzte und bearbeitete er Dramen Shakespeares sowie franz¨osische und ungarische Werke. 1857 erschien der Lyrik- und Novellenband Die Schwalben. G.’ Lustspiele (u. a. Ein Feuilletonist, 1863; Unser Patient, 1889) wurden vor allem am Wiener Hofburgtheater aufgef¨uhrt. C DLL

Groß, Karl, Bildhauer, Goldschmied, Kunstp¨adagoge, * 28. 1. 1869 F¨urstenfeldbruck bei M¨unchen, † 5. 10. 1934 Dresden. Der Sohn eines Steinmetzmeisters besuchte 1884-88 die M¨unchner Kunstgewerbeschule. Er arbeitetete anschließend in der Werkstatt Fritz von → Millers und war seit 1895 freischaffender Goldschmied, Ziseleur und Bildhauer in M¨unchen. 1898 wurde G. Dozent f¨ur Goldschmiedekunst und Architekturplastik an der Kunstgewerbeschule (sp¨ater Staatliche Akademie f¨ur Kunstgewerbe) in Dresden, 1900 Professor. Seit 1914 Direktor der Akademie, trat er 1933 wegen der nationalsozialistischen Kulturpolitik von seinem Amt zur¨uck. G.’ Werk umfaßt den ganzen Bereich ornamentaler, dekorativer und funktionaler Plastik. Als K¨unstler und Lehrer u¨ berwand G. den Jugendstil und forderte vom Kunsthandwerk die Herausarbeitung der Sch¨onheit von Material und Funktion am jeweiligen Objekt. Er war Mitbegr¨under der M¨unchner Vereinigten Werkst¨atten und Mitverfasser der Reichsfriedhofsordnung. C NDB

Groß, Konrad, Kaufmann, Schultheiß, * um 1280 N¨urnberg, † 10. 5. 1356 N¨urnberg. Als Großkaufmann, Grundbesitzer, Fabrikant und Bankier ist G. eine der ersten b¨urgerlichen Personen seiner Zeit, deren Biographie historiographisch klar darstellbar ist. 1319 und 1332 war er Ratskonsulent in N¨urnberg. Seinen urspr¨unglich aus Grundbesitz stammenden Reichtum vermehrte er durch Warenhandel, an ihn verpf¨andete Reichssteuern und das, ebenfalls durch Pfand erworbene, Reichsschultheißenamt samt Zoll- und M¨unzrecht. 1339 erwarb G. mit dem „Gleißhammer“ die erste Metallh¨utte N¨urnbergs. Als Hofbankier → Ludwigs des Bayern war er 1335-47 einer der einflußreichsten Finanziers der Reichspolitik. Tief religi¨os, schloß er zahlreiche Gebetsverbr¨uderungen mit Kl¨ostern ab und stiftete mehrere Spit¨aler und Kl¨oster. G. war einer der fr¨uhesten Vertreter des oberdeutschen Fr¨uhkapitalismus. C Fr¨ank Leb, Bd 2 Groß, Lothar, o¨ sterr. Historiker, Archivar, * 13. 9. 1887 Heraletz (B¨ohmen), † 31. 5. 1944 Wien. G., Sohn eines Gutsbesitzers, studierte in Wien Geschichte und historische Hilfswissenschaften und wurde 1909 promoviert. 1910 trat er beim nieder¨osterreichischen Statthaltereiarchiv in den Archivdienst ein, wechselte 1911 zum Haus-, Hof- und Staatsarchiv und wurde 1919 Staatsarchivar, 1935 Generalstaatsarchivar, 1938 Direktor des Archivs. 1922 habilitierte sich G. f¨ur mittelalterliche Geschichte und historische Hilfswissenschaften an der Univ. Wien, wurde 1927

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Groß a. o. Prof. und geh¨orte seit 1931 dem Institut f¨ur Geschichtsforschung an. G. hatte bedeutenden Anteil am Erhalt der Zentralarchive gegen¨uber den Anspr¨uchen der Nachfolgestaaten. Er ver¨offentlichte u. a. eine Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559 bis 1806 (1933). ¨ Akad, Jg. 95 C Almanach Ost

Groß, Nikolaus (Franz), Gewerkschafter, * 30. 9. 1898 Niederwenigern / Ruhr, † 23. 1. 1945 Berlin-Pl¨otzensee. Der Sohn eines Schmiedemeisters trat nach f¨unfj¨ahriger T¨atigkeit im Bergwerk der Katholischen Arbeiterbewegung bei und wurde 1928 Mitglied der Zentrumspartei. Seit 1922 war er als hauptamtlicher Gewerkschaftssekret¨ar in Niederschlesien, dann im Ruhrgebiet t¨atig. 1927 wurde er Redaktionsmitglied der „Westdeutschen Arbeiterzeitung“. Als diese durch die „Ketteler-Wacht“ abgel¨ost wurde, u¨ bernahm G. deren Schriftleitung. In zahlreichen Leitartikeln k¨ampfte er auch nach der nationalsozialistischen Machtergreifung gegen den Machtanspruch des diktatorischen Regimes. Im Zusammenhang mit dem Attentat auf → Hitler am 20. 7. 1944 wurde G. verhaftet und Anfang 1945 in Berlin-Pl¨otzensee hingerichtet. 2001 wurde er durch Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. C Zeitgeschichte, Bd 4

Groß, Oskar, Wasserversorgungsfachmann, * 10. 5. 1875 Stuttgart, † 25. 3. 1948 Kirchheim unter Teck. G., Sohn eines Professors, studierte an der TH Stuttgart, war einige Zeit in der Wasserversorgung t¨atig und trat dann in das Bauamt f¨ur das o¨ ffentliche Wasserversorgungswesen in Stuttgart ein, dessen Leiter er 1906-33 war, zuletzt als Oberbaurat. Unter ihm wurde der Bau zentraler Wasserversorgungsanlagen in W¨urttemberg z¨ugig weitergef¨uhrt und erreichte 1933 einen Versorgungsgrad von 95 Prozent aller Gemeinden. Die von ihm geplante und gebaute „W¨urttembergische Landeswasserversorgung“ nahm als erste deutsche Fernwasserversorgungsanlage 1917 den Betrieb auf. Nach 1933 arbeitete G. als technischer Berater einer kommunalen Selbsthilfeorganisation zur Betriebs¨uberwachung von Wasserwerken. C NDB

Groß, Otto, o¨ sterr. Essayist, Publizist, Psychiater, * 17. 3. 1877 Feldbach (Steiermark), † 13. 2. 1920 Berlin. Der Sohn von Hans → G. studierte Medizin (Promotion in Heidelberg 1895, Ueber die Trepanation des Sch¨adels bei traumatischer Epilepsie), interessierte sich fr¨uh f¨ur Psychoanalyse und war seit 1906 Privatdozent f¨ur Psychopathologie in Graz. 1913 ließ sein Vater den Drogens¨uchtigen zwangseinweisen und entm¨undigen. Freunde wie Franz → Pfemfert, Franz → Jung, Maximilian → Harden und Erich → M¨uhsam erwirkten mit einer Kampagne in der „Aktion“ seine Freilassung. C. G. → Jung behandelte ihn in seiner Z¨urcher Klinik. G. verkehrte in anarchistischen Kreisen und ver¨offentlichte in den expressionistischen Zeitschriften „Die Aktion“ und „Revolution“ psychoanalytische Sozial- und Kulturkritik in Vorwegnahme der Analysen Wilhelm → Reichs und Herbert → Marcuses, die in Reflexion seiner eigenen Problematik vor allem den Autorit¨ats- und Vaterkonflikt thematisieren und erst in den sp¨aten siebziger Jahren wiederentdeckt wurden (Von geschlechtlicher Not zur sozialen Katastrophe. Ausgew¨ahlte Schriften, 1980, hrsg. von Kurt Kreiler). G. starb, verwahrlost und durch Hunger und Erfrierungen geschw¨acht, 1920 in Berlin. C Killy Gross, Philipp, Chemiker, * 30. 9. 1899 Wien, † 20. 5. 1974 London. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg studierte G. in ¨ Wien Chemie und wurde 1923 promoviert (Uber das anodische Verhalten einiger Stickstoffsauerstoffverbindungen). 1928-37 Leiter der von ihm mitbegr¨undeten PhysikalischChemischen Abteilung der Univ., habilitierte er sich 1930 und wurde 1936 a. o. Professor. 1937 emigrierte er in die

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T¨urkei und war zwei Jahre Prof. und Direktor des Instituts f¨ur Technische Chemie in Istanbul, bevor er 1939 nach Großbritannien ging. 1940-42 Dozent an der Univ. Bristol, arbeitete er seit 1943 als technischer Berater f¨ur metallurgische Prozesse. Von 1947 bis zu seinem Tod leitete G. das private Fulmer Research Institute in Slough nahe London, wo er besonders die thermochemischen Reaktionsprozesse von Metallen untersuchte und u. a. neue Techniken der Aluminiumproduktion erfand. C BHdE, Bd 2

Groß, Rudolf (Josef), Kristallograph, Mineraloge, * 22. 10. 1888 Gaustadt bei Bamberg, † 12. 7. 1954 Greifswald. Der Sohn eines Baumeisters studierte Geologie und Mineralogie in Jena und Rostock, wurde 1913 promoviert (Die Entstehung des Warnowtals von Eickhof bis Rostock) und war Assistent am Mineralogischen Institut in Leipzig. 1918 habilitierte er sich an der Univ. Greifswald, wurde 1919 a. o. Prof. in Hamburg und kehrte als o. Prof. und Direktor des Mineralogischen Instituts 1922 nach Greifswald zur¨uck. G. widmete sich besonders der Kristallographie, der Strukturlehre und der R¨ontgenometrie. Als einer der ersten Mineralogen wandte er die Beugung der R¨ontgenstrahlen zur Strukturbestimmung von Mineralen zu. Sp¨ater besch¨aftigte er sich vor allem mit kristallographisch-technologischen Fragen wie der Verfestigung von Metallen. G. ver¨offentlichte u. a. Zur Theorie der Wachstums- und L¨osungsvorg¨ange kristalliner Materie (1918). C NDB

Gross, Walter (Hugo), Schauspieler, * 5. 2. 1904 Eberswalde, † 17. 5. 1989 Berlin. Schon w¨ahrend seiner kaufm¨annischen Lehre nahm G. Schauspielunterricht und trat seit 1926 in den großen Berliner Revuen sowie als Kabarettist u. a. in der „Katakombe“ auf. W¨ahrend der nationalsozialistischen Herrschaft wurde er zeitweise mit Auftrittsverbot belegt und war vier Monate im Konzentrationslager. G. spielte bis 1945 am Renaissance-, am Schiller- und am Hebbeltheater, war danach u. a. k¨unstlerischer Leiter des Kabaretts „Frischer Wind“ und erwarb sich durch die Teilnahme an der RIAS-Rundfunksendung „G¨unter Neumann und seine Insulaner“ große Popularit¨at. C Exiltheater

Groß, Walter, Mediziner, Rassenhygieniker, Politiker, * 21. 10. 1904 Kassel, † 25. 4. 1945 Berlin (?). G. studierte seit 1923 Medizin in G¨ottingen, T¨ubingen und M¨unchen und wurde 1928 promoviert (Untersuchungen u¨ ber die Habitusform Gallensteinkranker). 1925 in die NSDAP eingetreten, wurde er 1932 Mitglied der Reichs¨ leitung des Nationalsozialistischen Deutschen Arztebundes. Seit 1933 leitete er das Aufkl¨arungsamt f¨ur Bev¨olkerungspolitik und Rassenpflege, das 1934 in Rassenpolitisches Amt der NSDAP umbenannt wurde. G., Honorarprofessor f¨ur Rassenkunde an der Univ. Berlin und seit 1936 Mitglied des Reichstags, wurde 1942 Chef der Abteilung Naturwissenschaft im Amt Rosenberg. Als einflußreicher Bef¨urworter der nationalsozialistischen Rassendoktrin war G. mit Schriften wie Rasse und Politik (1934) und Die rassenpolitischen Voraussetzungen zur L¨osung der Judenfrage (1943) Wegbereiter des V¨olkermords an den europ¨aischen Juden. C Lilla, Statisten

Gross, Walter (Hatto), Arch¨aologe, * 30. 3. 1913 Heidelberg, † 24. 12. 1984 Hamburg. Der Sohn eines Mediziners studierte 1931-37 Klassische Arch¨aologie, Vorgeschichte, Alte Geschichte und Alte Sprachen an den Universit¨aten M¨unster, M¨unchen, Neapel, Leipzig und W¨urzburg, wo er 1937 mit Studien zu den Bildnissen Trajans promoviert wurde. 1938 / 39 als Stipendiat des Deutschen Arch¨aologischen Instituts in Italien und Griechenland, wurde er 1939 zum Kriegsdienst eingezogen. 1943

Groß von Trockau habilitierte er sich in W¨urzburg mit einer Arbeit u¨ ber antike Schildmedaillen. Nach der Umhabilitation an die Univ. G¨ottingen wurde er 1952 zum apl. Prof. ernannt, folgte 1964 einem Ruf auf den arch¨aologischen Lehrstuhl an der Univ. Gießen und war 1968-79 Ordinarius an der Univ. Hamburg. Bedeutendes leistete G. auf dem Gebiet der antiken Ikonologie, f¨ur die er klare methodische Regeln aufstellte (Julia Augusta. Untersuchungen zur Grundlegung einer LiviaIkonographie). Seit 1974 war er ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften in G¨ottingen. C Lullies

Professors. Kurz bevor er eine Berufung als a. o. Prof. an die Univ. Czernowitz annehmen konnte, starb G. Er vero¨ ffentlichte zahlreiche Arbeiten aus den Gebieten Analyse, Geometrie, Mengenlehre und Invariantentheorie, u. a. Eine ganze transzendente Funktion, f¨ur die jede komplexe Zahl Konvergenzwert ist (in: Mathematische Annalen 79, 1918). F¨ur seine Schriften zur Variationsrechnung erhielt G. 1918 den Richard-Lieben-Preis der Wiener Akademie der Wissenschaften. C NDB

Gross, Walter, schweizer. Dichter, * 12. 10. 1924 Winter-

Pseud. Hans Normann, Anton Groessinger, o¨ sterr. Schriftsteller, * 22. 5. 1808 Wien, † 26. 8. 1875 Breslau. G.-H., Sohn eines Spediteurs und Kaufmanns, studierte seit 1827 in Wien und M¨unchen Rechtswissenschaften (Promotion 1834 in Gießen) und lebte als Journalist, politischer Lyriker, Reiseschriftsteller, Biograph und Erz¨ahler 1831-37 vorwiegend in Leipzig, Gießen und Stuttgart. Er begr¨undete in Halberstadt gemeinsam mit der Br¨uggemannschen Buchhandlung ein Neuestes Conversationslexikon f¨ur alle St¨ande und war 1833 in Leipzig Herausgeber der „Austria. Zeit¨ schrift f¨ur Osterreich und Teutschland“, 1838 in Wien der Zeitschrift „Der Adler“, die 1844 unter dem Titel „Vindobona“ erschien. 1844 ging G.-H. als Tabakh¨andler nach Nachod, war seit 1845 wieder als Literat in Dresden, Leip¨ zig und Breslau t¨atig, kehrte 1848 nach Osterreich zur¨uck und ließ sich nach Aufenthalten in Prag (bis 1851), Sachsen und K¨oniggr¨atz 1868 endg¨ultig in Breslau nieder. Er ¨ ver¨offentlichte u. a. Memoiren eines ausgewanderten Osterreichers u¨ ber sein Vaterland und seine Zeit (Bd. 1, 1834), Der Roman Napoleon’s. Bilder und Scenen aus seinem Leben und seiner Zeit (3 Bde., 1848) und Die H¨olle auf Erden (3 Bde., 1873). C DSL

thur, † 18. 9. 1999 Winterthur. G., Sohn eines Kesselschmieds und gelernter Buchbinder, arbeitete zun¨achst in seinem Beruf und war sp¨ater als Angestellter bei einer staatlichen Bibliothek t¨atig. Nach dem Zweiten Weltkrieg unternahm er erste Schreibversuche und wurde bald zu einem der wichtigsten schweizer. Lyriker, dessen Gedichte in allen bedeutenden Anthologien der f¨unfziger und sechziger Jahre vertreten waren. G.’ erster Lyrikband Botschaften noch im Staub erschien 1957 (Nachdr. 1999); mit Hans Rudolf → Hilty gab er 1959 die Sammlung Erkl¨ar mir, Liebe. Liebesgedichte deutscher Sprache seit 1945 heraus. Der zweite Gedichtband Antworten wurde auf Vermittlung Ingeborg → Bachmanns 1964 ver¨offentlicht. G.’ umfangreicher Briefwechsel mit Johannes → Bobrowski, Hans → Boesch, Peter → Huchel und anderen wurde neben den gesammelten Werken (Botschaften. Gesammelte Werke) 2005 unter dem Titel Antworten. Ausgew¨ahlte Briefe von Peter Hamm herausgegeben.

Gross, Walther, Pathologe, * 12. 1. 1878 Waldkirch (Baden), † 14. 11. 1933 M¨unster. G., Sohn eines Fabrikdirektors, studierte in Lausanne, Heidelberg und Berlin Medizin und wurde 1905 promoviert (Ein Fall von Agenesie der linken Lunge). Er assistierte in Heidelberg, M¨unchen und bei Iwan Petrowitsch Pawlow in St. Petersburg. 1911 habilitierte er sich in Heidelberg f¨ur allgemeine und experimentelle Pathologie und pathologische Anatomie (Experimentelle Untersuchungen u¨ ber den Zusammenhang zwischen histologischen Ver¨anderungen und Funktionsst¨orungen der Nieren). Am Ersten Weltkrieg nahm G. als Wehrmachtspathologe teil. 1916 wurde er a. o. Prof. in Heidelberg, nach kurzzeitiger Lehrt¨atigkeit an der Univ. Dorpat 1921 o. Prof. in Greifswald, 1924 in M¨unster. G. arbeitete vor allem u¨ ber die Anwendung der vitalen F¨arbung in der praktischen Histologie und die pathologische Anatomie des Nervensystems. Von nationalsozialistischen Assistenten einer Verleumdungskampagne ausgesetzt, w¨ahlte er den Freitod. C NDB Groß, Wilhelm (Ernst Julius), Bildhauer, * 12. 1. 1883 Schlawe (Pommern), † 9. 2. 1974 Oranienburg bei Berlin. G. studierte nach einer Lehre als M¨obeltischler an den Kunstakademien Karlsruhe und Berlin Bildhauerei und war seit 1909 freischaffender K¨unstler. 1911 erhielt er den VillaRomana-Preis und verbrachte anschließend drei Jahre in Florenz und Rom. Seit 1906 stellte er vor allem Figuren, Bildnisb¨usten und Tierplastiken in M¨unchen, Berlin, Bremen und Mannheim aus. Sp¨ater schuf er sakrale Monumentalplastiken, u. a. einen Christus aus Holz f¨ur die Berliner Gethsemanekirche. G. wurde 1946 Prediger der Evangelischen Kirche Deutschlands und arbeitete seit 1952 als Krankenhausseelsorger.

Groß, Wilhelm, Mathematiker, * 24. 3. 1886 Molln (Ober¨osterreich), † 22. 10. 1918 Wien. Der Lehrerssohn studierte seit 1905 in Wien Mathematik, wurde 1910 promoviert und setzte sein Studium in G¨ottingen fort. 1912 kehrte er als Assistent an die Univ. Wien zur¨uck, habilitierte sich 1913 und erhielt 1918 den Titel eines a. o.

Groß-Hoffinger, Anton Johann, bis 1832 / 33 Groß,

Groß von Trockau, Auguste Freiin, Pseud. Juta Berthen, Schriftstellerin, * 2. 6. 1845 W¨urzburg, † 27. 2. 1915 W¨urzburg. G. v. T. stammte aus einer fr¨ankischen Adelsfamilie, arbeitete zeitweise als Erzieherin in Genua und lebte sp¨ater als Stiftsdame zu St. Anna in W¨urzburg. 1877 ver¨offentlichte sie als Erstling Die Epen der Erl¨osung. Literarische Skizzen. Es folgten Novellen (Liebe und Leidenschaft, 1881; Elpenor’s Ehegl¨uck. Novelle aus der K¨unstlerwelt, 1892), Lustspiele (Ich heirate meine Tochter, 1885) und Weihnachtsspiele (Der Christbaum der Gnomen, 1900). C DLL

Groß von Trockau, Christoph Adam, Beamter, * 24. 12. 1649, † 21. 2. 1724 Erlangen (?). Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Jena und T¨ubingen 1669-72 und Reisen nach Italien und Frankreich trat G. v. T. in markgr¨afliche Dienste. Er war u. a. Landeshauptmann zu Neustadt / Aisch, Hof- und Kammerjunker und Oberhofmeister der Markgr¨afin von Bayreuth, Sophie Luise. 1692-98 hatte er in der Hugenottenkolonie NeuErlang (heute Neustadt Erlangen) zun¨achst die Position eines Aufsehers der Manufakturen, dann die eines Premierdirektors bzw. Oberpr¨asidenten inne. Mit Hilfe des Verm¨ogens seiner ersten Frau, Sophie Friederike von Lentersheim, geb. Stein, stiftete G. v. T. 1699 ein Stipendium f¨ur junge Adlige, die 1701 eingerichtete Ritterakademie, in deren R¨aumlichkeiten sp¨ater die Univ. Erlangen untergebracht wurde.

Groß von Trockau, Friedrich (Adam) Frh., Bischof von W¨urzburg, * 14. 3. 1758 W¨urzburg, † 21. 3. 1840 W¨urzburg. Einem fr¨ankischen Reichsrittergeschlecht entstammend, wurde G. v. T., Sohn eines Geheimrats und Oberamtmanns, 1768 Domizellar in Bamberg und erhielt 1769 die Anwartschaft auf Stiftspfr¨unden in W¨urzburg. Er studierte an der Univ. W¨urzburg Rechtswissenschaften, erwarb sich als Praktikant beim Reichskammergericht juristische Praxis und

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Groß von Trockau wurde 1783 Domkapitular in W¨urzburg. Seit 1784 Kanoniker in Bamberg, wurde er 1795 Pr¨asident der dortigen weltlichen Regierung. Erst nach der Aufhebung der Kirchenherrschaft mit dem Reichsdeputationshauptschluß wandte sich G. der Theologie zu, engagierte sich in kirchlichen und kirchenpolitischen Fragen und war seit 1812 Generalvikar von Bamberg. Seit 1813 Priester, wurde er 1818 zum Bischof von W¨urzburg bestimmt und 1821 geweiht. Mit Hirtenbriefen, Visitationsreisen, der Reform des Priesterseminars, der Einf¨uhrung eines neuen Katechismus sowie eines neuen Gesangbuchs und der Errichtung neuer Kirchenbauten gelang ihm die Erneuerung der Di¨ozese W¨urzburg nach der S¨akularisation. C Gatz 4

Groß von Trockau, Heinrich, Bischof von Bamberg, † 30. 3. 1501. Der schon 1454 in der Liste der ausgezeichneten Akademiker der Univ. Heidelberg aufgef¨uhrte G. v. T. wurde 1487 zum Bischof von Bamberg gew¨ahlt. Mit Hilfe der finanziellen Mittel, die sein Vorg¨anger Philipp Graf von Henneberg angesammelt hatte, sorgte er f¨ur den Ausbau des Bamberger Hochstifts und der Bamberger Bischofspfalz, den ¨ R¨uckkauf verpf¨andeter Amter und den Ankauf neuen Besitzes. Er betrieb die geistliche Erneuerung des Bistums, verbesserte die Dekanats- und Konsistorialgerichtsordnung, erließ 1491 neue Synodalstatuten, ver¨offentlichte ein Rituale und regulierte die Lebensf¨uhrung des Klerus. Zum zweihundertj¨ahrigen Jubil¨aum der Heiligsprechung der Kaiserin → Kunigunde 1500 gab G. v. T. 1499 bei Tilman → Riemenschneider eine Grabtumba f¨ur die Kaiserin und ihren Gemahl, Kaiser → Heinrich II., in Auftrag, die 1513 fertiggestellt wurde. C Gatz 2 Großauer, Joseph Vinzenz, o¨ sterr. Schriftsteller, * 17. 6. 1886 Steyr (Ober¨osterreich), † 17. 10. 1951 Bad Ischl (Ober¨osterreich). Nach dem Besuch der Staatsgewerbeschule in Wien war G. zun¨achst technischer Angestellter einer Maschinenfabrik, seit 1919 Beamter der Wiener Handels- und Gewerbekammer. 1913 ver¨offentlichte er als Erstling Aus mein’ Gartl. Dichtungen in ober¨osterreichischer Mundart. Im selben Jahr gr¨undete er mit anderen den Reichsbund deutscher Mund¨ artdichter Osterreichs. C DLL

Grossberg, Mimi, auch Emily G., geb. Buchwald, Schriftstellerin, * 23. 4. 1905 Wien, † 2. 6. 1997 New York. G. studierte englische Literatur, ferner Psychologie bei Alfred → Adler, arbeitete 1924 / 25 als Bibliothekarin am Volksbildungsheim in Wien-Ottakring und in der v¨aterlichen Metallfabrik. 1927-29 zur Modistin ausgebildet, war sie seit 1930 selbst¨andig t¨atig. Nach Gedichtver¨offentlichungen in „Der Wiener Tag“ erschien 1935 ihr erster Lyrikband Der Weg zu dir. 1938 emigrierte G. in die USA, wo sie in New York 1938-62 Kopistin in verschiedenen Modewarenfabriken war. 1948 schloß sie sich einer Gruppe des deutsch-j¨udischen Kulturvereins „New World Club“ an. In den f¨unfziger Jahren schrieb sie Texte f¨ur Grete Hartwig-Manschingers literarische Kabaretts. G. arbeitete in der literarischen Sektion des „Austrian Forum“ in New York mit, wurde deren Leiterin und gab mehrere Anthologien mit Gedichten o¨ sterr. Exilschriftsteller heraus (u. a. Kleinkunst in Amerika, 1964). Sie ver¨offentlichte Gedichte (Vers¨aume, vertr¨aume . . ., 1957), ¨ Osterreichische Autoren in Amerika. Geschick und Leistung der o¨ sterreichischen literarischen Emigranten ab 1938 in den Vereinigten Staaten (1970) und die Autobiographie The Road to America (1986). C Lex o¨ sterr Exillit

Grosse, Eduard Anton, o¨ sterr. Komponist, * 12. 6. 1860 Komotau (B¨ohmen), † um 1930. G. erlernte fr¨uh das Klavier- und Violinspiel, studierte in Triest, Wien und Leipzig und kehrte 1885 als Stadt-

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kapellmeister und Violinlehrer nach Komotau zur¨uck. Er wurde Direktor des 1888 errichteten Musiklehrinstituts und Instruktor bei der dortigen Landwehr-Bataillonsmusik. G. engagierte sich im Wiener P¨adagogischen KorrespondenzKomitee, verlegte Blas- und Streichorchesterwerke war Herausgeber und Schriftleiter der Zeitschrift „Der Capellmeister“ und komponierte Klavierst¨ucke, Messen und Ch¨ore. C Dt Musikkultur

Grosse, Ernst (Carl Gustav), Ethnologe, Kunstsammler, * 29. 7. 1862 Stendal, † 26. 1. 1927 Freiburg / Breisgau. G., Sohn eines Kanzleigerichtsassessors, studierte in Berlin, M¨unchen und Heidelberg Philosophie, Anthropologie und Kunstgeschichte und wurde 1887 in Halle / Saale mit einer Dissertation u¨ ber Die Literaturwissenschaft, ihr Ziel und ihr Weg promoviert. Mit einer erkenntnistheoretischen Arbeit 1889 habilitiert, wurde er 1894 Prof. der Ethnologie in Freiburg. Als Pionier der Kunstethnologie beschrieb er in Die Anf¨ange der Kunst (1894) die Kunst außereurop¨aischer Hochkulturen und vor allem die der sogenannten Naturv¨olker. In Die Formen der Familie und die Formen der Wirtschaft (1896) stellte G. die kulturellen Auspr¨agungen des Zusammenlebens der Naturv¨olker in ihrer Abh¨angigkeit von klimatischen, geographischen, wirtschaftlichen und anderen Faktoren gegen die Auffassung von einer einlinigen evolution¨aren Entwicklung der Menschheit vom Niederen zum H¨oheren dar. Danach wandte er sich der ostasiatischen Kunst zu und arbeitete 1907-13 in Tokio. Nach seiner R¨uckkehr war G. Privatdozent, seit 1926 a. o. Prof. in Freiburg. C NDB Grosse, Ernst Ludwig, Redakteur, Schriftsteller, * 2. 8. 1802 M¨uhlhausen (Th¨uringen), † nach 1832 wahrscheinlich London. Der Sohn eines Gerichtsdieners studierte in G¨ottingen und Leipzig Rechtswissenschaften und ließ sich nach der Promotion in Dresden als Schriftleiter nieder. Seine Faust-Bearbeitung Graf Gordo (1822) wurde von → Goethe abgelehnt. Seit 1829 war G. Mitarbeiter der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“ sowie Schriftleiter der „Bayerischen Bl¨atter“ und der „Bayerischen Chronik“ in Augsburg, M¨unchen und Kempten. Im Revolutionsjahr 1830 wurde er aus politischen Gr¨unden aus Bayern ausgewiesen und floh nach London. Neben revolution¨aren Schriften wie Offener Brief eines Braunschweiger B¨urgergardisten (1830) ver¨offentlichte G. einen Band Gedichte, herausgegeben zum Besten der Griechen (1823, mit Heinrich → Stieglitz). C Kosch: Theater Große, Fritz (Willibald), Politiker, * 5. 2. 1904 Altenberg / Erzgebirge, † 12. 12. 1957 Berlin. Nach zwei Jahren als Holzfabrikarbeiter ging G., Sohn eines Zimmermanns und einer Textilarbeiterin, im Alter von sechzehn Jahren in die UdSSR und trat als Mitglied der Kommunistischen Partei in die Rote Armee ein. 1921 zur¨uckgekehrt, war er Bau- und Hilfsarbeiter und engagierte sich in zahlreichen Funktionen in der KPD sowie im Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD). Seit 1929 Kandidat des Zentralkomitees der KPD und Organisationssekret¨ar des KJVD, wurde er 1932 dessen Vorsitzender. Im selben Jahr in den Reichstag gew¨ahlt, organisierte G. nach der nationalsozialistischen Macht¨ubernahme zuerst im Untergrund, dann von Moskau und Paris aus Widerstandsaktionen. 1934 in Deutschland verhaftet, wurde er 1936 zu lebensl¨anglichem Zuchthaus verurteilt. 1944 kam er in das Konzentrationslager Mauthausen, aus dessen Nebenlager Ebensee er im Fr¨uhjahr 1945 befreit wurde. Nach Kriegsende war G. in der Sowjetischen Besatzungszone als Mitglied der Gruppe um Wilhelm → Pieck f¨uhrend am Ausbau der Machtpositionen der KPD

Große und sp¨ater der SED beteiligt. 1949-53 Leiter der Diplomatiˇ schen Mission in der CSR, wurde er 1953 Hauptabteilungsleiter im Außenministerium der DDR. G. war mit Lea → G. verheiratet. C DDR

Grosse, Henning, Buchh¨andler, * 14. 8. 1553 Halberstadt, † 10. 11. 1621 Leipzig. Der Sohn eines Ratsherrn wurde seit 1566 bei Conrad K¨onig in Leipzig zum Buchh¨andler ausgebildet und arbeitete danach weiter f¨ur seinen Lehrherrn. Nach dessen Tod erwarb er 1575 das Unternehmen, wurde 1576 B¨urger der Stadt und heiratete K¨onigs Witwe. Zun¨achst vor allem als Sortimenter t¨atig, betrieb G. nach 1580 immer mehr das Verlagsgesch¨aft und wurde mit allein 938 nachgewiesenen theologischen Werken zu einem der ersten Großverleger seiner Zeit. 1595 gab er den ersten allgemeinen Leipziger Buchmeßkatalog heraus, dem er weitere folgen ließ. Seinem Einfluß ist zu einem großen Teil die Verlagerung des Buchhandelsgesch¨afts von Frankfurt / Main nach Leipzig zuzuschreiben. 1590-92 war G. Ratsherr der Stadt. C LGB

Grosse, Herwart (Willy), Schauspieler, * 17. 4. 1908 Berlin, † 26. 10. 1982 Berlin. Der Sohn eines B¨uroangestellten wurde nach einer kaufm¨annischen Lehre Mitglied eines Sprechchors des Arbeiter-, Turn- und Sportbundes „Fichte“, arbeitete in der kommunistischen Buchgemeinschaft „Universum“, stand in Agitpropgruppen auf der B¨uhne, trat 1932 in die KPD ein und erhielt nach einer Schauspielausbildung 1933 ein Engagement an der Jungen Volksb¨uhne Berlin. 1934-38 geh¨orte er zum Ensemble des Staatstheaters und des Theaters der Jugend, anschließend holte ihn Heinrich → George ans Schillertheater. Nach dem Kriegsdienst spielte er bis zu seinem Tod am Deutschen Theater in Berlin. Seit 1947 wirkte G. in Filmen der DEFA mit, u. a. Der Rat der G¨otter (1950) und Der Fall Gleiwitz (1961). C Cinegraph Grosse, Johann, Buchh¨andler, * 22. 6. 1633 Leipzig, † 13. 12. 1691 Leipzig. Der Enkel des Buchh¨andlers Henning → G. studierte Rechtswissenschaften in Leipzig und Jena und u¨ bernahm 1661 die Gesch¨afte der familieneigenen Buchhandlung. Mit seiner Wahl zum Ratsherrn von Leipzig 1664 begann G.s kom¨ munalpolitische Karriere, die ihm Amter als Stadthauptmann des Halleschen Viertels 1665, Deputierter auf der Stadtwaage 1668, Stadtbaumeister 1681 und Deputierter zur Schloßstube 1683 eintrug. Als seine bedeutendste verlegerische Leistung ist die Begr¨undung der ersten gelehrten Zeitschrift in Deutschland, der „Acta eruditorum“, anzusehen, die er 1682-91 gemeinsam mit Johann Friedrich → Gleditsch vertrieb. C NDB Grosse, Julius (Waldemar), Pseud. Bellarmin, Ottfried von der Ilm, Waldemar Nagel, Schriftsteller, * 25. 4. 1828 Erfurt, † 9. 5. 1902 Torbole / Gardasee. G., Sohn eines Oberlehrers, sp¨ateren Milit¨aroberpredigers und Konsistorialrats, kam 1833 mit seiner Familie nach Magdeburg, brach die Schule ab und ließ sich als Feldmesser ausbilden. Nach kurzer Berufst¨atigkeit holte er in Berlin die Hochschulreife nach und begann 1849 in Halle ein Jurastudium. Er wandte sich der Literatur und dem Theater zu, rezensierte f¨ur den „Hallischen Kurier“ und schrieb das an Shakespeares K¨onigsdramen orientierte Trauerspiel Cola di Rienzi (1851). Durch Erbschaft finanziell unabh¨angig geworden, ging G. 1852 nach M¨unchen, studierte bis 1855 an der Kunstakademie, schloß sich den literarischen Kreisen um Paul → Heyse und Emanuel → Geibel an und entfaltete als epigonaler Lyriker, Prosaautor und Dramatiker sowie als Feuilletonist der „Neuen M¨unchener Zeitung“ und der „Bayerischen Zeitung“ große Produktivit¨at. 1869 wurde G. Generalsekret¨ar der Deutschen Schillerstiftung, mit der er 1890 nach Weimar u¨ bersiedelte. 1892 wurde er zum Prof.,

1896 zum Großherzoglich-S¨achsischen Hofrat ernannt. G.s Lebenserinnerungen Ursachen und Wirkungen erschienen 1896. C NDB

Grosse, Karl (Friedrich August), Pseud. Marquis von Parnusa, Graf Edouard Romeo Vargas, Graf Vargas Bedemar, Schriftsteller, Geologe, * 5. 6. 1768 Magdeburg, † 15. 3. 1847 Kopenhagen. Der Arztsohn nahm 1786 in G¨ottingen das Medizinstudium auf, wechselte 1788 nach Halle, wo er erste popularphilosophische und anthropologische Schriften ver¨offentlichte, und kehrte 1790 nach G¨ottingen zur¨uck. Mit einem Hang zur Hochstapelei gab er sich dort als stolbergischer Hof- und Forstrat, als Malteserritter, als Marquis und Adliger aus. Die folgenden Jahre verbrachte er in milit¨arischen Diensten in Spanien, lebte in Italien und Frankreich, bis er sich 1809 unter dem Namen Graf Vargas Bedemar in Kopenhagen niederließ. Von der d¨anischen Regierung ¨ wurde er mit hohen Amtern betraut, mit dem sp¨ateren K¨onig → Christian VIII. verband ihn eine enge Freundschaft. Als Geologe und Mineraloge wurde G. Mitglied mehrerer naturwissenschaftlicher Gesellschaften. Er ver¨offentlichte neben Schriften zur Milit¨argeschichte, Biologie, Mineralogie und Philosophie Erz¨ahlungen, Novellen und Romane. Nach Intention, Stoff und Erz¨ahlform eher der Trivialliteratur zuzuordnen, nahmen sie, vor allem der von Ludwig → Tieck, E. T. A. → Hoffmann und Wilhelm Heinrich → Wackenroder ger¨uhmte Illuminaten-Roman Der Genius. Aus den Papieren des Marquis C. v. G. (4 Tle., 1790-94; Neuausg. 1982), romantische Motive und Visionen vorweg. C Killy Grosse, Karl, Industrieller, * 22. 5. 1873 Karlsruhe, † 17. 12. 1963 Wissen / Sieg. Nach dem Studium der Maschinenbaukunde in Karlsruhe und Berlin arbeitete G., Sohn eines Kaufmanns, kurzzeitig in N¨urnberg und trat dann als Assistent in die GeorgsMarien-Bergwerks- und H¨uttenverein AG in Osnabr¨uck ein; 1903 wurde er stellvertretender Betriebsdirektor. 1905 wechselte er als technisches Vorstandsmitglied zu den Vereinigten Stahlwerken nach K¨oln-Deutz, deren Generaldirektor er 1917 wurde. 1934-42 f¨uhrte G. als Vorstandsvorsitzender die Betriebsgesellschaft H¨uttenwerke Siegerland AG. Das von ihm 1911 in Wissen / Sieg aufgebaute Weißblechwerk geh¨orte zu den gr¨oßten Feinblechproduzenten Europas. G. war Mitbegr¨under und seit 1930 Vorsitzender des deutschen Feinblechverbandes sowie Vorstandsmitglied der Vereinigung Deutscher Eisenh¨uttenleute. C NDB Große, Lea, geb. Lichter, Redakteurin, Dramaturgin, Parteifunktion¨arin, * 12. 5. 1906 Tschenstochau (Schlesien), † 10. 6. 1997 Berlin. Die Tochter eines Gerbers und Lederh¨andlers war Gymnastiklehrerin in Chemnitz und Leipzig und sp¨ater Arbeiterin in Textilfabriken. Seit 1929 Mitglied der KPD, wurde sie im selben Jahr verhaftet, in Preußen mit Arbeitsverbot belegt und ausgewiesen. Sie ging 1930 nach Moskau, war dort bis 1933 Mitarbeiterin der Kommunistischen Jugendinternationale (KJI) und dann in Berlin Instrukteurin im Zentralkomitee des Kommunistischen Jugendverbands Deutschland. Seit 1934 inhaftiert, wurde G. 1938 nach Polen ausgewiesen, wo sie in einer Fabrik und als Hauslehrerin und seit 1939 im Hauptlazarett des Volkskommissariats f¨ur Inneres NKWD in Lemberg arbeitete. 1940-42 war sie Mitarbeiterin der KJI in Moskau, seit 1941 Redakteurin des Jugendsenders „Sturmvogel“. 1944 wurde sie Sendeleiterin des Senders Freies Deutschland (Moskau), 1945 Redakteurin und 1946 Chefredakteurin beim Landessender Dresden des Mitteldeutschen Rundfunks. 1949-53 lebte G. mit ihrem Ehemann Fritz → G. in Prag. 1953-55 war sie Kaderleiterin des DEFA-Spielfilmstudios, 1955-60 Dramaturgin und 1960-71 Chefredakteurin des Soldatensenders 935. C DDR

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Grosse Grosse, (Justus) Wilhelm, Meteorologe, * 24. 8. 1857 Verden / Aller, † 31. 7. 1935 Bremen. G., Sohn eines Regierungssekret¨ars, studierte 1877-81 in G¨ottingen und T¨ubingen Mathematik und Physik und war dann Gymnasiallehrer in Clausthal, Vegesack und Bremen. ¨ 1885 wurde er in Kiel promoviert (Uber Polarisationsprismen) und 1890 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. 1903 erhielt er den Professorentitel. Seit 1909 leitete er die Landeswetterwarte in Bremen. G., Erfinder des Polarisationsphotometers, ver¨offentlichte u. a. Die gebr¨auchlichen Polarisationsprismen mit besonderer Ber¨ucksichtigung ihrer Anwendung in Photometern (1887), Probleme und Spiele in mathematischer Beleuchtung (1890) und Wetterkunde (1928). C Brem Bio 2 Grosser, Otto, o¨ sterr. Anatom, * 21. 11. 1873 Wien, † 23. 3. 1951 Thumersbach bei Zell am See (Salzburg). Der Sohn eines Architekten studierte in Wien Medizin, wurde 1899 promoviert und habilitierte sich 1902 f¨ur Anatomie und Embryologie. Seit 1907 a. o. Prof., folgte er 1909 einem Ruf als o. Prof. der Anatomie an die Deutsche Univ. in Prag. G.s haupts¨achlich embryologische Forschungen besch¨aftigten sich mit den entwicklungsgeschichtlichen Grundlagen von K¨orpermißbildungen, den Ern¨ahrungswegen von Embryos, Typologien der Plazenta sowie den Berechnungsm¨oglichkeiten von Empf¨angnisterminen. Seine lehrbuchhaften Vorlesungen u¨ ber die topographische Anatomie des Menschen (1950) gelten als grundlegend. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨ort ferner ein Grundriß der Entwicklungsgeschichte des Menschen (1944, 71970). G. war Mitglied mehrerer Akademien, seit 1926 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, Mitglied und Vorsitzender der Gesellschaft der Wissenschaft und K¨unste in Prag sowie zweiter Vorsitzender des Internationalen Embryologischen Instituts in Utrecht. C NDB Grosser, Paul, P¨adiater, * 4. 2. 1880 Berlin, † 7. 2. 1934 Saint-Germain-en-Laye bei Paris. G. studierte in Freiburg / Breisgau, Berlin, M¨unchen und Leipzig Medizin, wurde 1903 mit der Dissertation Ueber den Zusammenhang von Lungentuberkulose und Trauma promoviert und arbeitete seit 1904 an der Physikalisch-Chemischen Abteilung des Pathologischen Instituts der Univ. Berlin, seit 1905 an der Inneren Abteilung des Berliner UrbanKrankenhauses. Nach Stationen am St¨adtischen Waisenhaus Berlin und an der Universit¨ats-Kinderklinik Charit´e sowie an der Kinderabteilung des St¨adtischen Krankenhauses Frankfurt-Sachsenhausen (1908-11) praktizierte G. seit 1911 als niedergelassener Arzt in Frankfurt. 1914-18 nahm er als Stabsarzt am Ersten Weltkrieg teil, habilitierte sich 1919 in Frankfurt f¨ur Kinderheilkunde (Stoffwechseluntersuchungen an Rachitikern) und wurde 1920 Leiter eines St¨adtischen Kinderheimes. Seit 1923 a. o. Prof., wurde G. 1930 leitender Arzt am Clementine-Kinderkrankenhaus, das er zu einer modernen Kinderklinik ausbaute. 1933 wegen seiner j¨udischen Herkunft entlassen, emigrierte er nach Frankreich und begann in Saint-Germain-en-Laye mit der Einrichtung eines Kindersanatoriums. C Seidler Grosser, Samuel, P¨adagoge, Schriftsteller, * 18. 2. 1664 Paschkerwitz (Schlesien), † 24. 6. 1736 G¨orlitz. G. studierte 1683-88 in Leipzig und unterrichtete seit 1690 an der dortigen Nikolaischule. 1691 u¨ bernahm er eine Rektorenstelle in Altenburg, ehe er 1695 Rektor am Gymnasium in G¨orlitz wurde. Als P¨adagoge setzte sich G. vor allem f¨ur den Deutschunterricht und die mathematischen und philosophischen F¨acher ein. Seine landeskundlichen, p¨adagogischen und grammatischen Studien trugen ihm 1712 die Aufnahme in die Preußische Akademie der Wissenschaften ein. G. ver¨offentlichte u. a. eine Vita Christiani Weisii (1710)

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und Historisch-politische und andere Merckw¨urdigkeiten der beyden Marckgrafth¨umer Ober- und Niederlausitz (1714). C BBKL

Großfeld, Johann (Gerhard), Chemiker, * 25. 2. 1889 Bentheim bei Osnabr¨uck, † 3. 6. 1944 M¨unchen. G., Sohn eines Kaufmanns und B¨ackermeisters, studierte in Freiburg, M¨unchen und M¨unster Chemie, wurde 1913 promoviert (Fischsperma und Fischrogen als Nahrungsmittel f¨ur den Menschen) und legte im selben Jahr die Staatspr¨ufung als Nahrungsmittelchemiker ab. 1914-27 war er Lebensmittelchemiker in Recklinghausen, danach Gruppenleiter mit dem Titel eines wissenschaftlichen Rats und Professors an der Staatlichen Nahrungsmitteluntersuchungsanstalt, sp¨ater Reichsanstalt f¨ur Lebensmittel- und Arzneimittelchemie in Berlin. Durch Beitr¨age zur Verfeinerung der Analysemethoden, vor allem in seinem Spezialgebiet der ¨ machte er sich um die Verbesserung der staatFette und Ole, lichen Lebensmittelkontrolle in Deutschland verdient. G. ver¨offentlichte u. a. Zusammensetzung der tierischen Nahrungs- und Genussmittel (1919), Chemie der menschlichen Nahrungs- und Genussmittel (1923), Anleitung zur Untersuchung der Lebensmittel (1927) und Handbuch der Eierkunde (1938) und war Mitherausgeber des Handbuchs der Lebensmittelchemie (Bd. 4-9, 1939-42). C NDB

Großgebauer, Theophil, evang. Theologe, * 24. 11. 1627 Ilmenau (Th¨uringen), † 8. 7. 1661 Rostock. Der B¨urgermeisterssohn studierte seit 1648 in Rostock Theologie und wurde 1650 zum Magister artium promoviert sowie in die Theologische Fakult¨at aufgenommen. Er las und disputierte vor allem u¨ ber die hebr¨aische Sprache und die rabbinischen Kommentare zum Alten Testament. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit betreute er als Diakonus die Pfarrgemeinde St. Jacobi. In zahlreichen Schriften (u. a. W¨achterstimme aus dem verw¨usteten Zion [. . .], 1661; Praeservatif wider die Pest des heutigen Atheismus, 1661) trat G. f¨ur eine auf die fromme Praxis gerichtete Reform der lutherisch-orthodoxen Kirche ein und nahm Forderungen des ¨ Pietismus vorweg. Durch Ubersetzungen, etwa von Joseph Halls Schrift The olde Religion, verhalf er anglikanischen und puritanischen Vorstellungen zur Rezeption in Deutschland. C Mecklenburg, Bd 1 Großheim, Karl von, Architekt, * 15. 8. 1841 L¨ubeck, † 5. 2. 1911 Berlin. Nach einer Lehre als Zimmermann arbeitete G. als Bauf¨uhrer und Zeichner in Altona, bevor er 1861-67 an der Bauakademie in Berlin studierte. Als Angestellter in einem Atelier und auf einer Studienreise durch Italien vertiefte er seine Kenntnisse und gr¨undete 1872 gemeinsam mit Heinrich → Kayser ein Atelier f¨ur Architektur und Kunstindustrie. Vor allem in Berlin errichteten sie einige Villen und zahlreiche o¨ ffentliche Bauten sowie monumentale Gesch¨aftsh¨auser. Die im Sinn des Historismus stilistisch an Renaissance, Barock und Klassizismus orientierten Geb¨aude zeichneten sich durch handwerkliche Solidit¨at und den Reichtum der verwendeten Materialien aus. G. war seit 1880 Mitglied, 1910 / 11 Pr¨asident der Berliner Akademie der K¨unste. C Th-B Großheim, Karl E., Milit¨ararzt, * 11. 8. 1843 Sch¨onlanke bei Bromberg, † 27. 8. 1917 Berlin. G. studierte am Friedrich-Wilhelm-Institut in Berlin Medizin, wurde 1866 promoviert (De globorum sclopetariorum in ossibus incapsulatione) und trat im selben Jahr als Unterarzt in die Charit´e ein. Seit 1867 assistierte er als Milit¨ararzt, nahm am Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 teil und wurde 1872 Stabsarzt an der Kaiser-Wilhelm-Akademie in Berlin. Seit 1874 Hilfsreferent der Medizinalabteilung im Kriegsministerium, wurde er 1889 Generalarzt und war

Großmann 1897-1904 Korpsgeneralarzt, seit 1898 im Rang eines Generalmajors. G. ver¨offentlichte u. a. Der Verwundetentransport bei der Armee (1915).

Großhut, Friedrich Sally, Schriftsteller, * 16. 7. 1906 Wiesbaden, † 7. 10. 1969 North Bergen (New York). Der Sohn eines polnischen Antiquit¨atenh¨andlers studierte 1925-29 in Frankfurt / Main Rechtswissenschaften, wurde 1932 promoviert und emigrierte 1933 nach Pal¨astina. Dort gr¨undete er 1936 mit seiner Frau ein deutsches Buchantiquariat, das bald literarisches Zentrum f¨ur deutschj¨udische Schriftsteller wie Arnold → Zweig, Else → Lasker-Sch¨uler und Max → Brod wurde. 1941 / 42 gab G. mit Arnold Zweig die Zeitschrift „Orient“ heraus. 1948 arbeitete er als Journalist in Schweden, bevor er sich 1949 endg¨ultig in New York niederließ, wo er im Handtaschen- und Schmuckgesch¨aft seiner Frau mitarbeitete. G. schrieb historische Novellen und Romane wie Standarte BG (2 Bde., 1947) sowie Staatsnot, Recht und Gewalt (1962). C Spalek 2,1

Grossi, Ernst von, Pathologe, * 21. 7. 1782 Passau, † 29. 12. 1829 M¨unchen. Mit sechzehn Jahren begann G. in Wien Medizin zu studieren. Nach der Promotion 1801 praktizierte er zwei Jahre am Krankenhaus seiner Heimatstadt, unternahm eine Studienreise nach Halle, Berlin und Paris und wurde 1806 ¨ als o. Prof. nach Salzburg berufen. Mit der Ubergabe der Stadt in o¨ sterr. Herrschaft als Universit¨atslehrer entlassen, ging er 1808 als Prof. der Therapie an die MedizinischChirurgische Schule in M¨unchen. Als 1826 die Univ. von Landshut nach M¨unchen verlegt wurde, u¨ bernahm G. den Lehrstuhl f¨ur allgemeine Pathologie und Semiotik. Gegen die naturphilosophischen Spekulationen seiner Zeit ver¨offentlichte er 1811 seinen Versuch einer allgemeinen Krankheitslehre, entworfen vom Standpunkte der Naturgeschichte (2 Bde.). Sch¨uler ver¨offentlichten 1831 seinen Nachlaß als ¨ 1 C Arzte Opera medica posthuma (3 Bde.).

Großjohann, Christoph (Hartwig), Ingenieur, * 16. 4. 1882 Halle (Westfalen), † 12. 9. 1953 D¨usseldorf. Der Sohn eines Musikers und Orgelbauers studierte Wasserund Straßenbau an der TH Hannover und erhielt nach dem Eintritt in den Staatsdienst eine Ausbildung zum Regierungsbaumeister. Seit 1909 befaßte er sich bei den Stadtverwaltungen Frankfurt / Main und Krefeld mit Hafenbau und anderen Tiefbauplanungen. 1919 wechselte er, erst als Vorstand des Landesstraßenbauamtes Krefeld, sp¨ater als Dezernent und Leiter der Provinzial-Straßenbauverwaltung in D¨usseldorf, in den Verwaltungsdienst der Rheinprovinz. Als Mitglied der Studiengesellschaft f¨ur Automobilstraßenbau und der sp¨ateren Forschungsgesellschaft f¨ur das Straßenwesen erwarb sich G. große Verdienste um die Schaffung des modernen Verkehrsstraßennetzes in Deutschland, insbesondere auf dem Gebiet des Fahrbahndeckenbaus, des Straßenquerschnitts und der Belagmaterialien. Am Bau der ersten europ¨aischen Autobahn von K¨oln nach Bonn hatte er maßgeblichen Anteil. C NDB Großkopf, Marco, Komponist, Intendant, * 10. 7. 1877 Paks (Ungarn), † n. e. G. studierte bei Anton → Urspruch und Max → Schwarz in Frankfurt / Main Komposition und Klavier. 1897 wurde er Korrepetitor an der Frankfurter Oper, 1898 Opernkapellmeister in Duisburg. Es folgten Stationen als Kapellmeister, Musikdirektor, Konzertdirektor und Dirigent in Colmar, Wiesbaden, Temesv´ar, Mainz, Berlin und Wien. 1925 wurde er Intendant des Neuen Operntheaters Leipzig, 1928 der Komischen Oper Berlin. G. komponierte Lieder, Ch¨ore und Klavierst¨ucke.

Großkopf, Richard, Politiker, Beamter, * 1. 5. 1897 Berlin, † 16. 3. 1977 Berlin. G., Sohn eines Tischlers, erhielt eine Ausbildung zum Kartographen, trat 1912 der Sozialistischen Arbeiterjugend und 1916 der SPD bei, wechselte zur USPD und nahm als Mitglied des Spartakusbundes an der Novemberrevolution teil. Seit 1920 war er als Mitarbeiter des Zentralkomitees und des Nachrichtendienstes der KPD zust¨andig f¨ur Paßf¨alschungen. G. wurde 1933 verhaftet, 1935 vom Volksgerichtshof zu neun Jahren Haft verurteilt und 1942-45 im Konzentrationslager Buchenwald interniert. Nach dem Krieg ging er zun¨achst als Leiter der Personalabteilung der Kriminalpolizei ins Polizeipr¨asidium Berlin, leitete seit 1949 die Abteilung Paß- und Meldewesen im Volkspolizeipr¨asidium Berlin und war seit 1951 als Oberst des Ministeriums f¨ur Staatssicherheit mit der „Herstellung operativer Dokumente“ befaßt. 1961 trat G. als Oberstleutnant in den Ruhestand. C DDR

Großmann, Christian (Gottlob Leberecht), luth. Theologe, * 9. 11. 1783 Prießnitz bei Naumburg / Saale, † 29. 6. 1857 Leipzig. Der Pfarrerssohn studierte Theologie in Jena. Nach Jahren als Adjunkt seines Vater und als Pfarrer in Gr¨obitz bei Naumburg war er 1822 Lehrer und Diakon in Schulpforta und ging im folgenden Jahr als Generalsuperintendent nach Altenburg. 1829 wurde er Pfarrer an der Thomaskirche, Superintendent, Konsistorialassessor und Prof. der Theologie in Leipzig. Als Kirchenpolitiker engagierte sich G. vor allem f¨ur die Einf¨uhrung der Synodalverfassung in Sachsen. Seit 1833 Mitglied des s¨achsischen Landtags, wirkte er an der Schulgesetzgebung mit, bek¨ampfte die Todesstrafe und bef¨urwortete religi¨ose Mischehen. G. ver¨offentlichte u. a. Die kirchliche Bewegung der Gegenwart als Zeichen der Zeit f¨ur die evangelische Kirche (1845). Von nachhaltiger Bedeutung war seine Gr¨undung des Gustav-Adolf-Vereins, eines Diasporahilfswerks f¨ur evang. Gemeinden im Jahre 1842. C NDB

Grossmann, Ernst (August Friedrich Wilhelm), Astronom, * 16. 2. 1863 Rotenburg bei Hannover, † 17. 3. 1933 M¨unchen. Der Sohn eines Landwirts studierte in G¨ottingen, M¨unchen und Halle Astronomie und wurde 1892 promoviert (Untersuchung u¨ ber systematische Fehler bei Doppelsternbeobachtungen). Danach arbeitete er als Assistent an den Sternwarten G¨ottingen, Wien, Leipzig und Kiel. 1907 wurde G. Observator an der Sternwarte M¨unchen, die er seit 1919 als Hauptobservator leitete. 1902 in Kiel habilitiert, war er seit 1910 a. o. Prof. und seit 1925 o. Prof. an der Univ. M¨unchen. G. erfand einen selbstschreibenden Ableseapparat und ver¨offentlichte u. a. Die Polh¨ohe der Leipziger Sternwarte (1912), Parallaxenbestimmung an dem Meridiankreise der Sternwarte M¨unchen (1917) und Untersuchungen u¨ ber die astronomische Refraktion (1917). C Poggendorff 5

Großmann, Ferdinand, o¨ sterr. Chorleiter, Komponist, * 4. 7. 1887 Tulln (Nieder¨osterreich), † 5. 12. 1970 Wien. Nach seiner Ausbildung als S¨angerknabe im Domchor in Linz arbeitete G. als Gesangslehrer an verschiedenen ober¨osterreichischen Gymnasien und ließ sich 1919 / 20 an der Wiener Musikakademie bei Ludwig → Kaiser zum Dirigenten ausbilden. Als Gr¨under und Leiter des Wiener Volkskonservatoriums sowie als Konzertdirektor, Chormeister und Dirigent verschiedener Wiener Ch¨ore war er einer der bedeutendsten o¨ sterr. Gesangsp¨adagogen seiner Zeit. Seit 1933 unterrichtete er an der Wiener Musikhochschule und leitete 1938-45 und 1956-68 den Chor der Wiener S¨angerknaben. 1952 wurde er o. Prof. an der Wiener Musikakademie. G. komponierte Ch¨ore, Lieder, Sonaten und eine Symphonie. C Czeike

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Großmann Großmann, Gustav, Physiker, * 10. 8. 1878 Budapest, † 16. 1. 1957 Budapest. G., Sohn eines Arztes, studierte in Budapest und an der ETH Z¨urich Maschinenbau, legte 1900 die Diplompr¨ufung ¨ ab und wurde 1903 an der Univ. Z¨urich promoviert (Uber das elektrische und thermische Leitungsverm¨ogen einiger Kupfer-Zinn-Legierungen). Nach Jahren als LaboratoriumsIngenieur bei verschiedenen elektrotechnischen Firmen (u. a. AEG) begann er 1911 bei der Siemens & Halske AG in Berlin mit der technischen Entwicklung und dem Betrieb von R¨ontgeninstallationen und anderen elektromedizinischen Ger¨aten. Seit 1919 Leiter der Elektromedizinischen Abteilung, verhalf er dem Haus Siemens bis zu seinem freiwilligen Ausscheiden aus dem inzwischen fusionierten Unternehmen zur dominierenden Stellung in diesem Marktsegment. Die unter ihm entwickelten Ger¨ate machten die R¨ontgenmedizin durch techniche Verbesserungen, Hochspannungssicherheit und verbesserte Dosimetrie zu einem diagnostisch, therapeutisch und sicherheitstechnisch sinnvollen medizinischen Instrument. Bis 1942 arbeitete G. als freier Wissenschaftler, dann kehrte er nach Budapest zur¨uck und war in verschiedenen technischen Organisationen t¨atig. G. konstruierte den ersten Tomographen f¨ur R¨ontgen-Schichtaufnahmen. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨ort Physikalische und technische Grundlagen der R¨ontgentherapie (1925). C NDB

Großmann, Gustav Friedrich Wilhelm, Schauspieler, Theaterleiter, Dramatiker, * 30. 11. 1743 Berlin, † 20. 5. 1796 Hannover. Nach dem Jurastudium wurde der aus kleinb¨urgerlichen Verh¨altnissen stammende G., Sohn eines Schreib- und Rechenmeisters, 1767 preuß. Legationsrat in Danzig, trat aber 1772 von dem Amt zur¨uck, um sich in Berlin unter dem Einfluß von Karl Theophil → Doebbelin ganz dem Theater zu widmen. Er schrieb Rezensionen und eigene St¨ucke, gab Zeitschriften heraus und wurde 1774 Schauspieler bei der Wandergruppe des Abel → Seyler. 1778 wurde er Theaterdirektor in Bonn, gr¨undete sp¨ater eine eigene B¨uhne in Frankfurt / Main, machte sich bald einen Namen und erhielt in verschiedenen St¨adten zum Teil mehrj¨ahrige Auff¨uhrungsprivilegien. Die Urauff¨uhrungen von → Schillers Dramen Fiesco in Bonn (1783) und Kabale und Liebe in Frankfurt / Main (1784) brachten ihm die lebenslange Wertsch¨atzung des Autors ein. 1787-96 Direktor in Hannover und seit 1792 in Bremen, riskierte er w¨ahrend der neunziger Jahre im Kampf f¨ur die Ideen der Franz¨osischen Revolution den Konflikt mit den Beh¨orden und starb schließlich an den Folgen einer kurzzeitigen Haftstrafe. G. f¨orderte das zeitgen¨ossische Sturm-undDrang-Drama und → Lessings St¨ucke. Seine eigenen St¨ucke, u. a. Nicht mehr als sechs Sch¨usseln (Urauff¨uhrung 1780), waren meist b¨urgerlich-empfindsame Familiendramen von starker B¨uhnenwirksamkeit. C Killy

Grossmann, Henryk, Volkswirtschaftler, * 14. 4. 1881 Krakau, † 24. 11. 1950 Leipzig. Der aus einer Industriellenfamilie stammende G. stu¨ dierte Rechtswissenschaften, Politische Okonomie und Wirtschaftsgeschichte in Krakau und Wien, wurde 1908 zum Dr. jur. promoviert und erwarb sp¨ater die Zulassung zum Landesgericht Wien. Als Artillerieleutnant im o¨ sterreichischungarischen Heer nahm er am Ersten Weltkrieg teil. 1920 kehrte er als Ministerialrat nach Polen zur¨uck, war seit 1922 Prof. der Wirtschaftspolitik an der Freien Univ. Warschau, wechselte 1925 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Institut f¨ur Sozialforschung in Frankfurt / Main und habilitierte sich 1927 mit seiner bereits 1914 ver¨offentlichten Monogra¨ phie Osterreichs Handelspolitik mit Bezug auf Galizien in der Reformperiode von 1772-1792 f¨ur Volkswirtschaftslehre an der Univ. Frankfurt / Main. Seit 1930 a. o. Prof., emigrierte

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er 1933 u¨ ber Paris und London nach New York und schloß sich dem dorthin u¨ bergesiedelten Institut f¨ur Sozialforschung an. 1949 kehrte er nach Deutschland zur¨uck und wurde ¨ o. Prof. f¨ur Politische Okonomie an der Univ. Leipzig. Als einer der bedeutendsten marxistischen National¨okonomen seiner Zeit ver¨offentlichte G. u. a. Das Akkumulations- und Zusammenbruchsgesetz des kapitalistischen Systems. (1929) und Marx, die klassische National¨okonomie und das Problem der Dynamik (postum 1969). C NDB

Großmann, Hermann, Chemiker, * 17. 9. 1877 Berlin, † n. e. G. studierte in M¨unchen, Berlin und Erlangen Chemie, wurde 1899 promoviert und nahm 1900 eine Assistentenstelle am Chemischen Institut der Univ. M¨unster an. 1906 habilitierte er sich in Berlin und wurde 1913 Titularprofessor, 1921 a. o. Professor. 1933 wegen seiner j¨udischen Herkunft entlassen, emigrierte er in den Iran und war seit 1934 Prof. an der Univ. Teheran. G. arbeitete vor allem u¨ ber analytische und anorganische Chemie sowie u¨ ber die wirtschaftliche Bedeutung von Chemietechnologie und Chemieindustrie. Er ver¨offentlichte u. a. Neue analytische Trennungsmethoden des Nickels vom Kobalt, Zink und Eisen (1907), Die Bedeutung der chemischen Technik f¨ur das deutsche Wirtschaftsleben (1907), Die synthetischen Edelsteine. Ihre Geschichte, Herstellung und Eigenschaften (mit Albert Neuburger, 1910) und Krieg und chemische Industrie (1915) und war Mitherausgeber von Englands Handelskrieg und die chemische Industrie (3 Bde., 1915-19, mit Albert → Hesse und Walter Adolf Roth) und Chemische Technologie der Neuzeit (1932 / 33, mit Franz Peters). C BHdE, Bd 1

Großmann, (Karl) Julius (Franz), Archivar, * 2. 3. 1845 Chmiellowitz (?), † 28. 9. 1910 Luckenwalde. Das Studium der Geschichte schloß G. 1869 mit der Promotion an der Univ. Breslau ab und wurde 1873 Archivsekret¨ar am Preußischen Hausarchiv. Seit 1874 Archivar am Geheimen Staatsarchiv Berlin, kehrte er 1876 zum Preußischen Hausarchiv zur¨uck und wurde Archivrat, 1896 Geheimer Archivrat. G. ver¨offentlichte u. a. die Monumenta Zolleriana (8 Bde., 1890) und eine Genealogie des Gesamthauses Hohenzollern (1905, mit Ernst Berner und Georg Schuster).

Grossmann, Kurt (Richard), Pseud. Hermann Walter, Felix Burger, Kurt Randloff, Kay R. Gilbert, Kurt R. Gilbert-Grossmann, Publizist, * 21. 5. 1897 Berlin, † 2. 3. 1972 St. Petersburg (Florida, USA). Nach einer kaufm¨annischen Lehre, der Teilnahme am Ersten Weltkrieg und mehreren T¨atigkeiten in der Wirtschaft wurde G., Sohn eines Kaufmanns, 1926 Generalsekret¨ar der Deutschen Liga f¨ur Menschenrechte. G., der seit 1920 der SPD angeh¨orte, publizierte Beitr¨age in in- und ausl¨andischen Zeitungen (u. a. „Vorw¨arts“, „Vossische Zeitung“) und trat als u¨ berzeugter Demokrat f¨ur die Weimarer Republik ein. 1933 fl¨uchtete er nach Prag, leitete die „Demokratische Fl¨uchtlingsf¨ursorge“, gab den „Deutschen Informationsdienst“ heraus und emigrierte 1938 nach Paris, 1939 in die USA. Seit 1943 Mitglied des J¨udischen Weltkongresses, widmete er sich bis Kriegsende der europ¨aischen Fl¨uchtlingsproblematik, danach der deutsch-j¨udischen Auss¨ohnung, und war 1952-65 als Experte der amerikanischen Sektion der Jewish Agency in Wiedergutmachungsfragen t¨atig. G. ver¨offentlichte u. a. Juden in brauner H¨olle (1933), Ossietzky. Ein deutscher Patriot (1963) und Emigration. Geschichte der HitlerFl¨uchtlinge 1933-1945 (1969). Als Korrespondent war er u. a. f¨ur den „Neuen Vorw¨arts“ und den „Rheinischen Merkur“ t¨atig. C Spalek 3,1

Grossmann Großmann, Louis Adolf, Meteorologe, * 24. 9. 1855 Brooklyn (New York), † 9. 2. 1917 Hamburg. G., Sohn eines Fabrikanten, wuchs im schlesischen Gr¨unberg auf, studierte in Breslau und Berlin Mathematik, Physik und Astronomie und wurde 1880 in Breslau mit der Arbeit Theorie der numerischen Berechnung der Constanten der inneren und a¨ usseren Reibung von Gasen und Fl¨ussigkeiten mittelst schwingender Scheiben; nebst experimenteller Untersuchung der a¨ usseren Reibung zwischen Wasser und Quecksilber promoviert. Danach sechs Jahre Assistent an der Forstakademie Eberswalde, wurde er 1886 Hilfsarbeiter an der Deutschen Seewarte in Hamburg und u¨ bernahm dort 1901 eine Assistenz. 1904 erhielt G. den Professorentitel und wurde 1907 Abteilungsvorstand f¨ur Wettertelegraphie, K¨ustenmeteorologie und Sturmwarnungswesen. G. leistete meteorologische Grundlagenforschung, f¨uhrte statistische Erhebungen zu Klima und Wetter an der deutschen K¨uste durch und bem¨uhte sich um fundierte wissenschaftliche Verfahren f¨ur die Wetterprognose. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Die meteorologischen Divisionstafeln (1887). G. war der Vater von Hans → GroßmannDoerth. C NDB

Grossmann, Ludwig, o¨ sterr. Mathematiker, * 14. 3. 1854 Leitomischl (B¨ohmen), † 20. 4. 1927 Wien. G. studierte Mathematik und Physik in Wien, wurde 1878 promoviert und gr¨undete im selben Jahr die „Mathematischphysikalische Zeitschrift“. Seit 1885 erarbeitete er in seinem „Ersten Wiener Mathematischen B¨uro“ statistische Hilfestellungen f¨ur die Wirtschaft. G. ver¨offentlichte u. a. ein Kompendium der praktischen Volkswirtschaft und ihrer mathematischen Disziplinen (6 Tle., 1892-1903) und Allgemeine Integration der Differentialgleichungen h¨oherer Ordnung (1889) ¨ und gab das Journal f¨ur politische Okonomie „Controle“ heraus. Von großer Bedeutung f¨ur die Versicherungswirtschaft war die von ihm eingef¨uhrte mathematische Kurve der wahrscheinlichen Lebensdauer.

Großmann, Marcel (Hans), Mathematiker, * 9. 4. 1878 Budapest, † 7. 9. 1936 Z¨urich. Der Kaufmannssohn studierte in Z¨urich Mathematik und ¨ unterrichtete nach der Promotion (1902, Uber die metrischen Eigenschaften kollinearer Gebilde) an der Kantonsschule Frauenfeld und an der Realschule Basel. Seit 1905 Privatdozent an der Univ. Basel, wurde er 1907 als o. Prof. der darstellenden Geometrie und Geometrie der Lage an die ETH Z¨urich berufen. G., der 1910 Mitbegr¨under und 1916 / 17 Pr¨asident der Schweizerischen Mathematischen Gesellschaft war, arbeitete vor allem auf dem Gebiet der nichteuklidischen Geometrie und formulierte die mathematischen Grundlagen zu Albert → Einsteins Allgemeiner Relativit¨atstheorie. Er gab die von ihm mitbegr¨undete „Neue Schweizer Zeitung“ heraus und erwarb sich Verdienste um die Reform des schweizer. Mittelschulunterrichts und die Neuorganisation des Hochschulunterrichts. Er ver¨offentlichte u. a. Ueber die metrischen Eigenschaften kollinearer Gebilde (1902), Entwurf einer verallgemeinerten Relativit¨atstheorie und einer Theorie der Gravitation. 2. mathematischer Teil (1913, 1. physikalischer Teil von Albert Einstein), Darstellende Geometrie f¨ur Maschineningenieure (1927), Fernparallelismus? Richtigstellung der gew¨ahlten Grundlage f¨ur eine einheitliche Feldtheorie (1931) und Darstellende Geometrie (1932). C NDB

Grossmann, Michael, o¨ sterr. Laryngologe, * 13. 12. 1848 Alm´as (Slowakei), † 23. 2. 1927 Wien. G. studierte Medizin in Wien, wurde 1871 promoviert und assistierte bis 1873 am Allgemeinen Krankenhaus. In den folgenden Jahren spezialisierte er sich auf Laryngologie,

arbeitete daneben als Chirurg und betrieb embryologischhistologische Studien. 1891 habilitierte sich G. f¨ur Laryngologie in Wien und wurde 1903 zum a. o. Prof. ernannt. Er arbeitete insbesondere u¨ ber die Mechanik des Kehlkopfs und den Pathomechanismus des Lungen¨odems. Seit 1873 Bahnarzt bei der Nordwestbahn, machte sich G. um die Eisenbahnhygiene und die Einrichtung eines EisenbahnSanit¨atsdienstes zur Bek¨ampfung von Seuchengefahren im Personenverkehr verdient. G. war Mitbegr¨under der Wiener Laryngologischen Gesellschaft. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨ort ein Beitrag zur Erkl¨arung des Herztodes nach C Czeike Exstirpation des Larynx (1892).

Großmann, (Carl) Moritz, Fabrikant, * 27. 3. 1826 Dresden, † 23. 1. 1886 Leipzig. Der Sohn eines Briefsortierers beim Hauptpostamt in Dresden konnte durch ein Stipendium die Polytechnische Schule in Dresden besuchen und machte eine Uhrmacherlehre. 1846 begann er eine mehrj¨ahrige Studienreise, die ihn durch Deutschland, D¨anemark, Schweden, Frankreich und England f¨uhrte. 1854 ließ sich G. in Glash¨utte nieder und machte sich dort 1855 als Uhrenfabrikant selbst¨andig. Durch seine werkzeugtechnischen Verbesserungen, theoretischen Ver¨offentlichungen und Fach¨ubersetzungen sowie die von ihm gegr¨undete Deutsche Uhrmacherschule wurde Glash¨utte zum Zentrum des deutschen Uhrenbaus. G. publizierte u. a. Der freie Ankergang (1892). C NDB

Grossmann, Rudolf → Ramus, Pierre Großmann, Rudolf (Wilhelm Walter), Maler, Radierer, Essayist, * 25. 1. 1882 Freiburg / Breisgau, † 5. 12. 1941 Freiburg / Breisgau. Das Studium der Medizin und Philosophie in M¨unchen brach G., Sohn eines praktischen Arztes und einer Malerin, 1904 nach vier Semestern ab, die Aufnahmepr¨ufung an den Kunstakademien D¨usseldorf und Karlsruhe bestand er nicht. 1905 ging er nach Paris, verkehrte dort in der K¨unstlergruppe des Caf´e du Dˆome und reiste, nach einem kurzen Aufenthalt in Berlin, durch Europa. Die Zeit des Ersten Weltkriegs verbrachte G. vor allem in Bayern. Nach 1920 lebte er zwei Jahre in Italien, bevor er sich 1924 in Berlin niederließ und 1928 einen Lehrauftrag mit Professorentitel an der Staatlichen Kunstschule erhielt. Mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft aus politischen Gr¨unden entlassen, kehrte er 1934 in seine Heimatstadt zur¨uck. G. schuf Landschaften, Radierungen und vor allem Bildniszeichnungen. Er portr¨atierte prominente Zeitgenossen (u. a. Lovis → Corinth, Bruno → Cassirer) und schuf zahlreiche Buchillustrationen und graphische Folgen. 1922 erschien seine Autobiographie Manege des Lebens. C Bad Bio N.F., Bd 4

Grossmann, Rudolf, Romanist, * 1. 7. 1892 Rosario (Argentinien), † 19. 2. 1980 Hamburg. Der Kaufmannssohn wuchs in Argentinien auf, u¨ bersiedelte 1906 mit seinen Eltern nach Hamburg und studierte 1910-17 in Marburg, M¨unchen und Leipzig Romanistik. Seit 1924 lehrte er in Hamburg als Privatdozent f¨ur romanische Sprachen und Literaturen, wurde 1932 a. o. Prof. und erhielt 1946 den neuerrichteten Lehrstuhl f¨ur Hispanistik. Er war Pr¨asident des Instituts f¨ur Ibero-Amerika-Kunde. G. machte sich besonders verdient um den Ausbau der kulturellen Beziehungen zwischen S¨udamerika und Deutschland. Er war u. a. Herausgeber der Zeitschriften „Iberica“ (1927-33), „Ibero-amerikanische Rundschau“ (1936-44) und des „Romanistischen Jahrbuchs“ (seit 1947). G. verfaßte mit Rudolf Jan Slab´y das W¨orterbuch der spanischen und deutschen ¨ Sprache (2 Bde., 1932-37, 121970), f¨orderte Ubersetzungen aus dem Spanischen und u¨ bertrug selbst drei B¨ande spa-

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Großmann nischer Lyrik (Spanische Gedichte aus acht Jahrhunderten, 1947-60). Grundlegend ist sein Werk Geschichte und Probleme der lateinamerikanischen Literatur (1969). C Munzinger

Großmann, Stefan, Pseud. Thomas Wehrlin, Oblomow der J¨ungere, Gabriel Gram, o¨ sterr. Journalist, Schriftsteller, * 18. 5. 1875 Wien, † 13. 1. 1935 Wien. Mit 17 Jahren verließ G., Sohn eines Kaufmanns, die Schule, lebte in Paris, Berlin und Br¨ussel und wurde 1897 Redakteur der „Wiener Rundschau“. Sp¨ater arbeitete er f¨ur die „Schaub¨uhne“, die „Zukunft“ und die „Arbeiter-Zeitung“. 1906 gr¨undete G. die „Freie Wiener Volksb¨uhne“, deren k¨unstlerischer Leiter er wurde. 1914-19 war er in Berlin Redakteur der „Vossischen Zeitung“, f¨ur die er bis 1933 Beitr¨age verfaßte. 1920 gr¨undete er die Wochenschrift „Das Tage-Buch“, die er sp¨ater mit Leopold → Schwarzschild herausgab. 1923 rief er ebenfalls mit Schwarzschild die linksdemokratische Zeitung „Der Montag-Morgen“ ins Le¨ ben. G. schrieb Sozialreportagen (u. a. Osterreichische Strafanstalten, 1905), Dramen und Novellen (gesammelt u. a. in Die Treue, 1901; Die Gasse, 1904; Herzliche Gr¨uße, 1909). Der Vorleser der Kaiserin (1914, gedruckt 1918) gilt als erste deutsche Antikriegsnovelle. Nach dem Ersten Weltkrieg ver¨offentlichte er Schl¨usselromane u¨ ber die Wiener Sozialdemokratie (Die Partei, 1919) und den Journalismus seiner Zeit sowie die als Zeitzeugnis bedeutende Autobiographie Ich war begeistert (1930, Nachdr. 1979). C Killy

Großmann-Doerth, Hans (Gustav), Jurist, * 9. 9. 1894 Altona (heute zu Hamburg), † 5. 3. 1944 K¨onigsberg. Der Sohn Louis Adolf → Großmanns studierte Rechtswissenschaften und spezialisierte sich nach anf¨anglichem Interesse an strafrechtlichen Problemen auf Zivil- und Handelsrecht. 1928 habilitierte er sich in Hamburg mit einer Ar¨ beit u¨ ber Das Recht des Uberseekaufs (1930). Zwei Jahre sp¨ater wurde er a. o. Prof. an der Deutschen Univ. in Prag, 1933 o. Prof. in Freiburg / Breisgau. Von Bedeutung sind seine Vorstellungen vom sich selbst nach Kriterien wie Wirtschaftsmacht und sozialem Druck schaffenden Wirtschaftsrecht, das so in seiner Tendenz die gesellschaftliche Akzeptanz und den Gerechtigkeitsgehalt des Privatrechts zunehmend unterminiere. Er ver¨offentlichte u. a. Selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft und staatliches Recht (1933) und Die Rechtsfolgen vertragswidriger Andienung (1934). G.D. wurde 1944 als Regimentskommandeur im Osten t¨odlich verwundet. C NDB

Großschedel, Wolfgang, Plattner, * um 1490, † 1562 Landshut. G.s Name deutet auf seine bayerische Herkunft hin. Es ist sicher, daß er, Sohn eines Plattners, 1517 / 18 in der Hofplattnerei des englischen K¨onigs Heinrich VIII. in Greenwich gearbeitet hat. Sp¨ater ging er nach Landshut, erwarb dort 1521 das B¨urgerrecht und brachte es in der Folgezeit zu Wohlstand und zum Besitz eines Hauses in der Neustadt. G. gilt als einer der bedeutendsten deutschen Harnischmacher des 16. Jahrhunderts. G.s Arbeiten aus den f¨unfziger Jahren gelten als große Zeugnisse manieristischer Plattnerkunst. C NDB

Grosz, August (Ignatz), o¨ sterr. Maler, * 17. 7. 1847 Wien, † 15. 8. 1917 Wien. Nach abgebrochenem Studium der Naturwissenschaften wandte sich G. als Sch¨uler von Albert → Zimmermann und Eduard → Peithner von Lichtenfels an der Wiener Kunstakademie der Malerei zu. Er wurde mit der goldenen F¨ugerMedaille ausgezeichnet und unternahm Studienreisen durch Deutschland, Italien, Frankreich und Afrika. Seit 1872 war er vornehmlich mit Landschaftsmotiven und Radierungen auf

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Wiener Ausstellungen vertreten. Zu seinen Werken z¨ahlen Kaffern-Kraal, Dorf der Niam-Niam und Abend in Chioggia. C Th-B

Grosz, George, eigentl. Georg Ehrenfried Gross, Maler, Graphiker, Schriftsteller, * 26. 7. 1893 Berlin, † 6. 7. 1959 Berlin. G. wurde als Sohn eines Gastwirts geboren und wuchs in Stolp (Pommern) und in Berlin auf. 1909-11 studierte er an der Kgl. Akademie der Bildenden K¨unste in Dresden (u. a. bei Richard → M¨uller), seit 1912 an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums in Berlin, wo er Sch¨uler Emil → Orliks war. W¨ahrend eines mehrmonaten Aufenthalts in Paris 1913 besuchte er die Malschule Filippo Colarossis. G., der sich 1914 als Kriegsfreiwilliger meldete, wurde im Mai 1917 als „dauernd dienstunbrauchbar“ aus dem Heer entlassen. Die Ersch¨utterung, die der Krieg brachte, a¨ nderte sein Selbstverst¨andnis als K¨unstler: Kunst sollte opponierenden Charakter haben – „Brutalit¨at. Klarheit, die wehtut!“ Zu den u. a. seit 1910 im „Ulk“ und seit 1913 in den „Lustigen Bl¨attern“ erschienenen Zeichnungen und den Gem¨alden, die thematisch um Zirkus und Vari´et´e, Mord und Verbrechen kreisten, kamen Werke, die in direkter, oft drastischplakativer Bildsprache das Elend der Menschen im Krieg sowie das Leben in der Großstadt als Krawall der Irren (1915 / 16), aber auch als Pand¨amonium (1915 / 16) darstellen. Weitere wichtige Gem¨alde jener Zeit waren Deutschland, ein Winterm¨archen (1917 / 18) und Widmung an Oskar Panizza (1917 / 18). G.s in Zeitschriften wie „Die Aktion“ und „Neue Jugend“ ver¨offentlichten Gedichte (Gedichte und Ges¨ange [1916-1917], 1932) entsprachen in ihren realistischen und vision¨aren Formen in vielem seinen Zeichnungen und Gem¨alden. Er feierte Amerika bald als Land der unbegrenzten M¨oglichkeiten (u. a. in dem Gedicht Gesang auf die Welt, 1918), begehrte bald gegen die Zivilisation als Chaos auf. 1918 geh¨orte G. („Propagandada“) zu den Begr¨undern der Berliner Dada-Gruppe; 1920 veranstaltete er mit Raoul → Hausmann und John → Heartfield in Berlin die „Erste Internationale Dada-Messe“. Eine seiner Hauptaufgaben sah G. in bildjournalistischer Arbeit. Er wirkte an der Gestaltung der Zeitschriften „Die Pleite“ (1919-24), „Jedermann sein eigener Fußball“ (1919) und „Der blutige Ernst“ (1919 / 20) mit. Einen großen Teil der seit 1918 entstandenen Zeichnungen ver¨offentlichte er in Mappen und B¨uchern (u. a. Gott mit uns, 1920; Das Gesicht der herrschenden Klasse, 1921; Abrechnung folgt!, 1923; Ecce Homo, 1923), die alle im Malik-Verlag erschienen, dessen Programm und Buchgestaltung er von Anfang an mitbestimmte. G. illustrierte B¨ucher zeitgen¨ossischer Autoren, u. a. von Hugo → Ball, Bertolt → Brecht, Richard → Huelsenbeck, Franz → Jung, Ernst → Toller und Hermann → Kesten. Er entwarf B¨uhnenbilder und Kost¨ume, schuf Hintergrundprojektionen und zeichnete Trickfilme (u. a. f¨ur Inszenierungen Erwin → Piscators und Max → Reinhardts), zum Teil zusammen mit John Heartfield. 1918 trat G. in die KPD ein (nach einer Reise in die Sowjetunion 1922 verließ er die Partei 1923); 1924 wurde er Vorsitzender der „Roten Gruppe“ in Berlin. Bis 1925 war er f¨ur kommunistische Zeitungen als Illustrator t¨atig („Die Rote Fahne“, 1921-28; „Der Kn¨uppel“, 1923-27). G. entlarvte die sozialen Mißst¨ande der Weimarer Republik und richtete seine Angriffe gegen Kapitalismus, Bourgeoisie, Kirche und Militarismus. Mehrmals stand er wegen „Gottesl¨asterung“,

Groszer „Angriff auf die o¨ ffentliche Moral“ und „Beleidigung der Reichswehr“ vor Gericht und wurde zu Geldstrafen verurteilt. Neben Otto → Dix wurde G. Hauptvertreter der veristischen Richtung der Neuen Sachlichkeit. Seine Werke seit Mitte der zwanziger Jahre hatten zum großen Teil nicht mehr die bisherige Sch¨arfe der Aussage; seine Absicht war eine allgemeine sozialkritische Schilderung b¨urgerlicher Zust¨ande (u. a. St¨utzen der Gesellschaft 1926). Neben Illustrationen und mehreren Portr¨ats (u. a. Portr¨at des Schriftstellers Max Herrmann-Neiße, 1925) entstanden Landschaften, St¨adteansichten, Stilleben und Aquarelle (Genrebilder). Von 1925 und bis seiner Emigration brachte G. vier Sammelb¨ande heraus (Der Spießer-Spiegel, 1925; Das neue Gesicht der ¨ herrschenden Klasse, Die Gezeichneten und Uber alles die Liebe, alle drei 1930). 1926-32 zeichnete er f¨ur den „Simplicissimus“. Bereits 1932 f¨ur einige Monate Gastdozent an der Art Students League in New York, ging G. Mitte Januar 1933 in die USA; wenig sp¨ater wurde er ausgeb¨urgert. Insgesamt 285 seiner Arbeiten 1933 wurden aus deutschen Museen und Galerien entfernt, 20 davon (u. a. Metropolis, 1916 / 17) in die Ausstellung „Entartete Kunst“ 1937 in M¨unchen aufgenommen. Die Lehrt¨atigkeit am „Sterne Grosz Studio“ in New York (seit 1932), an der Art Students League (1933-36, 1940-44 und 1950-59), an der privaten Malschule in Douglaston (seit 1936, seit 1947 in Huntingten, Long Island) und an der Columbia University School of Fine Arts (1941 / 42) befriedigten ihn nur teilweise. In den USA, deren Staatsb¨urger er seit 1938 war, malte G. neben New Yorker Alltagsszenen, Landschaften, Akten und Stilleben – Bosch, Breugel und Delacroix zum Vorbild nehmend – „apokalyptische“ oder „H¨ollen-Bilder“, darunter Cain (1944) und The Pit (1946). 1946 ver¨offentlichte er seine Autobiographie A Little Yes and a Big No (aus dem deutschen Manuskript ins Englische u¨ bersetzt), deren erweiterte Fassung 1955 unter dem Titel Ein kleines Ja und ein großes Nein, sein Leben von ihm selbst erz¨ahlt in Deutschland erschien. 1947-49 entstand die ¨ Stickmen-Serie (Aquarelle und Olbilder, u. a. The Painter of the Hole, 1948). 1954 wurde G. Mitglied der American Academy of Arts and Letters, New York, 1958 der Akademie der K¨unste in Berlin. Im Juni 1959 kehrte er nach Berlin zur¨uck und starb wenige Wochen sp¨ater. WEITERE WERKE: Mappen und Bildb¨ande: Erste George Grosz-Mappe. Berlin 1917. – Kleine Grosz-Mappe. Berlin 1917. – Hintergrund. Berlin 1928. – Interregnum. New York 1936. Frankfurt / Main, Berlin 1976. – G. G. Zeichnun¨ gen, Aquarelle, Olbilder. Hrsg. v. Herbert Bittner. New York 1960. K¨oln 1961. – G. G. Die Welt ist ein Lunapark. Hrsg. v. Uwe M. Schneede. G¨utersloh 1977. – Texte: Mit Wieland Herzfelde: Die Kunst ist in Gefahr. Berlin 1925. – Briefe 1913-1959. Hrsg. v. Herbert Knust. Reinbek 1979. – Ach knallige Welt, du Lunapark. Gesammelte Gedichte. Hrsg. v. Klaus Peter Dencker. M¨unchen / Wien 1986. – „Teurer Makkaroni!“ Briefe an Mark Neven DuMont 1922-1959. Hrsg. v. Karl Riha in Zusammenarbeit mit Angela Merte. Berlin 1992. – G. G. / Hans Sahl: So long mit H¨andedruck. Briefe und Dokumente. Hrsg. v. Karl Riha. Hamburg 1993. – „Ist schon doll das Leben“. G. G., Max Herrmann-Neisse. Der Briefwechsel. Hrsg. v. Klaus V¨olker. Berlin 2003. LITERATUR: Lothar Lang: G. G.-Bibliographie. In: Marginalien, Heft 30, 1968, S. 1-42. – Kjeld B¨ulow: G. G. A Bibliography and Other Check Lists. Kopenhagen 1993. – Hans Hess: G. G. London 1974. Dresden 1982. – Uwe M. Schneede: G. G. Der K¨unstler in seiner Gesellschaft. K¨oln 1975. – Lothar Fischer: G. G. Reinbek. 1976. V¨ollig u¨ berarb. Neuausg. Reinbek 1993, 52001. – Alexander D¨uckers: G. G. Das druckgraphische Werk. Frankfurt / Main u. a. 1979. – M. Kay Falvell: G. G. A Biography. New Haven / London

1988. – G. G. Berlin – New York. Hrsg. v. Peter-Klaus Schuster. Berlin 1994. – Birgit M¨ockel: G. G. in Amerika 1932-1959. Frankfurt u. a. 1997. Bruno Jahn

Gr´osz, Gyula, Mediziner, * 31. 10. 1878 Magdeburg, † 30. 6. 1959 Magdeburg. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte in Berlin, Dresden, Halle und M¨unchen Medizin, wurde 1906 als Arzt approbiert und 1907 in Halle mit der Arbeit 65 F¨alle von Einleitung der k¨unstlichen Fr¨uhgeburt wegen Beckenenge w¨ahrend eines Dezenniums (1896-1905 inkl.) aus der Halleschen Universit¨atsfrauenklinik promoviert. Anschließend praktizierte er als Arzt in Magdeburg, bildete sich in den zwanziger Jahren in Berlin zum Facharzt f¨ur R¨ontgenologie und Strahlenheilkunde aus und erhielt 1931 in Magdeburg die Zulassung zur R¨ontgentherapie. 1938 verlor G. wegen seiner j¨udischen Herkunft seine Approbation, war bis 1941 als Leiter der R¨ontgenabteilung des Rothschildschen Hospitals in Frankfurt / Main t¨atig und wirkte danach als j¨udischer „Krankenbehandler“ in Magdeburg. Nach dem Zweiten Weltkrieg zun¨achst in einem Strahleninstitut t¨atig, wurde er 1949 zum Prof. an der Univ. Halle ernannt. C MBL

Grosz, Karl, Pseud. Carlo Dolce, o¨ sterr. Journalist, Jurist, * 24. 5. 1838 Pest (heute zu Budapest), † 28. 8. 1916 Wien. Nach dem Studium der Rechte in Pest trat G. in den staatlichen Eisenbahndienst ein. 1870-74 war er Direktionssekret¨ar der k¨oniglich-ungarischen Staatseisenbahnen, danach Sekret¨ar des Theaters an der Wien. 1876 wurde er Redakteur im Theaterressort des „Illustrierten Wiener Extrablatts“, sp¨ater der „Wiener Allgemeinen Zeitung“ (bis 1880) und der „Wie¨ ner Zeitung“. G. war auch als Schriftsteller und Ubersetzer (u. a. von Shakespeare) t¨atig. Er ver¨offentlichte Gedichte und Novellen (Schwalben, 1857) und das Lustspiel Ein Feuille¨ ton (1863). C OBL

Grosz, Wilhelm, auch Will G., Pseud. Hugh Williams, Andr´e Milos, Komponist, Musiker, Dirigent, * 11. 3. 1894 Wien, † 10. 12. 1939 New York. Der Sohn eines Juweliers studierte Klavier, an der Wiener Musikakademie Musiktheorie (vor allem bei Franz → Schreker) und wurde 1920 mit der Dissertation Die Fugenarbeit in W. A. Mozarts Vokal- und Instrumentalwerken bei Guido → Adler an der Univ. Wien promoviert. Im folgenden Jahr ging er f¨ur eine Saison als Kapellmeister nach Mannheim und ließ sich dann als Komponist und Pianist in seiner Heimatstadt nieder. Seit 1928 in Berlin t¨atig, arbeitete er f¨ur den Rundfunk und komponierte Unterhaltungsmusik. 1934 emigrierte G. nach London, komponierte unter Pseudonymen popul¨are Schlager und ging 1938 in die USA. In seinen Kompositionen hielt er an der Tonalit¨at fest, bezog aber als einer der ersten Jazzelemente mit ein. Sein Operneinakter Sganarell ist von Richard → Strauss beeinflußt. C MGG Groszer, Lucie, Verlegerin, * 23. 11. 1914 Gr¨unau (Brandenburg), † 12. 3. 1997 Berlin. Die Tochter eines Goldschmieds und einer Strickerin arbeitete zun¨achst als G¨artnergehilfin, Verk¨auferin und Sprechstundenhilfe, bevor sie sich dem Buchhandel zuwandte. 1943 u¨ bernahm sie eine Buchhandlung mit Antiquariat in Berlin und gr¨undete 1945 den Altberliner Verlag Lucie Groszer, den sie zu einem international geachteten Kinder- und Jugendbuchverlag ausbaute. G., die lange Jahre Leiterin der Ostberliner Buchh¨andler- und Verlegervereinigung und Mitglied im Verlegerausschuß des B¨orsenvereins der Deutschen Buchh¨andler zu Leipzig war, verkaufte 1979 ihren Verlag an den Staat. 1990 gr¨undete sie, nachdem der R¨uckkauf des Altberliner Verlags gescheitert war, den Lucie Groszer Verlag in Berlin-Friedrichshagen f¨ur brandenburgische Regionalliteratur. C DDR

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Grot Grot, Joachim Christian, evang. Theologe, Dichter, * 14. 6. 1733 Pl¨on (Schleswig-Holstein), † 2. 1. 1800 St. Petersburg. G. studierte Theologie in Jena und nahm 1758 eine Stelle als Sekret¨ar des russischen Gouverneurs in K¨onigsberg an. Nach einigen Jahren als Hauslehrer in St. Petersburg und in Estland wurde er Prediger an der St. Petersburger Katharinenkirche. G. ver¨offentlichte ein Gesangbuch, Predigten und Reden, u. a. Kanzelrede u¨ ber die Blattereinimpfung (2 Tle., 1781 / 82), Die f¨urchterliche Folge der mißverstandenen Volksfreiheit [. . .] (1794) sowie zwei Schauspiele. C DLL Grot, Otto, Polizeibeamter, * 17. 7. 1905 Kastorf (Kr. Herzogtum Lauenburg), † 10. 9. 1987 Hamburg. G. erlernte das Tischlerhandwerk und wurde Vorsitzender der Holzarbeiterjugend sowie der Jungsozialisten in Barmbek. Er war Mitglied der Vereinigung Republik, sp¨ater des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, in dem er 1931 zum stellvertretenden technischen Leiter aufstieg. 1925 trat G. als Hilfswachtmeister in die Stammabteilung der Ordnungspolizei Hamburg ein, wurde 1932 zum Polizeileutnant ernannt und versah seinen Dienst als Zugf¨uhrer, sp¨ater als Ausbildungsoffizier in der Stammabteilung. 1933 entlassen, organisierte er auf der Basis der ehemaligen Schutzformationen den Widerstand in Hamburg, wurde 1937 verhaftet und 1938 zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt, 1943 in ein Bew¨ahrungsbataillon eingezogen und in Griechenland eingesetzt. 1946 kehrte G. aus der Gefangenschaft nach Hamburg zur¨uck, wurde Leiter der Polizei-Einsatz-Abteilung und u¨ bernahm 1949 als Polizeidirektor die F¨uhrung der Polizeigruppe Ost, 1952 als Leitender Polizeidirektor und Kommandeur der Schutzpolizei die Leitung des Schutzpolizeiamtes. 1947-52 war er zudem Vorsitzender des Gesamtbeamtenausschusses bei der Polizeibeh¨orde. C Hamburg Biogr, Bd 2 Grote, August Otto Graf von, Diplomat, * 19. 11. 1747 Celle, † 26. 3. 1830 Hamburg. Als Sohn eines hannoverschen Milit¨ars besuchte G. die Ritterakademie in L¨uneburg, studierte in G¨ottingen und Straßburg und begann 1768 in hannoverschen Diensten seine diplomatische Laufbahn. Nach seiner Ernennung zum Kammerherrn 1772 unternahm er Reisen durch Europa und ließ sich 1775 in Hamburg nieder. Dort vertrat er als Geheimer Rat die Interessen Kurk¨olns und des Bistums M¨unster, bis er 1804 nach der S¨akularisation in preuß. Dienste trat. 1809 in den preuß. Grafenstand erhoben, erwarb sich G. in den Jahren der franz¨osischen Besatzungszeit und der Befreiungskriege große Verdienste um die Hansestadt und wurde 1826 zum Ehrenb¨urger Hamburgs ernannt. C ADB Grote, Carl (Georg Christian) Frh. von, Jurist, Bergmann, * 28. 3. 1795 Herrenhausen bei Hannover, † 14. 2. 1868 Schnega bei Uelzen. G., Sohn eines hannoverschen Staatsministers, begann 1812 in G¨ottingen mit dem Studium der Rechtswissenschaften, nahm an den Befreiungskriegen teil und wandte sich 1816 / 17 Studien u¨ ber das Bergwesen zu. Er arbeitete als Kanzleiauditor in der Justizkanzlei in Hannover, bis er 1820 das Amt des Bergdrosten bei der Berghauptmannschaft in Clausthal u¨ bernahm. Seit 1826 Oberbergrat, nahm er 1851 seinen Abschied und widmete sich seinem Gut Schnega bei Uelzen. G.s besondere Leistung liegt in der F¨orderung der Industrialisierung Niedersachsens durch den Eisenbahnver¨ kehr. 1834 erschien seine Schrift Uber ein Eisenbahnsystem f¨ur Deutschland. Im selben Jahr wurde er Mitglied einer Regierungskommission zur Pr¨ufung der Eisenbahnfrage. Seine beachtenswerte mineralogische Sammlung schenkte er dem Museum f¨ur Kunst und Wissenschaft in Hannover. C NDB

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Grote, Gottfried, Musiker, Musikp¨adagoge, Chorleiter, * 15. 5. 1903 Oberfrohna bei Chemnitz, † Juli 1976 Berlin. Als Waisenkind in einem evang. Pfarrhaus aufgewachsen, studierte G. 1924-27 an den Musikhochschulen K¨oln und Berlin und war seit 1926 Organist der luth. Gemeinde und Direktor des Bachvereins in Barmen-Wuppertal. 1935 wechselte er als Stiftskantor und Direktor der Berliner Kirchenmusik-Schule nach Berlin-Spandau. G. unterrichtete Liturgik, Hymnologie sowie Chorleitung und dirigierte die Spandauer Kantorei. 1955-72 war er Prof. an der Musikhochschule und leitete den Berliner Staats- und Domchor. G. machte sich vor allem um die Auff¨uhrung der großen Chorwerke von Ernst → Pepping verdient. C MGG Grote, Hermann, Numismatiker, * 28. 12. 1802 Hannover, † 3. 3. 1895 Limmer (heute zu Hannover). G. studierte in G¨ottingen Geschichte und Staatsrecht und u¨ bernahm 1833 die Redaktion der „Hannoverschen Landesbl¨atter“. 1834 gr¨undete er die „Numismatische Zeitung“ (sp¨ater „Bl¨atter f¨ur M¨unzfreunde“), die bis 1839 erschien. 1844-51 war er Konservator des K¨oniglichen M¨unzkabinetts in Hannover. 1855 setzte G. seine Publikation unter dem Titel „M¨unzstudien“ fort und redigierte 1868 / 69 den „Numismatischen Anzeiger“, sp¨ater die „Bl¨atter f¨ur M¨unzkunde“. Seine Stammtafeln (1877) waren ein bedeutendes Handbuch f¨ur numismatische und historische Studien. G.s ann¨ahernd 10 000 St¨uck umfassende Sammlung mittelalterlicher M¨unzen erwarb 1880 das K¨onigliche M¨unzkabinett Berlin. Eine Autobiographie G.s erschien in Band 7 seiner „M¨unzstudien“. C Allg Hann Biogr, Bd 1 Grote, Louis (Ruyter Radcliffe), Internist, * 19. 4. 1886 Bremen, † 15. 3. 1960 Siensbach / Schwarzwald. Der Sohn des Zoologen Augustus Radcliffe G. studierte zun¨achst Musik, wandte sich dann jedoch der Medizin zu. Nach Studien in Freiburg, Rostock, M¨unchen, G¨ottingen und Berlin (Promotion 1912, Die pathologische Anatomie der Arsenvergiftung) assistierte er seit 1914 in Halle, wo er sich ¨ 1918 unter Adolf → Schmidt habilitierte (Uber die Beziehungen der Muskelarbeit zum Blutzucker). Dann Oberarzt und seit 1922 a. o. Prof., ging er 1924 als Chefarzt nach Dresden und leitete seit 1928 Sanatorien und Krankenh¨auser in Frankfurt / Main, Zwickau, Dresden, Wetzlar und Glotterbad. Als Kliniker, Wissenschaftler, Lehrer, Schriftleiter von Fachzeitschriften und Verbandsfunktion¨ar trug G. Wesentliches zur Beachtung des Gesamtorganismus und der Personalit¨at in der Behandlung der Patienten bei. Sein Forschungsinteresse galt u. a. der Konstitutionslehre, Regulationspathologie, physikalischen Therapie und allgemeinen Di¨at. Die Einbeziehung der Naturheilkunde und der Musik zur Erzielung therapeutischer Effekte wurden von G. als einem der ersten gef¨ordert. Er ver¨offentlichte u. a. Di¨at bei Zuckerkrankheit (1933, 261961), Wege zum Verst¨andnis der Naturheilkunde (1936) und Allgemeine Therapeutik (1948). G. war mit Alfred → D¨oblin und Gottfried → Benn befreundet. C Heidel / Lienert Grote, (Friedrich Heinrich) Ludwig, evang. Theologe, Schriftsteller, * 27. 2. 1825 Husum (Kr. Nienburg / Weser), † 10. 9. 1887 Basel. Der Sohn eines Pfarrers studierte 1843-46 Theologie in G¨ottingen und Halle / Saale, ver¨offentlichte erste journalistische Arbeiten und hatte 1846-53 verschiedene Hauslehrerstellen inne. Nach dem theologischen Examen 1854 wurde er Hospes im Kloster Loccum. 1856 trat er in das Predigerseminar in Hannover ein, wurde reisender Hilfsprediger und 1859 Pfarrer in P¨ase bei Meinersen, 1863 in Hary bei Bockenem. 1867 suspendiert und als Gegner der preuß. Annexion Hannovers mehrfach inhaftiert, u¨ bernahm G. 1869 die seelsorgerische Betreuung der hannoverschen Legion in Frank-

Grotewohl reich. 1878 ging er in die Schweiz. G. verfaßte u. a. Wolfgang Musculus. Ein biographischer Versuch (1855), Singet dem Herrn. Geistliche Dichtungen (1871) und Martin Luther und seine Mitstreiter. Eine Gedichtsammlung (1883). C DSL

Grote, Ludwig, Kunsthistoriker, * 8. 8. 1893 Halle / Saale, † 3. 3. 1974 Gauting bei M¨unchen. Nach dem Studium der Architektur und Kunstgeschichte wurde G. 1924 promoviert und verwaltete als Landeskonservator die Staatliche Gem¨aldegalerie, die Schl¨osser und die Denkmalspflege in Dessau. Seiner Initiative war u. a. der Umzug des Bauhauses von Weimar nach Dessau zu verdan¨ ken. 1933 seiner Amter enthoben, widmete sich G. kunstwissenschaftlichen Arbeiten (u. a. Deutsche Stilfibel, 1937; Die Br¨uder Olivier und die deutsche Romantik, 1938). Nach 1945 organisierte er in M¨unchen erste große Ausstellungen zeitgen¨ossischer Kunst von Max → Beckmann bis Henri Toulouse-Lautrec. Seit 1951 Leiter des Germanischen Nationalmuseums in N¨urnberg, erwarb sich G. große Verdienste um den Wiederaufbau und die Neugliederung des Hauses. C Wendland

Grote zu Schauen, Otto Frh., Staatsmann, * 4. 1. 1637 Sonderburg, † 15. 9. 1693 Hamburg. Aus l¨uneburgischem Uradel stammend, studierte G., Sohn eines Zoologen und Museumsdirektors, in Helmstedt und Leiden, unternahm eine Kavalierstour durch europ¨aische L¨ander und trat 1665 in hannoversche Dienste. Im Lauf seiner Beamtenkarriere gelangte er unter den Herz¨ogen → Johann Friedrich und → Ernst August von Hannover in der Stellung eines Geheimen Rats und Kammerpr¨asidenten zu entscheidendem Einfluß auf die Politik des Landes. Die Erlangung der hannoverschen Kurw¨urde 1692 war zu einem großen Teil sein Verdienst. 1689 erhielt G. mit der Verleihung der Reichsfreiherrnw¨urde die reichsunmittelbare Herrschaft Schauen am Nordharz als erblichen Besitz. C Allg Hann Biogr, Bd 3

Grotefend, (Friedrich) August, P¨adagoge, Philosoph, * 12. 12. 1798 Ilfeld / Harz, † 28. 2. 1836 G¨ottingen. Der Neffe Georg Friedrich → G.s studierte in G¨ottingen Theologie und Philologie. 1821-31 unterrichtete er am Ilfelder P¨adagogium und wurde dann Direktor des Gymnasiums in G¨ottingen. Seit 1835 lehrte G. an der Univ. als a. o. Prof. lateinische Syntax. Er ver¨offentlichte u. a. eine Ausf¨uhrliche Grammatik der lateinischen Sprache (2 Tle., 1829) und ein mehrfach aufgelegtes Lateinisches Elementarbuch (1833). C ADB

Grotefend, Georg Friedrich, Klassischer Philologe, Orientalist, * 9. 6. 1775 M¨unden, † 15. 12. 1853 Hannover. G. studierte seit 1795 in G¨ottingen Theologie, Philologie und Geschichte (u. a. bei Arnold → Heeren). Schon als Student im Schuldienst, wurde er 1803 Prorektor am Gymnasium in Frankfurt / Main; 1821-49 war er Direktor des Lyzeums in Hannover. Mit seiner Deutung der K¨onigsnamen auf Inschriften aus Persepolis erschloß G. 1802 das Verst¨andnis der altpersischen Keilschrift. Seine vier Abhandlungen Praevia de cuneatis, quas vocant, inscriptionibus Persepolitanis legendis et explicandis relatio (1802 / 03) wurden erst 1893 vollst¨andig ver¨offentlicht (vgl. Ernst → Doblhofer, Die Entzifferung alter Schriften und Sprachen, 2000). G. arbeitete auch u¨ ber lateinische und deutsche Grammatik und u¨ ber Geschichte und Sprachen Altitaliens. 1817 war er Gr¨under und erster Leiter des Frankfurter Gelehrtenvereins f¨ur Deutsche Sprache, dessen Mitglieder, maßgeblich Karl Ferdinand → Becker und Simon → Herling eine neue Auffassung von Grammatik durchsetzten. 1819 war G. Mitbegr¨under der „Monumenta Germaniae Historica“. Seine Werke sind zu-

sammengestellt in der Grotefend-Festschrift (Schriften zur Geschichte der Stadt M¨unden, 2 / 1975). G. war der Vater C Allg Hann Biogr, Bd 1 von Karl Ludwig → G.

Grotefend, (Ernst Heinrich) Hermann, Archivar, Historiker, * 18. 1. 1845 Hannover, † 26. 5. 1931 Schwerin. Der Sohn Karl Ludwig → G.s studierte 1864-70 zun¨achst Medizin, dann Geschichtswissenschaft in Berlin und G¨ottingen und ging nach der Promotion an das K¨onigliche Staatsarchiv in Breslau. Von dort wechselte er 1874 nach Aurich, 1876 an das Stadtarchiv Frankfurt / Main und wurde 1887 Leiter des Geheimen und Hauptarchivs Schwerin. Seit 1899 Geheimer Archivrat, wurde er 1920 Archivdirektor. G. wurde vor allem als Erforscher und Darsteller der mittelalterlichen Chronologie bekannt. Er ver¨offentlichte u. a. Handbuch der historischen Chronologie des deutschen Mittelalters und der Neuzeit (1872, 2. Aufl. unter dem Titel Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit, 2 Bde., 1891-98) und Taschenbuch der Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit (1898, 131991). C Mecklenburg, Bd 3

Grotefend, Karl (Ludwig), Philologe, Historiker, * 22. 12. 1807 Frankfurt / Main, † 27. 10. 1874 Hannover. Der Sohn Georg Friedrich → G.s studierte seit 1825 in G¨ottingen Geschichte und Philologie und wurde 1829 promoviert. Im selben Jahr begann er am Gymnasium in Hildesheim zu unterrichten, wechselte 1833 an das Lyzeum in Hannover und wurde 1853 Direktor des K¨oniglichen Archivs. G. ver¨offentlichte zahlreiche Abhandlungen zur r¨omischen Geschichte, u. a. Imperium Romanum tributim descriptum (1863). Er war Mitbegr¨under des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine sowie Mitarbeiter der „Monumenta Germaniae Historica“. G. war der Vater von Hermann → G. C ADB

Grotemeyer, Fritz, Maler, * 19. 6. 1864 M¨unster (Westfalen), † 28. 7. 1947 M¨unster. Zun¨achst Kaufmann, studierte G. seit 1887 Malerei an der Berliner Kunstakademie. 1893 mit dem Adolf-MenzelStipendium ausgestattet, beschickte er regelm¨aßig die Große Berliner Kunstausstellung. Nach Landschaften, Portr¨ats, Genrebildern und Illustrationen schuf er 1897 als ersten ¨ großen Auftrag das Monumentalgem¨alde Ubergabe Bergedorfs an Hamburg-L¨ubecker Truppen als Wandbild im Hamburger Rathaus. Es folgten zahlreiche Historienbilder und im Ersten Weltkrieg Kriegsgem¨alde aus Flandern, Nordfrankreich und der T¨urkei, u. a. 1. Ausmarsch der Stammtruppen des sp¨ateren 13. Infanterie-Regiments. C Th-B Grotewohl, Otto (Emil Franz), Politiker, * 11. 3. 1894 Braunschweig, † 21. 9. 1964 Berlin. G., Sohn einer Schneiderin und eines Arbeiters, durchlief nach dem Besuch der Volksschule eine Lehre als Buchdrucker. 1908 trat er dem sozialistischen Arbeiterjugendverein und dem Verband der Deutschen Buchdrucker bei, 1912 auch der SPD. Zun¨achst Gehilfe in verschiedenen Buchdruckereien, fand er im Oktober 1914 eine dauerhafte Anstellung bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Braunschweig. W¨ahrend der Novemberrevolution 1918 war G., der im Ersten Weltkrieg mehrfach verwundet worden war, Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrats seines Truppenteils, entschied sich aber erst im Dezember 1918 f¨ur den politischen Wechsel zur USPD. Zur¨uck in Braunschweig, nahm er seine T¨atigkeit als Kassenbeamter f¨ur die AOK

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Groth wieder auf. 1920 zog G. f¨ur die USPD in den Braunschweiger Landtag ein und wurde zum finanzpolitischen Sprecher der Fraktion gew¨ahlt. In der Debatte um die Aufnahme der USPD in die Kommunistische Internationale sprach er sich gegen die verlangte Unterordnung unter die Moskauer Zentrale aus. Obgleich Bef¨urworter der politischen Einheit der Arbeiterbewegung, lehnte er die Zusammenarbeit mit der Moskau h¨origen KPD ab. In der von USPD und SPD gebildeten Braunschweiger Regierungskoalition u¨ bte er seit November 1921 das Amt des Volksbildungsministers aus; mit 27 Jahren war er einer der j¨ungsten Minister der Weimarer Republik. Nach dem Regierungssturz im Mai 1922 fand er eine Anstellung als Betriebsr¨atesekret¨ar beim Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund. Ende 1922 – nach der Wiedervereinigung von USPD und SPD – u¨ bernahm G. den parit¨atischen SPD-Fraktionsvorsitz im Braunschweiger Landtag und wurde im Februar 1923 erneut zum Minister berufen, diesmal f¨ur das Innen- und Justizressort; er befaßte sich u. a. mit der Ausarbeitung einer neuen Kommunalverfassung. Nach der Landtagswahlniederlage seiner Partei 1924 u¨ bernahm G. den Vorsitz im SPD-Bezirksverband Braunschweig und geh¨orte bis 1933 dem Reichstag an. Seinen Lebensunterhalt bestritt er u¨ berwiegend mit journalistischen Arbeiten, bis er im Oktober 1928 zum Pr¨asidenten der Landesversicherungsanstalt Braunschweig berufen wurde. Nach der Macht¨ubernahme durch die Nationalsozia¨ listen verlor G. s¨amtliche Amter und schlug sich als Kaufmann bzw. kaufm¨annischer Angestellter durch, zun¨achst in Hamburg, dann in Berlin. Hier bet¨atigte er sich u. a. als Gesch¨aftsf¨uhrer der Firma „Grude-Herd-Vertrieb“, die mit der sozialdemokratischen Widerstandsgruppe Heibacko in Verbindung stand. Im Mai 1945 z¨ahlte G. zu den Begr¨undern des Zentralausschusses der SPD f¨ur Groß-Berlin, der unter seiner Leitung einen u¨ berregionalen F¨uhrungsanspruch erhob. Da sich der Zentralausschuß unter den ver¨anderten politischen Rahmenbedingungen f¨ur eine engere Zusammenarbeit mit der KPD aussprach, entbrannte bald ein heftiger Konflikt mit dem SPD-F¨uhrungszirkel um Kurt → Schumacher in Hannover. Anders als G. pochte Schumacher weiterhin auf die Eigenst¨andigkeit der SPD. Obgleich G. den im Herbst 1945 von der KPD forcierten Prozeß zur Bildung einer sozialistischen Einheitspartei bald kaum noch nach eigenen, sozialdemokratischen Vorstellungen steuern konnte, stimmte er diesem historischen Schritt doch zu, der nur in der Sowjetischen Besatzungszone vollzogen wurde und die politische Teilung Deutschlands vorantrieb. Im April 1946 u¨ bernahm er zusammen mit Wilhelm → Pieck (KPD) den parit¨atischen Vorsitz der SED, den beide bis 1954 innehatten. 1946-49 geh¨orte G. dem Zentralsekretariat des Parteivorstandes und 1949-64 dem Politb¨uro des Zentralkomitees der SED an. 1946-50 war er Mitglied des S¨achsischen Landtags, 1949-64 der Volkskammer der DDR. Die Transformation der sozialistischen Einheitspartei zu einer stalinistischen „Partei neuen Typs“ trug er aktiv mit und machte sich dabei selbst zu einem scharfen Kritiker des „Sozialdemokratismus“. G. engagierte sich außerdem in der von der SED initiierten, propagandistisch auf die nationale Einheit gerichteten Volkskongreßbewegung, aus der 1948 zun¨achst der Deutsche Volksrat, im Herbst 1949 – ohne demokratisches Mandat – die erste Regierung der DDR hervorging. 1949-64 stand G. als Ministerpr¨asident bzw. Vorsitzender des Ministerrats an der Spitze dieser Regierung; 1960 u¨ bernahm er auch das Amt des Stellvertretenden Vorsitzenden des Staatsrats. Da er im Herbst 1960 schwer erkrankte, konnte er die mit diesen ¨ Amtern verbundenen Aufgaben, die u¨ berwiegend repr¨asentativer Art waren, zuletzt nur noch eingeschr¨ankt wahrnehmen. An seinem Anspruch, die politische Einheit der Arbeiterbewegung herbeizuf¨uhren und damit zugleich die deut-

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sche Einheit unter sozialistischem Vorzeichen zu bef¨ordern, ist G. gescheitert, nicht zuletzt, weil er seine eigenen Wirkungsm¨oglichkeiten u¨ bersch¨atzte. WERKE: Die Verfassung der Gemeinden und Kreise im Freistaat Braunschweig. Braunschweig 1925. – Wo stehen wir – wohin gehen wir? Der historische Auftrag der SPD. Berlin 1945. – Im Kampf um die einige Deutsche Demokratische Republik. Reden und Aufs¨atze. Hrsg. vom Institut f¨ur Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee der SED. 6 Bde., Berlin 1959-64. LITERATUR: Heinz Voßke: O. G. Leipzig 1979. – Bernd Rother: O. G. (1894-1964). Biographische Skizze seiner Braunschweiger Jahre (1894-1933). In: Internationale Wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung 28 (1992) S. 523-533. – Markus Jodl: Amboß oder Hammer? O. G. Eine politische Biographie. Berlin 1997. Friederike Sattler

Groth, Ernst Johann, Pseud. Ulrich Gr¨oden, Kulturhistoriker, Dramatiker, * 15. 8. 1859 Lauenburg (Pommern), † nach 1935 Leipzig. G. studierte in Berlin, Greifswald und Paris. Nach der Promotion war er Lehrer an h¨oheren Schulen in Lauenburg und Danzig, sp¨ater Gymnasialprofessor und seit 1891 -direktor in Leipzig. G. ver¨offentlichte u. a. Vortr¨age, kulturhistorische Essays, eine Deutsche B¨urgerkunde. Kleines Handbuch des politisch Wissenswerten f¨ur jedermann (1894, mit G. ¨ Hoffmann), Ubersetzungen, Erz¨ahlungen und Schauspiele wie Roswitha von Gandersheim. Dramatisches Kulturbild in zwei Aufz¨ugen (1901) und war an der Redaktion der „Grenzboten“ beteiligt. C DLL

Groth, Klaus Johann, auch Claus, Schriftsteller, * 24. 4. 1819 Heide (Norderdithmarschen), † 1. 6. 1899 Kiel. Seit Schreiberlehrling, dann Schreiber beim Kirchenspielvogt, besuchte G., Sohn eines Landmanns und M¨ullers, 1838-41 das Lehrerseminar in Tondern und unterrichtete bis 1847 an der M¨adchenschule in Heide. Nach einem Nervenzusammenbruch quittierte er den Schuldienst und zog sich nach Fehmarn zur¨uck, wo die Gedichtsammlung Quickborn. Volksleben in plattdeutschen Gedichten dithmarscher Mundart (1853, 251900) entstand; an den st¨andig erweiterten Neuauflagen war Karl → M¨ullenhoff beteiligt. Die zum Teil an Robert Burns und Johann Peter → Hebel orientierte Sammlung besteht aus Landschaftslyrik, balladenhaften Verserz¨ahlungen, Kinder- und Liebesliedern. Formale Meisterschaft, aber auch Sentimentalismen und politisch-nationale Reflexe sicherten dem Werk rasche Verbreitung. 1853 ging G. nach Kiel, wo er sich nach Verleihung der Ehrendoktorw¨urde (1856) der Univ. Bonn 1858 habilitierte. Als Honorarprofessor (seit 1866) hielt er Vorlesungen u¨ ber deutsche Sprache und Literatur und ver¨offentlichte Essays, Erz¨ahlungen und Lyrik. G. gilt als der Begr¨under der neuniederdeutschen Literatur, dessen Vorbild Generationen plattdeutscher Schriftsteller beeinflußte. 1858 ver¨offentlichte er seine Briefe u¨ ber Hochdeutsch und Plattdeutsch; seine Lebenserinnerungen wurden 1891 von Eugen → Wolff herausC Killy gegeben.

Groth, Otto, Zeitungswissenschaftler, Journalist, * 2. 7. 1875 Schlettstadt (Elsaß), † 14. 11. 1965 M¨unchen. Der Sohn Paul Heinrich von → G.s studierte in M¨unchen bei Lujo → Brentano und Max → Weber Staatswissenschaften und war seit 1899 Journalist und Redakteur demokratischer Zeitungen in Stuttgart und Ulm. Als einer der ersten betrieb er die wissenschaftliche Erforschung seines Mediums und wurde 1915 mit einer Dissertation u¨ ber Die politische Presse W¨urttembergs in T¨ubingen promoviert. Wegen seiner j¨udischen Abstammung wurde G. 1933 von den Nationalsozialisten mit Berufsverbot belegt. Nach dem Zweiten

Grotjahn Weltkrieg beteiligte er sich als Vorsitzender des Verbandes der Bayerischen Berufsjournalisten und Dozent f¨ur Zeitungswissenschaft in M¨unchen am Wiederaufbau der demokratischen Presse in Deutschland. Neben seinem enzyklop¨adischen Hauptwerk Die Zeitung (4 Bde., 1928-33), das zum Standardwerk der sich etablierenden Presseforschung wurde, ver¨offentlichte G. u. a. Die Geschichte der deutschen Zeitungswissenschaft. Probleme und Methoden (1948) und Die unerkannte Kulturmacht (7 Bde., 1960-72). C Munzinger

Groth, Paul Heinrich Ritter von, Kristallograph, Mineraloge, * 23. 6. 1843 Magdeburg, † 2. 12. 1927 M¨unchen. Der Sohn eines Malers studierte seit 1862 an der Bergakademie Freiberg, 1864 / 65 in Dresden und dann Mineralogie und Kristallographie in Berlin, wo er 1868 mit der Arbeit Beitr¨age zur Kenntnis der u¨ berchlorsauren und u¨ bermangansauren Salze promoviert wurde. 1870 habilitiert, wurde er 1871 beamteter Dozent f¨ur Physik an der Bergakademie Berlin, 1872 o. Prof. der Mineralogie an der Univ. Straßburg, 1883 Nachfolger Franz von → Kobells in M¨unchen. G.s besondere Bem¨uhungen galten der Erforschung der gesetzm¨aßigen Abh¨angigkeit der Kristallformen von ihrer chemischen Konstitution. Seine B¨ucher Physikalische Krystallographie (1876, 41905) und Chemische Krystallographie (5 Bde., 1906-19) waren lange Zeit Standardwerke der Mineralogie und Kristallographie. Zu seinen Ver¨offentlichungen ¨ geh¨oren ferner Tabellarische Ubersicht der einfachen Mineralien, nach ihren krystallographisch-chemischen Beziehungen geordnet (1874, 41898, frz. 1904, span. 1925), Grundriß der Edelsteinkunde (1887), Elemente der physikalischen und chemischen Krystallographie (1921) und Entwicklungsgeschichte der mineralogischen Wissenschaften (1926). G. begr¨undete die „Zeitschrift f¨ur Kristallographie und Mineralogie“ (1877). Er war der Vater von Otto → G. C MBL

Groth, Wilhelm, Physiker, * 9. 1. 1904 Hamburg, † 20. 2. 1977 Bonn. G. studierte Naturwissenschaften in M¨unchen und T¨ubingen und war nach der Promotion (Eine Methode zur Be¨ stimmung des elektromechanischen Aquivalents) seit 1927 wissenschaftlicher Assistent in Hannover und Hamburg, wo er sich 1939 mit der Arbeit Photochemie im SchumannUltraviolett habilitierte. Dort seit 1945 außerplanm¨aßiger, 1948 a. o. Prof., wurde er 1950 o. Prof. und Leiter des Instituts f¨ur physikalische Chemie in Bonn. Die Rede zum Antritt des Rektorats 1965 der Univ. Bonn behandelte das Thema Chemische Reaktionen in der Atmosph¨are. Zu seinen ¨ Ver¨offentlichungen geh¨oren Uber Gaszentrifugen (1950), Anreicherung der Uran-Isotope nach dem Gaszentrifugenverfahren (1958) und Eine 3-stufige Mehrzweckthermodiffusions-Trennrohr-Kaskade (1968). In Bonn arbeitete er unter Geheimhaltung an einer Gaszentrifuge zur wirtschaftlicheren Herstellung spaltbaren Materials. C Munzinger

Grothe, Franz (Johannes August), Komponist, * 17. 9. 1908 Treptow (heute zu Berlin), † 12. 9. 1982 K¨oln. Der Sohn eines Kapellmeisters und Vetter des Textdichters Willy → Dehmel studierte Musiktheorie, Violine und Klavier an der Musikhochschule Berlin und arbeitete dann als Pianist, Arrangeur und Komponist f¨ur das Tanzorchester Dajos B´ela und die Tonaufnahmen-Firma Lindstr¨om AG in Berlin. Nach dem Durchbruch des Tonfilms wurde G. schnell zu einem der gesuchtesten Filmkomponisten in Deutschland. Er schrieb und arrangierte f¨ur alle großen deutschen Filmstudios, war auch kurze Zeit in Hollywood t¨atig und leitete 1940-45 das Deutsche Rundfunk Tanz- und Unterhaltungsorchester Berlin. G. komponierte mehrere Operetten (Die Nacht mit Casanova, 1941) und die Musik zu u¨ ber 170 Filmen (u. a. Die schwedische Nachtigall, 1941; Das Haus in

Monteviedeo, 1951; Ich denke oft an Piroschka, 1955; Das Wirtshaus im Spessart, 1957; Wir Wunderkinder, 1958; Effi Briest, 1960). C Munzinger

Grothe, (Albert Louis) Hugo, Pseud., Kulturpolitiker, Geograph, Orientalist, * 15. 8. 1869 Magdeburg, † 28. 12. 1954 Starnberg / Oberbayern. G., Sohn eines Bankdirektors, studierte Geographie, Orientalistik und Rechtswissenschaften in Leipzig, Berlin, M¨unchen und Wien und wurde 1899 in Rostock zum Dr. jur. promoviert (Die Immobiliarerbfolge der Weiber im Mittelalter nach Land- und Stadtrecht). Seit 1896 unternahm er als Auslandskorrespondent der „K¨olnischen Zeitung“ Reisen durch Nordafrika, Kleinasien, Ost- und S¨udosteuropa. G. gr¨undete 1900 in M¨unchen die Orientalische Gesellschaft, gab seit 1912 das „Orientalische Archiv f¨ur V¨olkerkunde und Kunstgeschichte“ in Leipzig heraus und baute dort die Deutsche Kulturpolitische Gesellschaft und das Institut f¨ur Auslandskunde auf. Sp¨ater widmete er sich zunehmend der Erforschung und Unterst¨utzung der deutschen Volksgruppen im Ausland. 1916 habilitierte sich G. in Stuttgart f¨ur Geographie; 1938 wurde ihm der Professorentitel verliehen. Er ver¨offentlichte u. a. Meine Vorderasien-Expedition von 1906 und 1907 (2 Bde., 1911 / 12), Die deutsche Sprachinsel Gottschee in Slowenien (1931), Der amerikanische Roman und sein Weg in die Welt (1951) und die Autobiographie Weckrufe der Zeiten (1954). C NDB

Grothe, (Johann Georg) Wilhelm, Pseud. Karl Entorg, Carl Grey, Nicolai, H(ugo) von Rittberg, Schauspieler, Schriftsteller, * 5. 10. 1830 Berlin, † 13. 2. 1892 Friedrichshagen (heute zu Berlin). Der Sohn eines Schulvorstehers studierte in Berlin Geschichte und Philologie, war seit 1851 Schauspieler an verschiedenen B¨uhnen und wurde 1855 Direktor einer reisenden Schauspielergesellschaft. Nach Auftritten in Thorn, Elbing, Kiel, Coburg und N¨urnberg zog er sich 1856 von der B¨uhne zur¨uck und ließ sich als Schriftsteller in Berlin nieder, wo er 1860-72 als Buchh¨andler t¨atig war. Seit 1863 war G. Mitglied des literarischen Sonntags-Vereins (T¨unnel u¨ ber der Spree). Er schrieb Erz¨ahlungen, Historien, Kriminalromane, Sagen, Schauspiele und Aus dem Kom¨odiantenleben. Erinnerungen eines alten Schauspieler-Vagabunden (1862). Postum erschien Berlin bei Nacht oder Der Nachtgesellen Leben und Treiben in der Reichshauptstadt Berlin. Ein Aufsehen erregender Volksroman (1892 / 93) in f¨unfzig Heften. C DSL

Grothusen, Klaus Detlev, Historiker, * 29. 10. 1928 Nieder-Weisel (Hessen), † 16. 7. 1994 Hamburg. G. wurde 1962 promoviert (Die historische Rechtsschule Rußlands) und habilitierte sich 1965 an der Univ. Gießen. Er war o. Prof. der s¨udosteurop¨aischen Geschichte an der Univ. Hamburg (1969-92) und langj¨ahriger Vizepr¨asident der S¨udosteuropa-Gesellschaft in M¨unchen. G.s Forschungen galten auch der deutschen Emigration in die T¨urkei w¨ahrend des Zweiten Weltkriegs sowie der deutschen Wiedervereinigung als europ¨aischem Problem. Er gab ein S¨udosteuropaHandbuch (8 Bde., 1975 ff.) heraus. Grotjahn, Alfred, Sozialhygieniker, * 25. 11. 1869 Schladen / Harz, † 4. 9. 1931 Berlin. G., Sohn eines Geheimen Sanit¨atsrats, studierte seit 1890 Medizin in Greifswald, Kiel, Leipzig und Berlin, wo er 1894 promoviert wurde (Beitrag zur Lehre von der Purpura). Nach zwei Jahren als Assistent an der Poliklinik f¨ur Nervenkranke ließ er sich 1896 als praktischer Arzt in Berlin nieder. ¨ Uber sine Praxist¨atigkeit gewann er Eindr¨ucke von der Gesundheitssituation der Großstadtbev¨olkerung, die seine sozialhygienischen Auffassungen beeinflußten und ihn u. a. zur

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Grotkass Besch¨aftigung mit Suchtph¨anomenen f¨uhrten (Der Alkoholismus, 1898). Seit der Habilitation 1912 hielt er als Privatdozent Vorlesungen u¨ ber Probleme der Sozialhygiene, gab 1915 seine Praxis auf und wurde Leiter der Abteilung f¨ur Soziale Hygiene beim Medizinalamt der Stadt Berlin. Seit 1919 Direktor des Heilst¨attenamtes, erhielt er 1920 an der Berliner Univ. den ersten Lehrstuhl f¨ur Sozialhygiene in Deutschland. Als Sozialdemokrat (Parteimitglied seit 1919) war er 1921-24 Mitglied des Reichstags. G. definierte den Begriff der Sozialen Hygiene und gab die Forschungsmethode vor, nach der sich das Fach sp¨ater als selbst¨andige Wissenschaft etablierte. Sein Wirken galt vor allem der Sexualhygiene und Geburtenregelung, der Eugenik sowie der Bek¨ampfung von Alkoholismus und der Geschlechtskrankheiten. G. war Mitherausgeber der „Jahresberichte u¨ ber Soziale Hygiene und Demographie“ (1901-23). Zu seinen Hauptwerken z¨ahlt das Handw¨orterbuch der sozialen Hygiene (1912, hrsg. mit Ignaz Anton → Kaup) und Die Hygiene der menschlichen Fortpflanzung (1926). Seine Autobiographie erschien unter dem Titel Erlebtes und Erstrebtes. Erinnerungen eines sozialistischen Arzts (1932). C Leb Berlin 2

Grotkass, Rudolf (Edmund), Kaufmann, * 25. 9. 1886 Dohnan (Ungarn, heute Slowakei), † 10. 1. 1954 Tajschet (Sowjetunion). G., Sohn eines Kaufmanns f¨ur Zucker und R¨ubensaatgut, arbeitete 1912-18 auf dem landwirtschaftlichen Grundbesitz der Familie in Ungarn, durchlief ein Volontariat bei einer R¨ubenzuchtstation und studierte Chemie in Berlin. Anschließend war er in Laboratorien von Zuckerfabriken in Deutschland und den USA t¨atig und erhielt die amerikanische Staatsb¨urgerschaft. Seit 1922 lebte G. als Fachschriftsteller, Statistiker und Sachverst¨andiger in Madgeburg und ver¨offentlichte u. a. Franz Carl Achards Beziehungen zum Auslande (1930) und Die Zuckerfabrikation im Magdeburgischen, ihre Geschichte vor und w¨ahrend der Kontinentalsperre sowie weiter bis zum Jahre 1827 [. . .] (1927). 1950 verhaftet und vom sowjetischen Milit¨artribunal in Halle wegen angeblicher Spionage zu einer 25j¨ahrigen Haftstrafe verurteilt, verstarb er in einem Lager am Baikalsee. C MBL Grotrian, Georg (Friedrich Carl), Musikalienh¨andler, * 13. 1. 1803 Sch¨oningen, † 14. 12. 1860 Sch¨oningen. G. erwarb sich als Musikalienh¨andler in Moskau ein Verm¨ogen, kehrte nach Deutschland zur¨uck und beteiligte sich 1858 an der Pianomanufaktur von Theodor → Steinweg. Nach Braunschweig verlegt, wurde die Firma bis 1865 unter dem Namen C. F. Theodor Steinweg gef¨uhrt, danach bis 1869 als C. F. Th. Steinweg. Unter G.s Enkeln Willi → und Kurt→ Grotrian-Steinweg entwickelte sich das Unternehmen zu einer der bekanntesten Pianohersteller in Deutschland. C MGG

Grotrian, Otto (Natalius August), Elektrotechniker, * 2. 10. 1847 Braunschweig, † 5. 1. 1921 Aachen. G. studierte zun¨achst Maschinenbau an der TH Braunschweig, dann Mathematik und Physik in Berlin und G¨ottingen und wurde 1873 mit der Dissertation Ueber das galvanische Leitungsverm¨ogen der Schwefels¨aure, Salzs¨aure und Kochsalzl¨osung in seiner Abh¨angigkeit von der Temperatur und dem Concentrationsgrade promoviert. 1872-77 Assistent in Darmstadt, wechselte er danach an die TH Aachen, wo er 1881 zum Prof. ernannt wurde; seit 1886 lehrte er dort als Prof. der Elektrotechnik. G. ver¨offentlichte u. a. Die Geometrie der Gleichstrommaschine (1917). Er war der Vater von Walter → G.

Grotrian, Walter (Robert Wilhelm), Astrophysiker, * 21. 4. 1890 Aachen, † 3. 3. 1954 Potsdam. Der Sohn Otto → G.s studierte Physik in Aachen und G¨ottingen, wurde 1915 promoviert (Der Gleichstrom-Lichtbogen

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großer Bogenl¨ange) und kehrte 1918 als Assistent an das Physikalische Institut der Univ. zur¨uck. 1921 mit der Arbeit Elektronenstoß und geschichtete Entladung habilitiert, wechselte er im folgenden Jahr als Observator an das Astrophysikalische Observatorium Potsdam und wurde 1928 a. o. Prof. der Astrophysik in Berlin. Im Zweiten Weltkrieg leitete G. eine Spezialeinheit f¨ur Hochfrequenztechnik und Ionosph¨arenforschung. 1946 kehrte er aus der Kriegsgefangenschaft nach Potsdam zur¨uck und wurde 1951 Ordinarius an der Humboldt-Universit¨at und Direktor des Astrophysikalischen Observatoriums. G. arbeitete besonders u¨ ber die Natur der Sonnenkorona (Zur Frage der Deutung der Linien im Spektrum der Sonnenkorona, 1939) sowie auf dem Gebiet der Spektroskopie (Gesetzm¨aßigkeiten in den Serienspektren, 1936). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Zur Erforschung des Weltalls (1934), Neuere Vorstellungen u¨ ber die Entstehung des Weltalls (1947) und Polarit¨aten und Maximalwerte magnetischer Feldst¨arken von Sonnenflecken in den Jahren 1946-1951 (1953). Er war 1930 Mitbegr¨under und bis zu seinem Tod Redakteur der „Zeitschrift f¨ur Astrophysik“. C NDB

Grotrian-Steinweg, (Hermann Ludwig Karl) Kurt, bis 1919 Grotrian, Fabrikant, * 30. 5. 1870 Braunschweig, † 25. 2. 1929 Braunschweig. Wie sein Bruder Willi → G.-S. absolvierte G.-S. Lehren als Tischler und Klavierbauer, volontierte bei Firmen in Deutschland und Großbritannien und erwarb sich vor allem kaufm¨annische Kenntnisse. Als er 1895 als Teilhaber in die v¨aterliche Klavierfabrik eintrat, u¨ bernahm er die Bereiche Vertrieb, Verkauf und Repr¨asentation. Unter seiner Leitung er¨offnete die Firma zahlreiche Vertretungen in Deutschland, nach dem Ersten Weltkrieg auch in Großbritannien und den USA. Zeitweilig stellten u¨ ber tausend Mitarbeiter bis zu 1600 Instrumente im Jahr her. C MGG Grotrian-Steinweg, (Albert Theodor Emanuel Ludwig) Willi, bis 1919 Grotrian, Fabrikant, * 17. 7. 1868 Braunschweig, † 2. 5. 1931 Braunschweig. Nach einer Tischlerlehre und Arbeit im Familienbetrieb, den G.-S.s Vater, ein Hofpianofortefabrikant, bis 1865 gemeinsam mit Theodor → Steinweg betrieben hatte, ging G.-S., Enkel von Georg → Grotrian, zur Weiterbildung in Klavierfabriken nach Baltimore, Boston, Chicago und Paris. 1895 wurde er in die Firma „Grotrian, Steinweg Nachf.“ als Konstrukteur und technischer Leiter aufgenommen und machte sie gemeinsam mit seinem Bruder Kurt → G.-S. zu einem der bedeutendsten Pianohersteller seiner Zeit. Er reorganisierte den handwerklichen Arbeitsablauf zugunsten moderner Fabrikationsweisen und erh¨ohte die Qualit¨at der Erzeugnisse durch technische Verbesserungen wie eine Verspreizungsbauart, die den „homogenen Resonanzboden“ erm¨oglichte. Er konstruierte 1903 das erste Kleinklavier. Seit 1919 durfte er den Doppelnamen G.-S. f¨uhren. C MGG Grotthuß, Elisabeth Freiin von, Schriftstellerin, * 10. 11. 1820 Durben (Kurland), † 4. 2. 1896 Wien. Aus kurl¨andischem Adel stammend, wurde G. in St. Petersburg erzogen und lebte dann in Dresden, wo sie noch in jungen Jahren erblindete. In Auseinandersetzung mit ihrem Schicksal trat sie zur kath. Kirche u¨ ber und folgte einer Freundin nach Wien, wo sie zu schreiben begann und 1867 als Erstling den Roman Anna Rosenberg ver¨offentlichte. Es folgten Novellen, Erz¨ahlungen, Lustspiele (Kochbuch und Konversationslexikon, 1877), M¨archen und eine Reihe „sozialer Romane“ (u. a. Die Leibeigenen, 1882; Die Kinder des Nihilisten, 1883). C DLL

Grua Grotthuß, (Jeannot) Emil Frh. von, Publizist, * 5. 4. 1865 Riga, † 31. 8. 1920 Berlin. Der Sohn eines Rittmeisters studierte in Berlin Philosophie, Geschichte und Literatur, trat in die Redaktion des „Deutschen Adelsblatts“ ein und wurde 1886 Herausgeber der „Deutschen Post“. Seit 1891 freier Schriftsteller, gr¨undete er 1898 die Zeitschrift „Der T¨urmer. Monatsschrift f¨ur Gem¨ut und Geist“, die bald eine der wichtigsten kulturpolitischen Publikationen der Zeit wurde. Im Sinn eines konservativ-autorit¨aren Staats- und rassistischen Volksverst¨andnisses attackierte G. den literarischen Naturalismus ebenso wie die Sozialdemokratie und die gesellschaftlichen Begleiterscheinungen der Entwicklung zur Industriegesellschaft. G. schrieb auch Essays, Gedichte (Gottsuchers Wanderlieder, 1898) und Romane (Segen der S¨unde, 1897). C NDB

Grotthuß, Sophie, eigentl. Sara Meyer, Salonni`ere, Schriftstellerin, * 1763 Berlin, † 11. 12. 1828 Oranienburg. G. heiratete nach der Scheidung ihrer ersten Ehe mit dem Kaufmann Lipman Wulf 1797 den livl¨andischen Baron Ferdinand Dietrich von G., verkehrte in den literarischen Salons der Zeit und f¨uhrte einen eigenen Salon, der f¨ur die → Goethe-Rezeption der gehobenen Gesellschaft Berlins eine wichtige Rolle spielte. Sie war u. a. mit Rahel → Varnhagen befreundet und stand in Briefwechsel mit Goethe und Madame de Sta¨el. Der gr¨oßte Teil ihres Werks ging verloren. Zwei Manuskripte, der Essay Ansichten einer deutschen Frau, geschrieben zu Dresden im Sommer 1814 und das Schauspiel Die deutsche Erzieherin, blieben ungedruckt.

Grotthuß, (Christian Johann Dietrich) Theodor von, auch Grothuss, Physiker, * 20. 1. 1785 Leipzig, † 14. 3. 1822 Geddutz (Kurland). Der auf einem Landgut in Kurland aufgewachsene G. erhielt seine naturwissenschaftliche Ausbildung 1803-08 in Leipzig, Paris, Rom und Neapel und u¨ bernahm danach sein Erbgut Geddutz im wilnaisch-litauischen Gouvernement Rußlands. Er ver¨offentlichte als Privatgelehrter zahlreiche physikalische und chemische Aufs¨atze in Fachzeitschriften. Am bekanntesten wurde seine Theorie u¨ ber galvanische Wasserzersetzung (M´emoire sur la d´ecomposition de l’eau et des corps qu’elle tient en dissolution a` l’aide de l’´electricit´e gal¨ vanique, 1805). In der 1819 erschienenen Abhandlung Uber die chemische Wirksamkeit des Lichts und der Elektricit¨at (1818) nahm er das photochemische Absorptionsgesetz vorweg. G. beging wegen eines schweren Leidens Selbstmord. C NDB

Grouven, Hubert, Chemiker, * 1831 Burg Gudenau bei Bonn, † 16. 12. 1884 Dresden. G. studierte Naturwissenschaften in Karlsruhe, Bonn und Heidelberg und nutzte das Gut seiner Eltern bei K¨oln zu ersten agrikulturchemischen Forschungen. 1854-58 war er Chemiker des landwirtschaftlichen Vereins zu K¨oln und hielt landwirtschaftliche Vortr¨age, die erstmals 1859 in zwei B¨anden unter dem Titel Vortr¨age u¨ ber AgriculturChemie mit besonderer R¨ucksicht auf Thier- und PflanzenPhysiologie publiziert wurden (41889). 1859-66 leitete G. die Agrikulturchemische Versuchsstation Salzm¨unde (Sachsen) und f¨uhrte in dieser Zeit vor allem Versuche zur F¨utterung und D¨ungung durch, deren Ergebnisse er in drei Sammelb¨anden beschrieb (1862-68); forschungsgeschichtlich bedeutend ist der dritte Band (Ueber den Zusammenhang zwischen Witterung, Boden und D¨ungung in ihrem Einflusse auf die Quantit¨at und Qualit¨at der Erndten). Seit 1870 experimentierte G. mit neuen Stickstoffd¨ungemitteln und entwickelte ein Verfahren zur Herstellung von Ammoniumsulfat. Zu weiteren wichtigen Ver¨offentlichungen G.s z¨ahlen

Salzm¨unde. Eine landwirthschaftliche Monographie (1867) und Ueber die Ersatzfrage des Peru-Guano (1873). C B¨ohm

Grove, (Karl) Otto Ritter von, Maschinenbauer, * 6. 2. 1836 Goslar, † 19. 5. 1919 M¨unchen. G. studierte seit 1852 Architektur, dann Maschinentechnik an der Polytechischen Schule in Hannover und war dort nach einem Assistentenjahr 1858-62 Lehrer f¨ur Maschinenbau. Danach Maschinenbauinspektor, wurde er 1868 Prof. und folgte 1879 einem Ruf an die TH Berlin. 1880-1901 lehrte er als o. Prof. an der TH M¨unchen. G. wurde 1893 in den bayerischen Personaladelsstand erhoben und 1901 mit dem Titel eines Geheimen Rats ausgezeichnet. Er ver¨offentlichte u. a. Formeln, Tabellen und Skizzen f¨ur das Entwerfen einfacher Maschinenteile (1880, 131902). C DBJ, Bd 10

Groz, Theodor, Fabrikant, * 16. 3. 1828 Ebingen (heute zu Albstadt), † 15. 4. 1892 Ebingen. Der Apothekerssohn erlernte in Ludwigsburg und Wien den Beruf eines Nadlermeisters zur Herstellung von Wirk- und Stricknadeln. In der nach der Einf¨uhrung von Wirk- und Strickmaschinen in seiner Heimat aufbl¨uhenden Textilindustrie gelang es G., einen Betrieb zur industriellen Serienherstellung von Maschinennadeln zu etablieren, der wegen seiner Produktqualit¨at und Fertigungstechnik in den folgenden Jahrzehnten in seiner Branche Weltgeltung erlangte. C NDB Grua, Carlo (Luigi Pietro), Komponist, * um 1695 Mailand, begraben 11. 4. 1773 Mannheim. G. kam bereits in seiner Kindheit mit seinem Vater an den Hof des pf¨alzischen Kurf¨ursten → Johann Wilhelm und erhielt vor allem bei seinem Onkel Carlo Pietro → G. eine umfassende musikalische Ausbildung. 1716 u¨ bersiedelte er nach Heidelberg, sp¨ater nach Mannheim, wo er um 1725 kurf¨urstlich pf¨alzischer Kapellmeister wurde, anfangs f¨ur Kirchenmusik, seit 1742 auch f¨ur Hof- und Opernmusik. Im selben Jahr wurde das neue Mannheimer Opernhaus mit G.s Festoper Meride (auch Cambise betitelt) eingeweiht. G. leitete die Mannheimer Hofkapelle neben anderen Kapellmeistern (u. a. seit 1752 / 53 Ignaz Jakob → Holzbauer) bis zu seiner Pensionierung 1765. Er schrieb zwei Opern, mehrere Oratorien und verschiedene kirchenmusikalische Werke. G. war der Vater von Paul → G. C NDB Grua, Carlo (Luigi) Pietro, auch Pietragrua, Komponist, * um 1665 Florenz (?), † nach 1722 Italien. G., dessen Vater seit sp¨atestens 1710 Hoforganist in D¨usseldorf, dann in Heidelberg und Mannheim war, wurde 1691 Altist im italienischen Chor der Dresdner Hofkapelle, 1693 Vizekapellmeister und trat um 1695 in den Dienst des Kurf¨ursten → Johann Wilhelm in D¨usseldorf. Er war neben Johann Hugo → Wilderer zweiter Kapellmeister, pflegte freundschaftlichen Kontakt zu Agostino → Steffani, dem Pr¨asidenten des kurpf¨alzischen Geistlichen Rats, und hielt sich vor¨ubergehend am kaiserlichen Hof in Wien auf. Nach dem Tod des Kurf¨ursten wurde G. von dessen Bruder und Nachfolger → Karl Philipp in die vereinigte kurpf¨alzische Hofkapelle u¨ bernommen. 1718 ist er noch in Heidelberg nachweisbar. G. komponierte Opern (u. a. Romolo e Tazio, 1722), Singspiele, Serenaden, Kirchenmusik und Kantaten. Er war Onkel von Carlo → G. C NDB Grua, (Franz) Paul (Joseph), Komponist, * 1. 2. 1753 Mannheim, † 5. 7. 1833 M¨unchen. G. erhielt bei seinem Vater Carlo → G. ersten Klavier- und Generalbaßunterricht, setzte seine Ausbildung als Kompositionssch¨uler Ignaz Jakob → Holzbauers fort und bereiste 1777 zu Studienzwecken Italien, wo er sich zun¨achst bei Padre Martini in Bologna, dann bei Traetta in Parma aufhielt.

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Grubbe Im folgenden Jahr wurde er neben Andrea → Bernasconi Kapellmeister der mit der Mannheimer vereinigten M¨unchner Hofkapelle, die er nach Bernasconis Tod (1784) zusammen mit Georg Joseph → Vogler leitete. Seit 1788 standen G. als Kapellmeister insbesondere f¨ur die Kirche und Peter von → Winter vor allem f¨ur das Theater fast drei Jahrzehnte gemeinsam an der Spitze der M¨unchner Hofkapelle. Er schrieb u¨ ber 200 Kompositionen, vorwiegend Kirchenmusik; seine einzige Oper Telemaco wurde 1780 in M¨unchen aufgef¨uhrt. C NDB

Grubbe, Peter, eigentl. Klaus Peter Volkmann, Journalist, * 10. 12. 1913 Allenstein (Ostpreußen), † 29. 1. 2002. G., Sohn eines Generalstabsoffiziers, studierte in T¨ubingen, M¨unchen, Berlin und G¨ottingen Rechtswissenschaften. Er publizierte milit¨arisch-historische Artikel u. a. in der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“. Seit 1933 Mitglied der NSDAP, seit 1935 der SS, trat er 1940 als Assessor eine Stelle in der deutschen Verwaltung des Generalgouvernements in Polen an. 1941 wurde G. kommissarischer Kreishauptmann in der ostgalizischen Stadt Kolomea, 1943 Kreishauptmann in Lowitsch (Lowicz), wo er die Auswahl von Zwangsarbeitern f¨ur die deutsche R¨ustungsindustrie leitete. Nach dem Zweiten Weltkrieg schrieb G. u. a. f¨ur die „S¨uddeutsche Zeitung“, die antifaschistische Jugendzeitung „Benjamin“ und seit 1948 von London aus als st¨andiger Auslandskorrespondent f¨ur die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. 1953-63 arbeitete er auch f¨ur die „Welt“, von 1963 bis zum Weggang von Henri → Nannen f¨ur den „Stern“ sowie f¨ur „Die Zeit“, den „Merkur“ und das „Allgemeine Deutsche Sonntagsblatt“. Seit Mitte der achtziger Jahre war G. als freier Publizist t¨atig. Er produzierte bis 1992 rund 50 Dokumentarfilme, schrieb Beitr¨age f¨ur den Rundfunk und vero¨ ffentlichte B¨ucher wie Die Trommeln verstummen. Begegnung mit den erwachenden V¨olkern Ostafrikas (1957), Im Schatten des Kubaners. Das neue Gesicht Lateinamerikas (1961) und Der Untergang der Dritten Welt. Der Krieg zwischen Nord und S¨ud hat begonnen (1991). C Munzinger

Grube, Adolf Eduard, Zoologe, * 18. 5. 1812 K¨onigsberg, † 28. 6. 1880 Breslau. G., Sohn eines Justizkommissars und Universit¨atsrichters, wurde nach naturwissenschaftlichen Studien, insbesondere der Vergleichenden Anatomie und Zoologie, 1834 promoviert. Er habilitierte sich 1837 mit der Arbeit De pleione carunculata und wurde 1843 a. o. Prof. an der Univ. K¨onigsberg. Im folgenden Jahr berief man ihn auf den neugegr¨undeten Lehrstuhl f¨ur Zoologie nach Dorpat; 1857 wechselte er als o. Prof. der Zoologie nach Breslau, wo er sich Verdienste bei dem durch seinen Vorg¨anger Johann Ludwig Christian Carl → Gravenhorst begonnenen Ausbau des Zoologischen Museums erwarb und 1863 zum Rektor gew¨ahlt wurde (Rede: Die Bedeutung der Thierwelt f¨ur den Menschen). Seit 1841 war G. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er besch¨aftigte sich insbesondere mit niederen Meerestieren, vor allem mit Ringelw¨urmern (u. a. Die Familie der Anneliden, 1851), und verfaßte 1853 die erste grundlegende Arbeit u¨ ber die Gattung Peripatus (Stummelf¨ußer), eine Tiergruppe, der er den Namen Onychophora gab. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Anneliden (1849), Beschreibungen neuer oder weniger bekannter Seesterne und Seeigel (1860) und Die Insel Lussin und ihre Meeresfauna (1864). G. war der Vater von Max → G. C NDB Grube, Carl, auch Grube-Templin, Schauspieler, Regisseur, * 10. 3. 1866 Hamburg, † n. e. G. erhielt Schauspielunterricht bei Leopold → Teller, wirkte seit 1884 am Hoftheater in Meiningen und nahm an Tourneen, u. a. nach Rußland, Schweden und in die Niederlande, teil. 1890-93 spielte er in den USA; wechselnde

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Engagements f¨uhrten ihn anschließend nach Z¨urich, Wiesbaden und an das Deutsche Landestheater in Prag. Seit 1897 Regisseur und Dramaturg am Hoftheater in Weimar, lebte G. sp¨ater als Chefredakteur der „Ostdeutschen Rundschau“ in Berlin. Zu seinen B¨uhnendichtungen z¨ahlt das 1896 verfaßte Lustspiel Leonorens Zopf; außerdem ver¨offentlichte er Novellen und Gedichte.

Grube, (Marie) Elisabeth, geb. Diez, Pseud. Elisabeth, Elisabeth D., Schriftstellerin, * 22. 10. 1803 Netphen / Siegerland, † 21. 4. 1871 D¨usseldorf. G., Tochter eines Rentmeisters, verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Netphen, heiratete 1823 Friedrich Wilhelm G., der eine Erziehungsanstalt in Kirchen bei Siegen leitete und sp¨ater Regierungssekret¨ar wurde, und lebte seit 1827 in D¨usseldorf. Sie schrieb Dramen und Lyrik und ver¨offentlichte u. a. zusammen mit ihrer Schwester Katharina → Diez den Band Wiesenblumen von der Sieg und Feldblumen vom Rheine (1847). C DSL Grube, Ernst, Redakteur, Parteifunktion¨ar, * 22. 1. 1890 Neundorf (Anhalt), † 14. 4. 1945 Konzentrationslager Bergen-Belsen. G., Sohn eines Bergarbeiters, erhielt eine Ausbildung zum Tischler, trat 1908 der SPD und der Gewerkschaft bei und ging auf Wanderschaft. 1919 trat er in die KPD ein und war 1920-22 Mitglied des S¨achsischen Landtags; 1922-24 geh¨orte er dem Zwickauer Stadtparlament, 1924 zudem dem Reichstag und anschließend bis 1932 dem Preußischen Landtag an. 1932 wurde er erneut in den Reichstag gew¨ahlt. Seit 1929 war er Mitglied des Zentralkomitees der KPD. Nach parteipolitischen Meinungsverschiedenheiten wirkte er 1930 kurzzeitig als Komintern-Emiss¨ar in Griechenland, bevor er Ende desselben Jahres zum Reichsleiter der neugegr¨undeten „Kampfgemeinschaft f¨ur rote Sporteinheit“ ernannt wurde. In der Nacht des Reichstagsbrands verhaftet, war er bis 1939 in den Konzentrationslagern Sonnenburg, Lichtenburg und Buchenwald interniert, wurde 1944 erneut inhaftiert und starb, an Flecktyphus erkrankt, im Konzentrationslager Bergen-Belsen. C MBL Grube, Max, Schauspieler, Theaterleiter, * 25. 3. 1854 Dorpat, † 25. 12. 1934 Meiningen. Der Sohn Adolf Eduard → G.s erhielt 1872 sein erstes Engagement am Hoftheater in Meiningen und spielte die folgenden Jahre an verschiedenen B¨uhnen (L¨ubeck, Bremen, Leipzig, Dresden). 1888 wurde er Erster Charakterdarsteller am Kgl. Schauspielhaus in Berlin, 1891 Oberregisseur. Seit 1909 leitete G. das Meininger Hoftheater, 1913-18 das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg. Große Erfolge feierte er als Charakterdarsteller in den Rollen des Jago, Mephisto, Franz Moor und Shylock. G. ver¨offentlichte u. a. eine Geschichte der Meininger (1926). C NDB Grube, Wilhelm, Sinologe, * 17. 8. 1855 St. Petersburg, † 2. 7. 1908 Halensee (heute zu Berlin). G., Sohn eines Kaufmanns, studierte in St. Petersburg und Leipzig, wurde 1879 mit einer Arbeit u¨ ber die neokonfuzianische Philosophie der Sung-Zeit promoviert und habilitierte sich 1881. Im folgenden Jahr u¨ bernahm er das Amt des Konservators am Asiatischen Institut der St. Petersburger Akademie und wechselte 1883 als Direktorialassistent an das Berliner Museum f¨ur V¨olkerkunde, wo er sich neben sprachwissenschaftlichen Studien mit Volkskunde besch¨aftigte. Seit 1884 Privatdozent, wurde er 1892 a. o. Prof. an der Univ. Berlin. G. ver¨offentlichte linguistische, ethnographische und kulturhistorische Arbeiten sowie eine Geschichte der chinesischen Literatur (1902). C NDB

Gruber Gruben, Franz Joseph Frh. von, Pseud. Joseph Albertus Justus Eremita, Jurist, Politiker, * 13. 2. 1829 D¨usseldorf, † 23. / 24. 10. 1888 Regensburg. G. trat nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Berlin und Bonn 1850 in den preuß. Justizdienst ein. 1856 war er Gerichtsassessor in Gießen, wo er zum Dr. jur. promoviert wurde. 1857 Regierungsassessor in Koblenz, trat er 1858 in den Dienst des Hauses Thurn und Taxis und u¨ bernahm 1871 die Leitung der f¨urstlichen Verwaltung. Nach seiner Pensionierung 1877 war G. Gr¨undungsmitglied des K¨olner Vereins vom Heiligen Grabe zur Verbesserung der Lage der christlichen Konfession in Pal¨astina und des Deutschen Reformvereins. Seit 1881 geh¨orte er als Mitglied der Zentrumspartei dem Reichstag an. G. war Mitarbeiter der ¨ „Christlich-sozialen Bl¨atter“ und ver¨offentlichte u. a. Osterreichs innere Politik. Eine Studie u¨ ber die sozialpolitischen und wirtschaftlichen Fragen der Gesamtmonarchie (1879). C Haunfelder, Zentrumspartei

Gruben, Gottfried, Architekt, Bauforscher, * 21. 6. 1929 Genua, † 24. 11. 2003 Bad Aibling. G. studierte seit 1949 zun¨achst Klassische Philologie und Klassische Arch¨aologie in Frankfurt / Main und wechselte 1951 zum Studium der Architektur an die TH M¨unchen (u. a. bei Hans → D¨ollgast). Nach seinem Diplom 1956 vor¨ubergehend als freier Architekt t¨atig, arbeitete G. seit 1958 als Bauforscher am Deutschen Arch¨aologischen Institut in Athen und wurde 1960 in M¨unchen promoviert. 1966 erhielt er einen Ruf auf den Lehrstuhl f¨ur Baugeschichte und Bauforschung an der TU M¨unchen, den er bis zu seiner Emeritierung 1994 innehatte. Zu seinem Forschungsschwerpunkt wurde seit 1968 die ionisch-archaische Tempelarchitektur auf den Kykladen, zu der er u. a. mit der Bearbeitung der Kultbauten von Sangri und Yria auf Naxos bedeutende Erkenntnisse lieferte. Grundlegenden Charakter hat sein Buch Griechische Tempel und Heiligt¨umer (1966, 22001). C Gnomon 76 (2004)

Grubenmann, Jakob, schweizer. Baumeister, * 10. 1. 1694 Teufen (Kt. Appenzell-Außerrhoden), † 5. 10. 1758 Hombrechtikon (Kt. Z¨urich). G., Bruder Johann Ulrich → G.s, wurde bei seinem Vater im Zimmerei- und Dachdeckerhandwerk ausgebildet. Er erlangte als Kirchenbaumeister besonderes Ansehen und f¨uhrte 1723-58 dreiundzwanzig Kirchenbauten und -renovierungen aus, u. a. im Kanton Z¨urich die reformierten Kirchen von B¨uhler, Neukirch-Egnach, Stein, Grub und Wald, im Kanton St. Gallen die kath. Kirchen von H¨aggenschwil und Gossau. Zu G.s Profanbauten z¨ahlen die Pal¨aste Baumgarten und Kawatzen in Lindau am Bodensee. Grubenmann, Johann (Hans) Ulrich, schweizer. Baumeister, * 23. 3. 1709 Teufen (Kt. Appenzell-Außerrhoden), † 24. 1. 1783 Teufen. G., Sohn eines Baumeisters, machte eine Zimmermannslehre bei seinem Bruder Jakob → G. Er verf¨ugte, obwohl er keinerlei theoretische Ausbildung besaß, u¨ ber ein bemerkenswertes konstruktives Denken. Im Kirchenbau, vor allem jedoch im Br¨uckenbau (H¨angebr¨ucken) erwarb sich G. große Verdienste. Er studierte seine Konstruktionen an maßstabgerechten Modellen, an denen er vermutlich auch Belastungsproben vornahm, und baute, zum Teil mit seinen Br¨udern, mehrere Holzbr¨ucken von u¨ ber 30 Metern Spannweite. 1755 errichtete G. die Rheinbr¨ucke bei Reichenau, 1764 die Br¨ucke u¨ ber die Limmat bei Wettingen (Kt. Aargau) mit 61 Metern Spannweite. 119 Meter Spannweite sollte nach seinen Pl¨anen die freitragende Holzkonstruktion der Rheinbr¨ucke bei Schaffhausen haben; sie mußte jedoch auf Weisung der Regierung durch Mittelpfeiler gest¨utzt werden (1799 verbrannt). Als bedeutendste seiner zahlreichen

zusammen mit seinen Br¨udern erbauten Kirchen gilt die in W¨adenswil (Kt. Z¨urich; 1764-67). C Schweizer Pioniere, Bd 41

Grubenmann, (Johann) Ulrich, schweizer. Mineraloge, * 15. 4. 1850 Trogen (Kt. Appenzell-Außerrhoden), † 16. 3. 1924 Z¨urich. G., Sohn eines B¨ackers, besuchte das Lehrerseminar in Kreuzlingen und studierte seit 1869 an der Fachlehrerabteilung des Eidgen¨ossischen Polytechnikums Z¨urich. Seit 1874 unterrichtete er Chemie, Mineralogie, Geologie und Zoologie an der Kantonsschule Frauenfeld, deren Rektor er 1886-88 war, wurde 1886 mit der Arbeit Die Basalte des Hegau’s promoviert, u¨ bernahm 1884 die Leitung der kantonalen Lebensmittelkontrolle und habilitierte sich 1888. 1893 wurde er zum o. Prof. f¨ur Mineralogie und Gesteinskunde an den beiden Hochschulen in Z¨urich ernannt, begr¨undete das mineralogisch-chemische Institut der ETH, deren Rektor er 1909-11 war, und stand als Pr¨asident der Thurgauischen und 1904-06 der Z¨urcher Naturforschenden Gesellschaft vor. G. unternahm mineralogisch-petrografische Studien. Mit einer ersten Systematik der Gesteinsmetamorphose wurde er zu einem Vorreiter der chemischen Gesteinsanalyse. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Ueber die Rutilnadeln einschliessenden Bergkrystalle vom Piz Aul im B¨undneroberland (1899), Die kristallinen Schiefer (2 Bde., 1904-07, unter dem Titel Die Gesteinsmetamorphose, 31924) und Der Granatolivinfels des Gordunotales und seine Begleitgesteine (1908). C NDB Gruber, Eberhard Ludwig, evang. Theologe, Pietist, * 12. 6. 1665 Stuttgart, † 11. 12. 1728 Schwarzenau bei Berleburg. Nach dem Studium der Theologie in T¨ubingen wurde G., Sohn eines Rentkammerbuchhalters, 1687 Repetent am dortigen Stift, 1692 Diakon in Großbottwar bei Marbach und kam in den Einflußbereich Johann Georg → Rosenbachs. Er wandte sich einem radikalen Pietismus zu, geriet in Auseinandersetzung mit seinem vorgesetzten Stadtpfarrer und wurde 1703 in die kleine Gemeinde Hofen versetzt. Nach Konflikten innerhalb der Gemeinde wurde er 1706 aus dem Pfarrdienst entlassen. G. trat der Sekte der Inspirierten in Himbach bei Hanau bei, ließ sich nach der Ausweisung aus Himbach 1715 mit zahlreichen Anh¨angern in Schwarzenau nieder und stand bis zu seinem Tod den Inspiriertengemeinden in der Wetterau vor. C NDB Gruber, Edmund, Journalist, * 5. 9. 1936 M¨unchen, † 8. 11. 1996 M¨unchen. Bereits w¨ahrend des Studiums der Volkswirtschaft 1956-60 an der Univ. M¨unchen war G. als Redakteur und Reporter f¨ur die „S¨uddeutsche Zeitung“ t¨atig. 1963 wurde er Redakteur beim Bayerischen Fernsehen. 1966 / 67 f¨ur das ZDF in Mainz t¨atig, war er 1967-73 ARD-Korrespondent in Tel Aviv, 1973-78 in London und seit 1978 in Washington. 1981-88 Chefredakteur von „ARD-aktuell“, seit 1983 auch der „Tagesschau“ und der „Tagesthemen“, wurde er 1988 Intendant des Deutschlandfunks, dessen Programmschwerpunkt er bis zu seiner Abwahl 1992 auf aktuelle Information verlegte. C Munzinger

Gruber, Ferdinand Joseph, eigentl. Johann J. G., Schriftsteller, * 16. 9. 1781 Neunburg vorm Wald, † 16. 2. 1863 Neunburg vorm Wald. G. war 1812 / 13 Fourier im bayerischen Heer, danach Privatlehrer und Schriftsteller in M¨unchen, zuletzt Spitalspfr¨undner in Neunburg. Er schrieb Lyrik, Jugend- und Volksliteratur. Gemeinsam mit seinem Freund Johann Andreas → Schmeller besch¨aftigte er sich mit dem Bauernaufstand von 1705 und ver¨offentlichte Der starke Schmiedbalthe zu Kochel, Fahnentr¨ager und Anf¨uhrer der wacke-

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Gruber ren Hochl¨ander bey dem bayerischen Volksaufstande in der Christnacht 1705 (o. J.). Seine preisgekr¨onte Hymne auf Kaiser → Franz I. erschien in einer Auflage von 10 000 St¨uck. C DLL

Gruber, Franz (Xaver), o¨ sterr. Musiker, Chorregent, Lehrer, * 25. 11. 1787 Unterweizberg (heute zu Hochburg-Ach, Ober¨osterreich), † 7. 6. 1863 Hallein (Salzburg). G., Sohn eines Leinewebers, unterrichtete 1807-29 an der Volksschule in Arnsdorf, danach in Berndorf und seit 1835 in Hallein. Neben seiner T¨atigkeit als Lehrer widmete er sich der kath. Kirchenmusikpflege und war Organist, Chordirigent und Komponist. 1818 schrieb G. die Melodie zu Joseph → Mohrs Stille Nacht, heilige Nacht. Das Lied wurde erstmals am Heiligen Abend 1818 in der Pfarrkirche St. Nikola in Oberndorf gesungen und erlangte bald rasche Verbreitung, vor allem durch wandernde Tiroler Volkslieds¨anger. ¨ C OML Gruber, Franz, o¨ sterr. Architekt, * 20. 7. 1837 Wien, † 1. 11. 1918 Wien. G. besuchte 1855-59 die Genieakademie, war als Mitglied der Genietruppe Teilnehmer der Feldz¨uge von 1859 und 1866 und wurde 1867 Lehrer an der Genieakademie. Von 1877 bis zu seinem Ausscheiden aus der Armee war er Prof. an der technischen Milit¨arakademie. 1888 wurde G. Mitglied des Obersten Sanit¨atsrats. 1893-95 leitete er den ¨ Osterreichischen Ingenieur- und Architektenverein. G. galt als Spezialist f¨ur hygienische Bauanlagen (u. a. Garnisonsspital). Gruber, Franz, kath. Theologe, * 29. 6. 1887 Englschalling, † 22. 2. 1949 Haag (Oberbayern). G. studierte Theologie und Philosophie in Scheyern und Freising. 1911 zum Priester geweiht, wurde er im selben Jahr Koadjutor in Fridolfing, 1912 in Miesbach, 1917 Sekret¨ar des S¨uddeutschen Verbandes der m¨annlichen Jugendvereine, 1919 Leiter der Katholisch-Sozialen Volkshochschule des S¨uddeutschen Verbandes Katholischer Arbeiter- und Arbeiterinnenvereine im Seehof am Kochelsee. Nach der Promotion 1921 in M¨unchen war er 1923 / 24 Prediger an St. Cajetan in M¨unchen, dann bis 1933 wieder Leiter des Seehofs. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten mußte G. seine T¨atigkeit aufgeben. Bis 1949 war er als Pfarrer in Haag in Oberbayern t¨atig. G. ver¨offentlichte Die ¨ soziale Hochschule Leohaus (1919) und Uberlieferung und Zukunftswille in der deutschen Kulturarbeit (1926). Gruber, Franz Xaver, Spottname „Distelgruber“, o¨ sterr. Maler, * 29. 9. 1801 Wien, † 12. 4. 1862 Wien. G., Sohn eines Wirts, studierte an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste und erhielt bereits w¨ahrend seiner Ausbildung mehrere Auszeichnungen (1822 I. Gundlscher Preis f¨ur Blumenmalerei, 1829 f¨ur Landschaftsmalerei und die F¨ugersche Goldene Medaille f¨ur die beste Komposition in der Blumenmalerei, 1823-29 das Michael Hubersche Stipendium). G. war Zeichenlehrer am Institut J. Bl¨ochlingers, besuchte Vorlesungen des Botanikers Joseph von → Jacquin und wurde 1834 Korrektor, 1835 Prof. der Blumen- und Fr¨uchtemalerei an der Manufakturschule der Wiener Akademie der bildenden K¨unste. 1851 gr¨undete er eine private Elementar-Zeichenschule. G., ein Meister der Altwiener Blumenmalerei, f¨uhrte u. a. f¨ur → Ferdinand I. 600 Abbildungen bl¨uhender Palmen und Orchideen in Sch¨onbrunn aus (1841-48). C NDB

Gruber, Gabriel, auch Grueber, Jesuit, Naturwissenschaftler, Techniker, Architekt, * 6. 5. 1740 Wien, † 26. 3. 1805 St. Petersburg. Seit 1755 Mitglied der Gesellschaft Jesu, wurde G., Sohn eines Schwertfegers, 1768 Prof. der Mechanik und Hydraulik am Jesuitenkolleg in Laibach. Nach dem Ordensverbot

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weiterhin Prof. und 1786 in Weißrußland wieder in die Gesellschaft Jesu aufgenommen, wurde G. 1784 Prof. der Physik, Mechanik und Architektur an der H¨oheren Lehranstalt der Jesuiten in Polack. Seit 1799 Generalassistent, u¨ bernahm G. 1800 die Leitung des Collegium Paulinum in St. Petersburg und hatte engen Kontakt zum russischen Zarenhof. G.s Einfluß auf die Bildungsreform in Rußland war groß. 1803 wurde er zum Generaloberen der Jesuiten in Rußland gew¨ahlt. 1781 ver¨offentlichte G. mit seinem Halbbruder Tobias → G. Briefe hydrographischen und physikalischen Inhalts aus Krain an Ignaz von → Born; 1802 erschien sein Aufsatz u¨ ber die Rectification des Saveflusses. G., der sich auch mit mineralogisch-geologischen Fragen besch¨aftigte, starb bei einem Brand im Kolleg des Ordens. C LThK

Gruber, Georg Benno, Pathologe, Medizinhistoriker, * 22. 2. 1884 M¨unchen, † 20. 7. 1977 G¨ottingen. Nach dem Studium der Medizin wurde G., Sohn eines Arz¨ tes, 1908 an der Univ. M¨unchen promoviert (Uber die Beziehung von Milz und Knochenmark zueinander. Ein Beitrag zur Bedeutung der Milz bei Leuk¨amie) und habilitierte ¨ sich 1913 in Straßburg (Uber Histologie und Pathogenese der circumscripten Muskelverkn¨ocherung), wo er bis 1917 Assistent von Hans → Chiari war. Seit 1917 Prosektor im Stadtkrankenhaus Mainz, ging er 1923 als o. Prof. an die Univ. Innsbruck und war 1928-46 o. Prof. der allgemeinen Pathologie und pathologischen Anatomie an der Univ. G¨ottingen. G. besch¨aftigte sich mit teratologischen Fragen und Gef¨aßkrankheiten; gleichzeitig betrieb er Studien zur Geschichte der pathologischen Anatomie und der a¨ rztlichen Standesethik. Er war Mitglied der Akademie der Wissenschaften in G¨ottingen und seit 1952 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Seit 1927 gab er das Werk Morphologie der Mißbildungen des Menschen und der Tiere und seit 1939 das „Zentralblatt f¨ur Allgemeine Pathologie und Pathologische Anatomie“ heraus. Neben zahlreichen Beitr¨agen zum Handbuch der speziellen pathologischen Anatomie ver¨offentlichte er u. a. Doehle-Hellersche Aortitis (1914), Der Alkoholismus (1911, 21920), Einf¨uhrung in Geist und Studium der Medizin (1934, 21943, 41952 unter dem Titel Einf¨uhrung in Geschichte und Geist der Medizin), Von a¨ rztlicher Ethik (1937), Arzt und Ethik (1948, 21956) und 50 Jahre Pathologie in Deutschland (1949, mit Walther → Fischer). C Jb AWG 1977 Gruber, Georg Wilhelm, Kapellmeister, Komponist, * 22. 9. 1729 N¨urnberg, † 22. 9. 1796 N¨urnberg. G., Sohn eines Schwarzb¨uttners, erhielt Klavier-, Geigenund Kompositionsunterricht und unternahm 1747 als Violinist eine Konzertreise nach Frankfurt / Main, Mainz, Leipzig und Dresden. 1750 trat er in das N¨urnberger Stadtorchester ein und versuchte, am Vorbild Domenico Ferraris sein Geigenspiel zu vervollkommnen. Nach dem Tod des Kapellmeisters Johan Joachim → Agrell 1765 wurde er dessen Nachfolger. G. war der Vater von Johann Sigmund → G. C MGG Gruber, Gregor (Maximilian), Piarist, P¨adagoge, Historiker, * 7. 8. 1739 Horn (Nieder¨osterreich), † 20. 4. 1799 Wien. Seit 1755 Mitglied des Piaristenordens, unterrichtete G. die adligen Sch¨uler der Savoyischen Ritterakademie. Seit 1782 Prof. der Geschichte am Theresianum, erhielt er 1783 aufgrund seiner Schrift Lehrsystem einer allgemeinen Diplomatik (3 Bde.) die Professur f¨ur Diplomatik und Heraldik an der Univ. Wien. 1787 / 88 wurde G. Geschichtslehrer der Erzherzogin Elisabeth. Seine wissenschaftliche Arbeit trug maßgeblich zum Aufbau der historischen Urkundenforschung bei. G. ver¨offentlichte u. a. Lehrsystem einer allge-

Gruber ¨ meinen Diplomatik vorz¨uglich f¨ur Osterreich und Deutschland (3 Tle., 1783 / 84; Tl. 3 unter dem Titel Lehrsystem diplomatischer Zeitenkunde).

Gruber, Hermann, Pseud. Hildebrand Gerber, Jesuit, Schriftsteller, * 5. 2. 1851 Kufstein (Tirol), † 8. 5. 1930 Valkenburg (Niederlande). Der Sohn eines Landrichters trat 1868 in die Gesellschaft Jesu ein und studierte in Maria Laach, danach in den Niederlanden und Großbritannien. 1876 zum Priester geweiht, war er Seelsorger in der Schweiz und in Belgien. 1895-1914 lebte G. in Feldkirch („Stella Matutina“), sp¨ater in Valkenburg. Er besch¨aftigte sich mit den politisch-philosophischen Str¨omungen der Zeit, dem Positivismus Auguste Comtes und der Freimaurerei. Er ver¨offentlichte zahlreiche Schriften u¨ ber Aktivit¨aten und Zielsetzungen der Freimaurer, u. a. Freimaurerei, Weltkrieg und Weltfriede (1917). C NDB Gruber, Ignaz, o¨ sterr. Otologe, * 28. 2. 1803 Wien, † 28. 9. 1872 Wien. G. wurde nach dem Medizinstudium und der Promotion (1828, Pestis orientalis prophylaxis medica) Assistent der Chemie bei Joseph von → Jacquin. Er besch¨aftigte sich dar¨uber hinaus mit epidemisch auftretenden Infektionskrankheiten und leistete bei der 1830 / 31 in Wien ausgebrochenen Choleraepidemie fachkundige Hilfe. G. spezialisierte sich sp¨ater als erster o¨ sterr. Mediziner auf das Gebiet der Ohrenheilkunde, auf dem er sich autodidaktisch umfangreiche Kenntnisse aneignete. 1838 erfand er den ungespaltenen Ohrentrichter zur Untersuchung des Trommelfells. G. ver¨offentlichte u. a. Neuere Stimmen aus der Levante u¨ ber die Pest des Orients (1834). Er besch¨aftigte sich auch mit Agrikulturchemie und verfaßte eine gegen Justus → Liebig gerichtete Schrift Ueber den Zustand der neueren organischen Chemie in der Anwendung auf Agricultur vor dem Jahre 1840 (1841). G. war der Vater von Max von → G. und von Ignaz → Gruber von Menninger. C B¨ohm

Gruber, Johann Daniel, Jurist, Bibliothekar, * 11. 4. 1686 Ipsheim (Franken), † 24. 3. 1748 Hannover. G. studierte seit 1704 an der Univ. Halle / Saale Theologie, Jura und Geschichte und wurde 1710 zum Dr. phil., 1721 zum Dr. jur. promoviert. Seit 1723 a. o. Prof. der Rechte und der Philosophie in Halle, folgte er 1724 einem Ruf als o. Prof. der Rechte nach Gießen und ging 1727 als kurf¨urstlich hannoverscher Hof- und Kanzleirat nach Celle. 1729 wurde G. kurf¨urstlicher Bibliothekar und Historiograph in Hannover, 1733 Abt von Bursfelde. Seine wissenschaftliche Reputation gr¨undete sich u. a. auf den Commercii epistolici Leibnitiani ad omne genus eruditionis [. . .] tomus prodromus (2 Tle., 1745). G. hatte Anteil an der Gr¨undung der Univ. G¨ottingen. C ADB Gruber, Johann Gottfried, Pseud. Adolph Grimm, Joseph aus der Grube, Lexikograph, * 29. 11. 1774 Naumburg / Saale, † 7. 8. 1851 Halle / Saale. Nach polyhistorischen Studien bis 1793 an der Univ. Leipzig war G., Sohn eines Schneidermeisters, zun¨achst als Publizist und Schriftsteller t¨atig und habilitierte sich 1803 mit der Schrift Aesthetica philosophiae pars in Jena. Danach Pri¨ vatdozent f¨ur Philosophie und Asthetik an der Univ. Jena und Mitarbeiter der „Allgemeinen Literatur-Zeitung“, ging er 1805 nach Weimar, schloß sich insbesondere Christoph Martin → Wieland an und wurde dessen Biograph (2 Bde., 1815 / 16, 21827 / 28, Nachdr. 1984) und Herausgeber von dessen S¨ammtlichen Werken (53 Bde., 1818-28). 1811 wurde G. Prof. der historischen Hilfswissenschaften in Wittenberg und war als Unterh¨andler der preuß. Regierung an den Verhandlungen zur Zusammenlegung der Universit¨aten Wittenberg und Halle beteiligt; seit 1815 lehrte er an der

Univ. Halle / Saale (seit 1817 Univ. Halle-Wittenberg), deren Rektorat er 1817-21 innehatte. G. wurde 1815 Mitarbeiter an → Brockhaus’ Konversationslexikon, war seit 1818 neben Johann Samuel → Ersch Mitherausgeber und zeichnete f¨ur die B¨ande 28-54 als alleiniger Herausgeber verantwortlich f¨ur die Allgemeine Encyklop¨adie der Wissenschaften und K¨unste (168 Bde., 1818-50), des zum damaligen Zeitpunkt umfangreichsten, alle Wissensgebiete umfassenden Nachschlagewerks. Neben biographischen Arbeiten u. a. zu → Herder, → Schiller und August → Lafontaine galt G.s Interesse insbesondere universalhistorischen Studien (u. a. Geist und Geschichte aller Religionen. Ein Lehrbuch, 1806). Er schrieb auch Romane (u. a. Herr Werther auf Freyersf¨ußen. Siebenmal Br¨autigam, und doch keine Frau, C IGL 2 Bde., 1804), Erz¨ahlungen und Gedichte.

Gruber, Johann Josef Augustin, o¨ sterr. kath. Theologe, Bischof von Laibach, F¨ursterzbischof von Salzburg, * 23. 6. 1763 Wien, † 28. 6. 1835 Salzburg. Der Sohn eines Kaufmanns trat mit sechzehn Jahren den Augustiner-Barf¨ußern bei, verließ den Orden 1783 und wurde 1788 zum Priester geweiht. Nach Seelsorget¨atigkeit in Nieder¨osterreich und in Leopoldstadt (heute zu Wien) unterrichtete er seit 1796 Katechetik, wurde 1802 Regierungsrat, dann Hofrat und bereiste als geistlicher Hofkommissar Galizien. Seit 1812 Titularabt von Ardagger, wurde G. 1816 Bischof von Laibach und begr¨undete dort ein Armen-Institut. Als F¨ursterzbischof von Salzburg (seit 1823) reorganisierte G. das Domkapitel und seine Di¨ozese. Seine Katechetischen Vorlesungen (1830, 41853) waren an Augustinus orientiert. G. war der Begr¨under der Wiener Katechetischen Methode. Zu seinen Werken z¨ahlt auch ein Praktisches Handbuch der C ADB Katechetik (2 Tle., 1830-32, 71854).

Gruber, Johann Sigmund, Jurist, Musikschriftsteller, * 4. 12. 1759 N¨urnberg, † 3. 12. 1805 N¨urnberg. Der Sohn von Georg Wilhelm → G. studierte in Altdorf Rechtswissenschaft und lebte seit 1783 in N¨urnberg, zun¨achst als Advokat, sp¨ater als Syndikus und Rechtskonsulent. Er ver¨offentlichte juristische und musiktheoretische Schriften, u. a. Litteratur der Musik oder Anleitung zur Kenntnis der vorz¨uglichen musikalischen B¨ucher (1783). C MGG Gruber, Josef, o¨ sterr. Otologe, * 4. 8. 1827 Kosolup (Kozolupy, B¨ohmen), † 31. 3. 1900 Wien. G. schloß das Medizinstudium an der Univ. Wien 1855 mit der Promotion ab, praktizierte als Sekundararzt am Allgemeinen Krankenhaus und habilitierte sich 1863 f¨ur theoretische und praktische Ohrenheilkunde. 1870 wurde er tit. a. o. Prof., 1894 o. Prof. und u¨ bernahm nach der Gr¨undung der ersten Universit¨ats-Ohrenklinik zusammen mit Adam → Politzer 1873 deren Leitung. G. war Mitbegr¨under der ¨ „Monatsschrift f¨ur Ohrenheilkunde“ (1875) und der „Osterreichischen Otologischen Gesellschaft“ (1892, mit Politzer). Er ver¨offentlichte u. a. Anatomisch-physiologische Studien u¨ ber das Trommelfell und die Geh¨orkn¨ochelchen (1867) und Lehrbuch der Ohrenheilkunde (1870, 21888). C Czeike Gruber, Josef, o¨ sterr. Komponist, Musiker, * 18. 4. 1855 W¨osendorf (Nieder¨osterreich), † 2. 12. 1933 Linz. G. erhielt seine musikalische Ausbildung als S¨angerknabe im Augustiner-Chorherrenstift St. Florian durch Ignaz → Traumihler und war 1878-1904 Stiftsorganist. Daneben bildete er sich bei Anton → Bruckner und Johann Evangelist → Habert weiter. Von 1904 bis zu seiner Pensionierung war er Musikprofessor an der bisch¨oflichen Lehrerbildungsanstalt in Linz. G. komponierte mehr als 300 kirchenmusikalische Werke, u. a. ein Te Deum (op. 38), 58 Messen,

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Gruber 17 Requien und Kantaten, und gab ein Practisches Handbuch f¨ur Organisten [. . .] (3 Bde., um 1896) heraus. 1928 erschienen Meine Erinnerungen an Herrn Dr. Bruckner. C MGG

und Henri Cartier-Bresson). 1955 gab G. Das AdenauerBildbuch, 1963 Portraits von Man Ray heraus und ver¨offentlichte 1964 die Anthologie Große Photographen des Jahrhunderts.

Gruber, Karl, Architekt, * 6. 5. 1882 Konstanz, † 12. 2. 1966 Darmstadt. G., Sohn eines Landgerichtspr¨asidenten, studierte seit 1904 Architektur an der TH Karlsruhe, war dort seit 1910 als Assistent t¨atig und wurde bei Friedrich → Ostendorf zum Dr.-Ing. promoviert (Eine deutsche Stadt. Bilder zur Entwicklungsgeschichte der Stadtbaukunst, 1914). Seit 1913 als Architekt in Freiburg / Breisgau t¨atig, war er nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1919-25 Leiter des St¨adtischen Hochbauamtes in Freiburg. 1925 wurde er o. Prof. f¨ur Architektur und Mittelalterliche Baukunst an der TH Danzig, wo er 1928-33 die Restaurierung der Marienkirche leitete, und folgte 1933 einem Ruf als o. Prof. f¨ur Gef¨ugelehre der alten Baukunst, Baugeschichte, Entwerfen und St¨adtebau an die TH Darmstadt. G. ver¨offentlichte u. a. Die Gestalt der Deutschen Stadt (1937, 31977), Das Deutsche Rathaus (1943) und Aschaffenburg. Stadt zwischen Schloß und Stift (1962). In Der heilige Bezirk in der zuk¨unftigen Stadt (1949) trat er f¨ur einen an historischen Formen orientierten Wiederaufbau der deutschen St¨adte ein. Zu G.s bedeutendsten Bauten z¨ahlt die Neue Univ. Heidelberg (1930 / 31). C Bad Bio N.F., Bd 3

Gruber, Lilo, eigentl. Lieselotte Praski-G., T¨anzerin, Ballettdirektorin, Choreographin, * 3. 1. 1915 Berlin, † 8. 1. 1992 Berlin. G., Tochter eines Ingenieurs, erhielt seit 1920 eine Tanzund Ballettausbildung bei Tankred Rohrmoser und seit 1922 bei Mary Zimmermann in Berlin. 1932-37 hatte sie ein Engagement beim Tournee-Ensemble Dorian, war nach einem Zusatzstudium in Br¨ussel und Kopenhagen 1938-40 Solot¨anzerin am Stettiner Stadttheater und setzte ihr Studium 1940-42 im Opern- und Schauspielstudio von Marie Schulze-Dornburg in Berlin fort. 1943-47 arbeitete G. als Ballettmeisterin am Stadttheater Greifswald, 1947 / 48 am Stadttheater Plauen und unterrichtete 1948-51 klassischen Tanz und Folklore bei Mary → Wigman in Leipzig. 1953-55 war sie Ballettmeisterin und Choreographin am Opernhaus der St¨adtischen Theater Leipzig, 1955-71 Ballettdirektorin und Chefchoreographin der Deutschen Staatsoper Berlin, deren Ehrenmitglied sie 1971 wurde. G. arbeitete mit dem Maler Bert → Heller und dem B¨uhnenbildner Heinrich → Kilger zusammen. Sie wurde 1958 mit dem Nationalpreis ausgezeichnet und 1965 in die Deutsche Akademie der K¨unste zu Berlin aufgenommen. C DDR

Gruber, Karl, o¨ sterr. Politiker, * 3. 5. 1909 Innsbruck, † 1. 2. 1995 Innsbruck. Der Sohn eines Eisenbahners studierte Elektrotechnik in Innsbruck und Wien. Seit 1934 Angestellter der Postverwaltung, wurde er nach dem Jurastudium 1936 zum ¨ Dr. jur. promoviert. G. war nach dem „Anschluß“ Osterreichs an das Deutsche Reich 1938 in der Tiroler Widerstandsbewegung t¨atig. 1945 wurde er Landeshauptmann von Tirol und war 1945-54 Abgeordneter zum National¨ ¨ rat (OVP), 1945 zun¨achst Unterstaatssekret¨ar f¨ur Außeres in der Staatskanzlei, von Dezember 1945 bis 1953 Bundesminister im Bundeskanzleramt (f¨ur die Ausw¨artigen Angelegenheiten). G. setzte sich gegen¨uber den Siegerm¨achten ¨ f¨ur einen Staatsvertrag mit Osterreich ein und schloß 1946 das „Gruber-de-Gasperi-Abkommen“ u¨ ber S¨udtirol. 1954-57 war er Botschafter in Washington, 1961-66 in Madrid, 1966 in Bonn, 1966-69 Staatssekret¨ar im o¨ sterr. Bundeskanzleramt, 1969-72 erneut Botschafter in Washington, 1972-74 in Bern. G. ver¨offentlichte u. a. Politik der Mitte (1946), ¨ Zwischen Befreiung und Freiheit. Der Sonderfall Osterreich (1953) und die Autobiographie Ein politisches Leben (1976). C Munzinger

Gruber, Ludwig, o¨ sterr. Komponist, Kapellmeister, * 13. 7. 1874 Wien, † 17. 7. 1964 Wien. Der Sohn des Volksdichters und Komponisten Anton G. studierte am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien bei Ferdinand → L¨owe und Robert → Fuchs und war dann u. a. Kapellmeister in Karlsbad und in Ungarn. Er schrieb Filmmusik, T¨anze, M¨arsche, Operetten und komische Opern, darunter Schmetterlingszauber und K¨onig Lustick; mit mehr als 2000 Kompositionen geh¨orte er zu den wichtigsten Vermittlern des Wiener Liedes. Zu seinen bekanntesten Werken z¨ahlen Mei Mutterl war a Weanerin und Es wird a Wein sein. G. gr¨undete 1850 die „Gesellschaft zur Hebung und F¨orderung der Wiener Volkskunst“. Er erhielt ¨ den Professorentitel und wurde mit dem Osterreichischen ¨ Staatspreis f¨ur Komposition ausgezeichnet. C OML

Gruber, L(eo) Fritz, Photograph, * 7. 6. 1908 K¨oln, † 30. 3. 2005 K¨oln. Der Sohn eines Kaufmanns und einer Pianistin besuchte die K¨olner Werkschulen und studierte seit 1926 Philosophie, Germanistik, Kunstgeschichte, Theater- und Zeitungswissenschaft und V¨olkerkunde an der Univ. K¨oln. 1930 Mitgr¨under und seither Mitverleger der Wochenzeitungen „K¨olner Kurier“ und „Westdeutscher Kurier“, emigrierte G. nach deren Verbot 1933 nach England, wo er u. a. als Werbeund Photokopie-Fachmann t¨atig war. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er maßgeblich an der Bildung der K¨olner Fachmesse „photokina“ beteiligt. Als deren Fachbeauftragter (1950-80) organisierte er rund 300 internationale Bilder-, Dokumentar- und Demonstrationsschauen. 1951 geh¨orte G. zu den Gr¨undungsmitgliedern der Deutschen Gesellschaft f¨ur Photographie, deren Vorsitzender er seit 1968 war (seit 1984 Ehrenpr¨asident). Bekannt wurde G. vor allem als Sammler von Photographien des 20. Jh. (u. a. von August → Sander, Man Ray, Ansel Adams, Edward Steichen

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Gruber, Max(imilian Franz Maria) Ritter von, o¨ sterr. Hygieniker, Bakteriologe, * 6. 7. 1853 Wien, † 16. 9. 1927 Berchtesgaden. Der Sohn Ignaz → G.s studierte an den Universit¨aten Wien, M¨unchen und Leipzig Medizin und Chemie (Promotion 1876), war Assistent am Chemischen Institut der Univ. Wien und ging 1879 zur weiteren Ausbildung u. a. zu Max von → Pettenkofer nach M¨unchen. 1882 habilitierte er sich an der Univ. Wien f¨ur Hygiene, arbeitete bei dem Physiologen Carl Friedrich Wilhelm → Ludwig in Leipzig und wurde 1884 a. o. Prof. der Hygiene in Graz, 1887 in Wien, 1891 o. Prof. und u¨ bernahm die Leitung des Hygienischen Instituts. Von 1902 bis zu seiner Emeritierung 1923 lehrte er als o. Prof. der Hygiene in M¨unchen. G., der 1908 pers¨onlich geadelt wurde, hatte maßgebend Anteil an der Entwicklung der modernen Hygiene, war an der Sanit¨atsgesetzgebung ¨ Osterreichs und Bayerns beteiligt und besch¨aftigte sich mit Fragen der Jugenderziehung, Schulhygiene, Alkoholismus, Prostitution und St¨adtesanierung. Auf dem Gebiet der Bakteriologie und Immunit¨atsforschung entdeckte er die spezifische Agglutination der Typhusbakterien durch das Typhusserum (zusammen mit Herbert Edward Durham 1896 ver¨offentlicht). G. geh¨orte zu den Herausgebern des Handbuchs der Hygiene (1911 ff.) und war Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (1924 ihr Pr¨asident) ¨ und der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften. Zu

¨ Grubel seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen ferner Hygiene des Geschlechtslebens (1905, 541927) und Fortpflanzung, Vererbung und Rassenhygiene (1911). G. war der Vater von Otto ¨ Bd 5 von → G. C NOB,

Gruber, Otto, Architekt, * 16. 5. 1883 Offenburg, † 24. 1. 1957 Aachen. G., Sohn eines Landgerichtspr¨asidenten, studierte 1902-10 Architektur an den Technischen Hochschulen Karlsruhe und M¨unchen, war seit 1911 Assistent an der TH Karlsruhe und wurde 1914 promoviert und zum Regierungsbaumeister ernannt. Im Ersten Weltkrieg schwer verwundet, war er seit 1915 im Kriegsvermessungswesen t¨atig. Nach der Habilitation 1920 wurde G. 1924 a. o., 1928 o. Prof. f¨ur Baukonstruktionslehre an der TH Aachen. 1934-37 war er Rektor, 1938-48 Prorektor und 1939 / 40 kommissarischer Rektor der Hochschule. Seit 1937 geh¨orte er der NSDAP an. 1948 / 49 war er Dekan der Fakult¨at f¨ur Bauwesen. 1950, im Jahr seiner Emeritierung, wurde G. zum Ehrensenator der TH Aachen ernannt. C Gr¨uttner Gruber, Otto (Heinrich Franz Anton) Ritter von, Physiker, Geod¨at, * 9. 8. 1884 Salzburg, † 3. 5. 1942 Jena. Der Sohn Max von → G.s studierte seit 1904 in M¨unchen, Berlin und W¨urzburg Mathematik, Physik, Astronomie und Geographie, wurde 1911 Assistent am Physikalischen Institut der TH M¨unchen und im selben Jahr mit der Dissertation Der Hochjochferner im Jahre 1907. Seine Vermessung in den Jahren 1907 und 1908 promoviert. Seit 1913 arbeitete er in der Stereographik GmbH in Wien und berechnete nach dem Ende des Ersten Weltkriegs den Zusammenschluß der ¨ Geod¨atischen Netze Bayerns und Osterreichs. G. habilitierte sich 1920 an der TH Karlsruhe, unterrichtete zwischenzeitlich als Realschullehrer, lehrte an der TH M¨unchen und ging 1922 zu der Firma Zeiss nach Jena, f¨ur die er bereits seit 1919 als Mitarbeiter der Stereographik GmbH M¨unchen t¨atig gewesen war. 1925-30 lehrte er als o. Prof. der Geod¨asie an der TH Stuttgart, kehrte dann zu Zeiss zur¨uck und hatte die wissenschaftliche Leitung der Abteilungen f¨ur geod¨atische Instrumente und Bildmeßger¨ate inne. G. erlangte vor allem auf dem Gebiet der Bildmessung Bedeutung und hatte Anteil an der Entwicklung der selbstfokussierenden Entzerrungsger¨ate (1925) und des Radiotriangulators (1928). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨ort Optische Streckenmessung und Polygonierung (1942, 21955). C NDB Gruber von Zurglburg, Philibert, Franziskaner, Theologe, * 1761 Zurglburg (Tirol), † 11. 8. 1799 Bozen. G. war Mitglied des Franziskanerordens und unterrichtete als Rhetoriklehrer am Bozener Franziskanergymnasium. Er repr¨asentierte neben Herkulan → Oberrauch und G. J. Lechleitner eine theologisch-philosophische Lehrmeinung, die in der kath. Literatur Deutschlands unter dem Namen „Tiroler Schule“ bekannt wurde. G. ver¨offentlichte u. a. Philosophie der a¨ ltesten f¨ur denkende Philosophen der neuesten Zeiten (8 Bde., 1792-98) und Der g¨ottliche Friede zwischen Theologie und Philosophie w¨ahrend der ersten 6 Jahrhunderte des Christentums (3 Tle., 1800).

Gruber, Tobias, auch Gr¨uber, o¨ sterr. Naturforscher, Techniker, * 12. 9. 1744 Wien, † 31. 3. 1806 Prag. G., Halbbruder von Gabriel → G., wurde 1760 nach seiner Ausbildung Jesuit, nach Aufhebung des Ordens 1773 Weltpriester und Assistent von Joseph Walcher, dem Direktor der Donauschiffahrt, besch¨aftige sich mit Mathematik und Naturwissenschaften und war 1774-77 Bau- und Navigationsdirektor im Temesvarer Banat. 1780 wurde er Baudirektor der b¨ohmischen Kameralherrschaften und Mitglied der B¨ohmischen Gesellschaft der Wissenschaften, in deren Abhandlungen verschiedene Studien von ihm erschienen. Mit seinem Bruder Gabriel schrieb er Briefe hydrographischen

und physikalischen Inhalts aus Krain (1781) an Ignaz von → Born und ver¨offentlichte u. a. Physikalische Abhandlung u¨ ber die Strahlenbrechung und Abprellung auf erw¨armten Fl¨achen (1787), Abhandlung u¨ ber die Ausd¨unstung des Wassers im leeren Raum (1789), Beobachtungen auf Reisen nach dem Riesengebirge (mit Johann Jirasek, Thadd¨aus → Haenke und Franz Josef → Gerstner, 1791) und Denkschrift u¨ ber Gr¨oße und Ruhm (1792).

Gruber, Wenzel, o¨ sterr. Anatom, * 24. 12. 1814 Schloß Krukanitz (B¨ohmen), † 30. 9. 1890 Wien. G. wurde nach dem Medizinstudium an der Univ. Prag 1842 zum Dr. chir., 1844 zum Dr. med. promoviert, war seit 1842 Prosektor f¨ur normale Anatomie und folgte 1847 einem Ruf als erster Prosektor f¨ur normale und pathologische Anatomie an die Medizinische Akademie in St. Petersburg. 1847 wurde G. auch in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. Seit 1855 Direktor des PraktischAnatomischen Instituts, wurde er 1858 o. Prof. und kehrte 1888 nach Wien zur¨uck. Gegen schwere Widerst¨ande gelang es ihm, einen wissenschaftlichen Anatomieunterricht in Rußland aufzubauen; er begr¨undete dort das Anatomische Museum. G. ver¨offentlichte rund 500 anatomische Arbeiten, u. a. Anatomie eines Monstrum bicorporeum. Eigenth¨umlicher Thoraco-Gastro-Didymus (1844), Abhandlungen zur menschlichen und vergleichenden Anatomie (1852) und Beobachtungen aus der menschlichen und vergleichenden Anatomie (9 Bde., 1879-89). Gruber von Menninger, Ignaz Frh., o¨ sterr. Finanzwissenschaftler, * 8. 9. 1842 Wien, † 18. 3. 1919 Wien. Der Sohn Ignaz → Grubers wurde 1865 Rechtspraktikant am Wiener Landgericht, 1868 Gerichtsadjunkt am Kreisgericht Eger. Nach l¨angerer Krankheit absolvierte er statistische und volkswirtschaftliche Studien, wurde 1888 promoviert und war in der Statistischen Zentralkommission, seit 1890 im Finanzministerium t¨atig. G. v. M. habilitierte sich 1893 an der Univ. Wien f¨ur Statistik und wurde dort 1902 o. Professor. ¨ Seit 1899 war er Regierungskommiss¨ar der OsterreichischUngarischen Bank und wirkte an wichtigen finanzpolitischen Aktionen des staatlichen Geld- und Kreditwesens mit, u. a. an den Wirtschaftsverhandlungen mit den L¨andern der ungarischen Reichsh¨alfte (1907). G. war Mitglied des Herrenhauses auf Lebenszeit. C NDB Gruchot, Julius Albrecht, Jurist, * 19. 3. 1805 Frankenstein (Schlesien), † 9. 10. 1879. G., Sohn eines Steuereinnehmers, nahm nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Breslau und Heidelberg 1834 eine Hilfsrichterstelle in Hagen an, wechselte im folgenden Jahr nach Soest und wurde 1847 Land- und Stadtgerichtsrat. Seit 1849 Hilfsarbeiter am Appellationsgericht in Hamm, wurde er 1853 Rat, 1873 Geheimer Justizrat. G. gab die von ihm begr¨undete Zeitschrift „Beitr¨age zur Erl¨auterung des Preußischen Rechts durch Theorie und Praxis“ (seit 1857) heraus.

Grubel, ¨ Johann Konrad, Schriftsteller, * 3. 6. 1736 N¨urnberg, † 8. 3. 1809 N¨urnberg. Der Sohn eines Flaschners und Harnischmachers besuchte neben der Volksschule die Zeichenkurse an der st¨adtischen N¨urnberger Kunstschule und wurde nach der im v¨aterlichen Betrieb absolvierten Lehre dort Geselle, 1761 Meister und 1774 Stadtflaschner (Blechschmied). Als einer der Ahnherren der fr¨ankischen Mundartdichtung schilderte G. vor allem das N¨urnberger Alltagsleben; in humorvollen, ironischen Gedichten beschrieb er Menschen und Situationen (u. a. Gedichte in N¨urnberger Mundart, 4 Bde., 1789-1812; 5. Bd. unter dem Titel Correspondenz und Briefe in N¨urnberger Mundart, 1806). 1808 wurde er in den Pegnesischen Blumenorden aufgenommen. C Killy

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Grueber Grueber, Albrecht, Maler, * 12. 9. 1847 Prag, † 24. 8. 1888 Prag. G. wurde zun¨achst von seinem Vater Bernhard → G., dann an der Prager Kunstakademie, seit 1863 an der M¨unchner Akademie der bildenden K¨unste (u. a. von Karl von → Piloty) unterrichtet. Nach der Teilnahme an der Schlacht von W¨orth (1870) wurde er aus gesundheitlichen Gr¨unden vom Milit¨ardienst befreit. G. wurde als Genre- und Tiermaler, Portr¨atist und Zeichner bekannt. Zu seinen Werken z¨ahlt das Gem¨alde R¨uckkehr von der Taufe. G. beschickte Ausstellungen im M¨unchner Glaspalast (1876, 1879) und die D¨usseldorfer Kunstausstellung (1880).

zum Priester geweiht und erhielt im folgenden Jahr von dem Jesuitengeneral Goswin → Nickel den Auftrag, einen Landweg nach China zu erforschen. Zusammen mit Bernhard → Diestel konnte er die Reise wegen drohender Kriegsgefahr in Asien gr¨oßtenteils nur auf dem Schiffsweg bew¨altigen, gelangte 1659 nach Peking und wurde dort in das kaiserliche astronomische Amt berufen. Nach Diestels Tod machte sich G. 1661 mit einem belgischen Jesuiten auf den R¨uckweg. Er betrat, durch das westliche China kommend, als erster Europ¨aer die tibetische Stadt Lhasa, durchquerte Nepal, Indien, Persien, Kleinasien und erreichte 1664 Rom. Seit 1665 war ¨ Natur b) G. in der ungarischen Mission t¨atig. C Ost

Grueber, Benno, eigentl. Michael G., Benediktiner, Komponist, * 28. 9. 1759 Kelheim, † 18. 3. 1796 Weltenburg / Donau. G. war Chormusikus an St. Michael in M¨unchen, wurde 1778 Novize im Augustiner-Chorherrenstift Weyarn und wechselte im folgenden Jahr in die Benediktinerabtei in Weltenburg, wo er 1784 die Priesterweihe empfing. Nach musikalischen Studien am F¨urstlich Thurn und Taxisschen Hof in Regensburg wurde er um 1785 Musikdirektor der Abtei Weltenburg. G., der zu den beliebtesten bayerischen Klosterkomponisten des ausgehenden 18. Jh. z¨ahlte, komponierte zw¨olf Messen und mehrere theatermusikalische Werke. C MGG

Grubler, ¨ Martin (F¨urchtegott), Bauingenieur, * 19. 12. 1851 Meerane (Sachsen), † 20. 4. 1935 Dresden. G., Sohn eines Apothekers, studierte an der TH Dresden Bauingenieurwissenschaften, Physik und Mathematik, habilitierte sich 1880 am Eidgen¨ossischen Polytechnikum Z¨urich und lehrte 1885 / 86 an der Baugewerkschule in Dresden Mechanik und Festigkeitslehre. 1886 wurde er o. Prof. der Mechanik an der TH Riga, lehrte seit 1896 als Privatdozent an der TH Berlin und war von 1900 bis zu seiner Emeritierung 1921 o. Prof. der technischen Mechanik an der TH Dresden. G. ver¨offentlichte zahlreiche Arbeiten auf den Gebieten Mathematik, Mechanik und theoretische Maschinenlehre und gilt neben Franz → Reuleaux, Ludwig → Burmester und Franz → Grashof als einer der Begr¨under der Getriebelehre (Getriebelehre. Eine Theorie des Zwangslaufs und der ebenen Mechanismen, 1917). C NDB

Grueber, Bernhard, Architekt, Kunsthistoriker, * 27. 3. 1807 Donauw¨orth, † 12. 10. 1882 M¨unchen. G. studierte an der M¨unchner Akademie der bildenden K¨unste Historienmalerei, wandte sich 1824 der Baukunst zu und beteiligte sich am Bau der Kirche in der Au. Anschließend wurde er mit den Vorarbeiten zur Restauration des Regensburger Domes betraut und unterrichtete seit 1833 an der Polytechnischen Schule in Regensburg. 1844 folgte er einem Ruf als Prof. der Baukunst an die Akademie der bildenden K¨unste in Prag und entwarf dort Kirchen, Schl¨osser und u. a. die S¨udfront des Altst¨adter Rathauses (1856). G. ver¨offentlichte u. a. Vergleichende Sammlungen f¨ur christliche Baukunst (2 Bde., 1839-41) und erwarb sich besondere Verdienste bei der Erforschung und Darstellung der b¨ohmischen Kunstgeschichte. Er war der Vater von Albrecht → G. C ADB Gruber, ¨ Heinrich (Karl), evang. Theologe, * 24. 6. 1891 Stolberg (Rheinland), † 29. 11. 1975 Berlin. Nach dem Studium der Philosophie und Theologie in Bonn, Berlin und Utrecht war G., Sohn eines Lehrers, seit 1920 Pfarrer im Ruhrgebiet und in der Inneren Mission, sp¨ater Direktor einer kirchlichen Schule in Waldhof bei Templin. 1934 u¨ bernahm er die Pfarrei in Berlin-Kaulsdorf, wurde Mitglied des Pfarrernotbundes und der Bekennenden Kirche und 1938 Leiter des von ihm eingerichteten Evangelischen Hilfsdienstes f¨ur nichtarische Christen („B¨uro Gr¨uber“), mit dessen Hilfe zahlreiche „Nichtarier“ vor der Verfolgung gerettet wurden. 1940-43 war G. in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Dachau interniert. 1945 wurde er Propst von St. Marien in Berlin und war nebenamtlich Pfarrer der niederl¨andischen Gemeinde, 1949-58 Bevollm¨achtigter des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Regierung der DDR. Seit 1961 lebte G. vor allem in Berlin (West) und trat gegen Wiederaufr¨ustung und Atombewaffnung auf. 1968 erschienen Erinnerungen aus sieben Jahrzehnten. C Gerechte Grueber, Johann, Jesuit, Missionar, Forschungsreisender, * 28. 10. 1623 Linz, † 30. 9. 1680 S´arospatak (Ungarn). G. trat 1641 in die Gesellschaft Jesu ein, studierte in Wien und Leoben, 1644-47 in Graz Philosophie und Mathematik und unterrichtete anschließend als Gymnasiallehrer. Nach dem Theologiestudium in Graz (1651-55) wurde er 1655

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Gruehn, (Werner) Reginald (Albert), Chemiker, * 6. 10. 1929 Dorpat, † 17. 7. 2002 Gießen. G., Sohn von Werner Georg Alexander → G. und einer Baroneß von Schilling, kam nach dem Zweiten Weltkrieg mit seiner Mutter nach Westfalen, studierte 1951-58 Chemie an der Univ. M¨unster und wurde 1962 promoviert (Analytische und pr¨aparative Untersuchung im sogenannten Homogenit¨atsgebiet des Niobpentoxyds). Danach als Wissenschaftlicher Assistent, seit 1966 als Oberassistent am AnorganischChemischen Institut der Univ. M¨unster t¨atig, habilitierte er sich 1969 auf der Grundlage seiner Mikromethode zur analytischen Bestimmung niederer Oxydationsstufen (1966). Seit 1970 Lehrstuhlvertreter an der Univ. Gießen und 1971 Wissenschaftlicher Rat und Prof. an der Univ. M¨unster, wurde er im selben Jahr zum Prof. f¨ur Anorganische und Analytische Chemie ernannt und war seit 1991 Gesch¨aftsf¨uhrender Direktor des Instituts. Er war mehrfach Dekan des Fachbereichs Chemie. G., ein Pionier der Strukturaufkl¨arung anorganischer Feststoffe mittels hochaufl¨osender Elektronenmikroskopie, entdeckte 1967 zwei neue Nioboxidfluoride. Weitere Forschungsgebiete waren pr¨aparative Festk¨orperchemie, Thermochemie sowie methodische Entwicklungen zum chemischen Transport und zu Hochtemperatursupraleitern.

Gruehn, Werner Georg Alexander, evang. Theologe, Religionspsychologe, * 18. 7. 1887 Ballgalln (Kurland), † 31. 12. 1961 Hildesheim. G., Sohn eines 1906 ermordeten Pastors, studierte seit 1907 in M¨unchen, Erlangen und Dorpat Philosophie und evang. Theologie, wurde 1914 zum Pastoradjunkt ordiniert, war seit 1915 Oberlehrer in Riga, seit 1918 in Dorpat und wirkte daneben seelsorgerisch. Als Vorstandsmitglied der DeutschBaltischen Partei in Riga (seit 1917) wurde G. 1919 von Bolschewiki inhaftiert. 1920 habilitierte er sich mit Neueren Untersuchungen zum Wertproblem. Ein Beitrag zur experimentellen Erforschung des religi¨osen Ph¨anomens in Dorpat f¨ur Systematische Theologie und wurde im folgenden Jahr in Greifswald zum Lic. theol. promoviert (Das Werterlebnis. Eine religionspsychologische Studie auf experimenteller

¨ Grun Grundlage). 1927 erhielt G. den D. theol h. c. der Univ. Kiel. Im selben Jahr nach Berlin umhabilitiert, wurde er dort 1929 a. o. Prof. und 1937 o. Prof. f¨ur Systematische Theologie. G. war Mitglied der NSDAP. Nach 1945 war er in Hannover als Seelsorger t¨atig und lebte sp¨ater in Hildesheim. Als Sch¨uler von Karl → Girgensohn ein Mitbegr¨under der sog. Dorpater religionspsychologischen Schule suchte G. die Durchschnittsreligiosit¨at nach der Reizwortmethode experimentell zu erforschen und nahm in seiner Religionspsychologie (1926) eine Unterscheidung von religi¨oser Normalpsychologie, genetischer Religionspsychologie, religi¨oser Individualpsychologie, religi¨oser Psychopathologie und Sozialpsychologie der Religion vor. Seit 1927 war er Gesch¨aftsf¨uhrer der Internationalen Gesellschaft f¨ur Religionspsychologie und seit 1929 Mitherausgeber des Russischen Evangelischen Pressedienstes, seit 1949 der Zeitschrift „Der Weg zur Seele“. Zu seinen weiteren Ver¨offentlichungen z¨ahlen Seelsorge im Licht der gegenw¨artigen Psychologie (1926), Die Theologie Karl Girgensohns (1927) und Die Fr¨ommig¨ keit der Gegenwart (1956). 1942 erschien seine Ubersetzung der Aufzeichnungen des Aron Simanovic, Der Zar, der Zauberer und die Juden. G. war der Vater von Reginald → G.

Grumbke, ¨ Johann Jakob, Pseud. Indigena, Historiker, * 6. 9. 1771 Bergen / R¨ugen, † 23. 3. 1849 Bergen / R¨ugen. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Greifswald, Berlin und Erlangen war G. 1800-04 Hauslehrer in Patzig und lebte danach als Privatier in Bergen / R¨ugen. Er besch¨aftigte sich als Heimatforscher mit der Geschichte Pommerns, insbesondere mit den geographischen und historischen Verh¨altnissen der Insel R¨ugen, und ver¨offentlichte u. a. Streifz¨uge durch das R¨ugenland. In Briefen von Indigena (1805). Grummer, ¨ Elisabeth, geb. Schilz, S¨angerin, * 31. 3. 1911 Niederjeutz (Yutz-Basse, Lothringen), † 6. 11. 1986 Warendorf (Westfalen). G. trat 1931-34 als Schauspielerin in Meiningen auf, studierte dann Gesang in Aachen und deb¨utierte 1941 am dortigen Stadttheater. 1942 kam sie an das Stadttheater in Duisburg und war 1946-71 an der St¨adtischen Oper (seit 1961 Deutsches Opernhaus) Berlin engagiert. Bald international bekannt, f¨uhrten sie Gastspielreisen u. a. nach Mailand, London, Rom, Paris, Buenos Aires und New York. G. wirkte bei den Festspielen in Edinburgh (1952), Salzburg (1953-56, 1960-62) und Bayreuth (1957-61) mit. 1965-76 unterrichtete sie Gesang an der Berliner Musikhochschule. G. trat als Interpretin der Werke → Mozarts, Richard → Wagners und Richard → Strauss’ hervor und wurde als Oratorien- und C Kutsch Lieds¨angerin gesch¨atzt.

Grummer, ¨ Paul, Musiker, * 26. 2. 1879 Gera, † 31. 10. 1965 Zug. G., Sohn eines Konzertmeisters, wurde seit 1894 von Julius → Klengel am Leipziger Konservatorium in Violoncello unterrichtet, anschließend von Hugo → Becker in Frankfurt / Main. Seit 1899 f¨uhrten ihn Konzertreisen als Solocellist nach Lettland, England, Schottland und Irland. In England spielte G. im Streichorchester Jan Kubel´ıks und war 1913-30 Mitglied des Quartetts von Adolf → Busch. 1905 wurde er Solocellist beim Wiener Konzertverein und an der Oper. G. lehrte an der Wiener Musikakademie (1907-13, 1940-46) sowie an den Musikhochschulen K¨oln (seit 1926) und Berlin (seit 1933). Seit 1946 lebte er in der Schweiz. G. setzte sich besonders f¨ur das Werk Max → Regers ein. Er schrieb Lehrwerke f¨ur Violoncello (u. a. Die Grundlage des Violoncellospiels, 1955) und eine Autobiographie (Begegnungen, 1963). C MGG

Grun, ¨ Adolf, o¨ sterr. Chemiker, * 22. 11. 1877 Wien, † 29. 3. 1947 Basel. G. wurde nach dem Studium an der TH Wien und ¨ der Univ. Z¨urich 1900 promoviert (Uber Triammin- und ¨ Athylendiaminammin-Verbindungen), habilitierte sich 1907 ¨ (Uber die Konstitution der Fette) und arbeitete seit 1912 als Chefchemiker des Schicht-Konzerns in Aussig (B¨ohmen). 1926-31 war er technischer und chemischer Direktor sowie Vorstandsmitglied der Firma F. Hoffmann-La Roche & Co. in Berlin und lehrte als ordentlicher Honorarprofessor an der Univ. Freiburg / Breisgau. 1933 emigrierte G. in die Schweiz. Sein wissenschaftliches Interesse galt vor allem der organischen Chemie, insbesondere der Fettchemie; er stellte u. a. gemischts¨aurige Glyzeride, Zelluloseester h¨oherer Fetts¨auren und Fetts¨auren mit endst¨andiger Doppelbindung dar. G.s Sulfonierungsmethoden trugen entscheidend zur Entwicklung eines neuen chemischen Industriezweiges bei. Er ver¨offentlichte u. a. Analyse der Fette, Wachse und ¨ Erzeugnisse der Fettindustrie (2 Bde., 1925-29). C OBL Grun, ¨ Albert (Julius Leberecht), Germanist, * 31. 5. 1822 L¨udenscheid (Westfalen), † 22. 4. 1904 Straßburg. Der Sohn eines Volksschullehrers und Bruder Karl → G.s besuchte die Bochumer Bergschule, wurde Bergeleve in Essen, arbeitete f¨ur eine Versicherungsgesellschaft in K¨oln und studierte seit 1843 Philologie an der Univ. Bonn. Wegen Majest¨atsbeleidigung angeklagt, floh er 1846 nach Br¨ussel. 1848 wurde G. in Berlin Vorsitzender des „K¨onigsst¨adtischen Maschinenbauervereins“. 1849 war er Bevollm¨achtiger der provisorischen Regierung von Sachsen in Frankfurt / Main, dann Zivilkommissar in der Pfalz. Nach Beteiligung am Badischen Aufstand floh G. nach Straßburg und hielt sich in den folgenden Jahren in der Schweiz und Deutschland auf. Er war Redakteur des „Niederrheinischen Couriers“ (1870-72) und unterrichtete bis 1895, dem Jahr seiner Ernennung zum Gymnasialprofessor, deutsche Sprache, Geschichte und Literaturgeschichte an H¨oheren M¨adchenschulen in Straßburg. G. ver¨offentlichte u. a. Goethes Faust. Briefwechsel mit einer Dame (1856) und Aus der Verbannung. Gedichte (1858). C DSL Grun, ¨ Anastasius, eigentl. Anton Alexander Graf von Auersperg, o¨ sterr. Schriftsteller, Politiker, * 11. 4. 1806 Laibach, † 12. 9. 1876 Graz. G., Sohn eines Großgrundbesitzers und k. k. Kreiskommissars, besuchte die Theresianische Ritterakademie in Wien (1813), die Ingenieurakademie (1817) und kam 1819 an das Klinkowstr¨omsche Erziehungsinstitut. Er studierte Rechtswissenschaften in Wien und Graz (seit 1824) und bewirtschaftete seit 1831 seine G¨uter in Thurn am Hart (Krain). Die Wintermonate verbrachte G. in Wien, wo er Kontakt zu Dichtern, darunter Eduard von → Bauernfeld und Ignaz Franz → Castelli, pflegte. Er unternahm Bildungreisen nach Italien, Frankreich, England und Deutschland, stand mit dem Schw¨abischen Dichterkreis in Verbindung, besonders mit Ludwig → Uhland, und war sp¨ater mit Nikolaus → Lenau befreundet, dessen Werke er 1855 in 4 B¨anden herausgab. 1848 wurde er Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, 1861 des o¨ sterr. Herrenhauses, 1868 Pr¨asident der o¨ sterr. Reichsratsdelegation. G.s lyrisches Werk, vor allem der Gedichtzyklus Der letzte Ritter (1830), stand unter dem Einfluß des schw¨abischen Dichterkreises um Ludwig → Uhland. Seit 1830 in kritischer Auseinandersetzung mit dem „Metternichschen System“, ver¨offentlichte er anonym Spazierg¨ange eines Wiener Poeten (1831), das fr¨uheste Dokument politischer Lyrik des o¨ sterr. Vorm¨arz und zugleich G.s politisches Bekenntnis zu national-liberalen Ansichten. 1850 erschien die in Knittelversen abgefaßte Dichtung Pfaff vom Kahlenberg. C Killy

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¨ Grun Grun, ¨ Dionys Ritter von, Geograph, * 18. 1. 1819 Prerau (M¨ahren), † 26. 2. 1896 Prag. Zun¨achst Landwirt, studierte G. 1845-47 an der Univ. Prag Philosophie und Geschichte. Nach vor¨ubergehender T¨atigkeit als Hauslehrer setzte er 1849 seine Studien in Berlin fort und h¨orte insbesondere Vorlesungen in Geographie bei Carl → Ritter. Nach Abschluß seines Studiums konvertierte er zum Katholizismus und wurde 1853 Lehrer am erzbisch¨oflichen Gymnasium in Letschau. 1855-75 unterrichtete G. Geschichte und Geographie am Akademischen Gymnasium in Wien und war 1872-75 Lehrer des Kronprinzen → Rudolf, 1875-85 Prof. der Geographie an der Deutschen Univ. in Prag. Er ver¨offentlichte u. a. Geographie. L¨ander- und V¨olkerkunde (1871) und Die Geographie als selbstst¨andige Wissenschaft (1875). Grun, ¨ Ferdinand, Politiker, * 30. 11. 1886 Diedesfeld (heute zu Neustadt / Weinstraße), † 14. 12. 1968 Wiesbaden. G. war Regierungsrat und Direktor des Wiesbadener Arbeitsamtes. Seit 1908 Mitglied des Zentrums, vertrat er seine Partei im Wiesbadener Stadtparlament und im Magistrat (1919-33). G. war Mitbegr¨under und Vorstandsmitglied des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“. Als Gr¨undungsmitglied der CDU geh¨orte er der Verfassungberatenden Landesversammlung Groß-Hessens, dem ersten Hessischen Landtag und der ersten Bundesversammlung an. Grun, ¨ Friederike, S¨angerin, * 14. 6. 1836 Mannheim, † Januar 1917 Mannheim. G. erhielt bei dem Hofkapellmeister Vinzenz → Lachner Gesangsunterricht und begann ihre B¨uhnenlaufbahn als Choristin am Mannheimer Hof- und Nationaltheater. Die folgenden Engagements f¨uhrten sie nach Frankfurt (1862), an das Opernhaus in K¨oln (1863 / 64), das Hoftheater in Kassel (1864 / 65) und die Berliner Hofoper (1866-69). Nach zus¨atzlicher Ausbildung bei Giovanni Battista Lamperti sang sie 1870 / 71 in Stuttgart, hatte Gastspiele u. a. am Teatro Comunale in Bologna und war 1875-77 am Hoftheater in Coburg t¨atig. Von Richard → Wagner gesch¨atzt, sang G. bei den ersten Bayreuther Festspielen u. a. die Fricka im Rheingold. Weitere H¨ohepunkte ihres B¨uhnenrepertoires waren die Titelheldin in Bellinis Norma und die Agathe im Freisch¨utz. 1869 heiratete sie den kaiserlichen russischen Kollegiensekret¨ar Baron von Sadler. 1878 nahm sie Abschied von der B¨uhne und lebte mit ihrem Mann in St. Petersburg. C Kutsch Grun, ¨ Jakob (Moritz), o¨ sterr. Musiker, * 13. 3. 1837 Pest (heute zu Budapest), † 1. 10. 1916 Baden (Nieder¨osterreich). G. erhielt seine musikalische Ausbildung bei Joseph → B¨ohm in Wien und bei Moritz → Hauptmann in Leipzig. Er wurde 1858 Erster Geiger der Weimarer Hofkapelle und wechselte 1861 zur Hofkapelle nach Hannover. Auf Konzertreisen durch Deutschland, die Niederlande und Großbritannien erlangte er Ansehen als Violinvirtuose und wurde 1868 Konzertmeister der Wiener Hofoper. 1877-1909 war G. Violinprofessor am Wiener Konservatorium, u. a. von ¨ C OML Fritz → Kreisler und Carl → Flesch. Grun, ¨ Johann Christoph von der, kurpf¨alzischer Kanzler, * um 1555, † 22. 9. 1622 Heidelberg. Nach Studien in Siena, Leipzig und Ingolstadt wurde G. 1583 Hofgerichtsrat des Kurf¨ursten → Johann Casimir und 1588 adliger Assessor des Reichskammergerichts in Speyer. Seit 1605 Mitglied des Oberrats, des h¨ochsten pf¨alzischen Regierungskollegs, u¨ bernahm er 1606 die Nachfolge des gest¨urzten Kanzlers Klaus Heinrich von Eberbach und hatte dieses Amt bis zu seinem Tod inne. G., der nach außen kaum

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in Erscheinung trat, war eine der bestimmenden Pers¨onlichkeiten der Pf¨alzer Regierung und an allen wichtigen politischen Handlungen w¨ahrend seiner Amtszeit beteiligt. C NDB

Grun, ¨ Karl (Theodor Ferdinand), Pseud. Ernst von der Haide, Schriftsteller, Publizist, * 30. 9. 1817 L¨udenscheid (Westfalen), † 18. 2. 1887 Wien. Der Bruder Albert → G.s studierte seit 1835 Theologie in Bonn, seit 1838 Philologie und Philosophie in Berlin und wurde 1839 zum Dr. phil. promoviert. Nach kurzer T¨atigkeit als Lehrer in Colmar war er, von junghegelianischem Gedankengut gepr¨agt, seit 1842 Redakteur radikaldemokratischer Zeitschriften, u. a. der „Mannheimer Abendzeitung“ und der „Trierschen Zeitung“. G. z¨ahlte neben Moses → Hess und Hermann → P¨uttmann zu den Wortf¨uhrern des „wahren Sozialismus“ und gewann mit seiner Zeitschrift „Der Sprecher oder Rheinisch-Westph¨alischer Anzeiger“ (seit 1843) großen Einfluß. Aufgrund seiner politischen Gesinnung wurde er im Herbst 1842 aus Baden, 1843 aus der Pfalz und 1847 aus Frankreich ausgewiesen. In Paris hatte er Kontakt zu den franz¨osischen Fr¨uhsozialisten, insbesondere zu Proudhon. Seit 1848 Mitglied der preuß. Nationalversammlung und des preuß. Abgeordnetenhauses, wurde G. 1849 als R¨adelsf¨uhrer des Trierer Volksaufstandes verhaftet, jedoch 1850 freigesprochen. 1850-61 lebte er als Publizist in Br¨ussel, 1862-65 als Prof. der Musik und Kultur an der H¨oheren Gewerbeschule in Frankfurt / Main, dann in Heidelberg und ließ sich 1867 in Wien nieder. G. ver¨offentlichte zahlreiche Schriften politischen, philosophischen und kulturhistorischen Inhalts, u. a. Die sociale Bewegung in Frankreich und Belgien (1845) und Kulturgeschichte des 17. Jahrhunderts (2 Bde., 1880). C Westf Autoren, Bd 2 Grun, ¨ Max von der, Schriftsteller, * 25. 5. 1926 Bayreuth, † 7. 4. 2005 Dortmund. G., Sohn eines Schuhmachers, begann 1941 eine kaufm¨annische Lehre und nahm seit 1943 am Zweiten Weltkrieg teil. 1948 kehrte er aus amerikanischer Gefangenschaft zur¨uck, arbeitete im Baugewerbe und seit 1951 als Bergmann im Ruhrgebiet. Als Autodidakt besch¨aftigte sich G. in den f¨unfziger Jahren mit Literatur, befreundete sich mit dem Schriftsteller Willy → Kramp und schrieb neben der Arbeit in einer Zeche bei Unna an seinem ersten Roman (M¨anner in zweifacher Nacht, 1962). Mit Fritz → H¨user u. a. gr¨undete er in Dortmund die „Gruppe 61“. Sein zweiter Roman Irrlicht und Feuer (1963, f¨ur das DDR-Fernsehen 1966 verfilmt) wurde aufgrund seiner Kritik an der Arbeitswelt von Arbeitgebern und Vertretern der IG-Bergbau und Energie abgelehnt. G. wurde aus der Zeche entlassen und lebte fortan als freier Schriftsteller in Dortmund. Neben weiteren, die Arbeitsund Lebensverh¨altnisse in der BRD kritisierenden Romanen wie Zwei Briefe an Pospiechiel (1968) und Fl¨achenbrand (1979) schrieb er auch Jugendb¨ucher (Vorstadtkrokodile, 1976; Wie war das eigentlich?, 1979), ein Opernlibretto (Brot und Spiele. Ruhroper, Urauff¨uhrung 1989 in Dortmund) und ver¨offentlichte 1981 den Band Klassengespr¨ache mit Aufs¨atzen, Kommentaren und Reden. 1976 / 77 nahm er einen Lehrauftrag an der Gesamthochschule Essen, 1983 / 84 eine Gastprofessur f¨ur Poetik an der Gesamthochschule und Univ. Paderborn wahr. G. wurde u. a. mit dem Annette-von-Droste-H¨ulshoff-Preis (1981) und dem LiteraC KLG turpreis Ruhrgebiet (1988) ausgezeichnet. Gruen, Victor D., eigentl. Viktor David Gr¨unbaum, o¨ sterr. Architekt, * 18. 7. 1903 Wien, † 14. 2. 1980 Wien. G., Sohn eines Rechtsanwalts, studierte seit 1918 Hochbau an der H¨oheren Gewerbeschule und Architektur an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien und war 1923-32 in

¨ Grunbeck verschiedenen Architekturb¨uros, dann als selbst¨andiger Architekt und Innenarchitekt t¨atig. 1926 Mitgr¨under des „Politischen Kabaretts“ in Wien, trat er dort als Conf´erencier auf und verfaßte zusammen mit Robert → Lucas daf¨ur auch Texte; 1933 zog er sich aus dem Kabarett zur¨uck. 1938 u¨ ber Paris und London in die USA emigriert, gr¨undete G. die Refugee Artists Group in New York und brachte 1939 / 40 die Revuen From Vienna und Reunion in New York am Broadway heraus. Als Architekt gestaltete er u. a. 1939 den Pavillon von General Motors auf der New Yorker Weltausstellung. Nach dem Zweiten Weltkrieg befaßte sich G., der als Erfinder des Einkaufszentrums gilt, vor allem mit Stadtplanung und der Revitalisierung von Stadtzentren. 1971 kehrte er nach Wien zur¨uck und gr¨undete 1973 das „Zentrum f¨ur Umweltplanung“. G. ver¨offentlichte u. a. Centres for the urban environment. Survival of the cities (1973, dt. 1973) und Meine alte Schuhschachtel. Schriften aus den zwanziger Jahren (1973). C Exiltheater

Grunbaum, ¨ Fritz, eigentl. Franz Friedrich G., o¨ sterr. Kabarettist, Schriftsteller, Schauspieler, * 7. 4. 1880 Br¨unn (M¨ahren), † 14. 1. 1941 Konzentrationslager Dachau. Der Sohn eines Kunsth¨andlers schloß das Jurastudium an der Univ. Wien 1903 mit der Promotion ab, wandte sich bald dem Kabarett zu, hatte 1906 seinen ersten Auftritt als Conf´erencier im Wiener Kabarett „Die H¨olle“ und war dann am Berliner Theater „Chat Noir“ t¨atig. 1914 kehrte er nach Wien zur¨uck und trat im „Simpl“ auf. G., ein Meister des Wiener Kabaretts der Zwischenkriegszeit, verfaßte Conf´erencen, Gedichte, Chansontexte, Sketche, Drehb¨ucher und Libretti, u. a. Die Dollarprinzessin (mit Alfred Maria → Willner, 1907, Musik: Leo → Fall; Der Liebeswalzer, 1908, Musik: Carl Michael → Ziehrer). In Zusammenarbeit mit Karl → Farkas entstanden seit 1922 die Doppelconf´erencen, eine satirisch-kabarettistische Dialogform. Außer im „Simpl“ trat er im „Femina“ (Wien), in der „Bonbonniere“ (M¨unchen) und im „Kabarett der Komiker“ (Berlin) auf und wirkte in Filmen mit. G. schrieb auch Schlagertexte, darunter Draußen in Sch¨onbrunn und Ich hab das Fr¨aul’n Helen badn sehn. 1927 gr¨undete er zusammen mit Julius Wiesner das Boulevardtheater im „Annenhof“, leitete 1924-32 das Stadttheater Wien, 1934-38 mit Farkas den „Simpl“ und verfaßte daneben Filmdrehb¨ucher. 1938 inhaftiert, starb G. 1941 im Konzentrationslager Dachau an Tuberkulose. C Lex dt-j¨ud Autoren

Grunbaum, ¨ Herbert, auch Tuvia Grinbaum, Schauspieler, Regisseur, * 27. 8. 1903 Berlin, † 23. 9. 1981 Berlin. Nach einer Stimmausbildung hatte G. 1921 sein B¨uhnendeb¨ut an den M¨unchner Kammerspielen; es folgten Engagements in Halle, Hamburg, Berlin und Z¨urich. Außerdem trat er in mehreren Filmen auf. 1934-38 war er Schauspieler und Regisseur am Theater des J¨udischen Kulturbundes in Berlin und emigrierte 1939 u¨ ber die Niederlande nach Pal¨astina. Dort war er bis 1947 k¨unstlerischer Leiter einer KibbuzTheatergruppe, 1948-54 Schauspieler und Regisseur am Cameri Theater in Tel Aviv. 1954 ging er an die Volksb¨uhne Ostberlin, u¨ bersiedelte 1960 nach Westberlin und trat am Schiller- und am Schloßparktheater auf. Daneben war er f¨ur Rundfunk und Fernsehen t¨atig. C Exiltheater

Grunbaum, ¨ Johann Christoph, o¨ sterr. S¨anger, * 28. 10. 1785 Haslau (Bez. Asch, B¨ohmen), † 10. 1. 1870 Berlin. G. wurde im Kloster Waldsassen (Oberpfalz) als Diskantist ausgebildet, deb¨utierte 1804 als Tenor am Stadttheater von Regensburg und wirkte 1807-18 an der kgl. Oper in Prag. Seit 1813 hatte er zusammen mit seiner Frau Therese → G. ein Engagement am Wiener K¨arntnertortheater. 1832 ging G. nach Berlin, war Gesangslehrer, arbeitete als musikalischer

Berater und u¨ bersetzte Operntexte aus dem Italienischen und Franz¨osischen, u. a. von Auber, Hal´evy, Rossini und Verdi. C Dt Musikkultur Er war der Vater von Karoline → G.

Grunbaum, ¨ Karoline, o¨ sterr. S¨angerin, * 14. 3. 1814 Prag, † 26. 5. 1868 Braunschweig. Die Tochter des S¨angerehepaares Johann Christoph und Therese → G. deb¨utierte nach ihrer Ausbildung 1829 am Wiener K¨arntnertor-Theater. 1830 sang sie zusammen mit ihrer Mutter bei den Kr¨onungsfeierlichkeiten des o¨ sterr. Kaisers → Ferdinand I. in Preßburg und gastierte anschließend in Hamburg, Braunschweig, Hannover und Darmstadt. 1832 ging G. zun¨achst an das K¨onigst¨adtische Theater in Berlin und wurde im selben Jahr an die Hofoper verpflichtet. Zu ihren wichtigsten Gesangspartien z¨ahlten die Pamina in der Zauberfl¨ote, die Agathe im Freisch¨utz und die Mathilde im Wilhelm Tell. Seit der Heirat mit Julius Brecht (1844) lebte G. in Braunschweig und war als Gesangsp¨adagogin t¨atig. C Kutsch Grunbaum, ¨ Max, Orientalist, * 12. 8. 1817 Seligenstadt (Hessen), † 11. 12. 1898 M¨unchen. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1841 j¨udischrabbinische Theologie und an den Universit¨aten Gießen und Bonn Philologie und Philosophie (ohne Abschluß) und arbeitete daneben als Hauslehrer. Er unterrichtete in Ungarn, Amsterdam, London, Triest und Wien (1857). 1858 wurde G. Inspektor eines j¨udischen Waisenhauses in New York und kehrte 1870 nach M¨unchen zur¨uck, wo er als Privatgelehrter lebte. Er befaßte sich mit orientalischer Sprach- und Sagenkunde, insbesondere mit nachbiblisch-talmudischer und biblisch-muhammedanischer Sagenliteratur sowie mit Literatur in j¨udisch-deutscher und j¨udisch-spanischer Sprache. Als einer der ersten wandte G. die philologisch-kritische Methode auf die j¨udische Sprache, die er als „Mischsprache“ betrachtete, an. Zu seinen Werken z¨ahlen J¨udischdeutsche Chrestomathie, zugleich als Beitrag zur Kunde der hebr¨aischen Literatur (Bd. 1, 1882) und Neue Beitr¨age zur semitischen Sagenkunde (1893). C Lex dt-j¨ud Autoren Grunbaum, ¨ Therese, geb. M¨uller, o¨ sterr. S¨angerin, * 24. 8. 1791 Wien, † 30. 1. 1876 Berlin. Die Tochter des Komponisten und Dirigenten Wenzel → M¨uller trat bereits 1798 / 99 in eigens f¨ur sie geschriebenen Kinderrollen am Leopoldst¨adter Theater in Wien auf. 1807 sang sie die Zerline in der ersten deutschsprachigen Auff¨uhrung von Don Giovanni am Prager Landestheater; 1813-16 geh¨orte sie dem dortigen Deutschen Theater an. Seit 1816 wirkte sie als dramatischer Sopran am K¨arntnertortheater in Wien und feierte u. a. als Desdemona in der deutschen Version von Rossinis Othello große Erfolge. 1828-30 trat sie an der kgl. Oper in Berlin auf, wo sie seit 1832 als Gesanglehrerin lebte. G., seit 1813 mit dem S¨anger Johann Christoph → G. verheiratet, war die Mutter von Karoline → G. C Kutsch Grunbeck, ¨ Max, Zeitungswissenschaftler, Politiker, * 18. 2. 1907 Stutgartt, † 29. 2. 1984 Friedrichshafen. G., Sohn eines Reichsbahnwerkmeisters, studierte 1926-30 an der Univ. M¨unchen Volkswirtschaftslehre, besch¨aftigte sich auch mit Zeitungswissenschaft (Karl → d’Ester) und wurde 1934 mit der Arbeit Die Presse Großbritanniens. Ihr geistiger und wirtschaftlicher Aufbau (ver¨offentlicht 2 Bde., 1936, 21939) promoviert. 1930 u¨ bernahm er die Leitung der 1929 gegr¨undeten studentischen „Zeitungswissenschaftlichen Vereinigung M¨unchen“. Zun¨achst freier Wissenschaftler, zeitweise auch f¨ur die Presseabteilung des Ausw¨artigen Amtes t¨atig, wurde er 1936 dort angestellt und 1944 zum Legationsrat ernannt. Seit 1933 war G. Mitglied der SS, seit 1937 der NSDAP. 1946-48 bet¨atigte er sich als freier

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¨ Grunberg Schriftsteller. 1948 als Kandidat der Freien W¨ahlergemeinschaft zum B¨urgermeister von Friedrichshafen gew¨ahlt, war G. seit 1951 fast 29 Jahre lang Oberb¨urgermeister der Stadt. Seit 1959 geh¨orte er dem Verwaltungsrat des S¨udwestfunks an, dessen stellvertretender Vorsitzender er 1973-80 war. C BHdAD

Grunberg, ¨ Carl, Jurist, National¨okonom, Historiker, * 10. 2. 1861 Foc¸sani (Rum¨anien), † 2. 2. 1940 Frankfurt / Main. G. wurde nach dem Jurastudium in Wien 1886 promoviert, setzte seine Studien 1890-93 in Straßburg fort und habilitierte sich 1894 in Wien. Er war dort seit 1885 freier Anwalt, seit 1893 Hof- und Gerichtsadvokat und 1897-1900 Bezirksrichter. G. wurde 1900 a. o. Prof., 1909 o. Prof. der National¨okonomie an der Univ. Wien. Seit 1924 leitete er das „Institut f¨ur Sozialforschung“ in Frankfurt / Main und lehrte an der dortigen Univ. Rechts- und Wirtschaftshistorie. G.s wissenschaftliches Hauptinteresse galt zun¨achst der Agrargeschichte und -politik, sp¨ater der Geschichte des Sozialismus. Er war Mitbegr¨under und 1893 / 94 Mitherausgeber der „Zeitschrift f¨ur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte“, seit 1909 Herausgeber der „Hauptwerke des Sozialismus“ und ver¨offentlichte u. a. Die Bauernbefreiung und die Aufl¨osung der gutsherrlich-b¨auerlichen Verh¨altnisse in B¨ohmen, M¨ahren und Schlesien (2 Bde., 1893 / 94). G. war der Vater von Emile → Grunberg. Grunberg, ¨ Gottfried, Politiker, * 29. 5. 1899 Beuthen (Niederschlesien), † 7. 2. 1985 Berlin. G., Sohn eines Kleinbauern, war mit Unterbrechung durch den Ersten Weltkrieg Bergarbeiter, daneben bis 1931 f¨ur die KPD im Ruhrgebiet t¨atig und emigrierte 1931 in die Sowjetunion. Dort war er als Bergmann t¨atig, studierte in Moskau u. a. an der Lenin-Schule und wurde nach Erwerb der sowjetischen Staatsb¨urgerschaft 1935 Gewerkschaftsinstrukteur. G. nahm als F¨uhrer einer Pionierkompanie am Spanischen B¨urgerkrieg teil, schloß sich 1941 der Roten Armee an und war Seminarleiter an einer Spezialschule der Kommunistischen Internationale und Lehrer an Kriegsgefangenenschulen. 1945 kehrte er mit Gustav → Sobottka nach Deutschland zur¨uck, wurde 1946 Minister f¨ur Volksbildung in Mecklenburg und war 1950-56 Generalsekret¨ar der Gesellschaft f¨ur Deutsch-Sowjetische Freundschaft. 1956 u¨ bernahm er die Leitung der Propagandaabteilung der Nationalen Volksarmee und war zeitweise stellvertretender Minister f¨ur nationale Verteidigung. 1960 wurde er Milit¨arattach´e in Moskau und trat 1962 in den Ruhestand. C DDR

Grunberg, ¨ Hans-Bernhard von, National¨okonom, * 30. 3. 1903 Pritzig (Pommern), † 15. 6. 1975 M¨unchen. Der Sohn eines Kavallerieoffiziers und Rittergutbesitzers studierte 1922-28 Volkswirtschaftslehre in Heidelberg und K¨onigsberg, war 1929 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der Preuß. Hauptlandwirtschaftskammer in Berlin und wurde 1930 in K¨onigsberg promoviert. Seit 1931 Mitglied der NSDAP, arbeitete G. 1931 / 32 f¨ur die „Preußische Zeitung“ und wurde 1933 Lehrbeauftragter an der Univ. K¨onigsberg, Direktor des Instituts f¨ur Ostdeutsche Wirtschaft (bis 1945) sowie Leiter der Staatlichen Landesplanungsstelle Ostpreußen. 1934 wurde er zum pers¨onlichen Ordinarius f¨ur Wirtschaftliche Staatswissenschaften, 1940 zum o. Prof. f¨ur Wirtschaftswissenschaft an der Univ. K¨onigsberg ernannt, der er 1937-45 als Rektor vorstand. Daneben war G. 1935-45 Gaudozentenbundf¨uhrer von Ostpreußen und 1941 / 42 Wirtschaftsberater beim Reichskommissariat Ukraine in Rowno. Nach der R¨uckkehr aus der Kriegsgefangenschaft 1950 ließ sich G. im Weserbergland nieder und arbeitete als Lehrer an einer privaten Oberschule. Er war seit 1954 Mitglied des Bundesvorstands sowie Landesvorsitzender Nordrhein-

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Westfalen der Deutschen Reichspartei und 1964 Mitgr¨under und Vorstandsmitglied der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands. C Gr¨uttner

Grunberg, ¨ Helene, Schneiderin, Politikerin, * 28. 6. 1874 Berlin, † 7. 7. 1928 N¨urnberg. Zur Schneiderin ausgebildet, schloß sich G. 1896 dem Verband der Schneider und Schneiderinnen an, dem sie bis 1909 vorsaß, und war seit 1910 Vorsitzende der N¨urnberger Filiale des Hausangestelltenverbands. 1906 gr¨undete sie den Verein der N¨urnberger Dienstm¨adchen, Waschfrauen und Putzfrauen. 1919 wurde sie als Mitglied der SPD in den NatioC Weiland nalrat gew¨ahlt. G. beging Selbstmord.

Grunberg, ¨ Karl, Pseud. Schlarks, Schnaffke, Atta Troll, Kage, Schriftsteller, * 5. 11. 1891 Berlin, † 1. 2. 1972 Berlin. Der Sohn eines sozialdemokratischen Schuhmachers war zun¨achst Gelegenheitsarbeiter, besuchte 1910 eine Arbeiterfortbildungsschule in Berlin und wurde dann als Chemielaborant ausgebildet. Seit 1911 Mitglied der SPD, trat er 1920 der KPD bei. Er arbeitete als Schriftsteller und Redakteur von Parteizeitungen, u. a. der „Roten Fahne“, und besch¨aftigte sich mit der Schulung von Arbeiterkorrespondenten. 1928 geh¨orte G. zu den Gr¨undungsmitgliedern des Bundes proletarisch-revolution¨arer Schriftsteller und wurde erste Sekret¨ar der Berliner Ortsgruppe, sp¨ater auch Chefredakteur der Rote-Hilfe-Presse-Korrespondenz „MOPR“. 1933 wurden seine B¨ucher von den Nationalsozialisten verbrannt; im selben Jahr war G. kurzzeitig interniert. 1935 gab er die illegale KPD-Wahlzeitung „Der Maulwurf“ heraus. In der Folgezeit von der Gestapo u¨ berwacht, war G. seit 1936 als Chemielaborant an verschiedenen Orten und 1943-45 als Feuerwehrmann in Essen und Berlin t¨atig. Seit 1945 war er Amtsgerichtsdirektor in Berlin-Pankow, danach freier Schriftsteller. G. schrieb neben politischen Brosch¨uren und Agitpropst¨ucken vor allem sozialistischrealistische Erz¨ahlungen und Dramen; er wurde insbesondere durch den Roman Brennende Ruhr (1929) bekannt, das erste literarische Dokument aus der Zeit des Kapp-Putsches. 1948 erschien der autobiographisch gepr¨agte Roman Der SchatC Lex sozialist Lit tenquartett.

Grunberg, ¨ Martin, Architekt, * 1655 Ostpreußen (Hauptamt Insterburg), † zwischen 16. und 23. 10. 1706 Berlin . G., Sohn eines F¨orsters, wurde 1674 Schreiber der Glash¨utte Drewitz bei Potsdam, 1678 Bauschreiber und studierte 1682-84 auf kurf¨urstliche Kosten in Italien Architektur. Nach seiner R¨uckkehr erhielt er 1688 die Oberaufsicht u¨ ber das Bauwesen der Kurmark. 1695 mit der Fortf¨uhrung der kurf¨urstlichen Bauten beauftragt, legte G. dieses Amt, seit 1697 Hofbaumeister, 1699 nieder. Seine k¨unstlerische Einflußnahme beschr¨ankte sich bei Hofbauten auf technische Ab¨anderungen (u. a. beim Zeughaus, Schloß Berlin). Nach G.s Pl¨anen entstanden u. a. die Kirche St. Sebastian und die Parochialkirche in Berlin sowie St. Johannis in Dessau; an Profanbauten entwarf er u. a. das Berliner Friedrichshospital. Im Landbauwesen zeichnete G. f¨ur den Wiederaufbau von Ortschaften, u. a. Neuruppin, verantwortlich. C NDB

Grunberg, ¨ Max (Paul Emil), Musiker, * 5. 12. 1852 Berlin, † 1940 Berlin. G. erhielt Unterricht bei dem Geiger Ferdinand → Laub, unternahm bereits fr¨uh zahlreiche Konzertreisen und war mehrere Jahre Sologeiger der Meininger Hofkapelle. 1882 wurde er Konzertmeister bei der Hofkapelle in Sondershausen, 1888 am Prager Landestheater und lebte seit 1890 in Berlin. Bis 1905 unterrichtete G. die Ausbildungsklasse am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium, 1905-24 am

¨ Grundgens Sternschen Konservatorium und dirigierte den Orchesterverein der Berliner Musikfreunde. Er ver¨offentlichte u. a. einen F¨uhrer durch die Literatur der Streichinstrumente (1913).

Grunberg, ¨ Walter, o¨ sterr. Veterin¨armediziner, * 7. 4. 1934 Wien, † 13. 7. 1996 Wien. Nach dem Studium an der Tier¨arztlichen Hochschule in Wien wurde G. 1958 zum Dr. med. vet. promoviert (Beitrag zur Methodik des Nachweises von Chlortetracyclin und Oxytetacylin in Mischfuttermitteln) und studierte 1959-64 an der Univ. Wien Zoologie, Mineralogie und Anthropologie (Promotion 1965, Vergleichende Zytologie und Zytochemie basophiler Gewebsgranulocyten der Wirbeltiere). Nach Studienaufenthalten u. a. in Biarritz, London und Heidelberg war er 1959-75 f¨ur die Weltgesundheitsorganisation WHO t¨atig und wurde 1975 o. Prof. der Fischkunde und Versuchstierkunde an der Veterin¨armedizinischen Univ. Wien. Neben Wild- und Haustieren besch¨aftigte sich G. vor allem mit der Prophylaxe, Diagnose und Therapie von Krankheiten von Fischen, insbesondere von Knochenfischen. Seit 1983 war ¨ er korrespondierendes Mitglied der Osterreichischen Akade¨ Akad, Jg. 147 mie der Wissenschaften. C Almanach Ost Grunberger, ¨ Johann Georg, Forstwissenschaftler, * 28. 2. 1749 Bettbrunn bei Ingolstadt, † 1820. G. studierte in M¨unchen und Ingolstadt. Seit 1774 war er Prof. der Mathematik am M¨unchner Kadettenkorps, danach an der herzoglichen Marianischen Landesakademie. 1791 wurde er Wirklicher Hofkammerrat, 1795 Forstkammerrat, 1799 Generallandesdirektionsrat f¨ur Kultur-, Forst-, Bauund Jagdangelegenheiten. G. machte sich insbesondere um die Einf¨uhrung der modernen Forstwissenschaft verdient und gab zusammen mit Georg Anton → D¨atzel das Lehrbuch f¨ur die pfalzbaierischen F¨orster (3 Bde., 1788-90) heraus. 1784 erschien seine Rede von der mannigfaltigen Brauchbarkeit mathematischer Kenntnisse im Druck.

Grundgens, ¨ Gustaf (Heinrich Arnold), eigentl. Gustav G., Schauspieler, Regisseur, Intendant, * 22. 12. 1899 D¨usseldorf, † 6. / 7. 10. 1963 Manila (Philippinen), begraben in Hamburg. Nach seiner Ausbildung an der Hochschule f¨ur B¨uhnenkunst in D¨usseldorf feierte der aus einer Industriellenfamilie stammende G. erste Erfolge als Schauspieler und Regisseur an den Hamburger Kammerspielen. Schon damals machte sich seine, bisweilen gl¨ucklose, Vorliebe bemerkbar, die Hauptrollen in seinen eigenen Inszenierungen zu spielen. Seit der Saison 1928 / 29 wirkte er in Berlin, wo er u. a. als zwielichtiger Charmeur Filmruhm erwarb. Ber¨uhmt wurde seine Darstellung des Mephisto in → Goethes Faust I und II am Staatstheater 1932 / 33. Im M¨arz 1934 wurde er zum kommissarischen Leiter des Staatlichen Schauspiels und im September zu dessen Intendanten ernannt, unter der Zusicherung weitgehender Freiheiten seitens Hermann → G¨orings, der auch die Hand u¨ ber ihn hielt, als Angriffe im „V¨olkischen Beobachter“ erschienen. Kurzerhand ernannte G¨oring G. zum Preußischen Staatsrat. Im Juni 1936 heiratete G. seine Kollegin Marianne → Hoppe, nachdem er sich 1928 von Erika → Mann getrennt hatte. 1937 wurde er Staatsschauspieler und Generalintendant. Von seinem 1943 freiwillig erfolgten „Soldatenspiel“ (als Flak-Soldat) rief ihn G¨oring schon bald wieder ans Theater zur¨uck. Mit der Schließung ¨ zu der Theater und der Zerst¨orung des Hauses ging eine Ara Ende, G.’ Welt versank. Von den Russen, die den Titel „Generalintendant“ f¨ur einen hohen milit¨arischen Rang hielten,

wurde er mehrmals verhaftet und schließlich neun Monate im Lager Jamnitz festgehalten. W¨ahrend G. k¨unstlerische Abende organisierte, um die Russen zu u¨ berzeugen, daß er Artist sei, bem¨uhten sich Kollegen um seine Freilassung. Viele Schauspieler traten f¨ur ihn ein. Gewichtig war die Aussage von Ernst → Busch, der zu Protokoll gab, G. habe ihn durch eine wissentlich falsche Aussage vor den Nationalsozialisten gerettet. Seit April 1946 durfte er wieder auftreten und Regie f¨uhren, wurde nun aber auch kritisiert und nicht mehr ausnahmslos bewundert. Von seinem Gut Zeesen hatten ihn die Sowjets vertrieben, und so entschloß er sich, 1947 die Intendanz der St¨adtischen B¨uhnen D¨usseldorf anzunehmen. Auch privat begann f¨ur ihn ein neuer Lebensabschnitt: er trennte sich von M. Hoppe, und Peter Gorski, den er 1949 adoptierte, wurde sein neuer Lebenspartner. In D¨usseldorf wurde G. wegen seines Spielplans angegriffen, und seine Klassiker-Inszenierungen standen, ebenso wie sp¨ater in Hamburg, unter dem Aspekt der R¨uckwendung. Gesundheitlich schwer angeschlagen, konnte er oft nur unter Zuhilfenahme starker Medikamente die Vorstellung zu Ende spielen. Seit Herbst 1955 war G. Generalintendant des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg. Wieder spielte er den Mephisto in Faust I und II. Er legte diesmal die Rolle lockerer, ironischer an und konnte großen Erfolg verbuchen, der ihn auch auf Auslandsgastspielen begleitete. Durch die Verfilmung des ersten Teils ist sein Mephisto der Nachwelt erhalten. Sein Spielplan wurde auch in Hamburg attackiert, manche Schauspieler f¨uhlten sich von ihm unterdr¨uckt, und nicht selten griff er in die Arbeit fremder Regisseure ein. 1963 hatte die Stadt ohne weiteres seinem R¨ucktritt zugestimmt. Als Philipp II. in → Schillers Don Carlos stand er zum letzten Mal auf der B¨uhne. G. starb auf einer Weltreise in Manila. Die Leistungen des schillernden und bisweilen exaltierten Schauspielers G. werden von der Tatsache u¨ berschattet, daß er sich f¨ur ein verwerfliches Regime einspannen ließ. Doch muß ihm die Nachwelt zugute halten, daß er dank seiner Position etlichen gef¨ahrdeten Kollegen helfen konnte, so zum Beispiel seinem Mentor Erich → Ziegel und dessen j¨udischer Ehefrau Mirjam Horwitz. WERKE: Wirklichkeit des Theaters. Frankfurt / Main 1953. – Briefe, Aufs¨atze, Reden. Hrsg. v. Rolf Badenhausen / Peter Gr¨undgens-Gorski. Hamburg 1967 (Neuausg. M¨unchen 1970). – Gedichte und Prosa. Hrsg. v. Franz-Josef Weber. Siegen 1985. LITERATUR: Friedrich Luft: G. G. Berlin 1958. – Rosemarie Clausen / G¨unther Penzoldt: Theater. G. G. inszeniert. Hamburg 1960. – Henning Rischbieter (Hrsg.): G. Schauspieler, Regisseur, Theaterleiter. Velber bei Hannover 1963. – Curt Riess: G. G. Eine Biographie. Hamburg 1965. – Edda K¨uhlken: Die Klassiker-Inszenierungen von G. G. Meisenheim am Glan 1972. – Alfred M¨uhr: Mephisto ohne Maske. G. G. Legende und Wahrheit. M¨unchen / Wien 1981. – G. G. „Laß mich ausschlafen“. Neue Quellen zur Wirklichkeit und Legende des großen Theatermannes. Hrsg. v. Rolf Badenhausen. M¨unchen / Wien 1982. – Heinrich G¨ortz: G. G. in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg 1982. – Thomas Blubacher: G. G. Berlin 1999. – Peter Michalzik: G. G., der Schauspieler und die Macht. Berlin 1999. – Dagmar Walach: Aber ich habe nicht mein Gesicht.: G. G. – eine deutsche Karriere. Berlin 1999. – G. G. Ansichten eines Schauspielers, Bilder einer Legende. Hrsg. v. Michael Matzigkeit u. a. D¨usseldorf 1999. – „Als Schauspieler f¨uhle ich mich“. G. G. (1899-1963). Ein Berliner Symposion. Hrsg. v. Erika Fischer-Lichte und Dagmar Walach. Berlin 2000. – Dagmar Walach: „Die Gl¨uckssucher“ – G. G.

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¨ Grundler und Ren´ee Stobrawa. Eine Liebe in Briefen und Dokumenten. Leipzig 2005. – Carola Stern: Auf den Wassern des Lebens. G. G. und Marianne Hoppe. K¨oln 2005. Ingrid Bigler-Marschall

Gesch¨aftsf¨uhrer, beteiligte aber sp¨ater seinen Prokuristen am Unternehmen. Als Stadtverordneter (1889-1919) vertrat er Cottbus u. a. auf den St¨adte- und Provinziallandtagen. C BBL

Grundler, ¨ Johann Ernst, luth. Missionar, * 7. 4. 1677

Gruneberg, ¨ Gerhard, Politiker, * 29. 8. 1921 Lehnin

Weißensee (Th¨uringen), † 19. 3. 1720 Tranquebar (S¨udindien). Nach dem Theologiestudium in Wittenberg und Leipzig war G., Sohn eines Ratsk¨ammerers, seit 1701 Lehrer am P¨adagogium August Hermann → Franckes in Halle. Er lernte die Berichte des Missionars Bartholom¨aus → Ziegenbalg kennen und gelangte 1709 mit Hilfe der D¨anisch-Halleschen Mission nach Tranquebar. G. wurde dort Mitarbeiter Ziegenbalgs und u¨ bernahm w¨ahrend dessen Europareise 1714-16 die Leitung der a¨ ltesten evang. Missionsstation Indiens. Er erlernte Portugiesisch sowie Tamil und besch¨aftigte sich mit der medizinischen Literatur der Tamilen. C NDB

Grundler, ¨ Karl August, Jurist, * 21. 11. 1769 Halle / Saale, † 19. 12. 1843 Erlangen. G. habilitierte sich nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Halle und wurde 1796 a. o. Prof., 1797 o. Prof. der Rechte in Erlangen. Er ver¨offentlichte mehrere juristische Arbeiten, u. a. Das im K¨onigreich Bayern geltende katholische und protestantische Kirchenrecht (1839).

Grundorf, ¨ Karl, o¨ sterr. Schauspieler, Dramatiker, * 1. 5. 1830 Riegersburg (Steiermark), † 26. 7. 1906 Wien. Der Sohn eines f¨urstlich-liechtensteinischen Verwaltungsbeamten studierte 1849 Philosophie und Jura in Graz, begann jedoch 1850, als Schauspieler und Regisseur an Provinztheatern zu arbeiten. 1856 wurde er Theaterdichter am Carl-Theater in Wien, 1858 Theaterdichter und Schauspieler am Theater in der Josefstadt. Seit 1860 war G. im publizistischen B¨uro der Westbahn besch¨aftigt und arbeitete nach seiner Pensionierung 1883 als Lektor und Bibliothekar des Raimundtheaters. G. schrieb, angeregt von Ludwig → Anzengruber, zahlreiche Volksst¨ucke, Lebens- und Charakterbilder (u. a. Trau-schau-wem?! Charaktergem¨alde mit Gesang in drei Akten, 1876) und war Herausgeber der humoristisch-satirischen Zeitschrift „Hans-J¨orgel“. C Czeike Grunebaum, ¨ Elias, j¨udischer Theologe, * 10. 9. 1807 Reipoltskirchen / Pfalz, † 25. 9. 1893 Landau / Pfalz. G. war seit 1823 Sch¨uler L¨ob Ellingers in Mainz, wechselte 1826 an die Talmudschule nach Mannheim und studierte anschließend in Frankfurt / Main und Bonn Philosophie und arabische Sprache. Dort befreundete er sich mit Abraham → Geiger und wurde Anh¨anger von dessen Reformbewegung. Nach weiteren Studien in M¨unchen wurde er 1835 Landesrabbiner in Birkenfeld, 1836 Distriktrabbiner in Landau. G. war ein Vertreter des Reformjudentums; seine Bem¨uhungen bewirkten u. a. 1862 die Abschaffung des Judeneids in Bayern. G. ver¨offentlichte u. a. Israelitische Gemeinde, Synagoge und Schule (1861). C Pf¨alzer Pers

Grunebaum, ¨ Max, Unternehmer, * 6. 11. 1851 Lippstadt (Westfalen), † 19. 1. 1925 Cottbus. Der Kaufmannssohn machte eine Lehre in einem Tuchwarengesch¨aft, besuchte die Webschule in M¨ulheim / Ruhr, arbeitete danach in der Aachener Tuchindustrie und war seit 1871 Webmeister bei einer Tuchfabrik in Cottbus, sp¨ater in Luckenwalde. 1876 gr¨undete er mit seinem Schwager Julius Kaufmann die Textilfirma Gr¨unebaum & Kaufmann in Cottbus. Mit der Einf¨uhrung einer neuen Produktionsart f¨ur Kammgarn-Herrenstoffe entwickelte sich die Firma zum f¨uhrenden deutschen Hersteller in diesem Bereich. Nach dem Austritt seines Schwagers 1892 war G. zun¨achst alleiniger

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(Brandenburg), † 10. 4. 1981 Berlin. Von Beruf Maurer, trat G., Sohn eines Arbeiters, 1946 der SED bei, war 1949-52 Sekret¨ar und Mitglied der SEDLandesleitung Brandenburg, anschließend Erster Sekret¨ar der Bezirksleitung Frankfurt / Oder und geh¨orte 1958-61 als Mitglied der Volkskammer dem Ausw¨artigen Ausschuß an. 1960-81 leitete er im Sekretariat des Zentralkomitees die Abteilung Landwirtschaft und nahm entscheidenden Einfluß auf die landwirtschaftlichen Kollektivierungsmaßnahmen und die Durchf¨uhrung industrie¨ahnlicher Pflanzen- und Tierproduktion in Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften. C DDR

Gruneberg, ¨ Hermann Julius, Industrieller, * 11. 4. 1827 Stettin, † 7. 6. 1894 K¨oln. G., Sohn eines Orgelbaumeisters, wurde als Pharmazeut ausgebildet, widmete sich dann den Naturwissenschaften und begann 1851 nach einem eigenen Verfahren mit der Produktion von Bleiweiß. 1854 gr¨undete er eine Salpeterfabrik, u¨ berließ diese 1857 einem Freund und studierte in Berlin Chemie. Anschließend hielt er sich zu Studienzwecken in Paris auf, besuchte u. a. das Conservatoire des Arts et M´etiers und studierte bei Jean Baptiste Boussingault Agrikulturchemie. 1858 nach Deutschland zur¨uckgekehrt (Promotion 1860 in Leipzig), gr¨undete G. zusammen mit Julius Vorster die Kalisalpeterfabrik „Vorster & Gr¨uneberg“ in Kalk bei Bonn. Er wurde durch die Verarbeitung von Abraumsalzen zum Mitbegr¨under der deutschen Kaliindustrie und machte sich um die Einf¨uhrung von D¨ungersalzen in der Landwirtschaft verdient. G. war Mitinitiator der „Organisation der chemischen Industrie Deutschlands“. C NDB

Gruneisen, ¨ Carl, evang. Theologe, * 17. 1. 1802 Stuttgart, † 28. 2. 1878 Stuttgart. G. studierte in T¨ubingen und Berlin Theologie und wurde 1825 von K¨onig → Wilhelm I. von W¨urttemberg zum Hofkaplan und Feldprediger bestellt. Seit 1835 Hofprediger, Oberkonsistorialrat und Feldpropst, wurde er 1846 Oberhofprediger, 1848 Stuttgarter Pr¨alat, 1851 Pr¨asident der deutschen evang. Kirchenkonferenz. G. u¨ bernahm 1857 den Vorsitz des „Vereins f¨ur christliche Kunst in der evangelischen Kirche W¨urttembergs“ und war 1858-77 Mitherausgeber und Redakteur des Stuttgarter „Christlichen Kunstblatts ¨ f¨ur Kirche, Schule und Haus“. Er ver¨offentlichte u. a. Uber Gesangbuchreform (1839), Abriß einer Geschichte der religi¨osen Gemeinschaften in W¨urttemberg (1841) und Christliches Handbuch in Gebeten und Liedern (1846, 71887). C ADB Gruneisen, ¨ Eduard, Physiker, * 26. 5. 1877 Giebichenstein (heute zu Halle / Saale), † 5. 4. 1949 Marburg / Lahn. G., Sohn eines Pfarrers, studierte in Halle und Berlin, u. a. ¨ bei Max → Planck, wurde 1900 promoviert (Uber die Bestimmung des W¨armeleitverm¨ogens der Metalle) und war seit 1904 Mitarbeiter der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin; 1911 wurde er dort Leiter des Schwachstromlabors, 1919 Direktor der Abteilung f¨ur Elektrizit¨at und Magnetismus. 1905 habilitiert, folgte er 1927 einem Ruf als o. Prof. der Experimentalphysik an die Univ. Marburg, wo er Direktor des Physikalischen Instituts war. G., seit 1940 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, erforschte die allgemeinen Zustandsgesetze fester K¨orper und formulierte 1912 die thermodynamische Theorie des festen Zustandes, 1930 die „Gr¨uneisen-

¨ Grunewald Blochsche-Widerstandsformel“. Ferner bestimmte er die Schallgeschwindigkeit in einem breiten Frequenzraum. G. ver¨offentlichte u. a. Elektrische Leitf¨ahigkeit der Metalle bei tiefen Temperaturen (in: Ergebnisse der exakten Naturwissenschaft 21, 1945). C Marburg

Grunenberg, ¨ Konrad, auch Gr¨unemberg, * 1442, † 1494 (?). G. stammte aus einer Konstanzer Patrizierfamilie, war seit 1442 st¨adtischer Baumeister und erscheint 1474, dann wieder 1475, 1476 und 1483-94 im Großen Rat der Stadt Konstanz unter den Vertretern der Geschlechter. Seit 1485 wird G. in den Ratsb¨uchern als Ritter erw¨ahnt. 1486 reiste er als Pilger ins Heilige Land und ver¨offentlichte dar¨uber die Beschreibung Ritter Gr¨unembergs Pilgerfahrt ins Heilige Land 1486 (hrsg. von Johann → Goldfriedrich und Walter Fr¨anzel, 1912). Mit dem 1483 vollendeten Wappenbuch schuf er eines der bedeutendsten Werke der malerischen Heroldskunst; er erfaßte darin rund 2000 farbige Fabel- und Quaternionenwappen sowie Wappen des deutschen und ausl¨andischen Adels (Des Conrad Gr¨unenberg, Ritters und B¨urgers zu Constanz, Wappenbuch [. . .], 5 Bde., 1875-83, hrsg. von Rudolf M. Stillfried-Alcantara und Alois Matthias Hildebrandt). C VL Grunenwald, ¨ Jakob, Maler, * 30. 9. 1822 B¨unzwangen bei G¨oppingen, † 26. 9. 1896 Stuttgart. G. wurde an der Stuttgarter Kunstschule 1840-53 u. a. als Sch¨uler Johann Friedrich → Dieterichs und Bernhard von → Nehers ausgebildet und lebte anschließend in M¨unchen. Er trat als Genremaler hervor, malte 1863 f¨ur das Bayerische Nationalmuseum das Historienfresko Niederlage der treuen ¨ Bauern bei Aidenbach 8. Januar 1706 durch die Osterreicher und beschickte bis 1881 mehrmals die AkademieAusstellungen in Dresden und Berlin sowie den M¨unchner Glaspalast. Seit 1877 lehrte G. als Prof. am Antikensaal der Stuttgarter Kunstschule.

Gruner, ¨ Christoph Sig(is)mund, genannt Fridolin G., Schauspieler, Schriftsteller, * 30. 1. 1757 Kynau (Schlesien), † 17. 12. 1808 Wien. Der Sohn eines Forstmeisters studierte in Halle und Jena, trat seit 1775 als Schauspieler auf und wurde 1783 Mitglied der Gesellschaft Franz Schuchs d. J. Engagements f¨uhrten ihn anschließend nach Posen, Hamburg (1787), K¨onigsberg (1788), Bremen, Hannover (seit 1795) und Danzig (seit 1804). G. schrieb Dramen, theaterreformerische Abhandlungen und historisierende erotische Unterhaltungsromane, u. a. Henriette von Detten, Gr¨afin von und zu J., genannt Jettchen Sch¨onthal, die sch¨onste und merkw¨urdigste Buhlerin ihrer Zeit. Ein Beytrag zum Archiv der Liebe, des Genusses und der Weiblichkeit (2 Bde., 1803 / 04) nebst Fortsetzungen. C Killy Gruner, ¨ Joseph Sebastian, Jurist, Historiker, * 16. 2. 1780 Eger (B¨ohmen), † 16. 1. 1864 Eger. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Prag praktizierte G. bei einem dort ans¨assigen Advokaten und wechselte dann nach Eger. Seit 1807 Magistrats- und Kriminalrat, seit 1820 Verwalter des Polizeiamtes und des Paßwesens, war er f¨ur die wichtigsten Justiz- und Administrationsgesch¨afte des Egerlandes zust¨andig. G. verfaßte zahlreiche mineralogische und volkskundliche Arbeiten, lernte 1816 → Goethe kennen und stand danach mit ihm in Briefwechsel, der unter dem Titel Briefwechsel und m¨undlicher Verkehr zwischen Goethe und dem Rathe Gr¨uner (1853) erschien. Gruner, ¨ Karl Franz, eigentl. von Ak´ats, o¨ sterr. Schauspieler, Theaterleiter, * um 1780, † Juni 1845 Pest (heute zu Budapest). G. entstammte einer ungarischen Adelsfamilie und war zun¨achst Offizier in der o¨ sterr. Armee. 1803 ging er nach

Weimar und deb¨utierte, von → Goethe f¨ur die B¨uhne ausgebildet, am dortigen Theater. 1804 wechselte G., auf die Rolle des Helden festgelegt, nach M¨unchen, 1807 an das Theater an der Wien und kam 1816 als Regisseur und Dramaturg an das Hoftheater Darmstadt. Seit 1831 leitete er das Stadttheater von Frankfurt / Main, wurde 1836 unter dem Vorwurf der Mißwirtschaft entlassen und starb v¨ollig verarmt. G. wurde insbesondere durch seine prunkvollen Operninszenierungen bekannt. C MGG

Grunert, ¨ Bernhard, Landwirt, Funktion¨ar, * 3. 8. 1906 Bergen (Niederschlesien), † 21. 10. 1997. G. wurde zun¨achst wie sein Vater Landarbeiter, erhielt 1922-25 eine Ausbildung zum Maurer und trat 1925 der KPD in Breslau bei. 1933 vor¨ubergehend inhaftiert, arbeitete er weiterhin im erlernten Beruf und war seit 1940 Soldat. 1946 trat G. der SED bei, wurde Neubauer in Worin und Bezirksb¨urgermeister in Gusow und war 1950-52 Abgeordneter des Brandenburger Landtags. Im Juni 1952 begr¨undete er eine der ersten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG), die LPG „Thomas M¨untzer“ in Worin, deren Statut als Muster f¨ur weitere Gr¨undungen diente. G. blieb bis 1975 Vorsitzender der zur Groß-LPG entwickelten LPG Worin und geh¨orte 1963-72 dem Rat f¨ur landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsg¨uterwirtschaft der DDR, 1954-76 auch dem Zentralkomitee der SED an. C DDR Grunewald, ¨ Alfred, bis 1923: Gr¨unwald, o¨ sterr. Architekt, Schriftsteller, * 17. 3. 1884 Wien, † nach 1942 in einem Konzentrationslager. Der Sohn eines Kaufmanns studierte 1902-08 Bauingenieurwesen und Architektur an der Univ. Wien und war anschließend Mitarbeiter des Architekten Adolf → Loos. Er schrieb Dramen und ver¨offentlichte zwischen 1906 und 1936 dreizehn Lyrikb¨ande, u. a. Die Gezeiten der Seele (1912) und Gebet um Lieder (1935). 1938 in das Konzentrationslager Dachau verbracht, floh G. 1939 u¨ ber die Schweiz und Italien nach Frankreich, wo er noch im selben Jahr interniert wurde. 1942 wurde er nach Auschwitz deportiert. C Lex dt-j¨ud Autoren

Grunewald, ¨ Armin, Journalist, * 28. 12. 1930 L¨owenberg (Schlesien), † 9. 8. 1993 Aachen. ´ Nach dem Besuch der Ecole Polyglotte des Langues in Montreux studierte G. 1952-55 Volkswirtschaft in Kiel und arbeitete anschließend am Kieler Institut f¨ur Weltwirtschaft, wo er 1957 zum Dr. sc. pol. promoviert wurde. Im selben Jahr ging er als Wirtschaftsredakteur zur „Stuttgarter Zeitung“, wechselte 1961 als Wirtschaftskorrespondent nach Bonn und leitete 1972 die Bonner Redaktion der „Stuttgarter Zeitung“. 1973-80 war G. Stellvertretender Sprecher der Bundesregierung und leitete seit 1981 die Abteilung Auslandshandelskammern beim Deutschen Industrie- und Handelstag. C Munzinger

Grunewald, ¨ Ernst Friedrich, Kupferstecher, Schriftsteller, * 1. 3. 1801 Darmstadt, † 26. 11. 1848 Darmstadt. G. erhielt seine Kupferstecherausbildung in Darmstadt und Karlsruhe, kehrte 1828 in seine Heimatstadt zur¨uck und wurde im folgenden Jahr zum Hofkupferstecher ernannt. 1837 reiste er nach London und gr¨undete nach seiner R¨uckkehr zusammen mit dem Engl¨ander W. J. Cooke eine eigene Kupferdruckerei, in der zahlreiche deutsche und englische Stecher besch¨aftigt wurden. G. schrieb Lyrik und Dramen und ver¨offentlichte u. a. Dichtungen (1827). C Hess Bio, Bd 1 Grunewald, ¨ Gottfried, auch Grunewald, S¨anger, Komponist, getauft 15. 10. 1673 Seifhennersdorf bei Zittau, † 19. 12. 1739 Darmstadt. G., Sohn eines Schullehrers und Organisten, studierte seit 1696 an der Univ. Leipzig und bet¨atigte sich als S¨anger.

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¨ Grunewald Seine erste Oper wurde 1703 unter → Telemanns Leitung aufgef¨uhrt. Im selben Jahr ging G. an die Oper in Hamburg, wo seine Opern Der ungetreue Sch¨afer Cardillo (1704) und Germanicus (1705) aufgef¨uhrt wurden. 1709 wurde er Vizekapellmeister am Hof von Sachsen-Weißenfels, 1712 am Hof von Hessen-Darmstadt, wo er sp¨ater als Kapellmeister gef¨uhrt wird. G. komponierte ferner Kirchenkantaten f¨ur die Darmst¨adter Schloßkirche und sieben Partiten f¨ur Cembalo. C MGG

Grunewald, ¨ Herbert, Chemiker, Industriemanager, * 12. 9. 1921 Weinheim / Bergstraße, † 14. 7. 2002 Eichen. Nach der R¨uckkehr aus der Kriegsgefangenschaft 1949 setzte G., Sohn eines Kaufmanns, das 1940 in Frankfurt begonnene Studium der Chemie fort, erwarb 1953 das Diplom ¨ und wurde 1956 in Heidelberg mit der Arbeit Uber den Valoneagerbstoff zum Dr. rer. nat. promoviert. Er trat als Chemiker in die Zwischenprodukte-Abteilung der Farbenfabriken Bayer AG ein, wurde 1965 Direktor der Abteilung und u¨ bernahm die Betreuung des Organisch-Analytischen Laboratoriums und des Zentralen Organischen Technikums. 1968 wurde G. in den Vorstand der Bayer AG berufen, 1970 zum Koordinator f¨ur Konzernfragen bestellt. In seiner Amtszeit als Vorsitzender des Vorstandes (1974-84) er¨ folgte 1981 die vollst¨andige Ubernahme des Photokonzerns Agfa-gevaert. 1984-92 war G. Vorsitzender des Aufsichtsrats des Unternehmens, danach Ehrenvorsitzender. 1971-86 hatte er den Vorsitz der Carl Duisburg Gesellschaft inne und geh¨orte 1974-85 dem Pr¨asidium des Verbandes der Chemischen Industrie an, 1982 / 83 als Pr¨asident. Er war Aufsichtsratsvorsitzender der Allianz und geh¨orte den Aufsichtsr¨aten der VEBA AG (1979-88), der Commerzbank AG, Frankfurt, der SMS Schloemann-Siemag AG, D¨usseldorf, und der Siemens AG, M¨unchen, an. G. war Vizepr¨asident der Max-Planck-Gesellschaft und Stiftungskommissar der Carl-Zeiss-Stiftung, Honorarprofessor f¨ur Technische Chemie an der Univ. Bonn (seit 1975), Ehrenmitglied der Nordrhein-Westf¨alischen Akademie der Wissenschaften, seit 1988 Ehrensenator der Univ. Bonn und Vorstandsmitglied der Stiftung Deutsche Sporthilfe. 1981 wurde von der Bayer AG die „Herbert-Gr¨unewald-Stiftung zur F¨orderung von Sportm¨oglichkeiten f¨ur Behinderte“ eingerichtet. C Munzinger

Grunewald, ¨ Matthias (Gothart Nithart), eigentl. Matthias, Mathis oder Math¨aus Gothart oder Nithart, Maler, Zeichner, Baumeister, * um 1480, † vor 1. 9. 1528 Halle / Saale. Die eingeb¨urgerte Nennung „Gr¨unewald“ ist historisch zweifelhaft und basiert allein auf der Teutschen Academie des Joachim von → Sandrart (1675), der von „Matthaeus Gr¨unewald, sonst Matthaeus von Aschaffenburg genant“ berichtet. Die Urkunden zwischen 1505 und 1532 verwenden variierende Schreibweisen von Mathias, Mathis, Mathes, seit 1516 zusammen mit dem Familiennamen Gothart, seit 1527 mit dem Nachnamen „Nithart“, den auch der Adoptivsohn Endres tr¨agt. Die erhaltenen Signaturen auf zwei Zeichnungen und auf der Washingtoner Kreuzigungstafel sind als MG, auf der Laurentiustafel (Frankfurt), auf dem Sebastiansfl¨ugel des Isenheimer Altars (Colmar) und auf dem Rahmen des Maria-Schnee-Altars (Aschaffenburg) als M. G. N. lesbar. Das Nachlaßinventar nennt „Meister Mathis maler Nithart oder Gothart“. Aus dem Briefwechsel von Kaiser → Rudolf II., der den Isenheimer Altar 1597 erwerben wollte, geht hervor, daß

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der Name des Malers damals bereits vergessen war. Die Wiederentdeckung und die k¨unstlerische Neubewertung setzt mit der Ver¨offentlichung von Heinrich Alfred → Schmid (1911) und der in M¨unchen vorgenommenen Restaurierung und Ausstellung der Isenheimer Altarfl¨ugel 1918 / 19 ein. G.s Wechsel zwischen technischen und k¨unstlerischen T¨atigkei¨ ten und die fragmentarische Uberlieferung an Dokumenten wie an gemalten Auftragswerken haben zu Spekulationen u¨ ber seinen Werdegang gef¨uhrt. Walter Karl → Z¨ulch (1938), Paul Fraundorfer (1952 / 53), Anton Kehl (1964) und Bernhard Saran (1972, 1973) haben die T¨atigkeitsfelder und Dokumente jedoch eingehend analysiert und viele Z¨uge von Leben und Werk historisch verst¨andlich gemacht. ¨ ¨ → Altdorfer und dem SaliAhnlich wie bei → Cranach d. A., nenbauingenieur Erasmus → Grasser gingen die T¨atigkeiten G.s weit u¨ ber den Beruf des Malers hinaus. Vermutlich im W¨urzburgischen als Maler ausgebildet, k¨onnte er nach einer Wanderzeit zwischen 1497 und 1502 Meister geworden sein. Stilistisch erscheint er in seinen Fr¨uhwerken vor allem von ¨ beeinflußt, dem Augsburger Meister Hans → Holbein d. A. der 1500 und 1501 im Frankfurter Dominikanerkloster arbeitete. Das Zusammenwirken mit einer N¨urnberger Schnitzwerkstatt f¨ur den 1503 datierten Lindenhardter Altar – G. bemalte die Schreinr¨uckseite und die Fl¨ugelaußenseiten – spricht f¨ur einen Aufenthalt in N¨urnberg. Das Kennenlernen von → D¨urers Werkstatt und vielleicht auch ein Kontakt zu dem Wanderk¨unstler Jacopo da Barbari sind f¨ur diese Zeit anzunehmen. Als Epitaphbild f¨ur die Aschaffenburger Stiftskirche entstand die Tafel der Verspottung Christi zwischen 1504 und 1506. Ein weiteres – verlorenes – Epitaphbild f¨ur den Aschaffenburger Stiftsvikar Reitzmann kam 1504 oder 1505 hinzu. 1505 wird G. im Zusammenhang dieses Auftrags als Meister mit einem Gehilfen in Aschaffenburg erw¨ahnt, in welche Zeit auch die Verspottung Christi f¨allt, die aufgrund der Sterbedaten des Bestellers und seiner Schwester zwischen 1504 und 1506 eingegrenzt werden kann. 1510 wird G. als Wasserkunstmeister eingesetzt, um Arbeiten am Brunnen des Schlosses zu Bingen auszuf¨uhren. 1511 ist er im Auftrag des Mainzer Erzbischofs Uriel von → Gemmingen mit dem Bau eines aufwendigen Kamins im Aschaffenburger Schloß besch¨aftigt; als „Steinmetz“ soll er die Pl¨ane und Modelle f¨ur die Ausf¨uhrung bereitstellen. 1512 beginnt er mit den Arbeiten f¨ur den Isenheimer Altar; 1516 weist ein Gesuch („magistri Mathie Gothart pictoris“) um Aufbesserung der Bezahlung G. als Mainzer Hofmaler aus; 1517 muß er in Aschaffenburg den Pilgerbrunnen begutachten. Im selben Jahr bestimmt der Kanonikus Reitzmann ein Legat von 25 Gulden f¨ur ein Triptychon von Maria Schnee (erhalten ist die Schneewunderdarstellung in Freiburg und der Rahmen mit der Datierung 1519 in Aschaffenburg). In die Zeit um 1517 f¨allt auch die Ausf¨uhrung der Tafel der Maria mit Kind in der Pfarrkirche von Stuppach, die von einigen Autoren als Mittelbild des Reitzmannaltars angesehen wird. Zwischen 1517 und 1523 entstand als Auftrag von → Albrecht von Brandenburg die Erasmus-MauritiusTafel f¨ur die Stiftskirche von Halle. Auf einem Beuteschiff der Schweden versanken 1631 oder 1632 drei Alt¨are in der Ostsee, die G. um 1520 f¨ur drei verschiedene Kapellen im Dom zu Mainz gemalt hatte: „drei Altarbilder, jedes mit zwei innen und außen bemalten Fl¨ugeln“ (Sandrart, 1675). Die sp¨ateste erhaltene Arbeit f¨ur den Kurmainzischen Hof ist die Grablegung in Predellenform (Aschaffenburg, Stiftskirche) mit den Wappen der Erzbisch¨ofe → Dietrich von Erbach und Albrecht von Brandenburg. 1524 und 1525 sind Zahlungen des Mainzer Hofs an „Meister Mathes“ dokumentiert, ebenso 1525 die Erasmus-Mauritius-Tafel und eine Kreuzabnahme in der Stiftskirche St. Moritz zu Halle. 1525 / 26 wird G.s Adoptivsohn Endres Nithart Lehrling bei dem Bildhauer Rucker in Seligenstadt; 1533 ist er als Schulmeister in

¨ Grunfeld Frankfurt nachgewiesen. Keine Nachrichten liegen u¨ ber die Auftragsumst¨ande der aus Tauberbischofsheim stammenden sp¨aten Doppeltafel mit der Kreuztragung und Kreuzigung (wohl 1523-25, heute Karlsruhe) vor. Am 27. 2. 1526 erh¨alt G. vom Mainzer Hof eine Restzahlung f¨ur seine Arbeiten. Am 1. 5. 1526 wurden in Aschaffenburg alle zum Hof geh¨orenden Personen, die die Lehre → Luthers oder die Forderungen der Bauern vertraten, vor Gericht gestellt. G. floh nach Frankfurt, wo er 1526 / 27 bei dem Seidensticker Hans von Saarbr¨ucken wohnte; er bet¨atigte sich als Seifenhersteller und m¨oglicherweise als Farbenh¨andler. Am 8. 5. 1527 wurde er vom Frankfurter Stadtrat mit der Planung einer M¨uhle am Main beauftragt. Im Sommer desselben Jahres machte er dort sein Testament und hinterließ seine bewegliche Habe in f¨unf Kisten seinem Quartiergeber, um nach Halle zu u¨ bersiedeln. Am 1. 9. 1528 teilen drei Stadtr¨ate von Halle der Stadtbeh¨orde mit, daß der „Maler und Brunnenbauer Mathes Gothard“ verschieden sei. Die erhaltenen knapp 40 Zeichnungen G.s sind ausnahmslos Vorstudien f¨ur seine Gem¨alde. Wie diese betonen sie Lichtwirkungen und eine schwungvoll bewegte Linienf¨uhrung. G. hat wohl ein reichhaltiges Konvolut seiner Zeichnungen aus allen Schaffenszeiten hinterlassen, das aber nach seinem Tod auseinandergerissen wurde. Ein Restbestand aus der Sammlung eines Sch¨ulers von G.s Sohn gelangte in das Kupferstichkabinett Berlin, wohin auch die zuletzt aufgefundenen vier kolorierten Bl¨atter kamen, die in die 1541 gedruckte Bibel des Mainzer Seidenstickers Plock eingelegt waren. Insbesondere aufgrund der Forschungen von Saran l¨aßt sich G.s Stilentwicklung als kontinuierliche Steigerung von Ausdrucksmitteln fassen. Seine Verbindung von außergew¨ohnlichen Licht- und Farbenbeobachtungen in der Natur und metaphysischer Thematik wird erstmals am sogenannten Klein-Kruzifix (Washington) deutlich. Die schwarzgr¨une Himmelsf¨arbung und die fahle bis phosphoreszierende Farbstimmung, die seitdem auf allen Kreuzigungen vorkommen, entsprechen den besonderen Wahrnehmungen, die G. bei der Sonnenfinsternis vom 1. 10. 1502 machen konnte. Die Basler Kreuzigungstafel zeigt in der Figur des geharnischten Hauptmanns und in den modellierten Faltenw¨urfen deutlicheres Volumen und r¨uckt n¨aher an die Lindenhardter Fl¨ugel von 1503. Die vermutlich durch D¨urers Vorbilder (Paumgartneraltar?) angeregte Beleuchtungsf¨uhrung wird virtuos gesteigert in den raffinierten Faltengliederungen der vier Grisailletafeln des Heller-Altars (Karlsruhe und Frankfurt, 1509 / 10). Von der scheibenhaft flachen Abendmahlstafel (1500-02, Privatbesitz) f¨uhrt u¨ ber die fr¨uhen Kreuzigungsdarstellungen, die Lindenhardter Fl¨ugel, die Verspottung Christi, den Heller-Altar zu den Tafeln des Isenheimer Altars eine stufenweise Kl¨arung der anatomischen Proportionen wie der R¨aumlichkeit. G. besaß auch in der Zeit seines Hofamtes keine umfangreiche Werkstatt (wie D¨urer oder Cranach); es ist in den Urkunden lediglich von einem Gehilfen die Rede. Entsprechend muß von einer in allen wesentlichen Bilddetails eigenh¨andigen Ausf¨uhrung ausgegangen werden. Die besondere k¨unstlerische Leistung G.s wird von einer kleinen Gruppe guterhaltener Werke verk¨orpert, unter denen die aus neun Tafeln bestehende Bildfolge des ehemaligen Hochaltars der Antoniterklosterkirche zu Isenheim im Elsaß das umfassendste Bildprogramm vorstellt und einheitlich von h¨ochstem gestalterischem Rang ist (Colmar, Museum). Die Bindung der Bildmotive an Spitalpraxis und Ordensgeschichte, Medizin und Pharmazie ist Gegenstand zahlreicher Abhandlungen (K¨uhn, Behling, Scheja). G.s Nachruhm hat zu tun mit der Eindringlichkeit seiner Motive und der Intensit¨at seiner Farbgestaltung. Seine „vision¨are“ Kraft, die seit dem Expressionismus ein breites Publikum sein Werk entdecken ließ (vgl. die Oper Ma-

this der Maler von Paul → Hindemith 1934 / 35), beruht nicht auf subjektiver Willk¨ur, sondern auf einem geordneten Ausdrucksrepertoire, das der Naturbeobachtung entnommen ist. Seine Bildb¨uhnen sind im ersten Eindruck als reale R¨aume und perspektivische Gruppierungen von Naturerscheinungen und Alltagsrequisiten angelegt; in der Einzelbetrachtung zeigen sie sich als bedeutungsgeladene Orte voller Hinweise auf die christliche Heilslehre. Die in Beleuchtung und Naturstimmung außergew¨ohnlichen Bildkulissen sind die Kontrastfolien f¨ur die farbstark herausgearbeiteten Hauptpersonen in ihren scherenschnitthaften K¨orperumrissen und deklamatorischen Gesten. Der in der gesamten europ¨aischen Malerei des 15. Jh. u¨ bliche symbolische Realismus („disguised symbolism“) ist von G. auf isolierte Einzelfiguren hin konzentriert, die in besonderen Ausdrucksmomenten mit drastischer Detailtreue hervorgehoben sind. Die eindrucksvollen Licht- und Farberscheinungen sind, wie B. Saran gezeigt hat, aus der genauen Beobachtung symbolischer Naturereignisse entwickelt wie Gewitter, Sonnenfinsternis, Regenbogen sowie des Widerscheins von Feuer, Glut und Lichtspektren bei der Metallschmelze. In den Zentren des Bildgeschehens begegnen sich damit ein besonderer Naturalismus mit metaphysischen Bedeutungen. Das hier faßbare systematische Vorgehen verbindet die Ausdrucksfindung f¨ur theologische Inhalte mit Naturdeutung und Farbtechnologie. Damit werden heute auch die neben der Malerei ausge¨ubten T¨atigkeiten G.s f¨ur die Werkdeutung wichtig. LITERATUR: Heinrich Alfred Schmid: Die Gem¨alde und Zeichnungen von M. G., zweiter Teil. Straßburg 1911. – Walter Karl Z¨ulch: Der historische G. Mathis Gothardt = Neithardt. M¨unchen 1938. Leipzig 21954. – Joris-Karl Huysmans / Eberhard Ruhmer: M. G. Die Gem¨alde. K¨oln 1959. – Arpad Weixlg¨artner: G. Wien / M¨unchen 1962. – Eberhard Ruhmer: G. The Drawings. London 1965. – Georg Scheja: Der Isenheimer Altar des M. G. K¨oln 1969. – Lottlisa Behling: M. G. K¨onigstein 1969. – Heinrich Geissler / Bernhard Saran u. a.: Der Isenheimer Altar. Stuttgart 1973. – Bernhard Saran: M. G., Mensch und Weltbild. M¨unchen 1972. – Bernhard Saran: Der Technologe und Farbchemiker „M. G.“ In: Maltechnik / Restauro, 1972, S. 228-237. – Bernhard Saran / Felix Schneidler: G.s „Klein-Kruzifix“ und die Sonnenfinsternis vom 1. Oktober 1502. In: Maltechnik / Restauro, 1974, S. 210-220. – Wolfgang L¨ucking: Mathis, Nachforschungen u¨ ber G. Berlin 1983. – Andr´ee Hayum: The Isenheim Altarpiece. God’s Medicine and the Painter’s Vision. Princeton 1989. – Karl Arndt: Der historische „G.“ In: Hartmut Boockmann (Hrsg.): Kirche und Gesellschaft im Hl. R¨omischen Reich des 15. und 16. Jahrhunderts. G¨ottingen 1994, S. 116-147. – Karl Arndt / Bernd Moeller: Die B¨ucher und letzten Bilder Mathis Gotharts des sogenannten G. In: Nachrichten der Akademie der Wissenschaften zu G¨ottingen. Phil.-hist. Klasse. 2002 / 5. G¨ottingen 2002. – Das R¨atsel G. Hrsg. v. Rainhard Riepertinger u. a. (Ausstellungskatalog). Augsburg 2002. Claus Grimm

Grunfeld, ¨ Alfred, o¨ sterr. Musiker, * 4. 7. 1852 Prag, † 4. 1. 1924 Wien. Der einer urspr¨unglich in Ungarn ans¨assigen Kaufmannsfamilie – der Vater war selbst ein bemerkenswerter Pianist – entstammende G., Bruder Heinrich → G.s, erhielt bereits mit vier Jahren ersten Musikunterricht, studierte am Konservatorium in Prag und an Theodor → Kullaks Neuer Akademie der Tonkunst in Berlin und kehrte dann nach Wien zur¨uck. Nach Gastspielen in Deutschland unternahm er seit 1883 Konzerttourneen nach Frankreich, Rußland, Rum¨anien, Polen, Ungarn, Skandinavien und in die USA (1892). G. wurde als Interpret der Werke → Mozarts, → Schuberts, → Schumanns und → Brahms sowie durch seine Konzert-

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¨ Grunfeld paraphrasen der Walzer Johann → Strauß’ bekannt, der ihm den Fr¨uhlingsstimmen-Walzer widmete. G. komponierte die Oper Die Sch¨onen von Fogaras (1907), eine Operette und Klavierwerke. C Dt Musikkultur

Grunfeld, ¨ Ernst, National¨okonom, * 11. 9. 1883 Br¨unn (M¨ahren), † 10. 5. 1938 Berlin. Von Beruf Diplomagrarwirt, wurde G., Sohn eines Großindustriellen, nach dem Studium der Staatswissenschaften in Wien, Leipzig und Halle 1908 promoviert (Die Gesellschaftslehre von Lorenz von Stein), war 1910-12 im Ostasiatischen Wirtschaftsarchiv der S¨udmandschurischen Eisenbahn AG in Tokio t¨atig und unternahm Studienreisen nach China, Korea und in die Mandschurei. 1913 habilitierte er sich mit einer Arbeit u¨ ber die Hafenkolonien in China f¨ur Volkswirtschaftslehre und Kolonialpolitik an der Univ. Halle, wurde 1922 a. o. Prof. f¨ur Volkswirtschaftslehre und leitete seit 1923 das Seminar f¨ur Genossenschaftswesen; seit 1929 o. Prof., wurde er 1933 entlassen. G. setzte sich mit gesellschaftswissenschaftlichen Aspekten der Migration auseinander und verfaßte Beitr¨age zur Verbandsentwicklung und sozialen Korrektivfunktion von Genossenschaften, darunter Das Genossenschaftswesen, volkswirtschaftlich und soziologisch betrachtet (1928). Er beging Selbstmord, nachdem ihm als „Nichtarier“ die Adoptivtochter genommen worden war. C NDB Grunfeld, ¨ Falk Valentin, Fabrikant, * 9. 2. 1837 Bergstadt (Kr. Groß-Strehlitz), † 19. 1. 1897 San Remo (Italien). G. er¨offnete 1862 ein „Sortiments-Manufakturwarengesch¨aft“ in Landeshut (Niederschlesien), vergab Heimarbeit in nahegelegene D¨orfer und offerierte, erstmalig in Deutschland, seine Ware u¨ ber Preislisten und Postversand. Die Versandabteilung der Firma (seit 1873) erhielt 1887 eine eigene Paketversandstelle. G.s Erfolg beruhte dar¨uber hinaus auf der Einf¨uhrung fester Preise, auf der Verarbeitung qualitativ hochwertigen schlesischen Leinens und seit der Gr¨undung der Fabrik „Landeshuter Leinen- und Gebildweberei F. V. Gr¨unfeld“ (1884) auf der Umstellung auf elektrisch angetriebene Webst¨uhle. 1889 errichtete er ein Ladengesch¨aft in Berlin. G. war der Vater von Ludwig und Heinrich → G. C NDB

Grunfeld, ¨ Heinrich, o¨ sterr. Musiker, * 21. 4. 1855 Prag, † 26. 8. 1931 Berlin. G. wurde nach dem Besuch des Prager Konservatoriums 1873 Solocellist an der Komischen Oper in Wien. Seit 1876 lebte er in Berlin, unterrichtete an Theodor → Kullaks Akademie der Tonkunst (bis 1884) und war neben Franz Xaver → Scharwenka und Gustav → Hollaender Begr¨under der Berliner Abonnementkonzerte. Zusammen mit seinem Bruder Alfred → G. unternahm er zahlreiche Konzerttourneen durch Rußland, Italien, Frankreich und die USA und wurde 1886 kgl. Hofvioloncellist. G. war Mitglied der „BerlinerTrio-Vereinigung“ und schrieb die Autobiographie In Dur und Moll. Erinnerungen (1924).

Grunfeld, ¨ Heinrich, Kaufmann, * 10. 4. 1865 Landeshut (Schlesien), † 25. 7. 1936 Berlin. Zusammen mit seinem Bruder Ludwig → G. wurde G. 1891 Mitinhaber der von seinem Vater Falk Valentin → G. gegr¨undeten Landeshuter Leinen- und Gebildweberei F. V. Gr¨unfeld. Die Br¨uder verlegten die Gesch¨aftsleitung nach Berlin und errichteten 1912 einen Fabrikneubau in Landeshut. Seit 1912 stand G. zusammen mit James → Simon dem preuß. Kriegsministerium zur Vorbereitung der Stoffund Schuhbewirtschaftung f¨ur den Fall eines Krieges ehrenamtlich zur Verf¨ugung und wurde im Ersten Weltkrieg Mitglied der von Walther → Rathenau geleiteten Kriegsrohstoffabteilung. 1919 war er Gr¨undungsmitglied und erster Vorsitzender der Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels.

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W¨ahrend der Weimarer Republik war G. Vizepr¨asident der Industrie- und Handelskammer Berlin, Mitglied des Reichswirtschaftsrats, des Verwaltungsrats der Deutschen Reichspost, der Deutschen Rentenbank und Pr¨asidialmitglied der deutschen Gruppe der Internationalen Handelskammer.

Grunfeld, ¨ Josef, o¨ sterr. Dermatologe, * 19. 11. 1840 Gy¨orke (Slowakei), † 14. 5. 1910 Wien. G., Sohn eines Sch¨achters, wurde nach dem Medizinstudium an der Univ. Pest 1867 in Wien promoviert, war Assistent an der Dermatologischen Abteilung der Univ. Wien und habilitierte sich 1881 f¨ur Dermatologie und Syphilidologie. 1885-1907 leitete er die Allgemeine Poliklinik in Wien. G. machte pathologisch-anatomische Untersuchungen und setzte sich f¨ur die Entwicklung der Endoskopie ein. Er erfand ein Endoskop, womit grundlegende exakte Beschreibungen normaler sowie pathologischer Befunde an Harnr¨ohre und Blase m¨oglich wurden. G. ver¨offentlichte u. a. Zur endoskopischen Untersuchung der Harnr¨ohre und Harnblase (in: Wiener medizinische Presse, 1874) und Zur Geschichte der Endoskopie und der endoskopischen Apparate (1879). Grunfeld, ¨ Ludwig, Kaufmann, * 21. 5. 1864 Landeshut (Schlesien), † 31. 8. 1929 Berlin. Der Bruder Heinrich → G.s leitete seit 1889 das Berliner Verkaufshaus der Landeshuter Leinen- und Gebildweberei F. V. Gr¨unfeld. 1900 wurde die Versandabteilung von Landeshut nach Berlin verlegt, 1905 eigenes Gesch¨aftshaus er¨offnet. 1922 wurden die Enkels¨ohne des Firmengr¨unders, Franz Victor und Fritz Vinzenz G., als Mitinhaber in die Firma aufgenommen; sie f¨uhrten das Unternehmen bis zu dessen „Arisierung“ 1938 fort. Die Familien emigrierten nach Pal¨astina bzw. in die USA.

Grunfeld, ¨ Paul Stefan, Pseud. Paul Stefan-Gr¨unfeld, Paul Stefan, Musikwissenschaftler, * 25. 11. 1879 Br¨unn (M¨ahren), † 12. 11. 1943 New York. G., Sohn eines Lederfabrikanten, schloß das Studium der Philosophie, Kunstgeschichte und Musik an der Univ. Wien mit der Promotion zum Dr. phil. ab, studierte anschließend Musiktheorie bei Hermann → Gr¨adener und Komposition bei Arnold → Sch¨onberg und lebte nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg und ausgedehnten Reisen in Wien. Seit 1921 gab er die „Musikbl¨atter des Anbruchs“ heraus. 1922 war er Mitbegr¨under der Internationalen Gesellschaft f¨ur Neue Musik, wurde Vizepr¨asident der o¨ sterr. Sektion, schrieb als Musikkritiker u. a. f¨ur die Zeitschriften „Die Stunde“ und „Die B¨uhne“ sowie die „Neue Z¨urcher Zeitung“ und war Lehrer am Max-Reinhardt-Institut in Wien. 1932 wurde er zum Prof. ernannt. 1938 emigrierte G. u¨ ber die Schweiz nach Frankreich, wurde Mitarbeiter des franz¨osischen Rundfunks und ging 1940 nach Portugal, 1941 in die USA, wo er f¨ur die „Volkszeitung“ in New York arbeitete. G. verfaßte u. a. Gustav Mahler. Eine Studie u¨ ber Pers¨onlichkeit und Werk (1910), Neue Musik und Wien (1921) und Arnold Sch¨onberg. Wandlung, Legende, Erscheinung, Bedeutung (1924). Postum erschienen sein Roman Das war der letzte Sommer (1946) und Georges Bizet (1952). C Lex dt-j¨ud Autoren Grunfeld, ¨ Salo, Kaufmann, Holzindustrieller, * 8. 11. 1855 Tarnowitz (Oberschlesien), † n. e. G. erhielt seine berufliche Ausbildung u. a. bei den Gebr. Goldstein in Kattowitz. 1882 begr¨undete er eine der f¨uhrenden Firmen der oberschlesischen Holzindustrie, die sp¨atere Gr¨unfeld Holzverwertungs-A.G. in Beuthen, in dessen Aufsichtsrat er saß. Er war Teilhaber der Bau- und GrubenholzVerwertungs-Gesellschaft m.b.H. in Breslau und Chef der Rawack & Gr¨unfeld AG, Berlin-Charlottenburg. Als Geheimer Kommerzienrat war er stellvertretender Pr¨asident der Handelskammer Oppeln und Handelsgerichtsrat in Beuthen.

¨ Gruninger Grunfeld, ¨ Walter, Unternehmer, * 2. 10. 1908 Kattowitz (Oberschlesien), † 1988. Der Sohn des Unternehmers Hugo G. studierte seit 1927 an der TH Charlottenburg Architektur, sp¨ater dort und an der TH M¨unchen Wirtschaftswissenschaften. 1933 in Basel mit der Arbeit Die Auslandsverschuldung Polens zum Dr. rer. pol. promoviert, arbeitete er bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im v¨aterlichen Bau und Produktionsunternehmen in Kattowitz. W¨ahrend der Kriegsjahre war G. in Pal¨astina und S¨udafrika t¨atig. Nach 1945 geh¨orte er in leitender Position der Erzabteilung der Philipp Brothers AG, Zug (Schweiz), an.

Gruenhagen, Alfred (William), Mediziner, Physiologe, * 28. 2. 1842 K¨onigsberg, † 8. 2. 1912 K¨onigsberg. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte Medizin an der Univ. K¨onigsberg und wurde 1864 mit der Arbeit De novo fluminis nervorum et musculorum galvanici promoviert. 1868 in K¨onigsberg habilitiert, wurde er dort 1872 a. o. Prof. der medizinischen Physik und Direktor des medizinischphysikalischen Kabinetts. 1894 wurde er zum Geheimen Medizinalrat ernannt. G., der das Thermotonometer zur Aufzeichnung der Ver¨anderung der L¨ange eines Gewebest¨ucks in einem beheizbaren feuchten Luftraum erfand, ver¨offentlichte u. a. Elektromotorische Wirkungen lebender Gewebe (1873) und Physiologie der Zeugung (1887) sowie Beitr¨age zur intermittierenden Nervenreizung und zur sekund¨aren Muskelzuckung. Als sein bedeutendstes Werk gilt die Fortf¨uhrung des von Rudolph → Wagner begr¨undeten Lehrbuchs der Physiologie in der 6. und 7. Auflage (1876 und 1887). C Altpreuß Biogr, Bd 4 Grunhagen, ¨ Colmar, Historiker, * 2. 4. 1828 Trebnitz (Schlesien), † 27. 7. 1911 Breslau. G. studierte seit 1847 Philologie, Geschichte und Geographie in Jena, Berlin und Breslau, wurde 1851 promoviert und unterrichtete 1853-62 am Friedrichsgymnasium Breslau. Er habilitierte sich 1855 f¨ur Geschichte, leitete 1862-1901 das Breslauer Staatsarchiv und wurde 1866 a. o. Prof. der Geschichte an der dortigen Universit¨at. G. setzte sich insbesondere f¨ur die Geschichte Schlesiens ein, gab 1864-1905 die „Zeitschrift des Vereins f¨ur Geschichte und Altertumskunde Schlesiens“ heraus und ver¨offentlichte u. a. eine Geschichte Schlesiens (1884-86). C Leb Schlesien, Bd 3 Grunhut, ¨ Carl Samuel, o¨ sterr. Jurist, * 3. 8. 1844 St. Georgen bei Preßburg, † 1. 10. 1929 Wien. G., Sohn eines Weinh¨andlers, wurde nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Wien 1868 zum Dr. jur. promoviert, habilitierte sich im folgenden Jahr und war seit 1872 a. o. Prof., von 1874 bis zur seiner Emeritierung 1915 o. Prof. des Handels- und Wechselrechts an der Univ. ¨ Wien. Er wurde 1897 Mitglied des Osterreichischen Reichsrats (Verfassungspartei) und wirkte maßgebend an der handelsrechtlichen Gesetzgebung mit, u. a. am Aktienregulativ (1899) und am Gesetz u¨ ber Gesellschaften m. b. H. (1906). G. gab 1874-1916 die „Zeitschrift f¨ur das Privat- und o¨ ffentliche Recht der Gegenwart“ heraus und ver¨offentlichte u. a. ¨ Das Recht des Kommissionshandels (1879). C OBL

Grunhut, ¨ (Jacques-)Leo, Chemiker, * 22. 5. 1863 Wien, † 5. 1. 1921 M¨unchen. Der Sohn eines Kattundruckereibesitzers studierte in Leipzig Naturwissenschaften, wurde 1886 mit einer kristallographischen Arbeit promoviert und war 1887-1895 zun¨achst Assistent, dann Mitinhaber eines chemischen Untersuchungsamtes in Magdeburg. 1895-1918 lehrte er (seit 1897 approbierter Nahrungsmittelchemiker) am Chemischen Labor Fresenius in Wiesbaden, war dort Abteilungsvorstand und u¨ bte seit 1918 die gleiche T¨atigkeit an der Deutschen Forschungsanstalt f¨ur Lebensmittelchemie in M¨unchen aus. G. arbeitete

auf den Gebieten Mineralquellenanalyse und Lebensmittelanalyse, war am Aufbau der Lebensmittelkontrolle beteiligt und ver¨offentlichte u. a. Die Einf¨uhrung der Reinhefe in die G¨arungsgewerbe (1896), Die Chemie des Weines (1897), Untersuchung und Begutachtung von Wasser und Abwasser (1914) und Trinkwasser und Tafelwasser (1920).

Gruning, ¨ Ilka, o¨ sterr. Schauspielerin, * 4. 12. 1878 Wien, † 14. 11. 1964 Hollywood. G. deb¨utierte mit siebzehn Jahren am Alexanderplatztheater in Berlin, erhielt von Heinrich → Oberl¨ander und Marie → Hirschberg Schauspielunterricht und trat anschließend am Schillertheater, am Belle-Alliance-Theater und am Neuen Theater Berlin (seit 1900) sowie zwischenzeitlich am Stadttheater von Bremen auf. Sie war als Sentimentale, jugendliche Salondame und in Charakterrollen zu sehen, u. a. als Amalie in den R¨aubern und als K¨onigin Anna in Ein Glas Wasser. 1929 gr¨undete G. eine Theaterschule in Berlin. 1936 emigrierte sie nach Frankreich, sp¨ater in die USA. C Exiltheater Gruning, ¨ (Bernhard) Martin, Ingenieur, * 10. 12. 1869 Sch¨onstedt (Kr. Langensalza), † 30. 6. 1932 Hannover. G. war seit 1896 bei der Berliner Ministerial-, Milit¨arund Baukommission t¨atig, wurde 1899 Regierungsbaumeister und arbeitete die folgenden Jahre bei den Meliorationsbau¨amtern Oppeln und Wiesbaden. Seit 1914 Bauingenieur in K¨oln und Wilhelmshaven, wurde er 1918 o. Prof. der Statik und des Eisenbaus an der TH Hannover, 1923 Prof. der Baustatik an der TH Wien. G. erwarb sich besondere Verdienste um die Entwicklung des Wissenschaftsbereichs Statik und ver¨offentlichte Arbeiten dar¨uber sowie u¨ ber den Eisenbau und die Tragf¨ahigkeit. Gruning, ¨ Wilhelm, S¨anger, * 2. 11. 1858 Berlin, † 2. 12. 1942 Berlin. G., Sohn eines Juweliers, wurde am Sternschen Konservatorium in Berlin ausgebildet, deb¨utierte 1881 am Stadttheater in Danzig und kam nach Engagements in Posen, Chemnitz und Magdeburg 1883 an das D¨usseldorfer Opernhaus. 1885-88 wirkte er am Deutschen Theater in Rotterdam, 1888-95 an der Deutschen Oper Hannover, 1895-98 am Hamburger Opernhaus und wechselte 1898 an die Hofoper in Berlin, wo er bis 1911 blieb. G. wurde insbesondere als → Wagner-Interpret bekannt; er sang 1891-97 bei den Bayreuther Festspielen u. a. die Partien des Parsifal, Tannh¨auser und Siegfried. Tourneen f¨uhrten ihn nach London, Amsterdam und in die USA (1895 / 96). C Kutsch Gruninger, ¨ Bartholom¨aus, Drucker, 1. H¨alfte 16. Jh. G. erlernte in der Druckerei seines Vaters Johann → G. in Straßburg den Buchdruck und arbeitete dort zun¨achst zusammen mit seinem Bruder Christoph als Gehilfe. 1532-39 erschienen unter seinem Namen rund siebzehn meist deutschsprachige und illustrierte Drucke, darunter Liber distillandi von Hieronymus → Brunschwig (1532) und Johann → Paulis Schimpf und Schande (1533). 1539 verlegte G. auf Veranlassung des Oberst¨attmeisters Hieronymus → Boner die Druckerei nach Colmar. 1539-43 wurden dort vermutlich nur zehn B¨ucher gedruckt; dazu z¨ahlte die illustrierte deutsche ¨ Plutarch-Ubersetzung Boners in einer Auflage von 1500 Exemplaren, deren schleppender Absatz zu G.s finanziellem Ruin f¨uhrte. Die Druckerei wurde versteigert. Nach 1543 ist u¨ ber G. in den Quellen nichts mehr zu finden. C LGB Gruninger, ¨ Johann, auch de Greningen, Grienynger, Groyninger, Grunynger, Reinardi, Reynardi, Drucker, Buchh¨andler, * um 1455 Markgr¨oningen (W¨urttemberg), † um 1533 Straßburg. G., der eigentlich Reinhard (Reynardi) hieß, nannte sich nach seinem Heimatort (Mark-)Gr¨oningen meist Gr¨uninger.

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¨ Gruninger Sein Bruder oder zumindest ein naher Verwandter war Markus Reinhard → G. 1480 / 81 in Basel nachweisbar, u¨ bersiedelte G. 1482 nach Straßburg, wo er im selben Jahr das B¨urgerrecht erwarb. Von 1483 datiert dort der erste Druck, die Historia scholastica von Petrus Comestor. Bis 1532 gingen aus G.s Firma rund 400 Drucke hervor; er galt als einer der hervorragendsten Drucker gegen Ende des 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Das Programm enthielt Predigten, Klassiker, Romane, medizinische Werke und volkst¨umliche Texte in lateinischer und deutscher Sprache. Seit 1490 wurden seine Drucke vermehrt illustriert; am bedeutendsten waren die 214 Holzschnitte in der von Sebastian → Brant herausgegebenen Vergil-Ausgabe. G. war auch als Buchh¨andler t¨atig und hatte Gesch¨aftsbeziehungen zu zahlreichen Druckern, u. a. in Basel, Speyer und N¨urnberg. Er war der Vater von Bartholom¨aus → G. C LGB

Gruninger, ¨ Markus Reinhard, Drucker, * Markgr¨oningen (W¨urttemberg), † 2. H¨alfte 15. Jh. G. war vermutlich l¨angere Zeit in Straßburg Druckergeselle, bevor er sich in Lyon niederließ und zusammen mit Nikolaus Philipp Becker von Bensheim eine Druckerei gr¨undete. 1477 erschien als erstes Buch Practica nova juris von Johann Petrus de Ferrariis; bis 1482 folgten zahlreiche weitere B¨ucher theologischen und juristischen Inhalts. Nach der R¨uckkehr 1482 nach Straßburg arbeitete G. in der Druckerei seines Bruders (oder zumindest nahen Verwandten) Johann → G. Um 1489 wechselte er in das els¨assische Dorf Kirchheim, wo er in einer eigenen Druckerei ausschließlich illustrierte Erbauungsb¨ucher drucken ließ, u. a. Hortulus animae. 1495 verkaufte G. die Druckerei an Matthias → Hupfuff. C NDB Gruninger, ¨ Paul, schweizer. Beamter, * 27. 10. 1891 St. Gallen, † 22. 2. 1972 St. Gallen. Zun¨achst Primarlehrer, wurde G. 1925 Hauptmann und Polizeikommandant des Kantons St. Gallen. Als 1938 nach ¨ dem „Anschluß“ Osterreichs an das Deutsche Reich zahl¨ reiche Osterreicher in der Schweiz Zuflucht suchten, ließ er Hunderte von Fl¨uchtlingen entgegen der ausdr¨ucklichen Anordnung des schweizer. Bundesrats illegal in die Schweiz einreisen. G. „bereinigte“ die Fl¨uchtlingsstatistik, ließ Einreisedaten f¨alschen und Ausweise mit falschen Angaben ausstellen. Er wurde deswegen 1939 zun¨achst vom Dienst suspendiert, dann fristlos entlassen und 1941 wegen Urkundenf¨alschung und Amtspflichtverletzung verurteilt. 1968-72 von verschiedenen internationalen Organisationen als Fl¨uchtlingsretter ausgezeichnet, wurde G. 1995 postum vom Bezirksgericht St. Gallen freigesprochen. Grunmandl, ¨ Otto, o¨ sterr. Kabarettist, Schauspieler, Schriftsteller, * 4. 5. 1924 Hall (Tirol), † 3. 3. 2000 Hall (Tirol). Nach einem Studium der Elektrotechnik zun¨achst als Textilkaufmann t¨atig, trat G. in den sechziger Jahren mit H¨orspielen als Schriftsteller hervor und wurde seit 1970 vor allem durch seine Rundfunksendung „Alpenl¨andische Interviews“ bekannt. 1972-81 leitete er die Unterhaltungsabteilung des ORF-Landesstudios Tirol. Daneben trat G. als Kabarettist mit Programmen wie „Der Einmannstammtisch“ und „Ich komme aus der Wirtschaft“ hervor, u¨ bernahm einige Fernseh- und Filmrollen und trat in den neunziger Jahren mit Gerhard Polt an den M¨unchner Kammerspielen auf. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen der Roman Ministerium f¨ur Sprichw¨orter (1970), die Interviewsammlung Meinungsforschung im Gebirge (1973) und „Es leuchtet die Ferne“. Ein satirischer Reisebericht (1986).

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Grunne, ¨ Karl Ludwig Graf von, auch Grunne, o¨ sterr. Milit¨ar, * 25. 8. 1808 Wien, † 15. 6. 1884 Baden (Niedero¨ sterreich). Seit 1828 in der Armee, trat G., Sohn Philipp Ferdinand → G.s, 1843 als Oberst in Hofdienste und wurde 1848 Erzherzog → Franz Joseph zugeteilt. Seit 1848 Generalmajor und erster Generaladjutant des Kaisers, leitete er 1850-59 die Milit¨arische Zentralkanzlei und wurde 1859 Oberststallmeister und Kapit¨an der Garde-Gendarmerie, 1864 General der Kavallerie. G. u¨ bte großen Einfluß auf den jungen Kaiser aus und setzte sich f¨ur die ungarische Autonomiebewegung C ADB ein.

Grunne, ¨ Philipp Ferdinand Graf von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 15. 5. 1762 Dresden, † 26. 1. 1854 Wien. G. entstammte einer burgundischen Familie, k¨ampfte als Rittmeister 1788 gegen die T¨urken und wurde von Kaiser → Franz I. zun¨achst zum Fl¨ugeladjutanten, dann zum Generaladjutanten ernannt. G. erwarb sich seit 1805 als Referent des obersten Chefs des Kriegswesens Verdienste bei der Heeresorganisation. Er war lange Jahre Vertrauter des Erzherzogs → Karl, zuletzt dessen Obersthofmeister, und wirkte an dessen literarischen Arbeiten mit; seit 1827 war er General der Kavallerie. G. war der Vater von Karl Ludwig von → G. Grunpeck, ¨ Joseph, auch Gruenpeckh, Grinpeck, Beiname Boioarius, Historiograph, Mediziner, * um 1473 Burghausen (Oberbayern), † um 1532 wohl Steyr. G. studierte in Ingolstadt, wure 1491 zum Magister artium promoviert, reiste nach Krakau und Italien und lehrte 1496 als Prof. der Rhetorik in Ingolstadt. Im selben Jahr ging er nach Augsburg, wo er 1497 mit den von ihm unterrichteten Patriziers¨ohnen ein Huldigungsspiel Virtus et Fallacicaptrix vor Kaiser → Maximilian I. auff¨uhrte. Daraufhin wurde G. kaiserlicher Schreiber, Historiograph und 1498 zum Dichter gekr¨ont. In Wien geh¨orte er dem „Celtis-Kreis“ an. 1501-10 war er Kanonikus in Alt¨otting, 1505 Schulmeister in Augsburg. G., von 1501 bis zur Heilung 1503 selbst an Syphilis erkrankt, verfaßte eine der fr¨uhesten Abhandlungen u¨ ber diese Krankheit (Tractatus de pestilentialia scorra sive mala de Franzos, 1496). Er geh¨orte zu den Vertretern des vorreformatorischen Humanismus der „Aetas Maximilianea“. Zu G.s Werken z¨ahlen u. a. astrologische Schriften (u. a. Speculum naturalis, coelestis et propheticae visionis, 1508) und historiographische Abhandlungen, darunter das Herrscherportr¨at Historia Friederici III. et Maximiliani I. (um 1515). C Killy

Grunrade, ¨ Otto von, auch Gr¨unrodt, reformierter Theologe, * 10. 9. 1545 Delitzsch, † 14. / 24. 4. 1613 Heidelberg. Nach theologischen und philosophischen Studien in Heidelberg und Wittenberg wurde G. 1575 Hofmeister der S¨ohne des Grafen → Johann VI. von Nassau und war dann bis 1583 dessen Rat. Er f¨orderte maßgeblich die Einf¨uhrung des Calvinismus in den Grafschaften Nassau-Dillenburg (1578), Solms-Braunfels (1582) und in der Kurpfalz (1584), 1595 zusammen mit Melchior Anger in der Grafschaft Hanau-M¨unzenberg, 1598 in der Grafschaft Simmern und 1596 / 98 sowie 1606, jedoch vergeblich, in der Oberpfalz. G., 1592-1612 Pr¨asident des kurpf¨alzischen Kirchenrats in Heidelberg, war einer der f¨uhrenden reformierten Kirchenpolitiker seiner Zeit. C NDB Grunstein, ¨ Joseph (Rudolph), o¨ sterr. Journalist, Schriftsteller, * 1. 1. 1841 Wien, † Dezember 1926 Schwerin. G. trat in die o¨ sterr. Marine ein und arbeitete dann als Redakteur und Journalist in Wien und Berlin, u. a. als Theaterkritiker f¨ur die „Berliner B¨orsenzeitung“ sowie als Dramaturg

¨ Grunwald am Wallnertheater. Dar¨uber hinaus machte er sich als Lyriker und Dramatiker einen Namen und ver¨offentlichte u. a. Maidenspeech. Eine Plauderei (1876).

Grunstein, ¨ Leo, o¨ sterr. Schriftsteller, * 18. 7. 1876 Lemberg, † 10. 1. 1943 Konzentrationslager Theresienstadt. G. studierte an der Univ. Wien Jura, Philologie und Kunstgeschichte und wurde 1907 zum Dr. phil. promoviert. Seit 1895 freier Schriftsteller, u¨ bersetzte er aus dem Slawischen, verfaßte kunsthistorische Schriften und gab u. a. Silhouetten aus der Goethezeit. Aus dem Nachlaß J. H. Mercks (1909) heraus.

Gruenter, Rainer, Pseud. Caspar Steprath, Germanist, * 10. 6. 1918 D¨usseldorf, † 5. 2. 1993 D¨usseldorf. Unterbrochen von der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg studierte G., Sohn eines Mathematikers, seit 1937 an den Universit¨aten Bonn und K¨oln – u. a. bei Ernst → Bertram – Germanistik und Philosophie, wurde 1949 promoviert und war dann als Lektor am King’s College in London und 1952-56 als Assistent von Heinrich → Hempel an der Univ. K¨oln t¨atig. 1956 habilitierte er sich an der Freien Univ. Berlin, erhielt dort nach einer Gastprofessur in Heidelberg 1960 einen Lehrstuhl f¨ur deutsche Philologie und folgte 1965 einem Ruf an die Wirtschaftshochschule (seit 1967 Univ.) Mannheim, deren Rektor er 1968 / 69 war. 1972 wurde G. Gr¨undungsrektor der Gesamthochschule Wuppertal, f¨ur die er 1983 die Bezeichnung „Bergische Universit¨at“ durchsetzte. G. gab zusammen mit Richard → Alewyn und Walther → Killy seit 1956 die Zeitschrift „Euphorion“ heraus. Er besch¨aftigte sich vor allem mit alt- und mittelhochdeutscher Dichtung (Tristan-Studien, 1993 hrsg. von Wolfgang Adam) und der Literatur- und Kulturgeschichte des 18. Jh., publizierte aber auch zur Literatur des 19. und 20. Jh. (→ Hebbel, Ernst → J¨unger) und gab u. a. Werke von Eduard von → Keyserling heraus. Nach seiner Emeritierung 1983 erschien Vom Elend des Sch¨onen. Studien zur Literatur und Kunst (1988). 1984-88 war G. Pr¨asident der Deutschen Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts. Er war der Vater von Undine → G. C IGL Gruenter, Undine, verh. U. Bohrer, Schriftstellerin, * 27. 8. 1952 K¨oln, † 5. 10. 2002 Paris. G., Tochter des Germanisten Rainer → G. und der Schriftstellerin Astrid Gehlhoff-Claes, studierte 1973-79 Rechtswissenschaften in Heidelberg und Bonn sowie 1980-86 Literaturwissenschaft und Philosophie in Wuppertal. Schauplatz ihrer ersten Ver¨offentlichung, des Romans Ein Bild der Unruhe (1986), der meisten Erz¨ahlungen der B¨ande Nachtblind (1989) und Das gl¨aserne Caf´e (1991) und des im Jahr 2000 spielenden Romans Das Versteck des Minotaurus (2001) ist Paris, wo G., die mit dem Publizisten und Germanisten Karl Heinz Bohrer verheiratet war, seit Ende der achtziger Jahre lebte. Nach dem umfangreichen Roman Vertreibung aus dem Labyrinth (1992), einem „Experiment in Wiederholungen und Variationen“, legte sie unter dem Titel Epiphanien, abgeblendet Prosaminiaturen vor, in denen abermals Liebe das Thema ist. Der 1995 publizierte, im Untertitel „Journal“ genannte Band Der Autor als Souffleur enth¨alt Tagebuchaufzeichnungen der Jahre 1986 bis 1992. Postum erschienen die Romane Sommerg¨aste in Trouville (2003) und Der verschlossene Garten (2004) sowie Erz¨ahlungen unter dem Titel Pariser Libertinagen (2005). C KLG Grunthal, ¨ Ernst, Psychiater, Hirnchirurg, * 26. 10. 1896 Beuthen (Oberschlesien), † 5. 1. 1972 Bern. G. studierte in Lausanne, M¨unchen und Heidelberg und Breslau, wurde 1921 in M¨unchen mit der Dissertation Ueber den Einfluß der Willensspannung auf das fortlaufende Addieren promoviert, war seit 1920 als wissenschaftlicher Assistent der Psychiatrischen Klinik M¨unchen, seit 1925 als

Assistent an der Psychiatrischen und Nervenklinik M¨unster t¨atig. 1927 habilitierte er sich in W¨urzburg mit der Arbeit Ueber die Alzheimersche Krankheit. Eine histopathologischklinische Studie f¨ur Psychiatrie und Neurologie. 1934 wegen seiner j¨udischen Herkunft entlassen, emigrierte G. in die Schweiz, wo er an der Psychiatrischen Universit¨atsklinik Waldau in Bern das Hirnanatomische Laboratorium leitete. G. ver¨offentlichte u. a. Die pr¨asenilen und senilen Erkrankungen des Gehirnes und des R¨uckenmarkes (= Handbuch ¨ der Neurologie, Bd. 11, 1936), Uber die Erkennung der traumatischen Hirnverletzung (1936), Abhandlungen zu Goethes Naturwissenschaft (mit Fritz Strauss, 1949), Beitr¨age zur Entwicklungsgeschichte und normalen Anatomie des Gehirns (mit Kurt Feremutsch, 1952), Albrecht von Haller, Johann Wolfgang von Goethe und ihre Nachkommen (mit Maria Anna Breil und Hans Haeberli, 1965) und Psyche und Nervensystem. Geschichte eines Problems (1968).

Gruntzig, ¨ Andreas, Radiologe, Kardiologe, * 25. 6. 1939 Dresden, † 27. 10. 1985 USA. G. schloß das Medizinstudium an der Univ. Heidelberg 1964 mit der Promotion u¨ ber das Thema Das Verhalten des physiologischen Totraumes bei unterschiedlich hervorgerufenen Ventilationssteigerungen ab, habilitierte sich 1977 an der Univ. Z¨urich und lehrte dort als Privatdozent. Im selben Jahr f¨uhrte er am R¨ontgendiagnostischen Zentralinstitut der Univ. Z¨urich erstmals am Menschen eine „perkutane, transluminale Coronar-Angioplastie“ (PTCA) durch; diese Methode, mit Hilfe eines Ballonkatheters eine arteriosklerotische Kranzarterienstenose zu sprengen, beeinflußte nachhaltig die klinische Kardiologie. G. wurde 1980 Prof. der Kardiologie und R¨ontgenologie in Atlanta (USA). Er ver¨offentlichte u. a. Die perkutane transluminale Rekanalisation chronischer Arterienverschl¨usse mit einer neuen Dilatationstechnik (1977). G. starb bei einem Flugzeugunfall. Grunvalszky, ¨ Karl, Pseud. K. Herrmann, Schauspieler, * 27. 2. 1849 Kesmark (Ungarn), † 30. 12. 1905 Frankfurt / Main. G. sollte urspr¨unglich Architekt werden, wandte sich jedoch der B¨uhnenlaufbahn zu, begann als Statist am Wiener Burgtheater und hatte dann Schauspielengagements u. a. am Grazer Landestheater, in Salzburg, Dortmund, Magdeburg und K¨oln. Seit 1878 spielte er Charakterrollen in Frankfurt / Main, wo er auch Deklamation und Musik am Konservatorium unterrichtete. G. erhielt den Titel eines kgl. Professors. Er schrieb Die Technik des Dramas. Grunwald, ¨ Alfred, o¨ sterr. Schriftsteller, Theaterkritiker, ¨ Ubersetzer, * 16. 2. 1886 Wien, † 25. 2. 1951 New York. Der Sohn eines Hutfabrikanten arbeitete in einem Pelzgesch¨aft und war Chors¨anger, Komparse am Theater und Theaterkritiker f¨ur das „Neue Wiener Journal“. Er schrieb, teilweise zusammen mit Julius → Brammer, sp¨ater mit Fritz → L¨ohner, zahlreiche Libretti f¨ur Operetten, u. a. Die Rose von Stambul (1916) von Leo → Fall, Gr¨afin Maritza (1924) und Die Zirkusprinzessin (1926), beide von Emmerich → K´alm´an, und Eine Frau, die weiß, was sie will (1932) von Oscar → Straus. Zu G.s bekanntesten Liedern z¨ahlen Das Lercherl von Hernals und A klane Drahrerin. 1938 emigrierte er nach Frankreich, 1940 in die USA und ließ sich in New York nieder. G. war der Vater von Henry Anatole → Grunwald. C BHdE, Bd 2 Grunwald, ¨ Josef, o¨ sterr. Mathematiker, * 11. 4. 1876 Prag, † 1. 7. 1911 Prag. G., Sohn eines Mathematikers, studierte an der Univ. Prag, ¨ wurde 1898 mit der Arbeit I. Uber die linearen Funda¨ mentalconstructionen mit imagin¨aren Elementen. II. Uber die Raumcurven vierter Ordnung zweiter Art und die zu ihr perspectiven ebenen Curven promoviert, habilitierte sich

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¨ Grunwald-Zerkowitz 1904 an der Univ. Wien f¨ur Mathematik und war seit 1906 a. o. Prof. der Mathematik an der Deutschen Univ. in Prag. Er erwarb sich insbesondere als Geometer wissenschaftliche Reputation und f¨uhrte die geometrische Deutung der von Eduard → Study in die Geometrie eingef¨uhrten dualen Zahlen weiter. Nach ihm wurde der „Gr¨unwaldsche Kegel“, ein Kegel zweiter Ordnung in einem projektiven dreidimensionalen Raum als Tr¨ager der dualen Zahlen, benannt. G. verfaßte u. a. Ein Abbildungsprinzip, welches die ebene Geometrie und Kinematik mit der r¨aumlichen Geometrie verbindet (in: Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften, Wien, mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse, 1911). C NDB

Grunwald-Zerkowitz, ¨ Sidonie, o¨ sterr. Schriftstellerin, * 7. 2. 1852 Tobitschau (Tovaˇcov, M¨ahren), † 21. 6. 1907 Karlsbad. Die Tochter eines j¨udischen Artzes wurde in Budapest als Lehrerin f¨ur Geschichte und ungarische Sprache ausgebildet, unterrichtete in Budapest und ließ sich nach kurzem Aufenthalt in Athen 1880 bei Wien nieder. Seit 1877 war sie mit dem Fabrikanten G. verheiratet und leitete nach dessen Tod eine Sprachenschule in Wien. G. war als Lyrikerin und Erz¨ahlerin t¨atig und wurde durch naturalistisch-erotische Dichtungen (u. a. Das Gretchen von heute, 1890) bekannt, die das Leben von Ehefrauen kritisch beleuchteten.

Grunwalt, ¨ Hans, Plattner, * um 1440 N¨urnberg (?), † 1503 N¨urnberg. Der Sohn des N¨urnberger Plattners Hermann G. war seit 1462 Meister und wird 1464 erstmals neben seinem Vater erw¨ahnt. Er besaß zwei H¨auser, eines am Plattenmarkt, das sp¨ater sein Schwiegersohn Wilhelm von → Worms u¨ bernahm, und eines in der Schmiedgasse am Tierg¨artnertor. G. war ein vielbesch¨aftigter und gesch¨atzter Plattner; er arbeitete u. a. f¨ur → Maximilian I. Er unterhielt in beiden H¨ausern „Schmiedeessen“ und geriet aufgrund der kaum bew¨altigbaren Auftragsf¨ulle wiederholt mit der „Ordnung“ des HandC NDB werks in Konflikt. Grunwedel, ¨ Albert, Indologe, Tibetologe, Ethnologe, * 31. 7. 1856 M¨unchen, † 28. 10. 1935 Lenggries (Oberbayern). G., Sohn eines Lithographen und Malers, studierte seit 1876 Klassische Philologie, Arch¨aologie und Indologie an der Univ. M¨unchen, wurde 1879 promoviert und trat in den Museumsdienst ein. Seit 1883 war er Assistent am Berliner Museum f¨ur V¨olkerkunde, 1904-21 Direktor der Indischen Abteilung. G. nahm an den preuß. Turfanexpeditionen 1902 / 03 und 1905 / 07 teil. Sein wissenschaftliches Hauptinteresse galt indisch-buddhistischen, sp¨ater auch tibetologischen Studien. G. ver¨offentlichte u. a. Buddhistische Kunst in Indien (1893, 21920) und Mythologie des Buddhismus in C NDB Tibet und der Mongolei (1900).

Grunzweig, ¨ Carl (Otto), Chemiker, Industrieller, * 31. 12. 1845 Schorndorf (W¨urttemberg), † 9. 7. 1913 Ludwigshafen. Nach einer Apothekerlehre studierte G., Sohn eines Apothekers, in M¨unchen und Stuttgart Chemie (Promotion 1872, Ueber Butters¨auren verschiedenen Ursprungs), arbeitete seit 1872 als Betriebschemiker und gr¨undete 1878 zusammen mit Paul Hartmann die chemisch-technische Produkte herstellende Firma „Gr¨unzweig & Hartmann“ in Ludwigshafen. Er besch¨aftigte sich insbesondere mit der Produktion von Isoliermaterial gegen W¨arme- und K¨alteverluste im Bauwesen und ließ sich 1880 das von ihm erfundene Isoliermaterial Korkstein, 1906 das Expandierungsverfahren auf Korkstein patentieren. G. war der Begr¨under eines technischen Pro-

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duktes, das in seiner Weiterentwicklung unabdingbar f¨ur die moderne Industrieproduktion, u. a. f¨ur Heizungsanlagen und C NDB Industrie-Anlagen, wurde.

Gruß, ¨ Gerhard (Christian), Mathematiker, * 16. 3. 1902 Berlin, † 20. 5. 1950 Freiberg (Sachsen). G., Sohn eines Volksschullehrers, studierte anfangs Bauwesen an der TH Berlin, sp¨ater Mathematik, war Assistent bei ¨ Rudolf Rothe und wurde 1927 promoviert (Uber Gewebe auf Fl¨achen in dreidimensionalen allgemeinen metrischen R¨aumen). Nach der Habilitation 1929 und einem Lehrauftrag an der TH Stuttgart folgte er 1935 einem Ruf als o. Prof. der Mathematik und technischen Mechanik an die Bergakademie Freiberg. 1944 mußte sich G. wegen politischer Unzuverl¨assigkeit einem Untersuchungsverfahren unterziehen, kehrte nach dem Zweiten Weltkrieg auf seinen Lehrstuhl zur¨uck und hatte die Leitung des Instituts inne. Er ver¨offentlichte zahlreiche differential-geometrische Arbeiten, darunter Differential- und Integralrechnung (1949, 21953), und besch¨aftigte sich auch mit Variationsrechnung (u. a. Variationsrechnung, 1938, 21955). C NDB Gruß, ¨ Hans, Musikwissenschaftler, Ensembleleiter, * 4. 3. 1929 Berlin, † 24. 11. 2001 Much. G. studierte 1947-49 an der Humboldt-Universit¨at Berlin und anschließend bis 1952 an der Musikhochschule und der Univ. Leipzig Musikerziehung, Musikwissenschaft und Germanistik. 1956 wurde er bei Walter → Serauky mit der Arbeit Die Bedeutung des Kanons f¨ur die Satztechnik des Josquin des Prez promoviert. Seit 1957 war G. an der Univ. Leipzig t¨atig, seit 1980 als Dozent und seit 1993 als apl. Professor. Auch nach dem Eintritt in den Ruhestand 1994 nahm er musikwissenschaftliche Lehrauftr¨age wahr, bis 1996 an der Univ. Leipzig und anschließend bis 2001 an der TU Dresden. G. gr¨undete 1957 die „Capella Fidicinia“, ein Spezialensemble f¨ur die werkgerechte Interpretation, deren Musikrepertoire St¨ucke vom 13. bis zum 18. Jahrhundert umfaßte. 1994 wurde G. zum Ordentlichen Mitglied der S¨achsischen Akademie der Wissenschaften ernannt, bei der er 1997 den Vorsitz der Kommission f¨ur Kunstgeschichte, Literatur- und Musikwissenschaft u¨ bernahm. C MGG Gruter, ¨ Wilhelm, Ophthalmologe, * 30. 7. 1882 Essen, † 24. 8. 1963 Marburg. Der einer Handwerkerfamilie entstammende G. studierte Medizin an den Universit¨aten Marburg, M¨unchen und Berlin und wurde 1906 in Marburg promoviert (Ein Beitrag zur Aetiologie der Purpura haemorrhagica [Werlhofsche Krankheit]). Er arbeitete an den Universit¨ats-Augenkliniken in Greifswald, Marburg und Bonn, habilitierte sich 1911 in Marburg f¨ur Augenheilkunde (Kritische und experimentelle Studien u¨ ber die Vaccineimmunit¨at des Auges und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus) und wurde dort 1917 a. o., 1927 o. Professor. Nach seiner Emeritierung 1951 f¨uhrte er bis zu seinem Tod eine augen¨arztliche Praxis. G.s Forschungsinteresse galt vor allem der Bakteriologie und Biologie des Auges. Ihm gelang der Beweis der Virus¨atiologie der Keratitis dendritica und a¨ hnlicher davor urs¨achlich ungekl¨arter Hornhautentz¨undungen. G. war seit 1944 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. C Marburg Grutsch, ¨ Konrad → Konrad Gr¨utsch Grutz, ¨ Otto, Dermatologe, * 9. 5. 1886 Laurah¨utte (Reg.Bez. Oppeln), † 27. 12. 1963 Bonn. G. studierte in M¨unchen und Leipzig Medizin und wurde 1912 promoviert (Untersuchungen u¨ ber das Vorkommen von h¨amolysierenden und anh¨amolysierenden Streptokokken in der Umgebung des Menschen). 1913 ging er als Assistent an die K¨oniglich-Bakteriologische Untersuchungsstation in

Gruhle Landau / Pfalz, war im Ersten Weltkriegs Sanit¨atsoffizier und trat 1919 eine Assistentenstelle an der Dermatologischen Klinik in Kiel an. Dort habilitierte sich G. 1922 f¨ur Hautund Geschlechtskrankheiten, wurde 1925 zum nichtbeamteten a.o. Prof. ernannt und wirkte seit 1925 als Oberarzt an der Dermatologischen Universit¨atsklinik. 1928 wechselte er als Direktor an die Dermatologische Abteilung der St¨adtischen Krankenanstalten in Elberfeld, 1934 als o. Prof. auf den Dermatologischen Lehrstuhl der Univ. Bonn, den er bis zu seiner Emeritierung 1954 innehatte. Seine Forschungsergebnisse zur medizinischen Mykologie, der Chemotherapie und den Fettstoffwechseldermatosen ver¨offentlichte er in zahlreichen Fachbeitr¨agen. G. war Vorstandsmitglied, sp¨ater Ehrenmitglied der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, Ehrenvorsitzender der deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft und Mitglied bzw. Ehrenmitglied weiterer in- und ausl¨andischer Fachgesellschaften. ¨ 2, 3 C Arzte

Grutzmacher, ¨ Friedrich (Wilhelm Ludwig), Musiker, Komponist, * 1. 3. 1832 Dessau, † 23. 3. 1903 Dresden. G. erhielt ersten Musikunterricht bei seinem Vater Friedrich G., einem Kammermusiker. Danach wurde er im Cellospiel bei Karl → Drechsler und in Musiktheorie und Komposition bei Friedrich → Schneider ausgebildet. Seit 1850 Erster Violoncellist des Leipziger Gewandhausorchesters und seit 1853 Lehrer f¨ur Violoncello am dortigen Konservatorium, wechselte er 1860 als Kgl. Kammervirtuose nach Dresden, wo er als Mitglied des Hoforchesters bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand 1902 blieb. Seit 1877 lehrte er Cello am Dresdner Konservatorium. G. gilt als Hauptvertreter der Dresdner Violoncelloschule; zu seinen Sch¨ulern z¨ahlen u. a. sein Bruder Leopold G., Emil Hegar und Hugo → Becker. G. schrieb eine Hohe Schule des Violoncellspiels (1891) und ¨ komponierte Vortrags- und Ubungsst¨ ucke f¨ur Violoncello, Orchesterwerke, Kammermusik, Klavierst¨ucke und Lieder. C MGG Grutzner, ¨ Eduard (Theodor) Ritter von, Maler, * 26. 5. 1846 Großkarlowitz (Kr. Grottkau, Oberschlesien), † 3. 4. 1925 M¨unchen. Der Bauernsohn besuchte seit 1864 die M¨unchner Akademie der bildenden K¨unste, war zun¨achst Sch¨uler Hermann → Dycks, Georg → Hiltenspergers und Alexander → Str¨ahubers und kam 1865 in die Malklasse von Hermann → Ansch¨utz, 1867 in das Atelier Karl von → Pilotys. Seit 1870 war er in M¨unchen als freier Maler t¨atig. Von Carl → Spitzweg beeinflußt, wechselte G. von der Historien- zur Genremalerei und stellte insbesondere das kl¨osterliche Leben als humoristisches Sittengem¨alde (u. a. Die Versuchung des Heiligen Antonius) sowie Theater- und Jagdszenen dar. Seit 1886 war er Prof. an der M¨unchner Akademie der bildenden K¨unste; 1916 wurde er geadelt. C NDB Grutzner, ¨ Paul von, Physiologe, * 30. 4. 1847 Festenberg (Schlesien), † 29. 7. 1919 Bern. G., Sohn eines Kriegsgerichtsrats, wurde nach dem Medizinstudium in Breslau, W¨urzburg und Berlin 1869 promoviert (Ein Fall von Mediastinaltumor durch ein Lymphosarcom bedingt) und war Assistent Rudolf → Heidenhains am Physiologischen Institut der Univ. Breslau. 1875 habilitiert (Neue Untersuchungen u¨ ber die Bildung und Ausscheidung des Pepsins), wurde er 1881 a. o. Prof. der Physiologie, ging im selben Jahr als o. Prof. der Physiologie an die Univ. Bern und lehrte von 1884, dem Jahr seiner Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina, bis zu seiner Emeritierung 1916 an der Univ. T¨ubingen. G.s wissenschaftliches Hauptinteresse galt der Verdauungsphysiologie; er erforschte die Eigenschaften der Verdauungsfermente (u. a. im Harn) sowie die Magen-Darm-Motorik. Dar¨uber

hinaus besch¨aftigte er sich mit Muskel- und Nervenphysiologie und leistete mit seiner Arbeit Grundlagenforschung f¨ur die Physiologie und Biochemie. C NDB

Gruhl, Carl, Industrieller, * 16. 11. 1862 Weißenfels (Sachsen), † 26. 4. 1946 Br¨uhl (Rheinland). G. studierte an der Bergakademie in Berlin, war seit 1891 Bergassessor in Clausthal und u¨ bernahm 1894 neben seinem Vater Hermann Eduard → G. die Gesch¨aftsleitung der Familienfirma Gruhl-Werk bei Br¨uhl. 1907 wurde auf seiner Braunkohlen-Betriebsanlage der erste Kohlenschr¨ambagger in Betrieb genommen, der, weiterentwickelt bis zu einer Abtragsh¨ohe von vierzig Metern, maßgeblich zur maschinellen Braunkohlengewinnung im rheinischen Braunkohlenrevier beitrug. Nach der Fusion des Gruhl-Werkes mit der AG Fortuna zur Rheinischen AG f¨ur Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation wurde G. Vorstandsmitglied (bis 1918), leitete den Aufbau einer zweiten, nach damaligen Kriterien a¨ ußerst modernen Brikettfabrik und setzte sich insbesondere f¨ur technisch effektivere Entstaubungsanlagen ein. C NDB

Gruhl, Herbert, Politiker, Schriftsteller, * 22. 10. 1921 Gnaschwitz (Oberlausitz), † 26. 6. 1993 Regensburg. Zun¨achst in der Landwirtschaft t¨atig, studierte G., Sohn eines Landwirts, nach dem Zweiten Weltkrieg Germanistik, Geschichte und Philosophie in Berlin, wurde 1957 zum Dr. phil. promoviert (Hugo von Hofmannsthal. Die existenziellen Grundlagen und die geistesgeschichtlichen Bez¨uge seines Werkes) und arbeitete anschließend in der elektronischen Datenverarbeitung. 1954 trat er in die CDU ein, war 1969-80 Mitglied des Bundestags und setzte sich als Vorsitzender der „Arbeitsgruppe Umweltvorsorge“ f¨ur umweltpolitische Themen ein. 1975-77 stand er dem Bund Natur- und Umweltschutz vor. Durch sein außerparlamentarisches Engagement in diesem Bereich kam G. in Konflikt mit der CDU und gr¨undete 1978 nach seinem Austritt die „Gr¨une Aktion Zukunft“, die sich sp¨ater mit der Partei „Die Gr¨unen“ zusammenschloß. 1981 verließ er „Die Gr¨unen“ und gr¨undete ¨ ¨ in Bayern die „Okologisch-Demokratischen Partei“ (ODP), deren Bundesvorsitzender er 1982-89 war. G. ver¨offentlichte u. a. Ein Planet wird gepl¨undert. Die Schreckensbilanz unserer Politik (1975), Der atomare Selbstmord (1986), ¨ Uberleben ist alles (1987) und Himmelfahrt ins Nichts. Der gepl¨underte Planet vor dem Ende (1992). C Lex Christl Demokr

Gruhl, Hermann Eduard, Industrieller, * 29. 4. 1834 Ziegra bei D¨obeln (Sachsen), † 8. 9. 1903 Br¨uhl (Rheinland). G., Sohn eines Schankgutsbesitzers, erhielt eine bergm¨annische Ausbildung und war Aufsichtsbeamter auf mehreren Braunkohlengruben, bevor er sich 1868 als Braunkohlenunternehmer selbst¨andig machte. Er erschloß die OttilieKupferhammer-Grube und gr¨undete zusammen mit Adolph → Riebeck eine Brikettfabrik mit Feuermulden¨ofen. Nachdem Riebeck 1874 Alleinbesitzer geworden war, gr¨undete G. Brikettfabriken in Mittel- und Ostdeutschland. 1889 errichtete er die Braunkohlen-Betriebsanlage Gruhl-Werk bei Kierberg und schloß 1892 die erste, bis 1900 drei weitere Brikettfabriken an. G.s Anlagen geh¨orten um die Jahrhundertwende zu den leistungsst¨arksten Betrieben dieser Art im rheinischen Braunkohlenbezirk. Er war der Vater von Carl → G. C NDB

Gruhle, Hans Walter, Psychiater, * 7. 11. 1880 L¨ubben / Spreewald, † 3. 10. 1958 Bonn. G., Sohn eines Rechnungsrats, studierte Medizin in Leipzig, W¨urzburg und M¨unchen, dort als Sch¨uler Emil → Kraepelins, der ihn nachhaltig beeinflußte. Nach der Promotion 1905 (Ergographische Studien) Assistent Franz

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Gruithuisen → Nissls an der Psychiatrisch-Neurologischen Klinik in Hei¨ delberg, habilitierte er sich 1913 mit der Arbeit Uber Wahrnehmungsverf¨alschung in ihrer objektiven Bedingtheit f¨ur medizinische Psychologie und Psychiatrie und wurde 1919 a. o. Prof. in Heidelberg. W¨ahrend der nationalsozialistischen Herrschaft in der akademischen Karriere behindert, wurde G. 1946 o. Prof. und Direktor der Psychiatrischen und Nervenklinik der Univ. Bonn. G., Herausgeber psychiatrischer Lehr- und Handb¨ucher, ver¨offentlichte zahlreiche Arbeiten zur Kriminalpsychologie, Psychopathologie und Psycholo¨ gie, u. a. Psychiatrie f¨ur Arzte (1918, 21922), Verstehende Psychologie (1948, 21956) und Geschichtsschreibung und Psychologie (1953). C NDB

Gruithuisen, Franz von Paula, Mediziner, Medizinhistoriker, * 19. 3. 1774 Schloß Haltenberg / Lech, † 21. 6. 1852 M¨unchen. G., Sohn eines Falkoniers, erhielt seine erste Ausbildung auf einer Chirurgenschule, war seit 1788 im T¨urkenkrieg Lazarettgehilfe in der o¨ sterr. Armee und trat anschließend in den Hofdienst des Kurf¨ursten → Karl Theodor von Bayern ein. Mit Unterst¨utzung des Hofs studierte er Naturwissenschaften und Medizin in Landshut, wurde 1808 promoviert und unterrichtete dann an der M¨unchner Schule f¨ur Land¨arzte Physik, Chemie, Anthropologie und Medizingeschichte. Nachdem G. Berufungen nach Breslau und Freiburg / Breisgau abgelehnt hatte, wurde er 1826 a. o. Prof., 1830 o. Prof. der Astronomie an der Univ. M¨unchen. G. besch¨aftigte sich in einer spezifischen Verbindung von Empirie und Philosophie mit medizinischen, astronomischen, geologischen und geographischen Fragen; er stellte als einer der ersten die Theorie auf, daß Mondkrater von Meteoreinschl¨agen stammten; f¨ur seine Vorschl¨age zur Aufl¨osung von Nieren- und Blasensteinen verlieh ihm die Acad´emie des Sciences von Paris einen Preis. Er ver¨offentlichte u. a. Organozoonomie oder u¨ ber das niedrige Lebensverh¨altniss als Prop¨adeutik zur Anthro¨ pologie (1811), Uber die Natur der Kometen (1811) sowie Einleitung in das Studium der Arzneikunde (1824) und gab „Analekten f¨ur Erd- und Himmelskunde“ (7 Hefte, 1830 / 31; 8 Hefte, 1832-36, unter dem Titel „Neue Analekten f¨ur Erdund Himmelskunde“) heraus. C NDB

Grulich, Martin, auch Gruhlich, evang. Theologe, * 1695 Lottin bei Stettin, † 30. 11. 1772 Torgau. Nach dem Theologiestudium in Leipzig und Wittenberg war G. Pfarrer in verschiedenen Orten, seit 1731 in Freiberg, seit 1742 Oberpfarrer und Superintendent in Torgau. Er verfaßte ann¨ahernd dreißig Schriften erbaulichen, liturgischen und moraltheologischen Inhalts, u. a. Homiliarium Evangelicum oder Saft und Kraft der besten Evangelisch-Lutherischen Postillen (6 Tle., 1729-37).

und Goethes Begegnungen und Gespr¨ache (1965 ff., hrsg. zusammen mit Renate G.). G. war Begr¨under und Herausgeber der Zeitschrift „Kadmos“ (1962 ff.) C Altpreuß Biogr, Bd 3

Grumbach, Argula von, geb. Freiin von Stauff, Verfasserin reformatorischer Flugschriften, * um 1492 Beratzhausen (bei Regensburg), † 1554 Zeilitzheim bei Schweinfurt. G. besaß eine f¨ur die damalige Zeit sehr gute Bildung. Bereits als Zehnj¨ahrige erhielt sie von ihrem Vater, einem kgl. Hauptmann, eine Bibel. Sie wurde am Hof der Herzogin Kunigunde von Bayern erzogen und lebte nach der Heirat (1516) mit dem Statthalter Friedrich von G. zumeist in Dietfurt. Durch N¨urnberger Freunde mit reformatorischen Schriften bekannt gemacht, trat G. in Briefwechsel mit Georg → Spalatin, Paul → Speratus und → Luther und verbreitete Luthers Lehre in Bayern auch m¨undlich. 1523 / 24 verfaßte sie zur Verteidigung des wegen seines evang. Glaubens angeklagten Ingolst¨adter Studenten Arsacius → Seehofer sieben Schriften, die an die Univ. Ingolstadt, die Stadt Augsburg, Herzog → Wilhelm von Bayern, den Statthalter der Oberpfalz, Kurf¨urst → Friedrich den Weisen, Pfalzgraf → Johann und die Stadt Regensburg gerichtet waren und teilweise hohe Auflagen erreichten. Auf dem N¨urnberger Reichstag 1524 trat sie durch weitere reformatorische Briefe, die die Amtsentlassung ihres Ehemanns zur ¨ Folge hatten, letztmalig an die Offentlichkeit. C RGG

Grumbach, Markward II. von, Vogt von Kitzingen, † 9. 2. 1171. G., Sohn des Vogts Markward I., ist um 1120 erstmals urkundlich nachweisbar, vor allem im W¨urzburger Raum. Seit 1139 hielt er sich h¨aufig am K¨onigshof, insbesondere zur Zeit → Friedrichs I., auf. 1147 stiftete er zusammen mit seiner Mutter Friderun, einer Verwandten von Bischof → Bernward von Hildesheim, ein Zisterzienserinnenkloster bei Gotha. G. ließ 1150 Burg Rothenfels / Main, sp¨ater Familienstammsitz, erbauen und besaß seit 1151 neben seinen Erbvogteien auch die Vogtei Kitzingen. Er war der Vater von Markward III. von → G. C NDB

Grumbach, Markward III. von, Podest`a von Mailand, † 5. 5. 1166. Der Sohn Markward II. von → G.s ist erstmals 1157 belegt. Seit 1160 befand er sich im Gefolge Kaiser → Friedrichs I., der ihn bei der Belagerung Mailands mit dem Kommando einer Sperrstellung bei Trezzo betraute. 1162 wurde G. Podest`a von Brescia und Bergamo. Im selben Jahr begann er die Belagerung der Feste Garda (1163 erobert). 1164 wurde G. Podest`a von Mailand, im November desselben Jahres f¨ur die Zeit der Abwesenheit Friedrichs I. Podest`a der Lombardei. G. kehrte 1165 nach Deutschland zur¨uck.

Grumach, Ernst, Klassischer Philologe, * 7. 11. 1902

Grumbach, Wilhelm von, Reichsritter, * 1. 6. 1503

Tilsit, † 5. 10. 1967 London. G., Sohn eines Rechtsanwalts, studierte in Heidelberg, Marburg und K¨onigsberg und wurde 1932 promoviert (Physis und Agathon in der Alten Stoa, 21966). Seit 1930 Lektor an der Univ. K¨onigsberg, wurde er 1934 entlassen und lehrte 1937-42 an der Lehranstalt f¨ur die Wissenschaft des Judentums in Berlin. 1949-57 war er Prof. an der dortigen Humboldt-Universit¨at und leitete 1949-59 die Ausgabe von → Goethes Werken (1952 ff.) der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Zu seinen Forschungsgebieten geh¨orten die Pal¨aographie, die Epigraphik und die Philosophie der Antike. G. war Herausgeber der deutschen Aristoteles-Gesamtausgabe (1956 ff.). Zu seinen Werken z¨ahlten ferner die Sammlung Goethe und die Antike (2 Bde., 1949), Kanzler von M¨uller, Unterhaltungen mit Goethe (kritische Ausg. 1956; Hrsg.), Bibliographie der kretisch-mykenischen Epigraphik (1963, Suppl. 1967; Hrsg.)

Rimpar bei W¨urzburg, † 18. 4. 1567 Gotha. Aus einem fr¨ankischen Adelsgeschlecht stammend, war G. markgr¨aflich-brandenburgischer und w¨urzburgischer Lehnsmann und fand 1525 im Bauernkrieg erstmals Erw¨ahnung; vermutlich war er Anstifter zur Ermordung seines Schwagers Florian → Geyer. 1540-44 stand er im Dienst des W¨urzburger Bischofs → Konrad von Bibra, danach des Markgrafen → Albrecht Alcibiades; 1551 wurde er dessen Statthalter und unterst¨utzte ihn im „Markgr¨aflerkrieg“. In den erpreßten Vereinbarungen zwischen dem Markgrafen und W¨urzburg wurden ihm u. a. die Allodifizierung seiner Lehen zugesprochen. Nach der Annullierung des Vertrags und dem Tod Albrecht Alcibiades’ trat G. 1557 in die Dienste des Herzogs → Johann Friedrich II. von Sachsen-Weimar, dessen politische Ziele er f¨ur seine territorialen Forderungen zunutze zu machen suchte. In den sogenannten „Grumbachschen H¨andeln“, den kriegerischen Auseinandersetzun-

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Grunau gen nach der Ermordung des W¨urzburger Bischofs Melchior → Zobel, wurde G. 1563 mit der Reichsacht belegt, 1567 in Gotha gefangengenommen und hingerichtet. C NDB

Grumbkow, Friedrich Wilhelm von, Staatsmann, Milit¨ar, * 4. 10. 1678 Berlin, † 18. 3. 1739 Berlin. Der Sohn Joachim Ernst von → G.s trat nach Studienreisen in das brandenburgische Milit¨ar ein, k¨ampfte im Spanischen Erbfolgekrieg bei H¨ochst¨adt (1704) und Malplaquet (1709) und wurde Generalmajor. Seit 1711 Generalinspekteur des Generalkriegskommissariats, u¨ bernahm er in den folgenden Jahren die Leitung dieser Beh¨orde und wurde 1723 Vizepr¨asident des neugegr¨undeten Generaldirektoriums und Dirigierender Minister des Ersten Departements. Als einer der wichtigsten Mitarbeiter und enger Vertrauter K¨onig → Friedrich Wilhelms I. wirkte G. maßgeblich an den milit¨arischen und administrativen Reformen des preuß. Staates mit. Außenpolitisch verfolgte er mit dem kaiserlichen Gesandten Friedrich Heinrich von → Seckendorff zun¨achst ¨ die enge Zusammenarbeit Preußens mit Osterreich sowie die Abwendung von Frankreich und England-Hannover, nach ¨ der entt¨auschenden Haltung Osterreichs in der J¨ulicher Frage jedoch die Ann¨aherung an Frankreich. G. wurde 1733 General der Infanterie, 1737 Generalfeldmarschall. C Verwaltung Grumbkow, Joachim Ernst von, Milit¨ar, * 29. 9. 1637, † 26. (20. ?) 9. 1690 bei Wesel . G., Sohn eines kurbrandenburgischen Obersten, studierte in Rostock (1654) Rechtswissenschaften und trat w¨ahrend des Ersten Nordischen Kriegs in die Armee des Kurf¨ursten → Friedrich Wilhelm von Brandenburg ein. 1671 wurde er Amtskammerrat in der kurf¨urstlichen Kammerverwaltung. W¨ahrend des Kriegs gegen Frankreich zeichnete sich G. in Proviantierungs- und Festungsbauaufgaben aus, zeigte diplomatisches Geschick und wurde 1673 Major, 1677 Oberst, 1678 Schloßhauptmann, 1679 Generalkriegskommissar und damit Leiter der brandenburgischen Milit¨arverwaltung. Seit 1682 Wirklicher Geheimer Staatsrat, 1685 Oberhofmarschall, entwickelte G. die milit¨arische Zentralbeh¨orde zur obersten Steuer- und Landespolizeibeh¨orde des brandenburgischen Staates, die durch wirtschaftspolitische Maßnahmen die o¨ konomische Basis f¨ur ein brandenburgisches Heer schuf. Durch Ausschaltung der st¨andischen Organe in der Steuereinnahme leistete er dem Absolutismus Vorschub und betrieb 1685 erfolgreich die o¨ konomische Eingliederung der Hugenotten. G. starb auf der Reise in die Niederlande. Er war der Vater von Friedrich Wilhelm von → G. C NDB

Grumme, (Carl) Ferdinand, seit 1912 G.-Douglas, Milit¨ar, * 5. 6. 1860 Stockholm, † 18. 7. 1937 Rehdorf (Kr. K¨onigsberg in der Neumark). Der aus einer hannoverschen F¨orsterfamilie stammende G. schlug 1878 die Laufbahn als Seeoffizier ein. Seit 1894 arbeitete er im Reichsmarineamt und war 1899-1904 Fl¨ugeladjutant Kaiser → Wilhelms II.; als Titular-Konteradmiral seit 1910 war er Generaladjutant. Aufgrund dieser Beziehung zum Monarchen berief ihn die Hamburg-AmerikaLinie (HAPAG) zum Direktoriums- und die Berliner Allianzversicherung zum Aufsichtsratsmitglied. Politisch bet¨atigte sich G., der ein Rittergut besaß und 1900 nobilitiert wurde, im agrarkonservativen Bund der Landwirte. Er wurde Mitglied des Preußischen Herrenhauses und trat als Alldeutscher und v¨olkischer Nationalist im Ersten Weltkrieg f¨ur annexionistische Kriegsziele ein. C Hildebrand Grun, Bernard, urspr. Bernhard Gr¨un, Komponist, Dirigent, Schriftsteller, * 1901 M¨ahren, † 28. 12. 1972 Berlin. G., Sohn eines Arztes, studierte zun¨achst Philosophie und Rechtswissenschaften, dann an der Akademie f¨ur Musik und darstellende Kunst in Wien bei Alban → Berg, Felix von

→ Weingartner und Egon → Wellesz. Er wurde Musikalischer Leiter an B¨uhnen in Berlin, Wien und Prag. Mitte der dreißiger Jahre emigrierte G. nach London. 1942 arbeitete er mit Richard → Tauber an der Operette Old Chelsea, adaptierte viele Operetten, u. a. 1953 Carl → Mill¨ockers Die Dubarry, und schrieb die Musik zu zahlreichen Filmen (u. a. The Golden Quill, 1956; Fanny Beloved, 1960) sowie zur Dokumentarfilmserie This modern age von Rank Films.

Grunau, George (August), Reeder, Kaufmann, * 30. 3. 1820 Elbing, † 27. 7. 1890 Elbing. G., Sohn von Ignatz → G., durchlief in Danzig eine kaufm¨annnische Lehre (1836), hielt sich l¨angere Zeit zum Sprachstudium in England auf und trat dann in die Firma seines Vaters Ignatz → G. ein. 1843 erhielt er Prokura, wurde 1850 alleiniger Gesch¨aftsf¨uhrer des Mehl- und Getreidegesch¨aftes in Elbing und betrieb dar¨uber hinaus die Reederei. 1854 initiierte G. den Bau des ersten im preuß. Staat gebauten Seeschraubendampfers „Borussia“ und gr¨undete 1866 die „Elbinger Dampfschiffahrtsgesellschaft G. Grunau“, womit die Verbindung zwischen Elbing und den Ostseeh¨afen auf dem Oberl¨andischen Kanal ausgebaut wurde. Die aus dem v¨aterlichen Erbe stammende „Große Amtsm¨uhle“ in Braunsberg wandelte er in eine Aktienkommanditgesellschaft um; sie geh¨orte in den siebziger Jahren des 19. Jh. zu den leistungsf¨ahigsten M¨uhlenwerken in Ost- und Westpreußen. C NDB Grunau, Ignatz, Reeder, Kaufmann, * 4. 5. 1795 Braunsberg, † 8. 3. 1868 Elbing. Nach einer kaufm¨annischen Lehre gr¨undete G., Sohn eines Schuhmachermeisters, ein eigenes Getreidegesch¨aft in Elbing und betrieb seit 1830 die erste Dampfm¨uhle Westpreußens; neben Dampf-, Dampf¨ol- und Wasserm¨uhlen besaß er die „Große Amtsm¨uhle“ in Braunsberg sowie zahlreiche Speicher und eine Reederei. Er exportierte nach England, in die Niederlande, nach Belgien, Frankreich und in die USA und war 1839 / 40 Mitbegr¨under und Teilhaber der Dampfschiffahrt auf dem Frischen Haff. Durch seine Auftr¨age f¨orderte G. die Werft Ferdinand → Schichaus. Soziales Engagement zeigte er durch die Einf¨uhrung einer Kranken- und Sterbekasse, eine der ersten genossenschaftlichen Gr¨undungen Deutschlands, f¨ur seine Arbeiter und Angestellten (1836), seit 1844 f¨ur alle Arbeiter und Angestellten Elbings zug¨anglich. Nach gesch¨aftlichen Schwierigkeiten, verursacht durch die d¨anische Blockade 1849 / 50, unterhielt G. nur noch die „Große Amtsm¨uhle“ in Braunsberg. Er war der Vater von George → G. C NDB Grunau, Simon, Dominikaner, Chronist, * um 1470 Tolkemit (Ostpreußen), † zwischen 1530 und 1537 Danzig (?). ¨ Uber G.s Lebensweg sind nur die Daten bekannt, die sich seinem Werk entnehmen lassen. Er war deutscher Herkunft, besaß Kenntnisse der polnischen Sprache und wuchs, da Tolkemit 1466 an den polnischen K¨onig gegangen war, in einer dem Deutschen Orden eher feindlich gesinnten Umgebung auf. Als Dominikanerm¨onch hielt er sich zeitweise in Elbing, dann in Danzig auf; vermutlich erlebte er dort 1520 den Ansturm des Deutschen Ordens und 1524 / 25 die Reformation. G. arbeitete an der Preußischen Chronik (3 Bde., 1876-96, hrsg. von M. Perlbach, R. Philipp und P. Wagner) vermutlich bereits 1510, dann wieder 1517; die erste Fassung datiert von 1521, eine Erweiterung von 1526, Anf¨ugungen reichen bis 1530. In popul¨arem Deutsch erz¨ahlend, verfaßte G. die erste umfassende Geschichtsdarstellung Preußens bis zu seiner Zeit. Die Chronik bietet interessantes volkskundliches Material und wurde, noch ungedruckt, bereits von den Chronisten des 16. Jh. rezipiert. C NDB

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Grunberg Grunberg, Emile, auch Gruenberg, urspr. Emil Gr¨unberg, National¨okonom, * 1. 8. 1905 Baden (Nieder¨osterreich), † 16. 10. 1988 Akron (Ohio, USA). G., Sohn von Carl → Gr¨unberg, studierte zun¨achst Chemie und wechselte 1926 an die sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Fakult¨at in Frankfurt / Main, wo er 1930 bei Karl → Pribram promoviert wurde (Der Lohn in der Konjunktur). 1930-33 war er freier wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts f¨ur Sozialforschung, habilitierte sich 1932 an der Univ. Leipzig mit der Arbeit Der Mittelstand in der kapitalistischen Gesellschaft und emigrierte 1933 in die Schweiz, 1934 in die USA. Seit 1946 Assistant Professor an der University of Akron (Ohio), wurde er 1948 Associate Professor an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh und war Vorstand des Economic Department. G. besch¨aftigte sich vor allem mit den theoretischen Grundlagen der Wirtschaftswissenschaften. C Hagemann Grund, Alfred (Johannes), o¨ sterr. Geologe, * 3. 8. 1875 Prag-Smichow, † 11. 11. 1914 Temes-Kubin bei Belgrad. G., Sohn eines Oberbaurats, studierte in Wien Geographie, Geschichte, Geologie und Meteorologie, wurde 1899 promoviert (Topographische Ver¨anderungen zwischen Traisen und Leitha und ihre Ursachen) und habilitierte sich nach einj¨ahriger Assistentenzeit am Geographischen Institut der Univ. Wien f¨ur Geographie (1904, Karsthydrographie). 1907 wurde er a. o. Prof. an der Univ. Berlin, leitete das Institut f¨ur Meereskunde und unternahm Exkursionen nach Norwegen und auf die Nordseeinseln. 1910 folgte G. einem Ruf als o. Prof. der Geographie an die Deutsche Univ. in Prag und leitete 1911-14 als Ozeanograph hydrographische Forschungsarbeiten in der Adria. Er besch¨aftigte sich mit der Morphologie und Hydrographie des Dinarischen Karstes und stellte den Begriff des „Karstwassers“ auf. Zu seinen ¨ Ver¨offentlichungen geh¨oren Landeskunde von OsterreichUngarn (1905) und Beitr¨age zur Morphologie des Dinarischen Gebirges (1910). G. fiel im Ersten Weltkrieg. C NDB Grund, (Friedrich Wilhelm) Bernhard, Fabrikant, Politiker, * 25. 11. 1872 Breslau, † 21. 10. 1950 K¨onigswusterhausen bei Berlin. G., Sohn eines Großkaufmanns, studierte in Bonn und Breslau Rechts- und Staatswissenschaften (Promotion 1898), war bis 1904 Regierungsassessor und verbrachte das folgende Jahr auf Studienreise in den USA, Japan, China, Indien und ¨ Agypten. 1905 trat er in die sich seit 200 Jahren in Familienbesitz befindende Drogen- und Chemikaliengroßhandlung „Goldener Becher“ in Breslau ein, wurde 1907 Mitinhaber und leitete den Betrieb zusammen mit seinem Bruder Erich G. bis zur Schließung 1945. Seit 1911 Mitglied des Breslauer Magistrats, wurde G. 1913 in das preuß. Abgeordnetenhaus, 1919 in die preuß. Landesversammlung und den vorl¨aufigen Reichswirtschaftsrat berufen. Seit 1920 Pr¨asident der Breslauer Handelskammer, bem¨uhte er sich, die wirtschaftspolitische Situation Schlesiens zu verbessern. G. initiierte u. a. den Ausbau der TH Breslau. C NDB

Grund, Franz (Joseph), auch Francis G., Journalist, * 1804 Prag, † 29. 9. 1863 Philadelphia (USA). Der Sohn eines Finanzbeamten studierte 1822-24 am Poly¨ technischen Institut der Univ. Wien, verließ Osterreich und unterrichtete 1825 Mathematik an der Kriegsschule in Rio de Janeiro. 1826 ging er in die USA, erwarb das B¨urgerrecht und lehrte an der Bostoner Chauncy Hall School Mathematik. Seit 1833 bet¨atigte er sich journalistisch und politisch; seine sozialkritischen Schriften, u. a. Die Amerikaner (1837) und Die Aristokratie in Amerika (1839), wurden auch in Deutschland beachtet. G. schrieb f¨ur deutsche und

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amerikanische Zeitungen, u. a. f¨ur die „Augsburger Allgemeine Zeitung“ und andere Zeitungen des Stuttgarter CottaVerlags, und hatte in den USA den Ruf, Begr¨under des amerikanischen Sensationsjournalismus zu sein. Politisch zwischen der Republikanischen und der Demokratischen Partei schwankend, hatte er seit 1841 (Konsul in Bremen) diplomatische Positionen inne, zuletzt als Konsul in Le Havre (1860 / 61). G. ver¨offentlichte u. a. Martin van Buren (1835), Handbuch und Wegweiser f¨ur Auswanderer nach den Vereinigten Staaten (1843, 21846) und Thoughts and reflections on the present position of Europe and its probable consequences to the US (1860). C NDB

Grund, (Franz) Friedrich (Alexander), Ingenieur, * 5. 5. 1814 Heinrichau (Schlesien), † 16. 5. 1892 Berlin. G., Sohn eines Justizrats und Gerichtskanzlers, besuchte die Kunst- und Bauhandwerkschule Breslau und legte 1836 die Feldmesserpr¨ufung, nach weiterer Ausbildung 1841 die Abschlußpr¨ufung an der Allgemeinen Bauschule in Berlin ab. Nach praktischer T¨atigkeit wurde er 1844 Landund Wasserbauinspektor, 1850 Wasserbaumeister und u¨ bernahm die Bauleitung der K¨olner Hafenbauten. Als Wasserbauinspektor (1854) und kommissarischer Ingenieur f¨uhrte G. Meliorationsarbeiten durch und wurde 1856 LandesMeliorations-Bauinspektor in D¨usseldorf. Nach einer T¨atigkeit als Regierungs- und Baurat in Stettin wechselte er 1862 in das Berliner Ministerium f¨ur Handel, Gewerbe und o¨ ffentliche Arbeiten unter gleichzeitiger Ernennung zum Geheimen Baurat und Vortragenden Rat. G.s Ressort unterstanden s¨amtliche Straßen- und Wasserbauten in der Rheinprovinz, in Westfalen, Sigmaringen und Hessen-Nassau. 1866-73 war G. Direktor der Berliner Bauakademie. C NDB

Grund, Friedrich Wilhelm, Komponist, Dirigent, Musikp¨adagoge, * 7. 10. 1791 Hamburg, † 24. 11. 1874 Hamburg. G. wurde von seinem Vater Georg Friedrich G., der Musiklehrer und Kapellmeister am Ackermannschen Schauspielhaus war, in Violine, Gesang und Klavier unterrichtet. Zw¨olfj¨ahrig deb¨utierte er in einem Konzert Andreas → Rombergs, konzertierte die folgenden Jahre mit seinen Geschwistern und mußte aufgrund eines Nervenleidens der rechten Hand 1809 das Geigenspiel aufgeben. 1819 gr¨undete G. in Hamburg die „Gesellschaft der Freunde des religi¨osen Gesangs“, die sp¨atere „Hamburger Singakademie“, und dirigierte 1828-62 die philharmonischen Konzerte. Er komponierte u. a. Symphonien, Quartette, Klavier-, Cello- und Violinsonaten. C MGG

Grund, Friedrich Wilhelm, Fabrikant, * 24. 6. 1839 Gottesbelohnungsh¨utte bei Hettstedt (Sachsen), † 2. 7. 1903 Marburg / Lahn. G., dessen Vater Maschinenmeister der Mansfeldischen Gesellschaft in Gottesbelohnungsh¨utte war, besuchte zun¨achst die Gewerbeakademie in Berlin (1860), wurde jedoch bald Maschinenmeister bei der Niederschlesisch-M¨arkischen Eisenbahn (bis 1868), dann Obermaschinenmeister bei der Breslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenbahngesellschaft. Seit 1871 Direktor der „Breslauer AG f¨ur Eisenbahnwagenbau“, wurde er 1874 alleiniger Leiter des Betriebs, eines der f¨uhrenden deutschen Waggonherstellers, in dem u. a. Waggons des kaiserlichen Hofzugs und f¨urstliche Salonwagen produziert wurden. 1897 fusionierte die Firma mit der „Maschinenbauanstalt G. H. v. Ruffer“ zu einem großen Werk f¨ur Maschinen- und Lokomotivbau und wurde nach den Pl¨anen und unter der Leitung G.s an neuer Stelle errichtet; 1900 verließ die erste Maschine dieses Werk. C Leb Schlesien, Bd 1

Grundig Grund, Johann Jakob (Norbert), Maler, * 2. 2. 1755 Gunzenhausen (Bayern), † 1814 Prag. Der Sohn Norbert → G.s war zun¨achst Mitglied der Gesellschaft Jesu und widmete sich nach deren Aufhebung der Miniaturmalerei in Ansbach. 1780 ließ er sich in Rom nieder, war seit 1791 Prof. an der Akademie in Florenz und kam 1794 u¨ ber Deutschland nach Prag. Dort besch¨aftigte er sich neben der Malerei vor allem mit Musik und unterrichtete am Konservatorium. G. verfaßte mehrere Schriften, u. a. Die Malerei der Griechen oder Entstehung, Vollendung und Verfall der Malerei. Ein Versuch (2 Bde., 1810).

Grund, Norbert (Joseph Karl), auch Grundt, Maler, * 4. 12. 1717 Prag, † 17. 5. 1767 Prag. G. wurde bis 1737 bei seinem Vater, dem Maler Christian G., ausgebildet, hielt sich seit 1738 in Wien auf und erlangte nach der R¨uckkehr nach Prag 1752 die Aufnahme in der Prager Malergilde. Seit 1753 wurde er als Prinzipal (mit der Bezeichnung Landschaftsmaler) gef¨uhrt. Seine Bilder wurden u. a. auf der Leipziger Messe verkauft und durch Nachstiche Johann → Balzers verbreitet. G. bereiste Italien (Venedig) und Deutschland. Maßgeblich von Franz de Paula Ferg beeinflußt, verarbeitete er in seinen Bildern niederl¨andische, franz¨osische (u. a. Watteau) und italienische Kupferstichvorlagen. G. schuf zahlreiche kleinformatige Landschafts-, Genre- und Schlachtenbilder, die sich insbesondere durch die Wiedergabe atmosph¨arischer Genauigkeit auszeichnen. Er war der Vater von Johann Jakob → G. C NDB

Grund, Peter, Architekt, * 15. 11. 1892 Pfungstadt, † 26. 1. 1966 Darmstadt. G. arbeitete 1923-33 in Dortmund, wo er 1929 / 30 die Nikolaikirche als eine der ersten Sichtbetonkirchen erbaute, leitete 1933-38 die Kunstakademie in D¨usseldorf und wurde 1947 Oberbaudirektor in Darmstadt. In seinen Architekturarbeiten versuchte er, unter Einbeziehung der Landschaft Tradition und moderne Bautechnik (vor allem Stahlbeton) in Einklang zu bringen. G. errichtete ferner die Industrie- und Handelskammer in Dortmund (1929), das Stadion in Darmstadt (1950-52) und den Kaufhof in Frankfurt / Main (1951).

meine Missionszeitschrift“ heraus, war Mitarbeiter der Zeit¨ schrift „Dornen und Ahren vom Missionsfelde“ (1886-99) und verfaßte zahlreiche wissenschaftliche und volkst¨umliche Abhandlungen. C NDB

Grunder, Karl, schweizer. Schriftsteller, * 20. 11. 1889 Hamegg bei Arni (Kt. Bern), † 6. 1. 1963 Bern. G., Sohn eines Bauern aus Emmental, war Lehrer in Littewil, Großh¨ochstetten und Bern. Bekannt wurde er als Mundartschriftsteller und Vertreter des Mundartdramas. G. schrieb zahlreiche im Bauernmilieu angesiedelte Geschichten und Dramen, u. a. D Wysseburgere (1960). Seine volkst¨umlichen Liedtexte wurden wiederholt vertont. G. war Mitbegr¨under der Schweizerischen Gesellschaft volkst¨umlicher Autoren, Komponisten und Verleger.

Grundherr zu Altenthann und Weierhaus, Werner von, Diplomat, * 22. 1. 1888 N¨urnberg, † 8. 11. 1962 Weißenburg (Bayern). Nach Abschluß des Studiums der Rechts- und Staatswissenschaften 1909-13 in Berlin und Greifswald wurde G., Sohn eines bayerischen Offiziers, zum Dr. rer. pol. promoviert. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg begann er 1918 seine diplomatische Laufbahn und geh¨orte dann der Gesandtschaft in Bukarest (1921-23), in Athen (1924) und in Helsinki (1925-34) an. Die folgenden Jahre arbeitete G. im Ausw¨artigen Amt in Berlin, kam – 1945-47 interniert – 1950 in die Dienststelle f¨ur Ausw¨artige Angelegenheiten im Bundeskanzleramt und ging im selben Jahr als Generalkonsul nach Athen (seit 1951 Botschafter). C BHdAD

Grund, Walter, Beamter, * 15. 1. 1907 K¨oniglich-Neudorf (Oberschlesien), † 2. 10. 1986 Bonn. G. studierte Rechts- und Staatswissenschaften sowie Volkswirtschaft in M¨unchen, Breslau und Greifswald. Kurzzeitig als Richter t¨atig, arbeitete er 1935-41 bei Finanz¨amtern und beim Oberfinanzpr¨asidium Hamburg. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde G. Leiter des Pr¨asidialb¨uros sowie pers¨onlicher Referent des Pr¨asidenten der Finanzleitstelle Hamburg und schuf die finanz- und steuerpolitischen Grundlagen zum Wiederaufbau der deutschen Seeschiffahrt. 1952-56 leitete er die Steuerabteilung im nordrhein-westf¨alischen Finanzministerium und war seit 1956 Oberfinanzpr¨asident in Hamburg, 1963-69 Staatssekret¨ar im Bundesfinanzministerium. Nach der Entlassung aus dem Staatsdienst arbeitete G. als Anwalt f¨ur Steuerrecht. C Munzinger

Grundig, Hans, Maler, Graphiker, * 19. 2. 1901 Dresden, † 11. 9. 1958 Dresden. G., Sohn eines Dekorationsmalers, machte zwischen 1915 / 16 und 1918 / 19 eine Lehre im Betrieb des Vaters und arbeitete dort als Geselle. 1920-22 studierte er zun¨achst an der Dresdner Kunstgewerbeschule, 1922-27 an der Dresdner Akademie der K¨unste, wo er u. a. von Otto → Dix beeinflußt wurde. 1926 / 27 f¨uhrte er das Gesch¨aft des Vaters fort und war danach freischaffend in Dresden t¨atig. Seit 1926 Mitglied der KPD, war er 1929 Mitbegr¨under der „Dresdner Assoziation Revolution¨arer Bildender K¨unstler Deutschlands“ (1929), der auch seine Frau Lea → G. angeh¨orte. G. erhielt 1934 Berufsverbot, wurde mehrfach verhaftet (1936, 1938) und 1940-44 im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert. 1944 wurde G. in das Strafbataillon Dirlewanger versetzt; im selben Jahr trat er zur Roten Armee u¨ ber. Nach der R¨uckkehr nach Dresden 1946 war er 1947 / 48 Prof. und Rektor der Dresdner Hochschule f¨ur Bildende K¨unste. G., dessen Kunst im Zusammenhang mit der Realismus-Diskussion offen abgelehnt wurde, schuf realistisch-expressive Darstellungen mit sozial- und zeitkritischen Inhalten, u. a. die Radierfolge Tiere und Menschen (1934-39), das Triptychon Das Tausendj¨ahrige Reich (1935-38) und das Tafelbild Den Opfern des Faschismus (1946). 1955 ver¨offentlichte er Zwischen Karneval und Aschermittwoch. C Lex Kunst

Grundemann, (Peter) Reinhold, evang. Theologe, * 9. 1. 1836 B¨arwalde (Neumark), † 3. 5. 1924 Belzig. Nach dem Studium der Theologie und Philosophie in T¨ubingen, Halle / Saale und Berlin wurde G., Sohn eines Pfarrers, 1858 zum Dr. phil. promoviert und war Pfarrer in verschiedenen Orten Deutschlands, u. a. in Frankfurt / Oder (1863) und in M¨orz bei Belzig (seit 1869). 1865-69 arbeitete er in der Kartographischen Anstalt von Justus → Perthes in Gotha. G., erster deutscher Missionskartograph und Mitbegr¨under der Missionswissenschaft, bearbeitete dort den Allgemeinen Missionsatlas nach Originalquellen (1867-71); das Kartenmaterial hierzu sammelte er auf Reisen 1860-68 nach Norwegen, Großbritannien, in die USA und die Niederlande. Zusammen mit Gustav → Warneck gab er seit 1874 die „Allge-

Grundig, Lea, geb. Langer, Malerin, Graphikerin, * 23. 3. 1906 Dresden, † 10. 10. 1977 auf einer Schiffsreise im Mittelmeer. G., Tochter eines Kaufmanns, studierte 1922 / 23 an der Kunstgewerbeschule, seit 1923 an der Kunstakademie in Dresden und heiratete 1928 den Maler Hans → G. Sie arbeitete in der Agitpropgruppe „Linkskurve“ mit, geh¨orte zu den Begr¨undern der „Dresdner Assoziation Revolution¨arer Bildender K¨unstler Deutschlands“ (1929) und schuf thematisch auf das Proletariat, insbesondere auf Frauen und Kinder, sowie politische Aktionen bezogene Bilder. In den dreißiger Jahren entstanden mehrere Graphikzyklen, darunter Der Jude ist schuld (1935-38). Seit 1935 mit Berufsverbot belegt und wiederholt inhaftiert, emigrierte G. 1939

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Grundig u¨ ber Umwege nach Pal¨astina. Nach der R¨uckkehr nach Dresden 1949 lehrte sie 1950-77 als Professorin an der dortigen Hochschule f¨ur Bildende K¨unste. 1958 ver¨offentlichte sie ihre Autobiographie Gesichte und Geschichte. Ihre seit den f¨unfziger Jahren entstandenen Graphikzyklen setzen sich mit Faschismus, Militarismus und atomarer Bedrohung auseinander, u. a. Kampf dem Atomtod (1957 / 58). Seit 1961 war sie Mitglied der Akademie der K¨unste der DDR, 1964-70 Pr¨asidentin des Verbandes Bildender K¨unstler der DDR und 1967-77 Mitglied des Zentralkomitees der SED. 1972 wurde ihr von der Univ. Greifswald die Ehrendoktorw¨urde verliehen. C BHdE, Bd 2

Grundig, Max, Unternehmer, * 7. 5. 1908 N¨urnberg, † 8. 12. 1989 Baden-Baden. G. durchlief eine Lehre in der Installationsfirma A. & J. Hilpert, in deren F¨urther Niederlassung er 1927 Filialleiter wurde. 1930 machte er sich gemeinsam mit einem Freund mit dem Einzelhandelsgesch¨aft „Radio-Vertrieb F¨urth, Grundig & Wurzer, Handel mit Radioger¨aten“ selbst¨andig. Bereits 1938 erreichte er, vor allem erfolgreich mit der Produktion und dem Vertrieb von elektrotechnischen Teilen, die erste Umsatzmillion. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte G. mit der Herstellung von Radios, die er zun¨achst in Umgehung des alliierten Radioverkaufsverbots als Selbstbaukasten „Heinzelmann“ vertrieb, großen Erfolg. Der Konzern, die Grundig AG (seit 1972 Aktiengesellschaft), entwickelte sich zu einem der f¨uhrenden europ¨aischen Hersteller im Bereich Unterhaltungselektronik; 1979 wurden mehr als 38 000 Personen besch¨aftigt. 1982 hatte der Konzern neben 23 Produktionsst¨atten in Deutschland Werke in Frankreich, Ita¨ lien, Osterreich, Nordirland, Portugal, Spanien und Taiwan. Seit 1979 mit dem niederl¨andischen Philips-Konzern gesellschaftsrechtlich verbunden, u¨ bergab G. diesem 1984 die Unternehmensf¨uhrung; er blieb jedoch u¨ ber die Max-GrundigStiftung (dort Vorstandsvorsitzender) mit 49,5% an der Grundig AG und mit 5,8% an der Philips-Muttergesellschaft beteiligt. C Munzinger Grundler, (Franz Eberhard) Friedrich von, Maschinenbauer, * 10. 9. 1788 Rotenacker / Donau, † 16. 11. 1869 Stuttgart. Nach der Lehrzeit bei Hofmechanikern in Stuttgart und Darmstadt arbeitete G., dessen Vater Vogt und Pfleger in Rotenacker, dann Kloster- und Stabsverwalter in Herbrechtingen war, seit 1813 bei einem T¨ubinger Universit¨atsmechaniker und wurde 1816 von K¨onig → Friedrich von W¨urttemberg zum Landes-Maschinenbaumeister ernannt; vor Antritt seines Amtes unternahm er noch eine einj¨ahrige Studienreise nach England und Frankreich. G. leitete die „Mechanischen Werkst¨atten“ in Wasseralfingen; sein Aufgabengebiet umfaßte auch die Beaufsichtigung der staatlichen und privaten Maschinenbaubetriebe. Durch seine T¨atigkeit beeinflußte er maßgeblich den industriellen Aufschwung in W¨urttemberg. 1847 wurden die „Mechanischen Werkst¨atten“ der H¨uttenverwaltung Wasseralfingen angegliedert. C Leb Schwaben, Bd 4

Grundmann, Franz Henrich, Montanist, * 1. 1. 1808 Quelle bei Brackwede (Westfalen), † 23. 2. 1887 Tarnowitz (Oberschlesien). G., Sohn eines Heuerlings, besuchte das Lehrerseminar in Soest (1828-30), unterrichtete anschließend an verschiedenen Orten und ging 1840 an die Rektoratsschule in L¨udenscheid. 1847 wurde er nach einem autodidaktischen Studium der Sprachen, der Mathematik und der Naturwissenschaften an der Provinzialgewerbeschule Hagen angestellt und legte dort 1854 die Staatspr¨ufung als Lehrer f¨ur Naturwissenschaften an Gewerbeschulen ab. G. war dann an der Gewerbeschule Schweidnitz (Schlesien), seit 1857 als

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Bergschullehrer in Tarnowitz t¨atig. Er ver¨offentlichte Arbeiten u¨ ber die Erzbereitung, insbesondere den Puddelprozeß, und stellte chemische Untersuchungen der oberschlesischen Kohle an (Sind die englischen Steinkohlen besser als die schlesischen?, 1864). C NDB Grundmann, Friedrich Wilhelm, Bergwerksdirektor, * 26. 11. 1804 Berthelsdorf bei Hainichen (Sachsen), † 30. 7. 1887 Kattowitz (Oberschlesien). G., Sohn eines Bergmanns, arbeitete nach der Ausbildung auf einer Grube zun¨achst auf der Bleierz-Scheidebank in Tarnowitz, besuchte anschließend die dortige Bergschule und wurde 1834 Schichtmeister der staatlichen Tarnowitzer Friedrichsgrube. 1839 u¨ bernahm er die Leitung des Gutsund H¨uttenbetriebs Kattowitz und war 1854-72 Generalbevollm¨achtigter der „von-Tiele-Winklerschen Bergwerks- und H¨uttenbetriebe“. G. erwarb sich Verdienste um die Verwaltungsorganisation sowie die Produktionssteigerung der ihm unterstehenden Gruben und H¨uttenwerke. 1857 gr¨undete er in Form einer Aktiengesellschaft die Oppelner PortlandZement-Fabrik, deren Hauptaktion¨ar er seit 1872 war. G. geh¨orte 1849-51, 1855-61 und 1866 / 67 dem preuß. Abgeordnetenhaus, dem Provinziallandtag und seit 1876 dem Provinzialausschuß in Breslau an. C Leb Schlesien, Bd 5 Grundmann, Herbert, Historiker, * 20. 2. 1902 Meerane, † 20. 3. 1970 M¨unchen. Der Sohn eines Kaufmanns begann nach der in Chemnitz verbrachten Schulzeit 1921 in Leipzig mit dem Studium, das er in Heidelberg und M¨unchen fortsetzte und 1926 in Leipzig mit der Promotion abschloß. Nach seiner Habilitation (1933) setzte er die bereits 1928 begonnene T¨atigkeit als Mitarbeiter der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften bis zu seiner Berufung nach K¨onigsberg 1939 fort. Er erhielt 1944 einen Ruf nach M¨unster, konnte ihm jedoch erst nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft folgen. 1959 beendete er seine Lehrt¨atigkeit in M¨unster, um in M¨unchen das Amt des Pr¨asidenten der Monumenta Germaniae Historica (MGH) zu u¨ bernehmen, das er bis zu seinem Tod innehatte. G. war zu jung, um noch am Ersten Weltkrieg teilnehmen zu m¨ussen, wurde jedoch stark von den durch ihn ausgel¨osten Ver¨anderungen und deren Folgen gepr¨agt. Das Bed¨urfnis nach Verst¨andnis und Sinngebung von Gegenwart und Vergangenheit ließ den eigenst¨andig denkenden und allem Konformismus zur¨uckhaltend gegen¨uberstehenden Abiturienten mit einem Studium beginnen, das neben der Geschichte Volkswirtschaft und Soziologie sowie Literatur und Philosophie einschloß, sich aber unter dem Einfluß von Paul → Joachimsen, Johannes K¨uhn und Walter → Goetz auf die Geschichte des Mittelalters konzentrierte und mit einer Dissertation u¨ ber Joachim von Fiore abgeschlossen wurde, die dem Kalabreser Abt und Geschichtsdenker zu neuer Aktualit¨at verhalf. Von a¨ hnlicher Wirkung war die 1935 vero¨ ffentlichte Habilitationsschrift u¨ ber Religi¨ose Bewegungen des Mittelalters, in der das Paradigma der seit dem 19. Jh. das geistige und gesellschaftliche Leben Europas pr¨agenden „Bewegungen“ auf Ph¨anomene des Mittelalters angewandt wurde. Das Buch trug nicht nur zu einem besseren Verst¨andnis des Verh¨altnisses von H¨aresien und Ordenswesen, Theologie und Mystik bei, sondern wirkte auch schulbildend. Vergleichbare Anregungen gingen von G.s Schriften zur Geschichte des Reiches und des Reichsgedankens, der Universit¨aten und Laienbildung sowie der Geschichtsschreibung aus.

Gruner Trotz einer nie ganz abgelegten Skepsis gegen¨uber der Wirksamkeit von Institutionen hat sich G. als Mitglied der Historischen Kommission (1946), der Zentraldirektion der MGH (1947), des Vorstandes des Historikerverbandes (1949), als Herausgeber des „Archivs f¨ur Kulturgeschichte“ (1950) und des Handbuches der deutschen Geschichte (1954) und von 1959 bis zu seinem Tod als Pr¨asident der MGH so nachdr¨ucklich f¨ur die Neubelebung und Neuorganisation der deutschen Geschichtswissenschaft und Mittelalterforschung eingesetzt, daß ihm zahlreiche Ehrungen von deutschen und ausl¨andischen Akademien und Gelehrtengesellschaften zuteil geworden sind. WEITERE WERKE: Ausgew¨ahlte Aufs¨atze. 3 Bde. (Schriften der MGH 25,1-3) Stuttgart 1976 (Schriftenverzeichnis). LITERATUR: Arno Borst: H. G. (1902-1970). In: Deutsches Archiv zur Erforschung des Mittelalters 26 (1970) S. 327-353. – Horst Fuhrmann: „Sind eben alles Menschen gewesen.“ Gelehrtenleben im 19. und 20. Jahrhundert. Dargestellt am Beispiel der Monumenta Germaniae Historica. M¨unchen 1996, S. 64-67. Kaspar Elm

o. Prof. ernannt wurde. Von 1939 bis zu seiner Einberufung 1943 war er wissenschaftlicher Leiter des „Instituts zur Erforschung und Beseitigung des j¨udischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“ in Eisenach. 1945 von der Univ. Jena entlassen, arbeitete G. seit 1946 f¨ur das Hilfswerk der Th¨uringer evang. Kirche und wurde 1949 Hilfspfarrer, 1950 Pfarrer in Waltershausen. 1954-72 war er Rektor des Predigerseminars in Eisenach, 1974 / 75 Kirchenrat in Th¨uringen. C Gr¨uttner

Grundmann, Herbert, Buchh¨andler, Verleger,

Frankfurt / Main, † 7. 12. 1852 Frankfurt / Main. G., Sohn eines Kaufmanns, wurde 1801 Teilhaber des Bankhauses der Gebr¨uder Bethmann; 1824 erfolgte die Gr¨undung eines eigenen Unternehmens. Zusammen mit einem weiteren Frankfurter Bankier u¨ bernahm er 1826 die erste russische Staatsanleihe. Exemplarisch f¨ur eine Karriere am Bankenplatz Frankfurt in der ersten H¨alfte des 19. Jh. erreichte G. bis zu seinem Tod ein Gulden-Verm¨ogen in Millionenh¨ohe. Sozial t¨atig, unterst¨utzte er die armen Familien der l¨andlichen Umgebung. G.’ Frau errichtete 1845 eine Stiftung, die die Aufnahme von Waisenkindern in das Frankfurter Waisenhaus erm¨oglichte. C NDB

* 10. 9. 1913 Bremerhaven, † 27. 11. 1981 Bonn. G. trat 1938 in die Firma H. Bouvier & Co. in Bonn ein, wurde 1941 deren Gesellschafter, 1951 Komplement¨ar unter der Gesellschaftsform einer KG und war seit 1953 Alleininhaber der Firma. Die 1936 erloschene Verlagst¨atigkeit des Unternehmens nahm er 1946 wieder auf. 1972 kam es zu einer Aufspaltung des Betriebs in eine Holdinggesellschaft. G. war Mitbegr¨under und Vorstandsmitglied des Rheinisch-westf¨alischen Verleger- und Buchh¨andlerverbandes, Obmann des Bonner Buchhandels und geh¨orte mehreren Aussch¨ussen des B¨orsenvereins des Deutschen Buchhandels an (1967-81 war er Vorsitzender der Abgeordnetenversammlung). Das von ihm 1956 vorgelegte Buchh¨andlerische Manifest wurde zur Grundlage der Londoner (1959) und Pariser (1964) Resolutionen der Internationalen Arbeitsgemeinschaft von Sortimenter-Vereinigungen. G. ver¨offentlichte u. a. Zwischenbilanz (1973), Bilanz (1982) und Buchhandel zwischen Geist und Kommerz (1984, Hrsg.). C LGB

Grundmann, (Martin) Siegfried, Jurist, * 25. 2. 1916 Chemnitz, † 29. 3. 1967 M¨unchen. Nach dem rechtswissenschaftlichen Studium wurde G. 1940 in M¨unchen mit der Arbeit Die Reichsverfassungspl¨ane des Freiherrn vom Stein zum Dr. jur. promoviert. Er nahm am Zweiten Weltkrieg teil und war als Jurist im Kirchendienst t¨atig. 1956 habilitierte er sich in M¨unchen (Der Lutherische Weltbund) und ging 1957 als a. o. Prof. f¨ur Staats- und Kirchenrecht an die Univ. Marburg. 1959 kehrte er als o. Prof. ¨ f¨ur Offentliches Recht, Kirchenrecht, Staats- und Verwaltungsrecht an die Univ. M¨unchen zur¨uck. G. ver¨offentlichte u. a. Die Ordnung des Verh¨altnisses von Kirche und Staat auf der Grundlage des Vertragskirchenrechts (1960) und Abhandlungen zum Kirchenrecht (hrsg. von Reinhold Zippelius und Knut Wolfgang N¨orr, 1969). C RGG Grundmann, Walter, evang. Theologe, * 21. 10. 1906 Chemnitz, † 30. 8. 1976 Eisenach. G., Sohn eines Reichsbahninspektors, studierte seit 1926 Theologie, Philosophie und Kunstgeschichte in Leipzig, Rostock und T¨ubingen, wo er 1932 promoviert wurde. 1930 trat er der NSDAP bei. Seit 1932 war G. Hilfspfarrer in Oberlichtenau, seit 1933 Oberkirchenrat im EvangelischLutherischen Landeskirchenamt Sachsen sowie Leiter der Deutschen Christen in Sachsen (Mitglied seit 1932). Im selben Jahr wurde er Schriftleiter der Monatsschrift „Christenkreuz und Hakenkreuz“ und 1934 f¨orderndes Mitglied der SS. 1936 erhielt G. einen Lehrauftrag f¨ur V¨olkische Theologie und Neues Testament an der Univ. Jena, wo er 1938 zum

Grundmayr, Franz, kath. Theologe, * 15. 11. 1750 Altenerding (Oberbayern), † 25. 1. 1823 M¨unchen. G. wurde 1773 zum Priester geweiht und war seit 1775 Benefiziat und Zeremoniar an St. Peter in M¨unchen. 1811 wegen ver¨offentlichter Gebete gegen die Herrschaft Napoleons auf Betreiben des franz¨osischen Gesandten nahe Passau inhaftiert, erfolgte seine Freilassung erst 1816. G. verfaßte u. a. ein Liturgisches Lexikon der r¨omisch-katholischen Kirchengebr¨auche (1811, 31823). C Kosch: Kath

Grunelius, (Joachim) Andreas, Bankier, * 7. 8. 1776

Gruner, (Gottlieb) Anton, P¨adagoge, * 10. 3. 1778 Coburg, † 13. 5. 1844 Wiesbaden. G., Sohn eines sachsen-coburgischen Hofrats und Geheimen Sekret¨ars, studierte 1797-1800 in G¨ottingen und Jena Theologie, Geschichte und Philosophie und war danach Hofmeister in Kopenhagen. Nach kurzem Aufenthalt am P¨adagogischen Institut → Salzmanns in Schnepfenthal wurde er 1803 Sch¨uler → Pestalozzis in Burgdorf (Schweiz). 1805 u¨ bernahm G. in Frankfurt / Main die Leitung einer „Musterschule“, die fortschrittliche Volksbildung zum Ziel hatte; 1812-17 unterrichtete er in Coburg und leitete dann bis zu seiner Pensionierung 1827 das Landesseminar Idstein / Taunus. G. setzte sich als einer der ersten f¨ur die Anwendung der P¨adagogik Pestalozzis in Deutschland ein und begr¨undete die Simultanschule in Nassau. Zu seinen Schul- und Erziehungsschriften z¨ahlt Friedemann und die Seinen oder Das Gottesreich auf Erden. Ein Familienbuch, zur Veredelung des h¨auslichen und b¨urgerlichen Lebens (1829). C Leb Nassau, Bd 3 Gruner, August Wilhelm, Reeder, Kaufmann, * 11. 3. 1778 Osnabr¨uck, † 20. 5. 1859 Bremen. Der Sohn eines osnabr¨uckischen Vizekanzleidirektors und Konsistorialrats und Bruder Justus Karl von → G.s durchlief nach dem fr¨uhen Tod des Vaters eine kaufm¨annische Lehre und war seit 1797 Handelsgehilfe in Bremen. 1800 segelte er nach Saint Thomas, einem 1767 von den D¨anen deklarierten Freihafen und wichtigen Handelsumschlagplatz auf den Jungferninseln. G. gr¨undete dort die Firma „Gruner & Co.“ und baute mit dem erwirtschafteten Kapital eine weitere Handlung in Bremen auf, wohin er 1807 zur¨uckkehrte. Nach anf¨anglichen Schwierigkeiten erhielt er 1814 vom Senat die endg¨ultige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis und erwarb 1822 das Große B¨urgerrecht. Als „Westindische Handlung“ firmierend, der eine Reederei von schließlich sieben Schiffen verbunden war, handelte G. mit den Importg¨utern Tabak, Kaffee, Zucker und Tran. C NDB

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Gruner Gruner, Christian Gottfried, Medizinhistoriker, * 8. 11. 1744 Sagan (Schlesien), † 5. 12. 1815 Jena. Nach dem Studium in Leipzig und Halle / Saale wurde G., Sohn eines Fleischermeisters, 1769 zum Dr. med. promoviert (De causis sterilitatis in sextu sequiori ex doctrina Hippocratis veterumque medicorum) und arbeitete als praktischer Arzt in Breslau. 1773 folgte er einem Ruf als o. Prof. der theoretischen Medizin und Botanik nach Jena. G., der als einer der bedeutendsten Medizinhistoriker des 18. Jh. gilt, verfaßte zahlreiche Arbeiten, u. a. u¨ ber die Schriften des Hippokrates (Censura librorum Hippocraticorum, 1772), u¨ ber die Erforschung der Syphilis (De morbo Gallico scriptores medici et historici, 1793) wie auch u¨ ber die Geschichte der Krankheiten (Morborum antiquitates, 1774). Er war seit 1776 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, Sachsen-Weimarischer Geheimer Hofrat und Leibarzt. Bekannt war er seinerzeit wegen seines heftigen und intriganten Verhaltens, nicht zuletzt auch im Atheismusstreit um → Fichte. C NDB Gruner, Erich, Maler, Graphiker, * 14. 11. 1881 Leipzig, † 30. 12. 1966 Leipzig. G. studierte 1900-03 an der Leipziger Akademie f¨ur Graphische K¨unste und Buchwesen, war 1903 / 04 in Paris Sch¨uler ´ von Jean Paul Laurens und besuchte die Ecole des Beaux Arts. In den folgenden Jahren war er freischaffender K¨unstler und Ausstellungsleiter, 1930-46 Direktor der Leipziger Kunstgewerbeschule. G. wandte zahlreiche graphische Techniken (Lithographie, Radierung, Holzschnitt) an, illustrierte B¨ucher und entwarf Exlibris, Signets, Plakate und Briefmarken. Als erstes gr¨oßeres graphisches Werk gestaltete G. 1912 Judas mit eigenem Text und zwei ganzseitigen Titelradierungen. C Lex Kunst Gruner, (Georg) Ernst (Robert), Jurist, * 15. 11. 1853 Coburg, † 3. 1. 1925 Berlin. G., Sohn eines Justizamtmanns, war nach dem Jurastudium Assessor und Regierungsrat in Coburg und Gotha, danach im Reichsversicherungsamt t¨atig und wurde Vortragender Rat im Reichsamt des Inneren. 1902-14 war er Pr¨asident des Aufsichtsamtes f¨ur Privatversicherungen. Zu den besten Kennern des deutschen Versicherungsrechts z¨ahlend, hatte er maßgeblichen Anteil an der praktischen Umsetzung des von ihm mitgeschaffenen Versicherungsaufsichtsgesetzes (1901). G. ver¨offentlichte u. a. Die Neugestaltung des preußischen Wahlrechts (1917) und nahm gegen eine Verstaatlichung des Versicherungswesens Stellung. C NDB Gruner, Ferdinand, o¨ sterr. Journalist, Schriftsteller,

¨ * 24. 9. 1873 Freudenthal (Osterr.-Schlesien), † 27. 5. 1920 Trautenau (B¨ohmen). Der Bauernsohn trat zum Theologiestudium in den DeutschOrdens-Priester-Konvent in Troppau ein, mußte jedoch aus Krankheitsgr¨unden die Ausbildung abbrechen. Er wandte sich dem Journalismus zu, schrieb f¨ur verschiedene schlesische Zeitungen und war Redakteur der „Freien Schlesischen Presse“, seit 1895 des „Trautener Wochenblatts“. G. wurde auch als Erz¨ahler und Dramatiker (u. a. Liebesopfer, 1898) bekannt.

Gruner, (Johann) Friedrich, luth. Theologe, * 1. 8. 1723 Coburg, † 29. 3. 1778 Halle / Saale. Der Sohn eines sachsen-coburgischen Konsistorialpr¨asidenten und Geheimen Hofrats und Bruder Johann Gerhard → G.s studierte in Jena und Leipzig und hielt seit 1745 als Magister artium Vorlesungen an der Philosophischen Fakult¨at. 1747 wurde er Prof. der lateinischen Sprache und der r¨omischen Altert¨umer, sp¨ater der Beredsamkeit und der Poesie am Akademischen Gymnasium in Coburg und lehrte seit 1764 als o. Prof. der Theologie an der Univ. Halle. G. ist der Neologie zuzurechnen; er trat, die Einfl¨usse der Philosophie

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Platons und Aristoteles im theologischen Denken eliminierend, f¨ur eine „historisch-grammatikalische“ Interpretation der Heiligen Schrift ein. Er ver¨offentlichte u. a. eine Praktische Einleitung in die Religion der Heiligen Schrift (1773). C NDB

Gruner, Gottlieb Sigmund, schweizer. Naturforscher, * 20. (?) 7. 1717 Trachselwald (Kt. Bern), † 10. 4. 1778 Utzenstorf (Kt. Bern). Der Sohn Johann Rudolf → G.s studierte die Rechte in Bern (Promotion 1736, De cultu ignis apud gentiles) und wurde 1741 Archivar des Landgrafen von Hessen-Homburg. Seit 1743 Hofmeister des Prinzen Christian von AnhaltSchaumburg, begleitete er ihn h¨aufig auf Reisen und sammelte Mineralien. 1749 wurde G. Amtsschreiber in Thorberg (Kt. Bern), 1755 F¨ursprech, 1764 Landschreiber von Landshut (Kt. Bern) und Fraubrunnen. G. war Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (seit 1766) ¨ und der Okonomischen Gesellschaft Bern, widmete sich naturwissenschaftlichen Studien und verfaßte neben geographischen und geologischen Arbeiten juristische, staatswissenschaftliche und o¨ konomische Abhandlungen, darunter Die Eisgebirge des Schweizerlandes (1760), Die Naturgeschichte Helvetiens in der alten Welt (1773) und Reisen durch die merkw¨urdigsten Gegenden Helvetiens (1778). Zu seinen mineralogischen Ver¨offentlichungen geh¨ort der Versuch eines Verzeichnisses der Mineralien des Schweizerlandes (1775), in dem er erstmals eine Klassifizierung der in der Schweiz gefundenen Mineralien vornahm. C NDB Gruner, Heinrich Eduard, schweizer. Ingenieur, * 8. 2. 1873 Basel, † 28. 11. 1947 Basel. Nach dem Bauingenieurstudium am Polytechnikum Z¨urich (1891-97) hielt sich G., dessen Vater 1862 in Basel das erste Ingenieurbureau der Schweiz gegr¨undet hatte, mehrere Jahre in Großbritannien und den USA zur Weiterbildung auf. 1904 wurde er technischer Direktor der Basler Baugesellschaft und ließ sich im folgenden Jahr als selbst¨andiger Ingenieur nieder. G. erlangte durch den Entwurf zahlreicher Wasserkraftwerke international großes Ansehen; er konstruierte u. a. die Kraftwerke Laufenburg (1908-14), Broc (1918-21), Chaney-Pougny (1919-24) und Albbruck-Dogern (1929-36). Dar¨uber hinaus war er als Projektleiter und Berater beim Bau zahlreicher Anlagen weltweit t¨atig; er geh¨orte u. a. 1929-33 der Kommission f¨ur die zweite Erh¨ohung der Assuan-Sperre an und stand der a¨ gyptischen Regierung beim Entwurf des Assuan-Kraftwerkes beratend zur Seite. G. ver¨offentlichte u. a. Die Ausn¨utzung der Wasserkraft der Schweiz (1906) und Bew¨asserungsanlagen. Beobachtungen und Erfahrungen beim Bau in s¨udlichen L¨andern (1944). C Schweizer Pioniere, Bd 24 Gruner, Johann Gerhard, Jurist, Historiker, * 15. 2. 1734 Coburg, † 1. 7. 1790 Coburg. Der Bruder Friedrich → G.s studierte seit 1752 an der Univ. Jena Rechtswissenschaften und trat anschließend als Jurist in den Coburger Staatsdienst ein; 1766-1783 stieg er vom Kammerkonsulenten bis zum Geheimen Rat und Kammerpr¨asidenten auf. Er verfaßte mehrere historische Schriften, u. a. Historisch-statistische Beschreibung des F¨urstenthums Coburg-Sachsen-Saalfeldischen Antheils (1783). C Krieg Gruner, Johann Rudolf, schweizer. reformierter Theologe, Polyhistor, Genealoge, * 29. 9. 1680, † 19. 3. 1761 Burgdorf (Kt. Bern). G. befand sich seit 1705 im bernischen Kirchendienst, zun¨achst als Vikar in Burgdorf, seit 1707 als Pfarrer in Trachselwald und seit 1725 wiederum als Pfarrer in Burgdorf. 1744 wurde er Dekan des Kapitels Burgdorf. G. legte

Grunert riesige historische, genealogische und topographische Materialsammlungen an. 368 Handschriftenb¨ande sind von ihm u¨ berliefert, u. a. Deliciae urbis Bernae. Merckw¨urdigkeiten der hochl¨oblichen Stadt Bern. Aus mehrentheils ungedruckten authentischen Schrifften zusammengetragen (1723). Er war Mitarbeiter an den lexikalischen Werken → Iselins und → Leus. G. war der Vater von Gottlieb Sigmund → G.

Gruner, Justus (Karl Alexander Friedrich Elliot Wilhelm Ferdinand) von, Diplomat, * 2. 4. 1807 Berlin, † 2. 10. 1885 Berlin. Der Sohn Justus Karl von → G.s studierte in G¨ottingen, Heidelberg und Berlin Jura und war seit 1835 im h¨oheren preuß. Verwaltungsdienst t¨atig. Seit 1844 im Ausw¨artigen Dienst, wurde er 1845 Legationsrat bei der Preußischen Bundesgesandtschaft in Berlin, 1847 Vortragender Rat im Mi¨ nisterium des Außeren und nahm 1851 seinen Abschied. 1849-51 Mitglied der Ersten Kammer, 1853-61 als Abgeordneter der liberal-konservativen „Wochenblattspartei“ der Zweiten Kammer des Preußischen Landtags, wechselte G. ¨ 1858 nach der Ubernahme der Regentschaft durch Prinz → Wilhelm von Preußen als Unterstaatssekret¨ar wiederum ¨ in das Ministerium des Außeren und war seit 1862 Mitglied des Herrenhauses, seit 1867 des Norddeutschen Reichstags. Er geh¨orte zum Freundeskreis der Kaiserin → Augusta und war entschiedener Gegner → Bismarcks, insbesondere von C NDB dessen Kulturkampfgesetzgebung. Gruner, Justus Karl von, Staatsmann, * 28. 2. 1777 Osnabr¨uck, † 8. 2. 1820 Wiesbaden. Der Bruder August Wilhelm → G.s studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Halle und G¨ottingen (1796-98), wurde 1802 promoviert und trat in den preuß. Staatsdienst ein. Seit 1805 Direktor der Kriegs- und Dom¨anenkammer in Posen, wurde er 1809 erster kgl. Polizeipr¨asident Berlins, 1811 Geheimer Staatsrat und Leiter der politischen Polizei ganz Preußens. In diesem Amt baute G. gegen ¨ die franz¨osische Uberwachung ein wirksames Gegenspionagesystem auf. Nach dem preußisch-franz¨osischen B¨undnis 1812 ging er ins Exil nach Prag. Dort mit der propagandistischen Vorbereitung der Erhebung gegen Napoleon befaßt, wurde er inhaftiert und 1813 nach der Entlassung auf Verwendung des Freiherrn vom → Stein Gouverneur des Großherzogtums Berg. 1814 / 15 war G. Gouverneur des Mittelrheins, bem¨uhte sich 1815 als Leiter der politischen Polizei in Paris um die R¨uckf¨uhrung der von den napoleonischen Heeren geraubten Kunstg¨uter und wirkte 1816-18 als preuß. Gesandter in Bern. G. wurde 1815 nobilitiert. Er war der C Leb Westfalen, Bd 5 Vater von Justus von → G. Gruner, (Franz Rudolf) Paul, schweizer. Physiker, * 13. 1. 1869 Bern, † 11. 12. 1957 Bern. G., Sohn eines Apothekers, schloß seine Studien in Bern, Straßburg und Z¨urich 1893 mit der Promotion ab (Die Werthe der Weber’schen Strahlungsconstanten b2 verschiedener Kohlenf¨aden) und unterrichtete angewandte Mathematik am Freien Gymnasium Bern. Seit 1894 Privatdozent der Physik an der Univ. Bern, wurde er 1904 Titularprofessor, 1906 a. o. Prof., lehrte seit 1913 als o. Prof. theoretische und mathematische Physik und war 1921 / 22 Rektor der Universit¨at. G. verfaßte zahlreiche wissenschaftliche Abhandlungen zur theoretischen Physik, insbesondere zur Optik tr¨uber Medien und zu D¨ammerungserscheinungen, u. a. Beitrag zur Kenntnis der D¨ammerungserscheinungen und des Alpengl¨uhens (1921, in: Denkschrift der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Die Neuorientierung der Physik (1922), Das moderne physikalische Weltbild und der christliche Glaube (1922), Das Atom (1926) und Isaak Newton

(1943). G. war Pr¨asident der Eidgen¨ossischen Meteorologischen Kommission und Mitbegr¨under der hochalpinen ForC NDB schungsstation Jungfraujoch.

Gruner, Werner, Landmaschinentechniker, * 7. 6. 1904 Terpitzsch bei Colditz (Sachsen), † 29. 6. 1995 Dresden. G., Sohn eines Lehrers, arbeitete nach Abschluß seines Maschinenbaustudiums an der TH Dresden (1923-28) und parallel zur Promotion (Dr.-Ing. 1932, Versuche u¨ ber das maschinelle S¨agen von Stein mit glattrandigen Stahlb¨andern und Quarzsand) bei der Metallwarenfabrik Großfuß in D¨obeln, zuletzt als Chefkonstrukteur u. a. f¨ur Maschinengewehre und R¨ustungsg¨uter. 1945 von der Sowjetischen Milit¨aradministration arbeitsverpflichtet, war G. bis 1952 in der UdSSR t¨atig. Nach Deutschland zur¨uckgekehrt, wurde er Prof. an der TH Dresden, Gr¨undungsdirektor des dortigen Instituts f¨ur Landmaschinentechnik und Rektor der Hochschule (1958-61). 1962-66 war G. Mitglied des Forschungsrats der DDR. C DDR Gruner, Wolfgang, Kabarettist, * 20. 9. 1926 Rathenow, † 16. 3. 2002 Berlin. Nach dem Besuch der Finanzschule in Berlin 1944 zum „Volkssturm“ eingezogen, kehrte G. 1949 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zur¨uck, durchlief eine Schauspielausbildung bei Marlise Ludwig und erhielt erste Engagements an der Trib¨une, dem Theater am Kurf¨urstendamm und dem Hebbel-Theater. Seit 1951 war er Mitglied des Kabarett-Theaters „Die Stachelschweine“, als dessen Mittelpunkt er den Typus des redegewandt-schnoddrigen (West-) Berliners „mit Schnauze und Herz“ verk¨orperte. Daneben wirkte er in kom¨odiantisch-satirischen Filmen, u. a. mit Wolfgang → Neuss in der erfolgreichen Nachkriegskom¨odie Wir Kellerkinder (1960) und in zahlreichen Rundfunk- und Fernsehsendungen mit; besonderer Beliebtheit erfreute sich seine Rolle als Telekehrer Otto Schruppke (1958-68, SFB). Grunert, Carl, Schauspieler, * 16. 1. 1810 Leipzig, † 27. 9. 1869 Stuttgart. G. begann mit dem Studium der Theologie und wandte sich dann der B¨uhne zu. Er spielte nach dem Deb¨ut bei einer Wandertruppe 1830-33 in Augsburg, wurde Theaterdirektor in Freiburg / Breisgau und wechselte 1834 an das Hoftheater in Hannover. Weitere Engagements f¨uhrten ihn u¨ ber Mannheim und Hamburg an das Stuttgarter Hoftheater (1846), wo er bis zu seinem Tod blieb. G. stellte vor allem Charaktere der Dramen → Goethes, → Schillers und → Lessings dar, darunter Franz Moor, Mephisto und Nathan. 1857 wurde er mit einer Arbeit u¨ ber den Charakter Macbeth zum Dr. phil. ¨ promoviert und war als Ubersetzer t¨atig.

Grunert, Johann August, Mathematiker, Physiker, * 7. 2. 1797 Halle / Saale, † 7. 6. 1872 Greifswald. Der Sohn eines Buchdruckers schloß das Studium der Mathematik und Physik in Halle und G¨ottingen 1820 mit der Promotion ab (Doctrinae de resolutione functionum in functiones simplices sive partiales expositionem pleniorem) und war bis 1828 Gymnasiallehrer in Torgau, danach in Brandenburg. 1833 wurde er als o. Prof. der Mathematik an die Univ. Greifswald berufen, wo er bis 1872 lehrte; dar¨uber hinaus unterrichtete er seit 1838 an der Landwirtschaftlichen Anstalt Eldena. G. ver¨offentlichte mehr als 500 Arbeiten, darunter Sphaeroidische Trigonometrie (1833), Lehrbuch der Mathematik f¨ur die mittleren Classen h¨oherer Lehranstalten (2 Tle., 1834, 21864) und Optische Untersuchungen (3 Bde., 1846-51). Er war Mitglied zahlreicher Akademien und mathematisch-naturwissenschaftlicher Gesellschaften des In- und Auslandes, gab seit 1841 das von

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Grunholzer ihm gegr¨undete „Archiv der Mathematik und Physik“ heraus und vollendete das von Georg Simon → Kl¨ugel begonnene und von Karl Brandan → Mollweide fortgesetzte Mathematische W¨orterbuch (1831-36). C Poggendorff 3

Grunholzer, (Johann) Heinrich, schweizer. Schriftsteller, * 18. 2. 1819 Trogen (Kt. Appenzell-Außerrhoden), † 18. 7. 1873 Uster (Kt. Z¨urich). Nach einer Ausbildung am Lehrerseminar in K¨ussnacht war G., Sohn eines Lehrers, Landschreibers und Gastwirts, 1835 / 36 Lehrer in Thalweil und Orbe, studierte 1836-38 in Genf und war Hauslehrer bei Oberst Rilliet de Constant. 1838-42 unterrichtete er an der Sekundarschule in Bauma, wohin er nach einem Studium der Philosophie in Berlin (1842 / 43) zur¨uckkehrte. In Berlin lernte er im Haus der Br¨uder → Grimm Bettine von → Arnim kennen. 1847-52 leitete er das Lehrerseminar M¨unchenbuchsee, war danach Lehrer an der Z¨urcher Industrieschule, arbeitete seit 1858 in der Textilfabrik seines Schwiegervaters und u¨ bte mehrere ¨ politische Amter aus. Die Schrift Erfahrungen eines jungen Schweizers im Vogtlande (1843), die als Anhang zu Dieses Buch geh¨ort dem K¨onigs Arnims erschien, gilt nach dem Bauern-Spiegel Jeremias → Gotthelfs als erster Sozialbericht der deutschen Literatur. G. war Mitarbeiter p¨adagogischer Zeitungen, setzte sich f¨ur Schulreformen ein und schrieb u. a. Schullieder, patriotische Lyrik und Gelegenheitsdichtung. C DSL

Grunow, Hans, auch Johannes G., Verleger, * 11. 10. 1845 Leipzig, † 1. 4. 1906 Leipzig. G. durchlief eine Buchhandelslehre in Heidelberg, Stuttgart und London und arbeitete seit 1870 im v¨aterlichen Gesch¨aft in Leipzig. Nach dem Tod des Vaters 1879 u¨ bernahm er die Leitung der Verlagsbuchhandlung und war zusammen mit Gustav Wustmann Herausgeber der Zeitschrift „Grenzbo¨ ten“, die als Sprachorgan der politischen Außerungen → Bismarcks diente. G. verlegte auch zahlreiche d¨anische Autoren und gab ein Grammatisches Nachschlagebuch (1905) heraus. C Biogr Jahrb, Bd 11

Grunsky, Karl, Schriftsteller, * 5. 3. 1871 Schornbach bei Schorndorf, † 2. 8. 1943 Stuttgart. G. wurde nach Abschluß seines Studiums 1893 zum Dr. phil. promoviert und war zun¨achst als politischer, dann als musikwissenschaftlicher Schriftsteller und Journalist t¨atig. 1895-1908 arbeitete er als Musikreferent des „Schw¨abischen Merkurs“ in Stuttgart und hatte 1904 / 05 die Musikredaktion des „Kunstwart“ in M¨unchen inne. G. war Vorsitzender des „W¨urttembergischen Brucknerbundes“, initiierte die ersten „Bruckner-Tage der Stadt Bochum“ (1921). Er ver¨offentlichte u. a. Die Technik des Klavierauszugs. Entwickelt am dritten Akt von Wagners „Tristan“ (1911), Warum Hitler? Eine Antwort nach seinem Kampfbuch (1933) und Volkstum und Musik (1934).

Gruntzel, Josef, auch Grunzel, o¨ sterr. National¨okonom, * 20. 10. 1866 Alt-Paka (B¨ohmen), † 21. 11. 1934 Wien. G. studierte seit 1885 Orientalistik und Staatswissenschaften an der Univ. Wien, ging 1886 nach Paris an das Coll`ege de ´ France und die Ecole des langues orientales vivantes und setzte sein Studium anschließend an der Univ. Berlin fort. Nach der Promotion zum Dr. phil. und zum Dr. jur. wurde er 1890 Bibliothekar und Redakteur der „Consularberichte“ im k. u. k. Handelsmuseum, 1891 Sekret¨ar des Zentralverbandes ¨ der Industriellen Osterreichs. G. unternahm mehrere Reisen nach Vorderasien und war f¨unf Jahre lang Fachbericht¨ erstatter des Handelsmuseums in der T¨urkei, in Agypten, Griechenland und Spanien. Seit 1908 lehrte er als o. Prof. der Volkswirtschaftslehre an der Exportakademie des o¨ sterr. Handelsmuseums (der sp¨ateren Hochschule f¨ur Welthandel)

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und erhielt 1918 den Titel Hofrat. G. ver¨offentlichte u. a. einen Grundriß der Wirtschaftspolitik (5 Bde., 1909-11). ¨ C OBL

Grunwald, Georg (Bernhard), kath. Theologe, P¨adagoge, * 2. 4. 1879 Braunsberg (Ostpreußen), † 4. 8. 1937 Regensburg. G., Sohn eines M¨obelh¨andlers, besuchte die Staatliche Akademie Braunsberg, empfing 1903 die Priesterweihe und studierte 1904-06 Philosophie und P¨adagogik in Straßburg, wo er mit der Arbeit Geschichte der Gottesbeweise im Mittelalter bis zum Ausgang der Hochscholastik zum Dr. phil. promoviert wurde. Seit 1906 Kaplan in Elbing, unterrichtete er 1909-20 als Oberlehrer am Oberlyzeum Braunsberg. 1910 in Braunsberg habilitiert (Die M¨unchener katechetische Methode, J. Fr. Herbart und Fr. W. F¨orster), wurde er Privatdozent, 1915 Prof. der Katechetik und P¨adagogik an der Philosophisch-Theologischen Akademie Braunsberg, 1920 a. o., 1929 o. Prof. der P¨adagogik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Regensburg. G. versuchte, in seiner wissenschaftlichen Arbeit die Religionsp¨adagogik mit den Ideen der systematischen und methodologischen P¨adagogik zu verbinden. Er ver¨offentlichte u. a. Philosophische P¨adagogik (1917), P¨adagogische Psychologie (1921, 21925) und Die P¨adagogik des zwanzigsten Jahrhunderts (1927). C NDB Grunwald, Henry Anatole, urspr. Heinz Anatol Gr¨unwald, Redakteur, Schriftsteller, * 3. 12. 1922 Wien, † 26. 2. 2005 New York. G. wuchs als Sohn des Opernlibrettisten Alfred → Gr¨unwald in Wien auf. 1938 nach Frankreich emigriert, kam die Familie 1940 nach New York, wo G. bis 1944 Philosophie an der New York University studierte. Danach beim Nachrichtenmagazin „Time“ t¨atig, zun¨achst als Laufbusche, seit 1945 als Auslandskorrespondent und seit 1951 als Redakteur, war er 1968-77 Chef vom Dienst. Bekannt wurde G. mit einem Leitartikel, in dem er Pr¨asident Nixon bereits im November 1973 wegen der Watergate-Aff¨are zum R¨ucktritt aufforderte. 1979-87 war er verantwortlicher Chefredakteur s¨amtlicher Publikationen des Time-Konzerns. 1988 wurde er von Pr¨asident Reagan als Botschafter der USA nach Wien entsandt, wo er bis 1990 amtierte. Nach seiner R¨uckkehr in die USA verfaßte er seine Lebenserinnerungen One Man’s America. A journalist’s search for the heart of his country (1997) sowie Twilight. Losing Sight, Gaining Insight (1999, dt. 2001), worin er sich mit seiner zunehmenden Erblindung auseinandersetzte. Grunwald, Joseph, urspr. Gr¨unwald, National¨okonom, * 25. 6. 1920 Wien, † 18. 6. 1997 San Diego (Kalifornien, USA). G. emigrierte 1938 in die USA, war Fabrikarbeiter und studierte 1940-43 Volkswirtschaftslehre an der Johns Hopkins University in Baltimore. 1943-45 nahm er in der amerikanischen Armee am Zweiten Weltkrieg teil. 1950 wurde er an der Columbia University in New York mit der Arbeit National Budgeting in Norway promoviert. Nach einem Forschungsaufenthalt in Oslo (1950) und einer T¨atigkeit als Politikberater bei der Regierung von Puerto Rico wirkte G. 1952-54 als Assistant Professor an der City University of New York und wechselte 1954 als Prof. f¨ur Volkswirtschaftslehre und zugleich Direktor des Instituts f¨ur Volkswirtschaftslehre an die Universdad de Chile nach Santiago. 1961-63 hatte er eine Professur f¨ur Volkswirtschaftslehre an der Yale University inne, lehrte 1972-76 an der George Washington University und leitete 1984-88 das Institute of the Americas an der University of California in San Diego, seit 1986 als Professor. Seit den sechziger Jahren erforschte G. die wirtschaftliche Situation Lateinamerikas. Zusammen mit

Gruppe Philip Musgrove ver¨offentlichte er Natural Resources in Latin American Development (1970); 1977 gab er Latin America and World Economy. A Changing International Order heraus. C Hagemann

Grunwald, Max, j¨udischer Theologe, * 10. 10. 1871 Hindenburg (Schlesien), † 24. 1. 1953 Jerusalem. G. studierte in Breslau Philosophie, besuchte das dortige Rabbinerseminar und wurde 1895 Rabbiner in Hamburg, wo er 1897 die „Gesellschaft f¨ur j¨udische Volkskunde“ und das „J¨udische Museum“ gr¨undete. 1903-30 war er Rabbiner der israelitischen Kultusgemeinde in Wien. G.s wissenschaftliche Publikationen behandeln Themen der j¨udischen Volkskunde, Kultur- und Kunstgeschichte und Theologie. Er war Herausgeber der „Mitteilungen der j¨udischen Volkskunde“ (1897-1922) sowie der „Jahrb¨ucher f¨ur die j¨udische Volkskunde“ (1923 ff.) und ver¨offentlichte u. a. Die Eigennamen im Alten Testament in ihrer Bedeutung f¨ur die Kenntnis des hebr¨aischen Volksglaubens (1895).

Grunwald, Wilhelm, Bibliothekar, * 15. 7. 1909 Rastenberg, † 7. 6. 1989 G¨ottingen. G. studierte Mathematik, Physik, Chemie und Philosophie in Halle und Marburg und wurde 1931 mit der Arbeit Charakterisierung des Normenrestsymbols durch die p-Stetigkeit, den vorderen Zerlegungssatz und die Produktformel promoviert. Seit 1932 in den Bibliotheksdienst eingetreten, war er in Halle und Berlin, seit 1934 als Bibliothekar an der Universit¨atsbibliothek in Halle, 1937 in Kiel und seit 1938 in G¨ottingen t¨atig, wo er 1950 Bibliotheksdirektor wurde. Im selben Jahr u¨ bernahm er die Leitung der Bibliothek der TH Hannover; dort richtete er 1959 als zentrale TechnikFachbibliothek die Technische Informationsbibliothek (TIB) ein. 1963-74 war G. Direktor der Nieders¨achsichen Staatsund Universit¨atsbibliothek in G¨ottingen. Daneben geh¨orte er zahlreichen Fachgremien an. G. war Mitglied und 1961-64 Vorsitzender des Bibliotheksausschusses der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Mitglied des Verwaltungsausschusses des Deutschen Museums und des wissenschaftlichen Beirats des Instituts f¨ur Dokumentationswesen in der Max-PlanckGesellschaft. C Habermann 2 Grupe, Eduard (August Rudolf), Klassischer Philologe, * 4. 5. 1857 G¨ottingen, † 19. 5. 1935 Heidelberg. G., Sohn eines Vorstehers der Eisenbahng¨uterexpedition in Sraßburg, schloß sein Studium in Straßburg 1884 mit der Promotion zum Dr. phil. ab (De Justiniani institutionem compositione) und trat in den els¨assischen Schuldienst ein; 1907-15 war er Gymnasialdirektor in Buchsweiler, dann in Metz. 1920-35 war er ordentlicher Honorarprofessor des r¨omischen Rechts an der Univ. Heidelberg und hatte dar¨uber hinaus einen Lehrauftrag f¨ur juristische Lexikographie. G. f¨orderte durch seine Schriften die Interpolationsforschung und bearbeitete seit 1902 den zweiten Band des Vocabularium iurisprudentiae Romanae der Preußischen Akademie der Wissenschaften (beendet 1933). C NDB Grupe, Oskar, Geologe, * 14. 4. 1878 Einbeck, † 26. 2. 1940 Berlin-Schmargendorf. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte an der TH Hannover und an der Univ. G¨ottingen, wurde 1901 promoviert (Die geologischen Verh¨altnisse des Elfas, des Homburgwaldes, des Voglers und ihres s¨udlichen Vorlandes) und reiste als Geologe der Koninklijke Nederlandsche Petroleum Maatschappij nach Sumatra. 1902 wurde er Hilfsgeologe, 1904 st¨andiger Mitarbeiter der Preußischen Geologischen Landesanstalt in Berlin, 1914 Bezirksgeologe, 1927 Landesgeologe. G. erarbeitete aus den Geologischen Spezialkarten Preußens eine einheitliche Darstellung der preuß. Trias und schuf damit die Grundlage zur Kartierung des j¨ungeren Mesozoikums. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Die Flußterrassen

des Wesergebietes und ihre Altersbeziehungen zu den Eiszeiten (1911) und Studien u¨ ber Scholleneinbr¨uche und Vulkanausbr¨uche in der Rh¨on (1913). C NDB

Grupello, Gabriel de, Bildhauer, * 22. 5. 1644 Schloß Geraardsbergen (Belgien), † 20. 6. 1730 Schloß Ehrenstein bei Kerkrade (Niederlande). G., Sohn eines Kaufmanns und Gutsbesitzers, erhielt seine Ausbildung bei dem fl¨amischen Bildhauer Artus Quellinus, bereiste zu Studienzwecken Frankreich und wurde 1673 Meister in der Br¨usseler Zunft der „Vier gekr¨onten H¨aupter“ und Hofbildhauer Karls II. von Spanien in Br¨ussel. 1695-1716 war G. am kurpf¨alzischen Hof → Johann Wilhelms in D¨usseldorf t¨atig, wohin er die Tradition der Rubensschule und die Kennntnis des franz¨osischen Hofstils brachte. Seit 1718 stand er in Diensten Kaiser → Karls VI. in Br¨ussel. G. schuf Portr¨atb¨usten, Reiterdenkm¨aler und Gartenskulpturen, u. a. das Reiterstandbild Johann Wilhelms auf dem Marktplatz in D¨usseldorf (1703-11) und die Bronzepyramide auf dem Paradeplatz in Mannheim (1716, 1743 aufgestellt). C NDB

Grupen, Christian Ulrich, Jurist, B¨urgermeister von Hannover, * 16. 6. 1692 Harburg, † 10. 5. 1767 Hannover. G., Sohn eines Amtmanns und Kammerrats, studierte 1710 / 11 in Rostock, seit 1712 in Jena Rechtswissenschaften, beendete sein Studium ohne Promotion und ließ sich anschließend als Rechtsanwalt in Hannover nieder. 1719 wurde er als Syndikus in den Rat der Stadt Hannover gew¨ahlt. G. erwarb sich Verdienste durch die Systematisierung der Urkunden und des Stadtrechts, durch die Erarbeitung eines Verzeichnisses der st¨adtischen Besitzungen sowie eines Stadtobligationsbuches und der Zusammenstellung der von Stadt und Land erlassenen Gildebriefe. Seit 1725 Zweiter B¨urgermeister Hannovers, war er u. a. mit Prozessen, die die st¨adtischen Eigentums- und Rechtsverh¨altnisse betrafen, besch¨aftigt. G. ver¨offentlichte u. a. Disceptationes forenses cum observationibus (1737); einzelne Abhandlungen zum Sachsenspiegel und zum Schwabenspiegel erschienen postum. C NDB

Grupp, Georg, Bibliothekar, Historiker, * 25. 5. 1861 B¨ohmenkirch (W¨urttemberg), † 21. 8. 1922 Maihingen bei N¨ordlingen. Nach dem Studium in T¨ubingen (Dr. phil. 1885) und dem Besuch des Priesterseminars wurde G. 1886 zum Priester geweiht. Er war seit 1887 Kustos, seit 1891 Bibliothekar an der Fideikommiß-Bibliothek des F¨ursten zu OettingenWallerstein in Maihingen und wurde 1910 f¨urstlicher Rat. G. verfaßte zahlreiche kulturgeschichtliche Abhandlungen, u. a. eine Oettingische Geschichte der Reformationszeit (1893) und Kulturgeschichte des Mittelalters (2 Bde., 1894 / 95; neubearb., 5 Bde., 1907-22). C LGB

Gruppe, Otto Friedrich, Pseud. Absolutulus von Hegelingen, Gustav Adolf Schmidt, Dietrich Richter, Heinrich Vogler, Philosoph, Klassischer Philologe, Schriftsteller, * 15. 4. 1804 Danzig, † 7. 1. 1876 Berlin. Nach dem Studium der Philosophie und Klassischen Philologie an der Univ. Berlin (1825-28) arbeitete G., Sohn eines Branntweinbrenners, als freier Schriftsteller und Journalist und u¨ bernahm 1835 die Leitung des literarischen Feuilletons der „Preußischen Staatszeitung“. Seit 1842 im preuß. Kulturministerium t¨atig, wurde er 1844 a. o. Prof. f¨ur Klassische Philologie und Geschichte an der Univ. Berlin und 1862 Sekret¨ar der dortigen Akademie der K¨unste. G. gab den „Deutschen Musenalmanach auf die Jahre 1851-55“ heraus und verfaßte zahlreiche Werke auf philologischem (u. a. Ariadne. Die tragische Kunst der Griechen in ihrer

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Gruscha Entwickelung und in ihrem Zusammenhange mit der Volkspoesie, 1834) und philosophischem Gebiet. In Auseinandersetzung mit der Philosophie → Hegels entstanden u. a. die Kom¨odie Die Winde (1830), Ant¨aus. Ein Briefwechsel u¨ ber speculative Philosophie in ihrem Conflict mit Wissenschaft und Sprache (1831, Neuausg. 1931) und Wendepunkt der Philosophie im neunzehnten Jahrhundert (1834). G. schrieb auch Dramen und Dichtungen (u. a. Gedichte, 1835; Firdusi, 1856; Ruth – Tobias – Sulamith. Drei Biblische Ges¨ange, 1857). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Deutsche Uebersetzerkunst (1859, neue, verm. Ausg. 1866) und Leben und Werke deutscher Dichter. Geschichte der deutschen Poesie in den drei letzten Jahrhunderten (5 Bde., 1863-70, 21872). C Enz Phil Wiss

Gruscha, Anton Joseph, kath. Theologe, Erzbischof von Wien, Kardinal, * 3. 11. 1820 Wien, † 5. 8. 1911 Schloß Kranichberg (Nieder¨osterreich). Der Sohn eines Schneiders studierte in Wien Theologie, empfing 1843 die Priesterweihe, war in der Seelsorge t¨atig und wurde 1849 zum Dr. theol. promoviert. Seit 1848 Wortf¨uhrer der christlichen Volksbewegung in Wien, setzte er sich f¨ur eine „freie Kirche“ ein und gr¨undete zusammen mit Adolph → Kolping seit 1852 kath. Gesellen- und Mei¨ stervereine in Osterreich. 1851-55 unterrichtete G. als Religionsprofessor am Theresianum, war 1855-71 Domprediger an St. Stephan und lehrte Pastoraltheologie an der Univ. Wien. 1871 wurde er Domkapitular von St. Stephan, 1878 o¨ sterr. Heeresbischof, 1890 Erzbischof von Wien, 1891 Kardinal. Als Mitglied des o¨ sterr. Herrenhauses und des nieder¨osterreichischen Landtags stellte sich G. gegen den liberalen Zeitgeist und das Staatskirchentum. C BBKL Gruschwitz, Johann David, Fabrikant, * 23. 2. 1776 Unterrheinsdorf bei Reichenbach (Vogtland), † 7. 1. 1848 Neusalz / Oder. G. erlernte bei seinem Bruder das Weberhandwerk und betrieb zun¨achst zusammen mit seinem Vater Leinwandhandel in Reichenbach. 1801 wurde er als Bruder in die „Herrnhuter Br¨udergemeine“ in Gnadenfrei (Schlesien) aufgenommen und ging 1808 als Webermeister nach Neusalz / Oder. G. erweiterte die dortige Anlage auf f¨unfzig Webst¨uhle, erh¨ohte den Umsatz durch Garnhandel und F¨arberei und errichtete im Br¨uderhaus 1811 die erste Zwirnmaschine. 1816 machte ¨ er sich nach Ubernahme der Zwirnmaschine von der Gemeine selbst¨andig, produzierte den „Gruschwitz-Zwirn“ und legte damit den Grundstein zu einer der damals bedeutendsten Flachsspinnereien Schlesiens. 1847 u¨ bergab er den Betrieb an seine S¨ohne. C Leb Schlesien, Bd 4 Gruson, Hermann (Jacques August), Eisengießer, Unternehmer, * 13. 3. 1821 Magdeburg, † 31. 1. 1895 Magdeburg. G., Sohn eines preuß. Ingenieurmajors, trat 1840 als Volont¨ar in die Berliner Maschinenbauanstalt August → Borsigs ein und h¨orte daneben Vorlesungen u¨ ber Chemie, Physik, Statik, Dampfmaschinenkunde und Dynamik an der Universit¨at. Seit 1843 Maschinenbaumeister bei der BerlinHamburger Bahn, ging er 1851 als Oberingenieur zu der W¨ohlertschen Maschinenfabrik und wurde 1854 technischer Leiter der Vereinigten Hamburg-MagdeburgerDampfschiffahrtsgesellschaft. 1855 gr¨undete G. eine Schiffswerft mit angeschlossener Maschinenfabrik und Eisengießerei in Magdeburg. Durch die Handelskrise der f¨unfziger Jahre beschr¨ankt, spezialisierte er sich auf den Eisenguß, insbesondere auf den Hartguß. G. produzierte Teile f¨ur Eisenbahngeleise, Hartgußgranaten, Panzerplatten und -t¨urme sowie klein- und mittelkalibrige Schnellfeuerkanonen, ferner

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Hartgußwalzen, Zerkleinerungs- und Erzaufbereitungsanlagen. Der 1886 in eine Aktiengesellschaft unter der Leitung G.s umgewandelte Betrieb wurde 1893 von der Firma Friedrich Krupp u¨ bernommen. C MBL

Gruson, Johann Philipp, auch Gr¨uson, Grueson, Gruzon, Mathematiker, * 2. 2. 1768 Neustadt bei Magdeburg, † 16. 11. 1857 Berlin. ¨ Uber G.s Ausbildung ist nichts bekannt. 1787 wurde er BauKondukteur der preuß. Kriegs- und Dom¨anenkammer, ging 1794 als Prof. der Mathematik am Kadettencorps nach Berlin und war seit 1798 Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften, seit 1799 Prof. an der Bauakademie. 1811-50 hielt G. Vorlesungen an der Univ. Berlin, wurde dort 1816 zum Dr. phil. promoviert und zum a. o. Prof. ernannt und unterrichtete 1817-34 auch am Franz¨osischen Gymnasium. G. erfand 1790 eine Rechenmaschine und entwickelte ein Geheimschriftsystem, das 1813 in der preuß. Armee verwen¨ det wurde. Neben Ubersetzungen und Bearbeitungen mathematischer Werke ver¨offentlichte G. u. a. Pinakothek oder Sammlung allgemeiner n¨utzlicher Tafeln f¨ur Jedermann, zum Multipliziren und Dividiren. Erfunden im Jahre 1788 (1798), Beschreibung und Gebrauch einer neu erfundenen Rechenmaschine (1791, 21795, unter dem Titel Neu erfundene kleine Rechenmaschine, 31847), Sammlung Algebraischer Aufgaben. Nebst einer Einleitung in die Buchstabenrechnung und Algebra (2 Bde., 1793 / 94), Enth¨ullte Zaubereyen und Geheimnisse der Arithmetik (2 Tle., 1796-1800), Grundriss der reinen und angewandten Mathematik oder der erste Cursus der gesammten Mathematik (2 Bde., 1799 / 1800), Geod¨asie oder Anleitung zur Feldertheilung (1811) und Die Kegelschnitte: elementarisch, geometrisch, algebraisch (1820). C MBL Gruson, Louis Abraham, Ingenieur, Milit¨ar, * 19. 12. 1793 Neustadt bei Magdeburg, † 25. 4. 1870 Magdeburg. G., Sohn eines F¨arbers und Ratmanns, war seit 1809 Kadett in der Armee des K¨onigreichs Westfalen und wurde 1813 zum Sekondeleutnant ernannt. Nach Aufl¨osung des K¨onigreichs Westfalen trat G. in ein preuß. Landwehrregiment ein und nahm 1814 / 15 an den Befreiungskriegen teil. Seit 1818 Premierleutnant in einer preuß. Ingenieurbrigade, wurde er 1835 zum Ehrenmitglied des Magdeburger Eisenbahnkomitees ernannt und war seit 1837 Mitglied einer Kommission, die sich mit Eisenbahnangelegenheiten in anderen deutschen Bundesstaaten, weiteren europ¨aischen L¨andern und in den Vereinigten Staaten untersuchen sollte. 1838 trat er aus dem Milit¨ardienst aus und u¨ bernahm die Stelle eines Oberingenieurs beim Bau der Eisenbahn von Magdeburg nach Leipzig. Seit 1840 war er als Postkommissar im Auftrag der preuß. Regierung f¨ur eine geplante Eisenbahnlinie HalleKassel-Lippstadt t¨atig. 1854 ver¨offentlichte er Blicke in das Universum mit spezieller Beziehung auf unsere Erde. C MBL Gruter, Jan(us), auch Gruterus, eigentl. J. de Gruytere, Pseud. Johannes Gualterius, Polyhistor, Dichter, * 3. 12. 1560 Antwerpen, † 10. / 20. 9. 1627 Bierhelderhof bei Heidelberg. Der Kaufmannssohn kam als Kind mit seiner Familie in den Wirren des niederl¨andischen Befreiungskampfes nach Großbritannien, studierte seit 1577 in Cambridge, setzte seine Studien an der Univ. Leiden als Sch¨uler von Hugo → Donellus und Justus → Lipsius fort und wurde 1584 zum Dr. jur. promoviert. Es folgten akademische Wanderjahre, die ihn u. a. nach Deutschland, Frankreich, Italien, in die Schweiz und schließlich nach Rostock f¨uhrten. Einem Ruf als Prof. nach Wittenberg 1589 / 90 konnte er nicht nachkom-

Gryphiander men, da er sich weigerte, die luth. Konkordienformel zu unterschreiben. 1592 wurde G. von Kurf¨urst → Friedrich IV. von der Pfalz als a. o. Prof. der Geschichte nach Heidelberg berufen; seit 1602 leitete er als Nachfolger von Paulus → Melissus Schede die „Bibliotheca Palatina“. 1622 ging er nach der Einnahme Heidelbergs durch die Truppen → Tillys ins Exil; große Teile der „Bibliotheca Palatina“ und von G.s privater B¨uchersammlung wurden durch den p¨apstlichen Gesandten Leone Allacci nach Rom gebracht. G., Repr¨asentant des calvinistischen Humanismus, edierte zahlreiche philologische, poetische und historische Werke (darunter Plautus, Seneca, Livius, Cicero, Sallust); mit Hilfe von Marcus → Welser und Joseph Justus Scaliger gab er eine umfassende Sammlung aller damals bekannten r¨omischen Inschriften (Inscriptiones antiquae totius orbis Romani, in corpus absolutissimum redactae, 4 Bde., 1602 / 03) heraus. C Killy

Grynaeus, Johannes, schweizer. reformierter Theologe, * 8. 6. 1705 L¨aufelfingen, † 11. 4. 1744 Basel. Der einer Basler Gelehrtenfamilie entstammende G., Sohn eines Pfarrers, besuchte seit 1717 die Philosophische Fakult¨at der Univ. Basel, erwarb 1720 den Grad eines Magister artium und studierte anschließend Rechtswissenschaften. 1725 mit Theses juridicae miscellaneae zum Lizentiaten beider Rechte promoviert, studierte er seit 1731 Theologie, u. a. bei Johann Ludwig → Frey, unter dessen Anleitung er sich zuvor schon mit semitischen Sprachen besch¨aftigt hatte, aber auch bei Samuel → Werenfels und Jacob Christoph → Iselin. 1738 zum Dr. theol. promoviert, lehrte G., der zu den Vertretern der „Vern¨unftigen Orthodoxie“ geh¨orte, seit demselben Jahr als Prof. an der Univ. Basel, zun¨achst Loci communes und controversiae theologicae, seit 1740 Neues Testament. Frey, dem G. sein Erbe hinterlassen hatte, begr¨undete 1747 das Frey-Grynaeische Institut. C RGG

Gruttschreiber und Czopkendorf, Hans Adam von, Beamter, Schriftsteller, * 10. 12. 1607 Michelau bei Brieg (Schlesien), † 8. 4. 1655 Michelau. G., Sohn eines Beamten im Dienst der Herz¨oge zu Liegnitz, Brieg und Wohlau besuchte das Gymnasium in Brieg, studierte in den zwanziger Jahren in Frankfurt / Oder und mußte das Studium wegen finanzieller Schwierigkeiten, die durch den Dreißigj¨ahrigen Krieg entstanden waren, aufgeben. Nach Dienst in einem schlesischen Reiterregiment u¨ bte er verschiedende Verwaltungs¨amter im Herzogtum Brieg aus. G. gilt als der wahrscheinliche Verfasser des ersten deutschen Sch¨aferromans J¨ungst-erbawete Sch¨afferey / Oder Keusche Liebes-Beschreibung / Von der Verliebten Nimfen Amoena, Und dem Lobw¨urdigen Sch¨affer Amandus (1632); bis 1699 erschienen von diesem Werk, das zu den erfolgreichsten Romanen des 17. Jh. z¨ahlt, mindestens vierzehn Ausgaben. C Killy

Gryn¨aus, Simon, eigentl. S. Griner, auch Gryner, schweizer. reformierter Theologe, Humanist, * 1493 Veringendorf (heute zu Veringenstadt), † 1. 8. 1541 Basel. G., Sohn eines Bauern, besuchte zusammen mit → Melanchthon die Pforzheimer Lateinschule, wurde 1511 in Wien immatrikuliert und war anschließend als Lehrer und Bibliothekar in Buda t¨atig. 1523 hielt er sich in Wittenberg auf, lehrte seit 1524 als Prof. der griechischen Sprache, seit 1526 auch der lateinischen Sprache in Heidelberg und ubernahm ¨ 1529 den Lehrstuhl f¨ur griechische Sprache in Basel; 1532 wurde er dort Prof. der Theologie. G. unterst¨utzte 1534 / 35 Herzog → Ulrich von W¨urttemberg bei der Einf¨uhrung der Reformation an der Univ. T¨ubingen und war an der Abfassung der Ersten helvetischen Konfession 1536 und den Verhandlungen u¨ ber die Annahme der Wittenberger Konkordie durch die Schweizer Theologen beteiligt. 1540 / 41 nahm er als Abgeordneter der schweizer. Kirchen an den Religionsgespr¨achen von Hagenau und Worms teil. Er edierte vor allem griechische Klassiker (neben Aristoteles und Platon vor allem Aristophanes, Plutarch und Euklid), entdeckte 1527 im Kloster Lorsch die Geschichtsb¨ucher 41-45 des Livius und gab sie 1531 heraus. G. starb als Rektor der Univ. Basel an der Pest. C Killy

Gruyter, Walter de, Verleger, * 10. 5. 1862 Ruhrort (heute zu Duisburg), † 6. 9. 1923 Berlin. Der Sohn eines Kohlengroßh¨andlers durchlief eine kaufm¨annische Lehre und schloß das Philologiestudium in Bonn, Berlin und Leipzig 1887 mit der Promotion ab. Im selben Jahr trat er in den v¨aterlichen Betrieb ein; nach dem Verkauf der Firma 1893 wandte er sich dem Verlagsbuchhandel zu. 1897 u¨ bernahm G. den Verlag Georg Reimer, trat 1898 in die Gesch¨aftsleitung des Verlags J. Guttentag ein und gliederte seinem Verlag 1907 den Verlag J. Tr¨ubner, 1911 die Verlagsbuchhandlung G. J. G¨oschen an; 1919 faßte er die Verlage unter dem Namen „Vereinigung wissenschaftlicher Verleger, ¨ Walter de Gruyter & Co.“ zusammen. Nach der Ubernahme des Verlags Veit & Company firmierte das Unternehmen seit 1923 als „Walter de Gruyter & Co.“. G. erwarb sich als wissenschaftlicher Verleger großes Ansehen. Er war Mitinitiator des Deutschen Verlegervereins. C NDB

Grynaeus, Thomas, urspr. Griner, reformierter, dann luth. Theologe, * 1512 Veringendorf (W¨urttemberg), † 2. 8. 1564 R¨otteln im Wiesental (Baden). G., Neffe von Simon → G., ging zum Studium nach Heidelberg und Basel und unterrichtete seit 1535 Griechisch an der Hohen Schule in Bern. Er bekannte sich zun¨achst nicht o¨ ffentlich zum Luthertum. 1547 verlor G. seine Stelle und ging als Lehrer nach Basel, wo er seit 1555 als Pr¨afekt am P¨adagogium wirkte. Nachdem → Karl II., Markgraf von Baden-Durlach, in seinem Herrschaftsgebiet die Reformation durchgef¨uhrt hatte, wurde G. 1556 Schloßprediger und Superintendent zu R¨otteln im Wiesental. C HLS

Gryn¨aus, Johann Jakob, auch Gryner, schweizer. reformierter Theologe, * 1. 10. 1540 Bern, † 13. 8. 1617 Basel. G., Sohn eines Professors f¨ur Latein und Griechisch, besuchte seit 1551 das P¨adagogicum in Basel, h¨orte theologische Vorlesungen an der Univ. und wurde 1559 Vikar in R¨otteln. Nach dem Theologiestudium in T¨ubingen (Dr. theol. 1564) u¨ bernahm er als Nachfolger seines Vaters das Amt des Schloßpredigers in R¨otteln. 1575-84 und 1586-1617 war er Prof. des Alten und Neuen Testaments in Basel, 1584-86 in Heidelberg. G. setzte sich f¨ur eine Festigung der reformierten Lehre innerhalb der Univ. und Kirche in Basel sowie der Pfalz ein. Er gab 1590 die „Confessio Basileensis“ von 1534 neu heraus und markierte damit den endg¨ultigen Bruch Basels mit dem Luthertum. C NDB

Gryphiander, Johannes, eigentl. Griepenkerl, Jurist, Schriftsteller, * 1580 Oldenburg, † 15. 12. 1652 Oldenburg. G., Sohn eines oldenburgischen Ratsherrn, besuchte die Schulen Oldenburg, Braunschweig und Dortmund, mußte die Ausbildung aus finanziellen Gr¨unden unterbrechen und absolvierte eine kaufm¨annische Lehre. Seit 1605 studierte er, vermutlich unterst¨utzt durch den Grafen → Anton G¨unther, u. a. Jura an der Univ. Helmstedt und hielt danach als Privatdozent Vorlesungen in Wittenberg, Jena und Altdorf. 1612-18 war G. Prof. der Poetik und Geschichte an der Univ. Jena und wurde anschließend in Oldenburg zum Rat und Richter ernannt. Er verfaßte zahlreiche juristische Abhandlungen, darunter De Weichbildis Saxonicis sive Colossis Rulandicis (1625), sowie Euthanasia, sive de facultate de bene beateque moriendi [. . .] (1644). C Oldenburg

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Gryphius Gryphius, Andreas, Dichter, Jurist, * 2. 10. 1616 Glogau (Schlesien), † 16. 7. 1664 Glogau. Das Leben von G. wurde entscheidend durch den Dreißigj¨ahrigen Krieg und konfessionelle Auseinandersetzungen beeinflußt. Sie f¨uhrten wahrscheinlich 1621 auch zum fr¨uhen Tod des Vaters, eines streng luth. Geistlichen und Anh¨angers des b¨ohmischen „Winterk¨onigs“ → Friedrich. In diesem Jahr bezog G. das evang. Gymnasium von Glogau, das 1628 aufgrund gegenreformatorischer Strafmaßnahmen geschlossen wurde. Von der Vertreibung aller Nichtbekehrungswilligen waren sein Stiefvater Michael Eder wie auch sein Bruder Paul betroffen, den G. schon fr¨uh als M¨artyrer feierte. Weil er keine o¨ ffentliche Schule fand, unterrichtete ihn Eder 1628-31 privat und erm¨oglichte ihm schließlich den Schulbesuch in Fraustadt (Westpreußen) 1632-34. Dem folgenden Aufenthalt in Danzig verdankte G. vielf¨altige Anregungen; wurde das Akademische Gymnasium zwar von Vertretern der luth. Orthodoxie dominiert, so vermittelten doch bedeutende Gelehrte Erkenntnisse der modernen, auf Empirie und Experiment beruhenden Wissenschaften. Daß sich der Anh¨anger der luth. Reformorthodoxie diesen Erkenntnissen nicht verschloß, zeigen seine zahlreichen Zitate, Anspielungen und oft kritischen Anmerkungen in vielen seiner Texte. In Danzig schuf er auch seine ersten Dichtungen – lateinische Epen und deutsche Gedichte, die der Perikopen- und Passionsliteratur verpflichtet sind (Sonund Feyertags-Sonnete, 1639; Thr¨anen u¨ ber das Leiden Jesu Christi, 1652). Von 1636 bis 1638 unterrichtete G. die S¨ohne des Georg von Sch¨onborn auf dessen bei Freistadt gelegenem Landgut und nutzte die reiche Bibliothek des ber¨uhmten Staats- und Rechtswissenschaftlers, der ihn 1637 zum Dichter kr¨onte und ihm Adelstitel und Magisterw¨urde verlieh. Mit den S¨ohnen reiste er zum Studium nach Leiden, an dessen Univ. so bedeutende Gelehrte wie Descartes, Daniel Heinsius und Claudius Salmasius lehrten. G. bot – nach Auskunft seines Biographen – selbst Kollegs in mehr als einem Dutzend F¨acher an und interessierte sich lebhaft f¨ur die aufbl¨uhende Schreib- und Theaterkultur der Niederlande. Er u¨ bersetzte Dramentexte und publizierte Sonettb¨ucher, die ihm große Anerkennung verschafften. Die Bildungsreise f¨uhrte ihn zwischen 1644 und 1646 durch Frankreich und Italien in der Absicht, die als vorbildlich geltende Literatur dieser V¨olker zu studieren und dadurch der deutschsprachigen Poesie zum Durchbruch zu verhelfen. Er f¨uhrte die eben erst in Deutschland heimisch gewordene Sonettdichtung durch geschliffene Rhetorik rasch zum H¨ohepunkt und begann nun, auch Trauerspiele zu schreiben, die zumeist dem M¨artyrerdrama nachgebildet waren (Catharina von Georgien, 1657; Carolus Stuardus, 1. Fassung 1657, 2. Fassung 1664; Papinianus, 1659). Ganz im Sinn luth. Gnadenverst¨andnisses war sein Leo Armenius (1650) verfaßt, und in Cardenio und Celinde (1657) nutzte er eine erst durch g¨ottlichen Eingriff erreichte Bekehrung zum eindringlichen Memento-mori-Appell. Nach l¨angerem Aufenthalt in Straßburg (1646 / 47) entschloß sich G., ehrenvolle Rufe an Universit¨aten abzulehnen und seiner vom Konfessionskampf noch immer schwer bedr¨angten Heimat zu dienen. Als Syndikus vertrat er von 1650 an die protestantischen Glogauischen Landst¨ande gegen Machtanspruch und Willk¨ur der Habsburger Obrigkeit. 1664 starb er mitten in einer Sitzung an einem Schlaganfall. Lebenserfahrungen und Lutherglaube machten G. zum herausragenden Dichter der Vanitas-Klage, die seine Lyrik wie

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seine das stoische Constantia-Ideal demonstrierenden Dra¨ men durchzieht. Hinzu kamen politische Uberzeugungen, die er ebenfalls in die Trauerspiele integrierte. Letztere haben ihm zusammen mit den Lust- und Festspielen (Majuma, 1657; Peter Squentz, 1658; Verlibtes Gespenste / Die gelibte Dornrose, 1661; Horribilicribrifax, 1663; Piastus, 1698) den Ruf des Sch¨opfers des deutschen Kunstdramas eingebracht. Der zur Pflege deutscher Sprache und Literatur gegr¨undete Palmenorden nahm G. 1662 auf und verlieh ihm den Gesellschaftsnamen „Der Unsterbliche“. Von den deutschen Barockdichtern sind heute vor allem noch → Grimmelshausen und G. bekannt. WEITERE WERKE: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Hrsg. v. Marian Szyrocki / Hugh Powell. 12 Bde., T¨ubingen 1963-87. – Lateinische und deutsche Jugenddichtungen. Hrsg. v. Friedrich-Wilhelm Wentzlaff-Eggebert. Stuttgart 1938. Darmstadt 1961. – A. G. Dramen. Hrsg. v. Eberhard Mannack. Frankfurt / Main 1991. LITERATUR: Gerhard D¨unnhaupt: Personalbibliographien zu den Drucken des Barock. III. Teil. Stuttgart 1991, S. 1855-1883. – Gerhard Fricke: Die Bildlichkeit in der Dichtung des A. G. Berlin 1933. Darmstadt 1967. – Marian Szyrocki: A. G. Sein Leben und Werk. T¨ubingen 1964. – Willi Flemming: A. G. Eine Monographie. Stuttgart 1965. – Walter Hinck: Das deutsche Lustspiel des 17. und 18. Jahrhunderts und die italienische Kom¨odie. Stuttgart 1965. – Dietrich Walter J¨ons: Das ‚Sinnen-Bild‘. Stuttgart 1966. – Hans-J¨urgen Schings: Die patristische und stoische Tradition bei A. G. K¨oln 1966. – Gerhard Kaiser (Hrsg.): Die Dramen des A. G. Stuttgart 1968. – Armin Schlienger: Das Komische in den Kom¨odien des A. G. Bern 1970. – Hans-Henrik Krummacher: Der junge G. und die Tradition. M¨unchen 1976. – Wolfram Mauser: Dichtung, Religion und Gesellschaft im 17. Jahrhundert. Die Sonette des A. G. M¨unchen 1976. – Text + Kritik. A. G. M¨unchen 1980. – G¨unter Berghaus: Die Quellen zu A. G.’ Trauerspiel Carolus Stuardus. T¨ubingen 1984. – Karl-Heinz Habersetzer: Politische Typologie und dramatisches Exemplum. Stuttgart 1985. – Conrad Wiedemann: A. G. In: Deutsche Dichter des 17. Jahrhunderts. Berlin 1984, S. 435-472. – Eberhard Mannack: A. G. Stuttgart 1986. – A. G. Weltgeschichte und Lebenszeit. Hrsg. von der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus. D¨usseldorf 1993. – Nicola Kaminski: A. G. Stuttgart 1998. – Young-Hee Yu: Feurige Dichtkunst. Die Lyrik von A. G. und Friedrich von Spee im Spannungsfeld der Feuertheorien des 17. Jahrhunderts. Frankfurt / Main u. a. 2005. – Michael Szurawitzki: Contra den „rex iustus / rex iniquus“? Der Einfluß von Machiavellis „Il Principe“ auf Marlowes „Tamburlaine“, Shakespeares „Heinrich IV.“ und G.’ „Leo Armenius“. W¨urzburg 2005. – Patrick Boneberg: „Hier schleußt er niemand aus“. Interkonfessionalit¨at in den Perikopensonetten von A. G. Marburg / Lahn 2005. Eberhard Mannack

Gryphius, Christian, eigentl. Greif, Pseud. Diensthold, Schriftsteller, Gelehrter, * 29. 9. 1649 Fraustadt (Wschowa, Polen), † 6. 3. 1706 Breslau. G. studierte Jura in Breslau und Straßburg, unterrichtete seit 1674 Griechisch und Latein am Elisabeth-Gymnasium in Breslau und wechselte 1686 an das Magdalenen-Gymnasium, wo er auch Rektor und seit 1699 Bibliothekar war. G. gab die Werke seines Vaters Andreas → G. sowie die von Martin → Opitz heraus; beider Dichtungen nahm er zum Vorbild f¨ur sein literarisches Schaffen. Er schrieb Gelegenheitsdichtung sowie geistliche Lyrik, u. a. Poetische W¨alder (1698, 31718, Nachdr. 1985), und Trauerspiele. Dar¨uber hinaus ver¨offentlichte er zahlreiche Nachschlagewerke, darunter Kurtzer Entwurff der Geist- und Weltlichen Ritter-Orden

Gscheidle (1679, 21709), und war Mitarbeiter der „Acta eruditorum“, der „Miscellanea Lipsiensia“ sowie der „Nova litteraria Germaniae, aliorumque Europae regnorum, collecta Hamburgi“. C Killy

Gryphius, Sebastian, auch Gryphe, Drucker, Buchh¨andler, * 1493 Reutlingen, † 7. 9. 1556 Lyon. Der Sohn des Druckers Michael → Greyff war seit Anfang der zwanziger Jahre des 16. Jh. in Lyon als Drucker t¨atig; dort z¨ahlte er zu den bedeutendsten Angeh¨origen dieses Berufsstandes. Sein Signet zeigt einen Greifvogel mit der Aufschrift „Virtute duce, comite fortuna“. G. stellte zwischen 1524 und 1556 rund tausend Ausgaben in hebr¨aischer, lateinischer und griechischer Sprache her, darunter die Hippokrates-Galenus-Ausgabe des mit ihm bekannten Rabelais und die Commentarii linguae Latinae von Etienne Dolet. C NDB Grysar, Karl Josef, Arch¨aologe, Klassischer Philologe, * 2. 1. 1801 Leudersdorf bei D¨uren (Rheinland), † 3. 4. 1856 Wien. G. studierte an der Univ. Bonn Arch¨aologie und Philologie, u. a. bei August Wilhelm → Schlegel, in dessen Haus er Erzieher wurde, und unterrichtete seit 1824 an einem K¨olner Gymnasium. 1850 folgte er einem Ruf als o. Prof. der Klassischen Philologie an die Univ. Wien, wo er Direktor des Philologisch-Historischen Seminars war. G. erwarb sich besondere Verdienste bei der Einf¨uhrung der Klassischen Phi¨ lologie in Osterreich. Er ver¨offentlichte u. a. De Doriensium comoedia quaestiones [. . .] atque Epicharmi et Italicae comoediae scriptorum fragmenta (1828). Grzesinski, Albert (Karl Wilhelm), Politiker, * 28. 7. 1879 Treptow an der Tollense (heute zu Altentreptow, Pommern), † 31. 12. 1947 New York. Von Beruf Metalldr¨ucker und G¨urtler und seit 1898 Mitglied der SPD, trat G., unehelicher Sohn eines Hausm¨adchens und eines Schl¨achtergesellen, 1897 dem freigewerkschaftlichen Deutschen Metallarbeiter-Verband bei und wurde 1906 dessen Gesch¨aftsf¨uhrer in Offenbach. Die gleiche T¨atigkeit u¨ bte er seit 1907 in Kassel aus, wo er seit 1913 Vorsitzender des Gewerkschaftskartells war. 1918 / 19 hatte er, Mitglied der SPD, den Vorsitz des Arbeiter- und Soldatenrats f¨ur den Bezirk Kassel inne, wurde Mitglied der verfassunggebenden preuß. Landesversammlung und geh¨orte bis 1933 dem preuß. Landtag an. 1919-21 war er als Leiter des Reichsabwicklungsamtes f¨ur die Demobilisierung zust¨andig. G. setzte sich als Leiter des preuß. Landespolizeiamtes (1922-24), als Polizeipr¨asident von Berlin (1925 / 26, 1930-32) und als Innenminister Preußens (1926-30) durch Verwaltungs- und Wahlkreisreformen sowie in der Personalpolitik f¨ur eine konsequente Demokratisierung von Verwaltung und Polizei ein. 1933 emigrierte er u¨ ber die Schweiz nach Frankreich, 1937 in die USA; dort war er in der German Labor Delegation sowie als Vorsitzender der Association of Free Germans t¨atig und arbeitete wieder in seinem erlernten Beruf. G. verfaßte u. a. Inside Germany (1939). C Verwaltung Grzimek, Bernhard (Klemens Maria), Veterin¨armediziner, Zoologe, * 24. 4. 1909 Neisse (Schlesien), † 13. 3. 1987 Frankfurt / Main. G., Sohn eines Justizrats und Vetter von Waldemar → G., studierte seit 1928 Veterin¨armedizin und Zoologie an der Univ. Leipzig, wurde 1933 in Berlin zum Dr. med. vet. promoviert (Das Arteriensystem des Halses und Kopfes, der Vorder- und Hintergliedmaßen von Gallus domesticus) und war dort zun¨achst als Tierarzt t¨atig. Als Sachbearbeiter im Reichsern¨ahrungsministerium (1938-45) war er bei der Bek¨ampfung von Gefl¨ugel- und Rinderkrankheiten erfolgreich; den Zweiten Weltkrieg erlebte er als Veterin¨aroffizier. 1945 u¨ bernahm er die Leitung (bis 1974) und den

Wiederaufbau des zerst¨orten Zoos in Frankfurt / Main. Daneben besch¨aftigte sich G., der 1960 zum Honorarprofessor der Univ. Gießen ernannt wurde, mit tierpsychologischen Forschungen an Raubtieren, Menschenaffen, Pferden und Elefanten, deren Ergebnisse er zum Teil als Dompteur im Zirkus selbst vorf¨uhrte. Er wurde durch zahlreiche popul¨arwissenschaftliche B¨ucher, Fernsehsendungen (u. a. Ein Platz f¨ur Tiere, 1956-80) und Filme (u. a. Serengeti darf nicht sterben, ¨ 1959) einer breiten Offentlichkeit bekannt. G. war Gr¨under, Mitherausgeber und Chefredakteur der Zeitschrift „Das Tier“ (1960 ff.) und Herausgeber von Grzimeks Tierleben (13 Bde., 1967-77; 2 Erg.-Bde., 1973 / 74; Neuausg. 2000). Er engagierte sich herausragend f¨ur den Tier-, seit den siebziger Jahren auch f¨ur den Umweltschutz und geh¨orte 1975 zu den Gr¨undern des Bundes f¨ur Umwelt und Nachschutz. 1988 erschien Tiere, mein Leben. Erlebnisse und Forschungen aus 5 Jahrzehnten. C Frankf Biogr

Grzimek, Waldemar, Bildhauer, * 5. 12. 1918 Rastenburg (Ostpreußen), † 26. 5. 1984 Berlin. Seit 1924 in Berlin lebend, wurde G., Sohn eines Rechtsanwalts, seit 1937 an der Berliner Hochschule f¨ur Bildende K¨unste als Sch¨uler Wilhelm → Gerstels und Richard → Scheibes ausgebildet; 1942 erhielt er auf Vorschlag des mit ihm befreundeten Gerhard → Marcks das Stipendium der Villa Massimo in Rom. 1946-48 unterrichtete er an der Halleschen Burg Giebichenstein, seit 1948 an der Hochschule f¨ur Bildende K¨unste in Charlottenburg und wurde nach seiner Beteiligung an einem Ostberliner Wettbewerb 1951 entlassen. Danach war er freischaffend t¨atig und wurde 1954 Vorsitzender des Verbandes Bildender K¨unstler Deutschlands. Seit 1957 lehrte er an der Kunsthochschule BerlinWeißensee, in Friedrichshafen und als Prof. f¨ur Plastisches Gestalten der TH Darmstadt (seit 1968). G. gilt als einer der f¨uhrenden Bildhauer der Moderne; er schuf insbesondere menschliche Figuren (Akte) in expressiv gesteigertem Traditionalismus (u. a. eine Dreiergruppe f¨ur die Mahnund Gedenkst¨atte im Konzentrationslager Sachsenhausen). Seit 1955 besch¨aftigte er sich auch mit graphischen Arbeiten und ver¨offentlichte Arbeiten zur deutschen Bildhauertradition (Deutsche Bildhauer des zwanzigsten Jahrhunderts, 1969; Die deutsche Stuckplastik 800-1300, 1975; Das klassische Berlin. Die Berliner Bildhauerschule im neunzehnten Jahrhundert, mit Peter Bloch, 1978). C Lex Kunst

Gscheidle, Kurt (Friedrich), Gewerkschaftsfunktion¨ar, Politiker, * 16. 12. 1924 Stuttgart, † 22. 2. 2003 Saarbr¨ucken. G., Sohn eines Bahnbeamten und sozialdemokratischen Gewerkschafters, durchlief eine Lehre als Feinmechaniker bei der Post und arbeitete in seinem Beruf im Postdienst. Seit 1942 war er Soldat. 1948 kehrte er aus franz¨osischer Kriegsgefangenschaft zur¨uck und trat als Fernmeldetechniker wieder in den Postdienst ein. Er wurde Betriebsratsmitglied und Bezirksjugendleiter im Fernmeldezeugamt. 1950 / 51 besuchte G. die Sozialakademie in Dortmund. Nach einer Ausbildung in Arbeitskunde wurde er REFA-Lehrer und legte die Pr¨ufung als REFA-Ingenieur ab. Zuletzt arbeitete er als Werkf¨uhrer in einem Betrieb der Deutschen Bundespost. 1953-57 war G. Leiter des Sekretariats f¨ur Technik und Wirtschaft der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) in Bonn und 1957-69 stellvertretender Vorsitzender der DPG in Frankfurt / Main. G., seit 1956 Mitglied der SPD, geh¨orte 1961-69 dem Deutschen Bundestag an, wurde 1969 beamteter Staatssekret¨ar f¨ur den Bereich Post- und Fernmeldewesen im Ministerium f¨ur Verkehr-, Post- und Fernmeldewesen und u¨ bernahm im Mai 1974 das Amt des Bundesministers f¨ur Verkehr und f¨ur das Post- und Fernmeldewesen. 1976 erneut in den Bundestag gew¨ahlt, wurde er als Minister best¨atigt.

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Gschnitzer Nach der Bundestagswahl 1980, f¨ur die G. erfolglos kandidierte, wurde das Ministerium geteilt; Volker Hauff erhielt das Verkehrsressort, G. blieb Bundesminister f¨ur das Post- und Fernmeldewesen. In diese Amtszeit fiel die Entscheidung der Monopolkommission, in der die Bundespost als alleinige Netztr¨agerschaft bis zum einfachen Hauptanschluß best¨atigt wurde, alle weiteren Fernmeldeger¨ate aber privaten Unternehmen u¨ berlassen werden sollten (Februar 1981). 1982 schied G. aus dem Kabinett aus. 1970-74 war er Vizepr¨asident des Aufsichtsrats der Deutschen Lufthansa. Er ver¨offentlichte u. a. Vereinbarkeit des Leistungsgedankens mit dem derzeitigen Dienstrecht (1969) und Damit wir in Verbindung bleiben. Portr¨at der Deutschen Bundespost (1982). C MdB

Gschnitzer, Franz, o¨ sterr. Jurist, Politiker, * 19. 5. 1899 Wien, † 19. 7. 1968 Innsbruck. G. schloß sein Studium in Innsbruck, Wien und T¨ubingen 1921 mit der Promotion zum Dr. jur. ab und habilitierte sich 1925. 1927 wurde er a. o., 1928 o. Prof. f¨ur o¨ sterr. Privatund Arbeitsrecht an der Univ. Innsbruck, deren Rektor er 1946-48 war. G. war Mitglied des Oberlandesgerichts Innsbruck; 1945 wurde er auch Pr¨asident des Obersten Gerichtshofs des F¨urstentums Liechtenstein. Seit November 1945 st¨andiger Mitarbeiter an den „Tiroler Nachrichten“, verfaßte er vor allem Leitartikel. G. geh¨orte 1945-62 dem o¨ sterr. ¨ Nationalrat (OVP) und 1962-65 dem Bundesrat an, dessen Vorsitzender er in der ersten Jahresh¨alfte 1963 war. Als Staatssekret¨ar im Bundeskanzleramt (f¨ur die Ausw¨artigen Angelegenheiten) (1956-59) bzw. im Bundesministerium f¨ur Ausw¨artigen Angelegenheiten (1959-61) befaßte er sich vor allem mit der S¨udtirol-Frage und zeichnete f¨ur das o¨ sterr. Memorandum von 1956 verantwortlich. Neben juristischen Fachb¨uchern (Kommentar zum Allgemeinen b¨urgerlichen Gesetzbuch, 1948 ff.; Lehrbuch des o¨ sterreichischen b¨urgerlichen Rechts, 6 Bde., 1963-68, Nachdr. 1971) ver¨offentlichte G. auch einige Romane, Erz¨ahlungen und Theaterst¨ucke. C Munzinger Gsell, Benedikt, eigentl. Josef G., Zisterzienser, Historiker, * 28. 1. 1823 Wien, † 22. 5. 1901 Heiligenkreuz (Nieder¨osterreich). G. trat 1842 in das Zisterzienserstift Heiligenkreuz ein, erhielt 1847 die Priesterweihe, studierte in Wien und wurde 1853 zum Dr. theol. promoviert. An der Hauslehranstalt des Stiftes unterrichtete er Bibelwissenschaften und orientalische Sprachen (1848-60); daneben wirkte er als Bibliothekar und Pr¨afekt. 1860 wurde G. Stiftshofmeister und Archivar in Wien. Als Historiograph des Klosters verfaßte er u. a. Das G¨ultenbuch des Cistercienser-Stiftes Heiligenkreuz aus dem Ende des 13. Jahrhunderts (1866), und gab zusammen mit Leopold Janauscheck die „Xenia Bernardina“ (4 Tle., 1891) heraus.

Gsell, Maria Dorothea Henrica, geb. Graff, Blumen- und Insektenmalerin, * 13. 5. 1678 N¨urnberg, † 16. 5. 1744 St. Petersburg. G., Tochter der Entomologin, Blumen- und Insektenmalerin Maria Sybilla → Merian und des Malers Johann Andreas → Graff, Schwester der Blumenmalerin Johanna Helena → Herolt und verheiratet mit dem Maler Georg G., wurde von ihrer Mutter in Malerei und Naturkunde unterrichtet und begleitete sie 1699 auf eine Forschungsreise nach Surinam, wo sie einheimische Insekten und Pflanzen malte. Sie gab 1717 den 3. Band des ersten Werkes ihrer Mutter unter dem Titel Der Raupen wunderbare Verwandlung und sonderbare Blumennahrung postum heraus. In St. Petersburg, wohin sie 1717 ihrem Mann folgte, arbeitete sie f¨ur die Kaiserliche Akademie der Wissenschaften.

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Gsell, Otto (Robert), schweizer. Internist, * 30. 3. 1902 St. Gallen, † 26. 11. 1990 Arizona (USA). G., Sohn eines Arztes, wurde nach dem Medizinstudium in Genf, Kiel, Paris, Z¨urich und Wien (Promotion 1926, Neuere Campherpr¨aparate) Assistent des Biochemikers Karl → Spiro in Basel, sp¨ater Ober- und Chefarzt in Z¨urich und an der Medizinischen Klinik St. Gallen. Seit 1953 war er o. Prof. der Inneren Medizin und leitete die Medizinische Poliklinik Basel. G. lieferte Grundlagen u¨ ber die Medianekrose der Aorta und verfaßte zahlreiche Arbeiten u¨ ber Infektionskrankheiten. Er beschrieb die subklinische Erscheinungsform der Poliomyelitis (1936) und gr¨undete die Schweizerische Vereinigung gegen Poliomyelitis. Bekannt wurde G. durch die Entdeckung eines Hirnhautentz¨undung hervorrufenden Erregers, der Leptospira pomona (Leptospirose, 1952). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Die Infektionskrankheiten (1972) und Ethik und Medizin (1980). C HLS

Gsell, Robert, schweizer. Flugpionier, * 20. 12. 1889 St. Gallen, † 15. 3. 1946 Bern. G., Sohn eines Kantonrats und Kantonsrichters, studierte 1910 / 11 Chemie an der ETH Z¨urich, war dann Werkpilot in Berlin-Johannisthal, arbeitete nach einem Studium an der TH Dresden (seit 1913) im Flugzeugbau und wurde Chef der Physikalischen Abteilung der Deutschen Versuchsanstalt f¨ur Luftfahrt. Nach der R¨uckkehr in die Schweiz 1920 stieg er zum Oberexperten des Eigen¨ossischen Luftamtes auf; er pr¨ufte Segelflugzeuge, Ballons, Luftschiffe und rund 150 verschiedene Motorflugzeugtypen. G. lehrte 1927-46 an der ETH Z¨urich, seit 1939 als Titularprofessor. 1913 erzielt er einen Weltrekord f¨ur einen Dauerflug mit Passagieren. 1936 erschien seine Autobiographie 25 Jahre Luftkutscher. G. starb bei einem Flugzeugabsturz.

Gsell Fels, Theodor (Johann), eigentl. Gsell, schweizer. Schriftsteller, Kunsthistoriker, Mediziner, * 14. 3. 1818 St. Gallen, † 12. 10. 1898 M¨unchen. G. F., Sohn eines Kaufmanns und Lithographen, studierte Theologie, Philosophie und Kunstgeschichte in Basel und Berlin und wurde zum Dr. phil. und zum Dr. theol. promoviert. 1848-52 war er Staatsarchivar in St. Gallen, wurde nach dem Medizinstudium in W¨urzburg, Wien und Berlin 1856 zum Dr. med. promoviert und praktizierte anschließend in Nizza, Rom, Paris und Z¨urich. 1870 ließ sich G. F. in Basel nieder, war Dozent f¨ur italienische Kunstgeschichte an der dortigen Univ. und Mitglied des Großen Rats. Seit 1880 lebte er in M¨unchen. Er ver¨offentlichte zahlreiche Reiseb¨ucher, u. a. Ober-Italien (1872, 61898) und Die Schweiz (2 Bde., 1875-77, 21881 / 82). C HLS Gsovsky, Tatjana, geb. Isatschenko, T¨anzerin, Choreographin, Tanzp¨adagogin, * 18. 3. 1901 Moskau, † 29. 9. 1993 Berlin. G., Tochter einer T¨anzerin und eines Generals, absolvierte ein Tanzstudium in St. Petersburg, kam 1917 nach Krasnodar, wo sie als Ballettmeisterin ihren sp¨ateren Mann Victor → G. kennenlernte, und ging 1925 mit ihm nach Berlin. 1928 gr¨undete sie eine Ballettschule und war seit 1938 als Choreographin t¨atig. 1945-52 war sie Ballettdirektorin an der Deutschen Staatsoper, 1954-66 an der St¨adtischen (seit 1961 Deutschen) Oper in Berlin, seit 1967 Leiterin der Ballettschule und 1959-66 Balettdirektorin in Frankfurt / Main. Mit ihrem 1955 gegr¨undeten „Berliner Ballett“ entwickelte sie in Zusammenarbeit mit Komponisten und Dichtern wie Werner → Egk, Boris → Blacher, Hans Werner Henze, Gottfried von → Einem, Luigi Nono, Ingeborg → Bachmann und Luigi Maligniano ein modernes Tanztheater auf klassischer Grundlage. Als Choreographin bevorzugte sie dramatische Stoffe, u. a. Hamlet (1953) und Der rote Mantel (1954). G.

Gubitz wurde 1955 Mitglied der Deutschen Akademie der K¨unste in Berlin (Ost) und erhielt 1976 den Professorentitel. C Int Enc Dance

Gsovsky, Victor, T¨anzer, Choreograph, * 12. 1. 1902 St. Petersburg, † 14. 3. 1974 Hamburg. G. wurde bei Eugenia Sokolova in St. Petersburg zum T¨anzer ausgebildet, hatte 1920 sein B¨uhnendeb¨ut und arbeitete auch als Tanzlehrer. 1925 ging er mit seiner Frau Tatjana → G. nach Berlin und er¨offnete dort zusammen mit ihr 1928 eine klassische Ballettschule. Daneben war G. als T¨anzer und Choreograph an der Berliner Staatsoper, 1930-33 auch als Filmchoreograph f¨ur die Ufa t¨atig. Seit 1937 Ballettmeister in London, ging er 1938 nach Paris und arbeitete als Ballettlehrer sowie als Choreograph u. a. f¨ur die Pariser Oper und f¨ur Filmproduktionen. 1947 / 48 wirkte er als Ballettmeister am Metropolitan Ballett in London, 1948-50 am Ballett ´ ees, 1950-52 an der bayerischen Staatsdes Champs-Elys´ oper M¨unchen, wo er u. a. die Erstauff¨uhrung von Boris → Blachers Ballett Hamlet choreographierte. Seit 1952 war er wieder als Choreograph in Paris t¨atig und lehrte daneben an Sommertanzakademien. 1964-67 war er Ballettmeister und Ausbildungsleiter an der Oper in D¨usseldorf und 1967-71 in Hamburg. C Exiltheater

Gspann, Hans-Karl, Journalist, * 1. 2. 1898 Danzig,

¨ † 22. 5. 1979 Uberlingen / Bodensee. G., Sohn eines Oberpostinspektors, studierte seit 1916 zun¨achst Medizin und Naturwissenschaften in Greifswald und K¨onigsberg, dann Zeitungskunde, Germanistik und Geschichte in Leipzig und wurde 1923 mit einer Arbeit u¨ ber Die Anf¨ange des Danziger Pressewesens promoviert. Seit 1919 Schriftleiter beim „Danziger Volksblatt“, wurde er 1923 Leiter der Danziger Zweigstelle der TelegraphenUnion, 1926 stellvertretender Chefredakteur der „Ostdeutschen Morgenpost“ in Beuthen (Oberschlesien) und 1928 Chefredakteur der „Halleschen Zeitung“, als der er 1929 das Volksbegehren gegen die Reparationszahlungen initiierte. Sp¨ater wieder in Danzig t¨atig, wurde er von der nationalsozialistischen Regierung verhaftet und ausgewiesen. 1954-65 hatte er die Schriftleitung der Heimatzeitung „Unser Danzig“ inne. C Altpreuß Biogr, Bd 4

Gsur, Karl Friedrich, o¨ sterr. Maler, * 3. 7. 1871 Wien, † 25. 8. 1939 Wien. Der Sohn des Bildhauers und Graveurs Karl Ludwig G. studierte an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste unter Christian → Griepenkerl und bereiste seit 1896 Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande und Tunesien. 1898 ließ er sich in Wien nieder; neben Historienund Landschaftsbildern schuf er zahlreiche Portr¨ats, u. a. von → Lueger und → P¨otzl, und das Wandgem¨alde Wiener Sagen im Rathauskeller in Wien. Guardini, Romano, kath. Theologe, Religionsphilosoph, * 17. 2. 1885 Verona, † 1. 10. 1968 M¨unchen. G. studierte Chemie und National¨okonomie, sp¨ater Theologie an verschiedenen Universit¨aten, war 1910-20 mit Unterbrechungen in der Seelsorge t¨atig und unterhielt enge Beziehungen zur kath. Jugendbewegung (Quickborn, Burg Rothenfels). 1922 wurde er Privatdozent f¨ur Systematische Theologie an der Univ. Bonn und folgte 1923 einem Ruf auf den neu errichteten Lehrstuhl f¨ur Religionsphilosophie und Katholische Weltanschauung an der Univ. Berlin. 1939 durch die Nationalsozialisten

zwangspensioniert, wurde G. 1945 als Prof. f¨ur Religionsphilosophie und Christliche Weltanschauung an die Univ. T¨ubingen, 1948 auf einen gleichbenannten Lehrstuhl in M¨unchen berufen, wo er als akademischer Lehrer und Universit¨atsprediger bis 1962 wirkte. G. war in Deutschland der maßgebliche Anreger und Gestalter der liturgischen Bewegung (Vom Geist der Liturgie, 1918; Liturgische Bildung, 1923; Von heiligen Zeichen, 1927), die er mit Hilfe der Jugend aus ihren monastischen und akademischen Geh¨ausen heraus in die Gemeinden hineinf¨uhrte. Sein Wirken bereitete der Liturgiereform des Zweiten Vaticanums den Weg. Durch seine Lehr- und Predigtt¨atigkeit, aber auch als Buchautor wirkte er weit u¨ ber den kirchlichen Bereich hinaus, vor allem durch vielgelesene Monographien u¨ ber große Denker des Abendlandes (Sokrates, Augustinus, Dante, → H¨olderlin, Dostojewskij, → Rilke). Dabei hatte er neben den Gl¨aubigen stets die Ungl¨aubigen im Blick. Sein Versuch, christliche Weltanschauung und Ethik im Hinblick auf die Gegenwart zu konkretisieren, seine ph¨anomenologischen Ann¨aherungen an Glauben und Kirche sind erf¨ullt von respektvoller Solidarit¨at mit den „Kindern dieser Welt“. Gleichwohl machte G. in zentralen Fragen des Glaubens keine Zugest¨andnisse und milderte die H¨arte der Kreuzesbotschaft nicht ab. Seine letzten B¨ucher (Das Ende der Neuzeit, 1950; Die Macht, 1951) beschworen die Einsamkeit des Christen in einer von Liebe entbl¨oßten Zukunft. 1952 erhielt G. den Friedenspreis der deutschen Buchhandels, 1962 den Erasmuspreis. WEITERE WERKE: Unterscheidung des Christlichen. Gesammelte Studien. Hrsg. v. Heinrich Kahlfeld. Mainz 1935. 2., vermehrte Aufl., Mainz 1963. Neudr. 3 Bde., 1994 / 95. – Berichte u¨ ber mein Leben. Autobiographische Aufzeichnungen. Aus dem Nachlaß hrsg. v. Franz Heinrich. D¨usseldorf 1984. – Werke. Hrsg. v. Franz Henrich. Mainz / Paderborn 1986 ff. LITERATUR: Hans Mercker: Bibliographie R. G. Paderborn 1978. – Hanna-Barbara Gerl: R. G. 1885-1968. Leben und Werk. Mainz 1985, 41995. – Alfons Knoll: Glaube und Kultur bei R. G. Paderborn 1994. – G. weiterdenken. 2 Bde., 1993-99. Hans Maier

Guarinonius, Hippolytus, auch Guarinoni, o¨ sterr. Mediziner, Schriftsteller, * 18. 11. 1571 Trient, † 31. 5. 1654 Hall (Tirol). Der Sohn eines kaiserlichen Leibarztes wurde seit 1582 von Jesuiten in Prag unterrichtet, begab sich 1594 zum Medizinstudium nach Padua und war nach der Promotion 1597 Arzt am K¨oniglichen Damenstift in Hall. 1601 wurde er dort Stadtphysikus, 1604 Gewerkenarzt in Schwaz. G., der sich in zahlreichen, zum Teil nur handschriftlich u¨ berlieferten medizinischen Werken um die volksnahe Vermittlung medizinischen Fachwissens bem¨uhte, gilt als Vork¨ampfer der Volksgesundheit. Zu seinen Arbeiten z¨ahlen eine Schrift zur Pestbek¨ampfung (1612), Hydrooenogamia triumphans. Seu aquae vinique connubium (1640) und eine Ern¨ahrungslehre Chylosophiae academicae artis Aesculapiae [. . .] tomi duo (1648). G. verfaßte ferner hagiographische Werke, u. a. ¨ Ubersetzungen der Vita der hl. Franzisca Romana, und f¨orderte volkst¨umliche religi¨ose Spiele und Umz¨uge. C Killy Gubitz, Friedrich Wilhelm, Graphiker, Publizist, Schriftsteller, * 27. 2. 1786 Leipzig, † 5. 6. 1870 Berlin. G. studierte 1801-04 Theologie an der Univ. Jena, wurde daneben von seinem Vater, einem Schriftsetzer und Stempelschneider, in der Holzschnitt-Technik ausgebildet und folgte 1805 einem Ruf an die Berliner Kunstakademie, wo er sich um die Erneuerung der deutschen Holzschnittkunst verdient machte. Gleichzeitig war G. als Publizist und Verleger t¨atig,

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Gubler 1807-20 Mitarbeiter des „Morgenblatts“, 1812 / 13 Theaterkritiker der „Spenerschen Zeitung“ und gr¨undete 1807 die Zeitschrift „Feuerschirme, oder Das Vaterland“. 1817 / 18 gab er die Zeitschrift „Gaben der Milde“, 1817-48 die Zeitschrift „Gesellschafter“ heraus, die Beitr¨age zeitgen¨ossischer Autoren, darunter Heinrich → Heine und Adelbert von → Chamisso, ver¨offentlichte. Seit 1823 war G. Theaterkritiker der „Vossischen Zeitung“. In seiner 1822 in Berlin gegr¨undeten Vereinsbuchhandlung verlegte er zahlreiche illustrierte B¨ucher, Kalender und Taschenalmanache, u. a. das „Jahrbuch der deutschen B¨uhnenspiele“ (1832-66) und den „Deutschen Volkskalender“ (1835-69). G. schrieb ferner Gedichte, Erz¨ahlungen und etwa siebzig Theaterst¨ucke. C Killy

Gubler, Max, schweizer. Maler, Graphiker, * 26. 5. 1898 Z¨urich, † 29. 7. 1973 Z¨urich. G. besuchte 1914-18 das Lehrerseminar in K¨usnacht, das er jedoch kurz vor dem Abschluß verließ, um sich ganz der Malerei zu widmen. Mit einem Stipendium des Berliner Kunsth¨andlers Paul → Cassirer kam er 1920 nach Berlin und unternahm 1921 eine Studienreise nach Florenz, bevor er 1922 in einem eigenen Atelier in Z¨urich arbeitete. 1923-27 lebte G. auf der Insel Lipari, kehrte anschließend in seine Heimatstadt zur¨uck und verbrachte die Jahre 1930-37 in Paris. Seit 1937 unterrichtete er an der Kunstgewerbeschule in Z¨urich und richtete sich ein Atelier in Unterengstringen ein. Zu seinen Werken z¨ahlen Wandbilder, u. a. die Wirtschaftsterrasse (1933-44) im Viktoria-Haus in Z¨urich, das Gem¨alde f¨ur die Solothurner Kantonsschule (1945-49) und ein Mosaik im Schulhaus Entlisberg in Z¨urich. G. schuf ferner Ganzfigurenbilder, Landschaften und Buchillustrationen, darunter ein großer Zyklus farbiger Zeichnungen zu Hemingways Der alte Mann und das Meer. C Munzinger

Gudde, Erwin Gustav, Philologe, * 23. 2. 1889 Schippenbeil (Ostpreußen), † 6. 5. 1969 Oakland (Kalifornien, USA). Der Sohn eines Ackerb¨urgers und Kaufmanns wurde seit 1905 zum G¨artner ausgebildet, besuchte die Gartenbauschule in K¨ostritz bei Gera und arbeitete in seinem Beruf, ehe er sich dem Journalismus zuwandte. Nach einer T¨atigkeit als Reporter in Berlin (1910) ging G. 1911 in die USA, zun¨achst nach New York, 1913 nach San Francisco. Er arbeitete von dort aus f¨ur den „Vorw¨arts“ und schloß sich der Sozialistischen Partei an. Seit 1914 studierte er Geschichte und Germanistik an der University of California, Berkeley, wurde 1922 promoviert und war bis 1956 am dortigen Germanistischen Institut t¨atig. G., seit 1919 US-amerikanischer Staatsb¨urger, ver¨offentlichte Freiligraths Entwicklung als politischer Dichter (1922, Nachdr. 1967), Social conflicts in medieval German poetry (1934) und gab mit Clair Hayden Bell The Poems of Lupold Hornburg (1945) heraus. Er besch¨aftigte sich dar¨uber hinaus mit dem Einfluß der deutschen Einwanderer auf die kalifornische Kultur (German Pioneers in Early California, 1927) und ver¨offentlichte eine Geschichte der Ortsnamen in Kalifornien California Place Names (1949; 4. Aufl. bearb. von William Bright 1998). G. war einer der Gr¨under der American Name Society (1953) und gab deren Zeitschrift „Names“ heraus. Seine Erinnerungen erschienen 1959 unter dem Titel Vita nostra brevis est. Autobiographical sketch of a humanist. C Altpreuß Biogr, Bd 4

Gudden, (Johann) Bernhard (Aloys) von, Psychiater, * 7. 6. 1824 Kleve, † 13. 6. 1886 Starnberger See bei Schloß Berg. G., Sohn eines Gutsbesitzers und Bierbrauers, studierte Medizin an den Universit¨aten Bonn, Halle und Berlin, wurde 1848 promoviert (Quaestiones de motu oculi humani) und

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war seit dem folgenden Jahr Arzt an der Irrenanstalt Siegburg, seit 1851 in Illenau. 1855 u¨ bernahm er die Leitung der Irrenanstalt Werneck bei W¨urzburg, die er zu einer der modernsten deutschen Nervenheilanstalten ausbaute, und f¨uhrte als erster John Conollys No-Restraint-Prinzip in Deutschland ein. 1869 folgte er einem Ruf als Prof. der Psychiatrie an die Univ. Z¨urich und wurde Direktor der Anstalt Burgh¨olzli. 1873 u¨ bersiedelte G. nach M¨unchen und wurde o. Prof. an der dortigen Univ. sowie Leiter der Anstalt Gabersee. Als Miterstatter des Gutachtens vom 8. 6. 1886 u¨ ber K¨onig → Ludwig II. von Bayern diagnostizierte G. Paranoia und wurde mit der a¨ rztlichen Betreuung des K¨onigs in Schloß Berg beauftragt. Er ertrank zusammen mit Ludwig II. im Starnberger See. Neben seinen zahlreichen Studien zur Anatomie und Physiologie des Gehirns stammen von G. ein Mikrotom f¨ur feine Schnittserien durch das Gehirn und die sogenannte Guddensche Methode, ein Verfahren, das nach Exstirpation peripherer Hirnfasern beim neugeborenen Tier die Feststellung sekund¨arer Degenerationen von Leitungsbahnen und -zentren im Vergleich zur gesunden Seite beim erwachsenen Tier erm¨oglicht. Klassisch wurde sein Satz: „Zuerst also Anatomie und dann Physiologie, wenn aber zuerst Physiologie, dann nicht ohne Anatomie“ (1886). Gesammelte und hinterlassene Abhandlungen erschienen 1889. G. war der Vater von Rudolf und Hans → G. C NDB

Gudden, Bernhard (Friedrich Adolf), Physiker, * 14. 3. 1892 P¨utzchen (heute zu Bonn), † 3. 8. 1945 Prag. Der Sohn eines Nervenarztes und Enkel des Psyschiaters Bernhard → G. studierte Naturwissenschaften und Mathematik an den Universit¨aten Bonn, W¨urzburg und G¨ottingen, wurde 1919 mit der Arbeit Pleochroitische H¨ofe. Ihre Ausbildungsformen und ihre Verwendung zur geologischen Zeitmessung promoviert und war Assistent am dortigen I. Physikalischen Institut unter Robert → Pohl. 1921 habilitierte sich G. f¨ur Experimentalphysik, wurde 1924 außerplanm¨aßiger Prof. und folgte 1926 einem Ruf als o. Prof. der Experimentalphysik an die Univ. Erlangen. 1933 ging er als Leiter des Physikalischen Instituts der Karls-Universit¨at nach Prag. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs verhaftet, starb er in Gefangenschaft an den Folgen einer Diphtherieerkrankung. Durch seine Untersuchungen zur Elektrizit¨atsleitung in Halbleitern geh¨ort G. mit zu den Begr¨undern der Halbleiterphysik. Er arbeitete ferner u¨ ber photoelektrische und photochemische Vorg¨ange in festen K¨orpern. Die von G. und Robert Pohl entdeckte Phosphoreszenzerscheinung wird nach ihnen Gudden-Pohl-Effekt genannt. G. ver¨offentlichte u. a. Die lichtelektrischen Erscheinungen (1928). C NDB

Gudden, Hans, Psychiater, * 8. 7. 1866, † 2. 6. 1940 M¨unchen. G., Sohn des Psychiaters Bernhard von → G. und Bruder von Rudolf → G., schloß sein Medizinstudium 1891 mit der Promotion in W¨urzburg ab (Beitrag zur Kenntnis der Wurzeln des Trigeminusnerven), wurde Assistent an der Psychiatrischen Klinik der Charit´e in Berlin und 1894 an der Psychiatrischen Klinik in T¨ubingen, wo er sich 1896 habilitierte. 1898 wechselte er als leitender Arzt der Psychiatrischen Abteilung im St¨adtischen Krankenhaus links der Isar nach M¨unchen, wurde dort 1904 zum a. o. Prof. f¨ur Psychiatrie an der Univ. und Leiter der Psychiatrischen Poliklinik in der Psychiatrischen Universit¨atsklinik ernannt. Neben zahlreichen Aufs¨atzen ver¨offentlichte G., der das Adelspr¨adikat seines Vaters ablegte, u. a. Generalregister f¨ur die Jahrg¨ange 1850-1899 von Friedreichs Bl¨atter f¨ur gerichtliche Medi¨ zin und Sanit¨atspolizei (1899), Uber Massensuggestion und psychische Massenepidemien (1908) und Die Behandlung der jugendlichen Verbrecher in den Vereinigten Staaten von Amerika (1910).

Guderian Gudden, Rudolf, Maler, * 21. 8. 1863 Werneck (Unterfranken), † 15. 9. 1935 M¨unchen. Der Bruder von Hans → G. erhielt seine k¨unstlerische Ausbildung 1882-85 an der Kunstakademie in M¨unchen als Sch¨uler von Johann Leonhard → Raab und Ludwig von → L¨offtz sowie an der Akademie in Karlsruhe. Seit 1888 lebte er in Frankfurt / Main und bildete sich auf Studienreisen durch Deutschland, die Niederlande, Italien, Spanien und Marokko weiter. 1931 ging er nach St. Blasien / Schwarzwald. G. malte vorwiegend Bilder aus dem Volksleben, u. a. Holl¨andische Spinnerin und In Andalusien. C Th-B / Vollmer

Guddorf, Wilhelm, Pseud. Paul Braun, Publizist, Widerstandsk¨ampfer, * 20. 2. 1903 Melle (Belgien), † 13. 5. 1943 Berlin. G., Sohn eines Universit¨atsprofessors, studierte Volkswirtschaft, Geschichte, Musik- und Kunstwissenschaft an den Universit¨aten M¨unster, Leiden und Paris, wurde 1922 Mitglied der KPD und 1924 Redakteur der „Freiheit“ und des „Rhein-Ruhr-Pressedienstes“ der KPD. 1925 / 26 f¨ur mehrere Monate inhaftiert, wurde G. nach seiner Entlassung zun¨achst Mitarbeiter und 1927 Leiter des außenpolitischen Ressorts des KPD-Zentralorgans „Die Rote Fahne“ in Berlin. Wegen parteiinterner Differenzen schied er 1932 aus der Redaktion ¨ aus, arbeitete als Ubersetzer und war seit 1933 illegal f¨ur die KPD t¨atig. 1934 verhaftet und zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, war G. nach der Strafverb¨ußung bis 1939 im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert. Danach wieder als ¨ Ubersetzer und Herausgeber der Widerstandszeitschrift „Die innere Front“ t¨atig, geh¨orte er der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ an und arbeitete eng mit Harro → Schulze-Boysen zusammen. 1942 wurde G. erneut verhaftet, zum Tode verurteilt und im folgenden Jahr in Berlin-Pl¨otzensee hingerichtet. C Dt Kommunisten Gude, Hans (Fredrik), Maler, * 13. 3. 1825 Kristiania (heute Oslo), † 17. 8. 1903 Berlin. Seinen ersten k¨unstlerischen Unterricht erhielt G. 1837-41 in der Zeichenschule Johann Flintoes, ging anschließend an die D¨usseldorfer Kunstakademie und wurde Privatsch¨uler Andreas → Achenbachs, bevor er bis 1846 im Privatatelier Johann Wilhelm → Schirmers t¨atig war. 1848-50 lebte G. in seiner Heimatstadt, kehrte dann nach D¨usseldorf zur¨uck und wurde 1854 Schirmers Nachfolger an der Akademie. 1861 legte er sein Lehramt nieder und u¨ bersiedelte im folgenden Jahr mit seiner Familie nach Bettos-y-Coed bei Conway (Nordwales). 1864 folgte G. einem Ruf an die Akademie in Karlsruhe und u¨ bernahm 1880 die Leitung des Meisterateliers f¨ur Landschaftsmalerei in Berlin, die er bis zu seinem ¨ Tod innehatte. Seine Olgem¨ alde sind vorwiegend Darstellungen nordischer Landschaften. C Th-B

Gude, Marquard, auch Gudius, Diplomat, Historiker, * 1. 2. 1635 Rendsburg, † 26. 11. 1689 Gl¨uckstadt. G., Sohn eines Ratsherrn und B¨urgermeisters, studierte seit 1654 Rechtswissenschaften, Geschichte und Philologie in Jena, m¨oglicherweise auch in Leipzig und Erfurt, setzte seine Studien in Frankfurt / Main, Duisburg und in den Niederlanden fort und bereiste Frankreich und Italien. 1671 wurde er Bibliothekar des Herzogs Christian Albert von HolsteinGottorp und zog sich sp¨ater als Privatmann nach Hamburg zur¨uck. 1682 trat er als Rat der schleswig-holsteinischen Kanzlei in den Dienst K¨onig Christians V. von D¨anemark, f¨ur den er diplomatische Aufgaben u¨ bernahm. Nach seiner Ernennung zum Staatsrat lebte G. meist in Schleswig und u¨ bersiedelte 1689 nach Gl¨uckstadt. G.s Lebenswerk war eine zweib¨andige Inschriftensammlung; sie wurde 1731 ver¨offentlicht. Seine umfangreiche Bibliothek wurde nach seinem Tod in Teilen verkauft; die Handschriftensammlung

mit zahlreichen Abschriften antiker Autoren wurde zum gr¨oßten Teil von → Leibniz f¨ur die Wolfenb¨utteler Bibliothek erworben. C SHBL, Bd 5

Gudehus, Heinrich, S¨anger, * 30. 3. 1845 Altenhagen bei Celle, † 9. 10. 1909 Dresden. Der Sohn eines Lehrers wandte sich zun¨achst ebenfalls diesem Beruf zu, bevor er sich zu einer S¨angerkarriere entschloß und seine Stimme bei Malwina → Schnorr von Carolsfeld in Braunschweig und bei Gustav Eduard → Engel in Berlin ausbilden ließ. 1871 deb¨utierte G. als Nadori in Louis → Spohrs Jessonda an der K¨oniglichen Oper in Berlin, setzte dort 1872-75 seine Ausbildung bei Luise Ress fort und trat 1875 am Opernhaus von Riga auf. Es folgten Engagements an den Stadttheatern von L¨ubeck, Freiburg / Breisgau und Bremen. 1880 wurde G. Ensemblemitglied der Dresdner Hofoper, deren erster Tenor er zehn Jahre lang war. 1882-89 u¨ bernahm er große Partien bei den Bayreuther Festspielen, darunter den Titelhelden in Tristan und Isolde (1886), und gab zahlreiche Gastspiele an den großen deutschen Opernb¨uhnen sowie u. a. in London und New York. Seit 1890 trat G. vorwiegend an der Berliner Hofoper auf. C Kutsch

Gudenus, Christoph Ignaz Frh. von, kath. Theologe, getauft 5. 8. 1674 Erfurt, † 11. 12. 1747 Erfurt. G. studierte Philosophie und Theologie in Bamberg, danach Rechtswissenschaften in Prag, Ingolstadt und Erfurt, wo er 1717 zum Dr. jur. utr. promoviert wurde. Seit 1684 am Stift St. Severus in Erfurt bepfr¨undet, war G. dort nach seiner Priesterweihe in Frankfurt (1700) Scholaster. Seit 1716 erzbisch¨oflicher Siegler und Geistlicher Rat, war er 1717 Prokanzler, 1723-27 Rektor der Univ. Erfurt und wurde 1726 Titularbischof von Anemurium und Weihbischof f¨ur den th¨uringischen Teil der Erzdi¨ozese Mainz. C Gatz 3

Gudenus, Valentin Ferdinand Frh. von, Jurist, Historiker, * 19. 6. 1679 Mainz, † 9. 3. 1758 Wetzlar. G., Sohn eines kurmainzischen Leibarztes und Gutsbesitzers, wurde in Mainz Lizentiat der Rechte und setzte seine Studien an den Universit¨aten Erfurt, Turin und Mailand fort, bevor er am Reichskammergericht in Wetzlar t¨atig war. Seit 1706 markgr¨aflich baden-badischer Hof- und Regierungsrat, seit 1718 kurmainzischer Hof- und Revisionsrat, wurde G. 1722 von den kath. St¨anden des fr¨ankischen Kreises als Reichskammergerichtsassessor pr¨asentiert und hatte dieses Amt von 1724 bis zu seinem Tod inne. Seit 1716 unterst¨utzte er die Neuherausgabe der Res Moguntiacae des Nikolaus → Serarius. Zu G.s Werken z¨ahlt der Codex diplomaticus exhibens anecdota [. . .] Moguntiaca (5 Bde., 1743-68), eine der bedeutendsten diplomatischen Sammlungen des 18. Jahrhunderts. C NDB

Guderian, Heinz Wilhelm, Milit¨ar, * 17. 6. 1888 Kulm (Westpreußen), † 14. 5. 1954 Schwangau bei F¨ussen. Der Sohn eines preuß. Generalleutnants kam nach dem Besuch der Hauptkadettenanstalt Groß-Lichterfelde 1907 in das J¨agerbataillon seines Vaters, war w¨ahrend des Ersten Weltkriegs Nachrichten-, seit 1917 Generalstabsoffizier und geh¨orte 1919 dem Stab der Eisernen Division in Riga an. 1920 in die Reichswehr u¨ bernommen, leitete er seit 1922 die Abteilung f¨ur Kraftfahrtruppen im Reichswehrministerium und wurde 1931 Stabschef des Kommandos der Kraftfahrtruppen. Seit 1935 Chef der ersten Panzerdivision, legte G. seine strategischen Grunds¨atze in seinem 1937 ver¨offentlichten Buch Achtung, Panzer! nieder und wurde 1938 General der Panzertruppen und Chef der schnellen Truppen. Im Zweiten Weltkrieg war er zun¨achst Truppenf¨uhrer, wurde im Dezember 1941 jedoch wegen einer Kontroverse mit → Hitler und Generalfeldmarschall Hans G¨unther von → Kluge u¨ ber den Einsatz der Panzertruppen vor Moskau als

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Gudermann Befehlshaber der zweiten Panzerarmee abgel¨ost. Seit 1943, nach der Katastrophe von Stalingrad, Generalinspekteur der Panzertruppen, wurde er nach dem Attentat auf Hitler vom 20. 7. 1944 Chef des Generalstabs des Heeres, aber nach weiteren Auseinandersetzungen mit Hitler kurz vor Kriegsende erneut verabschiedet. 1948 aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft entlassen, trat G. sp¨ater durch Publikationen zum Aufbau der Bundeswehr hervor (Kann Westeuropa verteidigt werden?, 1950; So geht es nicht, 1951). 1951 erschienen seine Erinnerungen eines Soldaten. C Altpreuß Biogr, Bd 3

Gudermann, Christoph, Mathematiker, * 25. 3. 1798 Vienenburg bei Goslar, † 25. 9. 1851 M¨unster. G., Sohn eines Lehrers, studierte in G¨ottingen Mathematik und war 1823-32 Lehrer am Gymnasium in Kleve. 1832 in Berlin promoviert, erhielt er im selben Jahr eine außerordentliche Professur an der Theologischen und Philosophischen Akademie in M¨unster, wo er 1839 o. Prof. wurde. In seinen wissenschaftlichen Forschungen befaßte sich G. insbesondere mit der Geometrie auf der Kugel sowie mit elliptischen Funktionen, die er als Modularfunktionen bezeichnete. Er ver¨offentlichte u. a. Allgemeiner Beweis des polynomischen Lehrsatzes ohne die Voraussetzung des binomischen (1825), Grundriss der analytischen Sphaerik (1830), Theorie der Potenzial- oder cyklisch-hyperbolischen Functionen (1833), Lehrbuch der niederen Sph¨arik (1835) und Theorie der Modular-Funktionen und der Modular-Integrale (1844). C Poggendorff 1

Gudewerdt, Hans I., auch Guthwerdt, Gutwerth, Gudewirth, Holzschnitzer, * um 1570 (?) Eckernf¨orde, † 1642 (?) Eckernf¨orde. Der aus einer angesehenen alteingesessenen B¨urgerfamilie stammende G., der seit 1596 nachweisbar ist, war 1605 ¨ z¨unftiger Meister und Altermann der Schnittgerinnung in Eckernf¨orde und zog sich um 1635, wahrscheinlich zugunsten seines Sohnes Hans II. → G., von der Aus¨ubung seines Handwerks zur¨uck. Er geh¨orte zu den bedeutendsten Schnittgern der schleswig-holsteinischen Sp¨atrenaissance um 1600 und hatte maßgeblichen Einfluß auf die zeitgen¨ossischen Holzschnitzer dieser Gegend. Aus seiner Werkstatt stammen zahlreiche Kanzeln und Truhen, deren breites Rahmenwerk reich ornamentiert und mit kleinfig¨urigen, thematisch zumeist dem Alten Testament entnommenen Reliefdarstellungen bedeckt ist. G.s Hauptwerk ist die Kanzel in Gettorf bei Eckernf¨orde (1598 datiert). C SHBL, Bd 6

Gudewerdt, Hans II., auch Guthwerdt, Gutwerth, Gudewirth, Holzschnitzer, * um 1600 Eckernf¨orde, † 1671 Eckernf¨orde. G. wurde zun¨achst von seinem Vater Hans I. → G. in der Kunst des Holzschnitzens unterrichtet, erhielt seine weitere Ausbildung wahrscheinlich in Magdeburg und war um 1634 Meister. G., der als einer der bedeutendsten Meister der barocken Schnitzkunst in Schleswig-Holstein gilt, verwendete in seinen Werken eine hochentwickelte Knorpelwerkornamentik, die die architektonischen Teile der Alt¨are und Epitaphien fast vollkommen verdr¨angte. Zu seinen Werken z¨ahlen der Altar der Nikolaikirche in Eckernf¨orde (1640), die Alt¨are in Kappeln bei Schleswig (1641) und Sch¨onkirchen (1653) sowie der Altar aus D¨anischenhagen (1656). Ferner schuf er Bilderrahmen, Brautwagen f¨ur f¨urstliche Hochzeiten und Profanm¨obel. C SHBL, Bd 6

Gude, ¨ Max, Jurist, Politiker, * 6. 1. 1902 Donaueschingen, † 29. 1. 1984 Werl (Westfalen). Der Sohn eines Oberrechnungsrats studierte Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Heidelberg und Bonn. 1929-32 war er Staatsanwalt in Mosbach, anschließend Amtsrichter in Bruchsal und leitete 1933-43 das Amtsgericht Wolfach. Nach

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Kriegsende wieder im badischen Justizdienst, kam er 1950 zur Bundesanwaltschaft nach Karlsruhe und leitete seit 1952 deren politische Abteilung. 1955 wurde er Pr¨asident des Vierten Strafsenats, 1956 Oberbundesanwalt und amtierte 1957-61 als Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof. 1961-69 war er Bundestagsmitglied, 1963-69 Vorsitzender des Sonderausschusses f¨ur die Strafrechtsreform.

Gudemann, ¨ Moritz (Moses), j¨udischer Theologe, * 19. 2. 1835 Hildesheim, † 5. 8. 1918 Baden (Nieder¨osterreich). G. studierte seit 1854 Philosophie und Orientalistik an der Univ. Breslau und besuchte das dortige Rabbinerseminar. 1858 zum Dr. phil. promoviert, wurde er 1862 Rabbiner in Magdeburg, 1866 in Wien. Seit 1868 hatte G. die provisorische Leitung des Bet Din inne, wurde 1894 als Nachfolger Adolf → Jellineks Oberrabbiner von Wien und u¨ bte dieses Amt bis zu seinem Tod aus. G. ver¨offentlichte u. a. eine Geschichte des Erziehungswesens und der Cultur der abendl¨andischen Juden (3 Bde., 1880-88) und eine J¨udische Apologetik (1906), die sich gegen den akademischen Antisemitismus richtete. C Lex dt-j¨ud Autoren Guden, ¨ Hilde, eigentl. Hulda Greininger, o¨ sterr. S¨angerin, * 15. 9. 1917 Wien, † 17. 9. 1988 Klosterneuburg (Nieder¨osterreich). Die aus einer K¨unstlerfamilie stammende G. studierte Gesang, Klavier und Tanz an der Akademie f¨ur Musik und darstellende Kunst in Wien und deb¨utierte 1938 in Ralph → Benatzkys Operette Herzen im Schnee an der Wiener Volksoper. 1939 trat sie am Z¨urcher Opernhaus als Cherubino in der Hochzeit des Figaro erstmals als Operns¨angerin auf, wurde 1941 in das Ensemble der M¨unchner Staatsoper aufgenommen, mußte aber im folgenden Jahr wegen ihrer j¨udischen Herkunft Deutschland verlassen. Sie arbeitete in Rom und Florenz und feierte nach dem Krieg bei den Salzburger Festspielen einen großen Erfolg als Zerline im Don Giovanni. 1947-73 wirkte G. an der Wiener Staatsoper; 1950 wurde sie zur Kammers¨angerin ernannt. Auf zahlreichen Gastpielreisen sang sie u. a. 1952 die Rosalinde in der Fledermaus und 1955 die Zdenka in der Premiere von Richard → Strauss’ Arabella an der Metropolitan Opera in New York, deren Mitglied sie 1951-60 war. Bei der Einweihung des Salzburger Festspielhauses 1960 gab sie die Sophie im Rosenkavalier. G. trat auch als Konzertsopranistin hervor und wirkte in modernen B¨uhnenwerken wie Brittens The rape of Lucretia mit. Nach dem R¨uckzug von der B¨uhne Anfang der siebziger Jahre u¨ bernahm sie Leitung der Wiener Opernstudios. 1978 wurde G. zur Professorin ernannt. C MGG

Gugler, ¨ (Josef Heinrich) Alois, schweizer. kath. Theologe, * 25. 8. 1782 Udligenschwyl bei Luzern, † 28. 2. 1827 Luzern. Der Sohn eines Landwirts studierte seit 1801 Philosophie in Solothurn. Schwer erkrankt, kehrte er nach Luzern zur¨uck, schloß dort Freundschaft mit Joseph → Widmer und ging zusammen mit ihm an die Univ. Landshut, wo er bald zu einem Anh¨anger seines Lehrers Johann Michael → Sailer wurde. Seit 1805 lehrte G. biblische Exegese in Luzern und wurde dort 1816 Chorherr am Kollegiatstift St. Leodegar. In seinem 1810 ver¨offentlichten Werk Geist des Christentums und der Literatur zeigte er sich als Vertreter einer v¨olligen Romantisierung der kath. Theologie, der das Mythische als Wesenszug des Christentums und des Katholizismus herausstellte. C NDB Gueintz, Christian, auch Gueinz, Gueinzius, P¨adagoge, Sprachwissenschaftler, Jurist, * 13. 10. 1592 Kohlo bei Guben, † 3. 4. 1650 Halle / Saale. Der Pfarrerssohn studierte seit 1615 Theologie an der Univ. Wittenberg und trat 1619 den Schuldienst in K¨othen an,

¨ Gulfferich wo sich F¨urst → Ludwig von Anhalt-K¨othen um die Verwirklichung der Unterrichtsmethoden des Schulreformers Wolfgang → Ratke bem¨uhte. Nach dreij¨ahriger T¨atigkeit als Griechischlehrer kehrte G. an die Univ. Wittenberg zur¨uck, wandte sich juristischen Studien zu und wurde 1623 Advokat am dortigen Konsistorium. 1627 u¨ bernahm er die Leitung des Stadtgymnasiums in Halle. Mit Unterst¨utzung F¨urst Ludwigs, des Vorsitzenden der Fruchtbringenden Gesellschaft, versuchte G., allgemeinverbindliche Regeln f¨ur eine deutsche Grammatik aufzustellen, der er das Deutsch der Lutherbibel zugrundelegte. 1641 erschien sein Deutscher Sprachlehre Entwurf, dem 1645 Die Deutsche Rechtschreibung als Versuch einer Vereinheitlichung der deutschen Orthographie folgte. C Killy

Gulden, ¨ Josef, kath. Theologe, * 24. 8. 1907 Neuwerk (heute zu M¨onchengladbach), † 23. 1. 1993 Leipzig. G. studierte seit 1927 Theologie in Innsbruck und Bonn, empfing 1932 die Priesterweihe und geh¨orte seit 1934 den Oratorianern in Leipzig an. Er wirkte an der Liebfrauengemeinde als Seelsorger, geh¨orte zu den Teilnehmern am f¨unften Unionskongreß in Velehrad und war seit 1936 Lei¨ ter des Neudeutschland-Alterenbundes und Redakteur der „Werkbl¨atter“. Seit 1940 Mitglied einer Liturgiekommission der deutschen Bisch¨ofe und 1962-65 Teilnehmer am Zweiten Vatikanischen Konzil, war G. vor allem f¨ur Aufbau und Entwicklung des kath. Verlags- und Pressewesens in der DDR von herausragender Bedeutung: 1951 geh¨orte er zu den Gr¨undern des St.-Benno-Verlags in Leipzig und der Kirchenzeitung „Tag des Herrn“; 40 Jahre lang war er Herausgeber des Liturgiekalenders Von Advent zu Advent und des kath. Hausbuchs Jahr des Herrn. G. ver¨offentlichte u. a. Volksliturgie und Seelsorge (1942), In den Tagen des Alters (1980) und Wovon wir Menschen leben (1982). C LThK

Guldenpfennig, ¨ Arnold, Architekt, * 13. 12. 1830 Warburg / Diemel, † 23. 9. 1908 K¨oln. Nach dem Besuch der Bauakademie in K¨oln seit 1854 in Paderborn t¨atig, wurde G. 1856 Di¨ozesan- und Dombaumeister. Er war ein Vertreter des Historismus mit besonderer Vorliebe f¨ur Bauten im gotischen Stil. Er restaurierte u. a. den Dom in Paderborn und die Allerheiligen-Kirche in Erfurt, baute mehrere Kl¨oster und Klosterkirchen (u. a. in H¨unfeld, 1895-1900) und entwarf Innenausstattung f¨ur Kirchen. Zu seinen Werken z¨ahlen auch die Marien-Domkirche in Hamburg und St. Pankratius in G¨utersloh. C Th-B

Guldenst¨ ¨ adt, Anton Johann, Forschungsreisender, Mediziner, * 26. 4. 1745 Riga, † 23. 3. 1781 St. Petersburg. G., Sohn eines Sekret¨ars eim kaiserlichen Oberkonsistorium, studierte seit 1763 Medizin an der Univ. Berlin, wurde 1767 an der Univ. Frankfurt / Oder promoviert (Theorie virium corporis humani primitivarum) und erhielt bald eine Einladung der Petersburger Akademie, sich an dem großen Expeditionsvorhaben zu beteiligen, das der Beobachtung des Venusdurchgangs von 1769 und der Erforschung des Russischen Reiches dienen sollte. G. unternahm eine siebenj¨ahrige Expedition, deren Hauptergebnis die Erkundung der Kaukasusl¨ander war, das zun¨achst in Einzelberichten in den Publikationen der Petersburger Akademie erschien; er widmete sich insbesondere pflanzen- und tiergeographischen Beobachtungen. Nach seiner R¨uckkehr war er Arzt in St. Petersburg und starb dort wenige Jahre sp¨ater bei einer Epidemie. G. ver¨offentlichte u. a. Discours acad´emique sur les produits de Russie (1777, dt. Betrachtungen u¨ ber die nat¨urlichen Produkte Rußlands zur Unterhaltung eines best¨andigen ¨ Ubergewichts im ausw¨artigen Handel (1778). Seine Reisetageb¨ucher wurden postum unter dem Titel Reisen durch Rußland und im kaukasischen Gebirge (2 Bde., 1787-91, hrsg. von Peter Simon → Pallas) ver¨offentlicht. C ADB

Guldenstein, ¨ Albert, Bildhauer, * 3. 1. 1822 Sontheim bei Heilbronn, † 25. 5. 1891 Stuttgart. G. war zun¨achst als Ziseleur bei Ludwig von → Schwanthaler in M¨unchen t¨atig, f¨uhrte bereits Bildhauerarbeiten aus und u¨ bersiedelte 1843 nach Stuttgart, wo er die Kunstschule unter Theodor von → Wagner besuchte. F¨ur seine Relief S¨undflut erhielt er ein Staatsstipendium f¨ur die Berliner Akademie, gewann den Preis der Michael-Beer-Stiftung und ging 1847 nach Rom, wo er Mitglied der Deutschen K¨unstler-Vereinigung war. Seit 1849 lebte G. in Stuttgart. Zu seinen bekanntesten Werken z¨ahlen der Bronzebrunnen der Villa Berg bei Cannstatt, drei Tiergruppen f¨ur die Wilhelmina bei Stuttgart und mehrere Grabm¨aler.

Guldenstein, ¨ Gustav, Musikp¨adagoge, * 23. 6. 1888 M¨unchen, † 21. 1. 1972 Basel. Seine musikalischen Studien begann G., Sohn eines Kaufmanns, als Sch¨uler Friedrich → Kloses an der Akademie der Tonkunst in M¨unchen, besuchte dann das Institut JaquesDalcroze in Genf und studierte schließlich an den Universit¨aten M¨unchen, Freiburg und Basel, wo er 1926 mit der Arbeit Probleme der Tonalit¨at (gedruckt als Theorie der Tonart, 1927) promoviert wurde. G. war seit 1911 Lehrer an der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze in Hellerau und leitete seit 1912 die Zweigschule in Frankfurt / Main, wo er zugleich am Hochschen Konservatorium wirkte. Von 1921 bis zu seinem Tod lehrte G. Rhythmik, Solf`ege, Improvisation, Harmonielehre und Kontrapunkt am Konservatorium in Basel und bis 1962 Theorie und Rhythmik am Luzerner Konservatorium. 1932 erhielt er die schweizer. Staatsb¨urgerschaft. G. ver¨offentlichte u. a. Modulationslehre (1917, 21929) und Geh¨orbildung f¨ur Musiker (1971). Guldner, ¨ Hugo, Motorenbauer, * 18. 7. 1866 Herdecke (Kr. Hagen, Westfalen), † 12. 3. 1926 Frankfurt / Main. G., Sohn eines Ingenieurs, besuchte eine h¨ohere Fachschule in Hagen und arbeitete nach 1890 in Magdeburg, wo er sich intensiv mit der Konstruktion von Verbrennungsmotoren besch¨aftigte und 1897 den Entschluß faßte, selbst Motoren zu bauen. Mit der finanziellen Unterst¨utzung eines Berliner Kaufmanns gr¨undete er in Magdeburg eine Fabrik, die er jedoch schon innerhalb des ersten Jahres wieder schließen mußte. Nach einer kurzen T¨atigkeit als Oberingenieur in Kaiserslautern wurde G. 1899 Oberingenieur und Chefkonstrukteur bei Rudolf → Diesel in der Allgemeinen Gesellschaft f¨ur Dieselmotoren AG in Augsburg, wo er an der Konstruktion von Gleichdruck¨olmotoren und Schiffsdieselmaschinen arbeitete. 1903 wurden die von ihm entworfene Generatoranlage und ein Viertaktmotor von der Maschinenbaugesellschaft M¨unchen gebaut, bei der G. als Oberingenieur angestellt wurde und die technische Leitung des Werkes u¨ bernahm. 1903 gr¨undete er in M¨unchen zusammen mit einigen Industriellen die G¨uldner-Motoren-Gesellschaft, die er 1906 / 07 nach Aschaffenburg verlegte, wo Gleichdruck¨olmotoren hergestellt wurden, die bald Weltruf erlangten. G. ver¨offentlichte u. a. Monteurschulen – ein Bed¨urfniß des practischen Maschinenbaus! (1895), Das Entwerfen und Berechnen von Verbrennungskraftmaschinen (1903) und Untersuchungen u¨ ber den Einfluß der Betriebsw¨arme auf die Steuerungseingriffe der Verbrennungsmaschinen (1924). C NDB

Gulfferich, ¨ Hermann, Drucker, † vor 28. 6. 1554 Frankfurt / Main (?). Seit 1534 Buchbinderlehrling bei Bonifacius Rudel in Frankfurt / Main, kehrte G. um 1537 nach Mainz zur¨uck und lebte seit 1540 st¨andig in Frankfurt. Seit 1542 betrieb er eine eigene Verlagsdruckerei, die er 1551 / 52 durch den Ankauf zweier Papierm¨uhlen im Elsaß erweiterte. Sein Verlagsprogramm umfaßte vorwiegend deutsche Volksb¨ucher (u. a. Die

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¨ Gulich sch¨one Magelone, Ritter Pontus), ferner popul¨are medizinische Schriften, Planetenb¨ucher und einige theologische Schriften. Die Holzschnitte der zumeist illustrierten Werke stammen fast ausschließlich von Hans → Brosamer. 1555 u¨ bernahm G.s Stiefsohn Weigand → Han die Druckerei. C LGB

stellte er sein Verm¨ogen sozialen Zwecken zur Verf¨ugung. F¨ur seine Verdienste um das st¨adtische Gemeinwesen wurde ihm 1909 der Rote-Adler-Orden II. Klasse verliehen; 1913 erhielt er den Titel eines K¨oniglichen Kommerzienrats. G. ver¨offentlichte u. a. Terminhandel und B¨orse (1895) und Terminhandel und W¨ahrung (1896).

Gulich, ¨ Gustav von, Wirtschaftswissenschaftler,

Gulzow, ¨ Gerhard (Martin Ernst), evang. Theologe,

* 1. 6. 1791 Osnabr¨uck, † 4. 8. 1847 Linden. G., Sohn eines wohlhabenden Tuchh¨andlers, durchlief eine landwirtschaftliche Lehre in Helmstedt und studierte 1810-12 Kameralwissenschaften in G¨ottingen. Er war Gutsbesitzer, Dom¨anenp¨achter und 1829-42 Besitzer einer Papierfabrik in Wertheim bei Hameln. Daneben besch¨aftigte sich G. mit wirtschaftswissenschaftlichen Themen, vor allem mit Landwirtschaft und Gewerbe im K¨onigreich Hannover und in Hessen. 1830-45 erschien seine Geschichtliche Darstellung des Handels, des Gewerbes und des Ackerbaus der bedeutendsten handeltreibenden Staaten unserer Zeit in f¨unf B¨anden. G. setzte sich f¨ur Hochschutzz¨olle, Autarkie und die Entwicklung von Surrogaten ein.

Gulich, ¨ Wilhelm (Johannes Daniel Otto), Wirtschaftwissenschaftler, Bibliothekar, Politiker, * 7. 6. 1895 Sachsenberg (Waldeck), † 15. 4. 1960 Bad Pyrmont. Schon fr¨uh f¨uhrend in der Jugendbewegung des „Wandervogels“ und der „Freideutschen Jugend“ t¨atig, studierte G., Sohn eines Bauunternehmers und Ziegeleibesitzers, seit 1919 National¨okonomie, Rechtswissenschaften und Geographie an den Universit¨aten Marburg, Wien und Kiel und wurde 1924 mit der Arbeit Grundfragen der großrum¨anischen Wirtschaftspolitik zum Dr. sc. pol. promoviert. Noch im selben Jahr wurde er Direktor der Bibliothek des Instituts f¨ur Weltwirtschaft der Univ. Kiel, die er zur bedeutendsten wirtschaftswissenschaftlichen Bibliothek in Europa ausbaute. 1942 wurde er zum Honorarprofessor f¨ur Schrifttumskunde der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Univ. Kiel ernannt. G. war Mitglied der SPD, 1946-48 Landrat des Kreises Herzogtum Lauenburg, Landtagsabgeordneter, 1947-50 Finanzminister in Schleswig-Holstein und geh¨orte 1949-60 als Wirtschaftsexperte dem Bundestag an. C SHBL, Bd 1

Gull, ¨ Friedrich (Wilhelm), P¨adagoge, Liederdichter, * 1. 4. 1812 Ansbach, † 23. 12. 1879 M¨unchen. Nach dem Besuch des Lehrerseminars in Altdorf 1829-31 war der Sohn eines Goldschmieds zun¨achst Lehrer in Flachslanden und Ansbach, seit 1842 an der evang. Pfarrschule in M¨unchen, wo er zudem als Privatlehrer u. a. im Haus Kaulbach t¨atig war. G. wurde zum eigentlichen Begr¨under der Kinderliederdichtung im 19. Jahrhundert. Sein bekanntestes Werk erschien 1836 unter dem Titel Kinderheimath in Bildern und Liedern (2., reich verm. Aufl. 1846, mit Franz → Pocci); es enth¨alt neben Ammenreimen, Spiel- und Schulversen R¨atsel und Gedichte. C Killy

Gulpen, ¨ Alexius van, Großh¨andler, * 20. 2. 1841 Emmerich, † 25. 8. 1920 Wiesbaden. Nach seiner Ausbildung u¨ bernahm G. das v¨aterliche Kaffee-, Tee- und Kolonialwarengesch¨aft Lensing & van G¨ulpen in Emmerich, das er nach Ausscheiden des Mitinhabers Lensing allein f¨uhrte. Er gliederte ihm die Emmericher WarenExpedition Kempkes an, das erste Postversandgesch¨aft f¨ur Tee und Kaffee, das bald in vierzig St¨adten Niederlassungen unterhielt. Als erster hatte G. die Idee, den bisher nur roh verkauften Kaffee ger¨ostet abzugeben, und entwickelte zu diesem Zweck spezielle Maschinen, die er in einer eigens gegr¨undeten Fabrik herstellte. G. u¨ bernahm weitere Fabriken in Emmerich, die ihn zu einem der wohlhabendsten B¨urger der Stadt machten. Neben kommunalem Engagement, u. a. als Stadtverordneter und Kreistagsabgeordneter,

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* 28. 10. 1904 Liepgarten (Vorpommern), † 8. 12. 1980 L¨ubeck. G., Sohn eines Pfarrers und Bruder von Martin → G., studierte seit 1923 Theologie in Greifswald und Leipzig. 1930 ordiniert, wurde er Pastor in Kallies (Kr. Dramburg), 1934 Pfarrer in St. Marien in Danzig und hatte 1937-40 gleichzeitig das Amt des Landesjugendpfarrers inne. 1940 wurde G. in das neueingerichtete Konsistorium des „Kirchengebiets Danzig-Westpreußen“ berufen und mit der Vertretung des Bischofs und der geistlichen Leitung beauftragt. Nach Kriegsende ging er nach L¨ubeck und war bis 1970 Pastor an der Lutherkirche; seine T¨atigkeiten f¨ur das Konsistorium Danzigs setzte er fort. G. war Vorsitzender des auf seiner Initiative beruhenden Hilfskomitees Evangelischer aus Danzig-Westpreußen, stellvertretender Vorsitzender des Konvents der zerstreuten evangelischen Ostkirchen, 1946 stellvertretender Vorsitzender und 1951-73 Vorsitzender des Ostkirchenausschusses der Evangelischen Kirche Deutschlands. Seit 1954 gab er „Der Remter. Zeitschrift f¨ur Kultur und Politik in Osteuropa“ heraus. Pers¨onliche Erinnerungen erschienen 1968 unter dem Titel Kirchenkampf in Danzig 1934-1945 (1968). C Altpreuß Biogr, Bd 4

Gulzow, ¨ Martin, Internist, Gastroenterologe, * 10. 5. 1910 Kemnitz bei Greifswald, † 5. 10. 1976 Rostock. G., Bruder von Gerhard → G., studierte seit 1929 in Wien, M¨unchen und Greifswald Medizin, wo er 1935 promoviert wurde (Die R¨ontgenbestrahlung des Morbus Basedow und der Thyreotoxikosen mit Ber¨ucksichtigung der dabei auftretenden Sch¨adigungen). 1941 habilitierte er sich mit der Arbeit Die Blutdiastase, wurde 1949 zum Prof. und 1950 zum leitenden Arzt der Inneren Abteilung des Bezirkskrankenhauses Stralsund ernannt. Seit 1956 vertrat er den Lehrstuhl f¨ur Innere Medizin und Berufskrankheiten der Akade¨ mie f¨ur Sozialhygiene, Arbeitshygiene und Arztliche Fortbildung in Berlin und ging 1957 als o. Prof. f¨ur Innere Medizin und Direktor der Medizinischen Klinik nach Rostock; zus¨atzlich u¨ bernahm er 1962 den Lehrstuhl f¨ur In¨ nere Medizin der Akademie f¨ur Arztliche Fortbildung der DDR in Berlin-Lichteberg. Auf seine Initiative hin wurde 1963 die Medizinisch-wissenschaftliche Gesellschaft der Internisten Mecklenburg-Vorpommerns und 1965 die Gesellschaft f¨ur Gastroenterologie der DDR gegr¨undet. G. forschte vor allem auf dem Gebiet der Erkrankungen der Bauchspeicheldr¨use. Er ver¨offentlichte u. a. Erkrankungen w¨ahrend der Schwangerschaft (mit Helmut Kyank, 1966, 21972) und gab Gastroenterologie (mit Kurt August Koelsch und Heinrich Kuntzen, 1969, 21974) und Erkrankungen des exkretorischen Pankreas (1975, Neuausg. 1995) heraus. C Mecklenburg, Bd 1

Gumbel, ¨ Ludwig (Karl Friedrich), Techniker, * 12. 3. 1874 St. Julian (Rheinpfalz), † 8. 2. 1923 Berlin. Der Pfarrerssohn arbeitete zun¨achst auf der Werft Wilhelmshaven und als Maschinenassistent auf See, bevor er 1893-98 an der TH Berlin Schiffsmaschinenbau studierte. Anschließend bei der Schichau-Werft in Elbing und der HamburgAmerika-Linie t¨atig, wurde er 1906 stellvertretender Direktor der Atlas-Werke in Bremen und folgte 1910 einem Ruf als o. Prof. f¨ur Schiffskessel, Schiffshilfsmaschinen und Maschinenzeichnen an die TH Berlin, wo er kurz zuvor mit

¨ Gunderrode der Arbeit Fabrikorganisation mit spezieller Ber¨ucksichtigung der Anforderungen der Werftbetriebe promoviert worden war. Neben Arbeiten auf hydrodynamischem Gebiet stellte G. u. a. Untersuchungen u¨ ber die Schmierung der Maschinen an, die als Grundlage f¨ur die Aufstellung von Regeln u¨ ber Konstruktion der Lager dienten (Reibung und Schmierung im Maschinenbau, postum 1925). C Pf¨alzer Pers

Gumbel, ¨ (Wilhelm) Theodor von, Naturforscher, Botaniker, * 19. 5. 1812 Dannenfels / Pfalz, † 10. 2. 1858 Landau / Pfalz. Der Sohn eines F¨orsters und Bruder Wilhelm von → G.s studierte 1832-35 Forstwissenschaft in W¨urzburg und M¨unchen und wurde 1837 Lehrer an der Gewerbeschule in Zweibr¨ucken, 1843 an der neugegr¨undeten Anstalt in Landau, 1853 deren Rektor. Er lernte Philipp Bruch und Wilhelm Philipp → Schimper kennen, an deren Bryologia Europaea er mitarbeitete. G. entdeckte etwa gleichzeitig mit Heinrich → Koch die Regenerationsf¨ahigkeit der Bl¨atter und Rhizoiden der Moose. Er ver¨offentlichte u. a. Die Wirbelbewegung an Stoffen im gestaltlosen Zustand (1852), Das Spreitekorn im Parallelismus mit dem Pollenkorn (1855) und Die Laubmoose der Rheinpfalz (1857). G. wurde 1853 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. C Pf¨alzer Pers

Gumbel, ¨ (Carl) Wilhelm von, Geologe, * 11. 2. 1823 Dannenfels (Pfalz), † 18. 6. 1898 M¨unchen. Der Bruder Theodor von → G.s studierte 1842-48 Chemie, Botanik, Zoologie, Mineralogie und Geognosie an den Universit¨aten M¨unchen und Heidelberg und legte in M¨unchen das Staatsexamen im Bergfach ab. 1851 wurde er Leitender Geognost an der neueingerichteten Geognostischen Landesuntersuchung des K¨onigreiches Bayern und war von 1879 bis zu seinem Tod Leiter des Oberbergamtes. Daneben lehrte er als Honorarprofessor der Geognosie und Markscheidekunde an der Univ. M¨unchen. Seit 1875 war G. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. G.s umfassendes Werk u¨ ber das K¨onigreich Bayern enth¨alt eine geognostische Beschreibung des bayerischen Alpengebiets und seines Vorlandes (1861), des ostbayerischen Grenzgebirges (1868), des Fichtelgebirges mit dem Frankenwald (1879) und der Fr¨ankischen Alb mit dem Keupervorland (1891). Seine zweib¨andige Geologie von Bayern erschien 1888-94. C Poggendorff 3-4

Gummer, ¨ Paul, S¨anger, Musikp¨adagoge, * 11. 6. 1895 Hannover, † 24. 8. 1974 Lauterecken (Pfalz). Seine Gesangsausbildung im Fach Baß erhielt G. an der Musikhochschule in Hannover und als Sch¨uler Franziska → Martienssen-Lohmanns in Berlin und Otto → Iros in Wien. Er gab 1921 sein erstes Konzert und wandte sich vor allem der Barockmusik zu. Seit 1927 unterrichtete G. an der Musikhochschule in Hannover und war 1928-43 zugleich an der Evangelischen Kirchenmusikschule in BerlinSpandau t¨atig. Seit 1950 Dozent an der Westf¨alischen Landeskirchenschule in Herford, wurde er 1959 zum Prof. ernannt. Zusammen mit Hans → Hoffmann gr¨undete er 1936 die in Bethel stattfindenden „Heinrich-Sch¨utz-Wochen“. G. war auch ein gefragter Solist in Oratorien und geistlichen Musikwerken. 1940 erschien sein Werk Die Erziehung der menschlichen Stimme. C Kutsch Gunderrode, ¨ Friedrich Maximilian Frh. von, Jurist, Politiker, * 13. 12. 1753 Frankfurt / Main, † 9. 5. 1824 Frankfurt / Main. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. G¨ottingen und einer praktischen Ausbildung am Reichskammergericht in Wetzlar trat G., Sohn eines Ratsherrn und Sch¨offen, in die Dienste des F¨ursten von Nassau-Usingen. Seit 1785 Mitglied des Frankfurter Rats, vertrat er seine

Heimatstadt 1789-1803 beim Oberrheinischen Kreis. 1807 wurde G. zum Stadtschultheißen und Geheimen Rat, bei der Gr¨undung des Großherzogtums 1810 zum Pr¨afekten des Departements Frankfurt ernannt. Infolge der erneuten Selbst¨andigkeit der Stadt Frankfurt wurde er 1815 Pr¨asident des Appellationsgerichts und der Gesetzgebenden Versammlung. Zusammen mit dem Theologen Wilhelm Friedrich → Hufnagel bem¨uhte er sich um die Neuordnung des st¨adtischen Schulwesens, deren Ergebnis das Schulgesetz von 1812 als Grundlage f¨ur das st¨adtische Volks- und Mittelschulwesen war. C NDB

Gunderrode, ¨ Karoline (Friederike Louise Maximiliane) von, Pseud. Tian, Ion, Dichterin, * 11. 2. 1780 Karlsruhe, † 26. 7. 1806 Winkel / Rhein (heute zu Oestrich-Winkel). Aus angesehener Adelsfamilie stammend, erhielt G. eine standesgem¨aße Erziehung, aber – wie f¨ur M¨adchen u¨ blich – keine systematische Ausbildung, sondern erwarb ihr breites Wissen autodidaktisch. Bedingt durch den fr¨uhen Tod des Vaters (1786), eines Hofrats und Kammerherrn, trat sie 1797 aus o¨ konomischen Gr¨unden in das von CronstettenHynspergische Adelige Damenstift in Frankfurt / Main ein. Sie blieb durch regen Briefwechsel und kleinere Reisen in einen Kreis junger Intellektueller eingebunden, dem u. a. Gunda und Friedrich Carl von → Savigny, Clemens → Brentano, Bettine Brentano (→ Arnim), Lisette und Christian Gottfried → Nees von Esenbeck und seit 1804 der Mythenforscher Friedrich → Creuzer angeh¨orten; sie partizipierte jedoch an keinem fr¨uhromantischen Projekt einer Symphilosophie. G.s intensive Besch¨aftigung mit zeitgen¨ossischer Philosophie und Literatur sowie modernen naturwissenschaftlichen Theorien und Themen der Kulturbzw. Religionsgeschichte bezeugt ihr Werk. Als eine der wenigen Autorinnen ihrer Epoche verfaßte sie neben Lyrik und Prosa auch Dramen, beanspruchte damit eine literarische Gattung, die bis dahin m¨annlichen Kollegen vorbehalten blieb. Den Gepflogenheiten ihrer Zeit entsprechend, vero¨ ffentlichte sie ihr schmales Œuvre unter Pseudonym: Tian bzw. Ion. Das Drama Mahomed (1805) gestaltet zwar einen historischen Stoff, weist indes in seiner Bildersprache – wie die anderen Dramen auch – auf Werke des Fin de si`ecle voraus. Insbesondere mythologische Dichtungen, die um Liebe, Tod und Natur kreisen, pr¨agen G.s Gesamtwerk. Fr¨uhe Texte sind → Herders aufkl¨arerischem Mythenverst¨andnis verpflichtet; sp¨atere Arbeiten k¨onnen der Neuen Mythologie zugerechnet werden, die als Replik auf den epochalen Umbruch um 1800 – programmatischen Vorstellungen von Friedrich → Schlegel entsprechend – eine der Moderne ad¨aquate Symbolsprache schaffen soll. In der Geschichte eines Braminen (1805) gestaltet G. ihren originellen Beitrag zu einer solchen Neuen Mythologie im geschlechter¨ubergreifenden Entwurf einer neuen Ansicht von der Natur des Menschen. Der ¨ hier pr¨asentierte Mythensynkretismus fußt auf der Uberlegung, in allen Mythologien finde sich trotz unterschiedlichster Gestaltungen die Versinnbildung des H¨ochsten. G. er¨offnet ein kulturgeschichtliches Panorama, das den eurozentrischen Blick u¨ berwindet zugunsten einer Sichtweise, in der Orient und Okzident verbunden sind. Die zu ihren Lebzeiten nicht mehr ver¨offentlichte, von Creuzer zur¨uckgehaltene, 1906 unvollst¨andig wieder aufgefundene Textsammlung Melete (1806) birgt die Briefe zweier Freunde, die durch den Entwurf des Telos der Natur und der Weiterentwicklung

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¨ Gunsburg → Schellingschen Gedankenguts herausragen und beispielhaft die Einheit von Poesie und Philosophie vorf¨uhren. G.s Dichtung ist der fr¨uhromantischen Poesieauffassung verbunden, weniger einer Erlebnis- oder Ideendichtung. Bettine von Arnim setzte der Freundin in dem Briefroman Die G¨underode (1840) ein literarisches Denkmal. Bis ins 20. Jh. war die Rezeption der Dichtung G.s u¨ berschattet von der Legendenbildung um ihren Freitod. WERKE: S¨amtliche Werke und ausgew¨ahlte Studien. Historisch-Kritische Ausgabe. Hrsg. v. Walter Morgenthaler. 3 Bde., Basel, Frankfurt / Main 1990 / 91. – K. v. G in ihrer Umwelt I. In: Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts 1962, S. 208-306 (Briefe von Lisette und Christian Gottfried Nees von Esenbeck, K. v. G., Friedrich Creuzer, Clemens Brentano, Susanne von Heyden, hrsg. v. Max Preitz). – K. v. G. in ihrer Umwelt II. In: Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts 1964, S. 158-235. (Briefwechsel mit F. K. und G. von Savigny, hrsg. v. Max Preitz). – Die Liebe der G. Friedrich Creuzers Briefe an C. v. G. Hrsg. v. Karl Preisendanz. M¨unchen 1912. LITERATUR: Margarete Lazarowicz: K. v. G. Portrait einer Fremden. Frankfurt / Main u. a. 1986. – Wolfgang Westphal: K. v. G. und „Naturdenken um 1800“. Essen 1993. – Helga Dormann: Die K. v. G.-Forschung 1945-1995. Ein Bericht. In: Athen¨aum 6 (1996) S. 227-248. – Markus Hille: K. v. G. Reinbek bei Hamburg 1999. – Helga Dormann: Die Kunst des inneren Sinns. Mythisierung der inneren und a¨ ußeren Natur im Werk K. v. G.s. W¨urzburg 2004. – Ruth Christmann: Zwischen Identit¨atsgewinn und Bewußtseinsverlust. Das philosophisch-literarische Werk der K. v. G. (1780-1806). Frankfurt / Main 2005. Helga Dormann

Gunsburg, ¨ Karl Siegfried, auch G¨unzburg, j¨udischer Religionsphilosoph, Schriftsteller, * 9. 12. 1788 Lissa (Posen), † 23. 1. 1860 Breslau. G. studierte seit 1810 Philosophie und Philologie an der Univ. Berlin, wo er 1813 / 14 zusammen mit Israel Eduard → Kley die Wochenschrift „Erbauungen, oder Gottes Werk und Wort“ herausgab. Seit 1816 war er zusammen mit Kley Prediger und Religionslehrer am Jacobsonschen Tempel in Berlin und u¨ bersiedelte 1819 nach Breslau, wo er sich um die Einf¨uhrung des deutschen Gottesdienstes bem¨uhte und schließlich als Kaufmann t¨atig war. G. ver¨offentlichte u. a. Parabeln (3 Bde., 1818-26) und das Gebetbuch Die deutsche Synagoge (2 Tle., 1817 / 18, mit Eduard Kley).

Gunter, ¨ Heinrich, Historiker, * 15. 2. 1870 Schelklingen (W¨urttemberg), † 13. 5. 1951 M¨unchen. G. studierte Geschichte in M¨unchen, wo er sich 1897 f¨ur mittlere und neuere Geschichte habilitierte. Seit 1902 a. o. Prof. in T¨ubingen, 1923-35 o. Prof. an der Univ. M¨unchen, befaßte sich G. insbesondere mit der schw¨abischen Landesgeschichte, dem mittelalterlichen Kaisertum, der Reformation und der Hagiographie. Er ver¨offentlichte u. a. Das deutsche Mittelalter (2 Bde., 1936-39) und gab das „Historische Jahrbuch der G¨orres-Gesellschaft“ heraus.

Gunter, ¨ Siegfried, Konstrukteur, * 8. 12. 1899 Keula (Th¨uringen), † 19. 6. 1969 Berlin. Der Arztsohn schloß sein Studium an der TH Hannover 1926 als Diplomingenieur ab, wandte sich der Flugzeugkonstruktion zu und arbeitete seit 1931 im Entwurfsb¨uro der Heinkelwerke, wo er bald eine leitende Stellung im Projektb¨uro innehatte. G. war maßgeblich an der Entwicklung des ersten D¨usenflugzeugs der Welt beteiligt, das von seinem 1937 bei einem Autounfall ums Leben gekommenen Zwillingsbruders Walter entworfen wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging G. nach Berlin, wo er in der Autofirma seines Schwiegervaters t¨atig war. 1946 verhaftet, wurde er zusammen mit

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anderen deutschen Spezialisten in die UdSSR gebracht und lebte als Ingenieur in der N¨ahe von Kimny. 1954 nach Westdeutschland zur¨uckgekehrt, arbeitete G. erneut f¨ur die Luftfahrtindustrie und konstruierte u. a. die VJ 101 als erstes u¨ berschallschnelles, senkrecht startendes Flugzeug der Welt. C Munzinger

Gunterode, ¨ Tilemann, hessischer Kanzler, * 3. 2. 1512 Leipzig, † 3. 12. 1550 Kassel. Der Sohn eines Kaufmanns und Ratsherrn begann 1518 ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an der Univ. Leipzig, das er 1535 in Bourges fortsetzte und mit der Promotion zum Dr. jur. utr. abschloß. Landgraf → Philipp von Hessen bestellte ihn 1542 als Rat und Diener und ernannte ihn 1545 zum Kanzler. Als Gesandter war er auf zahlreichen Reichstagen und Schmalkaldischen Bundestagen anwesend. 1547 begleitete G. seinen als Gefangenen abgef¨uhrten Landesherrn nach S¨uddeutschland, u¨ bte dann sein Kanzleramt wieder aus und bem¨uhte sich um die Freilassung des Landgrafen, h¨ochstwahrscheinlich ohne von den Pl¨anen f¨ur dessen Flucht in Kenntnis gesetzt worden zu sein. C NDB

Gunthard, ¨ Hans H., schweizer. Chemiker, Physiker, * 19. 11. 1916 Hirzel (Kt. Z¨urich), † 2. 2. 2006 K¨usnacht (Kt. Z¨urich). G. studierte nach einer Elektrikerlehre Chemie am Technikum in Windertur und war seit 1938 in der Industrie t¨atig. 1943 setzte er das Studium der Chemie und zus¨atzlich der Physik an der ETH Z¨urich fort, wurde 1948 mit ¨ der Dissertation Uber r¨ontgenographische und spektroskopische Untersuchungen an Azulenen promoviert und habilitierte sich 1951. 1952 wurde er zum a. o. Prof. und 1959 zum o. Prof. f¨ur Physikalische Chemie an der ETH Z¨urich ernannt. Mit Einbeziehung der neuesten Erkenntnisse der Elektronik und Experimentaltechnik veranlaßte G. in seinem international anerkannten Labor Studien auf den Gebieten der Infrarot- und Mikrowellenspektroskopie, magnetischen Kern- und Elektronenspinresonanz sowie der kernphysikalischen und theoretischen Chemie und gewann f¨ur die chemische Industrie bedeutsame Forschungsergebnisse. ¨ Er ver¨offentlichte u. a. Uber r¨ontgenographische und spektroskopische Untersuchungen an Azulenen (1949). C HLS

Gunther, ¨ Graf von Schwarzburg-Blankenburg, deutscher Gegenk¨onig, * 1303 Blankenburg (heute Ruine Greifenstein), † 14. 6. 1349 Frankfurt / Main. Wie schon sein Vater Heinrich VII. von SchwarzburgBlankenburg geh¨orte G., der zun¨achst gemeinsam mit seinem Bruder regierte und nach einer Erbteilung 1330 Blankenburg sowie einen Teil von Saalfeld als Besitz erhielt, zu den Gefolgsm¨annern Kaiser → Ludwigs des Bayern, dessen Rat er 1330 wurde. 1334-39 hielt sich G. fast st¨andig am kaiserlichen Hof auf, war sp¨ater Landfriedensrichter in Th¨uringen und wurde, nachdem Ludwig 1347 gestorben war, 1349 auf Betreiben der wittelsbachischen Partei zum Gegenk¨onig → Karls IV. erhoben. Noch im selben Jahr konnte dieser ihn im Vertrag von Eltville gegen finanzielle Entsch¨adigung zum Verzicht auf die K¨onigsw¨urde bewegen. Bereits schwer erkrankt, starb G. wenig sp¨ater unter ungekl¨arten Umst¨anden. C LexMA Gunther ¨ XXIX., Graf von Schwarzburg, Verweser der Mark Brandenburg, * 1352, † 17. 7. 1416 Arnstadt. Zusammen mit seinem Bruder Heinrich (XX.) regierte G. 1368-1411 in den schwarzburgischen Herrschaften Blankenburg und Sondershausen und wurde nach dem Tod seines kinderlosen Bruders 1413 Stammvater aller Linien des Hauses Schwarzburg. 1398 von K¨onig → Wenzel zum Hauptmann im Vogtland bestellt, bem¨uhte sich G. seit der Einsetzung seines Sohnes zum Erzbischof von Magdeburg 1403

¨ Gunther um einen Frieden mit Brandenburg, der noch im selben Jahr zustande kam. Daraufhin wurden die Br¨uder von Markgraf → Jost von M¨ahren f¨ur die Zeit seiner Abwesenheit 1404-08 zu seinen V¨ogten und Amtsleuten in der Altmark und Mittelmark ernannt. G. konnte 1405 zwar einen Landesfriedens- und B¨undnisvertrag mit seinem Sohn, Erzbischof G¨unther, und den Herz¨ogen Rudolf und Albrecht von Sachsen-Wittenberg schließen, seine Macht in der Mittelmark jedoch nicht behaupten und mußte seinen Auftrag 1406 an Jost von M¨ahren zur¨uckgeben, da die mittelm¨arkischen St¨ande die Obhut der Mark den Grafen Ulrich und G¨unther von Lindow-Ruppin u¨ bertrugen. Von nachhaltiger Bedeutung war die Beendigung der Feindseligkeiten zwischen Brandenburg und dem Erzstift durch G. C NDB

Gunther ¨ XLI. der Streitbare, Graf von Schwarzburg, * 25. 9. 1529 Sondershausen, † 15. 5. 1583 Antwerpen. G. studierte seit 1547 an der Univ. Erfurt und ging 1549 an den Hof Graf → Wilhelms von Nassau nach Dillenburg, 1550 an den Hof → Karls V., dem er 1552 zur Belagerung von Metz folgte. Nach dem Tod seines Vaters u¨ bernahm G. zusammen mit seinem Bruder Johann G¨unther I. die Regierung, kam Ende 1553 erneut in das Hoflager Karls V. nach Br¨ussel und ging, in kaiserlichen Kriegsdiensten stehend, in die Niederlande. 1557-59 stand er als Oberst im Dienst Philipps II. von Spanien, kehrte 1560 in seine Residenz nach Arnstadt zur¨uck und k¨ampfte 1563 / 64 auf seiten des d¨anischen K¨onigs. 1565 wurde er von → Maximilian II. als Rat angenommen, 1566 als kaiserlicher Generaloberstleutnant im T¨urkenfeldzug bestallt. Gleichzeitig best¨atigte ihm Maximilian II. die Vier-Grafen-W¨urde und den Titel Herr zu Leutenberg und unterst¨utzte damit G.s Reichsstandschaft gegen¨uber den Anspr¨uchen der Wettiner. 1577 ging G. nochmals als Geheimer und Kriegsrat nach Antwerpen. C NDB

Gunther ¨ von dem Forste, Dichter. Zum Leben des Autors von sechs Liedern, die in den beiden Heidelberger Liederhandschriften A und C u¨ berliefert sind, liegen keine sicheren Quellen vor. Die erhaltenen Lieder bestehen aus zwei Minneklagen, einem Minnepreis, einem Traumlied, einem originellen, auf einem Minimalgedicht basierenden Lied und dem mit 23 Strophen umfangreichsten mittelhochdeutschen Tagelied; es weicht u. a. durch Einbeziehung des Publikums am Anfang und am Schluß und eine Themaank¨undigung vom traditionellen Aufbau ab. Die anderen Lieder erinnern zum Teil an → Reinmar und → Walther von der Vogelweide. C VL

Gunther, ¨ Adelheid, S¨angerin, Schauspielerin, * 11. / 16. 7. 1834 Thorn (Westpreußen), † 18. 10. 1865 Teplitz (B¨ohmen). G. erhielt ihre Ausbildung zur Sopranistin bei Caroline Caspari und Karl Friedrich → Rungenhagen, war als Konzerts¨angerin t¨atig und deb¨utierte 1852 in Neisse (Schlesien) als Operns¨angerin. Anschließend trat sie in Danzig und Prag auf, war 1857-61 am Opernhaus von Breslau, 1861-63 am Deutschen Operntheater in Rotterdam engagiert und wurde 1863 Ensemblemitglied am Detmolder Hoftheater. Zu ihren erfolgreichsten B¨uhnenpartien geh¨orten u. a. die Leonore im Fidelio, die Ortrud im Lohengrin und die Pamina in der Zauberfl¨ote. G. wandte sich sp¨ater der Schauspielerei zu und wirkte als Charakterdarstellerin in D¨usseldorf. Gunther, ¨ (Gustav) Adolf, National¨okonom, Soziologe, * 21. 3. 1881 Ansbach, † 14. 1. 1958 Innsbruck. Der Sohn Siegmund → G.s studierte Philosophie, Rechtsund Staatswissenschaften an den Universit¨aten M¨unchen, Kiel und Erlangen und wurde 1905 als Sch¨uler Lujo → Brentanos in M¨unchen zum Dr. oec. publ. promoviert. 1910 habilitierte sich G. an der Univ. Berlin, wurde 1915

zum a. o. Prof. ernannt und folgte 1920 einem Ruf an die Handelshochschule nach N¨urnberg, deren Rektor er 1921 / 22 war. Seit 1923 o. Prof. an der Univ. Innsbruck, war er ¨ 1940-48 o. Prof. der Politischen Okonomie und Gesellschaftslehre an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fa¨ kult¨at der Univ. Wien. G. war Mitglied der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften. Er ver¨offentlichte u. a. Theorie der Sozialpolitik (1922) und Die alpenl¨andische Gesellschaft (1930). C NDB

Gunther, ¨ Agnes (Elisabeth), geb. Breuning, Schriftstellerin, * 21. 7. 1863 Stuttgart, † 16. 2. 1911 Marburg. Die Tochter eines Bankiers und Kaufmanns wurde in Genf und London erzogen und heiratete 1887 den sp¨ateren Stadtpfarrer von Langenburg, der 1906 als Theologieprofessor nach Marburg ging. G. wandte sich schriftstellerischer T¨atigkeit zu, wurde jedoch erst postum durch die Romanfassung ihres 1906 entstandenen Dramas Von der Hexe, die eine Heilige war ber¨uhmt, die sie, schwer erkrankt, kurz vor ihrem Tod verfaßte (Die Heilige und ihr Narr, 2 Bde., 1913 / 14, 142 1996). Die gef¨uhlsbetonte Sprache und die religi¨ose Tendenz begr¨undeten den großen Erfolg dieses Romans. C Leb Schwaben, Bd 8 Gunther, ¨ Albert (Charles Lewis Gotthilf), Zoologe, * 3. 10. 1830 Esslingen / Neckar, † 1. 2. 1914 Kew bei London. G., Sohn eines Stiftungskommissars und Verwaltungsaktuars, studierte Theologie in T¨ubingen, wandte sich jedoch zunehmend den Naturwissenschaften zu und wechselte 1851 in die Medizinische Fakult¨at. Seit 1853 betrieb er medizinische Studien an den Universit¨aten Berlin und Bonn, kehrte 1855 nach T¨ubingen zur¨uck und wurde dort, seit 1853 Dr. phil. (Die Fische des Neckars), 1857 zum Dr. med. promoviert. Anschließend ging G. an das British Museum nach London, wurde mit der Fertigstellung des Katalogs der Amphibien, Reptilien und Fische betraut und geh¨orte seit 1862 zum Stab des Museums. Seit 1872 Assistant Keeper, war er 1875-95 Keeper of Zoology und leitete damit die gr¨oßte zoologische Sammlung Europas. Große Verdienste erwarb sich G. 1865 durch die Gr¨undung des „Zoological Record“, der eine bedeutende Bibliographie f¨ur Zoologen aller Fachrichtungen wurde. G. war Pr¨asident der Linnean Society of London (1896-1900), Vizepr¨asident der Royal Society of London (1875) und Mitglied zahlreicher anderer Gesellschaften. Er ver¨offentlichte u. a. Handbuch der medicinischen Zoologie (1858), The reptiles of British India (1864), Introduction to the study of fishes (1880, dt. Handbuch der Ichthyologie, 1886). C NDB ¨ Gunther, ¨ Alfred, Verlagslektor, Schriftsteller, Ubersetzer, * 5. 3. 1885 Dresden, † 17. 12. 1969 Stuttgart-Degerloch. G. absolvierte eine Lehre in einer Maschinenfabrik, wandte sich dann einer literarischen T¨atigkeit zu und war seit 1914 Feuilletonredakteur bei den „Dresdner Neuesten Nachrichten“. 1929 wurde er Chefredakteur des „Universum“ im Reclam Verlag in Leipzig, wo er bis 1934 arbeitete. Im folgenden Jahr erhielt er Schreibverbot, wurde sp¨ater Lektor im Rowohlt-Verlag und war nach dem Zweiten Weltkrieg Cheflektor der Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart. Daneben war G. als Lyriker und Essayist t¨atig, schrieb B¨uhnenst¨ucke (u. a. Philipp Maenz, 1935) und arbeitete als ¨ Ubersetzer. 1965-67 erschien seine zweib¨andige Biographie William Shakespeare. C Raabe

Gunther, ¨ Anton, o¨ sterr. kath. Theologe, Philosoph, * 17. 11. 1783 Lindenau (B¨ohmen), † 24. 2. 1863 Wien. Der Sohn eines Dorfschmieds studierte Philosophie und Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Prag und Wien, u. a. als Sch¨uler Bernard → Bolzanos und Clemens Maria → Hofbauers. Das Studium der Theologie in Raab schloß

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¨ Gunther er mit der Promotion zum Dr. theol. ab. 1821 zum Priester geweiht, trat G. im folgenden Jahr in Starnwies (Galizien) in die Gesellschaft Jesu ein, die er jedoch nach dem Noviziat wieder verließ, und lebte seit 1824 als Privatgelehrter in Wien. Im Gegensatz zur Neuscholastik suchte G. eine anthropologische Fundierung und rationale Begr¨undung der Mysterien des Christentums. Seine Philosophie, als sogenannter G¨untherianismus 1830-70 von großem Einfluß, brachte ihm den Vorwurf des „Semirationalismus“ ein. Er ver¨offentlichte u. a. Vorschule zur speculativen Theologie des positiven Christenthums (2 Bde., 1828 / 29, 21846-48), Thomas a scrupulis. Zur Transfiguration der Pers¨onlichkeitspantheismen neuester Zeit (1835) und Die Juste-Milieus in der deutschen Philosophie gegenw¨artiger Zeit (1838). Mit Johann Emmanuel → Veith gab G. das philosophische Jahrbuch „Lydia“ (5 Bde., 1849-54) heraus. 1857 wurden die Schriften G.s auf den Index gesetzt. Zusammen mit den meisten seiner vielen Sch¨uler unterwarf sich G. schließlich dieser Verurteilung. Der Rest seiner Anh¨anger ging sp¨ater zum Altkatholizismus u¨ ber. C BEdPh

Gunther, ¨ Anton, o¨ sterr. Dichter, * 5. 6. 1876 Gottesgab (Bez. St. Joachimsthal, B¨ohmen), † 29. 4. 1937 Gottesgab. Der Sohn eines Webers erhielt eine Ausbildung zum Lithographen und u¨ bte diesen Beruf seit 1895 in Prag aus. Nach dem Tod seines Vaters kehrte G. 1902 in seinen Heimatort zur¨uck, um den kleinen landwirtschaftlichen Betrieb weiterzuf¨uhren. Daneben wandte er sich literarischer T¨atgikeit zu und wurde ein gesch¨atzter Dialektdichter und Lieders¨anger des Erzgebirges. Zu G.s Werken z¨ahlen Erzgebirgisches Liederbuch (1906), Vergaß dei Hamit net (Gedichte, 1912) und D’r Tolerhans-Tonl (Erz¨ahlungen, 1919). C Dt Musikkultur Gunther, ¨ August Friedrich, Milit¨ararzt, * 1806 Dresden, † 12. 8. 1871 Dresden. Der aus a¨ rmlichen Verh¨altnissen stammende G. bereitete sich durch Privatunterricht auf sein Medizinstudium vor, das er seit 1823 an der Chirurgisch-Medizinischen Akademie seiner Heimatstadt absolvierte. 1826 trat er als Kompaniechirurg in die s¨achsische Armee ein, wurde 1836 Bataillonsarzt, 1838 in Leipzig mit einer anatomischen Dissertation zum Dr. med. promoviert (De cavitatis tympani et partium adhaerentium genesi in hominibus), 1844 Regimentsarzt. Im selben Jahr erhielt G. die Professur f¨ur Anatomie und Physiologie an der Chirurgisch-Medizinischen Akademie, die er bis 1864 innehatte, und stand seit 1850 an der Spitze des kgl. s¨achsischen Sanit¨atskorps. 1866 leitete er ¨ im Deutsch-Osterreichischen Feldzug den Sanit¨atsdienst des s¨achsischen Heeres. G. ver¨offentlichte u. a. Beobachtungen u¨ ber die Entwickelung des Geh¨ororgans bei Menschen und h¨oheren S¨augethieren (1842) und ein Lehrbuch der allgemeinen Physiologie des Menschen (2 Bde., 1845-53). Gunther, ¨ Carl, Schauspieler, S¨anger, * 1786 Dresden, † 11. 9. 1840 Braunschweig. G. trat bereits in Kinderrollen auf, schloß sich sp¨ater der Schauspielergesellschaft Nuth an, wo er vorwiegend in Lustspielen mitwirkte, und erhielt als Siebzehnj¨ahriger ein Engagement als Komiker und Baß-Buffo in D¨usseldorf. Es folgten Auftritte am Apollotheater in Hamburg 1817, 1818 am dortigen Stadttheater, 1818 / 19 in Braunschweig und anschließend wieder in Hamburg. Seit 1820 geh¨orte G. als Bassist zum Ensemble des Hoftheaters in Braunschweig, an dem er bis zu seinem Abschied von der B¨uhne 1840 u. a. als Bartolo in Die Hochzeit des Figaro, als Leporello in Don Giovanni und als Lord Cockburn im Fra Diavolo große Erfolge hatte. Er war der Vater von Carl Wilhelm → G. und C Kutsch Caroline → G¨unther-Bachmann.

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Gunther, ¨ Carl, S¨anger, * 22. 11. 1885 Ottensen bei Buxtehude, † 9. 9. 1958 Hamburg. Der Sohn eines Zigarren-Heimarbeiters war zun¨achst als Kupferschmied auf einer Hamburger Werft t¨atig, bevor seine stimmliche Begabung 1911 auf einem Liederabend in Altona entdeckt wurde. Bereits im folgenden Jahr deb¨utierte er als Florestan im Fidelio an der Hamburger Oper, zu deren Ensemble er bis zu seinem Abschied von der B¨uhne geh¨orte. G. gab zahlreiche Gastspiele, u. a. an der St¨adtischen Oper Berlin und der Wiener Staatsoper (1924, 1927). Seine Glanzrolle war Don Carlos in Verdis gleichnamiger Oper. Sp¨ater C Kutsch arbeitete er als Gesangslehrer in Hamburg. Gunther, ¨ Carl Gottlob, Archivar, * 26. 9. 1752 L¨ubben (Niederlausitz), † 18. 12. 1832 Dresden. G. studierte 1770-73 Jura an der Univ. Leipzig, wurde dort promoviert und lebte seit 1775 als Rechtsanwalt und Notar in Dresden. Seit 1776 war er bei der s¨achsischen Komitialgesandtschaft auf dem Reichstag in Regensburg t¨atig. 1802 u¨ bernahm G. die Oberleitung der Teilung des wettinischen Staatsarchivs in Wittenberg, wurde 1806 zum wirklichen Geheimen Archivar ernannt und war 1806-19 Geheimer Legationsrat beim Geheimen Consilium. Er ver¨offentlichte u. a. Europ¨aisches V¨olkerrecht in Friedenszeiten (2 Bde., 1787-92).

Gunther, ¨ Carl Wilhelm, S¨anger, * 12. 12. 1808 D¨usseldorf, † 19. 2. (oder 3. 3.) 1859 Leipzig. Der Sohn Carl → G.s und Bruder Caroline → G¨untherBachmanns deb¨utierte 1828 am Stadttheater von Magdeburg, trat an den Opernh¨ausern von K¨oln und D¨usseldorf auf, begab sich mit dem D¨usseldorfer Ensemble auf eine Gastspielreise nach London und war bis 1834 am Hoftheater in Hannover engagiert. Anschließend sang er am Opernhaus in Riga, 1844 / 45 in K¨oln, gastierte an verschiedenen deutschen B¨uhnen und geh¨orte 1849-52 zum Ensemble des Regensburger Stadttheaters. Zuletzt stand er am Stadttheater in Bamberg auf der B¨uhne (1852-55). G. war auch als C Kutsch Schauspieler und Regisseur t¨atig. Gunther, ¨ Christian August, Jurist, * 1758 Sch¨onstedt bei Langensalza, † 16. 7. 1839 Berlin. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften habilitierte sich G. 1781 an der Univ. Leipzig und folgte 1786 einem Ruf als a. o. Prof. der Rechte an die Univ. Helmstedt, wo er zwei Jahre sp¨ater zum o. Prof. und herzoglich braunschweigischen Hofrat ernannt wurde. 1804 u¨ bersiedelte er als Appellationrat nach Dresden und lebte seit 1815 als Oberlandesgerichtsrat in Naumburg. G. gab das „Magazin f¨ur Rechtsgelehrte“ (4 Bde., 1784-86, mit C. F. Otto) und das „Archiv f¨ur die theoretische und praktische Rechtsgelehrsamkeit“ (6 Bde., 1788-92, mit Theodor → Hagemann) heraus. Gunther, ¨ Christian August, Maler, Kupferstecher, getauft 7. 6. 1759 Pirna, † 8. 3. 1824 Dresden. Seine k¨unstlerische Ausbildung erhielt G. als Sch¨uler Adrian → Zinggs an der Kunstakademie in Dresden, wo er vor¨ und Wasserfarben malte. Seit wiegend Landschaften in Ol 1789 Pension¨ar, wurde er 1810 Mitglied der Akademie, 1815 a. o. Prof. an derselben. Neben Landschaftsgem¨alden, deren Motive fast ausschließlich der Umgebung Dresdens und der S¨achsischen Schweiz entnommen sind, schuf G. zahlreiche Kupferstiche. 1794 / 95 ver¨offentlichte er Mahlerische Skizzen von Teutschland, illustrierte 1797 Friedrich Christian → Schlenkerts Tharandt und gab zusammen mit Johann Jakob → Br¨uckner Natursch¨onheiten s¨achsischer Gegenden [. . .] (1798) und Pitoreskische Reisen durch Sachsen oder Natursch¨onheiten s¨achsischer Gegenden (4 Hefte, 1800-05) heraus. C Th-B

¨ Gunther Gunther, ¨ Daniel Erhard, Mediziner, * 11. 6. 1752 Solingen, † 7. oder 11. 8. 1834 Duisburg (?). Der Sohn eines Juristen studierte 1768-72 Medizin an den Universit¨aten Duisburg und G¨ottingen, wurde 1772 in Duisburg promoviert (Sistens signa ex lingua) und begab sich anschließend auf Studienreisen nach Wien, Straßburg, Berlin und London. G. praktizierte in Frankfurt / Main und folgte 1778 einem Ruf als o. Prof. der Medizin an die Univ. Duisburg, wo er bis zur Aufhebung der Univ. 1818 lehrte. Danach war G. wieder in seiner Privatpraxis t¨atig. Er ver¨offentlichte u. a. Cerebri et nervorum distributionis expositio (1786; dt. Kurzer Entwurf der anatomischen Nervenlehre, 1789). Gunther, ¨ Dorothee, Gymnastiklehrerin, Schriftstellerin, * 8. 10. 1896 Gelsenkirchen, † 18. 9. 1975 Weiss bei K¨oln. ´ G. studierte an der Mensendieckschule bei Emile → JaquesDalcroze und Rudolf von → Laban, lehrte seit 1923 in Berlin, Breslau und Hamburg, u¨ bersiedelte nach M¨unchen und rief einen „Bund f¨ur angewandte und freie Bewegung“ ins Leben, aus dem die „G¨unther-Schule“ mit den Ausbildungsm¨oglichkeiten Gymnastik, t¨anzerische K¨orperbildung, moderner k¨unstlerischer Tanz und musik-rhythmische Ausbildung entstand; f¨ur letztere war Carl → Orff zust¨andig. 1930 gr¨undete sie die Tanzgruppe „G¨unther M¨unchen“, deren choreographische Leitung Maja → Lex innehatte, und sorgte auf zahlreichen Tourneen f¨ur eine weite Verbreitung ihrer Ideen. 1933 vereinigte sich die Schule mit der Tr¨umpySchule in Berlin und wurde dort weitergef¨uhrt. 1936 u¨ bernahm G. die Choreographie bei den t¨anzerischen Massenveranstaltungen anl¨aßlich der Olympischen Spiele in Berlin; 1938 beteiligte sie sich am Breslauer Turnfest und 1939 an der Lingiade in Stockholm. 1945 wurde die Schule durch Kriegseinwirkung zerst¨ort. G. ließ sich in Rom nieder und war publizistisch t¨atig. Sie ver¨offentlichte u. a. Vom Schamanentanz zur Rumba (1959) und Der Tanz als Bewegungsph¨anomen (1962). Gunther, ¨ Eberhard, Jurist, * 25. 12. 1911 Bad Freienwalde / Oder, † 25. 10. 1994 Kelkheim. G. studierte seit 1930 Rechtswissenschaften an den Universit¨aten M¨unchen, Freiburg / Breisgau, Kiel und Berlin, wurde 1939 promoviert und arbeitete in der Gesch¨aftsf¨uhrung der Stickstoff-Syndikats GmbH in Berlin, wo er vorwiegend mit Fragen des Wirtschaftsrechts betraut war. Nach seiner Teilnahme am Zweiten Weltkrieg war er zun¨achst erneut dort t¨atig, leitete 1948-58 als Ministerialrat das Referat Kartelle und Monopole im Bundeswirtschaftsministerium und geh¨orte zu den engsten Mitarbeitern Ludwig → Erhards. 1958-76 Pr¨asident des Bundeskartellamtes, war G. ein entschiedener Verfechter einer Fusionskontrolle und erreichte die Aufhebung der Preisbindung. Er war Mitherausgeber der Zeitschrift „Wirtschaft und Wettbewerb“ und ver¨offentlichte u. a. Wege zur europ¨aischen Wettbewerbsordnung (1968) und Probleme der Fusionskontrolle (1970). C Munzinger Guenther, Ekke, Geologe, * 14. 7. 1907 Freiburg / Breisgau, † 19. 3. 1995 Lehendorf bei Freiburg / Breisgau. G., Sohn eines Universit¨atsprofessors, studierte nach einer Buchhandelslehre Geologie, Mineralogie und Geographie an den Universit¨aten G¨ottingen, M¨unchen und Freiburg / Breisgau, arbeitete 1935 als Geologe in der Tonindustrie und erhielt Ende desselben Jahres eine Anstellung als Assistent am Geologischen Institut der Univ. Freiburg. 1936 mit der Arbeit Der geologische Aufbau der Freiburger Bucht promoviert, war er bis 1938 Assistent an der Univ. K¨oln und wechselte dann an das Geologisch-pal¨aontologische Institut der Univ. Halle. Seit 1933 Mitglied der NSDAP (seit 1936 politischer Leiter) und der SA, wurde G. 1939 zur Wehrmacht einberufen. 1940 mit der Arbeit Die j¨ungeren tektonischen Bewegungen im s¨udwestlichen Deutschland habilitiert,

arbeitete er w¨ahrend des Kriegs als Wehrgeologe und Regierungsbaurat in Berlin und Finnland. Seit 1945 als Landwirt in Schleswig-Holstein t¨atig, habilitierte sich G. 1950 um an die Univ. Kiel, wo er seit 1953 als apl. Prof. f¨ur Geologie und Pal¨aontologie wirkte. 1958 wurde er Pr¨asident der HugoObermeier-Gesellschaft f¨ur die Erforschung des Eiszeitalters und der Steinzeit. Zu den Schwerpunkten seines Forschens z¨ahlten die Tektonik, die Hydrogeologie und die Diluvialgeologie. Er ver¨offentlichte u. a. Sedimentpetrographische Untersuchung von L¨ossen. Teil 1. Methodische Grundlagen mit Erl¨auterung an Profilen (1961), Geologische und pal¨aontologische Untersuchungen im Valsequillo bei Puebla (1973) und Die Mammutfunde von Stuckenbusch bei Herten (1994). C Cat Prof Hal

Gunther, ¨ Felix (Reinhold), Industrieller, * 24. 11. 1871 Greiz, † 8. 2. 1952 Duisburg. Der Sohn eines Papierfabrikanten trat 1892 in Greiz in den v¨aterlichen Betrieb ein, den er zusammen mit seinem Bruder zu einem Großbetrieb ausbaute. Dort wurden Effektenund Phantasiepapiere hergestellt, die weltweit abgesetzt wurden. Kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs gelang G. die Erfindung des Kreppapiers, das bald kriegswichtig wurde und im Zweiten Weltkrieg auch als Verdunklungspapier verwendet wurde. Daneben produzierte er Photoschutzpapiere, mit denen er 1925 drei Viertel des europ¨aischen Bedarfs deckte. Als erste deutsche Firma stellte G. Hollerith-Karton her. 1939 besch¨aftigte er mehr als 1100 Arbeiter. Nach dem Zweiten Weltkrieg mußte er eine einj¨ahrige Haftstrafe verb¨ußen und wurde enteignet. 1948 ging G. nach Westdeutschland. C NDB Gunther, ¨ Franz Xaver Anton, auch Gindter, Ginter, Maler, * 31. 12. 1707 Altmannstein (Oberpfalz), † n. e. ¨ G. war als Fresko- und Olmaler t¨atig, zun¨achst in M¨unchen, sp¨ater in Bamberg, wohin er 1757 einem Ruf des F¨urstbischofs Adam Friedrich von → Seinsheim folgte. Von G. stammen vermutlich die Chorfresken in St. Getreu in Bamberg. Von seinen Historien- und Gelegenheitsarbeiten wie Triumphb¨ogen und Grabb¨uhnen ist nichts mehr bekannt; erhalten sind jedoch einige seiner Stiche, die wahrscheinlich nach eigenen Entw¨urfen entstanden, u. a. St. Antonius von Padua, das Vesperbild Maria mit dem toten Sohn unter dem Kreuze und eine Muttergottes mit dem Kinde. Gunther, ¨ Friedrich, S¨anger, * um 1750 im Holsteinischen, † nach 1800. G. begann seine B¨uhnent¨atigkeit 1768, trat 1770-79 an den Theatern in Gotha und Weimar auf und geh¨orte 1780-83 zum Ensemble des Theaters in der Hofburg in Wien, wo er seine gr¨oßten Erfolge als Bassist in Georg Anton → Bendas Singspiel Der Dorfjahrmarkt feierte. Anschließend sang er bei der Truppe des italienischen Impresarios Pasquale → Bondini in Prag, stand 1786 in Frankfurt / Main auf der B¨uhne und unternahm sp¨ater eine Gastspielreise durch Deutschland und die Schweiz. Nach seinem Abschied von der B¨uhne 1790 ließ sich G. in Basel nieder. Er war mit der Schauspielerin Sophie Huber verheiratet. C Kutsch Gunther, ¨ (Johann Heinrich) Friedrich, Veterin¨armediziner, * 6. 12. 1794 Kelbra bei Sangerhausen, † 18. 11. 1858 Hannover. Der Sohn eines Landwirts, Brauherrn und Ratsk¨ammerers besuchte die F¨urstenschule in Rudolstadt und studierte Medizin und Botanik an der Univ. Jena, bevor er sich der Tierheilkunde an der Tierarzneischule in Berlin zuwandte. Nach seinem Milit¨ardienst nahm G. dieses Studium 1816 an der Univ. Hannover wieder auf, ließ sich 1818 als Tierarzt in seiner Heimatstadt nieder und wurde 1819 Lehrer an der Tierarzneischule in Hannover, deren Direktor er von 1847 bis zu seinem Tod war. G. bem¨uhte sich um die Erweiterung des

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¨ Gunther Unterrichts, f¨uhrte Pharmakognosie, Staatstierheilkunde und Geburtshilfe als neue Disziplinen in den Lehrplan ein und erfand eine Reihe von Instrumenten, die f¨ur die Diagnostik und Therapie von Bedeutung waren. In seinen wissenschaftlichen Arbeiten befaßte er sich u. a. mit Untersuchungen zur Durchschneidung der Sehnen und Muskeln unter der Haut. G. ver¨offentlichte u. a. ein Lehrbuch der praktischen Veterin¨argeburtshilfe (1830). C Leb Nieders, Bd 5

Gunther, ¨ Friedrich Christian, Naturforscher, Mediziner, * 22. 4. 1726 Kahla bei Jena, † 25. 4. 1774 Kahla bei Jena. Das Studium der Medizin an der Univ. Jena schloß G., Sohn eines Pfarrers, 1747 mit der Promotion ab De scorbuto ejusque medela und ließ sich als Arzt in seiner Heimatstadt nieder. Seit 1752 geh¨orte er dem Oberrat der Stadt an, war Stadtrichter und u¨ bernahm 1767 / 68 erstmals das Amt des B¨urgermeisters. Neben seiner medizinischen Praxis widmete sich G. naturwissenschaftlichen Interessen, legte ein Naturalienkabinett mit einer bedeutenden Vogelsammlung an und verfaßte eine Reihe von Schriften zu naturgeschichtlichen Themen. Er schrieb u. a. den Text zu Adam Ludwig Wirsings Sammlung von Nestern und Eiern verschiedener V¨ogel (1772), in den er auch die o¨ kologischen Verh¨altnisse mit einbezog; wegen seines fr¨uhen Todes konnte G. dieses Werk jedoch nicht abschließen. C NDB Gunther, ¨ Fritz (Karl), Chemiker, * 27. 9. 1877 Winkel (Rheingau), † 4. 1. 1957 Heidelberg. G., Sohn eines Weinbergbesitzers, studierte seit 1897 Chemie an der Univ. M¨unchen, wurde 1902 mit der Arbeit ¨ Uber Derivate des Dicyanhydrochinons promoviert und ging im selben Jahr als Chemiker zu der Badischen Anilin- & Soda-Fabrik nach Ludwigshafen / Rhein. Seit 1928 Prokurist, wurde er sp¨ater stellvertretender Leiter des Hauptlaboratoriums und war dort bis zu seiner Pensionierung 1938 t¨atig. G. befaßte sich mit organischen Farbstoffen, vor allem mit Azofarbstoffen, und stellte neuartige stabilisierte Diazoniumverbindungen her. Seine Synthese alkylierter Naphthalinsulfons¨auren und die Feststellung des Seifencharakters dieser Produkte waren von großer technischer und wissenschaftlicher Bedeutung und legten den Grundstein zur modernen Textilhilfsmittelchemie. C NDB Gunther, ¨ Georg, o¨ sterr. Industrieller, * 2. 9. 1869 Ilsenburg / Harz, † 13. 5. 1945 Wien. Der Sohn des Ingenieurs und Wirtschaftspolitikers Otto G. besuchte seit 1888 die Montanistische Hochschule in Leoben und arbeitete seit 1892 als H¨utteningenieur im Eisenwerk Witkowitz und in der Friedensh¨utte (Oberschlesien). 1898 u¨ bersiedelte G. als Direktionssekret¨ar der Zentraldirektion der B¨ohmischen Montangesellschaft nach Wien und wurde im selben Jahr Zentraldirektor dieser Gesellschaft, 1904 Geˇ neraldirektor der Skodawerke in Pilsen. Seit 1909 wirkte ¨ er in gleicher Stellung bei der Osterreichischen Berg- und H¨uttenwerksgesellschaft in Wien und leitete zudem die In¨ dustrien der Osterreichisch-Ungarischen Staatseisenbahngesellschaft. G. war Mitglied und Pr¨asident zahlreicher o¨ sterr. Industrie- und Bankunternehmen und geh¨orte zu den Proponenten des Technischen Museums f¨ur Industrie und Gewerbe in Wien, dessen Direktoriums- und Kuratoriumsmitglied er sp¨ater wurde. Nach dem Ersten Weltkrieg f¨uhrte G. auf Wunsch der tschechoslowakischen Regierung die Leitung der Berg- und H¨uttenwerksgesellschaft als gesch¨aftsf¨uhrender Verwaltungsrat fort und war bis zu seinem R¨ucktritt 1927 auch beratender Ingenieur. C NDB

Gunther, ¨ Georg, Ophthalmologe, * 24. 6. 1907 Kopielniki (Galizien), † 10. 2. 1994 Loddin / Usedom. G., Sohn eines Bauern, studierte Medizin in Lemberg, spezialisierte sich auf Ophthalmologie in Krakau und Posen, war anschließend Sanit¨atsleutnant in der polnischen Armee,

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sp¨ater Arzt in der deutschen Wehrmacht. 1943 wurde er in Breslau mit der Dissertation Sehst¨orungen, die durch Gef¨aßkr¨ampfe verursacht werden promoviert und war nach der Entlassung aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft an der Augenklinik der Charit´e in Berlin t¨atig, wo er sich 1948 mit der Arbeit Objektive Sehsch¨arfenbestimmung habilitierte. 1949 wurde er kommissarischer Direktor der Augenklink der Charit´e, gr¨undete 1950 am Klinikum Berlin-Buch eine Augenabteilung und folgte 1953 einem Ruf als Prof. und Direktor der Klinik f¨ur Augenheilkunde nach Greifswald. 1954 er¨offnete er die erste Schule f¨ur Orthoptik in der DDR und geh¨orte 1968 zu den Begr¨undern der European Ophthalmic Pathology Society. G. war ein Spezialist f¨ur Hornhauttransplantation. Er entwickelte ein Rhinoskop, definierte das ¨ optokinetische Minimum und ver¨offentlichte u. a. Uber das Auge und seine Sch¨adigungen (1954). C Med Pommern

Gunther, ¨ Gotthard, Philosoph, * 15. 6. 1900 Arnsdorf / Riesengebirge, † 29. 11. 1984 Hamburg. G., Sohn eines Pastors, schloß sein Studium der Philosophie 1933 in Berlin mit der Promotion ab (Grundz¨uge einer neuen Theorie des Denkens in Hegels Logik), wurde 1935 Assistent an der Univ. Leipzig, u¨ bernahm 1938 eine Carnegie-Dozentur an der Univ. Stellenbosch in S¨udafrika, ging 1940 in die USA und lehrte 1942-53 am Colby College in Waterville und an der Bollingen Foundation in New York. Zwischen 1955 und 1968 war er mehrfach Gastprofesor an der Univ. Hamburg, hatte von 1961 bis zur Emeritierung 1971 einen Lehrstuhl an der University of Illinois inne und u¨ bernahm 1972 wieder einen Lehrauftrag in Hamburg. G. strebte eine Revision der Grundlagen der Logik im Sinne einer Erweiterung der klassischen zweiwertigen Logik hin zur mehrwertigen Logik an; dabei ber¨ucksichtigte er auch neuartige Bereiche wie die Kybernetik. Er ver¨offentlichte u. a. Das Bewußtsein der Maschinen (1957), Idee und Grundriß einer nicht-Aristotelischen Logik (Bd. 1, 1959, 31991), Logik, Zeit, Emanation und Evolution (1967) und Beitr¨age zur Grundlegung einer operationsf¨ahigen Dialektik (3 Bde., 1976-80). C BEdPh Gunther, ¨ Gustav, o¨ sterr. Veterin¨armediziner, Pharmakologe, * 27. 1. 1868 B¨ohmisch-Leipa, † 25. 3. 1935 Wien. G., Sohn eines Apothekers, studierte an der Univ. Wien, wurde 1898 Magister der Pharmazie, im selben Jahr zum Dr. med. promoviert, erhielt als Assistent der deskriptiven Anatomie provisorisch die Dozentur f¨ur allgemeine Anatomie, Histologie und Embryologie und war seit 1899 Assistent an der Lehrkanzel f¨ur Anatomie der Tier¨arztlichen Hochschule in Wien. Im selben Jahr habilitierte er sich dort f¨ur Histologie und Embryologie, ging 1901 als Assistent an die Lehrkanzel f¨ur Pharmakologie und Botanik und erhielt das Tierarztdiplom. 1902 wurde G. zum a. o. Prof. ernannt, 1907 seine venia legendi auf die Gebiete Pharmakologie, Pharmakognosie, Toxikologie und Rezeptierkunde erweitert; seit 1908 lehrte er diese F¨acher als Ordinarius. G. gr¨undete das selbst¨andige Pharmakologische Institut an der Wiener Tier¨arztlichen Hochschule, deren Rektor er 1915-17 war. In seinen wissenschaftlichen Arbeiten befaßte er sich vorwiegend mit pharmakologischen und toxikologischen Themen (Kompendium der Arzneimittellehre f¨ur Tier¨arzte, 1927) und war einer der ersten Forscher, die mit Hilfe organischer Substanzen Resistenzpr¨ufungen an Spermien anstellten. G. f¨uhrte als erster die spezifische Behandlung von Schweinerotlauf ein. 1930 erschien von ihm Die Tier¨arztliche Hochschule in Wien. C NDB

Gunther, ¨ Gustav Biedermann, Chirurg, * 22. 2. 1801 Schandau (heute Bad Schandau), † 8. 9. 1866 Leipzig. Nach dem Besuch der F¨urstenschule in Pforta studierte G. seit 1818 Medizin an der Univ. Leipzig, unternahm 1819 / 20

¨ Gunther zusammen mit dem Ornithologen Friedrich August Ludwig → Thienemann eine Studienreise durch Norwegen und Island und wurde 1824 mit der Dissertation Analecta ad anatomiam fungi medullaris promoviert. Seit 1825 Assistent an der Chirurgischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses in Hamburg, gr¨undete er dort 1831 ein Orthop¨adisches Institut. 1837 wurde G. Prof. der Chirurgie an der Univ. Kiel, 1841 an der Univ. Leipzig, wo er sp¨ater an der Cholera starb. Er ver¨offentlichte u. a. Bemerkungen u¨ ber die Verkr¨ummungen des R¨uckgrats und die Mittel denselben vorzubeugen (1839), Leitfaden zu den Operationen am menschlichen K¨orper (3 Bde., 1859-65) und Ueber den Bau des menschlichen Fusses und dessen zweckm¨assige Bekleidung (1863). C ADB

Gunther, ¨ Hans, Internist, * 9. 7. 1884 Alexandisbad (Oberfranken), † 24. 6. 1956 Leipzig. G., Sohn eines Psychiaters und Enkel von Rudolf Biedermann → G., studierte in Leipzig und Jena Medizin. 1909 in Jena promoviert Die Wirkung der R¨ontgenstrahlen auf einige Protozoen und Fermente, unter besonderer Ber¨ucksichtigung der W¨arme- und ultravioletten Strahlen), war er anschließend Assistent an der Medizinischen Poliklinik in Bonn. 1912-14 und 1919-26 arbeitete er als Assistent, 1926-28 als Oberarzt an der Medizinischen Klinik in Leipzig. Nach seiner Habilitation f¨ur Innere Medizin (Die Bedeutung der H¨amatoporphyrine in Physiologie und Pathologie, 1921) wurde er 1924 zum a. o., 1928 zum planm¨aßigen a. o. Prof. f¨ur klinische Konstitutionsforschung und physikalisch-di¨atetische Therapie ernannt. Gleichzeitig war er Redakteur der Zeitschrift „Endokrinologie“. 1945 u¨ bernahm G. die kommissarische Leitung der Medizinischen Klinik, 1947 die der Poliklinik in Leipzig. Zu seinen Forschungsleistungen geh¨oren Arbeiten zu den Porphyrinkrankheiten, von denen eine nach ihm benannt wurde („Morbus G¨unther“), sowie Untersuchungen zum Muskelfarbstoff; in diesem Zusammenhang f¨uhrte er den Begriff „Myoglobin“ anstelle von „Muskelh¨amoglobin“ ein. Er ver¨offentlichte u. a. Die Lipomatosis (1920), Die Grundlagen der biologischen Konstitutionslehre (1922) und Die wissenschaftlichen Grundlagen ¨ der Hunger- und Durstkuren (1930). C Arzte 2, 3 Gunther, ¨ Hans (Friedrich Karl), Pseud. Ludwig Winter, Heinrich Ackermann, Rassentheoretiker, * 16. 2. 1891 Freiburg / Breisgau, † 25. 9. 1968 Freiburg / Breisgau. G. studierte Biologie, Anthropologie und Soziologie an den Universit¨aten Freiburg und Paris, wurde in Freiburg zum Dr. phil. promoviert und lebte als freier Schriftsteller in Schweden und Norwegen. In Ankn¨upfung an Joseph Arthur de Gobineau und Houston Stewart → Chamberlain ver¨offentlichte er nach seinem Erstlingswerk „Ritter, Tod und Teufel. Der heldische Gedanke“ seit 1922 eine Reihe rassenideologischer Schriften, darunter seine Rassenkunde des deutschen Volkes (1922, 121933), deren Thesen Grundlagen der nationalsozialistischen Rassenideologie wurden. 1930 wurde G. o. Prof. auf dem f¨ur ihn errichteten Lehrstuhl f¨ur Rassenkunde an der Univ. Jena, 1934 in Berlin, 1939 in Freiburg / Breisgau. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er von seinem Amt suspendiert; ein Spruchkammerverfahren erlaubte ihm, schriftstellerisch t¨atig zu sein. Nach dreij¨ahriger Internierung als „Minderbelasteter“ entlassen, ver¨offentlichte G. bereits 1951 Neuauflagen einiger seiner Schriften, darunter Formen und Urgeschichte der Ehe, ein Werk, das ¨ C Weiß auch in franz¨osischer Ubersetzung erschien. Gunther, ¨ Hans, Publizist, * 8. 9. 1899 Bernburg / Saale, † 10. 10. 1938 Wladiwostok. Der Sohn eines Tischlers machte eine Tischlerlehre, studierte seit 1920 Volkswirtschaft und Rechtswissenschaft an

der Univ. Frankfurt / Main und wurde 1923 zum Dr. jur. und wahrscheinlich im folgenden Jahr zum Dr. rer. pol. promoviert. Bis 1929 war er Gesch¨aftsf¨uhrer einer Aktiengesellschaft. 1930 schloß er sich der KPD an, ging 1931 nach Berlin und publizierte seit 1931 in der „Roten Fahne“ und der „Linkskurve“. 1932 folgte G. einem Ruf in die Internationale Vereinigung revolution¨arer Schriftsteller nach Moskau, wirkte bis 1933 als Herausgeber der „Internationalen Literatur“ und war seit 1936 u. a. f¨ur die Organe „Der GegenAngriff“ und die „Deutsche Volkszeitung“ in Paris und die „Deutsche Zentral-Zeitung“ in Moskau t¨atig. 1936 wurde er entlassen und nach Wladiwostok gebracht, wo er zwei Jahre sp¨ater starb. 1935 ver¨offentlichte G. in Moskau sein Hauptwerk Der Herren eigner Geist. Die Ideologie des Nationalsozialismus (Nachdr. 1983). C Lex sozialist Lit

Gunther, ¨ Herbert, Schriftsteller, * 26. 3. 1906 Berlin, † 19. 3. 1978 M¨unchen. Der Sohn eines Fabrikanten studierte seit 1924 Literaturund Theaterwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie an den Universit¨aten Berlin, Marburg und M¨unchen, wo er u. a. Sch¨uler Artur → Kutschers war. 1928 erhielt G. eine schauspielerische Ausbildung, war anschließend bis 1929 als Schauspieler in Leipzig t¨atig und arbeitete daneben beim Rundfunk. 1929 kehrte er zur Fortsetzung seiner Studien nach Berlin zur¨uck, war bis 1930 Verlagslektor, seit 1931 freier Schriftsteller und bis zu seinem Schreibverbot 1936 Theaterkritiker der „Frankfurter Zeitung“ in Berlin. Nach seiner R¨uckkehr aus franz¨osischer und englischer Kriegsgefangenschaft lebte G. seit 1946 in M¨unchen, heiratete im folgenden Jahr die Pianistin Elena Glasunow und ging 1948 nach Paris, wo er sich publizistisch um die deutschfranz¨osische Verst¨andigung bem¨uhte. Seit 1961 lebte er wieder in M¨unchen. 1929 gab G. eine vielbeachtete Anthologie der Literatur der zwanziger Jahre, Hier schreibt Berlin, heraus. G. schrieb Lyrik, Erz¨ahlungen, Biographien, Essays und Reiseb¨ucher. Zu seinen Werken z¨ahlen Franken und die Bayerische Ostmark (Reisebericht, 1936), Magisches Schicksal (Erz¨ahlungen, 1942), Der Funke (Gedichte, 1953), Drehb¨uhne der Zeit (Erinnerungen, 1957), Joachim Ringelnatz (1964) und Das unzerst¨orbare Erbe. Dichter der Weltliteratur (1973). C Munzinger Gunther, ¨ (Franz) Ignaz, auch F. I. Ginter, Ginther, G¨under, G¨undter, Bildhauer, * 22. 11. 1725 Altmannstein (Oberpfalz), † 28. 6. 1775 M¨unchen. Der Sohn des Schreiners, Bildhauers und Faßmalers Johann Georg G. und Neffe Franz Xaver Anton → G.s wurde zun¨achst in der Werkstatt seines Vaters ausgebildet und ging 1743 nach M¨unchen, wo er bis 1750 als Geselle und Mitarbeiter des Hofbildhauers Johann Baptist → Straub t¨atig war. 1751 / 52 arbeitete G. vermutlich bei dem Hofbildhauer Paul → Egell in Mannheim, besuchte 1753 die Kaiserliche Akademie in Wien und ließ sich im folgenden Jahr als hofbefreiter Bildhauer in M¨unchen nieder, wo er sich zu einem Meister der deutschen Rokokoplastik entwickelte. G. war f¨ur den M¨unchner Hof, den Adel, die Stadt und vor allem f¨ur die Kl¨oster und Kirchen M¨unchens sowie des Umlandes t¨atig und schuf haupts¨achlich kirchliche Holzplastiken, zun¨achst mit Polychromierung, sp¨ater in Alabastermanier. Zu seinen bedeutendsten Werken z¨ahlen der Heilige Sebastian (1762) und andere Figuren in der ehemaligen Benediktinerabteikirche in Rott / Inn, der Altar (1763) und eine Verk¨undigungsgruppe (1764) der ehemaligen AugustinerChorherrenkirche in Weyarn, der Hochaltar (1766-68) der Alten Pfarrkirche in Starnberg und der Hochaltar (1765-68) der ehemaligen Pr¨amonstratenserklosterkirche Neustift in Freising. C Lex Kunst

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¨ Gunther Gunther, ¨ Jeremias, auch Ginter, Ginther, Maler, * vor 1604, † nach 1630. G. erhielt 1604 eine Anstellung als Kammermaler Kaiser → Rudolfs II. in Prag und wurde nach dessen Tod von Kaiser → Matthias u¨ bernommen, der ihn 1612 zusammen mit Hans von → Aachen nach Wien kommen ließ. Im folgenden Jahr begleitete G. den Kaiser auf den Regensburger Reichstag, wo er das Portr¨at eines H. S. Stamm malte. Von Matthias’ Nachfolger → Ferdinand II. nicht als Kammermaler weiterbesch¨aftigt, arbeitete er weiterhin in Prag und war 1629 im Stift Klosterneuburg t¨atig. Dort erhielt er eine Bezahlung f¨ur ein St.-Andreas-Bild sowie u. a. f¨ur ein Erl¨oserbild. G. schuf vorwiegend Kopien nach → D¨urer, Bruegel und Golt¨ Olbilder ¨ zius, Portr¨ats in Ol, und Elfenbeinminiaturen mythologischen Inhalts sowie Blumenstilleben und Wappen. Im Auftrag von Kaiser Matthias entstand das kaiserliche Wappen f¨ur das Stammbuch des Herzogs → Philipp II. von Pommern. C Th-B Gunther, ¨ Joachim, Pseud. Johann Siering, Schriftsteller, * 13. 2. 1905 Hofgeismar, † 14. 6. 1990 Berlin. Nach dem Studium der Philosophie, Literatur- und Kunstgeschichte an der Univ. Berlin war G., Sohn eines B¨urgermeisters, w¨ahrend des „Dritten Reiches“ als Journalist t¨atig und schrieb vorwiegend Literaturkritiken und Essays f¨ur Zeitungen und Zeitschriften, u. a. f¨ur das „Berliner Tageblatt“, die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ und die „Deutsche Rundschau“. 1950-54 studierte er evang. Theologie an der Kirchlichen Hochschule in Berlin und gr¨undete 1954 zusammen mit Paul → Fechter die Zeitschrift „Neue deutsche Hefte“, die er seit 1963 allein herausgab und seit 1966 als Vierteljahresschrift in seinem Berliner Selbstverlag publizierte. G. schrieb Erz¨ahlungen und Essays (Das sehr ernste M¨archen von Gott, 1971) und Aphorismen (Findlinge, 1976). C Killy Gunther, ¨ Johann Arnold, Jurist, * 9. 4. 1755 Hamburg, † 20. 8. 1805 Hamburg. Der Sohn eines Kaufmanns studierte Rechts- und Staatswissenschaften, Geschichte, Politik und Statistik an der Univ. G¨ottingen. Nach kurzer T¨atigkeit am Reichskammergericht in Wetzlar und einer Studienreise durch Deutschland, B¨ohmen und Ungarn praktizierte er in seiner Heimatstadt als Rechtsanwalt. 1792 wurde G. in den Senat berufen, wo er sich vor allem gemeinn¨utzigen T¨atigkeiten zuwandte und u. a. 1788 die Gr¨undung der Allgemeinen Armenanstalt initiierte. Er geh¨orte der „Patriotischen Gesellschaft“ und dem einflußreichen Zirkel der „Donnerstags-Gesellschaft“ an. G. ver¨offentlichte zahlreiche Schriften zu Themen der Staatswissenschaft, National¨okonomie und des Handels. C ADB Gunther, ¨ Johann Christian, Dichter, * 8. 4. 1695 Striegau (Schlesien), † 15. 3. 1723 Jena. Vom Vater, einem mittellosen Arzt, schon fr¨uhzeitig mit den antiken Klassikern vertraut gemacht, besuchte der aufgeweckte Junge (durch seine G¨onner Benjamin → Schmolck und Christian Leubscher dazu in den Stand gesetzt) die Gnadenschule in Schweidnitz und studierte, dem v¨aterlichen Wunsch folgend, seit 1715 in Wittenberg Medizin. Hier verhinderte seine Neigung zur Dichtung (schon auf dem Gymnasium hatte er durch zahlreiche Casualcarmina Aufmerksamkeit erregt) ein erfolgreiches Studium. Die kostspielige Kr¨onung zum Poeta laureatus Caesareus am 30. 4. 1716

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brachte ihm statt Ruhm und Einkommen das Zerw¨urfnis mit dem Vater und (Mai 1717) die Schuldhaft ein. Er wechselte daher im selben Jahr nach Leipzig und versuchte dort, von Johann Burckhard → Mencke unterst¨utzt, statt der Medizin seine Studien der Poesie und Philosophie fortzusetzen und als Dichter zu re¨ussieren. Zwar war sein Studentenleben gewiß nicht so ausschweifend, wie ihm allenthalben nachgesagt wurde, doch lebte G. in finanziell recht ungeordneten Verh¨altnissen: Im Zeitalter der ‚Nebenstundenpoesie‘ materiell unabh¨angiger Adliger oder Professoren der Beredsamkeit war noch kein Raum f¨ur den freien Schriftsteller. G. wandte sich im August 1719 nach Dresden, wohin Mencke ihn als Hofdichter empfohlen hatte – vergebens wie auch der Versuch seiner Freunde und G¨onner in Breslau, ihn dort zu versorgen: rastlos mußte er weiter von Ort zu Ort ziehen. Ein letzter Versuch, sich als Arzt niederzulassen und eine Familie zu gr¨unden, scheiterte vor allem an der Bedingung des Schwiegervaters, sich mit dem unbeugsamen Vater auszus¨ohnen. Die erhoffte Sinekure blieb aus; G.s Satiren und Pasquille, die in ihrer Frechheit und Angriffslust zu seinen besten Dichtungen z¨ahlen, hatten ihm nicht wenig geschadet. G. bezog im Oktober 1722 (es war der letzte Versuch, sein Medizinstudium abzuschließen) die Univ. Jena; schon auf den Wanderungen oft krank (1720 in Lauban schwer), starb er dort, vermutlich an Tuberkulose. Leicht f¨ur die Liebe entflammt, besang G. seit seiner Schulzeit in durchaus barock austauschbaren Rollengedichten, die aber bereits Individualit¨at sp¨uren lassen, mehrere Angebetete und G¨onnerinnen, die die positivistische Forschung gr¨oßtenteils hinter ihren Decknamen (Leonore, Rosette, Flavia und Phyllis) ermitteln konnte. Diese Liebesgedichte nebst einer Reihe von Studentenliedern, die rasch vertont und bis in unser Jahrhundert gesungen wurden (Christoph St¨ahlin), begr¨undeten seinen anhaltenden Ruhm. Den nicht bloß quantitativ (etwa 600 Gedichte mit nahezu 40 000 Versen) bei weitem gr¨oßten Anteil seiner außergew¨ohnlichen Produktion machen Gelegenheitsgedichte und Auftragsarbeiten aus; sie sind heute nahezu vergessen. Sp¨at erst kehrte er zu religi¨oser Dichtung zur¨uck, deren sakrale Elemente er freilich allezeit in s¨akularisierter Gestalt (selbst in seiner Liebesdichtung) verwendet hatte, kombiniert mit den Requisiten der antiken Literatur, klassischer Rhetorik und Emblematik einerseits, volkst¨umlichen Elementen (darunter zahllose medizinische Reminiszenzen) und „vern¨unftiger“, an Christian → Wolff und → Leibniz geschulter Argumentation andererseits. G.s Dichtung, mehr noch deren immanente Poetik und seine radikale Wertsch¨atzung der Poesie, demonstrieren die Erkenntnisgrenzen landl¨aufiger Epochenbegriffe; denn dieser gr¨oßte deutsche Lyriker vor → Goethe ist weder bloß dessen Vorl¨aufer noch ein sp¨atbarocker Nachahmer der ‚Schlesier‘ (etwa Christian Hoffmann von → Hoffmannswaldaus, von dem er viel gelernt hat), noch auch der erste Dichter der Aufkl¨arung, als der er bis um 1770 gr¨oßte Wertsch¨atzung genoß, sondern verk¨orpert etwas von all diesem. WERKE: S¨amtliche Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe. Hrsg. v. Wilhelm Kr¨amer. 6 Bde., Leipzig 1930-37. Neudr. Darmstadt 1964. – Werke. Hrsg. v. Reiner B¨olhoff. Frankfurt / Main 1998. LITERATUR: Wilhelm Kr¨amer: Das Leben des schlesischen Dichters J. C. G. 1695-1723. Godesberg 1950. 2. Aufl. Mit Quellen und Anmerkungen zum Leben und Schaffen des Dichters und seiner Zeitgenossen. Mit bibliographischen Erg¨anzungen v. Reiner B¨olhoff. Stuttgart 1980. – Hans Dahlke: J. C. G. Seine dichterische Entwicklung. Berlin (DDR) 1960. – Reiner B¨olhoff: J. C. G. 1695-1975. Bd. 1: Kommentierte Bibliographie. Bd. 2: Schriftenverzeichnis. Bd. 3: Rezeptions- und Forschungsgeschichte. K¨oln / Wien 1980-83. – Helga B¨utler-Sch¨on: Dichtungsverst¨andnis und Selbstdarstellung bei J. C. G. Studien zu seinen Auftragsge-

¨ Gunther dichten, Satiren und Klageliedern. Bonn 1981. – Ursula Regener: Stumme Lieder? Zur motiv- und gattungsgeschichtlichen Situierung von J. C. G.s ‚Verliebten Gedichten‘. Berlin / New York 1989. – J. C. G. (1695-1723). Oldenburger Symposium zum 300. Geburtstag des Dichters. Hrsg. v. Jens St¨uben. M¨unchen 1997. Ulrich Joost

Guenther, Johannes (Ferdinand) von, Schriftsteller, * 26. 5. 1886 Mitau (heute Jelgava, Lettland), † 28. 5. 1973 Kochel (Oberbayern). Deutschbaltischer Abstammung, wandte sich der Sohn eines kaiserlich russischen Kollegienrats schon fr¨uh der Schriftstellerei zu und ging nach dem Abitur nach Dresden, anschließend nach M¨unchen, wo 1906 sein erster, noch stark unter Stefan → Georges Einfluß stehender Gedichtband Schatten und Helle entstand, dem sp¨ater u. a. die Anthologie Neuer russischer Parnaß (1911) folgte. 1908 u¨ bersiedelte G. nach St. Petersburg, verkehrte dort vorwiegend in den K¨unstlerkreisen der Symbolisten und geh¨orte 1909-13 der Redaktion der literarischen Monatszeitschrift „Apollon“ an. Auf seinen zahlreichen Reisen durch Rußland pflegte er Umgang mit der k¨unstlerischen Avantgarde. 1914 mußte G. Rußland verlassen, ließ sich in M¨unchen nieder und wurde Mitarbeiter der Zeitschrift „Hochland“. 1916-18 leitete er den Verlag Georg M¨uller, gr¨undete 1919 den Musarion Verlag und war 1927-29 Mitarbeiter des Grethlein & Co. Verlags. Daneben arbeitete er als freier Schriftsteller, ver¨offentlichte 1918 eine Bearbeitung des Lustspiels Don Gil von den gr¨unen Hosen von Tirso de Molina und verfaßte eine Reihe historischer Romane, darunter 1939 sein auflagenst¨arkstes Werk Rasputin. G. u¨ bersetzte zahlreiche russische Klassiker, die zum Teil erstmals in umfangreicheren deutschen Werkausgaben erschienen, und war Herausgeber mehrerer Anthologien russischer Literatur. 1969 erschienen seine Erinnerungen Ein Leben im Ostwind. Zwischen Petersburg und M¨unchen. C Killy

Guenther, Konrad (Eduard Franz), Zoologe, * 23. 5. 1874 Riga, † 26. 1. 1955 Freiburg / Breisgau. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1896 Zoologie an den Universit¨aten Bonn, Leipzig und Freiburg und wurde 1899 promoviert (Ueber Nervenendigungen auf dem Schmetterlingsfl¨ugel). 1903 mit der Arbeit Ueber des Nucleolus im reifenden Echinodermenei in Freiburg habilitiert, war er dort Privatdozent, seit 1913 a. o. Prof. der Zoologie. G. unternahm zahlreiche Studienreisen, die ihn u. a. 1910 / 11 nach Ceylon, 1923 / 24 nach Brasilien und Argentinien f¨uhrten, wo er die biologische Sch¨adlingsbek¨ampfung in den Tropen begr¨undete. Er ver¨offentlichte u. a. Der Darwinismus und die Probleme des Lebens (1905), Sprache der Natur seit der Vorzeit unseres Volkes (1930) und Natur als Offenbarung (1933, 31949). G. gilt als Wegbereiter des Naturschutzes. C NDB

Gunther, ¨ Leopold, Regisseur, S¨anger, Theaterdirektor, * 18. 4. 1825 Berlin, † 16. 8. 1902 Schwerin. G. begann seine B¨uhnenkarriere als Kind im Chor des K¨onigst¨adtischen Theaters in Berlin, war seit 1843 Chorist am Hamburger Thalia-Theater und ging 1845 als TenorBuffo an das Opernhaus nach Riga. Es folgten Engagements in L¨ubeck, Bremen, W¨urzburg, K¨oln und Hamburg, bevor er 1853 zusammen mit van Abraham van Lier das Deutsche Theater in Amsterdam gr¨undete und es bis 1856 leitete. G. trat dann am Hoftheater in Braunschweig, in N¨urnberg und am Woltersdorf-Theater in Berlin auf, war 1859-64 k¨unstlerischer Direktor des Stadttheaters von K¨onigsberg und wurde anschließend Regisseur, 1894 Oberregisseur am Hoftheater in Schwerin. Daneben schrieb er eine Reihe von Lustspielen, u. a. Die Nachrede (1886). G.s erfolgreichste Buffo-Partien waren der Iwanow in Zar und Zimmermann, der Georg im

Waffenschmied und der Veit in Undine. Aus der Ehe mit der Opern- und Konzertsopranistin Minna Schulz-Wieck ging die Tochter Maria → G¨unther-Brauer hervor. C Kutsch

Gunther, ¨ (Johann Friedrich) Ludwig, Jurist, * 15. 3. 1773 Gandersheim, † 17. 10. 1854 Wolfenb¨uttel. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. G¨ottingen trat G., Sohn eines Finanzverwalters, 1796 als Aktuar in den braunschweigischen Staatsdienst ein und wurde 1808 Richter in Helmstedt sowie a. o. Prof. an der dortigen Universit¨at. Nach der Wiederherstellung des Herzogtums Braunschweig und der Wiedereinf¨uhrung des fr¨uheren Rechtsverfahrens 1814 war G. zun¨achst Kreisamtmann in K¨onigslutter und wurde 1816 zum Hofrat und Mitglied des Landgerichts in Wolfenb¨uttel, 1817 auch zum weltlichen Mitglied des dortigen Konsistoriums ernannt. Seit 1819 Rat im Oberappellationsgericht, wurde er 1831 Propst des Klosters St. Laurentius bei Sch¨oningen und damit Mitglied der Pr¨alatenbank der braunschweigischen St¨andeversammlung. 1846 wurde G. Pr¨asident des Oberappellationsgerichts und nach der Einf¨uhrung einer neuen Gerichtsverfassung f¨ur das Herzogtum 1850 erster Pr¨asident des neuerrichteten Obergerichts in Wolfenb¨uttel. C Braunschweig Gunther, ¨ Matth¨aus, auch Gindter, Ginter, Ginther, Maler, * 7. 9. 1705 Tritschenkreut (heute zu Peißenberg, Kr. Weilhelm-Schongau), † 30. 9. 1788 Haid (heute zu Wessobrunn). Der Bauernsohn war zuerst in Murnau in der Lehre und wurde 1723 Geselle bei Cosmas Damian → Asam in M¨unchen, bei dem er bis 1728 blieb. Nach Wanderjahren, die ihn wahrscheinlich auch nach Italien f¨uhrten, ist G. seit 1730 in Augsburg nachweisbar, wo er im folgenden Jahr das Meisterrecht erhielt. 1762 wurde er als Nachfolger Johann Georg → Bergm¨ullers zum kath. Direktor der Augsburger Stadtakademie ernannt (bis 1784). Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in seinem Haus in Haid. G. war einer der bedeutendsten Repr¨asentanten der bayerisch-schw¨abischen Freskomalerei des 18. Jh. und malte vorwiegend f¨ur s¨uddeutsche und Tiroler Auftraggeber. In seinem Stil von Asam und Tiepolo beeinflußt, erlangte er durch die Schaffung des ideellen asymmetrischen Perspektivraums besondere Bedeutung. Zu seinen bekanntesten Werken z¨ahlen die Fresken in der Oberammergauer Pfarrkirche (1741), in der ehemaligen Abteikirche in Amorbach (1745-47), in der Pfarrkirche Wilten, Innsbruck (1754), im Schloß in S¨unching / Oberpfalz (1761) und in der ehemaligen Stiftskirche in Rott / Inn (1763). C Leb Bayer Schwaben, Bd 15 Gunther, ¨ Mizzi, eigentl. Marie G., auch M. G¨untherPawlowski, o¨ sterr. S¨angerin, * 8. 2. 1879 Warnsdorf (B¨ohmen), † 18. 3. 1961 Wien. G. deb¨utierte 1897 als Sopranistin in Prag, trat in Hermannstadt, Wien, Teplitz und Karlsbad auf und wurde 1901 am Carltheater in Wien engagiert, wo sie als erste Rolle die Mimosa in Sidney Jones’ Operette Die Geisha sang. G. entwickelte sich in den folgenden Jahren zu einer beliebten Operettendiva, die auch am Theater an der Wien und an der Wiener Volksoper Triumphe feierte. Ihren gr¨oßten Erfolg erzielte sie 1905 als Hanna Glawari in der Urauff¨uhrung von → Leh´ars Operette Die lustige Witwe. In dieser Rolle stand G. in u¨ ber tausend Auff¨uhrungen auf der B¨uhne, auch bei Gastspielen in London und Paris. Sp¨ater machte sie sich auch als Schauspielerin einen Namen. G. war zuletzt mit Fred → Hennings verheiratet. C Dt Musikkultur Gunther, ¨ (Ernst Gustav) Paul, Chemiker, * 6. 12. 1892 Berlin, † 24. 11. 1969 Karlsruhe. G. studierte an den Universit¨aten G¨ottingen, Leipzig und Berlin, wo er 1916 als Sch¨uler von Walther → Nernst promoviert wurde (Untersuchungen u¨ ber die spezifische W¨arme

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¨ Gunther bei tiefen Temperaturen). 1925 habilitierte er sich an der Univ. Berlin und wurde 1930 a. o., 1938 o. Professor. Seit 1946 als o. Prof. an der TH Karlsruhe t¨atig, war er bis 1961 Direktor des Instituts f¨ur physikalische Chemie und Elektrochemie. G. besch¨aftigte sich vor allem mit den chemischen Wirkungen von Ultraschall und von ionisierten Strahlen. Er ver¨offentlichte u. a. ein Laboratoriumsbuch f¨ur die Sprengstoffindustrie (1923) und Tabellen zur R¨ontgenspektralanalyse (1924). 1948-60 war er Herausgeber der „Zeitschrift f¨ur Elektrochemie“. 1951 wurde G. in die Heidelberger Akademie der Wissenschaften gew¨ahlt.

Gunther, ¨ Rudolf Biedermann, Mediziner, * 18. / 19. 4. 1828 Dresden, † 16. 2. 1905 Dresden. Das Studium der Medizin schloß G. 1850 an der Univ. Leipzig mit der Promotion ab (Ducenti sex casus arteriae femoralis ligatae propter aneurysma accedente historia aneurysmatis arteriae femoralis traumatici), unternahm Studienreisen nach Montpellier, Paris und Wien und wurde 1851 Assistent am Kreiskrankenstift in Zwickau. Seit 1852 kgl. Landgerichtsarzt in Eibenstock, wurde er 1857 kgl. Bezirksarzt und u¨ bersiedelte 1859 als Medizinalrat nach Zwickau. 1872 erfolgte seine Ernennung zum Medizinalreferenten im s¨achsischen Innenministerium in Zwickau mit dem Rang und Titel eines Geheimen Medizinalrats. 1873 wurde G. Mitglied der Cholerakommission f¨ur das Deutsche Reich, 1886 außerordentliches Mitglied des Kaiserlichen Gesundheitsamtes in Berlin und 1889 Pr¨asident des kgl. s¨achsischen Landesmedizinalkollegiums. Seit 1896 Geheimer Rat, wurde er 1901 Mitglied des Reichsgesundheitsrats und war 1878-97 dirigierender Oberarzt am Karolhaus in Dresden. G. ver¨offentlichte u. a. Die Choleraepidemie in Sachsen (1876). Gunther, ¨ (Adam Wilhelm) Siegmund, Mathematiker, Geograph, Politiker, * 6. 2. 1848 N¨urnberg, † 3. 2. 1923 M¨unchen. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte Mathematik und Physik an den Universit¨aten Erlangen, Heidelberg, Leipzig, Berlin und G¨ottingen, wurde 1870 in Erlangen promoviert (Studien zur theoretischen Photometrie) und habilitierte sich dort 1872 f¨ur Mathematik (Darstellung der N¨aherungswerthe von Kettenbr¨uchen in independenter Form). Seit 1874 lehrte er an der Polytechnischen Schule in M¨unchen, unterrichtete 1876-86 als Gymnasialprofessor in Ansbach und ver¨offentlichte u. a. ein Lehrbuch der Geophysik und physikalischen Geographie (2 Bde., 1884-86; 2., ver¨anderte Aufl. unter dem Titel Handbuch der Geophyik, 1897-99). 1886 folgte G., seit 1877 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, einem Ruf als o. Prof. der Geographie an die TH M¨unchen, zu deren Rektor er mehrfach gew¨ahlt wurde und wo er bis zu seiner Emeritierung 1920 wirkte. In seinen mathematischen Arbeiten befaßte er sich vorwiegend mit der Theorie der Kettenbr¨uche, der Determinanten und Hyperbelfunktionen. Sp¨ater wandte er sich der mathematischen und physikalischen Geographie zu (Grundlehren der mathematischen Geographie und elementaren Astronomie, 1878, 51900). G. publizierte auch Grundwerke zur Wissenschaftsgeschichte (Mathematik und mathematischer Unterricht, physikalische Geographie, exakte Naturwissenschaften im 19. Jh.) und war 1901 Mitbegr¨under der Deutschen Gesellschaft f¨ur Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften. Zwischen 1878 und 1884 zweimal Mitglied des Reichstags, geh¨orte er 1894-99 und 1907-18 f¨ur die Liberale Vereinigung dem bayerischen Landtag an. G. war der Vater von Adolf → G. C DSB Gunther, ¨ Walther (Franz Gustav), P¨adagoge, * 1. 7. 1891 Zeitz, † 4. 10. 1952 Bonn. Der Sohn eines Tischlermeisters war zun¨achst Volksschullehrer in M¨uhlhausen (Th¨uringen) und studierte nach dem

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Ersten Weltkrieg Geschichte, P¨adagogik, Volkswirtschaft und Rechtswissenschaften an der Univ. Berlin. Seit 1920 war er Lehrer an einer Privatschule und wurde Assistent bei der Gesellschaft f¨ur Volksbildung sowie Leiter der neugegr¨undeten Berliner Film- und Bildarbeitsgemeinschaft. Daneben war er Mitarbeiter des dortigen Zentralinstituts f¨ur Erziehung und Unterricht, leitete den Deutschen Bildspielbund und gab die Zeitschrift „Bildwart“ (1923 ff.) heraus. Seit 1928 Direktor des St¨adtischen Film- und Bildamtes Berlin und Pr¨asident der Internationalen Lehrfilmkammer, wurde G. im folgenden Jahr an der Univ. Berlin zum Dr. rer. pol. promoviert und war seit 1923 Beisitzer der Filmpr¨ufstelle und der Oberfilmpr¨ufstelle in Berlin. 1934 wurde er Leiter der Landesbildstelle Berlin-Brandenburg und baute nach 1945 das Kinderheim Friesland des Deutschen Roten Kreuzes in Breddewarden bei Wilhelmshaven auf.

Gunther, ¨ Werner, schweizer. Literaturwissenschaftler, * 13. 9. 1898 Th¨origen (Kt. Bern), † 7. 4. 1988 Neuchˆatel. G., Sohn eines Landwirts, war nach dem Besuch des evang. Seminars Muristalden in Bern 1918-21 Lehrer an der Musterschule des Seminars, studierte seit 1921 Germanistik und Romanistik in Siena, Bern, Genf und Florenz und wurde nach dem Lehrerdiplom 1927 in Bern promoviert (Probleme der Rededarstellung, ver¨offentlicht 1928). Anschließend Deutschlehrer am Gymnase cantonal in Neuchˆatel, habilitierte er sich 1939 (Introduction a` la po´esie allemande), wurde Privatdozent, 1945 o. Prof. f¨ur Deutsche Sprache und Literatur und nach seiner Emeritierung 1968 Honorarprofessor an der dortigen Universit¨at. G. besch¨aftigte sich mit der deutschen Literatur des 19. und 20. Jh., insbesondere des Realismus und Symbolismus, sowie mit neuerer Literatur aus der Schweiz. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen Der ewige Gotthelf (1934, Neuausg. 1954 unter dem Titel Jeremias Gotthelf. Wesen und Werk), C. F. Ramuz. Wesen, Werk, Kunst (1948) und Dichter der neueren Schweiz (3 Bde., 1963-86). C IGL Gunther, ¨ Wilhelm Arnold, Pr¨amonstratenser, Theologe, Archivar, * 31. 10. 1763 Koblenz, † 22. 8. 1843 Trier. G. trat 1782 in das Pr¨amonstratenserstift Rommersdorf (bei Neuwied) ein und studierte Theologie am Collegium Norbertinum in K¨oln, seit 1787 Theologie, Philosophie und Rechtswissenschaften an der Univ. Trier und wurde im selben Jahr zum Priester geweiht. Seit 1789 war er Bibliothekar und Archivar in Rommersdorf, 1797-1803 Provisor im Kloster Altenberg (bei Oberbiel) und nach kurzer seelsorgerischer T¨atigkeit in Ehrenbreitstein (1804 / 05) seit 1805 Archivar am franz¨osischen Departements-, sp¨ater preuß. Staatsarchiv in Koblenz, dem er seit 1821 vorstand. 1826 wurde G. Generalvikar in Trier, 1828 Domkapitular, 1834 Weihbischof, 1836 Bistumsverweser und 1842 Dompropst. Sein Hauptwerk ist der sechsb¨andige Codex diplomaticus RhenoMosellanus (1822-26). C BBKL Gunther, ¨ William (Barstow) von, Jurist, Beamter, * 8. 3. 1815 London, † 13. 9. 1892 Thun (Schweiz). G. studierte seit 1833 Rechts- und Kameralwissenschaften in Bonn, Heidelberg und Berlin. 1836 wurde er Auskultator am Kammergericht zu Berlin, trat 1838 als Regierungsreferendar in den Verwaltungsdienst u¨ ber und ging 1841 als Assessor an die Regierung zu Frankfurt / Oder, sp¨ater nach Magdeburg. Seit 1843 Hilfsarbeiter im Finanzministerium, ging er 1848 an die Regierung von Stettin, wo er 1849 zum Regierungsrat ernannt wurde. 1853 kehrte er aufgrund einer Anstellung an der Oberrechnungskammer nach Berlin zur¨uck, wurde 1854 zum Geheimen Finanzrat bef¨ordert und zum Mitglied des Generaldirektoriums der Seehandlung ernannt, 1856 in die Hauptverwaltung der Staatsschulden berufen. Seit 1859 Geheimer Oberfinanzrat, wechselte er 1861

¨ Gunthner als Vizepr¨asident an die Regierung von Koblenz. 1863 wurde G. zum Wirklichen Geheimen Oberfinanzrat und Direktor im Finanzministerium ernannt, 1870 zum Pr¨asidenten der Seehandlung berufen. Dem Herrenhaus geh¨orte er seit 1872 an. 1873 wurde er Oberpr¨asident der Provinz Posen. Von → Bismarck zum R¨ucktritt gedr¨angt, trat G., der 1881 nobilitiert worden war, 1886 in den Ruhstand. C Preuß Staatsmin, Bd 4

Gunther, ¨ Wolfgang, Jurist, Politiker, * um 1578 Paderborn, † 22. 12. 1628 Ziegenhain (Hessen). Nach dem Studium an den Universit¨aten Marburg und Helmstedt wurde G. 1600 an der Univ. T¨ubingen zum Dr. jur. promoviert, ließ sich als Rechtsanwalt in seiner Heimatstadt nieder und wurde bald in die Konflikte zwischen evang. B¨urgerschaft, Rat und Bischof verwickelt. Als Berater des B¨urgerf¨uhrers Liborius Wichart wurde er 1603 / 04 Stadtse¨ kret¨ar und Syndikus. 1604 konnte G. als Uberbringer eines Hilfegesuchs der B¨urger an Landgraf → Moritz von HessenKassel dem Strafgericht Bischof Dietrich von → F¨urstenberg entgehen und bem¨uhte sich als Anwalt in Korbach, seit 1610 als Verwalter in Kassel um die Befreiung Paderborns. 1623 berief ihn Landgraf Moritz in das Amt eines Audienzierers und Generalgerichtsschultheißen, mit dem seit 1625 auch das Amt des Rats- und Kanzleidirektors verbunden war. In Gegensatz zur Ritterschaft und zu Landgraf Wilhelm V. geraten, der seit 1627 regierte, wurde er schließlich verhaftet und zum Tod verurteilt. C NDB Gunther-Bachmann, ¨ Caroline (Wilhelmine), S¨angerin, * 13. 2. 1816 D¨usseldorf, † 17. 1. 1874 Leipzig. G.-B. erhielt ihre erste Ausbildung bei ihrem Vater, dem Bassisten Carl → G¨unther, und sang bereits mit zw¨olf Jahren den ersten Knaben in der Zauberfl¨ote, bevor sie 1833 ihre eigentliche B¨uhnenkarriere am Bremer Stadttheater begann. Seit 1834 geh¨orte sie zum Ensemble des Leipziger Opernhauses, wo sie vor allem mit Soubrettenpartien und Hosenrollen große Erfolge feierte, u. a. als Page Urbain in → Meyerbeers Les Huguenots, als Zerline in → Mozarts Don Giovanni und als Marie in → Lortzings Waffenschmied. G.-B. wirkte auch in einer Reihe von Urauff¨uhrungen der Opern Lortzings mit und sang 1837 die Marie in Zar und Zimmermann (mit dem Komponisten in der Partie des Peter Iwanow), 1842 die Baronin im Wildsch¨utz und 1849 den Andiol in Rolands Knappen. C Kutsch Gunther-Brauer, ¨ Maria, geb. G¨unther, S¨angerin, Schriftstellerin, * 29. 5. 1854 L¨ubeck, † 1916 Wiesbaden (?). Die Tochter Leopold → G¨unthers und der Sopranistin Minna Schulz-Wieck wurde von ihrer Mutter als S¨angerin ausgebildet und erhielt Engagements in Rostock, Hamburg, Kassel, Neustrelitz und Altenburg. Wegen gesundheitlicher Probleme gab G.-B. ihre B¨uhnenlaufbahn auf und wandte sich der Schriftstellerei zu. Sie schrieb zahlreiche Theaterst¨ucke, vor allem Lustspiele und Schw¨anke (u. a. Dilettanten und K¨unstler, 1892; Zu hoch hinaus, 1896), ferner dramatische M¨archen wie Die kleine Osterfahrt (1900). G.-B., die mit dem Hofschauspieler Oskar Brauer verheiratet war, lebte nach ihrem Abschied von der B¨uhne in Schwerin, seit 1902 in Hamburg.

Gunther-Braun, ¨ Walter, S¨anger, * 27. 12. 1874, † 28. 10. 1947 Weimar. G.-B. erhielt seine Ausbildung zum Tenor u. a. als Sch¨uler von Eugen Wolff in Frankfurt / Main, Alfieri in Berlin und Felix von → Kraus in M¨unchen und deb¨utierte 1896 am Stadttheater in Cottbus. 1897-1901 trat er vorwiegend als Operettentenor in Wien, Salzburg, Innsbruck und am CarlSchultze-Theater in Hamburg auf, wandte sich dann der Oper zu und war 1901-12 an den Stadttheatern in Mainz

und Graz, am Opernhaus in Breslau und an der M¨unchner Hofoper engagiert. 1912-20 geh¨orte G.-B. zum Ensemble des Hoftheaters in Mannheim und sang anschließend bis 1927 am Dortmunder Stadttheater. 1918 u¨ bernahm er in der Urauff¨uhrung von Paul von → Klenaus Oper Kjartan und Gudrun in Mannheim die Partie des Haldor. Er hatte vor allem als → Wagner-Interpret sowie u. a. als Florestan im Fidelio und als Jos´e in Carmen große Erfolge. G.-B. war C Kutsch auch als Konzert- und Oratoriens¨anger t¨atig.

Gunther-Gera, ¨ Heinrich, Bildhauer, * 15. 9. 1864 Gera, † Herbst 1941 Berlin. G.-G. erhielt seine k¨unstlerische Ausbildung 1883-88 an der Kunstakademie in Berlin, setzte sie 1888-91 als Sch¨uler Fritz → Schapers fort und arbeitete in seinem Atelier in Charlottenburg. Er schuf zahlreiche Skulpturen f¨ur o¨ ffentliche Geb¨aude, darunter vier allegorische Figuren f¨ur das Charlottenburger Rathaus, eine Figur der Justitia f¨ur das Niederbarminer Kreishaus in Berlin sowie eine Reihe von Denkm¨alern, u. a. das Bismarck-Denkmal in Graudenz. G.-G. zeigte seine Arbeiten in der Großen Berliner Kunstausstellung (1894, 1897) und 1898 im M¨unchner Glaspalast; 1899 beteiligte er sich an der Deutschen Kunstausstellung in Dresden. Gunther-Naumburg, ¨ Otto, Maler, * 19. 5. 1856 Naumburg / Saale, † 16. 6. 1941 Berlin. G.-N. besuchte 1873-77 als Sch¨uler Albert → Hertels und Christian Wilbergs die Kgl. Kunstakademie in Berlin, wo er zum Landschafts- und Architekturmaler ausgebildet wurde. Seit 1892 Privatdozent f¨ur Aquarellmalerei und Federzeichnung an der TH Berlin, wurde er dort 1897 zum Prof. ernannt. Auf zahlreichen Studienreisen durch S¨uddeutschland, Tirol, die Schweiz und Italien sammelte G.-N. die Motive f¨ur seine Werke. Neben Wandgem¨alden, darunter ein Panorama der Stadt im Potsdamer Rathaus, schuf er zahlreiche illustrative Beitr¨age f¨ur Zeitschriften, u. a. f¨ur die „Gartenlaube“ und die „Leipziger Illustrierte Zeitung“.

Guntherschulze, ¨ G¨unther Adolf Eugen August, fr¨uher G¨unther-Schulze, Physiker, * 26. 7. 1878 Hannover, † 30. 3. 1967 M¨unchen. Der Sohn eines Architekten war nach dem Studium der Physik an der TH Hannover seit 1901 an der PhysikalischTechnischen Reichsanstalt in Berlin t¨atig und anschließend bis 1930 Labordirektor der dortigen Osram-Gesellschaft. 1930 wurde er o. Prof. und Direktor des Instituts f¨ur allgemeine Elektrotechnik an der TH Dresden, wo er bis zu seiner Teilnahme am Zweiten Weltkrieg wirkte. Seit 1949 war G. Lehrbauftragter an der TH M¨unchen. Er befaßte sich vorwiegend mit elektrischer Gasentladung, Gleichrichtern und Dielektrika und ver¨offentlichte u. a. Galvanische Elemente ¨ und Schwachstromakkumulatoren (1921), Uber die dielektrische Festigkeit (1924), Elektrische Gleichrichter und Ventile (1924, 21929) und Elektrolytkondensatoren (1952).

Gunthner, ¨ Sebastian, Benediktiner, Historiker, * 12. 9. 1773 bei Benediktbeuern, † 9. 4. 1820 M¨unchen. G. trat 1792 in das Kloster Tegernsee ein, wurde 1797 zum Priester geweiht und ging im folgenden Jahr zum Studium der Rechtswissenschaften und der Geschichte an die Universit¨aten Ingolstadt und Salzburg. Nach der Klosteraufhebung arbeitete er mit Unterst¨utzung seines fr¨uheren Abtes an einer Geschichte der litterarischen Anstalten in Baiern, die 1810 in zwei B¨anden erschien. Seit 1808 war G. korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und wurde im selben Jahr in M¨unchen mit der Revision der Monumenta Boica betraut, die er jedoch nicht zu Ende C ADB f¨uhren konnte.

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Guenthner Guenthner, Wenzel, o¨ sterr. Chirurg, * 29. 12. 1820 Neu-Losimthal bei Eger, † 9. 10. 1896 Salzburg. G. studierte Medizin an der Univ. Prag, wo er seine chirurgische Ausbildung bei Johann von → Oppolzer und Franz von → Pitha erhielt, und wurde 1847 promoviert. Seit 1850 Assistent an der Chirurgischen Klinik, bekam er 1855 die Bewilligung, ohne Habilitation Vortr¨age u¨ ber theoretische Chirurgie zu halten, und supplierte 1858, nach der Berufung Pithas nach Wien, die Lehrkanzel der Chirurgie und gleichzeitig die Primarchirurgenstelle im Allgemeinen Kankenhaus in Prag. Noch im selben Jahr wurde G. Prof. der Chirurgie an der Medizinisch-Chirurgischen Lehranstalt und Primararzt am St.-Johann-Spital in Salzburg (bis 1878). Bis zur Aufhebung der Lehranstalt 1874 lehrte G. theoretische und praktische Chirurgie, chirurgische Klinik und Augenheilkunde. 1878-96 war er Landessanit¨atsreferent f¨ur Salzburg. Er ver¨offentlichte u. a. Grundz¨uge der allgemeinen Chirurgie (1864).

Guentner, Franz Xaver von, o¨ sterr. Psychiater, Gerichtsmediziner, * 23. 9. 1790 Trautmannsdorf (Nieder¨osterreich), † 23. 8. 1882 Ischl (Ober¨osterreich). G. studierte in Wien Philosophie und Medizin, wurde 1819 in Wien Assistent an der Lehrkanzel der Philosophie, 1820 zum Dr. med. promoviert und war seit 1822 an der Lehrkanzel der praktischen Heilkunde, in der Wiener Irrenanstalt als Sekundararzt und an der Lehrkanzel der allgemeinen Erziehungskunde t¨atig. 1827 wurde er zum Primararzt ernannt, u¨ bernahm die Leitung der Irrenanstalt und war f¨ur eine medizinische Abteilung im Allgemeinen Krankenhaus verantwortlich, seit 1830 auch f¨ur die Lehrkanzel der praktischen ¨ Medizin f¨ur Arzte. 1831 wurde er Regierungsrat und Direktor des Allgemeinen Krankenhauses, 1847 zweiter, dann erster Leibarzt Kaiser → Ferdinand, dem er 1848 nach Prag folgte, wo er zum Obermedizinalrat, sp¨ater zum Sanit¨atsreferenten des Innenministeriums ernannt wurde. G. vero¨ ffentlichte u. a. Kindesmord und Fruchtabtreibung in gerichts¨arztlicher Beziehung (1845), Gerichts¨arztliche W¨urdigung der K¨orperverletzungen und Narben (1847), Das Seelenleben des Menschen in gesunden und kranken Zustande in Bezug auf die Zurechnung vor den Gerichtsh¨ofen (1861, unter dem Titel Handbuch der gerichtlichen Psychologie. Das Seelenleben des Menschen im gesunden und kranken Zustande in Bezug auf die Zurechnung vor den Gerichtsh¨ofen, 2 1868), Handbuch der gerichtlichen Medizin f¨ur Mediziner, Rechtsgelehrte und Gerichts¨arzte, mit R¨ucksichtnahme auf die Schwurgerichte (1851) und Handbuch der o¨ ffentlichen Sanit¨atspflege (1865).

Guntter, ¨ Otto von, Germanist, * 30. 10. 1858 Stuttgart, † 30. 3. 1949 Marbach / Neckar. Der Sohn eines Hofvergolders studierte 1877-80 Philosophie, Germanistik und neuere Philologie an der Univ. T¨ubingen und ging anschließend zu einem mehrj¨ahrigen Studienaufenthalt nach Frankreich und England. Nach seiner R¨uckkehr war G. Gymnasiallehrer in Stuttgart und Lehrbeauftragter an der dortigen Technischen Hochschule. 1890 veranstaltete er im Rahmen des vierten Deutschen Neuphilologentags in Stuttgart eine vielbeachtete Ausstellung von Handschriften, Bildnissen und Drucken schw¨abischer Dichter, die die erste Anregung zur Gr¨undung des Schillermuseums in Marbach / Neckar (1903) gab, dessen Leitung G. 1904 u¨ bernahm. Bis zu seinem Ausscheiden 1938 erwarb er zahlreiche Nachl¨asse schw¨abischer Dichter und baute das Museum (seit 1922 Schiller-Nationalmuseum) zugleich zu einem Archiv und einer Bibliothek f¨ur schw¨abische Literatur aus. 1904-39 geh¨orte G., dem 1912 der w¨urttembergische Personaladel verliehen wurde, dem Vorstand des Schw¨abischen Schillervereins an. Er edierte zahlreiche Werkausgaben, Manuskripte und Jahrb¨ucher und ver¨offentlichte eine Geschichte des Mu-

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seums unter dem Titel Mein Lebenswerk (1948). 1909 erhielt er von der Univ. T¨ubingen die Ehrendoktorw¨urde. C IGL

Guntz, ¨ Eduard Wilhelm, Psychiater, * 1. 4. 1800 Wurzen (Sachsen), † 2. 3. 1880 Thonberg bei Leipzig. G. studierte an der medizinisch-chirurgischen Akademie in Dresden und seit 1819 in Leipzig Medizin, war seit 1822 an der geburtshilflichen Klinik in Dresden t¨atig und wurde 1827 mit der Arbeit De via ac ratione, qua in instituto Trieriano artis obstetriciae usus et docetur et exercetur promoviert. Anschließend besuchte G. auf einer zweij¨ahrigen Reise Irrenanstalten verschiedener L¨ander, ließ sich 1829 als Universit¨atsdozent, praktischer Arzt und Geburtshelfer in Leipzig nieder, war 1830-50 Stadtbezirks- und Gerichtsarzt und gr¨undete 1836 in M¨ockern bei Leipzig eine Irrenheil- und Pflegeanstalt, die 1839 erweitert und nach Thonberg verlegt wurde. G., seit 1858 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, widmete sich vor allem der Psychiatrie und maß bei der Behandlung von Geistesst¨orungen psychischen Faktoren hohe Bedeutung zu. Neben der ¨ Ubersetzung und Herausgabe vor allem italienischer Werke ver¨offentlichte G. u. a. Der Leichnam des Neugebornen in seinen physischen Verwandlungen nach Beobachtungen und Versuchen dargestellt (Teil 1 von Der Leichnam des Menschen in seinen physischen Verwandlungen [. . .] dargestellt, 1827, mehr nicht erschienen), Ein Blick auf Italien aus dem Gesichtspuncte der Gesundheits- und Heilkunde (in Ferdinand Florens Fleck, Wissenschaftliche Reise durch das s¨udliche Deutschland, Italien, Sicilien und Frankreich, Bd. 1, Abt. 1, 1837) und Die Irren-, Heil- und Pflege-Anstalt Thonberg im ersten Vierteljahrhundert ihrer Wirksamkeit (1861). Er war der Großvater von Max → G. Guntz, ¨ (Heinrich Edmund) Max, Landwirt, Agrarhistoriker, * 4. 3. 1861 Leipzig, † 20. 5. 1931 Vippach-Edelhausen bei Weimar. G., dessen Vater Besitzer und Direktor der Nervenheilanstalt Thonberg bei Leipzig war, begann 1881 ein Theologiestudium, wandte sich jedoch bald der Landwirtschaft zu, die er an den Universit¨aten Leipzig und Berlin studierte. Nach der Promotion 1886 in Leipzig (Untersuchungen u¨ ber die anatomische Structur der Gramineenbl¨atter [. . .]) durchlief er eine praktische Ausbildung in Pommern, Posen und Schlesien und erwarb 1888 das Gut Vippach-Edelhausen. G. ver¨offentlichte u. a. ein Handbuch der landwirtschaftlichen Literatur (3 Bde., 1894-1902, Neudr. 1977) und u¨ ber seinen Großvater Eduard → G. Eduard Wilhelm G¨untz, der Begr¨under des Thonbergs. Eine archivalisch-biographische Studie (1906). Seit 1899 Sekret¨ar des Landwirtschaftlichen Hauptvereins in Weimar, wurde er 1907 zum Rat ernannt; seit 1902 gab er die „Landwirtschaftlich-Historischen Bl¨atter“ als erste agrargeschichtliche Zeitschrift in Deutschland heraus. 1904 gr¨undete G. die Gesellschaft f¨ur Geschichte und Literatur der Landwirtschaft in Eisenach. C NDB Guenz, Justus Gottfried, Anatom, Mediziner, * 1. 3. 1714 K¨onigstein, † 23. 6. 1751 Dresden. G. studierte seit 1732 in Leipzig vor allem Medizin, machte nach der Promotion 1738 (De oscitatione) eine wissenschaftliche Reise und wurde 1747 in Leipzig zum Prof. der Physiologie (Antrittsvorlesung De sanguinis motu) und bald darauf auch der Anatomie und Chirurgie berufen. 1751 ernannte ihn Kurf¨urst → Friedrich August II. von Sachsen zu seinem Leibarzt. Bekannt wurden G.’ Ver¨offentlichungen u¨ ber die Behandlung von Steinerkrankungen, u¨ ber die Lage der Kreißenden (Commentatio [. . .] de commodo parientium situ. Wie eine Kreißende bequem zur Geburt zu stellen, 1742) und u¨ ber den Star sowie seine Bearbeitung der Werke des Hippokrates. Zu seinen Publikationen geh¨oren

Guericke ferner De auctore operis de re medica, vulgo Plinio Valorano adscripti (1736), Hippocratis coi de humoribus purgandis liber et de diaeta acutorum cum commentariis integris Ludovici Dureti Segusiani (1745) und Observationes anatomico-physiologicae circa hepar factae (1748). 1784 gab er eine Sammlung auserlesener zur Geschichte und Aus¨ubung des Blasensteinschnitts geh¨origer Abhandlungen heraus. Seit 1744 war G. korrespondierendes Mitglied der Acad´emie des Sciences in Paris.

Gunzel, ¨ Klaus, Bibliothekar, Schriftsteller, * 30. 1. 1936 Pethau, † 3. 5. 2005 Zittau. G., Sohn eines Fabrikanten, besuchte 1954-57 die Fachschule f¨ur Bibliothekswesen in Leipzig, wurde Bibliothekar an der Christian-Weise-Bibliothek in Zittau und u¨ bernahm 1978 die Leitung des wissenschaftlichen Altbestandes. Seit den f¨unfziger Jahren ver¨offentlichte er Beitr¨age zur Literatur der deutschen Klassik und Romantik und gab sp¨ater Bibliographien zu E. T. A. → Hoffmann, Heinrich von → Kleist und Ludwig → Tieck heraus. Seit 1970 ver¨offentlichte G. eigene B¨ucher, darunter Alte deutsche Puppenspiele (1970) und Romantikerschicksale. Eine Portr¨atgalerie (1989). Seit 1984 lebte er als freier Schriftsteller in Zittau. 1993 erschien G.s Hauptwerk Die Brentanos. Eine deutsche Familie, in seinem Todesjahr das Doppelportr¨at Der K¨onig und die Kaiserin. Friedrich II. und Maria Theresia.

Gu´erard, Theodor von, Politiker, * 29. 12. 1863 Koblenz, † 21. 7. 1943 Ahaus (Westfalen). Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften trat G., Sohn eines Obergerichtsprokurators und sp¨ateren Staatsanwalts, in den preuß. Verwaltungsdienst ein, war 1898-1905 Landrat in Monschau, dann im Oberpr¨asidium Koblenz t¨atig und geh¨orte 1920-30 als Zentrumsabgeordneter dem Reichstag an. 1924 pl¨adierte er f¨ur eine Koalition ¨ mit den Deutschnationalen, trat jedoch nach der Ubernahme des gesch¨aftsf¨uhrenden Vizepr¨asidiums seiner Fraktion 1926 f¨ur eine Linksorientierung ein und wurde 1928 Minister f¨ur Verkehr und besetzte Gebiete in der Regierung Hermann → M¨uller. Nach deren Umbildung erhielt G. das Justizministerium und wurde 1930 von Heinrich → Br¨uning erneut in das Verkehrministerium berufen, aus dem er 1931 auf Wunsch → Hindenburgs ausschied. Guerber, Joseph, Pseud. Bernhard, kath. Theologe, Schriftsteller, * 23. 9. 1824 Weißenburg (Elsaß), † 10. 7. 1909 Straßburg. Nach dem Studium der Theologie in Straßburg und Bonn unternahm G. Studienreisen durch Frankreich, die Schweiz, Deutschland, Italien, England und Irland. 1848 zum Priester geweiht, war er Seelsorger in Hagenau, Straßburg und Mutzig. Seit 1871 Superior des Kleinen Seminars in Zillishein (Oberelsaß), kehrte er nach dessen Schließung 1873 als Seelsorger nach Hagenau zur¨uck. 1881 wurde er Kanonikus und Superior der Barmherzigen Schwestern in Straßburg und war zuletzt Ehrendomherr. G. leitete seit 1846 das „Kirchen- und Schulblatt“, war 1858-73 Redakteur des Straßburger „Volksfreundes“, seit 1866 auch des „Volksboten“ und ver¨offentlichte Erz¨ahlungen und Gedichte, u. a. Els¨aßer Erz¨ahlungen (4 Bde., o. J.). 1874-1903 war er Mitglied des Deutschen Reichstags. C Haunfelder, Zentrumspartei Gurich, ¨ Georg (Julius Ernst), Geologe, Pal¨aontologe, * 25. 9. 1859 Guttentag (Oberschlesien), † 16. 8. 1938 Berlin. Der Lehrerssohn schloß sein naturwissenschaftliches Studium an der Univ. Breslau mit der Promotion (1883, Beitr¨age zur Kenntniss der Niederschlesischen Thonschieferformation) und dem Lehramtsexamen (1884) ab und nahm 1885 an einer Sudanexpedition teil, deren Ergebnisse er 1887 in seiner Habilitationsschrift Beitr¨age zur Geologie von

Westafrika darlegte. Anschließend war G. Assistent Ferdinand → Roemers bei Arbeiten zur Geologie und Pal¨aontologie Schlesiens, unternahm 1888 / 89 im Auftrag des s¨udwestafrikanischen Goldsyndikats in Deutsch-S¨udwestafrika eine Reise zur Erforschung der dortigen Edelstein- und Edelmetallvorkommen und befand sich 1890 f¨ur ein Hamburger Handelshaus zu Lagerst¨attenuntersuchungen in Venezuela. 1894-1910 im Schuldienst in Breslau, nahm G. seit 1901 als Mitarbeiter der Preuß. Geologischen Landesanstalt an der Kartierung teil und wurde 1910 Direktor des MineralogischGeologischen Staatsinstituts und Prof. am Kolonialinstitut in Hamburg. 1898 wurde G. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Seit 1919 war er o. Prof. der Geologie und Pal¨aontologie an der neugegr¨undeten Univ. Hamburg. Zu seinen Publikationen z¨ahlen Deutsch-S¨udwest-Afrika. Reisebilder und Skizzen (1891), Das Mineralreich (1899) und Erdgestaltung und Erdgeschichte (1928). C NDB

Guericke, (Heinrich Ernst) Ferdinand, luth. Theologe, * 25. 2. 1803 Wettin, † 4. 2. 1878 Halle / Saale. Der Pfarrerssohn studierte seit 1820 Theologie an der Univ. Halle, wurde 1824 zum Dr. phil. promoviert und habilitierte sich im folgenden Jahr. Seit 1829 lehrte er als a. o. Prof. in Halle, sagte sich 1833 mit einer „Glaubens-Erkl¨arung“ von der Kirche der Union los und trat aus ihr aus. 1835 seiner Professur enthoben, wurde er von Johann Gottfried → Scheibel zum Pastor der Gemeinde der Altlutheraner in und um Halle ernannt, die sich aber infolge der Auswanderung ihrer Mitglieder nach Amerika nicht lange halten konnte. Nach dem Regierungsantritt K¨onig → Friedrich Wilhelms IV. wurde G. 1840 als a. o. Prof. „versuchsweise“ restituiert, jedoch nie zum o. Prof. ernannt. Im selben Jahr gr¨undete er zusammen mit Andreas Gottlob → Rudelbach die „Zeitschrift f¨ur die gesamte lutherische Theologie und Kirche“, die er seit 1862 mit Franz → Delitzsch leitete. G. ver¨offentlichte u. a. ein Handbuch der Kirchengeschichte (1839, 91866), eine Allgemeine christliche Symbolik. Eine vergleichende quellengem¨aße Darstellung der verschiedenen christlichen Confessionen von lutherisch kirchlichem Standpunkte (1839, 31861) und ein Lehrbuch der christlichkirchlichen Arch¨aologie (1847, 21859). C NDB

Guericke, Otto von, urspr. O. Gericke, Ingenieur, Naturforscher, * 30. 11. 1602 Magdeburg, † 21. 5. 1686 Hamburg. G. entstammte einer alten Patrizierfamilie. Sein Bildungsweg wurde daher auch im Hinblick auf eine sp¨atere politische T¨atigkeit ausgerichtet. Er besuchte seit 1617 in Leipzig die Artistenfakult¨at und studierte 1620 Jurisprudenz in Helmstedt, seit 1621 in Jena sowie seit 1623 in Leiden, wo er aber haupts¨achlich bei Frans ¨ Vorlesunvan Schooten d. A. gen zum Vermessungs- und Befestigungswesen h¨orte. Nach einer l¨angeren Bildungsreise wurde G. 1626 in den Rat der Stadt Magdeburg aufgenommen und 1630 zum Bauherrn ernannt. Nach der Zerst¨orung Magdeburgs (1631) wurde er Ingenieur zun¨achst in schwedischen, seit 1635 in kurs¨achsischen Diensten, 1638 wieder Bauherr Magdeburgs und erwarb sich große Verdienste um den Wiederaufbau der Stadt. Seit 1642 wurden ihm die Verhandlungen mit den kriegf¨uhrenden Parteien anvertraut, bei denen er den Abzug s¨amtlicher Truppen aus Magdeburg erreichte; 1646 erhielt er daraufhin neben Abgabenbefreiung das Amt eines der vier B¨urgermeister.

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¨ Gurrlich Auf dem Friedenskongreß in Osnabr¨uck (1646 / 47) und den Exekutionstagen in N¨urnberg (1649) und Wien (1649 / 51) sowie auf dem Reichstag zu Regensburg (1653 / 54) f¨uhrte er Verhandlungen, bei denen es um die Best¨atigung angeblich altverbriefter Reichsfreiheit ging, die G. nicht erreichte. Als ihm trotz teilweise mehrj¨ahriger Abwesenheit in diesen und anderen st¨adtischen Angelegenheiten die daf¨ur erworbenen Privilegien beschnitten wurden, legte er 1676 sein Amt nieder und u¨ bersiedelte 1681 zu seinem Sohn nach Hamburg. G. wurde 1666 geadelt, verbunden mit einer neuen Schreibweise des Namens (auf seinen Wunsch, um auch international richtig ausgesprochen zu werden). H¨ofe und politische Zusammenk¨unfte dienten im 17. Jh. zugleich auch wissenschaftlicher Kommunikation. Nicht erst 1663 am Hof des Großen Kurf¨ursten in Berlin (wo allerdings der ber¨uhmte Halbkugelversuch erstmals mit Pferden vorgef¨uhrt wurde), sondern auch mehrmals auf dem Reichstag in Regensburg f¨uhrte G. seine Vakuumversuche vor. Der Mainzer Kurf¨urst erwarb danach G.s Ger¨ate und ließ an seinem Hof in W¨urzburg die Versuche durch Kaspar → Schott wiederholen, der unter Verwendung brieflicher Ausk¨unfte G.s in Ver¨offentlichungen von 1657 und 1664 u¨ ber sie berichtete (wodurch Robert Boyle zu seinen Versuchen angeregt wurde), lange bevor G. sein eigenes Werk 1672 publizierte. G. h¨orte in Regensburg auch erstmals von den Vakuumversuchen Blaise Pascals und Evangelista Torricellis und war vermutlich durch die Diskussion des neuen Werkes von Ren´e Descartes in Osnabr¨uck u¨ berhaupt zu seinen Experimenten angeregt worden. Jedenfalls versuchte er sogleich nach seiner R¨uckkehr, zuerst Wasser, dann die Luft aus einem geschlossenen Bierfaß (sp¨ater einer Kupferkugel) mit einer zu einer Saugpumpe umgebauten Feuerspritze, der ersten Form seiner von ihm sp¨ater verbesserten Erfindung der Luftpumpe, zu saugen. G. entdeckte im Verlauf u¨ ber mehrere Jahre durchgef¨uhrter Versuche die Pumpf¨ahigkeit und Elastizit¨at der Luft, den Luftdruck sowie dessen Gr¨oße und Arbeitsf¨ahigkeit (statt eines „horror vacui“), die er besonders eindrucksvoll mit den ‚Magdeburger Halbkugeln‘ demonstrierte, sowie die M¨oglichkeit, ein von der noch g¨ultigen aristotelischen Physik generell geleugnetes Vakuum auf Erden zu erzeugen, wobei er aus dem Schwanken des Luftdrucks (das er bereits zur Wettervorhersage auswertete) auf die allm¨ahliche Verd¨unnung der Atmosph¨are und eine interstellare Leere schloß. Ebenfalls untersuchte er das Verhalten von lebenden und toten Gegenst¨anden im Vakuum. Als Anh¨anger des heliozentrischen Weltsystems hatte ihn aber nicht nur die Beschaffenheit der als riesig erkannten R¨aume zwischen den Weltk¨orpern besch¨aftigt (Descartes’ ¨ Ather wollte G. handfest widerlegen), sondern auch die erforderliche Kraftwirkung zwischen (und auf) diesen K¨orpern u¨ ber den leeren Raum hin. G. demonstrierte diese an einer entsprechend der Zusammensetzung der Erde aus Mineralien mit hohem Schwefelanteil (sp¨ater nur aus Schwefel) gegossenen Kugel als reibungselektrisch – und konstruierte damit ein Ger¨at, aus dem sp¨ater die ersten Elektrisiermaschinen entwickelt wurden. WERKE: Experimenta nova (ut vocantur) Magdeburgica de Vacuo Spatio [. . .]. Amsterdam 1672; Faks. Aalen 1962 und Halle / Saale 2002. – Neue (sogenannte) Magdeburger Versuche u¨ ber den leeren Raum. Nebst Briefen, Urkunden und anderen Zeugnissen seiner Lebens- und Schaffensgeschichte u¨ bersetzt und hrsg. v. Hans Schimank u. a. D¨usseldorf 1968 (Kommentar, Biographie, Bibliographie); Neudr. des Textes hrsg. v. Fritz Krafft. D¨usseldorf 1996. LITERATUR: Alfons Kauffeldt: O. v. G. Leipzig 1973. – Fritz Krafft: O. v. G. Darmstadt 1978 (Bibliographie). – Wissenschaftliche Zeitschrift der TH „Otto von Guericke“ Magdeburg 30 (1986) Heft 1 / 2. – Monumenta Guerickiana. Zeitschrift der Otto-von-Guericke-Gesellschaft 1 (1992) ff. –

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Die Welt im leeren Raum. O. v. G. 1602-1686. Hrsg. v. Matthias Puhle. M¨unchen 2002. – Fritz Krafft: Die Suche nach dem, was die Welt zusammenh¨alt. Zu den Hintergr¨unden und Zielen der Versuche O. v. G.s. In: Miscellanea Kepleriana. Festschrift f¨ur Volker Bialas. Augsburg 2005, S. 285-308. Fritz Krafft

Gurrlich, ¨ (Joseph) Augustin, auch G¨urlich, Guerlich, Musiker, Komponist, * 1761 M¨unsterberg (Schlesien), † 27. 6. 1817 Berlin. G. studierte Theologie an der Univ. Breslau, wandte sich dann jedoch ganz seinen musikalischen Interessen zu und u¨ bernahm 1779 ein Lehramt an der kath. Schule in Berlin. Seit 1784 war er Organist an St. Hedwig und trat 1790 als Kontrabassist in die kgl. Kapelle ein. G. war auch als Theorielehrer t¨atig und wurde 1816 zum Musikdirektor und kgl. Kapellmeister ernannt. Er leitete auch die Musikch¨ore der Garde du Corps. Sein umfangreiches kompositorisches Werk umfaßt Opern (u. a. Das Incognito, 1797; Hans Max Giesbrecht von Der Humpenburg, oder: Die neue Ritterzeit, 1815), Ballett- und Schauspielmusik, Kantaten, Lieder und Klaviermusik. C MGG

Gurster, ¨ Eugen, Pseud. Hermann Seinhausen, Hermann Lepel, Schauspieler, Regisseur, Schriftsteller, * 23. 6. 1895 F¨urth, † 1. 5. 1980 M¨unchen. Das Studium der Germanistik in M¨unchen schloß G. 1923 mit der Promotion ab. Schon seit 1922 war er als Direktionsstellvertreter, Regisseur und Schauspieler am Opernhaus Bayreuth t¨atig, 1924 / 25 als Schauspieler und Regisseur an den Vereinigten Theatern in Breslau sowie als freier Schriftsteller. 1926 wurde er Lektor in Berlin, 1932 Chefdramaturg am Hessischen Landestheater in Darmstadt. 1933 emigrierte G. in die Schweiz, bet¨atigte sich als Journalist und schrieb das Schauspiel Wetter ver¨anderlich, das 1934 am Z¨urcher Schauspielhaus aufgef¨uhrt wurde. 1941 ging er in die USA und arbeitete dort als Dozent f¨ur Deutsch an verschiedenen Universit¨aten und Colleges. Nach seiner R¨uckkehr nach Deutschland war er 1952-59 Kulturattach´e an der Deutschen Botschaft in London, 1960-62 in Wien. C Exiltheater

Gurtler, ¨ Alfred, o¨ sterr. National¨okonom, Politiker, * 30. 10. 1875 Deutsch-Gabel (B¨ohmen), † 15. 3. 1933 Graz. Das Studium der Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Prag, Czernowitz und Graz schloß der Fabrikantensohn 1902 mit der Promotion ab und habilitierte sich 1907 in Graz. 1911 wurde er dort a. o., 1919 o. Prof. f¨ur Statistik und o¨ sterr. Finanzrecht. Als Vertreter der Christlichsozialen Partei war er Mitglied der o¨ sterr. Delegation zu den Friedensverhandlungen von St. Germain. 1918 / 19 geh¨orte er der Konstituierenden Nationalversammlung und 1920-30 dem Nationalrat an, dessen Pr¨asident er 1928-30 war. Von Oktober 1921 bis Mai 1922 war G. Bundesminister f¨ur Finanzen, 1926 / 27 Landeshauptmann der Steiermark. Er ver¨offentlichte u. a. Zollgemeinschaft und pragmatische Sanktion (1916).

Gurtler, ¨ Herbert, Veterin¨armediziner, * 19. 4. 1932

ˇ Langenau (CSR), † 10. 2. 2004 Leipzig. G. studierte an der Univ. Leipzig Tiermedizin und wurde 1956 mit der Arbeit Papierelektrophoretische Serumuntersuchungen klinischgesunder und an Borna’scher Krankheit erkrankter Pferde unter besonderer Ber¨ucksichtigung der Methodik. 1966 habilitierte er sich dort, erhielt 1980 eine a. o. Professur, war 1990 Gr¨undungsdekan der wiedereingerichteten Veterin¨armedizinischen Fakult¨at und wurde 1997 als Vorstand des Veterin¨ar-Physiologisch-Chemischen Instituts emeritiert. Er besch¨aftigte sich vor allem mit biochemischen Grundlagen des Stoffwechsels und der Stoffwechselerkrankungen von landwirtschaftlichen Nutztieren, bearbeitete

¨ Gussmann mit anderen das Lehrbuch der Physiologie der Haustiere (1962; 2 Bde., 41980; frz. 1965, erneut 1975; span. 1976, 4 1984) und ver¨offentlichte u. a. Ern¨ahrungsphysiologie der landwirtschaftliche Nutztiere (mit Erich Kolb, 1971). G. war seit 1985 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina.

Gurtler, ¨ Josef, Pseud. Karl Herdach, Karl Spectator, o¨ sterr. Publizist, * 2. 2. 1862 Persenbeug (Nieder¨osterreich), † 5. 1. 1947 Ossiach (K¨arnten). G. brach das Theologiestudium ab, um sich einer journalistischen T¨atigkeit zuzuwenden, und war seit 1886 Redakteur der „Oesterreichischen Volks-Zeitung“ in Warnsdorf (B¨ohmen), zuletzt deren Chefredakteur. 1888 gr¨undete er die kath. Familienzeitschrift „Immergr¨un“ als erste ihrer Art ¨ in Osterreich. Als Leiter der 1898 von ihm begr¨undeten popul¨aren Brosch¨urenreihe „Volksaufkl¨arung“, die bis 1922 in u¨ ber 200 Einzelheften religi¨ose und soziale Probleme behandelte, gewann er großen Einfluß. G., der als Wegbereiter ¨ des kath. Pressewesens in Osterreich gilt, ver¨offentlichte u. a. Katholik und Presse oder praktische Preßf¨orderung (1890). C DLL Guertler, William (Minot), Metallurg, * 10. 3. 1880 Hannover, † 21. 3. 1959 Hannover. Der Sohn eines Mediziners studierte seit 1899 Chemie an den Technischen Hochschulen und Universit¨aten Hannover, ¨ M¨unchen und G¨ottingen, wo er 1904 mit der Arbeit Uber wasserfreie Borate und u¨ ber Entglasung promoviert wurde. Nach seiner Habilitation 1908 ging er als Research Associate an das Massachusetts Insitute of Technology nach Boston. 1914-18 nahm G. am Ersten Weltkrieg teil, wurde 1917 zum a. o. Prof. ernannt und war seit 1918 Assistent am Metallh¨uttenm¨annischen Institut in Berlin, dessen Leitung er 1921 u¨ bernahm. 1930 erhielt er einen Lehrauftrag f¨ur Metallkunde, wurde 1933 o. Prof. und Direktor des Instituts f¨ur angewandte Metallkunde an der TH Berlin und folgte 1936 einem Ruf als Prof. und Direktor des Instituts f¨ur Metallurgie und Werkstoffkunde an die TH Dresden, unter Beibehaltung der Berliner Institutsleitung. G. war h¨aufig zu Gastvorlesungen im Ausland, die er nach seiner Emeritierung 1945 fortsetzte. Er ver¨offentlichte u. a. Metallographie (3 Bde., 1912-35), Vom Erz zum metallischen Werkstoff (1929), Aufbau der deutschen Metalltechnik aus deutschen Werkstoffen (1933), Metall-technisches Taschenbuch (1939) und Metallkunde (1954). C NDB Gurtner, ¨ Franz, Jurist, Politiker, * 26. 8. 1881 Regensburg, † 29. 1. 1941 Berlin. G., Sohn eines Lokomotivf¨uhrers, studierte Rechtswissenschaften an der Univ. M¨unchen, wurde 1909 Syndikus des Bayerischen Brauerbundes und trat im selben Jahr als Staatsanwalt in den bayerischen Staatsdienst ein. Seit 1912 Amtsrichter, nahm er am Ersten Weltkrieg teil und wurde 1920 Landgerichtsrat in M¨unchen. Erneut im bayerischen Justizministerium t¨atig, wurde er 1921 Oberregierungsrat und u¨ bernahm 1922 als Mitglied der deutsch-nationalen Bayerischen Mittelpartei das Amt des Justizministers in verschiedenen bayer. Kabinetten. In dieser Stellung betrieb G. die vorzeitige Entlassung → Hitlers aus der Festungshaft in Landsberg, die Wiederzulassung der NSDAP und die Aufhebung des Redeverbots f¨ur Hitler. 1932-41 war er Reichsjustizminister, 1934 / 35 zugleich preuß. Justizminister, als der er die Reichsvereinheitlichung durch Ausschaltung der L¨anderjustizverwaltungen durchf¨uhrte. G. war u. a. f¨ur das „Staatsnotwehrgesetz“ von 1934 verantwortlich, mit dem nachtr¨aglich die Rechtsgrundlage f¨ur die Morde im Zusammenhang der R¨ohm-Aff¨are geschaffen wurde. Da die Gestapo, der Sicherheitsdienst und die SS der Justiz v¨ollig entzogen waren, wurde der Einfluß G.s zunehmend geringer. C Braune Elite 2

Guß, ¨ Egon Thomas, evang. Theologe, * 10. 3. 1902 Konstanz, † 26. 5. 1991 Karlsruhe. G., Sohn eines Oberpostassistenten, studierte seit 1921 Theologie und Philosophie in T¨ubingen, Berlin und Heidelberg. 1927 war er Pfarrkandidat beim Evangelischen Jugend- und Wohlfahrtsamt in Mannheim, seit 1928 Vikar in Offenburg. 1933 erhielt er eine Pfarrstelle in Stein, schloß sich 1934 mit seiner Gemeinde der Bekennenden Kirche an und gr¨undete 1938 eine aus Pfarrern und Vikaren bestehende theologische Arbeitsgemeinschaft mit Sitz in Durlach, deren Mitglieder den Eid auf den F¨uhrer verweigerten. Bald verboten, konnte die Gemeinschaft ihre Treffen erst nach Kriegsende wieder aufnehmen. G. gab sein Pfarramt 1953 auf und unterrichtete bis 1967 als Religionslehrer an einem Gymnasium in Karlsruhe.

Gussefeld, ¨ Franz (Ludwig), Kartograph, * 5. 12. 1744 Osterburg (Altmark), † 17. 6. 1808 Weimar. G., Sohn eines Notars und Senators, wurde Sch¨uler des Baudirektors Hahn in K¨onigsberg und arbeitete unter dessen Anleitung an der Vermessung und Trockenlegung des Netzebruches. Da seine Anstellung beim preuß. Geniekorps nicht zustandekam, trat er sp¨ater in sachsen-weimarische Dienste und wurde Forstrat. G.s Karte der Provinz Brandenburg (1773) wurde bei Homanns Erben verlegt. Er erarbeitete in den folgenden Jahren u¨ ber hundert geographische Karten unter Ber¨ucksichtigung astronomischer und mathematischer Daten. Seit 1808 war G. f¨ur das Landes-Industrie-Comptoir und f¨ur Friedrich Justin → Bertuchs Geographisches Institut in Weimar t¨atig. Gußfeldt, ¨ (Richard) Paul (Wilhelm), Forschungsreisender, Mathematiker, * 14. 10. 1840 Berlin, † 17. 1. 1920 Berlin. Das Studium der Naturwissenschaften und Mathematik an den Universit¨aten Heidelberg, Berlin, Gießen und Bonn schloß G., Adoptivsohn eines Stadtrats und Kaufmanns, 1865 mit der Promotion ab (De curva plana tertiae classis, tangenti duplici praedita) und habilitierte sich 1868 in Bonn f¨ur Mathematik. Seine erste Forschungsreise fand 1873 statt, als er im Auftrag der Gesellschaft zur Erforschung ¨ Aquatorial-Afrikas die Leitung einer Expedition nach Westafrika an die Loango-K¨uste u¨ bernahm. 1876 bereiste G. ¨ Agypten und die Arabische W¨uste und erforschte 1882 / 83 mit Unterst¨utzung der Preußischen Akademie der Wissenschaften die Kordilleren S¨udamerikas. Nach seiner R¨uckkehr widmete er sich zun¨achst einer literarischen T¨atigkeit und schilderte seine Erlebnisse in zahlreichen Reiseberichten, u. a. Reise in den Anden von Chile und Argentinien (1888). 1892-1914 war G. Prof. und Leiter des naturwissenschaftlichen Unterrichts des Seminars f¨ur Orientalische Sprachen in Berlin und hatte das Lehramt f¨ur geographisch- astronomische Ortsbestimmungen inne. Er war auch ein begeisterter Alpinist und nahm an einigen Erstbesteigungen teil (In den Hochalpen, 1886, 31892). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Grundz¨uge der astronomisch-geographischen Ortsbestimmung auf Forschungsreisen und die Entwickelung der hierf¨ur massgebenden mathematisch-geometrischen Begriffe (1902), Die Loango-Expedition ausgesandt von der ¨ deutschen Gesellschaft zur Erforschung Aquatorial-Africas 1873-1876 (3 Bde., 1879-1907) und Meine Erinnerungen an den Prinzen Friedrich Karl von Preußen (1910). Seit 1878 war G. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. C Poggendorff 3-4

Gussmann, ¨ Franz, auch G¨ußmann, Gysman, Jesuit, Physiker, Astronom, * 30. 9. 1741 Wolkersdorf (Niedero¨ sterreich), † 28. 1. 1806 Seitenstetten (Nieder¨osterreich). G. trat 1756 in die Gesellschaft Jesu ein, studierte an der Univ. Wien, wo er zum Dr. phil. promoviert wurde, und war seit 1773 als Vermesser t¨atig. Nach der Aufhebung seines Ordens war er Weltgeistlicher in Lemberg, wurde dort

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¨ Gustrow Prof. der Physik und ging 1787 in gleicher Stellung nach Wien, wo er 1791-1802 am Theresianum unterrichtete und Adjunkt der Sternwarte war. G. gab die Christliche Unterhaltung f¨ur die Feiertage und Abende (4 Bde., 1795-98) heraus und verfaßte u. a. Beitr¨age zur Bestimmung des Alters ¨ unserer Erde (2 Bde., 1782 / 83) sowie eine Arbeit Uber die bisherigen Versuche und derselben Berechnung in Hinsicht auf die Theorie des Stoßes und Widerstoßes fl¨ussiger K¨orper (1805).

Gustrow, ¨ Tidemann von, auch van Gustrowe, B¨urgermeister von L¨ubeck, † 22. 8. 1350 L¨ubeck. Der Sohn eines L¨ubecker Ratsmanns hatte vermutlich schon fr¨uh eine leitende wirtschaftliche und politische Stellung in seiner Heimatstadt inne und wurde nach dem Tod seines Vaters in den L¨ubecker Rat gew¨ahlt. 1336 und 1344 f¨uhrten ihn diplomatische Missionen nach Schweden; er war maßgeblich an den Verhandlungen der St¨adte mit Magnus Eriksson von Schweden um ihre Privilegien auf Schonen beteiligt, die die hansische Stellung am Sund festigten. Seit 1348 B¨urgermeister von L¨ubeck, starb G. zwei Jahre danach an der Pest. Er machte sich auch um die Kodifikation des L¨ubecker Rechts verdient und initiierte die Zusammenstellung und Niederschrift des Codex Tidemann G¨ustrow (1348), der einen rechtssystematischen Fortschritt darstellte.

Guterbock, ¨ Grete, geb. Auer, Pseud. Grete Auer, Schriftstellerin, * 25. 6. 1871 Wien, † 1952 Buenos Aires. Die Tochter des Architekten Hans Wilhelm → Auer schloß ihr Studium an der Univ. Bern mit der Promotion zum Dr. phil. ab und lebte 1897-1903 in Marokko. 1906 ließ sie sich mit ihrem Ehemann in Berlin nieder und emigrierte 1933 nach Argentinien. G. war vorwiegend als Reiseschriftstellerin und Erz¨ahlerin t¨atig und ver¨offentlichte 1904 als Erstling Marokkanische Erz¨ahlungen. 1925 erschien Ibn Chaldun. Eine Berbergeschichte aus der Almohadenzeit. Guterbock, ¨ Hans Gustav, Hethitologe, * 27. 5. 1908 Berlin, † 29. 3. 2000 Chicago. Der aus einer Bankiersfamilie stammende G. studierte Assyriologie bei Benno → Landsberger in Leipzig und in Marburg / Lahn. 1933 wurde er in Leipzig mit der Dissertation Die historische Tradition und ihre literarische Gestaltung bei Babyloniern und Hethitern bis 1200 promoviert und nahm an den deutschen Ausgrabungen in der Hethiterhauptstadt Hattusa unter Kurt → Bittel teil. Dort besch¨aftigte sich G. u. a. mit den hethitischen K¨onigssiegeln und hatte Anteil an der Entzifferung der hethitischen Hieroglyphen (Siegel aus Boˇgazk¨oy, 1940-42). Seit 1936 Prof. f¨ur Hethitologie an der Univ. Ankara, wurde er 1948 entlassen und lehrte an der Univ. Uppsala, ehe er 1949 einem Ruf an das Oriental Institute der University of Chicago folgte. Nach seiner Emeritierung 1976 arbeitete er zusammen mit Harry A. Hoffner an einem hethitischen W¨orterbuch, dessen erste Lieferung 1980 erschien. G. hat der Hethitologie durch seine Texteditionen umfangreiches neues Material erschlossen, darunter Kumarbi. Mythen vom churritischen Kronos (1946). Seit 1973 z¨ahlte er zu den Herausgebern des „Journal of Cunei¨ Akad, Jg. 150 form Studies“. C Almanach Ost Guterbock, ¨ Karl Eduard, Jurist, Rechtshistoriker, * 18. 4. 1830 K¨onigsberg (Preußen), † 9. 7. 1914 K¨onigsberg. G., Sohn eines Posthalters, studierte 1847-51 Rechtswissenschaften an den Universit¨aten K¨onigsberg, Bonn, M¨unchen und Berlin und trat 1851 als Gerichtsauskultator in den Staatsdienst ein. Seit 1858 Stadtrichter, wurde er 1863 Stadtgerichtsrat beim K¨onigsberger Stadtgericht. 1860 in K¨onigsberg zum Dr. jur. promoviert, habilitierte sich G. im folgenden Jahr und wurde 1862 a. o., 1865 o. Prof. des Strafrechts.

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Seit 1893 geh¨orte er dem Preußischen Herrenhaus an. In seinen wissenschaftlichen Arbeiten besch¨aftigte er sich vorwiegend mit Strafrechtsgeschichte und ver¨offentliche u. a. Die Entstehungsgeschichte der Carolina (1876) und Zur Redaktion der Bambergensis (1910). C Altpreuß Biogr, Bd 3

Guetermann, Erika, geb. Mitz, Journalistin, Lyrikerin,

¨ Ubersetzerin, * 2. 7. 1895 Hamburg, † 25. 5. 1988 Locarno. Nach einer musikp¨adagogischen Ausbildung am Konservatorium in Hamburg studierte G. Literatur, Kunstgeschichte und Philosophie an der dortigen Univ. und arbeitete seit 1919 f¨ur die Bereiche Film, Theater und Kunst bei verschiedenen Hamburger Zeitungen. Erste Gedichte wurden in Zeitungen ver¨offentlicht. 1933 mit Berufsverbot belegt, 1935 / 36 in Fuhlsb¨uttel inhaftiert, emigrierte G. 1938 in die USA, wurde 1944 amerikanische Staatsb¨urgerin und lebte seit 1950 in New York. 1966 erschien ihr erster Gedichtband ¨ Maschine und Magnolia, dem 1979 nach ihrer Ubersiedlung nach Ascona eine zweite Lyriksammlung Von Alpha bis Romeo folgte. C Killy

Gutersloh, ¨ Albert Paris, eigentl. Albert Conrad Kiehtreiber, weiteres Pseud. Paris von G¨utersloh, o¨ sterr. Schriftsteller, Maler, * 5. 2. 1887 Wien, † 16. 5. 1973 Baden (Nieder¨osterreich). G., Sohn eines Textilkaufmanns, besuchte Klosterschulen in Melk und Bozen, verließ die Schule 1904 ohne Matura, nahm Schauspielunterricht bei Wilhelm → Popp in Wien und spielte seit 1906 unter dem Namen Albert Matth¨aus an verschiedenen o¨ sterr. Provinzb¨uhnen. Er schloß sich dem Kreis um Gustav → Klimt an, befreundete sich mit Egon → Schiele und trat als Maler erstmals auf der Internationalen Kunstschau Wien 1909 und der ersten Ausstellung der „Neukunst-Gruppe“ in Erscheinung. 1910 arbeitete er als B¨uhnenbildner und Regisseur f¨ur Max → Reinhardt am Deutschen Theater in Berlin und war 1920 / 21 Oberregisseur am M¨unchner Schauspielhaus. G.s erster Roman Die tanzende T¨orin (1911, Neuausg. 1973), der von unerf¨ullter Lebenssehnsucht, Inzest und gleichgeschlechtlichem Begehren handelt, z¨ahlt zu den fr¨uhesten Werken des literarischen ¨ Expressionismus in Osterreich. Er verfaßte auch Beitr¨age f¨ur die Zeitschrift „Die Aktion“, die ihm 1914 eine Sondernummer widmete. 1911-13 lebte G. als Maler und Kunstberichterstatter der „Budapester Presse“ in Paris, wo er seine Malerei unter dem Eindruck von Picasso und Matisse weiterentwickelte. 1915 zog G. als Freiwilliger in den Ersten Weltkrieg; 1917 in das Kriegspressequartier in Wien versetzt, lernte er u. a. Franz → Blei kennen, mit dem er 1918-20 die Zeitschrift „Die Rettung“ herausgab. Durch Blei wurde G. auch mit dem Staatsrechtler Carl → Schmitt bekannt, der ihn in seiner weiteren geistigen Entwicklung beeinflußte. 1921 / 22 erschienen in rascher Folge vier B¨ucher, darunter Die Rede u¨ ber Blei oder Der Schriftsteller in der Katholizit¨at (1922) und Der L¨ugner unter B¨urgern (1922). 1924 ver¨offentlichte er Kain und Abel. Eine Legende mit eigenen Lithographien, 1926 Bekenntnisse eines modernen Malers. G. lebte in dieser Zeit zun¨achst in Italien, seit 1925 vorwiegend in Cagnes-sur-mer (S¨udfrankreich). 1931 u¨ bernahm er eine Professur an der Kunstgewerbeschule in Wien und leitete zun¨achst in der Allgemeinen Abteilung das Studium der menschlichen Gestalt; 1935 wurde ihm das neugeschaffene Fach „Kirchliches Kunstgewerbe“ u¨ bertragen. Er f¨orderte besonders die Gobelinkunst. Als u¨ berzeugter Parteig¨anger des St¨andestaates 1938 pensioniert, wurde G., seit

¨ Gutt 1933 Mitglied der Wiener Secession, 1940 mit Berufsverbot belegt und als Hilfsarbeiter und Buchhalter in einem R¨ustungsbetrieb in Fischamend (Nieder¨osterreich) dienstverpflichtet. Protegiert von Herbert → Boeckl, wurde er 1945 als Prof. f¨ur Fresko und Gobelindesign an die Akademie der bildenden K¨unste in Wien berufen, deren Rektor er 1953 / 54 war. 1946 / 47 ver¨offentlichte G., der sich 1926 aus Protest gegen den vorherrschenden „Belletrismus“ von der literarischen ¨ Offentlichkeit zur¨uckgezogen hatte, die zum Teil bereits vor dem Zweiten Weltkrieg entstandenen B¨ucher Eine sagenhafte Figur. Ein platonischer Roman mit einem Nachwort in usum delphini und Die Fabeln vom Eros, 1957 den Gedichtband Musik zu einem Lebenslauf. 1962 erschien sein Hauptwerk, der von ihm selbst als „Materiologie“ bezeichnete Roman Sonne und Mond. Ein historischer Roman aus der Gegenwart, eine Allegorie auf die politischen und ge¨ sellschaftlichen Verh¨altnisse in Osterreich im Umfeld des Ersten Weltkriegs. Der Roman zeichnet sich durch Aufl¨osung des Erz¨ahlens durch Abschweifung aus, wie nach G. Aufgabe des („totalen“) Romans das „Verbreiten von Unsicherheit“ sei. Der sich bis dahin als „Sch¨uler“ G.s bezeichnende Heimito von → Doderer, der 1930 die Monographie Der Fall G¨utersloh. Ein Schicksal und seine Deutung (Neuausg. 1961) ver¨offentlicht und das Entstehen des Romans seit den dreißiger Jahren verfolgt hatte, erkannte sich in der unsympathischen Figur des Ariovist von Wissendrum wieder. In Die Fabel von der Freundschaft. Eine sokratischer Roman (1969) setzte sich G. mit dem Faust-Stoff auseinander. Von 1947 bis zu dessen Aufl¨osung war G. Pr¨asident der Wiener K¨unstlervereinigung „Art Club“. Aus Sch¨ulern an der Akademie der bildenden K¨unste, darunter sein Sohn Wolfgang Hutter, ging die sp¨atere „Wiener Schule des phantastischen Realismus“ hervor. Bereits 1923 mit dem TheodorFontane-Preis ausgezeichnet, erhielt G. 1952 den Großen ¨ Osterreichischen Staatspreis f¨ur bildende Kunst, 1962 den f¨ur Dichtkunst. Sein stilistisch heterogenes, vom Secessionsstil bis zu neuromantischer Malerei reichendes bildk¨unstlerisches Werk umfaßt Zeichnungen, Gobelinentw¨urfe, „Mi¨ gemalte Tafelbilder, darunter niaturen“, Aquarelle und in Ol Stilleben, Landschaften und Bildnisse. WEITERE WERKE: Die Vision vom Alten und vom Neuen. Hellerau 1921. – Innozenz oder Sinn und Fluch der Unschuld. Hellerau 1922. – Hrsg.: Franz Blei. Schriften in Auswahl (mit einem Nachwort). M¨unchen 1960. – Laßt uns den Menschen machen. Wien 1962. – Zur Situation der modernen Kunst. Aufs¨atze und Reden. Wien u. a. 1963. – Gewaltig staunt der Mensch. Eingeleitet und ausgew¨ahlt von Heimito von Doderer. Graz / Wien 1963. – Der innere Erdteil. Aus den „W¨orterb¨uchern“. M¨unchen / Z¨urich 1966. Aus dem Nachlaß vervollst¨andigte Neuausg., hrsg. v. Irmgard Hutter. M¨unchen / Z¨urich 1987. – Miniaturen zur Sch¨opfung. Eine kleine Zeitgeschichte. Salzburg 1970. – Paradiese der Liebe. Aus unver¨offentlichten Schriften. Hrsg. v. Alfred Focke. Wen 1972. – Treppe ohne Haus oder Seele ohne Leib. Sp¨ate Gedichte. Eisenstadt 1974. – Beispiele. Schriften zur Kunst. Bilder. Werkverzeichnis. Hrsg. v. Heribert Hutter. Wien / M¨unchen 1977. – Briefe an Milena (1932-1970). Hrsg. v. Reinhard T¨otschinger. St. P¨olten 1980. – Heimito von Doderer / A. P. G.: Briefwechsel 1928-62. Hrsg. v. Reinhold Treml. M¨unchen 1986. – Zur modernen Kunst. Schriften und Reden 1912-1957. Wien 1991. LITERATUR: A. P. G. Zum 75. Geburtstag. M¨unchen 1962. – A. P. G. Autor und Werk. M¨unchen 1962. – Felix Thurner: A. P. G. Studien zu seinem Romanwerk. Bern 1970. – ¨ Otto Breicha (Hrsg.): Der Art Club in Osterreich. Zeugen und Zeugnisse eines Aufbruchs. Wien / M¨unchen 1981. – A. P. G. Retrospektive. Baden 1982 (Ausstellungskatalog). – Michael Bielefeld: A. P. G. In: KLG (1985). – Allegorie

und Eros. Texte von und u¨ ber A. P. G. Hrsg. v. Jeremy Adler. M¨unchen / Z¨urich 1986. – A. P. G. zum 100. Geburtstag. Wien 1987. – Senta Radax-Ziegler: Labyrinthe der Liebe. A. P. G. und Milena Hutter. Wien u. a. 1988. – Manfred M¨uller: „Der Fall G¨utersloh“ und seine Auswirkungen auf Heimito von Doderers fr¨uhe Autorenpoetik. Diss. Wien 2002. – Mythos Art Club. Der Aufbruch nach 1945. Krems 2003 (Ausstellungskatalog). Bruno Jahn

Gutgemann, ¨ Alfred, Chirurg, * 14. 12. 1907 Mehlem bei Bonn, † 17. 1. 1985 Bonn. G. studierte Medizin an der Univ. Bonn, wo er 1934 zum Dr. med. promoviert wurde (Untersuchungen u¨ ber ¨ den Blutmilchs¨aurespiegel bei Operationen in Athernarkose, Lumbal- und Lokalan¨asthesie) und sich 1941 f¨ur Chirurgie habilitierte (Urographische Untersuchungen bei venalen und extravenalen Geschwulstbildungen). Seit 1942 Dozent an der Bonner Medizinischen Fakult¨at, wurde er 1948 außerplanm¨aßiger Prof. und war 1954-77 o. Prof. der Chirurgie und Direktor der Universit¨atsklinik in Bonn. 1969 f¨uhrte G. die erste Lebertransplantation in Deutschland durch. 1970 pr¨asidierte er der Deutschen Gesellschaft f¨ur Chirurgie und wurde 1971 Ehrenmitglied der International Academy of Proctology sowie Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. G. ver¨offentlichte u. a. 1960 Chirurgie des Magensarkoms (1960, mit H. W. Schreiber). C Munzinger Guth, ¨ Werner, Unternehmer, * 24. 5. 1886 G¨utersloh, † 19. 11. 1964 G¨utersloh. G., dessen Vater in G¨utersloh eine Bandweberei betrieb, erhielt eine Ausbildung in einem Wuppertaler Betrieb und besuchte die Webschule in Barmen, bevor er f¨ur l¨angere Zeit ¨ ins Ausland ging und u. a. 1912-14 f¨ur eine deutsche Uberseehandelsfirma in Valpara´ıso (Chile) arbeitete. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg trat er 1918 in das Unternehmen seines Vaters ein, das er nach dessen Tod seit 1921 leitete. Unter seiner F¨uhrung konnten der Betrieb erheblich ausgebaut und neue Absatzm¨arkte erschlossen werden; weltweit unterhielt das Unternehmen nun zahlreiche Vertretungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg f¨uhrte G. die Produktion fort, richtete ein Lehrlingsheim ein und hatte 1947-62 den stellvertretenden Vorsitz des Arbeitgeberverbands sowie die Leitung der Fachgruppe Textil inne. C M¨anner Wirtschaft

Guthling, ¨ Wilhelm, Archivar, * 5. 3. 1906 Kalau (Brandenburg), † 15. 10. 1971 Siegen. Der Pfarrerssohn studierte Geschichte und Philologie an den Universit¨aten Halle und Berlin, wurde 1931 in Halle zum Dr. phil. promoviert und arbeitete seit 1933 als Archivar am Staatsarchiv in D¨usseldorf, 1938-45 am Reichsarchiv in Potsdam. 1949 u¨ bernahm er die Leitung des Archivs und der Bibliothek in Siegen und war bis 1964 Direktor des Museums des Siegerlandes. 1958 gr¨undete G. die Forschungsstelle Siegerland und gab die „Siegerl¨ander Beitr¨age zur Geschichte und Landeskunde“ heraus.

Gutt, ¨ Arthur (Julius), Mediziner, Rassenhygieniker, * 17. 8. 1891 Michelau (Westpreußen), † 2. 3. 1949 Stade. G., Sohn eines Gutsbesitzers, studierte Medizin in Greifswald und K¨onigsberg (Promotion 1919, Die einfachen und kombinierten L¨ahmungen des Nervus recurrens), ließ sich nach seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg als praktischer Arzt in Ostpreußen nieder, wurde 1925 Medizinalassistent in Waldenburg (Schlesien), kam 1926 als Medizinalrat nach Marienwerder (Westpreußen) und wurde sp¨ater nach Wandsbek (Schleswig-Holstein) versetzt. G. war 1923-25 Kreisleiter der Deutsch-v¨olkischen Freiheitsbewegung im Kreis

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¨ Gutt Labiau (Ostpreußen), formulierte bereits 1924 Rassepolitische Richtlinien f¨ur die nationalsozialistische Freiheitsbewegung und wurde einer der Hauptbef¨urworter der Erbgesundheitslehre. 1932 trat er der NSDAP, 1933 der SS bei. Nach der nationalsozialistischen Macht¨ubernahme wurde er Ministerialrat und 1934 Leiter der Abteilung Volksgesundheit im Reichsinnenministerium. Im folgenden Jahr wurde G. Leiter des Amtes f¨ur Bev¨olkerungspolitik und Erbgesundheitslehre im Stab des Reichsf¨uhrers SS sowie Pr¨asident der Staatsakademie des o¨ ffentlichen Gesundheitsdienstes. Er war f¨uhrend an Gesetzen wie dem „Gesetz zur Verh¨utung erbkranken Nachwuchses“, dem „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ sowie dem sogenannten „Ehegesundheitsgesetz“ beteiligt, zu denen er auch Kommentare ver¨offentlichte. G., der nach internen Intrigen 1939 aus dem Reichsministerium des Inneren ausschied und damit den Weg f¨ur Leonardo → Conti freimachte, publizierte eine Reihe von Schriften u¨ ber Rassenhygiene, u. a. Ausmerzung krankhafter Erbanlagen (1934, 21940), Der Aufbau des Gesundheitswesens im Dritten Reich (1935, 41938) und Die Rassenpflege im Dritten Reich (1940). G., der nach dem Krieg vor¨ubergehend interniert war, beging Selbstmord. Er war der Vater von Dieter → G. C Altpreuß Biogr, Bd 3

Gutt, ¨ Dieter, Journalist, * 24. 2. 1924 Marienwerder (Ostpreußen), † 28. 1. 1990 Hamburg. Der Sohn Arthur → G.s studierte nach seiner Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und anf¨anglichen medizinischen Studien Journalismus und Publizistik an den Universit¨aten Berlin, Kiel, Mainz und K¨oln. Er wurde Mitarbeiter der Berliner „Weltb¨uhne“, sp¨ater Korrespondent der K¨olner „Welt der Arbeit“ und des Berliner „Telegraf“ in Bonn und arbeitete seit 1956 als Rundfunkredakteur beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) in K¨oln, wo er schließlich stellvertretender Chefredakteur des Fernsehens wurde. Seit 1967 war G. politischer Koordinator der ARD und bis 1972 in der Programmdirektion in M¨unchen t¨atig, bevor er 1973 als Korrespondent f¨ur H¨orfunk und Fernsehen zu den Vereinten Nationen nach New York ging. 1978 kehrte G. als Chefredakteur und Leiter des Ressorts „ARD-aktuell“ zur¨uck, war seit 1981 wieder Redakteur beim WDR und 1983-86 stellvertretender Chefredakteur bei dem Hamburger Magazin „stern“. 1969 erschien seine Kommentarsammlung Es spricht Dieter G¨utt. C Munzinger

Guttenberger, ¨ Heinrich, o¨ sterr. P¨adagoge, * 14. 7. 1886 Stetten bei Korneuburg (Nieder¨osterreich), † 23. 5. 1946 M¨odling (Nieder¨osterreich). Von b¨auerlicher Herkunft, studierte G. nach dem Besuch der Lehrerbildungsanstalt Geschichte und Geographie an der Univ. Wien und wurde zum Dr. phil. promoviert. Anschließend an der Lehrerbildungsanstalt in Wiener Neustadt t¨atig, war er 1922-38 Landesschulinspektor f¨ur die Pflichtschulen und Lehrerbildungsanstalten in Nieder¨ostereich. G., der sich insbesondere um die Erneuerung der Volksschulen einsetzte, verfaßte zahlreiche p¨adagogische Schriften, u. a. Pestalozzi und die Schulerneuerung der Gegenwart (1926). ¨ Guttinger, ¨ Fritz, schweizer. Ubersetzer, P¨adagoge, * 30. 1. 1907 Z¨urich, † 21. 5. 1992 Z¨urich. Nach seinem Studium an den Universit¨aten Z¨urich, London und Berlin, das er mit der Promotion zum Dr. phil. abschloß, war G. 1946-76 Gymnasiallehrer in Winterthur. ¨ Daneben machte er sich als Ubersetzer und Vermittler englischer und amerikanischer Literatur einen Namen, u. a. 1944 ¨ mit der Ubersetzung von Herman Melvilles Moby Dick. ¨ 1963 erschien sein Werk Theorie und Technik des Uber¨ setzens. 1969 wurde G. mit dem Ubersetzerpreis der MaxGeilinger-Stiftung ausgezeichnet.

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Guttler, ¨ Carl, Philosoph, * 26. 1. 1848 Reichenstein (Schlesien), † 12. 2. 1924 M¨unchen. G., Sohn eines Industriellen, studierte Naturwissenschaften und Pal¨aontologie in Berlin und Breslau, wo er 1870 mit einer Arbeit Ueber die Formel des Arsenikalkieses zu Reichenstein i. Schl. und dessen Goldgehalt promoviert wurde. Danach im v¨aterlichen Betrieb t¨atig, ging er 1874 nach M¨unchen, um kath. Theologie zu studieren. Aufsehen erregte seine 1879 anonym erschienene Schrift Genesis und Exodus im preußischen Kulturkampf. 1884 habilitierte er sich an der Univ. M¨unchen f¨ur Philosophie (Lorenz Oken und sein Verh¨altnis zur modernen Entwicklungslehre), war Privatdozent und wurde 1898 Professor. G. besch¨aftigte sich mit philosophischer Prop¨adeutik, Logik, Erkenntnislehre, Religionsphilosophie und Geschichte der neueren Philosophie. Er suchte eine Verbindung zwischen einem gem¨aßigten Neukantianismus und der alten Offenbarungsreligion. Als Vertreter einer idealistischen Weltanschauung wandte er sich gegen den Psychologismus. G. ver¨offentlichte u. a. Naturforschung und Bibel in ihrer Stellung zur Sch¨opfung (1877, 2 1881) und Eduard Lord Herbert von Cherbury. Ein kritischer Beitrag zur Geschichte des Psychologismus und der Religionsphilosophie (1897). 1912 erschien seine Neuausgabe der Meditationen des Descartes. C BEdPh Gutzlaff, ¨ Karl (Friedrich August), luth. Theologe, Missionar, * 8. 7. 1803 Pyritz (Pommern), † 9. 8. 1851 Hongkong. Der Sohn eines Schneiders absolvierte zun¨achst eine Lehre als G¨urtler und besuchte seit 1881 die Missionsschule des Johannes → J¨anicke in Berlin. 1826 wurde G. von der Niederl¨andischen Missionsgesellschaft als Missionspionier nach Niederl¨andisch-Indien geschickt, kam schließlich bis nach Siam und entwickelte 1828-31 eine rege missionarische T¨atigkeit in Bangkok. Mit dem R¨uckhalt des American Board of Commissioners for Foreign Missions unternahm er als erster evang. Missionar auch Reisen nach China, Korea und Japan und wurde 1838 Dolmetscher und chinesischer Sekret¨ar der englischen Regierung. Nach seiner Versetzung als Sekret¨ar f¨ur die chinesischen Angelegenheiten nach Hongkong (1843) widmete er sich wieder verst¨arkt missionarischer T¨atigkeit und gr¨undete 1844 den „Verein f¨ur die Verbreitung des Evangeliums in China durch Chinesen“. C NDB

Gufler, Josef, o¨ sterr. Journalist, * 6. 5. 1872 Meran (S¨udtirol), † 2. 10. 1930 Innsbruck. G. studierte Rechtswissenschaften an der Univ. Innsbruck, wandte sich dann dem Journalismus zu und wurde Redakteur, 1906 Chefredakteur der „Tiroler Stimmen“, die 1919 mit dem „Tiroler Anzeiger“ vereinigt wurden. 1921 u¨ bernahm er die Leitung der „Bozener Nachrichten“. Nach der Unterdr¨uckung dieser Zeitung arbeitete er vor¨ubergehend bei den „Dolomiten“, kehrte dann nach Innsbruck zur¨uck und schloß sich dem Bauernbund an. Seit 1929 war G. Chefredakteur der „Tiroler Bauernzeitung“ und wurde im folgenden Jahr Opfer eines Raub¨uberfalls in der N¨ahe von Schloß Ambras. Er gilt als Vork¨ampfer f¨ur eine Wiedervereinigung Tirols. Gugelberg von Moos, Hortensia, geb. von Salis, schweizer. Heilkundige, Schriftstellerin, * 1659 Maienfeld (Kt. Graub¨unden), † 29. 6. 1715 Maienfeld. G. v. M. stammte aus einer vornehmen protestantischen Familie und heiratete 1682 ihren als Leutnant in franz¨osischen Diensten stehenden Vetter Rudolf G. v. M., der 1692 fiel. Nachdem auch alle ihre Kinder fr¨uh gestorben waren, widmete sie sich autodidaktischen religi¨osen, medizinischen und naturwissenschaftlichen Studien und stand mit zeitgen¨ossischen Gelehrten, u. a. Johann Heinrich → Heidegger und Johann Jakob → Scheuchzer, in Briefwechsel. In ihrer Hei-

Guggenheim ¨ mat galt G. v. M. als hervorragende Arztin und Kr¨auterkundige; schriftstellerisch trat sie als Verfechterin des reformierten Glaubens hervor. In ihrer 1695 erschienenen und heftig umstrittenen Glaubens-Rechenschaft einer Hochadeligen, Reformiert-evangelischen Dame versuchte sie, kath. Glaubenss¨atze zu widerlegen. Im folgenden Jahr ver¨offentlichte G. v. M. ihre an die weibliche Leserschaft gerichteten Geist- und Lehrreichen Conversationsgespr¨ache (1696), in denen allt¨agliche, wissenschaftliche und gesellschaftspolitische Themen behandelt werden. Sie setzte sich f¨ur die Rechte der Frauen und die Verbesserung ihrer Bildungsm¨oglichkeiten ein und wurde damit zu einer Vorl¨auferin der schweizer. Frauenbewegung.

Gugelot, Hans (Johan), Designer, * 1. 4. 1920 Celebes (Indonesien), † 10. 9. 1965 Ulm. G. studierte 1940-46 Architektur in Lausanne und an der ETH Z¨urich und war nach der Zusammenarbeit mit Max → Bill und einer freischaffenden T¨atigkeit 1954-65 in der Designabteilung der Firma Braun angestellt. Im selben Zeitraum leitete er die Entwicklungsgruppe 2 f¨ur Produktdesign an der Hochschule f¨ur Gestaltung in Ulm, wo er sich neben Otl → Aicher f¨ur ein Designverst¨andnis im Sinne der Maxime „Form Follows Function“ einsetzte. Diesen Grundsatz befolgte G. auch bei seinen Entw¨urfen von Haushaltsger¨aten f¨ur die Firma Braun, wo er maßgeblich an der Entwicklung des charakteristisch-n¨uchternen Braun-Stils beteiligt war. Bekannt wurde er durch seinen Entwurf des „Phonosuper SK 4“, der wegen seines Deckels aus Acrylglas und seiner geometrischen Formen auch „Schneewittchensarg“ genannt wurde. Der Stil G.s, der auch f¨ur die Firmen Kodak und Bofinger arbeitete, hatte großen Einfluß auf das Produktdesign Deutschlands. Zu seinen bekanntesten Entw¨urfen z¨ahlen die Hamburger U-Bahn-Wagen, das Schrankwandsystem M 125 und der zusammen mit Max Bill gestaltete „Ulmer Hocker“.

Gugg, Hugo, Maler, * 21. 8. 1878 Leipzig, † 25. 4. 1956 Weimar. Zun¨achst im Selbststudium ausgebildet, wurde G. 1901 Sch¨uler Paul → Schultze-Naumburgs in Saaleck und erhielt 1921 einen Ruf als Prof. an die Staatliche Hochschule f¨ur bildende Kunst nach Weimar, wo er bis 1945 die Leitung der Landschaftsklasse innehatte. Er schuf neben zahlreichen Landschaften aus Th¨uringen und Italien eine Reihe von Portr¨ats, u. a. das Bildnis des Reichsgerichtspr¨asidenten Rudolf von Seckendorff (1920). Nach 1945 arbeitete G. an der Wiederherstellung der Wand- und Deckengem¨alde im Wittumspalais, im Goethe-Nationalmuseum und im R¨omischen Haus in Weimar. C Th-B / Vollmer Guggenberger, Siegmund, o¨ sterr. Jurist, Schriftsteller, * 31. 12. 1891 Schindlau (Ober¨osterreich), † 21. 5. 1969 Wien. W¨ahrend des Studiums der Rechtswissenschaften an der Univ. Wien war G. als Hauslehrer t¨atig und wurde 1921 Kulturreferent der wissenschaftlichen Zentralstelle des Volks¨ bundes der Katholiken Osterreichs. 1933-38 war er Personal¨ direktor der Osterreichischen Radioverkehrs-AG (RAVAG). 1945 wurde G. Verwalter des o¨ sterr. Rundspruchwesens, an dessen Wiederaufbau er maßgeblich beteiligt war, sp¨ater Direktor der Finanzkammer des Wiener Erzbistums. G. ver¨offentlichte eine Reihe von Volksst¨ucken, Erz¨ahlungen, Schau- und H¨orspielen sowie den utopischen Zukunftsroman Eurafasia, die Welt in dreißig Jahren (1928).

Guggenberger, Thomas, Maler, * 7. 8. 1815 M¨unchen, † 26. 4. 1882 M¨unchen. G. besuchte als Sch¨uler Julius → Schnorr von Carolsfelds und Josef → Schlotthauers die M¨unchner Kunstakademie und unternahm 1834 eine Studienreise nach Oberitalien.

1840 arbeitete er unter der Leitung Friedrich von → G¨artners an den Fresken f¨ur das kgl. Schloß in Athen und lieferte sp¨ater in M¨unchen als Mitarbeiter Max Emanuel → Ainmillers Entw¨urfe f¨ur Glasgem¨alde. Seit 1849 war G. vorwiegend als Freskomaler in ober- und niederbayerischen Kirchen und Kapellen t¨atig und schuf u. a. die Deckenfresken der Pfarrkirche in Au bei Aibling. 1868-70 entstand ein Kreuzweg mit lebensgroßen Figuren f¨ur Chicago.

Guggenbichler, (Johann) Meinrad, o¨ sterr. Bildhauer, getauft 17. 4. 1649 Maria Einsiedeln (Kt. Schwyz), † 10. 5. 1723 Mondsee (Ober¨osterreich). G., Sohn eines Baumeisters und Bildhauers, erhielt seine erste Ausbildung zum Holzbildhauer wahrscheinlich in Oberitalien, schuf 1670 seine fr¨uhesten urkundlich nachweisbaren Arbeiten in St. Florian (Ober¨osterreich) und arbeitete 1672 in Straßwalchen bei Salzburg. 1679 ließ sich er in Mondsee nieder, wo er eine große Bildhauerwerkstatt betrieb, die vorwiegend f¨ur das Benediktinerstift Mondsee und dessen Pfarreien t¨atig war. In Anlehnung an die oberitalienische hochbarocke Kunst Berninis und an die heimische Tradition Thomas → Schwanthalers beeinflußte G. mit seinen farbig gefaßten Holzfiguren, deren Hauptausdruckstr¨ager die Gewandung ist, den alpenl¨andischen Barock. Zu seinen bedeutendsten Werken z¨ahlen die Alt¨are in der ehemaligen Stiftskirche in Mondsee (1679-84), der Hochaltar der Stiftskirche in Michaelbeuern (1691) sowie die Alt¨are und die Kanzel in der Wallfahrtskirche St. Wolfgang in Ober¨osterreich (um 1706). C NDB

Guggenbuhl, ¨ Adolf, schweizer. Publizist, * 21. 6. 1896 Z¨urich, † 21. 1. 1971 Z¨urich. Nach dem Studium an den Universit¨aten Z¨urich, Bern, Berlin und Montpellier, das er mit der Promotion zum Dr. rer. pol. abschloß, gr¨undete G. 1925 zusammen mit seiner Frau und deren Bruder in seiner Heimatstadt die Zeitschrift „Schweizer Spiegel“, die er selbst leitete. G. propagierte eine politische und kulturelle Eigenst¨andigkeit der Schweiz und ver¨offentlichte u. a. Zerfall und Erneuerung der Gemeinschaften (1936) und Kein einfach Volk der Hirten (1956). Guggenbuhl, ¨ (Johann) Jakob, schweizer. Mediziner, * 13. 8. 1816 Meilen (Kt. Z¨urich), † 2. 2. 1863 Montreux. Einer Bauernfamilie entstammend, studierte G. Medizin an den Universit¨aten Z¨urich, Genf und Bern, wo er 1838 promoviert wurde (Der Englische Schweiß 1529 in der Schweiz). 1837-39 praktizierte er als Arzt in Sernftal. Seit 1840 war G. an der Erziehungsst¨atte Hofwil t¨atig und errichtete im folgenden Jahr eine Anstalt f¨ur geistig zur¨uckgebliebene, dr¨usenkranke und rachitische Kinder, die neben einer medizinischen einer Besch¨aftigungstherapie unterzogen wurden. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Die Heilung und Verh¨utung des Cretinismus und ihre neuesten Fortschritte (1853) und Die Erforschung des Cretinismus und Bl¨odsinns nach dem jetzigen Zustande der Naturwissenschaften (1860). 1857 wurde G. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Guggenheim, Felix, Literaturagent, Verleger, * 6. 6. 1904 Konstanz, † 21. 6. 1976 Beverly Hills (Kalifornien, USA). Der Kaufmannssohn studierte seit 1922 National¨okonomie und Rechtswissenschaft in M¨unchen, Hamburg und Z¨urich und wurde 1925 zum Dr. oec. publ., 1926 zum Dr. jur. promoviert. Zun¨achst als Wirtschaftsjournalist f¨ur die „Vossische Zeitung“ t¨atig, war G. seit 1926 Bankangestellter, seit 1931 Vorstandsmitglied einer Druckerei in Berlin sowie Mitarbeiter der Deutschen Buchgemeinschaft. 1938 emigrierte G. u¨ ber die Schweiz nach Großbritannien, gelangte 1940 in

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Guggenheim die USA und arbeitete in der Industrie, seit 1945 als Literaturagent und Redakteur der von ihm mitbegr¨undeten „Pazifischen Presse“ in Los Angeles. Bis 1948 setzte er sich f¨ur die Herausgabe bibliophiler Ausgaben der Werke von Exilschriftstellern ein, darunter Franz → Werfels Gedichte aus den Jahren 1908-1945 (1946) und Lion → Feuchtwangers Wahn oder Der Teufel in Boston (1948). Seit 1950 f¨uhrte er als Literaturagent zahlreiche deutsche Autoren auf dem internationalen Buchmarkt ein. C Lex dt-j¨ud Autoren

Guggenheim, (Moritz) Kurt, schweizer. Schriftsteller, * 14. 1. 1896 Z¨urich, † 5. 12. 1983 Z¨urich. Als einziger Sohn eines Kaufmanns erhielt G. seit 1915 eine Ausbildung zum Kolonialgroßwarenh¨andler, arbeitete seit 1919 als Handelsvolont¨ar in Le Havre, Paris und England und u¨ bernahm 1925 die v¨aterliche Firma, die nach Krisenjahren liquidiert werden mußte. Anschließend war er Verleger, Antiquar und Redaktionsassistent des „Schweizer Spiegel“, bevor er sich 1935 ganz dem Beruf des Schriftstellers widmete. Im selben Jahr erschien sein Erstlingswerk Entfesselung. Doch erst mit seinem dritten Roman Riedland (1938) gelang ihm der literarische Durchbruch. W¨ahrend des Zweiten Weltkriegs schrieb G. Drehb¨ucher und Dialoge f¨ur Rundfunksendungen und zu erfolgreichen Filmen wie Der Schuß von der Kanzel (1942, nach der Novelle von Conrad Ferdinand → Meyer), sp¨ater auch Theaterst¨ucke, und wandte sich als Chronist der romanhaften Darstellung der j¨ungeren schweizer. Geschichte zu (u. a. Wir waren unser vier, 1949; Alles in allem, 4 Bde., 1952-55). Sein Alterswerk ist bestimmt von der literarischen Schilderung seiner Jugendliebe zu der Biologin Eva Welti-Hug. G. war seit 1939 mit der Lyrikerin Gerda Seemann verheiratet. C Killy Guggenheim, Paul, schweizer. Jurist, * 15. 9. 1899 Z¨urich, † 31. 8. 1977 Genf. Der Sohn eines Juristen studierte an den Universit¨aten Genf, Rom und Berlin Rechtswissenschaften, wurde 1924 in Berlin promoviert und war seit 1927 Abteilungsleiter am Institut f¨ur Internationales Recht an der Univ. Kiel. Im folgenden Jahr habilitierte sich G. an der Univ. Genf und war seit 1930 Dozent und 1941-69 o. Prof. am am Institut Universitaire ´ des Hautes Etudes Internationales; zugleich hatte er 1955-65 den Lehrstuhl f¨ur Internationales o¨ ffentliches Recht inne. G. wurde 1955 Mitglied des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag. In seinen zahlreichen rechtswissenschaftlichen Arbeiten befaßte er sich mit der Theorie eines positiven V¨olkerrechts unter Ausklammerung soziologisch-politischer und naturrechtlicher Aspekte. Zu G.s Hauptwerken z¨ahlen Der V¨olkerbund (1932) und das Lehrbuch des V¨olkerrechts (2 Bde., 1948-51; frz. Trait´e de droit international public, 2 Bde., 1953 / 54). C HLS Guggenheim, Werner Johannes, schweizer. Dramaturg, Dramatiker, * 30. 9. 1895 St. Gallen, † 25. 5. 1946 Bern. Der Fabrikantensohn studierte Germanistik an den Universit¨aten Z¨urich und Lausanne, wurde 1919 zum Dr. phil. promoviert und absolvierte anschließend eine Theaterausbildung in Berlin. Er wurde Dramaturg in Braunschweig und St. Gallen. 1931 heiratete G. die Schauspielerin Ursula von Wiese und lebte, 1934 von dem Theaterdirektor Theo Modes, einem Sympathisanten der Nationalsozialisten, entlas¨ sen, als freier Schriftsteller und Ubersetzer in Ascona und Bern. 1938 hatte G. seinen gr¨oßten literarischen Erfolg mit dem Drama Bomber f¨ur Japan. Sein im selben Jahr entstandenes St¨uck Erziehung zum Menschen, in dem die nationalsozialistische Rassenlehre offen angegriffen wird, wurde bis 1945 an keiner Schweizer B¨uhne aufgef¨uhrt, um Deutsch¨ land nicht zu provozieren. G. trat auch als Ubersetzer hervor und war 1931-46 Pr¨asident der Gesellschaft Schweizerischer Dramatiker. C Killy

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Guggenheim, Willy, schweizer. Schriftsteller, Journalist, * 28. 12. 1929 Z¨urich, † 5. 5. 1994 Z¨urich. Der Sohn der Historikerin Florence G., die auch mit Forschungen zum Jiddischen hervortrat, wurde 1953 in Z¨urich mit seiner Dissertation Zur Soziologie der Einwanderung in Israel (1953) zum Dr. phil. promoviert. 1956 u¨ bersiedelte er nach Israel und war bis 1961 Presse-Verbindungsmann der Jewish Agency in Jerusalem, zugleich Israel-Korrespondent verschiedener schweizer. Zeitungen und des Schweizer Radios. Nach T¨atigkeiten in Tunesien f¨ur die Auswanderung der dortigen Juden nach Israel wurde G. 1964 Auslandsredaktor der „Weltwoche“ (bis 1969), 1971 Generalsekret¨ar des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes. Er vero¨ ffentlichte u. a. die mehrfach aufgelegte Reportagesammlung 30mal Israel (1973).

Guggenheimer, Moritz, Bankier, Politiker, * 20. 4. 1825 M¨unchen, † 26. 7. 1902 M¨unchen. Der Sohn eines Kaufmanns wurde 1849 als „Insasse“ in M¨unchen aufgenommen und beteiligte sich 1869 an der Gr¨undung der Bayerischen Vereinsbank. Sein eigenes Bankhaus wurde 1892 von der Vereinsbank u¨ bernommen. Seit 1869 Mitglied der Handelskammer von Oberbayern, wurde G. im selben Jahr in den Vorstand gew¨ahlt und war bis 1873 Pr¨asident der Handels- und Gewerbekammer von Oberbayern. 1869-81 amtierte er als Gemeindebevollm¨achtigter, zun¨achst als 2. Vorsitzender des Gemeindekollegiums, 1870-79 als Vorsitzender. G. war Mitbegr¨under des M¨unchner Handelsvereins und des Vereins f¨ur freiwillige Armenpflege (1869) und Mitglied des engeren Comit´es der Unabh¨angigen Liberalen M¨unchens. Er leitete die J¨udische Gemeinde von M¨unchen.

Guggenheimer, Walter Maria, Schriftsteller, Redakteur, * 8. 1. 1903 M¨unchen, † 16. 6. 1967 Frankfurt. Nach dem Studium der Volkswirtschaft an den Universit¨aten Berlin und M¨unchen, das er mit der Promotion abschloß, war G. vor allem in Italien und auf dem Balkan f¨ur die deutsche Industrie t¨atig. 1935 emigrierte er als Mitarbeiter der MAN nach Persien, wo er sich w¨ahrend des Zweiten Weltkriegs den franz¨osischen freien Streitkr¨aften de Gaulles anschloß. Mit ihnen k¨ampfte er in Nordafrika, Italien und Frankreich. Seit 1945 lebte er als freier Schriftsteller in M¨unchen und war Kommentator beim Bayerischen Rundfunk. 1947 wurde er leitender Redakteur des Kulturteils der ¨ „Frankfurter Hefte“ sowie Lektor und Ubersetzer (u. a. Marguerite Duras, Armand Gatti) beim Suhrkamp-Verlag. G. schrieb Theaterkritiken f¨ur die „S¨uddeutsche Zeitung“. Er ver¨offentlichte u. a. Kommentare (1955) und Alles Theater (1966). C Munzinger

Guggenmos, Josef, Schriftsteller, * 2. 7. 1922 Irsee / Allg¨au, † 23. 9. 2003 Irsee. G. studierte u. a. Germanistik und Kunstgeschichte, war 1953-56 in Stuttgart, Wien und Salzburg als Lektor und ¨ Ubersetzer t¨atig und ließ sich 1956 als freier Schriftsteller in Irsee nieder. Er wurde vor allem durch seine Gedichte f¨ur Kinder bekannt, die mit Motiven aus Natur und Alltag und h¨aufigen Wortspielen als neuer Maßstab f¨ur kindgerechte Lyrik galten und in viele Schul- und Leseb¨ucher aufgenommen wurden (u. a. Lustige Verse f¨ur kleine Leute, 1956; Was denkt die Maus am Donnerstag?, 1967; Gorilla, a¨ rgere dich nicht. Ein Lachkabinett in Versen, 1971, 1984; Sonne, Mond und Luftballon, 1984). Neben vielen weiteren Kinderb¨uchern (Warum die K¨auze große Augen machen, 1968; Theater, Theater. Geschichten zum Lesen und Spielen, 1974; Oh, Verzeihung, sagte die Ameise, 1990; Katzen kann man alles sagen, 1997) ver¨offentlichte G. den Gedichtband Gugummer geht u¨ ber die See (1958), gab → Grimmelshausens Simplicissimus (1958, 1975) und Deutsche Sagen und Schw¨anke.

Guhl Ernst und Scherz aus tausend Jahren (1972, 1976, 1982) heraus und u¨ bersetzte u. a. Werke von Robert Louis Stevenson und Edward Lear.

Gugger von Staudach, Coelestin, eigentl. Michael Anton G. v. S., Benediktiner, Abt von St. Gallen, * 28. 6. 1701 Feldkirch (Vorarlberg), † 24. 2. 1767 St. Gallen. Der aus einer Patrizierfamilie stammende G. v. S., Sohn eines Stadtrats, trat 1719 in das Kloster St. Gallen ein, wo er 1725 zum Priester geweiht wurde. 1730 in Rom zum Dr. jur. utr. promoviert, wurde er bald Prof. der Theologie ¨ und des Kirchenrechts; sp¨ater kamen die Amter des Bibliothekars und Novizenmeisters hinzu. 1740 wurde G. v. S. zum F¨urstabt von St. Gallen gew¨ahlt. 1748 konnte er den Jurisdiktionsstreit mit der Kurie von Konstanz beilegen, wodurch St. Gallen das volle Visitationsrecht in seinem Herrschaftsgebiet zuerkannt wurde, und beendete 1759 lange Unruhen und Streith¨andel mit der Landschaft Toggenburg („Toggenburger Mannschaftsrechtsstreit“). W¨ahrend seiner Amtszeit wurden das Kornhaus in Rorschach (1746-49), die neue Klosterkirche (1756-69) und die Stiftsbibliothek (1758-67) gebaut. C NDB Guggisberg, Hans, schweizer. Gyn¨akologe, * 5. 2. 1880 Bern, † 11. 4. 1977 Bern. G. studierte Medizin an den Universit¨aten Bern, M¨unchen und Amsterdam, wurde 1905 in seiner Heimatstadt zum Dr. med. promoviert (Ueber Komplikationen der Retroflexio uteri und deren Einfluss auf die operative Therapie) und war 1903-06 Assistent an der Geburtshilflich-Gyn¨akologischen Klinik in Bern und an der Chirurgischen Klinik in Amsterdam. 1909 habilitierte er sich f¨ur Geburtshilfe und Gyn¨akologie in Bern und wurde dort 1911 zum a. o., 1912 zum o. Prof. ernannt; 1919 u¨ bernahm G. das Rektorat (Rede: ¨ Vererbung und Ubertragung). Zugleich war er Chefarzt und Direktor des Kantonalen Frauenspitals in Bern. G. ver¨offentlichte u. a. eine Geburtshilfliche Operationslehre (1916), ein Lehrbuch der Gyn¨akologie (1946) und Wesen und Bedeu¨ tung der Wechseljahre f¨ur die Frau (1947). C Arzte 2, 3

Guggisberg, Hans Rudolf, Historiker, * 26. 7. 1930 Berlin-Charlottenburg, † 12. 1. 1996 Basel. Der als Sohn eines zeitweise in Deutschland t¨atigen schweizer. Ingenieurs geborene, jedoch in der Schweiz aufgewachsene G. wurde nach dem Studium der Geschichte an der Univ. Basel, das durch ein Studienjahr in Amsterdam unterbrochen war, 1956 in Basel mit einer Arbeit u¨ ber Sebastian Castellio promoviert. Sein wichtigster Lehrer war Werner → Kaegi, der ihm die Geschichte des erasmischen Humanismus und der Reformation nahebrachte, die zu einem Schwerpunkt seines historischen Interesses wurden. Nach T¨atigkeiten als Gymnasiallehrer in Biel sowie als Gastprofessor in den USA, wo er sein zweites Hauptarbeitsgebiet, die amerikanische Historiographie, studierte, habilitierte sich G. 1963 in Basel. 1967-69 war er Prof. der europ¨aischen Geschichte an der Freien Univ. Berlin, danach in Basel. G.s wichtigstes Buch ist Die Geschichte der USA (1975, 31993), die zu einem Standardwerk geworden ist. 1980-94 war er Herausgeber der Zeitschrift „Archiv f¨ur Reformationsgeschichte“. In seinem letzten Lebensjahrzehnt bezog er zunehmend die Geschichte des fr¨uhneuzeitlichen Spanien in seine wissenschaftlichen Arbeiten ein. Guggisberg, Kurt (Viktor), schweizer. reformierter Theologe, * 24. 1. 1907 R¨ueggisberg (Kt. Bern), † 20. 12. 1972 Bern. Der Pfarrerssohn studierte Theologie an den Universit¨aten Bern und Marburg, war 1932-44 Pfarrer in Frauenkappelen und habilitierte sich 1934 f¨ur Kirchengeschichte und Kirchenkunde an der Univ. Bern. Dort wurde G. 1944 a. o.,

1945 o. Prof. der Allgemeinen Kirchengeschichte und Konfessionskunde, war 1954 / 55 Rektor der Univ. und befaßte sich vor allem mit der geistigen, politischen und kirchlichen Geschichte Berns. Er ver¨offentlichte u. a. eine Bernische Kirchengeschichte (1958) und eine Bernische Kirchenkunde (1968). C HLS

Gugitz, Gustav, o¨ sterr. Architekt, * 10. 5. 1836 Klagenfurt, † 17. 7. 1882 Wien. Nach seiner Lehrzeit als Baumeister studierte G. an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste und trat anschließend in das Atelier der Architekten Eduard van der → N¨ull und August → Siccard von Siccardsburg ein. Er war vorwiegend im Hauptb¨uro der Hofoper t¨atig, die er 1869 nach dem Tod der beiden Architekten vollendete. 1873 arbeitete G. an Bauten f¨ur die Wiener Weltausstellung und war 1875-82 Prof. und Direktor der Wiener Staatsgewerbeschule. 1879-84 baute er das Landesmuseum in Klagenfurt.

Gugitz, Gustav, Pseud. G. Litschauer, Jean Reybaud, o¨ sterr. Kulturhistoriker, * 9. 4. 1874 Wien, † 3. 3. 1964 Rekawinkel (Nieder¨osterreich). Nach dem Studium an der TH Wien ließ sich G., Nachkomme des Architekten Gustav → G. dort als freier Schriftsteller und Privatgelehrter nieder und widmete sich kulturgeschichtlichen Forschungen. 1938-45 war er Mitarbeiter der Wiener Stadtbibliothek. G. galt als profunder Kenner der Wiener Theater- und Kulturgeschichte des 17. und 18. Jh. und ver¨offentlichte u. a. eine Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien (4 Bde., 1947-62) und ein Bi¨ bliographisches Literaturlexikon Osterreichs (mit Hans Giebisch, 1963). C Killy Gugl, Matth¨aus, Musiker, Komponist, Musiktheoretiker, * um 1683 Tichlowiz (B¨ohmen), † 17. 4. 1721 Salzburg. G., Sohn eines Richters und Wirts, war m¨oglicherweise Sch¨uler von Franz → Biber von Bibern oder von Johann Baptist Samber in Salzburg. Sp¨atestens seit 1705 ist er als Mitglied der Salzburger Hofmusik nachweisbar. 1717 war er Nachfolger Sambers als Domstiftsorganist. G. verfaßte eine an Sambers Manuductio ad organum orientierte Einf¨uhrung in die Harmonielehre (Fundamenta partiturae in compendio data), die 1719 erstmals erschien und bis 1805 sechs Auflagen erlebte. Das Werk nimmt in der Entwicklung der o¨ sterr. Generalbaßpraxis eine wichtige Stellung ein. C MGG Guglia, Eugen, o¨ sterr. Historiker, Publizist, * 24. 8. 1857 Wien, † 8. 7. 1919 Graz. G. studierte Geschichte und Philologie an der Univ. Wien, wurde 1882 zum Dr. phil. promoviert und unterrichtete seit 1885 als Mittelschullehrer in Prag und W¨ahring. 1893-1901 war er Prof. der Geschichte und deutschen Literatur am Wiener Theresianum, dann bis 1909 Chefredakteur der „Wiener Zeitung“. Seit 1902 lehrte G. auch an der Kriegsschule, wurde 1909 zum Hofrat ernannt und habilitierte sich 1910 f¨ur allgemeine neuere Geschichte an der TH Wien. 1919 folgte er einem Ruf an die Univ. Graz. G. ver¨offentlichte eine Geschichte der Stadt Wien (1892), Wien. Ein F¨uhrer durch Stadt und Umgebung (1908), ferner Biographien, Novellen und Dramen.

Guhl, Ernst Karl, Kunsthistoriker, * 20. 7. 1819 Berlin, † 20. 8. 1862 Berlin. G. studierte seit 1838 Philologie, Klassische Arch¨aologie und neuere Kunstgeschichte an der Univ. Berlin, unternahm 1846 / 47 eine Studienreise nach Italien und habilitierte sich im folgenden Jahr f¨ur Kunstgeschichte in Berlin. Danach lehrte er an der Univ. und der Kunstakademie, die ihn 1859 zum a. o. Prof. und zu ihrem Sekret¨ar ernannte. G. ver¨offentlichte u. a. Das Leben der Griechen und R¨omer (2 Bde., 1860-64, 41876).

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Guhl Guhl, Willy, schweizer. Innenarchitekt, M¨obeldesigner, * 6. 7. 1915 Stein am Rhein (Kt. Schaffhausen), † 4. 10. 2004 Hemishofen (Kt. Schaffhausen). G., Sohn eines Schreinermeisters, machte 1930-33 eine Lehre als M¨obelschreiner in Schaffhausen, besuchte 1934-38 die Klasse f¨ur Innenausbau an der Kunstgewerbeschule Z¨urich und er¨offnete 1939 als Innenarchitekt ein eigenes Atelier in Z¨urich. 1941-80 war er Lehrer an der Kunstgewerbeschule Z¨urich, seit 1951 auch Leiter der Innenausbauklasse. G. war Mitbegr¨under der Vereinigung Schweizer Innenarchitekten (1943) und des Verbandes Schweizer Industrial Designer (1966). Er wurde mehrfach mit dem Bundespreis „Die gute Form“ ausgezeichnet, u. a. 1955 f¨ur den Eternit-Strandstuhl masterpiece (1954). C HLS Guhr, Karl (Wilhelm Ferdinand), Kapellmeister, Komponist, * 30. 10. 1787 Militsch (Schlesien), † 22. 7. 1848 Frankfurt / Main. Seit 1797 Violinist in der gr¨aflich-maltzanschen Musikkapelle seines Heimatortes, erhielt G. seine musikalische Ausbildung bei Joseph Ignaz → Schnabel und Janitschek in Breslau und wurde 1807 Kammermusiker in W¨urzburg. Seit 1808 Kapellmeister des N¨urnberger Theaters, ging er 1811 an das Theater nach Wiesbaden, dessen Leitung er 1813 / 14 innehatte. Anschließend arbeitete G. in Kassel, von 1821 bis zu seinem Tod als Operndirigent in Frankfurt / Main. G. komponierte u. a. die Oper K¨onig Siegmar und ver¨offentlich¨ te 1831 eine Abhandlung Uber Paganinis Kunst, die Violine zu spielen. C Frankf Biogr Guhrauer, Gottschalk Eduard, Literaturhistoriker, * 15. 5. 1809 Bojanowo (Posen), † 5. 1. 1854 Breslau. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1829 Philosophie und Philologie an den Universit¨aten Breslau und Berlin, wurde 1835 zum Dr. phil. promoviert und trat im selben Jahr vom Judentum zum Christentum u¨ ber. Seit 1836 unterrichtete er am K¨ollnischen Gymnasium in Berlin. Im Zuge seiner Forschungen u¨ ber → Leibniz entdeckte G. 1836 im handschriftlichen Nachlaß des Philosophen in Hannover u. a. dessen verlorengeglaubte Erstlingsschrift De principo individui, hielt sich 1837-39 zu Leibniz-Studien in Paris auf und gab 1838-40 dessen deutsche Schriften in zwei B¨anden heraus, denen 1842 seine Biographie Gottfried Wilhelm Freiherr von Leibniz (2 Tle.) folgte. Seit 1841 Kustos der Kgl. Universit¨atsbibliothek in Breslau, habilitierte sich G. 1842 an der dortigen Univ. und wurde 1843 zum a. o. Prof. f¨ur allgemeine Literaturgeschichte ernannt. 1851 edierte er den Briefwechsel zwischen Goethe und Knebel (2 Bde.). C Lex dt-j¨ud Autoren

Guibal, Nicolas, Maler, Kunsttheoretiker, * 29. 11. 1725 Lun´eville, † 3. 11. 1784 Stuttgart. Der Sohn eines am lothringischen Hof t¨atigen Bildhauers und Architekten erhielt bei seinem Vater seine erste k¨unstlerische Ausbildung, die er dann als Sch¨uler C. Charles’ in Nancy und bei C. Natoire in Paris fortsetzte. 1749 arbeitete G. an der Ausmalung des Opernhauses im Stuttgarter Lusthaus, wo Herzog → Karl Eugen auf ihn aufmerksam wurde, der ihn 1750 mit zur Weiterf¨uhrung seiner Studien nach Rom schickte. Zum „premier peintre“ ernannt, u¨ bersiedelte G. 1755 endg¨ultig an den w¨urttembergischen Hof nach Stuttgart und wurde 1757 / 58 Mitglied der kaiserlichen Akademie in Augsburg, 1760 Direktor der Gem¨aldegalerie in Ludwigsburg. Seit 1763 geh¨orte er der herzoglichen Residenzbaudeputation an. Zu seinen bedeutendsten Werken z¨ahlen ein Gem¨alde f¨ur die Ordenskapelle des Ludwigsburger Schlosses (1764 / 65) und das Deckenbild im Weißen Saal der Solitude, die beide noch weitgehend dem Barock verbunden waren. Seit 1761 wirkte G. auch als Prof. an der neuerrichteten Acad´emie des Arts, leitete seit 1771 die

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Kunstabteilung der Milit¨arpflanzschule auf der Solitude und hielt seit 1774 Vorlesungen an der Hohen Karlsschule. C Th-B

Guichard, Karl Theophil von, genannt von Quintus Icilius, Milit¨ar, Historiker, * 27. 9. 1724 Magdeburg, † 13. 5. 1775 Potsdam. Der aus einer Hugenottenfamilie stammende Sohn eines preuß. Juristen studierte Theologie, Klassische Philologie und Orientalistik an den Universit¨aten Halle, Magdeburg, Herborn und Leiden und nahm als Offizier in ei¨ nem holl¨andischen Regiment am Osterreichischen Erbfolgekrieg teil. 1752 vollendete G. seine Studien u¨ ber das antike Kriegswesen mit einem Werk u¨ ber Polybios. 1758 suchte er → Friedrich den Großen in seinem Feldquartier in Breslau auf. G. trat als Fl¨ugeladjutant in den Dienst des K¨onigs, war in der Feldkanzlei f¨ur kriegswissenschaftliche Arbeiten t¨atig und wurde 1759 geadelt. Seit 1758 Major und Chef eines Freibataillons, f¨uhrte er 1761 die ber¨uchtigte Pl¨underung des s¨achsischen Jagdschlosses Hubertusburg durch und wurde nach Friedensschluß als aktiver Offizier u¨ bernommen, sp¨ater zum Oberst bef¨ordert (1772). Seit 1764 war G. ordentliches Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. C ADB Guidobon, Johann Baptist Frh. von, auch Cavalchino, Beamter, † 13. 5. 1603. Der aus einem Mail¨ander Stadtgeschlecht stammende G. stand zun¨achst im Dienst des Lothringer Hofs und kam 1568 im Gefolge → Renatas von Lothringen anl¨aßlich ihrer Verm¨ahlung mit Herzog → Wilhelm V. von Bayern nach M¨unchen. 1574 K¨ammerer am Landshuter Herzogshof, vermittelte er die Heirat Elisabeths von Lothringen mit Herzog → Maximilian I. von Bayern und war seit 1580 Hofrat. G. wurde 1583 Obersthofmeister und K¨ammerer der Herzogin Renata, 1594 Geheimer Rat, 1595 / 96 Obersthofmarschall. 1594-1603 war er Pfleger in T¨olz. Durch seine Heirat mit Anna von Pienzenau erwarb er die Hofmarken Sachsenkam und Reichersbeuern und wurde 1578 mit dem Schloß und der Hofmark Lichtenberg belehnt.

Guillaume, G¨unter, Journalist, * 1. 2. 1927 Berlin, † 10. 4. 1995 Eggersdorf bei Berlin. Der Sohn eines Gelegenheitsmusikers wurde Redakteur bei dem Ostberliner Verlag Volk und Wissen. Er ließ sich vom Staatssicherheitsdienst anwerben. 1956 u¨ bersiedelte er zusammen mit seiner Frau, die ebenfalls Agentin war, nach Frankfurt / Main, wo er einen Kaffee- und Tabakladen aufmachte und als Werbephotograph t¨atig war. 1957 traten beide der SPD bei. 1959 wurde Christel G. Sekret¨arin im Parteib¨uro Hessen-S¨ud, G. 1964 Parteisekret¨ar des SPDUnterbezirks Frankfurt. Seit 1970 arbeitete er im Bundeskanzleramt und wurde 1972 dritter Referent in Willy → Brandts pers¨onlichem Stab. 1973 a¨ ußerte der Verfassungsschutz Spionageverdacht gegen G., der sich im folgenden Jahr best¨atigte. 1975 wurde G. zu dreizehn Jahren Haft verurteilt und 1981 in die DDR abgeschoben. 1988 erschien seine Autobiographie Der Bericht. Die Aff¨are Guillaume trug wesentlich zum R¨ucktritt Brandts bei. C DDR Guillaume-Schack, Gertrud, geb. Schack von Wittenau, Frauenrechtlerin, * 9. 11. 1845 Usch¨utz (Oberschlesien), † 20. 5. 1903 Surbiton (Großbritannien). Die aus einer liberal gesinnten Adelsfamilie stammende G.-S. gr¨undete nach einer kurzen Ehe mit dem Kunstmaler Edouard Guillaume 1880 den Kulturbund, einen Ableger des seit 1875 in England bestehenden Britisch-Continentalen Bundes. Sie k¨ampfte gegen die Prostitution, die Einrichtung einer Sittenpolizei und die Zwangsuntersuchung von Frauen und verband u. a. in Vortr¨agen und Presseartikeln die Sittlichkeitsfrage immer wieder mit den sozialen Problemen der

Guilleaume Arbeiterinnen. 1884 gr¨undete sie in Offenbach die Zeitschrift „Die Staatsb¨urgerin“, ein wichtiges Sprachrohr der fr¨uhen Arbeiterinnenbewegung. 1885 geh¨orte sie zu den Gr¨underinnen des Vereins zur Vertretung der Interessen der Arbeiterinnen, dessen Ehrenpr¨asidentin sie wurde. Nach dem Verbot der „Staatsb¨urgerin“ 1886 wurde G.-S. ausgewiesen und emigrierte noch im selben Jahr nach England. C Demokr Wege

Guilleaume, Arnold (Karl Hubert) von, Industrieller, * 15. 7. 1868 K¨oln, † 21. 5. 1939 Ulm. Der Sohn Carl → G.s machte seit 1888 eine kaufm¨annische Ausbildung im v¨aterlichen Unternehmen Felten & Guilleaume, Mechanische Hanf- und Wergspinnereien, Bindfaden- und Tauwerkfabriken in K¨oln, seit 1891 in einer Maschinenfabrik in Leeds (Großbritannien). Nach einer Weltreise u¨ bernahm G. 1894 den v¨aterlichen Betrieb, den er durch Zweigniederlassungen in Deichhausen / Weser (1895), Lauenburg / Elbe (1899) und bei Dillingen / Donau (1899) sowie durch technische Erweiterung zu einem f¨uhrenden Unternehmen seiner Art in Deutschland und im Ausland ausbaute. 1899-1901 war er Handelsrichter, geh¨orte seit 1902 der Handelskammer an und wurde 1904 in den erblichen Adelsstand erhoben. Seit 1909 kgl. preuß. Kommerzienrat, war G. 1915-21 stellvertretender Vorsitzender der Handelskammer K¨oln. C Rhein Westf Wirt, Bd 13 Guilleaume, (Franz) Carl, Industrieller, * 30. 12. 1834 K¨oln, † 1. 12. 1887 K¨oln. Seine kaufm¨annisch-technische Ausbildung erhielt der Sohn Theodor → G.s bei seinem Vater, besuchte dann die Univ. L¨uttich und erwarb sich eine mehrj¨ahrige Auslandspraxis in Belgien und England. Seit 1860 war G. Teilhaber des v¨aterlichen Unternehmens Felten & Guilleaume, das er seit 1865 als Alleininhaber leitete. Nach der Einf¨uhrung der mechanischen Bindfadenfabrikation 1863 verlegte er die Metallverarbeitung in das neugegr¨undete Carlswerk nach M¨ulheim / Rhein (1874), wo nun die Draht- und Kabelherstellung in st¨andig erweiterter Form aufgenommen wurde. 1859 verfaßte G. die erste deutsche Studie u¨ ber die Herstellung, Pr¨ufung und Legung von Telegraphenkabeln, auf der das seit 1875 ausgebaute deutsche Telegraphennetz basierte, und machte K¨oln zum Ausgangspunkt der deutschen Kabelindustrie. G. f¨uhrte Gußstahldrahtseile in den europ¨aischen Bergbau ein, entwickelte den Stacheldraht weiter und konstruierte Telephonkabel mit zahlreichen Einzelleitungen. Er war der Vater von Theodor von, Max und Arnold → G. und C Rhein Westf Wirt, Bd 13 Vetter von Emil → G. Guilleaume, Emil, Industrieller, * 1. 2. 1846 Engelskirchen, † 21. 4. 1913 K¨oln. Der Sohn eines Kaufmanns und Gutsbesitzers und Neffe Theodor → G.s kam mit elf Jahren als Halbwaise zu seinen K¨olner Verwandten und erhielt 1863-66 eine kaufm¨annische und technische Ausbildung in der Firma Felten & Guilleaume. Auf seinen zahlreichen Reisen, u. a. nach Frankreich und England, erwarb er sich umfassende Kenntnisse in der Produktion und Verarbeitung von Gußstahldr¨ahten und -seilen, die G. in das 1874 von ihm mitbegr¨undete Carlswerk in M¨ulheim / Rhein einbrachte. Dort geh¨orten insbesondere die Eisen- und Stahlbetriebe des Unternehmens zu seinem Hauptarbeitsgebiet. Er war auch im deutschen und internationalen Kabelgesch¨aft des Betriebs maßgeblich beteiligt. Nach der Umwandlung des Carlswerkes in eine Aktiengesellschaft 1900 wurde G. erster Generaldirektor. Er war Mitbegr¨under und Aufsichtsratsmitglied der Osteurop¨aischen, der Deutsch-Atlantischen, der Deutsch-S¨udamerikanischen und der Deutsch-Niederl¨andischen Telegraphengesellschaft mit Sitz in K¨oln. C Rhein Westf Wirt, Bd 13

Guilleaume, Franz Carl, Unternehmer, * 20. 4. 1789 Solingen, † 17. 9. 1837 K¨oln. G., Sohn eines Gerichtsschreibers, erhielt vermutlich eine chemische Ausbildung, war 1812-15 in Denklingen in der Landwirtschaft t¨atig und trat nach der Heirat (1812) mit einer Tochter Johann Theodor → Feltens 1815 in dessen K¨olner Seilergesch¨aft ein. 1826 wurde G. Inhaber des seither unter Felten & Guilleaume firmierenden Unternehmens, errichtete 1831 eine Verkaufsfiliale in Aachen und bem¨uhte sich seit 1835 auch um die Herstellung von Drahtseilen. Durch die Zentralisierung der Betriebsstruktur, die Einf¨uhrung maschineller Hilfsmittel und neue Produkte bereitete G. den modernen Fabrikbetrieb vor. Er war der Vater von Theodor → G. C Rhein Westf Wirt, Bd 13 Guilleaume, Max von, Unternehmer, * 16. 2. 1866 K¨oln, † 15. 6. 1932 K¨oln. Der Sohn Carl → G.s und Bruder Theodor und Arnold von → G.s studierte ohne Abschluß an verschiedenen Technischen Hochschulen und trat dann als Volont¨ar in das v¨aterliche Unternehmen ein. Seit 1892 Teilhaber, wurde er nach dessen Teilung 1894 und der Umwandlung des Felten & Guilleaume Carlswerks in M¨ulheim / Ruhr in eine Aktiengesellschaft 1900 Mitglied des Aufsichtsrats, dem er bis zu seinem Tod angeh¨orte, bis 1905 als stellvertretender Vorsitzender. Als Hauptverantwortlicher f¨ur die Tochterunternehmen und die ausw¨artigen Beziehungen trug G. entscheidend zur Entwicklung der Felten & Guilleaume Carlswerk AG zu einem im Telegraphen- und Seekabelgesch¨aft erfolgreichen internationalen Konzern bei. 1900 wurde G. zum Geheimen Kommerzienrat ernannt und 1904 in den Adelsstand erhoben. C Rhein Westf Wirt, Bd 13

Guilleaume, (Johann) Theodor, Fabrikant, * 7. 5. 1812 Denklingen, † 25. 9. 1879 Bonn. Der Sohn Franz Carl → G.s u¨ bernahm 1837 die Firma Felten & Guilleaume und stellte bereits im folgenden Jahr auf eine Fabrikation mittels Dampfmaschinen um. G. f¨uhrte die fabrikm¨aßige Herstellung von Drahtseilen ein, erfand das Drahtflachseil und stellte 1853 das erste deutsche Telegraphenkabel her. Er errichtete eine eigene Seilerkolonie „Theodorsh¨ohe“ bei Wahn, gr¨undete 1857 eine Drahtzieherei und erbaute 1859 ein Drahtwalzwerk in K¨oln. G. war der Vater von Carl → G. C Rhein Westf Wirt, Bd 13 Guilleaume, (Carl Maria) Theodor Frh. von, Unternehmer, * 17. 6. 1861 K¨oln, † 27. 12. 1933 K¨oln. Nach ersten praktischen Erfahrungen im Familienunternehmen war der Sohn Carl → G.s Volont¨ar im H¨utten- und Walzwerk Funcke & Elbers in Hagen und trat 1882 in das von seinem Vetter Emil → G. geleitete Drahtkabelwerk Felten & Guilleaume Carlswerk in M¨ulheim / Ruhr ein. Nach Studienreisen nach Frankreich und England (1884) und in die USA (1885) erhielt er 1886 Prokura und wurde nach dem Tod des Vaters 1887 alleiniger Inhaber des Gesamtunternehmens. Unter G.s Leitung wurden u. a. ein Nachrichtenkabel mit Papier- und Luftraumisolation entwickelt, das Starkstrom- und das Seekabelgesch¨aft auch international ausgebaut (u. a. die erste unterseeische Fernsprechverbindung zwischen Buenos Aires und Montevideo 1889). Seit 1892 war G.s Bruder Max von → G. Teilhaber der Firma. 1894 wurde der Hanf verarbeitendene Unternehmenszweig in K¨oln unabh¨angig, dessen Leitung der Bruder Arnold von → G. u¨ bernahm. Nach der Umwandlung des Felten & Guilleaume Carlswerks in eine Aktiengesellschaft 1900 war G. bis zu seinem Tod Aufsichtsratsvorsitzender. Nach der letztlich erfolglosen Fusion mit der Elektrizit¨ats-AktienGesellschaft 1905 befand sich das Unternehmen seit 1910 jedoch nicht mehr mehrheitlich in Familienbesitz. 1897 wurde G. zum kgl. preuß. Kommerzienrat ernannt und 1914 in den Freiherrenstand erhoben. C Rhein Westf Wirt, Bd 13

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Guillemin Guillemin, Bernard, Schriftsteller, * 6. 9. 1898 Neustadt /

Guise, Konstantin, Maler, Lithograph, * 1. 5. 1811 Kassel,

Haardt (heute Neustadt / Weinstraße), † 31. 10. 1984 Sonoma (Kalifornien, USA). Als Sohn einer deutsch-franz¨osischen Familie wuchs G. seit 1913 in Beescan¸con auf. 1916 in die franz¨osische Armee einberufen, desertierte er im folgenden Jahr in die Schweiz und schrieb erste zeitkritische Artikel f¨ur die Zeitschrift „La Nation“. 1919 nach Deutschland zur¨uckgekehrt, war er 1920-23 Nachrichtenredakteur bei Ullstein in Berlin, 1924-26 Mitarbeiter am „Berliner B¨orsen-Courier“ und 1925 Mitbegr¨under der „Gruppe 25“, zu der auch Johannes R. → Becher, Bertolt → Brecht, Kurt → Tucholsky und Robert → Musil geh¨orten. 1927 / 28 leitete G. das Feuilleton der „Magdeburgischen Zeitung“ und arbeitete anschließend als freier Schriftsteller an wechselnden Wohnorten. G. geh¨orte zu den wichtigsten Kulturkritikern der Weimarer Republik, der u. a. in „Die literarische Welt“, der „N¨urnberger Zeitung“, der „Vossischen Zeitung“ und der „Frankfurter Zeitung“ ver¨offentlichte. 1934 emigrierte er nach Dalmatien, 1944 in die USA, wo er sich 1948 in Kalifornien niederließ. G. war Mitverfasser des Buches von Helmut → Fahsel, Gespr¨ache mit einem Gottlosen (1931), und u¨ bersetzte Werke von Pierre Dominique (Frankreich und Ludendorff, 1924) und Andr´e Gide, (Die Pastoral-Symphonie, 1925) ins Deutsche. C Spalek 3,3

† 16. 10. 1858 Basel. Nach dem Tod seines Vaters, eines franz¨osischen Dekorationsmalers, der von K¨onig → J´erˆome nach Kassel gerufen worden war, um Malereien f¨ur das kgl. Theater auszuf¨uhren, wuchs G. im dortigen Waisenhaus auf und erhielt seine k¨unstlerische Ausbildung bei dem Maler Justus Krauskopf. Mit sechzehn Jahren arbeitete er als Dekorationsmaler am Kasseler Hoftheater und ging 1831 nach Karlsruhe, 1833 nach Basel, wo er f¨ur die lithographische Anstalt Hasler & Co. t¨atig war. Seit 1839 lebte G. in Luzern, schuf u. a. das Szenarium f¨ur das Stadttheater und beschickte 1846 und 1854 Ausstellungen mit Gem¨alden wie Lauterbach bei Guebwiller, R¨umlingen im Kanton Basel und Das Innere einer spanischen Kirche. G. malte vorwiegend Aquarelle mit Architekturdarstellungen aus Basel und Umgebung. C Brun

Guillimann, Franz, auch Fran¸cois G., schweizer. Historiker, * um 1568 Freiburg (Schweiz), † 14. 10. 1612 Freiburg / Breisgau. Nach dem Studium am Collegium Helveticum in Mailand und in Dillingen war G. seit 1590 Lehrer an der Lateinschule in Solothurn, fiel 1595 wegen seiner Stellungnahme gegen die bourbonische Politik Solothurns in Ungnade und ging nach Luzern, wo er noch im selben Jahr Sekret¨ar an der spanischen Gesandtschaft wurde. 1605 folgte G. der Berufung als Prof. der Geschichte an die neugegr¨undete Univ. Freiburg / Breisgau und wurde 1609 offizieller habsburgischer Historiograph. Sein erstes Hauptwerk De rebus Helvetiorum sive antiquitatum libri V (1598) ist die a¨ lteste vollst¨andig gedruckte Schweizer Geschichte bis 1325 und basiert auf gr¨undlicher Quellenforschung. Von den zehn geplanten B¨anden zur habsburgischen Geschichte erschien nur die Abhandlung u¨ ber den Ursprung des Hauses Habsburg Habsburgica sive de antiqua et vera origine domus Austriae (1605). C NDB Guinand, Valeska, Schauspielerin, * 5. 10. 1840 Freiburg / Breisgau, † 8. 7. 1916 Dresden. Die Tochter des Schauspielers Louis G. wandte sich ebenfalls einer B¨uhnenkarriere zu und deb¨utierte 1855 in Breslau, wo sie vorwiegend als Liebhaberin und Salondame auftrat. Es folgten Engagements an den Theatern von Danzig, Stettin und Berlin (1856 / 57 Friedrich-Wilhelmst¨adtisches Theater), bevor G. 1857 an das Hoftheater nach Dresden ging, zu dessen Ensemble sie u¨ ber dreißig Jahre geh¨orte. Ihre Hauptrollen waren u. a. die Titelheldin im K¨athchen von Heilbronn, die Franziska in Minna von Barnhelm und die Preciosa.

Guiollet, Jakob, Beamter, * 25. 2. 1746 Aschaffenburg, † 5. 9. 1815 Frankfurt / Main. G. stand seit 1778 als Amtmann in Gr¨aflich Ingelheimschen Diensten, wurde 1786 Kameralassessor in Mainz und ging 1803 als Baudirektor nach Regensburg, wo er die Stadtentfestigung leitete. 1806 wurde G. als Reisekommissar nach Frankfurt / Main entsandt, wo er aufgrund einer Denkschrift zum Commissarius f¨ur die Stadtentfestigung ernannt wurde. Er ließ anstelle der Befestigungsanlagen einen Promenadenring anlegen. 1809 wurde er Senator, 1811-13 unter franz¨osiC Frankf Biogr scher Herrschaft Maire von Frankfurt.

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Gujer, Jakob, genannt Kleinjogg, der Musterbauer, schweizer. Landwirt, * 1716 Wermatswil (Gem. Uster, Kt. Z¨urich), † 2. 10. 1785 Katzenr¨uti (Gem. R¨umlang, Kt. Z¨urich). Zusammen mit seinem Bruder bewirtschaftete G. den elterlichen Hof in Wermatswil, bevor er 1769 den Lehenhof Katzenr¨uti u¨ bernahm, auf dem er einen Musterlandwirtschaftsbetrieb einrichtete. Die 1761 von Hans Caspar → Hirzel verfaßte Schrift Die Wirthschaft eines philosophischen Bauers machte ihn u¨ ber die schweizer. Landesgrenzen hinaus als Musterbauer bekannt, der f¨ur die Intensivierung der Landwirtschaft und die Einf¨uhrung rationeller Methoden eintrat, sich um eine verbesserte D¨ungung bem¨uhte und die Verbreitung des Kartoffelanbaus f¨orderte. G. gilt als Initiator der sog. Bauerngespr¨ache, bei denen Bauern und St¨adter u¨ ber Probleme des Landbaus diskutierten. 1775 lernte er → Goethe kennen, der ihn bei seinem zweiten Besuch 1779 mit Herzog → Karl August von Weimar bekannt machte. C HLS

Gulbransson, (Olaf) Andreas, Architekt, * 23. 1. 1916 M¨unchen, † 18. 7. 1961 bei Pfaffenhofen. Der Sohn von Grete und Olaf → G. schloß das Studium der Architektur an der TH M¨unchen 1939 mit dem Diplom ab und war nach dem Zweiten Weltkrieg Regierungsbaumeister in der Obersten Baubeh¨orde des bayerischen Innenministeriums. Daneben war er f¨ur die Werbeabteilung der Firma Agfa t¨atig. Seit 1953 freier Architekt, widmete sich G. dem Kirchenbau und bem¨uhte sich um gr¨oßtm¨ogliche Anpassung an die landschaftlichen Gegebenheiten. Er erbaute neun evang. Kirchen, u. a. die Christuskirche in Schliersee (1954), die Auferstehungskirche in Rottach-Egern (1955) und die Christophoruskirche in G¨ottingen (1961 / 62). G. kam bei einem Autounfall ums Leben. C NDB Gulbransson, Grete, geb. Margarethe Jehly, Schriftstellerin, * 31. 7. 1882 Bludenz (Vorarlberg), † 26. 3. 1934 M¨unchen. G., Tochter des Malers Jacob → Jehly, kam nach dem fr¨uhen Tod der Eltern nach M¨unchen, wo sie Anschluß an literarische und k¨unstlerische Moderne fand; 1906-23 war sie mit dem Maler und Zeichner Olaf → G. verheiratet. Bereits im Alter von 18 Jahren als Lyrikerin hervorgetreten, ver¨offentlichte G. 1914 ihren ersten Band Gedichte, 1922 die Sammlung Ewiger Ruf. 1934 erschienen ihre Erinnerungen Geliebte Schatten. Eine Chronik der Heimat (Neudr. 1959). Von dem zwischen 1895 und 1934 verfaßten Tagebuch G.s, in denen sie auch Begegnungen mit Zeitgenossen wie Else → Lasker-Sch¨uler und Kaspar → Moosbrugger schildert, gab Ulrike Lang 1998-2004 eine Auswahl in 5 B¨anden heraus. G. war die Mutter von Andreas → G.

Guldin Gulbransson, Olaf (Leonhard), Maler, Zeichner, * 26. 5. 1873 Kristiana (heute Oslo), † 18. 9. 1958 Tegernsee (Oberbayern). G., Sohn eines Buchdruckers, besuchte 1885-93 die kgl. norwegische Zeichenschule in Christiana und ver¨offentlichte mit sechzehn Jahren Illustrationen in den Bl¨attern „Tyrihans“, „Trangviksposten“ und „Karikaturen“. 1900 unternahm er eine Studienreise nach Paris und folgte 1902 einem Ruf des Verlegers Albert → Langen als Karikaturist f¨ur dessen satirische Zeitschrift „Simplicissimus“ nach M¨unchen, f¨ur den er bis zum letzten Jahrgang t¨atig war. Die Jahre 1923-27 verbrachte G. wieder in Norwegen, ließ sich 1929 in Tegernsee nieder und wurde im selben Jahr zum o. Prof. an der Akademie der bildenden K¨unste in M¨unchen ernannt. G., der neben den mit ihm befreundeten Thomas Theodor → Heine und Eduard → Th¨ony zu den bedeutendsten Zeichnern der ersten H¨alfte des 20. Jh. geh¨orte, ver¨offentlichte u. a. das Karikaturenalbum Ber¨uhmte Zeitgenossen (1905), die gezeichnete Autobiographie Es war einmal (1934) und Idyllen und Katastrophen. Heitere Bildergeschichten (1941). Als Buchillustrator arbeitete er u. a. mit Ludwig → Thoma zusammen. 1917 wurde G. in die Preußische Akademie der K¨unste, 1951 in die Bayerische Akademie der Sch¨onen K¨unste aufgenommen. 1906-23 mit Grete → G. verheiratet, war er der Vater von Andreas → G. C Lex Kunst

Gulda, Friedrich, o¨ sterr. Musiker, Komponist, * 16. 5. 1930 Wien, † 27. 1. 2000 Weißenbach am Attersee (Ober¨osterreich). G., Sohn eines Schuldirektors, erhielt seit 1937 Klavierunterricht am Wiener Grossmann Konservatorium und Privatunterricht bei Felix Pazofsky. Seit 1942 studierte er an der Staatsakademie f¨ur Musik und darstellende Kunst in Wien Klavier bei Bruno → Seidlhofer und Theorie und Komposition bei Joseph → Marx. Er deb¨utierte 1944 und wurde 1946 erster Preistr¨ager bei den Concours International d’Ex´ecution Musicale in Genf. Konzerttourneen f¨uhrten ihn durch die Schweiz, die Tschechoslowakei, Ungarn und Italien. 1950 gab G. sein Deb¨ut in der Carnegie Hall in New York. 1953 spielte er in Wien die 32 BeethovenKlaviersonaten erstmals in chronologischer Reihenfolge. Anfang der sechziger Jahre wandte sich G., der bereits 1956 als Jazzpianist im Birdland in New York aufgetreten war, verst¨arkt dem Jazz zu und gr¨undete mehrere Jazzformationen, u. a. die Bigband „Eurojazz Orchester“. 1966 rief er den Internationalen Wettbewerb f¨ur modernen Jazz in Wien ins Leben. In seinen Kompositionen verkn¨upfte G., dessen Repertoireschwerpunkte Werke von → Bach, → Beethoven, Debussy, → Mozart, Ravel und → Schubert waren, klassische Formelemente mit dem Jazzidiom. Er ver¨offentlichte C MGG u. a. Worte zur Musik (1971, 21972).

Gulden, Paul, auch Guldinius, Guldinus, Guldenius, G¨ulden, Apotheker, Pharmazeut, Lexikograph, * um 1588 K¨onigsberg, † um 1658 Thorn (?). Der Sohn des M¨unzmeisters Paul → G. wurde nach dem Studium in Wittenberg Apotheker in Thorn, 1634 Leibund Hofapotheker des polnischen K¨onigs in Smolensk. Mit seinem 1641 erschienenen Onomasticum trilingue latino-germano-polonicum [. . .], einem lateinisch-deutschpolnischen W¨orterbuch mit pharmazeutischen und medizinischen Fachbegriffen, schuf G. das erste polnische Spezialhandbuch, das bis ins 19. Jh. Verwendung fand. C Altpreuß Biogr, Bd 4 Gulden, (Heinrich) William, Fabrikant, * 25. 5. 1860 Chemnitz, † 31. 8. 1931 Chemnitz. Nach einer kaufm¨annischen Ausbildung unternahm G. f¨ur die v¨aterliche Handschuhfabrik zahlreiche Auslandsreisen, im Zuge derer er sich ein Jahr in Amerika aufhielt. G. baute die Herstellung baumwollener und seidener Handschuhe zu einem Fabrikbetrieb weltweiter Geltung aus und verzeichnete um die Jahrhundertwende einen Exporth¨ohepunkt, dem der Erste Weltkrieg ein Ende setzte. G. war Pr¨asident der Chemnitzer Industrie- und Handelskammer. C NDB Guldener von Lobes, Eduard Vincenz, o¨ sterr. Mediziner, * 13. 4. 1763 Pilsen (B¨ohmen), † 30. 3. 1827 Wien. Nach dem Studium der Medizin an der Univ. Prag ließ sich der Sohn eines Stadtrats dort als praktischer Arzt nieder und u¨ bersiedelte 1797 als zweiter Stadtphysikus nach Wien, wo er bald erster Stadtphysikus wurde. Zugleich Obriststabsarzt beim B¨urgermilit¨ar, wurde G. v. L. 1814 zum Regierungsrat und Landesprotomedikus der nieder¨osterreichischen Regierung ernannt. G. v. L. diagnostizierte als Todesursache von → Mozart ein akutes rheumatisches Fieber und verwarf das Ger¨ucht einer Vergiftung.

Guldenmund, Hans, auch G¨uldenmundt, Guldenmundt, Illuminist, Drucker, Verleger, † 28. 11. 1560 N¨urnberg. G. war etwa seit 1490 in N¨urnberg t¨atig und wird zuerst als Briefmaler und Illuminist genannt. 1521 unternahm er eine Reise nach Speyer. 1532 wegen anst¨oßigen Lebenswandels aus N¨urnberg verbannt, kehrte er 1534 dorthin zur¨uck. Als selbst¨andiger Drucker und Verleger (1526-46) besch¨aftigte G. N¨urnberger Kleinmeister wie Hans → Brosamer und Peter → Fl¨otner und gab u. a. die Wunderliche weissagung von dem babstum (1527) mit Versen von Hans → Sachs, die Contrafactur wie der T¨urck Wien belegert anno 1529 sowie eine Reihe von Flugbl¨attern und Pamphleten heraus, die wiederholt eingezogen und verboten wurden. Großen Erfolg hatte G. auch mit Holzschnittfolgen von Landsknechtsbildern, zahlreichen kleinen Hans-Sachs-Drucken und einem Holzschnittportr¨at des einundf¨unfzigj¨ahrigen Hans Sachs von Michael → Ostendorfer. C NDB

Guldimann, Joseph, Jesuit, Architekt, * 4. 6. 1656 SoloGulden, Paul, M¨unzmeister, * um 1530 Annaberg / Erzgebirge, † 29. 3. 1593 K¨onigsberg. G. erlernte in seiner Heimatstadt das M¨unzhandwerk und wird erstmals 1556 in Reval erw¨ahnt, wo er 1558 B¨urgerrecht erhielt und seit 1561 M¨unzmeister war. 1570 verließ er Reval, wurde auf seinen Reisen von Ivan IV. gefangengenommen und in einem Moskauer Gef¨angnis inhaftiert. Nach seiner Flucht 1574 erneut B¨urger von Reval, trat er 1579 in K¨onigsberg in den Dienst Herzog Albrecht Friedrichs von Preußen und konstruierte zusammen mit dem ehemaligen M¨unzmeister Hans G¨obel eine M¨unzmaschine, die sich gut zur Kleingeldpr¨agung eignete. 1583 setzte G. eine solche Maschine in Kopenhagen ein und wurde nach seiner R¨uckkehr 1585 in K¨onigsberg zum M¨unzmeister bestellt. Er war der Vater des Apothekers Paul → G. C Altpreuß Biogr, Bd 3

thurn, † 12. 5. 1736 Freiburg / Breisgau. G. trat 1674 in die Gesellschaft Jesu ein, unterrichtete sp¨ater als Prof. vorwiegend Mathematik in Konstanz (1692-95), Dillingen (1696-98), Innsbruck (1698 / 99), Eichst¨att (1716), Mindelheim (1720) und Ellwangen (1724) und ging dann nach Rottenburg. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Freiburg / Breisgau. Neben seiner Lehrt¨atigkeit als Baumeister t¨atig, baute G. u. a. 1720 / 21 das Langhaus der Liebfrauenkirche in Mindelheim um, vollendete 1724 / 25 in Ellwangen die von Jakob Amrhein begonnene Ordenskirche und lieferte 1727 die Pl¨ane f¨ur den Bau des neuen Gymnasiums in Rottweil. C LMU

Guldin, Paul, eigentl. Habakuk G., Jesuit, Mathematiker, * 12. 6. 1577 St. Gallen, † 3. 11. 1643 Graz. Zum Goldschmied ausgebildet, konvertierte G. 1597 in Freising zum kath. Glauben, trat in die Gesellschaft Jesu ein und

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Guleke unterrichtete nach seinem Studium am Collegium Romanum (1607) Mathematik an den Jesuitenkollegien in Rom und Graz (1617). 1623 ging er als Prof. nach Wien, kehrte jedoch 1637 nach Graz zur¨uck. Seine wissenschaftliche T¨atigkeit begann G. 1618 mit einer Streitschrift zur Verteidigung der Einf¨uhrung des Gregorianischen Kalenders von 1592. In seinem vierb¨andigem Hauptwerk Centrobaryca seu de centro gravitatis [. . .] (1635-41) setzte er sich mit der Indivisibilienmethode von Bonaventura Cavalieri sowie zahlreichen Fl¨achen- und Volumenbestimmungen auseinander und legte außerdem die nach ihm benannte Guldinsche Regel zur Berechnung des Inhalts von Rotationsk¨orpern dar. C DSB

Guleke, Nicolai (Gustav Hermann), Chirurg, * 25. 4. 1878 Pernau (Estland), † 4. 4. 1958 Wiesbaden. G., Sohn eines Architekten und einer Geigenk¨unstlerin, studierte Medizin an den Universit¨aten Berlin, M¨unchen, Bonn, Rostock und Straßburg, wurde 1902 zum Dr. med. promoviert (Beitrag zur Statistik des Mamma-Carcinoms) und war Assistent am Pathologischen Institut und an der Chirurgischen Klinik in Berlin. Nach einer kurzen T¨atigkeit als Schiffsarzt war er 1907-18 Assistent und Oberarzt an der Chirurgischen Universit¨atsklinik in Straßburg, wo er sich 1908 habilitierte und 1913 zum a. o., 1916 zum o. Prof. ernannt wurde. 1918 folgte G. einem Ruf als o. Prof. der Chirurgie und Direktor der Chirurgischen Klinik nach Marburg, ging im folgenden Jahr in gleicher Stellung nach Jena und leitete bis 1950 die dortige Chirurgische Universit¨atsklinik. G., seit 1940 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, ver¨offentlichte u. a. Chirurgie der Nebenschilddr¨usen (1913), Die Eingriffe am Gehirnsch¨adel, Gehirn, an der Wirbels¨aule und am R¨uckenmark (1935, 2 1950) und Kriegschirurgie und Kriegschirurgen im Wan¨ del der Zeiten (1945). 2, 3 C Arzte

Gulkowitsch, Lazar, Semitist, * 20. 12. 1898 Zirin (Polen), † 1941 Tartu (Estland). G. studierte Medizin und Philosophie an der Univ. K¨onigsberg, wurde 1923 zum Dr. phil., 1925 zum Dr. med. promoviert, wandte sich dann sp¨athebr¨aischen, aram¨aischen und talmudischen Studien zu und habilitierte sich 1927 in Leipzig. Anschließend Privatdozent an der Univ. Leipzig, wurde er dort 1932 a. o. Prof. und Direktor des Seminars f¨ur j¨udische Studien des Alten Testaments. 1934 emigrierte G. nach Estland, wo er bis 1938 o. Prof. und Direktor des Seminars f¨ur J¨udische Studien an der Univ. Tartu war. 1939 hielt er Gastvorlesungen in Cambridge und an der Columbia University. Zu seinen religionswissenschaftlichen Ver¨offentlichungen z¨ahlt die Abhandlung u¨ ber Das kulturhistorische Bild des Chassidismus (1938). Nach dem Angriff auf die Sowjetunion wurde G. von Deutschen erschossen. C BHdE, Bd 2

Gull, Gustav, schweizer. Architekt, * 7. 12. 1858 Z¨urich, † 10. 6. 1942 Z¨urich. G. studierte seit 1876 Architektur am Eidgen¨ossischen Polytechnikum in Z¨urich, besuchte Kurse f¨ur Bildhauerei an ´ der Ecole des Arts d´ecoratifs in Genf und absolvierte 1880-82 eine praktische Ausbildung beim Bau des Bundesgerichtshauses in Lausanne. Im Anschluß an eine Studienreise nach Italien 1883 / 84 ließ er sich 1885 als Architekt in seiner Heimatstadt nieder und gewann im selben Jahr den Wettbewerb zum Bau des Eidgen¨ossischen Postgeb¨audes in Luzern, das er 1889 fertigstellte. 1893-98 baute G. das Schweizerische Landesmuseum in Z¨urich, wurde 1895 Stadtbaumeister von Z¨urich und unterrichtete 1900 bis zu seiner Emeritierung 1929 als Prof. der Architektur an der ETH Z¨urich. 1912-15 errichtete G. Institutsgeb¨aude der ETH Z¨urich, dessen Hauptgeb¨aude er 1914-25 erweiterte.

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Gull, Josef, Jurist, Staatsmann, * 5. 12. 1820 Sch¨aßburg (Siebenb¨urgen), † 23. 6. 1899 Sch¨aßburg. G. studierte bis 1844 Rechtswissenschaften in Neumarkt, war im Sch¨aßburger Verwaltungsdienst t¨atig und trat auf dem Klausenburger Landtag von 1848 f¨ur den Anschluß der Siebenb¨urger Sachsen an Ungarn ein, schloß sich jedoch ¨ bald Osterreich an. Seit 1861 Senator und Stadthann, war G. 1866-81 B¨urgermeister seiner Heimatstadt, 1861-75 Mitglied der s¨achsischen Nationaluniversit¨at. 1863 / 64 geh¨orte er dem Hermannst¨adter Landtag, 1863-65 dem Vereinigten Wiener Reichsrat an und bem¨uhte sich 1865 / 66 auf dem Klausenburger Landtag vergeblich um staatsrechtliche Unionsbedingungen f¨ur die Sachsen. Nach der Union Siebenb¨urgens mit Ungarn war G. bis 1896 Deputierter im Bu¨ dapester Reichstag. C OBL

Gulz, Ignaz (Joseph Caspar), Ophthalmologe, * 8. 1. 1840 ¨ Domsdorf (Osterr.-Schlesien), † 2. 10. 1874 Wien. G., Sohn eines Bauern und Garnh¨andlers, studierte 1831-38 an den Universit¨aten Prag und Wien, wurde 1839 zum Dr. med. (Dissertatio inauguralis medica sistens conspectum morborum, in clinico ophthalmiatrico altero semestri anni scholastici 1838) und 1840 zum Dr. chir. promoviert und bildete sich in Augenheilkunde fort. Nach einer ausgedehnten Studienreise ließ er sich 1844 als Augenarzt in Wien nieder, habilitierte sich 1845 und war a.o. Prof. f¨ur Ohrenheilkunde an der Univ. Wien. Von der Stadt Wien wurde er zum Armenaugenarzt ernannt und 1850 nach Galizien, 1852 ¨ nach Italien entsandt, um die „Agyptische Augenkrankheit“ (Chlamydieninfektion) zu bek¨ampfen. G.’ Augenarztpraxis war zeitweise die gr¨oßte in Wien. Er ver¨offentlichte u. a. Die sogenannte egyptische Augenentz¨undung oder der Catarrh, die Blenorrhoe und das Trachom der Bindehaut (1850). ¨ Schlesien C Arzte Gum, Josef, S¨anger, * 10. 12. 1844 M¨unchen, † 22. 12. 1890 Stuttgart. G. besuchte die Musikhochschule M¨unchen, war dann Chors¨anger an der M¨unchner Oper und wurde 1874 als Solist an dieses Haus engagiert. Seit 1877 geh¨orte er zum Ensemble des Hof- und Nationaltheaters Mannheim und trat von 1887 bis zu seinem Tod an der Hofoper von Stuttgart auf. Zu seinem umfangreichen Rollenrepertoire geh¨orten u. a. die Tenorpartien des Don Ottavio im Don Giovanni, des Florestan im Fidelio und des Radames in Aida. C Kutsch Gumbel, Emil (Julius), Pseud. Methodicus, Mathematiker, Statistiker, Publizist, * 18. 7. 1891 M¨unchen, † 10. 9. 1966 New York. Der Sohn eines Privatbankiers studierte seit 1910 Mathematik und National¨okonomie an der Univ. M¨unchen und wurde ¨ 1914 mit der Arbeit Uber die Interpolation des Bev¨olkerungsstandes promoviert. Er nahm als Freiwilliger bis 1915 am Ersten Weltkrieg teil, schloß sich, zum Pazifisten gewandelt, dem Bund Neues Vaterland, sp¨ater der Deutschen Liga f¨ur Menschenrechte und 1917 der USPD an und arbeitete bis zum Kriegsende als Ingenieur u. a. in der R¨ustungsproduktion. Als Vortragsredner bei pazifistischen Veranstaltungen und in Artikeln, u. a. f¨ur die Zeitschrift „Die Menschenrechte“, behandelte er Themen wie Fememorde und rechtsradikale Geheimb¨undelei und schrieb 1921 die Dokumentation Zwei Jahre Mord (51922 als Vier Jahre politischer Mord). 1922 habilitierte sich G. f¨ur Statistik an der Univ. Heidelberg und war dort zun¨achst Privatdozent, 1930-32 a. o. Professor. 1932 relegiert, emigrierte er nach Frankreich, 1940 in die USA, wo er Gastprofessuren an verschiedenen Universit¨aten erhielt und in zahlreichen antifaschistischen Komitees mitarbeitete. 1952 wurde er Adjunct Professor am Department of Industrial Engineering der Columbia University in New York. In den f¨unfziger Jahren u¨ ber-

Gumpert nahm er mehrmals Gastprofessuren in Berlin. G. war Autor mehrerer Werke zur Extremwerttheorie (u. a. Statistic of extremes, 1958); die Tennessee-Regulierung beruht auf der praktischen Anwendung seiner Berechnungsmethoden. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Verschw¨orer. Zur Geschichte und Soziologie der deutschen nationalistischen Geheimb¨unde 1918-1924 (1924, Nachdr. 1984), Einf¨uhrung in die mathematische Philosophie (1930) und Vom Fememord zur Reichskanzlei (1962). C Hagemann

Gumbert, Ferdinand, S¨anger, Komponist, Gesangsp¨adagoge, * 22. 4. 1818 Berlin, † 6. 4. 1896 Berlin. Zun¨achst als Buchh¨andler t¨atig, machte G. eine musiktheoretische und stimmliche Ausbildung und begann 1839 seine B¨uhnenlaufbahn als Bariton in Sondershausen. Nach einem Engagement am Stadttheater von K¨oln (1840-42) gab er auf Anraten des K¨olner Kapellmeisters Conradin → Kreutzer seine S¨angerkarriere zugunsten der Komposition auf und arbeitete als Gesangslehrer und Komponist. Seit 1881 war er Musikreferent der „T¨aglichen Rundschau“ in Berlin. Bekannt wurde G. vor allem durch seine u¨ ber 400 volkst¨umlichen Lieder und seine Singspiele wie Die sch¨one Schusterin und Die Kunst geliebt zu werden. Ferner u¨ bertrug G. verschiedene franz¨osische Opernlibretti ins Deutsche. C MGG

Gumlich, Ernst (Carl Adolf), Physiker, * 23. 4. 1859 Ahorn bei Coburg, † 12. 2. 1930 Berlin. Der Pfarrerssohn schloß das Studium der Physik, Mathematik und beschreibenden Naturwissenschaften an den Universit¨aten Jena, T¨ubingen und Berlin 1885 mit der Promotion an der Univ. Jena ab (Theorie der Newton’schen Farbenringe im durchgehenden Lichte) und war einige Jahre als Lehrer t¨atig. 1887 wurde er Mitarbeiter an der PhysikalischTechnischen Reichsanstalt in Berlin, deren Magnetisches Laboratorium er nach seiner Ernennung zum Prof. 1898 bis 1924 leitete. G. befaßte sich vorwiegend mit Untersuchungen der magnetischen Werkstoffe bei Wechselmagnetisierung und entwickelte bedeutende Meßmethoden zur Ermittlung der magnetischen Eigenschaften, u. a. die Verbesserung des Epstein-Verfahrens und die Joch-IsthmusMethoden zur Bestimmung der St¨attigungsintensit¨at. Er initiierte die Herstellung der Eisen-Silizium-Legierungen. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Herstellung und Untersuchung der Quecksilber-Normalthermometer (1895), Lehrbuch der Physik (1897) und Leitfaden der magnetischen Messungen (1918). C Poggendorff 4-5 Gummel, Hans, Mediziner, * 3. 8. 1908 Berlin, † 27. 5. 1973 Berlin. G., Sohn eines Stadtoberinspektors, studierte seit 1928 Medizin in Rostock, Innsbruck und Berlin (Promotion 1935), war Assistenzarzt an der Berliner Charit´e und seit 1939 Oberarzt an der Universit¨atsklinik Breslau. 1947 der SED beigetreten, war er zun¨achst verantwortlich f¨ur den Aufbau der Penicillinproduktion in der Sowjetischen Besatzungszone, wurde ¨ 1949 Arztlicher Direktor, 1953 Prof. an der Geschwulstklinik des Instituts f¨ur Medizin und Biologie der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Berlin-Buch. 1955-73 war G. Direktor der Robert-R¨ossle-Klinik (seit 1972 Zentralinstitut f¨ur Krebsforschung der Akademie der Wissenschaften) und leitete daneben den Fachbereich Medizin der Akademie der Wissenschaften. G., u. a. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, befaßte sich mit der chirurgischen Behandlung von Krebsleiden und publi¨ zierte zur Atiologie, Diagnostik und Therapie maligner Tumoren des Magen-Darm-Traktes und der Brustdr¨use. C DDR

Gumpel, Hermann, Bankier, * 4. 2. 1862 Lindhorst (Schaumburg-Lippe), † 1935. G. trat 1878 in das v¨aterliche Getreide- und Holzhandelsunternehmen Z. H. Gumpel ein, wurde 1886 Teilhaber und baute schließlich ein Bankhaus in Hannover auf, dessen industrielle Beteiligungen er leitete. G. war f¨uhrend in der Kaliindustrie seiner Heimat t¨atig und beteiligte sich an der Hannoverschen Kaliwerke AG, die seit 1900 einer der f¨uhrenden Konzerne seiner Art wurde. Daneben hatte G. zahlreiche Industriebeteiligungen u. a. im Bergbau und in der Elektro- und Asphaltbranche. Als 1938 sein Bankhaus von den Nationalsozialisten liquidiert wurde, emigrierte G. in die Schweiz.

Gumpel, Kurt, Bankier, * 25. 12. 1896 Hannover, † 16. 4. 1972 Hannover. Der Neffe Hermann → G.s studierte nach seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg und Kriegsgefangenschaft in Griechenland Staatswissenschaften an der Univ. K¨oln und absolvierte eine Bankausbildung in seiner Heimatstadt. Er trat in das Bankhaus Z. H. Gumpel in Hannover ein, erhielt Einzelprokura und wurde Mitinhaber des Unternehmens. 1926 wurde er Teilhaber des v¨aterlichen Bankgesch¨aftes Ephraim Meyer & Sohn in Hannover und wirkte u. a. am Zusammenschluß der Vereinigten Elektrotechnischen Fabriken L¨udenscheid, dem gr¨oßten deutschen Konzern f¨ur Installationsmaterialien, mit, dessen Aufsichtsratsvorsitzender er war. G. saß im Aufsichtsrat einer Reihe von Unternehmen der Zement-, Kali- und Maschinenindustrie. 1935 emigrierte er nach Paris, sp¨ater nach Lissabon und kehrte 1949 nach Deutschland zur¨uck.

Gumpelzhaimer, Adam, auch Gumpeltzhaimer, Komponist, Musiktheoretiker, Musikp¨adagoge, * 1559 Trostberg, † 3. 11. 1625 Augsburg. Trotz evang. Glaubenszugeh¨origkeit besuchte G. die Schule des Benediktinerklosters St. Ulrich und Afra in Augsburg, wo er seinen ersten musikalischen Unterricht bei Jodokus Entzenm¨uller und Johannes Treer erhielt. 1581 u¨ bernahm er das Kantorat am evang. Gymnasium St. Anna in Augsburg, das er bis zu seinem Tod innehatte. G. gr¨undete eine umfangreiche Musikaliensammlung, verfaßte mit seinem Compendium musicae (1591, 131681) eines der meistverbreiteten Musiklehrb¨ucher seiner Zeit und komponierte geistliche Musik f¨ur den liturgischen Gebrauch, u. a. Neue deutsche geistliche Lieder (1591) und Sacrorum concentuum [. . .] (2 Bde., 1601-14). Wegen seiner bereits in Ans¨atzen verwendeten Dur-Moll-Harmonik galt er unter den evang. Komponisten des fr¨uhen 17. Jh. als richtungweisend. C MGG

Gumpelzhaimer, Christian Gottlieb, auch Gumpeltzhaimer, Jurist, Historiker, * 22. 7. 1766 Regensburg, † 17. 2. 1841 Regensburg. G. studierte Rechtswissenschaften an der Univ. G¨ottingen, war 1790 mecklenburg-schwerinischer Gesandtschaftssekret¨ar am Immerw¨ahrenden Reichstag in Regensburg und wurde 1793 zum Hofrat ernannt. Seit 1805 Legationsrat, beendete er 1813 seine diplomatische Laufbahn und wandte sich historischen Studien zu. G. war Mitbegr¨under und erster Vorstand des Historischen Vereins f¨ur Oberpfalz und Regensburg. Er ver¨offentlichte u. a. Regensburgs Geschichte, Sagen und Merkw¨urdigkeiten von den a¨ ltesten bis auf die neuesten Zeiten (4 Bde., 1830-38).

Gumpert, Martin, Pseud. Gr¨unling, Dermatologe, Geriater, Schriftsteller, * 13. 11. 1897 Berlin, † 18. 4. 1955 New York. G., Sohn eines Arztes, studierte seit 1916 an den Universit¨aten Berlin und Heidelberg und wurde 1923 in seiner Heimatstadt zum Dr. med. promoviert (Der Streit um den Ursprung der Syphilis). Bis 1927 an der Dermatologischen Abteilung des Rudolf-Virchow-Krankenhauses t¨atig, ließ er

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Gumpert sich als Facharzt nieder und leitete bis 1933 das St¨adtische Ambulatorium f¨ur Haut- und Geschlechtskrankheiten in Berlin-Wedding. 1929 gr¨undete er eine Klinik und Beratungsstelle f¨ur Entstellungsbek¨ampfung, wurde Dozent f¨ur Soziale Hygiene am Seminar f¨ur Wohlfahrtspflege und medizinischer Mitarbeiter des Ullstein-Verlags. 1936 emigrierte G. nach New York, wo er zun¨achst eine Privatpraxis in New York er¨offnete, seit 1939 im Lenox Hill Hospital und seit 1943 als Spezialist f¨ur Geriatrie arbeitete. 1952-55 leitete er das Jewish Memorial Hospital. G., der 1917 seinen ersten, in expressionistischem Stil gehaltenen Gedichtband Verkettungen ver¨offentlicht hatte, verfaßte eine Reihe biographischdokumentarischer Romane, u. a. Hahnemann. Die abenteuerlichen Schicksale eines a¨ rztlichen Rebellen und seiner Lehre, der Hom¨oopathie (1934, 51935) und Dunant. Der Roman des Roten Kreuzes (1934, Neudr. 1987). In seinen autobiographisch gepr¨agten Werken H¨olle im Paradies (1939) und Der Geburtstag (1948) schilderte er Herkunft, Studium, a¨ rztliche Praxis und die Jahre der Emigration. C Spalek 3,1

Gumpert, Thekla (Charlotte) von, verh. von Schober, Schriftstellerin, * 28. 6. 1810 Kalisch, † 2. 4. 1897 Dresden. G. kam 1815 nach Posen, wo ihr Vater Hausarzt des preuß. Statthalters F¨urst Radziwill wurde, und ging nach dem Tod ihres Vaters nach Klausdorf (Westpreußen). Nach der Scheidung von ihrem ersten Ehemann arbeitete sie als Erzieherin bei adligen Familien in Posen, ging 1846 nach Dresden, lebte seit 1851 als Jugendschriftstellerin in Berlin und war von 1856 bis zur Trennung 1860 mit Franz von → Schober verheiratet. G. gab die Kinderzeitschriften „T¨ochter-Album“ (1854-97) und „Herzbl¨attchens Zeitvertreib“ (1856-97), ferner Erz¨ahlungen f¨ur meine jungen Freundinnen (6 Bde., 1865-76) heraus. Ihre Schriften, in denen sie die p¨adagogischen Leitgedanken → Fr¨obels, → Pestalozzis und → Diesterwegs u¨ bernahm, sind von einem idealistisch-religi¨osen Weltbild gepr¨agt und haben keinen emanzipatorischen Charakter, da sie die Geschlechterrollen als g¨ottliche F¨ugung betrachtet. G. stand der gymnasialen M¨adchenschulbildung und qualifizierter Frauenarbeit ablehnend gegen¨uber. C DSL

Gumpertz, Aron Salomon, auch Aaron ben Salman Emmerich Gomperz, Mediziner, Philosoph, Schriftsteller, * 10. 12. 1723 Berlin, † 10. 4. 1769 Hamburg. Der aus einer wohlhabenden Familie stammende G. war urspr¨unglich zum Rabbiner bestimmt, wandte sich aber mathematischen und philosophischen Studien zu und kam fr¨uh in Kontakt mit Gelehrten seiner Zeit (u. a. mit → Gottsched und → Maupertuis); zeitweise war er Sekret¨ar des Marquis d’→ Argens und verkehrte am Hof → Friedrichs des Großen. 1751 mit einer medizinischen Dissertation De temperamentis in Frankfurt / Oder promoviert, unternahm er seit 1754 Studienreisen und ließ sich 1761 in Hamburg nieder, wo er f¨ur wohlt¨atige Stiftungen t¨atig war. G. lieferte 1745-52 astronomische und kalendarische Berechnungen f¨ur den in Berlin erscheinenden j¨udischen Kalender und ver¨offentlichte mit Megalle sod (1765, Nachdr. 1836) einen Superkommentar zu Aben Esras (Abraham ben Meir ibn Esra) Kommentaren zu den f¨unf Megillot. Als Lehrer des jungen Moses → Mendelssohn soll G. diesen mit → Lessing bekannt gemacht haben. Gumplowicz, Ludwig, o¨ sterr. Jurist, Soziologe, Staatswissenschaftler, * 9. 3. 1838 Krakau, † 19. 8. 1909 Graz. G., Sohn eines Kaufmanns und Gemeinderats, studierte 1857-60 Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft an den Universit¨aten Krakau und Wien, wurde 1862 promoviert und war als Anwalt t¨atig. 1869-74 war er Redakteur und Herausgeber der radikal-demokratischen Zeitschrift „Kraj“ (Das Land), in der er f¨ur eine freie polnische Nation pl¨adierte,

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und u¨ bersiedelte nach Graz, wo er sich 1876 mit der Studie Rasse und Staat (1875) habilitierte. G. war seit 1872 a. o. Prof. des allgemeinen Staatsrechts und der Verwaltungslehre, 1893-1908 o. Prof. des Staatsrechts. Durch sein 1885 ver¨offentlichtes Werk Grundriß der Soziologie gilt G. als Mitbegr¨under der deutschen Soziologie. Unter dem Einfluß Comtes, Darwins und Spencers entwickelte er in seiner Schrift Der Rassenkampf (1883) die sozialdarwinistische Theorie der Entstehung des Staates aus dem Kampf sozialer und ethnischer Gruppen um die Macht. G. starb durch Selbstmord. C Brauneder

Gumposch, Philipp Viktor, Literaturhistoriker, Philosoph, * 1817 Boos bei Memmingen, † 1. 1. 1853 M¨unchen. G. studierte Philosophie und Philologie an der Univ. ¨ M¨unchen, wurde 1838 promoviert (Uber die Grenzen aristotelischer Logik) und unterrichtete 1842 / 43 an der Kantonsschule in Chur. Anschließend kehrte er als Privatgelehrter nach M¨unchen zur¨uck, um sich seinen literarischen und philosophischen Forschungen zu widmen, und war sp¨ater Praktikant an der dortigen Hof- und Staatsbibliothek. G. ver¨offentlichte u. a. Allgemeine Literaturgeschichte der Deutschen (1846), Geschichte der Philosophie (1850) als Supplement zu Thadd¨aus Anselm → Rixners Handbuch der Geschichte der Philosophie und als sein Hauptwerk Die philosophische und theologische Litteratur der Deutschen von 1400 bis auf unsere Tage (Bd. 1, 1851). Er u¨ bersetzte die Streitschriften R. Bellarmins in 14 B¨anden (1853). Gumpp, Christoph d. J., o¨ sterr. Architekt, * 28. 5. 1600 Innsbruck, † 2. 3. 1672 Innsbruck. ¨ wurde wahrDer Sohn des Hoftischlers Christoph G.s d. A. scheinlich bei seinem Vater zun¨achst zum Tischler ausgebildet und ist seit 1626 als Hoftischler bezeugt. 1633 wurde er von Erzherzogin → Claudia, 1668 von Kaiser → Leopold I. zum Hofbaumeister ernannt. 1628 unternahm er eine Reise nach Italien zum Studium der dortigen Theaterbauten und errichtete nach seiner R¨uckkehr nach Innsbruck 1629 am Rennweg das ehemalige Hoftheater. 1655 vollendete G. das Neue Kom¨odienhaus, die a¨ lteste st¨andige B¨uhne n¨ordlich der Alpen. In seinen Hauptwerken, dem Bau der Mariahilfkirche (1648 / 49) und dem Neubau der Stiftskirche in Wilten (1651-65), erwies er sich als Repr¨asentant des s¨uddeutschen Fr¨uhbarock. 1656 wurde G. zum Kammerdiener, 1660 zum Rat erhoben und erhielt 1662 von Erzherzog Ferdinand Karl Schloß Fragenstein bei Zirl als Pfandschaft. G. war der ¨ Johann Baptist und Johann Vater von Johann Martin d. A., Anton → G. C Th-B Gumpp, Georg Anton, o¨ sterr. Architekt, * 12. 10. 1682 Innsbruck, † 19. 12. 1754 Innsbruck. Nach seiner Ausbildung in Italien war G. seit 1711 Mitar¨ in der Verbeiter seines Vaters Johann Martin → G. d. A. waltung des Hof- und Hofkammerbauamtes in Innsbruck. Nach dessen Versetzung in den Ruhestand 1722 wurde er selbst Hofbaumeister und u¨ bernahm auch Ingenieursdienste. 1718 / 19 erbaute G. das Franziskanerkloster, 1724-28 in Anlehnung an den r¨omischen Hochbarock das Landhaus der Tiroler St¨ande und schuf 1729-32 die Johanniskirche am Innrain. C Th-B Gumpp, Johann Anton, o¨ sterr. Maler, * 27. 4. 1654 Innsbruck, † 28. 3. 1719 M¨unchen. Der Sohn Christoph → G.s d. J. und Bruder Johann Baptist → G.s erhielt seine Ausbildung als Sch¨uler seines Schwagers Egid → Schor in seiner Heimatstadt und u¨ bersiedelte sp¨ater nach M¨unchen, wo er 1678 eingeb¨urgert wurde und die Tochter des Hofmalers Depey heiratete. G. wurde kurf¨urstlicher Hof- und Kammermaler und erhielt 1698 den Titel Kammerdiener. Er arbeitete an Monumentaldekorationen h¨ofischer Feste und lieferte u. a. die Entw¨urfe f¨ur die

Gumppenberg Triumphpforte beim Einzug der Kurf¨urstin → Maria Antonia (1685) und f¨ur die Theaterdekorationen im Georgssaal der Residenz. Von G., der vor allem als Freskomaler t¨atig war, stammen u. a. die Decke des Beichvaterkabinetts in Schleißheim (1702), Wandfresken des B¨urgersaals in M¨unchen (1710) sowie Fresken im Neuen Saal des Schlosses Dachau (1716), in Nymphenburg und der Pagodenburg. C Th-B

Gumpp, Johann Baptist, o¨ sterr. Kupferstecher, Ingenieur, * 14. 8. 1651 Innsbruck, † 24. 11. 1728 Innsbruck. G. war in seiner Heimatstadt zun¨achst als Kupferstecher t¨atig und stach 1674 die von seinem Bruder Johann Anton → G. entworfene Landkarte Tirols mit Portr¨ats der Landesf¨ursten, allegorischen Figuren und Wappen sowie einer Reihe von Heiligenbildern. Sp¨ater trat er als Zivil- und Milit¨aringenieur in kurf¨urstlich bayerische Dienste und entwarf im Auftrag der Stadt M¨unchen die Triumphpforte anl¨aßlich der R¨uckkehr des Kurf¨ursten → Maximilian II. Emanuel von Bayern aus dem T¨urkenkrieg. Zuletzt stand G. als Oberingenieur und Kassier der Festung Konstanz im Dienste Kaiser → Leopolds I. ¨ o¨ sterr. Architekt, Gumpp, Johann Martin d. A., * 7. 11. 1643 Innsbruck, † 3. 7. 1729 Innsbruck. G. wurde 1672 Nachfolger seines Vaters Christoph → G. d. J. als Verwalter des Hofbauamtes in Innsbruck, ließ sich 1676 die Pfandschaft Fragenstein verl¨angern und wurde 1692 zum Hof- und Kammerbaumeister ernannt. In seinen Bauten verband er italienisches Formengut mit Elementen der s¨uddeutschen Sp¨atrenaissancearchitektur. Zu seinen wichtigsten Innsbrucker Bauten geh¨oren das Fuggerpalais (1679-90), die Umgestaltung des Alten Regierungsgeb¨audes (1690-92), die Spitalskirche (1700-01) und die Ursulinenkirche (1700-05). 1692-99 errichtete er die Zisterzienerabtei Stams. G. war der Vater von Georg Anton und Johann Martin → G. d. J. C NDB

Gumpp, Johann Martin d. J., o¨ sterr. Architekt, * 26. 7. 1686 Innsbruck, † 21. 9. 1765 Innsbruck. ¨ die Urspr¨unglich schlug der Sohn Johann Martin → G.s d. A. milit¨arische Laufbahn ein und war seit 1720 als Oberingenieur in Konstanz, seit 1731 als Festungsingenieur in Tirol t¨atig, wo er u. a. Neubauten in Kufstein und Ehrenberg schuf. Sechs Jahre nach seinem Ausscheiden erarbeitete G. 1754 einen Plan zur Umgestaltung der mittelalterlichen Hofburg in Innsbruck, den er der Kaiserin → Maria Theresia vorlegte; 1755 / 56 erbaute er den West- und S¨udtrakt. 1766-70 wurde der Bau nach seinen Pl¨anen unter der Leitung des Ingenieurmajors Johann → Walter fertiggestellt. C Th-B

Gumppenberg, Ambrosius Frh. von, Domherr, Diplomat, * um 1501, † 4. 9. 1574 Eichst¨att. Der Sohn von Walter → G. studierte an den Universit¨aten T¨ubingen und Ingolstadt, wurde 1519 Kanoniker in Regensburg und war seit 1525 Agent zahlreicher deutscher Pr¨alaten und F¨ursten in Rom, wo er sich eine Vertrauensstellung bei Papst Clemens VII. schuf, der ihn 1527 mit Auftr¨agen an den bayerischen Hof sandte. G. wurde Augenzeuge des Sacco di Roma und wegen seiner vielseitigen Beziehungen schließlich Unterh¨andler zwischen den deutschen Landsknechten und dem in der Engelsburg inhaftierten Papst. Auch unter Paul III. konnte sich G. Einfluß an der Kurie verschaffen. Er erhielt 1537 das B¨urgerrecht der Stadt Rom. Infolge eines Streits mit dem Orientalisten Johann Albrecht → Widmanstetter wurde G. vor¨ubergehend in Haft genommen. 1546 kehrte er nach Deutschland zur¨uck, wo er neun Kanonikate besaß und weiter eine kirchenpolitisch bedeutende, freilich stets umstrittene Rolle spielte. C ADB

Gumppenberg, Anton Frh. von, Milit¨ar, * 10. 1. 1787 Breitenbrunn, † 5. 4. 1855 M¨unchen. Der Sohn eines kurpfalzbayerischen Rats und Oberhofmeisters begann nach forstwissenschaftlichen Studien eine milit¨arische Laufbahn und wurde 1810 Adjutant und Reisebegleiter des sp¨ateren K¨onigs → Ludwig I. von Bayern. Diese Stellung behielt G., inzwischen Oberst, auch nach dessen Regierungs¨ubernahme, wurde 1837 Generalmajor und war 1839-47 bayerischer Kriegsminister. Seit 1848 Generalleutnant, wurde er 1855 General der Infanterie.

Gumppenberg, Carl (Kajetan Maximilian) Frh. von, auch G.-P¨ottmes, Pseud. Pipin Jocosus, Beamter, Schriftsteller, * 11. 11. 1833 Wallenburg bei Miesbach (Oberbayern), † 2. 6. 1893 Bamberg. G., Sohn eines Diplomaten und kgl. bayerischen Prinzenerziehers, wurde 1847 in die kgl. Pagerie in M¨unchen aufgenommen und studierte Kameralistik und das Bergwesen in M¨unchen. 1858 in den Postdienst eingereten, war er als Beamter in Ansbach, M¨unchen, Memmingen und Landshut t¨atig und wurde 1869 in die Generaldirektion in M¨unchen versetzt. 1890 ging er als Oberpostmeister und Vorstand des Oberpostamtes nach Bamberg. G. trat auch als Lyriker und Dramatiker, vorwiegend in oberbairischer Mundart, hervor. Er war der Vater von Hanns von → G. C DSL Gumppenberg, Hanns (Theodor Karl Wilhelm) Frh. von, Pseud. Jodok, Prof. Immanuel Tiefbohrer, Schriftsteller, Journalist, * 4. 12. 1866 Landshut, † 29. 3. 1928 M¨unchen. Nach dem Studium der Literaturwissenschaften an der Univ. M¨unchen war der Sohn Carl von → G.s 1901-09 Redakteur und Theaterkritiker bei den „M¨unchner Neuesten Nach¨ richten“ und lebte dann als freier Schriftsteller und Ubersetzer in M¨unchen. G. ver¨offentlichte 1886 das Versdrama Odysseus auf Ithaka und verfaßte in den folgenden Jahren auch philosophische Schriften, u. a. den Essay Kritik des Wirklich-Seienden (1892). Bekannt wurde er als eine der dominierenden Figuren der literarischen Kreise der M¨unchner Vorkriegszeit. Zusammen mit Otto → Falckenberg, Frank → Wedekind, Ernst von → Wolzogen und anderen gr¨undete G. 1901 das Kabarett „Die elf Scharfrichter“ und hatte seine gr¨oßten Erfolge mit literaturkritischen Parodien naturalistischer und symbolistischer Autoren. 1901 erschien unter Pseudonym sein vielfach aufgelegter Parodienband Das teutsche Dichterroß, in allen Gangarten vorgeritten (131929). Zu seinen Publikationen z¨ahlen ferner Aus meinem lyrischen Tagebuch (1906) und Schaurige Schicksale, f¨alschende Fama und leere Lorbeeren. Dokumentarisches u¨ ber meine B¨uhnenwerke (1914). Lebenserinnerungen wurden 1930 aus dem Nachlaß herausgegeben. C Killy Gumppenberg, Stephan, Beamter, * 1545, † 5. 6. 1604 Straubing. Der aus einem bayerischen Turniergeschlecht stammende Sohn eines Hofkammerrats und Viztums war zun¨achst Regierungsrat in Straubing. 1575 wurde er Hofrat, 1584 Oberstallmeister und Vorsitzender des Kriegsrats. Seit 1598 Geheimer Rat und Obersthofmarschall, schied er 1601 aus dem herzoglichen Dienst aus. G. war 1581-1604 Erblandmarschall von Oberbayern, 1596-1604 Pfleger in Rain und Inhaber der Hofmarken Scherneck und Rehling. Gumppenberg, Walter, Jurist, Beamter, † 19. 3. 1536. G. wurde 1488 Rat des Herzogs → Albrecht IV. von Bayern, sp¨ater des Herzogs → Wilhelm IV. von Bayern und war 1501-05 Pfleger in Schmiechen, 1517 / 18 in Gerolfing. 1511-25 amtierte er als Stadtrichter in M¨unchen. G. war Erblandmarschall von Oberbayern, Inhaber der Hofmarken Affing und Pang und Mitinhaber der Hofmark Schmiechen. Er war der Vater von Ambrosius von → G.

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Gumppenberg Gumppenberg, Wilhelm Frh. von, Jesuit, Theologe, * 17. 7. 1609 M¨unchen, † 8. 5. 1675 Innsbruck. Der Sohn eines bayerischen K¨ammerers trat 1625 in Landsberg / Lech in die Gesellschaft Jesu ein und studierte in Ingolstadt und Rom, wo er zehn Jahre lang als Prof. der Theologie und Philosophie sowie einige Jahre als p¨apstlicher P¨onitentiar in St. Peter wirkte. 1639 lehrte G. an der Univ. Ingolstadt, war sp¨ater Volksmissionar in Bayern, Tirol und der Schweiz und galt als hervorragender Prediger. Er wurde vor allem durch seinen Atlas Marianus (1658) bekannt, eine Beschreibung von u¨ ber 1200 Marienwallfahrten, die, vielfach neuaufgelegt und u¨ bersetzt, das verbreitetste religi¨ose Illustrationswerk des 17. Jh. war. C LMU

Gumprecht, Otto, Jurist, Musikkritiker, * 4. 4. 1823 Erfurt, † 6. 2. 1900 Meran. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Breslau, Halle und Berlin, das er 1846 mit der Promotion abschloß (De jure principi in bona cameralia competente), wandte sich G. seit 1846 ausschließlich musiktheoretischen Studien zu und u¨ bernahm 1849 das musikalische Feuilleton der „National-Zeitung“ in Berlin. Er galt als einer der angesehensten Musikkritiker seiner Zeit und ver¨offentlichte u. a. Musikalische Charakterbilder (1869) und Unsere klassischen Meister (2 Bde., 1883-85). Fr¨uh erblindet, lebte G. seit 1890 in Meran, wo er sich musikwissenschaftlichen Arbeiten widmete. ¨ Gumprecht, Theodor Gottfried, Beamter, Okonom, * 11. 10. 1793 Hamburg, † 10. 1. 1867 Berlin. Nach dem Besuch der Landwirtschaftlichen Schule in Flottbeck bei Hamburg und einer Studienreise pachtete G. 1818 mehrere großherzoglich-s¨achsische Dom¨anen bei Eisenach. Nach kurzer T¨atigkeit als Landwirt und Posthalter in Erfurt 1833-35 hatte G. seit 1835 die Generalpacht des Amtes Oelse in Schlesien inne. Er verfaßte landwirtschaftliche Fachschriften und gab seit 1832 die Zeitschriften „Der Landwirth in Haus und Flur“ (Erfurt) und „Landwirthschaftliche Berichte aus Mitteldeutschland“ (Weimar) heraus. Sp¨ater gr¨undete G. die „Neue Landwirthschaftliche Zeitung“ in Glogau. C ADB

Gumtau, Friedrich, Pseud. F. Minden, Schauspieler, Theaterdirektor, * 1. 1. 1819 Rosenthal bei Berlin, † 12. 11. 1887 Halle. G. stand seit 1841 als Charakter- und Heldendarsteller auf der B¨uhne des Theaters in Dessau, war anschließend in K¨onigsberg, K¨oln, Riga, Danzig, Magdeburg und Bernburg engagiert und geh¨orte 1856-71 zum Ensemble des Theaters in Halle. Nach Auftritten in Berlin, Breslau und D¨usseldorf hatte er 1877 / 78 die Leitung des Theaters in Barmen inne. 1878-83 wirkte G. erneut in Halle. Zu seinen Hauptrollen geh¨orten Faust, Mephisto, Franz und Karl Moor sowie Wilhelm Tell. G. trat auch als B¨uhnenschriftsteller hervor und schrieb u. a. das unter Pseudonym herausgegebene und 1882 aufgef¨uhrte St¨uck Die nat¨urlichen Kinder.

Gund, Konrad, Physiker, Konstrukteur, * 25. 4. 1907 Wien, † 31. 5. 1953 G¨ottingen. G., Sohn eines Musikers, studierte Elektrotechnik an der TH Wien, trat 1931 als R¨ontgeningenieur bei Siemens & Halske in Wien ein und kam 1936 in das Konstruktionsb¨uro der Siemens-Reininger-Werke in Erlangen, wo er seit 1941 an der Entwicklung des Betatrons f¨ur medizinische Bestrahlungen mit Elektronen- und R¨ontgenstrahlen hoher Quantenenergie arbeitete. 1947 wurde G. an der Univ. G¨ottingen mit der Arbeit Eine Elektronenschleuder f¨ur sechs Millionen Elektrovolt promoviert. Im selben Jahr nahm er das erste Betatron f¨ur physikalische Versuche in Betrieb, mit dem seit 1948 auch a¨ rztliche Bestrahlungen durchgef¨uhrt wurden. Als Anerkennung f¨ur seine Leistungen wurde G. in

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die Kommission des Europ¨aischen Rats f¨ur Kernphysikalische Forschung berufen. 1949 u¨ bernahm er die Gesamtleitung des Konstruktionsb¨uros der Siemens-Reininger-Werke. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Bau und Anwendungsm¨oglichkeiten von Betatron-Ger¨aten (1953). G. beging Selbstmord. C NDB

Gundacker von Judenburg, Verfasser oder Redaktor einer geistlichen Dichtung, um 1300. G., u¨ ber dessen Leben nichts bekannt ist, war Verfasser eines 5320 Verse umfassenden heilsgeschichtlichen Gedichts mit dem Titel Christi Hort. Das Werk gliedert sich in vier Teile und endet mit einem von → Freidank u¨ bernommenen Schlußgebet. Nicht sicher ist, ob alle anderen Abschnitte von G. selbst stammen, oder ob das Gedicht, zumindest in Teilen, eine Zusammenstellung fremder Texte darstellt. Die direkte Wirkung des Werkes war offenbar gering, doch lassen sich Einfl¨usse auf die anonyme Pilatus-Dichtung, auf das Klosterneuburger Evangelienwerk und die Weltchronik → Heinrichs von M¨unchen nachweisen. C VL Gundekar I., auch Gunzo, Bischof von Eichst¨att, † 20. 12. 1019 (?). G. stammte aus einem Ministerialengeschlecht. Zun¨achst Domkustos in Bamberg, wurde er um 1015 Bischof von Eichst¨att, erhielt das Amt aber nur unter Zugest¨andnissen. So mußte er das Di¨ozesangebiet n¨ordlich der Pegnitz an das neue Bistum Bamberg abgeben. C LexMA Gundekar II., auch Gunzo, Bischof von Eichst¨att, * 10. 8. 1019, † 2. 8. 1075 Eichst¨att. Der aus einem adligen Geschlecht stammende G. erhielt seine Erziehung an der Eichst¨atter Domschule, wurde Mitglied des Domkapitels und war seit etwa 1045 Kaplan der Kaiserin → Agnes. 1057 erhielt er auf ihr Betreiben hin das Bistum Eichst¨att und f¨uhrte als Reformbischof seelsorgerische und liturgische Erneuerungen durch. G. f¨orderte die Wendenmission im Norden seines Gebiets, konsekrierte zahlreiche Kirchen und kodifizierte den Eichst¨atter Ritus in seinem 1071 / 72 angelegten Liber pontificalis, in dem nach seinem Tod die Biographien der Eichst¨atter Bisch¨ofe bis 1697 fortgef¨uhrt wurden. C Fr¨ank Leb, Bd 6 Gundel, Hans Georg, Althistoriker, Klassischer Philologe, * 20. 10. 1912 Gießen, † 27. 12. 1999 Gießen. Nach einem altertums- und geschichtswissenschaftlichen Studium in Marburg, das er 1937 mit Promotion abschloß (Untersuchungen zur Taktik und Strategie der Germanen nach den antiken Quellen), war G. 1938-40 am Projekt des „Thesaurus Linguae Latinae“ in M¨unchen t¨atig. Aus der Kriegsgefangenschaft zur¨uckgekehrt, war er 1948-68 Gymnasiallehrer in Gießen. Seit 1953 Lehrbeauftragter an der Univ. Gießen, wurde er dort 1968 auf den Lehrstuhl f¨ur Alte Geschichte berufen. G. arbeitete – den Forschungsschwerpunkt seines Vaters Wilhelm → G. fortsetzend – besonders auf dem Gebiet der Astronomie und Astrologie. Gemeinsam mit seinem Vater verfaßte er die Astrologoumena (1966). Den H¨ohepunkt seiner Arbeit in diesem Bereich bildete die Studie Zodiakos. Tierkreisbilder im Altertum (1992). 1950-87 war G. Kurator der Gießener Papyrossammlungen. Nicht zuletzt durch die Herausgabe der „Kurzberichte“ machte G. die Univ. Gießen zu einem wichtigen Standort der Papyrologie. C Gnomon 73 (2001) Gundel, Philipp von, auch G¨undel, Gundelius, Jurist, Humanist, * 1. 5. 1493 Passau, † 4. 9. 1567 Wien. G. war 1510 / 11 an der Wiener Univ. immatrikuliert, wurde 1513 Magister und wirkte anschließend als Lehrer an der Passauer Domschule. 1516-21 studierte er Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Ingolstadt und Wien, wurde 1522 zum Dr. jur. utr. promoviert und lehrte seit 1518 als

Gundermann Prof. der Poetik und Rhetorik an der Univ. Wien, deren Rektor er 1540 wurde. 1535 in den Adelsstand erhoben, war er 1536-41 Kammerprokurator, dann bis 1547 Rat des Regiments der nieder¨osterreichischen Lande. G. schrieb Gedichte und gab antike Autoren heraus. C Czeike

Gundel, Wilhelm, Klassischer Philologe, * 26. 8. 1880 Straßburg, † 5. 5. 1945 Gießen. G., Sohn eines Oberpostsekret¨ars, studierte Klassische Philologie und Germanistik an den Universit¨aten Heidelberg und Gießen, wo er 1906 promoviert wurde (De stellarum appellatione et religione Romana), und war bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand Lehrer f¨ur alte Sprachen und Deutsch am humanistischen Gymnasium in Gießen. 1914 habilitierte er sich an der dortigen Univ. (Beitr¨age zur Entwicklungsgeschichte der Begriffe Ananke und Heimarmene) und wurde 1920 zum a. o. Prof. ernannt. G. befaßte sich mit der Geschichte der antiken Sternkunde und Astrologie, ihrem Nachwirken in Mittelalter und Neuzeit und verfaßte die Artikel zu zahlreichen astronomischen und astrologischen Sternbildern in der Real-Encyclop¨adie der klassischen Altertumswissenschaft. 1936 erschien sein Werk Dekane und Dekansternbilder. Die zweite Auflage von Sternglaube, Sternreligion und Sternorakel. Aus der Geschichte der Astronomie (1933, 21959) bearbeitete sein Sohn Hans Georg → G. C NDB Gundelach, Gustav (Rudolf August), Politiker, * 19. 12. 1888 Kiel, † 8. 7. 1962 Hamburg. Nach seiner Ausbildung zum Eisendreher arbeitete G., Sohn eines Malers und einer N¨aherin, bis 1932 auf Kieler und Hamburger Werften. Er trat 1909 der SPD, 1919 der USPD und 1920 der KPD bei und nahm 1923 am Hamburger Aufstand teil. Seit 1924 geh¨orte er der Hamburger B¨urgerschaft an, war Mitglied der KPD-Bezirksleitung und Bezirksvorsitzender der Roten Hilfe; 1933 / 34 leitete G. die verbotene Rote Hilfe im Deutschen Reich und emigrierte 1934 u¨ ber D¨anemark, Norwegen, Rum¨anien 1936 in die Schweiz, wo er noch im selben Jahr ausgewiesen wurde. 1937 / 38 leitete er den Sanit¨atsdienst der Internationalen Brigaden in Spanien, ging 1940 in die UdSSR und war 1942-45 Redakteur des Deutschen Volkssenders in Moskau. 1940 kehrte G. als Mitglied der Gruppe Walter → Ulbricht zur¨uck, war am Aufbau der Landesverwaltung in Sachsen-Anhalt beteiligt und wurde 1946 in den Parteivorstand der SED gew¨ahlt. Seit 1946 lebte er in Hamburg, war 1946-49 Vorsitzender der KPD-Landesleitung und geh¨orte 1949-53 dem KPDParteivorstand und dem Deutschen Bundestag an. C MdB

Gundelach, Matth¨aus, auch Gondelach, Gondolach, Maler, * um 1566 Hessen (Kassel ?), † 1653 Augsburg. G. kam um 1593 nach Prag, wurde 1609 Kammermaler Kaiser → Rudolfs II. und ging unter Kaiser → Matthias um 1615 nach Augsburg, wo er 1617 in die Malerzunft aufgenommen wurde. In Prag malte G., unter dem Einfluß der Hofk¨unstler Hans von → Aachen und Bartholom¨aus Spranger stehend, u. a. eine Anbetung der Hirten und eine Anbetung der K¨onige; in Augsburg schuf er einige historische Darstellungen in der Art der Tenebrosi. 1631 entstand sein Miniaturportr¨at der N¨urnbergerin Klara F¨urlegerin. C Th-B Gundelfingen, Heinrich, auch Gundelfinger, Humanist, * um 1445 Konstanz (?), † kurz vor 26. 4. 1490 Waldkirch (Baden). Der illegitime Sohn des Konstanzer Generalvikars Niklaus G. wurde 1460 an der Univ. Freiburg / Breisgau immatrikuliert, 1465 zum Magister artium promoviert und war anschließend Vikar in Oberkirch (Luzern). 1471 begann G. seine akademische Laufbahn an der Univ. Freiburg / Breis-

gau, er erhielt 1471 bzw. 1472 die lectio ordinaria in Poesie und Oratorik und wirkte bis 1486 an der Artistenfakult¨at, wo er 1473, 1479 und 1484 als Dekan amtierte. Durch die Pro¨ tektion Herzog → Sigmunds von Osterreich-Tirol hatte G. seit 1464 eine Kaplanei am Freiburger M¨unster inne, zu der 1480 eine Chorherrenpfr¨unde in Berom¨unster (Luzern) hinzukam. Seit 1486 / 88 lebte er zur¨uckgezogen in Waldkirch. G.s literarisches Hauptwerk ist die 1476 / 77 vollendete, jedoch unver¨offentlichte Austriae principum chronici epitome triplex, die er seinem f¨urstlichen G¨onner widmete. C NDB

Gundelfinger, Sigmund, Mathematiker, * 14. 2. 1846 Kirchberg / Jagst, † 13. 12. 1910 Darmstadt. Nach anf¨anglichen rechtswissenschaftlichen Studien in T¨ubingen wandte sich G., Sohn eines Kaufmanns, der Mathematik und Physik zu, die er seit 1864 an den Universit¨aten Heidelberg, K¨onigsberg und Gießen studierte, und wurde 1867 in Gießen promoviert. 1869 habilitierte er sich in T¨ubingen mit der Arbeit Zur Theorie des simultanen Systems einer cubischen und biquadratischen bin¨aren Form f¨ur Mathematik, hatte dort seit 1872 einen Lehrauftrag f¨ur analytische Geometrie und Algebra inne und wurde 1873 zum a. o. Prof. der Mathematik ernannt. 1879 ging G. als o. Prof. an das Polytechnikum Darmstadt, wo er bis zu seiner Emeritierung 1907 lehrte. G., seit 1888 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, befaßte sich vor allem mit der Anwendung der h¨oheren Analysis und der modernen Algebra auf die Geometrie (u. a. Vorlesungen aus der Analytischen Geometrie der Kegelschnitte, 1895, hrsg. von Friedrich → Dingeldey; Tafeln zur Berechnung der reellen Wurzeln s¨amtlicher trinomischer Gleichungen, 1897; Sechsstellige gaussische und siebenstellige gemeine Logarithmen, 1902). C NDB

Gundelsheim, Philipp von, Bischof von Basel, * 1487, † 14. 9. 1553 Porrentruy. Aus einer fr¨ankischen Adelsfamilie stammend, studierte G. 1503 in Heidelberg und 1504 / 05 in Basel. Nachdem er dort 1510 eine Domherrnpfr¨unde, 1525 das Amt des Erzpriesters und Vizedekans erhalten hatte, w¨ahlte ihn 1527 das Domkapitel zum Bischof. G., in dessen Amtszeit Stadt und Landschaft Basel sowie weitere große Teile der Di¨ozese sich der Reformation anschlossen, verlegte 1528 seine Residenz nach Porrentruy; das Domkapitel zog zun¨achst nach Neuenburg / Rhein, dann nach Freiburg / Breisgau. Einen Aufstand im Laufental 1530 konnte G. nur mit Hilfe Solothurns eind¨ammen; auch dort setzte sich die neue Lehre durch. Mit der Zeit geriet das Hochstift zunehmend in finanzielle Probleme, aus denen in den letzten Jahren der Amtszeit G.s eine immer st¨arkere Abh¨angigkeit von der Stadt Basel resultierte. C Gatz 2

Gundermann, Gerhard, Liedermacher, * 21. 5. 1955 Weimar, † 21. 6. 1998 Spreetal. Der Sohn einer Lagerarbeiterin und eines Uhrmachers begann nach dem Abitur eine Offiziersausbildung und arbeitete nach deren Abbruch 1975 als Bergfahrer im Braunkohletagebau. Daneben trat G., der seit 1972 eigene Texte schrieb und komponierte, seit 1977 regelm¨aßig beim Berliner Festival des politischen Liedes auf und wurde sp¨ater als Solist bekannt. Seit 1988 schrieb er Texte f¨ur die Rockband „Silly“ und ver¨offentlichte sowohl als Solist wie in verschiedenen Formationen Platten und CDs (M¨anner, Frauen und Maschinen 1988, Einsame Spitze 1992, Krams. Das letzte Konzert 1998). 1978 und erneut 1984 wurde G. aus der SED ausgeschlossen. Nach 1989 thematisierte er zunehmend die negativen Folgen der Vereinigung von BRD und DDR. C DDR

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Gundermann Gundermann, Gotthold, Klassischer Philologe, * 11. 3. 1856 Freienorla bei Orlam¨unde, † 18. 10. 1921 T¨ubingen. Von b¨auerlicher Herkunft, studierte G. Klassische Philologie an der Univ. Jena, wurde 1880 promoviert und war Lehrer an einer Jenaer Privatschule, sp¨ater Erzieher in Stuttgart und Ostpreußen. Im Anschluß an Studienreisen nach Italien und England arbeitete er 1884-92 am „Corpus Glossariorum Latinorum“ mit und besuchte zahlreiche deutsche, d¨anische, niederl¨andische, englische, franz¨osische und schweizer. Bibliotheken, um dort die Handschriftenbest¨ande zu erforschen. 1888 habilitierte sich G. in Jena, wurde 1891 zum a. o. Prof. ernannt und ging 1893 als o. Prof. an die Univ. Gießen, 1902 nach T¨ubingen. C Bursian, Jg. 42 Gundermann, Marianne, Pseud. Johanna Rudolph, Kulturwissenschaftlerin, * 20. 8. 1902 Crimmitschau, † 29. 5. 1974 Berlin. Die Arbeitertochter trat 1920 der Kommunistischen Arbeiterpartei, 1924 der KPD bei und war nach mehrj¨ahriger T¨atigkeit als Stenotypistin bei einem Berliner Zeitungsverlag in der Redaktion der Tageszeitung „Klassenkampf“ in Halle t¨atig. 1930-32 Chefredakteurin der illustrierten „Weg der Frau“, emigrierte sie 1933 u¨ ber Paris in die UdSSR. Seit 1938 im Parteiauftrag in den Niederlanden aktiv, wurde sie 1943 verhaftet und nach Auschwitz und Ravensbr¨uck verbracht. Nach dem Krieg war G. Mitarbeiterin beim Berliner Rundfunk, Redakteurin beim „Neuen Deutschland“, im Staatlichen Rundfunkkomitee und seit 1952 wissenschaftliche Mitarbeiterin, sp¨ater Abteilungsleiterin im Ministerium f¨ur Kultur. Sie war Mitorganisatorin der j¨ahrlichen → H¨andel-Festspiele in Halle, betrieb musik- und literaturwissenschaftliche Forschungen, wurde 1964 mit einer Arbeit u¨ ber H¨andels Rolle als Aufkl¨arer promoviert und war seit 1967 Vorstandsmitglied der Shakespeare-Gesellschaft der DDR. G. ver¨offentlichte u. a. H¨andel-Renaissance (2 Bde., 1960 / 69). C DDR Gundert, Hermann, evang. Missionar, Indologe, * 4. 2. 1814 Stuttgart, † 25. 4. 1893 Calw. Der Sohn Ludwig G.s, des Mitbegr¨unders der W¨urttembergischen Bibelanstalt, besuchte 1827-31 das Seminar in Maulbronn und wurde nach seinem Studium in T¨ubingen 1835 zum Dr. phil. promoviert. Im folgenden Jahr ging G. zusammen mit dem englischen Missionar Groves als Erzieher von dessen S¨ohnen nach Madras (Indien), schloß sich dem im Dienst der englischen Kirchenmission stehenden Missionar Carl Theophil Ewald → Rhenius an und trat 1838 in die Basler Mission in Malabar ein. 1853 wurde er Generalsekret¨ar f¨ur die indische Mission und wirkte 1857 als Schulinspektor der Provinz Malabar und Kanara im englischen Regierungsdienst, kehrte aber 1859 nach Deutschland zur¨uck, wo er sp¨ater die Leitung des Calwer Verlagsvereins u¨ bernahm. 1865-74 redigierte G. das „Evangelische Missions-Magazin“ und leistete mit seiner Erforschung der drawidischen Sprachen Pionierarbeit f¨ur die Indologie, deren Ergebnisse er in seinem Werk A Malayalan and English Dictionary (1871 / 72) ver¨offentlichte. G. war der Großvater Hermann → Hesses. C NDB Gundert, Hermann, Klassischer Philologe, * 30. 4. 1909 Tokio, † 10. 10. 1974 Freiburg / Breisgau. Der Sohn von Wilhelm → G. studierte seit 1927 Klassische Philologie, Philosophie und Geschichte in M¨unchen, G¨ottingen und Heidelberg, wo er 1932 mit der Arbeit Pindar und sein Dichterberuf (ver¨offentlicht 1935) promoviert wurde. 1939 mit der Studie Platons Theia Moira I. Das G¨ottliche in der geschichtlichen Welt habilitiert, ging er 1942 als Dozent nach Freiburg / Breisgau, wo er nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg 1949-74 als o. Prof. der Gr¨azistik lehrte. G. arbeitete vor allem u¨ ber fr¨uhgriechische Dichtung und

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Platon. Zu seinen Werken z¨ahlen Der platonische Dialog (1968), Dialog und Dialekte. Zur Struktur des Platonischen Dialogs (1971) und Platonstudien (1977, hrsg. von Klaus D¨oring u. a.). C Gnomon 48 (1976)

Gundert, Wilhelm, Japanologe, * 12. 4. 1880 Stuttgart, † 3. 8. 1971 Neu-Ulm. Der Enkel von Herman → G. und Vetter Hermann → Hesses studierte 1898-1902 in T¨ubingen und Halle, engagierte sich in der Deutschen Christlichen Studentenvereinigung und trat in den Pfarrdienst ein. 1906 ging er als Missionar nach Japan, lehrte Deutsch an einem College in Tokio und war 1915-20 Lektor an der Univ. Kumamoto, 1922-27 an der Univ. Mito. W¨ahrend eines Aufenthalts in Deutschland 1920-22 wurde G. mit der Arbeit Der Schintoismus im japanischen N¯oDrama (ver¨offentlicht 1925) bei Karl → Florenz in Hamburg promoviert. Seit 1927 Leiter des Japanisch-Deutschen Kulturinstituts in Tokio, wurde er 1936 o. Prof. der Japanologie an der Univ. Hamburg. G. ver¨offentlichte Arbeiten zu japanischer Literatur und Religion, u. a. Die japanische Literatur (1930) und Japanische Religionsgeschichte (1935, 2 ¨ 1943). Er war Ubersetzer und Herausgeber von Y¨uan-wu: Bi-y¨an-lu. Meister Y¨uan-wu’s Niederschrift von der Smaragdenen Felswand (2 Bde., 1960-73), eines aus dem 12. Jh. stammenden Grundbuchs des Zen-Buddhismus. G. war der Vater von Hermann → G. C Gr¨uttner Gundlach, Friedrich-Wilhelm, Elektrotechniker, * 2. 2. 1912 Berlin, † 27. 1. 1994 Berlin. Das Studium schloß G. 1938 an der TH Berlin mit der Promotion ab (Das Verhalten der Habanr¨ohre als negativer Widerstand) und war nach Habilitation 1947 in Karlsruhe (Die Raumladungssteuerung im Laufzeitgebiet bei hohen Aussteuerungsgraden) 1949-54 o. Prof. an der TH Darmstadt, seit 1954 o. Prof. und Direktor des Instituts f¨ur Hochfrequenztechnik der TU Berlin, 1965-67 deren Rektor. 1960-62 amtierte er als Vorsitzender des Vereins Deutscher Elektrotechniker. G. ver¨offentlichte u. a. Grundlagen der Hochfrequenztechnik (1949) und war Mitherausgeber des Taschenbuchs f¨ur Hochfrequenztechnik (1956, 1962 und 1968). Gundlach, Gustav, Jesuit, Sozialwissenschaftler, * 3. 4. 1892 Geisenheim (Rheingau), † 23. 6. 1963 M¨onchengladbach. G., Sohn eines Weinh¨andlers, begann 1910 das Studium der Philosophie an der Univ. Freiburg / Breisgau, das er nach seinem Eintritt in die Gesellschaft Jesu (1912) an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Valkenburg (Niederlande) fortsetzte, und studierte dann Theologie, National¨okonomie und Soziologie an der Univ. Berlin, wo er, 1924 zum Priester geweiht, 1927 zum Dr. phil. promoviert wurde (Zur Soziologie der katholischen Ideenwelt und des Jesuitenordens). Seit 1929 lehrte er als Prof. der Sozialphilosophie und -ethik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt / Main und war 1934-62 o. Prof. der Sozialphilosophie und Soziologie an der Gregoriana in Rom. Nach seiner Emeritierung leitete G. die Katholische Sozialwissenschaftliche Zentralstelle in M¨onchengladbach. Er bem¨uhte sich um die Verbreitung der kath. Soziallehre, vertrat einen christlichen Solidarismus und war als Berater der P¨apste Pius XI. und Pius XII. t¨atig. G. ver¨offentlichte u. a. Die Ordnung der menschlichen Gesellschaft (2 Bde., 1964). C Zeitgeschichte, Bd 2 Gundlach, Johannes (Christoph), auch Jean G., Zoologe, * 17. 7. 1810 Marburg / Lahn, † 15. 3. 1896 Havanna (Kuba). Der Sohn eines Mathematikers und Physikers schloß sein naturwissenschaftliches Studium 1837 an der Univ. Marburg mit der Promotion ab (De pennis) und ging 1838 als Sammler und Forscher nach S¨udamerika. Sein urspr¨ungliches Ziel

Gunert Surinam nicht erreichend, ließ sich G. in Kuba nieder, wo er sich auf zahlreichen Expeditionen der Erforschung der Tierwelt widmete und die damals noch kaum bekannte Fauna der Großen Antillen untersuchte. Alfred → Brehm berief sich in seinem Illustrierten Tierleben auf G.s Forschungen. G.s Hauptwerk ist Contribuci´on a la ornitolog´ıa cubana (1876, 2 1893). C NDB

Gundlach, Karl, Schauspieler, Jurist, * 12. 9. 1852 Springstille bei Schmalkalden, † 18. 12. 1931 Heldenbergen (heute zu Nidderau). Der Pfarrerssohn war im Justizdienst t¨atig, wandte sich dann aber einer B¨uhnenkarriere zu und spielte an den Theatern von Aachen, Heidelberg, Freiburg / Breisgau und St. Gallen. Sp¨ater wanderte er in die USA aus und trat in Philadelphia, Milwaukee, Louisville und Chicago auf. Seit 1905 Redakteur bei der „Westlichen Post“ in St. Louis, kehrte er 1921 nach Deutschland zur¨uck. G. trat auch als B¨uhnenschriftsteller hervor und ver¨offentlichte u. a. das Schauspiel Kolumbus und die Entdeckung Amerikas (1882) und das Trauerspiel Der Schatz von Tenochtitlan (1895). Gundling, Jacob Paul Frh. von, Historiograph, * 19. 8. 1673 Hersbruck (Mittelfranken), † 11. 4. 1731 Potsdam. Der Sohn eines Pfarrers und Bruder Nicolaus → G.s studierte an den Universit¨aten Altdorf, Helmstedt, Jena und wahrscheinlich auch Halle, unternahm als Hofmeister Reisen nach Holland und England und folgte 1705 einem Ruf an die neugegr¨undete Ritterakademie in Berlin sowie als Historiograph an das kgl. Oberheroldsamt. Nach der Aufl¨osung beider Institute durch K¨onig → Friedrich Wilhelm I. wurde G. entlassen und 1713 zum Zeitungsreferenten bestellt. Er wirkte an der Verwaltungs- und Wirtschaftsreform wie auch an der Bereisung des Landes mit, aus der der Brandenburgische Atlas (1724) und andere wirtschaftsgeographische und historische Beschreibungen der preuß. Gebiete hervorgingen. 1718 wurde G. als Nachfolger von → Leibniz Pr¨asident der Preußischen Akademie der Wissenschaften. 1724 erfolgte die Erhebung in den preuß. Adelsstand. C Killy Gundling, Nicolaus (Hieronymus), Philosoph, Jurist, * 25. 2. 1671 Kirchensittenbach (Mittelfranken), † 9. 12. 1729 Halle / Saale. Der Bruder Jacob Paul von → G.s studierte Theologie an den Universit¨aten Altdorf, Jena und Leipzig und erwarb 1695 in Altdorf das theologische Lizentiat. Anschließend Predigeramtskandidat in N¨urnberg, ging er 1699 als Hofmeister nach Halle, wo er unter dem Einfluß von Christian → Thomasius Rechtswissenschaften und praktische Philosophie studierte und 1703 zum Dr. jur. promoviert wurde. Seit 1705 a. o. Prof. der Philosophie in Halle, u¨ bernahm er 1707 dort die Professur der Eloquenz, sp¨ater die des Natur- und V¨olkerrechts und wurde zum Konsistorialrat und preuß. Geheimen Rat ernannt. In Anlehnung an die naturrechtlichen Gedanken des Thomasius trat G. zun¨achst als kritischer Journalist hervor und verfaßte 1702 anonym seine „Neuen Unterredungen“, die vermutlich als Fortsetzung der Thomasischen „Monatsgespr¨ache“ konzipiert waren, jedoch bald wieder eingestellt werden mußten. Daneben geh¨orte er zu den f¨uhrenden Mitarbeitern der „Observationes selectae ad rem litterariam spectantes“ (1700-05) und leitete einige Jahre die „Neue Bibliothek“. G. ver¨offentlichte u. a. Historia philosophiae moralis (Teil 1, 1706), Abriß zu einer rechten Reichs-Historie (1708, 2 1724) und Iurisprudentia sive Ius naturae et gentium (1715, 2 1728). Aus dem Titel seiner Schriftensammlung (45 Folgen, 1715-32) ist die polyhistorische Orientierung G.s erkennbar: [...] allerhand zur Jurisprudentz, Philosophie, Historie, Critic, Litteratur und u¨ brigen Gelehrsamkeit geh¨orige Sachen. C Killy

Gundolf, Friedrich (Leopold), eigentl. Gundelfinger, Literaturwissenschaftler, * 20. 6. 1880 Darmstadt, † 12. 7. 1931 Heidelberg. Der Sohn eines Mathematikers studierte als Sch¨uler Erich → Schmidts und Gustav → Roethes seit 1898 Germanistik und Kunstgeschichte an den Universit¨aten M¨unchen, Berlin und Heidelberg, wurde 1903 promoviert (Caesar in der deutschen Literatur, 1904, Nachdr. 1967) und habilitierte sich 1911. 1917 wurde er a. o., 1920 o. Prof. der deutschen Literaturgeschichte an der Univ. Heidelberg. Seit 1899 Mitglied des George-Kreises, ver¨offentlichte er erste Dichtungen in den von Stefan → George herausgegebenen „Bl¨attern f¨ur die Kunst“ und gab 1910-12 zusammen mit Friedrich → Wolters das „Jahrbuch f¨ur die geistige Bewegung“ heraus, das die kulturpolitischen Gedanken des George-Kreises propagierte. In seinen literaturwissenschaftlichen Arbeiten vertrat G. eine neue, geistesgeschichtlich orientierte Literaturbetrachtung, in der die lebensphilosophisch gepr¨agte Erfassung des Dichters im Mittelpunkt steht. Die großen K¨unstler sah er als Symbolgestalten ihrer Epoche, die Darstellung des K¨unstlers und die Wirkung seines Werks war das Ziel seiner wissenschaftlichen Forschung. G.s Habilitationsschrift Shakespeare und der deutsche Geist vor dem Auftreten Lessings (1911) bildete einen Wendepunkt innerhalb der Germanistik. In seiner → Goethe-Monographie (1916, 131930, Nachdr. 1963) radikalisierte er die Prinzipien seiner Gestaltsbetrachtung. G. wurde 1917 mit dem Jakob-Minor-Preis und 1929 mit dem Lessing-Preis ausgezeichnet. Seit 1929 war er Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. C Bad Bio N.F., Bd 2

Gundy, Babette, geb. Reuter oder Reuther, S¨angerin, * 1824 N¨urnberg, † 9. 12. 1868 Pest (heute zu Budapest). G., Tochter eines Ersten Geigers, wurde auf Kosten des F¨ursten zu Karl Egon zu → F¨urstenberg von Sabine → Heinefetter ausgebildet und deb¨utierte 1841 als Gabriele in Conradin → Kreutzers Nachtlager von Granada. Sie setzte ihre stimmliche Ausbildung bei Giovanni Gentiluomo in Wien fort und trat 1844-46 am Opernhaus von Frankfurt / Main auf, danach in Aachen und Wien. Nach Gastspielreisen, die sie nach Paris und London f¨uhrten, war sie in Mannheim, Breslau, Wien, K¨oln, Pest, M¨unchen und Wien engagiert. Ihren gr¨oßten Erfolg hatte G. mit den Sopranpartien der Titelheldin in Norma, der Agathe im Freisch¨utz und der K¨onigin der Nacht in der Zauberfl¨ote. Seit 1845 war sie mit dem Bariton und sp¨ateren Theaterdirektor Georg G. verheiratet. C Kutsch

Gunert, Herma, geb. B¨osenb¨ock, o¨ sterr. Lyrikerin, * 17. 12. 1905 Wien, † 26. 2. 1949 Wien. Nach dem Besuch der F¨ursorgerinnenschule in Wien war G. dort 1929-32 als Erzieherin t¨atig und arbeitete 1928-34 als Bibliothekarin. 1934 heiratete sie den Schriftsteller Johann → G. G. ver¨offentlichte 1945 den Gedichtband Amor, sch¨oner Engel. 1955 erschienen ihre Sonette Die Herde des Helios. Gunert, Johann, o¨ sterr. Schriftsteller, * 9. 6. 1903 M¨odritz bei Br¨unn (M¨ahren), † 3. 10. 1982 Wien. G., Sohn eines Eisenbahnbeamten, lebte seit 1905 in Wien, arbeitete als Assistent an der technischen Abendschule und war literarischer Leiter der Volksb¨ucherei Floridsdorf. Seit 1927 Beamter an der Wiener Stadtbibliothek, wurde er 1946 Lektor des Amtes f¨ur Kultur und Volksbildung der Stadt Wien und noch im selben Jahr Amtsrat der Stadtbilbiothek. Seit 1936 ver¨offentlichte G. Lyrik in Zeitungen und Zeitschriften, publizierte jedoch 1938-45 aus Opposition gegen die nationalsozialistische Herrschaft nicht und trat erst 1945 mit seinem Gedichtband Irdische Litanei wieder an die ¨ Offentlichkeit. Neben den von der Kritik vielgelobten Gedichten des Bandes Das Leben des Malers Vincent van Gogh

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Gunesch (1949) verfaßte er eine Reihe literarhistorischer Essays. 1962 wurde G. f¨ur sein lyrisches Schaffen mit dem Georg-TraklPreis, 1978 mit dem Grillparzer-Preis ausgezeichnet. Er war mit Herma → G. verheiratet. C Killy

Gunesch, Adele von, o¨ sterr. P¨adagogin, * 7. 2. 1832 Wien, † 9. 9. 1873 Neuwaldegg bei Wien. Die Tochter eines Superintendenten gr¨undete 1871 zusammen mit ihrer Schwester das Lehr- und Erziehungsinstitut Gunesch, das seit 1880 eine B¨urgerschule und 1910-20 ein anerkanntes Lyzeum war. Die Schule bestand bis 1931 und galt vor dem Ersten Weltkrieg als eines der bekanntesten und angesehensten Internate in Wien. Gunetzrhainer, (Anton) Ignaz, Baumeister, * 31. 7. 1698 M¨unchen, † 12. / 15. 11. 1764 M¨unchen. Der Sohn des M¨unchner Stadtmaurermeisters Martin G. wurde zun¨achst bei seinem Stiefvater, dem Stadtmauerermeister Johann → Mayr, ausgebildet, erhielt 1715 seinen Lehrbrief und begab sich anschließend wahrscheinlich auf ¨ Wanderschaft nach Osterreich. Seit 1725 lebte er als Bauzeichner wieder in seiner Heimatstadt, war 1725 / 26 f¨ur das Hofbauamt vor allem in Schleißheim t¨atig und leitete 1730 / 31 den Chorumbau der M¨unchner Stadtpfarrkirche St. Peter nach eigenen Entw¨urfen. 1733 trat G. die Nachfolge seines Stiefvaters als Stadtmaurermeister in M¨unchen an und wurde 1749 zum Stadtoberbaumeister ernannt. Sein sakrales Hauptwerk ist die Karmeliterkirche in Reisach / Inn (1737-47). 1744 entwarf G. das Palais T¨orring-Jettenbach in M¨unchen, dessen Bau er 1747-54 zusammen mit seinem Bruder Johann → G. ausf¨uhrte. C NDB Gunetzrhainer, Johann (Baptist), Baumeister, * 3. / 4. 5. 1692 M¨unchen, † 23. 11. 1763 M¨unchen. Der Bruder Ignaz → G.s erhielt nach dem Tod seines Vaters 1699 seine Grundausbildung bei seinem Stiefvater, dem Stadtmaurermeister Johann → Mayr. 1704-09 besuchte G. das Gymnasium seiner Heimatstadt, war seit 1715 unter Joseph → Effner Ingenieur im Hofbauamt und arbeitete zun¨achst vorwiegend an den Schloßanlagen F¨urstenried und Nymphenburg, seit 1721 als Hofunterbaumeister am Alten Schloß in Schleißheim. Bis 1729 stand er unter dem k¨unstlerischem Einfluß Effners, dann setzte f¨ur ihn eine eigenst¨andige Schaffensperiode ein. 1732-38 erbaute G. die Zisterzienserinnen-Klosterkirche in LandshutSeligental, um 1738-57 die Pfarrkirche in Ruhpolding. Seit 1745 Oberhofbaumeister, wurde er 1750 zum Hofkammerrat ernannt und erhielt die Inspektion u¨ ber die kurf¨urstlichen Hof- und Lustg¨arten. In seinen letzten Lebensjahren wurde ¨ zur¨uckG. zunehmend von Fran¸cois de → Cuvilli´es d. A. gedr¨angt. Sein Schwager war der Baumeister Johann Michael → Fischer. C NDB Gungl, Joseph, o¨ sterr. Komponist, Kapellmeister, * 1. 10. 1809 oder 1810 Zs´amb´ek (Ungarn), † 31. 1. oder 1. 2. 1889 Weimar. Zun¨achst Lehrergehilfe in Ofen, wandte sich G. musikalischen Studien zu, trat 1828 in Pest in ein o¨ sterr. Artillerieregiment ein und wurde 1834 Oboist des 4. Artillerieregiments in Graz und bald auch Musikmeister. Nach der Quittierung des Milit¨ardienstes 1843 gr¨undete G. in Berlin ein Orchester, mit dem er bis 1856 Konzerttourneen durch Deutschland, nach Amerika und Rußland unternahm, und wurde 1850 in Berlin zum Kgl. Musikdirektor ernannt. 1856 in Wien, konnte sich G. nicht gegen Johann → Strauß Sohn durchsetzen und ging im selben Jahr als Milit¨arkapellmeister nach Br¨unn. 1864 gr¨undete er in M¨unchen erneut eine Zivilkapelle, mit der er mehrfach auf Tournee ging, und war nach deren Aufl¨osung 1870 als Gastdirigent t¨atig. Er war nach Johann → Strauß Vater und Sohn und Joseph → Lanner neben

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Benjamin → Bilse und Joseph Labitzki der f¨uhrende Tanzkapellmeister seiner Zeit. G. komponierte fast 400 T¨anze und M¨arsche, u. a. Kl¨ange aus der Heimat (op. 31), ImmortellenWalzer (op. 82) und Am K¨onigsee (op. 361). C MGG

Gunkel, (Johann Friedrich) Hermann, evang. Theologe, * 23. 5. 1862 Springe bei Hannover, † 11. 3. 1932 Halle / Saale. G., Sohn eines Pfarrers, studierte seit 1881 an den Universit¨aten G¨ottingen, Gießen und Leipzig, habilitierte sich 1888 in G¨ottingen und ging 1894 als a. o. Prof. nach Berlin. 1907 wurde er o. Prof. des Alten Testamtents in Gießen und lehrte von 1920 bis zu seiner Emeritierung in Halle. Als Vertreter der Religionsgeschichtlichen Schule stellte er die Texte des Alten Testaments in den Zusammenhang mit ihrer Umwelt. G. war Begr¨under der form- und gattungsgeschichtlichen Methode, die die jeweiligen literarischen Formen analysiert und unter Einbeziehung der vorliterarischen Traditionen ihren „Sitz im Leben“ ermittelt. Zusammen mit Wilhelm → Bousset und sp¨ater mit Rudolf → Bultmann gab er die Monographienreihe „Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments“ (1903 ff.) heraus und arbeitete vorwiegend auf dem Gebiet der Literaturgeschichte, unter Einbeziehung der M¨archenforschung (Das M¨archen im Alten Testament, 1921). G. war Mitherausgeber der zweiten Auflage von Religion in Geschichte und Gegenwart (5 Bde., 1909-14, 21927-31). Zu seinen Hauptwerken z¨ahlen Sch¨opfung und Chaos in der Urzeit und Endzeit (1895, 21921) sowie die Kommentare zur Genesis (1901, 9 1977) und zu den Psalmen (1926, 41985). C Smend Gunkel, Wilfried, Biologe, * 5. 3. 1930 L¨utzen, † 11. 11. 2005 Hamburg. G. schloß sein Biologiestudium 1958 in Frankfurt / Main mit der Dissertation Reversion der Mutationen und Reaktivierung durch sichtbares Licht sowie verschiedene Salzl¨osungen nach UV-Bestrahlung von Serratia und in Hamburg mit der Dissertation Photoreversion von Mutationen und Photoreaktivierung nach Bestrahlung mit Ultraviolettem Licht bei Serratia Marcescens (Bacterium prodigiosum) ab und arbeitete danach an der Biologischen Anstalt Helgoland. Auf Forschungsreisen in den tropischen Atlantik, die Norwegische See und die Nordsee untersuchte er die o¨ labbauenden Bakte¨ nach Tankerunf¨allen. rien im Meer und den Verbleib des Ols 1978-86 war er Vorsitzender der Arbeitsgruppe zur meeres¨ kundlichen Untersuchung von Olunf¨ allen; w¨ahrend des Golfkrieges 1991 wurde er als Berater wegen der Ver¨olung des Meeres zugezogen. Seit 1987 Dozent an der Univ. Hamburg, wurde er 1989 zum Prof. ernannt; daneben war er Direktor der Biologischen Anstalt Helgoland. G. gab u. a. ¨ Meereskundliche Untersuchung von Olunf¨ allen (1986) und Verfolgung, Dokumentatiom und Auswertung der Entwicklung auf dem Gebiet der meereskundlichen Untersuchungen ¨ von Olunf¨ allen (mit Wolfgang Minas, 1986) heraus. Gunolt, August, o¨ sterr. Architekt, * 21. 9. 1849 Wien, † 28. 2. 1932 Graz. G. studierte 1866-71 u. a. als Sch¨uler Heinrich → Ferstels am Polytechnischen Institut in Wien und war 1871-76 dessen Mitarbeiter beim Bau der Wiener Univ., 1872-76 Assistent an der TH Wien. Anschließend folgte er einem Ruf als Prof. der baugewerblichen F¨acher an die Staatsgewerbeschule nach Graz, deren Direktor er 1902 wurde. 1885 u¨ bernahm G. die Leitung der neuerrichteten Werkst¨atten f¨ur Bau- und Kunstschlosserei und wurde 1895 Konservator der k. k. Zentralkommission f¨ur Kunst und historische Denkmale. 1905 erfolgte seine Ernennung zum Regierungsrat.

Gunz Guntermann, Franz, Bildhauer, * 22. 8. 1881 Steele / Ruhr, † 15. 2. 1963 M¨unster. Nach einer praktischen Ausbildung zum Bildhauer studierte G. an der St¨adtischen Gewerbeschule und der Akademie der bildenden K¨unste in M¨unchen. 1912 wurde er Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Dessau, 1914 in Bielefeld und ging, seit 1921 Prof., 1928 als Leiter der Fachklasse f¨ur Holzund Steinbildhauer an die Meisterschule nach M¨unster. Zu seinen bekanntesten Werken z¨ahlen die Justitia f¨ur den Bielefelder Justizpalast, die Monumentalgruppe Die Gesegneten in M¨unster und die B¨uckeburgerinnen. C Th-B / Vollmer

Guntermann, Joseph, Maler, * 7. 4. 1856 Assinghausen (Westfalen), † 5. 10. 1932 M¨unchen. G. besuchte die Kunstschule in Beuron und ging 1881 nach M¨unchen, wo er seit 1885 st¨andig lebte. K¨unstlerisch schloß er sich an den Stil der Nazarener und Pr¨araffaeliten an, mit denen er sich auf seiner Studienreise nach Italien befaßt hatte. Seinem ersten gr¨oßeren Werk, der Ausmalung der Apsis der Missionspfarrkirche in Meiningen, schlossen sich zahlreiche Wandgem¨alde, Altarbilder und Kreuzwege an, u. a. die Ausmalung der Lorenzkirche in Erfurt (1890 / 91), die Wandbilder in der Dortmunder Liebfrauenkirche (1893) und in Schloßberg bei Rosenheim (1900-05). G.s Hauptwerk ist das Kuppelbild in der Halle des M¨unchner Ostfriedhofs (1897-1900). C Th-B

Gunthar, Erzbischof von K¨oln, auch Gunther, † 30. 6. nach 871. Der aus einem vornehmen fr¨ankischen Geschlecht stammende G. wurde 850 zum Erzbischof von K¨oln erhoben und nahm als Erzkaplan großen Anteil an den Regierungsgesch¨aften K¨onig → Lothars II. 863 erkl¨arte er auf der Synode in Metz zusammen mit Erzbischof → Thietgaud von Trier die Verstoßung der K¨onigin Theutberga und die neue Ehe des K¨onigs mit Waldrada f¨ur rechtm¨aßig. Papst Nikolaus I. bezeichnete diese Beschl¨usse jedoch f¨ur ung¨ultig, setzte beide Metropoliten ab und exkommunizierte sie. Trotz seiner massiven Proteste konnte G. seinen Bischofsstuhl nicht wieder erlangen, wurde aber 869 von Papst Hadrian II. zur Laienkommunion zugelassen. C NDB

Gunther, Bischof von Bamberg, * um 1025 / 30, ¨ † 23. 7. 1065 Odenburg (Ungarn). G. erhielt seine Ausbildung an der Bamberger Domschule. Er erscheint 1054 erstmals als Kanzler von Italien; in dieser Stellung wurde er G¨unstling Papst → Viktors II. und enger Berater der Kaiserinwitwe → Agnes. Nach seiner Wahl zum Bischof von Bamberg 1057 schloß sich G. Erzbischof → Anno von K¨oln an. Auf der Synode von 1059 wurde die Christianisierung der Main- und Regnitzwenden beschlossen. 1064 trat G. zusammen mit Erzbischof → Siegfried von Mainz eine Wallfahrt nach Jerusalem an, auf deren R¨uckreise er starb. G. gr¨undete das Kanonikerstift St. Gangolf in Bamberg und besaß große Eigeng¨uter in Ober- und Nieder¨osterreich sowie in K¨arnten. Er regte die Bamberger Geistlichen → Ezzo und Willo zu dem Ezzolied an, das am Anfang der fr¨uhmittelhochdeutschen Dichtung steht. C NDB Gunther, Graf von K¨afernburg, Missionar, Eremit, * um 955, † 9. 10. 1045 Hartmannitz / B¨ohmerwald. G. war ein th¨uringischer Gaugraf, der aus dem Haus Schwarzburg stammte. 1005 stiftete er viele seiner G¨uter den Kl¨ostern Hersfeld und Gellingen und wurde unter dem Einfluß → Godehards, des Abts von Niederaltaich, M¨onch. Im Anschluß an eine Romfahrt trat G. 1006 in das Benediktinerkloster Niederaltaich ein, wo er im folgenden Jahr das Gel¨ubde ablegte und seit 1008 als Einsiedler auf dem Ranzinger Berg (bei Lalling) lebte. Das von ihm 1011 gestiftete, 1019 geweihte Kloster Rinchnach am Regen wurde

ein bedeutendes Kolonisationszentrum f¨ur den Bayerischen Wald. G. war auch als Missionar bei den Liutizen, B¨ohmen und Ungarn t¨atig. Er wurde vom Herzog von B¨ohmen in der Abtei Bˇrevnov bei Prag bestattet. C LexMA

Gunther von Pairis, Zisterzienser, Chronist, Schriftsteller, * um 1150, † um 1220. G. war M¨onch im Zisterzienserkloster Pairis im Oberelsaß und ist als Autor einer Geschichte des vierten Kreuzzugs Historia Constantinopolitana bezeugt, die er dem Augenzeugenbericht seines Abtes zufolge 1207 / 08 verfaßte. Darin bezeichnet er sich selbst als gebildeten Mann, der vor seinem sp¨aten Eintritt ins Kloster Weltgeistlicher gewesen war. Der ¨ Verfasser eines geistlichen Prosatraktats Uber Gebet, Fasten und Almosengeben (um 1207 / 08) ist vermutlich mit G. identisch. Vor der Niederschrift von zwei anderen ihm zugeschriebenen geschichtlichen Epen war G. mit der Erziehung eines Sohnes Kaiser → Friedrichs I. Barbarossa betraut worden. Seinem Z¨ogling → Konrad von Rothenburg widmete er seinen Solymarius (um 1187), der die Geschichte des ersten Kreuzzugs schildert. Sein um 1186 / 87 entstandener Ligurinus verherrlicht als panegyrisches Epos Kaiser Friedrich I. C Killy Gunther, Owen, auch G¨unther, Philosoph, * 1532 Eiderstedt (Holstein), † 1625. G. wurde 1557 als Sch¨uler → Melanchthons in Wittenberg Magister, studierte und lehrte anschließend in Rostock. Seit 1570 war er Prof. der Logik in Jena, seit 1576 in Helmstedt, wo er die erste Aristotelesprofessur innehatte. Mit seinem Werk Methodorum tractatus duo (1586) legte G. eine eigenst¨andige Logik und Methodenlehre vor. C Leinsle 1 ˇ Gunther, Theodor, eigentl. T. Zalud, S¨anger, * 15. 3. 1862 Drynovice bei Vyskova (B¨ohmen), † 23. 12. 1932 Br¨unn (M¨ahren). Der Lehrerssohn studierte Architektur und erhielt sp¨ater eine Gesangsausbildung bei Frantiˇsek Pivoda in Prag und bei Josef → G¨ansbacher in Wien. 1888 deb¨utierte er als Landgraf im Tannh¨auser am Opernhaus von Br¨unn, trat an den Theatern von Olm¨utz und Teplitz, am Hoftheater Coburg-Gotha und an den Stadttheatern in Aachen und Halle / Saale auf und wirkte 1895-1910 erneut in Coburg, wo er u. a. in den Partien des Sarastro in der Zauberfl¨ote, des Kezal in der Verkauften Braut und des Hagen in der G¨otterd¨ammerung seine gr¨oßten Erfolge feierte. Nach einem kurzen Engagement am Stadttheater von Stettin 1910 / 11 lebte G. in Wien, wo er h¨aufig an der Volksoper gastierte. Gastspiele f¨uhrten ihn auch an das Drury Lane Theatre nach London, an das Nationaltheater nach Prag und an die Wiener Hofoper. 1920-27 lehrte G. als Prof. am Konservatorium in Br¨unn. C Kutsch

Gunz, Gustav (Georg), o¨ sterr. S¨anger, Gesangsp¨adagoge, Mediziner, * 26. 10. 1831 Gaunersdorf (heute Gaweinstal, Nieder¨osterreich), † 11. 12. 1894 Frankfurt / Main. Nach dem Medizinstudium an der Univ. Wien wurde G. 1857 promoviert und war bis 1859 Sekundararzt am Wiener Allgemeinen Krankenhaus. Daneben widmete er sich als Sch¨uler Eduard Holubs seiner Gesangsausbildung, begann 1859 seine B¨uhnenkarriere an der Hofoper von Wien und folgte 1861 einem Ruf an das Hoftheater von Hannover, dem er bis 1881 als Tenor angeh¨orte. G. ging 1862 zur Fortsetzung seiner Studien zu Fran¸cois-Alexandre Delsarte nach Paris und hatte seinen ersten großen Erfolg als Solist beim Niederrheinischen Musikfest 1863 in D¨usseldorf, wo er zusammen mit der schwedischen Sopranistin Jenny Lind auftrat, die ihn nach London einlud. Dort gab G. 1864-70 zahlreiche Gastkonzerte an Her Majesty’s Theatre. Zu seinen erfolgreichsten Partien geh¨orten der Don Ottavio im Don Giovanni, der Florestan im Fidelio und der Lyonel

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Gunzelin in → Flotows Martha. 1865 sang er bei der Wiener Erstauff¨uhrung von → Bachs Matth¨aus-Passion den Evangelisten. Seit 1888 unterrichtete G. am Hochschen Konservatorium in Frankfurt / Main. C Kutsch

Martin˚us Oper Die Hochzeit. Zuletzt lebte sie als P¨adagogin in Hamburg. Zu ihren erfolgreichsten Partien geh¨orten die Carmen, die Suzuki in Madame Butterfly und der Orlowsky in der Fledermaus. C Kutsch

Gunzelin I., Graf von Schwerin, * um 1125 / 30,

Gura, Hermann, S¨anger, * 5. 4. 1870 Breslau, † 13. 9. 1944 Bad Wiessee (Oberbayern). G. erhielt bei seinem Vater Eugen → G. seine erste Gesangsausbildung, die er an der Musikakademie in M¨unchen fortsetzte, und deb¨utierte 1890 als Fliegender Holl¨ander am Hoftheater von Weimar. Anschließend trat G. am Stadttheater von Riga, an der Kroll-Oper Berlin, an den Stadttheatern von Aachen, Z¨urich und Basel sowie an der M¨unchner Hofoper auf und geh¨orte 1896-1908 zum Ensemble des Hoftheaters von Schwerin, wo er als Bariton und Regisseur t¨atig war. 1908 gr¨undete G. das Neue K¨onigliche Operntheater in Berlin, dessen Leitung er bis 1910 innehatte, war 1911 Direktor der Berliner Komischen Oper und gastierte 1913 an der Covent Garden Oper in London, u. a. als Faninal im Rosenkavalier. Sp¨ater Musikp¨adagoge in Berlin, war G. 1920-27 Direktor und Regisseur des Opernhauses von Helsinki und gr¨undete 1928 die Deutsche Gastspieloper in Berlin. G., in dritter Ehe mit Annie → Gura-Hummel verheiratet, war der Vater von Anita → G. C Kutsch

† 18. 6. (?) 1185. Der aus dem edelfreien Geschlecht der Herren von Hagen stammende G. wird 1150 erstmals urkundlich erw¨ahnt. Er geh¨orte zu den Gefolgsm¨annern → Heinrichs des L¨owen bei der Eroberung und Verwaltung des mecklenburgischen Obotritenlandes. Nach dem Tod des F¨ursten → Niklot 1160 wurde er Statthalter dieses Landes und erhielt die Burgen Schwerin und Ilof. 1161 wird er erstmals als Graf bezeichnet. Als der Herzog 1166 einen großen Teil des Obodritenlandes zur¨uckgab, wurde G. mit der Grafschaft Schwerin belehnt, die bis 1358 im Besitz seines Geschlechts blieb. 1172 begleitete er Heinrich den L¨owen auf der Pilgerfahrt nach Jerusalem, k¨ampfte 1180 und 1181 auf seiten Heinrichs und war ein entschiedener Gegner des neuen Herzogs → Bernhard I. von Sachsen.

Gura, Anita, auch A. G.-D¨ornke, S¨angerin, * 20. 2. 1911 Berlin, † 7. 8. 1978 Bad Salzschlirf / Vogelsberg. Ihre Ausbildung erhielt G. vorwiegend bei ihren Eltern Hermann → G. und Annie → Gura-Hummel und deb¨utierte 1928 als Martha in → d’Alberts Tiefland an der von ihrem Vater gegr¨undeten Deutschen Gastspiel-Oper. Seit 1931 am Deutschen Opernhaus Berlin-Charlottenburg engagiert, wurde sie 1935 Ensemblemitglied des Opernhauses von Hannover, an dem sie u¨ ber zwanzig Jahre lang auftrat. Daneben gastierte G. mehrmals an der Hamburger Staatsoper, u. a. 1937 als Elisabeth im Tannh¨auser. Zu ihren erfolgreichsten SopranPartien geh¨orten die Marie in Smetanas Die verkaufte Braut, die Desdemona in Verdis Othello und die Titelheldin in Albert → Lortzings Undine. Nach ihrem Abschied von der B¨uhne wirkte G. bis 1973 als Konzerts¨angerin und P¨adagogin in Hannover. C Kutsch

Gura, Eugen, S¨anger, * 8. 5. 1842 Pressern bei Saaz (B¨ohmen), † 26. 8. 1906 Leoni / Starnberger See (Oberbayern). Der Sohn eines Volksschullehrers besuchte zun¨achst das Polytechnikum in Wien und studierte seit 1862 Malerei an der M¨unchner Akademie der bildenden K¨unste, bevor er am Konservatorium in M¨unchen ausgebildet wurde. 1865 deb¨utierte er an der dortigen Hofoper in Albert → Lortzings Waffenschmied. Es folgten Engagements an den Opernh¨ausern von Breslau 1867-70, Leipzig 1871-76 und Hamburg 1877-83, danach wieder an der M¨unchner Hofoper, deren Ensemble er bis 1896 angeh¨orte. G., der als einer der bedeutendsten → Wagner-Interpreten seiner Zeit im Baß-Bariton-Fach galt, sang u. a. 1876 den Gunther in der Urauff¨uhrung der G¨otterd¨ammerung bei den Bayreuther Festspielen; bis 1896 trat er dort auch als K¨onig Marke im Tristan und als Hans Sachs in den Meistersingern auf. Neben seiner B¨uhnent¨atigkeit war G. auch als Konzert- und Lieders¨anger erfolgreich. 1905 erschienen seine Memoiren Erinnerungen aus meinem Leben. G. war der Vater von Hermann → G. C MGG Gura, Hedy, S¨angerin, * 1893 M¨unchen, † 18. 3. 1967 Hamburg. Die Enkelin Eugen → G.s und Tochter des gleichnamigen Schauspielers wurde in M¨unchen zur Mezzosopranistin ausgebildet und trat zun¨achst an verschiedenen kleineren deutschen B¨uhnen auf. 1933 erhielt sie ein Engagement an der Hamburger Staatsoper, der sie bis zu ihrem Abschied von der B¨uhne 1954 angeh¨orte; sie stand dort in u¨ ber 3000 Vorstellungen auf der B¨uhne. 1951 gastierte G. mit diesem Ensemble in Dublin und sang 1954 in der B¨uhnenurauff¨uhrung von

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Gura-Hummel, Annie, S¨angerin, * 5. 10. 1884 Straßburg, † 7. 1. 1964 Hannover-Langenhagen. Die Tochter des Komponisten und Dirigenten Ferdinand → Hummel begann ihre B¨uhnenkarriere als Sopranistin am Hamburger Opernhaus, wo sie 1908 als Micaela in Carmen deb¨utierte und bis 1910 auftrat. G.-H. heiratete Hermann → Gura, den sie auf allen Stationen seiner Karriere begleitete. G.-H. gastierte 1911 an der Covent Garden Opera in London, wo sie in der englischen Erstauff¨uhrung von Engelbert → Humperdincks K¨onigskinder die Partie der G¨ansemagd verk¨orperte, und sang dort 1913 die Annina in der englischen Erstauff¨uhrung des Rosenkavaliers. Sie stand ferner an der Komischen Oper Berlin und an der Finnischen Nationaloper in Helsinki auf der B¨uhne. G.-H. lebte sp¨ater in Bad Wiessee, zuletzt in der N¨ahe von Hannover. Sie war die Mutter von Anita → Gura. C Kutsch

Gurian, Waldemar, Publizist, Soziologe, * 13. 2. 1902 St. Petersburg, † 26. 5. 1954 South Haven (Michigan, USA). G., Sohn eines Kaufmanns, konvertierte 1914 vom j¨udischen zum kath. Glauben, besuchte das Collegium der Dominikaner in Venlo (Niederlande) und studierte Philosophie und Geschichte an den Universit¨aten K¨oln, Breslau, M¨unchen und Berlin. 1923 wurde er in K¨oln bei Max → Scheler promoviert. G. schloß sich der kath. Jugendbewegung Quickborn an, wurde von Romano → Guardini beeinflußt und lebte nach einer kurzen T¨atigkeit als Redakteur der „K¨olnischen Volkszeitung“ seit 1924 als freier Publizist in Godesberg. Er wurde Mitarbeiter einer Reihe von kath. Bl¨attern und galt als einer der f¨uhrenden Interpreten des politischen Katholizismus seiner Zeit. 1934 emigrierte G. in die Schweiz, gr¨undete im selben Jahr die „Deutschen Briefe“ und folgte 1937 einem Ruf an die kath. Univ. Notre Dame / Indiana in die USA, wo er seit 1943 Prof. der politischen Wissenschaften war. Seit 1939 gab er die Zeitschrift „Review of Politics“ heraus. G. ver¨offentlichte u. a. Marxismus am Ende? Schicksal einer Bewegung (1936). C Spalek 3,2

Gurk, Eduard, o¨ sterr. Maler, Kupferstecher, * 17. 11. 1801 Wien, † 31. 3. 1841 Jerusalem. Der Sohn eines Bibliotheksbeamten und Fl¨otenuhrbauers erhielt seine erste k¨unstlerische Ausbildung bei seinem Vater, unternahm mit ihm eine Kunstreise durch Europa und besuchte nach seiner R¨uckehr nach Wien die Akademie der bildenden K¨unste, an deren Ausstellungen er sich seit 1822 be-

Gurlitt teiligte. 1823 ver¨offentlichte G. zusammen mit seinem Vater, Sigmund Ferdinand von → Perger und Tranquillo → Mollo eine Folge von etwa achtzig handkolorierten Stichen unter dem Titel Wiens vorz¨uglichste Geb¨aude und Monumente, 1825 das Album Wiens Umgebung. Seit 1835 Hofkammermaler, unternahm G. 1840 / 41 eine Studienreise nach Syrien und Pal¨astina, wo er an Typhus starb. 1841 wurden seine brieflichen Berichte u¨ ber diese Orientreise von der „Wiener Theaterzeitung“ ver¨offentlicht. C Czeike

Gurk, Paul, Pseud. Franz Grau, Schriftsteller, * 26. 4. 1880 Frankfurt / Oder, † 12. 4. 1953 Berlin. Nach dem Besuch der Pr¨aparandenanstalt und des Lehrerseminars in Berlin wurde G., Sohn eines Postfahrers, 1900 B¨urogehilfe beim Berliner Magistrat, sp¨ater Stadtobersekret¨ar. Seit 1924 widmete er sich, auf eigenen Wunsch vorzeitig entlassen, einer freien schriftstellerischen T¨atigkeit. G. verfaßte zahlreiche Romane und Dramen, jedoch ohne nach¨ haltige Wirkung bei der breiten Offentlichkeit. 1921 wurde er f¨ur seine Trag¨odie Thomas M¨unzer mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet. Von seinen Werken waren nur die 1927 entstandene Trag¨odie Wallenstein und Ferdinand II. und der Roman Berlin (1934, Neuausg. 1980) erfolgreich. C Killy Gurland, Arcadius, auch Arkadij G., Sozial- und Politikwissenschaftler, * 1. 9. 1904 Moskau, † 27. 3. 1979 Darmstadt. G., Sohn eines Diplomingenieurs, der 1941 im Getto Wilna ermordet wurde, studierte 1922-24 Mathematik, Physik, Philologie und Geschichte an der Univ. Berlin, wandte sich dann in Leipzig den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften zu und wurde 1929 zum Dr. phil. promoviert (Produktionsweise – Staat – Klassendiktatur; 1930 erschienen unter dem Titel Marxismus und Diktatur). Er war Mitglied der SPD, geh¨orte dem sogenannten „Klassenkampf-Kreis“ an, dessen Organ „Marxistische Trib¨une f¨ur Politik und Wirtschaft“ er redigierte, und arbeitete 1931 / 32 in der Redaktion der „Sozialistischen Presse-Korrespondenz“. Seit 1932 stellvertretender Chefredakteur der „Volksstimme“ in Chemnitz, emigrierte G. 1933 u¨ ber Belgien nach Paris, wo er, teilweise unter Pseudonym, an verschiedenen Zeitschriften mitwirkte, und ging 1940 in die USA. 1940-45 arbeitete G. am Institute of Social Research in New York und kehrte 1950 als Leiter des Instituts f¨ur Politische Wissenschaft nach Berlin zur¨uck (bis 1954). Von 1962 bis zu seiner Emeritierung 1972 lehrte er als o. Prof. der Wissenschaftlichen Politik an der TH Darmstadt. G. ver¨offentlichte u. a. Die geistigen Str¨omungen im modernen Sozialismus (1929), Das Heute der proletarischen Aktion (1931) und Political Science in Western Germany. Thoughts and Writings 1950-52 (1952). C BHdE, Bd 1 Gurlitt, (Gustav) Cornelius, Komponist, Dirigent, * 10. 2. 1820 Altona (heute zu Hamburg), † 17. 6. 1901 Altona. Ersten Musikunterricht erhielt G., Sohn eines Golddrahtziehers und Essenzfabrikanten und Bruder von Louis → G., durch Peter → Gr¨onland, war bis 1840 Klaviersch¨uler bei Johann Rudolf Peter Reinecke und setzte seine musikalischen Studien in Kopenhagen fort, bevor er sich 1841 als Musiklehrer in Hirschholm bei Kopenhagen niederließ. 1845-48 unternahm er mit der Unterst¨utzung eines kgl. d¨anischen Stipendiums eine Studienreise u¨ ber Leipzig, Dresden, Prag, Wien, Venedig, Bologna bis nach Rom, wo ihn die Akademie der Tonkunst zum Ehrenmitglied und sp¨ater zum Prof. ernannte. Nach seiner R¨uckkehr lebte G. als Komponist, Klavierlehrer und Chordirigent in seiner Heimatstadt und erhielt dort 1866 eine Lebensstellung als Organist der Hauptkirche. 1874 wurde er kgl. preuß. Musikdirektor und unterrichtete

seit 1879 Chorgesang am Hamburger Konservatorium. G. komponierte u. a. Klavier- und Orchesterwerke sowie drei C MGG Opern.

Gurlitt, Cornelius (Gustav), Kunsthistoriker, Architekt, * 1. 1. 1850 Nischwitz bei Wurzen (Sachsen), † 25. 3. 1938 Dresden. Der Sohn Louis → G.s machte zun¨achst eine Zimmermannslehre in Berlin, studierte seit 1867 an der Berliner Bauakademie und besuchte 1869-72 das Polytechnikum in Stuttgart. Bis 1875 war er als Architekt t¨atig. Sp¨ater betrieb er kunsthistorische Studien, wurde nach der Promotion in Leipzig 1879 Assistent am Kunstgewerbemuseum in Dresden und schrieb 1887-89 seine dreib¨andige Geschichte des Barockstils, des Rokoko und des Klassizismus, die zu den bedeutendsten Werken deutscher Baugeschichte z¨ahlt. Er wurde daf¨ur zum Dr. phil. in Leipzig promoviert. 1887 wurde G. Dozent f¨ur Kunstgeschichte an der TH Berlin und habilitierte sich dort 1890. Von 1895 bis zu bis zu seiner Emeritierung 1920 lehrte er als Prof. der Baukunst an der TH Dresden, deren Rektor er 1904 / 05 und 1915 / 16 war. G. war vor allem als Barockforscher bekannt, der mit seiner Geschichte des Barockstils in Italien (1887) eine der ersten wissenschaftlichen Arbeiten zur Barockarchitektur vorlegte. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen auch Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts (1900) und Die Pflege der kirchlichen Kunstdenkm¨aler (1921). G. gab ein Handbuch des St¨adtebaus (1920), eine Reihe von Fachzeitschriften (u. a. „Die Kultur“, 1905 ff.) und die Hefte 16-41 der Beschreibenden Darstellung der Bau- und Kunstdenkm¨aler im K¨onigreich Sachsen (1894-1921, Nachdr. 1999 ff.) heraus Er war der Vater von Wilibald → G. C Metzler Kunsthistoriker Gurlitt, Fritz (Louis Moritz Anton), Kunsth¨andler, * 3. 10. 1854 Wien, † 8. 2. 1893 Leipzig. Durch seinen Vater Louis → G. fand G. schnellen Zugang zum internationalen Kunstleben und gr¨undete 1880 in Berlin die Galerie Fritz Gurlitt, die seit 1908 sein Sohn Wolfgang → G. leitete. Er machte sich vorwiegend als Pfleger der deutschen Romantiker verdient, f¨orderte Arnold → B¨ocklin und Anselm → Feuerbach und zeigte bereits 1881 Werke der f¨uhrenden franz¨osischen Impressionisten. G. war der Vater von Manfred → G. C NDB Gurlitt, Johannes (Gottfried), Philologe, P¨adagoge, * 13. 3. 1754 Halle / Saale, † 14. 6. 1827 Hamburg. Nach dem Besuch der Leipziger Thomasschule studierte G., Sohn eines Schneidermeisters, seit 1772 an der Univ. Leipzig Klassische und Orientalische Sprachen und wurde 1778 Lehrer am Gymnasium in Kloster Berge bei Magdeburg, dessen Leitung er 1779 mit einem Kollegen, 1797 allein u¨ bernahm. 1802 folgte er einem Ruf als Leiter des Johanneums nach Hamburg, wo er zudem die Professur f¨ur orientalische Sprachen am Akademischen Gymnasium innehatte. G. f¨uhrte das System der Fach- und Leistungsklassen und 1804 die Reifepr¨ufung als Abschluß der Gelehrtenschule ein. Er ver¨offentlichte neben p¨adagogischen Schriften aufkl¨arerisch-neuhumanistischer Pr¨agung theologische, philologische, philosophische und arch¨aologische Abhandlun¨ gen (u. a. Uber das Studium der Wahrheit und Weisheit und u¨ ber die Menschenliebe eines echten Maurers, 1785; Abriß der Geschichte der Philosophie, 1786). 1801-28 erschienen seine Schulschriften in zwei B¨anden. Seine Großneffen waren Cornelius und Louis → G. C MBL Gurlitt, (Heinrich) Louis (Theodor), Maler, * 8. 3. 1812 Altona (heute zu Hamburg), † 19. 9. 1897 Naundorf bei Schmiedeberg (Sachsen). Als Sch¨uler G¨unther → Genslers und Siegfried Bendixens erhielt G., Bruder des Komponisten Cornelius → G., seine

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Gurlitt erste k¨unstlerische Ausbildung. 1832-35 studierte er an der Kopenhagener Akademie, deren Mitglied er 1839 wurde. Mit Unterbrechung durch Reisen nach M¨unchen und Oberitalien lebte er bis 1842 in Kopenhagen, hielt sich 1843 in D¨usseldorf und bis 1846 in Rom und Sizlien auf, wo er die s¨udlichen Landschaften kennenlernte, die h¨aufig Motive seiner Bilder wurden. Nach seiner R¨uckkehr ließ sich G. zun¨achst in Berlin nieder, lebte seit 1848 in Nischwitz bei Wurzen (Sachsen), u¨ bersiedelte 1851 nach Wien und begab sich seit 1852 auf Reisen nach Dalmatien, Ungarn, Italien, Griechenland und Schleswig-Holstein. 1855 wurde er zum Pr¨asidenten des Hamburger K¨unstlervereins gew¨ahlt. 1859 bezog G. eine Villa in Siebleben bei Gotha, die ihm der Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha zur Verf¨ugung stellte, und verbrachte seine letzten Lebensjahre vorwiegend in Berlin-Steglitz. Seine Werke beeinflußten insbesondere Oswald → Achenbach. G. war der Vater von Cornelius, Fritz, Ludwig und Wilhelm → G. C Hamburg Biogr, Bd 2

Gurlitt, (Georg Remi Ernst) Ludwig, P¨adagoge, * 31. 5. 1855 Wien, † 12. 7. 1931 Freudenstadt (W¨urttemberg). Nach dem Studium der Altphilologie an den Universit¨aten G¨ottingen und Berlin war der Sohn des Landschaftsmalers Louis → G. Gymnasiallehrer in Hamburg und Berlin. Dort geh¨orten Hans → Bl¨uher und Karl → Fischer, die Gr¨under der im „Wandervogel“ organisierten Jugendbewegung, zu seinen Sch¨ulern. In der Nachfolge Max → Stirners und Ellen Keys lehrte G. einen absoluten Individualit¨ats- und Menschheitskult, nach dem das Individuum als Naturprodukt heilig und unantastbar ist. Seit 1902 vertrat er radikale Reformtendenzen, in denen er auf die Aufstellung eines allgemein g¨ultigen Erziehungsziels verzichtete und auch jede christliche Erziehung ablehnte, was 1907 seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand zur Folge hatte. G. ver¨offentlichte u. a. Der Deutsche und seine Schule (1905, 81912), Pflege und Entwicklung der Pers¨onlichkeit (1905) und Sch¨ulerselbstmorde (1908). C NDB Gurlitt, Manfred, Komponist, Dirigent, * 6. 9. 1890 Berlin, † 29. 4. 1972 Tokio. G.s Mutter war die Tochter des schweizer. Bildhauers Heinrich Max → Imhof, die 1881 den Berliner Kunsth¨andler Fritz → G. geheiratet hatte. G. erhielt seine musikalische Ausbildung u. a. als Sch¨uler Engelbert → Humperdincks in Berlin und wurde 1908 Korrepetitor an der Berliner Hofoper. 1911 Assistent in Bayreuth und Kapellmeister des Stadttheaters in Essen, wirkte er 1912-14 als Kapellmeister in Augsburg und folgte 1914 einem Ruf als Kapellmeister nach Bremen, wo er 1924 zum Generalmusikdirektor ernannt wurde und die Neue Musikgemeinschaft gr¨undete, deren Leitung er selbst innehatte. Seit 1927 war er an der Berliner Staatsoper t¨atig und zugleich st¨andiger Dirigent am Berliner Sender. 1933 ¨ aus allen Amtern entlassen, war G. 1938 Gastdirigent der Wiener Staatsoper, mußte dann emigrieren und ging 1939 als Opern-, Konzert- und Rundfunkdirigent nach Tokio. Dort hatte er auch einen Lehrauftrag an der Kaiserlichen Musikakademie inne, aus dem er 1942 auf Dr¨angen der Nationalsozialisten entlassen wurde. 1952 gr¨undete G. ein eigenes Opernunternehmen in Tokio, die „Gurlitt Opera Company“. Zu seinen Kompositionen z¨ahlen neben Klavier- und Orchesterwerken u. a. die Opern Die Heilige (1920), Wozzeck (1926) und Soldaten (1930). C MGG Gurlitt, Wilhelm, Arch¨aologe, * 7. 3. 1844 Rom, † 13. 2. 1905 Graz. Sein Studium an den Universit¨aten Bonn und G¨ottingen schloß der Sohn Louis → G.s 1867 mit der Promotion zum Dr. phil. ab. Nach l¨angerer Studienreise Gymnasiallehrer und Erzieher in Gotha und Wien, habilitierte er sich 1875 an

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der Univ. Wien und wurde 1877 a. o. Prof. der Klassischen Arch¨aologie an der Univ. Graz, 1890 o. Prof. und erster Vorstand des 1895 gegr¨undeten Arch¨aologischen Instituts. 1891-95 und 1898 leitete G. die Ausgrabungen in Poetovio (heute Ptuj in Slowenien). 1879 verfaßte er seine AbhandC Bursian, Jg. 36 lung De foris Athenarum.

Gurlitt, Wilibald (Ludwig Ferdinand), Musikwissenschaftler, * 1. 3. 1889 Dresden, † 15. 12. 1963 Freiburg / Breisgau. Der Sohn Cornelius → G.s studierte Musik- und Archivwissenschaften an den Universit¨aten Heidelberg und Leipzig. Dort wurde er 1914 bei Hugo → Riemann, dessen Assistent am Musikwissenschaftlichen Seminar er war, mit der Dissertation Michael Praetorius (Creuzburgensis). Sein Leben und seine Werke zum Dr. phil. promoviert wurde. Zudem arbeitete er am Collegium musicum sowie am Staatlichen Forschungsinstitut f¨ur Musikwissenschaften in Leipzig und wurde 1919 Lektor f¨ur Musikwissenschaften an der Univ. Freiburg / Breisgau. Seit 1920 war G. dort a. o. Prof. und Direktor des von ihm gegr¨undeten Musikwissenschaftlichen Instituts, richtete sein Collegium musicum zur Pflege der vorbarocken Musik ein und wurde 1929 zum o. Prof. ernannt. 1937 seines Amtes enthoben, war er als Privatgelehrter t¨atig. 1945 nahm G. seine Lehrt¨atigkeit in Freiburg / Breisgau wieder auf, wo er bis zu seiner Emeritierung 1958 wirkte. Er schrieb u. a. Johannes Walter und die Musik der Reformationszeit (1933), bearbeitete das Riemann Musik-Lexikon v¨ollig neu und gab den Personenteil von dessen 12. Auflage (2 Bde., 1959-61) und das „Archiv f¨ur Musikwissenschaft“ (1952-62 / 63) heraus. C MGG Gurlitt, Wolfgang, Kunsth¨andler, Verleger, * 15. 2. 1888 Berlin, † 26. 3. 1965 M¨unchen. G. erhielt eine Ausbildung im Kunst- und Buchhandel sowie im Kunst- und Buchdruck und u¨ bernahm anschließend die Kunsthandlung seines Vaters Fritz → G. in Berlin, der er bald ein graphisches Verlagsunternehmen angliederte, wo u. a. Radierungen und Lithographien von Lovis → Corinth, Willi → Geiger, Alfred → Kubin und Max → Pechstein herausgegeben wurden. Daneben trat G. als Leiter der Galerie Wolfgang Gurlitt und Kunstm¨azen hervor, setzte sich insbesondere f¨ur die K¨unstler der „Br¨ucke“ ein und geh¨orte zu den ersten, die Gustav → Klimt, Max → Slevogt, Henri Matisse, Paul Gauguin und Egon → Schiele zeigten. Nachdem im Zweiten Weltkrieg ein Großteil seiner Sammlung einem Bombenangriff zum Opfer gefallen war, gr¨undete G. 1947 eine neue Galerie in Linz, die mit einer AlfredKubin-Ausstellung er¨offnet wurde. Seit 1950 war er auch als Kunsth¨andler in M¨unchen t¨atig, wo 1959 erneut die Galerie Wolfgang Gurlitt gr¨undete. C LGB Gurlt, Ernst (Friedrich), Veterin¨armediziner, * 13. 10. 1794 Drentkau bei Gr¨unberg (Schlesien), † 13. 8. 1882 Berlin. Nach dem Studium der Pharmazie und Medizin an der Univ. Breslau war G., Sohn eines Amtmanns, dort seit 1816 Prosektor in der Anatomie, wurde 1819 mit einer anatomischen Arbeit zum Dr. med. promoviert (De venarum deformitatibus adnexo vitii varioris venae cavae inferioris exemplo) und ging im selben Jahr als Repetitor der Zootomie (Anatomie) an die Berliner Tierarzneischule. Seit 1826 lehrte er dort als Prof., wurde 1849 zum Geheimen Medizinalrat ernannt und hatte von diesem Jahr bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand die Leitung der Schule inne. G. war Begr¨under der wissenschaftlichen Anatomie der Haustiere und arbeitete zur Systematisierung der embryonalen Mißbildungen der Haustiere. 1821 / 22 erschien sein Hauptwerk, das Handbuch der vergleichenden Anatomie der Hauss¨augetiere (51873).

Gussow G. war Mitherausgeber des „Magazins f¨ur die gesamte Tierheilkunde“ (1835-74). Er war der Vater von Ernst Julius → G. C NDB

und Pygm¨aen Afrikas; 1955 entdeckte er einen bis dahin unbekannten Pygm¨aenstamm auf Neuguinea. G. ver¨offentlichte u. a. Die Twa-Pygm¨aen in Ruanda (1949).

Gurlt, Ernst Julius, Chirurg, * 13. 9. 1825 Berlin,

Gussenbauer, Carl (Ignatz), o¨ sterr. Chirurg, * 30. 10. 1842 Obervellach (K¨arnten), † 19. 6. 1903 Wien. G., Sohn eines Arztes, schloß das Medizinstudium an der Univ. Wien mit der Promotion zum Dr. med. (1867) und Dr. chir. (1868) ab und trat 1869 als Operationsz¨ogling Theodor → Billroths in die II. Chirurgische Universit¨atsklinik in Wien ein, wo er 1872 klinischer Assistent wurde und sich 1874 habilitierte. 1875 wurde G. a. o. Prof. an der Univ. L¨uttich, 1876 o. Prof. und ging 1878 als Vorstand der II. Chirurgischen Universit¨atsklinik nach Prag. 1894 u¨ bernahm G., seit 1888 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, die Nachfolge Billroths an der II. Chirurgischen Universit¨atsklinik in Wien, deren Leitung er bis zu seinem Tod innehatte. 1894 leitete er als erster Ausl¨ander den Kongreß der Deutschen Gesellschaft f¨ur Chirurgie in Berlin. G. ver¨offentlichte zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen, insbesondere zu operativen Techniken und Problemen der Infektion. 1873 konstruierte er das erste Modell eines k¨unstlichen Kehlkopfs, das nach ihm benannt wurde. C Czeike

† 9. 1. 1899 Berlin. Der Sohn Ernst → G.s schloß 1848 das Medizinstudium an der Univ. Berlin mit der Promotion ab (De ossium mutationibus rhachitide effectis), unternahm eine Studienreise nach ¨ Osterreich, Frankreich und Großbritannien und arbeitete seit 1852 an der von Bernhard von → Langenbeck geleiteten Klinik in Berlin. Im folgenden Jahr habilitierte sich G. f¨ur Chirurgie, wurde 1862 zum a. o. Prof. ernannt und war zudem Prof. der Chirurgie an der sp¨ateren Kaiser-WilhelmAkademie. Er ver¨offentlichte u. a. einen Leitfaden f¨ur Operations¨ubungen am Cadaver (1862, 71889) und eine Geschichte der Chirurgie und ihrer Aus¨ubung (3 Bde., 1898).

Gurschner, Alice (Hermine), geb. Pollak, Pseud. Paul Althof, o¨ sterr. Schriftstellerin, Journalistin, * 8. 10. 1869 Wien, † 26. 3. 1944 Wien. Nach dem Studium der bildenden K¨unste in Italien und Paris wandte sich G., Tochter eines Bankiers, dem Journalismus zu und verfaßte unter Pseudonym Kulturkritiken und Feuilletons f¨ur verschiedene in- und ausl¨andische Zeitungen (u. a. „Wiener Tageblatt“, „Wiener Fremdenblatt“, „Neue Freie Presse“, „Wiener Journal“, „Deutsche Zeitung“, „Berliner B¨orsen-Courier“). Daneben ver¨offentlichte sie Romane (Semiramis. Ein M¨archen f¨ur K¨onige, 1914), Novellen und dramatische Gedichte. Seit 1897 war G. mit dem Bildhauer Gustav → G. verheiratet. C Lex dt-j¨ud Autoren Gurschner, Gustav, o¨ sterr. Bildhauer, * 28. 9. 1873 M¨uhldorf (Bayern), † 2. 8. 1970 Wien. G. besuchte zun¨achst die Fachschule f¨ur Holzbildhauerei in Bozen, u¨ bersiedelte 1888 nach Wien, wo er bis 1894 an der Kunstgewerbeschule studierte, und setzte seine Ausbildung in M¨unchen und Paris fort. Er war Mitbegr¨under der „Sezession Wien“ und des „Hagenbundes“, dem er 1904-08 angeh¨orte, ferner einige Jahre Direktor der staatlichen Kunsterzgießerei in Wien. G. schuf zun¨achst vorwiegend Portr¨ats, ging dann zur figuralen Kleinplastik in Bronze u¨ ber und arbeitete auch an kunstgewerblichen Gegenst¨anden. Bekannt wurde er u. a. durch sein Kaiserdenkmal in Marienbad, das Kopal-Denkmal in Vicenza und zahlreiche Medaillen und Plaketten. G. war mit Alice → G. verheiratet. Guschelbauer, Edmund, o¨ sterr. S¨anger, Dichter, * 16. 10. 1839 Alservorstadt (heute zu Wien), † 6. 2. 1912 Wien. Urspr¨unglich Vergolder, folgte G. schon als Lehrling seinen musikalischen Neigungen, trat in kleineren Wirtsh¨ausern auf und wurde bald ein bekannter Volkss¨anger in den Wiener Geselligkeitsvereinen „Heiterkeit“ und „Harmonie“. Seit 1869 stand er in der Gesellschaft Hofer auf der B¨uhne, trat seit 1882 gemeinsam mit Luise Montag (Aloisia → Plechacek) auf und bildete 1888-92 ein Gesangsduo mit Josef → M¨uller. Zu seinen beliebtesten Schlagern geh¨orten Die Landpartie, Die Opernprobe und das Lied Alte Drahrer. C Czeike

Gusinde, Martin, kath. Theologe, Missionar, Ethnologe, * 29. 10. 1886 Breslau, † 18. 10. 1969 M¨odling (Niedero¨ sterreich). G. empfing 1911 die Priesterweihe, wandte sich missionarischer T¨atigkeit zu und wirkte 1916-24 an der kath. Univ. von Santiago de Chile. Seit 1949 lehrte er an der kath. Univ. Washington und war am Missionshaus St. Gabriel in M¨odling t¨atig. Er widmete sich ethnologischen Untersuchungen und befaßte sich insbesondere mit den Ureinwohnern Feuerlands. 1918-24 unternahm er vier Expeditionen in dieses Gebiet, sp¨ater Forschungsreisen zu den Buschm¨annern

Gusserow, Adolf Ludwig Sigismund, Gyn¨akologe, * 8. 7. 1836 Berlin, † 6. 2. 1906 Berlin. G. studierte Medizin an den Universit¨aten Berlin, W¨urzburg und Prag, wurde 1859 mit einer gyn¨akologischen Arbeit promoviert (De muliebrium genitalium tuberculosi adjectis aliquot observationibus) und habilitierte sich 1864 in Berlin f¨ur Geburtshilfe und Gyn¨akologie. 1866 wurde er o. Prof. zun¨achst an der Univ. Utrecht, dann im selben Jahr in Z¨urich (Rede 1870, Universit¨aten oder Fachschulen), wo er auch Direktor der Universit¨atsfrauenklinik war, 1872 an der Univ. Straßburg und kehrte 1878 als o. Prof. der Gyn¨akologie und Geburtshilfe nach Berlin zur¨uck. 1882 wurde G. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. G. ver¨offentlichte u. a. Geburtshilfe und Gyn¨akologie in Großbritannien. Ein Reisebericht (1864) und Die Neubildungen des Uterus (1886).

Gußmann, Otto (Friedrich), Maler, * 22. 5. 1869 Wachbach bei Mergentheim, † 27. 7. 1926 Dresden. Nach dem Besuch der Kunstgewerbeschule Stuttgart, der Unterrichtsanstalt des Berliner Kunstgewerbemuseums und der dortigen Kunstakademie wurde G., Sohn eines Pfarrers, 1897 Lehrer f¨ur Ornamentik an der Kunstakademie in Dresden. Seit 1910 leitete er dort ein Meisteratelier f¨ur dekorative Malerei. Als Vertreter des modernen Kunsthandwerks arbeitete G. zun¨achst an zahlreichen Entw¨urfen f¨ur Textilien, Teppiche, M¨obel und Glasgem¨alde und entwickelte sich in sp¨ateren Jahren zu einem bedeutenden Monumentalmaler. Er schuf u. a. f¨ur den Repr¨asentationssaal des Deutschen Hauses auf der Pariser Weltausstellung 1907 einen Fries mit u¨ berlebensgroßen Gestalten. 1912 / 13 entstand seine umfassendste Monumentalmalerei in der Treppenhalle mit Kuppelraum des Neuen Rathauses in Dresden, wo die figuralen Kompositionen in Fresko-, die ornamentale Gestaltung in Sekko-Technik ausgef¨uhrt wurden. C NDB

Gussow, Karl, Maler, * 25. 2. 1843 Havelberg, † 27. 3. 1907 Pasing (heute zu M¨unchen). Seit 1860 besuchte G., Sohn eines Baumeisters, als Sch¨uler Arthur von → Rambergs und Ferdinand → Pauwels die Weimarer Kunstschule, setzte seine Ausbildung seit 1867 bei Karl von → Piloty in M¨unchen fort und unternahm eine Studienreise nach Italien. 1870 kehrte er als Lehrer an die Kunstschule nach Weimar zur¨uck, unterrichtete 1874 an der Karlsruher Kunstschule und folgte 1875 einem Ruf an die Kunstakademie nach Berlin. 1880 gab G. seine dortige

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Gustav Adolf Lehrt¨atigkeit auf, wirkte bis 1892 in seiner Privatschule und u¨ bersiedelte anschließend nach M¨unchen. Er schuf zahlreiche Portr¨ats im naturalistischen Stil, u. a. von Werner von → Siemens und Julius → Wolf, und war auch als Genremaler erfolgreich. Zu seinen bekanntesten Werken geh¨oren Die beiden Alten (1880), Austernm¨adchen (1883) und Herbstlandschaft. 1907 ver¨offentlichte er Maltechniken. Winke und Erfahrungen. C Lex Kunst

Gustav Adolf, Graf von Nassau-Saarbr¨ucken, * 27. 3. 1632 Saarbr¨ucken, † 9. 10. 1677 Straßburg. Nach seinem Studium in Basel k¨ampfte G. A. auf franz¨osischer Seite im Krieg gegen Spanien, auf schwedischer Seite gegen D¨anemark und u¨ bernahm 1659 die Herrschaft in seiner Grafschaft. Sein erstes Bem¨uhen galt dem Wiederaufbau des Landes nach dem Dreißigj¨ahrigen Krieg. Durch Einwan¨ derer, die G. A. aus den Reichsgebieten einschließlich Osterreichs, Tirols, der Schweiz und Lothringens in seine L¨ander holte, gelang es, die Bev¨olkerungsstruktur erheblich zu verbessern. Infolge seiner Weigerung, den von Ludwig XIV. geforderten Lehenseid zu leisten, wurde er 1673 von den Franzosen gefangengenommen und erst im folgenden Jahr wieder freigelassen. Da ihm die R¨uckkehr nach Nassau-Saarbr¨ucken verweigert wurde, nahm G. A., in kaiserlichen Diensten stehend, an den K¨ampfen in Philippsburg (1676) und im Elsaß (1677) teil und starb an den Folgen einer Kriegsverletzung. C ADB

Gustav Samuel Leopold, Herzog von Pfalz-Zwei-

¨ br¨ucken, * 2. / 12. 4. 1670 Stegeborg (Osterg¨ otland, Schweden), † 17. 9. 1731 Zweibr¨ucken. Der Sohn des schwedischen Reichsmarschalls Adolf Johann I. war mit sechs Jahren an der Univ. Altdorf immatrikuliert, kam 1678 nach Regensburg und schloß seine h¨ofische Ausbildung im Haag ab. Nach dem Tod seiner Eltern u¨ bernahm G. S. L. 1689 zusammen mit seinem a¨ lteren Bruder Adolf Johann das Kleeburger Deputat des Vaters, machte als Oberstleutnant bei den schwedischen Hilfstruppen den Pf¨alzischen Erbfolgekrieg gegen Frankreich mit und entschloß sich 1696 in Rom zur Konversion, ohne jedoch die erw¨unschten finanziellen Vorteile zu erlangen. Auch die geistliche Laufbahn brach er ab, als die Aussichten auf ein Kanonikat in K¨oln sich als vergeblich erwiesen. Anschließend wieder in milit¨arischen Diensten, nahm G. S. L. unter Prinz → Eugen am T¨urkenkrieg teil und ging 1707 eine Ehe mit der luth. Tochter des letzten Grafen von Veldenz ein. Um relig¨osen Ausgleich in seinem Herzogtum bem¨uht, restituierte er die Reformierten in ihre fr¨uheren Rechte, konnte aber konfessionelle Streitigkeiten nicht verhindern. C NDB

Gustedt, Jenny von, geb. Gr¨afin Rabe von Pappenheim, * 7. 9. 1811 Landhaus Sch¨onfeld bei Kassel, † Sommer 1890 Gut Laplacken (Ostpreußen). Die illegitime Tochter des K¨onigs → J´erˆome Bonaparte und der Diana von Pappenheims lebte nach dessen Vertreibung 1813 und der R¨uckkehr der Mutter in ihre Heimat in Weimar. Bis 1838 war G. Hoffr¨aulein der Großf¨urstin Maria Pawlowna in Weimar und u¨ bersiedelte nach ihrer Heirat mit dem Gutsbesitzer Werner von G. nach Westpreußen. Dort widmete sie sich ihren k¨unstlerischen und literarischen Neigungen. G. war seit ihrer Kindheit mit der sp¨ateren deutschen Kaiserin → Augusta befreundet. Lily → Braun war ihre Enkelin. G.s Erinnerungen erschienen postum unter den Titeln Aus Goethes Freundeskreisen (1892) und Im Schatten der Titanen (1908). Gustermann, Anton Wilhelm, o¨ sterr. Jurist, * 5. 6. 1750 Wien, † 24. 1. 1823 Wien. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Wien war G. dort Repetent des Staats- und Lehnsrechtlers

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Johann Heinrich von der Heyden und wurde 1795 Prof. an der Lehrkanzel f¨ur geistliches Lehns- und deutsches V¨olkerrecht bei der Galizischen Arcieren-Abteilung der k. k. Leibgarde. Seit 1796 war er Repetent f¨ur Kirchenrecht an der Theresianischen Ritterakademie, an der er nach der Errichtung einer selbst¨andigen Lehrkanzel 1797 Prof. f¨ur Kirchen¨ recht wurde. G. ver¨offentlichte u. a. Osterreichisches Kirchenrecht in den teutschen, ungarischen und galizischen C ADB Erbstaaten (3 Bde., 1807).

Gustloff, Wilhelm, Politiker, * 30. 1. 1895 Schwerin, † 4. 2. 1936 Davos. G. entstammte einer Kaufmannsfamilie, war nach einer kaufm¨annischen Ausbildung im Versicherungs- und Bankgewerbe t¨atig, zuletzt als Bankprokurist und siedelte 1917 aus gesundheitlichen Gr¨unden nach Davos u¨ ber, wo er am Physikalisch-Meteorologischen Forschungsinstitut der Schweiz arbeitete. Seit 1921 Mitglied des Deutschv¨olkischen Schutz- und Trutzbundes, trat er 1929 in die NSDAP ein und wurde 1932 Landesgruppenleiter der NSDAPAuslandsorganisation in der Schweiz. G., der in der Schweiz f¨ur die Vereinigung aller Deutschen eintrat, wurde von David → Frankfurter erschossen. Nach G. wurde ein Passagierschiff benannt, das 1945 mit zahlreichen Fl¨uchtlingen an Bord versenkt wurde. C Mecklenburg, Bd 4 Guszalewicz, Alice, S¨angerin, * 21. 9. 1879 Budapest, † 26. 11. 1940 M¨unchen. G. wurde von Eugen → G., mit dem sie seit 1896 verheiratet war, zur Sopranistin ausgebildet und deb¨utierte 1903 am Stadttheater in Bern. Nach einem Gastspiel als K¨onigin von Saba in Karl → Goldmarks gleichnamiger Oper und als Isolde im Tristan an der Oper in K¨oln 1905 wurde sie f¨ur sechs Jahre an dieses Haus verpflichtet und galt vor allem als hervorragende → Wagner-Interpretin. Großen Erfolg hatte sie in der Titelrolle der Salome von Richard → Strauss. Nach ihrem Abschied von der B¨uhne ließ sich G. als Gesangsp¨adagogin in M¨unchen nieder. Sie war die Mutter von Genia → G. C Kutsch Guszalewicz, Eugen, S¨anger, * 1867 Lemberg, † 29. 5. 1907 K¨oln. Sein Deb¨ut als Operns¨anger gab G. 1891 am Preßburger Opernhaus, trat dann an den Stadttheatern in Aachen und Br¨unn auf und war 1896-1902 am Deutschen Theater in Prag engagiert, wo er u. a. die Titelrolle in der Premiere von Hans → Pfitzners Oper Der arme Heinrich sang. Seit 1902 gab G. zahlreiche Gastspiele an deutschen und ausl¨andischen B¨uhnen. Besonders erfolgreich war er in Tenorpartien, u. a. als Manrico im Troubadour, als Raoul in Les Huguenots und als Titelheld in Verdis Ernani. Aus der Ehe mit Alice → G. (1896) stammte die Tochter Genia → G. C Kutsch Guszalewicz, Genia, S¨angerin, * 1902 Prag, † 13. 7. 1971 K¨oln. Die Tochter von Eugen und Alice → G. erhielt ihre Gesangsausbildung zur Alt-Sopranistin bei ihrer Mutter und deb¨utierte 1923 als Titelheldin in Mignon von Ambroise Thomas an der Berliner Staatsoper, deren Ensemble sie bis 1929 angeh¨orte. G. trat dort vorwiegend in kleineren Mezzosopranrollen auf und sang 1926 in der Premiere von Sergej Prokofjews L’Amour des trois oranges. Nach einem Gastspiel an der Wiener Staatsoper war sie seit 1930 in Breslau, seit 1932 in Weimar und 1936-38 in Plauen engagiert und gastierte in Chemnitz. Sie u¨ bernahm vorwiegend dramatische Sopranpartien und hatte sp¨ater, insbesondere in M¨unchen, große Erfolge in Operetten. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte G. als P¨adagogin in K¨oln. C Kutsch

Gutbrod Gut, Benno, eigentl. Walter G., Benediktiner, Theologe, Abtprimas, Kardinal, * 1. 4. 1897 Reiden (Kt. Luzern), † 8. 12. 1970 Rom. G. legte 1918 in der Benediktinerabtei Einsiedeln die Profeß ab und studierte ein Jahr lang Musik am Basler Konservatorium. Nach seiner Priesterweihe 1921 setzte er sein Theologiestudium in Sant’Anselmo (Rom) fort, wurde 1923 zum Dr. theol. promoviert und wirkte nach seiner R¨uckkehr an der theologischen Hausschule sowie am Gymnasium in Einsiedeln. Seit 1942 Gymnasiallehrer und Pr¨afekt, wurde G. 1947 Abt und gr¨undete im folgenden Jahr die Abtei Los Toldos in Argentinien. 1949 wurde er Primas des Benediktinerordens und Abt in Sant’Anselmo, 1950 in Rom zum Abtprimas der konf¨oderierten Benediktiner gew¨ahlt und 1967 durch Papst Paul VI. zum Kardinal erhoben (Titelkirche San Giorgo in Velabro). Seit 1968 war er Pr¨afekt der Ritenkongregation in Rom sowie Vorsitzender des Liturgierats und der Kommission zur Revision des kanonischen Rechts. C Gatz 5

Gutberlet, Constantin, kath. Theologe, Philosoph, * 10. 1. 1837 Geismar (Th¨uringen), † 27. 4. 1928 Fulda. Der Sohn eines M¨uhlenbesitzers studierte 1856-62 Philosophie und Theologie an der Gregoriana in Rom, empfing 1861 die Priesterweihe und war nach der Promotion zum Dr. theol. seit 1862 Dozent am Priesterseminar in Fulda. Als dieses 1874 infolge der Kulturkampfgesetze aufgegeben werden mußte, wurde G. Regens des „Fuldaneums“ in W¨urzburg. Seit der Wiederer¨offnung des Priesterseminars in Fulda 1886 lehrte er dort als Prof. der Dogmatik und Apologetik, hielt Kollegien u¨ ber philosophische Prop¨adeutik ab und wurde 1900 Domkapitular. G. war Vertreter eines durch Francisco Su´arez vermittelten Neuthomismus, den er mit den empirischen Wissenschaften, insbesondere der experimentellen Psychologie, konfrontierte. 1888 gr¨undete er das „Philosophische Jahrbuch der G¨orresGesellschaft“. Zu G.s Hauptwerken z¨ahlen Lehrbuch der Philosophie (6 Bde., 1878-85, 41904-13), Lehrbuch der Apologetik (3 Bde., 1888-94, 41914-22), Die Willensfreiheit und ihre Gegner (1893, 21907), Der Mensch. Sein Ursprung und seine Entwicklung. Eine Kritik der mechanischmonistischen Anthropologie (1896, 31911), Psychophysik. Historisch-kritische Studien u¨ ber experimentelle Psychologie (1905) und Experimentelle Psychologie mit besonderer Ber¨ucksichtigung der P¨adagogik (1915). C NDB Gutbier, (Felix) Alexander, Chemiker, * 21. 3. 1876 Leipzig, † 4. 10. 1926 Jena. G., Sohn eines Fabrikbesitzers, studierte Chemie an den Universit¨aten Dresden, M¨unchen, Z¨urich und Erlangen, wurde 1899 mit der Arbeit Beitr¨age zur Kenntnis der Isorosinduline promoviert und habilitierte sich 1902 mit Studien u¨ ber das Tellur. Seit 1907 a. o. Prof., folgte er 1912 einem Ruf als o. Prof. der Elektrochemie und chemischen Technologie an die TH Stuttgart und u¨ bersiedelte 1922 in gleicher Stellung und als Direktor des Chemischen Laboratoriums an die Univ. Jena, wo er sich erfolgreich um eine eigenst¨andige Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakult¨at bem¨uhte. G.s wissenschaftliche Untersuchungen erstreckten sich vorwiegend auf die Gebiete der anorganischen Chemie, der Komplexchemie und der Kolloidchemie. Im Zuge der komplexchemischen Forschungen konnten zahlreiche Verbindungen, darunter die Platinmetalle, erstmals hergestellt und untersucht werden. Hieraus ergab sich die Ausarbeitung analytischer Verfahren und Trennungsmethoden. G. ver¨offentlichte u. a. Praktische Anleitung zur Gewichtsanalyse (1919), Praktische Anleitung zur Maßanalyse (1920), Chemiestudium und Chemieunterricht (1921) und Lehrbuch der qualitativen Analyse (1921). C Poggendorff 5-6

Gutbier, Louise, Pseud. Jeanette Christ, Schauspielerin, Schriftstellerin, * 29. 5. 1834 Seidingstadt bei Hildburghausen, † 16. 10. 1904 Coburg. Die Tochter eines Geistlichen entschied sich 1872 f¨ur eine B¨uhnenlaufbahn und deb¨utierte am Theater von Bayreuth. Sp¨ater war G. in Meiningen engagiert und gab Gastspiele in Berlin, Dresden und Breslau, zog sich jedoch, als sie im dramatischen Fach keinen Erfolg hatte, ganz von der B¨uhne zur¨uck und setzte sich als Vortragsk¨unstlerin f¨ur die Idee einer Volksb¨uhne ein. G. schrieb eine Reihe von B¨uhnenst¨ucken, u. a. das Drama Eleazar oder Der Fluch des Hasses und der Liebe Segen (1873) und das Lustspiel Ein Rasttag im Man¨over (1903). Gutbier, Ludwig (Wilhelm), Kunsth¨andler, * 25. 10. 1873 Dresden, † 18. 3. 1951 Rottach-Egern. Der Sohn des Inhabers der Dresdner Kunsthandlung Ernst Arnold begann 1890 eine Lehre im v¨aterlichen Gesch¨aft, absolvierte ein mehrsemestriges Gaststudium an der Allgemeinen Abteilung der TH Dresden und begab sich auf eine Kunstreise in die Niederlande und nach Großbritannien. Sein Interesse galt insbesondere der zeitgen¨ossischen deutschen Graphik, der er ein eigenes Graphisches Kabinett in der Kunsthandlung Arnold einrichtete. G. gr¨undete den Verlag Ernst Arnold. 1898 erhielt er Prokura und wurde 1901 Teilhaber der v¨aterlichen Kunsthandlung, der er 1906 die Galerie Arnold angliederte, in der zahlreiche Ausstellungen moderner Kunst stattfanden. 1909 er¨offnete G. eine Zweiggalerie in Breslau. W¨ahrend des Nationalsozialismus wurde er als F¨orderer „entarteter“ Kunst diffamiert und 1936 zur Aufgabe seines Gesch¨aftes gezwungen. G. u¨ bersiedelte nach M¨unchen und ließ sich sp¨ater in Rottach-Egern am Tegernsee nieder. C NDB Gutbier, Rolf, Architekt, St¨adteplaner, * 26. 8. 1903 Erlangen, † 26. 9. 1992 Stuttgart. Seit 1935 als freischaffender Architekt in Stuttgart t¨atig, wurde G. 1948 a. o. Prof. an der dortigen TH, war 1953-71 Ordinarius f¨ur St¨adtebau und Entwerfen und hatte 1953-55 das Rektorat inne. Er entwarf 1953 das erste moderne Nachkriegsb¨urohochhaus in Stuttgart, 1954 zusammen mit Rolf → Gutbrod die dortige Industrie- und Handelskammer und errichtete 1956-61 das Verwaltungsgeb¨aude und Automobilmuseum von Daimler-Benz in Untert¨urkheim (mit Hans Kammerer), 1956-58 das B¨urogeb¨aude des GerlingKonzerns und 1959-61 die Bank f¨ur Gemeinwirtschaft. F¨ur die Univ. Stuttgart entwickelte G. gemeinsam mit Curt Siegel und G¨unther Wilhelm die beiden Kollegiengeb¨aude und die st¨adtebauliche Anlage des Universit¨atszentrums. Gutbrod, (Konrad) Rolf (Dietrich), Architekt, * 13. 9. 1910 Stuttgart, † 5. 1. 1999 Dornach (Schweiz). Der Arztsohn studierte bis 1935 an den Technischen Hochschulen Berlin und Stuttgart Architektur und war danach als Architekt und in der Bauverwaltung t¨atig. 1946-78 leitete er in Stuttgart ein eigenes Architekturb¨uro und lehrte daneben seit 1947 an der TH Stuttgart (seit 1961 Univ.), an der er 1953 zum a. o. Prof. ernannt wurde und 1961-72 Ordinarius f¨ur Innenraumgestaltung und Entwerfen war. G., der als Vertreter eines demokratischen Bauens gilt und f¨ur die Gestaltung der R¨aume als menschlicher Erlebnisbereiche ger¨uhmt wurde, schuf u. a. den deutschen Pavillon auf der Weltausstellung in Montreal (1966 / 67, mit Frei Otto), die Deutsche Botschaft in Wien (1959-65), das Dorland-Haus (1981-85) und das Kunstgewerbemuseum in Berlin (1981-85). Er war auch an großangelegten Projekten wie dem Hotel- und Konferenzzentrum in Mekka (Saudi-Arabien, 1974) beteiligt. G. geh¨orte seit 1961 der Akademie der K¨unste in Berlin an. C Munzinger

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Gute Gute, Herbert, Politiker, * 30. 8. 1905 Dresden, † 8. 11. 1975 Dresden. Nach einer Ausbildung zum Zimmermann besuchte G., Sohn eines Buchhalters, 1923-25 die Akademie f¨ur Kunstgewerbe in Dresden und arbeitete als Werbegraphiker. 1928 trat er der KPD bei und war in Dresden Mitbegr¨under und Vorsitzender der „Assoziation Revolution¨arer Bildender K¨unstler Deutschlands“ (1929). 1931-33 war er stellvertretender Leiter der Marxistischen Arbeiterschule. Nach 1933 mehrfach inhaftiert, arbeitete er nach der Befreiung aus dem Konzentrationslager Buchenwald als Abteilungsleiter f¨ur Kunst und Literatur in der s¨achsischen Landesregierung und als Staatssekret¨ar im s¨achsischen Ministerium f¨ur Volksbildung. 1948 / 49 Ministerialdirektor in der Zentralverwaltung f¨ur Volksbildung in Berlin und Cheflektor des Verlags „Trib¨une“, wurde G. 1949 Prof. und stellvertretender Direktor der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. 1950-58 war er Prof. f¨ur allgemeine Theorie und Kunst und Direktor des Instituts f¨ur Kunsterziehung an der Humboldt-Universit¨at Berlin, danach bis 1961 Oberb¨urgermeister von Dresden und 1961 / 62 Direktor der DEFA-Studios f¨ur Trickfilme in Dresden. Sp¨ater als Schriftsteller t¨atig, ver¨offentlichte G. 1970 Partisanen ohne Gewehr. Ein Tagebuch aus der Erinnerung. C DDR Guten¨acker, Friedrich, Veterin¨armediziner, * 31. 12. 1852 Bamberg, † 21. 5. 1906 Schliersee (Oberbayern). G., Sohn eines Studienrektors und Philologen, besuchte 1869-72 die Zentral-Tierarzneischule in M¨unchen, wurde 1872 approbiert und war als Distriktstierarzt in Rotthalm¨unster und als Milit¨arveterin¨ar t¨atig. Seit 1882 war er Hufbeschlaglehrer und Vorstand der Lehrschmiede an der M¨unchner Zentral-Tierarzneischule, wo er 1898 zum Prof. ernannt wurde. G. war entscheidend an der Organisation des Hufbeschlagwesens in Bayern beteiligt und ver¨offentlichte Die Lehre vom Hufbeschlag (1884, 131921). C NDB Gutenberg, Beno, Geophysiker, * 4. 6. 1889 Darmstadt, † 25. 1. 1960 Pasadena (Kalifornien, USA). Der Sohn eines Fabrikanten studierte seit 1907 an den Universit¨aten Darmstadt und G¨ottingen, u. a. als Sch¨uler Emil → Wiecherts, und wurde 1911 mit der Dissertation Die seismische Bodenunruhe promoviert. Anschließend war er Assistent am Zentralb¨uro der Internationalen Seismologischen Vereinigung in Straßburg, nahm am Ersten Weltkrieg teil und habilitierte sich 1924 an der Univ. Frankfurt / Main, wo er 1926 zum a. o. Prof. ernannt wurde. 1930 folgte G. einem Ruf als Prof. der Geophysik an das California Institute of Technology nach Pasadena und u¨ bernahm dort 1946 die Leitung des Seismologischen Laboratoriums. G. leistete Bahnbrechendes auf dem Gebiet der modernen Seismologie und entdeckte die Asthenosph¨are des oberen Erdmantels, die auch Gutenberg-Zone genannt wird. Zu seinen Hauptwerken z¨ahlen das Lehrbuch der Geophysik (1929) und das von ihm herausgegebene Handbuch der Geophysik (10 Bde., 1932-55). C DSB Gutenberg, Erich, Wirtschaftswissenschaftler, * 13. 12. 1897 Herford, † 22. 5. 1984 K¨oln. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg studierte G. zun¨achst Physik an der Univ. Hannover, wandte sich dann aber an der Univ. Halle dem Studium der National¨okonomie zu und absolvierte eine dreij¨ahrige praktische T¨atigkeit ¨ in der Industrie, um sich auf die Ubernahme des v¨aterlichen Unternehmens vorzubereiten, das jedoch ver¨außert werden mußte. Er setzte seine Studien in Frankfurt fort, habilitierte sich 1928 an der Univ. M¨unster mit der Studie Die Unternehmung als Gegenstand betriebswirtschaftlicher Theorie (1929), die wegen ihrer Ausklammerung der Organisation

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aus der betrieblichen Betrachtung als Beginn einer am o¨ konomischen Kalk¨ul orientierten Betriebswirtschaftslehre gilt; er arbeitete dann in der Unternehmenspraxis und wurde 1938 a. o. Prof. der Betriebswirtschaftslehre an der Bergakademie Clausthal. Seit 1940 o. Prof. in Jena, war G. Offizier im Zweiten Weltkrieg und u¨ bernahm 1948 einen Lehrstuhl an der Univ. Frankfurt / Main. Von 1951 bis zu seiner Emeritierung 1967 lehrte er an der Univ. K¨oln und war 1954-66 Mitglied des wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium. Zu seinen Hauptwerken z¨ahlen die vielfach aufgelegten und u¨ bersetzten Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre (4 Bde., 1951-69).

Gutenberg, Johannes, Drucker, * um 1400 Mainz, † 3. 2. 1468 Mainz. G. stammte u¨ ber seinen Vater (Friele Gensfleisch zur Laden, um 1350-1419) aus einer angesehenen Mainzer Patrizierfamilie, die Mutter (Else Wirich zum steinern Krame, 1360 / 65 - vor August 1433) geh¨orte einer Familie von Kr¨amern und Kleinh¨andlern an. Die beiden S¨ohne dieser Ehe wurden deshalb nicht in die M¨unzerhausgenossenschaft, eine exklusive Vereinigung der f¨uhrenden Geschlechter, aufgenommen. Die Familie lebte im Hof zum Gutenberg an der von Schustergasse und Christophstraße gebildeten Ecke. Ihn hatte G.s Urgroßvater Petermann zum Gensfleisch (gestorben 1370) im fr¨uhen 14. Jh. erheiratet; nach ihm nannte sich dieser Zweig der Gensfleisch-Familie. G. d¨urfte eine der Mainzer Stadtschulen besucht haben; daß er an einer Univ. studiert hat, ist eine bloße Vermutung. Andererseits ist es auch wenig wahrscheinlich, daß der Patriziersohn das Goldschmiedehandwerk erlernt hat. In den schweren Auseinandersetzungen zwischen Geschlechtern und Z¨unften nahm G. Partei f¨ur die ersteren und mußte 1428 zusammen mit vielen Angeh¨origen der bis dahin tonangebenden Familien Mainz verlassen. Er blieb seiner Vaterstadt auch dann noch fern, als ein vom Erzbischof erwirkter Vergleich („Rachtung“ vom 18. 3. 1430) ihm die R¨uckkehr erlaubte. Was ihn zu dieser starren Haltung veranlaßte, wissen wir nicht. Sie k¨onnte aber bezeichnend f¨ur den Charakter G.s sein, der im Laufe seines Lebens immer wieder Zeugnisse einer unbeugsamen Wesensart und eines starken Willens ablegte. Die Quellen verraten nicht, wo sich G. zu dieser Zeit aufgehalten hat. Zu Beginn des Jahres 1434 wird er in Straßburg angetroffen. Hier bekundete er am 14. M¨arz dieses Jahres, er habe den Mainzer Stadtschreiber (d. i. der st¨adtische Syndikus Nikolaus W¨orstadt) in Schuldhaft nehmen lassen, um die Zahlung der ihm aus Rentenverm¨ogen zustehenden 310 Gulden zu erzwingen, der Stadt Straßburg zuliebe habe er jedoch der Freilassung des Syndikus zugestimmt. G. lebte w¨ahrend des folgenden Jahrzehnts als „Nach-Constofler“, d. h. als nicht vollberechtigtes Mitglied des Patriziats, in Straßburg, wo er in der Vorstadt St. Arbogast Wohnung nahm. Als „Zugeselle“ der Goldschmiedezunft war er in die milit¨arische Organisation der Stadt einbezogen. F¨ur seine Absicht, auf Dauer in Straßburg zu bleiben, k¨onnte die Nachricht sprechen, daß er um eine dortige Patrizierstochter freite. Allerdings war dieser „Liebesgeschichte“ kein gl¨uckliches Ende beschieden; denn 1437 klagten eine Ellewibel zur Iserin T¨ur und ihre Tochter Ennelin vor dem bisch¨oflichen Gericht gegen G. wegen eines gebrochenen Heiratsversprechens. G. konnte jedoch nicht zu einer Eheschließung bewogen werden; er blieb zeitlebens Junggeselle.

Gutenberg Es sind vor allem bei Gericht angefallene Akten, die dar¨uber Auskunft geben, womit sich G. in Straßburg besch¨aftigte und wie er seinen Lebensunterhalt zu bestreiten versuchte. Im Jahr 1439 strengte der Straßburger B¨urger J¨org Dritzehn einen Prozeß gegen G. an; aus den Zeugenaussagen und dem Urteilsspruch des Rats vom 12. 12. 1439 geht folgendes hervor: Der Beklagte befaßte sich mit der Entwicklung und Verbesserung verschiedener technischer Verfahren und erteilte gegen Zahlung eines „Lehrgeldes“ interessierten Personen Unterricht. So unterrichtete er Andreas → Dritzehn, den inzwischen verstorbenen Bruder des Kl¨agers, in der Technik des Steinepolierens. Mit ihm und Heinz Riffe, Vogt von Lichtenau, schloß er einen Vertrag zur Herstellung von „Aachenspiegeln“. Es ging dabei um die neuartige Produktion von Wallfahrtsabzeichen, die bei der alle sieben Jahre stattfindenden Aachener Heiligtumsfahrt in großer Zahl ben¨otigt wurden. Allerdings hatten sich die Genossen im Datum vertan, so daß f¨ur die Abzeichen zun¨achst kein Bedarf bestand. Nun verlangten die beteiligten M¨anner, die bereits betr¨achtliche Mittel in das Unternehmen eingebracht hatten, auch in andere von G. entwickelte „K¨unste“ eingeweiht zu werden. Es kam 1438 zu einem auf f¨unf Jahre befristeten Vertrag, dem als weiterer Gesellschafter Andreas → Heilmann beitrat. Da starb Andreas Dritzehn gegen Ende des Jahres 1438. Die Br¨uder des Verstorbenen, J¨org und Claus, suchten an seine Stelle zu treten. Da G. dies verweigerte, kam es zum Prozeß. Sicher handelt es sich bei diesen anderen K¨unsten, um deren Geheimhaltung G. bem¨uht war, um die Anf¨ange oder Vorstufen des Buchdrucks mit beweglichen Lettern. Daß bereits in Straßburg, wo er bis 1444 lebte, brauchbare Ergebnisse vorlagen und Texte gedruckt worden sind, ist jedoch nur eine Vermutung. Dazu kam es erst in Mainz, wo G. sp¨atestens seit dem 17. 10. 1448 wieder heimisch wurde. An diesem Tag nahm er durch Vermittlung eines Verwandten ein Darlehen von 150 Gulden auf. F¨ur mehr als vier Jahre fehlen u¨ ber G.s Leben alle Nachrichten. Alle Versuche, diese L¨ucke auszuf¨ullen, sind spekulativ und entbehren jeglicher hieb- und stichfester Begr¨undungen. F¨ur die folgenden Jahre wird das anders. Es fehlt nicht an verb¨urgten Nachrichten, außerdem kommen die um diese Zeit in Mainz entstandenen Drucke als neue Quellen hinzu. Unter den S¨ohnen und Enkeln von Peter → Sch¨offer, der zu den fr¨uhesten Mitarbeitern G.s geh¨orte, haben sich Erinnerungen u¨ ber den Ablauf der Erfindung des Buchdrucks mit den drei Komponenten Handgießinstrument, bewegliche Typen und Presse erhalten. Danach war man von 1440 bis 1450 mit Versuchen und Experimenten besch¨aftigt. In dem „Goldenen“ Jahr 1450 habe man zu drucken begonnen und als erstes Buch eine Bibel in Angriff genommen. Damit ist die zweiundvierzigzeilige Bibel gemeint, die zu den bedeutendsten Dokumenten der Buchgeschichte rechnet und das neue Verfahren sogleich in Vollendung vorstellt. Als Darlehensgeber und (seit 1452) auch als Teilhaber trat der Mainzer Makler und „F¨ursprech“ Johannes → Fust dem Erfinder zur Seite. Mit einer Zahlung von 800 Gulden half er bei der Einrichtung der Werkstatt und der Fertigstellung der f¨ur das neue Verfahren ben¨otigten Ger¨atschaften. Fust war es wohl auch, der einen Teil der Bibelauflage aufwendig mit Buchmalereien ausstatten ließ, um sie anspruchsvollen und finanzkr¨aftigen Kunden anzubieten. Das geschah bereits auf dem Frankfurter Reichstag, wo sich im Oktober 1454 zahlreiche geistliche und weltliche F¨ursten um Kaiser → Friedrich III. versammelten. Ein „aufsehenerregender Mann“ bot der Majest¨at und den F¨ursten eine Bibel von großer Sch¨onheit und Lesbarkeit in mehr als 150 Ex¨ emplaren an. Uber dieses Ereignis am Rande spricht Enea Silvio Piccolomini, der sp¨atere Papst Pius II., in einem erst vor einigen Jahren bekanntgewordenen Brief an einen spanischen Kardinal.

Nach der Fertigstellung der Bibel kam es jedoch zwischen den beiden Gesellschaftern zum Streit, der zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung f¨uhrte. Aus dem „Helmaspergerschen Notariatsinstrument“ vom 6. 11. 1455 kennen wir wenigstens den ersten Punkt der Klage, die Fust vor Gericht einbrachte. Er beschuldigte G., große Teile der Gesch¨aftseinlagen nicht f¨ur das gemeinschaftlich betriebene „werk der bucher“ verwendet zu haben, und verlangte die R¨uckzahlung und Verzinsung dieser Gelder. Fust scheint den Prozeß gewonnen zu haben; jedenfalls fiel die gut ausger¨ustete Bibeldruckerei an ihn und seinen sp¨ateren Schwiegersohn Peter Sch¨offer. G. wurde zwar nicht v¨ollig ruiniert, aber er mußte seine Ziele deutlich zur¨uckstecken. Er druckte nun vor allem Schulb¨ucher („Donate“), Kalender und a¨ hnliches volkst¨umliches Kleinschrifttum. Noch im Herbst 1454, also unmittelbar nach der Beendigung des Bibeldrucks, druckte er den einunddreißigzeiligen Ablaßbrief, den ersten Formulardruck der Weltgeschichte. Da diese „Beichtbriefe“, die dem Besitzer die Beichte auch der schwersten S¨unden bei einem beliebigen Beichtiger gestatteten, auf eine bestimmte Person (handschriftlich) ausgestellt und datiert waren, sind sie eine hervorragende druckgeschichtliche Quelle. Gedruckt sind sie in einer „Brotschrift“ kleinen Grades, als Auszeichnungsschrift dient eine Letter, die G. auch in seinen Donaten usw. verwendet hat. Fust & Sch¨offer, die wohl zun¨achst noch mit der Abwicklung des Bibeldrucks besch¨aftigt waren, druckten Anfang 1455 ebenfalls einen solchen Ablaßbrief. Er hat 30 Zeilen und ist mit unterschiedlichen Lettern gesetzt. Es gab also um die Jahreswende 1454 / 55 in Mainz bereits zwei voneinander unabh¨angige Druckereien. W¨ahrend das Unternehmen Fust & Sch¨offer schon 1457 mit dem großartigen Psalterdruck hervortrat, blieben G. derartige Erfolge versagt. Das lag m¨oglicherweise auch daran, daß er mit Peter Sch¨offer einen seiner t¨uchtigsten Mitarbeiter verloren hatte. Eine um 1458 begonnene vierzigzeilige Bibel kam nicht u¨ ber einige Probeseiten hinaus. Das fr¨uher von manchen Forschern G. zugeschriebene Catholicon, ein enzyklop¨adisches Lexikon f¨ur das Bibelstudium, geh¨ort wegen der dabei verwendeten Papiersorten ans Ende der sechziger Jahre des 15. Jahrhunderts. Es kann darum nicht vom Erfinder gedruckt worden sein. Zweifellos war G. auch von den Folgen der Mainzer Stiftsfehde betroffen, die am 29. 10. 1462 zu einer Ausweisung der politisch und gesch¨aftlich aktiven B¨urger f¨uhrte. Allerdings durften die Vertriebenen bald wieder zur¨uckkehren. Erzbischof → Adolf von Nassau, der die Mainzer so hart behandelt hatte, zeigte sich am 17. 1. 1465 G. gegen¨uber besonders gn¨adig und machte ihn zu seinem Hofmann. Damit waren f¨ur den Erfinder wahrscheinlich keine Pflichten verbunden, doch durfte er sich gewisser Eink¨unfte in Geld und Naturalien erfreuen. Es kann sein, daß dieser Gnadenakt seine Ursache in k¨orperlichen Gebrechen G.s hatte; der Humanist Jakob → Wimpfeling behauptete n¨amlich 1508, also viele Jahre sp¨ater, G. sei im Alter erblindet. Das wird durch keine andere Quelle best¨atigt, kann aber gleichwohl zutreffen. Nach einer zuverl¨assigen Nachricht starb G. am St.-BlasiusTag (3. 2.) 1468 und wurde in der Franziskanerkirche beigesetzt. Das Gotteshaus wurde 1742 abgerissen, und der von den Jesuiten errichtete Nachfolgebau 1793 von den franz¨osischen Revolutionstruppen zerst¨ort. G.s letzte Ruhest¨atte ist darum nicht bekannt. Das hinterlassene Druckger¨at wurde von Erzbischof Adolf dem st¨adtischen Syndikus Konrad → Humery ausgeh¨andigt. Er konnte Eigentumsrechte daran nachweisen und verpflichtete sich mit Schreiben vom 26. 2. 1468, die Ger¨atschaften nur in Mainz zu verwenden oder sie nur an einen B¨urger der Stadt zu ver¨außern. Allem Anschein nach hat Humery G. in seinen letzten Lebensjahren finanziell unterst¨utzt.

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Gutenbrunner G.s Zeitgenossen und wohl auch er selber haben schwerlich die Bedeutung erkannt, welche die Erfindung des Buchdrucks f¨ur die Geschichte der Menschheit beanspruchen darf. Bis in die j¨ungste Vergangenheit hat das von G. ersonnene Prinzip G¨ultigkeit behalten: Der geschriebene Text wurde in seine Elemente, in Buchstaben und Zeichen, zerlegt, die u¨ ber den Metallguß in beliebiger Anzahl und genau zueinander passend hergestellt wurden. An die Stelle der aus einer Bleilegierung hergestellten Lettern sind die k¨orperlosen Buchstaben der neuen Verfahren (Licht- und Digitalsatz) getreten. Gedruckt wird jedoch noch wie es zu Zeiten des Erfinders und schon vorher u¨ blich war. LITERATUR: Aloys Ruppel: J. G. Sein Leben und sein Werk. Berlin 21947. Nieuwkoop 31967. – Der gegenw¨artige Stand der Gutenberg-Forschung. Hrsg. v. Hans Widmann. Stuttgart 1972. – J. G.s zweiundvierzigzeilige Bibel. Kommentarband. Hrsg. v. Wieland Schmidt / Friedrich Adolf Schmidt-K¨unsem¨uller. M¨unchen 1979. – Albert Kapr: J. G. Pers¨onlichkeit und Leistung. Leipzig / Berlin 1986. – Guy Bechtel: G. et l’invention de l’imprimerie. Paris 1992. – Andreas Venzke: J. G. Der Erfinder des Buchdrucks. Z¨urich 1993. – Monika Estermann: „O werthe Druckkunst, du Mutter aller Kunst“. Mainz 1999. – Stephan F¨ussel: G. und sein Wirken. Darmstadt 1999. – Ders.: J. G. Reinbek 2000. – Hans Joachim Koppitz: G. – Leben und Werk. Mainz 2000. – G. aventur und kunst. Vom Geheimunternehmen zur ersten Medienrevolution. Mainz 2000 (Ausstellungskatalog). Severin Corsten

Gutenbrunner, Siegfried, Germanist, * 26. 5. 1906 Wien, † 23. 11. 1984 Freiburg / Breisgau. G., Sohn eines Oberinspektors und Direktorstellvertreters der Tabakfabrik Wien-Favoriten, studierte seit 1925 an der Univ. Wien Germanistik, Urgeschichte und Philosophie und wurde 1931 bei Rudolf → Much mit der Arbeit M¨ullenhoffs „Deutsche Altertumskunde“ im Lichte der heutigen Wissenschaft (2 Bde., ungedr.) promoviert. 1934 wurde er Mitglied der Vaterl¨andischen Front und des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes. 1936 habilitierte er sich f¨ur Germanische Sprachgeschichte und Altertumskunde an der Univ. Wien (Die germanischen G¨otternamen der antiken Inschriften), trat 1938 der NSDAP bei und ging 1941 an die Univ. Straßburg, wo er 1943 zum a. o. Prof. ernannt wurde. Nach der Entlassung aus britischer Kriegsgefangenschaft seit 1946 als Lektor an der Univ. Kiel t¨atig, ging er 1950 an die Univ. Freiburg / Breisgau und wurde 1955 a. o. Prof., 1959 o. Prof. f¨ur Germanische und Nordische Philologie. G. ver¨offentlichte u. a. Germanische Fr¨uhzeit in den Berichten der Antike (1939), Schleswig-Holsteins a¨ lteste Literatur von der Kimbernzeit bis zur Kudrundichtung, Historische Laut- und Formenlehre des Altisl¨andischen (1951), V¨olker und St¨amme S¨udschleswigs im fr¨uhen Mittelalter (1952, mit Herbert → Jankuhn und Wolfgang Laur) und Von Hildebrand und Hadubrand. Lied, Sage, Mythos (1976). C IGL

Gutensohn, Johann Gottfried, auch Guttensohn, eigentl. Isaak Gottfried G., Architekt, getauft 24. 6. 1792 D¨urrenroth (Kt. Bern), † 19. 4. 1851 M¨unchen. Der Sohn eines Kaufmanns studierte seit 1812 Architektur an der Kunstakademie in M¨unchen, hielt sich 1819-27 zu kunstwissenschaftlichen Forschungen in Rom auf, wurde anschließend durch K¨onig → Ludwig I. von Bayern nach M¨unchen berufen und war seit 1830 bayerischer ZivilBauinspektor. 1832-34 wirkte er als Regierungs- und Hofarchitekt des neuen griechischen Staates in Nauplia und u¨ bersiedelte 1835 nach Wiesbaden. Dort arbeitete er f¨ur das Schloß und die Kurhaus-Kolonnaden und errichtete 1836-39 die Kolonnaden in Bad Ems. Sp¨ater unterrichtete G. als Lehrer f¨ur Perspektive an der Akademie in Prag und wurde 1844 bayerischer Zivilbauinspektor in M¨unchen.

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Gutermuth, Heinrich, Gewerkschafter, * 18. 6. 1898 Ilbeshausen (Hessen), † 28. 6. 1977 Bochum. Der Bauernsohn durchlief zun¨achst eine Lehre als Schlosser und Schmied und arbeitete nach dem Ersten Weltkrieg als Grubenschlosser in Recklinghausen. Seit 1926 hauptamtlicher Funktion¨ar im Gewerkschaftsverein christlicher Bergarbeiter, wurde er nach der Macht¨ubernahme der Nationalsozialisten politisch verfolgt und war im „Dritten Reich“ als Vertreter t¨atig. 1945 f¨uhrend am Aufbau der IG Bergbau beteiligt, geh¨orte G. seit 1946 dem Hauptvorstand an, wurde 1953 zweiter Vorsitzender und stand seit 1956-64 an der Spitze der IG Bergbau. 1963-67 amtierte er als Pr¨asident des Internationalen Bergarbeiterverbandes. G. war als CDU-Abgeordneter Mitglied des Landtags von NordrheinWestfalen. C Munzinger

Gutersohn, Heinrich, schweizer. Geograph, * 14. 10. 1899 Z¨urich, † 20. 10. 1996 Z¨urich. Das Studium der Geographie schloß G. 1931 mit der Promotion ab (Relief und Flußdichte), habilitierte sich 1936 an der Univ. Z¨urich und war seit 1941 o. Prof. der Geographie an der ETH Z¨urich. Er wurde dort auch Vorsteher des Instituts f¨ur Orts-, Regional- und Landesplanung und geh¨orte zu den Begr¨undern der Schweizerischen Vereinigung f¨ur Landesplanung, deren Pr¨asident er 1953-61 war. G. war Mitglied der Eidgen¨ossischen Kommission f¨ur die Planung des Nationalstraßennetzes, deren Abteilung Alpenstraßen er 1954-58 leitete. Er ver¨offentlichte u. a. das Standardwerk Geographie der Schweiz (5 Bde., 1958-69) und war Mitherausgeber der „Geographica Helvetica“. Gutfreund, Otto, Bildhauer, * 1889 K¨onigshof / Elbe, † 6. 6. 1927 Prag. Nach dem Besuch der Keramischen Fachschule und der Kunstgewerbeschule in Prag ging G. als Sch¨uler Bourdells nach Paris. 1910 nach Prag zur¨uckgekehrt, schuf er die Skulpturen f¨ur die Hlavka-Br¨ucke, das Relief Die Ziegelarbeiter (1911) und schloß sich der Prager k¨unstlerischen Avantgarde an. Mit den Bildwerken Angst, Das Konzert und Der Cellospieler (1913) enstanden seine ersten kubistischen Plastiken. Seit 1914 lebte G. erneut in Paris, nahm als Fremdenlegion¨ar am Ersten Weltkrieg teil und wurde 1916-18 in einem Lager interniert. Seit 1920 wieder in Prag, erhielt er 1921 den ersten Preis f¨ur das Denkmal der Volksdichterin Boˇzena Nˇemcov´a.

Gutfreund, Peter, auch Guetfreund, Bonamico, Pietro, Komponist, Kapellmeister, * um 1570, † 1625 Salzburg. Seine fr¨uheste nachweisbare Anstellung fand G., u¨ ber dessen Herkunft und Jugend nichts bekannt ist, 1588 als Altist in der Hechinger Kapelle des Grafen Eitel Friedrich IV. von Hohenzollern. Bald nach 1596 scheint er an die Hofmusikkapelle des Erzbischofs von Salzburg, Wolf Dietrich von → Raitenau, gekommen zu sein; gesichert sind diese Daten ab 1602, als G. unter den Domchoralisten angef¨uhrt wird. 1608 folgte er seinem Hofkapellmeister Johann → Stadlmayr nach und hatte das Amt mit einer Unterbrechung 1612 / 13 bis zu seinem Tod inne. G. gilt als einer der wichtigsten Vertreter des Fr¨uhbarocks in Salzburg. Seine im Melos divinarum zusammengefaßten St¨ucke hatten bis in die Zeit → Mozarts ihren festen Platz in der kirchenmusikalischen Praxis. C MGG Guthardt, Helmut, Bankmanager, * 8. 6. 1934 Breuna (Hessen), † 31. 10. 2001 Wasserburg / Bodensee. G. durchlief 1951-54 eine Banklehre an der RaiffeisenZentralkasse Kurhessen in Kassel, arbeitete im genossenschaftlichen Bankwesen und studierte 1958-60 an der Bankakademie in Frankfurt / Main. 1963 u¨ bernahm er die Gesch¨aftsf¨uhrung der Raiffeisen-Rechenzentrum GmbH,

Guthnick 1964 den Vorstandsvorsitz der Gewerbe- und Landwirtschaftsbank Kurhessen (sp¨ater Raiffeisenbank Kurhessen). 1965 trat G. in den Vorstand der Raiffeisen-Zentralbank in Kassel ein, zu deren alleinigem gesch¨aftsf¨uhrenden Vorstand er 1966 ernannt wurde. Seit 1970 Vorstandsmitglied bei der Deutschen Genossenschaftsbank, die seit 1976 unter dem Namen DG Bank firmierte, war er dort seit 1973 stellvertretender Vorsitzender und seit 1981 Vorsitzender. Zur St¨arkung der DG Bank gegen¨uber den regionalen GenossenschaftsZentralbanken und ihrem Aufbau als bundesweites Zentralinstitut kaufte G. regionale Genossenschafts-Zentralbanken auf und beteiligte sich am Wertpapierhandel sowie an der Finanzierung des Privatsenders SAT 1 von Leo Kirch. 1991 trat er vom Vorstandsvorsitz zur¨uck. Bis zu seinem Tod geh¨orte er dem Aufsichtsrat der ProSiebenSat.1 Media AG an.

Guthe, Hermann (Adolph Wilhelm), Geograph, Mathe-

seines Monodramas Erwartung am Deutschen Theater von Prag. G.-S. gab zahlreiche Gastspiele, u. a. in London und Frankfurt / Main, und wirkte auch als Opernregisseurin. In erster Ehe war sie mit dem Dirigenten Gustav Gutheil, in zweiter mit dem Photographen Franz Setzer verheiratet. Als Gesangslehrerin bildete sie u. a. Anny → Helm aus. C MGG

Guthery, Franz, Schauspieler, * 15. 3. 1850 Bozen, † 4. 5. 1900 Berlin. ¨ geh¨orte seit 1866 verschiedeDer Sohn Robert → G.s d. A. nen reisenden Theatergesellschaften an und war 1871-74 als Jugendlicher Komiker am Theater in Frankfurt / Oder engagiert. Anschließend trat er in Stettin, Magdeburg, Bremen und Breslau auf und kam 1879 an das Wallnertheater nach Berlin, wo er sp¨ater am Deutschen Theater sowie am Lessingtheater auftrat. Einen seiner gr¨oßten Erfolge feierte G. als Rentier Giesecke im Weißen R¨oßl. Er war mit der Schauspielerin Anna Meißner verheiratet. C Kosch: Theater

matiker, Mineraloge, * 12. 8. 1825 St. Andreasberg / Harz, † 29. 1. 1874 M¨unchen. Der Kaufmannssohn studierte seit 1845 Klassische Philologie, Philosophie, Mathematik und Physik an den Universit¨aten G¨ottingen und Berlin und wurde 1851 Oberlehrer am Lyzeum in Hannover. 1856 mit einer geographischen Arbeit promoviert, gab G. seit 1863 auch Geographieunterricht beim Kadettenkorps in Hannover, erhielt eine Lehrerstelle f¨ur Mathematik und Mineralogie an der dortigen Polytechnischen Schule und wurde 1868 zum Prof. ernannt. 1873 folgte einem Ruf als Prof. der Geographie an die Polytechnische Schule nach M¨unchen, wo er jedoch wenige Monate sp¨ater mit seiner Familie an Cholera starb. G. ver¨offentlichte u. a. Zur Geschichte und Geographie der Landschaft Margiane, des heutigen Merw (1856), Die Lande Braunschweig und Hannover (1867) und Lehrbuch der Geographie (1868, 3 1874). C ADB

burg, † 5. 3. 1903 Berlin. G., Sohn eines schottischen Offiziers, Schauspielers und Regisseurs und Bruder von Robert → G. d. J., schlug ebenfalls die B¨uhnenlaufbahn ein und deb¨utierte 1841 in L¨ubeck. Nach Engagements in Rostock und N¨urnberg kam er 1852 an das Kgl. Schauspielhaus nach Berlin, trat dann in Kassel auf und kehrte schließlich nach Berlin zur¨uck, wo er am Wallnertheater auf der B¨uhne stand. G. geh¨orte zu den Begr¨undern des Berliner Viktoriatheaters und spielte sp¨ater am Stadttheater von Hamburg, an der Komischen Oper in Wien und zuletzt wieder in L¨ubeck. Er unternahm zahlreiche Gastspielreisen nach Rotterdam und New York. G. war ein popul¨arer Komiker und hatte seine gr¨oßten Erfolge in Possen und Operetten. Er war der Vater von Franz → G.

Guthe, (Friedrich Wilhelm Leopold) Hermann, evang.

Guthery, Robert d. J., Schauspieler, * 21. 9. 1839 L¨ubeck,

Theologe, Pal¨astinaforscher, * 10. 5. 1849 Westerlinde (Braunschweig), † 11. 8. 1936 Leipzig. Der aus einer Braunschweiger Pfarrerfamilie stammende G. studierte 1867-70 an den Universit¨aten G¨ottingen und Erlangen Theologie und war 1870-73 Hauslehrer in Livland und anschließend Repetent in G¨ottingen. 1877 habilitierte er sich an der Univ. Leipzig, wo er 1884 zum a. o. Prof. des Alten Testaments ernannt wurde und bis 1921 lehrte. Seit 1877 widmete sich G. der Pal¨astinawissenschaft, war im selben Jahr Mitbegr¨under des „Deutschen Vereins zur Erforschung Pal¨astinas“ und wurde Sekret¨ar und Bibliothekar in dessen gesch¨aftsf¨uhrendem Ausschuß, dem er 1911-25 vorstand. 1881, 1894 und 1912 befand sich G. zu Studienund Forschungszwecken in Pal¨astina. 1899 erschien seine Geschichte des Volkes Israels (31914). C NDB

† 6. 4. 1918 Weimar. ¨ Zun¨achst Kaufmann, studierte G., Bruder Robert → G.s d. A. Rechtswissenschaften an der Univ. Leipzig und wandte sich schließlich ebenfalls der B¨uhne zu. Er deb¨utierte 1859 in seiner Heimatstadt, nahm dann Engagements an Theatern in Halle, G¨orlitz, Zittau, Amsterdam, Hamburg, K¨oln und Aachen an, bevor er nach Berlin kam, wo er als Komiker am Friedrich-Wilhelmst¨adtischen Theater, am Wallnertheater und am Zentral- und Metropoltheater auftrat. 1907 zog sich G. von der B¨uhne zur¨uck.

Gutheil-Schoder, Marie, geb. Schoder, S¨angerin, * 10. 2. 1874 Weimar, † 8. 10. 1935 Ilmenau (Th¨uringen). Nach dem Besuch der Großherzoglichen Musikschule in Weimar setzte G.-S., Tochter eines Gastwirts, ihre Ausbildung zur Sopranistin als Sch¨ulerin Virginia NaumannGungls und Hans Feodor von → Mildes fort und deb¨utierte 1891 als erste Dame in der Zauberfl¨ote am Weimarer Hoftheater, wo sie 1895 ihren ersten großen Erfolg als Carmen hatte. 1899 gastierte sie in Leipzig, Berlin und Wien und ging 1900, gef¨ordert durch Gustav → Mahler, an die Wiener Hofoper, deren Ensemble sie bis 1926 angeh¨orte. Hier trat G.-S. in einer Reihe bedeutender Premieren auf, u. a. 1908 als Martha in → d’Alberts Tiefland, 1909 als Titelheldin in Richard → Strauss’ Elektra und 1911 als Octavian im Rosenkavalier. Zwischen 1902 und 1910 gastierte sie h¨aufig in Frankfurt / Main. Seit 1908 sang sie Werke von Arnold → Sch¨onberg in dessen „Verein f¨ur musikalische Privatauff¨uhrungen“ und gestaltete 1924 die Urauff¨uhrung

¨ Schauspieler, * 6. 2. 1824 HamGuthery, Robert d. A.,

Gutherz, Carl, schweizer. Maler, * 28. 1. 1844 Sch¨oftland (Kt. Aargau), † 7. 2. 1907 Philadelphia (USA). Der Lehrerssohn wanderte 1851 zusammen mit seinen Eltern nach Amerika aus, erhielt seine erste k¨unstlerische Ausbildung im Atelier seines Vaters, eines Terrakottabildhauers in Cincinnati, und begann in Memphis (Tennessee) das ´ Studium der Portr¨atmalerei, das er 1868 an der Ecole des Beaux-Arts in Paris fortsetzte. Nach Ausbruch des DeutschFranz¨osischen Kriegs 1870 nahm G. weiteren Unterricht in Br¨ussel und Antwerpen als Sch¨uler Stallaerts und Roberts und ließ sich 1871 in Rom nieder, wo sein erstes bedeutendes Bild Das Erwachen des Fr¨uhlings enstand und ausgestellt wurde. 1874 kehrte er nach Amerika zur¨uck, war Mitbegr¨under einer Kunstakademie in Memphis und lebte 1884-96 erneut in Paris. G. schloß sich der pr¨araffaelitischen Schule an und schuf zahlreiche Werke meist mystischreligi¨osen Inhalts, u. a. Lux Incarnationis (1889), Arcessita ad Angelis, Ad Astra und Der sechste Sch¨opfungstag (1893). C Biogr Lex Aargau

Guthnick, Paul, Astronom, * 12. 1. 1879 Hitdorf (heute zu Leverkusen), † 6. 9. 1947 Potsdam-Babelsberg. Der Sohn eines Klempners studierte Mathematik und Naturwissenschaften an der Univ. Bonn, wurde 1901 pro-

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Gutjahr moviert (Neue Untersuchungen u¨ ber den ver¨anderlichen Stern o [Mira] Ceti) und war Gehilfe an der Berliner Sternwarte und bei Arthur von → Auwers. Anschließend ging G. an die von Friedrich Gustav von B¨ulow auf seinem Gut Bothkamp bei Kiel eingerichtete Privatsternwarte und kehrte 1906 als Observator nach Berlin zur¨uck, wo er den Fraunhoferschen neunz¨olligen Refraktor u¨ bernahm und mit dessen neuem Repsold-Mikrometer umfangreiche Beobachtungen der Jupiter-Satelliten im Hinblick auf deren Bahnebenenbestimmung durchf¨uhrte. 1916 zum a. o. Prof. an der Univ. Berlin ernannt, wurde G. 1921 o. Prof. der praktischen Astronomie und Direktor der Sternwarte. 1932 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er baute das erste lichtelektrische Sternphotometer und f¨uhrte die photoelektrische Photometrie und die photographische Dauerbeobachtung ein. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Die Wunder des Himmels (1910), Mikrometermessungen an den vier grossen Jupitersatelliten und Bestimmung ihrer Bahnebenen (1915), Lichtelektrisch-photometrische Untersuchungen (1944) und Untersuchungen u¨ ber das System Beta Lyrae (1947). C Poggendorff 4-6

Martin → Buber und Gustav → Landauer den Bund „Neue Gemeinschaft“ und 1910 das Projekt „Orden des Genies“. Im selben Jahr erschien sein erstes, weltanschauliches, zwischen Philosophie und Dichtung stehendes Werk Siderische Geburt. Seraphische Wanderung vom Tode der Welt zur Taufe der Tat (21914). Ebenfalls mit Buber und Landauer, aber auch mit Theodor → D¨aubler, Florens Christian Rang u. a. schloß er sich 1913 / 14 zum „Forte-Kreis“ zusammen, der eine geistige Neuorientierung Europas zum Ziel hatte. G., der in dieser Zeit auch in Kontakt mit Walther → Rathenau kam und seit 1916 mit Walter → Benjamin befreundet war, trat 1916 in die Zionistische Vereinigung in Berlin ein, lernte Hebr¨aisch und war vor¨ubergehend Leiter des J¨udischen Volksheims. 1933 emigrierte er u¨ ber London in die USA und lebte als freier Schriftsteller in New York. 1937 erschien sein Buch The Absolute Collective, das kabbalistischen Vorstellungen verpflichtet ist, 1952 mit Choose Life. The Biblical to Revolt sein letztes Werk. Nach G.s Tod wurde ein Band mit Ausz¨ugen aus dessen Notizb¨uchern, Vorlesungen und Aufs¨atzen herausgegeben (The Body of God. First Steps Toward an Anti-Theology, 1969). C Lex j¨ud Phil

Gutjahr, Franz Seraph, o¨ sterr. kath. Theologe,

† 7. 8. 1968 Philadelphia (USA). G. studierte Architektur, Stadtplanung, Geschichte, Kunstgeschichte und Soziologie an der TH und der Univ. Berlin, wurde 1915 zum Dr.-Ing. promoviert (Raum und Materie. Ein baugeschichtlicher Darstellungsversuch der Raumentwicklung) und war w¨ahrend des Ersten Weltkriegs als Regierungsberater in Berlin t¨atig. Sp¨ater war er Dezernent im Reichsarbeitsministerium sowie im preuß. Wohlfahrtsministerium und arbeitete als selbst¨andiger Architekt und St¨adteplaner. G. baute zahlreiche Wohnh¨auser in Berlin, f¨uhrte verschiedene Bebauungspl¨ane aus und war Mitarbeiter des „Berliner Tageblatts“ sowie der Fachzeitschrift „Die Baugilde“. 1933 erhielt er Berufsbeschr¨ankung und emigrierte noch im selben Jahr nach Frankreich. Seit 1935 lebte G. in London, wo er zun¨achst Assistent des Arbeits- und Planungsministeriums, 1940-43 Direktor der neugegr¨undeten Demographic Survey Organization war. 1945-47 geh¨orte G. der Britischen Kontroll-Kommission f¨ur Deutschland an. 1956 ging er in die USA und lehrte dort bis 1968 als Prof. der St¨adteplanung an verschiedenen Universit¨aten. G. vero¨ ffentlichte u. a. Neues Bauen. Grundlagen zur praktischen Siedlungst¨atigkeit (1919). C Dt j¨ud Architekten

* 13. 9. 1854 Preding (Steiermark), † 4. 6. 1929 Graz. G. studierte seit 1873 Theologie und Philosophie an der Univ. Graz, empfing 1877 die Priesterweihe und wurde 1886 zum Dr. phil., 1893 zum Dr. theol. promoviert. 1877-93 unterrichtete er Klassische Philologie am bisch¨oflichen Gymnasium in Graz und war seelsorgerisch t¨atig. 1886 gr¨undete er ¨ dort den „Literarischen Anzeiger f¨ur das katholische Osterreich“, dessen Leitung er lange innehatte. 1893 wurde G. o. Prof. des neutestamentlichen Bibelstudiums an der Univ. Graz, wo er bis zu seiner Emeritierung 1925 lehrte. 1907-28 war er Regens des dortigen Priesterseminars. G. ver¨offentlichte u. a. eine Einleitung zu den heiligen Schriften des ¨ Neuen Testaments (1897, 71923). C OBL

Gutk¨as, Johann Friedrich, Uhrmacher, * 16. 6. 1785 Dresden, † 8. 8. 1845 Dresden. G., dessen Vater in Dresden kurf¨urstlich-geheimer Kanzlist und pensionierter k¨oniglich-preußischer Kammermusiker war, ließ sich zum Uhrmacher ausbilden, studierte Mathematik und Astronomie und erhielt 1815 den Meisterbrief. 1839 arbeitete er als Mechaniker im Mathematisch-Physikalischen Salon im Dresdner Zwinger und betrieb eine eigene Kunstuhrenwerkstatt. Adolf → Lange, der sp¨ater die Uhrenherstellung in Glash¨utte begr¨undete, ging bei ihm in die Lehre und wurde sein Schwiegersohn. G. stellte Pr¨azisionsuhren her, konstruierte die „F¨unf-Minuten-Digitaluhr“ im Dresdner Opernhaus und war Hofuhrmacher.

Gutke, Georg, Philosoph, * 1. 10. 1589 K¨olln (heute zu Berlin), † 19. (?) 8. 1634 Berlin. Der Sohn eines Gerichtssch¨oppen und Mundb¨ackers wurde 1613 Magister, 1615 Adjunkt der Philosophie und 1618 Dekan an der Univ. Wittenberg. Im selben Jahr folgte er einem Ruf als Rektor an das Gymnasium zum Grauen Kloster nach Berlin. G., der durch seine Auslegungen der aristotelischen Philosophie bekannt wurde, verteidigte in seiner Abhandlung Habitus primorum principiorum seu intelligentia (1625) die Notwendigkeit einer besonderen Wissenschaft der intelligentia, die neben die von Aristoteles anerkannten Wissenschaften der intellektuellen Tugenden treten solle. Er ver¨offentlichte u. a. Logica divina seu peripatetica docens (1626). C Leinsle 1 Gutkind, Erich, auch Eric G., Philosoph, * 1877 Berlin, † 26. 8. 1965 Chatauqua (New York, USA). Der aus einer wohlhabenden Familie stammende G. gr¨undete als Privatgelehrter um die Jahrhundertwende zusammen mit

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Gutkind, Erwin (Anton), Architekt, * 20. 5. 1886 Berlin,

Gutknecht, Jobst, auch Jodocus G., Drucker, 1. H¨alfte 16. Jh. G. erwarb 1511 das B¨urgerrecht in N¨urnberg und betrieb seit 1514 eine selbst¨andige Druckerei und eine Buchhandlung. Als sein erstes Druckerzeugnis legte er 1514 das Missale Pataviense auf. G. druckte vorwiegend kleinere deutsche Schriften, Schulb¨ucher, volkst¨umliche Werke und Lieder sowie Reformationsschriften, darunter Abhandlungen der N¨urnberger Prediger Wenzeslaus → Linck und Andreas ¨ ferner zahlreiche Nachdrucke von Luther→ Osiander d. A., Schriften. Daneben entstand im Auftrag des Rats eine Reihe amtlicher Verordnungen in hohen Auflagen. C LGB Gutknecht, Rosa, schweizer. reformierte Theologin, * 18. 5. 1885 Ludwigshafen, † 21. 11. 1959 Z¨urich. Nach der Ausbildung im Lehrerinnenseminar am Großm¨unster Z¨urich (seit 1901) arbeitete G. seit 1905 als Lehrerin, lernte daneben Latein, Griechisch und Hebr¨aisch und studierte seit 1913 Theologie an der Univ. Z¨urich. 1918 wurde sie als eine der ersten schweizer. Theologinnen ordiniert und u¨ bernahm die Stelle einer Pfarrhelferin am Z¨urcher Großm¨unster, die sie bis 1953 innehatte. 1933 gr¨undete G. den Landeskirchlichen Verein Arbeitshilfe und beteiligte sich an der Gr¨undung und Leitung der Zentralstelle f¨ur kirchliche

Gutmann Gemeindearbeit. Sie war Pr¨asidentin und Aktuarin des 1939 gegr¨undeten Schweizerischen Theologinnenverbandes. C HLS ¨ Gutmann, Agidius, auch Guthmann, Guttmann, Guetmann, Schriftsteller, 16. Jh. G. lebte (nach ungesicherten Angaben) in den achtziger Jahren des 16. Jh. in Schwaben und Augsburg. Ihm wird die angeblich 1575 verfaßte Offenbarung G¨ottlicher Mayestat zugeschrieben, ein Kommentar zum Sch¨opfungsbericht auf der Grundlage von Alchemie, Magie und Kabbala. Das Werk fand unter Paracelisten, fr¨uhen Anh¨angern des rosenkreuzerischen Reformprogramms und schließlich bei den B¨ohmisten Anklang. Vor allem in fr¨uherer Zeit wurde G. zudem als Urheber des u¨ blicherweise mit Bartholom¨aus → Carrichter in Verbindung gebrachten Kr¨auterbuchs Horn des Heils gesehen. C Killy

Gutmann, Albert J., Musikalienh¨andler, Konzertagent, * 20. 6. 1851 F¨urth, † 7. 3. 1915 Wien. G., der 1873 in Wien eine Kunst- und Musikalienhandlung ¨ er¨offnete, bem¨uhte sich schon fr¨uh um eine Offnung des Konzertbetriebs f¨ur das breite Publikum. 1890 setzte er sich vergebens f¨ur die Veranstaltung von Volkskonzerten gegen ein geringes Eintrittsgeld ein. Als Konzertagent vermittelte er dem Wiener Publikum Gastspiele ber¨uhmter internationaler Orchester und unterhielt seit 1910 B¨uros in London, Berlin und Paris. 1908-11 lebte G. in Paris. Seine Musikalienhandlung wurde nach seinem Tode zun¨achst von seinem Gesch¨aftsf¨uhrer Hugo → Knepler und dann von der Univer¨ sal Edition u¨ bernommen. C OML

Gutmann, Bruno, evang. Theologe, Missionar, Ethnograph, * 4. 7. 1876 Dresden, † 18. 12. 1966 Ehingen am Hesselberg (Mittelfranken). Aus kleinb¨auerlichen Verh¨altnissen stammend, mußte G. schon als Kind durch Fabrikarbeit zum Lebensunterhalt der Familie beitragen und wurde nach seiner Schulausbildung Volont¨ar beim Dresdner Gemeindedienst, wo er bis 1895, bis zu seinem Eintritt in das Leipziger Missionsseminar, an dem er studierte, t¨atig war. 1901 absolvierte G. sein theologisches Examen und war dann ein Jahr lang seelsorgerisch t¨atig, bevor er 1902 den Dienst in der evangelisch-lutherischen Mission am Kilimandscharo antrat. Dort begann G. 1904 mit dem Aufbau einer neuen Missionsstation und widmete sich auch ethnographischen Forschungen. 1909 ver¨offentlichte er sein erstes gr¨oßeres Werk Dichten und Denken der Dschagganeger und leistete in der Folge mit zahlreichen weiteren, vielbeachteten ethnographischen Publikationen einen bedeutenden Beitrag zur religionsethnologischen und evolutionistischen Theoriediskussion. 1920 wurde er zusammen mit anderen deutschen Missionaren aufgrund von Bestimmungen des Versailler Vertrags ausgewiesen und konnte erst 1925 seinen Missionsdienst in Ostafrika wieder aufnehmen, den er bis 1938 fortf¨uhrte. C RGG

Gutmann, Eugen, Bankier, * 24. 6. 1840 Dresden, † 21. 8. 1925 M¨unchen. G., Sohn eines Bankiers, durchlief eine Banklehre bei G¨unther & Palmi´e in seiner Heimatstadt, war vor¨ubergehend im Holzgesch¨aft in Budapest t¨atig und wurde, nach Dresden zur¨uckgekehrt, Teilhaber des Bankhauses Michael Kaskel. Zusammen mit Carl von → Kaskel initiierte er 1872 die Gr¨undung der Dresdner Bank durch Umwandlung des Privatbankhauses Kaskel in eine Aktiengesellschaft. G. war bis 1920 Vorstandssprecher. In den folgenden Jahren etablierte er sich im s¨achsischen Wirtschaftsleben, kn¨upfte internationale Beziehungen und u¨ bernahm bis 1878 den S¨achsischen Bankverein, die Dresdner Handelsbank, die S¨achsische Creditbank und die Th¨uringische Bank Sondershausen. 1881 errichtete er eine Niederlassung in Berlin, die seit 1884 Haupt-

¨ sitz der Firma war. Weitere Ubernahmen folgten (S. E. Wertheimer N¨urnberg, 1896; Nieders¨achsische Bank B¨uckeburg, 1899; Erlanger und S¨ohne Frankfurt / Main, 1904). Als einer der ersten deutschen Bankiers schuf G. ein großes Filialnetz. 1904 kaufte er Aktien der Bergwerksgesellschaft Hibernia und u¨ bernahm die Deutsche Genossenschaftsbank von Soergel, Parisius & Co. 1905 war er Mitbegr¨under der Deutschen Orientbank sowie der Deutsch-S¨udamerikanischen Bank und wurde 1920 Ehrenpr¨asident der Dresdner Bank. C NDB

Gutmann, Franz, Wirtschaftswissenschaftler, Politologe, * 16. 3. 1879 M¨unchen, † 6. 7. 1967 Milwaukee (Wisconsin, USA). Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften sowie der Geschichte und Philosophie seit 1898 an den Universit¨aten M¨unchen, Straßburg und Paris wurde G., Sohn eines Großkaufmanns, 1904 in Straßburg zum Dr. rer. pol. promoviert (Die soziale Gliederung von Bayern zur Zeit des Volksrechts, ver¨offentlicht 1906), war 1908-11 Privatassistent seines Lehrers Georg Friedrich → Knapp sowie Dozent am Staatswissenschaftlichen Institut der Univ. Straßburg und habilitierte sich 1912 mit der Studie Das franz¨osische Geldwesen im Kriege (1870-1878) (ver¨offentlicht 1913) an der Univ. T¨ubingen. 1918 wurde er in T¨ubingen zum a. o. Prof. f¨ur Volkswirtschaftslehre, Finanzwissenschaft und Wirtschaftsgeschichte ernannt und folgte 1921 einem Ruf als o. Prof. der Wirtschaftswissenschaften an die Univ. Jena. Seit 1929 lehrte G. in Breslau, ging 1931 als o. Prof. nach G¨ottingen, u¨ bernahm die Leitung des Staatswissenschaftlichen Seminars, 1932 des von Wilhelm → Lexis gegr¨undeten Seminars f¨ur Versicherungswissenschaft und wirkte dort bis zu seiner Entlassung 1936. 1939 emigrierte er in die USA, deren Staatsb¨urgerschaft er 1945 erhielt. 1939-49 war er Prof. an der University of North Carolina in Chapel Hill, 1950-55 Lecturer in Economics an der Marquette University in Milwaukee. G., der sich mit der Geldtheorie Knapps auseinandersetzte, ver¨offentlichte u. a. Das R¨atesystem. Seine Verfechter und seine Probleme (1922) und W¨ahrungsideen und W¨ahrungsgestaltung in der Gegenwart (1928). Er starb an den Folgen eines Verkehrsunfalls. C Marcon / Strecker Gutmann, Igo, auch Gutman, o¨ sterr. S¨anger, * 1896 Wien, † 19. 5. 1966 New York. Nach dem Gesangsstudium in Wien deb¨utierte G. als Cavaradossi in Puccinis Tosca an der dortigen Volksoper. 1919 / 20 war er in Aussig, 1921 / 22 in Czernowitz, 1925 / 26 in Graz und 1927-30 an der Hamburger Volksoper engagiert. Dort sang er u. a. 1929 den Gianetto in der deutschen Erstauff¨uhrung von La cena delle beffe von Umberto Giordano. Gastauftritte hatte er an der Berliner Staatsoper und am Opernhaus in K¨oln. 1932 / 33 sang G. am Berliner Metropoltheater. 1933 mußte er Deutschland verlassen, gastierte mehrere Male am Theater in Graz und sang 1937 / 38 an der Wiener Volksoper. 1938 emigrierte G. in die USA, wo er in New York als P¨adagoge t¨atig war. Zu seinen wichtigsten Rollen geh¨orten die Titelpartien im Tannh¨auser und Lohengrin, der Jos´e in Carmen und der Herzog in Rigoletto. Gutmann, Julius, S¨anger, * 18. 6. 1889, † 22. 10. 1960 New York. G. war seit 1916 in Krefeld, Freiburg / Breisgau, Duisburg und 1924-34 in Hamburg engagiert, wirkte 1927 in der Urauff¨uhrung von Respighis Oper La Campana sommersa mit und hatte ein breites Repertoire an Baßpartien, u. a. den Osmin in der Entf¨uhrung aus dem Serail, den Leporello im Don Giovanni, den Rocco im Fidelio und den Ochs im Rosenkavalier. 1933 mußte er Deutschland wegen seiner j¨udischen Herkunft verlassen, trat bis 1938 am Deutschen Theater in

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Gutmann Prag auf und emigrierte 1939 nach London, wo er an der Covent Garden Opera sang. Sp¨ater ging G. in die USA und C Kutsch war dort als P¨adagoge t¨atig.

Gutmann, Max Ritter von, o¨ sterr. Industrieller, * 18. 11. 1857 Wien, † 2. 4. 1930 Wien. Der Sohn Wilhelm von → G.s studierte an der TH Wien und der Montanistischen Hochschule in Leoben und trat 1883 in die v¨aterliche Firma ein, deren Gesellschafter er 1888 wurde. G. machte sich insbesondere um die Ausgestaltung der Witkowitzer Bergbau- und Eisenh¨uttengewerkschaft sowie um den Steinkohlenbergbau verdient und war Pr¨asident des Industriellenklubs, der Gesamtvertretung der o¨ sterr. Industrie. In seinen Witkowitzer Eisenwerken wurde 1885 das erste ¨ C NDB R¨ohrenwalzwerk in Osterreich errichtet.

Gutmann, Viktor, o¨ sterr. Chemiker, * 10. 11. 1921 Wien, † 16. 7. 1998 M¨odling (Nieder¨osterreich). G. schloß das Studium der Chemie an der TH Wien 1946 mit der Promotion ab, war dann am dortigen Institut f¨ur Allgemeine Chemie t¨atig und ging als Stipendiat an die University of Cambridge, wo er zum Doctor of Philosophy promoviert wurde. 1952 habilitierte er sich mit einer Arbeit u¨ ber Interhalogenverbindungen als ionisierende L¨osungsmittel und wurde 1957 zum a. o., 1960 zum o. Prof. der Anorganischen und Allgemeinen Chemie an der TH Wien ernannt. G. verfaßte ein grundlegendes Lehrbuch zur Allgemeinen und Anorganischen Chemie (mit Edwin → Hengge, 1971) sowie das Standardwerk Chemische Funktionslehre (1971). Sp¨ater besch¨aftigte er sich mit hom¨oopathischen Arzneien (Die wissenschaftlichen Grundlagen der Hom¨oopathie, mit Gerhard Resch, 1987). 1973-75 war G. Pr¨asident der Divison f¨ur Anorganische Chemie der International Union of Pure and Applied Chemistry (IUPAC) und seit 1974 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. ¨ Akad, Jg. 149 C Almanach Ost

Gutmann, Wilhelm Ritter von, o¨ sterr. Industrieller, * 18. 8. 1826 Leipnik (M¨ahren), † 17. 5. 1895 Wien. Urspr¨unglich zum Rabbiner bestimmt, wandte sich G. zun¨achst theologischen Studien in Ungarn zu, erhielt dann eine landwirtschaftliche Ausbildung bei seinem Onkel und betrieb seit 1850 / 51 ein Gips- und Kohlengesch¨aft in Teschen. Er errichtete bald große Kohlenlagerpl¨atze und gr¨undete zusammen mit seinem Bruder David die Firma Gebr¨uder Gutmann. Sie waren die ersten, die Kohle aus ¨ dem preuß. Oberschlesien nach Osterreich einf¨uhrten, und wurden Mitbesitzer und Eigent¨umer von Hoch¨ofen, Kohlenbergwerken und Zuckerfabriken und 1872 zusammen mit → Rothschild Besitzer der Witkowitzer Eisenwerke. G., der 1878 nobilitiert wurde, initiierte die Gr¨undung des o¨ sterr. Industriellenklubs und machte sich auch als F¨orderer zahlreicher sozialer Einrichtungen einen Namen. 1911 ver¨offentlichte er seine Autobiographie Aus meinem Leben. G. war der Vater von Max von → G. Gutmann, Wolfgang Friedrich, Biologe, * 13. 5. 1935 W¨achtersbach bei Gelnhausen, † 14. 4. 1997 Frankfurt / Main. Nach dem Studium der Biologie, Pal¨aontologie und Chemie wurde G. 1961 in Frankfurt / Main promoviert (Funktionelle Morphologie von Balanus balanoides), war 1960-64 am Forschungsinstitut f¨ur Meeresgeologie und -biologie Wilhelmshaven t¨atig und u¨ bernahm 1964 die Leitung der Sektion Anatomie der Wirbeltiere am Senckenberg-Museum in Frankfurt / Main. 1973 habilitierte er sich an der dortigen Univ. f¨ur Biologie; 1982 wurde ihm eine Honorarprofessur verliehen. Unter Beachtung von Prinzipien der Hydraulik setzte sich G., der rezente Forschung stets mit Wissenschaftsgeschichte und

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Wissenschaftstheorie zu verbinden suchte, f¨ur eine Ver¨anderung der Darwinschen Evolutionslehre ein. Zu seinen Publikationen geh¨oren Kritische Evolutionstheorie. Ein Bei¨ trag zur Uberwindung altdarwinistischer Dogmen (1981, mit Klaus Bonik) und Die Evolution hydraulischer Konstruktionen. Organische Wandlung statt altdarwinistische Anpassung (1989).

Gutolf von Heiligenkreuz, Zisterzienser, Geschichtsschreiber, * um 1240, † Heiligenkreuz (Nieder¨osterreich). Nach dem Besuch der Stiftsschule von St. Florian trat G. in das Zisterzienserkloster Heiligenkreuz ein und war dort 1265-85 sowie nach 1289 als Schreiber und Lehrer t¨atig. Er war Beichtvater der Zisterzienserinnen von St. Nikolaus in Wien und wurde 1285 Abt der westungarischen Zisterze Marienberg bei G¨uns, wo er bis 1289 im Amt blieb. Neben einem Traktat u¨ ber das Kirchenrecht und einer lateinischen Grammatik verfaßte G. u. a. die Translatio sanctae Delicianae und die Historia annorum 1264-79, die als bedeutende Quellen zur Geschichte → Otakars II. von B¨ohmen und → Rudolfs von Habsburg gelten. C VL Gutowski, Armin, Wirtschaftswissenschaftler, * 14. 7. 1930 N¨urnberg, † 29. 11. 1987 Hamburg. G. studierte seit 1949 Volkswirtschaft, wurde 1958 promoviert und noch im selben Jahr Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der saarl¨andischen Arbeitskammer und ging 1960 / 61 mit einem Forschungsstipendium der Rockefeller Foundation an die Universit¨aten Princeton, Berkeley und Chicago. 1967 habilitierte er sich, folgte im selben Jahr einem Ruf als o. Prof. der Volkswirtschaftslehre und Entwicklungsl¨anderforschung an die Univ. Gießen und wurde 1970 o. Prof. der Entwicklungsl¨anderforschung an der Univ. Frankfurt / Main. 1970-78 war G. Mitglied des Sachverst¨andigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, u¨ bernahm anschließend die Leitung des Instituts f¨ur Wirtschaftsforschung des Hamburger Welt-Wirtschafts-Archivs und geh¨orte verschiedenen wissenschaftlichen Gremien an, u. a. der Gesellschaft f¨ur Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Er ver¨offentlichte u. a. Konglomerate Unternehmensgr¨oße und wirtschaftliche Macht (1971). C Munzinger Gutrater, Gabriel d. J., Jurist, B¨urgermeister von Wien, * um 1465 Laufen (Salzburg), † 9. 2. 1527 Wien. G. studierte seit 1483 an der Univ. Wien und wurde 1487 zum Magister artium promoviert. 1486 / 87 begann er das Studium der Rechtswissenschaften, wurde 1492 / 93 Lizentiat und war 1497 / 98 Prokurator der rheinischen Nation an der Univ. Wien, 1500 deren Rektor. 1506-21 amtierte G. als Stadtschreiber, wurde nach der Niederschlagung des von B¨urgermeister Martin → Siebenb¨urger angef¨uhrten Aufstandes zu dessen Nachfolger bestellt und hatte in Johannes → Cuspinianus einen hilfreichen Berater. Nach dem Tod des Stadtschreibers Hans Murringer trat G. 1524 als B¨urgermeister zur¨uck und u¨ bernahm erneut das Stadtschreiberamt, das er wahrscheinlich bis zu seinem Tod aus¨ubte. C Czeike

Gutschmid, (Hermann) Alfred Frh. von, Historiker, * 1. 7. 1831 Loschwitz bei Dresden, † 1. 3. 1887 T¨ubingen. Der Sohn eines s¨achsischen Hof- und Justizrats und Urenkel Gotthelf von → G.s studierte seit 1848 an den Universit¨aten Leipzig und Bonn und wurde 1854 in Leipzig zum Dr. phil. promoviert. 1863 wurde er a. o., 1866 o. Prof. der Geschichte an der Univ. Kiel, 1873 in K¨onigsberg, u¨ bernahm 1876 eine Professur der Klassischen Philologie an der Univ. Jena und ging im folgenden Jahr als Prof. der Geschichte an die Univ. T¨ubingen. 1888 erschien postum seine Geschichte Irans und seiner Nachbarl¨ander von Alexander dem Großen bis zum Untergang der Arsaciden. C NDB

Guttenberg Gutschmid, (Christian) Gotthelf Frh. von, Staatsmann, * 12. 12. 1721 Kahren bei Cottbus, † 30. 12. 1798 Dresden. Der Pfarrerssohn studierte seit 1740 Theologie an der Univ. Halle, unterrichtete daneben am Franckeschen Waisenhaus und u¨ bernahm 1742 eine praktische Verwaltungst¨atigkeit im kurs¨achsischen Amt Dahme. 1748 begann er das Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Leipzig und wurde 1750 zum Dr. jur. promoviert. Seit 1756 o. Prof. des Lehnsrechts an der dortigen Univ., wurde G. 1758 als Hof- und Justizienrat der Landesregierung und Geheimer Referendar beim Geheimen Konsilium nach Dresden berufen. 1762 / 63 war er Mitglied der Restaurationskommission, 1763 vor¨ubergehend B¨urgermeister von Leipzig; im selben Jahr folgte er einem Ruf des Kurf¨ursten → Friedrich Christian als Geheimer Assistenzrat in das Geheime Kabinett und unterrichtete dessen Sohn, den sp¨ateren Kurf¨ursten → Friedrich August, in Rechts- und Staatswissenschaften. 1766-70 war G. Vizekanzler der kurs¨achsischen Landesregierung, 1770 Konferenzminister im Geheimen Konsilium und 1771-89 Direktor der Oberrechnungsdeputation. Von 1790 bis zu seinem Tod leitete er als Kabinettsminister das Innendepartement, seit 1796 auch die Kommandoangelegenheiten des Milit¨ardepartements. C ADB

Gutschow, Hermann (Otto Theodor), Milit¨ararzt, * 20. 8. 1843 Brandenburg / Havel, † 23. 4. 1903 Berlin. Nach der Promotion 1866 (De eclampsia parturientium) an der Univ. Berlin trat G., Sohn eines Kaufmanns, als Arzt ¨ in die preuß. Armee ein, nahm am Feldzug gegen Osterreich teil und tat anschließend als Marinearzt Dienst in der Nord- und Ostsee sowie in Ostasien. Nach T¨atigkeiten am Medizinisch-Chirurgischen Friedrich-Wilhelms-Institut und an der Charit´e in Berlin ging er 1876 erneut nach Ostasien und wurde erster Chefarzt in einem Lazarett in Yokohama. Seit 1884 arbeitete G. bei der ersten Werftdivision und wurde 1892 Chefarzt des Marinelazaretts in Kiel, 1894 Garnisonsarzt und Stationsarzt der Marinestation der Ostsee. Er war auch Lehrer der Gesundheitspflege an der Marineakademie in Kiel. G. wurde 1896 Generalarzt der Marine und Vorstand der Medizinalabteilung des Reichsmarineamtes, 1899 Generalstabsarzt im Rang eines Konteradmirals.

Gutschow, Konstanty, Architekt, * 10. 12. 1902 Hamburg, † 8. 6. 1978 Hamburg. Nach dem Studium der Architektur in Danzig und Stuttgart war G. 1926-28 in der Hamburger Hochbaudirektion, 1928 / 29 im Stadtplanungsamt Wandsbek und seit 1930 als freier Architekt t¨atig. 1936 zum Vertrauensarchitekten von Fritz → Todt ernannt, trat er 1937 in die NSDAP ein, wurde 1941 mit der Neugestaltung Hamburgs beauftragt und wechselte Ende 1943 in den Arbeitsstab Wiederaufbauplanung zerst¨orter St¨adte, wo er bis 1945 u. a. mit den Planungen f¨ur Hamburg betraut war. Seit 1947 in Wettbewerben zum Wiederaufbau deutscher St¨adte erfolgreich, wirkte G. seit 1949 als Berater der Aufbaugemeinschaft Hannover an dessen Neuordnung durch Rudolf → Hillebrecht mit und errichtete u. a. die Universit¨atskliniken in T¨ubingen, D¨usseldorf und Hannover. 1962 erhielt er den Titel Professor.

Guts Muths, Johann Christoph Friedrich, P¨adagoge, Turnlehrer, * 9. 8. 1759 Quedlinburg, † 21. 5. 1839 Ibenhain (heute zu Waltershausen). Der aus einer Rotgerberfamilie stammende G. studierte 1779-82 Theologie, Mathematik, Physik, Geschichte und neuere Sprachen an der Univ. Halle, war Hauslehrer und unterrichtete 1785-1839 an der Anstalt Schnepfenthal (Th¨uringen). Sein besonderes Interesse galt der philanthropischen Leibeserziehung. Er setzte sich f¨ur Spiele und das Schwimmen im Turnunterricht ein und ließ in Schnepfenthal den ersten Sportplatz in Deutschland einrichten. G. ver¨offentlichte u. a. Gymnastik f¨ur die Jugend (1793). C NDB

Gutstein, Ernst, o¨ sterr. S¨anger, * 15. 5. 1924 Wien, † 24. 2. 1998 Wien. G. wurde an der Wiener Musikakademie von Josef → Witt und Hans → Duhan ausgebildet, gab 1948 sein Deb¨ut am Landestheater Innsbruck und war dort bis 1952 engagiert. Weitere Stationen waren die Stadttheater in Hagen (Westfalen) und Heidelberg, das Staatstheater in Kassel, die Deutsche Oper am Rhein D¨usseldorf-Duisburg und das Opernhaus in Frankfurt / Main. Seit 1962 trat er regelm¨aßig an den Opernh¨ausern in K¨oln, Frankfurt und an der Wiener Staatsoper auf. G. gastierte u. a. am Bolschoj-Theater in Moskau, an der Grand Op´era in Paris, in Chicago, Barcelona, Rio de Janeiro und an der Wiener Volksoper. 1958 wirkte er beim Maggio Musicale in Florenz, 1962 bei den Festspielen in Schwetzingen bei der Urauff¨uhrung von Wolfgang → Fortners Oper In seinem Garten liebt Don Perlimpl´ın Belisa, 1987 und 1990 bei den Opernfestspielen in Glyndebourne mit. G. war als hervorragender Darsteller bekannt, vor allem in Opern von Verdi, → Wagner und Richard → Strauss. Seit den siebziger Jahren lehrte er als Prof. am Konservatorium der Stadt Wien. C Kutsch Guttenberg, Emil Frh. von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 4. 1. 1841 Tamsweg (Salzburg), † 30. 1. 1941 Salzburg. Aus altem fr¨ankischen Reichsadel stammend, besuchte G. bis 1859 die Milit¨arakademie in Wiener Neustadt. Er machte den Feldzug bei Solferino mit, nahm 1866 an der Schlacht bei K¨oniggr¨atz sowie 1878 an der Besetzung von Bosnien und der Herzegowina teil und wurde 1884 Vorstand des Eisenbahnb¨uros beim Generalstab. Seit 1895 Feldmarschal¨ leutnant, wurde G. 1896 erster Eisenbahnminister Osterreichs und machte sich um die Vorbereitung der Tauernbahn verdient. 1869 erschien seine Schrift Die o¨ sterreichisch¨ ungarischen Eisenbahnen. C OBL Guttenberg, Erich Frh. von, Historiker, * 27. 2. 1888 Augsburg, † 1. 12. 1952 Erlangen. G. begann 1906 die Offizierslaufbahn, arbeitete seit 1912 im Kriegsarchiv in M¨unchen, studierte nach seiner Verabschiedung Geschichte an den Universit¨aten Marburg, W¨urzburg und M¨unchen und wurde 1925 zum Dr. phil. promoviert. Seit 1922 wieder im Kriegsarchiv t¨atig, war er 1924-35 Staatsarchivrat und 1928-31 als Bearbeiter des Bistums Bamberg im Rahmen der „Germania Sacra“ beurlaubt. 1935 / 36 war er o. Prof. der Geschichte an der Univ. Gießen, anschließend bis 1952 an der Univ. Erlangen. C Fr¨ank Leb, Bd 1 Guttenberg, Georg Frh. von und zu, Diplomat, * 12. 2. 1858 W¨urzburg, † 12. 4. 1935 Florenz. G. studierte Rechtswissenschaften an den Universit¨aten W¨urzburg, Straßburg und G¨ottingen und war anschließend Ministerialpraktikant im bayerischen Außenministerium. Seit 1884 Attach´e an der bayerischen Gesandtschaft in Berlin, ging er 1885 in gleicher Stellung an die Gesandtschaft in Rom, wo er 1887 Legationssekret¨ar wurde. Seit 1889 in St. Petersburg, seit 1890 im Ministerium, kehrte G. 1893 nach Rom zur¨uck. 1903 ging er als Geheimer Legationsrat und Gesch¨aftstr¨ager nach Paris und wurde 1906 außerordentlicher Gesandter und bevollm¨achtigter Minister am P¨apstlichen Stuhl in Rom. C NDB Guttenberg, Heinrich, Kupferstecher, * 29. 4. 1749 W¨ohrd bei N¨urnberg, † 16. 1. 1818 N¨urnberg. Der Bruder Karl Gottlieb → G.s besuchte die N¨urnberger Zeichenschule unter Johann Justin → Preißler und machte eine dreij¨ahrige Lehre bei dem Kupferstecher W¨ursching. 1770 ging G. nach Paris zu seinem Bruder, wo er sich bis zum Ausbruch der Revolution aufhielt, und reiste dann nach Italien. 1792 arbeitete er in Fontainebleau, kehrte im folgenden Jahr nach N¨urnberg zur¨uck und hielt sich 1803-16 erneut in Frankreich auf. Seine letzten Lebensjahre verbrachte

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Guttenberg er in N¨urnberg. G. stach vorwiegend Landschaften, Tier- und Konversationsst¨ucke alter und zeitgen¨ossischer niederl¨andischer Meister, u. a. Heilige Familie nach Raffael und Beschneidung Christi nach Fra Bartolomeo.

Guttenberg, Hermann von, Botaniker, * 13. 1. 1881 Triest, † 8. 6. 1969 Rostock. G., Sohn eines Landesforstinspektors, wurde nach dem Studium der Naturwissenschaften seit 1900 in Wien, Graz und Leipzig (Promotion 1904, Beitr¨age zur physiologischen Anatomie von Pilzgallen, 1905) und der Habilitation 1908 in Wien 1919 a. o. Prof. in Berlin und 1923 o. Prof. und Direktor des Botanischen Gartens in Rostock. 1928 / 29 bereiste er Ceylon, Java, Sumatra und Bali. 1941 erfolgte die Wahl in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Als o¨ sterr. Staatsb¨urger blieb G. bis 1957 im Amt; 1959 wurde er Vizepr¨asident der Biologischen Gesellschaft der DDR. G. ver¨offentlichte zahlreiche Arbeiten u¨ ber Pflanzenanatomie und Pflanzenphysiologie, u. a. ein Lehrbuch der allgemeinen Botanik (1951, 61963) und Pflanzenanatomie (1966). C Mecklenburg, Bd 2 Guttenberg, Johann Gottfried Reichsritter von, F¨urstbischof von W¨urzburg, * 6. 11. 1645 Schloß Marloffstein bei Erlangen, † 14. 12. 1698 W¨urzburg. Der aus einem alten fr¨ankischen Geschlecht stammende Sohn eines Bamberger Rats und Oberamtmanns erhielt 1654 die Tonsur und wurde Domizellar in Bamberg, 1655 in W¨urzburg. Anschließend studierte er Rechtswissenschaften in W¨urzburg, L¨owen und Bamberg, war 1665 am Reichskammergericht in Speyer, 1668 am Wiener Hof t¨atig und wurde 1674 Domkapitular in Bamberg, 1679 in W¨urzburg. Seit 1682 Propst in Wechterswinkel, wurde G. 1683 Kanonikus des Ritterstifts Komburg und 1684 F¨urstbischof von W¨urzburg, jedoch erst 1686 zum Priester und Bischof geweiht. 1693 erließ G. eine neue Kirchenordnung f¨ur das Bistum. W¨ahrend seiner Regierungszeit schloß er eine Reihe von Vertr¨agen mit der Kurpfalz und den s¨achsischen Herzogt¨umern zur Festlegung der jurisdiktionellen Verh¨altnisse. G. erreichte ein p¨apstliches und kaiserliches Verdikt u¨ ber die ihm von den Landst¨anden abgen¨otigten Wahlkapitulationen (1695 und 1698). C Gatz 3

Guttenberg, Karl Gottlieb, Kupferstecher, * 21. 8. 1743 W¨ohrd bei N¨urnberg, † 20. 5. 1790 Paris. G. besuchte die Zeichenschule Johann Justin → Preißlers in N¨urnberg, absolvierte eine dreij¨ahrige Lehre bei einem Schriftstecher und beendete seine Ausbildung schließlich bei Christian von → Mechel in Basel, wo er sechs Jahre lang arbeitete. Sp¨ater ging G. zu Johann Georg → Wille nach Paris, von dem er sehr gef¨ordert wurde, und stach u. a. nach dessen Entwurf Das schmollende Kind. Er schuf auch Werke nach franz¨osischen und niederl¨andischen Malern sowie nach eigenen Entw¨urfen. Zu seinen Sch¨ulern geh¨orten u. a. sein Bruder Heinrich → G., der Augsburger Ignaz Sebastian → Klauber und Theodor → Falkeisen aus Basel. Guttenberg, Karl Ludwig Frh. von, Publizist, * 22. 5. 1902 Salzburg ob Bad Neustadt / Saale, † 23. / 24. 4. 1945 Berlin. Der Sohn des Reichsrats Karl Theodor von und zu G. studierte seit 1922 Rechtswissenschaften und Geschichte an der Univ. M¨unchen, wo er sich Karl Alexander von → M¨uller und dem „Jungadel“ des Freiherrn von Leonrod anschloß, und setzte seine Studien an den Universit¨aten Erlangen und W¨urzburg fort. G. geh¨orte zu den Kreisen der „konservativen Revolution“ und gr¨undete 1930 in W¨urzburg die Arbeitsstelle f¨ur konservatives Schrifttum. 1931 wurde er in W¨urzburg promoviert (Die zeitgen¨ossische Presse Deutschlands u¨ ber Lenin). Seit 1932 war er Herausgeber der „Zeitschrift f¨ur deutsche Tradition: Die Monarchie“; nach deren

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Verbot 1934 gab er die „Zeitschrift f¨ur Geschichte, Tradition und Staat: Weiße Bl¨atter“ heraus. Seit 1939 geh¨orte G., durch seine Schwester mit Claus Graf → Schenk von Stauffenberg verschw¨agert, zum deutschen Widerstand um Ludwig → Beck und Ulrich von → Hassell, war im Zweiten Weltkrieg Reserveoffizier in der Abwehr unter Wilhelm → Canaris und Hans von → Dohnanyi und hatte auch Verbindungen zum Kreisauer Kreis. Nach dem Attentat am 20. 7. 1944 wurde G. verhaftet und h¨ochstwahrscheinlich ohne Gerichtsurteil ermordet. C NDB

Guttenberg, Karl Theodor (Maria Georg Achatz Eberhard Joseph) Frh. von, Politiker, * 23. 5. 1921 Weisendorf (Mittelfranken), † 4. 10. 1972 Schloß Guttenberg bei Stadtsteinach (Oberfranken). Nach der R¨uckkehr aus englischer Kriegsgefangenschaft, wo er an Sendungen der BBC mitgearbeitet hatte, schloß sich G., dessen Vater 1927-33 den Bayerischen Heimat- und K¨onigsbund leitete, 1946 der CSU an und wurde Mitglied des Landesausschusses Oberfranken. 1952-57 war er Landrat in Stadtsteinach, 1957-72 Mitglied des Bundestags und geh¨orte zu den entschiedensten Verfechtern der Westpolitik Konrad → Adenauers. Seit 1963 im Parteivorstand, war er 1967-69 Parlamentarischer Staatssekret¨ar im Bundeskanzleramt. G. galt als entschiedener Gegner der Ostpolitik der Regierung → Brandt. Er ver¨offentlichte u. a. Die neue Ostpolitik. Wege und Irrwege (1971). C Zeitgeschichte, Bd 8 Guttenbrunner, Michael, o¨ sterr. Schriftsteller, * 7. 9. 1919 Althofen (K¨arnten), † 12. 5. 2004 Wien. G., Sohn eines fr¨uh verstorbenen Bahnarbeiters, wurde 1935 wegen seines Engagements f¨ur die illegale Sozialdemokratische Partei verhaftet. Als Autodidakt bildete er sich fort und besuchte seit 1937 die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien, wurde jedoch 1938 wegen regimefeindlichen Verhaltens von der Schule verwiesen und 1940 zur Wehrmacht eingezogen. Nach dem Attentat auf → Hitler 1944 u. a. wegen „Aufwiegelung“ von einem Milit¨argericht zun¨achst zum Tode verurteilt, wurde G. begnadigt und an die Front versetzt. 1945 / 46 verbrachte er auf Veranlassung der englischen Besatzungsmacht ein halbes Jahr in Haft in einer Klagenfurter Nervenheilanstalt, anschließend arbeitete er als Holzf¨aller im K¨arntner Landeskulturreferat und 1954-62 in einer Wiener G¨artnerei. 1947 erschien G.s erster Band mit Gedichten gegen den Krieg (Schwarze Ruten), dem zahlreiche weitere Gedichtb¨ande folgten (u. a. Opferholz, 1954; Die lange Zeit, 1965; Der Abstieg, 1975). 1976 ver¨offentlichte er unter dem Titel Im Machtgehege (Neuausg. 2005) einen ersten Band mit kurzen Texten; Im Machtgehege VIII erschien 2004. G. u¨ bersetzte auch Autoren wie Giacomo Leopardi und Gabriele D’Annunzio; als Herausgeber betreute er einen Gedichtband von Theodor → Kramer (Vom schwarzen Wein, 1956). Zusammen mit Paul Schick gab er 1964-66 die Zeitschrift „Der Alleing¨anger“ und 1966-78 allein die Zeitschrift „Das Ziegeneuter“ heraus. G. wurde u. a. ¨ mit dem Osterreichischen Staatspreis (1966), der Ehrendoktorw¨urde der Univ. Klagenfurt (1994) und dem TheodorKramer-Preis (2004) ausgezeichnet. Er war seit 1959 in zweiter Ehe mit der Tochter von Alice → Herdan-Zuckmayer und Carl → Zuckmayer verheiratet. Texte aus dem Nachlaß enth¨alt der Band Michael Guttenbrunner. Texte und Materialien (hrsg. von Manfred M¨uller und Helmuth A. Niederle, 2005). C KLG

Guttentag, Immanuel, urspr. Meyer G., Verleger, * 20. 10. 1817 Breslau, † 21. 2. 1862 Berlin. Der aus einer Kaufmannsfamilie stammende G. u¨ bernahm 1842 den gr¨oßten Teil der seit 1820 bestehenden Verlagsbuchhandlung Trautwein in Berlin, die er bis 1853 als Trautwein’sche Buch- und Musikalienhandlung fortf¨uhrte und dann in Verlagsbuchhandlung I. Guttentag umfirmierte. Im

Guttmann folgenden Jahr verkaufte er das Sortiment sowie den Musikalienhandel und -verlag an Martin August Bahn. Obgleich G. im Verlagsprogramm einen deutlichen Akzent auf die Rechts- und Staatswissenschaften setzte, publizierte er weiterhin Titel aus den Bereichen Geschichte, Philosophie, Arch¨aologie und sch¨one Literatur. Er geh¨orte der Berliner Kooperation der Buchh¨andler seit ihrer Gr¨undung 1848 an; 1857-62 war er stellvertretender Vorsitzender. Nach G.s Tod ging die Firma zun¨achst an seine Witwe. 1871 erwarb D. Collin die Verlagsbuchhandlung I. Guttentag. Nach der Reichsgr¨undung im selben Jahr, die eine Flut neuer Gesetze nach sich zog, entwickelte sich der Verlag zu einem juristischen Fachverlag. Die noch von Collin in Angriff genommenen Reihen Guttentag’sche Sammlung Deutscher Reichsgesetze (237 Bde., 1871-1949) und Guttentag’sche Sammlung Preußischer Gesetze (68 Bde., 1873-1944) wurden unter Hugo → Heimann, seit 1886 Teilhaber, seit 1890 Alleinbesitzer des Verlags, fortgesetzt. 1898 wurde die Firma I. Guttentag unter den neuen Inhabern Carl Hammacher, Christian von Bornhaupt, Gustav → Siegle und Walter de → Gruyter in eine GmbH umgewandelt, die 1919 in der „Vereinigung wissenschaftlicher Verleger Walter de Gruyter & Co.“ aufging.

Gutting, Willi, P¨adagoge, Schriftsteller, * 5. 12. 1901 Lingenfeld, † 22. 2. 1986 Speyer. Der Sohn eines Postsekret¨ars besuchte 1915-21 die Lehrerbildungsanstalt in Speyer, wurde anschließend Schulamtsberater in Speyer und unterrichtete an verschiedenen Schulen, bevor er 1935 Hauptlehrer in Sondernheim wurde. Nach seiner R¨uckkehr aus franz¨osischer Kriegsgefangenschaft 1948 nahm G. diese Stellung wieder ein. G. ver¨offentlichte u. a. die Novelle Apfel des Lebens (1951) und Unter dem roten Dom. Miniaturen aus einer Kindheit (1975). Er schrieb auch einige H¨orspiele. C Pf¨alzer Pers

Guttmann, Alfred, Musikwissenschaftler, S¨anger, Mediziner, * 30. 7. 1873 Posen, † 21. 12. 1951 Sykkylven (Norwegen). Nach dem Medizinstudium (Promotion 1898 in Berlin, Tabes dorsalis und Syphilis) war G. seit 1898 als Arzt t¨atig, absolvierte eine Gesangsausbildung in Berlin, M¨unchen und Breslau und trat als Konzerts¨anger auf. Seit 1901 studierte er Psychologie und Musikwissenschaft an der Univ. Berlin und verfaßte psychologische und musikphysiologische Abhandlungen, u. a. Tonbildung und Stimmbildung im Chorgesang (in: Theodor Paul: Systematische Ton- und Stimmbildung f¨ur Singen und Sprechen. Bd. 1, o. J. [1920]). G. war k¨unstlerischer Beirat und Vorstandsmitglied zahlreicher Organisationen des Berliner Volksbildungswesens. 1939 emigrierte er nach Norwegen.

Guttmann, Arthur, o¨ sterr. Schauspieler, * 1. 7. 1877 Wien, † 3. 6. 1956 Wien. Der aus einer Schauspielerfamilie stammende G. begann seine B¨uhnenkarriere 1896 am Theater in Budweis, trat 1897 / 98 in Temesvar und Karlsbad auf und kehrte schließlich in seine Heimatstadt zur¨uck, wo er Engagements am Raimundtheater, am Jantschtheater und am Theater an der Wien erhielt. G. wirkte vorwiegend als Gesangs-, Charakter- und Lustspielkomiker und feierte seine gr¨oßten Erfolge in den Urauff¨uhrungen der Operetten Fr¨uhlingsluft und Walzertraum. Er war mit Marie → G. verheiratet. C Kosch: Theater Guttmann, Bernhard, Historiker, Publizist, Schriftsteller, * 24. 7. 1869 Breslau, † 21. 1. 1959 Buchenbach / Schwarzwald. Nach dem Studium der Geschichte wurde G. 1895 Redakteur der „Frankfurter Zeitung“ und war bis 1930 als Leiter des Auslandsressorts, als Korrespondent in Konstan-

tinopel und London und zuletzt als Leiter des Berliner B¨uros t¨atig. W¨ahrend des „Dritten Reiches“ lebte er wegen seiner j¨udischen Herkunft zur¨uckgezogen in Buchenbach / Schwarzwald. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er mit Robert → Haerdter und Benno → Reifenberg Gr¨undungsherausgeber der Zeitschrift „Die Gegenwart“, die bis 1958 erschien. Zentrales Thema seiner Publikationen sind die politischen und moralischen Grundlagen des Liberalismus. G. ver¨offentlichte u. a. England im Zeitalter der b¨urgerlichen Reform (1923), Die neue Majest¨at. Roman aus Preußens Anfang (1930) und Schattenriß einer Generation. 1888-1919 (1950). Zeitungsbeitr¨age von ihm erschienen 1955 in Das alte Ohr. C Killy

Guttmann, Jakob, Bildhauer, Graveur, * 1811 Arad, † 28. 4. 1860 Wien. Zum B¨uchsenmacher ausgebildet, arbeitete G. in verschiedenen ungarischen St¨adten und ließ sich 1833 in Wien nieder, wo er sich der Metallschneidekunst widmete. Er erregte die Aufmerksamkeit des F¨ursten → Metternich, mit dessen Unterst¨utzung er 1837-40 an der Wiener Akademie studierte und sich zum Bildhauer ausbilden ließ. F¨ur ein wachsbossiertes Profilportr¨at Kaiser → Josephs II. erhielt G. einen Preis der Akademie und gewann 1844 f¨ur eine Bronzestatuette Salomon → Rothschilds ein Stipendium f¨ur einen Studienaufenthalt in Rom, wo sein Werk Der Blumenspender entstand. Sp¨ater war G. auch in London und Paris t¨atig, verfiel dort 1857 in geistige Umnachtung und starb wenige Jahre sp¨ater in Wien. C Wininger

Guttmann, Jakob, j¨udischer Theologe, Religionsphilosoph, * 22. 4. 1845 Beuthen (Oberschlesien), † 29. 9. 1919 Breslau. G., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1865 an der Univ. Breslau, besuchte dort auch das J¨udisch-Theologische Seminar und wurde 1868 zum Dr. phil. promoviert (De Cartesii Spinozaeque philosophiis et, quae inter eas intercedat, ratione). 1870 erhielt er das Rabbinerdiplom, war seit 1874 Landesrabbiner in Hildesheim und ging 1892 als Rabbiner der Synagogengemeinde nach Breslau. Er war seit 1910 Vorsitzender des Allgemeinen Rabbinerverbandes in Deutschland, ferner Mitbegr¨under und seit 1916 Zweiter Vorsitzender der Gesellschaft zur F¨orderung der Wissenschaft des Judentums. G. war Historiker der mittelalterlichen j¨udischen Philosophie und besch¨aftigte sich vor allem mit der Aufnahme des Maimonides durch christliches Denken. Er ver¨offentlichte u. a. Die Religionsphilosophie des Abraham ibn Daud aus Toledo. Ein Beitrag zur Geschichte der j¨udischen Religionsphilosophie und der Philosophie der Araber (1879), Die Religionsphilosophie des Saadia (1882), Die Philosophie des Salomon ibn Gabirol (Avicebron) (1889), Das Verh¨altnis des Thomas von Aquino zum Judentum und zur j¨udischen Literatur (1891, Neudr. 1980 in Collected Papers of Jakob Guttmann) und Die Scholastik des dreizehnten Jahrhunderts in ihren Beziehungen zum Judenthum und zur j¨udischen Literatur (1902, Neudr. 1970). G. war der Vater von Julius → G. C Lex j¨ud Phil Guttmann, Julius, auch Yitzchak G., j¨udischer Theologe, Religionsphilosoph, * 15. 4. 1880 Hildesheim, † 19. 5. 1950 Jerusalem. Der Sohn Jakob → G.s schloß sein Studium an der Univ. Breslau und dem dortigen J¨udisch-Theologischen Seminar 1903 mit der Promotion zum Dr. phil. (Der Gottesbegriff Kants, 1903) und dem Rabbinerzeugnis (1906) ab, wurde 1906 Prediger in Berlin und habilitierte sich 1910 f¨ur Philosophie (Kants Lehre von den Formen der Anschauung). Anschließend lehrte er Philosophie am J¨udisch-Theologischen Seminar in Breslau, war Privatdozent an der dortigen Univ. und ging nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg an die

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Guttmann Hochschule f¨ur die Wissenschaft des Judentums nach Berlin, wo er 1919-33 als erster hauptamtlicher Dozent j¨udische Religionsphilosophie lehrte. G. war seit 1922 als Nachfolger Eugen → T¨aublers Leiter des Forschungsinstituts der Akademie f¨ur die Wissenschaft des Judentums und 1926-33 einer der verantwortlichen Herausgeber der Akademie-Ausgabe der Gesammelten Schriften Moses → Mendelssohns. Kurz nach Erscheinen seines Hauptwerkes Die Philosophie des Judentums (1933, Neuaufl. 2000), in dem er die Entwicklung der j¨udischen Religionsphilosophie seit der Antike entfaltete, emigrierte G. nach Jerusalem und wurde 1934 Prof. f¨ur Geschichte der j¨udischen Philosophie an der Hebr¨aischen Universit¨at Jerusalem. C Lex j¨ud Phil

Guttmann, Karl, auch Bartov, Regisseur, Schauspieler, * 30. 7. 1913 Bielitz, † 6. 1. 1995. G. durchlief zun¨achst eine Ausbildung als Diplomkaufmann, nahm dann Schauspielunterricht und deb¨utierte 1935 im Sch¨onbrunner Schloßtheater in Wien. 1936 wurde er am Stadttheater Bielitz engagiert. 1938 wegen seiner j¨udischen Herkunft entlassen, emigrierte er 1939 nach Lemberg, 1941 nach Taschkent und 1943 nach Pal¨astina. 1944 wurde er Schauspieler und Mitglied der k¨unstlerischen Leitung des von ihm mitbegr¨undeten Cameri Theater in Tel Aviv. 1950-55 wirkte er als Dramaturg und Regisseur an der Comedie in Den Haag, wo er u. a. → Schillers Don Carlos und eine B¨uhnenbearbeitung des Tagebuchs der Anne Frank inszenierte. 1957-60 hielt er sich als freier Regisseur in Rotterdam auf, leitete 1960-68 das Ensemble AmsterdamEindhoven, war 1968-71 Prof. und Leiter der Schauspielschule Stuttgart und lebte seit 1971 als freier Regisseur und Produzent in den Niederlanden. Im Film Alma Mater (1969) von Rolf → H¨adrich spielte er den Professor Freudenberg. C Exiltheater Guttmann, Leopoldine, geb. Uhl, o¨ sterr. Kunstgewerblerin, * 8. 2. 1856 Graz, † 14. 9. 1939 Wien. G. war 1875-77 Lehrerin an der k. k. Kunststickereischule am k. k. Museum f¨ur Kunst und Industrie und unterrichtete anschließend vier Jahre am Wiener Frauenerwerbverein. Auf einer Studienreise zur Pariser Gobelinmanufaktur lernte sie die orientalischen Techniken der Handweberei und -stickerei kennen und wurde 1901 mit der Errichtung und Leitung eines Spezialateliers f¨ur Kunstweberei sowie Teppich- und Gobelinrestaurierung beauftragt. G. bildete die Technik der ¨ sog. Polenteppiche nach und gr¨undete ein Ubungsatelier, aus dem die k. k. Gobelinmanufaktur in der Hofburg hervorging. Das Spezialatelier wurde 1911 an die 1910 gegr¨undete Zentrallehranstalt f¨ur Frauengewerbe angegliedert. F¨ur ihre Leistungen wurde G. auf Welt- und Gewerbeausstellungen mit ¨ zahlreichen Medaillen ausgezeichnet. C OBL Guttmann, Marie, geb. Zwerenz, Pseud. Mizzi Zwerenz, o¨ sterr. S¨angerin, * 13. 7. 1876 P¨ostien (Ungarn), † 14. / 15. 6. 1947 Wien. Die Tochter des Schauspielers und Theaterdirektors Karl Ludwig Zwerenz erhielt ihre Gesangsausbildung bei der Kammers¨angerin Rosa → Papier-Paumgartner und deb¨utierte in Baden bei Wien als Operettensoubrette. Anschließend trat G. am Friedrich-Wilhelmst¨adtischen Theater in Berlin auf, geh¨orte 1901-20 zum Ensemble des CarlTheaters in Wien und war zuletzt am dortigen Stadttheater sowie am Theater an der Wien engagiert. Zu ihren Hauptrollen z¨ahlten die Adele, das S¨uße M¨adel und Franzi Steingruber. G. war mit Arthur → G. verheiratet. Guttmann, Oskar, Dirigent, Komponist, Musikwissenschaftler, Musikkritiker, * 16. 6. 1885 Brieg, † 8. 9. 1943 New York. G., Sohn eines Gesch¨aftsmannes, studierte 1904-07 zun¨achst Jura in Freiburg / Breisgau und Berlin, 1906-09 Klavier und

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Komposition am Sternschen Konservatorium in Berlin sowie Musikwissenschaft bei Hermann → Kretzschmar an der dortigen Universit¨at. 1910 wurde er bei Hugo → Riemann in Leipzig mit der Arbeit Johann Karl Friedrich Rellstab. Ein Beitrag zur Musikgeschichte Berlins promoviert. Anschließend war G. Kapellmeister in Tilsit, K¨onigsberg und M¨ulhausen. 1914-18 wurde er als Dirigent eines Blasorchesters und eines Symphonieorchesters der Armee eingesetzt. Nach Kriegsende Syndikus, ging G. 1924 nach Breslau, schrieb dort als Musikkritiker f¨ur verschiedene Zeitungen und war bei der „Schlesischen Funkstunde“ f¨ur zeitgen¨ossische Musik zust¨andig. 1929 wurde er Chordirektor der damaligen Berliner Hauptsynagoge an der Oranienburger Straße. 1939 u¨ ber Norwegen in die USA emigriert, wurde er in New York Chordirektor der spanischen und portugiesischen Synagoge. G. komponierte das Oratorium Bereschit (Die Sch¨opfung), das 1937 uraufgef¨uhrt wurde. Zusammen mit Leon M. Kramer gab er die Sammlung Kol She’erith Yisrael. Synagogue melodies as used in the Sephardic Congregation Shearith Israel in the city of New York (1942) heraus. G. war der Vater von Alfred → Goodman.

Guttmann, Paul, Mediziner, * 9. 9. 1834 Ratibor, † 24. 3. 1893 Berlin. Nach dem Medizinstudium an den Universit¨aten Berlin, W¨urzburg und Wien wurde G. 1858 promoviert (De insufficientia valvulae tricuspidalis et casu hujus generis singulari) und praktizierte seit dem folgenden Jahr in Berlin. Seit 1867 wirkte er als Dozent an der dortigen Univ. und wurde 1879 Direktor des St¨adtischen Krankenhauses Moabit. G. ver¨offentlichte zahlreiche wissenschaftlichen Abhandlungen, u. a. ein Lehrbuch der klinischen Untersuchungs-Methoden f¨ur die Brust- und Unterleibs-Organe (1872, 91904), und gab das „Jahrbuch f¨ur den praktischen Arzt“ heraus. ¨ Schlesien C Arzte Guttmann, Wilhelm, Pseud. Hans Roland, S¨anger, * 1. 1. 1886 Berlin, † Februar 1941 Berlin. G. wurde in Berlin zum S¨anger ausgebildet, trat zun¨achst bei Konzerten u. a. in Hamburg, K¨oln und Berlin auf und wandte sich dann der Oper zu. 1920 sang er bei den G¨ottinger H¨andel-Festspielen in der Oper Rodelinda den Garibald. 1922-25 war er an der Berliner Volksoper engagiert, danach bis 1934 an der St¨adtischen Oper Berlin, wo er 1928 an der Urauff¨uhrung von Julius → Bittners Mondnacht teilnahm. Er gab Gastspiele in Zagreb, Belgrad, Hamburg und an verschiedenen Berliner Opern. Zu seinen beliebtesten Rollen geh¨orten der Osmin in → Mozarts Entf¨uhrung aus dem Serail, der van Bett in → Lortzings Zar und Zimmermann und der Graf in Figaros Hochzeit; auch in Oratorien vor allem von → Bach und → H¨andel trat er erfolgreich auf. 1934 entlassen, war er in den folgenden Jahren an den Opern- und Konzertauff¨uhrungen des j¨udischen Kulturbundes in Berlin beteiligt. G. starb w¨ahrend eines Gestapoverh¨ors. C Kutsch

Guttstadt, Albert, Hygieniker, Medizinstatistiker, * 25. 1. 1840 Rastenburg (Ostpreußen), † 3. 5. 1909 Berlin. G. studierte Medizin in Berlin, wurde 1866 promoviert (De signis anatomicis in epidemia cholerae Asiaticae) und ließ sich als Armenarzt nieder. 1870 / 71 nahm er als Arzt am Deutsch-Franz¨osischen Krieg teil und war dann im Pockenlazarett auf dem Tempelhofer Feld in Berlin t¨atig. Seit 1872 im Preußischen Statistischen B¨uro angestellt, wurde G. 1874 Medizinalreferent dieser Beh¨orde, sp¨ater Mitglied dieses Amtes. 1875 habilitierte er sich an der Univ. Berlin f¨ur Hygiene und befaßte sich vorwiegend mit dem Problem des o¨ ffentlichen Gesundheitswesens unter statistischen Gesichtspunkten. G. ver¨offentlichte u. a. ein Krankenhaus-Lexikon f¨ur das K¨onigreich Preussen (2 Bde., 1885), Deutschlands

Gutzmann Gesundheitswesen (2 Bde., 1899 / 1900) und Verbreitung venerischer Krankheiten in Preußen (1901) und war Redakteur verschiedener Fachzeitschriften. C Altpreuß Biogr, Bd 4

Guttzeit, Johannes, Schriftsteller, Prediger, * 9. (6. ?). 8. 1853 K¨onigsberg, † nach 1934. Der Sohn eines Offiziers besuchte seit 1866 Kadettenanstalten in Bensberg, Wahlstatt und Berlin und geh¨orte 1871-79 der preuß. Armee an. Bis 1883 in Italien u. a. als Lehrer und Schriftsteller, dann als Redakteur (u. a. f¨ur das „Berliner Volksblatt“ und den „Vorw¨arts“), freireligi¨oser Prediger, Herausgeber der Zeitschrift „Der Bruder“ (1899) und Vortragsreisender in Deutschland und der Schweiz t¨atig, wurde G. mehrfach angeklagt (u. a. wegen Religionsfrevels und „groben Unfugs“) und inhaftiert. 1908 ließ er sich in Olching bei M¨unchen nieder. Als lebensreformerischer Schriftsteller besch¨aftigte er sich u. a. mit Unsinn und Unmoral in biblischen Geschichten (1882, 21888), Erziehung (Reinmenschliche Kindererziehung, 1888, 31902), Homosexualit¨at (Naturrecht oder Verbrechen?, 1895, 31910) und Abtreibung (Ein dunkler Punkt, 1905, 81922) und legte seine Erfahrungen und ¨ Uberzeugungen in Von der Kirche zur Natur. Ausdruck der Hauptgeistesstr¨omung unseres Zeitalters (1882), ZukunftsMenschlichkeit und Gegenwarts-Philosophistik (1895), Wer ¨ l¨astert Gott? (1896) und Belzebub. Uber Willk¨ur und Rache beim Strafen (1899) dar. Gerhart → Hauptmann thematisierte seine Begegnung mit G. 1889 in Z¨urich vor allem in dem Roman Der Narr in Christo Emanuel Quint (1910). C Altpreuß Biogr, Bd 5 Gutwein, Johann Balthasar, auch Guttwein, Kupferstecher, * 1702 Augsburg, † 4. 1. 1785 W¨urzburg. Nach der k¨unstlerischen Ausbildung durch seinen Vater Johann Caspar → G. lebte G. sieben Jahre in Italien und arbeitete u. a. f¨ur den Verleger Remondini in Venedig. Dort entstanden 1774 vier Bl¨atter nach Jacopo → Amigoni unter dem Titel Die vier Weltteile. G. folgte einem Ruf des F¨urstbischofs Graf → Sch¨onborn als Hof- und Universit¨atskupferstecher nach W¨urzburg, wo er Pl¨ane und Ansichten nach Balthasar → Neumann, ferner Gem¨alde und Bildnisse stach. Neben einer Ansicht der Abteikirche Amorbach (1747) schuf er u. a. Stiche nach Johann → Zicks Deckengem¨alden im Haupttreppensaal und im F¨urstensaal des Bruchsaler Schlosses. C Th-B Gutwein, Johann Caspar, auch Guttwein, Kupferstecher, 2erw¨ahnt 1669-1730. G. war 1669-1730 Kupferstecher in Prag, Br¨unn, Graz, Regensburg und Augsburg, wo er sich 1690 verheiratete. Er lieferte zahlreiche Stiche f¨ur die Kirchengeschichte der ganzen Welt des Jesuiten Cornelius Hazart. Er stach ferner ein Bildnis des Kapuziners Joseph Reich und ein Ecce Homo (1689). Es entstanden vorwiegend religi¨ose Allegorien, Portr¨ats und Illustrationen zu Franz Girys Leben der Heiligen. G. arbeitete auch in der Kupferdruckerei in Einsiedeln. Er war der Vater von Johann Balthasar → G. Gutzeit, (Robert Julius) Kurt, Internist, * 2. 6. 1893 Berlin, † 29. 10. 1957 Bad Wildungen. G., Sohn eines Oberstadtsekret¨ars, begann ein Studium der Naturwissenschaften, wandte sich der Medizin zu, wurde 1920 in Berlin zum Dr. med. promoviert (Ein Beitrag zur Frage der Herzmissbildung an Hand eines Falles von kongenitaler Defektbildung im h¨autigen Ventrikelseptum und von gleichzeitigem Defekt in diesem Septumdefekt anliegenden Klappenzipfel der Valvula Tricuspidalis) und war anschließend bis 1926 an der Medizinischen Klinik in Jena t¨atig, wo ¨ er sich 1923 f¨ur Innere Medizin habilitierte (Uber die Verteilung der Albumine und Globuline im tierischen Organismus). Seit 1929 a. o. Prof. in Breslau, wurde er 1933 a. o. Prof. und Direktor des Rudolf-Virchow-Krankenhauses in Berlin und

kehrte 1934 auf den Lehrstuhl f¨ur Innere Medizin an die Univ. Breslau zur¨uck, den er bis 1945 innehatte. G. wurde 1937 Mitglied der NSDAP, 1942 SS-Hauptsturmf¨uhrer und 1944 Generalarzt. 1939-45 war er beratender Internist des Heeres und f¨uhrte Impfversuche an Konzentrationslagerh¨aftlingen durch. 1945-48 in Internierungshaft, u¨ bernahm er 1949 die Leitung des Sanatoriums Herzogh¨ohe in Bayreuth sowie 1957 den Ausbau der Kurklinik F¨urstenhof in Bad Wildungen. Seit 1954 war G. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Sein wissenschaftliches Interesse galt den Magen- und Darmkrankheiten, Infektionskrankheiten, der Neuralpathologie, R¨ontgendiagnostik und Gastroskopie. G. ver¨offentlichte u. a. Die Gastroskopie. Lehrbuch und Atlas (1937, mit Heinrich Teitge) und war Herausgeber der Zeitschrift „Therapie der Gegenwart“. ¨ Schlesien C Arzte

Gutzkow, Karl (Ferdinand), Pseud. E. L. Bulwer, Leonhard Falk, Schriftsteller, Publizist, * 17. 3. 1811 Berlin, † 16. 12. 1878 Sachsenhausen (heute zu Frankfurt / Main). Der Sohn eines Bereiters am preuß. Hof studierte Theologie und Philosophie an der Univ. Berlin, u. a. bei → Schleiermacher und → Hegel, und gr¨undete 1831 die Zeitschrift „Forum der Journal-Litteratur“. G. wurde von Wolfgang → Menzel, dem Redakteur des „Literaturblatts,“ als Mitarbeiter nach Stuttgart geholt und verfaßte 1832 seinen Roman Briefe eines Narren an eine N¨arrin, der anonym erschien (Neuausg. hrsg. von Herbert Kaiser, 2001). Im Anschluß an eine 1833 zusammen mit Heinrich → Laube unter¨ nommene Reise nach Oberitalien und Osterreich u¨ bersiedelte er nach Leipzig, wo er f¨ur das „Morgenblatt“, die „Allgemeine Zeitung“ und den badischen „Freisinnigen“ arbeitete. Sein 1835 erschienener Roman Wally, die Zweiflerin l¨oste wegen des offenen Diskurses u¨ ber Glaubensfragen durch eine weibliche Figur und einer erotischen Szene einen Skandal aus; G. wurde zu zweieinhalb Monaten Gef¨angnishaft verurteilt. Zudem erging ein Druck- und Schreibverbot f¨ur ihn und das gesamte „Junge Deutschland“ in Preußen sowie innerhalb des Deutschen Bundes. Nach seiner Freilassung lebte G. in Frankfurt / Main, gab die „Frankfurter B¨orsenzeitung“ sowie deren Beiblatt „Frankfurter Telegraph“ heraus und u¨ bersiedelte 1837 nach Hamburg, wo er bis 1842 Redakteur des von Julius → Campe verlegten „Telegraph f¨ur Deutschland“ war. In den folgenden Jahren war er mit St¨ucken wie dem K¨unstlerdrama Richard Savage, Sohn einer Mutter (1839) und dem Lustspiel Zopf und Schwert als Dramatiker erfolgreich. 1847-50 war er Dramaturg am Dresdner Hoftheater. 1849-51 erschien sein Zeitroman Die Ritter vom Geiste (9 Bde.). 1852 ver¨offentlichte er seine Erinnerungen Aus der Knabenzeit. Im selben Jahr gr¨undete G., der einer der f¨uhrenden Kritiker seiner Zeit geworden war, die Wochenschrift „Unterhaltungen am h¨auslichen Herd“, die sich an Charles Dickens’ „Household Words“ orientierten und die er bis 1862 herausgab. 1861-64 war er Generalsekret¨ar der Schillerstiftung in Weimar, verbrachte dann infolge eines Nervenzusammenbruchs ein Jahr in einer Heilanstalt und lebte zuletzt vereinsamt in Frankfurt / Main. C Killy Gutzmann, Hermann (Carl Albert), Hals-Nasen-OhrenArzt, * 29. 1. 1865 B¨utow (Pommern), † 4. 11. 1922 BerlinLichterfelde. Der Sohn des Direktors der Berliner Taubstummenschule, Albert G., wurde in seiner beruflichen Entwicklung entscheidend durch den Beruf des Vaters gepr¨agt; er studierte Medizin an der Univ. Berlin, wo er 1887 mit einer Dis¨ sertation Uber das Stottern promoviert wurde, und arbeitete anschließend als praktischer Arzt. G. untersuchte systematisch alle Sprachst¨orungen, verfaßte 1894 eine grundlegende Monographie u¨ ber Des Kindes Sprache und Sprachfehler und wandte sich in zahlreichen weiteren Arbeiten der

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Gutzmer Geschichte der Sprachheilkunde, Psychologie und Behandlung von Sprachst¨orungen sowie experimentell-phonetischen Forschungen zu. 1891 errichtete G. eine Heilanstalt f¨ur Sprachgest¨orte und ein Ambulatorium f¨ur Sprach- und Stimmst¨orungen in Berlin, das er nach seiner Habilitation f¨ur Sprach- und Stimmheilkunde (1905) in die Medizinische Poliklinik verlegte (1907) und 1912 der von Gustav → Killian geleiteten Hals- und Nasenklinik der Charit´e angliederte. G., der die „Medizinisch-p¨adagogische Monatsschrift f¨ur die gesamte Sprachheilkunde“ gr¨undete, wurde 1909 a. o. Professor. C NDB

Gutzmer, (Carl Friedrich) August, Mathematiker, * 2. 2. 1860 Neu-Rodahn bei Neustadt / Dosse (Brandenburg), † 10. 5. 1924 Halle / Saale. G., Sohn eines M¨obelfabrikanten, studierte Mathematik an den Universit¨aten Berlin und Halle, wurde 1893 mit der ¨ Dissertation Uber gewisse partielle Differentialgleichungen h¨oherer Ordnung promoviert und war Emil → Lampes Assistent an der TH Berlin, bevor er sich 1896 in Halle mit der Arbeit Zur Theorie der adjungirten Differentialgleichungen habilitierte. 1899 wurde er a. o., 1900 o. Prof. in Jena, 1905 in Halle. G. wurde 1900 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt und geh¨orte seit 1894 der Deutschen Mathematiker-Vereinigung an, deren Jahresbericht er von 1901 bis zu seinem Tod herausgab, und bem¨uhte sich um die F¨orderung des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts an den h¨oheren Schulen. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Geschichte der deutschen Mathematiker-Vereinigung. Von ihrer Begr¨undung bis zur Gegenwart (1904) und Reformvorschl¨age f¨ur den mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht (1905). C NDB

Gutzschbach, Richard, eigentl. R. Gutzschebauch, S¨anger, * 1840 (?) Groß-Storkwitz bei Pegau (Sachsen), † 4. 11. 1921 Dresden. Nach dem Studium der Philologie war G. Lehrer an der H¨oheren B¨urgerschule in Chemnitz und ließ dann seine Baritonstimme bei Gustav Scharfe am Konservatorium in Dresden ausbilden. Seit 1866 geh¨orte er zum Ensemble der Kgl. Hofoper in Dresden, wo er fast vierzig Jahre lang auftrat. Als bedeutender → Wagner-Interpret sang G. u. a. den Kothner in den Meistersingern, den Biterolf im Tannh¨auser und den Donner im Rheingold. Er war auch als Konzertsolist t¨atig. C Kutsch

Gutzwiller, Adolf, schweizer. Unternehmer, * 21. 2. 1882 Therwil (Kt. Basel-Landschaft), † 20. 1. 1955 Z¨urich. Der aus einer b¨auerlich-kleinb¨urgerlichen Familie stammende G., Sohn eines Oberrichters, studierte nach einj¨ahriger T¨atigkeit bei einem kantonalen Vermessungsamt 1901-06 Bauingenieurwesen an der ETH Z¨urich und wurde 1915 mit der Arbeit Stationsdeckungs- und Blocksignale. Ein Beitrag zur Sicherung des Eisenbahnbetriebes promoviert. Nach ersten beruflichen Erfahrungen bei einer Maschinenbaufirma in Pratteln, f¨ur die er u. a. die Bauleitung bei Bahn-Bauprojekten u¨ bernahm, war er seit 1909 als Kontrollingenieur der Gotthard-Bahn t¨atig. 1917 wechselte G. als Betriebsleiter zur Schweizerischen Stellwerkfabrik Wallisellen, wandelte diese 1919 in die Signum AG um und errichtete eine landeseigene Produktionsorganisation von Sicherungsanlagen. Das endg¨ultige Ziel einer von allen ausl¨andischen Beteiligungen unabh¨angigen Spezialindustrie wurde erst 1955 erreicht. Wichtigste Abnehmer f¨ur die Sicherungsanlagen waren die staatliche Schweizer Bahn (SBB) sowie gr¨oßere und kleinere schweizer. Privatbahnen; Lizenzen f¨ur die Herstellung von Eisenbahnsicherungsanlagen nach schweizer. Entw¨urfen wurden auch ins Ausland vergeben. C HLS

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Gutzwiller, Max (Carl Joseph), schweizer. Jurist, * 1. 10. 1889 Basel, † 6. 2. 1989 Murten (Kt. Freiburg). Der Sohn eines Bankiers studierte Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Basel, Freiburg (Schweiz), Berlin und Bonn, arbeitete seit 1918 im Rechtsb¨uro der Eidgen¨ossischen Abteilung f¨ur Ausw¨artiges in Bern und ging anschließend als Gesandtschaftsattach´e nach Berlin. 1921 nach Bern zur¨uckversetzt, wurde er im selben Jahr a. o. Prof. des r¨omischen und deutschen b¨urgerlichen Privatrechts an der Univ. Freiburg (Schweiz), 1924 o. Prof., ging 1926 in gleicher Stellung an die Univ. Heidelberg und kehrte 1937 nach Freiburg (Schweiz) zur¨uck. Er lehrte bis 1956 als o. Prof., danach bis 1958 als Honorarprofessor an der dortigen Universit¨at. G. vertrat 1951 und 1956 die Schweiz auf der Haager Konferenz f¨ur internationales Privatrecht, wurde 1954 Mitglied des Instituts f¨ur internationales Recht und war Pr¨asident der International Law Association London (1952-54) und der Schweizer Vereinigung f¨ur internationales Recht (1962-65). Er gab 1949-70 die „Zeitschrift f¨ur schweizerisches Recht“ heraus und ver¨offentlichte u. a. Die Gestaltung unseres Unterrichts im r¨omischen Rechte (1922) und Geschichte des Internationalprivatrechts (1977). Seine Erinnerungen erschienen 1978 unter dem Titel Siebzig Jahre Jurisprudenz (21989). C HLS Gutzwiller, Stephan, schweizer. Jurist, Staatsmann, * 11. 11. 1802 Therwil, † 25. 8. 1875 Interlaken. Der einer urspr¨unglich im Elsaß ans¨assigen Familie entstammende G. lebte als Rechtsanwalt und Notar in Basel, wo er Mitglied des Großen Rats war. Er geh¨orte der Reformpartei an und war nach der Julirevolution Anf¨uhrer einer politischen Bewegung, die f¨ur die Unabh¨angigkeit der Landschaft von der Stadt Basel eintrat. G. trat an die Spitze der von den Gemeinden gew¨ahlten provisorischen Regierung, mußte jedoch 1831 fliehen. Erst 1832 konnte er von dem ersten Landrat zum Pr¨asidenten, dann zum Regierungspr¨asidenten und schließlich zum Tagsatzungsgesandten gew¨ahlt werden. Nach der endg¨ultigen Trennung 1833 verzichtete ¨ G. auf seine Amter, da er nicht mit der v¨olligen Demokratisierung einverstanden war. 1834-38 war er Pr¨asident des Erziehungsrats, ferner Mitglied des Obergerichts, 1848-54 St¨anderat und 1854-72 Nationalrat. Guyer, Lux (Luise), verh. Studer, schweizer. Architektin, * 20. 8. 1894 Z¨urich, † 26. 5. 1955 Z¨urich. G., Tochter eines Lehrers, besuchte 1916 / 17 die Kunstgewerbeschule Z¨urich und studierte dann Architektur und St¨adtebau an der dortigen ETH; Studienreisen f¨uhrten sie auch nach Paris und London. Seit 1924 war sie als selbst¨andige Architektin in Z¨urich t¨atig. G. schuf speziell auf die Bed¨urfnisse weiblicher Bewohner zugeschnittene Raumausstattungen und Wohnungen, darunter erstmals Einzimmerwohnungen f¨ur alleinstehende Frauen. Zu ihren weiteren Werken geh¨oren das Studentinnenheim in Z¨urichFlundern (1927 / 28) und das Coop-Ferienheim in Weggis (1927 / 28). C HLS

Guyer, (Heinrich Johann) Samuel, schweizer. Kunsthistoriker, * 31. 5. 1879 Marseille, † 26. 8. 1950 Bern. Der Pfarrerssohn wuchs in S¨udfrankreich auf und studierte Theologie an den Universit¨aten Basel, Berlin und Z¨urich. Nach kurzer seelsorgerischer T¨atigkeit wandte sich G. der Kunstgeschichte zu, wurde 1906 in diesem Fach promoviert (Die christlichen Denkm¨aler des 1. Jahrtausends in der Schweiz) und besch¨aftigte sich vor allem mit der fr¨uhchristlichen Architektur Kleinasiens und Nordmesopotamiens. Er unternahm Reisen in diese Gebiete, deren Untersuchungsergebnisse er in zahlreichen Abhandlungen ver¨offentlichte, u. a. in dem Reisebericht Meine Tigrisfahrt (1923). Nach dem Ersten Weltkrieg lebte G. in Florenz, M¨unchen und zuletzt in der Schweiz. C NDB

Gwinner Guyer-Zeller, Adolf (Heinrich), schweizer. Industrieller, Politiker, * 1. 5. 1839 Neuthal bei B¨aretswil (Kt. Z¨urich), † 3. 4. 1899 Z¨urich. Im Anschluß an sein Studium am Eidgen¨ossischen Polytechnikum in Z¨urich und an der Genfer Akademie arbeitete G.-Z., dessen Vater eine der a¨ ltesten Baumwollspinnereien der Schweiz betrieb, seit 1863 im v¨aterlichen Textilunternehmen. Sp¨ater gr¨undete er in Z¨urich ein Textilexportgesch¨aft f¨ur den Orient, Indien und Ostasien. Seit den achtziger Jahren galt sein Interesse dem Eisenbahnwesen. G.-Z. wurde Rechnungsrevisor der Schweizer Nordostbahn, 1894 deren Verwaltungsratspr¨asident, erhielt im selben Jahr eine Konzession f¨ur den Bau einer Bergbahn auf die Jungfrau und gr¨undete zu deren Finanzierung die Bank Guyer-Zeller in Z¨urich. Erst nach seinem Tod 1912 erfolgte die Einweihung der h¨ochsten Bergbahn Europas auf das Jungfraujoch. G.-Z. war 1869-72 und 1875-88 Kantonsrat von Z¨urich. C NDB Guyet, Karl Julius, Jurist, * 11. 3. 1802 Homburg v. d. H., † 8. 4. 1861 Jena. Der Sohn eines franz¨osischen Hauptmanns studierte seit 1818 Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Heidelberg und Berlin, wurde 1823 zum Dr. jur. promoviert und habilitierte sich im selben Jahr in Heidelberg, wo er seit 1827 a. o. Prof. war. 1836 folgte er einem Ruf als o. Prof. und Oberappellationsgerichtsrat nach Jena und wurde 1843 Geheimer Justizrat, 1856 Ordinarius der Juristenfakult¨at und des Sch¨offenstuhls. G. ver¨offentlichte u. a. Abhandlungen aus dem Gebiete des Zivilrechts (1829). Gwalther, Rudolf, eigentl. R. Walther, latinisiert Gualtherus Tigurinus, schweizer. reformierter Theologe, Dichter, ¨ Ubersetzer, * 2. 10. 1519 Z¨urich, † 25. 12. 1586 Z¨urich. Der Sohn eines Zimmermanns kam 1528 als Waise in die Klosterschule von Kappel, deren Vorsteher Heinrich → Bullinger ihn sp¨ater in Z¨urich in seine Familie aufnahm. Nach einem Aufenthalt in England 1537 begann G. im folgenden Jahr das Studium der Artes und der Theologie, das er bis 1541 an den Universit¨aten Basel, Straßburg, Lausanne und Marburg absolvierte, und nahm 1541 im Gefolge des Landgrafen → Philipp von Hessen am Religionsgespr¨ach in Regensburg teil. Anschließend war G. Pfarrer in Schwamendingen und Katechist am Z¨urcher Großm¨unster und trat, seit 1541 mit einer Tochter → Zwinglis verheiratet, 1542 die Nachfolge Leo → Juds als Pfarrer an St. Peter an. Seit 1547 Dekan des Z¨urichseekapitels, u¨ bersetzte G. f¨ur die erste Gesamtausgabe der Werke Zwinglis (1547) dessen Schriften ins Lateinische. 1575-84 stand er als Nachfolger Bullingers am Großm¨unster der Z¨urcher Kirche vor. Bereits 1546 waren seine f¨unf Homilien gegen den Papst unter dem Titel Endchrist erschienen. Seine Comoedia sacra Nabal (1549) in jambischen Senaren z¨ahlt zu den herausragenden biblischen Dramen des 16. Jahrhunderts. C Killy

Gwerder, Alexander Xaver, schweizer. Maler, Schriftsteller, * 11. 3. 1923 Thalwil bei Z¨urich, † 14. 9. 1952 Arles (Provence). Der Arbeitersohn machte 1938-42 in Z¨urich eine Lehre als Buchdrucker und arbeitete dort nach dem Besuch der Rekrutenschule 1947-52 als Offsetkopist. G., der lange Zeit → Hitler verehrte, begann mit 16 Jahren Gedichte zu schreiben. Autodidaktisch geschult an Rainer Maria → Rilke, Georg → Trakl und Arthur Rimbaud, ver¨offentlichte G., gef¨ordert von Erwin → J¨ackle und Karl → Krolow, seit 1949 erste Texte, u. a. in der Z¨urcher Zeitung „Die Tat“. 1951 erschien sein Lyrikband Blauer Eisenhut (Nachdr. 1972). G. beging Selbstmord. Seine Prosatexte, in denen er seine gesellschaftskritische Haltung deutlicher als in der Lyrik zum Ausdruck brachte, wurden postum 1957 unter dem Titel

M¨oglich, daß es gewittern wird ver¨offentlicht. Gesammelte Werke und Ausgew¨ahlte Briefe G.s wurden 1998 von Roger Perret in drei B¨anden herausgegeben. C HLS

Gwinner, Arthur (Philipp Friedrich Wilhelm) von, Bankier, * 6. 4. 1856 Frankfurt / Main, † 29. 12. 1931 Berlin. Nach einer Banklehre in Frankfurt / Main war G., Enkel von Philipp Friedrich → G. und Sohn eines Stadtgerichtsrats, einige Jahre bei einer Privatbank in London, 1880-86 in Madrid t¨atig, zuletzt als Leiter einer Bank und Wahlkonsul des Deutschen Reiches. 1888 u¨ bernahm er das Bankhaus Riess & Itzinger in Berlin, das er unter dem Namen Arthur Gwinner & Co. weiterf¨uhrte. G. liquidierte 1894 sein Gesch¨aft und trat in den Vorstand der Deutschen Bank ein. Als Nachfolger Georg von → Siemens’ im Amt des Pr¨asidenten der Anatolischen Eisenbahn in Konstantinopel widmete er sich insbesondere der Ausf¨uhrung und Finanzierung des Eisenbahnbaus auf dem Gebiet des Osmanischen Reiches. Nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand der Deutschen Bank 1919 war G. bis zu seinem Tod stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats. 1910 wurde er Mitglied des preuß. Herrenhauses. G. hatte großen Anteil an der Entwicklung der deutschen Industrie und ihres Auslandsgesch¨aftes (u. a. der Elektroindustrie) sowie an der wirtschaftlichen Erschließung zahlreicher L¨ander. Er galt als einer der bedeutendsten Bankiers seiner Zeit. C NDB

Gwinner, Philipp Friedrich, Jurist, Politiker, Kunsthistoriker, * 11. 1. 1796 Gutleuthof bei Frankfurt / Main, † 11. 12. 1868 Frankfurt / Main (?). G., Vetter von Wilhelm Heinrich von → G., studierte Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Berlin, Gießen und Jena, war nach seiner Teilnahme am Wartburgfest 1817 Mitbegr¨under der Deutschen Burschenschaft und wurde 1818 in Gießen zum Dr. jur. promoviert. Seit 1819 Rechtsanwalt in Frankfurt / Main, wurde er 1823 Kriminalrat, 1826 Mitglied der gesetzgebenden Versammlung. G. geh¨orte seit 1831 der st¨andigen B¨urgerrepr¨asentation an, wurde 1835 Senator und war 1862 Syndikus und 1865 a¨ lterer B¨urgermeister. 1836 wurde er Senator beim Stadtgericht, 1854 Sch¨offe des Appellationsgerichts, 1862 Syndikus. G. trat auch als Kunstkritiker und Kunsthistoriker hervor und vero¨ ffentlichte u. a. Kunst und K¨unstler in Frankfurt am Main vom 13. Jahrhundert bis zur Er¨offnung des St¨adelschen Institutes (1862). Er war der Großvater von Arthur von → G. C Frankf Biogr

Gwinner, Wilhelm Heinrich von, Forstwissenschaftler,

¨ * 13. 10. 1801 Otisheim bei Maulbronn, † 18. 1. 1866 Bistritz (B¨ohmen). G., Sohn eines Ortsvorstehers und Vetter von Philipp Friedrich → G., studierte 1819 / 20 Kameral- und Forstwissenschaften in T¨ubingen. 1821-26 war er Assistent beim Forstamt Bebenhausen, danach Lehrbeauftragter und 1829-41 Prof. der Forstwissenschaft an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Hohenheim. 1832 wurde er an der Univ. Freiburg / Breisgau zum Dr. phil. promoviert. Seit 1839 verwaltete er als Oberf¨orster das neugebildete Lehrrevier Hohenheim und trat 1841 in den w¨urttembergischen Staatsdienst ein. Zun¨achst Kreisforstrat in Ellwangen, wurde er 1849 mit der Neuorganisation des Staatsforstdienstes beauftragt und 1850 als Forstrat in die Oberfinanzkammer in Stuttgart berufen. 1858 trat G. in die Dienste des F¨ursten von Sigmaringen, der ihn unter Ernennung zum Geheimen Finanzrat, Dom¨anendirektor und Generalbevollm¨achtigten zum Verwalter seiner Herrschaften in B¨ohmen machte, wo er an Typhus starb. G. verfaßte zahlreiche forstwissenschaftliche Werke, u. a. Der Waldbau in kurzen Umrissen f¨ur Forstleute, Waldbesitzer und Ortsvorsteher (1834, 41858), und war Her-

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Gygax ausgeber einiger Fachzeitschriften, darunter der „Forstlichen Mitteilungen“ (1836-47) und der „Monatsschrift f¨ur das w¨urttembergische Forstwesen“ (1850-56). 1856 erschien seine Gallerie w¨urttembergischer Forstleute von 1700 bis 1850. C Raberg

Gygax, Fritz, schweizer. Geograph, Physiker, * 12. 1. 1908 Herzogenbuchsee (Kt. Bern), † 25. 3. 1987 Burgdorf (Kt. Bern). G. studierte u. a. Geographie, Physik, Mathematik und Astronomie an der Univ. Bern und wurde 1934 mit der Arbeit Beitrag zur Morphologie der Valle Verzasca promoviert. 1945 habilitierte er sich mit der Abhandlung Niederschlag und Abfluß im Einzugsgebiet der Magliasina und legte damit den Grundstein zu einer Hydrologie, bei der die quantitative Erfassung des Wasserhaushaltes von Einzugsgebieten im Mittelpunkt steht. Von 1949 bis zu seiner Emeritierung 1978 war G. o. Prof. der Geographie an der Univ. Bern. Er vero¨ ffentlichte u. a. Das topographische Relief in der Schweiz (1937) und Der Bielersee (1973). Gymnich, Johann I., Drucker, * um 1480 wahrscheinlich Essen, † 1544 K¨oln. G., Sohn eines Buchdruckers und Verlegers, studierte als Sch¨uler der Humanisten Alexander → Hegius und Johannes → Murmellius in M¨unster und ließ sich anschließend als Buchdrucker und Verleger K¨oln nieder. Seit 1520 war G. Besitzer einer eigenen Druckerei, vergab jedoch weiterhin Auftr¨age an andere Drucker, so in K¨oln an Melchior von Neuß und in Antwerpen an Johann Crinitus. G.s Verlag, der im Haus „Zum Einhorn“ untergebracht war, gab vorwiegend theologische Werke und Klassiker heraus sowie einige Schriften des → Erasmus von Rotterdam. Nach seinem Tod wurde das Unternehmen, dem auch eine Filiale in Antwerpen angegliedert war, noch ein Jahr gemeinsam von seinen Erben weitergef¨uhrt. C NDB

Gymnich, Johann III., Drucker, * um 1540 K¨oln, † 21. 1. 1596 K¨oln. Der Enkel von Johann I. → G. wandte sich 1556 ebenfalls dem Beruf eines Druckers zu und arbeitete zun¨achst mit seinem Stiefvater Walter Fabritius zusammen, der das Unternehmen jedoch 1572 ganz seinem Stiefsohn u¨ bergab. Zwischen 1573 und 1596 druckte G. u¨ ber zweihundert Werke, darunter Arbeiten des Alchemisten Leonhard → Thurneisser zum Thurn, und schloß 1594 und 1595 einen Gesellschaftsvertrag mit den Erben des Frankfurter Buchdruckers Andreas → Wechel. Nach seinem Tod f¨uhrte seine Witwe die Firma bis 1597 fort, bis sie sich mit dem Faktor des Unternehmens verheiratete. C NDB

Gymnich, Johann IV., Drucker, * um 1570 K¨oln, † 1634 K¨oln. Der Sohn von Johann III. → G. besaß zun¨achst eine eigene Druckerei in Frankfurt und gr¨undete nach der Wiederverheiratung seiner Mutter 1597 und der Kl¨arung der Verm¨ogensverh¨altnisse in seiner Heimatstadt ein Verlagsunternehmen im Haus „Zum B¨aren an der hohen Schmiede“, das 1614 den Namen „Zum Einhorn“ erhielt. G. schloß sich bald der Goldschmiedezunft an, wurde Mitglied der Achatiusbruderschaft und wurde 1613 sowie 1634 in den Rat der Stadt gew¨ahlt. Er hatte eine Filiale in M¨unster, arbeitete in K¨oln mit seinem Schwager Johann → Kinckius und seinem Stiefvater Anton → Hierat zusammen und besch¨aftigte zahlreiche nahmhafte K¨olner Kupferstecher, darunter Abraham Hogenberg. In seinem Unternehmen gab G. u¨ ber hundert Verlagswerke heraus. C NDB

Gy¨orgy, Paul, P¨adiater, * 7. 4. 1893 Großwardein (Siebenb¨urgen), † 29. 2. 1976 Morristown (New Jersey, USA). G., Sohn eines Arztes, studierte Medizin in Berlin, M¨unchen und Budapest, wo er 1915 promoviert wurde. Nach der Teil-

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nahme am Ersten Weltkrieg als Truppenarzt seit 1918 Assistent am Kinderkrankenhaus in Budapest, wurde er 1920 Assistent von Ernst → Moro an der Universit¨ats-Kinderklinik in Heidelberg. 1923 habilitierte er sich dort mit der Arbeit ¨ Uber Rachitis und Tetanie und wurde 1927 zum a. o. Prof. ernannt. Zusammen mit Richard → Kuhn u. a. arbeitete er seit 1927 an der Isolierung von Riboflavin. 1933 emigrierte G. nach Großbritannien, wo er bei Forschungen am Physiological and Nutritional Laboratory in Cambridge das Vitamin B6 entdeckte. 1935 ging er in die USA und wurde Assistant Professor, 1937 Associate Professor an der Western Reserve University in Cleveland (Ohio). 1944-60 wirkte G. an der University of Pennsylvania (Philadelphia), seit 1946 als Prof. f¨ur Kinderheilkunde und 1950-57 als Leiter der Kinderheilkunde am Universit¨atskrankenhaus; 1957-63 war er in gleicher Funktion am Philadelphia General Hospital t¨atig. G. besch¨aftigte sich auch mit Eiweißern¨ahrung bei Kleinkindern und der Muttermilch, deren besonderen Wert f¨ur die Kinderern¨ahrung er herausstellte. Zur Verbesserung der Ern¨ahrung von Kindern in den Entwicklungsl¨andern gr¨undete er in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation / UNICEF die Protein Advisory Group, deren Pr¨asident er 1960-64 war. G. ver¨offentlichte u. a. Die Behandlung und Verh¨utung der Rachitis und Tetanie nebst Bemerkungen zu ihrer Pathogenese (1929) und gab Malnutrition is a problem of ecology (mit Oral Lee Kline, 1969) heraus. C Seidler

Gyptner, Richard, Diplomat, * 3. 4. 1901 Hamburg, † 2. 12. 1972 Berlin. G. durchlief 1916-18 eine kaufm¨annische Lehre, schloß sich der „Proletarischen Jugend“ und der USPD an und geh¨orte 1918 / 19 zu den Begr¨undern der KPD, vor allem des Kommunistischen Jugendverbandes in Hamburg. Nach kurzer T¨atigkeit als Schiffsbauhelfer war er hauptamtlicher Funktion¨ar des Kommunistischen Jugendverbandes, 1920-22 deren erster Vorsitzender und anschließend bis 1928 Mitglied bzw. Sekret¨ar des Exekutivkomitees der Kommunistischen Jugendinternationale. Seit 1929 wirkte G. in der internationalen Arbeiterbewegung und emigrierte nach der Macht¨ubernahme der Nationalsozialisten zun¨achst nach Skandinavien und Frankreich, 1935 in die Sowjetunion. 1945 kehrte er mit der Gruppe → Ulbricht nach Deutschland zur¨uck, war Sekret¨ar des Parteivorstandes der KPD, sp¨ater der SED und 1953-55 im Ministerium f¨ur Ausw¨artige Angelegenheiten t¨atig. 1955 ging G. als Botschafter der DDR nach Peking, vertrat sein Land seit 1958 im Nahen Osten und war 1961-63 Botschafter in Polen. C DDR

Gyr, Karl Heinrich, schweizer. Industrieller, * 17. 4. 1879 Z¨urich, † 3. 11. 1946 Zug. Nach dem Studium der Chemie an der ETH Z¨urich und der Univ. Dresden unternahm G. eine Studienreise in die USA und arbeitete dann in der chemischen Industrie in Großbritannien. In die Schweiz zur¨uckgekehrt, wurde er Teilhaber einer Z¨ahlerfabrik in Zug, die 1914 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, deren Pr¨asidium er seit 1922 innehatte. In den folgenden Jahren entwickelte G. die Landis & Gyr AG zu einem international anerkannten Unternehmen, baute eine weltweite Vertreterorganisation auf und gr¨undete Fabrikationsgesellschaften in Deutschland, Frankreich und England. 1929 wurde G. Vorstand des Vereins schweizerischer Maschinenindustrieller und war Mitbegr¨under des Arbeitgeberverbandes des Kantons Zug.

Gyrowetz, Adalbert Mathias, auch J´ırovec, Vojtˇech Maty´asˇ, o¨ sterr. Komponist, Dirigent, * 19. 2. 1763 Budweis, † 19. (oder 20.) 3. 1850 Wien. Das Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Prag brach G., Sohn eines Schulmeisters und Chorregenten, vorzeitig ab, um als Sekret¨ar und Musiker in die Dienste des

Gysler Grafen Franz von F¨unfkirchen in Wien zu treten. Dort lernte er u. a. → Mozart und → Haydn kennen und trat mit einigen Symphonien als Komponist hervor. In Diensten des F¨ursten Ruspoli setzte er seine musikalische Ausbildung bei Nicola Sala und Giovanni Paisiello in Neapel fort. 1789 ging G. u¨ ber Mailand und Paris nach London, wo er seit 1791 f¨ur die Salomon Concerts und The Pantheon Theatre als Komponist t¨atig war. 1792 kehrte er u¨ ber Br¨ussel nach Paris zur¨uck, kam 1793 nach Wien und trat als Legationssekret¨ar in den o¨ sterr. Staatsdienst ein. 1804-31 war er Hofkapellmeister und Dirigent der Wiener Hofoper und veranstaltete bis 1844 zahlreiche Konzerte. Neben seinen dreißig Opern, darunter Agnes Sorel (1806) und Robert oder die Pr¨ufung (1813), komponierte G. vorwiegend Symphonien und Streichquartette, die den Einfluß Joseph → Haydns widerspiegeln. C MGG

Gysae, Otto, Schriftsteller, Redakteur, * 19. 4. 1877 Serkowitz bei Dresden, † 8. 8. 1947 Riedering (Oberbayern). G. studierte Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Leipzig und M¨unchen, wurde 1897 Marineoffizier, wandte sich dann einer literarischen T¨atigkeit zu und lebte als freier Schriftsteller in Berlin. Dort leitete er 1920-23 das Feuilleton der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ und war 1923-30 Gesch¨aftsf¨uhrer des Volksverbandes der B¨ucherfreunde. 1933 ließ sich G. in Riedering (Oberbayern) nieder. Nach Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft ver¨offentlichte er nichts mehr. Zu seinen Werken z¨ahlen der Roman Die silberne T¨anzerin (1908) und das Drama H¨ohere Menschen (1910), das in K¨oln und M¨unchen aufgef¨uhrt wurde. 1930 erschien sein letzter Roman unter dem Titel Die Bilanz der Terborgs. C DLL Gysi, Alfred, schweizer. Zahnarzt, * 31. 8. 1865 Aarau, † 9. 11. 1957 Z¨urich. G., Sohn eines Reiszeugfabrikanten und Photographen, stu´ dierte seit 1883 an der Ecole Dentaire in Genf, seit 1885 am Pennsylvania College of Dental Surgery in Philadelphia und wurde 1887 promoviert. Im selben Jahr nach Z¨urich zur¨uckgekehrt, erwarb er 1889 das eidgen¨ossische Dipolom f¨ur Zahnheilkunde und begr¨undete mit anderen 1895 das Zahn¨arztliche Institut der Univ. Z¨urich. 1906 wurde er zum Prof. f¨ur Zahnheilkunde in Z¨urich ernannt. G. arbeitete auf den Gebieten der Artikulation, Okklusion und Unterkieferbewegungen und entwickelte durch Simulation der Kaubewegungen den ersten Artikulator und Gesichtsbogen, der die Konstruktion individuell angepaßter und zum Kauen geeigneter Prothesenz¨ahne erm¨oglichte. Er ver¨offentlichte u. a. Neuere Gesichtspunkte im Artikulationsproblem (1912), Practical conclusions from scientific research in denture construction (1929), Zahnersatzkunde (1929) und Das Aufstellen der Z¨ahne f¨ur Vollprothesen (1948). C HLS Gysi, Fritz, schweizer. Musikwissenschaftler, Musikkritiker, * 18. 2. 1888 Zofingen (Kt. Aargau), † 5. 3. 1967 Z¨urich. G. studierte Kunst, Literatur und Musikwissenschaft an den Universit¨aten Z¨urich, Bern und Berlin, besuchte daneben das Basler Konservatorium und wurde 1913 mit der Dissertation Zur Entwicklung der kirchlichen Architektur in der deutschen Schweiz im 17. und 18. Jahrhundert zum Dr. phil. promoviert. 1921 habilitierte er sich mit der Arbeit Mozart in seinen Briefen (3 Bde., 1919-21) an der Univ. Z¨urich f¨ur Musikgeschichte, wurde 1931 zum Titularprofessor ernannt und wirkte als Dozent an der Volkshochschule und an der Musikakademie in Z¨urich. G. war erster Musikreferent beim dortigen „Tages-Anzeiger“ (seit 1928) und musikalischer Mitarbeiter der Basler „National-Zeitung“. C MGG

Gysi, Klaus, Politiker, Diplomat, Verleger, * 3. 3. 1912 Berlin, † 6. 3. 1999 Berlin. G., Sohn eines Arztes, schloß sich 1928 dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands an und trat 1931 in die KPD ein. 1931-35 studierte er Volkswirtschaft an den Universit¨aten Frankfurt / Main, Berlin, Innsbruck und Paris. 1939 / 40 in einem franz¨osischen Lager interniert, arbeitete er danach illegal f¨ur die KPD in Deutschland. 1945 wurde er B¨urgermeister in Berlin-Zehlendorf, u¨ bernahm wenig sp¨ater als Chefredakteur die Leitung der kulturpolitischen Zeitschrift „Aufbau“ und wechselte 1948 als Sekret¨ar in die Leitung des „Kulturbundes f¨ur die demokratische Erneuerung Deutschlands“, dessen Pr¨asidium er 1957-77 angeh¨orte. 1949-54 und 1967-90 war er Mitglied der Provisorischen Volkskammer bzw. der Volkskammer der DDR, 1952-57 Abteilungsleiter im Verlag „Volk und Wissen“ und leitete 1957-66 den Aufbau-Verlag in Berlin. 1959-66 stand er dem B¨orsenverein der Deutschen Buchh¨andler zu Leipzig vor. 1966-73 war G. Minister f¨ur Kultur, 1973-78 erster DDR-Botschafter in Rom und 1979 Generalsekret¨ar des DDR-Komitees f¨ur Europ¨aische Sicherheit und Zusammenarbeit. 1979-88 war er der vorletzte Staatssekret¨ar f¨ur Kirchenfragen in der DDR. C DDR Gysi-Roth, Jenny, schweizer. Malerin, * 24. 6. 1863 Solothurn, † 29. 9. 1930 Biberist (Kt. Solothurn). G.-R. besuchte die Kunstgewerbeschule in Genf sowie die Kunstschule in Basel und setzte ihre Ausbildung in den Ateliers von Tony Robert-Fleury und Bouguereau fort. 1891-99 lebte sie in Z¨urich, beteiligte sich an einigen Ausstellungen und gab in ihrem Atelier Mal- und Zeichenunterricht. 1901 u¨ bersiedelte sie nach Bern. G.-R. malte vorwiegend ¨ und Aquarell. Stilleben, Landschaften und Portr¨ats in Ol Gysin, Samuel, schweizer. Kupferstecher, Lithograph, * 28. 8. 1786 Liestal (Kt. Basel), † 6. 8. 1844 Liestal. G. wurde in der Kupferstecherwerkstatt Christian von → Mechels in Basel ausgebildet, arbeitete einige Jahre in Straßburger und Pariser Ateliers und ließ sich dann in seiner Heimatstadt nieder. Sp¨ater richtete er sich auch eine lithographische Werkstatt ein. Zu seinen Arbeiten geh¨oren u. a. dreißig Stiche zu den von der Herderschen Buchhandlung in Freiburg / Breisgau verlegten Heiligen Schriften sowie das Medaillonbildnis einer Frau Merian in Punktiermanier. Gysis, Nikolaus, Maler, * 1. 3. 1842 Sklavohory (Insel Tinos, Griechenland), † 4. 1. 1901 M¨unchen. Der Sohn eines griechischen Zimmermanns besuchte 1854-61 das Polytechnikum in Athen und ging dann mit einem Reisestipendium nach M¨unchen, wo er 1865 in die Kunstakademie eintrat. G. war zun¨achst Sch¨uler von Hermann → Ansch¨utz und Alexander → Wagner, bevor ihn Karl von → Piloty 1868 in sein Meisteratelier aufnahm. 1872 kehrte er nach Athen zur¨uck, ließ sich 1874 ganz in M¨unchen nieder und unterrichtete seit 1882 an der dortigen Akademie, zun¨achst als Leiter einer Naturklasse, seit 1888 als Professor. Studienreisen f¨uhrten ihn nach Paris, Italien und Tirol. Neben Szenen des griechischen und orientalischen Lebens, u. a. Der H¨uhnerdieb (1874), entstanden Stilleben wie Gerupftes Huhn (1882) und Portr¨ats. C Th-B Gysler, Paul, schweizer. National¨okonom, Politiker, * 6. 12. 1893 Obfelden (Kt. Z¨urich), † 24. 9. 1966 Obfelden. Das Studium an den Universit¨aten Z¨urich, Lausanne und Bern schloß G. mit der Promotion zum Dr. rer. pol. ab, war 1919-22 im Eidgen¨ossischen Arbeitsamt t¨atig und arbeitete anschließend als Gesch¨aftsf¨uhrer gewerblich-industrieller Organisationen. Seit 1941 Pr¨asident des Schweizer Gewerbeverbandes, gr¨undete er 1947 die Internationale Gewerbeunion, der G. bis 1956 pr¨asidierte. 1951 erfolgte seine

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Gyulai Wahl zum Pr¨asidenten des Verwaltungsrats der Schweizerischen Bundesbahn. Daneben war er seit 1935 als Abgeordneter der Bauern-, Gewerbe- und B¨urgerpartei Mitglied des C Biogr Verstorb Schweiz, Bd 6 Nationalrats.

Gyulai von Maros-N´emeth und Nadaska, Ignaz Graf von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 11. 9. 1765 Hermannstadt (Siebenb¨urgen), † 11. 11. 1831 Wien. G., Sohn eines Feldmarschall-Leutnants, begann seine milit¨arische Laufbahn 1791 und nahm 1788-90 als Freikorps-

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f¨uhrer am letzten T¨urkenkrieg teil. Seit 1797 Generalmajor, war er 1805 Delegierter bei den Friedensverhandlungen von Preßburg und wurde im folgenden Jahr Vizek¨onig von Kroatien und Kommandierender General. 1809 hatte G. den Befehl u¨ ber das IX. Armeekorps in Italien, nahm 1813 als Befehlshaber des III. Armeekorps an den Schlachten von Dresden und Leipzig teil und stieß 1814 nach Frankreich vor. 1823 erhielt er das Generalkommando in B¨ohmen, 1829 in Wien und war von 1830 bis zu seinem Tod Pr¨asident des Hofkriegsrats. C ADB

H Haab, (Alfred) Otto, schweizer. Ophthalmologe, * 19. 4. 1850 W¨ulflingen (heute zu Winterthur, Kt. Z¨urich), † 17. 10. 1931 Z¨urich. H., dessen Vater kaufm¨annischer Direktor der Papierfabrik in W¨ulflingen war, schloß seine medizinischen Studien 1875 in Z¨urich mit der Promotion ab (Experimentelle Studien u¨ ber das normale und pathologische Wachsthum der Knochen). 1876 trat er als Assistent von Johann Friedrich → Horner in die dortige Augenklinik ein und habilitierte sich 1878 f¨ur Ophthalmologie (Die Tuberculose des Auges). 1879 er¨offnete H. eine Privatpraxis in Z¨urich. 1886 wurde er als Nachfolger Horners o. Prof. der Augenheilkunde an der Univ. Z¨urich, wo er bis zu seiner Emeritierung 1919 lehrte. H. entwickelte einen Riesenmagneten zur Entfernung von Eisensplittern aus dem Augeninnern und verbesserte die Methoden der Wundbehandlung des Auges. Zu seinen Forschungsschwerpunkten geh¨orte ferner das Glaukom (Gr¨uner Star), f¨ur dessen fr¨uhzeitige Erkennung durch Augen¨arzte und Allgemeinmediziner er sich einsetzte. H. gr¨undete 1885 eine Heilst¨atte f¨ur tuberkul¨ose und rachitische Kinder in Unter¨ageri bei Z¨urich, die er als Pr¨asident bis 1930 leitete. Weite Verbreitung erreichten seine Atlanten, u. a. Atlas und Grundriß der Ophthalmoskopie und ophthalmoskopischen Diagnostik (1895, 31900) und Atlas der a¨ ußeren Erkrankungen des Auges (1899, 41910). C HLS Haab, Robert, schweizer. Jurist, Politiker, Wirtschaftsfunktion¨ar, * 8. 8. 1865 W¨adenswil (Kt. Z¨urich), † 16. 10. 1939 Z¨urich. H., Sohn eines Kaufmanns, studierte Rechtswissenschaften in Z¨urich, Straßburg und Leipzig, wurde 1888 in Straßburg promoviert (Beitrag zur Geschichte und Dogmatik der Handelsfirma) und f¨uhrte 1889-99 eine Rechtsanwaltspraxis in W¨adenswil. 1894-1902 und 1906-08 war er als Freisinniger Mitglied des Z¨urcher Kantonsrats; seit 1908 geh¨orte er dem Regierungsrat an und u¨ bernahm das Departement f¨ur Justiz, Polizei- und Milit¨arwesen, sp¨ater die Baudirektion. 1912 wurde er Mitglied der Generaldirektion der Schweizer Bundesbahnen. Im Auftrag des Bundesrats ging H. 1917 als Gesandter nach Berlin. 1917 in den Bundesrat gew¨ahlt, hatte er 1922 und 1929 das Amt des Bundespr¨asidenten inne. Nach zw¨olfj¨ahriger Leitung des Post- und Eisenbahndepartements trat er 1929 aus gesundheitlichen Gr¨unden zur¨uck und wurde Pr¨asident der Gottfried-Keller-Gesellschaft, Verwaltungsrat des Schweizerischen Bankvereins und der Firma Maggi, 1930 Pr¨asident des Etzelwerkes und 1934 der Schweizerischen Volksbank. H. war der Vater des Juristen Robert → H. C Schweiz Bundesr¨ate Haab, Robert, schweizer. Jurist, * 1. 5. 1893 W¨adenswil (Kt. Z¨urich), † 28. 1. 1944 Basel. Der Sohn des Politikers Robert → H. war nach dem Studium der Rechtswissenschaften in M¨unchen, Berlin und Bern, das er 1916 mit der Promotion abschloß (Das Objekt der Expropriation), 1917-20 Sekret¨ar beim Schweizerischen Bundesgericht und wurde anschließend Adjunkt der Justizabteilung des Eidgen¨ossischen Justiz- und Polizeidepartements in Bern. 1921 f¨ur schweizer. Privatrecht, Schuldbetreibungsund Konkursrecht habilitiert, wirkte er seit 1927 hauptamtlich als a. o. Prof. an der Univ. Bern; seit 1929 war er o. Prof. f¨ur Zivilrecht und Rechtsgeschichte, seit 1935 f¨ur Privatrecht an der Univ. Basel, deren Rektor er 1936 wurde. H. verfaßte

den Text des Bundesratsbeschlusses von 1941 u¨ ber die Seeschiffahrt unter Schweizer Flagge. Er war Mitherausgeber der „Zeitschrift f¨ur schweizerisches Recht“ und ver¨offentlichte mehrere Abhandlungen zum Zwangsvollstreckungsrecht in rechtswissenschaftlichen Zeitschriften und Sammelwerken. C HLS

Haach, Ludwig, Maler, * 3. 11. 1813 Dresden, † 29. 3. 1842 Rom. H. besuchte seit 1826 als Sch¨uler Ludwig → Richters die Zeichenschule in Meißen, studierte seit 1830 an der Dresdner Kunstakademie und war 1834 vor¨ubergehend an der Meißener Porzellanmanufaktur als Blumenmaler t¨atig. Er schuf Kreidezeichnungen mit biblischen Motiven, Portr¨ats sowie Kupferstiche nach Gem¨alden von → Rayski und Schubauer f¨ur den S¨achsischen Kunstverein. 1835 schm¨uckte H. mehrere R¨aume des Japanischen Palais in Dresden-Neustadt mit Temperamalereien aus. Im folgenden Jahr erm¨oglichte ihm ein Stipendium des K¨onigs eine Reise nach D¨usseldorf, wo er u. a. das Bild Elisier f¨uhrt dem Isaak die Rebekka zu (1840) malte. 1840 reiste er nach Rom. C Th-B Haack, Hanns-Erich, Diplomat, Journalist, * 23. 2. 1906 Freudenburg bei Saarburg, † 6. 1. 1975 Hamburg. Der B¨urgermeistersohn studierte seit 1926 Jura sowie Musik- und Literaturgeschichte in M¨unchen, Berlin, Hamburg, K¨oln und Grenoble und trat nach der Promotion zum Dr. jur. in den preuß. Justizdienst ein. 1932 / 33 von der Zeitschrift „Die Lederindustrie“ zur Marktforschung nach Frankreich und Spanien entsandt, war er 1933-39 ParisKorrespondent der „Dresdner Neuesten Nachrichten“. 1938 trat er in die NSDAP ein, stand 1939-42 im diplomatischen Dienst und war danach u. a. beim Heereswaffenamt, als Referent des Reichsministers f¨ur R¨ustung und Kriegsproduktion und als Jurist bei der „Organisation Todt“ t¨atig. Seit 1945 freier Schriftsteller und Journalist, schrieb H. vor allem f¨ur den „Rheinischen Merkur“, die „Deutsche Rundschau“ und die „Neue Frankfurter Zeitung“. 1950 in den Ausw¨artigen Dienst der Bundesrepublik berufen, kam er 1952 nach Stockholm, 1955 nach Toronto, 1961 als Botschaftsrat nach Washington und war 1966-70 St¨andiger Delegierter bei der UNESCO in Paris. H. ver¨offentlichte u. a. ¨ Uber den Nachruhm (1951) und Diplomatengefl¨uster. Anekdoten vom internationalen Parkett (1973). C BHdAD Haack, Hermann (Otto), Kartograph, * 29. 10. 1872 Friedrichswerth (Th¨uringen), † 22. 2. 1966 Gotha. Nach der praktischen Ausbildung bei der kartographischen Anstalt von Justus → Perthes in Gotha studierte H., Sohn eines Postbeamten, Geographie und Geologie an den Universit¨aten Berlin, Halle und G¨ottingen. 1896 promoviert (Die mittlere H¨ohe von S¨udamerika), trat er 1897 bei Perthes ein und wurde bald wissenschaftlicher Leiter des Unternehmens. H. produzierte insbesondere Wandkarten f¨ur den Schulge¨ brauch und widmete sich 1909-25 der Uberarbeitung von ¨ Stielers Handatlas, die ihn einer breiteren Offentlichkeit bekannt machte. 1955 wurde die Firma Justus Perthes in einen Volkseigenen Betrieb unter dem Namen „VEB Hermann Haack“ umgewandelt und weitergef¨uhrt. H. bet¨atigte sich weiterhin als Herausgeber geographischer Zeitschriften wie „Petermanns Geographische Mitteilungen“. Neben den zahlreichen Atlanten ver¨offentlichte er u. a. Studien am Globus

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Haack (1915), Geographie f¨ur jedermann (1964, 21969), V¨olkerkunde f¨ur jedermann. Ein Kartenbuch (1966) und Schriften zur Kartographie (1972). C DDR

Haack, K¨athe, verh. Schroth, Schauspielerin, * 11. 8. 1897 Berlin, † 5. 5. 1986 Berlin. Die Tochter eines Berliner Kaufmanns erhielt Schauspielunterricht und deb¨utierte 1913 am G¨ottinger Stadttheater. Ein halbes Jahr sp¨ater kam sie nach Berlin, spielte dort einige Jahre mit Erfolg am Lessing-Theater und wirkte 1917 in dem Stummfilm Der Katzensteg mit. Es folgten Engagements am Theater am Kurf¨urstendamm, an der Trib¨une und am Deutschen Theater, bis sie 1934 von Gustaf → Gr¨undgens an das Staatstheater geholt wurde, dessen Ensemble sie bis 1944 angeh¨orte. Nach dem Zweiten Weltkrieg spielte H. vor allem in Berlin und M¨unchen und unternahm Tourneen durch ganz Deutschland. Im Tonfilm der Nachkriegszeit wurde sie durch M¨utter- und Großm¨utterrollen bekannt (u. a. Der Himmel ist nie ausverkauft, 1955). H., die 1967 in Berlin zur Staatsschauspielerin ernannt wurde, ver¨offentlichte ihre Autobiographie unter dem Titel In Berlin und anderswo (1971). C Munzinger Haack, (Carl Otto) Rudolph, Ingenieur, * 17. 10. 1833 Wolgast (Pommern), † 12. 12. 1909 Eberswalde. H., Sohn eines Tischlers, durchlief eine Lehre als Schiffszimmerer auf der Werft Ehrichs & L¨ubke in Wolgast. Von einer Reise nach England zur¨uckgekehrt, besuchte er die Gewerbeschule und die Schiffbauschule in Stettin. Anschließend war er bei dem Schiffbaumeister Dierling in Damgarten t¨atig und wurde 1856 Ingenieur bei der Schiffswerft F¨urchtenicht & Brock in Bredow, die im folgenden Jahr in die Stettiner „Maschinenbau AG Vulkan“ umgewandelt wurde. H. leitete dort den Bau des ersten deutschen Panzerschiffes „Preußen“, das 1873 vom Stapel lief. Im selben Jahr u¨ bernahm er die Direktion der AG Vulkan. Unter seiner Leitung entstanden mehrere Kriegsschiffe f¨ur die deutsche, aber auch f¨ur die russische und chinesische Kriegsmarine. 1887 zog sich H. aus der Firmenleitung zur¨uck und war als Lehrer am Oberseeamt und an der Akademie des Bauwesens in Berlin t¨atig. H. ver¨offentlichte u. a. Schiffswiderstand und Schiffsbetrieb nach Versuchen auf dem Dortmund-EmsKanal (3 Bde., 1900) und Die Einsenkung der Schiffe (1901). C NDB Haack, Wolfgang (Siegfried), Mathematiker, * 24. 4. 1902 Gotha, † 28. 11. 1994 Berlin. H., der 1926 in Jena mit der Dissertation Die Bestimmung von Fl¨achen, deren geod¨atische Linien durch die Abbildung in die (x;y) Ebene (durch x = u; y = v) in Kegelschnitte u¨ bergehen promoviert wurde, habilitierte sich 1929 mit der Arbeit Affine Differentialgeometrie der parabolischen Strahlensysteme an der TH Danzig und wurde 1938 a. o., 1940 o. Prof. an der TH Karlsruhe, 1944 an der TH, 1949 an der TU Berlin. 1950-68 war er Honorarprofessor an der Freien Univ. Berlin, seit 1959 Direktor des Sektors Mathematik des Hahn-Meitner-Instituts f¨ur Kernforschung. H. f¨orderte den Aufbau des mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach und war 1961 / 62 Vorsitzender der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. Er ver¨offentlichte u. a. Differentialgeometrie (2 Bde., 1948 / 49), Darstellende Geometrie (3 Bde., 1954-57) und Elementare Differentialgeometrie (1955). H. beging Selbstmord. Haacke, Johann Wilhelm, Zoologe, * 23. 8. 1855 Clenze (Kr. L¨uchow), † 6. 12. 1912 L¨uneburg. H., Sohn eines Kaufmanns und Brauers, schloß das Studium der Zoologie als Sch¨uler Ernst → Haeckels 1879 mit der Promotion ab (Zur Blastologie der Korallen. Eine morphologische Studie). Nach seiner Assistentenzeit in Jena (1878)

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und Kiel (1879) wanderte er nach Neuseeland aus und leitete 1882-84 das Museum Adelaide. 1886 nach Deutschland zur¨uckgekehrt, war er 1888-93 Direktor des Frankfurter Zoos, dessen Ausbau er u. a. durch eine Sammlung deutscher V¨ogel f¨orderte. 1890 habilitierte er sich an der TH Darmstadt f¨ur Zoologie und lehrte dort bis 1897 als Privatdozent. Danach bet¨atigte er sich als Privatgelehrter und zuletzt als Gymnasiallehrer. In seiner Forschungsarbeit konzentrierte sich H., seit 1893 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, zun¨achst auf morphologische Studien, u. a. u¨ ber Korallen und Medusen; sp¨ater wandte er sich insbesondere entwicklungsgeschichtlichen Fragestellungen zu. Von der Nichtumkehrbarkeit der Entwicklung u¨ berzeugt, pr¨agte H. den Begriff der „Orthogenese“, den sp¨ater Theodor → Eimer u¨ bernahm. H. verfaßte zoologische und naturphilosophische Abhandlungen (Gestaltung und Vererbung. Eine Entwickelungsmechanik der Organismen, 1893; Die Sch¨opfung der Tierwelt, 1893; Die Sch¨opfung des Menschen und seiner Ideale, 1895; Grundriss der Entwickelungsmechanik, 1897; Karl Ernst von Baer, 1905; Allgemeine Tierkunde, 1905) und wurde als Mitarbeiter von Brehms Tierleben (Das Tierleben der Erde, 1900-02) bekannt. C NDB

Haag, Anna, Pseud. Anna Fennbach, Politikerin, Schriftstellerin, * 10. 7. 1888 Alth¨utte (W¨urttemberg), † 20. 1. 1982 Hoffeld. Die Tochter eines Lehrers lebte viel im Ausland und begann 1909 ihre literarische T¨atigkeit als Mitarbeiterin deutscher und schweizer. Zeitungen. 1945 wurde sie als Mitglied der SPD in den Stuttgarter Stadtrat gew¨ahlt. Im folgenden Jahr geh¨orte H. der Verfassunggebenden Landesversammlung von (Nord-)W¨urttemberg-Baden und danach dem Landtag an. Sie war Vorsitzende der „Arbeitsgemeinschaft Stuttgarter Frauen“ und trat 1949 dem Deutschen Rat der Europ¨aischen Bewegung bei. H. ver¨offentlichte mehrere Vortr¨age, in denen sie zur Frauenpolitik Stellung nahm; sie schrieb Romane und Kurzgeschichten, u. a. Gesucht: Fr¨aulein Engelsgeduld (1970). C DLL Haag, Carl, Maler, * 20. 4. 1820 Erlangen, † 24. 1. 1915 Oberwesel / Rhein. H. war seit 1836 Sch¨uler an der N¨urnberger Kunstschule und setzte seine Studien 1844-46 in M¨unchen fort. Als Miniaturportr¨atist erfolgreich, ging er 1847 nach Großbritannien, wo er sich als Aquarellmaler ausbildete. Nach einem Aufenthalt in Rom 1847 / 48 kehrte er als Sch¨uler der Royal Academy nach London zur¨uck. Vom Herzog von SachsenCoburg-Gotha, dessen Hofmaler er sp¨ater war, der englischen K¨onigin Viktoria empfohlen, schuf H. seit 1853 mehrere Gem¨alde der k¨oniglichen Familie (u. a. Abend in Balmoral). 1852-57 geh¨orte er dem Deutschen K¨unstlerverein in Rom an, unternahm zwischen 1858 und 1873 mehrere ¨ Orientreisen, die ihn nach Agypten, Pal¨astina und Syrien f¨uhrten, und malte danach vorwiegend orientalische Motive; sein 1867 erworbenes Atelier in Hampstead gestaltete er in orientalischem Stil. 1903 ließ er sich in Oberwesel / Rhein nieder. C Th-B Haag, Heinrich (Daniel Maria) Ritter von, Beamter, Landwirtschafts- und Versicherungsfachmann, * 21. 8. 1838 M¨unchen, † 13. 11. 1928 M¨unchen. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften wurde H., dessen Vater als Zoll- und Rechnungskommiss¨ar in N¨urnberg, dann als Rat und Zentralkassier bei der Generaldirektion der Verkehrsanstalten in M¨unchen t¨atig war, Kreissekret¨ar des Landwirtschaftlichen Vereins von Oberbayern, danach Bezirksamtsassessor und Vorstand des landwirtschaftlichen Bezirksausschusses in Laufen. 1875 beteiligte er sich an der Ausarbeitung des bayerischen Brandversicherungsgesetzes.

Haan 1880 zum Ministerialdirektor ernannt, leitete er die Referate f¨ur Versicherungswesen und Landwirtschaft im Bayerischen Innenministerium. 1896-1910 war er Pr¨asident der Bayerischen Versicherungskammer; 1903 wurde er in den Adelsstand erhoben. H. ver¨offentlichte Abhandlungen zum Versicherungswesen sowie eine Kurze Beschreibung der landwirthschaftlichen Verh¨altnisse in Bayern (1893). C NDB

Haage, Friedrich Adolph (Martin), G¨artner, Blumenz¨uchter, * 24. 3. 1796 Erfurt, † 20. 9. 1866 Erfurt. H., Sohn eines G¨artners, erhielt seine Ausbildung 1811-14 bei dem Hofg¨artner Johann Heinrich Seidel im Dresdner Orangeriegarten. Anschließend arbeitete er in der G¨artnerei seines Onkels Franz Anton H., dessen Teilhaber er einige Jahre war. 1822 er¨offnete er eine eigene G¨artnerei in Erfurt, die er zu einer modernen Zier- und Handelsg¨artnerei ausbaute. Auch durch die Anzucht von Gem¨use- und Blumensamen erfolgreich, widmete sich H. insbesondere der Kultur von Orchideen, Kakteen und Sukkulenten, mit denen er im In- und Ausland handelte. Das Gesch¨aft u¨ bernahmen sp¨ater seine S¨ohne Ferdinand, Friedrich und Adolph H. C NDB

Haagen, Friedrich, Historiker, * 5. 10. 1806 Aachen, † 30. 10. 1879 Aachen. Nach dem Studium der Geschichtswissenschaften an der Univ. Bonn wurde H. Gymnasiallehrer in Aachen, 1845 Oberlehrer. Seit 1873 war er Prof. an der dortigen Universit¨at. H. befaßte sich mit Aachener Geschichte, besonders des Mittelalters, und ver¨offentlichte u. a. eine Geschichte Aachens von seinen Anf¨angen bis zur neuesten Zeit (2 Bde., 1873 / 74). C Kosch: Kath

Haagen, Margarethe, Schauspielerin, * 29. 11. 1889 N¨urnberg, † 19. 11. 1966 M¨unchen. H. nahm Schauspielunterricht und deb¨utierte am Intimen Theater in N¨urnberg. Anschließend spielte sie am dortigen Stadttheater, erhielt 1913 ein Engagement am Schauspielhaus Berlin und kehrte, nachdem sie w¨ahrend des Ersten Weltkriegs am Deutschen Theater Lodz mitgewirkt hatte, an das Intime Theater in N¨urnberg zur¨uck. Sie trat am Schauspielhaus Stuttgart auf und geh¨orte 1930-40 dem M¨unchner Volkstheater an. H. wirkte in u¨ ber hundert Filmen mit, u. a. mit K¨athe → Haack in Der Himmel ist nie ausverkauft (1955). Nach dem Zweiten Weltkrieg war sie in den M¨unchner Kammerspielen, der Kleinen Kom¨odie in M¨unchen und im Schloßparktheater Berlin zu sehen. C Cinegraph

Haager von Altensteig, Franz Frh., o¨ sterr. Staatsmann, * 1750 Wien, † 1. 8. 1816 Stra (Venetien). Nach dem Studium am Theresianum in Wien diente H. v. A. als Offizier in der o¨ sterr. Armee, ehe er unter Kaiser → Franz zum Geheimen Hofrat ernannt wurde. 1809 wurde er Vizepr¨asident und 1813 Pr¨asident der Obersten Polizei- und Zensurhofstelle. W¨ahrend der napoleonischen Kriege beteiligte sich H. v. A. an der Planung der Landesverteidigung; zuletzt war er mit Aufgaben der inneren Verwaltung der Lombardei und Venetiens betraut. ¨ Haak, Theodor(e), evang. Theologe, Ubersetzer, Diplomat, * 25. 7. 1605 Neuhausen bei Worms, † 5. 5. 1690 London. H. studierte Theologie und Mathematik in Cambridge und Oxford. 1631 von Bischof Josef Hall zum Diakon ordiniert, koordinierte H. in den fr¨uhen Jahren des Dreißigj¨ahrigen Krieges Spendensammlungen zur Unterst¨utzung exilierter pf¨alzischer Pastoren in London, bis er 1633 nach Heidelberg zur¨uckkehrte. Nach der Niederlage der Schweden bei N¨ordlingen im folgenden Jahr ging H. von neuem ins Exil, zun¨achst in die Niederlande. Seit 1638 lebte er in London, wo er f¨ur das englische Parlament und den Kurf¨ursten von der Pfalz diplomatische Missionen u¨ bernahm. 1645 gr¨undete

er einen mathematisch-naturwissenschaftlichen Kreis, aus dem 1660 die Royal Society hervorging, als deren Mit¨ glied er Ubersetzungen aus dem Deutschen, Italienischen und Franz¨osischen erarbeitete. Zu den wichtigsten Werken ¨ H.s, der bereits 1636 mit einer Ubersetzung von Daniel Dykes religi¨osem Traktat Mystery of Selfe-Deceiving (Nosce Teipsum, Das grosse Geheimnuß des Selb-Betrugs) bekannt ¨ geworden war, geh¨ort die Ubertragung der niederl¨andischen kommentierten Bibelausgabe ins Englische (1657). H.s deut¨ sche Ubersetzung von Miltons Paradise Lost blieb ungedruckt. C Killy

Haake, Heinrich (Heinz) Josef, Politiker, * 24. 1. 1892 K¨oln, † 17. 9. 1945 Velen. H., ein im K¨olner Wandervogel aktiver sp¨aterer Bankbeamter, schloß sich nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg der deutschv¨olkischen Bewegung an und trat 1922 der NSDAP, sp¨ater der SS bei. Seit 1925 Mitglied des Preußischen Landtags, war er 1928-32 Vorsitzender der NSDAP-Fraktion und wurde im November 1933 Mitglied des Reichstags. 1933-45 war er Landeshauptmann der Rheinprovinz, 1934-45 Reichshauptamtsleiter und Reichsinspekteur der NSDAP und SAF¨uhrer, seit 1942 im Rang eines Obergruppenf¨uhrers. H., der Herausgeber der „Rheinprovinz“ war, hatte eine F¨ulle von Aufsichtsrats- und Verwaltungsratssitzen inne (u. a. Rheinisch-Westf¨alische Elektrizit¨atswerk AG, Preußische Elektrizit¨ats AG, Ruhrgas AG, Rheinische Girozentrale und Provinzialbank, Provinzial- und Feuerversicherungsanstalt der Rheinprovinz). 1945 geriet H. in englische Gefangenschaft, in der er verstarb. C Lilla, Statisten Haake, Paul, Historiker, * 30. 1. 1873 Berlin, † 30. 1. 1950 Berlin. Der Sohn eines Bankdirektors studierte in Berlin, Freiburg / Breisgau und Heidelberg Geschichtswissenschaften. Seit 1907 Privatdozent an der Berliner Univ., wurde er 1915 zum Titularprofessor ernannt. 1921 erhielt er dort eine außerordentliche, 1945 eine ordentliche Professur. H. konzentrierte sich in seiner Lehr- und Forschungst¨atigkeit auf historische Pers¨onlichkeiten wie → August den Starken, → Friedrich den Großen und → Bismarck. Ferner vero¨ ffentlichte er Studien zu Verfassungsfragen und zur deutschen Außenpolitik (Die deutsche Außenpolitik 1871-98, 1936 / 37). Haan, Heinrich (Aloys Hubert Anton Franz Xaver), kath. Theologe, Philosoph, * 10. 5. 1844 K¨oln, † 2. 4. 1909 Luxemburg. H., Sohn eines Kaufmanns, trat 1862 in die Gesellschaft Jesu ein. Nach dem Studium der Philosophie im Kloster Maria Laach lehrte er an der Stella Matutina in Feldkirch Humaniora und widmete sich theologischen Studien. Sp¨ater lehrte er Naturphilosophie in Blijenbeek (Niederlande), wohin das Studienhaus der Ordensprovinz infolge des Jesuitengesetzes von 1872 verlegt worden war. 1894 wurde H. mit der Leitung der Deutschen Ordensprovinz betraut, die er bis 1900 innehatte. Anschließend war er Rektor der Stella Matutina, bis er 1904 an das Schriftstellerhaus in Luxemburg wechselte und sich dort der Herausgabe der „Stimmen aus Maria-Laach“ widmete. H. ver¨offentlichte u. a. Philosophia naturalis (1894, 31906). C NDB Haan, Matthias Wilhelm (Virgilius) Ritter von, o¨ sterr. Jurist, * 27. 11. 1737 Wien, † 10. 12. 1816 Wien. Nach juristischen Studien an der Univ. Wien, die er 1759 mit der Promotion abschloß, trat H. 1762 in den o¨ sterr. Staatsdienst ein. Unter Kaiser → Joseph II. wurde er 1775 zum Hofrat bei der Obersten Justizstelle und 1792 zum Vizepr¨asidenten des nieder¨osterreichischen Appellationsgerichts ernannt. Seit 1795 Oberstlandrichter und Pr¨asident des nieder¨osterreichischen Landrechts, wurde H. 1797 Vizepr¨asi-

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Haan dent der Hofkommission in politischen und Justizgesetzsachen, deren Pr¨asident er 1809-16 war. Er wirkte bei den josephinischen Reformen der Gesetzgebung und Verwaltung mit und hatte wesentlichen Anteil an der Vollendung des Allgemeinen B¨urgerlichen Gesetzbuches von 1811. H. ver¨ o¨ ffentlichte u. a. Uber die Tortur (1776). C Brauneder

Haan, (Johann) Wenzel, auch J. W. Hann, o¨ sterr. Philo¨ loge, Lyriker, Ubersetzer, * 30. 4. 1763 Graz, † 10. 5. 1819 Lemberg. Der Sohn eines Arztes studierte in Graz, wurde Prof. der ¨ Asthetik und klassischen Sprachen an der Lemberger Univ. und war seit 1797 auch als B¨ucherrevisor f¨ur Ostgalizien t¨atig. 1807 wechselte er an die Univ. Krakau, kehrte aber bald nach Lemberg zur¨uck und war zeitweise Rektor der Universit¨at. H. publizierte 1782 seine erste Gedichtsammlung; sp¨ater erschienen weitere lyrische Werke wie die von → Wieland beeinflußte, als „Gedicht in sieben B¨uchern“ be¨ zeichnete Verserz¨ahlung Xenocrat (1787). Als Ubersetzer bem¨uhte sich H. um die Vermittlung zwischen der polnischen und der deutschen Literatur. C Killy Haan, Willem de, Dirigent, Komponist, * 24. 9. 1849 Rotterdam, † 26. 9. 1930 Berlin. Neben der T¨atigkeit in einem Speditionsgesch¨aft besuchte H. eine Musikschule in Rotterdam, bezog 1870 f¨ur ein Jahr das Leipziger Konservatorium und lernte dann das Musikleben in Berlin, Wien und M¨unchen kennen. 1873-75 war er Leiter des C¨acilienvereins in Bingen, 1876-86 Dirigent des Mozartvereins in Darmstadt, erhielt 1878 die zweite Kapellmeisterstelle am Großherzoglichen Hoftheater und wurde mit dem Klavierunterricht der Prinzessinnen und des Erbgroßherzogs → Ernst Ludwig betraut. 1881-1914 war H. in der Nachfolge von Gustav → Schmidt Hofkapellmeister. 1889 u¨ bernahm er nach Carl Ludwig Amand → Mangolds Tod die musikalische Leitung des Musikvereins, die er bis 1919 innehatte. H. wurde 1903 zum Hofrat und 1913 zum Geheimen Hofrat ernannt. 1919-23 war er Dirigent des Darmst¨adter Musikbzw. Oratorienvereins. 1914 erhielt der Hilfsfonds der Hofmusik, f¨ur dessen Gr¨undung sich H. eingesetzt hatte, den Namen „Willem-de-Haan-Stiftung“. 1923 ging H. nach Berlin. Er komponierte Lieder, Duette, Kantaten, Klavierst¨ucke und Opern, u. a. Die Kaisertochter (1885). C Esselborn Haarbeck, Theodor, evang. Theologe, Lehrer, * 11. 11. 1846 Neukirchen bei Moers, † 3. 12. 1923 Barmen (heute zu Wuppertal). H., Sohn eines B¨urgermeisters, studierte in Basel, T¨ubingen und Bonn Theologie, wurde 1868 Lehrer an dem freien christlichen Gymnasium in Bern und war seit 1883 Inspektor an der 1840 von Christian Friedrich → Spittler gegr¨undeten „Pilgermissionsanstalt“ in St. Chrischona. 1890 wurde er Inspektor, sp¨ater Direktor der „Evangelistenschule Johanneum“, die 1893 von Bonn nach Barmen verlegt wurde. 1911-19 war H. Vorsitzender des „Gnadauer Verbandes“, in dem er sich gegen eine Wiedervereinigung der Gemeinschaftsbewegung mit den Pfingstgemeinden aussprach. H. ver¨offentlichte u. a. Die Bibel sagt . . . Kurzgefaßte biblische Glaubenslehre f¨ur den nachdenklichen Christen (1902, 16 1998) und Das christliche Leben nach der Schrift (1921). C NDB Haardt von Hartenthurn, Vincenz Karl, o¨ sterr. Milit¨ar, Kartograph, Geograph, * 11. 8. 1843 Iglau (M¨ahren), † 1. 8. 1914 Wien. Nach dem Besuch der Milit¨arakademie und der Kriegsschule in Wien nahm H. v. H. 1866 am Krieg in Italien teil. 1872 erhielt er eine Professur an der Technischen Milit¨arakademie in Wien und wurde 1877 wissenschaftlicher Leiter bei der Geographischen Anstalt Eduard H¨olzel, bis er 1897 die Leitung der Ersten Abteilung des Milit¨ar-Geographischen Instituts

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in Wien u¨ bernahm. 1912 wurde H. v. H., der sich besonders um die Bearbeitung von Atlaswerken und Wandkarten f¨ur den Schulgebrauch verdient machte, zum Ministerialrat ernannt. Er war Redakteur der „Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft“ und ver¨offentlichte u. a. Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1878), Geographischer At¨ las (1880), Die Entwicklung der Kartographie in Osterreich (1898) und Die milit¨arisch wichtigsten Kartenwerke der europ¨aischen Staaten (1899). C Czeike

Haaren, Kurt van, Gewerkschafter, * 19. 7. 1938 Emmerich, † 13. 7. 2005 Delmenhorst. Zum Postboten ausgebildet, wurde H., Sohn eines Betriebsschlossers, 1955 Postbeamter; seit 1956 arbeitete er in der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) mit. Nach dem Besuch der Sozialakademie in Dortmund 1963 / 64 wurde er 1967 Sekret¨ar des DPG-Bezirksvorstandes in D¨usseldorf, 1968 Tarifsekret¨ar im DPG-Hauptvorstand in Frankfurt / Main, u¨ bernahm dort 1975 die Abteilung Arbeitsbedingungen im Postdienst und war seit 1977 Vorsitzender des Bezirksvorstandes Bremen / Weser-Ems und Mitglied des Hauptvorstandes. 1982 wurde H. Vorsitzender der DPG. Bei der Privatisierung sowie der Aufteilung des Staatsbetriebes in Postdienst, Postbank und Telekom und deren Umwandlung in Aktiengesellschaften setzte er neben Sozialtarifvertr¨agen ein Mitspracherecht in den drei Unternehmen durch. Seit 1989 war er stellvertretender Vorsitzender beim Postdienst und der daraus hervorgegangenen Deutschen Post AG. Beim Zusammenschluß der DPG mit f¨unf weiteren Arbeitnehmerverb¨anden zu ver.di im Juli 2001 trat H. als Vorsitzender zur¨uck. C Munzinger Haarer, Johanna, geb. Barsch, Lungen¨arztin, Schriftstellerin, * 3. 10. 1900 Tetschen-Bodenbach (B¨ohmen), † 30. 4. 1988 M¨unchen. H. war Fach¨arztin f¨ur Lungenkrankheiten. Nach der Geburt ihrer ersten Zwillingskinder schrieb sie Zeitungsartikel u¨ ber Schwangerschaft, Geburt und S¨auglingspflege. Auf Anregung des Verlegers Julius Friedrich → Lehmann entstand daraus das weitverbreitete Sachbuch Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind (1934, Auflage bis Ende des Zweiten Weltkriegs mehr als 550 000). Es folgten die Fortsetzungsb¨ande Unsere kleinen Kinder (1936, 61940) und Unsere Schulkinder (1950, 51970). Nach dem Krieg wurde der Titel in Die Mutter und ihr erstes Kind (1949; 1207. bis 1221. Tsd., 1983) ge¨andert und ideologisches Beiwerk entfernt. Bis 1996 erreichte das Werk eine Gesamtauflage von mehr als 1,2 Millionen Exemplaren. 1939 erschien von H. Mutter, erz¨ahl von Adolf Hitler! (51943). H. hat Generationen von jungen M¨uttern in allgemeinverst¨andlicher Form medizinisch informiert und ihnen mit Ratschl¨agen aus der Alltagspraxis geholfen. Haarhaus, Julius R¨uttger, Buchh¨andler, Herausgeber, Schriftsteller, * 4. 3. 1867 Barmen (heute zu Wuppertal), † 19. 8. 1947 Leipzig. H. war Buchh¨andler in Bonn und Leipzig; zeitweise war er auch Lektor von Reclams Universal-Bibliothek und gab die „Grenzboten“ in Leipzig heraus. H. ver¨offentlichte zahlreiche Novellen und Romane, vor allem historische Romane sowie Jagd- und Tiergeschichten (u. a. Der Birschknecht von Hambach, 1919). C DLL

Haarmann, (Hermann) August, Montanist, Industrieller, * 4. 8. 1840 Blankenstein / Ruhr, † 7. 8. 1913 Osnabr¨uck. H., Sohn eines B¨ackers und Gemischtwarenh¨andlers, besuchte die Bochumer Gewerbeschule und erwarb sich anschließend in f¨unfj¨ahriger T¨atigkeit als Bergmann die Mittel f¨ur ein Studium an der Berliner Gewerbeakademie. Nach Abschluß seiner Ausbildung erhielt er eine Stelle als Puddler auf der Steinhauser H¨utte in Witten, wo er 1868

Haas Betriebsleiter wurde. Seit 1870 wirkte er in der Verwaltung der Henrichsh¨utte in Hattingen, bis er 1872 die Leitung des Osnabr¨ucker Stahlwerkes der Georgs-Marien-H¨utte u¨ bernahm. W¨ahrend seiner vierzigj¨ahrigen T¨atigkeit in dieser Position spezialisierte er sich auf den Eisenbahn- und Straßenbahnoberbau, den er durch Einf¨uhrung neuer Methoden und Konstruktionen verbesserte. 1911 wechselte er in den Aufsichtsrat des Unternehmens. H. errichtete das erste elektrisch betriebene Walzwerk in Deutschland. Er gr¨undete das Osnabr¨ucker Gleismuseum und ver¨offentlichte u. a. Das Eisenbahn-Geleise (4 Bde., 1891-1902) und Die Kleinbahnen (1896). C Leb Nieders, Bd 2

Haarmann, Fritz, * 25. 10. 1879 Hannover, † 4. 4. 1925 Hannover. Nach zerr¨utteter Kindheit, abgebrochener Lehre und einem wegen Epilepsie gescheiterten Milit¨ardienst wurde der homosexuelle H. 1896 wegen Unzucht mit Kindern erstmals aktenkundig. Aus einer Nervenheilanstalt fl¨uchtete er in die Schweiz, kehrte um die Jahrhundertwende nach Hannover zur¨uck und fand als Ersatzrekrut in der Armee Unterschlupf. Wegen Schwachsinns erneut entlassen, brachten ihm Diebstahl, Betr¨ugereien und weitere Unzuchtdelikte mehrj¨ahrige Zuchthausstrafen ein, nach deren Verb¨ußung er zwischen 1918 und 1924 mindestens 24 m¨annlichen Jugendlichen im sexuellen Rausch die Kehle durchgebissen und ihre Leichen zerst¨uckelt und in der Leine versenkt hat. Daß H.s bestialische Taten so lange unentdeckt blieben, f¨uhrte der in Hannover lehrende Philosoph Theodor → Lessing in seiner Prozeßberichterstattung f¨ur das „Prager Tagblatt“ – als Haarmann. Die Geschichte eines Werwolfs 1925 auch in Buchform erschienen – auf das Verhalten der Polizei zur¨uck, in deren Auftrag H. seit 1918 Spitzeldienste ausgef¨uhrt hatte. Durch diesen wohl spektakul¨arsten Kriminalfall der Weimarer Republik erlitten die Bem¨uhungen um die Anerkennung der Homosexuellen in der Gesellschaft einen deutlichen R¨uckschlag. Das Geschehen diente Alfred → D¨oblin als Vorlage f¨ur das Psychogramm des Franz Biberkopf in Berlin Alexanderplatz (1929) und Fritz → Lang als Anregung f¨ur Peter → Lorres Rolle in M – eine Stadt sucht einen M¨order (1931). 1995 lieferte G¨otz George in dem Film Der Totmacher eine beeindruckende Darstellung des Massenm¨orders.

Haarmann, Ulrich, Islamwissenschaftler, * 22. 9. 1942 Stuttgart, † 4. 6. 1999 Berlin. H. studierte 1961-69 Orientalistik, Geschichte, Slawistik und Sprachwissenschaft in Freiburg und Princeton (New Jersey, USA). 1969 in Freiburg promoviert, habilitierte er sich 1972 f¨ur Islamwissenschaft und war anschließend an der dortigen Univ. t¨atig, zuletzt 1979-92 als Professor. 1992-98 lehrte er in Kiel und war danach Leiter des Zentrums Moderner Orient in Berlin. H. nahm zahlreiche Gastprofessuren im Ausland wahr und leitete 1978-80 das Orient-Institut der Morgenl¨andischen Gesellschaft in Beirut (Libanon). Seine Forschungsschwerpunkte waren sprachwissenschaftliche Themen und vor allem die Geschichte der Mamelucken (zuletzt The Mamluks in Egyptian Politics and Society, 1998, mit Thomas Philipp). Er gab u. a. die zum Standardwerk gewordene Geschichte der islamischen Welt (1987, 31994) heraus. 1995 wurde H. als ordentliches Mitglied in die BerlinBrandenburgische Akademie der Wissenschaften aufgenommen. C Jb BBAW 1999

Haarmann, (Gustav Ludwig Friedrich) Wilhelm, Chemiker, Industrieller, * 24. 5. 1847 Holzminden, † 6. 3. 1931 H¨oxter. H., Sohn eines Kaufmanns und Steinbruchbesitzers, studierte seit 1866 an der Bergakademie in Clausthal, ging dann zum Studium der Chemie nach G¨ottingen und 1869 nach Berlin,

wo er Sch¨uler August Wilhelm von → Hofmanns wurde. ¨ Nach der Promotion 1872 (Uber einige Derivate der Glucoside Coniferin und Salicin) arbeitete er weiter mit Hofmann zusammen und entdeckte 1872 die M¨oglichkeit der Herstellung des Vanillins aus Coniferin. In Holzminden gr¨undete H. 1874 eine Vanillinfabrik, die er zusammen mit seinem Teilhaber Carl Ludwig Reimer zur f¨uhrenden Riechstoffabrik ausbaute. 1891 gelang ihnen die Herstellung des Vanillins aus Eugenol; 1893 wurde die Produktion des synthetischen Veilchenduftstoffes Ionon aufgenommen. C NDB

Haas, Adolf, Jurist, Verleger, Politiker, * 17. 6. 1844 Neuburg / Donau, † 4. 11. 1908 Augsburg. H. war zun¨achst als Jurist im bayerischen Staatsdienst t¨atig, verließ diesen im Zuge des Kulturkampfes und wurde 1871 Redakteur der „Augsburger Postzeitung“ und der „Neuen Augsburger Zeitung“. Sp¨ater u¨ bernahm er die Leitung des Verlags und baute diesen zu einem der gr¨oßten kath. Zeitungsunternehmen aus. H. geh¨orte zu den Gr¨undungsmitgliedern der Zentrumspartei in Schwaben und war bis zu seinem Tod Vorstandsmitglied. Er war der Vater von August → H.

Haas, Albert, auch Alberto H., Pseud. Harry Fiedler, Linkeus, Globetrotter, Publizist, Diplomat, * 21. 3. 1873 Herzberg (Sachsen), † 17. 3. 1930 Buenos Aires. H. studierte seit 1891 in Berlin und Genf Philosophie (u. a. bei Wilhelm → Dilthey), Deutsche Literatur und National¨okonomie, nach der Promotion 1896 bei Friedrich ¨ → Paulsen (Uber den Einfluß der epicureischen Staats- und Rechtsphilosophie auf die Philosophie des 16. und 17. Jahrhunderts) 1896-98 Jura in Bonn und Paris, 1898 / 99 Kameralwissenschaften in Freiburg / Breisgau und lehrte dann bis 1904 am Bryn Mawr College in Pennsylvania. Nach ei¨ ner T¨atigkeit bei den Altesten der Kaufmannschaft von Berlin 1904 / 05 wurde er 1905 Redakteur des „Berliner Tageblatts“ und u¨ bernahm 1907 die Leitung der „Neuen Hamburger B¨orsenhalle“. Seit 1910 Chefredakteur des „Berliner B¨orsen-Couriers“, wechselte er 1916 in gleicher Eigenschaft zur Transozean-Nachrichten-Gesellschaft. 1919 ging er als deren Generalvertreter nach Buenos Aires, war dort Schriftleiter der Zeitschriften „Phoenix“ (1921-24) und „Revista financiera y comercial“ (1922-24) und stand seit 1922 als Attach´e der Deutschen Gesandtschaft in Buenos Aires in diplomatischen Diensten. Daneben hielt er seit 1928 Vorlesungen an der Univ. (Historia de la literatura alema¨ na moderna, 1928). H. ver¨offentlichte Ubersetzungen aus dem Spanischen, rechts- und staatswissenschaftliche Schriften (u. a. Von deutscher Art und deutscher Arbeit in Vergangenheit und Zukunft, 1919) sowie mehrere Monographien u¨ ber Argentinien (Argentinien, seine Weltstellung und Weltanschauung, 1921). C IGL

Haas, (Christian) Albrecht, Jurist, Politiker, * 8. 3. 1906 Pegnitz, † 20. 1. 1970 Schwabach. H. schloß das Jurastudium mit der Promotion ab (Der Gleichheitsbegriff im Wahlrecht. Behandelt an der Frage: Verstoßen die Splitterparteibestimmungen des Reichswahlgesetzes und des bayerischen Landeswahlgesetzes gegen den Grundsatz der gleichen Wahl?) und ließ sich 1933 als Rechtsanwalt in N¨urnberg nieder. 1945 zum kommissarischen Oberamtsrichter ernannt, arbeitete er seit 1947 wieder als Anwalt. Seit 1946 FDP-Stadtrat in Schwabach, ubernahm ¨ H. 1949 den Vorsitz des FDP-Bezirksverbandes Mittelfranken. Er war 1950-65 Mitglied des Bayerischen Landtags, leitete im zweiten Kabinett → Hoegner als Staatssekret¨ar die Staatskanzlei und amtierte im ersten Kabinett → Seidel als Staatssekret¨ar im Finanzministerium. 1958-62 war H. bayerischer Justizminister, 1965-69 Mitglied des Deutschen Bundestags. C MdB

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Haas Haas, Alma, geb. Holl¨ander, Musikerin, * 31. 1. 1847 Ratibor, † 12. 12. 1932 London. H. studierte bei Louis Wandelt in Breslau und bei Theodor → Kullak in Berlin Klavier und deb¨utierte 1868 am Leipziger Gewandhaus. Gastspielreisen f¨uhrten sie nach London, wo sie 1872 den Sanskritforscher Ernst H. heiratete. Nach seinem Tod 1882 nahm sie ihre Konzertt¨atigkeit wieder auf, lehrte seit 1876 Klavier am Bradford College und u¨ bernahm 1886 die Leitung der Musikabteilung des King’s College.

Stunde Gl¨uck; im selben Jahr entstand der Ufa-Film Dolly macht Karriere (Regie: Anatol Litwak). In den folgenden drei Jahren feierte sie in vierzehn Filmen, zweimal unter der Regie von Fritz → Kortner, Erfolge als temperamentvolle Kindfrau (u. a. in Es wird schon wieder besser, 1932). H. emigrierte 1935 nach Großbritannien, 1936 in die USA, wo sie in Hollywood von Columbia Pictures unter Vertrag genommen wurde und sp¨ater in New York u. a. unter Erwin → Piscator Theater spielte. C Exiltheater

Haas, Arthur Erich, o¨ sterr. Physiker, Physikhistoriker,

Haas, (Wilhelm) Ernst, Fabrikant, Montanist,

* 30. 4. 1884 Br¨unn (M¨ahren), † 20. 2. 1941 Chicago. H., Sohn eines Hof- und Gerichtsadvokaten, schloß das Studium der Physik, Mathematik und Chemie an den Universit¨aten G¨ottingen und Wien 1906 mit der Promotion ab (Antike Lichttheorien) und wurde nach der Habilitation (Gleichgewichtslagen von Elektronengruppen) 1912 Privatdozent f¨ur Geschichte der Physik in Wien. Im folgenden Jahr wechselte er als a. o. Prof. an die Univ. Leipzig (Antrittsvorlesung: Der Geist des Hellenentums in der modernen Physik, 1914), kehrte 1921 an die Univ. Wien zur¨uck und wurde 1925 Zweiter Aktuar der Akademie der Wissenschaften. Seit 1935 lehrte H. als Tallman Visiting Professor am Bowdoin College in Brunswick (Maine), bis er 1936 eine Professur der Physik an der Univ. von Notre Dame (Indiana) u¨ bernahm, die er bis zu seinem Tod innehatte. Er ver¨offentlichte u. a. Die Grundgleichungen der Mechanik, dargestellt auf Grund der geschichtlichen Entwicklung (1914), Einf¨uhrung in die theoretische Physik (2 Bde., 1919, 51930, engl. 1924), Atomtheorie (1924, 31936), Materiewellen und Quantenmechanik (1928, 51934) und Die Welt der Quantenmechanik (1928). C NDB

* 10. 7. 1784 Dillenburg / Lahn, † 7. 12. 1864 Dillenburg. Der Sohn des Fabrikanten Johann Daniel → H. erhielt seine Ausbildung in der Firma seines Vaters und machte sich 1813 als Weinh¨andler und Tabakfabrikant selbst¨andig. 1832 gr¨undete er mit L. Brahms und F. J. Zinco ein eigene Tabakfabrik, ohne seine T¨atigkeit als Weinh¨andler aufzugeben. Seit etwa 1840 engagierte sich H. zunehmend im Eisenh¨uttenwesen und beteiligte sich u. a. an dem Burger und dem Schelder Eisenwerk. Schließlich erwarb er 1854 mit der „Neuhoffnungsh¨utte“ einen eigenen Betrieb in dieser Branche, der u¨ ber Generationen hinweg im Familienbesitz blieb. H. gelang es insbesondere, in seinem Puddelwerk das aus Eisenerzen gewonnene Eisen ohne nochmaligen Schmelzvorgang direkt zu Ofen- und Herdplatten zu gießen. Auch das zu dem Unternehmen geh¨orige Walzwerk erlebte unter H.’ Leitung eine wirtschaftliche Bl¨ute. C NDB

Haas, August, Diplomat, * 9. 9. 1882 Augsburg, † 9. 1. 1931 Klagenfurt. Der Sohn von Adolf → H. studierte 1901-06 in M¨unchen, Freiburg / Breisgau und Erlangen Rechtswissenschaft, trat danach in den bayerischen Justizdienst ein, war seit 1910 Rechtsanwalt und Gemeindebevollm¨achtigter in Augsburg und ging 1919 als Vortragender Legationsrat zum Ausw¨artigen Amt nach Berlin. 1922 wurde er als Generalkonsul nach Czernowitz und 1923 nach Temesvar entsandt. H. setzte sich f¨ur die kulturelle Eigenst¨andigkeit der in Rum¨anien lebenden Deutschen ein, insbesondere der urspr¨unglich aus Schwaben stammenden Bev¨olkerungsgruppe im rum¨anischen Banat. 1928 wurde er nach Klagenfurt versetzt. C BHdAD

Haas, Carl Josef, Industrieller, * 28. 8. 1844 Mannheim, † 4. 4. 1921 Mannheim. H. trat 1860 als Lehrling in die Kolonialwarenhandlung seines Vaters Johann Conrad H. in Mannheim ein. 1865 wurde er Teilhaber der Firma, die er zur Kolonialwaren- und TabakGroßhandlung ausbaute. Gemeinsam mit Carl → Clemm gr¨undete er 1884 die Zellstoffabrik Waldhof bei Mannheim, in der erstmalig in großem Umfang Zellstoff nach dem von Ritter, Kellner und Alexander → Mitscherlich entwickelten Verfahren hergestellt wurde. 1899 wurde das Unternehmen durch ein Zweigwerk in Pernau (Livland) erweitert. H. rief einen Verein f¨ur Genesungsf¨ursorge mit mehreren Arbeitererholungsheimen ins Leben. C NDB

Haas, Dolly, eigentl. Dorothea Clara Eleonore H., Schauspielerin, T¨anzerin, * 29. 4. 1910 Hamburg, † 16. 9. 1994 New York. ¨ Die Tochter eines Engl¨anders und einer Osterreicherin nahm Ballettunterricht, tanzte im Kinderballett des Hamburger Stadttheaters und gab als Zehnj¨ahrige ihren ersten Soloabend. 1928 ging sie nach Berlin, wo sie in Kabaretts und Revuetheatern, u. a. bei Eric Charell und Max → Reinhardt, auftrat. 1930 bekam sie ihre erste Filmrolle als singende und tanzende Schaufensterpuppe in Wilhelm → Dieterles Eine

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Haas, Ernst, o¨ sterr. Photograph, * 2. 3. 1921 Wien, † 12. 9. 1986 New York. Nach seiner Ausbildung an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien machte H. 1944 seine ersten Photodokumentationen u¨ ber die Zerst¨orungen in der o¨ sterr. Hauptstadt. Seine Photos von der Ankunft der ersten o¨ sterr. Heimkehrer aus russischer Kriegsgefangenschaft (1949) fanden weltweit Beachtung. H. wurde Mitarbeiter der Zeitschriften „Magnum“ und „Life“ und ging 1950 in die USA, wo er zu den ersten Photographen geh¨orte, die mit Farbphotos arbeiteten. Er ver¨offentlichte mehrere Bildb¨ande. 1962 wurde ihm als erstem Photographen eine Einzelausstellung im New Yorker Museum of Modern Art gewidmet. Haas, Friedrich, Orgelbauer, * 10. 2. 1811 Laufenburg (Baden), † 18. 7. 1886 Luzern. H. erhielt seine Ausbildung 1825-29 bei der badischen Orgelbauerfamilie Schaxel und 1830-35 bei Eberhard Friedrich Walcker in Ludwigsburg. Anschließend zog er als selbst¨andiger Orgelbauer von Ort zu Ort, arbeitete seit 1840 ausschließlich in der Schweiz, ließ sich 1859 in Luzern nieder, baute bis 1862 die dortige Orgel um und erhielt das B¨urgerrecht der Stadt sowie des Kantons. 1868 u¨ bergab H. seine Werkstatt seinem Mitarbeiter Friedrich → Goll und war als Sachverst¨andiger des Orgelbaus t¨atig. Er wirkte u. a. beim Bau der Orgel im Großm¨unster Z¨urich durch Johann Nepomuk → Kuhn beratend mit. H. trat durch k¨unstlerische und technische Neuerungen, u. a. durch die Konstruktion von Gebl¨aseanlagen, hervor. Zu seinen bedeutendsten Werken geh¨ort die Orgel im Basler M¨unster (1855). C MGG

Haas, Friedrich, Industrieller, * 10. 1. 1850 Eichen (Siegerland), † 18. 8. 1929 Eiserfeld (Siegerland). Nach dem Besuch der Rektoratsschule in Eichen und der Handelsschule in K¨oln erhielt H. 1869-72 eine Ausbildung zum Kaufmann in der Maschinenfabrik Gebr. Klein in Dahlbruch. 1873 trat er in das Eiserfelder Walzwerk ein, dessen kaufm¨annischer Leiter er 1876 wurde. Seit 1882 war H. im Erz- und Steinhandel t¨atig. 1891-99 hatte er die Gesch¨aftsf¨uhrung des Siegerl¨ander Eisensteinsyndikats inne. 1894 gr¨undete H. die „A. G. Eiserfelder Steinwerke“, die sich unter seiner Leitung zu einem der bedeutendsten Werke der Steine und Erden in Deutschland entwickelte.

Haas Haas, Friedrich, Jurist, Beamter, * 13. 7. 1896 Untereggingen / Schwarzwald, † 1976. H. schloß das Studium der Volkswirtschaft und der Rechtswissenschaften in Freiburg / Breisgau und M¨unchen 1922 mit der Promotion ab und wurde 1925 Richter am Reichswirtschaftsgericht in Berlin. 1928 wechselte er zur Berliner Stadtverwaltung und war bis 1945 als h¨oherer Beamter auf verschiedenen Gebieten, zuletzt in der Finanzverwaltung, t¨atig. Nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs u¨ bernahm H. die Leitung des Hauptamtes f¨ur Kriegssch¨aden und Besatzungskosten sowie der Abteilung Finanzen des Magistrats von Groß-Berlin. Seit Dezember 1946 Stadtk¨ammerer von Berlin, wurde er 1949 Leiter der Abteilung Finanzen und 1951 Senator f¨ur Finanzen (bis 1957). H. vertrat seit 1949 Berlin im Bundesrat und war 1953-55 Senator f¨ur Bundesangelegenheiten. 1958 wurde er zum Pr¨asidenten des Oberverwaltungsgerichts gew¨ahlt. C Munzinger

Haas, Georg Emanuel, o¨ sterr. Publizist, Schriftsteller, * 13. 2. 1821 Wien, † 4. 5. 1895 Rom. Seit 1841 bei der nieder¨osterreichischen Landesregierung t¨atig, studierte H., Sohn eines Kaufmanns, Philologie und Rechtswissenschaften an der Univ. Wien und wurde 1850 zum Dr. phil., 1853 zum Dr. jur. promoviert. Anschließend war er bei der o¨ sterr. Gesandtschaft in M¨unchen t¨atig. 1866 u¨ bernahm H. dort die Leitung des s¨uddeutschen Korrespondenzb¨uros. Nach Wien zur¨uckgekehrt, redigierte er seit 1872 die „General-Correspondenz“ und arbeitete u. a. bei den Wiener „Historisch-politischen Bl¨attern“ mit. 1879 siedelte er nach Gloggnitz u¨ ber und war vorwiegend als freier Schriftsteller t¨atig. In seinen zeit- und gesellschaftskritischen Schriften zeigte sich H. als u¨ berzeugter Katholik und Patriot (Giftbl¨uten am Lebensbaum des Volkes, 1891). Neben Essays geh¨oren Gedichte und Romane zu seinen Werken. C DLL Haas, Hans, Religionswissenschaftler, Japanologe, * 3. 12. 1868 Donndorf bei Bayreuth, † 10. 9. 1934 Leipzig. Nach dem Studium der evang. Theologie und Klassischen Philologie war H., Sohn eines Bauf¨uhrers, 1884-89 Stadtvikar in Aschaffenburg. Durch seine Beziehungen zur Berliner Ostasienmission erhielt er eine sprachliche Ausbildung in Berlin und London, ehe er 1898 einem Ruf als Pfarrer der deutsch-evangelischen Gemeinde nach Tokio und Yokohama folgte. Zugleich u¨ bernahm er die Direktion der ShinkyoShinako-(Deutschen Theologischen) Hochschule in Tokio. H. arbeitete u¨ ber den japanischen Buddhismus und den Islam. 1909 kehrte er als Privatgelehrter nach Deutschland zur¨uck und lebte bis 1912 in Heidelberg, bis 1914 in Coburg. Seit 1913 lehrte er in Jena und wurde 1915 Prof. der allgemeinen und vergleichenden Religionsgeschichte in Leipzig. In seinen Schriften sprach sich H. f¨ur eine Verst¨andigung und Ann¨aherung der Weltreligionen aus (Geschichte des Christentums in Japan, 2 Bde., 1902-04). C NDB

Haas, Hippolyt Julius, Geologe, Pal¨aontologe, * 5. 11. 1855 Stuttgart, † 6. 9. 1913 M¨unchen. H., Sohn eines Bankiers, studierte in T¨ubingen, Straßburg und Heidelberg, wurde dort 1881 zum Dr. phil. promoviert (Monographie der Rhynchonellen der Juraformation von Elsass-Lothringen), unternahm mehrere Studienreisen nach Elsaß-Lothringen, S¨udtirol und in die Schweiz und erforschte insbesondere die Brachiopodenfauna. 1883 in Kiel mit der Arbeit Ueber das Diluvium in Norddeutschland und u¨ ber die Ansichten von dessen Entstehung habilitiert, wurde er dort 1888 a. o. Prof., 1905 Honorarprofessor und war Kustos des Mineralogischen Museums. 1909 erfolgte seine Ernennung zum Geheimen Regierungsrat. H., seit 1892 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, wurde vor allem durch seine popul¨arwissenschaftlichen Ver¨offentlichungen auf den Gebieten der Geologie und

Pal¨aontologie bekannt (Aus der Sturm- und Drangperiode der Erde, 3 Bde., 1894-1903). Zu seinen weiteren Ver¨offentlichungen z¨ahlen Katechismus der Geologie (1885, 51906 unter dem Titel Leitfaden der Geologie), Deutsche Nordseek¨uste. Friesische Inseln und Helgoland (1900), Der Vulkan. Die Natur und das Wesen der Feuerberge [. . .] (1903, 3 1912 unter dem Titel Unterirdische Gluten), Neapel. Seine Umgebung und Sizilien (1904, 31927) und Schwabenland (1914, 21925). H. war Mitherausgeber u. a. des „Archivs f¨ur Anthropologie und Geologie Schleswig-Holsteins“. C SHBL, Bd 11

Haas, Johann Daniel (I), Fabrikant, * 27. 5. 1731 Dillenburg / Lahn, † 9. 3. 1798 Dillenburg. H., Sohn eines Strumpfwebers, betrieb zun¨achst einen Großhandel mit Kolonialwaren, Wein und Tabak in Dillenburg, ehe er dort 1778 / 79 zus¨atzlich eine Baumwollspinnerei und dann noch eine „Tabakfabrik“ gr¨undete. Letztere geh¨orte nicht nur zu den a¨ ltesten Tabakmanufakturen Nassaus, sondern entwickelte sich auch zu einer der bedeutendsten des 18. Jahrhunderts. H. war der Vater von Johann Daniel (II) und Ernst → H.

Haas, Johann Daniel (II), Kaufmann, Fabrikant, Politiker, * 15. 10. 1780 Dillenburg / Lahn, † 24. 2. 1849 Dillenburg. Der Sohn des Textilfabrikanten Johann Daniel (I) → H. wurde nach dem Tod seines Vaters 1798 Teilhaber von dessen „Tabakfabrik“ sowie der Wein- und Kolonialwarenhandlung. 1846 / 47 war H. Mitglied der Deputiertenkammer Nassaus.

Haas, Johann Wilhelm, Blechblasinstrumentenbauer, getauft 6. 8. 1649 N¨urnberg, † 2. 7. 1723 N¨urnberg. H., dessen Großvater in N¨urnberg als T¨urmer angestellt war und als Nadelmacher arbeitete, erhielt seine Ausbildung zum Trompetenmacher eventuell bei Hans Hainlein. Als Begr¨under einer bekannten N¨urnberger Instrumentenbauerfamilie stellte er handwerklich hochwertige und prunkvoll verzierte Trompeten, Posaunen und H¨orner her; als Markenzeichen verwendete er den nach links springenden Hasen. H.s Arbeiten wurden in ganz Europa gesch¨atzt und 1719 u. a. dem Hof von Rudolstadt empfohlen. C MGG

Haas, Jonas, Kupferstecher, * 1720 N¨urnberg, † 10. 4. 1774 Kopenhagen. H. war 1743-53 in Hamburg t¨atig, ging 1754 nach Kopenhagen und wurde dort 1755 zum Universit¨atskupferstecher ernannt. Zu seinen Werken geh¨oren zahlreiche Buchillustrationen, Vignetten und Stiche nach a¨ lteren Vorlagen. Von ihm stammen u. a. die Illustrationen zu Frederik Ludwig Nordens Voyage en Egypte. C LGB

Haas, Joseph, Komponist, * 19. 3. 1879 Maihingen bei N¨ordlingen, † 30. 3. 1960 M¨unchen. Zun¨achst Volksschullehrer, ging H., Sohn eines Lehrers, 1898 nach M¨unchen, studierte Musikwissenschaften an der dortigen Univ. und wurde 1904 Sch¨uler Max → Regers, dem er 1907 an das Leipziger Konservatorium folgte. Im folgenden Jahr f¨ur seine Violinsonate op. 21 mit dem ArthurNikisch-Stipendium ausgezeichnet, kehrte er nach M¨unchen zur¨uck und wurde 1911 an das Stuttgarter Konservatorium berufen, wo man ihn 1917 zum Prof. ernannte. H. folgte 1921 einem Ruf an die M¨unchner Akademie der Tonkunst und u¨ bernahm die Leitung einer Kompositionsklasse, 1925 der Abteilung f¨ur Kirchenmusik. 1946-49 war er Pr¨asident der Hochschule f¨ur Musik in M¨unchen. H., der bis 1949 auch Pr¨asident des „Berufsverbandes deutscher Komponisten“ war, begr¨undete 1921 mit Heinrich → Burkard, Eduard → Erdmann und Paul → Hindemith die Donaueschinger Kammermusik-Feste f¨ur Neue Musik. Er komponierte u. a.

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Haas Kammer- und Orchestermusik, Lieder, Opern (Tobias Wunderlich, 1937; Die Hochzeit des Jobs, 1944) sowie f¨unf „Volksoratorien“ (u. a. Die heilige Elisabeth, 1931). C MGG

R¨ohm & Haas GmbH, Darmstadt, gehalten hatten, aus diesem Unternehmen aus. Daraufhin wurde H.’ Name aus dem C NDB Firmennamen entfernt.

Haas, Leo, Graphiker, Karikaturist, * 15. 4. 1901 Troppau

† 27. 4. 1955 London. H. erwarb 1903 das Antiquariat von Leo Liepmann in Berlin, wo er bis 1932 aufsehenerregende Auktionen von Musikhandschriften und Nachl¨assen durchf¨uhrte. Es kamen u. a. Handschriften von Ignaz → Moscheles (1911), Johann Anton → Andr´e (1929) und 66 Originalmanuskripte → Mozarts zum Verkauf. Nach der nationalsozialistischen Macht¨ubernahme verkaufte H. sein Antiquariat an J. Fock in Leipzig und J. A. Stargardt in Berlin und emigrierte nach London, wo er ein neues Antiquariat aufbaute. Dieses wurde nach H.’ Tod von Albi → Rosenthal weitergef¨uhrt. C LGB

(Schlesien), † 13. 8. 1983 Berlin. Nach dem Studium der Malerei an den Kunstakademien in Karlsruhe und Berlin (1919-24) arbeitete H. f¨ur kurze Zeit als Pressezeichner in Wien, seit 1926 als freischaffender Maler, B¨uhnenbildner, Pressezeichner und Gebrauchsgraphiker in Troppau. 1939 verhaftet, war er bis 1945 in verschiedenen Konzentrationslagern interniert. Nach der Befreiung lebte H. in Prag als Karikaturist und Pressezeichner u. a. f¨ur „Rud´e Pr´avo“. 1955 siedelte er in die DDR u¨ ber, war st¨andiger Mitarbeiter des „Neuen Deutschland“, der „Wochenpost“ und des „Eulenspiegel“ und entwickelte Sendereihen f¨ur das DDR-Fernsehen. H. wurde mit dem Kunstpreis der DDR aufgezeichnet und 1966 zum Prof. ernannt. C DDR

Haas, Ludwig, Jurist, Politiker, * 16. 4. 1875 Freiburg / Breisgau, † 2. 8. 1930 Karlsruhe. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften 1895-98 in Heidelberg, Freiburg und M¨unchen und der Promotion in Freiburg ließ sich H., Sohn eines Kaufmanns, als Rechtsanwalt in Karlsruhe nieder. 1910 in den dortigen Stadtrat gew¨ahlt, geh¨orte er 1912-18 als Mitglied der Forschrittlichen Volkspartei dem Reichstag an. 1915 wurde H. an die Spitze des j¨udischen Dezernats der deutschen Zivilverwaltung im besetzten Polen berufen. Nach dem Ersten Weltkrieg war er 1918 / 19 Innenminister der vorl¨aufigen Regierung Badens und blieb bis 1920 Mitglied des Badischen Staatsrats. Er geh¨orte der Verfassunggebenden Nationalversammlung an, saß seit 1919 als Abgeordneter der Deutschen Demokratischen Partei im Reichstag und f¨uhrte seit 1921 deren Fraktion. H., der zionistische Bestrebungen ablehnte, war Vorstandsmitglied im Centralverein deutscher Staatsb¨urger j¨udischen Glaubens und im Reichsbund j¨udischer FrontsolC Bad Bio N.F., Bd 2 daten.

Haas, Nikolaus, kath. Theologe, Historiker, * 16. 7. 1779 H¨ochstadt (Franken), † 1. 8. 1855 Bamberg. Im Jahr 1803 zum Priester geweiht, wurde H. 1823 Pfarrer in Scheßlitz und sp¨ater Stadtpfarrer in Bamberg. Seit 1836 war er Landtagsabgeordneter. H., der der Kgl. Akademie der Wissenschaften in M¨unchen als korrespondierendes Mitglied angeh¨orte, ver¨offentlichte Werke zur deutschen und slawischen Geschichte sowie eine Geschichte der PfarC Kosch: Kath rei St. Martin zu Bamberg (1845).

Haas, (Heinrich) Otto, Industrieller, * 15. 3. 1872 Stuttgart, † 4. 4. 1960 Philadelphia (USA). Nach einer Banklehre war H., Sohn eines Eisenbahnbeamten, als Kaufmann in Stuttgart und in den USA t¨atig, bis er 1907 zusammen mit dem Chemiker Otto → R¨ohm in Esslingen die Chemiefabrik R¨ohm & Haas gr¨undete. Mit der Herstellung von Produkten f¨ur die Lederindustrie erfolgreich, erweiterten H. und R¨ohm ihr Unternehmen und verlegten dessen Hauptsitz 1909 nach Darmstadt. In schneller Folge gr¨undeten sie Zweigniederlassungen im Ausland. Die wichtigste dieser Filialen, die H. in Philadelphia (USA) selbst leitete, wurde 1917 in eine selbst¨andige Firma unter dem Namen Rohm and Haas Company u¨ bergef¨uhrt. Wie das Stammwerk in Deutschland produzierte diese Firma enzymatische Industrie- und K¨orperpflegeprodukte und u¨ bernahm auch dessen Entwicklungen auf dem Kunststoffsektor. Unter H.’ Leitung entwickelte sich die Rohm & Haas Company zu einem der bedeutendsten Chemieunternehmen der USA. 1970 stiegen H.’ Erben, die bis dahin Anteile an der

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Haas, Otto, Antiquar, * 2. 12. 1874 Frankfurt / Main,

Haas, Paul, Jurist, Verleger, * 1. 11. 1876 Augsburg, † 10. 9. 1951 Augsburg. H. war Stipendiat des Maximilianeums und studierte an der Univ. M¨unchen die Rechte. Sp¨ater trat er in den Gerichts- und Verwaltungsdienst ein und wurde 1906 Anwalt am Land- und Oberlandesgericht in M¨unchen. 1924 wechselte H. an das Landgericht Augsburg und u¨ bernahm die alleinige Gesch¨aftsf¨uhrung des Literarischen Instituts Haas & Grabherr. Unter seiner Leitung entwickelte sich die „Neue Augsburger Zeitung“ zur f¨uhrenden kath. Tageszeitung in S¨uddeutschland; auch die „Augsburger Postzeitung“ gestaltete H. neu. 1924 gr¨undete er die „S¨uddeutsche Woche“, 1927 das „Katholische Sonntagsblatt f¨ur die Di¨ozese Augsburg“. H. war Vorsitzender des Schw¨abischen Zeitungsverleger-Vereins.

Haas, Paul Gerhard de, Agronom, * 12. 3. 1907 Saarlouis, † 12. 8. 1976 Hannover. H. studiert bis 1934 Gartenbau in Berlin und wurde 1936 an der Univ. Halle / Saale mit einer obstbaulichen Arbeit promoviert. Anschließend war er bis 1945 Leiter der obstbaulichen Lehr- und Forschungsinstitute in Bad K¨ostritz (Th¨uringen) und in Pillnitz bei Dresden, 1949-72 o. Prof. f¨ur Obstbau an der TH Dresden. H. f¨uhrte u. a. Experimente zu Standorteinfl¨ussen bei Obstgeh¨olzen durch und untersuchte landschafts¨okologische Aspekte des Obstbaus. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen Bodenkunde f¨ur G¨artner (1949), Marktobstbau (1957) und Naturgem¨aßer Obstbaumschnitt (1965, 51981). 1959-72 war er Mitherausgeber der Zeitschrift „Erwerbsobstbau“ und 1961-75 maßgeblich verantwortlich f¨ur die Herausgabe der Zeitschrift „Die Gartenbauwissenschaft“. 1961-71 war er Pr¨asident der Deutschen Gartenbauwissenschaftlichen Gesellschaft. C B¨ohm

Haas, Philipp, o¨ sterr. Fabrikant, Erfinder, * 7. 6. 1791 Wien, † 3. 6. 1870 V¨oslau (Nieder¨osterreich). H., dessen Vater im Besitz einer Textilwerkst¨atte war, gr¨undete nach dem Besuch der Manufaktur-Zeichenschule St. Anna 1810 eine eigene Werkst¨atte. In den zwanziger Jahren erhielt er mehrere kaiserliche Privilegien f¨ur seine technischen Erfindungen zur Verbesserung der Gewebequalit¨at sowie zur Herstellung von Spitzen. Die Produktion seiner Firma, zun¨achst auf Kleiderstoffe spezialisiert, wurde zu Beginn der vierziger Jahre auf Teppiche und M¨obelstoffe ausgedehnt. 1845 erwarb H. eine Handweberei in Mitterndorf bei Wien hinzu und er¨offnete 1849 in Hlinsko (B¨ohmen) Webereien f¨ur Wollsamt. Nach Erweiterungen bestand das Unternehmen 1860 aus f¨unf Werken, u. a. einer Fabrik f¨ur Wolldamaste in Bradford. C NDB Haas, Philipp de, j¨udischer Theologe, * 6. 3. 1884 Pyrmont, † 16. 4. 1935 Oldenburg. H. studierte 1902-05 in Breslau und 1905 / 06 in Straßburg, wo er zum Dr. phil. promoviert wurde, und besuchte daneben 1902-09 das J¨udische Theologische Seminar in Breslau.

Haas Bis 1910 war er zweiter Rabbiner in Posen, anschließend Rabbiner in Kattowitz. 1920 wurde H. zum Landesrabbiner in Oldenburg gew¨ahlt. Er setzte sich f¨ur die Neugestaltung der Verfassung der j¨udischen Gemeinden und die Neuordnung des Verh¨altnisses der Gemeinden zum Staat ein, die 1927 durch das „Gesetz betreffend die Berechtigung der j¨udischen Religionsgesellschaft im Landesteil Oldenburg“ geregelt wurde. Als 1932 die staatlichen Zusch¨usse f¨ur die j¨udischen Kultusgemeinden durch die nationalsozialistisch gef¨uhrte Regierung gestrichen wurden, setzte H. den Anschluß der oldenburgischen Landesgemeinde an den preuß. Landesverband durch, der finanzielle Unterst¨utzung gew¨ahren konnte. C Oldenburg

Haas, Richard, Bakteriologe, Hygieniker, * 23. 9. 1910 Chemnitz, † 26. 9. 1988. H. studierte in M¨unchen, G¨ottingen und Leipzig Chemie und Medizin. 1935 zum Dr. med. promoviert (Experimentelle Untersuchungen am automatischen harmonischen Analysator nach Garten), wurde er Assistent Emil → Abderhaldens in Halle. 1937 wechselte er zum Institut f¨ur experimentelle Therapie der Behringwerke in Marburg / Lahn und ubernahm ¨ im folgenden Jahr die Leitung der diagnostischen Untersuchungsabteilung. 1942 ging H. als Leiter eines von den Behringwerken eingerichteten Instituts zur Herstellung von Impfstoffen gegen Fleckfieber nach Lemberg. An der Univ. Marburg 1942 mit der Arbeit Die Ruhrbakterien und ihre Giftstoffe habilitiert, wurde er 1952 an die Spitze des Instituts f¨ur experimentelle Therapie berufen und lehrte seit 1953 als a. o. Prof. an der Univ. Marburg. 1955 wurde er o. Prof. der Hygiene und Bakteriologie an der Univ. Freiburg / Breisgau und Direktor des dortigen Hygiene-Instituts. H., der sich insbesondere mit Immunchemie und Virologie besch¨aftigte, wurde durch die Entwicklung eines Impfstoffs gegen Kinderl¨ahmung bekannt, der jedoch bald durch die Schluckimpfung nach Albert Bruce Sabin und anderen abgel¨ost wurde. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Virusund Rickettsien infektionen des Menschen (1965) und Influenza, Bagatelle oder t¨odliche Bedrohung? (1979). C Munzinger

Haas, Robert Maria, o¨ sterr. Musikwissenschaftler, Kapellmeister, Komponist, * 15. 8. 1886 Prag, † 4. 10. 1960 Wien. H., Sohn eines Arztes und Universit¨atsdozenten, studierte Musikwissenschaften an den Universit¨aten Prag, Berlin und Wien und wurde 1908 in Prag mit der Dissertation Das Wiener Singspiel zum Dr. phil. promoviert. Nach seiner Assistentenzeit 1908 / 09 bei Guido → Adler in Wien arbeitete er in M¨unster (Westfalen), Konstanz, Erfurt und Dresden ¨ als Theaterkapellmeister. 1918 trat er in die Osterreichische Nationalbibliothek ein und war 1920-45 Direktor der Musiksammlung. 1923 habilitierte er sich mit einer Arbeit u¨ ber Johann Ernst → Eberlin an der Univ. Wien f¨ur Musikwissenschaften, an der er 1929 zum a. o. Prof. ernannt wurde. H., der mehreren wissenschaftlichen Gesellschaften angeh¨orte, ver¨offentlichte musikhistorische Abhandlungen (u. a. Bach und Mozart in Wien, 1951), gab das Gesamtwerk Anton → Bruckners heraus und trat als Komponist von Kammermusik und von Liedern hervor. C MGG

Haas, Rudolf, H¨uttenbesitzer, * 2. 11. 1843 Dillenburg / Lahn, † 28. 10. 1916 Sinn (Dillkreis). Der Sohn des H¨uttenbesitzers Ernst → H. studierte in Heidelberg und an der Montanhochschule Leoben. Seit 1867 war er auf der Neuhoffnungsh¨utte in Sinn t¨atig, deren Leiter er 1900 wurde. Seitdem betrieb er ihren Ausbau und entwickelte sie zu einem leistungsf¨ahigen Unternehmen. H. war einer der Begr¨under des Vereins Deutscher Eisenh¨uttenleute. C Serlo

Haas, Rudolf, o¨ sterr. Schauspieler, Regisseur, * 8. 7. 1849 Ottenschlag (Nieder¨osterreich), † 9. 5. 1927 Leipzig. Der Sohn eines Arztes nahm 1866 am Feldzug nach Italien teil und arbeitete bis 1872 als Finanz- und Zollbeamter. Anschließend war er als Mitglied verschiedener Wandertruppen als Schauspieler t¨atig und erhielt 1885 ein Engagement am Deutschen Theater in Budapest, wo er auch als Regisseur wirkte. 1888 ging H. an das W¨urzburger Theater, dann nach N¨urnberg, 1890 nach Hannover und im folgenden Jahr nach Chemnitz. Seit 1896 spielte er am Wilhelmstheater in Magdeburg, seit 1899 am G¨artnerplatztheater in M¨unchen und geh¨orte 1901-18 dem Ensemble des Leipziger Stadttheaters an, wo er auch Regie f¨uhrte. H., der seine gr¨oßten B¨uhnenerfolge als Interpret komischer Rollen erzielte, wirkte auch ¨ bei Runkfunkproduktionen mit. C OBL Haas, Rudolf, Schriftsteller, * 28. 6. 1877 Mies (B¨ohmen), † 25. 8. 1943 Villach (K¨arnten). H. schloß das Studium der Rechtswissenschaften 1902 in Prag mit der Promotion ab und trat in den Dienst der Staatseisenbahngesellschaft. Seit 1912 war er in Villach ans¨assig und widmete sich neben seiner T¨atigkeit als Beamter der Schriftstellerei. 1925 schied er als Oberbahnrat aus dem Staatsdienst aus. H. schrieb Romane und Erz¨ahlungen, vorwiegend zu Stoffen aus seiner sudetendeutschen Heimat oder der K¨arntner Wahlheimat, darunter der Roman Diktatur (1923), die Erz¨ahlungen Heimholung ins Reich (1924), deren zweite Fassung (1943) ebenso den Nationalsozialismus verherrlichte wie der Roman Mutter Berta. Ein deutsches Frauenleben (1940). C Hillesheim Haas, Rudolf, Anglist, Amerikanist, * 5. 2. 1922 Stuttgart, † 24. 10. 2004 Hamburg. H., Sohn eines B¨ackermeisters, begann 1940 das Studium der Anglistik, Germanistik, Geschichte, Psychologie und P¨adagogik an der Univ. T¨ubingen, trat nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg 1941-45 in den Schuldienst ein und lehrte an der Lehrerbildungsanstalt in K¨unzelsau. 1949 / 50 studierte er Anglistik an der University of Maryland, seit 1950 in T¨ubingen, wo er 1952 mit einer Dissertation u¨ ber Die Gestaltung der dramatischen Person in den großen Trag¨odien Shakespeares promoviert wurde. 1958 habilitiert (Krieg und Krise im modernen englischen und amerikanischen Roman), wurde H. 1959 a. o. und 1961 o. Prof. an der Univ. Hamburg. Er trat vor allem mit Arbeiten zu Unterricht und Studium der englischen und amerikanischen Literatur hervor, darunter Wege zur englischen Lyrik in Wissenschaft und Unterricht. Interpretationen (1962), Anglistikstudium und Englischunterricht (1963) und Theorie und Praxis der Interpretation. Modellanalysen englischer und amerikanischer Texte (1977). Daneben gab er u. a. Bildungswettlauf zwischen Ost und West (1960, mit Leonhard Froese und Oskar Anweiler) und Helmut Thielicke. Prediger in unserer Zeit (1968, mit Martin → Haug) heraus und ver¨offentlichte A moment’s monument. Hamburgensien in Vers und Prosa (1972). H. war 1980-84 Pr¨asident der International Association of University Professors of English und 1992-97 Vorsitzender des Stiftungsrats der Carl-Toepfer-Gesellschaft. C Anglistenlex

Haas, Rudolf Christian, Kaufmann, * 1836 Mannheim, † 1897 K¨oln. Der Sohn eines Kolonialwarengroßh¨andlers und Bruder von Carl Josef → H. arbeitete zun¨achst im v¨aterlichen Gesch¨aft in Mannheim, gab diese T¨atigkeit jedoch aus gesundheitlichen Gr¨unden auf und lebte um 1882 bei Aschaffenburg, wo er sich an einer Braunholzschliff-Fabrik beteiligte. Diese T¨atigkeit machte ihn mit den ersten Projekten der SulfitZellstoffherstellung bekannt. Er regte seinen Bruder an, ein eigenes Unternehmen dieser Art zu gr¨unden. Dieses entstand nach Grundst¨ucksk¨aufen seines Bruders 1884 unter

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Haas dessen kaufm¨annischer und der technischen Leitung von Carl → Clemm in Waldhof bei Mannheim. H. beteiligte sich als Teilhaber und u¨ bernahm den Vorsitz des Aufsichtsrats, den er bis zu seinem Tod innehatte. * 23. 8. 1741 Basel, † 8. 6. 1800 St. Urban (Kt. Luzern). Der Sohn des Stempelschneiders und Schriftgießers Johann Wilhelm H. erlernte das Handwerk seines Vaters und widmete sich zudem mathematischen Studien. 1764 u¨ bernahm er das v¨aterliche Unternehmen in Basel, das unter seiner Leitung eine Bl¨utezeit erlebte. Er f¨uhrte Verbesserungen in der Drucktechnik ein und spezialisierte sich auf den Landkartendruck mit beweglichen Typen („typometrisches Verfahren“). Als Schriftgießer wurde er durch seine klassizistischen Typen bekannt. Sp¨ater wurde H. Generalinspektor der helvetischen Artillerie und u¨ bernahm zuletzt die Leitung der Central-Artillerieschule in St. Urban. Er war der Vater von Wilhelm → H. C NDB

zum Dr. jur. 1922 vor¨ubergehend Volont¨ar in einer Reederei, schlug er die diplomatische Laufbahn ein. Nach T¨atigkeiten bei der Deutschen Botschaft in Paris und der Deutschen Gesandtschaft in Addis Abeba wurde H. 1927 zum Deutschen Generalkonsulat in Schanghai und 1929 zur Deutschen Gesandtschaft in Peking versetzt. Seit 1930 war er erneut in Berlin t¨atig, bis er 1934 Handelsattach´e in Tokio wurde. 1937 entlassen, fand H. Besch¨aftigung bei der Vertretung der IG Farben in Peking, kehrte nach Kriegsende nach Deutschland zur¨uck und wurde 1947 Leiter der Pr¨asidialkanzlei im Bremer Senat. Seit 1949 stand er an der Spitze des Organisationsb¨uros f¨ur die deutschen Auslandsvertretungen, bis er 1952 als Botschafter nach Ankara entsandt wurde. H. war seit 1956 erster Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in der Sowjetunion, 1958-61 Botschafter in Tokio. Er ver¨offentlichte einen Beitrag zur Geschichte der Entstehung des Ausw¨artigen Dienstes der Bundesrepublik (1969). C BHdAD

Haas, Wilhelm, schweizer. Schriftgießer, Drucker,

Haas, Willy, urkundl. Vilem, Pseud. Kenes, Caliban,

* 15. 1. 1766 Basel, † 22. 5. 1838 Basel. In Anwendung des von seinem Vater Wilhelm → H. gepflegten „typometrischen Verfahrens“ begann H. in jungen Jahren, Landkarten zu setzen. Im Auftrag Napoleons korrigierte er 1798 eine Italienkarte; sp¨ater war er in Parma mit der Verbesserung der Papiergl¨attpresse Giambattista Bodonis besch¨aftigt. H. f¨uhrte die Schriftgießerei seines Vaters weiter, stellte u. a. kyrillische und hebr¨aische Schrifts¨atze her und widmete sich seit der Erweiterung des Unternehmens um eine Druckerei verst¨arkt dem Buchdruck. 1830 brachte er das Gebet des Herrn in 100 Sprachen und Mundarten heraus. C NDB

Haas, (Karl Friedrich) Wilhelm, Verbandsfunktion¨ar, Politiker, * 26. 10. 1839 Darmstadt, † 8. 2. 1913 Darmstadt. Nach dem rechtswissenschaftlichen Studium in Gießen trat H., Sohn eines Gymnasialprofessors, 1864 in die Verwaltung des Großherzogtums Hessen ein und wurde 1874 Polizeichef in Darmstadt. Er initiierte 1872 die Gr¨undung einer landwirtschaftlichen Bezugsgenossenschaft in Friedberg. 1883 rief H. die „Vereinigung der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften“ ins Leben, den Vorl¨aufer des Deutschen Raiffeisen-Verbandes. Als Mitglied der Nationalliberalen Partei geh¨orte er seit 1881 dem hessischen Landtag an, dessen Pr¨asident er 1897 wurde. 1900 verließ er den Staatsdienst, um sich ganz seiner politischen und genossenschaftlichen Arbeit zu widmen. H. war 1898-1912 Mitglied der Reichstags. 1907 gr¨undete er den Internationalen Bund der landwirtschaftlichen Genossenschaften, dessen Vorsitz er u¨ bernahm. C NDB

Aktivan, Essayist, Kritiker, Lektor, Herausgeber, * 7. 6. 1891 Prag, † 4. 9. 1973 Hamburg. W¨ahrend seiner Schulzeit in Prag befreundete sich H., Sohn eines Rechtsanwalts, mit Franz → Werfel, Paul → Kornfeld, Max → Brod und Franz → Kafka. Als Jurastudent an der dortigen Univ. (1909-11) rief er 1911 die literarische Zeitschrift „Die Herder-Bl¨atter“ ins Leben und beteiligte sich an der Gr¨undung des Herder-Vereins, in dem u. a. Hugo von → Hofmannsthal und Kafka Lesungen abhielten. Durch Vermittlung Werfels erhielt H. 1914 eine Stelle als Lektor im Leipziger Kurt Wolff Verlag, meldete sich aber bei Kriegsbeginn als o¨ sterr. Leutnant an die Front. Seit 1920 lebte H. als Filmkritiker (u. a. f¨ur die Tageszeitung „Filmkurier“) und Drehbuchautor in Berlin, arbeitete 1923 / 24 im S. Fischer Verlag und begr¨undete 1925 zusammen mit Ernst → Rowohlt die Zeitschrift „Die literarische Welt“. 1933 kehrte H. nach Prag zur¨uck und floh 1939 u¨ ber Italien nach Indien, wo er u. a. englischsprachige Drehb¨ucher f¨ur indische Filme verfaßte. 1941 trat er in die indisch-britische Armee ein. Nach einem Aufenthalt in London 1947 / 48 als Mitarbeiter des „Central European Observer“ und des Foreign Office kehrte er im Auftrag des Foreign Office als Controller der Tageszeitung „Die Welt“ nach Deutschland zur¨uck und wurde 1953 Feuilletonredakteur, Theater- und Literaturkritiker bei der „Welt“. H. gab 1952 Kafkas Briefe an Milena heraus und ver¨offentlichte Essays (gesammelt u. a. in Fragmente eines Lebens, 1960), literaturgeschichtliche Arbeiten (Die Belle Epoque, 1967) sowie das Erinnerungsbuch Die literarische Welt (1957, Neuausg. 1983). C Killy

Haas, Wilhelm, o¨ sterr. Bibliothekar, * 25. 5. 1842

Haase, Adolf Theodor, evang. Theologe, * 31. 7. 1802

Haas, Wilhelm, schweizer. Schriftgießer, Drucker,

Neutitschein (M¨ahren), † 24. 1. 1918 Wien. Nach dem Studium der Mathematik und Physik an der Wiener Univ., das er mit der Promotion abschloß, trat H. 1874 als Volont¨ar in die Wiener Universit¨atsbibliothek ein und wurde 1881 Skriptor. 1894 Kustos. Seit 1895 leitete er als Vorsteher die Grazer Universit¨atsbibliothek, bis er 1903 die Direktion der Universit¨atsbibliothek in Wien u¨ bernahm (bis 1910). Unter seiner Leitung wurde das Katalogzimmer erweitert, die Arbeiten am Nominal-Bandkatalog abgeschlossen und mit der Erarbeitung eines Schlagwortkatalogs begonnen. Seit 1904 setzte sich H. ohne Erfolg daf¨ur ein, die Bibliothek wegen der enormen Zuw¨achse baulich zu erweitern. C Czeike

Haas, Wilhelm, Jurist, Diplomat, * 4. 9. 1896 Bremen, † 11. 1. 1981 Bremen. H., Sohn eines Kaufmanns, studierte nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1919-21 Rechts- und Staatswissenschaften in Marburg und Freiburg / Breisgau. Nach der Promotion

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Pirna (Sachsen), † 10. 4. 1870 Lemberg. Nach theologischen Studien an der Univ. Leipzig besuchte H. das Predigerseminar in Dresden und wurde 1830 Diakon in Radeberg, 1833 Pfarrer in Lemberg. Seit 1834 Verweser der evang. Superintendentur Augsburgischen und Helvetischen Bekenntnisses in Galizien-Bukowina, wurde er 1835 Superintendent. Als erster Vertreter der evang. Kirche wurde H. 1861 Mitglied des o¨ sterr. Herrenhauses. 1864 war er Pr¨asident der Ersten Generalsynode Augsburgischen Bekenntnisses in Wien. H., der auch als Prediger hervortrat, beteiligte sich an der Gr¨undung mehrerer Schulen und rief 1859 einen Prediger-Witwen-Fonds ins Leben. Er war der Vater von Theodor Karl → H. C NDB

Haase Edler von Wranau, Andreas, Drucker, Verleger, Fabrikant, * 30. 8. 1804 Prag, † 26. 6. 1864 Prag. Nach Abschluß einer Setzerlehre in Br¨unn trat H. in die Druckerei seines Vaters Gottlieb H. ein, zu der eine

Haase Papierhandlung, eine Schriftgießerei und eine Buchhandlung geh¨orten. Seit 1827 war er Herausgeber der offiziellen „Prager Zeitung“ und der neugegr¨undeten „Unterhaltungsbl¨atter“, die sp¨ater in „Bohemia“ umbenannt wurden; ferner publizierte er Kalender in hohen Auflagen. H. wendete ¨ ¨ als erster in Osterreich den Mehrfarben-Oldruck an und sicherte den Schriftgießereien des Familienunternehmens eine f¨uhrende Stellung. Die 1837 um eine Papierm¨uhle erweiterte Firma expandierte auch auf dem Gebiet des Verlagsund Sortimentsbuchhandels. H. war stellvertretender B¨urgermeister von Prag und Pr¨asident der Handels- und Gewerbekammer. C NDB

Haase, Carl, Historiker, * 26. 1. 1920 Hamburg, † 7. 1. 1990 Hannover. Das Studium der Geschichte schloß H. 1950 mit der Promotion ab (Untersuchungen zur Geschichte und Verbreitung des Bremer Stadtrechtes im Mittelalter). 1954 wurde er Assistent am Staatsarchiv Oldenburg, 1956 Staatsarchivrat, 1960 Leitender Archivdirektor und war 1970-78 Direktor der Staatsarchive in Niedersachsen. Er geh¨orte der Historischen Kommission f¨ur Niedersachsen und Bremen an und war Mitglied der Akademie der Wissenschaften in G¨ottingen. H. ver¨offentlichte u. a. Die Entstehung der westf¨alischen St¨adte (1960, 41984), Ernst Brandes 1758-1810 (2 Bde., 1973 / 74) und Politische S¨auberungen in Niedersachsen 1813-1815 (1983). 1960-64 war er Mitherausgeber der „Hansischen Geschichtsbl¨atter“, 1975-81 Herausgeber des „Nieders¨achsischen Jahrbuchs f¨ur Landesgeschichte“. Haase, (Reinhold) Ernst, P¨adagoge, Mineraloge, * 21. 10. 1871 Gerbstedt bei Hettstedt, † 13. 12. 1959 Halle / Saale. Wie sein Bruder Hermann → H. besuchte H., Sohn eines Kaufmanns, 1889-92 das Lehrerseminar in Eisleben und erhielt eine Stelle als Volksschullehrer in Halle. Nach Studien der Mineralogie und Petrographie an der dortigen Univ. unterrichtete er seit 1903 am Gymnasium und u¨ bernahm 1911 die Leitung der Weing¨artenschule, seit 1918 der Alten Volksschule in Halle. 1934 schied H. aus dem Schuldienst aus und widmete sich petrographischen Forschungen. 1940 erfolgte die Wahl in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1947 wurde er zum Prof. der praktischen P¨adagogik an der P¨adagogischen Akademie in Halle ernannt. Schwerpunkt der Lehrt¨atigkeit H.s war die Methodik des Biologie- und Chemieunterrichts. Neben p¨adagogischen Abhandlungen (u. a. Volksgesundung durch Volkserziehung, 1948) ver¨offentlichte er naturwissenschaftliche Forschungsbeitr¨age, darunter Die Erdrinde (1909, 51929) und Die Porphyrite von L¨obej¨un (1943). C NDB

Haase, (Ludwig Heinrich) Friedrich, Schauspieler, * 1. 11. 1825 Berlin, † 17. 3. 1911 Berlin. H., dessen Vater Kammerdiener K¨onig → Friedrich Wilhelms IV. von Preußen war, erhielt auf Veranlassung des K¨onigs eine Theaterausbildung bei Ludwig → Tieck. 1845 deb¨utierte er auf der B¨uhne des Vereins „Urania“ und erhielt im folgenden Jahr ein Engagement in Weimar. 1848 wechselte er an das Hoftheater in Potsdam und anschließend an das Kgl. Schauspielhaus in Berlin. Seit 1850 geh¨orte H. dem Ensemble des Deutschen Theaters in Prag an, bis er 1853 von Franz von → Dingelstedt an das Hoftheater in M¨unchen berufen wurde. Weitere Stationen seiner Theaterlaufbahn waren Frankfurt / Main (1856-58), St. Petersburg (1858-64) und Coburg, wo er 1866 Regisseur des Hoftheaters war. H. unternahm zahlreiche Gastspielreisen, u. a. 1869 in die USA. 1870-76 war er Direktor des Leipziger Stadttheaters; 1883 beteiligte er sich an der Gr¨undung des Deutschen Theaters in Berlin. H. war bis 1893 auf verschiedenen B¨uhnen Deutschlands zu sehen. C NDB

Haase, Georg, Brauer, * 21. 11. 1859 Breslau, † 15. 1. 1931 Breslau. Der Sohn des Breslauer Brauereibesitzers Eduard H. studierte in Weihenstephan und erhielt seine praktische Ausbildung in verschiedenen deutschen und b¨ohmischen Brauereien. 1882 trat er als Prokurist in die „Lagerbierbrauerei E. Haase“ ein. H. bet¨atigte sich besonders auf dem Gebiet der Gerstenkultur und entwickelte ein neues System zur Bewertung der Qualit¨at von Braugerste (Die Braugerste, ihre Kultur, Eigenschaften und Bewertung, 1906). Er war Vorsitzender der Gestenbaugesellschaft mbH, Vizepr¨asident des Deutschen Brauerbundes und Vorstandsmitglied der Versuchs- und Lehranstalt f¨ur Brauerei in Berlin. C NDB

Haase, Helga, geb. Obschernitzki, Sportlerin, * 9. 6. 1934 Danzig, † 16. 6. 1989 Berlin. H., Tochter eines Arbeiters, begann ihre sportliche Laufbahn als Handballerin; nach der Heirat mit dem Trainer Helmut H. widmete sie sich ganz dem Eisschnellauf. 1957 nahm sie erstmals an Weltmeisterschaften teil. H¨ohepunkt ihrer Laufbahn war der Gewinn der Goldmedaille u¨ ber 500 m bei den Olympischen Spielen 1960 in Squaw Valley. H. wurde als erste Frau Unterleutnant der Volkspolizei. Nach dem Ende ihrer aktiven Laufbahn sorgte sie als Trainerin und Funktion¨arin f¨ur den Aufbau einer erfolgreichen Eisschnell¨auferGeneration in der DDR. C DDR

Haase, (Christoph) Hermann, P¨adagoge, * 10. 5. 1867 Gerbstedt bei Hettstedt, † 23. 11. 1933 Halle / Saale. Der Bruder Ernst → H.s besuchte 1881-87 das Lehrerseminar in Eisleben und war bis 1898 Lehrer der Volksschule in Helfta bei Eisleben. Seit 1898 im Schuldienst der Stadt Halle, wirkte H. zun¨achst an der Volks- und Mittelschule. 1918-32 war er Rektor einer M¨adchenmittelschule und Leiter des Halleschen „Herbart-Kr¨anzchens“. Er ver¨offentlichte Abhandlungen zur Methodik des ersten Rechenunterrichts sowie das schulp¨adagogische Werk Der urspr¨ungliche Sinn der Lehre von den Stufen des Unterrichts (1910). C NDB

Haase, Hugo, Jurist, Politiker, * 29. 9. 1863 Allenstein (Ermland, Ostpreußen), † 7. 11. 1919 Berlin. Der Sohn eines Schuhmachers und sp¨ateren Flachsh¨andlers studierte 1882-85 Rechtswissenschaften in K¨onigsberg und trat als Gerichtsreferendar 1887 der SPD bei. 1888 er¨offnete er eine Anwaltspraxis in K¨onigsberg und wurde als Verteidiger und F¨ursprecher von Arbeitern und Bauern, besonders als politischer Strafverteidiger im sog. K¨onigsberger Geheimbundprozeß 1904 bekannt, in dem er u. a. Otto → Braun zu einem Freispruch verhalf. H. war seit 1894 sozialdemokratischer Stadtverordneter in K¨onigsberg und geh¨orte 1897-1907 und 1912-19 dem Reichstag an. 1911 wurde er neben August → Bebel zum Parteivorsitzenden gew¨ahlt. Am ¨ 4. 8. 1914 verlas er – entgegen seiner pazifistischen Uberzeugung der Parteidisziplin folgend – als Fraktionsvorsitzender die zustimmende Erkl¨arung der SPD zu den Kriegskrediten. Als Mitunterzeichner des Manifests „Das Gebot der Stunde“ wandte er sich 1915 offen gegen die Kriegsziele der Reichsregierung. Im folgenden Jahr u¨ bernahm er die Leitung der „Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft“, trat dann vom SPD-Vorsitz zur¨uck und beteiligte sich maßgeblich an der Gr¨undung der USPD. Als deren Vorsitzender trat er gemeinsam mit Friedrich → Ebert, dem Vorsitzenden der SPD, im November 1918 an die Spitze des Rats der Volksbeauftragten, aus dem er sich jedoch Ende Dezember wieder zur¨uckzog. H. starb an den Folgen eines Attentats. C Lex dt-j¨ud Autoren

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Haase Haase, Johann Gottlob, Mediziner, * 1739, † 10. 11. 1801 Leipzig. H. schloß das Studium der Medizin 1764 in Leipzig mit der Promotion ab (De jecore foetus). Nach einigen Jahren als Assessor an der Medizinischen Fakult¨at der Univ. Leipzig wurde er dort 1774 a. o., 1786 o. Prof. der Anatomie und Chirurgie. Seit 1787 geh¨orte er der G¨ottinger Akademie der Wissenschaften an. H. ver¨offentlichte eine Reihe von Abhandlungen zu anatomischen und chirurgischen Themen, u. a. De vasis cutis et intestinorum absorbentibus plexibusque lymphaticis pelvis humanae annotationes anatomi¨ cae (1786). C Arzte 1 Haase, Josef Ludwig, Pseud. Josef Ludwig, o¨ sterr. Lehrer, Schriftsteller, * 25. 10. 1848 Niemes (B¨ohmen), † 7. 11. 1933 Iglau (B¨ohmen). Nach dem Studium an der TH Wien und einer T¨atigkeit als Hauslehrer wurde H. 1872 Lehrer in Krems. Seit 1876 wirkte er an der Lehrerbildungsanstalt in Komotau, seit 1889 in Prag und kehrte 1900 als Direktor an die Lehrerbildungsanstalt nach Komotau zur¨uck. H. schrieb historisierende Heimatdichtungen wie Aus ferner Vorzeit tr¨uben Tagen (1909). C DLL

Haase, Ludwig, auch L. Hase, o¨ sterr. Maler, * 30. 4. 1827 Lambach (Ober¨osterreich), † 29. 3. 1907 Linz / Donau. Nach einer Lehre bei einem Gmundener Maler studierte H. an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste bei Karl von → Blaas, Joseph von → F¨uhrich und Leopold → Kupelwieser. 1848 nach Lambach zur¨uckgekehrt, war er seit 1867 als Historienmaler in Urfahr bei Linz t¨atig, 1871-78 lehrte er auch an der Kunstgewerblichen Zeichenschule des Vereins bildender K¨unstler in Linz. Neben Historienbildern (u. a. Prinz Eugen vor der Schlacht bei Belgrad) malte H. ¨ Altarbilder f¨ur Kremsm¨unster. C OBL

Haase, (Dietrich) Otto, P¨adagoge, * 8. 10. 1893 K¨oln, † 19. 3. 1961 Hannover. Nach dem Studium der Theologie war H., Sohn eines Eisenbahnsekret¨ars, f¨ur die Landerziehungsheime Haubinda und Bieberstein t¨atig. Seit 1924 Leiter des Heilerziehungsheims in Jena, wurde er 1930 an die Spitze der neugegr¨undeten P¨adagogischen Akademie in Frankfurt / Oder berufen. H. u¨ bernahm 1932 die Leitung der P¨adagogischen Akademie in Elbing, wurde nach der nationalsozialistischen Macht¨ubernahme entlassen und arbeitete als Volksschullehrer in Hannover. Am dortigen Museum gr¨undete er 1938 eine Schularbeitsst¨atte f¨ur Vorgeschichte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkte H. in Zusammenarbeit mit dem nieders¨achsischen Kultusminister Adolf → Grimme beim Wiederaufbau des Schulwesens mit. Als Ministerialdirigent gr¨undete und betreute er bis 1958 mehrere P¨adagogische Hochschulen. C NDB Haase, Theodor Karl, evang. Theologe, Publizist, ¨ * 14. 7. 1834 Lemberg, † 27. 3. 1909 Teschen (Osterr.Schlesien). Der Sohn Adolf Theodor → H.s studierte seit 1852 Theologie und Philologie in Wien, G¨ottingen, Berlin und Rostock. 1856 in Rostock promoviert, erhielt er 1857 eine Stelle als Religionslehrer in Wien und ging 1859 als Pfarrer nach Bielitz. Dort rief er mehrere karitative und p¨adagogische Einrichtungen ins Leben, u. a. eine Kinderbewahranstalt (1862) und eine evang. Lehrerbildungsanstalt (1867). H., der 1865-82 Senior des schlesischen Seniorats Augsburgischen Bekenntnisses war, wechselte 1876 als Pfarrer nach Teschen, wo er 1892 das evang. Krankenhaus gr¨undete. ¨ An der Leitung der evang. Kirche Osterreichs hatte H. als Mitglied des Synodalausschusses (1877-1907) und als Pr¨asident der Generalsynode in Wien (1895) Anteil. Als Mitglied der Deutsch-Fortschrittlichen Partei geh¨orte er 1873-1905

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dem Abgeordnetenhaus und anschließend bis 1909 dem Herrenhaus an. H. war auch als Redakteur und Herausgeber (1865-69, „Neue protestantische Bl¨atter“) t¨atig und gr¨undete das evang. Wochenblatt „Nowy Czas“. C NDB

Haasemann, Albert (Friedrich Theodor), Industrieller, * 21. 8. 1850 Hildesheim, † 21. 6. 1934 Bremen. H., dessen Vater eine Leinenhandlung und Spinnerei in Hildesheim betrieb, erhielt nach dem Studium am Polytechnikum in Hannover eine praktische Ausbildung in englischen und schottischen Textil- und Maschinenfabriken. Als Bauingenieur beteiligte er sich an der Errichtung der Deutschen Jute-Spinnerei und -Weberei in Meißen, ehe er 1875 die technische Leitung der Bremer Jute-Spinnerei und -Weberei in Hemelingen u¨ bernahm. 1888 wurde er mit der Planung einer entsprechenden Fabrik am Bremer Hafengel¨ande betraut und u¨ bernahm deren Leitung, die er bis 1931 innehatte. Das Werk wurde sp¨ater mehrfach erweitert. H. initiierte verschiedene soziale Maßnahmen, u. a. den Bau von Wohnungen und die Bereitstellung einer Altersf¨ursorge f¨ur die Besch¨aftigten der Firma. C Brem Bio 2 Haasen, Peter, Physiker, * 21. 7. 1927 Gotha, † 18. 10. 1993 G¨ottingen. Nach einer Schlosserlehre studierte H. Physik an der Univ. G¨ottingen und wurde 1953 zum Dr. rer. nat. promoviert (Zur Orientierungsabh¨angigkeit der Verfestigungskurve kubischfl¨achenzentrierter Metallkristalle). 1954-56 am Institute for the Study of Metals an der University of Chicago t¨atig, war er 1956-58 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-PlanckInstitut f¨ur Metallforschung in Stuttgart. 1959-93 wirkte er als o. Prof. der Metallphysik an der Univ. G¨ottingen. H. war Mitherausgeber zahlreicher Zeitschriften (u. a. „Zeitschrift f¨ur Metallkunde“, „Acta Metallurgica“ und „Progress in Material Science“) und schrieb u. a. das Lehrbuch Physikalische Metallkunde (1974, 31984). Seit 1966 war er ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften in G¨ottingen, 1981-84 ihr Pr¨asident und geh¨orte seit 1986 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina an. C Jb AWG 1994 Haasenstein, (Carl) Ferdinand (Eduard), Kaufmann, * 13. 2. 1828 Gr¨afentonna (Th¨uringen), † 22. 5. 1901 Birkenwerder bei Berlin. H. war 1845-48 Buchhandelslehrling und gr¨undete 1854 eine Buchhandlung in Altona. Seit dem folgenden Jahr betrieb er eine Agentur f¨ur Zeitungsinserate, das erste deutsche Unternehmen dieser Art, und geh¨orte damit zu den Begr¨undern der Wirtschaftswerbung in Deutschland. 1858 schloß er sich mit Adolf Vogler zur Offenen Handelsgesellschaft „Haasenstein & Vogler“ zusammen (das Unternehmen firmierte grunds¨atzlich unter „Haasenstein“) und gab erstmals 1866 einen Anzeigenkatalog heraus. H. leitete die Firma in der Folge von Altona, sp¨ater von Leipzig und seit 1888 von Berlin aus und war nach der Umwandlung in eine AG deren Aufsichtsratsvorsitzender. C NDB

Haass, Friedrich Joseph, Mediziner, * 8. / 10. 8. 1780 M¨unstereifel, † 28. 8. 1853 Moskau. H., Sohn eines Apothekers, studierte in K¨oln, Jena, G¨ottingen und Wien Philosophie, Naturwissenschaften, Mathematik und Medizin mit besonderem Schwerpunkt auf der Augenheilkunde, lernte w¨ahrend des Studiums F. W. J. → Schelling kennen, mit dem er auch korrespondierte, wurde 1805 ohne Abgabe einer Dissertation promoviert, begab sich 1806 nach St. Petersburg und wurde 1807 von der Zarin → Maria Feodorowna zum Leiter des St.-Paul Hospitals in Moskau ernannt. 1809 und 1810 unternahm H. Reisen zu den kaukasischen B¨adern, u¨ ber die er, beeinflußt von der Naturphilosophie der Zeit, in der Studie Ma visite aux eaux d’Alexandre en 1809 et 1810 (1811, dt. 2005) berichtete.

Habe ¨ H. geh¨orte zu den bekanntesten deutschen Arzten im russischen Reich und diente auch als Vorbild f¨ur einen positiven Arzt in russischen Romanen des 19. und 20. Jahrhunderts. Er wurde mit dem Vladimirorden aufgezeichnet und 1843 zum Staatsrat ernannt. H. nahm m¨oglicherweise am Krieg gegen Napoleon im Sanit¨atskorps der russischen Armee teil, setzte sich in den folgenden Jahrzehnten mit seinem Verm¨ogen, theoretischen Vorschl¨agen und praktischen Initiativen f¨ur die Bek¨ampfung von Choleraepidemien, die Humanisierung des Strafvollzugs sowie die nach Sibirien zur Zwangsarbeit Verurteilten und ihre Angeh¨origen ein, was ihm den Beinamen „heiliger Doktor von Moskau“ eintrug. Seine Arbeit D´ecouverte sur le croup (1817) erschien 1817 und 1881 in ¨ deutscher Ubersetzung, bereits 1818 publizierte er ebenfalls u¨ ber dieses Thema Beytr¨age zu den Zeichen des Croups. LITERATUR: Heinz M¨uller-Dietz: F. J. H. als Arzt in Moskau. Berlin 1980. – Anton Hamm / Gerd Teschke: Ein deutscher Arzt als „Heiliger“ in Moskau. Berlin 1983, 22000. – Lew Kopelew: Der heilige Doktor Fjodor Petrowitsch. Die Geschichte des F. J. H. M¨unstereifel 1780-1853. M¨unchen 1992. Dietrich von Engelhardt

Haaß-Berkow, Gottfried, Schauspieler, Regisseur, * 12. 5. 1888 Stuttgart, † 24. 6. 1957 Winterthur. H.-B., Sohn eines Chemikers, erhielt seine schauspielerische ´ Ausbildung u. a. bei Emile → Jaques-Dalcroze in DresdenHellerau. Seit 1908 war er an B¨uhnen in St. P¨olten, Linz / Donau und Karlsbad t¨atig, ehe er 1912 Lehrer an der Schauspielschule des Deutschen Theaters sowie an der MariaMoissi-Schule in Berlin wurde. Seit 1916 f¨uhrte er als Leiter der Haaß-Berkow-Spiele mittelalterliche Mysterien- und M¨archenspiele, aber auch klassische und moderne St¨ucke auf, u. a. in Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden und Schweden. 1933-53 war H.-B. Intendant an der wiedererrichteten W¨urttembergischen Landesb¨uhne in Esslingen / Neckar. C NDB Haast, Julius (Johann Franz) Ritter von, Geologe, Pal¨aontologe, * 1. 5. 1822 Bonn, † 15. 8. 1887 Wellington (Neuseeland). H., Sohn eines Schneiders und Lotterieeinnehmers, studierte in Bonn Geologie und Mineralogie und war 1842 in Belgien und sp¨ater in Frankfurt / Main kaufm¨annisch t¨atig. 1858 bereiste er im Auftrag einer Londoner Reederei Neuseeland, wo er sich dem Geologen der o¨ sterr. Novara-Expedition Ferdinand von → Hochstetter anschloß. Nach dessen Weggang im folgenden Jahr setzte H. die geologischen Forschungen fort und war 1861-75 Staatsgeologe f¨ur die Provinz Canterbury in Neuseeland. 1864 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. 1868 u¨ bernahm er die Direktion des Museums in Christchurch, wo er 1876 auch Prof. der Geologie und Pal¨aontologie am Canterbury College wurde. H., der 1875 in den o¨ sterr. Adelsstand erhoben wurde, war seit 1880 auch deutscher Konsul. Er wurde insbesondere durch pal¨aontologische Arbeiten, als Gr¨under und Direktor des Canterbury Museum sowie durch seine Entdeckung von Kohlen- und Goldvorkommen bekannt. H. vero¨ ffentlichte u. a. Geology of the provinces of Canterbury and Westland, New Zealand (1879). C NDB Habart, Johann, o¨ sterr. Milit¨ararzt, * 23. 12. 1845 Wonikow bei Pisek (B¨ohmen), † 19. 4. 1902 Wien. H. schloß seine medizinischen Studien an der Milit¨ar¨arztlichen Akademie Josephinum in Wien 1873 mit der Promotion ab und wirkte dann am Garnisonskrankenhaus in Prag. An der I. Chirurgischen Universit¨atsklinik in Wien erhielt er unter Eduard → Albert eine weitere Ausbildung und spezialisierte sich auf Kriegschirurgie. 1885 berief man ihn zum Gardearzt der kgl. ungarischen Leibgarde in Wien, wo er seit 1889 auch dem Milit¨arsanit¨atskomitee angeh¨orte. 1894

f¨ur Kriegschirurgie habilitiert, war H. bis zu seinem Lebensende Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Garnisonsspitals II in Wien. Er trat insbesondere durch Studien zu Projektilwirkungen hervor und ver¨offentlichte u. a. Die antiseptischen Wundbehandlungs-Methoden im Frieden und im Kriege (1886, frz. 1887, italien. 1887), Die Geschoßfrage der Gegenwart und ihre Wechselbeziehungen zur Kriegschirurgie (1890), Die Geschosswirkung der 8-millimeterHandfeuerwaffen an Menschen und Pferden (1892), Das Kleincaliber und die Behandlung der Schusswunden im Felde (1894) und Unser Milit¨ar-Sanit¨atswesen vor hundert Jahren (1896). C Czeike

Habbel, Josef, Verleger, Politiker, * 8. 1. 1846 Soest (Westfalen), † 20. 12. 1916 Regensburg. H. machte eine Lehre als Verlagsbuchh¨andler in Paderborn und ließ sich 1865 in Mainz als Buchh¨andler nieder. 1868 trat er in den Regensburger Verlag Pustet ein, dessen Amberger Filiale – samt der kath. „Amberger VolksZeitung“ – er seit 1869 leitete. H. war 1875-89 Vorsitzender des Gemeindekollegiums der Stadt Amberg. 1884 organisierte er den dort stattfindenden Deutschen Katholikentag. 1889 siedelte H. nach Regensburg u¨ ber, um sich dem Ausbau des Buchverlags zu widmen. Als Publizist und Kommunalpolitiker (Zentrumspartei) setzte sich H. f¨ur kath. Interessen ein. 1904 u¨ bernahm er die Organisation des Deutschen Katholikentags in Regensburg. 1908 wurde H. in den Regensburger Stadtrat gew¨ahlt, 1910 zum Kommerzienrat ernannt. Im selben Jahr u¨ bernahm H.s gleichnamiger Sohn den Josef Habbel Verlag.

Habe, Hans, bis 1936 J´anos (Jean) B´ekessy, Pseud. Antonio Corte, Frank Richard, Hans Wolfgang, John Richler, Frederick Gert u. a., o¨ sterr. Schriftsteller, Journalist, * 12. 2. 1911 Budapest, † 30. 9. 1977 Locarno (Kt. Tessin). Der Sohn des Skandaljournalisten Imre B´ekessy, der durch Karl → Kraus Polemik aus Wien verdr¨angt wurde, begann 1929 als Redakteur der „Wiener Sonn- und MontagsZeitung“ seine journalistische Laufbahn. Daneben studierte er 1930 / 31 in Wien und Heidelberg Rechtswissenschaften und Germanistik. Anschließend redigierte er Zeitungen der Reichswehr, wurde 1933 Chefredakteur der Wiener Zeitung „Der Morgen“ und war 1935-38 V¨olkerbundberichterstatter und Korrespondent des „Prager Tagblatts“ in Genf. 1937 ver¨offentlichte H. als „Nicht-Emigrant“ den „Emigrationsroman“ Drei u¨ ber die Grenze. Ein Abenteuer unter deutschen Emigranten (Neuausg. 1979), in dem er die deutschen Emigranten a¨ ußerst kritisch beurteilte. Nach dem „Anschluß“ ¨ Osterreichs an das Deutsche Reich wurden seine B¨ucher verboten. H. verließ 1939 das schweizer. Exil, ging nach Frankreich und k¨ampfte als Freiwilliger in der franz¨osischen Armee. Nach deutscher Kriegsgefangenschaft und Flucht kam er 1940 in die USA. Der Bericht A Thousand Shall Fall (1941) erschien 1943 in deutscher Originalfassung in London (Neuausg. 1947 und 1961). Als Major der amerikanischen Armee wirkte H. nach Kriegsende beim Wiederaufbau des Pressewesens in der amerikanischen Besatzungszone mit. Zu seinen zahlreichen Zeitungsgr¨undungen z¨ahlt die „Neue Zeitung“ in M¨unchen, die er bis 1946 als Chefredakteur leitete. 1946-53 war H. auch als Drehbuchautor in Hollywood t¨atig; sp¨ater lebte er als freier Schriftsteller und ¨ Journalist in Osterreich, seit 1960 in Ascona (Schweiz). H. wurde insbesondere als Kolumnist bekannt. Seine polemischen, gegen linksliberale Autoren wie Max → Frisch oder Friedrich → D¨urrenmatt gerichteten Artikel, die vor allem in der „Welt am Sonntag“ erschienen, f¨uhrten zu spektakul¨aren Prozessen. H.s Gesellschafts- und Familienromane (Off Limits, 1955, 31978) fanden eine zahlreiche Leserschaft. 1954 erschien seine Autobiographie Ich stelle mich. Meine

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Habeck Lebensgeschichte (Neuausg. 1986). H. war Pr¨asident des Deutschen Autorenrats und wurde u. a. mit dem Konrad Adenauer-Preis (1977) ausgezeichnet. C Spalek 1

Habeck, Fritz, Pseud. Glenn Gordon, o¨ sterr. Schriftsteller, * 8. 9. 1916 Neulengbach (Nieder¨osterreich), † 17. 2. 1997 Wien. Das Studium der Rechtswissenschaft in Wien schloß H. nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg mit der Promotion 1950 ab. 1946 Hilfsregisseur am Theater in der Josefstadt, 1947 / 48 Chefdramaturg am Renaissancetheater in ¨ Wien, war er seit 1953 f¨ur den Osterreichischen Rundfunk t¨atig, 1968-77 als Leiter der Literaturabteilung des Senders Wien. Als Schriftsteller wurde H. Ende der f¨unfziger Jahre vor allem durch seine Kriminalgeschichten (u. a. Das R¨atsel des blauen Whisky, 1957) bekannt, schrieb aber auch historische und zeitkritische Romane (u. a. Der Ritt auf dem Tiger, 1958; Der Piber, 1965; Wind von S¨udost, 1979) sowie Jugendb¨ucher (Der Kampf um die Barbacane, 1960; Die Insel ¨ u¨ ber den Wolken, 1965). Er trat auch als Ubersetzer hervor, vorwiegend aus dem Franz¨osischen (u. a. Jean Anouilh, Jean Cocteau, La Rochefoucauld). C Killy Habel, Johann Simon, H¨andler, Gastronom, * 3. 11. 1752 Hachtal bei Rothenburg / Tauber, † 2. 7. 1826 Berlin. H., der in Rothenburg / Tauber eine Bierbrauerei betrieben hatte, trat als Kellerknecht in den kgl. Kellereidienst in Berlin ein und wurde zum K¨ufner bef¨ordert. Unter Beibehaltung seines Hofamtes gr¨undete er 1779 eine eigene Weinhandlung in Berlin. Mit seinem Bruder Johann Georg H. schloß er 1789 einen Soziet¨atsvertrag und rief die Firma „Gebr¨uder Habel“ ins Leben. Das dazugeh¨orige Lokal, das seinen Sitz seit 1788 in dem Haus Unter den Linden 30 hatte, erlebte einen raschen Aufschwung und wurde zum Mittelpunkt der gehobenen Gesellschaft Berlins. H. wurde 1797 zum kgl. Kellermeister ernannt. C NDB Habelitz, Ludwig, Verbandsfunktion¨ar, Politiker, * 14. 12. 1889 Kirchenarnbach (Westpfalz), † 4. 3. 1970. Zun¨achst Landarbeiter, dann H¨uttenarbeiter, war H. 1923-35 Funktion¨ar des Christlichen Metallarbeiterverbandes und Mitglied der Stadtverordnetenversammlung von Saarbr¨ucken. 1944 wurde er von der Gestapo verhaftet und in das Konzentrationslager „Neue Bremm“ deportiert. Seit 1946 war H. Mitglied des B¨urgerrats, dann des Stadtrats von Saarbr¨ucken. Als Abgeordneter der Christlichen Volkspartei (CVP) geh¨orte er 1947-61 dem saarl¨andischen Landtag an.

Habelt, Rudolf, Antiquar, Buchh¨andler, Verleger, * 30. 9. 1916 Braunau (Schlesien), † 19. 10. 1984 Bonn. H., Sohn eines Lehrers, studierte in Breslau und Bonn Vorund Fr¨uhgeschichte, Geschichte und Geologie und wurde 1939 promoviert. Nach Teilnahme am Zweiten Weltkrieg heiratete er in Bonn die Tochter eines Buchh¨andlers und begann eine Lehre im Gesch¨aft des Schwiegervaters. 1948 gab er den ersten deutschen Antiquariatskatalog nach dem Zweiten Weltkrieg heraus und richtete ein Fachantiquariat f¨ur altertumswissenschaftliche Literatur ein. Daneben vero¨ ffentlichte er eine „Monatliche Bibliographie“ f¨ur den gesamten Bereich der Altertumswissenschaften. 1954 gr¨undete H. einen Verlag, in dem u. a. die Reihe der „Antiquitas“ erschien. C Gnomon 58 (1986)

Habenicht, Kurt, Jurist, Geologe, * 16. 2. 1881 Plauen (Vogtland), † 4. 4. 1971 Regensburg. W¨ahrend des Studiums der Rechtswissenschaften an der Univ. Leipzig besuchte H. auch Vorlesungen der Geologie und wurde 1907 mit der Arbeit Das Ehrenakzept promoviert. 1909 ließ er sich als Anwalt in Treuen nieder; 1919-44 f¨uhrte er eine Anwaltspraxis in Plauen. Neben seiner T¨atigkeit als Anwalt – seit 1923 auch als Notar – widmete sich H. geologischen Forschungen. Er gr¨undete 1920 die „Geologische Vereinigung Vogtland“, deren Erster Vorsitzender

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er bis 1939 war. Ferner war er Zweiter Vorsitzender des „Th¨uringischen Geologischen Vereins“. Wegen seiner offenen Kritik am Nationalsozialismus wurde ihm 1944 seine Anwaltschaft entzogen. 1945 siedelte er nach Roding u¨ ber, wurde zum Landrat ernannt und hatte 1946-48 den Vorsitz einer Berufungsspruchkammer des Entnazifizierungsgerichts in Regensburg inne. 1947 er¨offnete er eine Anwaltspraxis in Regensburg. H., der als Kenner des Grundgebirges galt, vermachte seine petrographischen Sammlungen dem Vogtl¨andischen Kreismuseum und dem dortigen Naturkundemuseum. 1950 erschienen seine Geologischen Wanderziele im Kristallin n¨ordlich bis o¨ stlich von Regensburg.

Habenschaden, Sebastian, Maler, * 29. 3. 1813 M¨unchen, † 7. 5. 1868 M¨unchen. Zun¨achst als Porzellanmaler unter Christian → Adler t¨atig, besuchte H. die M¨unchner Kunstakademie und versuchte sich erfolglos in Historienmalerei. Sp¨ater wandte er sich der Landschaftsmalerei zu und spezialisierte sich auf Jagd- und Hirtenszenen (u. a. Auf der Weide) sowie Darstellungen der oberbayerischen Landschaft. H. unternahm mehrere Studienreisen nach Italien und hielt das italienische Volksleben in seinen Bildern fest. C Th-B Haber, Fritz (Jacob), Chemiker, * 9. 12. 1868 Breslau, † 29. 1. 1934 Basel. H.s Eltern entstammten einer aufstrebenden j¨udischen Familie kleiner Kaufleute, sein Vater Siegfried → H. gr¨undete eine Farben- und Chemikalienhandlung. H., der dieses Gesch¨aft sp¨ater u¨ bernehmen sollte, wurde deshalb zum Studium der Chemie nach Berlin geschickt. Nach der Milit¨arzeit setzte H. seine Studien in Heidelberg und Z¨urich fort und schloß mit der Promotion 1891 ab (Ueber einige Derivate des Piperonals). Erste technische Erfahrungen sammelte er in verschiedenen chemischen Unternehmen und in der Zellstoffabrik Waldhof. Das elterliche Ziel, der Eintritt in den v¨aterlichen Betrieb, wurde verfehlt, weil Vater und Sohn sich nicht vertrugen. Seit 1894 arbeitete H. an der TH Karlsruhe u¨ ber thermische Gasreaktionen und habilitierte sich dort 1896 mit der Arbeit Experimental-Untersuchungen u¨ ber Zersetzung und Verbrennung von Kohlenwasserstoffen. Zwei Jahre sp¨ater wurde er zum a. o. Prof. der technischen Chemie ernannt. In der Folgezeit arbeitete er, zum Teil im Auftrag der Industrie, u¨ ber Probleme der Ammoniakbildung. 1909 vermochte er Vertreter der BASF von seinen Forschungen zu u¨ berzeugen, so daß das Haber-Bosch-Verfahren (Ammoniaksynthese) noch vor dem Ersten Weltkrieg im industriellen Maßstab ausgearbeitet wurde. Dadurch war H. ein ber¨uhmter Mann geworden. Seine Zeit in Karlsruhe war nicht nur wissenschaftlich, sondern auch privat einer der positivsten Abschnitte seines Lebens. L¨angst selbst zum Christentum u¨ bergetreten, heiratete er 1901 Clara → Immerwahr, die ebenfalls vom j¨udischen Glauben konvertiert war. Ein Jahr sp¨ater wurde ihr Sohn Hermann geboren. H., der anf¨anglich das Familienleben genoß, konzentrierte sich jedoch immer st¨arker auf seine Arbeit. 1911 wurde H. als Leiter in das von ihm zu gr¨undende Kaiser-Wilhelm-Institut f¨ur physikalische Chemie nach Berlin berufen. Bei Kriegsbeginn stellte er seine Arbeit der Heeresleitung zur Verf¨ugung. Ihm wurde die Leitung der Zentralstelle f¨ur Chemie beim preuß. Kriegsministerium u¨ bertragen. Der v¨olkerrechtswidrige Einsatz von Chlorgas wurde von ihm ebenso initiiert, vorbereitet und durchgef¨uhrt wie die Vervollkommnung chemischer Kampf- und Sprengstoffe,

Haber ohne daß damit der gew¨unschte milit¨arische Durchbruch erzielt werden konnte. Nach dem Krieg wurde H. von der Entente als Kriegsverbrecher gebrandmarkt und auf die Liste der auszuliefernden Personen gesetzt. Als H. 1919 den Nobelpreis f¨ur die Ammoniaksynthese, die Grundlage f¨ur k¨unstliche Stickstoffd¨ungemittel, erhielt, wendete sich das Urteil u¨ ber ihn. Auch sp¨ater ließ er keine Kritik am Gaskrieg zu und besch¨aftigte sich seit 1929 erneut mit chemischen Kampfstoffen f¨ur die Reichswehr. 1926 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Unmittelbar nach dem ersten Gaseinsatz hatte sich H.s Frau Clara erschossen; ein Zusammenhang zwischen beiden Ereignissen ist oft behauptet, aber nie bewiesen worden. 1917 heiratete H. Charlotte Nathan, mit der er zwei Kinder hatte. Auch diese Ehe scheiterte an H.s Arbeitswut, die Scheidung erfolgte 1927. Nach dem Krieg widmete sich H. Aufgaben, die weitgehend o¨ ffentlichen Charakter hatten. Die wesentlich in Goldw¨ahrung abzutragenden Lasten des Friedensvertrags von Versailles veranlaßten ihn, zu untersuchen, ob nicht durch Extrahieren des im Meerwasser in Spuren vorhandenen Goldes die Reparationsfrage gel¨ost werden k¨onne. Nach sechsj¨ahrigen Forschungen wurde das Projekt als unrealisierbar aufgegeben. Nach diesem Fehlschlag konzentrierte sich H. vor allem auf das Forschungsmanagement; aus seinem Institut ging eine Reihe von bekannten Forscherpers¨onlichkeiten hervor. Ein Anliegen war H. die F¨orderung der Wissenschaften, die er im kleinen in seinem Institut und im großen durch die Mitgr¨undung der „Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft“ betrieb. Dadurch gelang es ihm weit u¨ ber das Gebiet der Chemie hinaus, viele junge Wissenschaftler in ihrem Beruf zu halten. Besonders f¨orderte er die wissenschaftlichen Beziehungen zu Japan, einem Land, das ihm w¨ahrend der deutschen Inflation durch die Hoshi-Stiftung erhebliche Devisenmengen u¨ bergeben und ihm bei seinem Besuch in Tokio einen triumphalen Empfang bereitet hatte. 1926 gr¨undete er das „Japan Institut“. Wegen seiner j¨udischen Abstammung geriet H. 1933 sofort unter politischen Druck. Nachdem er sich f¨ur die vielen Juden, die in seinem Institut besch¨aftigt waren, im Ausland um eine berufliche Existenz bem¨uht hatte, legte er im Mai 1933 die Leitung nieder und emigrierte wenig sp¨ater. Er wurde, schon schwer krank, in Cambridge aufgenommen und starb auf einer Erholungsreise in Basel. WEITERE WERKE: F¨unf Vortr¨age aus den Jahren 1920-1923. Berlin 1924. – F. H. Aus Leben und Beruf. Leipzig 1927. LITERATUR: Dietrich Stoltzenberg: F. H. Chemiker, Nobelpreistr¨ager, Deutscher, Jude. Weinheim 1994. – Margit Sz¨oll¨osi-Janze: F. H. 1868-1934. Eine Biographie. M¨unchen 1998. – Vaclav Smil: Enriching the earth. F. H., Carl Bosch, and the transformation of food production. Cambridge 2001. – Werner Abelshauser (Hrsg.): Die BASF. Eine Unternehmensgeschichte. M¨unchen 2002. – Daniel Charles: Master mind. The rise and fall of F. H., the Nobel laureate who launched the age of chemical warfare. New York 2005. Harm G. Schr¨oter

Haber, Heinz, Physiker, Schriftsteller, * 15. 5. 1913 Mannheim, † 13. 2. 1990 Hamburg. H., Sohn eines Gesch¨aftsmanns, studierte seit 1937 in Leipzig, Heidelberg und Berlin Physik und Astronomie und ¨ wurde 1939 in Berlin promoviert (Uber den Energieaustausch zwischen Translation und Rotation durch St¨oße). W¨ahrend seiner Studienjahre arbeitete er als Assistent am Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut f¨ur Physik. Er wurde zum Kriegsdienst einberufen, kehrte aber nach einer Verwundung 1942 an das Kaiser-Wilhelm-Institut zur¨uck und lehrte, 1944 habilitiert, nach Kriegsende als Dozent in Heidelberg. 1946

siedelte er in die USA u¨ ber und arbeitete bis 1952 an der Luftwaffenschule f¨ur Luftfahrt-Medizin in Randolph Field (Texas), wo er zum Associate Professor ernannt wurde und sich an der Gr¨undung der Abteilung f¨ur Raumfahrtmedizin beteiligte. Seit 1952 lehrte H. an der University of California in Los Angeles, bis er 1956 als wissenschaftlicher Berater zur Walt Disney Production in Burbank (Kalifornien) wechselte. 1958 nach Deutschland zur¨uckgekehrt, produzierte H. zahlreiche Fernsehsendungen u¨ ber Astronomie und Raumfahrt. H. war Gr¨under und Herausgeber der Zeitschrift „Bild der Wissenschaft“ und ver¨offentlichte Sachb¨ucher u¨ ber naturwissenschaftliche Themen, u. a. Der Stoff der Sch¨opfung (1966, 80.-86. Tsd. 1975), Stirbt unser blauer Planet? (1965, 3 1975) und Die Zeit (1987, 31989). C Munzinger

Haber, Hermann, Kaufmann, Zeitungsverleger, * 18. 11. 1840 Breslau, † 10. 2. 1897 Breslau. Als Inhaber der alten Wollfirma Julius Haber war H. nicht nur ein anerkannter Industrieller, sondern als einflußreiches Mitglied der Stadtverordnetenversammlung, Handelsrichter und seit 1876, als Nachfolger seines Vaters Julius H., als Kurator der Fraenckelschen Stiftung in Breslau bekannt. Er war bis zu seinem Tod Herausgeber der 1820 gegr¨undeten „Breslauer Zeitung“. Obgleich H. nur wenige Jahre mit der Zeitung verbunden war, hatte er einen wesentlichen Einfluß auf ihre Entwicklung. 1894 wurde die Zeitung von einer Gruppe fortschrittlicher, meist j¨udischer Pers¨onlichkeiten erworben. H. war F¨uhrer der Freisinnigen Volkspartei in Schlesien und 1869 Mitglied des Gr¨undungsvorstands des Humboldt-Vereins f¨ur Volksbildung in Breslau.

Haber, Salomon von, Bankier, * 17. 5. 1763 Breslau, † 13. 1. 1831 (?) Karlsruhe. H. kam u¨ ber Prag und Breslau nach Karlsruhe, wo er Ende des 18. Jh. ein Bankgesch¨aft gr¨undete. Seit 1794 offiziell badischer Hofagent, geh¨orte er zu den wichtigsten Finanziers Badens. Sein Unternehmen gew¨ahrte dem badischen Staat umfangreiche Anleihen. 1811 wurde H. zum Hofbankier ernannt. Er war Mitgr¨under und Hauptgl¨aubiger mehrerer Fabriken sowie Vorstandsmitglied der Brandgesellschaft Ph¨onix und bet¨atigte sich als einer der Bauherrn der Residenz in Karlsruhe. H., der Mitbegr¨under des j¨udischen „Kultusvereins“ war, geh¨orte seit 1809 dem neugegr¨undeten Großherzoglichen Oberrat f¨ur die Staatsb¨urger mosaischen Glaubens in Baden an. C NDB

Haber, Siegfried, Industrieller, * 6. 2. 1841 Brieg, † Dezember 1920 Breslau. H., Sohn des Kaufmanns Jacob H., der eine Chemikalienund Farbenhandlung gr¨undete, leitete das bedeutende chemische Unternehmen S. Haber (Indigo- und Farbwaren). Daneben war er Stadtrat, Stadt¨altester und 1876-1912 Mitglied der Breslauer Handelskammer. H.s Sohn Fritz → H., der sp¨atere Nobelpreistr¨ager, war vor¨ubergehend in dem Familienunternehmen t¨atig, bevor er sich der Forschung zuwandte.

Haber, Sigmund, Publizist, Schriftsteller, * 11. 9. 1835 Neisse (Schlesien), † 27. 2. 1895 Berlin. Nach einer kaufm¨annischen Ausbildung war H. als Handlungsreisender, Handlungsgehilfe und Kontorist in Breslau, seit 1870 in Berlin t¨atig. Dort beteiligte er sich mit Rudolf → Mosse an der Gr¨undung des „Berliner Tageblatts“, dessen humoristische Beilage „Ulk“ er konzipierte und als Chefredakteur redigierte. Er schrieb Schw¨anke und Lustspiele (u. a. Ein St¨undchen auf dem Comptoir, 1865, 111888) und war Verfasser humoristischer Erz¨ahlungen aus dem Berliner Milieu, u. a. Tingel-Tangel. Berliner Kneipenstudien (1871). C DSL

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Haberda Haberda, (Alois) Albin, o¨ sterr. Gerichtsmediziner, * 29. 1. 1868 Bochnia (Galizien), † 6. 12. 1933 Wien. H. schloß seine medizinischen Studien an der Univ. Wien 1891 mit der Promotion ab und arbeitete an der Wiener Frauenklinik bei Friedrich → Schauta, sp¨ater am Institut f¨ur Gerichtliche Medizin der Univ. Wien bei Eduard → Hofmann. 1896 habilitiert, wurde er im folgenden Jahr a. o. Prof. an der Univ., wo er seit 1912 auch gerichtsmedizinische Vorlesungen f¨ur Juristen hielt und 1916 als o. Prof. Vorstand des Instituts f¨ur Gerichtliche Medizin wurde. H. betrieb Studien u¨ ber Kindsmord, gewaltsame Todesursachen und Abtreibung und wurde auch als Gerichtsgutachter zu Rate gezogen. Er ver¨offentlichte u. a. Die f¨otalen Kreislaufwege des Neugeborenen und ihre Ver¨anderungen nach der Geburt (1896), Zur Lehre vom Kindesmorde (1911), Die Totenbeschau (1924) und gab Hofmanns Lehrbuch der gerichtlichen Medizin 1927 ¨ neu heraus. 2, 3 C Arzte

Haberditzl, Werner, Chemiker, * 16. 11. 1924 Berlin, † 2. 7. 1981 Berlin. H. studierte nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg in Berlin Chemie, war Assistent am Institut f¨ur Physikalische Chemie der Humboldt-Universit¨at, wurde 1958 bei Robert ¨ → Havemann promoviert (Uber die Bindungsweise des Eisens in verschiedenen H¨amoglobinderivaten), habilitierte sich 1963 (Ein neues Diamagnetismus-Inkrementsystem) und wurde 1965 o. Prof. f¨ur Theoretische Chemie. H., der als o¨ sterr. Staatsb¨urger in Westberlin lebte, trug maßgeblich zur Entwicklung der Theoretischen Chemie in der DDR bei und ver¨offentlichte neben philosophischen und wissenschaftstheoretischen Schriften vor allem Arbeiten auf dem Gebiet der Magnetochemie (Magnetochemie, 1969; Bausteine der Materie und chemische Bindung, 1972). C DDR Haberer von Kremshohenstein, Hans, o¨ sterr. Chirurg, * 12. 3. 1875 Wien, † 29. 4. 1958 D¨uren. H. v. K., Sohn eines Sektionschefs im Eisenbahnministerium, studierte an den Universit¨aten in Wien und Graz Medizin und wurde 1900 in Graz promoviert. Zun¨achst Assistent in Graz und Wien, habilitierte er sich 1907 f¨ur Chirurgie und wurde 1911 a. o. Prof. an der Univ. Innsbruck, deren Rektor er 1923 / 24 war. 1924 folgte er einem Ruf als o. Prof. nach Graz (Antrittsvorlesung: Die wechselvolle Auffassung der Rolle des Pylorus bei der Geschw¨urskrankheit, 1925), wechselte 1928 an die Medizinische Akademie D¨usseldorf (1929 / 30 Rektor) und lehrte 1930-48 an der Univ. K¨oln (1935-38 Rektor). H. v. K., der die Billroth IResektionsmethode zu einem Standardverfahren entwickelte, war Mitglied bzw. Vorsitzender mehrerer wissenschaftlicher Gesellschaften, seit 1933 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und 1926-45 Herausgeber der „Deutschen Zeitschrift f¨ur Chirurgie“. Er ver¨offentlichte zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten, besonders u¨ ber die Magenund Bauchchirurgie (u. a. Indikationsstellung f¨ur die chirurgische Behandlung bei b¨osartigen und gutartigen Erkrankungen des Magens und Duodenums auf Grund von Erfahrungen an 1432 eigenen F¨allen, 1922 / 23; Verletzungen und Krankheiten des kn¨ochernen Sch¨adels einschließlich Kiefer und Nebenh¨ohlen, 1923; Die Erkrankungen der Leber und der Gallenwege, 1947, 21949). C Gr¨uttner

Haberkorn, Peter, luth. Theologe, * 9. 5. 1604 Butzbach (Hessen), † 5. 4. 1676 Gießen. H., Sohn eines Schreinermeisters, studierte seit 1625 in Marburg Theologie und wurde 1627 zum Magister promoviert. Nach weiteren Studien an den Universit¨aten Leipzig und Straßburg und einem Aufenthalt in K¨oln erhielt er 1632 eine ordentliche Professur der Physik in Marburg. Zum Dr. theol. promoviert, wurde H. 1633 Hofprediger → Georgs II. in Darmstadt. 1636 siedelte er mit dem Hof nach Gießen u¨ ber,

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wurde 1643 Superintendent der dortigen Di¨ozese und lehrte seit 1650 als Prof. an der Univ. Gießen Theologie und Hebr¨aisch. Nach dem Tod seines Schwiegervaters Justus → Feuerborn r¨uckte H. in die erste theologische Professur auf. Als Verfechter der luth. Orthodoxie bek¨ampfte H. in seinen Schriften die irenischen Ideen des Georg → Calixt (Fidelis contra syncretismum instituta admonitio, 1665) ebenso wie den Calvinismus und den Katholizismus. C NDB

Haberl, Ferdinand, kath. Theologe, Komponist, Musikwissenschaftler, * 15. 3. 1906 Lintach bei Amberg, † 3. 7. 1985 Regensburg. H., Sohn eines Lehrers und Organisten, studierte seit 1926 Theologie und Musikwissenschaften in Regensburg und M¨unchen. 1931 zum Priester geweiht, war er als Seelsorger und Musikpr¨afekt in Sch¨onwald bei Selb t¨atig, ehe er 1933 / 34 seine Studien an der Univ. M¨unchen fortsetzte. 1934-38 war er Organist der deutschen Nationalkirche Santa Maria dell’Anima in Rom, wo er sich weiteren kirchenmusikalischen Studien widmete. 1939 mit der Arbeit Die Inkarnationslehre des heiligen Albertus Magnus an der Theologischen Fakult¨at der Univ. M¨unchen promoviert, u¨ bernahm H. die Direktion der Kirchenmusikschule in Regensburg. Seit 1964 war er Honorarprofessor der kath. Kirchenmusik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Regensburg. 1970 wurde er in Rom mit der Pr¨asidentschaft des Pontificio Istituto di Musica Sacra betraut und im folgenden Jahr zum P¨apstlichen Ehrenpr¨alaten ernannt. H. komponierte kirchenmusikalische Werke (u. a. Missa de beata Maria Virgine, 1956) und ver¨offentlichte zahlreiche wissenschaftliche Abhandlungen. C Leb Regensburg, Teil 2 Haberl, Franz Xaver, kath. Theologe, Kirchenmusiker, Musikhistoriker, * 12. 4. 1840 Oberellenbach (Niederbayern), † 5. 9. 1910 Regensburg. Nach Abschluß des Theologiestudiums wurde H., Sohn eines Lehrers, 1862 in Passau zum Priester geweiht. Er arbeitete einige Jahre als Musikpr¨afekt am bisch¨oflichen Seminar in Passau, ging 1867 nach Rom, wurde Organist an der Santa Maria dell’Anima und widmete sich musikwissenschaftlichen Studien. Seit 1871 Domkapellmeister und Inspektor der Dompr¨abende in Regensburg, gr¨undete er 1874 eine Kirchenmusikschule. H. unternahm mehrere Studienreisen nach Rom, wo er bis dahin unbekannte Kompositionen Palestrinas entdeckte. 1879-94 konnte er die von Theodor de Witt und anderen begonnene Palestrina-Gesamtausgabe zu Ende f¨uhren. Neben weiteren Editionen, u. a. von Werken Orlando di → Lassos, ver¨offentlichte H. musikhistorische Schriften wie Bausteine f¨ur Musikgeschichte (3 Bde., 1886-88, Nachdr. 1971). H. war seit 1899 Pr¨asident des Allgemeinen Deutschen C¨acilienvereins. C MGG Haberl, Gotthard Johannes, genannt Hans Haberl, o¨ sterr. evang. Theologe, * 6. 4. 1868 Wien, † 11. 3. 1928 Wien. H. studierte seit 1886 in Wien, Leipzig und Halle Theologie. Nach einer T¨atigkeit als Seelsorger in der Judenmission der Schottischen Freikirche in Breslau (1892) wurde er 1893 Vikar der Wiener reformierten Gemeinde und u¨ bernahm die Vorbereitung f¨ur die „Sonntagsschule“. H. war Vorsitzender des Wiener „Christlichen Vereins Junger M¨anner“ und des ¨ „Osterreichischen Hauptvereins f¨ur Heidenmission“; ferner geh¨orte er zum Vorstand der „Evangelischen Gesellschaft“ und leitete seit 1924 die Wiener Station der „Schwedischen Gesellschaft f¨ur Israel“. Neben Erbauungsschriften ver¨offentlichte er religionsp¨adagogische Abhandlungen wie Methodik des Unterrichts in der evangelischen Religion (1914). C BBKL

Haberlandt Haberland, Christoph, Baumeister, * 1. 1. 1750 Riga, † 7. 3. 1803 Riga. H. absolvierte eine Maurerlehre bei seinem Vater Johann Andreas H. und bei Johann Peter Leicht. Nach einer weiteren Ausbildung in Dresden und Berlin erwarb er 1778 die Meisterw¨urde und das B¨urgerrecht in Riga, wo er im selben Jahr den Auftrag zum Ausbau der Stadtbibliothek erhielt. Zun¨achst Adjunkt des Stadtbau- und Werkmeisters Johann Peter Leicht, wurde H. 1789 dessen Nachfolger. Im Auftrag der Stadt leitete er u. a. den Bau der Festungskirche in D¨unam¨unde (1786) und war bis 1796 f¨ur das Festungswesen und den Brandschutz verantwortlich. H. baute zahlreiche B¨urgerh¨auser und das „Kom¨odienhaus“, das erste Theater der Stadt. C NDB Haberland, Ernst, Politiker, Milit¨ar, * 3. 12. 1903 Essen, † 26. 11. 1992 Berlin. H., der wie sein Vater den Beruf des Drehers ergriff, wurde w¨ahrend der Weimarer Republik mehrfach wegen seines Engagements f¨ur den Kommunistischen Jugendverband und seiner Mitarbeit im Nachrichtenapparat der KPD zu Haftstrafen verurteilt. Seit 1928 leitete er den Gau Ruhrgebiet des Roten Frontk¨ampferbundes, wurde 1934 erneut verhaftet und ins Konzentrationslager Buchenwald verbracht, wo er im April 1945 maßgeblich am Selbstbefreiungsversuch der H¨aftlinge beteiligt war. Nach dem Krieg in der Landesleitung der KPD Nordrhein-Westfalen und als Verlagsleiter der „Neuen Volkszeitung“ t¨atig, u¨ bersiedelte H. 1952 in die DDR und u¨ bernahm Funktion¨arsposten in der Gesellschaft f¨ur Sport und Technik. 1957 wurde er Leiter der Abteilung f¨ur Ausbildung im Ministerium f¨ur Nationale Verteidigung und war seit 1959 auch zust¨andig f¨ur „Partisaneneins¨atze“ in der Bundesrepublik. 1963 u¨ bernahm er als Oberst der Nationalen Volksarmee die Direktion des Armeemuseums in Potsdam. C DDR Haberland, Ulrich (Klaus Walther Werner), Chemiker, Industrieller, * 6. 12. 1900 Sollstedt / Eichsfeld, † 10. 9. 1961 Antweiler / Eifel. H., Sohn eines Pfarrers, schloß das Studium der Chemie an der Univ. Halle 1924 mit der Promotion ab. (Mikrobe¨ stimmung von Schmelz- und Ubergangspunkten polymorpher Substanzen). Zun¨achst bei einer chemischen Fabrik in Hannover t¨atig, trat er 1928 in das Werk Uerdingen der damaligen IG-Farbenindustrie AG ein, wo er mit der Entwicklung von Eisenoxyd-Pigmenten besch¨aftigt war. 1931 wurde er Abteilungsleiter und 1937 Direktor des Werkes Uerdingen. Seit 1943 Leiter des Werkes Leverkusen, u¨ bernahm H. im selben Jahr die Gesamtleitung der „Betriebsgemeinschaft Niederrhein“ mit den Werken Leverkusen, Dormagen, Uerdingen und Elberfeld. Nach dem Zweiten Weltkrieg widmete er sich dem Wiederaufbau des Unternehmens, dessen Produktionsanlagen zum Teil von den alliierten Siegerm¨achten demontiert worden waren. 1951 kam es unter H.s Leitung zur Neugr¨undung der „Farbenfabriken Bayer AG“, die durch den Zusammenschluß der vier niederrheinischen Werke mit der AGFA entstanden. In seinen letzten Lebensjahren lehrte H. auch als Honorarprofessor an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakult¨at der Univ. Bonn. C Munzinger Haberlandt, Arthur (Ludwig Wolfgang), o¨ sterr. Volkskundler, Ethnograph, * 9. 3. 1889 Wien, † 28. 5. 1964 Wien. Der Sohn Michael → H.s studierte an der Univ. Wien Arch¨aologie, Ethnographie und Geographie und wurde 1911 mit der Arbeit Pr¨ahistorisch-ethnographische Parallelen promoviert. 1914 habilitierte er sich f¨ur allgemeine Ethnographie und wurde 1923 zum a. o. Prof. ernannt. 1924-45 war er Direktor des Volkskundemuseums. H. arbeitete vor

allem u¨ ber die Volkskunde der Balkanl¨ander (u. a. Volkskunst der Balkanl¨ander, 1919), ver¨offentlichte aber auch Werke zur allgemeinen Volkskunde, darunter Die Trinkwasserversorgung primitiver V¨olker, mit besonderer Ber¨ucksichtigung der Trockengebiete der Erde (1912), Volkst¨umliche Kultur Europas in ihrer geschichtlichen Entwicklung (1926), Die V¨olker Europas und ihre volkst¨umliche Kultur, (mit Michael ¨ → H., 1928) und Taschenw¨orterbuch der Volkskunde Osterreichs (2 Bde., 1953-59). C NDB

Haberlandt, Edith, o¨ sterr. Malerin, * 24. 6. 1882 Graz, † 22. 5. 1949 Wien. Die Tochter des Botanikers Gottlieb → H. besuchte 1900-03 die Landeskunstschule der Steiermark, 1904-06 die Kunstgewerbe-Akademie in Stuttgart. Seit 1909 in Wien ans¨assig, unterrichtete sie an kunstgewerblichen Fortbildungsschulen als Fachlehrerin. In der Steiermark, in Salzburg und Tirol sowie an der dalmatinischen Adriak¨uste fand H. Motive f¨ur ihre Landschaftsaquarelle. C Ackerl Haberlandt, Friedrich, o¨ sterr. Botaniker, Agronom, * 21. 2. 1826 Preßburg, † 1. 5. 1878 Wien. H. studierte zun¨achst Rechtswissenschaften in Preßburg, seit 1847 an der Landwirtschaftlichen Lehranstalt in UngarischAltenburg und wirkte dort seit 1851 als Lehramtsassistent, 1853-69 als Prof. f¨ur Botanik und Mathematik. Danach Leiter der neuerrichteten Seidenbauversuchsstation in G¨orz, folgte er 1872 einem Ruf auf eine o. Professur f¨ur Pflanzenbaulehre an die Hochschule f¨ur Bodenkultur in Wien. H. ver¨offentlichte u. a. Beitr¨age zur Frage u¨ ber die Acclimatisation der Pflanzen und den Samenwechsel (1964), Der Seidenspinner des Maulbeerbaumes, seine Aufzucht und seine Krankheiten (1871) und Die Sojabohne. Ergebnisse der Studien und Versuche u¨ ber die Anbauw¨urdigkeit dieser neu einzuf¨uhrenden Culturpflanze (1878). 1875-77 gab er die Schriftenreihe „Wissenschaftlich-praktische Untersuchungen auf dem Gebiete des Pflanzenbaus“ heraus. Erst nach H.s Tod erschien sein Lehr- und Handbuch Der allgemeine landwirthschaftliche Pflanzenbau (1879, hrsg. von Wenzel → Hecke). C B¨ohm Haberlandt, Gottlieb (Johann Friedrich), o¨ sterr. Botaniker, * 28. 11. 1854 Ungarisch-Altenburg, † 30. 1. 1945 Berlin. H., Sohn eines Professors f¨ur Naturkunde und Pflanzenbau an der h¨oheren landwirtschaftlichen Lehranstalt in Ungarisch-Altenburg und Bruder von Michael → H., schloß seine naturwissenschaftlichen Studien an der Univ. Wien 1876 mit der Promotion ab (Untersuchung u¨ ber die Winterf¨arbung ausdauernder Bl¨atter) und wurde dann Sch¨uler Simon → Schwendeners in T¨ubingen. 1879 in Wien habilitiert (Die Entwicklungsgeschichte des mechanischen Gewebesystems der Pflanzen), wurde er 1880 vertretungsweise Prof. der Botanik an der TH Graz, wo er seit 1884 als a. o. und seit 1888 als o. Prof. lehrte. Einen Ansatz Schwendeners weiterf¨uhrend, entwickelte H. als neuen Forschungszweig der Botanik die physiologische Pflanzenanatomie (Physiologische Pflanzenanatomie, 1884, 61924). Seit 1900 widmete er sich in erster Linie der Erforschung der pflanzlichen Reizphysiologie und schließlich der Entwicklungsphysiologie. H., der u. a. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (seit 1881, Ehrenmitglied seit 1932), der ¨ Osterreichischen und der Preußischen Akademie der Wissenschaften war, gab seit 1916 die „Beitr¨age zur allgemeinen Botanik“ heraus. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Die Organisation der Turbellaria Acoela mit einem Anhange u¨ ber den Bau und die Bedeutung der Chlorophyllzellen von Convoluta Roscoffensis (mit Ludwig → Graff de Pancsova, 1891), Eine botanische Tropenreise (1893, 31926), Sinnesorgane im Pflanzenreich. Zur Reception mechanischer

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Haberlandt Reize (1901, 21906), Die Lichtsinnesorgane der Laubbl¨atter (1905), Goethe und die Pflanzenphysiologie (1923) und Erinnerungen, Bekenntnisse und Betrachtungen (1933). H. war der Vater von Edith und Ludwig → H. C Wußing

Haberlandt, Ludwig, o¨ sterr. Physiologe, * 1. 2. 1885 Graz, † 22. 7. 1932 Innsbruck. Der Sohn Gottlieb → H.s studierte an der Univ. Graz Medizin, wo er 1909 promoviert wurde. Nach seiner Assistentenzeit, die er zun¨achst in Graz und Berlin, seit 1911 bei Wilhelm → Trendelenburg in Innsbruck absolvierte, habilitierte er sich 1913 f¨ur Physiologie und wurde 1919 a. o. Prof. in Innsbruck. Auf Anregung Trendelenburgs widmete sich H. der Erforschung der Reizbildung und Erregungsleitung im Herzen. Es gelang ihm, aus bestimmten Herzabschnitten einen pulsverst¨arkenden und -beschleunigenden Stoff zu extrahieren. H. entdeckte 1919 die empf¨angnisverh¨utende Wirkung gezielter Gaben von Schwangerschaftshormonen und damit das Prinzip der Pille. Zu seinen Ver¨offentlichungen ¨ geh¨oren Uber Stoffwechsel und Erm¨udbarkeit der peripheren Nerven (1916), Die Physiologie der Atrioventrikularverbin¨ dung des Kaltbl¨uterherzens (1917), Uber hormonale Sterilisierung des weiblichen Tierk¨orpers (1924), Das Herzhormon (1930) und Die hormonale Sterilisierung des weiblichen Organismus (1931). Seit 1925 war H. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. C Ackerl Haberlandt, Michael, o¨ sterr. Indologe, Volkskundler, * 29. 9. 1860 Ungarisch-Altenburg, † 14. 6. 1940 Wien. H., Bruder von Gottlieb → H., studierte an der Univ. Wien Indologie und wurde 1882 promoviert. Er habilitierte sich in Wien f¨ur V¨olkerkunde und wurde 1910 zum a. o. Prof. ernannt. Zusammen mit Wilhelm → Hein rief H. 1894 den Ver¨ ein f¨ur Osterreichische Volkskunde und im folgenden Jahr ¨ die „Zeitschrift f¨ur Osterreichische Volkskunde“ ins Leben. ¨ 1895 gr¨undete er das Museum f¨ur Osterreichische Volkskunde, dessen Direktor er 1911 wurde. H., der zun¨achst mit sprach- und literaturwissenschaftlichen Publikationen zur Indologie bekannt geworden war, verfaßte maßgebliche Ab¨ handlungen zur o¨ sterr. und europ¨aischen Volkskunde (Osterreich, sein Land und Volk und seine Kultur, 1928). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Die Haupt-Literaturen des Orients (2 Bde., 1902), V¨olkerkunde (1898, 2 Bde., 3 1917-20) und die vom ihm herausgegeben Werke der Volkskunst (3 Bde., 1914-17). Er war der Vater von Arthur → H. C NDB

Haberle, Karl Konstantin, Meteorologe, Botaniker, * 11. 2. 1764 Erfurt, † 31. 5. / 1. 6. 1832 Budapest. H. studierte an den Universit¨aten Erfurt und Mainz Philosophie und Rechtswissenschaften. Nach einer T¨atigkeit als Erzieher setzte er seine Studien in Erlangen und an der Bergakademie in Freiberg (Sachsen) fort. 1805 in Erfurt zum Dr. phil. promoviert, ging er zun¨achst nach Jena und 1813 als Privatgelehrter nach Budapest. Seit 1817 lehrte H. als Prof. der Botanik an der dortigen Universit¨at; 1818 u¨ bernahm er zus¨atzlich die Direktion des Botanischen Gartens. H., der 1823 auch zum Dr. med. promoviert wurde, befaßte sich mit mineralogischen, chemischen, meteorologischen und botanischen Forschungen und ver¨offentlichte u. a. Beitr¨age zu einer allgemeinen Einleitung in das Studium der Mineralogie (1806), Das Mineralreich (2 Bde., 1806 / 07), Neues geocentrisches Planetarium (1811), Meteorologische Aphorismen zur Erlernung wissenschaftlicher Witterungs- Beurtheilung und Erforschung f¨ur gebildete Menschen aus allen St¨anden (1812) und Succincta rei herbariae Hungariae et Transsilvaniae historia (1830). Er fiel einem Raubmord zum Opfer. C Poggendorff 1

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Haberler, Gottfried von, National¨okonom, * 20. 7. 1900 Purkersdorf (Nieder¨osterreich), † 6. 5. 1995 Washington, D. C. Nach der Promotion zum Dr. rer. pol. (1923) und zum Dr. jur. (1925) an der Univ. Wien und Studien u. a. in London und an der Harvard University habilitierte sich H., Sohn eines hohen Ministerialbeamten, 1928 an der Univ. Wien, wurde dort zun¨achst Privatdozent und sp¨ater a. o. Prof. f¨ur Volkswirtschaftslehre. Daneben war er 1929-34 Rechtskonsulent der Wiener Handelskammer und 1934-36 Experte in der Finanzdirektion des V¨olkerbundes in Genf. 1936 ging er in die USA und erhielt eine Professur an der Harvard University. 1943 / 44 geh¨orte er dem Board of Governors des Federal Reserve System in Washington an, 1950 / 51 war er Pr¨asident der International Economic Association, 1955 des National Bureau of Economic Research und 1963 der American Economic Association. Nach der Emeritierung (1971) wurde H., der seit 1943 amerikanischer Staatsb¨urger war, Resident Scholar am American Enterprise Institute in Washington. Er ver¨offentlichte vor allem Arbeiten zu Fragen der Außenwirtschaftstheorie (Der internationale Handel, 1933; International Trade and Development, 1959) und der Konjunkturanalyse (Prosperity and Depression, 1937; The Problem of Stagflation, 1985). C Hagemann Haberling, Wilhelm Gustav Moritz, Milit¨ararzt, Medizinhistoriker, * 14. 2. 1871 Liegnitz, † 22. 8. 1940 D¨usseldorf. H., Sohn eines Arztes, schloß das Studium der Medizin in Breslau, K¨onigsberg und Marburg 1895 mit der Promotion ab und wurde Milit¨ararzt. Nach einer bakteriologischen und chirurgischen Ausbildung an der Chirurgischen Universit¨atsklinik in Rostock ging er 1900 nach D¨usseldorf, wo er sich 1914 f¨ur Geschichte der Medizin habilitierte. Nach dem Ersten Weltkrieg war er als Oberregierungs-Medizinalrat in Koblenz t¨atig, bis er 1923 a. o. Prof. der Geschichte der Medizin an der Univ. D¨usseldorf wurde. H. ver¨offentlichte zahlreiche Studien zur Geschichte der Chirurgie, Hygiene und besonders der Milit¨armedizin (u. a. Die Entwicklung der Kriegsbesch¨adigtenf¨ursorge von den a¨ ltesten Zeiten bis zur Gegenwart, 1918). Auch auf dem Gebiet der medizinhistorischen Biographie und Bibliographie war H., Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, t¨atig, u. a. als Mitherausgeber des Biographischen Lexikons der ¨ hervorragendsten Arzte aller Zeiten und V¨olker (21929). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Die altr¨omischen Milit¨ar¨arzte (1910), Das Dirnenwesen in den Heeren und seine Bek¨ampfung (1914), Die Verwundetenf¨ursorge in den Heldenliedern des Mittelalters (1917), Johannes M¨uller. Das Leben des rheinischen Naturforschers auf Grund neuer Quellen und seiner Briefe dargestellt (1924) und German ¨ medicine (1934, Nachdr. 1978). 2, 3 C Arzte

Habermaas, Hermann von, Jurist, Politiker, * 5. 3. 1856 Stuttgart, † 1. 4. 1938 Stuttgart. Der Sohn eines Oberkriegskommiss¨ars und zuletzt Direktors der W¨urttembergischen Hypothekenbank studierte 1876-79 Rechtswissenschaften in T¨ubingen, Leipzig und Berlin. Nach der Promotion 1886 wurde er Amtsrichter in Cannstatt, 1890 Landrichter in Heilbronn. 1893 als Regierungsrat in das Departement f¨ur Kirchen- und Schulwesen berufen, wurde er 1896 Ministerialrat, 1906 Ministerialdirektor. 1898 wurde H. zum Ritter des Ordens der w¨urttembergischen Krone erhoben. 1900-10 war er Regierungskommiss¨ar der Israelitischen Oberkirchenbeh¨orde; 1910 u¨ bertrug man ihm die Pr¨asidentschaft des Evangelischen Konsistoriums. 1910-12 war H. Mitglied der Ersten Kammer des W¨urttembergischen Landtags und 1912-18 w¨urttembergischer Staatsminister f¨ur das Kirchen- und Schulwesen. C Raberg

Habermehl Habermann, Ernst, Pharmakologe, * 31. 7. 1926 G¨ossenheim, † 22. 1. 2001 Linden (Kr. Gießen). H. schloß das Studium an der Univ. W¨urzburg 1951 mit der ¨ Promotion ab (Uber cholingersche Wirkungen des Naturhonigs) und habilitierte sich dort 1956 (Die Ver¨anderungen von Zellstruktur und Zellstoffwechsel durch tierische Gifte). Seit 1961 apl. Prof., wechselte er 1966 an die Univ. Gießen, wo er von 1966 bis zu seiner Emeritierung dem Institut f¨ur Pharmakologie vorstand. H. besch¨aftigte sich vor allem mit nat¨urlich vorkommenden Giften, insbesondere tierischen Toxinen. Bahnbrechend waren die Resultate aus der Erforschung des Giftes der Honigbiene (Apis mellifera). Sp¨ater verlagerte er seinen Forschungsschwerpunkt auf die bakteriellen Toxine Tetanus- und Botulinumtoxin aus Clostridien. H. wurde 1971 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. 1979-82 war er Pr¨asident der Deutschen Gesellschaft f¨ur Pharmakologie und Toxikologie. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨ort Spezielle Pharmakologie als Basis der Arzneitherapie (mit Helmut L¨offler, 1975, 41983). Habermann, Franz Xaver, Bildhauer, Kupferstecher, * 1721 Habelschwerdt (Niederschlesien), † 1796 Augsburg. Nach einer Bildhauerlehre war H. in seinem Beruf t¨atig, studierte dann in Italien und ließ sich sp¨ater in Augsburg nieder, wo er 1746 das B¨urgerrecht und 1747 die Bildhauergerechtigkeit erwarb. Vermutlich wegen schlechter Auftragslage gab er die bildhauerische T¨atigkeit auf und wandte sich dem Ornamentstich zu. 1756 / 57 war H. Vorgeher der Bildhauerund Malerzunft in Augsburg. 1781 erhielt er eine Stelle als Lehrer an der neuerrichteten Zeichenschule, die der Kunstakademie angeschlossen war. Bis zu seinem Tod war H. als Entwerfer und Zeichner, zuletzt auch als Stecher und Verleger seiner eigenen Arbeiten t¨atig. Er zeichnete Architekturen und Perspektiven, wurde jedoch insbesondere als Ornamentzeichner bekannt. H. entwarf Verzierungen f¨ur Bronzearbeiten, Uhren, M¨obel, Rahmen etc. und ver¨offentlichte zahlreiche Kupferstiche. C Th-B

Habermann, Hugo (Joseph Anton) Frh. von, Maler, * 14. 6. 1849 Dillingen, † 27. 2. 1929 M¨unchen. Der Sohn eines bayerischen Rittmeisters widmete sich kurze Zeit in M¨unchen dem Jurastudium, ehe er 1870 / 71 am Deutsch-Franz¨osischen Krieg teilnahm. 1871-79 studierte er an der M¨unchner Akademie der bildenden K¨unste und wurde 1873 Sch¨uler von Karl von → Piloty. Seit 1880 unterhielt H. kurzzeitig gemeinsam mit Bruno → Piglhein und Fritz von → Uhde eine Malschule. 1892 an der Gr¨undung der M¨unchner Sezession beteiligt, wurde er zum Zweiten Vorsitzenden, 1904 zum Ersten Vorsitzenden gew¨ahlt. Seit 1905 lehrte er als Professor an der Akademie. Ausgehend von der Historienmalerei Pilotys und der Tonmalerei Wilhelm → Leibls schuf H. realistische Genrebilder. Seit 1890 widmete er sich fast ausschließlich der Darstellung von Frauen, wobei er die Anregungen der fl¨amischen Barockmalerei ins Zeitgen¨ossiC NDB sche u¨ bertrug (Das lachende Modell, 1907).

Habermann, Johann → Avenarius, Johann Habermann, Josef, o¨ sterr. Chemiker, * 31. 10. 1841 Neutitschein (M¨ahren), † 20. 5. 1914 Br¨unn (M¨ahren). H. studierte an der TH Wien und war Assistent bei Anton → Schr¨otter von Kristelli und Heinrich → Hlasiwetz. Seit 1875 lehrte er als o. Prof. der allgemeinen, analytischen und Agrikulturchemie an der TH Wien. 1886-1900 geh¨orte H. dem Reichstag als deutschliberaler Abgeordneter an. 1891 folgte er einem Ruf als Prof. der allgemeinen und analytischen Chemie an die TH Br¨unn, wo er bis 1911

lehrte. H. ver¨offentlichte gemeinsam mit seinem Lehrer Hlasiwetz Beitr¨age u¨ ber Zuckerarten, Eiweißk¨orper und Glucoside. Seine selbst¨andigen Arbeiten zu verschiedenen Fragen der anorganischen, organischen und analytischen Chemie erschienen u. a. in der „Zeitschrift f¨ur analytische Chemie“ und in „Liebigs Annalen der Chemie“. C Poggendorff 5

Habermann, (Hans) Max, evang. Gewerkschafter, * 21. 3. 1885 Altona (heute zu Hamburg), † 30. 10. 1944 Gifhorn / Aller. H., Sohn eines Schneidermeisters, arbeitete als Lehrling und Gehilfe im Buchhandel, wurde 1904 Mitglied des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes (DHV), 1907 hauptamtlicher Mitarbeiter in dessen Sozialpolitischer Abteilung und u¨ bernahm 1911 die Schriftleitung der „Deutschen Handelswacht“, des Zentralorgans des Verbandes. Nach dem Ersten Weltkrieg beteiligte sich H. am Wiederaufbau des DHV und war seit 1922 Leiter der Abteilung Jugend, Berufsbildung und Allgemeinbildung, zun¨achst in Spandau, dann in Hamburg. 1928 wurde er Vorsitzender des Internationalen Bundes christlicher Angestelltengewerkschaften. Zur Verwirklichung seiner wirtschaftspolitischen Ziele (Stand und Staat, 1931) suchte er den Kontakt zu Heinrich → Br¨uning. 1933 von den Nationalsozialisten aus allen ¨ Amtern entlassen, engagierte sich H. in der gewerkschaftlichen Widerstandsgruppe um Jakob → Kaiser und Wilhelm → Leuschner. Im Zusammenhang mit dem Attentat auf → Hitler am 20. 7. 1944 wurde H. von der Gestapo verhaftet. Im Gef¨angnis Gifhorn nahm er sich das Leben. C NDB

Habermehl, Erasmus, auch Habermel, Feinmechaniker, * 1538, † 15. 11. 1606 Prag. H. erlernte wahrscheinlich in N¨urnberg das Uhrmacherhandwerk und sp¨ater in Regensburg die Feinmechanik. Vermutlich bereits um 1576 in Prag ans¨assig, wurde er 1594 von Kaiser → Rudolf II. als Hofinstrumentenmacher angestellt. In erster Linie war er f¨ur den Hof t¨atig und stellte mehrere Instrumente f¨ur Tycho Brahe, den d¨anischen Hofastronomen Rudolfs II. in Prag, her. 1580-86 arbeitete er u. a. f¨ur den Arzt Franciscus de Padovanis von Forl`ı und f¨ur die Herz¨oge von Rosenberg in Wittingau. H. war einer bedeutendsten Sonnenuhr- und Ger¨atemacher des 16. Jahrhunderts. Seine Werke sind in gr¨oßeren Instrumentensammlungen, u. a. in Wien und Prag, erhalten. C Th-B

Habermehl, Karl-Heinz, Veterin¨armediziner, * 28. 5. 1921 Friedberg (Hessen), † 17. 2. 2000 LahnauAtzbach. H. schloß das Studium an der Tier¨arztlichen Hochschule 1944 mit der Promotion ab (Vergleichende Untersuchungen zur objektiven Feststellung des Ausblutungsgrades bei notgeschlachteten Tieren) und habilitierte sich 1953 in Gießen (Die Verlagerungen der Bauch- und Brustorgane des Hundes bei verschiedenen K¨orperstellungen). Seit 1960 apl. Prof., ging er 1960 als o. Prof. und Direktor des Veterin¨armedizinisch-Anatomischen Instituts nach Z¨urich und kehrte 1971 nach Gießen zur¨uck. H. ver¨offentlichte u. a. Die Altersbestimmung bei Haustieren, Pelztieren und beim jagdbaren Wild (1961) und Die Altersbestimmung bei Versuchstieren (1980).

Habermehl, Karl-Otto, Mediziner, Virologe, * 31. 1. 1927 K¨oslin (Pommern), † 7. 6. 2005 Berlin. H. studierte Medizin, zun¨achst an der Humboldt-Universit¨at, seit 1948 an der Freien Univ. Berlin, wurde 1952 mit der Arbeit Vergleichende Untersuchungen an Nieren-, Leber- und Muskeltransplantaten in verschiedenen Wirtsorganen promoviert, durchlief eine Facharztausbildung f¨ur Innere Medizin und f¨ur Laboratoriumsmedizin und arbeitete als Internist und leitender Oberarzt in einem Berliner Krankenhaus. 1964

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Haberstich in Berlin f¨ur Innere Medizin habilitiert (Der Einfluß von Virusinfektionen auf den Ablauf der Zellteilung), forschte er seit 1965 an verschiedenen Instituten in den USA und war Direktor des New York State Department of Health. 1970 folgte H. einem Ruf an eine neueingerichtete virologische Forschungseinheit der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des Stifterverbandes f¨ur die Deutsche Wissenschaft in Berlin. 1975-97 war er Prof. am neueingerichteten Lehrstuhl f¨ur Virologie an der Freien Univ. Berlin und zugleich Leiter des Instituts f¨ur Klinische und Experimentelle Virologie. H. geh¨orte zu den Wissenschaftlern, die nach dem Zweiten Weltkrieg das Fach Virologie in Deutschland etablierten. Er leistete virologische Grundlagenforschung, hatte maßgeblichen Anteil an der Entwicklung neuer Testmethoden in der HIV-Diagnostik und f¨uhrte wegweisende Untersuchungen zu Pockenviren, dem Poliomyelitis-Virus und Herpesviren durch.

Haberstich, Samuel, Pseud. Arthur Bitter, schweizer. Schriftsteller, * 20. 10. 1821 Ried bei Schloßwil (Kt. Bern), † 24. 2. 1872 Bern. Der Sohn eines Schmieds arbeitete seit 1839 als Schreiber beim Finanzdepartement des Kantons Bern und besuchte juristische und philosophische Vorlesungen an der dortigen Universit¨at. Seit 1846 war er als freier Journalist und Schriftsteller t¨atig. Nach seiner Teilnahme am Sonderbundskrieg gr¨undete er 1849 die humoristisch-satirische Wochenschrift „Schweizerisches Charivari“, die von der Berner Regierung verboten wurde. 1850 aus dem Kanton ausgewiesen, hielt sich H. 1853-55 in Z¨urich auf. 1856 nach G¨umlingen bei Bern zur¨uckgekehrt, ging H. 1857 als Redakteur nach Langnau, 1860 nach Thun. Seit 1862 lebte er wieder in Bern und schrieb u. a. f¨ur das Feuilleton der „Basler Nachrichten“ und der „Neuen Z¨urcher Zeitung“. H. ver¨offentlichte 1848 seine Erlebnisse aus dem Sonderbundfeldzug. Neben einigen Gedichten verfaßte er zahlreiche Novellen und Erz¨ahlungen, die 1876 in einer f¨unfzehnb¨andigen Ausgabe erschienen. C Biogr Lex Aargau Habert, Johann Evangelist, o¨ sterr. Komponist, Musiker, Musikschriftsteller, * 18. 10. 1833 Oberplan (B¨ohmen), † 1. 9. 1896 Gmunden (Ober¨osterreich). Der Sohn eines B¨ackermeisters besuchte die Lehrerbildungsanstalt in Linz und wurde 1852 Lehrer in Naarn / Donau, 1857 in Waizenkirchen. H. erhielt 1860 eine Stelle als Organist in Gmunden. 1868-72 und 1877-86 gab er die von ihm gegr¨undete „Zeitschrift f¨ur katholische Kirchenmusik“ heraus. H., ein entschiedener Gegner der rigorosen Ausrichtung des C¨acilianismus, wie er in Deutschland vertreten wurde, ver¨offentlichte Orgel- und Klavierschulen und edierte die Messen von Johann Joseph → Fux (Denkm¨aler der Tonkunst ¨ in Osterreich, Bd. I / 1, 1894). Bekannt wurde er als Komponist von Kirchenmusik. C MGG Habetin, Rudolf, Schriftsteller, * 21. 9. 1902 Leipzig, † 18. 2. 1986 K¨oln. H. besuchte das Lehrerseminar in Leipzig und studierte Germanistik und Neuphilologie in Paris und Leipzig. 1933 wurde er mit einer Arbeit u¨ ber → H¨olderlin promoviert. Nach seiner Teilnahme am Zweiten Weltkrieg lebte H. in Bamberg und ließ sich 1952 in K¨oln nieder. Er arbeitete f¨ur Presse und Rundfunk und ver¨offentlichte Erz¨ahlungen und Essays, in erster Linie jedoch Gedichte. Die Texte seines ersten Balladen- und Gedichtbands Kleine Lieder (1924) wurden von Paul Geilsdorf vertont. F¨ur seinen Gedichtband Du in der Zeit, der 1933 erschien, wurde H. 1932 mit dem Literaturpreis der Stadt Leipzig ausgezeichnet; 1956 erhielt er den Preis des Westdeutschen Rundfunks. C Killy

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Habich, Eduard, S¨anger, * 3. 9. 1880 Kassel, † 15. 3. 1960 Berlin. H. besuchte das Raff’sche Konservatorium in Frankfurt / Main und gab sein B¨uhnendeb¨ut 1904 als Rigoletto am Stadttheater in Koblenz, wo er bis 1905 engagiert war. Es folgten Engagements in Posen, Halle / Saale und D¨usseldorf. 1910-30 war er Ensemblemitglied der Berliner Hofoper (seit 1918 Staatsoper), wo er u. a. in der Urauff¨uhrung von Franz → Schrekers Der singende Teufel mitwirkte. Bei den → Wagner-Festspielen in Bayreuth sang er h¨aufig den Alberich und mehrmals den Klingsor. Mit Wagnerrollen hatte H. auch bei zahlreichen Gastspielen Erfolg, darunter in London, Amsterdam und Chicago. 1935-37 war er Mitglied der New York Metropolitan Opera. Zuletzt gab er in Berlin Gesangsunterricht. C Kutsch Habich, Georg, Kunsthistoriker, Numismatiker, * 24. 6. 1868 Darmstadt, † 6. 12. 1932 M¨unchen. H., Sohn eines Weinh¨andlers und Gastwirts, studierte in Bonn und M¨unchen Klassische Philologie, Arch¨aologie und Kunstgeschichte. Nach der Promotion 1894 trat er in das Kgl. M¨unzkabinett in M¨unchen ein, dessen Leitung er 1907 u¨ bernahm. H., der seit 1910 außerordentliches, seit 1920 ordentliches Miglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften war, lehrte seit 1912 als Honorarprofessor der Numismatik und Medaillenkunde an der Univ. M¨unchen. Er gr¨undete das „Archiv f¨ur Medaillen- und Plakettenkunde“ (1913-26), ver¨offentlichte zahlreiche Abhandlungen, vor allem u¨ ber deutsche und italienische Medaillen (Die Medaillen der italienischen Renaissance, 1922) und widmete sich dem Korpus der deutschen Schaum¨unze (Die deutschen Schaum¨unzen des XVI. Jahrhunderts, Bd. 1, 1929). C NDB

Habich, Ludwig, Bildhauer, * 2. 4. 1872 Darmstadt, † 20. 1. 1949 Jugenheim. H. begann seine k¨unstlerische Ausbildung 1890 als Sch¨uler → Kauperts am St¨adelschen Institut in Frankfurt / Main. Sp¨ater wechselte er an die Karlsruher Kunstakademie und studierte bis 1900 bei Wilhelm von → R¨umann in M¨unchen. Von dem Großherzog von Hessen in die Darmst¨adter K¨unstlerkolonie berufen, wirkte H. seit 1900 in seiner Heimatstadt. 1906 u¨ bersiedelte er nach Stuttgart, lehrte dort zun¨achst an der TH und seit 1910 als Prof. an der Kunstakademie. 1937 kehrte er nach Darmstadt zur¨uck. H. schuf einige Kleinplastiken, zahlreiche Denkm¨aler und Großplastiken wie die Monumentalfiguren Mann und Weib f¨ur den Eingang des Ernst-Ludwig-Hauses auf der Darmst¨adter Mathildenh¨ohe. C Th-B

Habicher, Theodor, Schriftsteller, Publizist, * 2. 9. 1859 Schwaz (Tirol), † 13. 7. 1913 Augsburg. Der Sohn eines Mechanikers besuchte die Handelsakademie und war als Kaufmann t¨atig. Nach f¨unfj¨ahrigem Dienst in der Fremdenlegion ließ er sich 1873 als Buchh¨andler in Augsburg nieder. H. war Schriftleiter der Zeitschrift „Der Krieger- und Veteranenfreund“ sowie der Reisezeitung „Der Wanderer“. Außerdem trat er als Erz¨ahler und Reiseschrift¨ steller an die Offentlichkeit. Ein Teil seiner Publikationen ist Schwaben und insbesondere Augsburg gewidmet; seine Zeit in der Fremdenlegion ist Thema der Briefe aus der franz¨osischen Fremdenlegion (1894, 3., ver¨anderte Aufl. 1913). C DLL

Habicht, Ludwig, Schriftsteller, * 23. 7. 1830 Sprottau (Schlesien), † 29. 12. 1908 Amalfi (Italien). Seit 1845 B¨urogehilfe in einem Rechtsanwaltsb¨uro in Sagan, bildete sich H., Sohn eines Schuhmachermeisters, autodidaktisch weiter. Seit 1857 widmete er sich ganz der schriftstellerischen T¨atigkeit. Zun¨achst in Dresden ans¨assig, ging H. 1862 nach Berlin, wo er zeitweise Redakteur des

Hach „Deutschen Magazins“ war. Sp¨ater lebte er in Sagan, bis er sich 1881 in Italien (Sorrent, Bordighera, Positano, Taormina) niederließ. Von Karl → Gutzkow entdeckt, ver¨offentlichte H. 1865 seinen ersten historischen Roman Der Stadtschreiber von Liegnitz (3 Bde., 21881). Es folgten vor allem Zeitromane, Schmugglergeschichten und Kriminalerz¨ahlungen (Das Haus des Unfriedens, 1877). C Killy

Habicht, Theodor (Theo) August Otto Wilhelm, Politiker, * 4. 4. 1898 Wiesbaden, † 31. 1. 1944 Majewo Tscherkizino (Polen). Nach einer kaufm¨annischen Lehre 1914 / 15 und freiwilligem Kriegsdienst arbeitete H., Sohn eines Schriftsetzers, seit 1919 als Kaufmannsgehilfe in Berlin und Wiesbaden, wurde jedoch 1926 wegen politischer Bet¨atigung f¨ur die NSDAP entlassen. 1927 gr¨undete die Wochenzeitung „Nassauer Beobachter“ (sp¨ater als Tageszeitung „Nassauer Tageblatt“) und wurde 1930 auch Herausgeber und Hauptschriftleiter der „Rheinwacht“. Im Juli 1931 entzog sich H. einer Haftstrafe ¨ durch Flucht nach Osterreich, wurde Landesgesch¨aftsf¨uhrer der dortigen NSDAP und war 1932-34 Landesinspekteur der ¨ NSDAP Osterreich, nach seiner Ausweisung im Juni 1933 mit Dienstsitz in M¨unchen. Seit 1931 geh¨orte er dem Reichstag an. H. war 1937-39 Oberb¨urgermeister von Wittenberg, dann f¨ur einige Monate Oberb¨urgermeister von Koblenz, bevor er im November 1939 ins Ausw¨artige Amt als Unterstaatssekret¨ar der Politischen Abteilung einberufen wurde. Seit 1940 nahm er am Zweiten Weltkrieg teil und fiel in Polen. H. ver¨offentlichte u. a. Wider den Unstaat! Gesammelte Aufs¨atze (1930). C Lilla, Statisten

Habietinek, Karl, o¨ sterr. Jurist, * 2. 3. 1830 Prag, † 21. 3. 1915 Wien. H. schloß das Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Prag 1855 mit der Promotion ab und wurde Juristenpr¨afekt an der Theresianischen Ritterakademie in Wien. 1859 f¨ur allgemeines o¨ sterr. Zivilrecht habilitiert, lehrte er als Privatdozent in Wien, arbeitete seit 1861 als Rechtsanwalt in Prag und wurde dort 1863 zum o. Prof. des Zivilrechts ernannt. 1868 kehrte er an die Univ. in Wien zur¨uck und wurde 1871 Justizminister. W¨ahrend seiner nur achtmonatigen Amtszeit erließ er das Grundbuchgesetz und die Notariatsordnung. H. geh¨orte seit 1879 dem o¨ sterr. Herrenhaus und seit 1881 dem Geheimen Rat an. 1891 wurde er Zweiter, 1899 Erster Pr¨asident des Obersten Gerichtshofs. C Czeike

Habrecht, Isaak, schweizer. Uhrmacher, * 23. 2. 1544 Schaffhausen, † 11. 11. 1620 Straßburg. H. erlernte bei seinem Vater Joachim H. das Uhrmacherhandwerk. 1571 wurde er zusammen mit seinem Bruder Josias H. und dem Schaffhauser Maler Tobias → Stimmer nach Straßburg berufen, um die von Konrad → Dasypodius entworfene neue astronomische Uhr des M¨unsters auszuf¨uhren (1572-74). In Straßburg wurde H. zum M¨unsteruhrmacher ernannt. Zu seinen Hauptwerken geh¨oren die Kunstuhr in Donaueschingen (1577) sowie die Rathausuhren in Heilbronn (1579 / 80) und Ulm (1580 / 81). Das Amt des Straßburger M¨unsteruhrmachers blieb bis 1732 in Familienbesitz. 1605 erschien Eygentliche F¨urbiltung und Beschreibung des Newen K¨unstlichen Astronomischen Uhrwercks zu Straßburg im M¨unster Im MD.LXXIIII Jahr vollendet zu sehen. Calculirt, ins Werck gericht und verfertiget durch Conrad Dasypodium, David Wolckenstein, Mathematicos und Isaac Habrecht Uhrenmacher. C NDB

Haccius, Barbara, Botanikerin, * 6. 12. 1914 Straßburg, † 29. 12. 1983 Mainz. H. studierte seit 1933 in M¨unchen, Freiburg und Halle Botanik, Zoologie, Chemie, Geologie und Philosophie, wurde 1939 mit der Arbeit Untersuchungen u¨ ber die Bedeutung der

Distichie f¨ur das Verst¨andnis der zerstreuten Blattstellung bei den Dikotylen in Halle promoviert, war anschließend im h¨oheren Lehramt t¨atig, seit 1941 als Studienassessorin und seit 1946 als Studienr¨atin. Seit 1949 lehrte sie an der p¨adagogischen Fakult¨at in Halle, u¨ bernahm 1950 eine Stelle als wissenschaftliche Hilfskraft am Botanischen Institut der Univ. Mainz, wo sie sich im selben Jahr mit der Studie Weitere Untersuchungen zum Verst¨andnis der zerstreuten Blattstellungen bei den Dikotylen habilitierte. 1954 wurde sie zur Di¨atendozentin, 1956 zur a. o. Prof. und 1971 zur o. Prof. und Abteilungsvorsteherin des Instituts f¨ur spezielle Botanik in Mainz ernannt. H.’ Forschungen u¨ ber Bau und Funktion pflanzlicher Embryonen trugen zur Kl¨arung der Morphogenese pflanzlicher Embryonen und zum Verst¨andnis phylogenetischer Zusammenh¨ange bei. Ihre Arbeiten erschienen vor allem in Zeitschriften, u. a. im „Botanischen Jahrbuch“.

Haccius, Georg, evang. Theologe, * 22. 7. 1847 L¨uneburg, † 4. 6. 1926 Hermannsburg / L¨uneburger Heide. Der Sohn eines Lehrers und sp¨ateren Pfarrers studierte seit 1868 in Erlangen und G¨ottingen Theologie. Seine erste Pfarrstelle erhielt er 1875 in Meinerdingen bei Walsrode, 1879 wurde er Pfarrer in Dorfmark in der L¨uneburger Heide, 1889 in Debstedt. Im folgenden Jahr wurde er Kondirektor, nach dem Tod Egmont Harms’ 1916 Direktor der Hermannsburger Missionsgesellschaft. 1919 rief er in Hermannsburg eine Volkshochschule ins Leben, die Vorbild f¨ur die Gr¨undung weiterer Volkshochschulen in SchleswigHolstein wurde. H. ver¨offentlichte u. a. Hannoversche Missionsgeschichte (3 Bde., 1905-20) und Aus meinem Leben (1929). C Leb Nieders, Bd 1 Hach, (Johann) Friedrich, Jurist, Diplomat, * 12. 8. 1769 L¨ubeck, † 29. 3. 1851 L¨ubeck. Der Sohn eines Kaufmanns studierte seit 1788 Theologie, dann Rechtswissenschaften in Jena und G¨ottingen. 1791 ließ er sich in L¨ubeck als Advokat und Notar nieder; 1792 wurde er in absentia von der Univ. Kiel promoviert. H. wurde 1805 in den Senat der Stadt gew¨ahlt und stand im folgenden Jahr an der Spitze des Direktoriums der st¨adtischen Kurie des Regensburger Reichstags. 1813 setzte er sich im Auftrag des L¨ubecker Senats im Hauptquartier der Alliierten f¨ur die Unabh¨angigkeit der Hansestadt ein. Er vertrat L¨ubeck auf dem Wiener Kongreß und unterzeichnete 1815 als erster der st¨adtischen Gesandten die deutsche Bundesakte; sp¨ater war er Mitglied der Bundesversammlung. 1820 wurde H. Oberappellationsgerichtsrat am neuerrichteten Oberappellationsgericht der vier freien St¨adte (Bremen, Frankfurt / Main, Hamburg, L¨ubeck) in L¨ubeck und widmete sich der Erforschung des st¨adtischen Rechts (Das alte l¨ubische Recht, 1839; Geist und Leben des Dichters Schmidt von L¨ubeck, 1850). C SHBL, Bd 10 Hach, Ludwig, Maler, * 22. 10. 1799 Hanau, † 9. 1. 1873 Marburg. H. besuchte bis 1918 die Hanauer Zeichenakademie als Sch¨uler Konrad → Westermayrs. Nach einer kurzen Weiterbildung am St¨adelschen Institut in Frankfurt / Main unternahm er 1820 / 21 eine Reise nach Rom, wo er sich an der Gr¨undung der Deutschen Bibliothek beteiligte. Nach Deutschland zur¨uckgekehrt, leitete er eine Zeichenschule in Gelnhausen, bis er sich 1829 in Marburg niederließ. Dort wirkte er seit 1830 als Universit¨atsmaler und -zeichenlehrer und wurde 1831 mit einer physiognomischen Dissertation promoviert. 1848 beteiligte er sich am politischen Kampf um die kurhessische Verfassung, wurde in einen Prozeß verwickelt und zwei Jahre in Festungshaft genommen. H., der bis zu seinem Tod an der Univ. lehrte, schuf vor allem Portr¨ats und Gruppenbilder, aber auch einige Ansichten der Stadt Marburg. C Th-B

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Hachenberg Hachenberg, Otto, Astrophysiker, * 25. 6. 1911 Anhausen, † 24. 3. 2001 Bonn. H. studierte 1930-36 Physik in K¨onigsberg, G¨ottingen und Berlin, wurde 1939 mit der Arbeit Der Aufbau des kugelf¨ormigen Sternhaufens Messier 92 promoviert und habilitierte sich 1948 in Berlin. Seit 1951 Prof. f¨ur Physik an der Univ. Berlin, u¨ bernahm er zugleich die Leitung des Heinrich-Hertz-Instituts f¨ur Schwingungsforschung in Berlin-Adlershof, wechselte 1961 als Prof. f¨ur Radioastronomie an die Univ. Bonn und war 1967-78 Direktor des MaxPlanck-Instituts f¨ur Radioastronomie. Seit 1964 oblag ihm auch die Leitung der Radiosternwarte Stockert in der Eifel. H.s Forschungsschwerpunkte betrafen neben der Astrophysik, Sonnenphysik und Radioastronomie die Hochfrequenztechnik, die Halbleiter und die Sekund¨arelektronenemission. Er ver¨offentlichte u. a. Sonnent¨atigkeit und Ausbreitung der elektrischen Wellen in der Erdatmosph¨are (1955), Betrachtungen zum Bau großer Radioteleskope (1968) und Technische Grundlagen der Radioastronomie (mit Bernd Vowinkel, 1982). C Jb MPG 2002

Hachenburg, Max, Jurist, * 1. 10. 1860 Mannheim, † 23. 9. 1951 Berkeley (Kalifornien, USA). H., Sohn eines Kaufmanns, schloß das Studium der Rechtswissenschaften (seit 1878) an den Universit¨aten Heidelberg, Leipzig und Straßburg 1882 mit Promotion ab und er¨offnete 1885 eine Anwaltspraxis in Mannheim. Sowohl als Anwalt als auch in seiner wissenschaftlichen und publizistischen T¨atigkeit konzentrierte er sich auf wirtschaftsrechtliche Fragen. 1897-1905 ver¨offentlichte er gemeinsam mit Adelbert → D¨uringer einen dreib¨andigen Kommentar zum Handelsgesetzbuch, der mehrfach aufgelegt wurde. H. lehrte an der Heidelberger Univ. und der Wirtschaftshochschule in Mannheim, lehnte aber eine Berufung zum o. Prof. ab. Er war Mitherausgeber der „Juristischen Wochenschrift“ und der „Deutschen Juristenzeitung“. Zur Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft konnte H. als Jude seinen Beruf nicht aus¨uben; 1939 emigrierte er u¨ ber die Schweiz nach Großbritannien. 1946 ging er nach Berkeley (Kalifornien), wo er weiterhin als juristischer Berater und Anwalt t¨atig war. 1927 erschienen seine Lebenserinnerungen eines Rechtsanwalts (1978 neu hrsg. von J¨org Schadt). C Bad Bio N.F., Bd 3 Hachfeld, Eckart, Schriftsteller, * 9. 10. 1910 M¨orchingen (Lothringen), † 5. 11. 1994 Berlin. H. gilt als Nestor des deutschen Nachkriegskabaretts. Er verfaßte Texte f¨ur Wolfgang → Neuss, Werner → Finck, Dieter Hildebrandt und das D¨usseldorfer „Kom(m)¨odchen“; im „Stern“ ver¨offentlichte er fast 2000 Beitr¨age unter der Rubrik „Amadeus geht durchs Land“. Der vielseitige Autor schrieb Drehb¨ucher zu Filmen mit Heinz → R¨uhmann (u. a. Wenn der Vater mit dem Sohne, 1955), Schlagertexte f¨ur Udo J¨urgens (Aber bitte mit Sahne, 1967) und Chansontexte f¨ur Adamo, Gilbert B´ecaud, Charles Aznavour und Dalida. Zu seinen großen Fernseherfolgen z¨ahlt die Sendereihe „Hallo Nachbarn“. C Killy Hachmann, Cord, Schauspieler, Regisseur, * 12. 5. 1848 Hamburg, † 24. 5. 1905 Hamburg. Zun¨achst Kaufmann, u. a. in Mexiko, ging H. sp¨ater als Autodidakt zur B¨uhne und trat u. a. in Hamburg, Flensburg, Halle, Bremerhaven als Liebhaber und Held auf. Seit 1891 war er Regisseur am New Yorker Thalia-Theater, danach am Deutschen Theater in Berlin und zuletzt am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg.

Hachmann, Gerhard, Jurist, Politiker, * 10. 5. 1838 Hamburg, † 5. 7. 1904 Hamburg. H., Sohn eines Arztes, studierte in Leipzig und Heidelberg Rechtswissenschaften, wurde 1859 in Heidelberg promoviert

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und ließ sich im folgenden Jahr in Hamburg als Anwalt nieder. 1868 wurde er in die B¨urgerschaft gew¨ahlt, deren Pr¨asidentschaft er 1877 u¨ bernahm. H., der seit 1885 dem Hamburger Senat als hauptamtliches Mitglied angeh¨orte, wurde 1886 Polizeisenator und leitete die Reorganisation des Polizeiwesens, der Armenf¨ursorge und des Schulwesens der Hansestadt. 1900 wurde H., der sich f¨ur die Beseitigung sozialer Mißst¨ande und den Dialog zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern einsetzte, zum B¨urgermeister gew¨ahlt. Er starb noch vor Ende seiner Amtszeit. C NDB

Hack, Bertold, Antiquar, Redakteur, * 22. 8. 1925 Hamburg, † 9. 9. 1994 Freiburg / Breisgau. Zum Antiquar ausgebildet, war H. 1951-64 Redakteur beim „B¨orsenblatt f¨ur den deutschen Buchhandel“ in Frankfurt. 1952 u¨ bernahm er zus¨atzlich die Redaktion der B¨ucherzeitschrift „Die Barke“, 1956 wurde er mit der Herausgabe des „Archivs f¨ur Geschichte des Buchwesens“ betraut. 1975-92 war H. Mitglied, zeitweise stellvertretender Vorsitzender der Historischen Kommission des B¨orsenvereins des Deutschen Buchhandels. Er ver¨offentlichte einen Bibliographischen Arbeitsbericht 1948-1985 (1985). Hackbarth, Joachim, Agronom, * 11. 3. 1906 Neuh¨utten (Pommern), † 1. 10. 1977 Neustadt am R¨ubenberge. H. studierte Landwirtschaft an der Univ. G¨ottingen und an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin und wurde 1932 bei Erwin → Baur mit einer Arbeit u¨ ber Antirrhinum (L¨owenm¨aulchen) am Kaiser-Wilhelm-Institut f¨ur Z¨uchtungsforschung in M¨uncheberg (Mark) promoviert. Anschließend war er dort wissenschaftlicher Assistent, seit 1937 Leiter der Abteilung Leguminosen sowie 1941-44 Leiter der Zweigstelle Ostpreußen des M¨uncheberger Instituts (Gut Laukischken / Kreis Labiau). 1942 an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin habilitiert, wirkte H. 1946-71 als Leiter der Zweigstelle des Max-Planck-Instituts f¨ur Z¨uchtungsforschung in Scharnhorst bei Neustadt am R¨ubenberge. Er erwarb sich einen hervorragenden Ruf als Lupinenforscher, befaßte sich vor allem mit der Z¨uchtung und dem Anbau der „S¨ußlupinen“ und ver¨offentlichte u. a. Die S¨ußlupine. Z¨uchtung, Anbau und Verwertung einer neuen Kulturpflanze (mit Bernhard Husfeld, 1939) und Anbau und Verwertung von S¨ußlupinen (mit Hans J¨urgen Troll, 1960). Grundlegend f¨ur die deutschsprachige Pflanzenbauliteratur ¨ war sein Buch Die Olpflanzen Mitteleuropas (1944). C B¨ohm

Hackel, Anton, o¨ sterr. Komponist, * 11. 4. 1799 Wien, † 19. 11. 1846 bei Wien. Der Sohn eines Arztes und Sch¨uler Emanuel Aloys → F¨orsters wurde insbesondere als Komponist von Milit¨armusik bekannt (Die n¨achtliche Heerschau). 1822 schrieb er ein Requiem, ferner geh¨oren Messen, Milit¨arm¨arsche und etwa 300 Lieder zu seinen Werken. Seit 1844 hatte er das ¨ Amt eines Hofbauamtskonzipisten inne. C OML Hackel, Eduard, o¨ sterr. Lehrer, Botaniker, * 17. 3. 1850 Haida (B¨ohmen), † 17. 2. 1926 Attersee (Ober¨osterreich). H., Sohn eines Tierarztes, studierte 1865-69 am Polytechnischen Institut in Wien und trat anschließend als Supplent an der Landesoberrealschule St. P¨olten in den Schuldienst ein; nach der Lehramtspr¨ufung unterrichtete er dort seit 1871 Naturgeschichte. H. entfaltete eine rege Forschungsund Ver¨offentlichungst¨atigkeit auf dem Gebiet der Gr¨aserkunde. Er publizierte mehrere deskriptive botanische Monographien und galt als Kenner der Gattung Festuca (Monographia Festucarum Europaearum, 1882, Nachdr. 1964). 1900 schied er vorzeitig aus dem Schuldienst aus. H.s Herbarium ging in den Besitz des Wiener Naturhistorischen Museums ¨ u¨ ber. C OBL

Hackert Hackelsberger, Albert, Unternehmer, Politiker, * 17. 10. 1893 Gut Poikam (Bayern), † 25. 9. 1940 Freiburg / Breisgau. Nach Abitur und Kriegsdienst studierte H. seit 1920 neben einer kaufm¨annischen Ausbildung National¨okonomie in Freiburg und Heidelberg (Promotion zum Dr. phil. 1923), dann Rechts- und Staatswissenschaften an der Univ. W¨urzburg und wurde 1925 zum Dr. jur. promoviert. 1925-38 war ¨ er Generaldirektor der Firma J. Weck & Co. in Offingen und geh¨orte daneben verschiedenen Unternehmerverb¨anden, Vorst¨anden und Aufsichtsr¨aten an; seit 1931 war er Mitglied des Wirtschaftsbeirats der Reichsregierung. H., Mitglied der Zentrumspartei seit 1919, wurde im Juli 1932 in den Reichstag gew¨ahlt und war 1933 stellvertretender Fraktionsvorsitzender. 1938 wurde er unter dem Vorwurf von Devisenvergehen verhaftet und in das Gerichtsgef¨angnis Freiburg verbracht, wo er verstarb. C Bad Bio N.F., Bd 4

Hackenschmidt, Karl, evang. Theologe, Schriftsteller, * 14. 3. 1839 Straßburg, † 10. 11. 1915 Straßburg. Der Sohn eines Korbmachermeisters studierte in Straßburg und Erlangen Theologie, wurde 1869 zum Lic. theol. promoviert und erhielt im folgenden Jahr eine Pfarrstelle in Jaegerthal bei Niederbronn (Elsaß). 1882 kehrte er als Gef¨angnisseelsorger in seine Heimatstadt zur¨uck und wurde 1885 Pfarrer an Jung St. Peter. H. ver¨offentlichte zahlreiche theologische Schriften (u. a. Die Kirche im Glauben des evang. Christen, 1881; Der Prophet Jeremia, 1912, 21922) und verfaßte els¨assische Heimatliteratur. Seit 1879 gab er den christlichen Volkskalender „Der gute Bote“ heraus. C DLL Hacker, Benedikt, Verleger, Komponist, * 30. 5. 1769 Metten (Niederbayern), † 2. 5. 1829 Salzburg. H. ging zun¨achst bei einem Arzt in die Lehre, gab seine Medizinstudien aber bald zugunsten der Musik auf. Er erhielt bei Johann Baptist Sternkopf, dem Direktor der Musikschule in Metten, Orgel- und Klavierunterricht und ging 1783 nach Salzburg. Dort wurde er Geigensch¨uler Leopold → Mozarts und Klaviersch¨uler Michael → Haydns. H. verdiente seinen Lebensunterhalt als Violinist des Nonnberger Stiftschors, bis er 1786 als Verk¨aufer in die Salzburger Hofund akademische Waisenhausbuchhandlung eintrat. Nach einer T¨atigkeit als Buchhalter der Mayrischen Buchhandlung er¨offnete er eine Musikalienhandlung nebst einer Notenleihanstalt und einem Musiksaal. Als Verleger widmete er sich insbesondere der weltlichen Vokalmusik Michael Haydns, dem er freundschaftlich verbunden blieb. H. komponierte neben geistlicher Musik und mehrstimmigen Ges¨angen u. a. die Karnevalsoper List wider List oder der Teufel im Waldschloß (1801). H. beging Selbstmord. C MGG Hacker, Friedrich, Psychiater, Psychoanalytiker, * 19. 1. 1914 Wien, † 23. 6. 1989 Mainz. H. begann in Wien ein Medizinstudium, mußte 1938 emigrieren und wurde nach weiteren Studien 1939 in Basel promoviert (Zur Frage der spezifischen Heilwirkung des Insulins auf die Schizophrenen Psychosen). 1940 ging er in die USA, wo er als Prof. der Psychiatrie an der Univ. von S¨udkalifornien lehrte, als Psychoanalytiker t¨atig war und mehrere Kliniken, u. a. die Hacker-Kliniken f¨ur Psychatrie in Los Angeles, leitete. 1968 gr¨undete er in Wien die Sigmund-FreudGesellschaft und pendelte von da an zwischen Wien und Los Angeles. H. arbeitete vor allem u¨ ber das Ph¨anomen der Gewalt in der Massengesellschaft und ver¨offentlichte u. a. Versagt der Mensch oder die Gesellschaft. Probleme der modernen Kriminalpsychologie (1964), Aggression. Die Brutalisierung der modernen Welt (1971, 21972, Neuaufl. 1985, frz. 1972, niederl¨and. 1972, italien. 1977), Terror (1973, frz. 1976, engl. 1976), Freiheit, die sie meinen (1978) und Drogen, verh¨uten statt behandeln, behandeln statt strafen (1981,

niederl¨and. 1982). Postum erschien 1990 Das FaschismusSyndrom. Psychoanalyse eines aktuellen Ph¨anomens (hrsg. von Doris Mendlewitsch). C Munzinger

Hacker, Horst, Milit¨ar, Maler, * 8. 4. 1842 Plaußig bei Leipzig, † 18. 12. 1906 M¨unchen. H. besuchte die Kadettenschule in Dresden und wurde Offizier des s¨achsischen leichten Reiterregiments in Großenhain. Sp¨ater wandte er sich der Malerei zu und wurde Sch¨uler Richard → Zimmermanns und Adolf → Liers in M¨unchen. Von dort aus unternahm er Studienreisen nach Italien, in die ¨ Schweiz und nach Osterreich. H., der seine Bilder in Dresden, M¨unchen, Berlin und Wien ausstellte, malte zumeist Alpenlandschaften (u. a. Winterlandschaft in Tirol, 1915). C Biogr Jahrb, Bd 11 Hacker, Viktor Ritter von, o¨ sterr. Chirurg, * 21. 10. 1852 Wien, † 20. 5. 1933 Graz. W¨ahrend des Medizinstudiums an der Univ. Wien, das er 1878 mit der Promotion abschloß, arbeitete H., Sohn eines Oberlandesgerichstrats, als Demonstrator am Institut f¨ur pathologische Anatomie unter Richard → Heschl. Anschließend war er zwei Jahre lang Aspirant an der I. Medizinischen Universit¨atsklinik, bis er 1880 als Sch¨uler Theodor → Billroths an die II. Chirurgische Universit¨atsklinik wechselte. 1887 habilitiert, u¨ bernahm H. 1888 die Leitung der Chirurgischen Abteilung des Sophienspitals in Wien und war 1891-94 Primarius an der Allgemeinen Poliklinik. 1894 ging H. als a. o. Prof. nach Innsbruck, wo er 1895 o. Prof., 1899 / 1900 Rektor der Univ. wurde (Rede 1899, Die Geschichtliche Entwicklung der Chirurgie). 1903-24 war H. Vorstand der Universit¨atsklinik in Graz, die er 1912 um einen Neubau erweitern ließ. H.s Forschungst¨atigkeit folgte den Schwerpunkten seines Lehrers Billroth. Seine Anleitung zur antiseptischen Wundbehandlung (1883, 31890) errreichte drei Auflagen. Zahlreiche Verbesserungen und Neuerungen auf den Gebieten der Oesophagus-, Magen-, und Darmchirurgie sowie der plastischen Chirurgie gehen auf H. zur¨uck (u. a. Die Magenoperationen an Professor Billroths Klinik 1880-85, 1886; Chirurgie der Speiser¨ohre, 1926). C NDB Hackert, Carl, Maler, * 1740 Prenzlau, † Oktober 1796 bei Morges (Schweiz). H. unternahm Studienreisen nach Frankreich und Italien und kam 1772 zu seinem Bruder Philipp → H. nach Rom. Unter dessen Anleitung bildete er sich k¨unstlerisch weiter und ¨ und Gouache. 1778 ging malte vor allem Landschaften in Ol er nach Genf und sp¨ater nach Lausanne. Zusammen mit J. A. Link arbeitete er an der Herausgabe von kolorierten Stichen schweizer. Landschaften. H. starb durch Selbstmord. C Th-B Hackert, Johann Gottlieb, Maler, * 1744 Prenzlau, † 1773 Bath (Großbritannien). H. erhielt seine k¨unstlerische Ausbildung als Sch¨uler von Le Sueur an der Berliner Kunstakademie. 1766 ging er zu seinem Bruder Philipp → H. nach Paris, mit dem er dort und ¨ seit 1768 in Rom eng zusammenarbeitete. Er schuf Olbilder nach dessen Skizzen und wandte sich wie dieser der Landschaftsmalerei in Gouache zu. Neben Landschaftsbildern schuf H. Tierstudien (Bild mit zwei Hunden), u. a. 1770 f¨ur Lady Hamilton. 1772 ging er nach London und stellte im folgenden Jahr seine Bilder in der Royal Academy aus. C Th-B Hackert, (Jacob) Philipp, Maler, * 15. 9. 1737 Prenzlau, † 28. 4. 1807 San Piero di Careggio (heute zu Florenz). H. war zun¨achst Sch¨uler seines Vaters, des Malers Philipp H., und seines Onkels, eines Berliner Dekorationsmalers. Anschließend trat er in die Berliner Kunstakademie ein, wo

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Hackert er sich unter der Anleitung von Le Sueur der Landschaftsmalerei zuwandte. Im Dienst des Barons Olthoff ging er 1762 nach Stralsund und 1764 nach Stockholm. Im folgenden Jahr reiste H. nach Paris und berief bald darauf auch seinen Bruder Johann Gottlieb → H. dorthin, mit dem er von da an eng zusammenarbeitete. Bekannt wurden die Br¨uder, die 1768 nach Rom u¨ bersiedelten, besonders durch ihre Landschaftsmalerei in Gouache. 1771 / 72 schuf H. eine Darstellung des russischen Seesiegs u¨ ber die T¨urken bei Tschesme in sechs Gem¨alden f¨ur die Kaiserin → Katharina. Seit 1782 war H. f¨ur K¨onig Ferdinand IV. von Neapel t¨atig, der ihn 1786 zu seinem Hofmaler ernannte und ihn gemeinsam mit seinem Bruder Georg H. nach Neapel kommen ließ. H. schuf weiterhin Landschaftsbilder, Seest¨ucke, Prospekte und Veduten; auch bei der Ausstattung von Bauten wurde er herangezogen. Nach dem Aufstand der Lazzaroni 1799 verließ H. Neapel und ging u¨ ber Livorno nach Florenz. Zuletzt lebte er in San Piero di Careggio, einem Weingut bei Florenz. → Goethe, der H. 1787 auf seiner Italienreise besucht hatte, erhielt dessen schriftlichen Nachlaß und schrieb auf dieser Grundlage die Biographie H.s. C NDB

Hackert, Wilhelm, Maler, * 1748 Prenzlau, † 1780 Rußland. H., Bruder von Jakob Philipp und Johann Gottlieb → H., ging 1772 nach Rom, wo er bei Anton Raphael → Mengs arbeitete. 1774 reiste er in die Toskana und anschließend nach Livorno. Durch Admiral Orloff kam er sp¨ater nach Rußland und wurde Zeichenlehrer an einer russischen Akademie. H. schuf in erster Linie Portr¨ats und Historiengem¨alde. Wahrscheinlich ist er der Maler eines Portr¨ats des F¨ursten Jussupoff als J¨ager.

Hackeschmidt, Manfred, Maschinenbauingenieur, * 16. 11. 1932 Rottewitz (heute zu Meißen), † 13. 2. 1995 Dresden. Nach dem Facharbeiterabschluß als Maschinenschlosser studierte H. 1952-57 an der TH Dresden Maschinenbau, war 1956-66 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Forschungsund Versuchsanstalt Dresden und deren Nachfolgebetrieben und wurde 1962 an der dortigen TU zum Dr.-Ing. promoviert (Zum Entwurf optimaler stark umlenkender Gleichdruckgitterprofile unter Verwendung der Elektroanalogie). 1965 habilitierte er sich mit der Arbeit Die Elektroanalogie, ein Mittel zur L¨osung komplizierter Feldprobleme und wurde 1967 Prof., 1969 Ordinarius f¨ur Str¨omungs- und Modelltechnik an der Bergakademie Freiberg. 1970 aus politischen Gr¨unden entlassen, war er seit 1971 an der Hochschule f¨ur Verkehrswesen „Friedrich List“ in Dresden t¨atig, bis 1990 als Ordinarius f¨ur Str¨omungslehre und Str¨omungsmechanik, danach als Hochschullehrer an der Fakult¨at Verkehrswissenschaft. H. besch¨aftigte sich vor allem mit Turbulenzfor¨ schung, Ahnlichkeitstheorie und Modelltechnik und ver¨offentlichte u. a. Grundlagen der Str¨omungstechnik (3 Bde., 1969-72) und Untersuchungen u¨ ber die W¨arme¨ubertragung mittels rezenter Modellverfahren (1971). H. geh¨orte 1993 zu den Gr¨undungsmitgliedern der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Hackethal, (Karl Heinrich) Julius, Chirurg, Schriftsteller, * 6. 11. 1921 Reinholterode / Eichsfeld, † 17. 10. 1997 Bernau (Oberbayern). Nach dem Medizinstudium in Berlin, W¨urzburg und G¨ottingen und der Promotion (Das histologische Bild bei juvenilen Blutungen, 1945) erhielt der Sohn eines Großbauern 1946-50 seine chirurgische Facharztausbildung am Kreiskrankenhaus Eschwede. Seit 1952 wissenschaftlicher Assistent an der Orthop¨adischen Universit¨atsklinik M¨unster, habilitierte er sich dort 1955 (Das Sudecksche Syndrom) und wechselte 1956 als Oberarzt an die Universit¨atsklinik Erlangen, wo seine Habilitation ausgeweitet und er 1962 zum

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Prof. ernannt wurde. Nach seiner T¨atigkeit als Chefarzt am St¨adtischen Krankenhaus Lauenburg / Elbe (1964-74) praktizierte er als selbst¨andiger Chirurg mit eigener Praxisklinik in Bad Bevensen. 1980 begann H. mit dem Aufbau des „Eubios-Gesundheitszentrums“ in Aschau am Chiemsee, wo er seine Vorstellungen von einer alternativen Krebstherapie zu verwirklichen versuchte. Acht Jahre sp¨ater gab er seine Stellung als „Regiearzt“ dieser Einrichtung auf und gr¨undete 1989 eine „Praxisklinik f¨ur Ganzheitsmedizin und Ausgew¨ahlte Chirurgie“. Breitere Bekanntheit erlangte H. mit provokativen Aussagen und Ver¨offentlichungen zur Gesundheitsf¨ursorge sowie zu Ethos und M¨oglichkeiten der ¨ Medizin, was ihn zeitlebens in Konflikt mit der Arzteschaft und dem staatlichen Gesundheitswesen brachte (u. a. Auf Messers Scheide. Kunst und Fehler der Chirurgen, 1976; Krankenhaus. Gegen ein patientenfeinliches Gesundheitssystem, 1979). Seit Mitte der achtziger Jahre setzte sich H. verst¨arkt f¨ur die humane Sterbehilfe ein, die er selbst mehrmals praktizierte (Humanes Sterben. Mitleidst¨otung als Patientenrecht und Arztpflicht, 1988). C Munzinger

Hackewitz, Lili von, Schriftstellerin, * 13. 2. 1857 Eldena bei Greifswald, † 12. 5. 1924 Ballenstedt / Harz. H., Tochter eines fr¨uheren Offiziers, wuchs auf dem Rittergut Weißenfels in Vorpommern auf. 1878 siedelte die Familie nach Berlin u¨ ber, dann nach K¨openick, sp¨ater nach Charlottenburg und 1887 nach Klein-Zschachwitz bei Dresden. Seit 1900 lebte H. mit ihrer Mutter in Ballenstedt (Anhalt). Nach deren Tod zog sie zu ihrer verheirateten Schwester. H., die seit 1877 erkrankt war, wurde sp¨ater v¨ollig gel¨ahmt. Sie verfaßte zahlreiche religi¨ose Erbauungs- und Trostschriften, u. a. Unverlierbares aus gesunden und kranken Tagen (1906). C BBKL

Hackfeld, Heinrich, Kaufmann, Reeder, * 24. 8. 1816 Elmeloh bei Delmenhorst, † 22. 10. 1887 Bremen. H., Sohn eines Kleinbauern, ging im Alter von f¨unfzehn Jahren von Bremen aus zu See. Nach dem Besuch der Steuermannsschule befuhr er die S¨udsee und ostasiatische Gew¨asser, zun¨achst als Steuermann, sp¨ater als Kapit¨an. Nach einem Schiffbruch bet¨atigte er sich auf den Hawaiianischen Inseln als Kaufmann. Nach Deutschland zur¨uckgekehrt, unternahm er eine weitere Fahrt zur S¨udsee und gr¨undete 1849 in Honolulu ein Ein-, Ausfuhr- und Speditionsgesch¨aft, das er zusammen mit seinem Schwager Carl → Pfl¨uger weiterf¨uhrte. Die Firma, die eine Shipchandlery zur Ausr¨ustung von Schiffen unterhielt und sich mit Vertretungsgesch¨aften und eigenen Pflanzungen an der hawaiianischen Zuckerwirtschaft beteiligte, wurde um Filialen in San Francisco und New York erweitert. Seit 1883 in Bremen ans¨assig, begr¨undete H. auch dort die Firma H. Hackfeld und Co., die eine eigene Reederei unter hawaiianischer Flagge besaß. C NDB Hackfeld, Johann (Friedrich), Kaufmann, * 26. 12. 1856 Bookholzberg (heute zu Ganderkesee), † 27. 8. 1932 Oberglottertal (heute zu Glottertal). Der Neffe von Heinrich → H. durchlief nach dem Besuch der Handelsschule in Bremen eine kaufm¨annische Lehre und wurde von seinem Onkel 1877 zur weiteren Ausbildung nach Honolulu geschickt, wo er bereits 1881 Teilhaber der Firma Heinrich Hackfeld & Co. wurde. Nach dem Tod des Mitinhabers Paul → Isenberg 1903 u¨ bernahm H. die Leitung des Unternehmens und baute es im folgenden Jahrzehnt zu einem der gr¨oßten im gesamten S¨udseeraum aus. Daneben war er deutscher, o¨ sterreichisch-ungarischer, russischer, schwedischer und belgischer Konsul auf Hawaii. Mit dem Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg 1917 wurde die Firma beschlagnahmt. H. lebte fortan als Privatmann in Bremen. C Brem Bio 2

Hackmann Hackhofer, Johann Cyriak, o¨ sterr. Maler, * 14. 2. 1675 Wilten (heute zu Innsbruck), † 9. 5. 1731 Vorau (Steiermark). H., Sohn eines Organisten, erhielt seine k¨unstlerische Ausbildung u. a. in Wien, wo er wohl besonders von Johann Michael → Rottmayr beeinflußt wurde. Um 1700 soll er sich als Sch¨uler Carlo Marattas in Rom aufgehalten haben, wo er auch den Maler C. A. Dufresnoy kennenlernte, dessen Werk De arte graphica (1668) er u¨ bersetzte (Von der Mahler Kunst, 1699). Um 1704 / 05 war H. in Wien ans¨assig und als Kupferstecher t¨atig. Seit 1708 Maler des Chorherrenstifts in Vorau, entfaltete H. eine rege T¨atigkeit als Freskenmaler. Außerdem schuf er Altarbl¨atter und entwarf Altaraufbauten sowie Bilderrahmen. Zu H.s Hauptwerken geh¨oren die Freskenzyklen im Schloß Festenburg (Bilder zum Glorreichen Rosenkranz, vollendet 1720) und die Ausmalung der Sakristei der Vorauer Stiftskirche (um 1716). C NDB Hackhofer, Josef, o¨ sterr. Architekt, * 18. 3. 1868 Wolfsberg (K¨arnten), † 8. 9. 1917 Wien. H. studierte an der Wiener TH und arbeitete in verschiedenen Ateliers, u. a. bei Franz Roth. Er schuf zahlreiche Jugendstilbauten in Wien, in erster Linie Br¨ucken wie die Neue Ferdinandsbr¨ucke u¨ ber den Donaukanal, ferner zahlreiche Villen und Gesch¨aftsh¨auser. H. arbeitete u. a. mit Otto → Wagner und Friedrich → Ohmann zusammen und gewann zusammen mit Schieder den ersten Preis im Architekturwettbewerb um das Stadttheater in Baden. Seit 1892 war er Mitglied des K¨unstlerhauses. C Th-B Hackl, Gabriel von, o¨ sterr. Maler, * 24. 3. 1843 Marburg / Drau, † 5. 6. 1926 M¨unchen (?). H. besuchte die Wiener Kunstakademie und ging um 1871 nach M¨unchen, um seine Ausbildung bei Karl von → Piloty und Alexander → Wagner abzuschließen. Seit 1877 lehrte er an der M¨unchner Kunstgewerbeschule; im folgenden Jahr wurde er Prof. an der Kunstakademie. H., der seine Laufbahn als Maler mit Historienbildern (Erzherzog Josef von ¨ Osterreich im Invalidenhaus) begonnen hatte, nahm sp¨ater kirchliche Auftr¨age an und gestaltete u. a. einen Altar in der St.-Pauls-Kirche in M¨unchen. Als Illustrator schuf er zahlreiche Landschaftsaquarelle mit Motiven aus der Steiermark; ferner sind mehrere Kost¨umstudien, ebenfalls in Aquarell, von ihm bekannt. C Th-B

Hackl, Oskar (Eduard Carl), o¨ sterr. Chemiker, * 26. 10. 1886 Br¨uhl bei Weitra (Nieder¨osterreich), † 1962. H. studierte seit 1904 an den Technischen Universit¨aten Wien und Graz und wurde 1910 mit der Arbeit Eine neue Trennung des Eisens von Mangan promoviert. 1909 trat er als Volont¨ar in die Geologische Reichsanstalt ein und u¨ bernahm 1923 den Vorsitz des Chemischen Labors der Anstalt. Seine Forschungst¨atigkeit konzentrierte sich auf den Bereich der analytischen Chemie. H. arbeitete an der Verbesserung analytischer Verfahren und ver¨offentlichte zahlreiche wissenschaftliche Beitr¨age, insbesondere zur Analyse von Silikatgesteinen (u. a. Die direkte Bestimmung des dreiwertigen Eisens in s¨aure-unl¨oslichen Silikaten, in: Chemikerzeitung, 1925). 1940 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen.

Hackl¨ander, Friedrich Wilhelm Ritter von, Pseud. F. W. Hell, Schriftsteller, * 1. 11. 1816 Burtscheid (heute zu Aachen), † 6. 7. 1877 Leoni / Starnberger See. Der Sohn eines Oberlehrers wuchs, seit 1829 verwaist, in a¨ rmlichen Verh¨altnissen auf und arbeitete als Lehrling in einem Elberfelder Textilgesch¨aft. 1830 trat er als Freiwilliger in die preuß. Artillerie ein, kehrte aber bald zu seiner kaufm¨annischen T¨atigkeit zur¨uck. 1840 ging H. nach Stuttgart und versuchte vergeblich, im Buchhandel und beim Theater Fuß zu fassen, konnte aber erste Erz¨ahlungen und

Gedichte in → Cottas „Morgenblatt“ ver¨offentlichen. 1843 gr¨undete er die K¨unstlergesellschaft „Die Glocke“, zu deren Mitgliedern Emanuel → Geibel und Franz → Liszt z¨ahlten. Nach einer Orientreise als Begleiter des Oberstallmeisters Wilhelm von Taubenheim erhielt H. eine Stelle als Volont¨ar bei der Hofkammer in Stuttgart und wurde 1843 zum Sekret¨ar und Reisebegleiter des w¨urttembergischen Kronprin¨ zen ernannt, mit dem er 1844-46 Italien, Belgien, Osterreich und Rußland bereiste. 1849 schied H., seit 1846 Hofrat, bei vollem Gehalt aus dem Hofamt aus und bet¨atigte sich f¨ur die „Allgemeine Zeitung“ als Kriegsberichterstatter in den Hauptquartieren → Radetzkys beim Feldzug in Piemont und des Prinzen → Wilhelm von Preußen beim Badischen Feldzug (Bilder aus dem Soldatenleben im Kriege, 2 Bde., 1849 / 50; Bd. 1 41852, Bd. 2 1850). Nach Stuttgart zur¨uckgekehrt, gr¨undete H. 1850 die K¨unstlergesellschaft „Bergwerk“, an der u. a. Wilhelm → Raabe und Eduard → M¨orike teilnahmen. Außerdem war H. Mitgr¨under der ¨ „Hausbl¨atter“ (1855) und des Familienblatts „Uber Land und Meer“ (1857). Seit 1859 Bau- und Gartendirektor K¨onig → Wilhelms I. von W¨urttemberg, beteiligte sich H. u. a. an der Gestaltung der Stuttgarter Schloßparkanlagen, bis er sich 1865 als freier Schriftsteller nach Leoni am Starnberger See zur¨uckzog. 1860 wurde er nobilitiert. Er war als Verfasser von Romanen, humoristischen Erz¨ahlungen und Lustspielen erfolgreich. 1850 erschien Handel und Wandel (2 Bde.; 3. Aufl., 1869, mit dem Untertitel Meine Lehr- und Wanderjahre). Seine Autobiographie Der Roman meines Lebens (2 Bde.) wurde postum 1878 ver¨offentlicht (21879). C Leb Baden-W¨urtt, Bd 18

Hackmack, Hans, Ingenieur, Segelflieger, * 1898 Mexico City (?), † 26. 2. 1928 bei Augsburg. H. nahm als Offizier und Pilot am Ersten Weltkrieg teil. Nach Kriegsende studierte er Maschinenbau an der TH Darmstadt und geh¨orte der dortigen Akademischen Fliegergruppe an. Mit Erfolg beteiligte er sich an den Rh¨onSegelflugwettbewerben der Jahre 1921, 1922 und 1923. Neben Henzen und Arthur Martens gelangen ihm 1922 die ersten Stundenfl¨uge. Nach einer T¨atigkeit als Ingenieur bei einem Zweigwerk der Firma Junkers in Fili bei Moskau wurde H. seit 1924 in der Heeresorganisationsabteilung des Truppenamtes im Reichswehrministerium mit technisch-milit¨arischen Planungsarbeiten betraut. 1926 wechselte er als Assistent des Technischen Direktors zur Lufthansa, wo er an der Entwicklung und Erprobung von Verkehrsflugzeugen mitwirkte. H. verungl¨uckte t¨odlich beim Einfliegen eines Motorflugzeuges bei Augsburg. C NDB Hackmann, Friedrich August von, auch Hackemann, Jurist, Bibliothekar, * vor 1678 Gandersheim (?), † nach 1734. Der Sohn eines luth. Generalsuperintendenten wurde um 1709 Prof. der Moral an der Univ. Helmstedt. Wegen Verbreitung deistischer Anschauungen mußte er die Stellung aufgeben, wurde 1718 Oberbibliothekar der Kgl. Bibliothek in Berlin und ging 1729 als o. Prof. des Natur- und V¨olkerrechts nach Halle. Nach einem Jahr von dort vertrieben, ließ er sich in Wien nieder, wo er vom Protestantismus zum Katholizismus u¨ bertrat. Zuletzt lebte er in Prag. H. trat durch seine neue Edition des niederdeutschen Reineke de Vos her¨ vor (1711); seinen Plan einer Ubersetzung des Tierepos ins Lateinische f¨uhrte er nicht aus. C Killy

Hackmann, Heinrich (Friedrich), luth. Theologe, Religionshistoriker, Sinologe, * 31. 8. 1864 Gaste bei Osnabr¨uck, † 13. 7. 1935 Hildesheim. Der Sohn eines Lehrers studierte in Leipzig und G¨ottingen Theologie und wurde 1893 in G¨ottingen zum Lic. theol. promoviert (Die Zukunftserwartung des Jesaja). Anschließend lehrte er dort als Privatdozent, bis er 1894 als Pfarrer

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Hackner der deutschen Gemeinde nach Schanghai u¨ bersiedelte. 1901 ging er auf Reisen in das Innere S¨udchinas und durchquerte 1902 / 03 S¨udwestchina bis nach Birma. Nach einer T¨atigkeit als Pfarrer in London 1904-10 bereiste er von neuem Ostund S¨udasien, um den Buddhismus zu studieren. 1913-30 war er o. Prof. der allgemeinen Religionsgeschichte an der Univ. Amsterdam. H. ver¨offentlichte u. a. Der Buddhismus (3 Bde., 1905 / 06), Laien-Buddhismus in China (1924) und Chinesische Philosophie (1927). C NDB

Hackner, Christoph, Architekt, * 16. 3. 1663 Jauer (?), † 2. 4. 1741 Breslau. H. erhielt 1695 / 96 seine Ausbildung als Maurer bei Hans ¨ Georg Knoll in Breslau. 1705 wurde er zum Altesten und „Erbschauer“ des Breslauer Magistrats und 1716 zum Stadtmaurermeister ernannt. Im Auftrag des Magistrats war er 1716 mit der Wiederherstellung des Stadtgerichts besch¨aftigt. 1725-34 vollendete er einen seiner bedeutendsten Bauten, die 11 000-Jungfrauenkirche in Breslau. 1734 wurde H. f¨urstbisch¨oflicher Hofbaumeister unter F¨urstbischof Kardinal Graf → Sinzendorf, dessen Lustschloß, das „Weiße Vorwerk“, er entwarf und ausf¨uhrte. C Th-B Hacks, Peter, Schriftsteller, * 21. 3. 1928 Breslau, † 28. 8. 2003 Berlin. H., Sohn eines Rechtsanwalts, wuchs im Ruhrgebiet auf, lebte sp¨ater in Dachau, studierte seit 1947 Soziologie, Philosophie, Germanistik und Theaterwissenschaft an der Univ. M¨unchen und wurde 1951 mit der Arbeit Das Theaterst¨uck des Biedermeier (1815-1840). Versuch einer Gesamtdarstellung promoviert. Danach war er als Autor f¨ur Theater, Kabarett und Rundfunk t¨atig. H.’ fr¨uhe St¨ucke waren historischen Stoffen gewidmet (Das Volksbuch vom Herzog Ernst oder Der Held und sein Gefolge, entstanden 1953, uraufgef¨uhrt 1967; Er¨offnung des indischen Zeitalters, 1955, Neufassung unter dem Titel Columbus, oder: Die Weltidee zu ¨ Schiffe, 1970). Nach seiner Ubersiedlung in die DDR 1955 zun¨achst f¨ur das Berliner Ensemble t¨atig, arbeitete er sp¨ater mit Wolfgang → Langhoff am Deutschen Theater zusammen, wo u. a. die St¨ucke Die Schlacht bei Lobositz (1956) und Der M¨uller von Sanssouci (1958) uraufgef¨uhrt wurden. Seine Zeitst¨ucke Die Sorgen und die Macht (1959) und Mo¨ ritz Tassow (1961) durften erst nach mehrfacher Uberarbeitung 1960 (letzte Fassung 1962) bzw. 1965 uraufgef¨uhrt werden. Beide St¨ucke, in denen sich H., der neben Heiner → M¨uller und Volker Braun zu den wichtigsten DDR¨ Dramatikern z¨ahlte, mit dem Ideologem der „Ubergangsgesellschaft“ besch¨aftigte, wurden auf Intervention der SED abgesetzt. Seit 1960 Dramaturg am Deutschen Theater Berlin, wurde H. 1963 entlassen und war fortan als freier Schriftsteller t¨atig. In Abkehr vom ehemaligen Vorbild → Brecht legte H., der bereits 1956 die Kom¨odie („wir wollen durchaus Gottsched und den Hanswurst“) als zeitgem¨aße Form des Dramas bezeichnet hatte (Einige Gemeinpl¨atze u¨ ber das St¨uckeschreiben), Anfang der sechziger Jahre in einer Reihe von Essays seine dramatische Konzeption einer „sozialistischen Klassik“ dar, die der Wirklichkeit die „humane Utopie“ entgegenstellt. Als neue Vorbilder nannte er Aischylos, Aristophanes, Shakespeare, → Goethe und → Nestroy. Neben Bearbeitungen (u. a. Der Frieden, 1962; Die sch¨one Helena, 1964; Das Jahrmarktsfest zu Plundersweilern, 1975) wurde

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H., der im Westen u. a. durch seine Verteidigung des Mauerbaus oder der Ausweisung Wolf Biermanns umstritten war, mit Mythenadaptionen wie Amphytrion (1968), Margarethe von Aix (1969), Omphale (1970) und Adam und Eva (1972) in den siebziger Jahren zu einem der meistgespielten Gegenwartsautoren auf deutschen B¨uhnen in Ost und West. In diesen sich durch Wortwitz und intellektuelle Anspielungen auszeichnenden Konversationsst¨ucken reflektierte er, oft unter Verzicht auf psychologisierende Charakterzeichnung, in historischem oder mythologischem Rahmen gesellschaftliche Widerspr¨uche. Als Mittel zur Bew¨altigung der Differenz zwischen Wirklichkeit und ihrer k¨unstlerischen Reproduktion schien ihm der Vers geeignet, „das große Gef¨aß f¨ur Widerspr¨uche“. Einen seiner gr¨oßten Erfolge erzielte er mit dem Monodrama Ein Gespr¨ach im Hause Stein u¨ ber den abwesenden Herrn von Goethe (1976). Als Kritiker der DDR trat H. u. a. in dem Korruptionsst¨uck Die Binsen (1985) und in dem Trauerspiel Jona (1989), einer Allegorie auf außenpolitischen Opportunismus, hervor. In den Arbeiten nach 1990, darunter Genovefa (1994), gibt es kein geschichtsm¨achtiges Subjekt mehr. H. ver¨offentlichte auch formstrenge klassizistische Lyrik und B¨ucher f¨ur Kinder, darunter den Gedichtband Der Flohmarkt (1965), die Erz¨ahlung Der B¨ar auf dem F¨orsterball (1972) und den Roman Prinz Telemach und sein Lehrer Mentor (1997). Gesammelte Aufs¨atze, in denen er auch seine oft provokanten poetologischen Positionen darlegte, erschienen 1977 unter dem Titel Die Maßgaben der Kunst (erw. Neuausg. 1996). H. wurde 1972 in die Akademie der K¨unste der DDR gew¨ahlt, aus der er 1991 austrat. WEITERE WERKE: Werke. 15 Bde., Berlin 2003. – Andr´e M¨uller sen. / P. H.: Nur daß wir ein bischen kl¨arer sind. Der Briefwechsel 1989 und 1990. Berlin 2002. – Du tust mir wirklich fehlen. Der Briefwechsel zwischen P. H. und Heinar Kipphardt. Hrsg. v. Uwe Naumann. Berlin 2004. – Am Ende verstehen sie es. Politische Schriften 1988 bis 2003. Nebst dem Briefwechsel mit Kurt Gossweiler 1996 bis 2003. Hrsg. v. Andr´e Thiele. Berlin 2005. LITERATUR: Herbert Haffner: Bibliographie zu P. H. In: KLG (1997). – Wolfgang Schivelbusch: Sozialistisches Drama nach Brecht. Drei Modelle: P. H. – Heiner M¨uller – Hartmut Lange. Neuwied / Darmstadt 1974. – Winfried Schleyer: Die St¨ucke von P. H. Tendenzen – Themen – Theorien. Stuttgart 1976. – Christoph Trilse: P. H. Leben und Werk. Berlin / DDR 1979. Berlin 1980. – Raymond Heitz: P. H. Th´eaˆ tre et socialisme. Bern u. a. 1984. – Andrea J¨ager: Der Dramatiker P. H. Vom Produktionsst¨uck zur Klassizit¨at. Marburg 1986. – Thomas Di Napoli: The Children’s Literature of P. H. New York u. a. 1987. – Paul Gerhard Klussmann / Heinrich Mohr (Hrsg.): Die Schuld der Worte. Bonn 1987 (Jahrbuch zur Literatur der DDR 6). – Margo R. Bosker: Sechs St¨ucke nach St¨ucken. Zu den Bearbeitungen von P. H. New York u. a. 1994. – Andr´e Thiele (Hrsg.): In den Tr¨ummern ohne Gnade. Festschrift f¨ur P. H. Berlin 2003. – P. H. Neapel 2005 (Topos, Heft 23). Bruno Jahn

Hacquet de la Motte, Balthasar, Mediziner, Naturforscher, * 1739 / 40 Le Conquet (Bretagne), † 10. 1. 1815 Wien. Nach humanistischen Studien am Jesuitenkolleg in Pont-`aMousson studierte H. de la M. in Paris Medizin und unternahm anschließend Reisen nach Spanien und England. Im Siebenj¨ahrigen Krieg k¨ampfte er als Freiwilliger und geriet in englische, sp¨ater in franz¨osische, preuß. und o¨ sterr. Gefangenschaft, in der er bis zum Kriegsende 1763 als Chirurg t¨atig war. Seit 1764 widmete er sich an der Univ. Wien u. a. medizinischen und rechtswissenschaftlichen Studien, bis er 1766 eine Stelle als Bergwerksarzt in Idria (Krain) annahm. 1787 wurde H. de la M., seit 1777 Mitglied der Deutschen

Hadermann Akademie der Naturforscher Leopoldina, Prof. der Anatomie, Physiologie, Chirurgie und Geburtshilfe in Laibach, 1787 Prof. der Naturgeschichte an der Univ. Lemberg, 1805 Prof. der Chemie und Botanik in Krakau und ließ sich 1810 als Privatgelehrter in Wien nieder. Seit 1787 war er jeweils mehrere Monate im Jahr auf Reisen, die ihn u. a. in die Ostalpen, nach Italien, Istrien, Illyrien, Kroatien, Ungarn, Bayern, in die Schweiz, nach Nordb¨ohmen, Brandenburg und Polen f¨uhrten. Seine illustrierten Reisebeschreibungen enthalten botanische, geologische und volkskundliche Beobachtungen (u. a. Oryctographia carniolica oder physikalische Erdbeschreibung des Herzogthums Krain, Istrien, und zum Theil der benachbarten L¨ander, 2 Bde., 4 Tle., 1778-89; Mineralogisch-botanische Lustreise von dem Berg Terglon in Krain zu dem Berg Glokner in Tyrol im Jahr 1779 und 1781, 1784; Neueste physikalisch-politische Reisen, 4 Bde., 1790-96). 1806 erschienen Bemerkungen u¨ ber die Entste¨ hung der Feuer- oder Flintensteine. C OBL

Hadamar von Laber, Dichter, * um 1300, † nach 1354. Der aus einer oberpf¨alzischen Familie stammende H., dessen Vater B¨urgermeister von Regensburg war, ist zwischen 1317 und 1354 gemeinsam mit seinem Bruder Ulrich urkundlich bezeugt. In den zeitgen¨ossischen politischen Auseinandersetzungen hielten die Br¨uder engen Kontakt zum Hof Kaiser → Ludwigs des Bayern und seines Sohnes, des Markgrafen → Ludwig von Brandenburg. Letzterer ernannte H. 1354 zum Rat des Landes. Von H. ist nur ein Werk, die Minneallegorie Jagd, erhalten, die wahrscheinlich im zweiten Viertel des 14. Jh. entstanden ist und das Werben eines Mannes um eine Frau als „Jagd“ nach einem edlen Wild inszeniert. C VL Hadamovsky, Eugen, Reichssendeleiter und Stabsleiter der Reichspropagandaleitung der NSDAP, * 14. 12. 1904 Berlin, † 1. 3. 1945 an der Ostfront. H. studierte Maschinenbau und Chemie in Charlottenburg und bet¨atigte sich aktiv in der Schwarzen Reichswehr und in Freikorps. Nach deren Aufl¨osung 1921 setzte er sich ins ¨ Ausland ab, war als Schlosser und Automechaniker in Osterreich, Italien, Nordafrika und Spanien t¨atig und kehrte 1928 nach Berlin zur¨uck. 1930 in die NSDAP eingetreten, wurde er 1931 Gaufunkwart von Berlin, 1932 Abteilungsleiter in der Reichspropagandaleitung der NSDAP in M¨unchen und 1933 Reichssendeleiter und Direktor der Reichsrundfunkgesellschaft sowie Vizepr¨asident der Reichsrundfunkkammer. H. war f¨uhrend an der Gleichschaltung des Rundfunkwesens beteiligt. Im Juli 1942 schied H. aufgrund pers¨onlicher Differenzen mit → Goebbels aus allen Rundfunk¨amtern aus, wurde 1943 zum Kriegsdienst eingezogen und fiel kurz vor Kriegsende in Rußland. C Weiß Hadebald, Erzbischof von K¨oln, † 841. H. war vielleicht mit seinem Vorg¨anger im Bischofsamt, → Hildebald, verwandt. Seit 819 Erzbischof von K¨oln, bet¨atigte sich H. 825 als K¨onigsbote; sp¨ater weihte er die Stephanskirche in Werden an der Ruhr und nahm 829 an einer Synode in Mainz teil. Zum Zweck der nordischen Mission stiftete er den M¨onchen → Ansgarius, dem sp¨ateren Erzbischof von Hamburg, und Autbart ein Schiff. Seit 833 erkrankt, erschien H. nur noch 838 am Hoftag in Aachen. Er war auch Dekan des Stifts St. Cassius in Bonn. C NDB

Hadeke, Johannes, auch Hadus, Hadelius, Beiname: Saxo, Dichter, * um 1490 Stade, † um 1525. H. begann seine Studien in Leipzig zusammen mit Ulrich von → Hutten unter Richard Sbrulius und folgte diesem 1508 nach Wittenberg, 1513 an die Univ. Frankfurt / Oder. Dort widmete er sich im Kreis von Helius Eobanus → Hessus, Hermann → Trebelius und der Br¨uder von der Osten der Dichtung. 1514 lehrte er Poetik an der Univ. Greifswald,

1515 in Rostock. H. floh 1515 / 16 vor der Pest u¨ ber Frankfurt / Oder, Breslau und Krakau nach Wien, wo er der Sodalit¨at um Konrad → Celtis, Joachim von → Watt und Johannes → Cuspinianus angeh¨orte. Er hielt Vorlesungen u¨ ber Poetik und wurde von Kaiser → Maximilian I. zum poeta laureatus gekr¨ont. Sp¨ater reiste er nach Rom und schloß sich dem Dichterkreis um Johannes Goritz an. Von H. sind zwei lateinische Gedichtb¨ande im Druck erhalten, Camoenae (1516) und Elegiae (1518). C Killy

Hadeler, Werner, Wirtschaftsfunktion¨ar, * 3. 3. 1893 Oldenburg, † 17. 3. 1977 Oldenburg. H. studierte seit 1913 in M¨unchen, Berlin und Heidelberg Volkswirtschaft, wurde 1917 promoviert und trat als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter in die Oldenburgische Industrieund Handelskammer ein. 1921 erfolgte seine Wahl zum stellvertretenden ersten Syndikus; seit 1933 war er erster Syndikus. W¨ahrend seiner Amtszeit f¨orderte er insbesondere den Deutschen Nautischen Verein und setzte sich f¨ur den Bau des K¨ustenkanals ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligte sich H. maßgeblich an der Neuordnung der Oldenburgischen Industrie- und Handelskammer nach demokratischen Grunds¨atzen. Auf u¨ berregionaler Ebene arbeitete er im Deutschen Industrie- und Handelstag in Bonn sowie in der Vereinigung der Nieders¨achsischen Industrie- und Handelskammern. H. ver¨offentlichte Die wirtschaftliche Entwicklung und Bedeutung von Industrie und Handel im OldenC Oldenburg burger Lande (1924).

Hadeln, Detlev (Moritz Georg Heinrich Wilhelm) Frh. von, Kunsthistoriker, * 26. 5. 1878 Arolsen, † 19. 4. 1935 Florenz. H., Sohn eines luxemburgischen Wirklichen Geheimen Rats und Pr¨asidenten der Finanzkammer, schloß das Studium der Kunstgeschichte in Genf, M¨unchen, Leipzig, Berlin und Jena 1906 mit der Promotion in Jena ab und hielt sich 1909 / 10 als Assistent und Stipendiat am Kunsthistorischen Institut in Florenz auf. 1912-14 war er Bibliothekar bei den Berliner Museen und Herausgeber des Jahrbuchs der Preußischen Kunstsammlungen. Kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs verließ er den Staatsdienst und lebte als Privatgelehrter zun¨achst in Venedig, seit 1925 in Florenz. H. galt als Kenner venezianischer Kunst und ver¨offentlichte u. a. Studien zu den Werken Tintorettos, Tizians, Tiepolos und Canalettos (Venezianische Zeichnungen der Hochrenaissance, 1925). C NDB

Hader, Clemens → Klemens von Burghausen Hadermann, Ernst, Germanist, * 22. 5. 1896 Schl¨uchtern (Hessen), † 2. 1. 1968 Halle / Saale. H., Sohn eines M¨uhlenbesitzers, nahm am Ersten Weltkrieg teil und studierte 1919-24 Germanistik, Geschichte, Philosophie und Romanistik in Frankfurt / Main, Heidelberg, Berlin und Marburg, wo er 1923 mit einer Arbeit u¨ ber Karl → Gutzkows Wullenweber promoviert wurde. Nach einer T¨atigkeit als Assessor an Schulen in Marburg war H. seit 1930 Lehrer in Melsungen, sp¨ater an einem Gymnasium in Kassel t¨atig. Nach dem sog. R¨ohm-Putsch vor¨ubergehend inhaftiert, nahm er seit 1939 am Zweiten Weltkrieg teil, geriet 1941 in sowjetische Gefangenschaft und gr¨undete 1942 im Lager Jelabuga die erste antifaschistische deutsche Offiziersgruppe. Im selben Jahr verfaßte er zusammen mit Erich → Weinert und Walter → Ulbricht die Flugschrift Wie ist der Krieg zu beenden? 1945 kehrte H. nach Deutschland zur¨uck, wo er zum stellvertretenden Chef der Deutschen Zentralverwaltung f¨ur Volksbildung, dann zum Leiter der Schulabteilung der Deutschen Zentralverwaltung in der Sowjetischen Besatzungszone ernannt wurde. 1948 wechselte er auf

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Hadik den Lehrstuhl f¨ur Germanistik an der P¨adagogischen Hochschule in Potsdam und war seit 1950 Direktor des Germanistischen Instituts. F¨ur die Deutsche Akademie der Wissenschaften arbeitete er an verschiedenen W¨orterbuchprojekten. Seit 1955 Prof. f¨ur Neuere deutsche Literatur an der Univ. Halle, legte H. seine Professur 1961 nach Auseinandersetzungen mit der SED nieder. C Cat Prof Hal

Hadik von Futak, Andreas Graf, o¨ sterr. Milit¨ar, * 16. 10. 1710 Donauinsel Sch¨utt, † 12. 3. 1790 Wien. H., Sohn eines Kapit¨ans in einem Husarenregiment, trat um 1732 in ein o¨ sterr. Husarenregiment ein und diente u. a. unter Prinz → Eugen am Rhein. Seit 1756 Feldmarschall, nahm er in der k. k. Hauptarmee und in der Reichsarmee am Siebenj¨ahrigen Krieg teil. 1758 wurde H. zum General der Kavallerie ernannt, 1763 Gouverneur von Ofen in Ungarn, 1764 Kommiss¨ar des Milit¨ar- und Zivilgouvernements in Siebenb¨urgen. 1769 f¨uhrte er den Vorsitz beim Karlowitzer Kongreß; 1772 leitete er die Besetzung Galiziens. Mit dem Rang eines Feldmarschalls u¨ bernahm H. 1774 die Pr¨asidentschaft des Hofkriegsrats, die er bis 1790 innehatte; 1776 wurde er zum Reichsgrafen ernannt. Im Bayerischen Erbfolgekrieg sowie zu Beginn des T¨urkenkriegs 1789 kommandierte H. die o¨ sterr. Armee. C NDB

Hadlaub, Johannes → Johannes Hadlaub Hadorn, Ernst, schweizer. Zoologe, * 31. 5. 1902 Forst bei Thun (Kt. Bern), † 4. 4. 1976 Wohlen (Kt. Bern). H., Sohn eines Landwirts, schloß das Studium der Biologie ¨ in Bern und M¨unchen 1931 mit der Promotion ab (Uber Organentwicklung und histologische Differenzierung in transplantierten merogonischen Bastard-Geweben, ver¨offentlicht 1932) und wurde Seminarlehrer in Thun. 1936 an der Univ. Bern habilitiert (Die Entwicklungsphysiologische Auswirkung der disharmonischen Kern-Plasma-Kombination beim Bastardmerogon Triton palmatus [m¨annlich] x Triton cristatus [weiblich], ver¨offentlicht 1937), wurde er dort 1939 a. o. Prof. und folgte 1943 einem Ruf als o. Prof. der Zoologie nach Z¨urich. Seine Rektoratsrede von 1962 behandelte das Thema Gef¨ahrdetes und gesichertes Leben, die von 1963 Vielfalt und Einheit im Lebendigen. H., der sich zun¨achst mit entwicklungsbiologischen Studien an Amphibien besch¨aftigt hatte, begann, w¨ahrend eines Aufenthalts 1936 / 37 in den USA durch den Genetiker Thomas Hunt Morgan angeregt, mit entwicklungsphysiologischgenetischen Studien an Drosophila. Seine Erkenntnisse u¨ ber den Einfluß der Gene auf die Entwicklung des Organismus, besonders u¨ ber die der Zelldifferenzierung vorausgehenden Determinationsvorg¨ange, ver¨offentlichte er in zahlreichen Beitr¨agen in Fachzeitschriften. Zu seinen Werken z¨ahlen Letalfaktoren in ihrer Bedeutung f¨ur Genphysiologie und Erbpathologie der Entwicklung (1955) und Experimentelle Entwicklungsforschungen an Amphibien (1961; 2. Nachdr. der 2. Aufl., 1989). 1966 wurde H. in den Schweizerischen Wissenschaftsrat, 1967 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. C HLS

Hadorn, (Friedrich) Wilhelm, schweizer. reformierter Theologe, * 28. 1. 1869 Bern, † 17. 11. 1929 Bern. Nach dem Studium der Theologie in Basel, Bern und Greifswald war H., Sohn eines Pfarrers, Pfarrer in Saanen (Berner Oberland), in K¨oniz bei Bern und seit 1903 am M¨unster in Bern. 1900 habilitierte er sich an der Univ. Bern f¨ur Neues Testament und 1925 f¨ur schweizer. Kirchengeschichte. Seit 1912 lehrte er dort als a. o. und seit 1922 als o. Professor. H. war seit 1918 Synodalratspr¨asident, seit 1920 / 21 erster Pr¨asident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes und nahm an den Weltkirchenkonferenzen von Stockholm (1925) und Lausanne (1927) teil. Zu seinen Hauptwerken geh¨ort eine Kirchengeschichte der reformierten Schweiz

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(1907); 1928 ver¨offentlichte H. einen umfangreichen Kommentar unter dem Titel Die Offenbarung des Johannes. C HLS

Hadwig, Herzogin von Schwaben, * um 940, † 28. 8. 994.

Die Tochter Herzog → Heinrichs von Bayern, die zun¨achst einen byzantinischen Prinzen heiraten sollte, wurde von griechischen Lehrern und von Geistlichen unterrichtet. Gemeinsam mit ihrem Mann, dem schw¨abischen Herzog Burchard II., gr¨undete sie das Kloster Hohentwiel. Nach dessen Tod residierte H. in Hohentwiel und u¨ bte unter dem Titel „dux“ Herzogsgewalt aus, obwohl neben ihr nacheinander zwei von → Otto II. eingesetzte Herz¨oge von Schwaben regierten. C LexMA

Hadwiger, Alois, S¨anger, Theaterintendant, * 11. 8. 1879 Olm¨utz, † 23. 3. 1948 Graz. H., von Cosima → Wagner f¨ur die Oper entdeckt, erhielt seine Ausbildung in der Bayreuther Schule durch Julius → Kniese. Er deb¨utierte 1904 als Froh im Rheingold bei den Bayreuther Festspielen; 1906 und 1908 trat er in der Rolle des Parsifal auf. Es folgte ein Engagement 1907-10 am herzoglich-s¨achsischen Hoftheater in Coburg und Gotha; anschließend ging H. an das Bremer Stadttheater und 1918 an das Stadttheater von Graz. 1921 / 22 wurde H. an das Stadttheater von Freiburg / Breisgau verpflichtet, wo er als Heldentenor und Oberspielleiter wirkte. 1930 wurde er Operndirektor und Oberspielleiter an der Oper in Kaiserslautern, 1933 u¨ bernahm er als Generalintendant die Leitung des Mecklenburgischen Landestheaters in Schwerin. 1944 erhielt H. die Stelle des Intendanten des Opernhauses in Graz, die er aber wegen der Schließung des Theaters w¨ahrend der letzten Kriegsmonate nicht mehr antreten konnte. C Kutsch

Hadwiger, Hugo, Mathematiker, * 23. 12. 1908 Karlsruhe, † 29. 10. 1981 Bern. H., Sohn eines Lithographen, studierte seit 1929 Mathematik, Physik und Versicherungslehre an der Univ. Bern und wurde 1934 promoviert. 1935 arbeitete er an der Univ. Hamburg bei Wilhelm → Blaschke. Nach Bern zur¨uckgekehrt, habilitierte er sich 1936 mit der Studie Umordnung von Reihen analytischer Funktionen und wurde 1937 a. o. Prof. f¨ur H¨ohere Analysis und 1945 o. Prof. f¨ur Mathematik an der Univ. Bern. Zu H.s Forschungsschwerpunkten geh¨orten die Reihenlehre in Banachr¨aumen und Taubersche S¨atze, Integralgeometrie und kombinatorische Geometrie. Er ver¨offentlichte u. a. Altes und Neues u¨ ber konvexe K¨orper (1955), Vorlesungen u¨ ber Inhalt, Oberfl¨ache und Isoperimetrie (1957) und Kombinatorische Geometrie in der Ebene (mit Hans Debrunner, 1960, engl. 1964). C HLS Hadwiger, Victor, Schriftsteller, * 6. 12. 1878 Prag, † 4. 10. 1911 Berlin. Der Sohn eines o¨ sterr. Oberstabsarztes studierte seit 1899 Germanistik und Philosophie in Prag, u. a. bei August → Sauer und Adolf → Hauffen. In der literarischen Gruppe „Jung-Prag“ befreundete er sich u. a. mit den Schriftstellern Paul → Leppin und Oskar → Wiener und dem Maler und Graphiker Richard → Teschner. Nach dem Bruch mit seinem Vater 1902 zog H., ohne Studienabschluß und finanzielle Mittel, nach Berlin, wo er als Kritiker bei der „Vossischen Zeitung“ arbeitete und Kontakte zu Kabarettisten und Schriftstellern fand. 1903 ver¨offentlichte er seinen zweiten Gedichtband unter dem Titel Ich bin. Zu H.s Werken, die als fr¨uheste Zeugnisse des Expressionismus gelten, z¨ahlen auch Erz¨ahlungen und Romane (Abraham Abt, postum 1912). C Killy

H¨aberlin H¨aberl, Franz Xaver von, Mediziner, * 26. 3. 1759 Erlkam bei Holzkirchen (Oberbayern), † 23. 4. 1846 Bayerdießen / Ammersee. H. studierte in Ingolstadt u. a. Anatomie und Chemie, ehe er sich seit 1783 in Wien zum praktischen Arzt ausbildete. 1784 in Ingolstadt zum Dr. med. promoviert (De febribus annuis et in specie de febre aestiva anno 1783 in nosocomio S. S. Trinitatis Vindobonnensi observata), wirkte H. in M¨unchen als Arzt, zun¨achst bei Ferdinand Maria → Baader, seit 1788 in den Krankenh¨ausern der Barmherzigen Br¨uder und der Elisabethanerinnen. H. arbeitete richtungweisende Konzepte zur Verbesserung der Krankenh¨auser aus (bessere Bel¨uftung, Beheizung und Wasserversorgung in den Krankenzimmern), die 1794 / 95 im M¨unchner Maximilianskrankenhaus realisiert wurden. Seit 1799 bem¨uhte er sich um die Einrichtung eines neuen, allgemeinen Krankenhauses, das 1813 in einem Neubau vor dem Sendlinger Tor in M¨unchen er¨offnet wurde. H. leitete die Klinik, bis er 1824 in den Ruhestand trat. H., der Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Kgl. Medizinischen Gesellschaft in Kopenhagen war, ver¨offentlichte u. a. W¨unsche und Vorschl¨age zur Errichtung eines allgemeinen Krankenhauses in M¨unchen (1799), Abhandlung u¨ ber o¨ ffentliche Armen- und Krankenpflege (1813) und System einer vollst¨andigen Lufterneuerung in Kranken- und Versorgungsh¨ausern, Irrenan¨ stalten [. . .] (1840). 1 C Arzte H¨aberl, Simon von, Mediziner, * 25. 10. 1772 M¨unchen, † 1. 4. 1831 M¨unchen. Nach Abschluß seiner medizinischen Studien in Ingolstadt ließ sich H. in M¨unchen als praktischer Arzt nieder. An der Univ. M¨unchen habilitiert, wurde er 1802 zum Medizinalrat ernannt. Im folgenden Jahr rief H. das Institut der Physikate und des Landesmedizinalkomitees ins Leben. Seit 1806 Generaldirektor der bayrischen Feldspit¨aler, wurde er 1807 Obermedizinalrat und Vorstand der Medizinischen Sektion im bayerischen Innenministerium. In dieser Eigenschaft f¨uhrte er die gesetzliche Schutzimpfung gegen Pocken ein und schuf mit dem sogenannten „Organischen Edikt“ (1808) die Grundlage einer neuen Medizinalverfassung in Bayern. H. war kgl. Leibarzt. Nach dem Sturz seines G¨onners, des Innenministers Maximilian Joseph von → Montgelas, 1817 zog sich H. aus seiner o¨ ffentlichen T¨atigkeit zur¨uck und widmete sich ganz seiner a¨ rztlichen Praxis. ¨ 2 C Arzte

H¨aberlin, Heinrich, schweizer. Politiker, * 6. 9. 1868 Weinfelden (Kt. Thurgau), † 26. 2. 1947 Frauenfeld (Kt. Thurgau). Der Sohn eines Anwalts und Politikers studierte seit 1887 Jura in Z¨urich, Leipzig und Berlin und legte 1891 das thurgauische Anwaltsexamen ab. Er praktizierte seit 1892 in eigener Kanzlei, war 1899-1902 Pr¨asident des Bezirksgerichts Frauenfeld und wurde 1904 Mitglied des Nationalrats; 1905-20 geh¨orte er auch dem Thurgauer Kantonsrat an. 1920 als Kandidat der Freisinnigen in den Bundesrat gew¨ahlt, dessen Pr¨asident er 1926 und 1931 war, betreute H. als Leiter des Justiz- und Polizeidepartements u. a. die Revision des Obligationenrechts, das Milit¨arstrafgesetz von 1927, das Gesetz u¨ ber die Verwaltungsrechtspflege von 1928 und das Enteignungsgesetz von 1930. Sein zentrales Anliegen war die Vereinheitlichung des Strafrechts, wobei er darum bem¨uht war, wissenschaftliche Strafrechtserkenntnisse weitgehend in die Praxis umzusetzen. Ein neues Strafgesetzbuch – im wesentlichen H.s Werk – wurde unter H.s Nachfolger Johannes → Baumann 1942 in Kraft gesetzt. Das unter dem Eindruck des Landesstreiks von 1918 entstandene Umsturzgesetz („Lex H¨aberlin I“) scheiterte 1922 in der Volksab-

stimmung. Nachdem 1934 auch das Ordnungsgesetz („Lex H¨aberlin II“) am Volkswillen gescheitert war, verk¨undete H. seinen R¨ucktritt aus dem Bundesrat. C Schweiz Bundesr¨ate

H¨aberlin, Johannes, evang. Missionar, * 19. 8. 1808 Tuttlingen, † 12. 11. 1849 auf dem Hugly bei Kalkutta. H., Sohn eines Schuhmachers, durchlief zun¨achst eine Schuhmacherlehre und trat 1827 in das Basler Missionsseminar ein. 1830 wechselte er zum Seminar der Londoner Church Missionary Society, widmete sich dem Studium des Sanskrit und Hindustani und wurde 1831 durch den Bischof von London ordiniert. Im Dienst der Church Missionary Society reiste er 1832 zusammen mit dem Bischof Daniel Wilson und drei Basler Missionaren nach Kalkutta, wo er ein Seminar zur Ausbildung von Lehrern und Katecheten gr¨undete. Aus gesundheitlichen Gr¨unden kehrte H. 1837 nach Europa zur¨uck, nahm aber 1839 die Berufung zum Bibelagenten der Britischen und Ausl¨andischen Bibelgesellschaft in Kalkutta an. Er errichtete eine Druckerei, in der er das Neue Testament in Hindustani herausgab. Seit 1845 setzte sich H. f¨ur die Einrichtung neuer Missionsstationen in Ostbengalen ein und war seit 1847 Sekret¨ar der East Bengal Missionary Society in Dacca. Er starb im Aufbruch zu einer geplanten Heimreise. Zu seinen Werken z¨ahlt eine Sanscrit Anthology (1847). C NDB

H¨aberlin, Karl von, Maler, * 16. 12. 1832 Oberesslingen, † 13. 4. 1911 Stuttgart. H. besuchte seit 1850 die Kunstschule in Stuttgart und war sp¨ater Sch¨uler Wilhelm von → Schadows in D¨usseldorf und Karl von → Pilotys in M¨unchen. Er unternahm Studienreisen durch Frankreich und hielt sich l¨angere Zeit in Italien auf, ehe er sich 1866 in Stuttgart niederließ. 1868-83 lehrte H. als Professor an der dortigen Kunstschule. Im Herbst 1880 bereiste er Tunesien. H., der sich zumeist der Darstellung von Szenen aus der w¨urttembergischen Geschichte widmete (Prinz Alexander von W¨urttemberg in der Schlacht bei Peterwardein, 1881), wurde insbesondere durch 26 Wandbilder bekannt, die er 1886-96 f¨ur den Kreuzgang des Dominikanerklosters in Konstanz schuf. Auch als Illustrator t¨atig, lieferte er 16 Zeichnungen f¨ur eine Ausgabe des Struwelpeter. C Th-B

H¨aberlin, Karl Friedrich, Jurist, Diplomat, * 5. 8. 1756 Helmstedt, † 16. 8. 1808 Helmstedt. Der Sohn des Historikers Franz Dominicus H. studierte seit 1773 Jura in Helmstedt, erwarb 1777 das Auditoriat und ging als Praktikant an das Reichskammergericht nach Wetzlar, wo er die Interessen des Herzogs von Braunschweig vertrat. 1782 wurde er als o. Prof. der Rechte an die Univ. Erlangen berufen und hatte seit 1786 den Lehrstuhl f¨ur Deutsches Staatsrecht in Helmstedt inne. Als diplomatischer Beobachter nahm H. an der Kaiserwahl von 1790, 1797 als braunschweigischer Gesch¨aftstr¨ager an den Friedensverhandlungen in Rastatt teil. In seinen staatsrechtlichen Arbeiten (Handbuch des Teutschen Staatsrechts, 3 Bde., 1794-97) setzte er sich mit der Verfassungstheorie Montesquieus aus¨ einander und bef¨urwortete eine vorsichtige Ubernahme der Errungenschaften der Aufkl¨arung und Franz¨osischen Revolution, ohne die deutsche Staatsverfassung grunds¨atzlich in Frage zu stellen. H., der die Nobilitierung ablehnte, nahm 1808 seine Wahl in die Kriminaljustizkommission der Reichsst¨ande im K¨onigreich Westfalen an. C NDB

H¨aberlin, Paul, schweizer. Philosoph, P¨adagoge, Psychologe, * 17. 2. 1878 Kesswil (Kt. Thurgau), † 29. 9. 1960 Basel. H., Sohn eines Lehrers, studierte Philosophie und Theologie in Basel, G¨ottingen und Berlin und wurde 1903 promoviert

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H¨aberlin ¨ (Uber den Einfluss der spekulativen Gotteslehre der Religionsphilosophie bei Fr. Schleiermacher). 1904-09 war er Direktor des Thurgauer Lehrerseminars in Kreuzlingen. Seit 1909 Privatdozent f¨ur Philosophie an der Univ. Basel (Habilitationsschrift: Herbert Spencers Grundlagen der Philosophie), folgte er 1914 einem Ruf als o. Prof. der Philosophie, P¨adagogik und Psychologie an die Univ. Bern. 1922-44 wirkte er erneut an der Univ. Basel. H. gr¨undete 1927 einen philosophischen Kreis, die Stiftung Lucerna, 1930 das Anthropologische Institut in Basel, 1940 die Schweizerische Philosophische Gesellschaft. Er entwickelte eine Ontologie auf rein apriorischer Basis. H. ver¨offentlichte u. a. Wissenschaft und Philosophie (2 Bde., 1910-12), Wege und ¨ Irrwege der Erziehung (1918, 31931), Allgemeine Asthetik (1929), Leitfaden der Psychologie (1937, 31949), Naturphilosophische Betrachtungen. Eine allgemeine Ontologie (2 Bde., 1939 / 40), Ethik (1946), Logik im Grundriß (1947) und Philosophia perennis (1952). Als Vertreter der philosophischen Anthropologie besch¨aftigte er sich mit psychophysischen Problemen und dem Dualismus zwischen Geist und Trieb (Der Mensch, 1941, Neuausg. 1969). 1959 erschien Statt einer Autobiographie, 1997 Paul H¨aberlin – Ludwig Binswanger, Briefwechsel 1908-1960 (hrsg. von Jeannine Luczak). H. war seit 1905 mit Paula → H. verheiratet. C Enz Phil Wiss

H¨aberlin, (Henriette) Paula, geb. Baruch, Malerin, * 25. 8. 1882 Lehnin (Brandenburg), † 5. 7. 1968 Basel. H. wuchs in Paderborn auf, studierte 1900-02 in D¨usseldorf bei Wilhelm Schneider-Didam und Willy → Spatz und besuchte anschließend die M¨unchner Malschule des K¨unstlerinnenvereins unter Christian → Landenberger, Heinrich → Knirr und Angelo → Jank. Mehrere Studienreisen f¨uhrten sie nach Italien, Jugoslawien, in die Niederlande, in die Bretagne und nach Mallorca. H. lebte seit 1905 in Kreuzlingen, sp¨ater in Aesch, Binningen bei Basel und seit 1914 in ¨ Bern. Seit 1906 beteiligte sie sich mit ihren Olgem¨ alden regelm¨aßig an Kunstausstellungen, u. a. in Z¨urich, Basel, M¨unchen und Baden-Baden. Zu ihren Werken z¨ahlen Landschaftsbilder, Stilleben und Portr¨ats. H. war mit Paul → H. verheiratet. C Brun

Haebler, Konrad, Bibliothekar, * 29. 10. 1857 Dresden, † 13. 12. 1946 Dorf Wehlen bei Dresden. H., Sohn eines Gymnasiallehrers, schloß das Studium der Philologie und Geschichte in Leipzig 1882 mit der Promotion ab. Seit 1879 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der Kgl. Biliothek in Dresden, widmete er sich der Erforschung der politischen und wirtschaftlichen Geschichte Spaniens. Durch Archiv- und Bibliotheksreisen angeregt, konzentrierte sich H. zunehmend auf die Geschichte des Buchdrucks im 15. und 16. Jh. in Spanien und Portugal. Seit 1907 an der Kgl. Bibliothek in Berlin, wurde er 1914 Direktor der Handschriftenabteilung (bis 1921). 1904-20 war H. Erster Vorsitzender der „Kommission f¨ur den Gesamtkatalog der Wiegendrucke (GW)“ in Berlin, die nach seinen Pl¨anen begann, einen Katalog aller Wiegendrucke anhand der weltweit noch existierenden Exemplare zu erarbeiten (etwa 27 000 Titel). Als Hilfsmittel f¨ur die Bestimmung von unfirmierten Drucken schuf H. das Typenrepertorium der Wiegendrucke ¨ (5 Tle., 1905-24), eine Ubersicht u¨ ber s¨amtliche nachweisbare Setzerk¨asten und Typen des 15. Jh. in Tabellen- und Listenform, die eine weitgehend einwandfreie Identifizierung des Letternmaterials erm¨oglicht. Zu H.s Werken z¨ahlen ferner The early printers of Spain and Portugal (1897, 1923 unter dem Titel Geschichte des spanischen Fr¨uhdrucks in Stammb¨aumen) und Handbuch der Inkunabelkunde (1925). C NDB

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Haeckel, Ernst (Heinrich Philipp August), Zoologe, * 16. 2. 1834 Potsdam, † 9. 8. 1919 Jena. Als Sohn eines Juristen verlebte H. Kindheit und Jugend in Merseburg. Bereits w¨ahrend des Medizinstudiums (1852 bis 1858 in Berlin, W¨urzburg und Wien) wurde er durch Johannes → M¨uller und Albert → Koelliker f¨ur vergleichende Anatomie und Entwicklungsgeschichte der damals noch wenig erforschten niederen Seetiere interessiert. Nach kurzer Praxis gab er den Arztberuf auf. Auf Veranlassung Carl → Gegenbaurs habilitierte er sich 1861 f¨ur vergleichende Anatomie an der Univ. Jena, wo er 1862 eine außerordentliche Professur sowie die Leitung des Zoologischen Museums und 1865 das neugegr¨undete Ordinariat f¨ur Zoologie erhielt. 1863 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. Mit einer Monographie u¨ ber Die Radiolarien (1862) begr¨undete er seinen Ruf als Zoologe und bekannte sich erstmals zur Evolutionstheorie Darwins. Als f¨uhrender Vertreter der Darwinschen Theorie in Deutschland versuchte er, mit seinem programmatischen Hauptwerk Generelle Morphologie der Organismen (1866) die Morphologie als Ergebnis der ontogenetischen und phylogenetischen Entwicklung auf der Grundlage der Deszendenztheorie darzustellen. H. f¨uhrte viele neue Begriffe (Ontogenie, Phy¨ logenie, Okologie, Chorologie, Gastrula) in die Biologie ein. Er u¨ bernahm die schon in der vorevolutionistischen Periode (Johann Friedrich → Meckel, Karl Ernst von → Baer) erkannten, auch von Fritz → M¨uller und Darwin dargestellten Rekapitulationsbeziehungen zwischen Individual- und Stammesentwicklung (1872 als „Biogenetisches Grundgesetz“ bezeichnet) als Methode der phylogenetischen Forschung. Als Urform aller Metazoen postulierte H. eine zweischichtige, gastrula¨ahnliche Primitivform, die Gastraea (Gastraeatheorie, 1874). Zur Darstellung von nat¨urlichen Abstammungsverwandtschaften zeichnete er „Stammb¨aume“ f¨ur das gesamte Organismenreich; dabei bezog er den Menschen in den Stammbaum der Wirbeltiere ein. Seine gemeinverst¨andlichen Schriften Nat¨urliche Sch¨opfungsgeschichte (1868) und Anthropogenie (1874) trugen wesentlich zur Popularisierung und Verbreitung der Evolutionstheorie bei. Als Ergebnis zahlreicher großer Reisen entstanden morphologisch-systematische Monographien u¨ ber R¨usselquallen (1865), Siphonophoren (1869), Kalkschw¨amme (1872) und Medusen (1879), etwa 1200 Landschaftsaquarelle, Skiz¨ zen und Olbilder sowie anschauliche Reiseberichte. Hauptleistungen auf systematischem Gebiet bildeten die Monographien u¨ ber Tiefsee-Radiolarien, -Medusen, -Keratosen und Siphonophoren (mit 3702 Neubeschreibungen von Arten) im Rahmen der Auswertung der Challenger-Expedition (1872-76). Durch die st¨andige Verkn¨upfung von Wissenschaft und Weltanschauung wirkte er weit u¨ ber die Biologie hinaus. Seinen 1866 im Anschluß an → Goethe formulierten „Monismus“ faßte er 1899 in dem aufsehenerregenden, in viele Sprachen u¨ bersetzten Buch Die Weltr¨atsel und dem Erg¨anzungsband Die Lebenswunder (1904) zusammen. Die Unterzeichnung des „Kruppschen Preisausschreibens“ (1900) kennzeichnete sein sozialdarwinistisches Engagement. 1906 gr¨undete er den „Deutschen Monistenbund“, 1907 das „Phyletische Museum“. Mit dem Tafelwerk Kunstformen der Natur (1899-1904) beeinflußte H. auch Kunstgewerbe, bildende Kunst und Architektur des Jugendstils (u. a. Hermann → Obrist, Hermann → Finsterlin, Ren´e Binet).

Haedenkamp WEITERE WERKE: Systematische Phylogenie. 3 Bde., Berlin 1894-96. – Kristallseelen. Studien u¨ ber das anorganische Leben. Leipzig 1917. – Gemeinverst¨andliche Werke. Hrsg. v. Heinrich Schmidt. 6 Bde., Leipzig / Berlin 1924. – Briefe: Carl Vogt, Jacob Moleschott, Ludwig B¨uchner, E. H.: Briefwechsel. Hrsg., eingeleitet und kommentiert von Christoph Kockerbeck. Marburg 1999. – Das ungel¨oste Weltr¨atsel. Frida von Uslar-Gleichen und E. H. Briefe und Tageb¨ucher 1898-1903. Hrsg. v. Norbert Elsner. 3 Bde., G¨ottingen 2000. – E. H. / Wilhelm B¨olsche. Briefwechsel 1887-1919. Hrsg. v. Rosemarie N¨othlich. Berlin 2002. – E. H. / Wilhelm B¨olsche. Kommentarband zum Briefwechsel (1887-1919). Hrsg. v. Rosemarie N¨othlich. Berlin 2006. LITERATUR: Heinrich Schmidt: E. H. Leben und Werke. Berlin 1926. – Johannes Hemleben: E. H. in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek 1964. – Gerhard Heberer (Hrsg.): Der gerechtfertigte H. Stuttgart 1968. – Georg Uschmann: E. H. – Biographie in Briefen. Leipzig u. a. 1983. – Erika Krauße: E. H. Leipzig 21987. – J¨urgen Sandmann: Der Bruch mit der humanit¨aren Tradition. Stuttgart 1990. – Mario Di Gregorio: A wolf in sheep’s clothing: Carl Gegenbaur, E. H., the vertebral theory of the skull, and the survival of Richard Owen. In: Journal of the History of Biology 28 (1995) S. 247-280. – Eve-Marie Engels (Hrsg.): Die Rezeption von Evolutionstheorien im 19. Jahrhundert. Frankfurt / Main 1995. – Lynn K. Nyhart: Biology takes form. Animal morphology and the German universities 1800-1900. Chicago / London 1995. – Klaus-D. Thomann / Werner F. K¨ummel: Naturwissenschaft, Kapital und Weltanschauung. Das Kruppsche Preisausschreiben und der Sozialdarwinismus. (T. I-III). In: Medizinhistorisches Journal 30 (1995) S. 99-143, 205-243, 315-352. – Heiko Weber: Monistische und antimonistische Weltanschauung. Eine Auswahlbibliographie. Berlin 2000. – Uwe Hoßfeld / Lennard Olsson: The road from H. The Jena tradition in evolutionary morphology and the origin of „Evo-Devo“. In: Biology & Philosophy 2 (2003) S. 285-307. – Mario Di Gregorio: From here to eternity. E. H. and scientific faith. G¨ottingen 2005. – Haeckel¨ Korrespondenz. Ubersicht u¨ ber den Briefbestand des ErnstHaeckel-Archivs. Hrsg. v. Uwe Hoßfeld und Olaf Breidbach unter Mitarbeit v. Marianne Merkel. Berlin 2005. – Bernhard Kleeberg: Theophysis. E. H.s Philosophie des Naturganzen. K¨oln u. a. 2005. – Erika Krauße: Wege zum Bestseller. H.s Werk im Lichte der Verlegerkorrespondenz. In: Der Brief als wissenschaftshistorische Quelle. Hrsg. v. Erika Krauße. Berlin 2005, S. 145-170. Erika Krauße

Haecker, Hans-Joachim, Schriftsteller, * 25. 3. 1910 K¨onigsberg, † 20. 2. 1994 Hannover. H., Sohn eines Eichungsoberinspektors, studierte 1929-34 in K¨onigsberg, Berlin und M¨unchen Philosophie, Germanistik und Anglistik, trat in seiner Heimatstadt in den Schuldienst ¨ ein und nahm nach britischer Kriegsgefangenschaft in Agypten 1948 in Wilhelmshaven das Lehramt wieder auf, das er 1954-72 in Hannover aus¨ubte. H. trat als Lyriker und Dramatiker hervor. Erste Gedichte H.s entstanden Anfang der vierziger Jahre, als er u. a. eine Folge von Bildgedichten in Sonettform schuf (Michelangelos Werke, 1975); zu seinen weiteren Lyrikb¨anden z¨ahlen Lautloser Alarm (1977) und Registriert im XX. Jahrhundert (1980). Seinen gr¨oßten Theatererfolg errang er mit dem Einakter Dreht euch nicht um, einem Problemst¨uck um j¨udische Frauen und ihre Erinnerungen an die Zeit des Nationalsozialismus, das 1963 mit Tilla → Durieux in der Hauptrolle uraufgef¨uhrt und in zehn Sprachen u¨ bersetzt wurde. F¨ur sein dramatisches Werk (u. a. Der Tod des Odysseus, 1948; David vor Saul, 1951) erhielt er 1961 den Gerhart-Hauptmann-Preis und 1982 den schwedischen M¨olle-Preis. 1984 erschien Existentialismus der Distanz. C Killy

Haecker, Theodor, Schriftsteller, * 4. 6. 1879 Eberbach (heute zu Mulfingen, Hohenlohekreis), † 9. 4. 1945 Ustersbach (Kr. Augsburg). H., Sohn eines Ratsschreibers, machte 1894-98 eine kaufm¨annische Lehre und begann 1901 ein breites geisteswissenschaftliches Studium in Berlin, das er in M¨unchen fortsetzte, wo ihn besonders Max → Scheler beeinflußte. Nach Abschluß des Studiums arbeitete er im Verlag seines Freundes Ferdinand Schreiber als dessen Stellvertreter. Seit 1911 ver¨offentlichte er Aufs¨atze, Satiren und Polemiken in den „Meggendorfer Bl¨attern“ sowie in den Zeitschriften „Hochland“ und „Der Brenner“. 1921 zum Katholizismus konvertiert, bem¨uhte sich H. in seinen Schriften um die Ent¨ wicklung einer christlichen Philosophie in Ubereinstimmung mit den Lehrs¨atzen der kath. Kirche. Zu seinen Hauptwerken geh¨oren Christentum und Kultur (1927, 21946), Vergil, Vater des Abendlandes (1931, 71952) und Der Geist des Menschen und die Wahrheit (1937). H. u¨ bersetzte Werke von Vergil, Kierkegaard und Kardinal John Henry Newman. 1935 wurde H. mit Redeverbot, 1938 mit Publikationsverbot belegt, hielt aber seine Eindr¨ucke von der Diktatur in privaten Aufzeichnungen fest (Tag- und Nachtb¨ucher. 1939-1945, postum 1947, 31959, hrsg. von Heinrich Wild; Neuausg. 1989). Nach dem Tod Ferdinand Schreibers 1942 u¨ bernahm er als Gesch¨aftsf¨uhrer die Leitung von dessen Verlag. H., der w¨ahrend des Zweiten Weltkriegs große Wirkung vor allem auf die junge Generation aus¨ubte, stand dem Widerstandskreis „Weiße Rose“ nahe. C Killy

Haecker, (Ferdinand Carl) Valentin, Zoologe, * 15. 9. 1864 Ungarisch-Altenburg, † 19. 12. 1927 Halle / Saale. H., dessen Vater Prof. an der Landwirtschaftlichen Akademie in Ungarisch-Altenburg war, begann 1884 mit dem Studium der Naturwissenschaften, besonders der Zoologie, in T¨ubingen, das er in Straßburg fortsetzte und 1889 mit der Promotion in T¨ubingen (Ueber die Farben der Vogelfedern) abschloß. 1890 wurde er Assistent August → Weismanns in Freiburg / Breisgau, wo er sich 1892 mit der Arbeit Die Kernteilungsvorg¨ange bei der Mesoderm- und Entodermbildung von Cyclops habilitierte und 1895 zum Prof. der Zoologie ernannt wurde. 1900 erhielt H. eine ordentliche Professur an der TH Stuttgart, mit der Lehrauftr¨age an der Landwirschaftlichen Hochschule in Hohenheim und der Tier¨arztlichen Hochschule in Stuttgart verbunden waren. 1900 wechselte er als o. Prof. der Zoologie an die Univ. Halle-Wittenberg, deren Rektor er 1926 wurde (Rede: Umwelt und Erbgut). 1910 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Ausgehend von Forschungen zu Zellreifungs- und Kernteilungsvorg¨angen an Krebsen, besch¨aftigte sich H. mit allgemeingenetischen, auch humangenetischen Fragestellungen (Allgemeine Vererbungslehre, 1911). Ferner widmete er sich der Planktonforschung, tierpsychologischen Untersuchungen und ornithologischen Studien. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Der Gesang der V¨ogel seine anatomischen und biologischen Grundlagen (1900), Naturwissenschaft und Theologie (mit Walther H., ¨ 1907), Tiefsee-Radiolarien (2 Bde., 1908), Uber Ged¨achtnis, Vererbung und Pluripotenz (1914), Entwicklungsgeschichtliche Eigenschaftsanalyse (Ph¨anogenetik) (1918) und Goethes morphologische Arbeiten und die neuere Forschung (1927). C NDB

Haedenkamp, Karl (Christian Friedrich Hermann), Mediziner, Politiker, * 26. 2. 1889 Hamm (Westfalen), † 13. 7. 1955 Garmisch-Partenkirchen. Nach medizinischen Studien in Leipzig und Rostock (Promotion 1916, Zur forensischen Beurteilung psychopathischer Grenzzust¨ande) nahm H., Sohn eines Architekten, als Sanit¨atsoffizier am Ersten Weltkrieg teil. Seit 1919 praktischer

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H¨adrich Arzt in Obervellmar bei Kassel, wurde er 1922 Generalse¨ kret¨ar des Verbandes der Arzte Deutschlands und u¨ bernahm 1924 die Gesch¨aftsstelle des Hartmann-Bundes in Berlin. Als Abgeordneter der Deutschnationalen Volkspartei geh¨orte er 1924-28 dem Reichstag an. Seit 1927 war H. Beauftragter der Gemeinsamen Vertretung der a¨ rztlichen Spitzenverb¨ande Deutschlands und wirkte bei gesetzlichen Regelungen, u. a. des Kassenarztrechts, mit (Die Gesundheitspolitik des Rei¨ ches und die Arzte, 1928). W¨ahrend der nationalsozialistischen Herrschaft war H. Mitarbeiter des Reichsarbeitsministeriums und u¨ bernahm 1936 die Leitung der Auslandsabteilung der Reichs¨arztekammer. 1937 erschien von ihm Die Neuordnung der deutschen Sozialversicherung. Nach dem Zweiten Weltkrieg, an dem er wieder als Sanit¨atsoffizier teil¨ nahm, setzte sich H. als Gesch¨aftsf¨uhrer der Arztekammer ¨ in Schleswig-Holstein f¨ur den Zusammenschluß der Arztekammern der Britischen Besatzungszone ein. Sp¨ater geh¨orte ¨ er dem Pr¨asidium der Deutschen Arzteschaft an. C NDB

H¨adrich, Rolf, Regisseur, Drehbuchautor, * 24. 4. 1931 Zwickau, † 29. 10. 2000 Hamburg. H., Sohn eines Kaufmanns, studierte an den Universit¨aten Jena, Berlin und Hamburg Theaterwissenschaften und Geschichte, war seit 1956 als Oberspielleiter beim Fernsehen des Hessischen Rundfunk t¨atig und u¨ bernahm 1970 die Leitung der Abteilung Fernsehspiel beim Norddeutschen Rundfunk. Bekannt wurde er durch zahlreiche Fernsehfilme, in denen er Gesellschaftsprobleme und politische Themen kritisch behandelte, darunter Die Revolution entl¨aßt ihre Kinder (1962, nach Wolfgang Leonhard), Nach Ladenschluß (1964) und Mord in Deutschland (1968). Daneben arbeitete er f¨ur das Theater und setzte Theaterst¨ucke und Romanvorlagen f¨ur das Fernsehen um (u. a. Stechlin nach Theodor → Fontane und Dr. Murkes gesammeltes Schweigen nach Heinrich → B¨oll). F¨ur seine Arbeiten erhielt H. u. a. den Grand Prix Eurovision in Cannes (1964), den Bundesfilmpreis (1964) und den Adolf-Grimme-Preis (1969 und 1974).

H¨afeli, Johann Caspar, schweizer. kath. Theologe, Lehrer, * 1. 5. 1754 Basadingen (Kt. Thurgau), † 4. 4. 1811 Bernburg (Anhalt). H. lernte als Z¨urcher Student Johann Caspar → Lavater kennen und wurde durch dessen Vermittlung 1784 Hofkaplan bei F¨urst → Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau. Seit 1793 wirkte er als Pfarrer in Bremen und wurde 1798 in Marburg zum Dr. theol. promoviert. Seit 1801 war H. Rezensent der Marburger „Theologischen Annalen“ und seit 1802 Lehrer am Gymnasium illustre. 1805 wurde er Oberprediger und Oberkonsistorialrat in Bernburg. H. setzte sich f¨ur die Verbreitung der Ideen Lavaters ein und ver¨offentlichte zahlreiche Predigten und Bibelkommentare. Seine Nachgelassenen Schriften erschienen 1813-15 (3 Bde., hrsg. von Johann Jacob → Stoltz). C DLL H¨afeli, Leo, schweizer. kath. Theologe, Orientalist, * 18. 4. 1885 Klingnau (Kt. Aargau), † 7. 8. 1948 Baden. H. studierte Theologie und altorientalische Sprachen in Freiburg / Breisgau und T¨ubingen. 1908 zum Priester geweiht, begann er seine seelsorgerische T¨atigkeit in Zurzach. Nach altorientalistischen Studien wurde H. 1913 in T¨ubingen zum Dr. phil., im folgenden Jahr in Freiburg / Breisgau zum Dr. theol. promoviert. 1914 hielt er sich am p¨apstlichen Bibelinstitut in Rom auf und wurde mit den Vorarbeiten zur textkritischen Ausgabe der Peschitta des Alten Testaments betraut. Seit 1915 Pfarrer in W¨urenlos, setzte H. seine Forschungen in Z¨urcher Bibliotheken fort. 1921 / 22, 1933 und 1935 f¨uhrten ihn Studienreisen nach Pal¨astina und in den Libanon. H. wurde 1929 zum Stadtpfarrer in Baden gew¨ahlt. An der Z¨urcher Univ., wo er seit 1930 als Privatdozent f¨ur orientalische Sprachen und Kultur lehrte, wurde er zum Titularprofessor ernannt. H. ver¨offentlichte u. a. Die Peschitta

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des Alten Textamentes (1927); sein Projekt einer dreib¨andigen Kulturgeschichte des Heiligen Landes im Zeitalter Christi konnte er nicht vollenden. C Biogr Lex Aargau

Haefeli, Max, schweizer. Architekt, * 4. 12. 1869 Luzern, † 27. 3. 1941 Lugano. Nach dem Studium am Eidgen¨ossischen Polytechnikum in Z¨urich und Architekturstudien 1893 bei Alfred Friedrich → Bluntschli arbeitete H., Sohn eines Gastwirts, 1895 / 96 im Architekturb¨uro Erdmann & Spindler in Berlin und 1896 / 97 bei Schilling & Gr¨abner in Dresden. Studienreisen f¨uhrten ihn nach Italien und Frankreich. Seit 1897 bei dem Architekten Pfleghardt in Z¨urich t¨atig, gr¨undete H. mit diesem 1898 die Firma Pfleghardt & Haefeli. Zu den wichtigsten Bauten des Architekturunternehmens geh¨oren Hotels in Spiez, Luzern und Lugano sowie Kirchen in Gossau, Weinfelden und Lugano. Sp¨ater leitete H. eigenst¨andig Bauunternehmungen, u. a. die Errichtung der keramischen Werkst¨atte F. Haussmann in Uster (Kt. Z¨urich). C HLS

Haefeli, Robert, schweizer. Ingenieur, * 4. 8. 1898 Luzern, † 18. 4. 1978 Kilchberg (Kt. Z¨urich). Nach dem Bauingenieurstudium an der ETH Z¨urich 1916-20 war H., Sohn eines Hoteliers, in der Schweiz, in Deutschland und Spanien als Ingenieur t¨atig und f¨uhrte 1929-35 die erdbaumechanischen Untersuchungen f¨ur die D¨amme des Kraftwerks Albbruch-Dogern am Hochrhein durch. 1935 u¨ bernahm er die Leitung der Erdbauabteilung an der ETH Z¨urich, wurde dort 1939 promoviert (Schneemechanik mit Hinweisen auf die Erdbaumechanik) und habilitierte sich 1941; 1947 wurde er a. o. Prof. f¨ur Erdbau- und Schneemechanik. H. war 1936-53 erster Leiter des Eidgen¨ossischen Instituts f¨ur Schnee- und Lawinenforschung in Davos sowie Initiator und Pr¨asident der Internationalen Glaziologischen Gr¨onlandexpeditionen der Jahre 1957 und 1968. Seine Forschungsschwerpunkte waren Erdbau, Schnee- und Eismechanik sowie Lawinenverbau. H. ver¨offentlichte u. a. Der Schnee und seine Metamorphose (mit Henry Bader u. a., 1939, engl. 1954), Gedanken und Anregungen zur Benennung und Einteilung von Lawinen (1955) und Gletscherschwankung und Gletscherbewegung (1957). Er war Ehrenmitglied der International Glaciological Society und 1950-73 Pr¨asident der Gletscherkommission der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft. C HLS

Haefely, Emil, schweizer. Elektrotechniker, * 22. 5. 1866 M¨umliswil (Kt. Solothurn), † 28. 2. 1939 Basel. Zun¨achst Hilfsarbeiter in der Kammfabrik von M¨umliswil, wechselte H., Sohn eines Kleinbauern, sp¨ater in das Konstruktionsb¨uro der Rollschen Eisenwerke Klus. 1896 trat er in den Dienst der Firma Alioth in M¨unchenstein; 1902 richtete er bei Brown, Boveri & Cie. in Baden eine Abteilung f¨ur elektrische Isoliermaterialien ein. H. gr¨undete 1904 ein eigene Firma in Basel, um seine Erfindungen auf dem Gebiet der Isoliertechnik – u. a. eine Glimmerpapierisolation – zu verwerten. 1906 trat er seine Patente an die British Westinghouse Company in Pittsburgh ab. Sein eigenes Unternehmen wurde nach Basel verlegt, 1914 in eine AG umgewandelt und um Fabriken in St. Jakob bei Basel und St. Louis (Frankreich) erweitert. C Schweizer Pioniere, Bd 30

Haeffelin, (Johann Baptist) Kasimir Frh. von, kath. Theologe, Kardinal, Diplomat, * 3. 1. 1737 Minfeld bei Kandel (Rheinpfalz), † 27. 8. 1827 Rom. H., Sohn eines Landschreibers, besuchte die Jesuitenanstalt in Pont-`a-Mousson und studierte seit 1762 in Heidelberg Theologie und kanonisches Recht. 1763 wurde er zum Priester geweiht. Mit der Berufung zum Hofkaplan 1767 durch Kurf¨urst → Karl Theodor begann H.s Laufbahn in kurpf¨alzischen Diensten. Im selben Jahr wurde er Mitglied

H¨aglsperger der Mannheimer Akademie der Wissenschaften und Chorherr in Heinsberg; seit 1770 f¨uhrte er den Titel eines Geheimen Rats, leitete das kurf¨urstliche M¨unzkabinett und war Schatzmeister. 1781 verlieh die Univ. Ingolstadt H., der 1778 mit dem Kurf¨ursten nach M¨unchen u¨ bergesiedelt war, den theologischen Doktortitel und das Lizentiat. 1782 wurde H. zum Generalvikar des bayerischen Malteser-Großpriorats ernannt. Er nahm entscheidenden Einfluß auf die Reform des Geistlichen Rats und wurde 1783 dessen Vizepr¨asident. Seit 1787 Titularbischof von Chersonnes, wurde H. w¨ahrend des Reichsvikariats 1790 in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Seit 1799 kurf¨urstlicher Oberhofbibliothekar, beteiligte sich H. an der S¨akularisation der bayerischen Klosterbibliotheken. Unter Kurf¨urst → Maximilian IV. Joseph wurde er Gesandter am p¨apstlichen Hof in Rom. W¨ahrend der franz¨osischen Annexion des Kirchenstaats hielt sich H. am Hof von Neapel auf, bis er 1815 neuerlich Gesandter bei der Kurie wurde und maßgeblich bei den Verhandlungen u¨ ber das die bayerische Kirchenorganisation betreffende Konkordat mitwirkte, das 1817 ratifiziert wurde. 1818 zum Kardinal erhoben, blieb H. bis zu seinem Lebensende bayerischer Gesandter in Rom. C Leb Pfalz, Bd 5

H¨affner, Johann Christian Friedrich, Komponist, * 2. 3. 1759 Obersch¨onau bei Schmalkalden, † 28. 5. 1833 Uppsala. Nach erstem Unterricht bei seinem Vater, einem Lehrer und Organisten studierte H. an der Univ. Leipzig, wo er u. a. Johann Adam → Hiller kennenlernte, und war dann als Theaterkapellmeister in Hamburg und Frankfurt / Main t¨atig. 1780 ging er als Organist der deutschen Gemeinde nach Stockholm, unterrichtete daneben Gesang am Kgl. Theater und war von 1792 bis zu seiner Entlassung 1808 Hofkapellmeister. Danach wirkte er als „director musices“ an der Univ. Uppsala und wurde 1826 Organist an der dortigen Kathedrale. Als Komponist der vom „Sturm und Drang“ gepr¨agten Opern Electra (1787) und Acides (1795) bekannt geworden, schuf H. vor allem B¨uhnenwerke und Kirchenmusik. 1820 gab er eine revidierte Fassung des Gesangbuchs f¨ur die luth. Kirche in Schweden heraus. C MGG

H¨afliger, Josef Anton, schweizer. Pharmazeut, Pharmaziehistoriker, * 29. 5. 1873 Luzern, † 21. 11. 1954 Luzern. H., Sohn eines Regierungsbeamten, studierte in Basel, Genf und Paris Pharmazie und wurde 1901 in Basel promoviert (Beitr¨age zur Anatomie der Vanillaarten). 1903-44 betrieb er die St.-Johann-Apotheke in Basel, war 1906-12 Pr¨asident des Basler Apotheker-Vereins und gr¨undete 1909 einen „Verein zum Bau und Betrieb des Claraspitals“. 1938-48 war er Pr¨asident der Freiwilligen Basler Denkmalpflege. Seit 1924 Lektor f¨ur Galenik an der Univ. Basel und Mitglied der Eidgen¨ossischen Pharmakop¨oekommission, habilitierte sich H. 1926 f¨ur Galenische Pharmazie und Pharmaziegeschichte. 1925 begr¨undete er die „Schweizer Sammlung f¨ur historisches Apothekenwesen“ (sp¨ater „Pharmazie-Historisches Museum“) an der Univ. Basel, an der er 1932-43 als a. o. Prof. der Galenischen Pharmazie und Pharmaziegeschichte lehrte. H., der als Begr¨under der pharmazeutischen Altertumsforschung gilt, ver¨offentlichte u. a. Friedrich August Fl¨uckiger als Pharmazie-Historiker (1928), Pharmazeutische Altertumskunde und die schweizerische Sammlung f¨ur historisches Apothekenwesen an der Universit¨at Basel (1931) und Der Tod und der Apotheker im Bilde (1943). C HLS Haeften, Hans (Maximilian Gustav) von, Milit¨ar, Archivar, * 13. 6. 1870 Haus F¨urstenberg bei Xanten, † 9. 6. 1937 Gotha. H., Sohn eines Archivars und Historikers, trat 1889 in den Milit¨ardienst ein, besuchte 1899-1901 die Kriegsakademie

und wurde 1904 in den Generalstab versetzt. Im Ersten Weltkrieg war er Generalstabsoffizier und u¨ bernahm 1916 die Leitung der Milit¨arstelle des Ausw¨artigen Amtes; 1918 war er Verbindungsoffizier des Generalstabschefs zum Reichskanzler. Im folgenden Jahr wurde H. mit der Leitung der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des Generalstabs betraut, die er bis zu dessen Aufl¨osung 1931 innehatte. 1931-33 war er Pr¨asident des Reichsarchivs in Potsdam, bei dessen Gr¨undung er maßgeblich mitgewirkt hatte. H. war der Vater von Hans-Bernd von → H. C NDB

Haeften, Hans-Bernd von, Diplomat, Widerstandsk¨ampfer, * 18. 12. 1905 Charlottenburg (heute zu Berlin), † 15. 8. 1944 Berlin-Pl¨otzensee. H., Sohn von Hans von → H., stammte aus einer preuß. Offiziersfamilie und erhielt mit seiner Schwester und dem Bruder Werner von → H. eine liberal-konservative Erziehung. Nach dem Jurastudium 1924-28 in Berlin und M¨unchen lebte er ein Jahr als Austauschstudent in Großbritannien, war 1930-33 Gesch¨aftsf¨uhrer der Stresemann-Stiftung und pflegte Kontakte zur o¨ kumenischen Bewegung. 1933 trat er in den diplomatischen Dienst ein und wurde Legationsrat, obwohl er sich bis zuletzt weigerte, der NSDAP beizutreten. In seiner Stellung im Ausw¨artigen Amt und als Mitglied des Kreisauer Kreises wurde H. zu einem der wichtigsten Vertrauensm¨anner Claus Graf → Schenk von Stauffenbergs. F¨ur den Fall des gelungenen Umsturzes war er als Staatssekret¨ar des Ausw¨artigen Amtes vorgesehen. Nach dem Scheitern des Attentats vom 20. 7. 1944 wurde H. verhaftet, zum Tod verurteilt und hingerichtet. C BHdAD Haeften, Werner von, Milit¨ar, Widerstandsk¨ampfer, * 9. 10. 1908 Berlin, † 20. 7. 1944 Berlin. H. k¨ampfte als Oberleutnant im Zweiten Weltkrieg vornehmlich an der Ostfront. Im November 1943 schwer verwundet, wurde er nach der Genesung Claus Graf → Schenk von Stauffenberg als Adjutant zugeteilt. Wie sein Bruder HansBernd von → H. war er an den Attentatspl¨anen beteiligt. Am 20. 7. 1944 traf er im F¨uhrerhauptquartier Wolfschanze zusammen mit Stauffenberg letzte Vorbereitungen f¨ur das Attentat. Nach dessen Scheitern gelang beiden zun¨achst die Flucht nach Berlin, wo sie jedoch noch am selben Tag erschossen wurden. C Widerstand H¨agele, Joseph Matthias, Lehrer, Schriftsteller, Publizist, * 24. 2. 1823 Zizenhausen bei Stockach, † 29. 12. 1889 Freiburg / Breisgau. H. studierte Theologie, dann Philosophie, Geschichte und Philologie in Freiburg / Breisgau und Heidelberg. Im Zuge der Revolutionsereignisse wurde er 1848 verhaftet und zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. 1852 begnadigt, wurde er Gymnasiallehrer. Seit 1854 arbeitete H. im Freiburger Herder-Verlag, bis er 1859 eine T¨atigkeit als Registrator in der dortigen erzbisch¨oflichen Kanzlei aufnahm. 1865-67 war er Schriftleiter des „Freiburger Boten“. H. ver¨offentlichte Erz¨ahlungen und politische Essays, u. a. Die Revolution und die moderne Gesellschaft (1869). C DLL

H¨aglsperger, Franz Seraph, kath. Theologe, Schriftsteller, * 1. 10. 1796 Hub (Bayern), † 5. 11. 1877 Egglkofen bei Neumarkt / Rott. H., Sohn eines wohlhabenden Ein¨odbauern, wurde 1827 Pfarrer, sp¨ater Dechant in Egglkofen. 1827 begann er mit der Herausgabe der von Johann Michael → Hauber begr¨undeten „Jugendbibliothek“, die er bis 1844 fortf¨uhrte. H. redigierte die Zeitschrift „Timotheus“ f¨ur den seelsorgenden Klerus und verfaßte selbst zahlreiche Erbauungsschriften. H.s Werke sind der Priesterschule Johann Michael → Sailers verpflichtet (u. a. Festabende im priesterlichen Leben, 3 Bde., 1828-30). C Killy

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Haegy Haegy, Franz Xaver, Publizist, Politiker, * 2. 12. 1870 Hirsingen / Sundgau, † 11. 5. 1932 Colmar. H. schloß das Studium der Theologie in M¨unchen, Straßburg und W¨urzburg mit der Promotion ab, empfing 1895 die Priesterweihe und wurde 1896 Vikar in Thann (Elsaß). Anschließend u¨ bernahm er die Schriftleitung der „Oberels¨assischen Landeszeitung“, 1899 die des „Els¨asser Kuriers“ und wurde Gesch¨aftsf¨uhrer des Verlagskonzerns „Alsatia“. 1911-18 f¨ur die elsaß-lothringische Zentrumspartei Mitglied des Deutschen Reichstags (seit 1912 Fraktionsvorsitzender), engagierte sich H. als Wortf¨uhrer els¨assischer Autonomiebestrebungen. 1910 gr¨undete er die autonomistische Monatsschrift „Die Heimat“. Seit 1929 geh¨orte H. dem oberels¨assischen Generalrat an. C Haunfelder, Zentrumspartei

Haehn, Hugo, Chemiker, * 26. 9. 1880 Herzberg / Elster, † 6. 12. 1957 Berlin. H., Sohn eines Kaufmanns, studierte in Leipzig, Basel und Heidelberg Chemie, Physik, Mineralogie und Physiologie und wurde 1904 in Heidelberg promoviert. Anschließend war er Assistent am Chemisch-Pharmazeutischen Laboratorium der Univ. K¨onigsberg, 1908-10 an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin und an der Univ. Breslau. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs arbeitete H. zusammen mit Georg Schr¨oter am Chemischen Institut der Berliner Tier¨arztlichen Hochschule an der Entwicklung eines Verfahrens zur Herstellung von Erd¨olersatz (Tetralin). Nach Kriegsende berief ihn Max → Delbr¨uck an das Institut f¨ur G¨arungsgewerbe. Dort widmete sich H. der Erforschung biochemischer Vorg¨ange bei G¨arungsprozessen. Er ver¨offentlichte u. a. Biochemie der G¨arungen unter besonderer Ber¨ucksichtigung der Hefe (1952). C NDB

H¨ahn, Johann Friedrich, evang. Theologe, P¨adagoge, * 15. 8. 1710 Bayreuth, † 4. 6. 1789 Aurich. Der Sohn eines B¨ackermeisters studierte seit 1733 Theologie in Jena. Seine p¨adagogische Laufbahn begann er als Hofmeister in Dresden; 1736 wurde er Lehrer und Erzieher im Kloster Berge bei Magdeburg. Dort trat er 1738 in den Konvent des Klosters ein und wurde Scholasticus. 1749 berief ihn → Friedrich II. zum Feldprediger nach Berlin, wo er 1753 Pastor adjunctus an der Dreifaltigkeitskirche und Inspektor an Julius → Heckers Realschule wurde. Dort f¨uhrte H. die „Literalmethode“ ein, d. h. er schrieb den Lernstoff in Tabellen, um das Memorieren zu erleichtern; ferner verwendete er Bilder und Modelle im Unterricht (Berliner Schulp¨adagogie und Schuldisziplin, 1775). Seit 1759 Oberdomprediger in Stendal, wurde H. Generalsuperintendent der Altmark und Prignitz, 1762 Abt von Kloster Berge, Generalsuperintendent und Konsistorialrat des Herzogtums Magdeburg, 1771 Generalsuperintendent von Ostfriesland und Direktor des Gymnasiums Aurich. C NDB

H¨ahnel, Amalie, o¨ sterr. S¨angerin, * 1807 Wien, † 2. 5. 1849 Wien. H. erhielt ihre musikalische Ausbildung bei Antonio → Salieri und Giuseppe Ciccimarra in Wien. 1825 deb¨utierte sie an der Wiener Hofoper in der Rolle der Rosina in Rossinis Barbier von Sevilla. Sie sang an verschiedenen o¨ sterr. B¨uhnen, bis sie 1832 ein Engagement am K¨onigst¨adtischen Theater in Berlin erhielt. 1841-45 war sie an der Berliner Hofoper verpflichtet und sang u. a. Partien in Opern von Bellini. Nach ihrem Abschied von der B¨uhne wirkte sie als Gesangsp¨adagogin, zun¨achst in Berlin und sp¨ater in Wien. C Kutsch

H¨ahnel, Ernst (Julius), Bildhauer, * 9. 3. 1811 Dresden, † 22. 5. 1891 Dresden. H. studierte 1826-30 Architektur an der Dresdner Bauschule und anschließend an der M¨unchner Kunstakademie, wo er sich unter dem Einfluß Ernst Friedrich August

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→ Rietschels und Ludwig von → Schwanthalers der Bildhauerei zuwandte. 1831 ging er nach Florenz und im folgenden Jahr nach Rom, wo er Gottfried → Semper kennenlernte. Nach einem vor¨ubergehenden Aufenthalt in Dresden ging H. erneut nach M¨unchen und schuf dort u. a. die Figur des Homer f¨ur die Staatsbibliothek. 1838 berief ihn Semper nach Dresden. H. gestaltete Fassaden im Stil der italienischen Renaissance und mehrere Standbilder; seit etwa 1848 arbeitete er zusammen mit Rietschel f¨ur das 1847 von Semper begonnene Neue Museum. W¨ahrend der sechziger Jahre war H. vorwiegend in Wien t¨atig (Schwarzenbergdenkmal, 1867). Seit 1870 wandte er sich zunehmend der Portr¨atplastik zu. C Th-B

H¨ahnisch, Anton, o¨ sterr. Maler, * 28. 10. 1817 Wien, † 1897 Karlsruhe. H. studierte an der Wiener Kunstakademie. Er unternahm zahlreiche Studienreisen und hielt sich u. a. 1847 / 48 in Frankfurt / Main, in Paris, 1850-62 in London, in Edinburgh und 1872 / 73 in Rom auf. Sp¨ater ließ er sich in Berlin nieder und lebte zuletzt in Karlsruhe. Zu seinen Werken z¨ahlen Portr¨atminiaturen in Aquarell (Grillparzer, 1835 und 1842) sowie Portr¨atlithographien; er portr¨atierte zahlreiche Personen aus Herrscherh¨ausern, u. a. den Kronprinzen → Friedrich Wilhelm von Preußen. Seine Bilder wurden bei Ausstellungen in London, M¨unchen und Berlin gezeigt. C Th-B H¨ahnle, Emilie Karoline, auch Lina H., * 3. 2. 1851 Sulz / Neckar, † 1. 2. 1941 Giengen / Brenz. H., deren Vater Salinenverwalter war, besuchte das T¨ochterInstitut in Schw¨abisch Hall. 1898 gr¨undete sie in Stuttgart den Bund f¨ur Vogelschutz und suchte durch Vortr¨age das ¨ Interesse der Offentlichkeit f¨ur den Vogelschutz zu wecken. 28 Jahre lang leitete sie den Bund f¨ur Vogelschutz. Mit ihrer Arbeit f¨orderte H. u. a. die Einrichtung der Vogelschutzgebiete Federsee, Steckby, Hiddensee, Werderinseln, Mellum, Trischen und Hamburger Hallig. C NDB

H¨alschner, Hugo (Philipp Egmont), Jurist, * 21. 3. 1817 Hirschberg / Riesengebirge, † 16. 3. 1889 Bonn. W¨ahrend des Studiums der Rechtswissenschaften 1847-40 in Breslau und Berlin h¨orte H., Sohn eines Justizrats, auch philosophische Vorlesungen. 1842 in Halle promoviert, habilitierte er sich im folgenden Jahr in Bonn und wurde dort 1847 a. o. Professor. H., der 1850 o. Prof. wurde, lehrte Strafrecht, Rechtsphilosophie, V¨olker- und Staatsrecht sowie evang. Kirchenrecht. Als f¨uhrender Spezialist f¨ur Strafrecht nahm er Einfluß auf die Ausarbeitung des Reichsstrafgesetzbuches und dessen Anwendung. H. ver¨offentlichte u. a. eine Geschichte des Brandenburg-Preußischen Strafrechts (1855). C NDB H¨amel, Adalbert (Josef), Romanist, * 28. 10. 1885 Straubing, † 11. 12. 1952 Erlangen. Der Sohn eines Schulrats und Bruder Josef → H.s begann seine Studien 1904 an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Eichst¨att und widmete sich seit 1906 in Erlangen, seit 1907 in W¨urzburg dem Studium der franz¨osischen und englischen Philologie. 1908-29 war er Gymnasiallehrer f¨ur Englisch und Franz¨osisch. 1909 bei Karl → Vossler promoviert, habilitierte er sich 1921 und wurde 1923 a. o., 1929 o. Prof. an der Univ. W¨urzburg. 1929 folgte er einem Ruf an die Univ. Erlangen, deren Rektor er 1952 wurde. Als Sprachlehrer, Herausgeber von Lehrb¨uchern und Texten sowie als Berater im deutschen Neuphilologenverband setzte sich H. besonders f¨ur den Unterricht des Spanischen ein. Seine wissenschaftliche T¨atigkeit konzentrierte sich auf die Beziehungen zwischen der englischen und franz¨osischen ¨ Literatur. H. ver¨offentlichte u. a. Uberlieferung und Bedeutung des Liber Sancti Jacobi und des Pseudo-Turbin (1950). C NDB

Haempel H¨amel, Josef, Dermatologe, * 18. 11. 1894 Straubing, † 9. 4. 1969 M¨unchen. Nach dem Medizinstudium an der Univ. W¨urzburg (Promo¨ tion 1922, Uber verkalkte Schleimbeutel in der Schulter) war H., Bruder Adalbert → H.s, Assistent am Institut f¨ur experimentelle Therapie in Frankfurt / Main. 1925 wurde er Assistenzarzt, sp¨ater Oberarzt in der W¨urzburger Universit¨atsHautklinik. 1929 habilitierte er sich an der Univ. W¨urzburg f¨ur Dermatologie (Lassen sich in der Haut bzw. im Serum Tuberkul¨oser Stoffe nachweisen, welche die Wirkung des Tuberkulins auf die Haut abschw¨achen bzw. verst¨arken?), wo er 1934 eine außerordentliche Professur erhielt. Nach kurzer Lehrt¨atigkeit in Greifswald folgte H. 1935 einem Ruf als o. Prof. an die Univ. Jena und u¨ bernahm dort die Leitung der Universit¨atsklinik f¨ur Haut- und Geschlechtskrankheiten. H., der seit 1951 Direktor der Friedrich-Schiller-Universit¨at war und 1956 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt wurde, floh 1958 nach West-Berlin und nahm im folgenden Jahr einen Ruf als Prof. und Leiter der Dermatologischen Universit¨atsklinik nach Heidelberg an. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen Zur Wirkungsweise des Penicillins (1951) und Der Juckreiz und seine Behandlung (1952). Mit Karl Hoede bearbeitete er die 16. Auflage des Lehrbuchs Behandlung der Haut- und Geschlechtskrankheiten (1951). C Munzinger Haemig-Burgmeier, Lisa, schweizer. S¨angerin, * 12. 5. 1874 Aarau, † 13. 8. 1951 Z¨urich. H.-B. erhielt zun¨achst Gesangsunterricht durch ihren Vater, den S¨anger Josef Burgmeier. 1894 schloß sie ihre Ausbildung an der Musikschule in Z¨urich ab; außerdem war sie Sch¨ulerin von Marie → Schr¨oder-Hanfstaengl und Julius → Stockhausen in Frankfurt / Main sowie von Otto → Leßmann in Berlin. H.-B. unternahm zahlreiche Konzertreisen durch die Schweiz und trat u. a. in Berlin, Stuttgart, Freiburg / Breisgau als Konzerts¨angerin auf. Nach ihrer Heirat 1909 war sie auch Gesangsp¨adagogin am Jos´e Berrs Konservatorium in Z¨urich. C Biogr Lex Aargau

H¨ammerle, (Franz) Martin, o¨ sterr. Fabrikant, * 22. 1. 1815 Dornbirn (Vorarlberg), † 14. 2. 1878 Dornbirn. Nach dem Besuch der Volksschule arbeitete H., Sohn eines Ladenbesitzers und Kleinbauern, in der Textilfabrik in Wallenmahd. 1836 stellte er in Weppach eine eigene Zettelmaschine auf und gab die Zettel an Hausweber aus. Nachdem er im folgenden Jahr die Gewerbeberechtigung erworben hatte, er¨offnete er eine Weberei mit vier Handwebst¨uhlen. H., der besonders mit farbigen Stoffen erfolgreich war, richtete 1846 eine F¨arberei in Steinebach ein und er¨offnete 1864 eine Spinnerei in G¨utle. 1867 z¨ahlte das Unternehmen u¨ ber 400 Besch¨aftigte. Die Firma F. M. H¨ammerle, die nach H.s Tod von seinen vier S¨ohnen, u. a. Theodor → H., weitergef¨uhrt wurde, entwickelte sich zum gr¨oßten Textilwerk Vorarlbergs. C NDB H¨ammerle, Theodor, o¨ sterr. Fabrikant, M¨azen, * 26. 1. 1859 Dornbirn (Vorarlberg), † 15. 2. 1930 Wien. Der Sohn Martin → H.s u¨ bernahm nach dem Studium an verschiedenen Hochschulen die Leitung der Wiener Niederlassung der Textilfabrik F. M. H¨ammerle. Neben seiner kaufm¨annischen T¨atigkeit widmete er sich in erster Linie der Musik: Er rief die Dornbirner Musikschule ins Leben und veranstaltete in privatem Rahmen in Wien u¨ ber 700 Quartettabende. H. beteiligte sich an der Gr¨undung des Wiener Konzertvereins und seines Konzerthauses und war Vorsitzender der Konzerthausgesellschaft, die er ebenfalls mitbegr¨undet hatte. Er besaß eine wertvolle Musikinstrumentensammlung und unterst¨utzte als M¨azen die Drucklegung der d-Moll-Messe Anton → Bruckners. Außerdem z¨ahlte H. ¨ ¨ Bd 7 zu den besten Ruderern Osterreichs. C NOB,

Haemmerli-Marti, Sophie, geb. Marti, schweizer. Schriftstellerin, * 18. 2. 1868 Othmarsingen (Kt. Aargau), † 19. 4. 1942 Z¨urich. Die Tochter eines Landwirts und Bezirksamtmanns besuchte das Aarauer Lehrerinnenseminar und wurde von dem auf der Lenzburg lebenden Frank → Wedekind zur Besch¨aftigung mit Literatur angeregt. H.-M. arbeitete zun¨achst als Lehrerin in einem Juradorf, u¨ bernahm nach dem Tod ihrer Mutter 1888 die Bewirtschaftung des elterlichen Hofs und u¨ bersiedelte nach ihrer Heirat mit dem Stadtarzt Haemmerli nach Lenzburg. Dort z¨ahlte Carl → Spitteler zu den Freunden der Familie. Entscheidend f¨ur H.-M.s schriftstellerische ¨ T¨atigkeit war die Lekt¨ure der Schrift Uber Volkslied und Mundart des Linguisten Jost → Winteler. 1896 ver¨offentlichte sie ihren ersten Band mit Lyrik in Aargauer Dialekt unter dem Titel Mis Chindli. Ein Liederkranz f¨ur junge M¨utter. Es folgten weitere B¨ande mit Mundartgedichten, von denen u¨ ber 200 vertont wurden. In dem 1939 erschienenen Prosawerk Mis Aarg¨au schilderte H.-M. ihre Lebensgeschichte. Zuletzt wandte sie sich, in Z¨urich wohnend, der religi¨osen Dialektdichtung zu. C Killy Haemmerli-Schindler, Gertrud, Krankenschwester, * 7. 9. 1893 Z¨urich, † 17. 3. 1978 Z¨urich. H.-S. wurde in Z¨urich und Chicago zur Krankenschwester ausgebildet. Sie war Mitglied des Schweizer Verbandes diplomierter Krankenpflegerinnen, 1934-47 Pr¨asidentin der Z¨urcher Sektion. H.-S. beteiligte sich 1932 an der Gr¨undung des Vereins M¨utterhilfe. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs baute sie den Zivilen Frauenhilfsdienst mit auf und u¨ bernahm die Pr¨asidentschaft des Milit¨arischen und Zivilen Frauenhilfsdienstes des Kantons Z¨urich. 1942 wurde sie zur Pr¨asidentin des Zivilen Frauenhilfdienstes der Schweiz gew¨ahlt. Nach dem Krieg leitete H.-S. die Hilfsaktion der Schweizer Frauen f¨ur hungernde Kinder und M¨utter, seit 1947 die Z¨urcher Frauenzentrale und seit 1949 den Bund Schweizer Frauenvereine. Bis 1957 blieb sie Vizepr¨asidentin des Schweizer Bundes f¨ur Zivilschutz. 1947 ver¨offentlichte H.-S. Z¨urcherfrauen erleben den zivilen Frauenhilfsdienst. C HLS Haemmerling, Konrad, Pseud. Curt Moreck, K. Mer-

¨ lin(g), Beatus Rhein, K. von K¨oln, Schriftsteller, Ubersetzer, * 11. 10. 1888 K¨oln, † 29. 5. 1957 Berlin. H. nahm zun¨achst Schauspielunterricht bei Max → Martersteig in K¨oln, studierte dann in K¨oln und Bonn und ver¨offentlichte 1910 seine erste Novellensammlung Die Puderquaste der Venus von Medici. Er ließ sich in M¨unchen als freier Schriftsteller nieder und lebte sp¨ater in Berlin. In den zwanziger Jahren wandte sich H. kulturhistorischen Arbeiten zu. Er ver¨offentlichte Werke u¨ ber die Geschichte der Frauendarstellung in der bildenden Kunst, u¨ ber das Kino sowie einen F¨uhrer durch das ‚lasterhafte‘ Berlin (1931). H.s B¨ucher wurden nach der nationalsozialistischen Macht¨ubernahme verbrannt und verboten. C Killy

Haempel, Oskar, o¨ sterr. Hydrobiologe, * 12. 5. 1882 Malec (Westgalizien), † 2. 1. 1953 Wien. H., Sohn eines Gutsbesitzers, studierte 1902 / 03 an der Hochschule f¨ur Bodenkultur in Wien, anschließend an der TH und der Univ. M¨unchen Naturwissenschaften. 1907 ¨ promoviert (Uber die sogenannte Kauplatte der Cyprinoiden), wurde er Assistent an der Bayerischen Biologischen Versuchsanstalt. 1908 kam er an die LandwirtschaftlichChemische Versuchsanstalt in Wien. H. war seit 1920 a. o., 1924-34 o. Prof. an der Hochschule f¨ur Bodenkultur. Er initiierte die Gr¨undung der Fischereibiologischen Bundesanstalt in Weißenbach am Attersee, die er seit 1928 leitete. H. ver¨offentlichte u. a. Handbuch der modernen Fischereibetriebslehre (mit Emil Doljan, 1921) und Fischereibiologie der Alpenseen (1930). C NDB

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Haen Haen, (Carl Johann) Eugen de, sp¨ater Ha¨en, Chemiker, Fabrikant, * 26. 12. 1835 Duisburg, † 16. 11. 1911 Hannover. Nach einem Praktikum im Unterrichtslaboratorium von Remigius → Fresenius in Wiesbaden studierte H., Sohn eines Großkaufmanns, an der Univ. Heidelberg seit 1854 Chemie bei Robert → Bunsen, Physik bei Gustav Robert → Kirchhoff und Mineralogie bei Gustav von → Leonhard. 1856 promoviert, arbeitete er zun¨achst in einer Kattundruckerei in B¨ohmen, anschließend als Analytiker in einem Hochofenwerk und als Versuchschemiker in der Chemischen Fabrik „Silesia“ in Saarau (Schlesien). 1861 gr¨undete er eine Fabrik f¨ur pharmazeutische und technische Chemikalien in List bei Hannover. Seit seiner Teilnahme an der Pariser Weltausstellung 1867 pflegte H. internationale Handelsbeziehungen. Er ver¨offentlichte u. a. Ueber die radicale Beseitigung des Kesselsteins (1873). Die Firma, 1902 nach dem westlich von Hannover gelegenen Ort Seelze verlegt, wurde 1922 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und 1928 mit der J. D. Riedel AG in Berlin unter dem Namen „Riedel-de Haen“ fusioniert. C NDB

H¨andel, Christoph Christian, evang. Theologe, * 1671 Heilsbronn, † 30. 7. 1734 auf der W¨ulzburg. H., Sohn eines Generalsuperintendenten, schloß sein Studium in Altdorf und Wittenberg mit der Promotion zum Lic. theol. ab. 1693 wurde er Pfarrer und Superintendent von Wassertr¨udingen, 1695 Stiftsprediger in Ansbach, 1698 Hofprediger, 1702 Generalsuperintendent in BrandenburgAnsbach. Als ihn Markgraf Wilhelm Friedrich 1709 pl¨otzlich aus seiner Stellung als f¨urstlicher Beichtvater entließ, protestierte H. mit theologischen und kirchenrechtlichen Argumenten o¨ ffentlich gegen diese Maßnahme. Die Auseinandersetzung zwischen H. und seinen Unterst¨utzern einerseits und dem Markgrafen andererseits wurde in u¨ ber dreißig Streitschriften ausgetragen. 1714 wurde H. verhaftet, auf der W¨ulzburg gefangengehalten und 1719 zum Tod verurteilt, dann aber zu lebensl¨anglicher Haft begnadigt. C NDB

H¨andel, Georg Friedrich, Komponist, * 23. 2. 1685 Halle / Saale, † 14. 4. 1759 London. Als Sohn des Amtschirurgen von Giebichenstein und f¨urstlich s¨achsischen und sp¨ater kurf¨urstlich brandenburgischen Leibchirurgen Georg H. erhielt H. den ersten Musikunterricht bei Friedrich Wilhelm → Zachow, dem Organisten der Liebfrauenkirche in Halle. Bei ihm wurde er mit der Tradition der mitteldeutschen Instrumentalmusik vertraut gemacht, deren Einfluß bis in H.s Sp¨atwerk sp¨urbar bleibt. Nach Beendigung der st¨adtischen Lateinschule schrieb sich H. 1702 an der 1694 gegr¨undeten Univ. Halle ein. Noch im selben Jahr erhielt er eine Anstellung als Organist am reformierten Dom in Halle, die er bereits nach ei¨ nem Probejahr aufgab. Mit der Ubersiedlung nach Hamburg brach er mit einer Laufbahn als Kirchenmusiker und entschied sich, zun¨achst als Geiger und sp¨ater als Cembalist an dem von Reinhard → Keiser geleiteten Opernunternehmen am G¨ansemarkt t¨atig zu werden. In Johann Mattheson, dem er in Hamburg begegnete, fand H. einen Freund und Berater, in dessen Begleitung er 1703 eine Reise zu dem damals bedeutendsten Organisten Dietrich → Buxtehude nach L¨ubeck unternahm. In Hamburg entstanden H.s vier deutsche Opern, von denen nur die Almira (HWV 1) von 1704 erhalten ist. W¨ahrend des Aufenthalts in Italien 1706-10 besuchte H. Venedig, Rom, Florenz, Neapel und machte die Bekanntschaft

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von Arcangelo Corelli, Alessandro und Domenico Scarlatti und Agostino Steffani. In Rom entstanden kirchenmusikalische Werke wie Dixit Dominus (HWV 232), die Oratorien Il Trionfo del Tempo e del Disinganno (HWV 46a) und La Resurrezione (HWV 47), aufgef¨uhrt am Ostersonntag 1708 im Palazzo Bonelli in Rom unter Leitung von A. Corelli, und im Auftrag des Marchese Francesco Maria Ruspoli u¨ ber 50 Kantaten, teils Solokantaten mit Basso continuo, teils Kantaten mit Instrumentalbegleitung. Auch seine erste italienische Oper Rodrigo (HWV 5) entstand in dieser Zeit; die Urauff¨uhrung fand 1707 in Florenz statt. Nach dem kurzen Aufenthalt am Hof Ferdinands von Medici weilte H. 1708 in Neapel und beendete im Haus des Herzogs Alvito die Serenata Aci, Galatea e Polifemo (HWV 72), der zwei weitere Fassungen 1718 in Cannons (HWV 49a) und 1732 in London (HWV 49b) folgten. H. ging nach Venedig und f¨uhrte am dortigen Teatro San Giovanni Crisostomo 1709 seine Oper Agrippina (HWV 6) auf (27 Auff¨uhrungen in der Saison belegen ihren Erfolg). W¨ahrend der Anstellung als Kapellmeister des Kurf¨ursten von Hannover 1710 / 11 unternahm H. eine Reise nach London, wo seine Oper Rinaldo (HWV 7a) im Queen’s Theatre am Haymarket aufgef¨uhrt wurde. Die italienische Opera seria hatte auch in England die nationale Oper nach Henry Purcells Tod abgel¨ost, so daß H. mit seiner Oper leicht Fuß fassen konnte. 1712 blieb er endg¨ultig in England und erfuhr vom englischen Hof und Adel Anerkennung und F¨orderung. Nach der Ode for the Birthday of Queen Anne (HWV 74) folgten Auftr¨age f¨ur ein Tedeum und Jubilate zur Feier des Utrechter Friedens (HWV 278 und 279) von 1713, mit denen H. die englische Tradition der Anthems aufgriff. Nach der Thronbesteigung → Georgs I. komponierte H. die Water Music (HWV 348-350) f¨ur eine k¨onigliche Fahrt auf der Themse. Er schrieb die Opern Il Pastor fido (HWV 8a), Teseo (HWV 9), Amadigi (HWV 11), deren Urauff¨uhrungen im Queen’s Theatre am Haymarket stattfanden. Von 1717 bis Anfang 1719 weilte H. auf Einladung des Earl of Carnarvon, des sp¨ateren Duke of Chandos, in Cannons, wo die Chandos Anthems (HWV 246-256) entstanden. In diesen Jahren schrieb H. auf einen Text von Barthold Heinrich → Brockes seine einzige Passionsmusik (HWV 48) als sein letztes gr¨oßeres deutschsprachiges Werk, dessen erste Auff¨uhrung im April 1719 im Dom zu Hamburg erfolgte. Mit der 1719 gegr¨undeten Royal Academy of Music begann die Herrschaft der italienischen Oper in England. H., als einer der musikalischen Direktoren, verpflichtete ber¨uhmte S¨anger aus Italien und Deutschland, unter ihnen Senesino (Francesco Bernardi), Francesca Cuzzoni, Faustina Bordoni (Hasse-Bordoni) und Matteo Berselli. F¨ur H. begann eine außerordentlich erfolgreiche und fruchtbare Zeit mit der Entstehung der Opern Radamisto (HWV 12), Muzio Scevola (HWV 13), Floridante (HWV 14), Ottone (HWV 15), Flavio (HWV 16), Giulio Cesare (HWV 17), Tamerlano (HWV 18), Rodelinda (HWV 19), Scipione (HWV 20), Alessandro (HWV 21), Admeto (HWV 22), Riccardo Primo (HWV 23), Siroe (HWV 24) und Tolomeo (HWV 25). Die englische Staatsb¨urgerschaft erhielt H. kurz vor dem Tod Georgs I. F¨ur die Kr¨onung → Georgs II. 1727 in Westminster Abbey komponierte H. die Coronation Anthems (HWV 258-261). Als Lehrer der drei k¨oniglichen Prinzessinnen schrieb H. einen bedeutenden Teil seiner Cembalomusik. B¨urgerliche Bestrebungen gegen die kostenintensive italienische Hofoper erreichten 1728 mit der Auff¨uhrung eines gesellschaftskritischen Singspiels, der Beggar’s Opera von John Gay und Johann Christoph → Pepusch im Lincoln’s Inn Fields Theatre, ihren H¨ohepunkt und f¨uhrten neben zunehmenden wirtschaftlichen Problemen zur Aufl¨osung des Opernunternehmens. Auch die Ende 1729 gegr¨undete zweite

H¨andlmaier Opernakademie, f¨ur die H. neue S¨anger verpflichtete und die Opern Lotario (HWV 26), Partenope (HWV 27), Poro (HWV 28), Ezio (HWV 29), Sosarme (HWV 30) und Orlando (HWV 31) komponierte, scheiterte an der Opposition gegen H.s Oper, die schließlich zur Gr¨undung des vom Prince of Wales unterst¨utzten Konkurrenzunternehmens, der Opera of Nobility unter Leitung seines Gegners Niccola Porpora Anfang 1733, f¨uhrte. Nachdem erneute Bem¨uhungen um die Oper, auch unter Verpflichtung neuer S¨anger wie Farinelli, am Covent Garden Theatre mit den Opern Ariodante (HWV 33), Alcina (HWV 34), Atalanta (HWV 35), Arminio (HWV 36), Giustino (HWV 37) und Berenice (HWV 38) einen vor¨ubergehenden Erfolg gebracht hatten, ließ das Interesse beim englischen Adel an der italienischen Oper zunehmend nach. Im April 1731 wurde H.s Arbeit durch einen Schlaganfall mit teilweiser L¨ahmung unterbrochen. Eine Kur in Aachen f¨uhrte zu schneller Genesung. Wenngleich H. 1740 / 41 noch die Opern Imeneo (HWV 41) und Deidamia (HWV 42) schrieb, bedeuteten Faramondo (HWV 39) und Serse (HWV 40) 1738 den Abschluß seiner Opernlaufbahn. H. widmete sich fortan ganz dem Oratorium, dessen Stoffe er zumeist dem Alten Testament entnahm, und versuchte, einen historischen Bezug von der Geschichte des auserw¨ahlten Volkes Israel zu aktuellen Geschehnissen im Leben des englischen Volkes gleichnishaft herzustellen. Dabei griff er zun¨achst sein fr¨uhes italienisches Oratorium Il Trionfo del Tempo e del Disinganno (HWV 46a) wieder auf und brachte Neufassungen heraus, bevor er sich mit Deborah (HWV 51), Athalia (HWV 52), Saul (HWV 53) und Israel in Egypt (HWV 54) ganz dieser Gattung widmete, die im Gegensatz zur weitgehend auf Da-capo-Arien fußenden italienischen Opera seria eine auf dem Wechsel von Arien und großen Chors¨atzen gebaute Komposition in englischer Sprache ist. Als eine Fortf¨uhrung der deutschen Chormusiktradition und der englischen Anthems sowie aus der Operndramatik seines aus u¨ ber 40 Kompositionen bestehenden Opernschaffens entwickelte H. eine ihm gem¨aße Form des Oratoriums und f¨uhrte diese zur Vollendung. Es entstanden die Meisterwerke L’Allegro, il Penseroso ed il Moderato (HWV 55), Messiah (HWV 56), Samson (HWV 57), Semele (HWV 58), Hercules (HWV 60), Belshazzar (HWV 61), Joshua (HWV 64), Solomon (HWV 67), Theodora (HWV 68) und Jephtha (HWV 70), bei dessen Komposition er erblindete. In zahlreichen englischen St¨adten wurden die Oratorien aufgef¨uhrt, h¨aufig unter H.s Leitung; sie brachten ihm den Ruhm eines englischen Nationalkomponisten ein. Noch zu seinen Lebzeiten wurde ihm in den Londoner Vauxhall Gardens ein Denkmal errichtet. Neben den Vokalwerken war vor allem seit 1735 umfangreiche Instrumentalmusik entstanden, wie die Orgelkonzerte op. 4 (HWV 289-294) und op. 7 (HWV 306-311), die Concerti grossi op. 3 (HWV 312-317), die 12 Concerti grossi op. 6 (HWV 319-330) und die Concerti a due Cori (HWV 332-334). Auf die historischen Ereignisse direkten Bezug nehmend, schrieb H. neben dem Occasional Oratorio (HWV 62) und dem Judas Maccabaeus (HWV 63), die beide den Sieg u¨ ber die aufst¨andischen Jakobiten 1745 / 46 feiern, das Dettinger Tedeum und Anthem (HWV 283 und 265) zum Sieg u¨ ber die Franzosen bei Dettingen, die Music for the Royal Fireworks (HWV 351) anl¨aßlich der Feierlichkeiten zum Frieden von Aachen (1748). H.s letzte Auff¨uhrung war der Messiah am 6. 4. 1759 im Covent Garden Theatre. Seine Grabst¨atte befindet sich in der Westminster Abbey. WERKAUSGABEN: Samuel Arnold (Hrsg.): Eine erste unvollst¨andige Werkausgabe in 180 Lieferungen von 1787-1797. London. – Friedrich Chrysander (Hrsg.): H.s Werke, 1858-1902. Etwa 100 Bde. Bd. 1-18 Leipzig, ab Bd. 19 Hamburg-Bergedorf. – The Works of Handel. Hrsg. von der englischen Handel Society. 18 Bde., Lon-

don 1843-58. – Hallische H.-Ausgabe. Vorgesehen sind etwa 120 Bde., davon bis 2006 etwa 70 erschienen, Kassel u. a., seit 1955. LITERATUR: H.-Handbuch. Bd. 1-3: Bernd Baselt: Thematisch-systematisches Verzeichnis (HWV). Kassel u. a. und Leipzig 1978-86. Bd. 4: Dokumente zu Leben und Schaffen. Hrsg. von der Editionsleitung der Hallischen H.-Ausgabe. Kassel u. a. und Leipzig 1985. – Charles Burney: Nachricht von G. F. H.s Lebensumst¨anden. Dt. v. Johann Joachim Eschenburg. Berlin / Stettin 1785. Faksimile-Nachdruck. Leipzig 1965. – Christopher Hogwood: Handel. London 1984, Dt. v. Bettina Obrecht, Frankfurt / Main 2000 – Donald Burrows: Handel. Oxford 1994. – Donald Burrows and Martha J. Ronisch: A Catalogue of Handel’s Musical Autographs. Oxford 1994 – Friedrich Chrysander: G. F. H. 3 Bde., Leipzig 1858-1919. – Otto E. Deutsch: Handel. A documentary biography. London 1955. – Paul H. Lang: G. F. Handel. New York 1966. Dt. v. Eva Ultsch. Basel 1979. – Walther Siegmund-Schultze: G. F. H. Leipzig 1980. Hanna John

Haendler, Otto, evang. Theologe, * 18. 4. 1890 L¨owenhagen (Ostpreußen), † 12. 1. 1981 Berlin. H., Sohn eines Konsistorialrats, studierte seit 1909 Theologie in T¨ubingen und Berlin, u. a. bei Adolf → Schlatter und Adolf → Harnack, und legte 1915 das zweite theologische Examen ab. Nach Teilnahme am Ersten Weltkrieg als Soldat und als Garnisonshilfsprediger wirkte er 1917-19 als Domhilfsprediger in Berlin, war Pfarrer in Gumtow (Ostprignitz, 1919-25) und Stralsund (1925-31), Predigerseminardirektor in Stettin (1931-35) und nahm 1935-49 eine Pfarrstelle in Neuenkirchen bei Greifswald wahr. 1925 mit der Dissertation Die Christologie Franks. Kritische Untersuchung ihrer Thesen aufgrund ihrer Voraussetzungen in Berlin zum Dr. theol. promoviert, habilitierte er sich 1930 mit der Schrift Die Idee der Kirche in der Predigt in Greifswald. 1945 erhielt er eine Professur f¨ur Praktische Theologie an der Univ. Greifswald und war 1951-59 Prof. in Berlin (Ost). H.s wissenschaftliches Interesse galt der Tiefenpsychologie, insbesondere den Ans¨atzen Carl Gustav → Jungs, die er f¨ur die theologische Forschung fruchtbar machte. Er war damit ein Wegbereiter der Pastoralpsychologie in Deutschland. Als sein Hauptwerk gilt Die Predigt (1941, 31960). C RGG

Haendler, Si(e)gfried, auch H¨andler, Brauereidirektor, * 27. 4. 1871 Zabrze (Oberschlesien), † 1930. H. besuchte das Gymnasium in Gleiwitz, durchlief eine Bankausbildung und war acht Jahre im Bankgewerbe t¨atig. ¨ Nach der Ubernahme der von seinem Vater Loebel H. 1860 begr¨undeten Brauerei Zabrze entwickelte er das Unternehmen zur „Oberschlesischen Bierbrauerei A. G. vormals L. Haendler“, einem der f¨uhrenden ostdeutschen Brauereibetriebe, und blieb bis zum Aufkauf durch die Ostwerke A. G. deren alleiniger Vorstand. H. wurde Vorstandsmitglied und Dezernent f¨ur die schlesischen Brauereibetriebe der Ostwerke A. G. Berlin.

H¨andlmaier, Luise, geb. Sichart, Unternehmerin, * 13. 11. 1910 Landau / Isar, † 3. 9. 1981 Regensburg. H., Tochter eines Baumeisters, ehelichte 1933 Josef H., den Sohn Johanna H.s, der Erfinderin einer Senfrezeptur, und f¨uhrte mit ihm sp¨ater die Metzgereigesch¨afte der (Schwieger-)Eltern. Seit 1955 verwitwet, verkaufte sie 1964 die sechs Metzgereifilialen an den Regensburger Wurstfabrikanten Ostermeier und widmete sich ganz der Senfproduktion. H. gr¨undete die Firma „Luise H¨andlmaier“, verbesserte die Senfrezeptur und baute die Produktion aus. 1965 u¨ bernahmen die Milchwerke in Regensburg den Vertrieb und belieferten ca. 400 Lebensmittelm¨arkte in und um Regensburg. Nach H.s Tod u¨ bernahm ihre Tochter Christa Aumer die Leitung der Firma.

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H¨anel H¨anel, Albert Friedrich, Jurist, Politiker, * 10. 6. 1833 Leipzig, † 12. 5. 1918 Kiel. H., Sohn eines Medizinprofessors und seit 1836 Stiefsohn des Schriftstellers Heinrich → Laube, studierte 1850-57 in Wien, Leipzig und Heidelberg die Rechte. 1857 promoviert und im folgenden Jahr habilitiert, folgte er 1860 einem Ruf als Prof. der Rechte nach K¨onigsberg, 1863 nach Kiel. Dort beteiligte er sich als Verfechter augustenburgischer Angelegenheiten und der Bestrebungen → Friedrichs VIII. von Schleswig-Holstein-Augustenburg an der nationalen und liberalen Bewegung in Schleswig-Holstein (u. a. Die Garantien der Großm¨achte f¨ur Schleswig, 1864). Er geh¨orte dem Provinziallandtag, 1867-88 dem preuß. Abgeordnetenhaus an. Als f¨uhrende Pers¨onlichkeit der Fortschrittspartei, der Freisinnigen Partei (seit 1884) und der Freisinnigen Vereinigung (seit 1893) wurde H. 1867-93 und 1898-1903 in den Reichstag gew¨ahlt. In seinem Werk Deutsches Staatsrecht (1892) vertiefte er den Begriff des Bundesstaats. Zu seinen Werken z¨ahlen auch Beweissystem des Sachsenspiegels (1858) und Studien zum Deutschen Staatsrecht (3 Bde., 1873-88). C SHBL, Bd 4

Haenel, Erich (Anton), Kunsthistoriker, * 22. 6. 1875 Dresden, † 26. 12. 1940 Dresden. H., Sohn eines Augenarztes, studierte Kunstgeschichte in Freiburg / Breisgau, M¨unchen, Heidelberg und Leipzig und wurde 1898 promoviert. Nach einer einer zweij¨ahrigen Assistentenzeit bei Cornelius → Gurlitt an der TU Dresden unternahm er 1900 / 01 eine Weltreise und erhielt 1903 eine Anstellung am Historischen Museum in Dresden, dessen Direktion er 1913 u¨ bernahm. 1913-28 lehrte er als Prof. an der Akademie der bildenden K¨unste. H. war seit 1924 Direktor des Gr¨unen Gew¨olbes, seit 1938 des M¨unzkabinetts und des Physikalisch-Mathematischen Salons; ferner betreute er das Residenzschloß. 1907-32 gab er die „Zeitschrift f¨ur Historische Waffen- und Kost¨umkunde“ heraus. H. richtete Sonderausstellungen zu Themen der s¨achsischen Kulturgeschichte aus und ver¨offentlichte u. a. Das alte Dresden (1925, mit Eugen → Kalkschmidt). C NDB Haenel, G¨unter, o¨ sterr. Schauspieler, Regisseur, Theaterdirektor, * 1. 5. 1898 Dresden, † 5. 3. 1996 Baden (Nieder¨osterreich). H. deb¨utierte 1920 am K¨unstlertheater f¨ur Rhein und Main in Frankfurt / Main. 1928-32 Oberspielleiter in Darmstadt, spielte er 1932-39 am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg und ging 1939 an das Wiener Theater in der Josefstadt. Seit 1941 am dortigen Volkstheater t¨atig, war er 1945-48 dessen Direktor. 1948 war H. neben Karl → Paryla Mitgr¨under des Neuen Theaters in der Scala in Wien, wirkte seit 1952 als Regisseur wieder am Volkstheater und am Theater in der Josefstadt und geh¨orte 1958-74 dem Ensemble des Burgtheaters an. 1958 erhielt er die Kainz-Medaille. H¨anggi, Anton, schweizer. kath. Theologe, Bischof von Basel, * 15. 1. 1917 Nunningen (Kt. Solothurn), † 21. 6. 1994 Freiburg (Schweiz). Der Sohn eines Schreinermeisters studierte 1936-38 in Luzern und 1938-40 an der P¨apstlichen Univ. der Dominikaner in Rom Theologie. 1941 zum Priester geweiht, war er zun¨achst als Vikar in Brugg seelsorgerisch t¨atig, widmete sich jedoch seit 1944 weiteren theologischen Studien in Freiburg (Schweiz), Rom und Paris, die er 1947 mit der Promotion abschloß (Der Kirchenhistoriker Natalis Alexander [1638-1724], ver¨offentlicht 1955). Im folgenden Jahr erhielt er eine Pfarrstelle in Kriegstetten (Kt. Solothurn), die er 1954 zugunsten liturgiewissenschaftlicher Studien aufgab. In Freiburg habilitiert, erhielt er dort 1956 einen Lehrstuhl f¨ur Liturgiewissenschaft. 1967 wurde H. zum Bischof von Basel mit Sitz in Solothurn gew¨ahlt. Nach seinem Amtsantritt 1968

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wurde er Mitglied des Liturgierats und der Kongregation f¨ur den Klerus in Rom. Als Bischof f¨orderte H. die Verst¨andigung unter den christlichen Konfessionen und setzte sich f¨ur die gesellschaftliche Integration von Ausl¨andern ein. Er vero¨ ffentlichte u. a. Prex eucharistica (1968, mit Irmgard Pahl). C Gatz 5

H¨ani, Rudolf, schweizer. Landwirtschaftslehrer, Politiker, * 22. 7. 1833 Wengi (Kt. Bern), † 20. 4. 1896 Bern. H., Sohn eines Schuhmachers, war seit 1852 Lehrer und 1871-83 Direktor der Ackerbauschule R¨utti bei Zollikofen. 1883 wurde er Salzhandelsverwalter des Kantons Bern. 1887-96 geh¨orte er dem Berner Stadtrat und dem Nationalrat an. H. initiierte die Schweizerische Milchversuchsstation, war Vizepr¨asident der Schweizerischen Volksbank, 1860-90 ¨ Sekret¨ar der Okonomischen Gesellschaft Bern, 1890-92 deren Pr¨asident und seit 1881 Vorstandsmitglied des Schweizerischen Landwirtschaftlichen Vereins sowie 1884-87 dessen Pr¨asident. Er redigierte die „Bernischen Bl¨atter f¨ur Landwirthschaft“ und ver¨offentlichte u. a. Spezieller Pflanzenbau. Anleitung zum Anbau landwirthschaftlicher Kulturgew¨achse (1876, 21889). C HLS H¨anisch, Alois, o¨ sterr. Maler, * 31. 3. 1866 Wien, † 24. 10. 1937 Wien. Nach erstem Zeichenunterricht bei Ernst → Juch studierte H. seit 1881 an der Wiener Kunstgewerbeschule bei Ludwig von Minnigerode, wurde dann Sch¨uler Christian → Griepenkerls und Siegmund → L’Allemands an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste und schloß seine Studien bei Nikolaus → Gysis und Ludwig von → L¨offtz an der Kunstakademie in M¨unchen ab. H., der sich zun¨achst der Landschaftsmalerei widmete, nahm 1893-1905 an den Ausstellungen der M¨unchner Sezession teil und wurde, 1905 in seine Heimatstadt zur¨uckgekehrt, Mitglied der Wiener Secession. Zu seinen Werken z¨ahlen Interieurs (Arbeitszimmer von Marie Ebner-Eschenbach, 1916), Stilleben, Blumenund Tierbilder. 1917 wurde H. zum Prof. ernannt. ¨ C OBL H¨anisch, Erich, Sinologe, * 27. 8. 1880 Berlin, † 21. 12. 1966 Stuttgart. Nach Abschluß des Studiums der Sinologie und Mongolistik mit der Promotion 1904 war H., ein Vetter von Konrad → H., bis 1911 im chinesischen Schuldienst t¨atig. 1912-20 war er wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Museum f¨ur V¨olkerkunde in Berlin. 1913 f¨ur Sinologie habilitiert, wurde H. 1920 zum a. o. Prof. an der Univ. Berlin ernannt. Nach kurzer Lehrt¨atigkeit an der Univ. G¨ottingen wechselte er 1925 als Prof. an die Univ. Leipzig, lehrte seit 1932 erneut in Berlin und war 1927-51 Prof. der ostasiatischen Kultur und Sprachwissenschaften in M¨unchen. Zu seinen zahlreichen ¨ Ver¨offentlichungen geh¨oren neben Ubersetzungen aus dem Mongolischen und Quelleneditionen ein Lehrgang der chine1-5 sischen Schriftsprache (3 Bde., 1929-33; 4 Bde., 1954-64) sowie Abhandlungen zur Geschichte Chinas und der Mongolei. H. war der Vater von Wolf → H. C Munzinger Haenisch, (George) Fedor, R¨ontgenologe, * 21. 8. 1874 Berlin, † 24. 12. 1952 Hamburg. H. studierte an den Universit¨aten Freiburg / Breisgau, M¨unchen und Straßburg Medizin und wurde 1901 mit der Arbeit u¨ ber Fremdk¨orper in der Stirn- und Oberkieferh¨ohle promoviert. Er arbeitete als Assistent in chirurgischen Kliniken, zun¨achst in Kiel bei Heinrich → Helferich, anschließend in Straßburg bei Otto Wilhelm → Madelung. 1906 siedelte er als Mitarbeiter von Ernst → Albers-Sch¨onberg nach Hamburg u¨ ber, dessen R¨ontgeninstitut er seit 1911 allein f¨uhrte. Seit 1913 auch Chefarzt der R¨ontgenabteilung im Allgemeinen Krankenhaus Barmbek, habilitierte er sich 1919 in Hamburg f¨ur R¨ontgenologie und wurde 1931 zum

H¨anle a. o. Prof. ernannt. H., der seit 1923 dem Vorstand der Deutschen R¨ontgengesellschaft angeh¨orte, ver¨offentlichte zahlreiche Abhandlungen, insbesondere zur R¨ontgendiagnostik in der Urologie. Mehrfach aufgelegt (51951) wurde eine Einf¨uhrung in die R¨ontgenologie, die H. gemeinsam mit Hermann → Holthusen und Adolf → Liechti 1933 erstmals ver¨ o¨ ffentlichte. 2, 3 C Arzte

H¨anisch, Karl von, Milit¨ar, * 4. 1. 1829 Ratibor (Schlesien), † 5. 9. 1908 Charlottenburg (?). H. trat 1847 in die preuß. Armee ein, wurde 1863 Rittmeister und nahm am Krieg von 1866 teil. Im Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 geh¨orte er zum Stab des Kriegsministers Albrecht von → Roon und wurde anschließend in den Adelsstand erhoben. H. war 1872 in der Kommission f¨ur die Beratung des neuen deutschen Milit¨arstrafgesetzbuches t¨atig, u¨ bernahm im selben Jahr das Kommando eines Dragonnerregiments und wurde 1874 Oberst und Chef des Generalstabs des VIII. Armeekorps. Seit 1883 war er Direktor des allgemeinen Kriegsdepartements im preuß. Kriegsministerium und wurde 1889 Kommandierender General des IV. Armeekorps, 1890 General der Kavallerie. C Biogr Jahrb, Bd 13 Haenisch, (Benno Fritz Paul Alexander) Konrad, Politiker, Journalist, * 14. 3. 1876 Greifswald, † 28. 4. 1925 Wiesbaden. Der Arztsohn, der wegen „sozialistischer Umtriebe“ vom Gymnasium relegiert worden war, arbeitete zun¨achst in einer Buchhandlung in Leipzig und h¨orte an der dortigen Univ. volkswirtschaftliche und historische Vorlesungen. Nach einem Volontariat bei der „Leipziger Volkszeitung“ war er Redakteur sozialistischer Zeitungen in Ludwigshafen, Dresden, Dortmund und Leipzig. Als Chefredakteur der „Dortmunder Arbeiterzeitung“ wurde er 1905 wegen „Pressevergehens“ zu neun Monaten Gef¨angnis verurteilt. 1911 u¨ bernahm H. die Leitung der Flugblattzentrale der SPD in Berlin. Seit 1900 geh¨orte er dem preuß. Abgeordnetenhaus an. H., der 1915-19 die sozialistische Zeitschrift „Die Glocke“ redigierte, setzte sich als preuß. Kultusminister 1918-21 f¨ur die Einheitsschule ein. 1919 geh¨orte er der Verfassunggebenden Landesversammlung, 1921-23 dem preuß. Landtag an. 1923 wurde H. Regierungspr¨asident in Wiesbaden. Er ver¨offentlichte u. a. Neue Bahnen der Kulturpolitik (1921). C Schr¨oder

Haenisch, Natalie, S¨angerin, * 3. 6. 1842 Marienwerder, † zwischen 1922 und 1928. H., Tochter eines preuß. Kreisgerichtsrats, erhielt ihre musikalische Ausbildung bei Gustav Wilhelm → Teschner in Berlin, bei August B¨ohme in K¨oln und bei Fran¸cois Delsarte in Paris. 1859 deb¨utierte sie in Rostock in der Rolle der Gr¨afin in Die Hochzeit des Figaro. 1860 spielte sie am Hoftheater in Braunschweig; nach einem Engagement in Schwerin 1862 geh¨orte sie 1863-70 dem Ensemble der Dresdner Hofoper an. Zu ihren bedeutenden Rollen geh¨orten die Martha in Friedrich von → Flotows gleichnamiger Oper, die Rosine im Barbier von Sevilla und die Elsa in → Wagners Lohengrin. Gastspielreisen f¨uhrten sie u. a. nach Wien, Berlin, Paris und Hamburg. Zuletzt war H. Gesangslehrerin in Dresden. C Altpreuß Biogr, Bd 5 Haenisch, Wolf, Bibliothekar, Japanologe, Sinologe, * 6. 8. 1908 Kuling (China), † 3. 2. 1978 Marburg. H., Sohn von Erich → H., studierte Geschichte, Sanskrit, Japanologie und Sinologie in Leipzig, Wien, Berlin und Kyoto, begann 1936 seine bibliothekarische Laufbahn als Fachreferent f¨ur Japanologie und Sinologie an der Preußischen Staatsbibliothek in Berlin und wurde 1937 an der dortigen Univ. promoviert. 1946 wurde er Er¨ ster Direktor der Offentlichen Wissenschaftlichen Bibliothek in Ostberlin und beteiligte sich maßgeblich an de-

ren Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg. 1950-74 war H. Direktor der Universit¨atsbibliothek in Marburg. Dort f¨orderte er die Zusammenarbeit zwischen der Universit¨atsbibliothek und den u¨ ber hundert Institutsbibliotheken; auch auf Bundesebene setzte er sich f¨ur eine Verbesserung der Kooperation der Hochschulbibliotheken ein. Unter H.s Leitung wurde die Gesamtkatalogisierung der geisteswissenschaftlichen Fachbibliotheken in Marburg abgeschlossen. Er war Vorsitzender des Vereins Deutscher Bibliothekare. C LGB

Haenke, Thadd¨aus, o¨ sterr. Botaniker, Naturforscher, Forschungsreisender, * 5. 12. 1761 Kreibitz bei Rumburg (B¨ohmen), † 1817 Cochabamba (Bolivien). Der Bauernsohn studierte seit 1780 in Prag und 1786-89 in Wien bei dem Botaniker Nikolaus Joseph von → Jacquin, dem Mineralogen Ignaz von → Born und dem Mediziner Maximilian → Stoll. Zum Magister promoviert, unternahm er botanische Forschungsreisen in das Riesengebirge und die Alpen und ver¨offentlichte mehrere Aufs¨atze u¨ ber die dortige Flora. 1789-93 nahm er im Auftrag der spanischen Regierung an einer Expedition unter Leitung von Alejandro de Malaspina teil, die von C´adiz nach S¨udamerika, Alaska, auf die Philippinen und u¨ ber Australien bis nach Lima f¨uhrte. Anschließend ließ sich H. in Cochabamba (Bolivien) nieder und f¨uhrte Forschungsauftr¨age der spanischen Kolonialregierung aus. H. setzte sich f¨ur eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Bergwerken und die Einf¨uhrung der Pockenschutzimpfung ein. Durch die Erfindung eines Herstellungsverfahrens f¨ur Kalisalpeter wurde er zum Begr¨under der chilenischen Salpeterindustrie. H. ver¨offentlichte u. a. Mineralogische und botanische Bemerkungen auf einer nach dem Riesengebirge (mit Johann Jirasek, 1788), Introducci´on a la historia natural de la Provincia de Cochabamba y circunvecinas (1809) und Viaje por el virreinato del Rio de la Plata (1943). Die n¨aheren Umst¨ande seines Todes sind nicht ¨ Natur a) bekannt. C Ost H¨anle, Georg Friedrich, Pharmazeut, * 6. 1. 1763 Lahr (Baden), † 23. 6. 1824 Karlsruhe. Nach einer Lehre in einer Straßburger Apotheke arbeitete H., Sohn eines Landesoberschultheißen und Oberamtsaktuars, als Gehilfe in Darmstadt und Zweibr¨ucken. 1788 u¨ bernahm er die „Untere Apotheke“ in Lahr. Das Studium der Medizin an der Hohen Karlsschule in Stuttgart gab H. nach anderthalb Jahren auf, da er nicht zugleich als Apotheker und Arzt zugelassen werden konnte. F¨ur seine wissenschaftlichen Verdienste wurde H. 1813 von der Univ. Erlangen zum Dr. phil. ernannt. 1815 u¨ bertrug er die Leitung der Apotheke in Lahr seinem Sohn Christian Friedrich, um sich ganz seiner wissenschaftlichen T¨atigkeit zu widmen. 1823 gr¨undete er das „Magazin f¨ur die neuesten Erfindungen, Entdeckungen und Berichtigungen im Gebiet der Pharmacie“, in dem chemische und physikalisch-chemische Fragen behandelt wurden. Die Zeitschrift wurde nach seinem Tod von Philipp Lorenz → Geiger herausgegeben und erschien seit 1832 unter dem Titel „Annalen der Pharmacie“. H. ver¨offentlichte u. a. Chemisch-technische Abhandlungen (4 Bde., 1808-1821), Lehrbuch der Apothekerkunst (2 Bde., 1820-26), Die gl¨aserne Maske. Ein Gem¨alde aus den Kriminalakten des siebenzehnten Jahrhunderts (1820, 21825) und Entwurf zu einer der Zeit angemessenen Apotheker-Ordnung (1936). C NDB

H¨anle, Hans, auch Han, Glasmaler, * Reutlingen, † 1519 Bern. Der aus Reutlingen stammende H. ließ sich um 1490 in Bern nieder. 1495-1518 geh¨orte er dort dem Großen Rat an. Ein von Hans → Lehmann 1913 zusammengestelltes, jedoch nicht auf schriftlichen Quellen basierendes Werkverzeichnis

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Haenle des Glasmalers nennt Wappen- und Figurenscheiben, oft mit Damasthintergrund (St. Christoph und St. Barbara, Ende 15. Jh.). Als zugewanderter Schwabe d¨urfte sich H. eher fig¨urlichen als heraldischen Themen gewidmet haben, da zu dieser Zeit in Bern andere herausragende Meister der Wappenscheibe t¨atig waren. Die meisten seiner Werke entstanden zwischen 1490 und 1510. H. hat vermutlich das Motiv der kleinformatigen Vierpaßscheiben in Bern eingef¨uhrt. C NDB

Haenle, Siegfried, Jurist, * 28. 6. 1814 Heidingsfeld bei W¨urzburg, † 30. 9. 1889 Ansbach. H., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1834 Philosophie und Rechtswissenschaft in M¨unchen und W¨urzburg. Anschließend als Journalist in Paris, London und W¨urzburg t¨atig, u¨ bernahm er 1841 die Schriftleitung der liberal ausgerichteten „Neuen W¨urzburger Zeitung“. Seit 1848 war er als Rechtsanwalt t¨atig und erwarb sich einen Namen als Schwurgerichtsverteidiger. 1854 trat er vom Judentum zum Protestantismus u¨ ber. Seit 1855 wirkte er als Anwalt in Feuchtwangen, seit 1858 in Ansbach. H. war Mitbegr¨under des Deutschen Anwaltvereins und wurde 1872 Schriftleiter der „Juristischen Wochenschrift“. H. ver¨offentlichte lokalhistorische Schriften, insbesondere zu Ansbach und seiner Umgebung, u. a. Geschichte der Juden im ehemaligen F¨urstentum Ansbach (1867). C Leb Franken, Bd 4 Haenlein, Albrecht, Musiker, Komponist, * 7. 10. 1840 / 46 M¨unchen, † 31. 8. 1909 Mannheim. H. erhielt am M¨unchner Konservatorium Klavier- und Orgelunterricht, u. a. von Joseph Gabriel → Rheinberger. 1857 ging er als Klavierlehrer und Dirigent des M¨annergesangsvereins nach Schaffhausen, 1869 als Pianist und Lehrer nach Mannheim. Dort war er auch als Organist der Trinitatiskirche t¨atig und gr¨undete den „Verein f¨ur klassische Kirchenmusik“. Er wurde zum Orgelbaukommissar f¨ur Baden ernannt. H. komponierte Choralvorspiele f¨ur den evang. Gottesdienst und gab im Verlag C. F. Peters u. a. Werke von → Mendelssohn Bartholdy heraus. C Bad Bio, Bd 6

H¨anlein, Heinrich Karl Alexander von, evang. Theologe, * 11. 7. 1762 Ansbach, † 15. 5. 1829 Esslingen. H. studierte seit 1782 in Erlangen und seit 1784 in G¨ottingen Theologie, Philosophie und Philologie. Seit 1786 theologischer Repetent an der Univ. G¨ottingen, wurde er 1788 zum Dr. phil. promoviert und im folgenden Jahr zum a. o. Prof. und Inhaber des akademischen Predigeramtes in Erlangen ernannt. 1795 erfolgte die Promotion zum Dr. theol. H. wurde 1801 Konsistorialrat, 1803 Mitglied des Konsistoriums und Stiftsprediger in Ansbach und ging 1808 als erster ordentlicher Oberkirchenrat des neuerrichteten protestantischen Oberkonsistoriums nach M¨unchen, dessen Direktion er 1818 u¨ bernahm. Er ver¨offentlichte u. a. ein Handbuch der Einleitung in die Schriften des Neuen Testaments (3 Tle., 1794).

Haenlein, Paul, Luftschiffkonstrukteur, * 17. 10. 1835 K¨oln, † 27. 1. 1905 Mainz. Nach einer Maschinenbaulehre besuchte H., Sohn eines Schiffskapit¨ans, die Polytechnische Schule in Karlsruhe und arbeitete 1860-1903 als Ingenieur bei Maschinenfabriken in ¨ Deutschland, Schweden, Großbritannien, Osterreich und der Schweiz. Er erkannte als erster die Bedeutung der Lenoirschen Gasmaschine f¨ur den Luftschiffantrieb (Patent 1865). 1870 wurde in Wien eine Gesellschaft f¨ur die Konstruktion eines weiteren Luftschiffes gegr¨undet: Das u¨ ber 50 m lange, lenkbare, mit Leuchtgas gef¨ullte Luftschiff „Aeolus“ wurde 1872 im Flug vorgef¨uhrt. Aus finanziellen Gr¨unden wurden die Versuche anschließend eingestellt. 1904 ver¨offentlichte ¨ H. eine Schrift Uber das jetzige Stadium des lenkbaren Luftschiffes. C NDB

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H¨anny, Karl, schweizer. Maler, Bildhauer, * 13. 6. 1879 Twann / Bielersee, † 12. 4. 1972 Ligerz (Kt. Bern). H. erhielt an der Kunstgewerblichen Abteilung des Technikums in Biel eine Ausbildung als Stahlgraveur, Medailleur und Ziseleur und war anschließend in Ulm, M¨unchen und Wien k¨unstlerisch t¨atig. Er unternahm Studienreisen, u. a. nach Wien, Berlin und Italien, und wandte sich zunehmend der Bildhauerei zu. 1903 war er bei Rodin in Paris, seit 1905 bei W. Sauer in Karlsruhe t¨atig, bevor er sich 1907 als selbst¨andiger K¨unstler in Bern niederließ. H. schuf Denkm¨aler, Statuen und Figurengruppen, u. a. f¨ur den Rosengarten in Bern. Ferner z¨ahlen Plaketten und Medaillen sowie Lithographien zu seinen Werken. C Vollmer

Haensel, Carl, Jurist, Schriftsteller, * 12. 11. 1889 Frankfurt / Main, † 25. 4. 1968 Winterthur. H. studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Lausanne, Berlin und Marburg, wo er 1912 promoviert wurde. Nach T¨atigkeiten bei Gericht, zuletzt als Staatsanwalt in Frankfurt / Main, ließ er sich 1920 als Rechtsanwalt in Berlin nieder. 1946 ging er nach Freiburg / Breisgau und bet¨atigte sich als Rechtsanwalt am Badischen Oberlandesgericht und als Verteidiger bei den N¨urnberger Prozessen (Das Gericht vertagt sich, 1950). Seit 1950 Justitiar des S¨udwestfunks in BadenBaden, u¨ bernahm H. 1952 einen Lehrauftrag f¨ur Rundfunkrecht an der Univ. T¨ubingen und wurde dort im folgenden Jahr zum Honorarprofessor ernannt. Neben seiner juristischen Laufbahn widmete sich H. der Schriftstellerei und ver¨offentlichte 1919 sein erstes Justizdrama Das Grauen. Er verfaßte Tatsachen- und Gesellschaftsromane, Biographien und Essays, darunter Die letzten Hunde Dschingis Khans (1929), Das war M¨unchhausen (1933) und Kennwort Opernball (1953). Am erfolgreichsten war sein Romandeb¨ut Der Kampf ums Matterhorn (1928), das im Jahr der Ver¨offentlichung von Mario Bonnard und Nunzio Malasomma und 1937 von Luis → Trenker (Der Berg ruft) verfilmt wurde. C Munzinger Haensel, (Heinrich) Gustav, Chemiker, Fabrikant, * 22. 11. 1841 Pirna (Sachsen), † 14. 7. 1923 Pirna. H., Sohn eines Kaufmanns und Fabrikanten, durchlief eine kaufm¨annische Lehre und besuchte die Handelsschule in Dresden. Anschließend trat er in die Firma seines Vaters in Pirna ein und spezialisierte sich auf die Fabrikation von ¨ a¨ therischen Olen. Es gelang ihm, mittels einer von ihm konstruierten Apparatur durch fraktionierte Destillation die ¨ unter Abtrensauerstoffhaltigen Bestandteile a¨ therischer Ole nung der Terpene zu isolieren. Zugleich widmete er sich der ¨ Fabrikation von terpenfreien a¨ therischen Olen wie Pfefferminz¨ol, Nelken¨ol, Lavendel¨ol, Thymian¨ol, Bergamott¨ol und Fenchel¨ol in gr¨oßeren Mengen. H.s Produkte wurden mehrfach pr¨amiert, u. a. 1876 auf der Weltausstellung in Philadelphia. 1898 gr¨undete er eine Zweigniederlassung der Pirnaer Firma in Aussig. C NDB H¨ansel, Peter, Kapellmeister, Komponist, * 29. 11. 1770 Deutsch Leippe (Schlesien), † 18. 9. 1831 Wien. Nach Violinstudien bei seinem Onkel in Warschau wurde H. 1787 Mitglied des Orchesters des F¨ursten Potemkin in St. Petersburg, das von Giuseppe Sarti geleitet wurde. Im folgenden Jahr kehrte er nach Polen zur¨uck, wo er als Musiker t¨atig war, bis er 1791 als Violinist und Kapellmeister bei der F¨urstin Lubomirska nach Wien ging. Seit 1792 nahm H. Kompositionsunterricht bei Joseph → Haydn. Nach einem Aufenthalt in Paris 1802 / 03 lebte er wieder in Wien. H., der 1798 seine ersten Kompositionen ver¨offentlichte, schrieb ausschließlich kammermusikalische Werke, darunter 55 Streichquartette. C MGG

Haenzel H¨anselmann, Ludwig, Archivar, Schriftsteller, * 4. 3. 1834 Braunschweig, † 22. 3. 1904 Braunschweig. H. studierte Theologie und Geschichte an der Univ. Jena und war Hauslehrer auf Gut Ludorf bei R¨obel in Mecklenburg, danach Lehrer an einer Privatschule in Doberan, bis er 1859 im Staatsarchiv Schwerin eine archivalische Ausbildung absolvierte. 1860 erhielt er den Auftrag zur Ordnung des Stadtarchivs Braunschweig und zur Herausgabe eines Urkundenbuchs (Urkundenbuch der Stadt Braunschweig, 3 Bde., 1862-1905). Seit 1862 Stadtarchivar, u¨ bernahm H. zus¨atzlich die Leitung der Stadtbibliothek, 1898 die des Stadtmuseums in Braunschweig. 1886 wurde ihm der Professorentitel verliehen. H. gab zahlreiche Quellensammlungen heraus und verfaßte kulturgeschichtliche Gedichte und Erz¨ahlungen (u. a. Unterm L¨owensteine, 1883). C Leb Nieders, Bd 1

H¨anseroth, Albin, Intendant, * 24. 2. 1939 M¨onchengladbach, † 9. 9. 2004 K¨oln. H. studierte Sozialwissenschaften an der Univ. K¨oln und wurde 1976 bei Alphons → Silbermann mit der Arbeit Elemente einer empirischen Theaterforschung. Dargestellt an Entwicklungstendenzen in der Bundesrepublik Deutschland promoviert. Im selben Jahr erhielt er eine Professur f¨ur Soziologie und P¨adagogik der Massenmedien an der Fachhochschule Niederrhein in Krefeld. 1988 ging er als k¨unstlerischer Berater und Produktionschef an das Gran Teatre del Liceau in Barcelona, an dem er 1990 zum Direktor ernannt wurde. Seit 1997 wirkte H. als Intendant an der Hamburgischen Staatsoper, seit 1999 an der K¨olner Philharmonie, wo er u. a. thematische Konzertprojekte initiierte und sich in der Nachwuchsf¨orderung engagierte. Er war auch Gesch¨aftsf¨uhrer der K¨olnMusik GmbH und k¨unstlerischer Gesamtleiter der MusikTriennale K¨oln GmbH. Mit A. Silbermann ver¨ o¨ ffentlichte er Der Ubersetzer. Eine berufs- und literatursoziologische Untersuchung (1985) und Medienkultur, Medienwirtschaft, Medienmanagement (1989). H¨anssler, Friedrich, Komponist, Verleger, * 12. 7. 1892 Plieningen (heute zu Stuttgart), † 22. 10. 1972 Neuhausen auf den Fildern. H. gr¨undete 1919 zusammen mit seiner Frau in Plieningen bei Stuttgart einen Musikverlag, um zun¨achst eigene Arbeiten wie geistliche Lieder und kleinere Chorwerke zu ver¨offentlichen; zu einem weiteren Schwerpunkt wurde christliche Literatur. 1941 wurde der Verlag verboten. Nach Kriegsende nahm H. als einer der ersten in Deutschland die Verlagsproduktion wieder auf und brachte vor allem kirchenmusikalische Werke heraus, u. a. von Georg Philipp → Telemann, Johann Sebastian → Bach, Heinrich → Sch¨utz, Christoph → Graupner und Dietrich → Buxtehude. 1959 u¨ bernahm H.s Sohn die Gesch¨aftsleitung. C MGG

schinelle Herstellung und dem Garnverkauf. 1849 u¨ bertrug er die Gesch¨aftsleitung und seinen Anteil des Unternehmens C NDB seinem Schwiegersohn Aloys Dautzenberg.

Haentzschel, Emil (Rudolf), Mathematiker, * 20. 11. 1858 Berlin, † 6. 1. 1948. H. studierte 1876-80 in Berlin und wurde 1883 in Jena promoviert. Seit 1884 Oberlehrer in Duisburg, unterrichtete er seit 1887 in Berlin, seit 1896 am dortigen K¨ollnischen Gymnasium, dessen Leitung er 1921-24 innehatte. Außerdem lehrte er seit 1893 als Privatdozent an der TH Berlin und wurde 1902 zum Prof. der Mathematik und mathematischen Physik ernannt. 1906 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. H. ver¨offentlichte u. a. Zur Theorie der Funktionen des elliptischen Cylinders (1886), Studien u¨ ber die Reduction der Potentialgleichung ¨ auf gew¨ohnliche Differentialgleichungen (1893), Uber die verschiedenen Grundlegungen in der Trigonometrie (1897) und Das Erdsph¨aroid und seine Abbildung (1903). C Poggendorff 6

H¨antzschel, Kurt (Emil Richard), Jurist, Beamter, * 13. 7. 1889 Berlin, † 1941 Brasilien. H., Sohn eines Professors an der TH Berlin, studierte 1908-11 Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft an den Universit¨aten Heidelberg, Leipzig, Grenoble, Oxford und Berlin und wurde 1912 in Leipzig promoviert (Luftraum und Grundeigentum). Nach Kriegsdienst und Referendariat ging er 1919 als Stellvertreter des Handelsattach´es an die deutsche Gesandtschaft in Stockholm. 1920 wurde H. preuß. Regierungsrat, 1929 Ministerialdirigent und Leiter der Politischen Abteilung des Reichsministeriums des Innern. H. war Mitglied der Demokratischen Partei Deutschlands und Mitglied des Parteiausschusses. Seit 1929 lehrte er als Dozent f¨ur Presserecht an der Univ. Berlin. 1933 aus dem Reichsdienst entlassen und vor¨ubergehend inhaftiert, emigrierte H. nach Wien, wo er 1934 / 35 beim Verlag „Neues Wiener Journal“ t¨atig war. 1937 ging er nach S˜ao Paulo. In Rolandia (Paran`a) erwarb er mit seinem j¨ungeren Bruder eine Urwaldparzelle, auf der er 1941 erschossen wurde. H. z¨ahlte zu den f¨uhrenden Presserechtlern der Weimarer Republik und hatte großen Einfluß auf den Aufbau des Rundfunks in den zwanziger Jahren, dessen Bedeutung als demokratisches Medium er fr¨uh erkannte. Er war Vorsitzender der Presserechtskommission der F´ed´eration Internationale des Journalistes. E. ver¨offentlichte u. a. Reichspreßgesetz und die u¨ brigen preßrechtlichen Vorschriften des Reichs und der L¨ander (1927) und Das deutsche Pressrecht (1928). Mit Viktor → Bruns gab er 1928-31 „Die Preßgesetze des Erdballs“ C BHdE, Bd 1 heraus.

Haenzel, Gerhard (Karl Theodor), Mathematiker, Haentze, (Johann) Carl Gottfried, Industrieller, * 30. 6. 1781 Eilenburg, † 27. 6. 1858 Schedewitz bei Zwickau. H., Sohn eines anhaltischen Kammerbeamten, arbeitete nach einer sechsj¨ahrigen Lehrzeit als kaufm¨annischer Angestellter. Sp¨ater war er selbst¨andiger Kaufmann und Textilindustrieller in Hainichen und Ronneburg, bis er sich 1829 in Schedewitz niederließ. Dort erwarb er eine Spinnm¨uhle und richtete eine Kammgarnspinnerei mit franz¨osischen Maschinen ein. 1835 wurde der Betrieb mit der nahegelegenen Kammgarnspinnerei Petrikowsky & Co. zusammengeschlossen. Nach der Umwandlung in eine Offene Handelsgesellschaft 1839 verf¨ugte das Unternehmen u¨ ber Betriebsanlagen in Schedewitz sowie Handwollk¨ammereien in Albernau und Johanngeorgenstadt im Erzgebirge. H. widmete sich dem Einkauf pommerscher und mecklenburgischer Rohwolle, dem Ausbau der Spinnerei, deren Umstellung auf ma-

* 5. 3. 1898 Wollin (Pommern), † 6. 3. 1944 Lesneven (Bretagne). H., Sohn eines Lehrers, schloß das Studium der Mathematik und Physik, das er 1920-25 an der TH Berlin absolviert hatte, 1926 mit der Promotion zum Dr.-Ing. ab (Zur synthetischen Theorie der Mechanik starrer K¨orper). 1929 habilitiert, war er Privatdozent an der TH Berlin, bis er 1933 einem Ruf auf den Lehrstuhl f¨ur Geometrie der TH Karlsruhe folgte. H., der sich besonders mit der algebraischen Geometrie und den Beziehungen zwischen Geometrie und Physik besch¨aftigte, u¨ bernahm 1937 den Lehrstuhl f¨ur Mathematik und mathematische Technik. 1940 wurde er an der Univ. Freiburg / Breisgau mit einer Arbeit u¨ ber Geometrie und Wellenmechanik zum Dr. rer. nat. promoviert. H. verließ 1943 die TH und wurde o. Prof. der Mathematik an der Univ. M¨unster. Bald darauf wurde er zum Kriegsdienst eingezogen und beging in der Bretagne Selbstmord. Zu seinen Ver¨offentlichungen

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Haerdter geh¨oren Ein neuer Satz u¨ ber die Nullstellen ganzer rationa¨ ler Funktionen (1928), Uber die charakteristischen Involutionen der nicht-euklidischen Bewegungen (1930) und Zeitlich ver¨anderliche Metrik (1932). C NDB

Haerdter, Robert, Publizist, * 25. 5. 1907 Mannheim, † 3. 4. 1995 Stuttgart. H. studierte Geschichte und Soziologie an den Universit¨aten Berlin, Wien und Heidelberg, wo er promoviert wurde. 1933 / 34 war er Redakteur der „Vossischen Zeitung“, 1935 bei der Deutschen Buchgemeinschaft und 1936-43 bei der „Frankfurter Zeitung“. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg geh¨orte er mit Bernhard → Guttmann und Benno → Reifenberg zu den Gr¨undern der Zeitschrift „Die Gegenwart“, deren Mitherausgeber er bis 1958 war. 1959-65 war er Chefredakteur der „Stuttgarter Zeitung“ und dann Mitarbeiter u. a. der „Stuttgarter Nachrichten“ und des S¨uddeutschen Rundfunks. H. verfaßte vor allem Reportagen, Kommentare und Essays (u. a. Spanisches Capriccio. Bilder einer Reise, 1957; Signale und Stationen, 1945-1973, 1974) sowie Erz¨ahlungen (Der Schuß auf dem See, 1943).

Haerdtl, Eduard Frh. von, o¨ sterr. Astronom, * 10. 6. 1861 Penzing (heute zu Wien), † 20. 3. 1897 Innsbruck. H. studierte an der Univ. Wien zun¨achst Medizin, dann Mathematik und Naturwissenschaften. Zu seinen Lehrern geh¨orte Theodor von → Oppolzer, an dessen Werk Kanon der Finsternisse er mitarbeitete. 1885 promoviert, wurde er 1888 Privatdozent und 1892 a.o. Prof. f¨ur theoretische Astronomie an der Univ. Innsbruck. H. unternahm Studienreisen nach Stockholm und M¨unchen und lebte 1889-92 in Paris. Er ver¨offentlichte u. a. Bahnbestimmung des Planeten „Adria“ (3 Tle., 1883-85), Astronomische Beitr¨age zur assyrischen Chronologie (1884), Die Bahn des periodischen Kometen Winnecke in den Jahren 1858-1886 (2 Tle., 1888 / 89) und Skizzen zu einem speciellen Fall des Problems der drei K¨orper (1892). C Poggendorff 4 Haerdtl, Oswald, o¨ sterr. Architekt, Kunstgewerbler, * 17. 5. 1899 Wien, † 9. 8. 1959 Wien. H. besuchte die Kunsgtgewerbe- und Fachschule Josef → Hoffmanns und lehrte seit 1935 an der Akademie f¨ur angewandte Kunst in Wien. 1949 zum Prof. ernannt, u¨ bernahm er die Leitung der Fachklasse f¨ur Raumkunst, gewerbliche und industrielle Entw¨urfe. H. lieferte zahlreiche Entw¨urfe f¨ur Innenausstattungen von Wohnh¨ausern, Hotels und Ausstellungspavillons, aber auch f¨ur M¨obel, Silberwaren, Gl¨aser und dergleichen. H. wurde 1948 mit dem Architekturpreis der Stadt Wien ausgezeichnet. C Vollmer

H¨aring, Bernhard, Redemptorist, Theologe, * 10. 11. 1912 B¨ottingen (Kr. Tuttlingen), † 3. 7. 1998 Gars / Inn. H., Sohn eines Bauern, trat 1932 in den Redemptoristenorden ein, wurde nach der Promotion 1947 an der Univ. T¨ubingen (Das Heilige und das Gute. Ein Versuch zur Aufhellung ihres gegenseitigen Bezugs) Prof. an der Ordenshochschule Gars bei Wasserburg / Inn und lehrte seit 1951 an der Academia Alfonsiana (Lateran-Universit¨at) in Rom. Er war als theologischer Berater maßgeblich am Zweiten Vatikanischen Konzil beteiligt und hatte die Funktion eines Konsultors des Sekretariats f¨ur die Nichtglaubenden inne. H. ver¨offentlichte zahlreiche Werke zur Moraltheologie und zu Zeitfragen. Durch sein Hauptwerk Das Gesetz Christi (3 Bde., 1954, 81967) trug er zur Erneuerung der kath. Moraltheologie bei. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Macht und Ohnmacht der Religion (1956), Ehe in dieser Zeit (1960, 31964), Personalismus in Philosophie und Theologie (1968), Heilender Dienst. Ethische Probleme der modernen Medizin (1973), Frei in Christus (3 Bde., 1979-81) und Geborgen und frei. Mein Leben (21998). C BBKL

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H¨aring, Nikolaus, kath. Theologe, * 1. 6. 1909 Urmitz / Rhein, † 12. 1. 1982 Koblenz. H. studierte 1931-33 Philosophie an der Hochschule der Pallottiner in Koblenz und 1933-38 Theologie in Rom. 1936 wurde er zum Priester geweiht und 1939 mit der Dissertation Die Theologie des Erfurter Augustiner-Eremiten Bartholom¨aus Arnoldi von Usingen promoviert. W¨ahrend eines Englandaufenthalts bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs interniert und nach Kanada geschickt, unterrichtete er seit 1942 in Toronto u. a. bei den Redemptoristen und erweiterte seine Kenntnisse durch Studien in mittelalterlicher Theologie. 1949 ver¨offentlichte er sein dreib¨andiges Werk One baptism. A historical study on the origins of the doctrine of sacramental character, mit dem er zum Doctor of Mediaeval Studies promoviert wurde. 1947 erhielt H. eine Professur f¨ur Dogmen- und Geistesgeschichte des 12. Jh. am Pontifical Institute of Mediaeval Studies in Toronto; seit 1967 lehrte er auch an der University Toronto. Nach seiner Emeritierung 1976 kehrte er nach Deutschland zur¨uck und war an der Theologischen Hochschule der Pallottiner in Vallendar t¨atig. H. war Herausgeber mehrerer Editionen, u. a. zur sog. Schule von Chartres. C LThK

H¨aring, Rudolf, Chirurg, * 3. 11. 1928 Urmitz / Rhein, † 30. 11. 1998 Berlin. H. studierte Medizin in Erlangen und Bonn, wo er 1956 promoviert wurde (Die H¨amolyse in der Herz-Lungen-Maschine und bei der modernen Hypothermie. Quantitative Bestimmungen, Ursachen und Folgen, Ergebnisse von Tierversuchen) und begann 1958 in N¨urnberg die chirurgische Ausbildung bei Hermann Franke. 1962 folgte er seinem Lehrer an die Freie Univ. Berlin, habilitierte sich dort 1966 (Tierexperimentelle Untersuchungen zum Ersatz der chirurgischen Naht durch Klebestoff) und war seit 1969 unter Franke an der neuerbauten Chirurgischen Universit¨atsklinik des Klinikum Steglitz t¨atig, deren Direktor er 1979 wurde. H. besch¨aftigte sich vor allem mit Abdominalchirurgie, insbesondere mit der Pfortader- und Leberchirurgie. 1968 f¨uhrte er die erste erfolgreiche extrakorporale Leberdialyse ¨ in Deutschland durch. Eine von H. entwickelte Osophagusendoprothese f¨ur inoperable Kardiakarzinome wurde nach ihm benannt. 1989 / 90 war er Pr¨asident der Deutschen Gesellschaft f¨ur Chirurgie. Er verfaßte u. a. Gastrektomie und Kardiasektion beim Magenkarzinom. Pathologie, Klinik, Operationstechnik, Folgeerscheinungen und Ergebnisse (mit H. Franke, 1970) und gab Risiko in der Chirurgie (1988) und Postoperative Folgezust¨ande (1988) heraus. ¨ auch H¨aring, Haering, (Johann) Theodor von, d. A., evang. Theologe, * 22. 4. 1848 Stuttgart, † 11. 3. 1928 T¨ubingen. H., Sohn eines Kaufmanns, besuchte 1862-66 das Theologische Seminar in Urach und studierte bis 1870 in T¨ubingen und Berlin. 1873 wurde er Repetent am T¨ubinger Stift, 1876 Diakon in Calw und 1881 in Stuttgart. Seit 1886 lehrte H. als Prof. der Systematischen Theologie an der Hochschule in Z¨urich, bis er 1889 als Nachfolger Albrecht → Ritschls an die Univ. G¨ottingen berufen wurde. 1894-1919 war er Prof. an der Univ. T¨ubingen (1904 / 05 Rektor) und Fr¨uhprediger an der dortigen Stiftskirche. 1907-19 war er Vizepr¨asident, 1912 / 13 interimistischer Pr¨asident der Evangelischen Landessynode und 1913 Mitglied der Ersten Kammer des W¨urttembergischen Landtags. H. erhielt den w¨urttembergischen Personaladel. Er ver¨offentlichte Predigten, Bibelkommentare sowie Schriften zur Ethik und Dogmatik (u. a. Zur Vers¨ohnungslehre, 1893; Die Lebensfrage der systematischen Theologie, die Lebensfrage der christlichen Religion, 1895; Der christliche Glaube, 1906). Er war der Vater von Theodor → H. d. J. C TRE

H¨aser Haering, Theodor (Lorenz) d. J., Philosoph, Schriftsteller, * 22. 4. 1884 Stuttgart, † 15. 6. 1964 T¨ubingen. ¨ begann als Angeh¨origer des Der Sohn Theodor → H.s d. A. T¨ubinger Stifts mit dem Studium der Theologie und Philosophie, das er in Halle, Berlin, M¨unchen und Bonn fortsetzte. Er wurde 1910 zum Dr. phil. promoviert (Der Duisburg’sche Nachlaß und Kants Kritizismus um 1775) und habilitierte sich 1912 in T¨ubingen (Untersuchungen zur Psychologie der Wertung). Im Ersten Weltkrieg im F¨ursorgewesen t¨atig, lehrte er seit 1919 an der Univ. T¨ubingen und wurde nach dem Tod seines Lehrers Erich → Adickes 1928 auf den Lehrstuhl f¨ur historische und systematische Philosophie berufen. Seit 1937 war H. Mitglied der NSDAP. 1945 entlassen, wurde er 1948 in den Ruhestand versetzt und 1951 emeritiert. H. besch¨aftigte sich mit Fragen der Erkenntnistheorie sowie mit der Geschichte der Philosophie und Psychologie. Seine philosophischen Hauptwerke sind Hegel. Sein Wollen und sein Werk (2 Bde., 1929-38, Neudruck 1963 und 1979) und Novalis als Philosoph (1954). Zu den Publikationen H.s, der sich auch mit schw¨abischer Heimatkunde befaßte, z¨ahlen ferner Reden, Novellen und Erz¨ahlungen wie Der Mond braust durch das Neckartal (1935). C NDB H¨arle, Carl, Industrieller, * 26. 8. 1879 K¨onigseggwald (W¨urttemberg), † 26. 8. 1950 M¨ulheim / Ruhr. Nach einer T¨atigkeit als Bankangestellter und Fremdsprachenkorrespondent in London 1899-1901 studierte H., dessen Vater Braumeister und seit 1896 Eigent¨umer der Gr¨afl. K¨onigseggschen Brauerei in K¨onigseggwald war, in Leipzig und T¨ubingen die Rechte. 1906 promoviert, erhielt er eine Stelle bei der Krefelder Stahlwerke AG und wurde 1909 mit der Betriebsf¨uhrung der Thyssen & Co. AG in M¨ulheim / Ruhr betraut. Nach seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg wirkte H. bei der Reorganisation des Konzerns mit, wurde Verm¨ogensverwalter der Erben J. Thyssen und war schließlich alleiniger Vorstand der Firma Thyssen & Co. AG. Ferner geh¨orte H. dem Grubenvorstand der AugustThyssen-H¨utte Gewerkschaft an und war Mitglied mehrerer Aufsichtsr¨ate, u. a. der Gelsenkirchener Bergwerks-AG. C NDB

H¨artel, Gottfried Christoph, Verleger, * 27. 1. 1763 Schneeberg / Erzgebirge, † 25. 7. 1827 Cotta bei Pirna. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Leipzig war H., Sohn eines Juristen und B¨urgermeisters von Schneeberg, Hauslehrer in Glauchau und Privatsekret¨ar in Dresden. 1795 wurde er Teilhaber und im folgenden Jahr Alleininhaber des Musikverlags Breitkopf in Leipzig. Er begann mit der Herausgabe der Gesamtwerke → Mozarts und → Haydns; sp¨ater kamen auch die „Œuvres compl`etes“ weniger bekannter Komponisten hinzu. 1798 rief H. die „Allgemeine Musikalische Zeitung“ ins Leben, die zun¨achst von Friedrich → Rochlitz und 1819-27 von H. selbst redigiert wurde. H. setzte sich f¨ur die Verbesserung der Drucktechniken, insbesondere der Notenlithographie, ein. 1816 errichtete er eine Klavierfabrik innerhalb des Verlagsunternehmens, die noch bis 1874 bestand. C NDB H¨arter, Franz Heinrich, evang. Theologe, * 1. 8. 1797 Straßburg, † 5. 8. 1874 Straßburg. H. studierte 1816-19 in Straßburg Theologie, anschließend in Jena, G¨ottingen und Berlin. 1823 wurde er Pfarrer in Ittenheim bei Straßburg, 1829 an der „Neuen Kirche“ in Straßburg. Als f¨uhrende Pers¨onlichkeit innerhalb der orthodox-pietistischen Bewegung im Elsaß gr¨undete er 1834 die „Evangelische Gesellschaft von Straßburg“, einen Verein f¨ur Innere Mission. Auf seine Initiative geht auch die Gr¨undung eines Straßburger Diakonissenhauses 1842 zur¨uck, das sp¨ater um eine „M¨agdeanstalt“, eine Kinderkrippe und andere soziale Einrichtungen erweitert wurde. C BBKL

H¨artinger, Martin, S¨anger, Mediziner, * 6. 2. 1815 Ingolstadt, † 4. 9. 1896 M¨unchen. H. schloß das Studium der Medizin in M¨unchen 1838 mit Promotion ab (Die menschliche Stimme, 1838). Er praktizierte zun¨achst als Arzt, bildete dann bei Aloys → Bayer seine Stimme aus und begann, von Franz → Lachner empfohlen, 1841 in Mannheim seine B¨uhnenlaufbahn als Tenor. Seit 1843 geh¨orte er als Kammers¨anger dem Ensemble der M¨unchner Hofoper an, bis er sich 1855 von der B¨uhne zur¨uckzog und sich als Gesangslehrer in M¨unchen niederließ. Zu seinem Repertoire geh¨orten u. a. die Rolle des Tamino in → Mozarts Zauberfl¨ote und die des Raoul in → Meyerbeers Les Huguenots. H. ver¨offentlichte u. a. Das Grundgesetz der Stimmbildung f¨ur den Kunstgesang. Versuch einer gemeinfasslichen Darstellung der Vorg¨ange und des Verhaltens des Singenden bei der Tongebung. Ein Leitfaden f¨ur Lehrer und Sch¨uler des Gesangs (1872). C Kutsch

H¨aseler, Ernst, Ingenieur, * 25. 5. 1844 St. Andreasberg / Harz, † 3. 4. 1911 Braunschweig. Nach dem Studium an der TH Hannover wurde H. 1865 Ingenieur-Assistent bei der Hannoverschen Staatsbahn, 1868 Ingenieur bei der Venlo-Hamburger Eisenbahn-Gesellschaft und kam 1870, nach bestandener Baumeisterpr¨ufung, zur Berlin-Hamburger Eisenbahn-Gesellschaft. Als Vorstand von deren Zentralb¨uro in Berlin leitete er die Arbeiten an den Entw¨urfen f¨ur die Eisenbahnlinie Wittenberge-Buchholz. 1873 ging er zur Berlin-Dresdener Eisenbahn, wo er mit dem Entwurf und Bau der Elbbr¨ucke bei Niederwartha betraut wurde. H. folgte 1875 einem Ruf als Prof. nach Braunschweig. Er ver¨offentlichte u. a. Der Br¨uckenbau (1888 ff.).

Haeseler, Gottlieb (Ferdinand Albert Alexis) Graf von, Milit¨ar, * 19. 1. 1836 Potsdam, † 26. 10. 1919 Harnekop bei Wriezen. H., Sohn eines Sohn enes preuß. Majors und Landrats, trat 1853 als Leutnant in die preuß. Armee ein und wurde 1860 Adjutant des Prinzen → Friedrich Karl von Preußen. In dessen Stab nahm er an den Kriegen von 1864 und 1866 sowie am Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 teil. Seit 1879 leitete er die Kriegsgeschichtliche Abteilung des Großen Generalstabs, bis er 1890 als General der Kavallerie das XVI. Armeekorps u¨ bernahm. 1905 schied H. als Generalfeldmarschall aus. Als Mitglied des preuß. Herrenhauses (seit 1903) setzte er sich u. a. f¨ur den Ausbau der Berufsschulen ein. C NDB H¨aser, August Ferdinand, Kantor, Dirigent, Komponist, * 15. 10. 1779 Leipzig, † 18. 11. 1844 Weimar. H., Sohn von Johann Georg → H., studierte 1796 in Leipzig Theologie, ging im folgenden Jahr als Gymnasiallehrer und Kantor an der Hauptkirche nach Lemgo (Westfalen) und wurde dort 1800 zum Musikdirektor und 1815 zum Subkonrektor ernannt. 1806-13 begleitete er seine Schwester Charlotte Henriette → H. auf ihren Konzertreisen durch Italien. Seit 1817 leitete er in Weimar den neugegr¨undeten Opernchor, wurde dort 1829 Musikdirektor der Hauptkirche und rief 1832 den zwei Jahre sp¨ater offiziell gegr¨undeten Singverein ins Leben. H. erteilte den Prinzessinnen und sp¨ater auch der Großherzogin Musikunterricht und lehrte als Gesanglehrer am großherzoglichen Seminar. Zu seinen Kompositionen geh¨oren geistliche und weltliche Vokalwerke, Opern, Orchesterouvert¨uren, Kammermusikwerke und Klavierst¨ucke; außerdem ver¨offentlichte er zwei musikp¨adago¨ gische Schriften (Versuch einer systematischen Ubersicht der Gesangslehre, 1822; Chorgesangschule f¨ur Schul- und Theaterch¨ore und angehenden Singvereine, 2 Tle., 1831). Die Accademia Filarmonica Bologna und die Niederl¨andische Gesellschaft zur Bef¨orderung der Tonkunst ernannten H. zu ihrem Mitglied. C MGG

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H¨aser H¨aser, Charlotte Henriette, S¨angerin, * 24. 1. 1784 Leipzig, † 1. 5. 1871 Amelia bei Rom. H. erhielt ihre musikalische Ausbildung bei ihrem Vater Johann Georg → H. Seit 1800 trat sie als Konzerts¨angerin auf; 1803 folgte ihr B¨uhnendeb¨ut an der Dresdner Hofoper. 1806 f¨uhrte sie eine erfolgreiche Konzertreise an verschiedene deutsche B¨uhnen, u. a. nach Wien und Prag. Begleitet u. a. von ihrem Bruder August Ferdinand → H., trat sie 1812 an den gr¨oßten Opernh¨ausern in Italien auf. H., die von dem Opernkomponisten Louis → Spohr gef¨ordert wurde, geh¨orte zu den ersten Operns¨angerinnen, die auch M¨annerrollen wie beispielsweise die des Tamino in der Zauberfl¨ote → Mozarts interpretierten. Nach ihrer Heirat mit dem italienischen Juristen und Archivar Giuseppe Vera lebte H. in Rom. C Kutsch Haeser, Heinrich, Mediziner, Medizinhistoriker, * 15. 10. 1811 Rom, † 13. 9. 1885 Breslau. H., Sohn eines Musikdirektors und Komponisten, schloß seine medizinischen Studien 1834 in Jena mit der Promotion ab (De influentia epidemica) und ließ sich im folgenden Jahr als Arzt in Auma (Th¨uringen) nieder. 1836 habilitierte er sich an der Univ. Jena f¨ur Medizin und wurde nach mehrj¨ahriger Praxis an der dortigen Poliklinik 1839 a. o., 1846 o. Professor. Neben seiner Lehrt¨atigkeit widmete er sich 1840-49 der Herausgabe des „Archivs f¨ur die gesammte Medicin“, dem er 1840-42 ein „Repertorium f¨ur die gesammte Medicin“ beif¨ugte. 1849 ging H. nach Leipzig, nahm aber noch im selben Jahr einen Ruf als o. Prof. nach Greifswald an und war von 1862 bis zu seinem Lebensende Prof. in Breslau. Er ver¨offentlichte u. a. Repertorium f¨ur die gesamte Medizin (1841), Lehrbuch der Geschichte der Medizin und der Volkskrankheiten (1845, unter dem Titel Lehrbuch der Geschichte der Medizin und der epidemischen Krankheiten, 3 Bde., 31875-82, Nachdr. 1971, niederl¨and. 1859, Nachdr. 1980), Geschichte christlicher Kranken-Pflege und Pflegerschaften (1857, Nachdr. 1966), Historische Entwicklung der Chirurgie und des chirurgischen Standes (1865) und Grundriss der Geschichte der Medizin (1884). C NDB H¨aser, Johann Georg, Musiker, Komponist, Dirigent, * 11. 10. 1729 Gersdorf bei G¨orlitz (Schlesien), † 15. 3. 1809 Leipzig. Der Sohn eines Zimmermanns finanzierte sein Jurastudium 1752-56 in Leipzig durch Musikunterricht. 1763 wurde er von Johann Adam → Hiller als erster Violinist des „Großen Conzerts“, des sp¨ateren Gewandhausorchesters, berufen, in dem er bis 1800, zuletzt als Bratscher, mitwirkte. 1785 wurde H. Musikdirektor an der Universit¨atskirche und u¨ bernahm zus¨atzlich die Direktion des Leipziger Stadt- und Theaterorchesters; 1800 wurde er zum Wirklichen Universit¨ats-Musikdirektor ernannt. H. rief 1786 einen Pensionsfond f¨ur erkrankte und a¨ ltere Orchestermusiker ins Leben. Seine Kompositionen (Lieder, Orchester- und Chorwerke, Opern, Kammermusik) sind nicht erhalten. H. war der Vater von Charlotte Henriette und August Ferdinand → H. C MGG

Haessel, Hermann (Adolf), Pseud. H. Saß, Verleger, * 26. 3. 1819 Leipzig, † 8. 2. 1901 Leipzig. H., Sohn eines Bier- und Essigbrauers, arbeitete seit 1834 als Laufbursche, sp¨ater als Lehrling bei dem Leipziger Buchh¨andler Leopold Voß. Er erwarb Kenntnisse der franz¨osischen, englischen und russischen Sprache und besch¨aftigte sich besonders mit zeitgen¨ossischer Literatur. 1853 kaufte H. ein Kommissionsgesch¨aft in Leipzig, das der Buchh¨andler Georg Wigand 1833 gegr¨undet hatte. Er dehnte den Kommissionsbuchhandel aus und erweiterte das Unternehmen um einen eigenen Verlag, in dem juristische, naturund sprachwissenschaftliche Fachliteratur sowie Belletristik

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erschienen. Besonderen Anteil hatte H. an dem Erfolg Conrad Ferdinand → Meyers, den er erstmals verlegte, nachdem seine Manuskripte von anderen Verlagen abgelehnt worden waren. H. selbst schrieb einige Lustspiele sowie das Romanfragment Der Eisgang, das unter Pseudonym erschien. C NDB

H¨assig, Alfred, Immunologe, * 8. 4. 1921 Wallisellen (Kt. Z¨urich), † 14. 11. 1999 Bern. H., Sohn eines Handelsvertreters, schloß das Medizinstu¨ dium 1947 mit der Promotion (Uber Lebercirrhose bei Leuk¨amie) in Z¨urich ab und war anschließend als Assistent in Aarau und Z¨urich t¨atig. Seit 1949 war er Leiter der serologischen Abteilung beim Blutspendedienst des Schweizerischen Roten Kreuzes in Bern und 1955-86 Direktor des Zentrallaboratoriums, das er zu einem international bedeutenden Großbetrieb ausbaute. 1961 habilitierte er sich mit der Arbeit Die Antigenstruktur der Paraproteine f¨ur Immunpathologie, Transfusionswesen und forensische Serologie und wurde 1966 zum a. o. Prof. ernannt. Wegen der Zulassung nicht auf HIV getesteter Blutpr¨aparate in den Jahren 1985 / 86 kam es 1999 zu einem Gerichtsprozeß. H. gab Das Antik¨orpermangelsyndrom (mit Hans Cottier, Silvio Barandun und Guido Riva, 1959) und Modified gelatins as plasma substitutes (mit Hans Nitschmann und Per Lundsgaard-Hansen, 1969) heraus. C HLS H¨aßler, (Fritz Otto) Erich, P¨adiater, * 22. 4. 1899 Leipzig, † 2. 12. 2005 Jena. H., Sohn eines Kolonialwarenh¨andlers, war nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1919 / 20 Mitglied des Leipziger Freikorps, studierte Medizin in Greifswald und Leipzig, wurde 1924 in Leipzig promoviert (Ist die Haut ein Antik¨orper bildendes Organ? Vergleichende intracutane und intramuscul¨are Impfung des Menschen mit einem Ruhrvaccin) und arbeitete seit 1925 als Hilfsassistent an der Kinderheilst¨atte in Dresden. Seit 1927 wirkte er an der Infektionsanstalt in Leipzig und wurde 1932 Oberarzt an der Poliklinik, sp¨ater Oberarzt an der Kinderklinik. Nach der Habilitation 1936 (Die giftarmen Ruhrbazillen) wurde H., inzwischen Mitglied der NSDAP, Dozent f¨ur Kinderheilkunde, 1940 a. o. Prof. und zudem Sachbearbeiter im Rassenpolitischen Amt. 1939 geh¨orte er zu den Autoren des von Werner → Catel herausgegebenen Lehrbuchs Die Pflege des gesunden und kranken Kindes. 1945 entlassen, leitete H. das von ihm seit 1943 in Hochweitzschen aufgebaute Kinderhospital, wechselte 1949 an die Kinderklinik in Chemnitz und war 1953-65 Ordinarius f¨ur Kinderheilkunde an der Univ. Jena sowie Direktor der Universit¨atskinderklinik. H. besch¨aftigte sich vor allem mit Infektionskrankheiten, Krankheiten des Skelettsystems und Fragen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes; 1949 / 50 f¨uhrte er die erste systematische Behandlung von Scharlach mit Penizillin durch. H¨aßler, Johann Wilhelm, auch H¨assler, H¨asler, Komponist, Musiker, * 29. 3. 1747 Erfurt, † 29. 3. 1822 Moskau. H., Sohn eines Barett- und Strumpffabrikanten, erhielt seine musikalische Ausbildung bei seinem Onkel, dem Bachsch¨uler Johann Christian → Kittel. Auf Wunsch seines Vaters arbeitete er als Lehrling in dessen Strumpfund M¨utzenfabrik; seit seinem 14. Lebensjahr war er auch als Organist der Erfurter Barf¨ußerkirche t¨atig. Auf seinen Handels-, Konzert- und Bildungsreisen begegnete H. u. a. Carl Philipp Emanuel → Bach in Hamburg, Johann Adam → Hiller in Leipzig und Georg Anton → Benda in Gotha. In¨ zwischen als Pianist bekannt, er¨offnete er 1780 das „Offentliche Winterkonzert“, das zur st¨andigen Einrichtung in Erfurt wurde. 1784 rief er eine musikalische Leihbibliothek ins Leben. Nach einer erfolgreichen Konzertreise nach Berlin und Potsdam ging H. 1790 nach London, wo er u. a. unter

H¨ausermann → Haydns Leitung Klavierkonzerte auff¨uhrte. Nach einem zweij¨ahrigen Aufenthalt in St. Petersburg als Hofpianist des Großf¨ursten Paul Petrowitsch lebte er als Pianist und Klavierlehrer in Moskau. H. komponierte vor allem Klaviermusik (u. a. 360 Pr´eludes pour le Pianoforte, 1817). Er war der Vater der Sopranistin Henriette → Eberwein. C MGG

H¨attenschwiller, Alphons (Oskar), schweizer. Jurist, Publizist, * 1. 8. 1875 Goldach bei St. Gallen, † 1. 6. 1944 Luzern. H. studierte an den Universit¨aten Freiburg (Schweiz), M¨unchen, Berlin und Basel Rechtswissenschaften und National¨okonomie, wurde 1899 zum Dr. jur. und Dr. rer. pol. promoviert und unternahm Studienreisen durch Europa. In die Schweiz zur¨uckgekehrt, arbeitete er zun¨achst bei Ernst → Feigenwinter in Basel und ließ sich anschließend als Rechtsanwalt in Rapperswil nieder. 1906 wurde H. zum ersten Generalsekret¨ar der Zentralstelle des Schweizer Katholischen Volksvereins gew¨ahlt, dessen Direktion er bis 1940 innehatte und dessen Jahrbuch er bis 1925 redigierte. 1901-18 war er Vertreter der Katholiken im Arbeiterbund, 1919-37 Vorstandsmitglied des Christlichsozialen Arbeiterbundes der Schweiz. 1912 geh¨orte er zu den Gr¨undern der Schweizerischen Konservativen Volkspartei, deren Vorstand er bis 1944 angeh¨orte. 1914-22 war er Redakteur des „Schweizer Katholiken“. H. ver¨offentlichte zahlreiche Schriften zu kirchlichen und gesellschaftspolitischen Fragen, u. a. Die Erziehung zum Staatsb¨urger (1916). H¨attich, Manfred, Politikwissenschaftler, * 12. 10. 1925 Owingen, † 31. 3. 2003 Tutzing. Nach Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und R¨uckkehr aus der Gefangenschaft studierte H. zun¨achst Theologie, sp¨ater Volkswirtschaft und Politikwissenschaft in Freiburg / Breisgau. Noch w¨ahrend des Studiums wurde er Mitglied der Kommission f¨ur politische Bildung der Westdeutschen Rektorenkonferenz und war seit 1953 Referent der politischen Bildung bei der Deutschen UNESCO-Kommission. 1957 mit der Dissertation Wirtschaftsordnung und katholische Soziallehre zum Dr. rer. pol. promoviert, u¨ bernahm er eine Professur an der Univ. Mainz, war nominell Prof. an der Univ. M¨unchen und leitete 1970-93 die Akademie f¨ur Politische Bildung in Tutzing. Er ver¨offentlichte u. a. Nationalbewußtsein und Staatsbewußtsein in der pluralistischen Gesellschaft (1-21966) Weltfrieden durch Friedfertigkeit? (1-61983) und Deutschland – eine zu sp¨ate Nation (1990). H¨atzer, Ludwig, Theologe, T¨aufer, Bibel¨ubersetzer, Liederdichter, * um 1500 Bischofszell (Kt. Thurgau), † 4. 2. 1529 Konstanz. Nach Studien in Basel und Freiburg / Breisgau wurde H. in Konstanz zum Priester geweiht. Anschließend war er Kaplan in W¨adenswil am Z¨urichsee und verfaßte 1523 als Anh¨anger → Zwinglis eine Flugschrift gegen die Bilder in den Kirchen. An der Zweiten Disputation in Z¨urich im Oktober 1523 nahm H. als Protokollant teil. Nach einem vor¨ubergehenden Aufenthalt 1524 als Wortf¨uhrer der T¨aufer in Augsburg kehrte er zun¨achst nach Z¨urich zur¨uck. Von dort und auch aus Augsburg ausgewiesen, ging H. 1526 nach Straßburg, wo er sich mit Hans → Denck befreundete. Mit diesem erarbeitete er in Straßburg und nach der Ausweisung von dort ¨ in Worms die erste evang. Ubersetzung der alttestamentlichen Propheten aus dem Urtext, die im April 1527 bei Peter → Sch¨offer erschien. H., dessen Verh¨altnis zum T¨aufertum wechselhaft war – er lehnte die Kindertaufe zun¨achst ab, forderte aber nicht die Wiedertaufe –, wandelte sich unter Dencks Einfluß vom Biblizisten zum Spiritualisten. In seinem ungedruckten B¨uchlein von Christo widersprach er der kirchlichen Trinit¨atslehre. H. trat auch als Kirchenliederdich-

ter hervor. Unter der Beschuldigung der Bigamie wurde er in Konstanz zum Tod verurteilt und hingerichtet. C BBKL

H¨atzlerin, Clara, auch H¨atzler, Abschreiberin von Handschriften, * um 1430, † nach 1476. H., Tochter eines Notars, lebte als gewerbsm¨aßige Handschriftenabschreiberin in Augsburg. 1452-76 ist sie im Steuerregister der Stadt nachweisbar. Das Liederbuch, das sie 1471 vollendete, enth¨alt gr¨oßtenteils weltliche Liebes- und Situationsdichtung und beginnt mit 27 Tageliedern. Die u¨ berlieferungsgeschichtlich bedeutsame Sammlung enth¨alt Werke u. a. von → Heinrich dem Teichner, Peter → Suchenwirt, → Suchensinn, → Oswald von Wolkenstein, J¨org → Schiller und → Hermann von Sachsenheim. C VL H¨aupl, Karl, o¨ sterr. Zahnmediziner, * 12. 4. 1893 Seewalchen / Attersee (Ober¨osterreich), † 29. 6. 1960 Basel. H. schloß sein Studium an der Univ. Innsbruck mit 1919 mit der Promotion zum Dr. med. dent. ab und setzte seine Studien an der Zahn¨arztlichen Hochschule in Oslo fort, an der er 1923 Assistent und 1925 Dozent wurde. 1927 habilitiert, wurde er 1931 Prof. der allgemeinen und speziellen Pathologie an der Zahn¨arztlichen Hochschule in Oslo. 1934 folgte er einem Ruf als Prof. der Zahn- und Kieferheilkunde an die Deutsche Univ. in Prag, wo er auch Vorstand der Zahn- und Kieferklinik war. Seit 1945 lehrte H. an der Univ. Innsbruck, bis er 1951 als Prof. der Medizin und Direktor der Westdeutschen Kieferklinik der Medizinischen Akademie nach D¨usseldorf wechselte. Seit 1955 war H. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er ver¨offentlichte u. a. Gewebsumbau und Zahnverdr¨angung in der Funktionskieferorthop¨adie (1938), Lehrbuch der Zahnheilkunde (1949, 21953), Die Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (mit Wilhelm Meyer und Karl Schuchardt, 6 Bde., 1955-60) und Kieferorthop¨adie (1959). 1940 gab er einen Grundriß der Histopathologie des Zahnes und seines St¨utzapparates heraus. C Biogr Lex Ober¨ost Haeuser, Adolf, Unternehmer, Politiker, * 26. 11. 1857 Weilburg / Lahn, † 13. 3. 1938 Frankfurt / Main. Der Sohn des Offiziers Carl H. studierte Jura und Chemie in Marburg, Freiburg, Berlin und Bonn. Nach einer T¨atigkeit als Assessor bei der Staatsanwaltschaft Wiesbaden arbeitete er seit 1888 bei den Farbwerken Hoechst, seit 1889 als Justitiar, 1905-26 als Vorstandsmitglied (Leiter der Rechtsabteilung und des Patentwesens) und seit 1916 als Vorsitzender des Direktoriums. H. war Mitglied des Aufsichtsrats der BASF und hatte entscheidenden Anteil an der Bildung der I. G. Farbenindustrie AG 1925, deren Aufsichtsrat er 1926-32 angeh¨orte. 1913-18 stand er dem Verein zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie Deutschlands vor. Seit 1913 war er Mitglied der Handelskammer Wiesbaden und 1921-24 deren Pr¨asident. 1915-18 geh¨orte H. als nationalliberales Mitglied dem Preußischen Abgeordnetenhaus an. Er war Vorstandsmitglied der Kaiser-WilhelmGesellschaft und des Deutschen Museums M¨unchen. Die theologische, juristische, philosophische und medizinische Fakult¨at der Univ. Marburg sowie die TH M¨unchen verliehen ihm Ehrendoktorate, der preuß. Staat den Geheimratstitel. C Frankf Biogr

H¨ausermann, Hans, schweizer. Dirigent, Komponist, * 5. 2. 1868 Seengen, † 28. 2. 1922 Z¨urich. H. studierte am Konservatorium in Z¨urich u. a. Gesang, Klavier und Geige. 1887 erhielt er die Stelle des Organisten der christkatholischen (altkatholischen) Augustinerkirche in Z¨urich und u¨ bernahm die Leitung des Kirchenchors „Melodia“. Am Konservatorium unterrichtete H. Chor- und Sologesang. Nach Studien bei Julius → Stockhausen in Frank-

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H¨ausle furt / Main 1892 / 93 rief er 1897 den „H¨ausermannschen Privatchor“ ins Leben. H. komponierte mehrere M¨annerch¨ore und ein Requiem. C Biogr Lex Aargau

H¨ausle, Hugo, o¨ sterr. Bibliothekar, * 14. 4. 1885 Rankweil (Vorarlberg), † 14. 11. 1945 Wien. Der Sohn eines Kaufmanns studierte in Innsbruck, Prag und Freiburg (Schweiz) Germanistik und Romanistik. 1911 gab er eine kritische Ausgabe der Werke Joseph von → Eichendorffs in zehn B¨anden heraus. An der Deutschen Univ. in Prag promoviert, war H. 1912-14 Lektor f¨ur deutsche Sprache an der Univ. Czernowitz und Volont¨ar an der dortigen Universit¨atsbibliothek. Seit 1925 Bibliothekar an der Nationalbibliothek in Wien, u¨ bernahm H. 1935 die Leitung der Druckschriftensammlung und wurde 1937 zum Oberstaatsbibliothekar ernannt. Zuletzt war H. Vizedirektor der Nationalbibliothek.

H¨ausler, Carl (Samuel), Fabrikant, * 6. 11. 1787 Nikolstadt bei Liegnitz, † vor 1855. H. ließ sich als Gemischtwarenh¨andler in Hirschberg im Riesengebirge nieder. Im der folgenden Zeit bet¨atigte er sich als Weinh¨andler, Tuchfabrikant, Kalkulator, Hauslehrer, Schriftsteller und Erfinder eines Holz-Zement-Dachs. H. geh¨orte zu den ersten Fabrikanten, die Fruchts¨afte f¨ur den Verkauf herstellten. Seit 1822 spezialisierte er sich auf die Produktion von Schaumwein, den er zun¨achst aus Obstwein gewann. 1824 kaufte er die Weinernte in Gr¨unberg f¨ur die Herstellung von Schaumwein auf; 1826 gr¨undete er dort zusammen mit dem Textilkaufmann F. F¨orster und dem Weinh¨andler August Grempler die Firma „H¨ausler, F¨orster & Grempler“. 1834 schied er aus dem Unternehmen aus und betrieb anschließend wahrscheinlich eine eigene Firma in Hirschberg. C NDB

H¨ausser, Karl, eigentl. Karl Heussenstamm, Bildhauer, Schauspieler, * 16. 4. 1842 Frankfurt / Main, † 5. 10. 1907 Pullach bei M¨unchen. Der Sohn eines Tischlers besuchte das St¨adelsche Kunstinstitut in Frankfurt / Main und war anschließend als Bildhauer in Hamburg, Wiesbaden und Mannheim t¨atig. Nach ersten Auftritten als Schauspieler in Mannheim spielte H. seit 1861 in Frankfurt / Main. 1864 schloß er sich als „Erster Held“ einer Wandertruppe an und spielte in Stade, Harburg, L¨uneburg, Winsen, Uelzen und Helmstedt. 1866 wurde er vom Mainzer Stadttheater engagiert und kam im folgenden Jahr an das Hoftheater nach M¨unchen, dem er bis zu seinem Lebensende – zuletzt als Ehrenmitglied – angeh¨orte. H. interpretierte zahlreiche Hauptrollen; als Falstaff regte er Gem¨alde von Eduard von → Gr¨utzner an.

H¨ausser, Ludwig, Historiker, Staatsmann, * 26. 10. 1818 Kleeburg (Elsaß), † 17. 3. 1867 Heidelberg. H., Sohn eines Pfarrers, ging nach dem fr¨uhen Tod seines Vaters mit seiner Mutter nach Mannheim, studierte 1835-38 in Heidelberg zun¨achst Philologie und anschließend Geschichte. 1839 promoviert, wurde er nach kurzer T¨atigkeit als Gymnasiallehrer in Wertheim 1840 Privatdozent, 1845 a. o. und 1849 o. Prof. der Geschichte an der Univ. Heidelberg. H. beteiligte sich 1847 an der Gr¨undung der liberalen „Deutschen Zeitung“, die er 1848 zusammen mit Georg Gottfried → Gervinus herausgab. 1848 geh¨orte er dem Vorparlament und bis 1850 der Zweiten Badischen Kammer an; 1850 war er Mitglied des Unionsparlaments in Erfurt. 1850 zog sich H. aus der Politik zur¨uck, geh¨orte aber 1859 wieder zu den f¨uhrenden Verfechtern einer preußischkleindeutschen L¨osung. Er war Mitgr¨under der „S¨uddeutschen Zeitung“. 1862 wurde er Mitglied des Deutschen Abgeordnetentags. 1860-65 war H. erneut Mitglied der Zweiten Badischen Kammer, 1863-65 zweiter Kammervizepr¨asident und 1865 Mitglied des Landst¨andischen Ausschusses.

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1840-59 arbeitete er an der Augsburger „Allgemeinen Zeitung“ mit. H. ver¨offentlichte u. a. Geschichte der rheinischen Pfalz nach ihren politischen, kirchlichen und literarischen Verh¨altnissen (2 Bde., 1845) und Deutsche Geschiche vom Tode Friedrichs des Großen bis zur Gr¨undung des Deutschen Bundes (4 Bde., 1854-57). C Leb Pfalz, Bd 2

Haeusserman, Ernst (Heinz), eigentl. H¨aussermann, Regisseur, Intendant, * 3. 6. 1916 Leipzig, † 11. 6. 1984 Wien. H., Sohn des Schauspielers Reinhold → H¨aussermann, studierte 1933 / 34 an der Staatsakademie f¨ur Musik und darstellende Kunst in Wien und war 1935-39 an Wiener Burgtheater engagiert. Nach der Emigration in die USA 1939, deren Staatsb¨urger er 1943 wurde, war er bis 1943 Assistent von Max → Reinhardt in Hollywood. Nach dem Zweiten Welt¨ krieg kehrte H. als Kulturoffizier nach Osterreich zur¨uck, war bis 1949 Programmdirektor des Senders Rot-Weiß-Rot in Salzburg und bildete 1953-59 mit Franz → Stoß die Direktion des Wiener Theaters in der Josefstadt. Er gr¨undete die „Cosmopol-Film“ und war als Filmproduzent t¨atig. Als Direktor des Burgtheaters 1959-68 pflegte er vor allem das klassische Theater und insbesondere Johann → Nestroy, Franz → Grillparzer, Arthur → Schnitzler und Hugo von → Hofmannsthal. Seit 1970 wieder am Theater in der Josefstadt t¨atig, wurde er 1977 dessen alleiniger Leiter. 1973 inszenierte er bei den Salzburger Festspielen den Jedermann. 1954-61 lehrte H. an der Akademie f¨ur Musik und darstellende Kunst. Er ver¨offentlichte u. a. Die Burg, der Rundhoriziont eines Welttheaters (1964), Herbert von Karajan (1968), Von Sophokles bis Grass (1969) und Das Wiener Burgtheater (1975). C Exiltheater Haeussermann, Carl (Friedrich), Chemiker, * 24. 7. 1853 Stuttgart, † 9. 7. 1918 bei Ulm. H., Sohn eines Metzgers, durchlief eine Apothekerlehre, ehe er 1869 am Stuttgarter Polytechnikum mit dem Studium der Chemie begann. 1871 studierte er in M¨unchen und seit 1872 wieder in Stuttgart; anschließend war er in verschiedenen Farbenfabriken praktisch t¨atig. 1876 in Heidelberg promoviert und im folgenden Jahr in Stuttgart habilitiert, arbeitete H. insbesondere u¨ ber Teerfarbenfabrikation. 1883 trat er in die Chemische Fabrik Griesheim Elektron ein, wurde Vorstandsmitglied und u¨ bernahm die Leitung der ChemischTechnischen Abteilung. Seit H. als beratender Chemiker von den Kgl. Pulverfabriken in Hanau herangezogen wurde, besch¨aftigte er sich in erster Linie mit den Eigenschaften und der Herstellung von Nitrosprengstoffen (Die Nitrozellulosen, 1914). Seine Empfehlung, 2.4.6-Trinitrotoluol (TNT) zur F¨ullung von Granaten zu verwenden, wurde seit 1901 / 02 befolgt. H. hatte 1891-1906 den Lehrstuhl f¨ur chemische Technologie an der TH Stuttgart inne. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Industrielle Feuerungsanlagen (2 Tle., 1894-97), Sprengstoffe und Z¨undwaren (1894) und Alfred Nobel und die Erfindung der Nitroglycerinpulver (1904). C NDB

H¨aussermann, Reinhold, Schauspieler, * 10. 2. 1884 Stuttgart, † 4. 4. 1947 Wien. H. erhielt Schauspielunterricht und deb¨utierte 1903 in Stuttgart. Besonders in komischen Rollen erfolgreich, spielte er seit 1903 in M¨ulhausen (Elsaß), seit 1906 in Krefeld und seit 1909 in Erfurt. 1910 wechselte er an das Residenztheater in Hannover und 1912 an das Lustspielhaus in Berlin. Von dort holte ihn 1914 Hugo → Thimig an das Wiener Burgtheater. H., der 1946 zum Kammerschauspieler ernannt wurde, war u. a. als Wirt in → Lessings Minna von Barnhelm und als Kapuziner in → Schillers Wallenstein zu sehen. C Kosch: Theater

Haffenrichter H¨aussler, (Georg Jakob) Ernst, auch H¨ausler, Haeußler, Musiker, S¨anger, Komponist, Musikdirektor, * 8. 1. 1761 B¨oblingen, † 20. 2. 1837 Augsburg. H., Sohn eines Korporals, wurde als Neunj¨ahriger in die Herzogliche Milit¨arakademie auf Schloß Solitude aufgenommen, an der er bis 1771 zum Hofmusikus ausgebildet wurde. 1778 ist er im Hofadreßbuch als „Basso“, 1778-87 als Violoncellist verzeichnet. H. hielt sich als Violoncellovirtuose und Komponist u. a an den H¨ofen in Wien und Berlin auf, war Hofmusiker am F¨urstlich F¨urstenbergischen Hof zu Donaueschingen und ging 1791 nach Z¨urich, wo er sich als Koloraturs¨anger und Gesangslehrer einen Namen machte. 1797 kehrte er nach Stuttgart zur¨uck. Seit 1800 war H. Lehrer am St.-Anna-Gymnasium in Augsburg und Musikdirektor an den protestantischen Kirchen der Stadt. 1806 wurde er zum Kgl. bayerischen Musikdirektor ernannt. H. vertonte zahlreiche Gedichte von Zeitgenossen, die er als Klavierlieder vero¨ ffentlichte, darunter Kennst du das Land, wo die Cytronen bl¨uhn aus Wilhelm Meisters Lehrjahre von → Goethe. Neben Kammermusiksammlungen geh¨oren zu H.s Werk auch italienische Canzonetten, Rezitative und Arien, Duette mit Orchesterbegleitung und eine franz¨osische Romance. C MGG Haeutle, Christian, Archivar, Historiker, * 26. 5. 1826 Affing, † 21. 8. 1893 M¨unchen. Nach Abschluß des Jurastudiums in M¨unchen 1849 arbeitete H. als Rechtspraktikant, bis er 1850 in den bayerischen Archivdienst eintrat. 1857 an der Univ. Erlangen zum Dr. jur. utr. promoviert, wurde er 1857 Zweiter, 1860 Erster Sekret¨ar am Allgemeinen Reichsarchiv in M¨unchen. Seit 1872 in Bamberg t¨atig, kehrte er als Reichsarchivrat 1877 zum Allgemeinen Reichsarchiv nach M¨unchen zur¨uck. H. ver¨offentlichte zahlreiche historische, rechtsgeschichtliche und genealogische Forschungsbeitr¨age, u. a. Genealogie des erlauchten Stammhauses Wittelsbach (1870).

H¨avernick, Heinrich Andreas Christoph, evang. Theologe, * 29. 12. 1810 Kr¨opelin bei Rostock, † 19. 7. 1845 Neustrelitz. Der Sohn eines Predigers und Propstes studierte 1827-30 evang. Theologie und semitische Sprachen in Leipzig, Halle / Saale und Berlin, wo er 1831 zum Lic. theol. und Dr. phil. promoviert wurde. Auf Empfehlung Ernst Wilhelm → Hengstenbergs und August → Tholucks, die ihn maßgeblich beeinflußten, erhielt H. 1832 einen Ruf an die ´ Ecole de th´eologie nach Genf. Nach der Habilitation 1834 in Rostock (De kabbalistica quae Apocalypsi inesse dicitur forma et indole) wurde er 1841 Prof. f¨ur Altes Testament in K¨onigsberg. In seinen Schriften verteidigte H. die Einheit, Authentie und das heilsgeschichtliche Verst¨andnis des alttestamentlichen Kanons. Er ver¨offentlichte u. a. ein Handbuch der historisch-kritischen Einleitung in das Alte Testament (3 Bde., 1836-49, 21854-56) und gab mit Wilhelm Steiger 1833 / 34 die M´elanges de th´eologie reform´ee heraus. C RGG

Hafenreffer, Matthias, luth. Theologe, * 24. 6. 1561 Lorch (W¨urttemberg), † 22. 10. 1619 T¨ubingen. H., Sohn eines Schultheißen und Baders, studierte seit 1579 in T¨ubingen Philosophie und Theologie und wurde 1581 zum Magister promoviert. Seit 1586 Diakon in Herrenberg, wurde er 1588 Pfarrer in Ehningen, 1590 Hofprediger und Konsistorialrat in Stuttgart. Nach der Promotion zum Dr. theol. erhielt er 1592 eine Professur f¨ur Altes Testament, Dogmatik, Patristik und Mathematik an der Univ. T¨ubingen. Ferner war er Superattendent des Theologischen Stifts und Propst an der Stiftskirche. H., der eine Tochter des schw¨abischen Reformators Johannes → Brenz heiratete, trat als Wortf¨uhrer der nachkonkordistischen luth. Orthodoxie hervor. Sein Werk

Loci theologici seu compendium theologiae plane admodum (1600), im Auftrag des Herzogs Friedrich von W¨urttemberg verfaßt, fand als dogmatisches Lehrbuch Anerkennung und C NDB Verbreitung.

Haferkamp, Wilhelm, Gewerkschafter, Politiker, * 1. 7. 1923 Duisburg, † 17. 1. 1995 Br¨ussel. H. wurde nach dem Abitur 1942 zum Wehrdienst eingezogen, geriet in sowjetische Kriegsgefangenschaft und studierte 1946-49 Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in K¨oln. W¨ahrend seiner Studienzeit trat er dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und der SPD bei. Seit 1950 leitete er die Abteilung Sozialpolitik im DGB-Landesbezirk Nordrhein-Westfalen und wurde 1957 Landesvorsitzender, 1962 im Vorstand des DGB Leiter der wirtschaftspolitischen Hauptabteilung. 1958 wurde er Mitglied des nordrheinwestf¨alischen Landtags. 1967-85 war H. EG-Kommissar in Br¨ussel, bis 1973 zust¨andig f¨ur Energie, bis 1976 f¨ur Wirtschaft, bis 1985 f¨ur die Außenbeziehungen. 1985 u¨ bernahm er die Interessenvertretung der Hansestadt Hamburg bei der EG, sp¨ater auch die der L¨ander Schleswig-Holstein und NieC Munzinger dersachsen. Haferkorn, Hermann Reinhard, Anglist, * 26. 12. 1899 Waldheim (Kr. D¨obeln, Sachsen), † 24. 5. 1983 Speyer. H., Sohn eines Betriebsleiters, studierte seit 1919 Anglistik, Germanistik und Romanistik in Leipzig (Dissertation 1924 ver¨offentlicht unter dem Titel Gotik und Ruine in der englischen Dichtung des 19. Jahrhunderts) und war danach als Lehrer in Leipzig und D¨obeln, als Lektor in Aberystwyth (Wales) und Assistent an der Univ. Leipzig t¨atig. 1930 mit When Rome is removed into England. Eine politische Prophezeiung des 14. Jahrhunderts (1931) habilitiert, war er seit 1932 apl., seit 1940 a. o. Prof. an der TH Danzig. Seit 1933 Mitglied der NSDAP, seit 1934 der SA, wurde er 1941 o. Prof. f¨ur Englische Philologie an der Univ. Greifs¨ wald. 1946 / 47 war H. Dolmetscher und Ubersetzer in Ol¨ denburg, 1947-50 Ubersetzer und Dolmetscherlehrer sowie seit 1951 als Handelslehrer in Hamburg und trat 1952 als Lehrer f¨ur englische Sprache in den Ausw¨artigen Dienst ein. 1955 wurde H. als Prof. f¨ur englische Wirtschaftssprache an die Wirtschaftshochschule nach Mannheim berufen; 1959 / 60 war er deren Rektor. 1961 ernannte ihn die Univ. Heidelberg zum Honorarprofessor. C BHdAD Haff, Karl (Alois), Jurist, Rechtshistoriker, * 9. 4. 1879 Pfronten / Allg¨au, † 6. 3. 1955 Hamburg. H. studierte Rechtswissenschaften und Rechtsgeschichte in M¨unchen, Berlin und in W¨urzburg, wo er 1902 zum Dr. jur. promoviert wurde (Geschichte einer ostalemannischen Gemeinlandsverfassung unter Ber¨ucksichtigung bajuwarischer Weist¨umer Tirols, Oberbayerns und Salzburgs). Er war 1905-07 bei der Regierung und der Reichskammer in M¨unchen t¨atig, habilitierte sich und lehrte seit 1908 an der Univ. W¨urzburg. 1910 folgte H. einem Ruf als Prof. an die Univ. Lausanne und ging nach einem vor¨ubergehenden Aufenthalt in Rostock als Prof. der Rechtsgeschichte, des Privatund des b¨urgerlichen Rechts nach Hamburg. H. konzentrierte sich in seiner Forschungs- und Lehrt¨atigkeit auf die Geschichte des Agrarrechts, besonders im nordeurop¨aischen Raum, und ver¨offentlichte u. a. Die d¨anischen GemeindeC NDB rechte (1909). Haffenrichter, Hans, Maler, Bildhauer, * 31. 8. 1897 W¨urzburg, † 22. 2. 1981 Prien / Chiemsee. H. studierte 1919 / 20 an der Kunstschule in N¨urnberg und 1921-24 am Bauhaus in Dessau, wo er Sch¨uler von Lothar → Schreyer, Paul → Klee und Lyonel → Feininger war. 1927-31 mit der Leitung der Kunstschule „Der Weg“ in

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Hafferl Berlin betraut, unterrichtete er 1931-33 an der P¨adagogischen Akademie in Elbing, arbeitete 1933-45 als freischaffender K¨unstler in Berlin und leitete 1941-52 die Abteilung Malerei an der Werkkunstschule in Wiesbaden. Anschließend war H. wieder als freischaffender K¨unstler t¨atig. Er schuf abstrakte Werke, u. a. Wandmalereien und -mosaiken im Mineralogischen Institut und Museum der Univ. Bonn und in der Bibliothek der BASF in Ludwigshafen, Glasmalereien (im Verwaltungsgeb¨aude der Elektrizit¨atswerke in Hamburg), Graphiken (zu → Angelus Silesius’ Cherubinischem Wandersmann) und plastische Arbeiten.

Johann → Strauß Sohn. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨ort auch Oesterreichisches Volks-Theater (3 Bde., 1845 / 46). C DSL

Haffner, Felix, Pharmakologe, Mediziner, * 18. 10. 1886

† 5. 5. 1959 Graz. H. schloß seine medizinischen Studien 1912 in Wien mit der Promotion ab. 1911-33 war er Assistent am Ersten Anatomischen Institut in Wien. 1921 habilitierte er sich f¨ur Anatomie an der Univ. Wien, wurde 1926 zum a. o. Prof. ernannt und ging 1933 als o. Prof. an die Univ. Graz. H. ver¨offentlichte Arbeiten u¨ ber vergleichende, systematische und topographische Anatomie. Sein Lehrbuch der topographischen Anato¨ mie erschien 1953, 31969. 2, 3 C Arzte

Marbach / Neckar, † 18. 3. 1953 T¨ubingen. H., Sohn eines Stadtschultheißen, studierte in T¨ubingen, Kiel, Berlin und M¨unchen Medizin, war seit 1912 Assistent am M¨unchner Pharmakologischen Institut unter Her¨ mann von → Tappeiner und wurde 1913 promoviert (Uber die Wirkung des Calciums auf die Atmung). 1922 habili¨ tierte er sich f¨ur Pharmakologie (Uber den Mechanismus von H¨amolyse und Agglutination durch Ionen), widmete sich in Freiburg / Breisgau der Forschung, folgte 1925 einem Ruf als o. Prof. nach K¨onigsberg und wechselte 1927 als Prof. der Pharmakologie nach T¨ubingen. H.s Arbeiten betreffen die allgemeine Pharmakologie und die Vitaminforschung. Ferner besch¨aftigte er sich mit der Standardisierung von Medikamenten. H. ver¨offentlichte u. a. Belebung der Rezeptur unter Ber¨ucksichtigung des Vorschlages der Einf¨uhrung von Normdosen (1937) und Normdosen der gebr¨auchlichen Arzneimittel (1937, 81991). C NDB

Haffner, Alex(ander), Industrieller, Publizist, * 2. 8. 1883

Haffner, Franz, schweizer. Chronist, * 18. 11. 1609 Solo-

Hafferl, Anton, o¨ sterr. Anatom, * 26. 3. 1886 Wien,

M¨unsingen (W¨urttemberg), † 2. 7. 1969 Stuttgart. Der aus einer Beamtenfamilie stammende H. studierte in T¨ubingen und Berlin und wurde 1908 zum Dr. rer. pol. (Das Notenbankwesen in der Schweiz, in England und Deutschland), 1910 zum Dr. jur. promoviert. Zun¨achst Zweiter Syndikus der Handelskammer in Magdeburg, trat er 1914 als Direktionsassistent in die Schuhfirma Salamander in Kornwestheim bei Stuttgart ein. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde er Direktor und 1924 Generaldirektor des Unternehmens. Seit 1948 war er Mitglied des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebiets in Frankfurt / Main und Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses in diesem Gremium. 1949 war H. an der Gr¨undung der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ beteiligt, deren Verwaltungsrat er dann angeh¨orte. Er ver¨offentlichte u. a. Aufzeichnungen (1966). C Hachmeister

Haffner, August (Otto Wilhelm), Orientalist, Semitist, * 16. 5. 1869 Witten (Westfalen), † 1. 6. 1941 Hall (Tirol). H. studierte zun¨achst Theologie und seit 1888 orientalische Philologie, zuerst in Innsbruck, seit 1889 an der Univ. Wien. 1892 wurde er promoviert und habilitierte sich 1896 f¨ur semitische Sprachen. Im folgenden Jahr trat H. eine Studien¨ reise an, die ihn nach Agypten, Pal¨astina und Syrien f¨uhrte. 1899 nach Wien zur¨uckgekehrt, wurde er 1906 a. o., 1917 o. Prof. an der Univ. Innsbruck, 1931 deren Rektor. Neben theologisch-literarischen Fragestellungen widmete sich H. in erster Linie der arabischen Lexikographie und ver¨offentlichte u. a. Texte zur arabischen Lexikographie (1905). ¨ C OBL

Haffner, (Friedrich) Carl (Wilhelm), eigentl. Schlechter, Pseud. E. Freudenberg, Schriftsteller, * 8. 11. 1804 K¨onigsberg, † 29. 2. 1876 Wien. H., Sohn der Elisabeth Schlechter und des Galanteriewarenh¨andlers Karl Friedrich H., schloß sich 1820 einer wandernden Schauspielertruppe an. Nach Gastspielreisen durch ¨ Preußen, Sachsen, Schlesien, Osterreich und Ungarn, war er seit etwa 1822 Schauspieler in Raab; Gastspiele f¨uhrten ihn in die gr¨oßeren St¨adte Ungarns und Siebenb¨urgens. Um 1833 wurde er Dramaturg und „kgl. Theaterdichter“ in Pest, wo er u. a. das Trauerspiel Bathorys Tod verfaßte. 1835-47 war er Theaterdichter am Theater an der Wien, danach am Theater in der Josefstadt und gab die Zeitschrift „Das Vehmgericht“ (1864 / 65, seit 1865: „Die Vehme“) heraus. H., seit 1846 o¨ sterr. Staatsb¨urger, schrieb zahlreiche Volksst¨ucke und Possen, Romane (u. a. Scholz und Nestroy, 3 Bde., 1864, Neuausg. 1866 und 1871) und das Textbuch zur Fledermaus von

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thurn, † 26. 3. 1671 Solothurn. H. studierte an verschiedenen Universit¨aten, u. a. in Basel, wurde dort zum Magister artium promoviert und arbeitete seit 1635 als Notar und Ratsschreiber in Solothurn. 1636 wurde er Mitglied des Großen Rats, dessen Vorsitz er 1661 f¨uhrte. 1639-60 war H. als Stadtschreiber, auch als Schreiber des Großen Rats t¨atig. H., der sich auch an der Gr¨undung des Jesuitenkollegs in Solothurn beteiligte, wurde 1654 zum Protonotar ernannt und seit 1656 als Eidgen¨ossischer Schiedsrichter f¨ur Streitigkeiten zwischen den Kantonen herangezogen. Trotz seiner Erblindung 1660 schrieb er noch 1666 die Chronik Der kleine Solothurner Schauplatz.

Haffner, Friedrich Wilhelm, Schauspieler, * 1760 Dresden, † 18. 2. 1828 Dresden. H. begann seine B¨uhnenlaufbahn 1777 bei der Gesellschaft Schulz. 1781 wechselte er zu dem Ensemble → Doebbelins nach Berlin, ging dann 1786 nach Magdeburg und 1790 zur Schuchschen Gesellschaft nach K¨onigsberg. Seit 1792 spielte er in Riga, bis er sich 1795 der Gesellschaft Secondas in Leipzig anschloß. Mit dieser kam er an die Dresdner Hofb¨uhne, wo er bis 1818 auftrat. Zu den wichtigsten Rollen des Charakterdarstellers geh¨orte der Odoardo in → Lessings Emilia Galotti.

Haffner, Hans, Astronom, * 8. 11. 1912 N¨ordlingen, † 23. 2. 1977 W¨urzburg. H. schloß das Studium 1937 in G¨ottingen mit der Promotion u¨ ber das Thema Photographische Blau-Helligkeiten in der Praesepe ab, wurde 1949 (Bestimmung von integralen UV-Helligkeiten mit Refraktoren) dort Privatdozent, 1953 a. o. Prof. in Hamburg und ging 1957 als Direktor des Boyden Observatory nach S¨udafrika. Seine Beobachtungen trugen wesentlich zur Kenntnis des s¨udlichen Sternenhimmels bei. 1959 kehrte H. als o. Prof. nach Hamburg zur¨uck, u¨ bernahm 1962 die kommissarische Leitung der dortigen Sternwarte und folgte 1967 einem Ruf an die Univ. W¨urzburg, wo er auch Direktor des Astronomischen Instituts war. Er befaßte sich mit Photometrie, der Struktur der Milchstraße sowie dem Aufbau und der Verteilung der Sternenhaufen. H., der seit 1959 Mitglied der Astronomical Society of Southern Africa war, hatte 1960-66 den Vorsitz der Astronomischen Gesellschaft inne. Er verfaßte u. a. Schwache Gruppensterne der Praesepe (1940) und Das Weltall im Bild (hrsg. von Albert Eisenhuth, 1961, 21971) und gab einen Atlas of Southern Milky Way (mit Theo Nowak, 1969) heraus.

Haffter Haffner, Johann Ulrich, auch Hafner, Musiker, Verleger, * 1711, † 22. 10. 1767 N¨urnberg. Vermutlich war H., Sohn eines Organisten und Schulmeisters, bereits vor 1730 als Lautenist in N¨urnberg ans¨assig. 1742 er¨offnete er dort eine Musikalienhandlung, die noch im selben Jahr um einen Musikverlag erweitert wurde. Bis 1745 arbeitete H. mit dem Kupferstecher Johann Wilhelm Windter zusammen; sp¨ater stach Johann Wilhelm St¨or die meisten Werke. H. brachte fast ausschließlich Erstver¨offentlichungen, u. a. Cembalosonaten von Carl Philipp Emanuel → Bach und Domenico Scarlatti heraus. Zu den am weitesten verbreiteten Ver¨offentlichungen des im In- und Ausland angesehenen Haffnerschen Verlags geh¨orten die Sammlungen von Klavierwerken verschiedener Komponisten (u. a. Raccolta musicale, 5 Tle., 1756-65). Nach dem Tod H.s kaufte der Kunsth¨andler und Kupferstecher Adam Wolfgang Winterschmidt aus N¨urnberg 1770 den Verlag. C MGG

Haffner, Paul Leopold, kath. Theologe, Bischof von Mainz, * 21. 1. 1829 Horb / Neckar, † 2. 11. 1899 Mainz. H., Sohn eines Arztes, studierte seit 1847 an der Univ. T¨ubingen und wurde 1852 zum Priester geweiht. Nach der Promotion zum Dr. phil. wurde er 1854 Repetent am T¨ubinger Wilhelmsstift und Privatdozent f¨ur Philosophie. 1855-76 Prof. der Philosophie in Mainz, lehrte er seit 1864 auch Apologetik am dortigen bisch¨oflichen Seminar. Seit 1866 Domkapitular, wurde H. 1886 zum Bischof von Mainz gew¨ahlt, nachdem der Bischofsstuhl infolge des Kulturkampfes neun Jahre lang nicht besetzt gewesen war. Er war Mitbegr¨under der G¨orres-Gesellschaft, erster Vorsitzender ihrer philosophischen Sektion, Leiter des 1864 gegr¨undeten „Katholischen Brosch¨urenvereins“ und Herausgeber der „Frankfurter zeitgem¨aßen Brosch¨uren“ (1879-86). H. ver¨offentlichte u. a. Grundlinien der Philosophie als Aufgabe, Geschichte und Lehre zur Einleitung in die philosophischen Studien (2 Bde., 1881-84). C Gatz 4

Haffner, Sebastian, eigentl. Raimund Pretzel, Historiker, Publizist, * 27. 12. 1907 Berlin, † 2. 1. 1999 Berlin. Der Sohn eines aus Groß-Tychow (Kr. Belgard, Hinterpommern, heute Polen) stammenden Schulrektors und sp¨ateren Regierungsdirektors und Bruder des Germanisten Ulrich → Pretzel studierte Rechtswissenschaften, wurde 1933 Gerichtsassessor und 1935 bei Martin → Wolff zum Dr. jur. promoviert. Schon fr¨uh hatte H. nebenbei zu schreiben begonnen, zun¨achst f¨ur die „Vossische Zeitung“, nach 1933 u. a. auch f¨ur die „Berliner Zeitung“. Bis 1936 im Staatsdienst t¨atig, wandte sich H. zunehmend dem Journalismus zu. 1938 emigrierte er mit seiner sp¨ateren ersten Frau, Erika Hirsch, die nach den N¨urnberger Gesetzen als „Vollj¨udin“ eingestuft war, nach Großbritannien. In London war H. seit 1940 als Redakteur einer deutschsprachigen Emigrantenzeitung t¨atig. Im Jahr zuvor hatte er unter dem sp¨ater beibehaltenen Pseudonym „Sebastian Haffner“ (nach Johann Sebastian → Bach und einer → Mozart-Symphonie) sein erstes politisches Buch verfaßt: Germany: Jekyll & Hyde, das 1940 in London erschien (dt., leicht gek¨urzt: 1996). In diesem Werk – das Thomas → Mann 1940 als eine „vorz¨ugliche Analyse“ lobte – bem¨uhte sich H., die Alliierten u¨ ber die inneren Verh¨altnisse Deutschlands aufzukl¨aren. Neben typologischen Charakterisierungen der verschiedenen politischen Einstellungen der deutschen Bev¨olkerung („Nazif¨uhrer“ und „Nazis“, „loyale“ und „nichtloyale Bev¨olkerung“, „Opposition“ und „Emigranten“) ist es vor allem die

Charakterisierung der Person → Hitlers als eines „potentielle[n] Selbstm¨order[s] par excellence“, die das Werk bis ¨ heute u¨ ber seinen reinen Quellenwert hinaushebt. Uber diese Studie stellte sich der Kontakt zum „Observer“ her, f¨ur den H. auch nach seiner R¨uckkehr nach Berlin im Jahr 1954 bis 1961 als Korrespondent t¨atig blieb. Nachdem er sich mit dem „Observer“ u¨ ber die Haltung zum Berliner Mauerbau u¨ berworfen hatte, schrieb H. nun auch vermehrt f¨ur deutsche Zeitungen, so zun¨achst f¨ur die „Welt“, die er aufgrund der Reaktionen auf die „Spiegel-Aff¨are“ bald wieder verließ, f¨ur „Christ und Welt“ und seit 1962 vor allem f¨ur den „Stern“. Neben aktuellen Kommentaren schrieb H. gr¨oßere Essays und Fortsetzungsserien mit u¨ berwiegend historischen Themen. W¨ahrend der sechziger und siebziger Jahre arbeitete er auch f¨ur H¨orfunk und Fernsehen. Entsprechend seiner ¨ Uberzeugung, daß es die Aufgabe des Journalisten sei, zu dramatisieren und zuzuspitzen, gab H. immer wieder Anlaß zu Kontroversen. Das breite historisch-politische Interesse H.s spiegelt sich sowohl in biographischen Arbeiten – u. a. u¨ ber den von ihm pers¨onlich bewunderten Churchill (Winston Churchill, 1947, 141997) – als auch in Analysen der Formen des modernen Krieges (einleitender Essay zu Mao Tse-Tung: Theorie des Guerillakrieges, 1966). Nach seinem Ausscheiden aus der aktiven journalistischen T¨atigkeit 1975 schrieb H. mehrere, teils wirkungsvolle B¨ucher, vor allem die Anmerkungen zu Hitler (1978). Darin unternahm er es, in sieben kurzen Kapiteln die a¨ ußeren Bedingungen f¨ur den Aufstieg Hitlers zu dessen pers¨onlichcharakterlichen Anlagen in Beziehung zu setzen, und schloß im Gegensatz zu zahlreichen anderen Hitler-Deutungen mit der Feststellung, daß dieser „in keiner deutschen Tradition“ stehe, „am wenigsten in der protestantisch-preußischen“. Schon bei Erscheinen vielfach von der Kritik anerkannt, gilt dieses Buch inzwischen als „eines der wenigen absoluten Meisterwerke der historiographischen Literatur des zuende gehenden Jahrhunderts“ (U. Raulff). Es folgte das aus einer Artikelserie hervorgegangene Buch Preußen ohne Legende (1979), der Versuch einer Gesamtdarstellung preuß. Geschichte. H.s letzte Monographie Von Bismarck zu Hitler (1987) thematisiert mit den schicksalhaften Weichenstellungen der j¨ungeren deutschen Geschichte auch die ihn selbst zeitlebens bestimmenden Ausgangspunkte. WEITERE WERKE: Die deutsche Revolution 1918 / 19: ¨ Wie war es wirklich? Bern u. a. 1979. – Uberlegungen eines Wechselw¨ahlers. M¨unchen 1980. – Zur Zeitgeschichte. 36 Essays. M¨unchen 1980. – Im Schatten der Geschichte. Historisch-politische Variationen aus zwanzig Jahren. M¨unchen 1987. – Der Vertrag von Versailles. Frankfurt / Main 1988. – Der Teufelspakt. Die deutsch-russischen Beziehungen vom Ersten zum Zweiten Weltkrieg. Z¨urich 1989. – Zwischen den Kriegen. Essays zur Zeitgeschichte. Berlin 1997. – Preußische Profile. Berlin 1998 (mit Wolfgang Venohr). – Geschichte eines Deutschen. Die Erinnerungen 1914-1933. Stuttgart / M¨unchen 2000, ver¨anderte Neuausg. M¨unchen 2000. – Als Engl¨ander maskiert. Ein Gespr¨ach mit Jutta Krug u¨ ber das Exil. Stuttgart / M¨unchen 2002. LITERATUR: Uwe Soukop: Ich bin nun mal Deutscher. S. H. Eine Biographie. Berlin 2001. – Ralf Beck: Der traurige Patriot. S. H. und die Deutsche Frage. Berlin 2005. Michael H¨anel

Haffter, Heinz, schweizer. Klassischer Philologe, * 1. 6. 1905 Berg bei Frauenfeld (Kt. Thurgau), † 9. 9. 1998 Frauenfeld. H., Sohn eines Arztes, studierte Klassische Philologie in Z¨urich, Kiel, G¨ottingen und Freiburg / Breisgau, wo er 1932 mit Untersuchungen zur altlateinischen Dichtersprache (Nachdr. 1974) promoviert wurde. Danach ging er zur Redaktion des „Thesaurus Linguae Latinae“ nach M¨unchen,

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Hafftitz wo er bald Bandredakteur wurde und 1934 mit Kollegen die Reihe „Beitr¨age aus der Thesaurusarbeit“ ins Leben rief. Nach dem Zweiten Weltkrieg, w¨ahrend dem er Gymnasiallehrer in der Schweiz war, kehrte H. nach M¨unchen zur¨uck, wurde 1947 zum Generalredaktor des „Thesaurus Linguae Latinae“ ernannt und war 1949 Mitbegr¨under der Internationalen Thesaurus-Kommission. 1952 habilitierte er sich mit der Studie Terenz und seine k¨unstlerische Eigenart und wurde im folgenden Jahr auf den Lehrstuhl f¨ur Klassische Philologie der Univ. Z¨urich berufen. Nach seiner Emeritierung war er 1973-79 Pr¨asident der Internationalen Thesaurus-Kommission. H.s Forschungsschwerpunkte waren die r¨omische Kom¨odie, aber auch Arbeiten zur r¨omischen Politik (R¨omische Politik und r¨omische Politiker, 1967) und Geschichtsschreibung (Et in Arcadia Ego, 1981). C Gnomon 72 (2000)

Hafftitz, Peter, auch Hafftitius, Haftitius, Geschichtsschreiber, * um 1530 J¨uterbog, † 1601 Berlin. H. besuchte seit 1538 die Klosterschule Zinna und bis 1545 die Stadtschule in Pirna. 1547 war er als Magister an der Univ. Frankfurt / Oder eingeschrieben. 1550 wurde er Lehrer an den Schulen St. Nicolai und St. Marien in Berlin. 1560 zum Rektor ernannt, erhielt H. 1564 das B¨urgerrecht der Stadt Berlin. 1577-80 hatte er das Rektorat der C¨ollner Stadtschule inne und war danach vorwiegend als Chronist t¨atig. Sein Hauptwerk, eine nach 1593 begonnene und um 1595 vollendete m¨arkische Chronik, ist in verschiedenen Fassungen und Abschriften erhalten (Kurtze und warhafftige Beschreibung des Zustandes der Kurmark). C Leb Berlin 5 Hafner, Josef, o¨ sterr. Maler, Lithograph, Steinmetz, * 22. 5. 1799 Enns, † 10. 4. 1891 Linz. H. erhielt an der St¨andischen Zeichenschule in Linz seinen ersten k¨unstlerischen Unterricht. Seit 1816 studierte er an der Wiener Kunstakademie insbesondere graphische K¨unste bei V. Klinger und Historienmalerei bei Hubert → Maurer. 1825 nach Linz zur¨uckgekehrt, er¨offnete er dort 1827 eine lithographische Anstalt, in der u. a. Landschaftsbilder und topographische Ansichten, Portr¨ats, Buchillustrationen gedruckt wurden. H., der 50 k¨unstlerische Mitarbeiter besch¨aftigte, schuf bis 1850 zahlreiche Bl¨atter eigenh¨andig, darunter etwa 180 Ortsansichten aus Ober¨osterreich, Salzburg und der Steiermark. Die Offizin bestand bis 1863. Sp¨ater war H. als Steinmetz in Linz t¨atig. Hafner, Philipp, o¨ sterr. Schriftsteller, * 27. 9. 1735 Wien, † 30. 7. 1764 Wien. Der Sohn eines Amtsdieners in der Reichskanzlei studierte vermutlich an der Univ. Wien Jura und war zun¨achst Schriftf¨uhrer beim Wiener Stadtgericht. Seit etwa 1760 arbeitete er haupts¨achlich als Schauspieler, Lyriker und Dramatiker. Auf seine Kriegsgedichte (1764) folgte eine Reihe volkst¨umlich-scherzhafter Lieder. Im Zuge des sog. Hanswurststreits zwischen formalistischen Aufkl¨arern und den Verfechtern der traditionellen extemporierten Hanswurstkom¨odie forderte H. in seiner programmatischen Schrift Der Freund der Wahrheit (1760) eine Weiterentwicklung der volkst¨umlichen Theaterformen. H. war mit St¨ucken wie Der alte Odoardo und der l¨acherliche Hanswurst (1762) und dem Zauberlustspiel M¨agera, die f¨orchterliche Hexe, oder Das bezauberte Schloß des Herrn von Einhorn (1764; 1766 wurde die Fortsetzung, M¨agera oder die in eine dauerhafte Freundschaft sich verwandelnde Rache, uraufgef¨uhrt), einer Synthese zwischen dem burlesken Volkstheater („Maschinenkom¨odie“) und den Reformkom¨odien → Gottscheds, erfolgreich. H. beeinflußte nachhaltig die Wiener M¨archen-

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kom¨odie, die in den Werken Ferdinand → Raimunds ihren H¨ohepunkt erreichte. 1764 erschienen H.s Politische und prosaische Werke, 1811 S¨ammtliche hinterlassenen Schrifften (3 Bde.) und 1914 / 15 Gesammelte Werke (2 Bde., hrsg. von Ernst Baum, Nachdr. 1975). C Killy

Haftmann, Werner, Kunsthistoriker, * 28. 4. 1912 Głowno (Westpreußen), † 28. 7. 1999 Waakirchen (Oberbayern). H. studierte in Berlin Kunstgeschichte und Arch¨aologie an den Universit¨aten Berlin und G¨ottingen, wurde 1936 mit einer Arbeit u¨ ber das „S¨aulenmonument“ und die Scaligergr¨aber in Verona promoviert und war 1936-40 Assistent am Kunsthistorischen Institut in Florenz. 1950-55 lehrte er an der Staatlichen Hochschule f¨ur bildende K¨unste in Hamburg und war 1967-74 Direktor der Nationalgalerie in Berlin (West). 1970 wurde er Mitglied der dortigen Akademie der K¨unste. H. leistete wichtige Forschungen zur Kunst des 20. Jh., insbesondere zur deutschen Malerei (u. a. Emil → Nolde, Paul → Klee, Ernst → Nay, → Wols). Zu seinen Hauptwerken geh¨oren Malerei im 20. Jahrhundert (2 Bde., 1954 / 55, erw. 1962) und Verfemte Kunst. Malerei der a¨ ußeren und inneren Emigration (1986). H. war maßgeblich an der Konzeption der „documenta“ in Kassel beteiligt; er pr¨agte die beiden ersten Ausstellungen 1955 und 1959. Hagans, Christian (Theodor Benjamin), Techniker, Fabrikant, * 27. 9. 1829 Erfurt, † 26. 8. 1908 Erfurt. H., Sohn eines Schmiedemeisters, der sich nach dem Verkauf der Schmiede mit dem Eisenhandel besch¨aftigte, erhielt 1844 / 45 eine Ausbildung an der Kgl. Provincial-Kunstund Bauhandwerkschule in Erfurt, durchlief 1845-49 eine Schlosserlehre, besuchte 1845-49 das Kgl. Gewerbe-Institut in Berlin und war auf der Wanderschaft u. a. in Stettin und Hagen (Westfalen) t¨atig. 1854 trat er in die Neue Berliner Eisengießerei und Maschinenfabrik F. A. Egells ein, wechselte 1855 zu Funcke & Elbers nach Hagen und ging im selben Jahr zum Studium nach England. 1857 gr¨undete H. in Erfurt eine Eisengießerei und Maschinenfabrik, errichtete 1858 eine Amboßschmiede und baute 1862 eine Kesselschmiede, 1865 eine mechanische Werkstatt. Er stellte zun¨achst Landmaschinen und Ausr¨ustungen f¨ur M¨uhlen, Zuckerfabriken und Salinen her. Seit 1864 produzierte H. Lokomobile, seit 1872 Lokomotiven f¨ur Schmalspurbahnen, 1874 die erste normalspurige Industrielokomotive, 1906 in einem neuen Werk in Ilversgehofen regelspurige Tenderlokomotiven. Er entwarf f¨ur kurvige Strecken u. a. des Th¨uringer Walds eine nach ihm benannte Gelenklokomotive, die zwischen 1890 und 1910 in großen Serien produziert wurde. H. entwickelte und baute ferner eine Hohlachse f¨ur Schmalspurlokomotiven. C NDB Hagedorn, August, Politiker, * 2. 8. 1888 Bremen, † 24. 12. 1969 Bremen. Der Sohn eines Arbeiters durchlief 1903-05 eine kaufm¨annische Lehre und wurde 1906 Mitarbeiter der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Bremen. Seit 1906 Mitglied der Gewerkschaft und seit 1910 der SPD (1917-21 der USPD), geh¨orte er seit 1919 der Bremer B¨urgerschaft an. 1933 von den Nationalsozialisten verhaftet und fristlos entlassen, war er als Steuerberater t¨atig. H. trat 1945 wieder in die Dienste der Bremer AOK und wurde 1948 deren Direktor. Seit 1945 sozialdemokratischer Fraktionsvorsitzender in der Bremer B¨urgerschaft, war er 1946-66 ohne Unterbrechung deren Pr¨asident und galt als Bauherr des „Hauses der B¨urgerschaft“, des neuen Bremer Landesparlaments. C Schr¨oder

Hagelstange Hagedorn, Christian Ludwig von, Kunsthistoriker, Radierer, Kunstsammler, * 14. 2. 1712 Hamburg, † 24. 1. 1780 Dresden. Der Sohn eines d¨anischen Konferenz- und Staatsrats und Bruder Friedrich von → H.s trat nach dem Jurastudium in Jena 1735 in kurs¨achsische Dienste, kam 1737 als Legationsrat nach Wien und ging 1740 gemeinsam mit Heinrich von → B¨unau nach Mainz. Seit 1743 war er dort, in Mannheim, D¨usseldorf und Bonn als Diplomat t¨atig, versuchte sich als Graphiker und publizierte erstmals 1744 / 45 eigene Radierungen. Es folgten die Ver¨offentlichung des Katalogs (1755) seiner seit 1739 zusammengetragenen Kunstsammlung sowie der als Lehrbuch f¨ur K¨unstler und Betrachter konzipierten Betrachtungen u¨ ber Mahlerei (2 Bde., 1762). 1757 wurde er Mitarbeiter von Friedrich → Nicolais „Bibliothek der sch¨onen Wissenschaften und der freien K¨unste“. 1763 zum Generaldirektor der s¨achsischen Kunstakademie und Kunstsammlungen in Dresden ernannt, veranstaltete H. erstmals 1765 eine Gem¨aldeausstellung der Akademie. C Metzler Kunsthistoriker

Hagedorn, Friedrich von, Schriftsteller, * 23. 4. 1708 Hamburg, † 28. 10. 1754 Hamburg. Der Bruder Christian Ludwig von → H.s schrieb bereits als Kind Gedichte, die noch der 1722 verstorbene Vater ver¨offentlichte. Trotz d¨urftiger Verm¨ogenverh¨altnisse erm¨oglichte ihm seine Mutter den Besuch des Akademischen Gymnasiums, wo ihn besonders Michael → Richey beeinflußte. 1726 beteiligte sich H. an der Zeitschrift „Der Patriot“. 1726 / 27 war er an der Univ. Jena zum Studium der Rechtswissenschaften und der Literatur eingeschrieben; Schulden zwangen ihn jedoch, den Aufenthalt abzubrechen. H. war 1729-31 Privatsekret¨ar eines d¨anischen Gesandten in London und nahm anschließend eine Stelle als Hofmeisters an. Seit 1733 Sekret¨ar am English Court, einer englischen Handelsgesellschaft in Hamburg, fand er daneben Zeit f¨ur seine Studien, dichterischen Projekte und gesellschaftlichen Kontakte. H. war ein von Horaz, englischen (u. a. Alexander Pope, Matthew Prior, John Gay, Anthony Shaftesbury), sp¨ater franz¨osischen (vor allem La Fontaine) Autoren inspirierter anakreontischer Lyriker und Fabeldichter. Er reformierte die literarische Sprache und beschwor in seinen Werken b¨urgerliche Freiheit und Lebensfreude. H. schrieb zahlreiche Gelegenheitsgedichte und Epigramme. Er gilt als Begr¨under des literarischen Rokoko in Deutschland und hatte großen Einfluß auf → Lessing, der ihn als „gr¨oßten Dichter unserer Zeit“ feierte, und den jungen → Goethe. Zu H.s Werken z¨ahlen Versuch einiger Gedichte, oder Erlesene Proben Poetischer Nebenstunden (1729, Neudr. 1883, hrsg. von August → Sauer), eine Sammlung von Gedichten und Verssatiren, deren Ver¨offentlichung er sp¨ater bedauerte, Versuch in poetischen Fabeln und Erzehlungen (anonym 1738; Faks. 1974, hrsg. von Horst Steinmetz), Sammlung Neuer Oden und Lieder (1742, 1744 und 1752 fortgesetzt, mit Noten nach Vertonungen von Johann Valentin → G¨orner), Oden und Lieder in f¨unf B¨anden (1747) und Moralische Gedichte (1750). 1757 erschienen S¨ammtliche Poetische Werke in drei B¨anden (Nachdr. 1968), 1800 Poetische Werke (mit Biographie und mit Auszug aus dem Briefwechsel, hrsg. von Johann Joachim → Eschenburg). Eine Kritische Ausgabe der Briefe H.s wurde 1997 von Horst Gronemeyer herausgegeC Killy ben.

Hagek, Thadd¨aus, auch Hajek, Hagecius ab Hayek, Nemicus, Astronom, Arzt, * 1525 Prag, † 1. 9. 1600 Prag. H. war Prof. der Mathematik am Prager Carolinum, folgte als Mediziner den Lehren des → Paracelsus, wurde Leibarzt der Kaiser → Maximilian II. und → Rudolf II. und befaßte sich intensiv mit Astronomie. Bei der Kr¨onung Rudolfs II. zum

r¨omischen K¨onig 1575 in Regensburg lernte er den Astronomen Tycho Brahe kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft und ein umfangreicher Briefwechsel verband. H. war maßgeblich an der Berufung Brahes nach Prag 1598 beteiligt. Er ver¨offentlichte u. a. Aphorismorum Metoposcopicorum libellus unus (1562, 21584, dt. Traktat von der Metoscopia oder Wahrsagung aus den Lineamenten der Stirn, 1710), Astrologica opuscula antiqua (1564), Dialexis de novae et prius incognitae stellae (1574, Nachdr. 1967), Descriptio cometae, qui apparuit A. D. 1577 (1578) und Apodixis physica et mathematica de cometis tum in genere (1581). C NDB

Hagel, Balthasar, Pseud. Daniel Paradinus, Jesuit, Philosoph, * 1551 Ohlstadt bei Murnau, † 20. 5. 1616 Ingolstadt. H. trat 1572 in den Jesuitenorden ein und lehrte seit 1577 an der Univ. Ingolstadt Hebr¨aisch, seit 1582 auch Griechisch. 1586 / 87 stand er der Philosophischen Fakult¨at als Dekan vor und ver¨offentlichte Arbeiten zu Meteoren, Metallen und Gesteinen (Disputatio philosophica de metallo et lapide, 1588; Disputatio philosophica de meteoris, 1588). Seit 1588 an der Univ. Dillingen t¨atig, unterrichtete H. Moraltheologie, Heilige Schrift und Dogmatik. 1606 geh¨orte er erneut dem Lehrk¨orper der Univ. Ingolstadt an, war Mitglied der Theologischen Fakult¨at und vertrat das Fach Kasuistik. Anschließend u¨ bernahm er f¨ur den Klerus Reformaufgaben in der Di¨ozese Brixen und verfaßte unter dem Pseudonym Daniel Paradinus antiprotestantische Schriften. C LMU Hagel, Maurus, Benediktiner, Theologe, * 25. 2. 1780 Freising-Neustift, † 2. 2. 1842 Dillingen. H. trat 1802 in die Abtei Benediktbeuern ein, wo er letzter Professe vor der Aufhebung des Klosters war. 1805 wurde er Lehrer, 1809 Prof. an der Studienanstalt im oberpf¨alzischen Amberg, u¨ bernahm 1816 dort die Professur f¨ur Dogmatik und lehrte 1823 / 24 Dogmatik am Lyzeum in Aschaffenburg. 1824 folgte er einem Ruf als Prof. der Dogmatik an die Univ. Dillingen und lehrte dort bis an sein Lebensende. Er war zu seiner Zeit einer der f¨uhrenden Gegner des theologischen Rationalismus und ver¨offentlichte u. a. Der Rationalismus im Gegensatz zum Christentum (1835). C LThK Hagelgans, Johann Georg, Archivar, Schriftsteller, * 30. 10. 1687 Lauterbach / Vogelsberg, † 23. 2. 1762 Idstein. H. studierte 1705-10 Theologie an der Univ. Marburg und war 1711 Sekret¨ar der schwedischen außerordentlichen Gesandtschaft zur Kaiserwahl, sp¨ater bis 1720 Legationssekret¨ar der schwedischen Gesandtschaft beim Oberrheinischen Reichskreis. 1729 u¨ bernahm er im Rang eines Oberschultheißen des Amtes Idstein die Leitung des neuerrichteten Hauptarchivs der Linie Nassau-Usingen in Idstein. 1741 gab er die Archivalien der linksrheinischen Gebiete an das Archiv in Saarbr¨ucken zur¨uck. H. ver¨offentlichte historische und philosophische Schriften sowie Tafelwerke (u. a. Nassauische Geschlechtertafel des Walramischen Stammes [. . .], 1753). Er schrieb auch weltliche und geistliche Lyrik. C Leb Nassau, Bd 5

Hagelstange, Alfred, Kunsthistoriker, * 5. 9. 1874 Erfurt, † 2. 12. 1914 K¨oln. Nach Abschluß seiner Studien an den Universit¨aten Freiburg / Breisgau, Leipzig, G¨ottingen und Straßburg trat H. 1898 in den Dienst des Germanischen Nationalmuseums in N¨urnberg. Sp¨ater am St¨adelschen Kunstinstitut in Frankfurt / Main und am Kaiser-Friedrich-Museum in Magdeburg t¨atig, wurde er 1908 Direktor des Wallraf-Richartz-Museums in K¨oln. H. befaßte sich mit Malerei des 15. und Buchillustration des 16. Jh., erwarb u. a. eine Leibl-Sammlung f¨ur K¨oln und ver¨offentlichte u. a. Altmodische Gedanken u¨ ber Haus und Heim (1908).

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Hagelstange Hagelstange, Rudolf, Schriftsteller, * 14. 1. 1912 Nordhausen / Harz, † 5. 8. 1984 Hanau. H., Sohn eines Kaufmanns, studierte 1931-33 Germanistik und Sport in Berlin und lebte anschließend auf dem Balkan. Seit 1935 journalistisch t¨atig, wurde er 1937 Volont¨ar, sp¨ater Feuilletonredakteur der „Nordh¨auser Zeitung“. Als Soldat wurde er als Redakteur von Soldatenzeitungen eingesetzt: 1940-43 in Paris, danach in Rom, Verona und Venedig, wo der erste Teil seines Sonettzyklus Venezianisches Credo entstand, durch dessen Publikation 1946 (zuerst 1945 als bibliophile Ausgabe der Officina Bodoni, Verona) er schnell ber¨uhmt wurde. H. bereiste ganz Deutschland zu Lesungen, wurde in Ost- und Westdeutschland umworben und ließ sich nach kurzer T¨atigkeit im „Kulturbund zur demokratischen Erneuerung“ in der Sowjetischen Besatzungszone endg¨ultig im Westen nieder. Als begabter Redner und Organisator spielte er bis Ende der sechziger Jahre eine f¨uhrende Rolle im westdeutschen Literaturbetrieb und ver¨offentlichte ¨ Reiseimpressionen, Ubersetzungen und erfolgreiche Romane (u. a. Spielball der G¨otter, 1959; Altherrensommer, 1969), von denen besonders der letztere wegen seines verharmlosenden Umgangs mit der deutschen Geschichte der Zeit des Nationalsozialismus kritisiert wurde. Die Gedichtsammlung Lied der Jahre (1961; 2., erw. Ausg. 1964) versammelt vor allem Gedichte aus den Lyrikb¨anden Es spannt sich der Bogen (1943, erw. 1949), Strom der Zeit (1948) und Zwischen Stern und Zeit (1953). 1977 erschien die autobiographische Schrift Tr¨anen gelacht – Steckbrief eines Steinbocks (1977). H. u¨ bersetzte auch Giovanni Boccaccios Ninfale Fiesolano (Die Nymphe von Fiesole, 1957, Neudr. 1968). C KLG

Hagemann, (Christian) Carl, Intendant, Theaterwissenschaftler, * 22. 9. 1871 Harburg (heute zu Hamburg), † 24. 12. 1945 Wiesbaden. H., Sohn eines Maurers und Architekten, brach das Studium des Bauingenieurwesens an der TH Hannover ab und studierte an den Universit¨aten Rostock, Berlin (bei Max → Herrmann) und Heidelberg, wo er 1900 mit einer theaterwissenschaftlichen Dissertation promoviert wurde. Seit 1901 Redakteur der „Rheinisch-Westf¨alischen Zeitung“, wurde er 1906 ohne B¨uhnenpraxis Intendant des Mannheimer Nationaltheaters und wechselte 1910 als Direktor an das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg. 1913 begab er sich auf eine als theaterwissenschaftliche Weltreise geplante Studienfahrt, u¨ bernahm nach seiner R¨uckkehr 1915 erneut die Mannheimer Intendanz und ging 1920 in gleicher Position nach Wiesbaden. H., der sich mit seiner szenisch-dramatischen „Idealb¨uhne“ von der vorherrschenden illusionistischen B¨uhnengestaltung vor allem dem zeitgen¨ossischen Drama widmete, lehrte seit 1930 am Theaterwissenschaftlichen Institut der Univ. Berlin und war 1945 am kulturellen Wiederaufbau in Wiesbaden beteiligt. Er ver¨offentlichte u. a. Die Kunst der B¨uhne (1923). C Bad Bio N.F., Bd 4

Hagemann, Georg, Philosoph, * 17. 11. 1832 Beckum (Westfalen), † 6. 12. 1903 M¨unster (Westfalen). Seit 1856 kath. Priester, wurde H. 1861 an der Akademie in M¨unster promoviert und habilitierte sich dort im folgenden Jahr f¨ur Philosophie. 1881 wurde er a. o. Prof., 1884 o. Prof. der Philosophie. 1860-84 war er auch Pr¨ases im Gr¨aflich von Galenschen Konvikt in M¨unster. H., Vertreter der aristotelisch-scholastischen Philosophie, ver¨offentlichte u. a. Elemente der Philosophie (3 Bde., 1868-70, mehrere Auflagen). C Biogr Jahrb, Bd 9

Hagemann, Karl, Verlagsleiter, * 26. 5. 1891 Wilna (Litauen), † 26. 1. 1972. Der Sohn eines Musikers erhielt 1904-09 eine Ausbildung zum Buchbinder, wurde Angestellter einer Buchbinderei in Leipzig und trat 1907 der SPD bei. Nach der Teilnahme

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am Ersten Weltkrieg schloß sich H. der KPD an, beteiligte sich am mitteldeutschen Aufstand und wurde 1920 zu einer Haftstrafe verurteilt. 1921-24 war er Sachbearbeiter an der russischen Handelsvertretung, Vertreter einer Großbuchbinderei und 1928-45 Teilhaber und Gesch¨aftsf¨uhrer einer Berliner Buchgewerbefirma. H., der seit 1943 im Widerstand aktiv gewesen war, wurde 1945 Leiter des Verlags „Volk & Wissen“ und war 1950-54 Mitglied des Vorstandes des B¨orsenvereins der Deutschen Buchh¨andler zu Leipzig. 1956-61 war H. stellvertretender Kulturminister der DDR. C DDR

Hagemann, Theodor, Jurist, * 14. 3. 1761 Stiege (Kr. Blankenburg, Braunschweig), † 14. 5. 1827 Celle. H. studierte Rechtswissenschaft an der Univ. Helmstedt sowie bei Johann Stephan → P¨utter an der Univ. G¨ottingen, wurde dort 1785 promoviert und hielt als Privatdozent Vorlesungen u¨ ber juristische Enzyklop¨adie und Lehnsrecht. 1786 erhielt er auf P¨utters Empfehlung hin eine Stelle als a. o. Prof. an der Univ. Helmstedt und f¨uhrte dort Vorlesungen u¨ ber juristische Enzyklop¨adie und Methodologie ein. Seit 1788 Hofrat in der Justizkanzlei in Celle, wurde er 1797 zus¨atzlich zweiter ordentlicher Hofgerichtsassessor und 1799 Mitglied des Oberappellationsgerichtshofs; 1819 folgte die Ernennung zum Direktor der Justizkanzlei in Celle. H. verfaßte u. a., zun¨achst gemeinsam mit Friedrich von → B¨ulow, seit 1809 allein Praktische Er¨orterungen aus allen Theilen der Rechtsgelehrsamkeit (Bd. 1-7, 1798-1824; Bd. 8, postum 1829). C ADB

Hagemann, Walter, Zeitungswissenschaftler, * 16. 1. 1900 Euskirchen (Rheinland), † 16. 5. 1964 Potsdam. Seit der Promotion bei Friedrich → Meinecke in Berlin 1921 war H., Sohn eines Landesbauinspektors, publizistisch t¨atig und unternahm 1925-55 mehrere Weltreisen. 1927 wurde er Auslandsredakteur der dem Zentrum nahestehenden Tageszeitung „Germania“, war 1934-45 deren Chefredakteur und gab einen Pressedienst heraus. 1945 / 46 war er Redakteur der „Neuen Zeitung“ in M¨unchen und u¨ bernahm 1946 den Lehrstuhl f¨ur Zeitungswissenschaft an der Univ. M¨unster. H. war Mitglied der CDU, trat gegen atomare R¨ustung auf und wurde, nachdem er sich o¨ ffentlich gegen Amerikanismus und Antibolschewismus aussprach, aus der Partei ausgeschlossen. Infolge seiner aufsehenerregenden Rede vor dem Nationalrat der DDR, in der er f¨ur die Wiedervereinigung Deutschlands eintrat, wurde er wegen politischer und sittlicher Verfehlungen seines Lehrstuhls enthoben. H. entzog ¨ sich einem Strafverfahren durch Ubersiedelung in die DDR 1961. Er erhielt den Lehrstuhl f¨ur Wirtschaftsgeschichte des Imperialismus an der Humboldt-Universit¨at in Berlin (Ost). H. verfaßte Schriften u. a. zur internationalen Politik (u. a. Das erwachende Asien, 1926) und zur Kommunikationswissenschaft (u. a. Vom Mythos der Masse, 1951) und war Herausgeber wissenschaftlicher Periodika und Handb¨ucher. C Westf Autoren, Bd 4

Hagemeister, Emanuel Friedrich, Jurist, * 12. 2. 1764 Greifswald, † 21. 7. 1819. Seit 1781 studierte der Bruder Johann Gottfried Lucas → H.s Rechtswissenschaft, Philosophie und Geschichte an den Universit¨aten Greifswald, G¨ottingen und Halle. 1788 promoviert, war er seit dem folgenden Jahr Adjunkt an der Juristischen Fakult¨at Greifswald und wurde 1794 a. o., 1797 o. Professor. Seit 1790 auch als Anwalt t¨atig, wurde er 1802 Rat beim Tribunal, 1797 Assessor des Konsistoriums. Von den Franzosen 1808 als Pr¨asident der schwedischpommerschen Regierung eingesetzt, geh¨orte er 1810 / 11 der Kommission zur Umgestaltung der pommerschen Gesetzgebung an und war als Geheimer Oberjustizrat und Staatsrat

Hagen Mitarbeiter der Justizorganisation in Berlin. H. ver¨offentlichte u. a. Beitr¨age zum europ¨aischen V¨olkerrecht (1790). C ADB

Hagemeister, Johann Gottfried Lucas, Schauspieler, Dichter, * 15. 1. 1762 Greifswald, † 4. 8. 1806 Anklam. Seit der Schulzeit in Greifswald u. a. mit Christian Wilhelm → Ahlwardt und Andreas Christian Niz befreundet, studierte H. 1779-81 englische und franz¨osische Literatur an der Univ. seiner Heimatstadt, 1782-84 Geschichte, Hebr¨aisch ¨ und Asthetik an der Univ. Halle. 1784 kam er als Lehrer alter und neuer Sprachen nach Berlin, war 1785 / 86 Mitherausgeber der Wochenschrift „Lehrreiche Nebenstunden f¨ur die Jugend beiderlei Geschlechts“ und lebte seit 1789 als freier Schriftsteller in Berlin. H. unternahm Reisen nach Hamburg und Weimar und bet¨atigte sich als Schauspieler und Dramatiker. Seit 1792 lebte er auf R¨ugen, wurde sp¨ater promoviert und war seit 1798 Konrektor, seit 1802 Rektor in Anklam. Seine Dramen (u. a. Das große Loos, 1791) befassen sich h¨aufig mit antiken Themen und weisen H. als Republikaner C Killy aus. Hagemeister, Karl, auch Carl H., Maler, * 12. 3. 1848 Werder / Havel, † 5. 8. 1933 Werder / Havel. H., Sohn eines Obstz¨uchters und Weinbergbesitzers, war ¨ in Weimar, beseit 1871 Sch¨uler Friedrich → Prellers d. A. reiste sp¨ater gemeinsam mit Karl → Schuch und Wilhelm → Tr¨ubner Holland und Italien und ließ sich schließlich in dem Dorf Ferch am Schwielowsee nieder. Er malte zun¨achst Stilleben und Tierst¨ucke in u¨ berwiegend dunklen Farben, wandte sich sp¨ater einer lichteren Farbpalette zu und stellte Landschaften (Fresken in der Villa Hecht im Grunewald) dar. H. schrieb Karl Schuch. Sein Leben und seine Werke (1913). C Lex Kunst Hagemeister, Robert (Eduard) von, Beamter, Landrat, * 22. 6. 1827 Zarrenzin (Kr. Franzburg), † 29. 4. 1902 Klausdorf (Kr. Franzburg). H. studierte seit 1845 in Halle, Heidelberg und Berlin Rechts- und Kameralwissenschaften, legte 1848 die Pr¨ufung zum Auskultator beim Oberappellationsgericht in Greifswald ab, war seit 1855 Gerichtsreferendar am Kammergericht Berlin und seit 1855 Gerichtsassessor beim Kreisgericht Naumburg. Seit 1856 als Landrat von Franzburg t¨atig, wechselte er 1866 als Oberregierungsrat an die Regierung Stralsund. 1866 in das preuß. Abgeordnetenhaus gew¨ahlt, legte er noch im selben Jahr sein Mandat nieder. 1867-70 geh¨orte er f¨ur die Reichs- und Freikonservative Partei dem Reichstag des Norddeutschen Bundes an. 1869 wurde er H. zum Landdrosten in Aurich und 1871 zum Regierungspr¨asidenten von Oppeln ernannt; in gleicher Eigenschaft ging er 1877 an die Regierung D¨usseldorf. Seit 1883 wirkte er als Oberpr¨asident in Westfalen, ehe er 1889 wegen seines Verhaltens im Bergarbeiterstreik abgel¨ost wurde und unter Ernennung zum Wirklichen Geheimen Rat in den Ruhestand trat. C Wegmann Hagen, Adolf, Dirigent, Komponist, * 4. 9. 1851 Bremen, † 6. 6. 1926 Dresden. Seit seinem 15. Lebensjahr Geiger im Wiesbadener Kgl. Theaterorchester, war H. 1871-76 Musikdirektor in Danzig und Bremen, 1877-79 Kapellmeister am Stadttheater von Freiburg / Breisgau und 1879-82 am Stadttheater von Hamburg. Nach kurzer T¨atigkeit in Riga ging er 1883 als Hofkapellmeister nach Dresden, war dort 1884-90 k¨unstlerischer Direktor der Musikhochschule und trat 1913 als Geheimer Hofrat in den Ruhestand. H. komponierte Ouvert¨uren, M¨arsche, eine Operette und komische Opern (u. a. Zwei Komponisten).

Hagen, Albrecht von, Jurist, Widerstandsk¨ampfer, * 11. 3. 1904, † 8. 8. 1944 Berlin-Pl¨otzensee. H. war nach Abschluß seiner rechtswissenschaftlichen Studien zun¨achst Amtsrichter, seit 1931 Syndikus einer Bank und wurde 1939 zum Kriegsdienst eingezogen. Er nahm an den Feldz¨ugen in Frankreich und in der Sowjetunion teil, kam 1943 nach Angerburg (Ostpreußen) und war in der Organisationsabteilung des Oberkommandos des Heers unter Generalmajor Hellmuth → Stieff mit Problemen der Kriegsspitzengliederung befaßt. Gemeinsam mit Joachim Kuhn versteckte H. erstmals 1943 Sprengstoff f¨ur das geplante Attentat auf → Hitler und lieferte sp¨ater weiteren Sprengstoff an Claus Graf → Schenk von Stauffenberg. Nach dem Attentat vom 20. 7. 1944 wurde H. verhaftet, am 8. August zum Tod verurteilt und am selben Tag hingerichtet. C Widerstand Hagen, (Ernst) August, Schriftsteller, Kunsthistoriker, * 12. 4. 1797 K¨onigsberg, † 16. 2. 1880 K¨onigsberg. Der Sohn Carl Gottfried → H.s studierte zun¨achst Medizin und Naturwissenschaften, sp¨ater auf F¨ursprache seines Schwagers Friedrich Wilhelm → Bessel Kunst- und Literaturgeschichte, habilitierte sich 1823 in K¨onigsberg und erhielt 1825 als Nachfolger Karl → Lachmanns den dortigen Lehrstuhl f¨ur Germanistik. 1831 wurde f¨ur ihn in K¨onigsberg die erste kunsthistorische Professur an einer preuß. Univ. geschaffen, die er bis an sein Lebensende innehatte. H. war u. a. an der Gr¨undung der st¨adtischen Gem¨aldegalerie, des Kunstvereins (1831), der Kunstakademie (1845) und der „Altertumsgesellschaft Prussia“ beteiligt, richtete gr¨oßtenteils aus eigenen Mitteln das Kupferstichkabinett der Univ. ein und betreute das M¨unzkabinett sowie die Antikensammlung der Univ. H.s wissenschaftliche Arbeit konzentrierte sich auf regionalgeschichtliche und italienische Themen; er ver¨offentliche u. a. Lebensbeschreibungen zu Leonoardo und Michelangelo. Außerdem redigierte er 1846-57 die „Preußischen Provinzialbl¨atter“, verfaßte historische Studien (u. a. Geschichte des Theaters in Preußen, 1854) und schrieb Lyrik, Dramen und Prosa, darunter die Novellensammlung Norica (1872). C Metzler Kunsthistoriker Hagen, Bernhard vom, Jurist, Staatsmann, * vor 1490 Geseke (Westfalen), † 5. 12. 1556 K¨oln. H. studierte an der Artistischen und der Juristischen Fakult¨at der Univ. K¨oln und wurde 1506 zum Magister artium, 1515 zum Doktor der kaiserlichen Rechte promoviert und 1518 Prof. und Dekan der Juristischen Fakult¨at. 1526 wurde er als Nachfolger Degenhard Wittes von Erzbischof Hermann von → Wied zum kurf¨urstlichen Kanzler ernannt; er begleitete den Erzbischof u. a. zum Augsburger Reichstag 1530. H. geriet in Konflikt mit der Kurie und wurde exkommuniziert. Als Wied sich der Reformation zuwandte, f¨uhrte H. gemeinsam mit Johannes → Gropper die Opposition innerhalb des Domkapitels gegen den Erzbischof an. Unter dessen Nachfolger Erzbischof → Adolf von Schaumburg war H. erneut Kanzler. C Frankf Biogr Hagen, Bernhard, Biologe, Ethnologe, * 23. 11. 1853 Germersheim (Rheinpfalz), † 3. 5. 1919 Frankfurt / Main. Nach dem Medizinstudium an der Univ. M¨unchen 1874-78 war H. Assistent an der dortigen Anatomie und ging nach ¨ der Promotion 1879 (Uber einige Bildungen an der Hinterhauptschuppe des Menschen) als Plantagenarzt nach Deli an der Ostk¨uste Sumatras. Er unternahm – zum Teil im Auftrag der niederl¨andischen Regierung – eine Reihe von Expeditionen ins Landesinnere zu anthropologischen, ethnologischen, botanischen und zoologischen Studien, wechselte 1893 in die Dienste der Astrolabe-Kompanie nach NeuGuinea und kehrte 1895 nach Europa zur¨uck. 1896 ließ er sich in Frankfurt / Main nieder und gr¨undete 1900 die Anthropologische Gesellschaft, 1904 das st¨adtische Museum

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Hagen f¨ur V¨olkerkunde. Gemeinsam mit seiner Frau Anna Treichel unternahm H., seit 1900 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, 1905 eine weitere Studienreise in das Sultanat Palembang auf Sumatra. Er ver¨offentlichte u. a. Pflanzen- und Tierwelt von Deli (1890), Anthropologische Studien aus Insulinde (1891), Anthropologischer Atlas ostasiatischer und melanesischer V¨olker (1898), Unter den ¨ Papuas (1899), Uber Entwicklung und Probleme der Anthropologie (1900, engl. 1901) und Die Orang Kuba auf Sumatra (1908).

Hagen, Carl Gottfried, Pharmazeut, Mediziner, * 24. 12. 1749 K¨onigsberg, † 2. 3. 1829 K¨onigsberg. Der Sohn Heinrich → H.s trat mit vierzehn Jahren als Lehrling in die v¨aterliche Apotheke ein, war dort 1766-69 Geselle und studierte 1769-72 Medizin an der Univ. seiner Heimatstadt. Nach dem Tod des Vaters 1772 u¨ bernahm er die Hofapotheke, die er bis 1816 leitete. Er wurde 1775 in K¨onigsberg zum Dr. med. promoviert (Stanum, 2 Tle., 1775 / 76), habilitierte sich und wurde 1779 a. o., 1788 o. Prof. der Me¨ dizin. Seit der Ubernahme der Naturwissenschaften in die Philosophische Fakult¨at 1807 Dr. phil. und o. Prof. der Physik, Chemie und Naturgeschichte, reformierte H. in der Folge vor allem die Ausbildung der Pharmazeuten, f¨uhrte prak¨ tische Ubungen im Laboratorium seiner Apotheke ein und wirkte wegweisend f¨ur die wissenschaftliche Ausbildung der Apotheker. Seit 1789 war er Assessor, seit 1800 Medizinalrat des Provinzial-Sanit¨atskollegiums. Er ver¨offentlichte u. a. ein Lehrbuch der Apothekerkunst (1778, 81829) und einen Grundriß der Experimentalchemie (1780, 41815). H. war der Vater von Carl Heinrich und August → H. C NDB Hagen, Carl Heinrich, Volkswirt, * 29. 7. 1785 K¨onigsberg, † 6. 12. 1856 K¨onigsberg. Der Sohn Carl Gottfried → H.s studierte 1802-06 Rechtsund Staatswissenschaft an der Univ. seiner Heimatstadt und war nach der Promotion Regierungsreferendar. 1809 unternahm er eine Studienreise nach G¨ottingen und London, wurde 1811 a. o. Prof. der Staatswissenschaft und Gewerbekunde in K¨onigsberg und blieb daneben bis 1835 im preuß. Verwaltungsdienst. H. bek¨ampfte die Schutzzollpolitik und trat f¨ur Handelsfreiheit ein. Sein Hauptwerk Von der Staatslehre [. . .] (1839) u¨ bersetzte sein Sch¨uler John Prince Smith 1844 unter dem Titel System of political economy ins Englische. H. war der Vater von Hermann August → H. C Altpreuß Biogr, Bd 1 Hagen, (Carl) Ernst (Bessel), Physiker, * 31. 1. 1851 K¨onigsberg, † 15. 1. 1923 Solln (heute zu M¨unchen). Der Sohn von Wilhelm Hermann Adolf → H. und Enkel Friedrich Wilhelm → Bessels und Carl Heinrich → H.s studierte seit 1871 Mathematik, Physik und Chemie an den Universit¨aten Berlin und Heidelberg (Promotion 1875), war 1873-83 Assistent in Berlin und Dresden und habilitierte sich 1883 an der Univ. Berlin f¨ur Physik. Seit seiner Studienreise in die USA 1884 und der Publikation seiner Schrift Die elektrische Beleuchtung mit besonderer Ber¨ucksichtigung der in den Vereinigten Staaten verwandten Systeme (1885) wurde H. vielfach von Beh¨orden als Fachmann herangezogen. Seit 1884 a. o. Prof. der angewandten Physik und Vorstand des Elektrotechnischen Laboratoriums am Polytechnikum Dresden, wurde er 1887 Physiker der Kaiserlichen Marine in Kiel und 1893 Direktor der Technischen Abteilung der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt Charlottenburg. 1895-1908 war er Mitglied der Normaleichungskommission und des Patentamtes. H. f¨uhrte u. a. Versuche zur elektrischen Leitf¨ahigkeit von Metallen und zur Maxwellschen Lichttheorie durch. C NDB

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Hagen, Ernst, eigentl. E. Hackens¨ollner, o¨ sterr. Schauspieler, Journalist, Schriftsteller, * 7. 2. 1906 Prag, † 1. 3. 1984 Wien. H. besuchte die Akadamie f¨ur Musik und darstellende Kunst in Wien, erhielt Schauspielunterricht und trat an verschiedenen deutschen und o¨ sterr. B¨uhnen auf. Gemeinsam mit Johann → Sklenka gr¨undete er 1931 die Kleinkunstb¨uhne „ABC“ in Wien. Seit etwa 1932 hauptberuflich als Journalist t¨atig, war H. freier Mitarbeiter und zeitweise Redakteur beim „Neuen Wiener Tagblatt“, bei der „Muskete“. beim „Mocca“ und dem „Abendblatt“. 1940 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Ende 1945 wurde H. Lokalredakteur des „Wiener Montag“, sp¨ater Ressortleiter f¨ur Lokales bei der „Welt am Montag“. Er gestaltete 1946 / 47 das Programm f¨ur „Literatur am Naschmarkt“ und produzierte erfolgreiche St¨ucke, ¨ darunter Caf´e Osterreich. H. leitete die Kulturressorts der „Weltpresse“ und des „Bild-Telegraf“ und wurde 1959 Pressereferent der Wiener Fremdenverkehrsstelle. 1968-84 moderierte er den „Seniorenclub“ im o¨ sterr. Fernsehen, mit dem ¨ er einer breiten Offentlichkeit bekannt wurde. H. schrieb Romane, Feuilletons und H¨orfunkreihen (u. a. Hotel Sacher, 1976). C Hausjell Hagen, Friedrich Heinrich von der, Pseud. Cruciger, Germanist, * 19. 2. 1780 Schmiedeberg (Uckermark), † 11. 6. 1856 Berlin. H. war der uneheliche Sohn eines Gutsbesitzers und einer Magd; 1803 wurde sein Adel best¨atigt. Neben juristischen Studien 1797-1801 in Halle / Saale, dem Referendariat am Stadtgericht Berlin (1802-05) und der T¨atigkeit als Assessor am Kammergericht Berlin (seit 1806) h¨orte H. geisteswissenschaftliche Vorlesungen u. a. bei Friedrich Wilhelm → Schelling (1799 in Jena) und August Wilhelm → Schlegel (1803 / 04 in Berlin). Durch Johannes → M¨uller erhielt er Zugang zu Handschriften des Nibelungenlieds. 1807 vero¨ ffentlichte er Der Nibelungen Lied, eine als „Erneuung“ ¨ verstandene Zwischenstufe zwischen Edition und Ubersetzung, die zum Ziel der Kritik u. a. Wilhelm → Grimms und Karl → Lachmanns wurde. 1808 in Jena in absentiam promoviert, wurde H. 1810 a. o. Prof. der Deutschen Sprache an der Univ. Berlin, folgte seinem Freund Johann Gustav Gottlieb → B¨usching 1811 an die Univ. Breslau und war dort a. o. Prof. und bis 1815 auch Bibliothekar an der Zentralbibliothek. 1816 / 17 unternahm er eine Studienreise durch die Alpenl¨ander, wurde 1818 in Breslau o. Prof. und wechselte nach einer Parisreise 1823 zum Studium der ManesseHandschrift 1824 als o. Prof. an die Univ. Berlin. H. war Mitglied der „Berlinischen Gesellschaft f¨ur deutsche Sprache und Altertumskunde“, seit 1841 auch der Akademie der Wissenschaften. Er besorgte zahlreiche Editionen althochdeutscher und mittelhochdeutscher Texte, u. a. Minnesinger (5 Tle., 1838-56, Neudr. 1962) und Gesammtabenteuer. Hundert altdeutsche Erz¨ahlungen [. . .] (3 Bde., 1850, Neudr. 1961). C NDB Hagen, Friedrich Wilhelm, Psychiater, * 16. 8. 1814 Dottenheim (Franken), † 13. 6. 1889 Erlangen. H., Sohn eines Theologen, schloß sein Medizinstudium an den Universit¨aten M¨unchen und Erlangen 1836 ab (Die Sinnest¨auschungen in Bezug auf Psychologie), ließ sich als praktischer Arzt in Velden nieder und ver¨offentlichte u. a. Arbeiten u¨ ber psychosomatische Wechselwirkungen. Er wurde Mitarbeiter des Handw¨orterbuchs der Physiologie, unternahm seit 1844 eine Studienreise zu Anstalten f¨ur Geisteskranke in England, Frankreich und Deutschland und wurde 1846 Assistenzarzt Karl August von → Solbrigs an der neuer¨offneten Irrenanstalt in Erlangen. Nach einer weiteren Studienreise 1847 / 48 wurde er 1849 Direktor der Kreisirrenanstalt in Kloster Irsee bei Kaufbeuren und 1859

Hagen als Nachfolger Solbrigs Direktor in Erlangen. Im folgenden Jahr zum Prof. an der Univ. Erlangen ernannt, baute er die Erlanger Anstalt 1877 aus und gliederte ihr 1881 eine Pflegeanstalt an. H. war u. a. am Gutachten u¨ ber K¨onig → Ludwig II. beteiligt. Er gilt als Wegbereiter einer humanen Behandlung geistig Behinderter. H. ver¨offentlichte u. a. Beitr¨age zur Anthropologie (1841), Psychologische Untersuchungen. Studien im Gebiete der physiologischen Psychologie (1847), Der goldene Schnitt in seiner Anwendung auf Kopf- und Gehirnbau, Psychologie und Pathologie (1857), Statistische Untersuchungen u¨ ber Geisteskrankheiten nach den Ergebnissen der ersten f¨unfundzwanzig Jahre der Kreis¨ Irrenanstalt zu Erlangen (1876) und Uber die Verwandtschaft des Genies mit dem Wahnsinn (in: Allgemeine Zeitschrift f¨ur Psychiatrie 33, 1877). C Deutsche Irr, Bd 1

Hagen, Georg, Politiker, * 12. 9. 1887 Kulmbach, † 18. 11. 1958 M¨unchen. Nach dem Besuch der Lehrerbildungsanstalt unterrichtete H., Sohn eines Gerbers, 1906-10 an der Volksschule Ebneth, 1910-19 in Kulmbach und war 1919-33 Oberlehrer am M¨adchenlyzeum in Kulmbach. Seit 1918 Mitglied der SPD, war er Stadtrat und Vorsitzender der SPD Kulmbach, Mitglied des Kreistags und des Kreisausschusses von Oberfranken und 1932 / 33 Abgeordneter des bayerischen Landtags. 1933 wurde er verhaftet und aus dem Schuldienst entlassen. H. war bis 1945 in der Versicherungsbranche t¨atig. Nach Kriegsende zum B¨urgermeister von Kulmbach ernannt, war er 1945-58 Oberb¨urgermeister der Stadt und 1946-58 Vizepr¨asident des Bayerischen Landtags. C Schr¨oder Hagen, Gottfried → Gottfried Hagen Hagen, Gotthilf (Heinrich Ludwig), Ingenieur, * 3. 3. 1797 K¨onigsberg, † 3. 2. 1884 Berlin. Der Sohn eines Regierungs- und Konsistorialrats, Enkel Heinrich → H.s und Neffe Carl Gottfried → H.s studierte 1816-18 Mathematik und Astronomie an der Univ. K¨onigsberg. 1819 wurde er Landmesser und Baukondukteur, 1822 Baumeister. H. ver¨offentlichte die Ergebnisse seiner Studienreise 1822 / 23 in der Schrift Beschreibung neuerer Wasserbauwerke in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz (1826) und wurde 1824 Baukondukteur der K¨onigsberger Kaufmannschaft, 1826 Hafenbauinspektor in Pillau. 1830 auf Anregung seines ehemaligen Lehrers Karl Friedrich → Schinkel zum Assessor in der Oberbaudeputation in Berlin ernannt, lehrte er 1834-49 Wasserbau an der dortigen Bauakademie sowie an der Artillerieund Ingenieursschule. H. u¨ bernahm Wasserbauten u. a. an Rhein, Elbe und Weser, wurde als Sachverst¨andiger f¨ur ein Wasserstraßengesetz zur Nationalversammlung nach Frankfurt / Main delegiert, 1850 ins Handelsministerium berufen und arbeitete 1854-56 an Pl¨anen f¨ur das sp¨atere Wilhelmshaven. 1859 wurde er Vorsitzender der Oberbaudeputation. Neben seinem Handbuch der Wasserbaukunst (3 Tle., 1841-65, 31869-74) ver¨offentlichte er u. a. Grundz¨uge der Wahrscheinlichkeitsrechnung (1837, 31882). C NDB Hagen, Heinrich, Pharmazeut, * 4. 10. 1709 Schippenbeil (Ostpreußen), † 12. 10. 1772 K¨onigsberg. Als Apotheker in K¨onigsberg und Thorn t¨atig, bildete sich H., Sohn eines Buchbinders, in Berlin in den F¨achern Chemie und Pharmazie aus und u¨ bernahm nach bestandener Pr¨ufung vor dem Obercollegium medicum 1728 die Apotheke seines Onkels und Ziehvaters in Schippenbeil. 1746 erwarb er die Hofapotheke seines Schwiegervaters in K¨onigsberg und wurde 1754 Assessor des K¨onigsberger Collegium medicum, 1757 Hofapotheker. H. korrespondierte mit Chemikern und Pharmazeuten u. a. in Berlin, St. Petersburg, Stettin und Langensalza, hielt Vorlesungen und Praktika

in K¨onigsberg und ver¨offentlichte u. a. Chimische Untersuchung derer Brunnen-fl¨ussenden- und stehenden W¨asser in K¨onigsberg (1757) und Physisch-chymische Betrachtungen u¨ ber den Torf in Preussen (1761). 1778 erschienen seine Abhandlungen Chemischen und Physikalischen Inhalts. H. war der Vater von Carl Gottfried → H. C Altpreuß Biogr, Bd 1

Hagen, Henriette Ernestine Christiane vom, Pseud. Henriette, Fr¨aulein v. H., verh. von Gilden, Schriftstellerin, * 19. 8. 1760 St¨ockey / Eichsfeld, † 10. 3. 1794 Arolsen. H. begann bereits als Kind zu dichten und ver¨offentlichte 1776 ihre ersten Gedichte. 1778 / 89 erschienen ihre Gedichte unter Pseudonym in zahlreichen Musenalmanachen, u. a. im „Deutschen Museum“ und im „Vossischen Musenalmanach“, den seit 1780 Johann Heinrich → Voß und → Goeckingk herausgaben. H., die mit einer Reihe bedeutender Zeitgenossen in Verbindung stand, widmete ihre selbst¨andig erschienenen Gedichte (1784, Nachdr. 1990-94) Sophie von → La Roche. Aus dem Erl¨os des Gedichtbandes stiftete sie ein „Rosenfest“ f¨ur das tugendhafteste M¨adchen von St¨ockey. H. war Oberhofmeisterin der F¨urstin von Waldeck. Sie starb bei der Geburt ihres zweiten Sohnes. C Killy Hagen, Hermann, schweizer. Klassischer Philologe, * 31. 5. 1844 Heidelberg, † 20. 9. 1898 Bern. H., Sohn von Karl → H. und Neffe von Friedrich Wilhelm → H., studierte 1862-65 an den Universit¨aten Bern, Heidelberg und Bonn, wo er sich 1865 habilitierte. Anschließend Gymnasiallehrer in Bern, wurde er an der dortigen Univ. 1873 a. o., 1878 o. Prof. der Klassischen Philologie und war 1895 / 96 Rektor. Er ordnete und katalogisierte die lateinischen Handschriften der Univ. Bern sowie anderer Schweizer Bibliotheken, befaßte sich bevorzugt mit antiken Vergil-Erkl¨arern, edierte ferner schweizer. Inschriften und ¨ schrieb neben Biographien Klassischer Philologen u. a. Uber elementare Ereignisse im Altertum (1884). C NDB Hagen, Hermann August, Zoologe, * 30. 5. 1817 K¨onigsberg, † 9. 11. 1893 Cambridge (Massachusetts, USA). Der Sohn Carl Heinrich → H.s befaßte sich neben dem Medizinstudium 1836-40 an der Univ. K¨onigsberg (Promotion 1840, Synonymia libellularum europaearum) mit Entomologie, setzte seine Studien 1842 / 43 im Ausland fort und ließ sich anschließend als Arzt in seiner Geburtsstadt nieder. H. befaßte sich mit systematischen Arbeiten vor allem zur Gattung der Neuropteren, wurde nach mehreren Publikationen durch seine Bibliographie Bibliotheca entomologica (2 Bde., 1862 / 63) bekannt und folgte 1867 einem Ruf an das Museum of Comparative Zoology nach Cambridge (Massachusetts). Er baute eine entomologische Sammlung auf, wurde 1870 Prof. der Entomologie an der University of Cambridge und hatte Einfluß auf die Entwicklung dieser Disziplin in den USA. 1884 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Die wirbellosen Thiere der Provinz Preussen (1864) und Destruction of obnoxious insects, phylloxera, potato beetle, cottonworm, Colorado grass hopper, and green houses pests by application of the yeast fungus (1879). C NDB Hagen, Johann Georg, Jesuit, Astronom, * 6. 3. 1847 Bregenz, † 6. 9. 1930 Rom. Der Sohn eines Lehrers und Bruder Martin → H.s trat 1863 in die Gesellschaft Jesu ein und studierte seit 1865 Mathematik, Physik und Astronomie an den Universit¨aten M¨unster und Bonn. 1872-75 Lehrer am Gymnasium in Feldkirch, studierte er anschließend Theologie in Ditton Hall (Großbritannien) und wurde 1878 zum Priester geweiht. H. kam 1880 nach Nordamerika, lehrte am Ordenskolleg von

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Hagen Prairie du Chien in Wisconsin und errichtete dort eine Sternwarte. 1888 wurde er Direktor des Georgetown Observatory bei Washington, D. C., 1906 Direktor der vatikanischen Sternwarte in Rom. 1908 erfolgte die Wahl in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. H. befaßte sich u. a. mit kosmischen Nebeln und ver¨anderlichen Sternen, f¨uhrte Experimente zur mechanischen Messung der Erdrotation durch und entdeckte das nach ihm benannte „Dunkelwolkenph¨anomen“. Er ver¨offentlichte u. a. Synopsis der H¨oheren Mathematik (3 Bde., 1891-1930), Index operum Leonardi Euleri (1896), Atlas stellarum variabilium (1899), Differential- und Integralrechnung (1900) und Die ver¨anderlichen Sterne (2 Bde., 1913-24). H. war Herausgeber der Carte du ciel (10 Bde., 1906-28). C NDB

Hagen, Johann Philipp, Barbier, Chirurg, * 1734 Tunzenhausen (Th¨uringen), † 12. 12. 1792 Berlin. H., Sohn eines Tagel¨ohners, machte seit 1748 in Frankfurt / Oder eine Barbierlehre, war seit 1752 in Berlin als Barbiergehilfe t¨atig und besuchte gleichzeitig Vorlesungen an der Medizinisch-Chirurgischen Schule. Im Siebenj¨ahrigen Krieg war er Lazarettchirurg in der Armee → Friedrichs des Großen und nahm danach sein Studium wieder auf, das er 1765 abschloß. 1765-69 war H. Leibchirurg des kurl¨andischen Erbprinzen Peter von → Biron, mit dem er 1766 nach Mitau ging, 1772 kehrte er nach Konflikten mit dem Leibarzt des Herzogs Johann Friedrich Berntheusel nach Berlin zur¨uck, erwarb dort eine Barbierstube und erhielt 1774 mit der Ernennung zum Chirurgus forensis die Aufgabe, den Gesundheitszustand der Insassen der o¨ ffentlichen H¨auser zu kontrollieren. 1777 wurde H. Assessor Chirurgiae beim Obercollegium medicum, 1779 Hebammenlehrer und 1789 Prof. der Geburtshilfe. Zu seinen zahlreichen Schriften geh¨oren Wahrnehmungen. Zum Behuf der Wundarzneykunst in Deutschland (1772), Versuch eines neuen Lehrgeb¨audes der praktischen Geburtsh¨ulfe (2 Bde.,1781 / 82), Versuch eines allgemeinen Hebammen-Catechismus (2 Tle., 1784, 41791), Erl¨auterungen seines neuen Lehrgeb¨audes der praktischen Geburtsh¨ulfe (1790, 21793) und Biographie, von ihm selbst aufgesetzt (1794). Hagen, Karl, Historiker, Politiker, * 10. 10. 1810 Dottenheim (Franken), † 24. 1. 1868 Bern. H., Sohn eines Pfarrers und Lehrers, studierte seit 1827 an den Universit¨aten Erlangen und Jena Theologie, Philologie und Geschichte, habilitierte sich 1836 in Erlangen und wurde 1845 a. o. Prof. der Geschichte an der Univ. Heidelberg. 1838 / 39 war er Mitherausgeber und Redakteur der Zeitschrift „Braga“ und seit 1848 Redakteur der „Neuen Deutschen Zeitung“. Als Abgeordneter der politischen Linken (Fraktion Donnersberg) war er Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, wurde 1849 aus politischen Gr¨unden seines Lehramtes enthoben und folgte 1855 einem Ruf als o. Prof. an die Univ. Bern, deren Rektor er 1857 / 58 war. Zu seinen Werken z¨ahlt Deutschlands literarische und religi¨ose Verh¨altnisse im Reformationszeitalter (3 Bde., 1841-44). H. war der Vater von Hermann → H. C Fr¨ank Leb, Bd 17 Hagen, Lorenz, Gewerkschafter, * 21. 7. 1885 Amberg, † 23. 7. 1965 M¨unchen. H., seit 1908 Mitglied der SPD, war 1910-30 Maschinenschlosser und Mechaniker in den Siemens-SchuckertWerken und 1920-30 Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats. 1930-33 Gesch¨aftsf¨uhrer des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) in N¨urnberg, wurde er von den Nationalsozialisten mehrmals verhaftet und war mehr als drei Jahre in den Konzentrationslagern Dachau und Buchenwald interniert. H. u¨ bernahm 1946 den Vorsitz des ADGB in N¨urnberg, war 1946 / 47 Mitglied des Gesch¨aftsf¨uhrenden Landesvorstandes des Bayerischen Gewerkschaftsbundes, 1947-49 dessen Pr¨asident und 1949-55

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Vorsitzender des Landesbezirks Bayern des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). 1946-54 geh¨orte er als SPDAbgeordneter dem bayerischen Landtag an.

Hagen, Louis, eigentl. Levy, Bankier, * 15. 5. 1855 K¨oln, † 1. 10. 1932 K¨oln. Noch w¨ahrend der Ausbildung an der Handelshochschule Antwerpen u¨ bernahm H. 1873 das v¨aterliche Bankgesch¨aft und war seit 1890 in der Sprengstoffindustrie unternehmerisch t¨atig. Er nahm regen Anteil an der Schaffung des Generalkartells der Pulver- und Sprengstoffindustrie und f¨orderte weitere Zusammenschl¨usse in verschiedenen Branchen. Als Großaktion¨ar und Bankier war er u. a. in den Bereichen Stahl, Steinkohle, Land- und Seekabel, Elektrizit¨at, Maschinenbau und Kreditwesen t¨atig und geh¨orte bis zu 64 Aufsichtsr¨aten gleichzeitig an. H. war Mitglied wichtiger deutscher Industrieverb¨ande und politischer Gremien, darunter des Vorl¨aufigen Reichswirtschaftsrats und des Preußischen Staatsrats; seit 1906 war er Mitglied, seit 1915 Pr¨asident der K¨olner Industrie- und Handelskammer. Zun¨achst nationalliberaler, sp¨ater liberaler Abgeordneter im K¨olner Stadtparlament, schloß er sich 1919 dem Zentrum an. Nach dem Ersten Weltkrieg war er der f¨uhrende Repr¨asentant der Wirtschaft in den besetzten Gebieten. 1922 wurde H. Mitinhaber des Bankhauses Oppenheimer jr. & Cie. C Rhein-Westf Wirt, Bd 10 Hagen, Ludwig Philipp Frh. vom, Staatsmann, * 3. 5. 1724 St¨ockey / Eichsfeld, † 6. 2. 1771 Berlin. H., Sohn eines Land- und Kriegsrats, studierte Rechtswissenschaften in Halle, trat 1744 in den kgl. preuß. Zivildienst ein und war seit 1746 Kriegs- und Dom¨anenrat bei der Kammer f¨ur Kleve, Moers und die Mark. Er leitete erfolgreich den Verkauf der preuß. Besitzungen in Brabant und aus der oranischen Erbschaft sowie die Einigung mit den geldernschen Landst¨anden. Seit 1754 im Generaldirektorium, wirkte er f¨ur den Aufbau der westf¨alischen Provinzen, wurde 1764 Wirklicher Geheimer Etats-, Kriegs- und dirigierender Minister und f¨uhrte eine umfassende Neuordnung des Finanz- und Kameralwesens durch. Die Einrichtung u. a. der Kgl. Hauptbank, des Berg- und H¨uttendepartements und des Forstdepartements, dessen Leitung er 1770 u¨ bernahm, gehen auf H. zur¨uck. C NDB Hagen, Martin, Jesuit, Theologe, * 23. 5. 1855 Bregenz, † 12. 7. 1923 Valkenburg (Niederlande). Der Bruder Johann Georg → H.s trat in die Gesellschaft Jesu ein und erhielt seine Ausbildung in Exaeten (Niederlande) und Ditton Hall (Großbritannien). 1890-95 lebte er als Publizist und Prof. der Exegese in Ditton Hall, anschließend bis 1907 in gleicher Funktion in Valkenburg (Niederlande). Er verfaßte exegetische und aszetische Schriften, war Mitarbeiter des „Cursus Scripturae sacrae“ und ver¨offentlichte u. a. ein Lexicon biblicum (3 Bde., 1905-11). C Kosch: Kath Hagen, Matth¨aus → Matth¨aus Hagen Hagen, Oskar, Kunsthistoriker, Musikwissenschaftler, * 14. 10. 1888 Wiesbaden, † 5. 10. 1957 Madison (Wisconsin, USA). H. erhielt bereits als Sch¨uler Kompositionsunterricht bei Carl → Schuricht, sp¨ater bei Engelbert → Humperdinck in Berlin. Seit 1908 studierte er bei Hermann → Kretzschmar Musikwissenschaft und Kunstgeschichte bei Heinrich → W¨olfflin. 1913 wechselte er an die Univ. Halle, wo er 1914 mit einer kunsthistorischen Arbeit promoviert wurde. Nach der Habilitation 1918 war H. Privatdozent an der Univ. G¨ottingen, verfaßte kunsthistorische Studien (Matthias Gr¨unewald, 1919, 41923) und gr¨undete die G¨ottinger

Hagenauer → H¨andel-Festspiele. Bei den Auff¨uhrungen der Opern Rodelinda (1920), Ottone (1921 mit dem Titel Otto und Theophano), Giulio Cesare (1922) und Serse (1924) war er als ¨ Bearbeiter, Ubersetzer, Regisseur und Dirigent t¨atig. 1924 nahm H. eine Gastprofessur in Madison (Wisconsin) an, die zu einer Berufung auf Lebenszeit f¨uhrte. Als Leiter des Department of History and Criticism of Art setzte er sich vor allem f¨ur H¨andels Opern ein. C MGG

Hagen, Otfried, S¨anger, * 1868 Braunschweig, † 8. 12. 1923 Frankfurt / Main. Zun¨achst Kaufmann, studierte H. seit 1892 bei Franz → Kr¨ukl und Gustav → Gunz am Hochschen Konservatorium in Frankfurt / Main, deb¨utierte als Tenor am Heidelberger Stadttheater und sang sp¨ater in Altenburg, Stettin und Magdeburg. Seit 1902 als Erster Heldentenor Mitglied des Stadttheaters in Freiburg / Breisgau, geh¨orte er 1905-09 dem Ensemble der M¨unchner Hofoper an. Danach war H. in Braunschweig, Frankfurt / Main, Mainz und W¨urzburg engagiert. Zu seinen Glanzrollen z¨ahlte der Siegmund in der Walk¨ure. C Kutsch

Hagen, Otto (Franz Herrmann), Jurist, * 22. 5. 1865 Landsberg / Warthe, † 28. 5. 1941 Berlin. H., Sohn eines Eisenbahnoberingenieurs und Enkel Gotthilf → H.s, trat nach dem Jurastudium in den preuß. Justizdienst ein und wurde 1907 Kammergerichtsrat in Berlin. Auch nach seinem vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand war er richterlicher Beisitzer des Reichsaufsichtsamtes f¨ur Privatversicherung und lehrte bis ins hohe Alter Versicherungsrecht an der Handelshochschule in Berlin. Seit 1914 geh¨orte H. dem großen Ausschuß des Deutschen Vereins f¨ur Versicherungswissenschaft an. Er war Mitarbeiter der f¨uhrenden Gesetzeskommentare und schrieb u. a. die jahrzehntelang als Standardwerk geltetenden Grundz¨uge des Versicherungsrechts (2 Bde., 1923). C NDB Hagen, Richard, S¨anger, * 12. 8. 1843 Rostock, † 17. 1. 1905 Rostock. Urspr¨unglich zum Kaufmann bestimmt, ging H. 1865 zur B¨uhne, bildete seine Stimme aus und wurde Operetten-, sp¨ater Operns¨anger. Seine Karriere als Tenorist f¨uhrte ihn u¨ ber Kiel und K¨oln nach Magdeburg, D¨usseldorf und Straßburg, an das Friedrich-Wilhelmst¨adtische Theater in Berlin, nach Frankfurt / Main und Z¨urich. 1886 Leiter des L¨ubecker Tivolitheaters, u¨ bernahm er im folgenden Jahr das Stadttheater von Koblenz und war seit 1895 Direktor des Stadttheaters von Rostock. Zu seinen bedeutendsten Opernpartien z¨ahlt die des Georg in Albert → Lortzings Waffenschmied. C Kutsch Hagen, Theodor (Joseph), Maler, * 24. 5. 1842 D¨usseldorf, † 12. 2. 1919 Weimar. Der Sohn eines Kaufmanns war 1863-68 Sch¨uler Oswald → Achenbachs an der Staatlichen Kunstakademie D¨usseldorf und wurde 1871 Prof. und Leiter der Klasse f¨ur Landschaftsmalerei an die Kunstschule Weimar, 1877 zum Direktor ernannt. H. vermittelte die wichtigsten Str¨omungen der Landschaftsmalerei seiner Zeit, darunter den franz¨osischen Realismus und die Schule von Barbizon und malte seit 1885 selbst im Stil des Impressionismus. Er stellte in der Berliner Akademie und beim Deutschen K¨unstlerbund, seit 1876 im M¨unchner Glaspalast aus. H. wurde 1893 Mitglied der M¨unchner, 1902 der Berliner Sezession. C NDB Hagen, Thomas Philipp von, Historiker, * 12. 12. 1729 Hohenauen (Kr. Rathenow), † 23. 8. 1797 Berlin. H., Sohn eines preuß. Kapit¨ans, studierte 1748-52 an der Univ. Halle und u¨ bernahm 1754 die Verwaltung der Familieng¨uter. 1757 in Wittenberg promoviert, wurde er 1763

Domherr zu Havelberg und 1767 Prasident des Oberkonsistoriums, des Kurm¨arkischen Armendirektoriums und des Amts-Kirchen-Revenue-Direktoriums. Seit etwa 1770 war er u. a. Chef des Obercollegium Medicum und Pr¨asident des Oberschulkollegs. H. verfaßte zahlreiche genealogische und lokalhistorische Schriften, u. a. Beschreibung der Stadt Teltow (1767). C NDB

Hagen, Wilhelm, Mediziner, * 26. 10. 1893 Augsburg, † 29. 3. 1982 Bonn. Nach Abschluß seiner Universit¨atsstudien zun¨achst Dozent an der P¨adagogischen Akademie in Frankfurt / Main, praktizierte H. 1933-50 als niedergelassener Arzt und habilitierte sich 1949 an der Univ. M¨unchen. 1951 ging er als Privatdozent an die Univ. Bonn, wurde Ministerialrat in der Gesundheitsabteilung des Innenministeriums und war 1956-58 Pr¨asident des Bundesgesundheitsamtes. H. befaßte sich mit Tuberkuloseforschung und -bek¨ampfung sowie Gesundheitsf¨ursorge und ver¨offentlichte u. a. KrankenpflegeLehrbuch (1951), Vorbeugende Gesundheitsf¨ursorge (1952) und Auftrag und Wirklichkeit. Sozialarzt im 20. Jahrhundert (1978). C Munzinger Hagen, Wilhelm Hermann Adolf, Politiker, * 23. 9. 1820 K¨onigsberg, † 17. 8. 1894 Golling (Salzburg). Nach Abschluß der staats- und rechtswissenschaftlichen Studien an der Univ. K¨onigsberg 1843 Regierungsreferendar, dann Dezernent f¨ur direkte Steuern im Regierungsbezirk K¨onigsberg, kam H. 1854 als Stadtk¨ammerer nach Berlin. Seit 1859 auch Mitarbeiter im preuß. Finanzministerium, schloß er sich der Fortschrittspartei an und war seit 1862 Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses, seit 1866 des Norddeutschen Reichstags und des Zollparlaments, sp¨ater des Reichstags. Seine wiederholte Wahl zum Oberb¨urgermeister von K¨onigsberg 1865 / 66 wurde von der Regierung nicht best¨atigt. H. leitete 1871-76 die Deutsche Unionsbank Berlin und nahm anschließend seine T¨atigkeit als Stadtk¨ammerer wieder auf. Er war der Vater des Physikers Ernst → H. C Altpreuß Biogr, Bd 1 Hagen-Schwarz, Julie Wilhelmine, Malerin, * 15. 10. 1824 Klein-Wrangelshof bei Dorpat, † 7. 10. 1902 Dorpat. Bereits als Jugendliche mit Blumen- und Fruchtst¨ucken an Ausstellungen in Dorpat beteiligt, studierte H.-S., Tochter eines Malers und Zeichenlehrers, 1848-54 an den Akademien in Dresden, M¨unchen und Rom und erhielt 1858 von der Kunstakademie St. Petersburg den Titel einer akademischen Portr¨atmalerin. Mit ihrem Ehemann, dem Astronomen Ludwig Schwarz, unternahm sie eine mehrj¨ahrige Studienreise durch Sibirien und ließ sich anschließend in Dorpat nieder. Sie portr¨atierte u. a. Karl Ernst von → Baer (1877) und schuf C Th-B Altarbilder.

Hagenauer, Arnold, o¨ sterr. Schriftsteller, Journalist, * 20. 11. 1871 Linz, † 25. 6. 1918 Wien. H. studierte Naturwissenschaften an der Univ. Wien und wurde Redakteur des literarischen Teils der „Ostdeutschen Rundschau“. Er war Mitarbeiter einer Reihe von Zeitungen und Zeitschriften. In seinen literarischen Versuchen vor allem als Erz¨ahler, aber auch als Lyriker und Dramatiker wurde er u. a. von Detlev von → Liliencron unterst¨utzt. 1906 erschien H.s autobiographischer Roman Gottfrieds Sommer. ¨ C OBL

Hagenauer, Friedrich, Medailleur, Bildhauer, * 1495 / 1500 Straßburg, † nach 1546 K¨oln. H., vielleicht Sohn Nikolaus → H.s, kam nach der Wanderschaft 1525 an den M¨unchner Hof Herzog → Wilhelms IV. von Bayern, lebte 1527-32 in Augsburg und geriet dort in Streit mit den z¨unftigen Handwerkern, weil er als Bildhauer, Schnitzer und Portr¨atist arbeitete, ohne der entspre-

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Hagenauer chenden Zunft anzugeh¨oren. Seit 1532 war er in Straßburg, Baden und Schwaben t¨atig und zog anschließend rheinabw¨arts, wo er bis 1546 in K¨oln und Bonn nachweisbar ist. H. schuf Holzmodelle zu Silber- und Bronzegußmedaillen, die Portr¨ats regierender F¨ursten, geistlicher Oberh¨aupter und B¨urger darstellten. Seine K¨olner Arbeiten, darunter Bildnisse Philipp → Melanchthons, Martin → Bucers und Hermann von → Wieds (1543-46) spiegeln rheinische Reformationsgeschichte wider. H. gilt als einer der bedeutendsten Medailleure der deutschen Renaissance. C Lex Kunst

Hagenauer, (Johann) Georg, Baumeister, * 1746 Straß bei Ainring (Oberbayern), † 6. 4. 1835 Salzburg. H., Bruder von Johann Baptist und Wolfgang → H., wurde 1783 vom F¨urstbischof von Passau, Joseph Franz Anton Graf von → Auersperg, zum Baudirektor und Architekten ernannt, Um 1783 errichtete er in Passau das Theater und den Redoutensaal. In der Umgebung Passaus zeichnete er in den folgenden Jahren u. a. f¨ur das Schl¨oßchen Straß (um 1784), das Schl¨oßchen Haidenhof (um 1790) und das f¨urstbisch¨ofliche Lustschloß Freudenhain einschließlich der Anlagen im Garten (1792) verantwortlich. 1803 folgte H. einem Ruf nach Salzburg und wurde 1807 in o¨ sterr. Dienste u¨ bernommen. Hagenauer, Johann Baptist, Bildhauer, Graphiker, * 22. 6. 1732 Straß (heute zu Ainring, Kr. Berchtesgadener Land), † 9. 9. 1810 Wien. H., Sohn eines Bauern und Bruder von Wolfgang und Georg → H., wurde zun¨achst von dem Bildhauer Johann Georg → Itzlfeldner in Tittmoning ausgebildet, studierte von 1754 mindestens bis 1759 an der Wiener Kunstakademie und schuf Kleinplastiken. Von einem Aufenthalt in Italien kehrte er 1764 zur¨uck, wurde anschließend Hofstatuarius, Truchseß und Galerieinspektor in Salzburg und arbeitete eng mit seinem Bruder Wolfgang → H. zusammen (u. a. Mariens¨aule am Salzburger Domplatz, 1766-71). Mit dem Tod Erzbischof Sigismunds von Schrattenbach 1771 verlor H. seine Stellung in Salzburg, wurde 1774 Prof. der Bildhauerklasse der Kunstakademie Wien und u¨ bernahm 1780 die Direktion der Graveurschule, der er sich seit 1782 ausschließlich widmete. H.s Stiche, Zeichnungen und plastische Arbeiten weisen ihn als Mittler zwischen Barock und Klassizismus aus. C NDB Hagenauer, Nikolaus, auch Niclas H., Hagenover, Hagnower, von Hagenau, Bildhauer, * um 1445 wahrscheinlich Hagenau oder Straßburg, † 1526 / 38 Straßburg (?). H.s Identit¨at, Lebensumst¨ande und Œuvre gelten als ungekl¨art. 1493 erwarb er das Vollb¨urgerrecht in Straßburg und war 1495 Mitglied der Steltzenzunft. Gemeinsam mit seinen Br¨udern Paul und Veit schuf er vermutlich die Alt¨are der Stiftskirche und der Kapelle des Bischofs in Zabern, sicher den Hochaltar des Straßburger M¨unsters. 1496 war er f¨ur das Stift St. Margarete in Waldkirch im Breisgau t¨atig. Die Schreinfiguren des ber¨uhmten Isenheimer Altars (um 1490) werden ihm zugeschrieben. Ob Friedrich → H. sein Sohn war, ist ungewiß. C NDB

Hagenauer, Wolfgang, Baumeister, * 16. 10. 1726 Straß (heute zu Ainring, Kr. Berchtesgadener Land), † 16. 12. 1801 Salzburg. Der Bruder Johann Baptist und Georg → H.s wurde auf Kosten des F¨urstbischofs von Salzburg ausgebildet, studierte seit 1758 in Wien Architektur und Ingenieurwissenschaften und leitete seit 1760 als Hofbauverwalter das Bauwesen des Erzstifts Salzburg. Nach seinen Pl¨anen wurden mehrere klassizistische Kirchen (u. a. Dekanatskirche in Hallein, 1769-75) gebaut und Hochalt¨are gestaltet. H. vermaß Stadt und Land Salzburg sowie Flußl¨aufe und publizierte Kartenwerke. C Th-B

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Hagenbach, August, schweizer. Physiker, * 22. 12. 1871 Basel, † 11. 8. 1955 Basel. Der Sohn Eduard → H.s studierte an den Universit¨aten Ba¨ sel und Leipzig (Promotion 1894, Uber Thermoelemente aus Metallen und Salzl¨osungen), wurde Assistent an der Univ. Bonn und habilitierte sich dort 1898. 1904 wechselte er als Prof. an die TH Aachen. H. trat 1906 die Nachfolge seines Vaters als Inhaber des Physikalischen Lehrstuhls der Univ. Basel an und arbeitete u. a. auf den Gebieten Spektroskopie, elektrischer Lichtbogen und Rotationsdispersion. Er war Pr¨asident der Redaktionskommission der „Helvetica Physica Acta“ und f¨uhrendes Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften. Als einer der ersten arbeitete H. ¨ mit optischen Gittern. Er ver¨offentlichte u. a. Uber Diffusion von Gasen durch wasserhaltige Gelatine (1898), Der 2 elektrische Lichtbogen (1898, 1924), Die Physik der Sonne (1904), Atlas der Emissionsspektren der meisten Elemente (1905, mit Heinrich → Konen) und Die Stellung der Physik zu den Naturwissenschaften und der Technik (1907). C Poggendorff 4-6 Hagenbach, (Jacob) Eduard, auch Hagenbach-Bischoff, schweizer. Physiker, * 20. 2. 1833 Basel, † 23. 12. 1910 Basel. Der Sohn Karl Rudolf → H.s studierte Naturwissenschaften in Basel, Berlin, Genf und Paris (Promotion 1855), lehrte Physik und Chemie an der Gewerbeschule seiner Heimatstadt und habilitierte sich. 1862 wurde er o. Prof. der Mathematik an der Univ. Basel und hatte von 1863 bis zu seiner Emeritierung 1906 den Lehrstuhl der Physik inne. In seiner Rektoratsrede von 1870 behandelte H. Die Zielpunkte der physikalischen Wissenschaft. H. befaßte sich mit Viskosit¨at, Fluoreszenz, Gletscherkunde und mit speziellen Problemen der Elektrizit¨at, definierte den Begriff Z¨ahigkeit, stellte deren Temperaturabh¨angigkeit fest und formulierte Fließgesetze. Er war Pr¨asident der Gletscherkommission der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft und nahm an deren Vermessungen am Rhonegletscher teil. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Der elektromagnetische Rotationsversuch und die unipolare Induktion (1900) und La glace et les glaciers (1900). H. war der Vater von August → H. Hagenbach, Ernst, schweizer. Chirurg, * 25. 8. 1875 Basel, † 24. 1. 1946. H. studierte an den Universit¨aten Basel, Heidelberg und Berlin (Promotion in Basel 1902, Beitrag zur Kenntnis der angeborenen Sacrococcygealtumoren) und wurde an der Chirurgischen Klinik des Basler B¨urgerspitals zum Facharzt ausgebildet. 1906 er¨offnete er eine chirurgische Praxis und gr¨undete bald eine Privatklinik. H. habilitierte sich 1910 f¨ur Chirurgie an der Univ. Basel, wurde 1921 Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Basler Kinderspitals, 1925 a. o. Prof. und u¨ bernahm 1937 den Lehrauftrag f¨ur Orthop¨adie. Er befaßte sich u. a. mit angeborenen Mißbildungen sowie deren Behandlung durch eine m¨oglichst fr¨uhzeitige Operation und ver¨offentlichte u. a. Chirurgische Behandlung der Spina bifida (in: Jahrbuch f¨ur Kinderheilkunde, 1925). Hagenbach, Karl Rudolf, auch Hagenbach-Geigy, schweizer. reformierter Theologe, * 4. 3. 1801 Basel, † 7. 6. 1874 Basel. H., Sohn eines Professors f¨ur Botanik und Anatomie, studierte seit 1815 Philosophie, seit 1818 Theologie an der Univ. Basel und setzte seine Studien seit 1820 bei Friedrich → L¨ucke in Bonn sowie bei → Schleiermacher und → Neander in Berlin fort. 1823 habilitierte er sich f¨ur Kirchen- und Dogmengeschichte an der Univ. Basel und wurde im folgenden Jahr a. o., 1829 o. Professor. H. gr¨undete das „Kirchenblatt f¨ur die reformierte Schweiz“

Hagenbuch und rief gemeinsam mit Martin Leberecht de → Wette den Protestantisch-kirchlichen Hilfsverein der Schweiz ins Leben, den er 1842-74 leitete. Er war ein f¨uhrender Vertreter der Vermittlungstheologie. H. ver¨offentlichte u. a. eine Encyclop¨adie und Methodologie der theologischen Wissenschaften (1833, 121899) und eine Kirchengeschichte von der apostolischen a¨ ltesten Zeit bis zum 19. Jahrhundert (7 Bde., 1869-72). Er schrieb auch Gedichte (2 Bde., 1846). H. war der Vater von Eduard → H. C NDB

Hagenbeck, Carl (Gottfried Wilhelm Heinrich), Tierh¨andler, Tierparkbesitzer, * 10. 6. 1844 Hamburg, † 14. 4. 1913 Stellingen (heute zu Hamburg). H.s Vater, ein Fisch- und Tierh¨andler in St. Pauli, stellte erstmals 1848 Seehunde, 1852 Eisb¨aren aus und erwarb 1863 ein eigenes Grundst¨uck, von dem aus H., Halbbruder von John → H., seit 1866 eine Tierhandlung betrieb. Um dem wachsenden Bedarf der Zoologischen G¨arten an exotischen Tieren gerecht zu werden, sandte er eigene Fangexpeditionen aus, siedelte 1874 zum Hamburger Neuen Pferdemarkt um und veranstaltete dort sogenannte „V¨olkerschauen“. Sein 1887 gegr¨undeter Dressur-Zirkus ging bis 1953 auf Tournee (u. a. mit 1000 Tieren zur Weltausstellung nach Chicago 1893). H. gr¨undete 1907 in Stellingen (heute zu Hamburg) einen Tierpark, der als naturnaher „Wildpark“ konzipiert war, u. a. Z¨aune durch Wassergr¨aben ersetzte und Erfolge in der Akklimatisierung tropischer Tiere an das mitteleurop¨aische Klima aufweisen konnte. Er importierte Wildtiere zur Auffrischung europ¨aischer Nutztierrassen sowie u. a. die vom Aussterben bedrohten mongolischen Wildpferde. H. ver¨offentlichte u. a. Einfangen wilder Tiere (1910), Aus weiter Welt (1910) und Jugenderinnerungen. Entwicklung des Tierhandels (1911). Sein Erinnerungsbuch Von Tieren und Menschen (1908) wurde in zahlreiche Sprachen ubersetzt ¨ und mehrfach aufgelegt. 1912 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. Er war der Vater von Heinrich und Lorenz → H. C Hamburg Biogr, Bd 2

Hagenbeck, Carl-Heinrich, Tierh¨andler, Tierparkbesitzer, * 2. 4. 1911 Stellingen (heute zu Hamburg), † 1. 6. 1977 Suderberg / L¨uneburger Heide. Der Sohn Heinrich → H.s bereiste nach dem Abitur Europa, Asien und Afrika, trat 1930 in das Tierpark, Tierhandlung und Zirkus umfassende Familienunternehmen ein und wurde nach dem Tod seines Vaters neben seinem Onkel Lorenz → H. Mitinhaber der Firma. Er war maßgeblich am raschen Wiederaufbau des im Zweiten Weltkrieg zerst¨orten Tierparks und der Zirkus-Winterquartiere beteiligt, entsandte erstmals ¨ 1949 wieder Tierf¨anger nach Ubersee und leitete 1954 selbst eine Persien-Expedition. In den f¨unfziger Jahren betreute H. die Errichtung des gr¨oßten indischen Tierparks in Neu-Delhi, sp¨ater a¨ hnliche Projekte in Rom, Prag, Detroit und San Antonio sowie das 1970 er¨offnete neue Delphinarium in Stellingen. C Munzinger Hagenbeck, (Wilhelm) Heinrich (Ferdinand), Tierh¨andler, Tierparkbesitzer, * 5. 7. 1875 Hamburg, † 4. 2. 1945 Hamburg. Der Sohn Carl → H.s beteiligte sich bereits als Jugendlicher an Organisation und Durchf¨uhrung der vom Vater veranstalteten „V¨olkerschauen“, leitete 1895 selbst¨andig eine „Somali-Schau“ in London und wurde 1911 Mitinhaber der v¨aterlichen Firma. Gemeinsam mit seinem Bruder Lorenz → H. leitete er seit 1913 das Unternehmen. 1936 wurden im Stellinger Tierpark die Freianlage, die Elefantenunterk¨unfte, das Affenbassin und die Freisichtanlagen u. a. ¨ f¨ur B¨aren der Offentlichkeit pr¨asentiert. H. wurde mehrfach mit dem Aufbau und der Umgestaltung von Zoologischen G¨arten im Ausland beauftragt, u. a. in Seattle, Detroit und

Chicago. W¨ahrend des Zweiten Weltkriegs u¨ bertrug er einen Teil der Gesch¨afte seinem Sohn Carl-Heinrich → H. C Hamburg Biogr, Bd 2

Hagenbeck, John (Heinrich August), Filmproduzent, Kaufmann, * 15. 10. 1866 Hamburg, † 16. 12. 1940 Colombo (Sri Lanka). H., Halbbruder von Carl → H., durchlief eine Lehre bei seinem Vater und reiste danach bis 1890 als Veranstalter von „V¨olkerschauen“ durch Deutschland und Europa. 1886 hielt er sich erstmals in Ceylon auf, wohin er 1891 auswanderte. Er war dort als selbst¨andiger Schiffs- und Tierlieferant sowie als Plantagenbesitzer und Vertreter der Carl Hagenbeck’s Ceylon Tee GmbH t¨atig. Mit Beginn des Ersten Weltkrieges von den Briten ausgewiesen, kehrte H. nach Deutschland zur¨uck, leitete 1916 / 17 den Tierpark seiner Familie, gr¨undete 1918 die John Hagenbeck-Film GmbH in Berlin, die 1919-23 vierzehn Spielfilme mit fast ausnahmslos exotischen Sujets produzierte (u. a. Darwin, 1920), und organisierte seit 1924 erneut Tourneen ausl¨andischer Schautruppen. 1927 kehrte er nach Ceylon zur¨uck und gr¨undete 1929 einen Tierpark in Colombo. H. ver¨offentlichte u. a. F¨unfundzwanzig Jahre Ceylon (1922, 41926), Kreuz und quer durch die indische Welt (1922, 31923) und S¨udasiatische Fahrten C Hamburg Biogr, Bd 2 und Abenteuer (1924). Hagenbeck, Lorenz (Amandus Gottfried), Tierh¨andler, Zirkus- und Tierparkbesitzer, * 2. 4. 1882 Hamburg, † 26. 2. 1956 Hamburg. Der Sohn Carl → H.s tat 1902 in das v¨aterliche Tierparkund Zirkusunternehmen ein und wurde 1911 gemeinsam mit seinem Bruder Heinrich → H. Mitinhaber der Firma Carl Hagenbeck. Seit 1903 leitete er selbst¨andig Expeditionen zum Tierimport und brachte u. a. die ersten lebenden See-Elefanten und seltene Pinguinarten nach Deutschland. 1910 richtete er eine „Tier- und V¨olkerschau“ in Buenos Aires ein, war am Ausbau des Tierparks Stellingen maßgeblich beteiligt und unternahm Zirkusreisen nach Ostasien und S¨udamerika. Nach dem Ersten Weltkrieg vor¨ubergehend zur Schließung des Tierparks gezwungen, bauten die Br¨uder das Familienunternehmen wieder auf und gr¨undeten unter dem Namen „Circus Carl Hagenbeck“ Dependancen in Essen und Wien. 1933 / 34 unternahm H. eine Welttournee, die ihn bis ¨ nach China, Indien und Agypten f¨uhrte. Seit 1945 widmete er sich u¨ berwiegend dem Zirkusbetrieb, der jedoch 1953 eingestellt werden mußte. H. ver¨offentlichte Den Tieren geh¨ort mein Herz (1955, 31967). C Hamburg Biogr, Bd 2 Hagenbeck, Willy, Dompteur, Zirkusbesitzer, * 4. 11. 1884 Hamburg, † 12. 5. 1965 Br¨uggen (Rheinland). H., Neffe Carl → H.s, erlernte von seinem Vater die Raubtierdressur und trat seit 1903 als Dompteur mit Eisb¨aren, Tigern, L¨owen und Elefanten auf. Seit 1908 Leiter der v¨aterlichen Raubtierdressur-Schau, gr¨undete er 1914 den „Zirkus Willy Hagenbeck“, den er nach der R¨uckkehr aus dem Ersten Weltkrieg 1918-32 erfolgreich f¨uhrte. Danach richtete er Tiere f¨ur Zoologische G¨arten in den Niederlanden ab, wechselte 1945 nach Alfeld / Leine und baute dort seinen Zirkus wieder auf. H. ver¨offentlichte u. a. Original Raubtier – Dressurschau Circus Willy Hagenbeck (1959). C Munzinger Hagenbuch, Johann Kaspar, schweizer. Klassischer Philologe, * 20. 8. 1700 Glattfelden (Kt. Z¨urich), † 6. 6. 1763. H. studierte am Z¨urcher Carolinum Theologie und wurde 1720 ordiniert. Er unternahm Studienreisen durch die Schweiz und zeichnete r¨omische Inschriften auf. Seit 1730 Prof. der Eloquenz am Z¨urcher Carolinum, u¨ bernahm er im folgenden Jahr die Professur f¨ur Profangeschichte, 1735 diejenige f¨ur Griechisch und Latein und wurde 1749 Chorherr,

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Hagendorff 1756 Kanonikus sowie Prof. der Theologie. H. war Mitglied der Akademien in Cortona und Florenz (1748), Paris (1752) und G¨ottingen (1754). Er ver¨offentlichte u. a. epigraphische Abhandlungen. H.s handschriftlichen Nachlaß benutzte u. a. Theodor → Mommsen f¨ur seine Ausgaben r¨omischer Inschriften in der Schweiz. C ADB

Hagendorff, (Johann Christoph) Wilhelm, Schauspieler, Unternehmer, * um 1756 Zerbst, † 10. 8. 1825 Lehe (heute zu Bremerhaven). ¨ Uber H.s Herkunft und Ausbildung ist nichts bekannt. Er kam 1788 als Mitglied der Hentschelschen Theatertruppe nach Oldenburg und ließ sich dort mit seiner Familie nieder. Zun¨achst Tanzmeister, wurde er sp¨ater Landwirt in Rastede und widmete sich schließlich dem Tuchhandel. Mit Unterst¨utzung des Herzogs → Peter gr¨undete er 1790 eine Leinenbleiche in Rastede, die einen raschen Aufschwung nahm, 1820 jedoch infolge des zunehmenden Baumwollhandels wieder verkleinert werden mußte. Im folgenden Jahr zog sich H. auf seinen Bauernhof in Lehe zur¨uck und befaßte ¨ sich mit Schnapsbrennerei und der Kultivierung von Odland. C Oldenburg Hagenhofer, Franz, o¨ sterr. Politiker, * 30. 9. 1855 Safenhof bei Kaindorf (Steiermark), † 5. 4. 1922 Safenhof. H. u¨ bernahm 1884 den v¨aterlichen Bauernhof. Seit 1882 Mitglied der Bezirksvertretung Hartberg, wurde er sp¨ater Gemeindevorstand von Kopfing, 1886 Abgeordneter des steirischen Landtags und 1889 in den Reichsrat gew¨ahlt. H. organisierte und f¨uhrte die konservative Bauernschaft, war Gr¨under und Obmann des kath. Bauernverbandes f¨ur Mittel- und Obersteiermark sowie Pr¨asident der Bauernvereinskasse. Seit 1909 Beisitzer des Landesausschusses, hatte er Anteil an der Ausarbeitung wichtiger Agrargesetze der Steiermark. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde H. Mitglied der Landesversammlung, der Wirtschaftskommission ¨ und des Landesrats. C OBL Hagenow, (Karl) Friedrich von, Pal¨aontologe, Kartograph, * 19. 1. 1797 Langenfelde (Neu-Vorpommern), † 18. 10. 1865 Greifswald. Nach dem Studium der Mathematik und Technologie an der Univ. Greifswald (seit 1809) war H. in der Verwaltung und als Landwirt t¨atig und ließ sich 1823 als Privatgelehrter in Loitz nieder. 1832-50 betrieb er eine Kreideschlemmerei in Greifswald, hielt 1832-35 Vorlesungen u¨ ber Feldmeßkunst an der Landwirtschaftlichen Akademie in Eldena und ver¨offentlichte kartographische Aufnahmen von R¨ugen und Pommern (1819, 1830, 1839). Seit 1850 betrieb er ausschließlich geologische, pr¨ahistorische und pal¨aontologische Forschungen. Mit seinen Forschungen begr¨undete er die Kreideindustrie auf R¨ugen. Sein patentiertes Diopter wurde auf der Pariser Weltausstellung 1856 ausgezeichnet. Zu H.s Publikationen z¨ahlen eine Monographie der Kreide-Versteinerungen Neu-Vorpommerns und R¨ugens (in: Jahrb¨ucher f¨ur Mineralogie, Geognosie, Geologie und Petrefaktenkunde, 1842) und Patent-Dicatopter. Ein Apparat zum Abbilden von Gegenst¨anden der Natur und Kunst (1851). Postum erschien Vorgeschichtliche Gr¨aber auf R¨ugen und in Neuvorpommern (hrsg. von Rudolf Baier, 1904). C Leb Pommern, Bd 3 ¨ Hager, Balthasar, Jesuit, Theologe, * 1572 Uberlingen, † 9. 3. 1627 W¨urzburg. Seit 1593 Mitglied der Gesellschaft Jesu, lehrte H. in W¨urzburg Philosophie und Theologie und war Rektor der Kollegien in Mainz (seit 1611), Heiligenstadt (1621-24) und W¨urzburg (1624-27). Er wurde mit Kontroversschriften gegen Abraham → Scultetus bekannt und verfaßte einen KleiC NDB nen Wegweiser zum wahren Glauben (1625).

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Hager, Edmund, Benediktiner, Theologe, * 31. 5. 1829 Straßwalchen (Salzburg), † 24. 10. 1906 Innsbruck. Seit der Priesterweihe 1853 war H. Seelsorger an verschiedenen Orten, trat 1863 in die Benediktinerabtei St. Peter in Salzburg ein und legte 1867 die Profeß ab. 1868-71 war er Bibliothekar und Bruderschaftssekret¨ar, anschließend Extraordinarius am Nonnberg, seit 1874 K¨ammerer und Ge¨ neraldirektor des Kindheit-Jesu-Werkes f¨ur Osterreich. Mit seinen der Jugendseelsorge gewidmeten Gr¨undungen sozialer Einrichtungen (Bruderschaften, Erziehungsanstalten und ¨ B¨uchervereine) galt er als „Don Bosco Osterreichs“. H. redigierte seit 1884 die Monatsschrift „Der christliche Kinderfreund“ und ver¨offentlichte u. a. Die Mission der Kinder ¨ (1873, 81892). C OBL Hager, Franziska, Schriftstellerin, * 27. 6. 1874 Traunstein, † 17. 9. 1960 M¨unchen. H. besuchte 1889-93 die Lehrerinnenbildungsanstalt Aschaffenburg und war als Volksschullehrerin in Prien, Bernbeuren und M¨unchen t¨atig. 1904 trat sie aus gesundheitlichen Gr¨unden in den Ruhestand und lebte als freie Schriftstellerin in M¨unchen. H. schrieb Dramen und Opernlibretti (Thamar, 1914; Musik Wilhelm → Mauke), heimatkundliche Werke (Meine Erde. Eine Kulturgeschichte des Chiemgaus, 1936-40) und autobiographisch gepr¨agte Prosa (Die Schulmeisterkinder. Vom Leben um ein Dorfschulhaus, 1929). C DLL Hager, Fritz-Peter, schweizer. Philosoph, * 1. 8. 1939 Thun (Kt. Bern), † 15. 10. 1997 Adelboden (Kt. Bern). H., Sohn eines Gastwirts, studierte Philosophie, Klassische Philologie und P¨adagogik an der Univ. Bern, wurde 1961 promoviert (Die Vernunft und das Problem des B¨osen im Rahmen der platonischen Ethik und Metaphysik, 1963, 2 1970) und war 1963-66 Mitarbeiter am Anthropologischen Institut der Stiftung Lucerna in der Schweiz. Seit 1968 Assistent an der Univ. Bern, habilitierte er sich 1969 mit der Arbeit Der Geist und das Eine. Untersuchungen zum Problem der Wesensbestimmung des h¨ochsten Prinzips in der griechischen Philosophie (1970), wurde 1978 a. o. Prof. an der Univ. Z¨urich und war seit 1986 Ordinarius f¨ur historisch-systematische P¨adagogik. H. war einer der Tr¨ager der Pestalozzi-Forschung in Z¨urich, Mitbegr¨under der „Neuen Pestalozzi-Studien“ und trat mit Ver¨offentlichungen u. a. zum philosophischen und p¨adagogischen Platonismus, zur Aufkl¨arungsphilosophie und Aufkl¨arungsp¨adagogik sowie zu → Pestalozzi hervor, darunter Pestalozzi und Rousseau (1975), Plato Paedagogus (1981), Gott und das B¨ose im antiken Platonismus (1987), Wesen, Freiheit und Bildung des Menschen (1989) und Aufkl¨arung, Platonismus und Bildung bei Shaftesbury (1993). C BEdPh Hager, Georg, auch J¨org H., Meistersinger, getauft 26. 11. 1552 N¨urnberg, begraben 10. 10. 1634 N¨urnberg. Von Beruf Schuhmacher, war H. war wie sein Vater Sch¨uler von Hans → Sachs und seit etwa 1569 Meistersinger. Seine Wanderschaft, die er um 1575 begann, f¨uhrte ihn u. a. nach Steyr und Breslau. 1580 kehrte er nach N¨urnberg zur¨uck, nahm seit 1587 wieder am Betrieb der N¨urnberger Singschule teil und wurde 1608 Merker, 1619 Senior-Merker und damit Leiter der Schule. H. sammelte fremde und eigene Meisterlieder in mindestens 13 umfangreichen Liederb¨uchern, von denen u. a. das letzte (gebunden 1601) erhalten ist. Er schrieb u¨ ber 900 Meisterlieder und komponierte 17 eigene Meistert¨one. C MGG Hager, Georg, Kunsthistoriker, Denkmalpfleger, * 20. 10. 1863 N¨urnberg, † 10. 8. 1941 M¨unchen. H., Sohn eines Milit¨armusikers, studierte bei Wilhelm Heinrich → Riehl, Franz → Reber und Berthold → Riehl, wurde 1887 an der Univ. M¨unchen promoviert (Die romanische

Hager Kirchenbaukunst Schwabens) und kam im selben Jahr an das Bayerische Nationalmuseum. Zun¨achst Bibliothekar und wissenschaftlicher Sekret¨ar, wandte er sich sp¨ater der Denkmalpflege zu und wurde 1894 Konservator und Leiter der Inventarisierung der Kunstdenkm¨aler Bayerns, die er f¨ur das o¨ stliche Oberbayern und die Oberpfalz vorlegte (Die Kunstdenkm¨aler des K¨onigreichs Bayern. Bd. 2: Oberpfalz und Regensburg, Heft 1-8, 1905-07). H. wurde 1907 stellvertretender Direktor des Bayerischen Nationalmuseums, 1908 Leiter des Generalkonservatoriums der Kunstdenkmale und Altert¨umer Bayerns, des heutigen Landesamtes f¨ur Denkmalpflege. Er war außerordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. C NDB

und 1908 als o. Prof. der Ingenieurwissenschaften Inhaber des neugegr¨undeten Lehrstuhls f¨ur Eisenbetonbau der TH M¨unchen. Daneben hielt er Vorlesungen u¨ ber Eisenbahnwesen und war 1917-19 Rektor der Hochschule. 1919 wurde er Direktor der Bayerischen Landesgewerbeanstalt in N¨urnberg. H. ver¨offentlichte u. a. Berechnung ebener, rechteckiger Platten mittels trigonometrischer Reihen (1911), Theorie des Eisenbetons (1916) und Versuche zur Feststellung der Scherfestigkeit und der Wasserdichtigkeit des Betons in den Arbeitsfugen bei verschiedener Fugenbehandlung (mit Emil Nenning, 1931). 1920 gab er das Buch Technischer Wortschatz heraus. C NDB

Hager, (Hans) Hermann (Julius), Pharmazeut, Fabrikant,

Hager, Konrad, Waldenser, * Ende 13. Jh. Dinkelsb¨uhl, † nach 1342 Avignon (?). Magister H. war etwa seit 1320 bisch¨oflicher Jurist und Schulrektor in W¨urzburg. 1342 wurde er wegen Verbreitung waldensischer Lehren in einem o¨ ffentlichen Gerichtsverfahren unter dem Generalvikar → Hermann von Schildesche angeklagt, nach seinem Widerruf wieder in die Kirche aufgenommen und zur S¨uhne inhaftiert. Im Gef¨angnis verfaßte er ein Gedicht, das Hermann von Schildesche in seinen „Tractatus“ gegen die Waldenser aufnahm. H. wurde daraufhin freigelassen, ließ jedoch von den waldensischen Lehren nicht ab. Er starb an der p¨apstlichen Kurie den Feuertod. C NDB

* 3. 1. 1816 Berlin, † 24. 1. 1897 Neuruppin. Nach der praktischen Ausbildung zum Apotheker in Salzwedel und der Wanderschaft legte H., Sohn eines Arztes, 1841 ohne vorhergegangene Universit¨atsstudien die pharmazeutische Staatspr¨ufung in Berlin ab. 1843 erwarb er eine Apotheke in Fraustadt, zog 1859 nach Berlin und kaufte 1871 eine Pulverm¨uhle bei F¨urstenberg / Oder. 1881 ließ er sich in Frankfurt / Oder nieder. Als einer der fruchtbarsten pharmazeutischen Schriftsteller seiner Zeit ver¨offentlichte er eine Reihe von Standardwerken (u. a. Manuale pharmaceuticum, 2 Bde., 1859-73, 71902), gr¨undete 1859 die Zeitschrift „Pharmaceutische Centralhalle“ und war Mitherausgeber der „Industriebl¨atter“ (1863-94). H. entdeckte zahlreiche neue Pr¨ufungsmethoden, u. a. auf dem Gebiet der Lebensmittelchemie, und entwickelte pharmazeutische Apparate. Die Univ. Jena verlieh H. den Dr. phil. und den Dr. med. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Medicamenta homoeopathica et isopathica omnia (1861), Das Mikroskop und seine Anwendung (1866, 141932, frz. 1884), Erster Unterricht des Pharmaceuten (1868, ab 2. Aufl. 2 Bde., Bd. 1: Chemisch-pharmaceutischer Unterricht, 1871, 41885, Bd. 2: Botanischer Unterricht, 1880, 31885). C NDB

Hager, Johann Georg, Philologe, Geograph, * 24. 3. 1709 Oberkotzau bei Bayreuth, † 17. 10. 1777. Nach dem Studium an der Univ. Leipzig (Promotion 1738, Dissertatio de ritibus veterum Germanorum circa matrimonia ineunda) wurde H. Lehrer der Philologie, Geschichte und Geographie und leitete 1741-77 das Lyzeum in Chemnitz. Er ver¨offentlichte historische und altphilologische Unterrichtswerke, machte sich jedoch vor allem um Einf¨uhrung und Ausgestaltung der Schulgeographie verdient (u. a. Ausf¨uhrliche Geographie, 3 Bde., 1746 / 47, 41773 / 74). C ADB

Hager, Joseph, Germanist, Sinologe, * 30. 4. 1757 Mailand, † 27. 6. 1819 Pavia. Einer deutschen Familie entstammend, studierte H. in Wien und Rom und wurde Mitarbeiter der Kaiserlichen Gesandtschaft in Konstantinopel. Er unternahm Studienreisen durch Europa, wurde 1806 Prof. der deutschen Sprache und Literatur an der Univ. Oxford und ging 1809 als Prof. der orientalischen Sprachen nach Pavia; zuletzt war er Konservator an der Pinacoteca di Brera in Mailand. H. ver¨offentlichte in deutscher, italienischer, englischer und franz¨osischer Sprache Reise- und Forschungsberichte, u. a. Elements of the Chinese language (1806). C Kosch: Kath

Hager, Karl (Heinrich), Ingenieur, * 17. 1. 1868 Mainz, † 25. 12. 1946 Simbach / Inn. H., Sohn eines Kaufmanns und Fabrikanten, studierte 1889-93 Bauingenieurwesen an den Technischen Hochschulen Dresden und M¨unchen und trat 1896 in den h¨oheren Staatsbau- und Eisenbahndienst ein, f¨ur den er in N¨urnberg, Ingolstadt und M¨unchen t¨atig war. Seit 1906 Dozent f¨ur Eisenbetonbau an der TH M¨unchen, wurde er im folgenden Jahr Direktionsrat im Bayerischen Verkehrsministerium

Hager, Kurt (Leonhard), Deckname: Felix Albin, Politiker, * 24. 7. 1912 Bietigheim, † 18. 9. 1998 Berlin. H., Sohn eines Herrschaftsdieners, trat 1930 in die KPD ein, arbeitete als Journalist und wurde nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten zeitweilig inhaftiert. Danach emigriert, nahm er 1937-39 als Journalist auf seiten der Internationalen Brigaden am Spanischen B¨urgerkrieg teil und lebte dann in Frankreich und Großbritannien. 1946 kehrte er nach Berlin (Ost) zur¨uck, war bis 1948 stellvertretender Chefredakteur des „Vorw¨arts“ und wurde 1949 o. Prof. der Philosophie an der Humboldt-Universit¨at. H. war seit 1954 Mitglied des Zentralkomitees der SED, wurde 1955 Sekret¨ar f¨ur Wissenschaft und Kultur, 1963 Mitglied des Politb¨uros und war seit 1976 Mitglied des Staatsrats, seit 1979 des Nationalen Verteidigungsrats der DDR. Als Leiter (seit 1958) der Ideologischen Kommission, der ¨ Schulkommission und der Arztekommission beim Politb¨uro war er einer der einflußreichsten Kulturpolitiker der DDR und wurde 1966 Pr¨asidiumsmitglied des Forschungsrats der ¨ DDR. 1989 schied er aus seinen Amtern aus und wurde 1990 aus der SED / PDS ausgeschlossen. H. ver¨offentlichte u. a. Der dialektische Materialismus – die theoretische Grundlage der Politik der SED (1958), Humanismus und Wissenschaft (1961), Wissenschaft und Technologie im Sozialismus (1974) und Erinnerungen (1996). C DDR Hager, Werner, Kunsthistoriker, * 13. 7. 1900 Dresden, † 9. 5. 1997 Oberhausen (Oberbayern). Der einer s¨achsischen Offiziersfamilie entstammende H. studierte seit 1920 Geschichte, Literatur, Kunstgeschichte, Arch¨aologie und Philosophie in Genf, Basel, M¨unchen und Berlin. 1925 / 26 setzte er seine Studien an der Bibliotheca Hertziana in Rom fort und wurde 1927 in Basel promoviert. 1928 war er als Volont¨ar an der Berliner Gem¨aldegalerie t¨atig und wurde danach Assistent an der University of Wisconsin in Madison. 1931 wechselte H. als Assistent von August → Grisebach an die Univ. Heidelberg, wo er seine Habilitationsschrift u¨ ber Das geschichtliche Ereignisbild (1939) verfaßte. 1937-65 geh¨orte er der Univ. M¨unster an, zun¨achst als Dozent, seit 1943 als a. o. Prof. und seit 1950 als Ordinarius. H. besch¨aftigte sich vor allem mit Hi-

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Haggenmacher storienmalerei und Barockarchitektur; er ver¨offentlichte u. a. Die Bauten des deutschen Barock (1942) und Geschichte in Bildern. Studien zur Historienmalerei des 19. Jahrhunderts (1989). C Metzler Kunsthistoriker

Haggenmacher, (Gustav) Adolf, schweizer. Forschungsreisender, * 3. 5. 1845 Limmatau bei Brugg (Kt. Aargau), † 20. 11. 1875 Tadjurra bei Aussa. Zun¨achst Lehrling eines Basler Handelshauses, ging H., Sohn eines Kaufmanns und Tonwarenfabrikanten, 1865 zur weiteren kaufm¨annischen Ausbildung nach Kairo, war dort Kommis und Buchhalter, Klavierlehrer und Leiter eines deutschen Gesangvereins und studierte verschiedene Sprachen (u. a. hinterließ er das Manuskript einer Grammatik der Somalisprache). 1868 reiste er erstmals nach Khartum, stand f¨unf Jahre in den Diensten einer Missionsgesellschaft im Sudan und unternahm mehrere Reisen, zum Teil mit seiner Familie, durch Abessinien. H. wurde enger Mitarbeiter seines Landsmanns Werner → Munzinger, reiste durch die Somali- und Gallagebiete (Reise im Somali-Lande 1874, 1876), sammelte gewerbliche und landwirtschaftliche Produkte (u. a. f¨ur die Wiener Weltausstellung 1873) sowie abessinische Schriften und zeichnete Erz¨ahlgut der Nomaden auf. Seit 1875 Stellvertreter des Generalgouverneurs Munzinger in Kassala und Massaua, legte er als Schiedsrichter ¨ die Grenze zwischen Agypten und Abessinien fest. An August → Petermann und die a¨ gyptische Regierung sandte er Expeditionsberichte. H. starb als Stabsoffizier bei einem Eroberungsfeldzug. C Biogr Lex Aargau

Haggenmuller, ¨ Johann Baptist, Historiker, * 20. 4. 1792 Kempten, † vor 18. 2. 1862 Kempten. Nach Abschluß seiner Studien in Landshut 1812 nahm H. an den Befreiungskriegen teil und wurde 1817 Lehrer am Gymnasium in Dillingen. Seit 1819 Inspektor und Dozent am Schullehrerseminar Kaiserslautern, wurde er nach einem Duell an das Gymnasium Landshut versetzt. Wegen liberaler politischer Gesinnung vorzeitig pensioniert, befaßte sich H. mit Studien zu seinem Hauptwerk Geschichte der Stadt und der gef¨ursteten Grafschaft Kempten (2 Bde., 1840-47) und geh¨orte 1848 / 49 der Frankfurter Paulskirche und dem Rumpfparlament an. C Leb Bayer Schwaben, Bd 1 Hagius, Johann, evang. Theologe, Komponist, * um 1530 Marktredwitz, † nach 1575 Marktredwitz (?). H. verließ nach dreij¨ahrigem Studium 1556 die Univ. Wittenberg als Magister artium und wurde Prediger im oberpf¨alzischen Reichenbach. Um 1569 scheint er von dort vertrieben worden zu sein, wurde 1570 Stadtprediger in Eger und stand seit 1574 unter Hausarrest, nachdem bekannt geworden war, daß er der Autor eines Spottgedichts gegen die Stadt Erfurt aus dem Jahr 1571 war. Mitte 1575 kehrte H. in seine Geburtsstadt zur¨uck. Er komponierte zahlreiche Liedmotetten als Symbola, u. a. Symbolon [. . .] Lutheri und Philippi Melanchthonis (1572). C MGG Hagius, Konrad, S¨anger, Komponist, Kapellmeister, * 1550 Rinteln, † vor 23. 9. 1616 Rinteln. H. war 1581 / 82 Bassist an der Stuttgarter Hofkapelle, 1584 Hofkomponist Graf → Edzards II. von Ostfriesland in Emden und stand in D¨usseldorf seit 1586 als Musiker in den Diensten Herzog → Johann Wilhelms des Reichen von J¨ulich. Er bereiste in den neunziger Jahren Mittel- und Osteuropa und war 1600-03 sowie 1607-09 Bassist in der Stuttgarter Hofkapelle, zwischenzeitlich u. a. kurpf¨alzischer Musikus (1604). 1609 folgte er der Berufung des Grafen Ernst III. von Holstein-Schauenburg und Sternberg nach B¨uckeburg, stellte als Hofkapellmeister eine Hofmusik auf und wurde 1611 als Hofkapellmeister mit dem Auftrag, j¨ahrlich Kompositionen zu liefern, in seine Heimatstadt entlas-

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sen. H. ver¨offentlichte u. a. eine als Lehrwerk konzipierte Vertonung von Kaspar → Ulenbergs Werk Die Psalmen Davids [. . .] (1589). C MGG

Hagius, Petrus, eigentl. Peter Hagen, Dichter, * Juni 1569 Henneberg bei Heiligenbeil (Ostpreußen), † 31. 8. 1620 K¨onigsberg. H., Sohn eines K¨olmers, studierte seit 1584 an den Universit¨aten K¨onigsberg, Helmstedt und Wittenberg und wurde 1598 Rektor der Schule im ostpreußischen Lyck, 1602 der Domschule K¨onigsberg. Zu seinen Sch¨ulern z¨ahlte u. a. Simon → Dach. 1607 wurde H. zum Magister promoviert. Er war mit Johannes → Eccard befreundet, zu dessen Kompositionen er geistliche Lieder, darunter Freu dich, du werte Christenheit!, schrieb. H. verfaßte auch geistliche Erbauungsschriften in poetischer Form, u. a. Praxis pietatis maxime quaestuosae (1611). C BBKL Hagke, Friedrich Bernhardt Frh. von, Beamter, Landrat, * 15. 2. 1822 Pegau, † 5. 10. 1874 Rittergut Schilfa. Nach dem Studium der Kameralwissenschaften 1841 / 42 in G¨ottingen und Bonn bereiste H. bis 1845 die Schweiz, Frankreich und Italien. Seit 1850 war er bei der Regierung in Erfurt t¨atig. 1852 wurde er zum Landrat des Kreises Weißensee ernannt, den er bis zu seinem Tod leitete. 1863 publizierte er eine statistische Beschreibung des Kreises; 1867 erschien als Beitrag zu einem Codex Thuringiae diplomaticus sein umfangreiches Werk Urkundliche Nachrichten u¨ ber die St¨adte, D¨orfer und G¨uter des Kreises Weißensee. H. war seit 1867 f¨ur die Reichs- und Freikonservative Partei Mitglied des Reichstags des Norddeutschen Bundes und bis 1873 des Deutschen Reichstags. 1868 legte er dem Reichstag ¨ eine Brosch¨ure Uber die Wiederherstellung eines deutschen Reichsarchivs und die Reformen im Archivwesen vor, in der eine Zentralisation s¨amtlicher norddeutscher Archive vorgeschlagen wurde. C ADB Hagleitner, Kaspar (Benedikt), kath. Theologe, Tiroler Freiheitsk¨ampfer, * 5. 1. 1779 Kirchberg im Brixental (Tirol), † 12. 8. 1836 Kalksburg (heute zu Wien). Nach der Priesterweihe 1806 wurde H., Sohn eines Bauern, Koadjutor in Hopfgarten und 1809 Feldpater. Er verweigerte den Treueid auf Napoleon, mußte die Erzdi¨ozese Salzburg verlassen und schloß sich Andreas → Hofer an. 1809 wurde er von bayerischen Truppen in Aschau bei Kirchberg gefangengenommen. 1814 rief H. erneut zum Aufstand gegen Bayern auf und war seit demselben Jahr Provisor, sp¨ater Vikar in W¨orgl. Wegen seiner Verbindung zu der den Freiheitsk¨ampfern nahestehenden Sekte der Manharter mehrmals strafversetzt, versah er seit 1820 die Pfarrei Kalksburg. C NDB Hagmayer, Johann, Buchbinder, 15. Jh. H., Ulmer Buchbinder im letzten Viertel des 15. Jh., wurde durch die mit Tierdarstellungen (u. a. Lamm, Pelikan) verbundenen Stempel seines Namens bekannt. Als einer der ersten verwendete er u. a. Plattenstempel mit Tierdarstellungen nach Vorbildern in Kupfer gestochener Spielkarten sowie gepreßte Ledertapete als Surrogat f¨ur die aufwendigen Lederschnitteinb¨ande. C NDB

Hagn, Charlotte von, eigentl. Carolina (Josepha) H., Schauspielerin, * 9. 11. 1809 M¨unchen, † 23. 4. 1891 M¨unchen. Die Tochter eines Kaufmanns und Schwester Ludwig von → H.s erhielt ihre Ausbildung bei Marianne Lang-Boudet und wurde nach ihrem Deb¨ut am M¨unchner Hoftheater 1826 in das dortige Ensemble aufgenommen. H. wurde durch ihre Darstellungen von Liebhaberinnen und Salondamen, sentimentaler, komischer und Hosenrollen ber¨uhmt. Gastspiele f¨uhrten sie u. a. nach Wien (1829), Dresden und

Hahn Berlin (1831). 1840 erhielt sie einen Vertrag auf Lebenszeit am Hoftheater Berlin, unternahm ausgedehnte Tourneen und war eine der beliebtesten deutschen Schauspielerinnen der Biedermeierzeit. Carl → Blum und Louis → Schneider schrieben St¨ucke f¨ur sie. Nach ihrer Ehe mit einem schlesischen Gutsbesitzer 1846-51 kehrte H. nicht mehr zur B¨uhne zur¨uck. C Kosch: Theater

Hagn, Ludwig von, Maler, * 23. 11. 1819 M¨unchen, † 15. 1. 1898 M¨unchen. Der Bruder Charlotte von → H.s war f¨ur die milit¨arische Laufbahn bestimmt und wandte sich nach dem Tod des Vaters der k¨unstlerischen Ausbildung zu. Er trat 1840 in Berlin in das Atelier Wilhelm → Krauses ein, studierte nach seiner R¨uckkehr nach M¨unchen u. a. bei Peter → Hess an der Kunstakademie und bei Albert → Zimmermann und reiste 1846 nach Antwerpen und Br¨ussel. 1850-53 hielt er sich in Berlin, 1853-55 in Paris und 1863-65 in Italien auf. H. war mit Franz → Lenbach, der ihn mehrmals portr¨atierte, befreundet. Als sein Hauptwerk gilt die Fronleichnamsprozession auf dem Marienplatz in M¨unchen 1760. C Th-B Hagnauer, Gottlieb, schweizer. Lehrer, * 24. 8. 1796 Aarau, † 19. 6. 1880 Aarau. Bei → Pestalozzi in Yverdon zum Lehrer ausgebildet, studierte H. sp¨ater an der Univ. K¨onigsberg Rechtswissenschaft und Philosophie, seit 1818 an der neugegr¨undeten Univ. ¨ Bonn Geschichte, Asthetik und Literaturwissenschaft. 1822 kehrte er als Lehrer nach Aarau zur¨uck, wechselte mehrmals die Schulen und lehrte 1835-62 Geschichte und Geographie an der dortigen Kantonsschule. Als Demokrat trat er u. a. f¨ur die Polenfl¨uchtlinge der Jahre 1831-33 und 1864 ein, nahm an den Aargauer Verfassungsk¨ampfen 1839-41 teil und ¨ war 1845 Freisch¨arler. Er ver¨offentlichte Ubersetzungen ins Deutsche, darunter Stefano Franscinis Statistik der Schweiz (1829). C Biogr Lex Aargau

Hagner, Walter, S¨anger, * 23. 9. 1900 Freiburg / Breisgau, † 28. 9. 1987 Marquartstein (Oberbayern). H. begann seine Karriere als Bassist 1921-23 am Stadttheater von Freiburg / Breisgau, sang 1923-26 am Landestheater in Darmstadt und kam u¨ ber das Stadttheater von Mainz an die Vereinigten Theater in Elberfeld-Barmen (1927-31). 1931-41 Mitglied des Opernhauses in D¨usseldorf, trat er 1941-44 am Stadttheater von Straßburg auf und geh¨orte 1946-54 dem Ensemble der W¨urttembergischen Staatsoper in Stuttgart an, an der er noch bis 1961 als Gast auftrat. H. war auch als Konzerts¨anger erfolgreich. 1946 sang er die Partie des Riedinger in der deutschen Premiere von Paul → Hindemiths Mathis der Maler. C Kutsch

Hahl, Albert, Beamter, * 10. 9. 1868 Gern (Niederbayern), † 25. 12. 1945 Gern. H., Sohn eines Brauereibesitzers, trat nach dem Studium der Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft in den Reichskolonialdienst ein und wurde Richter in Herbertsh¨ohe in Neuguinea. 1899 wurde er Vizegouverneur, sp¨ater Gouverneur der Karolinen, Marianen und Palau-Inseln. Als Gouverneur von Deutsch-Neuguinea (1902-14) unterstand ihm neben den Samoa-Inseln das gesamte deutsche Kolonialgebiet in der S¨udsee. H. f¨orderte u. a. den Plantagenbau und die wissenschaftliche Erschließung des ihm unterstehenden Gebiets, durchquerte als erster Europ¨aer 1908 die Salomonen-Insel Bougainville und war maßgeblich an der Planung und Durchf¨uhrung der wichtigsten deutschen Expeditionen seiner Zeit beteiligt. Seit 1919 war er Leiter der Neuguinea-Kompanie, die sich in Venezuela und im Kamerun bet¨atigte. H. ver¨offentlichte u. a. Deutsche Kolonien in der S¨udsee (1938). C NDB

Hahn, Albert, Industrieller, * 18. 12. 1824 Breslau, † 10. 2. 1898 Berlin. H., Sohn eines Goldschmieds und Neffe Eduard Moritz → H.s, er¨offnete in jungen Jahren in Breslau eine Kolonialwarenhandlung und gr¨undete 1851 gemeinsam mit Ferdinand Hein in Berlin ein Gesch¨aft f¨ur Lumpenhandel. 1862 entstand eine Kunst(Reiß-)wollfabrik, der sp¨ater Spinnerei und Weberei angegliedert wurden. Das Unternehmen vertrat daneben ein Glasgower R¨ohrenwerk in Deutschland und errichtete 1867 ein eigenes R¨ohrenwerk in Gleiwitz. Bei der Trennung der Gesch¨aftspartner 1873 fiel H. die Kunstwollfabrik zu. Er gr¨undete im selben Jahr ein eigenes R¨ohrenwerk in D¨usseldorf-Oberbilk und errichtete sp¨ater Niederlassungen und Werke in Rußland und Schlesien; 1896 wandelte er sein Unternehmen in eine Aktiengesellschaft um. H. war Handelsrichter, engagierte sich f¨ur Sozialversicherungswesen und stand der Norddeutschen TextilBerufsgenossenschaft vor. Er war der Vater des Industriellen Oskar → H. C NDB

Hahn, Amandus (Wilhelm Luitpold Emil Louis Heinrich), Physiologe, Biochemiker, * 16. 1. 1889 D¨usseldorf, † 1. 1. 1952 M¨unchen. Nach dem Studium der Biologie und Medizin 1907-13 in Jena und M¨unchen wurde H., Sohn eines Geheimen Bau¨ rats, an beiden Fakult¨aten promoviert (Uber die oxydative Spaltung des H¨amins und das H¨amopyrrol, 1914), nahm als Arzt am Ersten Weltkrieg teil und habilitierte sich 1919 an der Univ. M¨unchen f¨ur Physiologie (Die Bedeutung des Massenwirkungsgesetzes f¨ur die Physiologie). Seit 1924 a. o. Prof. und Konservator, wurde er 1946 o. Professor. H. befaßte sich vor allem mit Fermenten und dem Kohlehydratstoffwechsel und untersuchte u. a. den Abbau der Bernsteins¨aure zu Brenztraubens¨aure. Er ver¨offentlichte u. a. einen Grundriß der Biochemie f¨ur Studierende (1922, unter dem Titel Grundriß der physiologischen Chemie f¨ur Studierende 31942, 41946), eine Einf¨uhrung in die physiologischchemischen Arbeitsmethoden (1936), Grundz¨uge der Lehre vom Stoffwechsel und der Ern¨ahrung (1938) und Der Kreislauf der Stoffe in der Natur (1941). C NDB

Hahn, August, evang. Theologe, * 27. 3. 1792 Großosterhausen bei Querfurt, † 13. 5. 1863 Breslau. H., Sohn eines Dorfschullehrers, studierte 1810-13 an der Theologischen Fakult¨at in Leipzig und trat 1817 in das neugegr¨undete Wittenberger Predigerseminar ein. 1819 wurde er a. o., 1821 o. Prof. an der Univ. K¨onigsberg, 1820 Pfarrer an der Altst¨adtischen Kirche und Superintendent. 1827 folgte er einem Ruf als o. Prof. nach Leipzig und l¨oste mit seiner Antrittsvorlesung, in der er dem Rationalismus die Existenzberechtigung innerhalb der evang. Kirche absprach, unter der s¨achsischen Pfarrerschaft einen Entr¨ustungssturm aus. 1833 kam er als Prof. der Dogmatik, historischen Theologie, Moral, praktischen Theologie und Exegese an die Univ. Breslau, war Konsistorialrat, wurde 1843 Generalsuperintendent von Schlesien und f¨uhrte 1857 ein neues Evangelisches Kirchenund Hausgesangbuch ein. Seine Bibliothek der Symbole und Glaubensregeln der apostolisch-katholischen (2. Aufl.: alten) Kirche (1842, 21877) war die Standardausgabe der altkirchlichen Bekenntnisse im sp¨ateren 19. Jahrhundert. In seinem Lehrbuch des christlichen Glaubens (1828; 2 Bde., 2 1856-59) dokumentiert sich H.s Wandlung vom Supranaturalismus zum Neuluthertum. H. war der Vater von Heinrich August → H. C NDB

Hahn, Carl (Friedrich Theodor Ernst), Jurist, * 18. 2. 1824 Breslau, † 16. 3. 1880 Berlin. Der Sohn Eduard Moritz → H.s war nach dem Studium an den Universit¨aten Breslau und Berlin Amtsrichter in Hirschberg, sp¨ater Staatsanwalt in Strehlen und Ratibor, wurde

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Hahn 1864 Tribunalrat in K¨onigsberg und kam 1871 an das Obertribunal in Berlin. 1879 erfolgte seine Ernennung zum Berliner Senatspr¨asidenten. H. geh¨orte als Mitglied der Konservativen Partei bis 1864 dem Abgeordnetenhaus an. Er war Mitglied des „Gerichtshofs f¨ur Competenzconflikte“ und des Reichseisenbahnamtes und ver¨offentlichte Gesetzeskommentare und Materialiensammlungen. C Haunfelder, Preuß Abg

Hahn, Christoph (Ulrich), evang. Theologe, * 30. 10. 1805 Stuttgart, † 5. 1. 1881 Stuttgart. H., Sohn eines Kanzleibeamten, sp¨ateren Sekret¨ars im Finanzministerium in Stuttgart und Neffe Philipp Matth¨aus → H.s, lernte nach dem Theologiestudium in T¨ubingen als Privatlehrer in Lausanne die sozialen Aktivit¨aten der Calvinisten kennen und gr¨undete 1830 als Vikar in Esslingen einen Traktatverein (sp¨ater Evangelische Gesellschaft). 1834 errichtete er als Diakonus im Kreis Ludwigsburg ein Knabenerziehungsinstitut und befaßte sich mit wissenschaftlichen Studien (Geschichte der Ketzer im Mittelalter, 3 Bde., 1845-50). H. wandte sich seit 1848 verst¨arkt sozialen Problemen zu, gr¨undete Wohlt¨atigkeitseinrichtungen und wurde 1859 Pfarrer in Heslach bei Stuttgart. Als Mitglied der Zentralleitung des W¨urttembergischen Wohlt¨atigkeitsvereins (seit 1859) war er 1863 zur Gr¨undung des Roten Kreuzes nach Genf abgeordnet. H. rief im selben Jahr den „W¨urttembergischen Sanit¨atsverein“, die erste Organisation des Roten Kreuzes außerhalb Genfs, ins Leben. C NDB

Hahn, Diederich (Christian), Politiker, Landwirt, * 12. 10. 1859 Osten / Oste (Prov. Hannover), † 24. 2. 1918 Hamburg. Als Student der Geschichte, Geographie, Geologie und Germanistik in Leipzig und Berlin Mitbegr¨under des Vereins Deutscher Studenten, war H., Sohn eines Schleusenbauers, bei der Kyffh¨auser-Kundgebung 1881 deren Wortf¨uhrer. 1886 kam er als Archivar zur Deutschen Bank nach Berlin, war Mitarbeiter von Georg von → Siemens u. a. am Bagdadbahn-Projekt und setzte daneben das Studium der National¨okonomie und der Rechtswissenschaft fort. H. wurde 1893 Abgeordneter im hannoverschen Provinziallandtag, im preuß. Abgeordnetenhaus (bis 1918) und im Reichstag (bis 1912) und setzte sich u. a. f¨ur das Verbot von Getreideterminhandel an der B¨orse ein. Im Bund der Landwirte wurde er 1897 Vorsitzender der Provinz Hannover, im folgenden Jahr Direktor der niederdeutschen Bauern. H. war Vorstandsmitglied der von ihm mitbegr¨undeten „Deutschen Tageszeitung“. Seit 1912 realisierte er seinen Jugendplan, die Rekultivierung eines ca. 500 ha großen, seit dem Dreißigj¨ahrigen Krieg brachliegenden Familienbesitzes auf Moor und Heide. C Leb Nieders, Bd 2

Hahn, Eduard, Ethnologe, * 7. 8. 1856 L¨ubeck, † 24. 2. 1928 Berlin. H., Sohn eines Lebensmittelfabrikanten, studierte zun¨achst Medizin, sp¨ater Naturwissenschaften an den Universit¨aten Jena, Greifswald und Leipzig, wurde 1887 bei Ernst → Haeckel promoviert (Die geographische Verbreitung der coprophagen Lamellicornier) und folgte Ferdinand von → Richthofen 1886 an die Univ. Berlin. Dort war er u¨ berwiegend als Privatgelehrter t¨atig und nahm Anregungen der Gesellschaft f¨ur Anthropologie und Ethnologie auf. 1909 habilitierte er sich an der Univ. Berlin f¨ur Wirtschaftsgeographie (Die Entstehung der Pflugkultur) und lehrte sp¨ater auch an der dortigen Landwirtschaftlichen Hochschule. 1910 wurde er in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. H. arbeitete insbesondere u¨ ber die Entwicklungsgeschichte der Haustiere und die Entstehungsgeschichte der Wirtschaft, widerlegte die Dreistufentheorie in

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der Anthropologie und stellte u. a. die Bindung der Hirtennomaden an den Steppeng¨urtel Eurasiens fest. Als Kulturkritiker pessimistisch, kritisierte er bereits 1900 den Kolonialismus als kulturell verheerend. Er ver¨offentlichte u. a. Die Haustiere und ihre Beziehungen zur Wirtschaft des Menschen (1896), Die Wirtschaft der Welt am Ausgange des neunzehnten Jahrhunderts, eine wirtschaftsgeographische Kritik nebst einigen positiven Vorschl¨agen (1900), Die Entstehung der wirtschaftlichen Arbeit (1908) und Von der Hacke zum Pflug (1919). C B¨ohm

Hahn, Eduard Moritz, eigentl. Elkan Markus H., Mathematiker, * 26. 4. 1781 Groß-Glogau, † 27. 3. 1841 Breslau. H. studierte an den Universit¨aten Breslau und Berlin sowie an der Berliner Bauakademie, lehrte dort seit 1804 Mathematik und wurde Kammerkondukteur bei der Kriegs- und Dom¨anenkammer in Breslau. Er f¨uhrte Vermessungen in Pommern durch, u¨ bersetzte mathematische Lehrb¨ucher aus dem Franz¨osischen und ging 1806 an den westf¨alischen Hof nach Kassel, wo er von Johannes von → M¨uller gef¨ordert wurde. 1815 ließ sich H. in Breslau nieder, gr¨undete eine private technische Lehranstalt und war 1815-34 Mathematiklehrer am dortigen Magdalenengymnasium. 1820 wurde er nach der Konversion zum Christentum Dozent der Mathematik und Physik an der kgl. Bau- und Kunstschule. H. ver¨offentlichte u. a. ein Vollst¨andiges Lehrbuch der ebenen Geometrie und Trigonometrie (1818), ein Vollst¨andiges Lehrbuch der Arithmetik und Algebra (1820, 21825), Barometri¨ sche Tafeln, um den Abstand der Orter von der Meeresfl¨ache zu finden (1823) und ein Vollst¨andiges Lehrbuch der Stereometrie, Projektionslehre [. . .] (1828). Er war der Vater von Ludwig, Karl und Oskar → H. und Onkel von Albert → H. C Wininger

Hahn, Emil, Schauspieler, Theaterdirektor, * 2. 3. 1832 N¨urnberg, † 12. 9. 1897 Regensburg. H. deb¨utierte in Stettin und wurde unter Eduard → Devrient am Theater in Karlsruhe weiter ausgebildet. Sp¨ater Mitglied reisender Theatergesellschaften, kam er 1858 an das Hamburger Thaliatheater, war 1861 / 62 Oberregisseur in Riga, 1863-70 Direktor des Stadttheaters von W¨urzburg und 1870 / 71 des Thaliatheaters in Graz. 1871-81 war er P¨achter des Berliner Viktoriatheaters, das unter seiner Leitung mit Ausstattungsst¨ucken wie Reise um die Welt ber¨uhmt wurde. H. kam anschließend an das Berliner Ostendtheater, 1884 zur Hamburger Centralhalle. Als Schauspieler wurde er u. a. in der Rolle des Wilhelm Tell bekannt. C Kosch: Theater

Hahn, Eugen, Chirurg, * 7. 4. 1841 Ortelsburg (Ostpreußen), † 1. 11. 1902 Berlin. Nach Abschluß seiner Universit¨atsstudien in K¨onigsberg, Breslau und Berlin 1866 wurde H. Assistent von Robert Ferdinand → Wilms und Leiter der Chirurgischen Station der Poliklinik in Berlin. Seit 1880 war er Direktor der Chirurgischen Abteilung des St¨adtischen Krankenhauses am Friedrichshain. 1899 wurde er Pr¨asident der Deutschen Gesellschaft f¨ur Chirurgie. Nach H. wurde eine Tracheoto¨ miekan¨ule benannt. Er ver¨offentlichte u. a. Uber Kehlkopf¨ exstirpation (1885) und Uber Magencarcinom (1885). C Biogr Jahrb, Bd 7

Hahn, Ferdinand, Versicherungskaufmann, * 26. 5. 1845 Friedberg (Hessen), † 12. 12. 1906 Magdeburg. H., dessen Vater als Kaufmann, dann als Versicherungsagent t¨atig war, studierte 1862-66 Rechtswissenschaft in Leipzig und Gießen und wurde nach kurzer T¨atigkeit im hessischen Staatsdienst 1868 Inspektor der Magdeburger Feuerversicherungs-Gesellschaft. 1871 u¨ bernahm er die Frankfurter Generalagentur f¨ur die Magdeburger Versicherungsgruppe, wurde sp¨ater Subdirektor und kam 1889 als Direktor

Hahn nach Magdeburg. Seit 1890 Generaldirektor der Magdeburger Allgemeinen Versicherungs-AG (von H. in „Wilhelma“ umbenannt) sowie der Magdeburger HagelversicherungsGesellschaft, geh¨orte er dem preuß. Versicherungsbeirat und dem Aufsichtsamt f¨ur Privatversicherungen an und schuf u. a. die Satzung des Deutschen Vereins f¨ur Versicherungswissenschaft e. V., den er seit 1901 leitete. H. ver¨offentlichte u. a. Haftpflicht und Unfallversicherung (1882). C NDB

Hahn, Franz Joseph Anton von, Weihbischof von Bamberg, * 13. 7. 1699 W¨urzburg, † 4. 7. 1748 Bamberg. H., Sohn eines f¨urstbisch¨oflichen Rats und Lehenpropsts in W¨urzburg, studierte Philosophie und Rechtswissenschaften in W¨urzburg, erweiterte seine historischen und pal¨aographischen Kenntnisse bei einem Aufenthalt im Stift Melk und arbeitete in G¨ottweig im Auftrag von Gottfried → Bessel drei Jahre lang am Chronicon Gottwicense (1732 gedruckt) mit. H. kam dort in Kontakt mit dem damaligen Reichsvizekanzler Friedrich Karl von → Sch¨onborn, dessen Geheimsekret¨ar er 1727 wurde. Gemeinsam empfingen sie 1728 die Priesterweihe. Sch¨onborn u¨ bertrug ihm Kanonikate in St. Gangolph in Bamberg und Stift Haug in W¨urzburg und ernannte ihn zum Geheimen Rat und Referenten. 1734 wurde H. zum Bischof von Arad und Weihbischof von Bamberg, zum Pfarrer von St. Martin, Direktor des Klerikalseminars und Generalvikar in Bamberg ernannt. In Bamberg veranlaßte er den Bau des neuen Weihbischofhofs und f¨orderte Wissenschaften und Universit¨at, zu deren Konservator er 1741 gew¨ahlt wurde. Nach Sch¨onborns Tod (1746) wurde H. als Generalvikar und Geheimer Rat suspendiert. Weitere von seinen Gegnern eingeleitete Untersuchungen fanden aufgrund des baldigen Tods H.s keinen Abschluß. Er hinterließ eine große Bibliothek mit wertvollen Inkunabeln und eine umfangreiche Kunst- und Antiquit¨atensammlung. C Gatz 3

Hahn, Friedrich Graf von, Astronom, * 27. 7. 1742 Neuhaus (Holstein), † 9. 10. 1805 Remplin bei Malchin. Der Sohn eines Gutsbesitzers aus mecklenburgischem Uradel und einer Gr¨afin von Brockdorff studierte 1760-63 Naturwissenschaften, vor allem Mathematik und Astronomie, in Kiel und stand in gelehrtem Briefwechsel, u. a. mit → Herder, Johann Elert → Bode und Wilhelm → Herschel. 1790-93 errichtete er eine Sternwarte auf seinem Gut Remplin, stattete sie mit f¨unfzig astronomischen Instrumenten aus und ver¨offentlichte eigene Beobachtungen in Bodes ¨ „Berliner Astronomischem Jahrbuch“ (u. a. Uber Sonnenflecke, 1796). H., der ausgedehnte L¨andereien in Holstein, der Wetterau und Mecklenburg besaß, unterst¨utzte mittellose Gelehrte und trug u. a. die Herstellungskosten von Bodes erstem Sternatlas (1797-1801). Wilhelm → Beer und Johann Heinrich → M¨adler benannten in ihrer Mappa selenographica [. . .] (1836) ein Ringgebirge des Mondes nach ihm. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlt ferner Joannis Elerti Bode uranographia, sive Astrorum descriptio, viginti tablis aeneis incisa, ex recentissimis et absolutissimis astronomorum observationibus (1801). H. geh¨orte mehreren gelehrten Gesellschaften an und wurde 1783 Rittes des Danebrogordens. Er war der Vater von Karl Friedrich von → H. C SHBL, Bd 2

Hahn, Friedrich von, Jurist, * 7. 6. 1823 Homburg v. d. H., † 3. 3. 1897 Berlin. H. trat nach dem Studium an den Universit¨aten Jena und Heidelberg (1842-46) in den Dienst der Landgrafen von Hessen, habilitierte sich 1847 an der Univ. Jena und wurde dort 1850 a. o., 1862 o. Professor. 1872 kam er an das Reichsoberhandelsgericht, 1879 an das Reichsgericht in Leipzig, dessen Senatspr¨asident er 1892 wurde. Zu seinen Hauptwerken z¨ahlt der mehrfach wiederaufgelegte Kommentar zum Handelsgesetzbuch (1862-67). C ADB

Hahn, Friedrich (Gustav), Geograph, * 3. 3. 1852 Glauzig (Anhalt), † 5. 2. 1917 K¨onigsberg. Neben geographischen Studien bei Oscar → Peschel seit 1872 studierte H., Sohn eines Oberamtmanns, an der Univ. Leipzig Natur-, Kunst- und Staatswissenschaften und wurde ¨ 1877 mit der Dissertation Uber die Beziehungen der Sonnenfleckenperiode zu meteorologischen Erscheinungen promoviert. 1879 habilitierte er sich mit Untersuchungen u¨ ber das Aufsteigen und Sinken der K¨usten. Ein Beitrag zur allgemeinen Erdkunde und wurde 1884 a. o. Prof. der Geographie. 1885 folgte er einem Ruf an die Univ. K¨onigsberg und wurde 1886 als Nachfolger von Karl → Z¨oppritz o. Prof. der Geographie. Er war seit 1905 Vorsitzender der Zentralkommission f¨ur wissenschaftliche Landeskunde Deutschlands. H. befaßte sich bevorzugt mit Landesbeschreibung, Siedlungsund Verkehrsgeographie, war Mitarbeiter des „Geographischen Jahrbuchs“ und ver¨offentlichte u. a. Die St¨adte der norddeutschen Tiefebene in ihrer Beziehung zur Bodengestaltung (1885) und einen Topographischen F¨uhrer durch Nordwestdeutschland (1895). 1906 erschien seine Neubearbeitung von Wilhelm → Sievers’ 1891 erstmals 1891 erschienenem Buch Afrika. C Altpreuß Biogr, Bd 1

Hahn, Fritz Gehardt von, Beamter, Politiker, * 18. 5. 1911 Shanghai, † 31. 1. 2003 Aschaffenburg. H., Sohn eines Konsuls, studierte 1929-33 Rechtswissenschaften und National¨okonomie in M¨unchen, Leipzig und Gießen, durchlief daneben eine Bankausbildung und war bis zum Assessorexamen 1937 im Justizdienst. Seit 1933 Mitglied der NSDAP und der SA, wurde er 1937 pers¨onlicher Referent des Leiters der Auslandsorganisation der NSDAP, Ernst-Wilhelm → Bohle, und trat im selben Jahr in den Ausw¨artigen Dienst. Seit 1940 nahm er am Zweiten Weltkrieg teil; nach einer Verwundung wurde er 1943 zeitweise Leiter des Referats f¨ur Judenfragen und Rassenpolitik im Ausw¨artigen Amt. 1945-47 in einem Lazarett, war H. zun¨achst u. a. als Steuerberater und Anwaltsgehilfe t¨atig, wurde 1950 juristischer Mitarbeiter der Deutschen WarenTreuhand AG und arbeitete seit 1951 bei der Verwaltung f¨ur Wirtschaft in Abwicklung, dem sp¨ateren Bundesamt f¨ur gewerbliche Wirtschaft in Frankfurt / Main. 1957-61 wirkte er als Regierungsrat im Bundesministerium f¨ur Wirtschaft und kam 1961 als Oberregierungsrat an das Bundesministerium f¨ur Verteidigung, 1962 an das Bundesamt f¨ur Wehrtechnik und Beschaffung. 1963 wurde H. wegen Mords an griechischen und mazedonischen Juden im Zweiten Weltkrieg angeklagt und vom Dienst suspendiert, 1964 verhaftet und 1968 zu acht Jahren Haft und Aberkennung der b¨urgerlichen Ehrenrechte verurteilt. 1971 wurde das Urteil bei Belassung der b¨urgerlichen Ehrenrechte best¨atigt. C BHdAD

Hahn, Georg, Maler, Graphiker, * 12. 7. 1841 N¨urnberg, † 1. 10. 1889 M¨unchen. H. studierte bei Johann Leonhard → Raab, Julius C¨asar → Thaeter und Wilhelm von → Diez und war 1860-64 sowie seit 1871 in M¨unchen t¨atig. Er schuf Stiche und Radierungen nach eigenen Entw¨urfen (u. a. Innenansicht der Werkst¨atte der Kgl. Erzgießerei M¨unchen w¨ahrend des Gusses der Bavaria, 1860) sowie nach denen von Zeitgenossen, war als Mitarbeiter u. a. der „Fliegenden Bl¨atter“ und der „M¨unchener Bilderbogen“ vor allem f¨ur seine Kinderdarstellungen bekannt und malte Landschaften, Genrebilder und Historiengem¨alde (u. a. Szene aus dem Dreißigj¨ahrigen Krieg). C Th-B

Hahn, Georg Joachim Joseph, Komponist, Musiktheoretiker, getauft 24. 7. 1712 M¨unnerstadt, † 21. 1. 1772 M¨unnerstadt. H. studierte 1730-36 vermutlich in W¨urzburg und war 1736-72 Gymnasialrektor, 1749 auch „Rathsverwandter“

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Hahn und seit 1754 Senator in M¨unnerstadt. Er gab Sammlungen deutscher Arien, Messen, liturgische Gebrauchsmu¨ sik und Klavierwerke zu Ubungszwecken heraus. Seine Generalbaßschule Der wohl unterwiesene General-BaßSch¨uler [. . .] (1751) fand weite Verbreitung. C MGG

Hahn, Hans, o¨ sterr. Mathematiker, Wissenschaftstheoretiker, * 27. 9. 1879 Wien, † 24. 7. 1934 Wien. H., Sohn eines k. k. Hofrats, studierte 1898 / 99 Jura in Wien, 1899 / 1900 Mathematik in Straßburg, 1900 / 01 in M¨unchen und wurde 1902 in Wien promoviert (Zur Theorie der zweiten Variation einfacher Integrale), wo er sich 1905 f¨ur Mathematik habilitierte (Bemerkungen zur Variationsrechnung), war 1909-16 Prof. an der Univ. Czernowitz und folgte anschließend einem Ruf an die Univ. Bonn, an der er 1917 o. Prof. wurde. 1921-34 o. Prof. f¨ur Mathematik an der Univ. Wien, f¨uhrte er dort u. a. Seminare zur Didaktik der Mathematik ein. H. besch¨aftigte sich mit Variationsrechnung, Mengenlehre, reellen Funktionen und Erkenntnistheorie, f¨uhrte auf dem Gebiet der Mengenlehre den Begriff des „Zusammenhanges im Kleinen“ ein und ver¨offentlichte u. a. Theorie der reellen Funktionen (Bd. 1, 1921). In seinen philosophischen Arbeiten vertrat er einen dezidierten logischen Empirismus. H. z¨ahlte zu den f¨uhrenden Mitgliedern des „Wiener Kreises“ und wurde 1921 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Er war Obmann der „Vereinigung sozialistischer Hochschullehrer“, geh¨orte dem Wiener Stadtschulrat an und arbeitete in der Wiener Volksbildungs- und Schulreformbewegung mit. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen ferner Paradoxien des Unendlichen (1921, Nachdr. 1955) und Einf¨uhrung in die Elemente der h¨oheren Mathematik (mit Heinrich Tietze, 1925). Gesammelte Abhandlungen / Collected works (hrsg. von Leopold Schmetterer und Karl Sigmund) erschienen 1995-97 in drei B¨anden. C Stadler Hahn, Heinrich (Joseph Hubert), Mediziner, Politiker, * 29. 8. 1800 Aachen, † 11. 3. 1882 Aachen. H. studierte Medizin an den Universit¨aten Aachen, Bonn, Br¨ussel und Gent und war seit der Promotion 1822 (De relationibus quibus organa nostra inter se, et cum corporibus circumfusis connectuntur) Milit¨ararzt in Berlin. 1824 ließ er sich als praktischer Arzt, Chirurg und Geburtshelfer in Aachen nieder. H. war Mitglied der Soci´et´e de M´edecine de Bordeaux und der Soci´et´e Royale des Sciences M´edicales et Naturelles de Bruxelles und erhielt zahlreiche wissenschaftliche Ehrungen. Politisch der Zentrumspartei nahestehend, war er 1846-81 Stadrat in Aachen, 1859-61 Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses und entfaltete in seiner Heimatstadt eine vielf¨altige soziale und karitative T¨atigkeit u. a. als Gr¨under des Franziskus-Xaverius-Missionsvereins. Neben medizinischen Schriften, darunter der Preisschrift De la m´eningite tuberculeuse (1853, dt. 1857), ver¨offentlichte H. u. a. eine Geschichte der katholischen Missionen seit Jesus Christus (5 Bde., 1857-63). C LThK

Hahn, Heinrich August, evang. Theologe, * 19. 6. 1821 K¨onigsberg, † 1. 12. 1861 Greifswald. Der Sohn August → H.s studierte seit 1839 in Breslau und Berlin, wurde 1845 zum Lic. theol. promoviert und habilitierte sich im selben Jahr an der Univ. Breslau f¨ur alttestamentliche Exegese und Theologie. Seit 1846 Privatdozent an der Univ. K¨onigsberg, wurde er 1851 a. o., 1861 o. Prof. in Greifswald. H. ver¨offentlichte u. a. einen Kommentar u¨ ber das Buch Hiob (1850). C Altpreuß Biogr, Bd 1 ¨ Buchh¨andler, Verleger, Hahn, Heinrich Wilhelm d. A., * 30. 10. 1760 Lemgo, † 4. 3. 1831 Hannover. Seit 1783 Mitarbeiter der Hellwingschen Buchhandlung in Hannover, gr¨undete H. dort 1792 die Hahnsche Buchhandlung als Sortiments- und Verlagsbuchhandlung und nahm

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seinen Bruder Bernhard Dietrich als Teilhaber auf. Er vergr¨oßerte das Unternehmen sp¨ater durch den Erwerb der Ritherschen Buchhandlung Hannover (1803), der Trampeschen Buchhandlung Halle (1806) und der Buchhandlung von Caspar Fritsch (1810) in Leipzig. H. ließ sich sp¨ater in Leipzig nieder und nahm nach dem Tod seines Bruders 1818 seinen Sohn Heinrich Wilhelm → H. d. J. in die Firma auf. H., der als einer der bedeutendsten Verleger seiner Zeit gilt, nahm sich auch der wenig eintr¨aglichen wissenschaftlichen Produktion an. C LGB

Hahn, Heinrich Wilhelm d. J., Buchh¨andler, Verleger, * 9. 1. 1795 Hannover, † 19. 4. 1873 Hannover. Nach der Ausbildung zum Buchh¨andler im Unternehmen ¨ studierte H. seines Vaters, Heinrich Wilhelm → H. d. A., vor¨ubergehend an der Univ. G¨ottingen Sprachen und Geschichte und unternahm ausgedehnte Studienreisen. 1818 wurde er Gesellschafter der v¨aterlichen Verlagsbuchhandlung, erhielt Prokura f¨ur den Verlag in Leipzig und u¨ bernahm 1831 die Leitung eines Teils des Familienunternehmens, das er seit 1843 allein f¨uhrte. Dem Vorbild des Vaters folgend, verlegte er u¨ berwiegend wissenschaftliche und p¨adagogische Werke, darunter die „Monumenta Germaniae Historica“. H. war mit einer Reihe von seinen Autoren, darunter Karl → Goedeke, eng befreundet. 1848 schenkte er dem Frankfurter Parlament seine Verlagsschriften. Auf seine Anregung hin wurde von der Nationalversammlung in der Paulskirche die Reichsbibliothek gegr¨undet, eine kurzzeitige Vorl¨auferin (1848-50) der sp¨ateren Deutschen B¨ucherei in Leipzig. C NDB

Hahn, Hermann, Maler, getauft 20. 7. 1574 Neisse (Oberschlesien), † M¨arz 1628 Konitz (Westpreußen). H., Sohn eines Malers, erhielt seine Ausbildung in Flandern, m¨oglicherweise auch in Venedig und ließ sich um 1600 in Danzig nieder. 1612 beantragte er mit Kollegen die Gr¨undung einer Danziger Malerinnung beim Rat der Stadt, erwarb 1614 das B¨urgerrecht und war sp¨ater Beisit¨ zer und Altermann der Malergilde sowie Hofmaler K¨onig Sigismunds III. von Polen. 1622 nahm er seinen Wohnsitz in Konitz. H. war seit 1610 f¨ur Jahrzehnte mit Arbeiten f¨ur die Zisterzienserabteien Oliva und Pelplin befaßt. Als sein Hauptwerk gilt die Darstellung der Kr¨onung Mariens f¨ur den Hochaltar in Pelplin, wof¨ur er 1623 den Auftrag erhielt. C NDB

Hahn, Hermann, Bildhauer, * 28. 11. 1868 Kloster Veilsdorf bei Hildburghausen, † 18. 8. 1942 M¨unchen. Zun¨achst Holzbildhauerlehrling in Rudolstadt, besuchte H., Sohn eines Porzellanmalers, 1887 die M¨unchner Kunstgewerbeschule, studierte 1888-92 bei Wilhelm von → R¨umann an der dortigen Kunstakademie und unternahm zahlreiche Reisen durch Europa. 1912 zum Prof. ernannt, ließ er sich 1913 endg¨ultig in M¨unchen nieder und lehrte an der dortigen Kunstakademie. H. stand unter dem Einfluß Adolf von → Hildebrands und orientierte sich in der Formgestaltung an der Antike und der italienischen Renaissance. Neben Denkm¨alern (u. a. dem Goethe-Denkmal in Chicago, 1912) schuf er Statuen, Bau- und Portr¨atplastik sowie Medaillen (u. a. Pettenkofer-Denkm¨unze). C NDB

Hahn, (Carl) Hugo, luth. Theologe, Missionar, * 18. 10. 1818 Aahof bei Riga, † 24. 11. 1895 Kapstadt. Bald nach der Aufnahme in die Ingenieursschule der russischen Armee 1834 faßte H., Sohn eines Gutsp¨achters, den Entschluß, Missionar zu werden, und ließ sich 1838 in das Barmer Missionshaus aufnehmen. 1841 wurde er ordiniert und nach Afrika ausgesandt, wo er sich intensiv der Hereromission widmete. Er entwickelte sich mit der Zeit zum strengen Lutheraner und Gegner einer Union der evang. Kirche

Hahn und gab der Hereromission, vor allem nach ihrem Neuanfang in den sechziger Jahren und unterst¨utzt durch Ravensberger Gemeinden, ihr luth. Gepr¨age. H. trat 1873 aus der Rheinischen Missionsgesellschaft aus und u¨ bernahm 1874 die deutsche luth. Gemeinde St. Martin (bis 1884) sowie die neuerrichtete Superintendentur Groß-Nama- und Hereroland (bis 1875). Er ver¨offentlichte u. a. Grammatik und Lexikon der Hererosprache (1875). H. war der Vater von Traugott → H. (I.). C NDB

Hahn, Hugo (Carl), evang. Theologe, Landesbischof von Sachsen, * 22. 9. 1886 Reval, † 5. 11. 1957 Dresden. Der Sohn Traugott → H.s (I.) und Bruder Traugott → H.s (II.) studierte Theologie in Dorpat, Leipzig und Berlin. 1910-19 Pastor in Estland, wandte er sich mit seiner Familie anschließend nach Deutschland und wurde Pfarrer in Worbis, 1927 an der Leipziger Thomaskirche. 1930 u¨ bernahm er die Pfarrei an der Frauenkirche in Dresden und wurde Superintendent f¨ur den Landbezirk. Als einer der f¨uhrenden s¨achsischen Theologen der Bekennenden Kirche wurde er 1938 von den Nationalsozialisten aus Sachsen ausgewiesen. Er wurde Stadtvikar in StuttgartHedelfingen, 1945 Mitglied des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland, 1946 Pfarrer in Stuttgart-Zuffenhausen und kehrte 1947 als Landesbischof von Sachsen nach Dresden zur¨uck. Seit 1949 war er stellvertretender Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland. Seine „Erinnerungen aus dem Kirchenkampf 1933-45“ K¨ampfer wider Willen erschienen 1969. C BBKL

Hahn, Johann (Siegmund), Mediziner, * 23. 11. 1664 Schweidnitz, † 6. 10. 1742 Schweidnitz. Nach dem Studium an den Universit¨aten Leipzig und Leiden promoviert, ließ sich H., Sohn eines Pfarrers, als praktischer Arzt in seiner Heimatstadt nieder und wurde Stadtphysikus. Sp¨ater war er langj¨ahriger Leibarzt des polnischen Thronfolgers Jan Sobieski. Er praktizierte an Patienten und in Selbstversuchen Kaltwassertherapien, konnte u. a. seinen Sohn Johann Gottfried von → H. von einer, Nervenfieber genannten, Unterleibstyphus-Erkrankung heilen und trug mit seinen Publikationen zur Verbreitung der Wasserheilkunde in Deutschland bei (u. a. Peterswalder Gesundheitsbrunnen, 1732; Unterricht von Krafft und Wuerckung des frischen Wassers in die Leiber der Menschen [...] (1738, 41754, unter dem Titel Unterricht von der wunderbaren Heilkraft des frischen Wassers, 51831, unter dem Titel Die wunderbare Heilkraft des frischen Wassers, 61898, 71938). C NDB

Hahn, Johann Friedrich, Dichter, * 28. 12. 1753 Gießen, † 30. 5. 1779 Zweibr¨ucken. H., Sohn eines pfalz-zweibr¨uckischen Regierungsrats und Oberappellationsgerichtsrats, studierte 1771-76 zun¨achst Rechtswissenschaft, sp¨ater Theologie an der Univ. G¨ottingen. 1772 Mitbegr¨under des „G¨ottinger Hain“, vermittelte er dessen Verbindung zu Maler → M¨uller und nahm im Auftrag des Bundes Kontakt mit → Klopstock auf. 1774 trat er mit Johann Heinrich → Voß und anderen Mitgliedern des „G¨ottinger Hain“ in Hamburg der Freimaurerloge „Zu den drei Rosen“ bei. H.s Gedichte sind gepr¨agt von seiner Verehrung f¨ur Klopstock und einer schw¨armerischnationalen Grundhaltung. In seinen letzten Lebensjahren litt er an Schwermut und Hypochondrie. C Killy

Hahn, Johann Georg von, o¨ sterr. Diplomat, Balkanforscher, * 11. 7. 1811 Frankfurt / Main, † 23. 9. 1869 Jena. Nach Abschluß rechtswissenschaftlicher Studien an den Universit¨aten Gießen und Heidelberg 1829-32 trat H., Sohn eines Arztes, 1834 in den griechischen Staatsdienst ein. Zun¨achst im Justizministerium t¨atig, war er sp¨ater Richter

auf der Peloponnes und Eub¨oa, wurde 1843 durch die Revolution aus dem Amt getrieben und verbrachte die folgenden Jahre als Privatmann und kommissarischer preuß. Konsul in Athen. 1847 u¨ bernahm er das neuerrichtete o¨ sterr. Vizekonsulat in Janina (S¨udalbanien, heute Griechenland) und wurde 1851 Konsul, 1868 Generalkonsul f¨ur das o¨ stliche Griechenland. H. f¨orderte die Anbindung Albaniens und der Levante an das internationale Verkehrswegenetz sowie die albanische Sprachwissenschaft und die griechischalbanische Volkskunde mit seinen wissenschaftlichen Arbeiten und Sammlungen (u. a. Albanesische Studien, 3 Hefte, ¨ 1854). C OBL

Hahn, Johann Gottfried von, Mediziner, * 18. 1. 1694 Schweidnitz, † 1. 5. 1753 Schweidnitz. Der Sohn Johann → H.s begann 1714 seine medizinischen Studien an der Univ. Leipzig, wurde 1717 mit einer medizinhistorischen Arbeit promoviert (De medicina germanorum veterum) und ließ sich im folgenden Jahr als Arzt in Breslau nieder. Als erfolgreicher Praktiker und Autor einer Reihe von wissenschaftlichen Studien (u. a. Variolarum antiquitates, 1733; Cyrtonosi quae Glissonio rhachitis est tabulae aliquot antiquae, 1735; Carbo pestilens a carbunculus sive variolis veterum distinctus delineante utrumque affectum, 2 Tle., 1736) wurde er von → Friedrich dem Großen nach der Eroberung Schlesiens zum Dekan des Collegium Medicum ernannt und nobilitiert sowie 1731 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. ¨ 1 C Arzte

Hahn, Johann Philipp, Jurist, * 1690 Großbartloff / Eichsfeld, † 1774 Mainz. H. studierte an den Universit¨aten Erfurt und Mainz. 1717 wurde er dort Lizentiat, 1719 a. o., 1726 o. Prof. der Rechte und 1730 zum Dr. jur. promoviert. 1735 zum Beisitzer der Juristenfakult¨at ernannt, war er sp¨ater auch Hofgerichtsrat, Rat des Kurf¨ursten von K¨oln und anderer F¨ursten sowie kaiserlicher Pfalzgraf. H. entfaltete eine ausgedehnte Vorlesungst¨atigkeit und publizierte u. a. De jure patronatus canonici (1755). C ADB

Hahn, Joseph (Sepp), Politiker, Gewerkschafter, * 6. 7. 1896 Hof / Saale, † 24. 2. 1965 Berlin. H. wurde Textilarbeiter, trat 1912 dem Deutschen Textilarbeiterverband, 1914 der SPD und sp¨ater der USPD bei. Nach dem Ersten Weltkrieg als Mitglied des Spartakusbundes Angeh¨origer der Arbeiter- und Soldatenr¨ate in Ingolstadt und M¨unchen, wurde er 1919 verhaftet und aus Bayern ausgewiesen. Daraufhin war H. in Chemnitz als Gewerkschaftsvorsitzender und Funktion¨ar in der KPD-Bezirksleitung Erzgebirge-Vogtland aktiv und arbeitete 1929 / 30 als Vertrauter Ernst → Th¨almanns f¨ur die KPD in Baden. 1931 nach Moskau entsandt, wirkte er in der internationalen Arbeiterbewegung und wurde, nach Deutschland zur¨uckgekehrt, 1934 festgenommen, zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt und anschließend im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert. 1939 entlassen, emigrierte er nach D¨anemark, wurde 1940 erneut verhaftet und bis zum Kriegsende in den Konzentrationslagern Neuengamme und Sachsenhausen festgehalten. Nach dem Krieg Hauptreferent im Zentralsekretariat der SED, wurde H. 1948 Abteilungsleiter, sp¨ater Gesch¨aftsf¨uhrer und 1954 Leiter der Zentralen Druckerei-, Einkaufs- und Revisionsgesellschaft (Zentrag) und stellvertretender Vorsitzender der Zentralen Revisionskommission der SED. C DDR

Hahn, Joseph Juspa ben Pinkas N¨urlingen, auch HahnN¨ordlingen, j¨udischer Theologe, * 2. H¨alfte 16. Jh. Frankfurt / Main, † 3. 4. 1637 Frankfurt / Main. H. erhielt seine Ausbildung in Frankfurt / Main und wurde sp¨ater in seiner Heimatstadt Rabbiner. Durch das Edikt des

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Hahn Vinzenz → Fettmilch 1614 aus der Stadt vertrieben, z¨ahlte er 1616 zu den vierzig B¨urgern, die nach Frankfurt zur¨uckkehren durften. H. gr¨undete den Verein „Gomel Chesed“ und verfaßte u. a. ein Handbuch der Ritualvorschriften und religi¨osen Br¨auche (Jossif Omez, 1629). Er setzte sich f¨ur eine Reform der Kindererziehung ein und propagierte das Studium moralischer Schriften und der Kabbala. C Frankf Biogr

Hahn, Karl von, Forschungsreisender, * 29. 4. 1848 Friedrichsthal bei Freudenstadt, † 16. 8. 1925 Tiflis. H., Sohn eines H¨utten- und Salinenkassiers, studierte Theologie und Philologie in T¨ubingen, wurde 1870 Vikar und kam 1872 als Hoflehrer des Statthalters von Kaukasien nach Tiflis. Dort lehrte er seit 1874 u. a. am deutschsprachigen Gymnasium und war 1877 / 78 Bevollm¨achtigter des Roten Kreuzes f¨ur Rußland im Russisch-T¨urkischen Krieg. Er geh¨orte dem Kreis deutscher und russischer Naturforscher um Gustav → Radde an. H. unternahm seit 1888 j¨ahrlich Forschungsreisen in den Kaukasus (Kaukasische Reisen und Studien, 1896; Bilder aus dem Kaukasus, 1900) und das armenische Hochland und ver¨offentlichte seine Beobachtungen in russischer und deutscher Sprache. 1898 wurde er in den russischen Adelsstand erhoben. H.s Interesse galt der Geschichte, Volkskunde, Biologie und Geologie. Er u¨ bersetzte griechische M¨archen ins Russische und ver¨offentlichte u. a. Erster Versuch einer Erkl¨arung kaukasischer geographischer Namen (zirka 2000) (1910) und ein Kurzes Lehrbuch der Geographie Georgiens (1924). C NDB

Hahn, Karl August, Philologe, Germanist, * 14. 6. 1807 Heidelberg, † 20. 2. 1857 Wien. Nach dem Studium der Klassischen Philologie an den Universit¨aten Heidelberg und Halle 1824-30 wurde H., Sohn eines großherzoglich badischen Postsekret¨ars, Deutschlehrer in der franz¨osischen Schweiz. Von Jacob → Grimm zur Besch¨aftigung mit dem Mittelhochdeutschen angeregt, wurde er nach philologischen Studien in Heidelberg seit 1831 und einem Aufenthahlt an der k. k. Hofbibliothek in Wien 1838 / 39 in Halle / Saale promoviert. 1840 habilitierte sich H. in Heidelberg, wurde 1847 a. o. Prof. und ging 1850 als o. Prof. f¨ur Deutsche Sprache und Literatur an die Univ. Prag, 1852 an die Univ. Wien. Er erarbeitete Grammatiken des Alt-, Mittel- und Neuhochdeutschen und gab zahlreiche Werke heraus (u. a. Kleinere Gedichte von dem Stricker, 1839; Ulrich von Zatzikhoven, Lanzelet. Eine Erz¨ahlung, 1845, Neudr. 1965; Auswahl aus Ulfilas gothischer Bibel¨ubersetzung. Mit einem W¨orterbuch und mit einem Grundriß zur gothischen Buchstaben- und Flexionslehre, 1849, 31874 unter dem Titel Auswahl aus Ulfilas gothischer Bibel¨ubersetzung. Mit Glossar und mit einem Grundriß zur gothischen Buchstaben- und Flexionslehre, hrsg. von Adalbert → Jeitteles; Die echten Lieder von den Nibelungen C IGL nach Lachmanns Critik [. . .], 1851).

Hahn, Karl Friedrich Graf von, Theaterdirektor, * 18. 5. 1782 Remplin (Mecklenburg), † 21. 5. 1857 Altona (heute zu Hamburg). Der Sohn des Astronomen Friedrich Graf von → H. wurde am schwedischen und mecklenburgischen Hof erzogen und studierte in Greifswald. Seit 1804 beteiligte er sich finanziell an reisenden Theatertruppen und am Schweriner Hoftheater und verlor damit nahezu sein gesamtes Verm¨ogen; 1808 wurde ihm dessen Verwaltung entzogen. 1814 u¨ bernahm der als „Theatergraf“ bekannte H. unter der Scheindirektion des Schauspielers F. A. Ruhland die Leitung des Altonaer Theaters und war sp¨ater u. a. an den B¨uhnen in L¨ubeck, Altenburg, Kiel und Schwerin t¨atig. Er war der Vater von Ida C SHBL, Bd 2 Gr¨afin von → Hahn-Hahn.

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Hahn, Karl-Heinz, Literaturhistoriker, * 6. 7. 1921 Erfurt, † 5. 2. 1990 Erfurt. H., Sohn eines Schneiders, studierte nach einer Verwundung im Zweiten Weltkrieg 1943-45, Germanistik und Philosophie in Marburg, nach einer T¨atigkeit als Dozent an der P¨adagogischen Fachschule in Erfurt 1947-50 Geschichte, Kirchengeschichte und Germanistik in Jena und wurde 1950 zum Dr. phil. promoviert (Goethes Amtskollege, der Minister von Fritsch im politischen und geistigen Leben seiner Zeit, 1953). 1951-54 war er Wissenschaftlicher Archivar am th¨uringischen Landeshauptarchiv in Weimar, 1954-58 stellvertretender Leiter und 1958-86 Direktor des dortigen Goetheund Schiller-Archivs. 1963 habilitierte sich H. an der Univ. Jena (Die Arbeit des Dichters. Untersuchungen u¨ ber die Entstehungsweise lyrischer, erz¨ahlender und dramatischer Dichtungen bei Goethe und Schiller) und wurde 1964 zum Professor ernannt. 1974-90 war er Pr¨asident der GoetheGesellschaft in Weimar. H.s Forschungsschwerpunkte waren Archivwissenschaft, deutsche Literatur des 18. und 19. Jh. und Editionslehre. Er ver¨offentlichte u. a. Bettina von Arnim in ihrem Verh¨altnis zu Staat und Politik (1959), Aus der Werkstatt deutscher Dichter. Goethe, Schiller, Heine (1963) und Die Goethe-Gesellschaft in Weimar. Geschichte und Gegenwart (1989). H. hatte mit Pierre Grappin die wissenschaftliche Leitung der Heine-S¨akularausgabe (1970 ff.) inne und edierte u. a. Band 17 und 18 (Historische Schriften, 1970, 1976) der Schiller-Nationalausgabe. C IGL

Hahn, Kurt (Matthias), P¨adagoge, * 5. 6. 1886 Berlin, † 14. 12. 1974 Ravensbr¨uck (W¨urttemberg). Der Sohn Oskar → H.s studierte Philosophie und Philologie an den Universit¨aten Berlin, Freiburg, G¨ottingen und am Christ Church College in Oxford und kehrte 1914 nach Berlin zur¨uck. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs war er Englandexperte und politischer Referent beim Ausw¨artigen Amt und bei der Obersten Heeresleitung, bei Kriegsende pers¨onlicher Berater des Reichskanzlers Prinz → Max von Baden. Als Sekret¨ar der deutschen Delegation zu den Friedensverhandlungen in Versailles verfaßte er u. a. die aufsehenerregende Rede Ulrich von → Brockdorff-Rantzaus. Durch Max von Baden als Sekret¨ar der „Heidelberger Vereinigung“ eingesetzt, arbeitete H. ein p¨adagogisches System aus, das den Bedarf der neuen Republik an qualifizierten F¨uhrungskr¨aften decken sollte und das in der 1920 neugeschaffenen Schule in Salem / Bodensee umgesetzt wurde. H. emigrierte 1933 nach Großbritannien und gr¨undete 1934 nach gleichem Muster im schottischen Gordonstoun die British Salem School. Seit 1941 schuf er in verschiedenen L¨andern „Kurzschulen“ zur Ausbildung im Rettungswesen und veranstaltete Jugendtreffen und Sportturniere. H. kehrte 1954 nach Salem zur¨uck. 1962 gr¨undete er die Atlantic Colleges, die sp¨ateren United World Colleges. Er schrieb u. a. Erziehung zur Verantwortung (1959). C Munzinger

Hahn, Ludwig (Ernst), Publizist, Beamter, * 18. 9. 1820 Breslau, † 30. 9. 1888 Berlin. Der Sohn Eduard Moritz → H.s studierte 1838-42 Theologie an den Universit¨aten Breslau und Berlin und ging als Hauslehrer einer franz¨osischen Familie nach Paris. 1848 kehrte er nach Breslau zur¨uck, wurde Mitarbeiter verschiedener konservativer Zeitungen, Geschichtslehrer an der T¨ochterschule und war seit 1850 im preuß. Unterrichtsministerium t¨atig. 1855 wechselte er in das Ministerium des Innern, wo er – zwischenzeitlich Regierungs- und Schulrat in Stralsund – u. a. Denkschriften und Thronreden verfaßte und die von ihm gegr¨undete „Provinzialkorrespondenz“ herausgab. 1862 wurde er an das Innenministerium zur¨uckberufen und zum Oberregierungsrat und Leiter der Pressestelle der preuß. Regierung ernannt. H. schied 1884 aus dem Staatsdienst aus. Er ver¨offentlichte historische Lehrb¨ucher (u. a. Geschichte

Hahn des preußischen Vaterlandes, 1855, 251900), Studien und Lebensbilder. C Lex dt-j¨ud Autoren

Hahn, Ludwig Albert, Volkswirtschaftler, Bankier, * 12. 10. 1889 Frankfurt / Main, † 4. 10. 1968 Z¨urich. H. studierte zun¨achst in Freiburg / Breisgau Medizin, dann Rechtswissenschaft in Heidelberg, Berlin und Marburg, wo er 1912 zum Dr. jur. (Der Einfluss von Willenm¨angeln auf Gr¨undungs- und Beitrittserkl¨arungen zu juristischen Personen) und 1919 zum Dr. phil. (Der Gegenstand des Geldund Kapitalmarktes in der modernen Wirtschaft. Ein Beitrag zur Theorie des Bankgesch¨afts) promoviert wurde. Seit demselben Jahr war er stellvertretendes, seit 1921 ordentliches Vorstandsmitglied der von seinem Urgroßvater L¨ob Amschel H. gegr¨undeten Privatbank, die 1872 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden war und seitdem als Deutsche Effekten- und Wechselbank (vormals Bankhaus L. A. Hahn) firmierte; H. geh¨orte der Gesch¨aftsleitung bis 1933 an. Er war Ausschußmitglied des Centralverbandes des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes e. V., hatte 1926 wesentlichen Anteil an der Gr¨undung der Frankfurter Gesellschaft f¨ur Konjunkturforschung und lehrte 1928-33 als Honorarprofessor f¨ur Geld- und Kreditwesen an der Univ. Frankfurt / Main. 1936 emigrierte H. in die Schweiz, 1939 in die USA und war Dozent an der New School for Social Research in New York. Nach Europa zur¨uckgekehrt, lebte er seit 1950 in Paris und Z¨urich und lehrte wieder an der Univ. Frankfurt. Seine in den zwanziger Jahren entwickelte, inflationistisch ausgerichtete Geldlehre nahm Elemente der Lehre John Maynard Keynes vorweg. Sp¨ater machte sich H. die klassische antiinflationistische Auffassung zu eigen. Er vero¨ ffentlichte u. a. Volkswirtschaftliche Theorie des Bankkredits (1920, 31930), Aufgaben und Grenzen der W¨ahrungspolitik. Eine Kritik der deutschen W¨ahrungspolitik seit der Stabilisierung (1928), The economics of illusion (1949), Geld und Kredit. W¨ahrungspolitische und konjunkturtheoretische Betrachtungen (1960) und F¨unfzig Jahre zwischen Inflation und Deflation (1963). C Hagemann

Hahn, Ludwig Philipp, Schriftsteller, * 22. 3. 1746 Trippstadt (Pfalz), † 25. 2. 1814 Zweibr¨ucken. Nach Abschluß philologischer und kameralistischer Studien wurde H., Sohn eines Pfarrers, 1777 Marstallamtssekret¨ar in Zweibr¨ucken, war seit 1780 f¨urstlicher Rechnungsrevisor und bet¨atigte sich daneben als Buchh¨andler und Journalist. 1793 floh er mit seiner Familie vor den Franzosen nach Mannheim und wurde nach seiner R¨uckkehr B¨urochef der Zweibr¨uckener Stadtpr¨afektur. H. ver¨offentlichte in den siebziger Jahren eine Reihe erfolgreicher, der Dramatik des Sturm und Drang zuzuordnender Theaterst¨ucke (u. a. Graf Karl von Adelsberg, 1776). Der modernen Kritik gilt die Erz¨ahlung Kunigunde (in: Lyrische Gedichte, 1786) als k¨unstlerischer H¨ohepunkt seines Werkes. C Killy

Hahn, Mary, geb. Jeß, S¨angerin, Gesangsp¨adagogin, * 26. 12. 1876 Flensburg, † n. e. Neben der Ausbildung an den Konservatorien in Leipzig und Wien nahm H. Gesangsunterricht u. a. in Dresden, Kopenhagen, Paris und Berlin und wirkte 1890-94 als hochdramatische Operns¨angerin u. a. in Rostock, Koblenz und Elberfeld. 1912-16 war sie als Schauspielerin in Berlin und Wiesbaden t¨atig, leitete daneben die gemeinsam mit Maximilian → Moris 1912 in Berlin gegr¨undete „Neue Opernschule“ und lehrte Rede und Gesang. H. wurde 1916 als Gesangsp¨adagogin und Dozentin f¨ur Sprechtechnik an die Schauspielschule des Deutschen Theaters in Berlin berufen und leitete das Berliner Frauen-Terzett. Sie war Vorstandsmitglied des Vereins Berliner Tonk¨unstler und geh¨orte der Gesellschaft f¨ur deutsche Gesangskunst sowie seit 1929 dem Sachverst¨andigengremium der Preußischen Akademie der K¨unste, Senat f¨ur Musik, an.

Hahn, (Johann) Michael, Pietist, * 2. 2. 1758 Altdorf bei B¨oblingen, † 20. 1. 1819 Sindlingen bei Herrenberg. H. lebte zur¨uckgezogen als Knecht meist auf dem Hof seines Vaters und las die Bibel sowie Schriften u. a. von Jacob → B¨ohme, Friedrich Christoph → Oetinger, Johann Albrecht → Bengel und Gerhard → Tersteegen. Drei Jahre nach seiner Erweckung erlebte er 1777 eine mehrst¨undige, sp¨ater eine mehrw¨ochige Vision oder „Zentralschau“ und bet¨atigte sich danach als pietistischer Redner und Seelsorger. 1794 ent¨ zog er sich mit der Ubersiedelung in das Schloß Sindlingen der Franziska von → Hohenheim dem Zugriff der kirchlichen und staatlichen Obrigkeit, hielt Versammlungen ab und war schriftstellerisch t¨atig. H. begr¨undete die innerkirchliche Hahnsche Gemeinschaft (auch „Michelianer“), die bis zu 15 000 Mitglieder z¨ahlte und bis heute besteht. Seine theosophischen Schriften, Lieder und exegetischen Texte erschienen postum in einer Gesamtausgabe (1819-41) sowie u. a. in dem weitverbreiteten Geistlichen Liederk¨astlein (1831, 18 1962). C Leb Schwaben, Bd 16

Hahn, (Friedrich Wilhelm) Oskar, Beamter, * 28. 11. 1831 Breslau, † 6. 5. 1898 Berlin. Der Sohn Eduard Moritz → H.s studierte 1850-53 in Breslau und Berlin und war in Breslau, Liegnitz, Posen und Erfurt im Verwaltungsdienst t¨atig. Seit 1862 war er Landrat des Kreises Obornik (Posen), 1867-76 des Oberlahnkreises mit Sitz in Weilburg, danach Oberregierungsrat und Abteilungsdirektor bei der Regierung in Bromberg, von 1885 bis an sein Lebensende Oberverwaltungsgerichtsrat in Berlin. H. geh¨orte dem Abgeordnetenhaus 1870-73 f¨ur den Oberlahnkreis, 1879-85 f¨ur Bromberg an und war 1886-93 f¨uhrendes Mitglied der konservativen Fraktion im Reichstag. 1878 kam er in die Provinzialsynode, 1881 in deren Vorstand und 1879 in den Vorstand der preuß. Generalsynode. H. befaßte sich mit Kommunal- und Verwaltungsrecht und ver¨offentlichte u. a. Die Kreisordnung (1872). Er war der Vater von Kurt → H.

Hahn, Oskar, Industrieller, * 1. 5. 1860 Berlin, † 28. 10. 1907 Berlin. Der Sohn Albert → H.s bildete sich nach der kaufm¨annischen Ausbildung im v¨aterlichen Unternehmen in England weiter und wurde 1883 Teilhaber des Familienunternehmens. Er beteiligte sich vor allem am Ausbau der R¨ohrenindustrie, erweiterte die vom Vater gegr¨undeten Werke im schlesischen Oderberg und im ukrainischen Jekaterinoslaw und errichtete zur Versorgung des R¨ohrenwalzwerkes in D¨usseldorfOberbilk 1889 / 90 ein Puddel- und Stahlwerk in DuisburgGroßenbaum, dem er sp¨ater ein Siemens-Martin-Stahlwerk und neue Walzwerksanlagen angliederte. H. engagierte sich f¨ur Syndikats- und Verbandsangelegenheiten und hatte entscheidend Anteil an der Gr¨undung des deutschen R¨ohrensyndikats. C NDB

Hahn, Otto, Chemiker, * 8. 3. 1879 Frankfurt / Main, † 28. 7. 1968 G¨ottingen. Nach dem Besuch der Oberrealschule in Frankfurt studierte H. seit 1897 in Marburg (zwei Semester in M¨unchen) Organische Chemie und wurde Mitte 1901 mit der Arbeit ¨ Uber Bromderivate des Isoeugenols promoviert. Er diente dann als Einj¨ahrigfreiwilliger in Frankfurt, bevor er nach Marburg als Vorlesungsassistent von Theodor → Zincke zur¨uckkehrte, der ihm eine Anstellung als Chemiker vermittelte, f¨ur die gute Englischkenntnisse erwartet wurden, die er sich vorher aneignen

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Hahn sollte – auf Vorschlag Zinckes in Verbindung mit der Erweiterung seiner chemischen Kenntnisse bei Sir William Ramsay in London. Hier gelang H. bei der Untersuchung eines Radium-Pr¨aparates die Isolierung des bis dahin unbekannten, scheinbar elementaren ‚Radiothors‘ (des sp¨ateren Thorium 228). Ramsay empfahl ihm daraufhin, in der chemischen Forschung zu bleiben, und vermittelte ihm einen Arbeitsplatz bei Emil → Fischer in Berlin, der wiederum eine Vervollkommnung seiner radiochemischen Kenntnisse bei Ernest Rutherford in Montreal empfahl. Hier erlernte H. vor allem die Nachweismethoden f¨ur Alphastrahlung – und entdeckte mit dem ‚Radioaktinium‘ (Thorium 227) nochmals eine neue Substanz, so daß er im Sommer 1906 bereits als ber¨uhmter Mann bei Fischer beginnen konnte, der ihn ein Jahr sp¨ater f¨ur Radiochemie habilitierte und ihm bei der Er¨offnung des Kaiser-Wilhelm-Instituts f¨ur Chemie in Berlin-Dahlem 1912 eine eigene kleine Abteilung f¨ur Radiochemie einrichten ließ. Begleitet wurde H. von der Radiophysikerin Lise → Meitner, die 1906 in Wien auf dem noch jungen Gebiet der Radioaktivit¨at promoviert worden und seit 1907 Mitarbeiterin H.s. gewesen war. Auch sie erhielt 1917 eine eigene Abteilung am Kaiser-Wilhelm-Institut; und nachdem H. 1924 zur Abwehr eines Rufes an die TH Hannover zum Zweiten Direktor und 1926 zum Direktor und Leiter des Instituts ernannt worden war, bestand es faktisch nur noch aus diesen beiden Abteilungen – auch, nachdem L. Meitner als o¨ sterr. J¨udin Mitte 1938 Deutschland hatte verlassen m¨ussen. Das Institut wurde 1944 aus Berlin nach Tailfingen ausgelagert; hier nahmen die Amerikaner H. beim Einmarsch gefangen und internierten ihn gemeinsam mit anderen deutschen Atomwissenschaftlern in einem englischen Landhaus. H. ging nach seiner Entlassung nach G¨ottingen, wohin die Generalverwaltung der nominell nicht mehr bestehenden Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft evakuiert worden war, und wurde hier als Nachfolger Max → Plancks zum Pr¨asidenten gew¨ahlt, als der er die in den Westzonen befindlichen Institute zur dann umbenannten Max-Planck-Gesellschaft zusammenf¨uhren konnte, die unter seiner Pr¨asidentschaft (bis 1960) ihr altes Ansehen zur¨uckgewann. Hilfreich war dabei, daß ihm 1945 der Nobelpreis f¨ur Chemie des Jahres 1944 f¨ur die Entdeckung der Kernspaltung (des Urans und Thoriums) verliehen worden war, die ihm gemeinsam mit Fritz → Straßmann in Fortf¨uhrung seit 1934 mit L. Meitner durchgef¨uhrter Untersuchungen der Zerfallsprodukte mit Elektronen bestrahlter schwerer Atome Mitte Dezember 1938 gegl¨uckt war. H. war der erste und lange Zeit bedeutendste deutsche Radiochemiker. Der Abschluß der gemeinsamen Suche nach der Muttersubstanz des Aktiniums war allerdings 1918 L. Meitner gelungen, als H. als Mitglied der Spezialeinheit Fritz → Habers zur Erprobung von Giftgaseins¨atzen an der Front weilte. 1921 entdeckte er mit Uran Z erstmals eine Kernisomerie. Einen Schwerpunkt seiner Arbeiten u¨ ber Anwendungen der Radiochemie bildete die geologische Altersbestimmung anhand der Halbwertszeiten von Zerfallsprodukten in Gesteinen. Nach dem Krieg setzte H. sich vehement gegen jegliche waffentechnische Nutzung der Kernenergie, insbesondere bei der im Aufbau begriffenen Bundeswehr, ein („G¨ottinger Erkl¨arung“), wodurch es zu einem ernsthaften Konflikt mit den h¨ochsten politischen Repr¨asentanten der Bundesrepublik Deutschland kam, in dem er letztlich u¨ ber den Verteidigungsminister Franz Josef → Strauß obsiegte. – H. war in zahlreichen Wissenschaftlichen Akademien Ordentliches oder Korrespondierendes bzw. Ausw¨artiges Mitglied, so in der Preußischen Akademie der Wissenschaften (1924), der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (1926, 1956 Ehrenmitglied) und der Kgl. Schwedischen Akademie der Wissenschaften (1943).

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WERKE: New atoms: Progress and some memories. A collection of papers. Hrsg. v. W. Gaade. New York 1950. – Cobalt 60 – Angst oder Hoffnung. G¨ottingen 1955. – Vom Radiothor zur Uranspaltung. Eine wissenschaftliche Selbstbiographie. Braunschweig 1962 (Nachdr. 1988, engl. New York / London 1966, ital. Turin 1968). – Mein Leben. M¨unchen 1968 (engl. New York / London 1970). – Erlebnisse und Erkenntnisse. Hrsg. v. Dietrich Hahn. D¨usseldorf 1975. LITERATUR: Walther Gerlach: O. H., ein Forscherleben unserer Zeit. M¨unchen / D¨usseldorf 1969; Neudr., erg¨anzt und hrsg. v. Dietrich Hahn. Stuttgart 1984. – Dietrich Hahn (Hrsg.): O. H., Begr¨under des Atomzeitalters. Eine Biographie in Bildern und Dokumenten. M¨unchen 1979. – Fritz Krafft: Im Schatten der Sensation. Leben und Wirken von Fritz Straßmann. Weinheim 1981. – Ders.: O. H. und die Kernchemie: Der Sprung ins Atomzeitalter. Mannheim 1991. – Klaus Hoffmann: Forschung und Verantwortung – O. H. Frankfurt / Main 2005. Fritz Krafft

Hahn, Philipp Matth¨aus, evang. Theologe, Erfinder, * 25. 11. 1739 Scharnhausen bei Esslingen, † 2. 5. 1790 Echterdingen bei Stuttgart. H., Sohn eines Pfarrers, befaßte sich bereits als Jugendlicher mit der Herstellung von Sonnenuhren und mit Astronomie, studierte 1757-60 Theologie und Philosophie in T¨ubingen und wurde 1764 Pfarrer in Onstmettingen. Er unterhielt eine feinmechanische Werkstatt in seinem Pfarrhaus, in der er Pr¨azisions- und astronomische Uhren, Rechenmaschinen und verschiedene Waagen herstellen ließ und die als Keimzelle der w¨urttembergischen feinmechanischen Industrie gilt. Als Theologe dem schw¨abischen Pietismus zugeneigt, verkehrte er mit Johann Caspar → Lavater und Franz von → Baader und wurde von Herzog → Karl Eugen von W¨urttemberg und der sp¨ateren Herzogin Franziska von → Hohenheim gef¨ordert. H. u¨ bernahm 1770 die Pfarrei Kornwestheim und erhielt 1780 die bestdotierte Pfarrei des Landes, Echterdingen. Er ver¨offentlichte u. a. Betrachtungen und Predigten (1774), Beschreibung mechanischer Kunstwerke (3 Tle., 1774, Nachdr. 1985 und 1990) und Fingerzeig zum Verstand des K¨onigreiches Gottes und Christi (1878, Nachdr. 1999). Seine Tageb¨ucher (hrsg. von Martin Brecht und Rudolf F. Paulus) erschienen 1979-83 in zwei B¨anden. H. war der Onkel von Christoph → H. C NDB

Hahn, Rudolph, Pseud. Heiter, (Dr.) E(rnst) Heiter, Heiter und Lustig, Fr(itz) Lustig, (H.) Lustig, (H.) Rudolf, Rudolph, F. Wilhelm, Schauspieler, Schriftsteller, * 22. 3. 1815 Dresden, † 20. 10. 1889 Berlin. Zu Ludwig → Tiecks Zeiten am Dresdner Hoftheater, erhielt H., Sohn eines Kaufmanns, dort seine Ausbildung zum Schauspieler, spielte seit 1834 in Magdeburg, Olm¨utz, Altenburg, Dessau und am K¨onigst¨adtischen Theater in Berlin und wurde dort Dramaturg am Friedrich-Wilhelmst¨adtischen Theater, der Kroll-Oper und dem Viktoriatheater. Sp¨ater in Breslau t¨atig, war er zuletzt Redakteur der „M¨arkischen Zeitung“ in Neuruppin. H. schrieb zahlreiche Theaterst¨ucke, u. a. Die Pikarde in Berlin (in: Liebhabertheater, 2 Bde., 1855). C DSL

Hahn, Simon Friedrich, Historiker, Bibliothekar, * 28. 7. 1692 Kloster Berg bei Magdeburg, † 18. 2. 1729. H. studierte Geschichte und Staatswissenschaft an der Univ. Halle, hielt dort mit einer Sondergenehmigung bereits seit 1711 Vorlesungen an der Philosophischen Fakult¨at und erwarb 1713 die Magisterw¨urde. 1717 folgte er einem Ruf als Prof. der Geschichte an die Univ. Helmstedt und wurde 1725 Bibliothekar und Historiograph in Hannover. Als sein

Hahne Hauptwerk gilt die Vollst¨andige Einleitung zu der teutschen Staats-, Reichs- und Kayser-Historie (5 Tle., 1721). C ADB

Hahn, Traugott (I.), luth. Theologe, * 15. 8. 1848 Komaggas (S¨udwestafrika), † 19. 4. 1939 Burgdorf bei Hannover. Der Sohn des Missionars Hugo → H. verbrachte seine Kindheit im Hereroland, kam 1853 nach Deutschland und studierte seit 1867 Theologie in Berlin und Dorpat. 1871 wurde er Pastor der Gemeinde Wolde auf der Insel Oesel, wechselte 1874 nach Rauge (Livland) und 1886 an die Pfarrei St. Olai in Reval. H. wurde 1915 von den Russen nach Sibirien verbannt, kam aber in den Genuß der politischen Amnestie der Bolschewiken 1917, die jedoch kurz darauf seine Revaler Kirche besetzten. Unter deutscher Herrschaft u¨ bte er kurzzeitig sein Pfarramt wieder aus, verließ dann aber Reval, ließ sich im Stephansstift in Hannover nieder und bet¨atigte sich als freier Prediger. H. ver¨offentlichte Predigten und Lehrb¨ucher (u. a. Jesus Christus gestern und heute, 1931) sowie Erinnerungen aus meinem Leben (2 Bde., 1919-23). Er war der Vater von Hugo und Traugott → H. (II.). C BBKL

Hahn, Traugott (II.), luth. Theologe, * 1. 2. 1875 Rauge (Livland), † 14. 1. 1919 Dorpat. Der Sohn Traugott → H.s (I.) und Bruder Hugo → H.s studierte seit 1893 Theologie an der Univ. Dorpat und in G¨ottingen, wurde 1902 Universit¨atsprediger in Dorpat und habilitierte sich dort im selben Jahr. 1908 zum Prof. der praktischen Theologie vorgeschlagen, jedoch von der Professorenschaft nicht gew¨ahlt, sprach der zust¨andige Minister im folgenden Jahr trotzdem die Ernennung aus. H. wurde 1915 ausgewiesen, konnte jedoch zur¨uckkehren und als einziger Dorpater Prof. seine Vorlesungen in praktischer Theologie in einer nicht-russischen Sprache fortf¨uhren. Unter wechselnden Machtverh¨altnissen 1917 / 18 setzte er seine Arbeit fort, doch wurde er Anfang 1919 von den Bolschewiken verhaftet und erschossen. Er galt als M¨artyrer. H.s Kinderpredigten erschienen postum 1922 unter dem Titel Komm, o mein Heiland Jesus Christ. Er war der Vater von Wilhelm → H. C BBKL

Hahn, Wilhelm, evang. Theologe, Politiker, * 14. 5. 1909 Dorpat (Estland), † 9. 12. 1996 Heidelberg. Nach der Ermordung seines Vaters Traugott → H. (II.) durch Rotarmisten floh die Familie 1919 nach G¨utersloh. H. studierte in T¨ubingen, G¨ottingen, Bonn und M¨unster evang. Theologie und wurde 1937 promoviert (Das Mitsterben und Mitauferstehen mit Christus bei Paulus). Im selben Jahr wurde er Pfarrer in Minden und nahm seit 1942 als Sanit¨atssoldat am Zweiten Weltkrieg teil. 1946 nahm er seine Pfarrt¨atigkeit in Minden wieder auf, war zugleich Vertreter der Kirchen in der britischen Besatzungszone bei der Alliierten Kontrollkommission und wurde 1949 Superintendent des Kirchenkreises Minden. 1950 folgte er einem Ruf als o. Prof. der Homiletik, Liturgik und Katechetik an die Univ. Heidelberg, deren Rektor er 1958 wurde. 1955-62 war er Mitglied im deutschen Ausschuß f¨ur Erziehungs- und Bildungswesen. Seit 1956 Mitglied der CDU, r¨uckte H. 1962 in den Deutschen Bundestag nach und war 1964-78 Kultusminister in Baden-W¨urttemberg. 1967-77 geh¨orte er dem Bundesvorstand der CDU an, war 1968-80 Mitglied des Landtags von Baden-W¨urttemberg und 1979-87 des Europaparlaments. H. schrieb u. a. Der christliche Glaube und der Mensch der Gegenwart (1947), Gottesdienst und Opfer Christi (1951), Mehr Bildung, mehr Leistung, mehr Freiheit. Bildungspolitik zwischen Wunsch und Wirklichkeit (1974), Ich stehe dazu – Erinnerungen eines Kultusministers (1981) und Europ¨aische Kulturpolitik. Aufs¨atze u¨ ber Bildung, Medien und Kirche (1987). C MdB

Hahn, Wolfgang, Mathematiker, * 30. 4. 1911 Potsdam, † 10. 1. 1998 Kassel. H., Sohn eines Lehrers, studierte seit 1928 Mathematik in Berlin und G¨ottingen, wurde 1933 mit der Dissertation Die Nullstellen der Laguerreschen und Hermiteschen Polynome in Berlin promoviert, war danach im Lehramt t¨atig, bis er 1940 zum Wehrdienst eingezogen wurde. 1946 nach Berlin zur¨uckgekehrt, arbeitete er zun¨achst in Industriebetrieben und habilitierte sich 1950 mit einer Arbeit u¨ ber Orthogonalpolynome. 1952 erhielt er eine Di¨atendozentur an der TH Braunschweig, baute 1959-61 in Madras das Department of Applied Mathematics am Indian Institute of Technology auf, hielt Vorlesungen an der Univ. Madras und wurde Mitglied der Indian Mathematical Society. Seit 1963 Wissenschaftlicher Rat am Institut f¨ur angewandte Mathematik in Bonn, folgte er 1964 einem Ruf auf den Lehrstuhl II f¨ur Mathematik der TH Graz, deren Rektor er 1969 / 70 war. H. u¨ bersetzte Werke der russischen Mathematiker Lev Semenovic Pontrjagin und Mark Jakovlevic Vygodskij und ver¨offentlichte u. a. Theorie und Anwendung der direkten Methode von Ljapunov (1959, engl. 1963), Stability of motion (1967) und Lineare geometrische Differenzengleichungen (1981).

Hahn-Hahn, Ida (Marie Luise Sophie Friederike Gustave) Gr¨afin von, Schriftstellerin, * 22. 6. 1805 Tressow (Mecklenburg-Schwerin), † 12. 1. 1880 Mainz. Die Tochter Karl Friedrich von → Hahns wuchs in durch die Verschwendungssucht und Theaterleidenschaft des Vaters bedr¨uckten Verh¨altnissen auf und schloß 1826 eine Ehe mit dem Vetter Friedrich Graf von H., die 1829 geschieden wurde. Seit 1830 in freier Ehe mit Adolf Freiherr von Bistramb verbunden, lebte sie in Berlin, Dresden, Greifswald, Wien und Schloß Neuhaus in Ostholstein und unternahm Reisen in die Schweiz und den Orient, nach Italien, Spanien, Frankreich, Skandinavien und Großbritannien. Mitte der dreißiger Jahre trat sie mit Lyrikb¨anden im romantischen Stil hervor (Gedichte, 1835; Neue Gedichte, 1836; Venezianische N¨achte, 1836). Mit ihren in Anlehnung an Hermann F¨urst von → P¨uckler-Muskau entstandenen Reisebeschreibungen (u. a. Reisebriefe 2 Bde., 1841; Erinnerungen aus und an Frankreich, 2 Bde., 1842; Orientalische Briefe, 3 Bde., 1844, Neudr. 1991) und Gesellschaftsromanen (u. a. Gr¨afin Faustine, 1841, 41848, Neuausg. 1986; Ulrich, 2 Bde., 1841; Sigismund Forster, 1843; Cecil, 2 Bde., 1844) wurde H.-H. zu einer der popul¨arsten Schriftstellerinnen ihrer Zeit. Sybille (2 Bde., 1846) bezeichnete H. als „Selbstbiograohie“. Unter dem Eindruck der Revolution 1848 und nach dem Tod ihres Lebensgef¨ahrten im selben Jahr trat sie 1850 zum Katholizismus u¨ ber, absolvierte ein Noviziat in Angers und gr¨undete in Mainz das Kloster „Zum guten Hirten“, das sie unterhielt und in dem sie seit 1854 selbst wohnte. Nach dem Konfessionswechsel entstanden fromme Erbauungsliteratur und historisch-kirchliche Schriften, seit 1860 auch wieder Romane, darunter Maria Regina (2 Bde., 1860) und Die Gl¨ocknerstochter (2 Bde., 1871). H.H.s Gesammelte Schriften aus der Zeit vor der Konversion, die 1851 gegen ihren Willen erschienen, f¨ullten 21 B¨ande, die Gesammelten Werke (1902-05) nach 1850 45 B¨ande. Ihre eigene Geschichte schilderte H.-H. in Von Babylon nach Jerusalem (1851). C Killy Hahne, Ruthild, Bildhauerin, * 19. 12. 1910 Berlin, † 1. 9. 2001 Berlin. H. arbeitete nach einer Ausbildung zur orthop¨adischen Gymnastiklehrerin an der Universit¨atsklinik Berlin bis 1936 als Turnlehrerin und war Mitglied einer Arbeitertanzgruppe. 1936-40 studierte sie an der Hochschule f¨ur Bildende Kunst in Berlin u. a. bei Arno → Breker und wurde Meistersch¨ulerin von Wilhelm → Gerstel. Seit 1938 im Widerstand f¨ur die „Rote Kapelle“ aktiv, wurde sie 1942 verhaftet und zu vier

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Hahnemann Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach dem Krieg war H. Mitbegr¨underin der Hochschule f¨ur Bildende und Angewandte Kunst in Berlin-Weißensee, an der sie Bildhauerei unterrichtete; seit 1950 arbeitete sie freischaffend. H. schuf neben Kinderportr¨ats vor allem B¨usten von Politikern der kommunistischen Bewegung; die Arbeit an einem Th¨almannDenkmal mußte sie 1965 aus politischen Gr¨unden aufgeben. C DDR

Hahnemann, Helga, S¨angerin, Schauspielerin, * 8. 9. 1937 Berlin, † 20. 11. 1991 Berlin. Nach dem Studium an der Staatlichen Schauspielschule Berlin 1956-59 war H. f¨ur das Leipziger Kabarett „Die Pfefferm¨uhle“ t¨atig und arbeitete seit 1962 als freischaffende Schauspielerin in Berlin. Seit 1969 geh¨orte sie dem Schauspielerensemble des DDR-Fernsehens an, hatte 1978-91 im Berliner Rundfunk eine eigene Sendung, „Helgas Top(p)Musike“, moderierte Shows im Fernsehen (u. a. „Ein Kessel Buntes“) und trat mit eigenem Programm mehrfach im Friedrichstadtpalast und im Palast der Republik auf. In Zusammenarbeit mit dem Komponisten Arndt Bause ver¨offentlichte H. seit 1984 drei Schallplatten. 1993 erschienen ihre Erinnerungen Mensch, wo sind wir bloß hinjeraten! C DDR Hahnemann, Paul G., Wirtschaftsmanager, * 31. 10. 1912 Straßburg, † 23. 1. 1997 M¨unchen. Nach technischem und betriebswirtschaftlichem Studium an den Technischen Hochschulen Karlsruhe und M¨unchen sowie den Universit¨aten Berlin und Heidelberg war H. bei General Motors in Detroit (USA) t¨atig. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er Großh¨andler der Adam Opel AG in Freiburg / Breisgau, sp¨ater Marketingdirektor der Auto Union in D¨usseldorf. Seit 1961 stellvertretender Vorstand, war H. 1963-71 ordentliches Vorstandsmitglied der BMW AG, Vertriebschef und stellvertretender Vorstandsvorsitzender und gab BMW in den sechziger Jahren mit der Politik der Markt¨ nischen neue Impulse. Maßgeblich an der Ubernahme der Glas-Werke beteiligt, saß er seit 1967 im Aufsichtsrat der Hans Glas GmbH. 1972 wurde H. Hauptgesch¨aftsf¨uhrer der B¨urom¨obelfabrik Pohlschr¨oder, war auch Unternehmensberater und Betreiber einer Exportfirma. Hahnemann, (Christian Friedrich) Samuel, Hom¨oopath, * 10. 4. 1755 Meißen, † 2. 7. 1843 Paris. Als drittes Kind eines Porzellanmalers begann H. 1775 das Studium der Medizin, ging 1777 nach Wien, war sodann f¨ur einige Zeit in Siebenb¨urgen als Hausarzt und Bibliothekar t¨atig und wurde im Sommer 1779 in Erlangen zum Dr. med. promoviert. Es folgten etliche Jahre eines unsteten Lebens auf der Suche nach einer ausk¨ommlichen Praxis. 1793 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. 1805 ließ er sich als Arzt in Torgau nieder, 1811 in Leipzig. Wichtigstes Antriebsmoment f¨ur sein wissenschaftliches Leben war die kritische Auseinandersetzung mit der traditionellen Medizin, der er mit dem Organon der rationellen Heilkunde, das zu seinen Lebzeiten noch vier weitere Auflagen erfuhr, 1810 sein neues System der Hom¨oopathie entgegensetzte. Am Anfang stand 1790 sein ber¨uhmter Selbstversuch mit Chinin, zu dem er sich ¨ durch die Ubersetzung und Bearbeitung der Materia medica von William Cullen veranlaßt sah. Sein daraus abgeleiteter Grundsatz „Similia similibus“ wurde erstmals 1796 in Christoph Wilhelm → Hufelands Journal ver¨offentlicht. Die neue

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Lehre besagte, daß Krankheiten nicht, wie bisher, durch „allopathische“ Mittel (contraria contrariis) zu behandeln seien, sondern durch Medikamente, die am Gesunden Symptome erzeugen, die der zu behandelnden Krankheit a¨ hnlich sind. Die Arzneien, die am Gesunden zu pr¨ufen sind, wirken H. zufolge nicht materiell, sondern dynamisch auf die ebenfalls dynamische Lebenskraft ein; ihre Wirkkraft wird durch schrittweises Verd¨unnen (sogenanntes Potenzieren) erh¨oht. 1812 habilitierte sich H. in Leipzig und gewann seine ersten Anh¨anger, die sich schon bald in die heute noch bestehenden Fraktionen der „klassischen“ und „naturwissenschaftlichkritischen“ Hom¨oopathen spalteten. Die Vertreter der Universit¨atsmedizin lehnten H.s neue Heilmethode durchweg radikal ab. Konflikte mit den Leipziger Apothekern wegen unerlaubter Arzneidispensation ließen H. 1821 nach K¨othen u¨ bersiedeln, wo er unter dem Schutz des Herzogs → Ferdinand von Anhalt-K¨othen eine weitverzweigte hom¨oopathische Praxis betrieb. Hier ver¨offentlichte er 1828 die ersten drei Teile seines Werkes Die chronischen Krankheiten, ihre eigenth¨umliche Natur und hom¨oopathische Heilung, in dem er die Lehre von den sogenannten psorischen Krankheiten entwickelte. W¨ahrend der Choleraepidemie, die 1831 / 32 weite Teile Europas heimsuchte, gewannen seine Empfehlungen zur Prophylaxe und Therapie große Popularit¨at. Im Alter von 79 Jahren ging H. mit seiner zweiten Ehefrau Melanie d’Hervilly nach Paris und trug dort mit seiner angesehenen Praxis wesentlich zur Ausbreitung der Hom¨oopathie in Frankreich bei. WEITERE WERKE: Ueber Arsenikvergiftung, ihre H¨ulfe und gerichtliche Ausmittelung. Leipzig 1786. – Apothekerlexikon. 2 Bde., Leipzig 1793-99. – Fragmenta de viribus medicamentorum. 2 Tle., Leipzig 1805. – Reine Arzneimittellehre. Tl. 1-6, Dresden 1811-21. – Sicherste Heilung und Ausrottung der asiatischen Cholera. Leipzig 1831. LITERATUR: Richard Haehl: S. H. Sein Leben und Schaffen. Leipzig 1922. – Rudolf Tischner: Geschichte der Hom¨oopathie. Leipzig 1932-39. – Hanspeter Seiler: Die Entwicklung von S. H.s a¨ rztlicher Praxis. Heidelberg 1988. – Josef M. Schmidt: Die Publikationen S. H.s. In: Sudhoffs Archiv 72 (1988) S. 14-36. – Renate Wittern: S. H. (1755-1843). In: Klassiker der Medizin. Hrsg. v. Dietrich von Engelhardt / Fritz Hartmann. Bd. 2, M¨unchen 1991, S. 37-50 und 396 f. – Robert J¨utte (Hrsg.): S. H. Die Krankenjournale. Heidelberg 1991 ff. – Rima Handley: Eine hom¨oopathische Liebesgeschichte: das Leben von S. und Melanie H. M¨unchen 1993. – Volker Hess: S. H. und die Semeiotik. In: Medizin in Geschichte und Gegenwart 12 (1993) S. 177-204. – Kathrin Schreiber: S. H. in Leipzig. F¨orderer, Gegner und Patienten. Dresden 1998. – Matthias Wischner: Fortschritt oder Sackgasse? Die Konzeption der Hom¨oopathie in S. H.s Sp¨atwerk (1824-1842). Essen 2000. – Robert J¨utte: S. H. Begr¨under der Hom¨oopathie. M¨unchen 2005. Renate Wittern-Sterzel

Hahnke, (Karl) Wilhelm (Gustav Bernhard) von, Milit¨ar, Politiker, * 1. 10. 1833 Berlin, † 8. 2. 1912 Berlin. H., Sohn eines Obersten im Kriegsministeriums, trat 1851 in die preuß. Armee ein und wurde 1864 Kompanief¨uhrer, 1866 Stabsoffizier, 1870 Major und schließlich Generalleutnant. 1888 ernannte ihn → Wilhelm II. zum Chef des Milit¨arkabinetts, das sich unter H. zu einem Instrument des „pers¨onlichen Regiments“ des Kaisers entwickelte. Der Generalstabschef Alfred von → Waldersee betrieb bereits 1889 vergeblich H.s Sturz und wurde unter dessen Mitwirkung selbst 1891 nach Hamburg abgedr¨angt. H. bek¨ampfte eine Milit¨arreform, erwirkte den Sturz von Reformanh¨angern und beeinflußte den Kaiser in seinem Sinn. Der Sturz des preuß. Kriegsministers Walter → Bronsart von Schellendorf 1896 wurde als Sieg H.s angesehen, der sich h¨aufig in dessen Kompetenzen gedr¨angt hatte. Nach dem Abschied als Chef des Milit¨arkabinetts 1901 war er Oberstkommandierender in

Haid den Marken und in Berlin (bis 1909); 1903 wurde er Mitglied des Herrenhauses und 1905 Generalfeldmarschall. C NDB

Hahnl, Hans Heinz, o¨ sterr. Journalist, Schriftsteller, * 29. 3. 1923 Oberndorf (Nieder¨osterreich), † 18. 2. 2006 Wien. H. studierte seit 1945 Germanistik und Theaterwissenschaft in Wien, wurde 1947 mit der Arbeit Karl Kraus und das Theater promoviert und war anschließend bis 1988 bei der Wiener „Arbeiter-Zeitung“ t¨atig, zun¨achst als Gerichtsreporter, sp¨ater als Leiter des Feuilletons und Kulturressorts. Daneben schrieb er H¨orspiele sowie Theater- und Literaturkritiken u. a. f¨ur die „B¨uhne“ und die „Neue Z¨urcher Zeitung“. Erste gesellschaftskritische Gedichte H.s erschienen nach dem Zweiten Weltkrieg in der Zeitschrift „Plan“, 1952 folgte der Erz¨ahlband Die verbotenen T¨uren, 1976 der Lyrikband In flagranti erwischt. Seit 1978 ver¨offentlichte H. auch Romane, darunter Die Einsiedler des Anninger (1978), Die Riesen vom Bisamberg und Erinnerungen eines Durchschnittsessers (1998). Er wurde 1981 zum Prof. ernannt und u. a. mit der Robert-Musil-Medaille (1987) ausgezeichnet. Hahnloser, Hans Robert, schweizer. Kunsthistoriker, * 13. 12. 1899 Winterthur, † 7. 11. 1974 Bern. Der Sohn der Hedy → Hahnloser-B¨uhler und eines Arztes und Besitzers einer der umfangreichsten Privatsammlungen zeitgen¨ossischer franz¨osischer und schweizer. Kunst studierte in Z¨urich, Basel und Wien bei → Sedlmayr, → P¨acht und → Gombrich und wurde 1926 mit der Arbeit Villard de Honnecourt. Kritische Gesamtausgabe des Bauh¨uttenbuches ms. Fr. 19093 der Pariser Nationalbibliothek (1935) promoviert. Anschließend arbeitete er als Assistent von Julius Alwin von → Schlosser in Wien und unternahm mit diesem ausgedehnte Reisen durch Europa. 1934-68 war H. Ordinarius f¨ur Kunstgeschichte in Bern, 1956 / 57 Rektor der Universit¨at. Er geh¨orte der Gesellschaft f¨ur schweizerische Kunstgeschichte an, 1957-66 als deren Pr¨asident, engagierte sich f¨ur den Kunstf¨uhrer durch die Schweiz und leitete 1938-47 die Ausgrabungen des Cluniazenserklosters auf R¨ueggisberg bei Bern. H., ein Spezialist f¨ur Architektur und Kunsthandwerk des Mittelalters, rief das Gemeinschaftsprojekt europ¨aischer Glasmalereiforschung ins Leben, das seit 1956 erscheinende Corpus Vitrearum Medii Aevi. Sp¨ater verlagerte er sein Interesse auf den Hartsteinschliff und ver¨offentlichte das Corpus der Hartsteinschliffe des 12.-15. Jahrhunderts (1985, zusammen mit Susanne Brugger-Koch). H. gab auch Il tesoro di San Marco (2 Bde., 1965-71) heraus. C Metzler Kunsthistoriker Hahnloser-Buhler, ¨ Hedy, schweizer. Kunstsammlerin, * 5. 2. 1873 Winterthur, † 9. 5. 1952 Winterthur. H.-B. studierte 1895 / 96 Malerei bei P. M¨uller in Gauting bei M¨unchen und heiratete nach ihrer R¨uckkehr nach Winterthur 1896 den Augenarzt Arthur Hahnloser, der 1907-36 Vorstand des Winterthurer Kunstvereins war. H.-B. schuf Entw¨urfe f¨ur Spitzen, Textilien und M¨obel und f¨uhrte als Mittelpunkt der Zusammenk¨unfte des Kunstvereins in der Villa Flora die w¨ochentlichen Diskussionen u¨ ber aktuelle soziale und politische Fragen sowie u¨ ber Kunst. Ihr selbst war als Frau die ordentliche Mitgliedschaft verwehrt. 1909 veranlaßte sie die erste Einzelausstellung F´elix Vallottons im K¨unstlerhaus Z¨urich, war 1916 am Bau des Winterthurer Bibliotheks- und Museumsgeb¨audes beteiligt und geh¨orte 1941-45 der Jury f¨ur den „Schweizer Preis der Malerei“ an. Als private M¨azenatin und Kunstsammlerin legte sie gemeinsam mit ihrem Mann eine umfangreiche Sammlung von Werken des Nachimpressionismus, der Nabis und Fauves an. H.-B. ver¨offentlichte kunsthistorische Studien, u. a. F´elix Vallotton et ses amies (1936). Sie war die Mutter von Hans Robert → H. C HLS

Haibel, Jakob, auch Haibl, Heibel, o¨ sterr. S¨anger, Komponist, Kapellmeister, * 20. 7. 1762 Graz, † 24. 3. 1826 Djakovar (heute Dakovo, Kroatien). H., Sohn eines Deckenmachers, kam 1789 als Schauspieler und S¨anger zur Truppe → Schikaneders nach Wien und wurde als Komponist des Singspiels Der Tyroler Wastl (1796) und des Balletts Le nozze disturbate (1795) bekannt. Seit 1806 war er Domkapellmeister des Bischofs von Bosnien in Djakovar und leitete dort auch den Chor des Theaters. 1807 heiratete H. Sophie → H., die Schw¨agerin Wolfgang Amadeus → Mozarts. C MGG

Haibel, (Marie) Sophie, auch Haibl, geb. Weber, * Oktober 1763 Zell bei Wiesental (W¨urttemberg), † 26. 10. 1846 Salzburg. Die Schwester Konstanze Webers, der sp¨ateren Frau Wolfgang Amadeus → Mozarts, kam mit ihren Eltern und Geschwistern nach Wien, erhielt dort eine Ausbildung als S¨angerin und war vermutlich als Schauspielerin t¨atig. Sie pflegte ihren Schwager Mozart bis zu dessen Tod und schilderte seine letzten Lebensstunden f¨ur die Nachwelt. 1807 heiratete sie Jakob → H. und ging nach seinem Tod 1826 zu ihrer Schwester Constanze nach Salzburg, die sie in ihren ¨ letzten Lebensjahren betreute. C OML Haib¨ock, Lambert, o¨ sterr. Publizist, * 7. 7. 1905 Wien, † 25. 11. 1976 Wien. Nach dem Studium 1924-29 in Wien (Dr. phil. 1944 in Berlin) wurde H., Sohn eines Kanzleirats im Postsparkassenamt in Wien, Bibliothekar am Historischen Seminar der Univ. Wien, wechselte 1935 zur Staatsdruckerei und war dort Redakteur, sp¨ater Leiter der „Amtlichen Wiener Zeitung“. 1939 wurde er von den Nationalsozialisten der Konsularakademie zugewiesen und erhielt im selben Jahr den Titel Professor. Seit 1933 Mitglied der Vaterl¨andischen Front, wurde er 1942 Mitglied der NSDAP (r¨uckdatiert auf 1938). 1945-47 Leiter der Katholischen Pressezentrale „Kath-Press“, wurde er 1947 Pressechef im Bundesministerium f¨ur Verm¨ogenssiche¨ rung und Wirtschaftsplanung. H. kehrte 1950 an die Osterreichische Staatsdruckerei zur¨uck und wurde 1956 Verlagsleiter. Seit 1964 lehrte er Geschichte und Praxis des Verlagswesens an der Univ. Wien. H. ver¨offentlichte Romane (u. a. Fast ein M¨archen, 1953), K¨unstlermonographien und Ausstellungskataloge, organisierte Kunstausstellungen in der Staatsdruckerei und war f¨uhrendes Mitglied des K¨unstlerhauses. C BHdAD

Haid, August, Chemiker, * 14. 7. 1886 Horb / Neckar, † 21. 1. 1963 M¨unchen. ¨ Seit der Promotion (Uber Oxy- und Nitro-Derivate des Fluorens und Fluorenons) zum Dr.-Ing. an der TH Stuttgart 1911 in der Zentralstelle f¨ur wissenschaftlich-technische Untersuchungen in Neubabelsberg t¨atig, war H., Sohn eines Oberzollinspektors, 1914-20 Sachbearbeiter f¨ur Sprengstoffe im Reichsmarineamt und wechselte anschließend in die Chemisch-Technische Reichsanstalt. Seit 1928 leitete er die Abteilung f¨ur explosive Stoffe und behielt diese Posi¨ tion auch nach der Uberf¨ uhrung der Reichsanstalt in die Bundesanstalt f¨ur Materialpr¨ufung, deren Vizepr¨asident er schließlich wurde; 1956 trat er in den Ruhestand. H. befaßte sich u. a. mit der Definition der Begriffe Sprengkraft und Brisanz, schlug die Einf¨uhrung u. a. von Nitropenta, Hexogen und Nitroguanidin vor und ver¨offentlichte u. a. Die Fernwirkung von Detonationen (in: Explosivstoffe 3, 1955). C Poggendorff 6 Haid, Bruno, Politiker, * 2. 2. 1912 Berlin, † 17. 6. 1993 Berlin. H., Sohn eines Schneiders, trat 1931 der KPD bei, begann ein Studium der Rechtswissenschaften und emigrierte 1933 nach Frankreich. 1938 nahm er in Paris das Jurastudium

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Haid wieder auf, legte nach vor¨ubergehender Internierung 1942 das Examen in Limoges ab und schloß sich der R´esistance an. Nach dem Krieg mit Kaderfragen der KPD (seit 1946 SED) befaßt, wurde H. nach einer Karriere in der Staatsanwaltschaft 1955 stellvertretender Generalstaatsanwalt und im folgenden Jahr Mitglied der Kommission des Zentralko¨ mitees der SED zur Uberpr¨ ufung von Angelegenheiten der Parteimitglieder. 1958 seiner Funktionen enthoben, arbeitete er als Justiziar f¨ur verschiedene Volkseigene Betriebe. 1960 wurde H. Leiter der Abteilung f¨ur Literatur und Verlagswesen im Ministerium f¨ur Kultur und leitete dort 1963-73 die Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel. 1965-73 war H. stellvertretender Kulturminister der DDR. C DDR

Haid, Heren¨aus, kath. Theologe, * 15. 2. 1784 Geisenfeld (Oberbayern), † 7. 1. 1873 M¨unchen. H. studierte seit 1804 als Sch¨uler Johann Michael → Sailers Theologie an der Univ. Landshut, empfing 1807 die Priesterweihe und wurde 1808 promoviert. Durch Sailers Einfluß wurde er 1813 Prof. der Exegese am Seminar in St. Gallen, kam 1818 als Domprediger nach M¨unchen und wurde 1824 Pfarrer in Pondorf / Donau. Seit 1825 Benefiziat in Jetzendorf, erhielt er 1827 ein Dombenefizium in M¨unchen. H. wirkte vielf¨altig als Prediger, Katechet und Schriftsteller, u¨ bersetzte die Werke des Petrus → Canisius und schrieb u. a. Die gesamte katholische Lehre in ihrem Zusammenhang (7 Bde., 1837-42). C BBKL Haid, Johann Gottfried, Graphiker, * 7. 5. 1714 Augsburg, † 5. 9. 1776 Wien. Nach der Lehrzeit in der Werkstatt seines Bruders studierte H., Sohn eines Goldarbeiters, seit 1750 bei Martin van → Meytens an der Wiener Akademie und vervielf¨altigte eine Reihe seiner Entw¨urfe durch Schabstiche (u. a. ein großes Familienbild der kaiserlichen Familie, 1760). Mitte der sechziger Jahre hielt er sich mit einem kaiserlichen Reisestipendium bei John Boydell in London auf und gr¨undete nach seiner R¨uckkehr nach Wien um 1766 eine Schabkunstschule, die nach seinem Tod der kaiserlichen Akademie als Spezialschule angegliedert wurde. H. belebte seine Ornamentstiche teilweise mit Figuren und Sch¨aferszenen, die den Kunsthandwerkern des Rokoko als Anregung und Vorlage dienten. C NDB Haid, Johann Jakob, Graphiker, Verleger, * 23. 1. oder 10. 2. 1704 Kleineislingen (W¨urttemberg), † 9. 12. 1767 Augsburg. H., Sohn eines Schulmeisters, war vermutlich Geselle bei dem Augsburger Tiermaler Johann Elias → Ridinger und trat seit 1735 mit einer umfangreichen Produktion an Kupferund Schabstichen hervor. Er gr¨undete einen eigenen Kupferstichverlag und wurde Augsburger Stadtgerichtsassessor. Neben etwa 300 Bildnissen nach eigenen und fremden Entw¨urfen, die in zeitgen¨ossischen biographischen Werken ver¨offentlicht wurden, schuf er zahlreiche kolorierte Pflanzenstiche, u. a. zu Christoph Jakob → Trews Plantae selectae (1750 ff.). C NDB Haid, Kassian, eigentl. Josef H., Zisterzienser, Theologe, * 26. 11. 1879 Oetz (Tirol), † 22. 9. 1949 Bregenz. H., Sohn eines Postmeisters und Gastwirts, trat 1897 im Kloster Mehrerau in Bregenz in den Zisterzienserorden ein, absolvierte dort seine theologischen Studien und wurde 1903 zum Priester geweiht. Anschließend studierte er bis 1907 Geschichte und Geographie an der Univ. Innsbruck, war 1908 ¨ ordentliches Mitglied des Osterreichischen Historischen Instituts in Rom und u¨ bernahm 1909 die Leitung der vom Stift Mehrerau gef¨uhrten Schulen. Als Abt des Klosters (seit 1917) erwarb er 1919 Birnau und richtete u. a. 1920 eine landwirtschaftliche Winterschule ein. H. wurde 1920 Generalabt des Zisterzienserordens, legte diese W¨urde jedoch

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1927 nieder, als die Kurie seine st¨andige Anwesenheit in Rom verlangte. 1938-45 lebte er im Exil in der Schweiz, leitete als Abt f¨unf Frauenabteien und erwirkte die Wiederer¨offnung des Klosters Hauterive in Freiburg (Schweiz). H. kehrte 1945 nach Mehrerau zur¨uck. Er ver¨offentlichte u. a. Die Besetzung des Bistums Brixen in der Zeit von 1250 bis 1376 (1912). C Gatz 5

Haid, Liane, o¨ sterr. Schauspielerin, * 16. 8. 1895 Wien, † 28. 11. 2000 Wabern (K¨onitz, Kt. Bern). H., Tochter eines Musikalienh¨andlers, durchlief eine Gesangs- und Tanzausbildung, stand in Theatern in Berlin und Wien auf der B¨uhne und erhielt 1915 ihre erste Anstellung als Filmschauspielerin bei der von Anton → Kolm und Jakob Fleck gegr¨undeten Wiener Kunstfilm Industriegesellschaft. Ihren k¨unstlerischen Durchbruch feierte sie 1921 in Richard → Oswalds Lady Hamilton. H. hatte auch im Tonfilm Erfolg und stand u. a. mit Heinz → R¨uhmann, Paul → H¨orbiger, Gustav → Fr¨ohlich und Willy → Fritsch vor der Kamera; in dem Film Das Lied ist aus (1930) sang sie den Schlager „Adieu, mein kleiner Gardeoffizier“ von Robert → Stolz. 1923 heiratete H. den Großindustriellen Baron Fritz von Haymerle, der ihr eine eigene Filmgesellschaft („MiccoFilm“) schenkte. 1942 floh H. in die Schweiz, zog sich aus dem Filmgesch¨aft zur¨uck und hatte lediglich in den f¨unfziger Jahren ein kurzes Comeback. Haid, Matth¨aus (Franz), Geod¨at, * 28. 2. 1853 Speyer, † 5. 11. 1919 Speyer. Nach dem Studium an der Bau- und Gewerbeakademie Berlin (1870 / 71) und den Polytechnika Aachen (1871 / 72) und M¨unchen (1872-74) wandte sich H., Sohn eines Bankiers, nach vor¨ubergehender Besch¨aftigung im bayerischen Staatsdienst der Hochschullaufbahn zu. Er wurde an der Univ. Jena promoviert, habilitierte sich 1880 in M¨unchen (Untersuchungen der Beobachtungsfehler und Genauigkeit des Bayerischen Pr¨azisionsnivellements) und war Assistent Carl Maximilian von → Bauernfeinds. H. wurde 1882 a. o. Prof. der praktischen Geometrie und h¨oheren Geod¨asie an der Polytechnischen Schule in Karlsruhe, 1884 o. Prof. und 1894 ¨ (Rede Uber Gestalt und Bewegung der Erde) und 1901 Rektor (Rede Die modernen Ziele der Erdmessung). Er war Vorstand des Topographischen B¨uros, außerordentliches Mitglied der Oberdirektion des Wasser- und Straßenwesens, Mitglied der Normaleichungskommission und Vertreter Badens bei der internationalen Erdmessung. H., seit 1896 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, entwickelte u. a. einen Vierpendelapparat, befaßte sich mit Seismik und leitete seit 1903 die Erdbebenkommission des Naturwissenschaftlichen Vereins in Karlsruhe. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Bestimmung der Intensit¨at der Schwerkraft durch relative Pendelmessungen in Karlsruhe, Strassburg, Leiden, Paris, Padua, Wien (Sternw.), Wien (Mil.-Geogr. Inst.) und M¨unchen (1904) und Die seismischen Stationen Durlach und Freiburg i. B. (1906). C NDB Haide, (Johann Michael) Friedrich, Schauspieler, * 3. 1. 1771 Mainz, † 26. 1. 1840 Weimar. Seit 1791 Mitglied verschiedener Schauspielergesellschaften, kam H., Sohn eines Stadtgerichtsdieners, 1793 nach Weimar und u¨ bernahm die Stelle des zweiten Liebhabers. 1798 verhinderte → Goethe die K¨undigung des wenig ausgebildeten Schauspielers durch das Theater. H. ging zur Ver¨argerung seines G¨onners 1807 an das Wiener Burgtheater, kehrte jedoch bereits im folgenden Jahr zur¨uck und spielte u. a. die Titelrolle in der Urauff¨uhrung von → Schillers Wilhelm Tell (1810). C NDB

Haidvogel Haidegger, Wendelin, o¨ sterr. kath. Theologe, Politiker, * 25. 10. 1865 Obernberg / Brenner (Tirol), † 1. 10. 1930 Obernberg / Brenner. Nach dem Studium in Brixen 1888 zum Priester geweiht, war H. in der Seelsorge t¨atig und wurde nach der Promotion 1892 Prof. f¨ur Kirchenrecht, 1894 o. Prof. der Kirchengeschichte an der Di¨ozesanlehranstalt in Brixen. Gemeinsam mit Aemilian → Schoepfer f¨uhrte er die christlichsoziale Bewegung in Tirol ein, trat 1904 dem Tiroler Bauernbund bei und nahm in der Tiroler Volkspartei eine herausragende Stellung als Berater des Landeshauptmanns ein. 1907 zog er sich zun¨achst aus der Politik zur¨uck, publizierte jedoch in konservativen Tageszeitungen und wurde 1919 vom Wahlkreis Nordtirol in den Verfassunggebenden Landtag gew¨ahlt. Seit der Pensionierung lebte er in Innsbruck, u¨ bernahm als Landesrat das Referat f¨ur Schulwesen und die Leitung der landwirtschaftlichen Lehranstalten in Rotholz und Lienz und war Mitglied der Landesregierung. H. ver¨offentlichte u. a. Der nationale Gedanke im Lichte des Christentums (1900) ¨ und Der Europ¨aische Krieg (8 Bde., 1915-17). C OBL Haiden, Hans, Kupferh¨andler, Instrumentenbauer, Musiker, getauft 19. 1. 1536 N¨urnberg, begraben 2. 10. 1613 N¨urnberg. H., Sohn des Liederdichters Sebald → Heyden, war Kaufmann, der sich neben seinem Beruf mit den Problemen der Mechanik, Optik und Perspektive besch¨aftigte. 1567-71 war er Organist an St. Sebald, 1574-85 an St. Egidien. 1582 wurde er „Genannter“ des gr¨oßeren Rats der Stadt N¨urnberg. H. war auch als Orgelgutachter t¨atig und schrieb an die 20 instrumentale Tabulaturb¨ucher. Seit den siebziger Jahren entwickelte er ein sog. Geigeninstrument oder Geigenwerk, das eine Ann¨aherung des starren Cembalotons an den Violenklang erm¨oglichte (Musicale instrumentum reformatum, 1610; lat. Commentatio de musicale instrumento, 1605). Er war der Vater von Hans Christoph → H. C MGG

Haiden, Hans Christoph, Musiker, getauft 14. 2. 1572 N¨urnberg, begraben 9. 2. 1617 N¨urnberg. H., Sohn Hans → H.s, arbeitete zun¨achst in einer Schreibstube, bevor er eine musikalische Laufbahn einschlug. Seit 1591 vertrat er Jakob → Haßler an der Spitalorgel in N¨urnberg; sp¨ater wurde er dessen Nachfolger als Organist. 1596 wechselte H. als Organist und Nachfolger Paulus Lautensacks an St. Sebald in N¨urnberg. Wegen seines Lebenswandels 1616 aus dem Amt entlassen, wurde er Kastner des Eichst¨atter und Bamberger Bischofs. H. komponierte T¨anze und Lieder nach eigenen Textvorlagen (Gantz neue lustige T¨antz und Liedlein, 1601; Postiglion der Lieb [. . .], 1614). C MGG

Haiden, Laurenz, o¨ sterr. Staatsmann, * um 1432 Wien, † vor 14. 2. 1486 Wien (oder Guntramsdorf, Nieder¨osterreich). Der Sohn eines Wiener Kaufmanns studierte seit 1449 an der Univ. Wien, mußte als Parteig¨anger Kaiser → Friedrichs III. 1462 Wien verlassen, bereiste 1464 / 65 Pal¨astina und nannte sich „Ritter des Heiligen Grabs“. 1460 war er Stadtrichter, 1461 Bruckmeister und Ratsherr, 1473-76, 1478 und 1485 erneut Ratsherr und 1479-84 B¨urgermeister. 1485 der Unterschlagung beschuldigt und verhaftet, entkam er vermutlich nach Intervention des ungarischen K¨onigs, der Anfang Juni in Wien einzog, der Exekution. C Czeike

Haider, Karl (Michael), Maler, * 6. 2. 1846 Neuhausen (heute zu M¨unchen), † 29. 10. 1912 Schliersee (Oberbayern). Zun¨achst Sch¨uler an einer Privatschule und an der Kunstakademie in M¨unchen, bildete sich H., Sohn eines Forstmeisters und Zeichners, autodidaktisch weiter und trat um 1869 in Verbindung mit dem K¨unstlerkreis um Wilhelm → Leibl.

Studienreisen f¨uhrten ihn u. a. 1875 zu Arnold → B¨ocklin nach Italien. H., der mit Ludwig → Thoma befreundet war, malte in altmeisterlichem Stil und großer Detailtreue Genre¨ bilder und Landschaften, u. a. Uber allen Wipfeln ist Ruh, sowie Frauen- und Kinderbildnisse. 1896 zog H. nach Schliersee, wo er von kurzen Italienaufenthalten abgesehen, bis zu seinem Tod blieb. C NDB

Haidinger, Karl, o¨ sterr. Mineraloge, Bergmann, * 16. 7. 1756 Wien, † 16. 3. 1797 Wien. Seit 1778 Mitarbeiter der Wiener Universit¨ats-Sternwarte, wurde H. 1780 Direktionsadjunkt und Mitarbeiter des Mineralogen Ignaz von → Born am Hof-Mineralienkabinett und war an der Einrichtung der Amalgamierh¨utten in Schemnitz (1785) und Joachimsthal (1786) beteiligt. Seit 1788 Bergrat und Prof. der Mathematik und Mechanik an der Bergakademie Schemnitz, kehrte er 1790 als Referent in der Hofkammer f¨ur M¨unz- und Bergwesen nach Wien zur¨uck. H., der 1793 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt wurde, unternahm 1795 eine Reise durch die Industrieorte Englands und befaßte sich nach seiner R¨uckkehr mit Reformpl¨anen f¨ur das o¨ sterr. Montanwesen. Er war Mitbegr¨under der ersten o¨ sterr. „Bergwerks-Soziet¨at“ und verfaßte u. a. einen Systematische Eintheilung der Gebirgsarten (1787). H. war der Vater von Wilhelm von → H. C Kosch: Kath

Haidinger, Wilhelm (Karl) Ritter von, o¨ sterr. Mineraloge, Geologe, * 5. 2. 1795 Wien, † 19. 3. 1871 Dornbach (heute zu Wien). Der Sohn Karl → H.s ging 1802 zum Studium zu Friedrich → Mohs nach Graz, 1817 mit ihm nach Freiberg in Sachsen. 1822-27 bereiste er Europa und machte Mohs in ¨ England durch die Publikation einer erweiterten Ubersetzung seines Grundrisses der Mineralogie (Treatise on Mineralogy, 3 Bde., 1825) bekannt. Seit seiner R¨uckkehr 1827 leitete H. gemeinsam mit seinen Br¨udern deren Porzellanfabrik im b¨ohmischen Elbogen. 1840 wurde er Bergrat und Nachfolger von Mohs als Leiter der Mineraliensammlung der Hofkammer des M¨unz- und Bergwesens in Wien. H., seit 1847 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, regte die Gr¨undung einer kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien an, wurde 1847 deren Mitglied und war 1849-66 Direktor der von ihm initiierten k. k. Geologischen Reichsanstalt. Er war Mitbegr¨under und erster Pr¨asident (seit 1855) der k. k. Geographischen Gesellschaft. H. entdeckte und beschrieb eine große Anzahl Minerale und entwickelte die nach ihm benannte Haidinger-Lupe. ¨ Unter seiner Leitung entstand die Geognostische Ubersichtskarte der o¨ sterreichischen Monarchie (9 Bl¨atter, 1845). H. ver¨offentlichte u. a. Anfangsgr¨unde der Mineralogie (1829), Handbuch der bestimmenden Mineralogie (1845, 21850), Naturwissenschaftliche Abhandlungen (4 Bde., 1847-51) und ¨ Geologische Ubersicht der Bergbaue der o¨ sterreichischen ¨ Natur a) Monarchie (1855). C Ost

Haidvogel, Carl Julius, o¨ sterr. Schriftsteller, * 13. 9. 1891 Wien, † 25. 12. 1974 Wien. H. war seit 1912 Standesbeamter der Gemeinde Wien und bet¨atigte sich daneben als Lektor der Wiener Urania und als Dramaturg an der „B¨uhne der Jungen“. Seine ersten literarischen, h¨aufig gegen den Krieg gerichteten Arbeiten ver¨offentlichte er seit 1918 in den Zeitschriften „Revolution“ und „Ver!“. H. schrieb seit dem Ende der zwanziger Jahre Romane im Sinne der Zur¨uck-zur-Natur-Bewegung (u. a. Soldat der Erde, 1939); sein in der o¨ sterr. Beamtenschaft angesiedelter Roman Der Reiter auf zwei Pferden oder Wem Gott ein Amt gibt (1954) gilt als stark autobiographisch. H. war u. a. mit Josef → Weinheber und Karl Heinrich → Waggerl befreundet. C Killy

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Haill Haill, Henriette, geb. Olzinger, o¨ sterr. Schriftstellerin, * 27. 6. 1904 Linz, † 22. 2. 1996 Linz. Die Tochter eines B¨ackerehepaars mußte eine Schneiderlehre abbrechen und arbeitete u. a. als Dienstm¨adchen, Kinderfrau und Hilfsarbeiterin in einer Waffenfabrik. H. war Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend, seit 1922 des Kommuni¨ Die Erlebstischen Jugendverbandes und seit 1924 der KPO. nisse auf ihren ausgedehnten Wanderungen quer durch Europa, die sie mit ihrem sp¨ateren Mann Hans Kerschbaumer unternahm, verarbeitete sie in zahlreichen Gedichten. Nach der Trennung von ihrem ersten Mann heiratete H. 1939 den Elektrotechniker Eugen H., mit dem sie seit 1944 in der Illegalit¨at lebte. Sie ver¨offentlichte u. a. Beitr¨age in der „Stimme der Frau“ sowie den Gedichtband Die Straßenballade (1980, hrsg. von Peter Kammerst¨atter) und das Prosawerk Der vergessene Engel (1991). C Lex o¨ sterr Exillit Haimberger, Anton Frh. von, o¨ sterr. Jurist, * 3. 5. 1795 Seitenstetten (Nieder¨osterreich), † 5. 8. 1865 Graz. H. studierte zun¨achst Theologie im Stift Seitenstetten und wechselte 1813 als Student der Philosophie und der Rechtswissenschaft an die Univ. Wien, wo er 1819 promoviert wurde. 1821 folgte er einem Ruf als Prof. des r¨omischen Rechts an die Univ. Lemberg, wurde dort 1841 Rat beim politischen Appellationsgericht und war seit 1847 Hofrat beim Obersten Gerichtshof in Wien. H. wurde 1852 Mitglied des Reichsrats und befaßte sich vor allem mit der Justizreform. 1856 erfolgte seine Erhebung in den Adelsstand. H. wurde vor allem durch sein weitverbreitetes Lehrbuch des r¨omischen Rechts Jus Romanum privatum idque purum (4 Bde., ¨ 1829 / 30) bekannt. C OBL

Haimerl, Franz Xaver, o¨ sterr. Jurist, * 15. 2. 1806 Gr¨ona bei Marienbad (B¨ohmen), † 11. 10. 1867 Wien. Nach Abschluß seiner Studien an der Univ. Wien (Promotion 1833) nahm H. u. a. an den Beratungen der nieder¨osterreichischen Regierung u¨ ber den Entwurf einer Wechselordnung teil. 1836 wurde er o. Prof. des Lehns-, Handels- und Wechselrechts an der Univ. Prag und war 1848 Gr¨under und erster Pr¨asident des Prager Juridischen Lesevereins. H. wandte sich als Vertrauensmann des Grafen Franz Seraph von → Stadion der Politik zu, wurde Mitglied des Nationalausschusses zur Vorbereitung eines b¨ohmischen Landtags und Deputierter bei den Beratungen des o¨ sterr. konstitutierenden Reichstags in Kremsier und Wien. 1852 folgte er einem Ruf als o. Prof. des zivilgerichtlichen Verfahrens und des Lehnsrechts an die Univ. Wien, deren Rektor er 1863 / 64 war. H. verfaßte u. a. den Versuch einer kurzen geordneten Darstellung der neuen Competenzvorschriften (Jurisdictionsnormen) f¨ur das civil¨ ¨ gerichtliche Verfahren in Osterreich (1854). C OBL Haimhausen, Karl Graf von, auch Haimbhausen, Jesuit, Missionar, * 28. 5. 1692 M¨unchen, † 7. 4. 1767 Santiago de Chile. H., dessen Vater bayerischer Geheimer Rat und Hofratspr¨asident war, trat 1709 in die Gesellschaft Jesu ein, studierte in Rom und ging 1724 als Missionar nach Chile. An der Missionsstation in Santiago lehrte er zun¨achst Theologie und wurde sp¨ater deren Verwalter. Die von ihm angelegten und vergr¨oßerten Plantagen brachten der chilenischen Ordensprovinz die wirtschaftliche Unabh¨angigkeit von Europa. 1740-48 bereiste H. als Vertreter seiner Provinz Europa, kehrte mit vierzig Laienbr¨udern, darunter vielen Deutschen, zur¨uck und begann mit deren Hilfe europ¨aisches Handwerk und Gewerbe aufzubauen. 1750-56 und 1761-63 leitete H. als Rektor das Zentralkolleg der Jesuiten in Santiago de Chile. C NDB

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Haimhausen, (Johann) Sigmund (Ferdinand Joseph) Graf von, Beamter, * 28. 12. 1708 M¨unchen, † 16. 1. 1793 M¨unchen. H. war Sohn eines Reichshofrats und bayerischen Gesandten in Paris und Neffe Karl von → H.s. Er studierte Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Salzburg, Prag und Leiden und u¨ bernahm nach einer Studienreise die Verwaltung der familieneigenen L¨andereien und Kupferzechen in B¨ohmen. Sp¨ater studierte er Montanistik, Metallurgie und Chemie an der Univ. Leipzig und galt bald als gesuchter Fachmann. 1751 von Kurf¨urst → Maximilian III. Joseph als Leiter des neuerrichteten M¨unz- und Bergkollegiums nach M¨unchen berufen, wurde H. Geheimer Rat, Oberstm¨unzmeister, Oberbergwerksdirektor und 1767 Pr¨asident. Er bewirkte u. a. die Errichtung der ersten bayerischen Porzellanmanufaktur 1758 in M¨unchen (seit 1761 Nymphenburg), den Aufschwung des Bergbaus in der Oberpfalz und in Oberbayern sowie eine Reihe von M¨unzvertr¨agen und berief f¨ahige Mitarbeiter. H. war an der Gr¨undung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften beteiligt, wurde deren erster Pr¨asident (1759-61) und u¨ bernahm nach der Neuordnung 1779 das f¨ur ihn geschaffene Ehrenpr¨asidium. C NDB

Haimhausen, Theodor von → Viehpeck von Hablspach, Theodor Haimo, Bischof von Halberstadt, auch Hemimo, Hemmo, † 853. H. erhielt in Fulda gemeinsam mit → Hrabanus Maurus Unterricht und war M¨onch in Fulda, um 839 auch in Hersfeld. 840 wurde er zum Bischof von Halberstadt ernannt. Die ihm von Johannes → Trithemius zugewiesenen exegetischen und homiletischen Werke stammen nicht von H., sondern von Haimo von Auxerre und von unbekannten Autoren des 9., 10. und 12. Jahrhunderts. C LThK

Hain, Joseph von, o¨ sterr. Statistiker, * 2. 7. 1809 Brunnersdorf bei Kaaden (B¨ohmen), † 27. 12. 1852 Wien. Nach Abschluß seines Studiums, vor allem der Mathematik, an der Univ. Wien trat H. 1828 in die Armee ein, war 1844-46 Unterleutnant im Bombardierkorps und kam 1848 als Statistiker in den Verwaltungsdienst. Er war Mitarbeiter der „Statistischen Mitteilungen“ sowie an Tafeln zur Statistik der o¨ sterreichischen Monarchie von Karl → Czoernig von Cernhausen (1842 ff.) und verfaßte mit dem Handbuch der Statistik des o¨ sterreichischen Kaiserstaates (2 Bde., 1852 / 53) das erste umfassende statistische Werk u¨ ber die ¨ Verh¨altnisse in Osterreich. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨ort ferner Reine und Milit¨ar-Geographie (1848). ¨ C OBL Hain, Ludwig (Friedrich Theodor), Bibliograph, * 5. 7. 1781 Stargard (Pommern), † 27. 6. 1836 M¨unchen. H., Sohn eines Rats der Zoll- und Akziseverwaltung, studierte Klassische Philologie und orientalische Sprachen an der Univ. Halle, kam 1802 nach Weimar, um den Nachlaß Christian Wilhelm → B¨uttners zu ordnen, und schloß sich dem Kreis um → Goethe und Christiane Vulpius (→ Goethe) ¨ an. Er arbeitete an einer Ubersetzung von Dantes Inferno und war mit August Bode befreundet, dessen Nachlaß er sp¨ater sichtete. 1805-12 lebte H. in Leipzig, wurde dort anscheinend promoviert und war nach 1812 Chefredakteur des Brockhaus-Konversationslexikons in Altenburg, ferner Mitarbeiter von Friedrich Adolf → Eberts Allgemeinem bibliographischen Lexikon. Schulden zwangen ihn, seine wertvolle Bibliothek an Friedrich Arnold → Brockhaus zu verkaufen. H. erarbeitete seit 1822 eine umfangreiche Bibliographie der Inkunabeln auf der Basis der Sammlung der kgl. Hof- und Staatsbibliothek in M¨unchen und legte mit seinem unvollendet gebliebenen Werk ein bis in die Gegenwart unentbehrli-

Hainhofer ches Werk vor (Repertorium bibliographicum [. . .], 4 Tle., 1826-38). C LGB

Haindl, Anton Franz, o¨ sterr. Mediziner, * 14. 9. 1803 Leitmeritz (B¨ohmen), † 25. 9. 1855 Wien. H. schloß das Studium an den Universit¨aten Prag und Wien 1829 mit der Promotion ab (Anleitung zur Darstellung der Muskeln des menschlichen K¨orpers), war Prosektor an der Univ. Prag und folgte 1831 einem Ruf als Prof. der Anatomie an die Chirurgische Lehranstalt nach Klagenfurt. 1834 wechselte er in gleicher Eigenschaft nach Lemberg, wo er sp¨ater die Direktion des Allgemeinen Krankenhauses sowie die der psychiatrischen und gyn¨akologischen Abteilungen u¨ bernahm. H. war 1851-55 Direktor des Wiener Allgemei¨ nen Krankenhauses. C OBL

Haindl, Franz Sebastian, Musiker, Komponist, * 11. 1. 1727 Alt¨otting, † 23. 4. 1812 Passau. Aus einer Musikerfamilie stammend, erhielt H. seine erste musikalische Ausbildung als Singknabe der Stiftskirche Alt¨otting und wurde vermutlich in der M¨unchner Hofkapelle zum Geiger ausgebildet. Um 1748 war er Musiker ohne feste Anstellung in Innsbruck, folgte 1752 der Berufung durch Herzog → Clemens August von Bayern als erster Violinist und Kammermusiker nach M¨unchen. Nach dem Tod des Herzogs geh¨orte er bis um 1778 der M¨unchner Hofkapelle an und lebte abwechselnd hier und bei seiner Familie in Innsbruck, wo er u. a. Leopold → Mozart kennenlernte. Sp¨ater ließ er sich in Innsbruck nieder, war dort Konzertmeister, Theaterkapellmeister und -komponist sowie Musiklehrer, 1785-1803 Erster Violinist und Kammerdiener, seit 1792 Theaterdirektor im Dienst des Bischofs von Passau. H. komponierte kirchenmusikalische Werke (u. a. das ¨ Oratorium David auf dem Olberg), B¨uhnenmusik und Symphonien. C MGG

Haindl, Friedrich, Fabrikant, * 6. 8. 1849 Augsburg, † 25. 10. 1929 Augsburg. H. erhielt seine Ausbildung in Westfalen und erweiterte seine Kenntnisse auf Studienreisen. Sein Vater Georg → H. hatte 1849 eine Papierfabrik gegr¨undet, die Zeitungsverlage mit „endlosem“ Papier versorgte und deren Leitung H. u¨ bernahm. Er war Mitglied des Aufsichtsrats der Maschinenfabrik Augsburg-N¨urnberg AG und der Augsburger Lokalbahn. 1925 wurde H. der Titel eines Geheimen Rats verliehen. Er war der Vater von Georg → H.

Haindl, Georg, Fabrikant, * 15. 11. 1816 Augsburg, † 11. 5. 1878 Augsburg. Der a¨ lteste Sohn eines Zollbeamten erhielt nach dem Besuch der Volks- und Lateinschule in Regensburg seit 1833 eine Ausbildung zum Buchh¨andler und wurde 1836 Gehilfe in der Buchhandlung von Friedrich → Pustet. Im Auftrag Pustets baute er seit 1838 in Alling / Laber eine Papierfabrik auf. 1849 kaufte er die Seibersche Papierfabrik in Augsburg und wurde zum Gr¨under der Haindlschen Papierfabriken, die mit Hilfe des Druckauftrags der Cottaschen „Allgemeinen Zeitung“ rasch expandierten. H.s Unternehmen zeichnete sich durch fr¨uhzeitige soziale Wohlfahrt f¨ur die Angestellten aus. 1853 wurde eine betriebseigene Krankenkasse eingerichtet; H.s Witwe, Elisabeth H., begr¨undete die „Georg und Elise Haindlsche Stiftung“, die den Arbeitern der Fabrik Wohnm¨oglichkeiten zur Verf¨ugung stellte. Sein a¨ ltester Sohn Friedrich → H. f¨uhrte das Unternehmen weiter. C Leb Bayer Schwaben, Bd 1

Haindl, Georg, Fabrikant, * 19. 11. 1881 Augsburg, † 4. 3. 1958 Augsburg. H., Sohn von Friedrich → H., bereiste nach dem Studium der Rechtswissenschaft und National¨okonomie in M¨unchen, Berlin und Freiburg / Breisgau England und die USA und trat

1905 in die v¨aterliche Papierfabrik ein. 1917 zum Leiter der Papierholzbeschaffungsstelle im Reichsinnenministerium ernannt, befaßte er sich 1919 mit der Vergr¨oßerung und der Modernisierung seines eigenen Unternehmens. 1920 wurde er Wirtschaftsbeirat der Bayerischen Volkspartei und Aufsichtsrat des Verbands deutscher Druckpapierfabriken und war seit 1931 Wirtschaftsbeirat der Reichsregierung. C NDB

Haindl, Sebastian, Ingenieur, * 10. 10. 1802 Bodenw¨ohr (Oberpfalz), † 15. 1. 1863 M¨unchen. H. begann 1816 ein Architekturstudium an der Akademie der bildenden K¨unste in M¨unchen. 1825 wurde er Inspektor bei der L¨oschanstalt des M¨unchner Hoftheaters, 1827 Lehrer, sp¨ater Prof. der Maschinenkunde und des Maschinenzeichnens an der dortigen neugegr¨undeten Polytechnischen Schule. H. erfand 1836 ein Kropf-Wasserrad und geh¨orte zu den Juroren der Deutschen Industrieausstellung in M¨unchen 1854. Sein Tafelband zur Maschinenkunde ¨ (1843) fand in zahlreichen deutschen L¨andern, in Osterreich¨ Ungarn, Rußland, Griechenland und Agypten Verwendung. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Maschinenkunde und Maschinenzeichnen (1839-43, 21852), Ueber Maschinen und Apparate zur Oel-Fabrikation (1843) und Die Linear-Zeichnung als Vorbereitung f¨ur die wissenschaftliche und technische Zeichnung (1843).

Haindorf, Alexander, Mediziner, P¨adagoge, * 2. 5. 1782 Lenhausen (Kr. Meschede), † 16. 10. 1862 Hamm. Nach dem Medizinstudium in W¨urzburg, Bamberg und Heidelberg, das er mit einer preisgekr¨onten Dissertation 1810 abschloß (Quaenam est vis, quae dicitur nervea in corpore animali), habilitierte sich H. 1811 in Heidelberg (Versuch einer Pathologie und Therapie der Geistes- und Gem¨uthskrankheiten) und lebte sp¨ater als Arzt in Paris. 1814 lehrte er in G¨ottingen und wurde 1815 Stabsarzt in M¨unster, 1816 Dozent an der Universit¨at. Seit deren Aufl¨osung 1818 lehrte er als Prof. an der dortigen Medizinisch-Chirurgischen Lehranstalt Chirurgie, Geburtskunde, Anthropologie und Psychiatrie und praktizierte daneben als Arzt. 1825 geh¨orte H. zu den Initiatoren des „Vereins zur Bef¨orderung von Handwerkern unter den Juden und zur Errichtung einer Schulanstalt“, der sp¨ateren Marks-Haindorf-Stiftung in M¨unster. Er sammelte mittelalterliche westf¨alische Tafelbilder und war 1831 Mitbegr¨under des Westf¨alischen Kunstvereins. H. schrieb u. a. „historische Leseb¨ucher“, die anonym ver¨offentlicht wurden, darunter Beitr¨age zur Culturgeschichte der Medizin und Chirurgie Frankreichs (1815), Geschichte der Deutschen (1825), Geschichte von Spanien und Portugal (1830) und Geschichte von Italien (1834). C Leb Westfalen, Bd 11

Hainhofer, Philipp, auch Ainhofer, Diplomat, Kunstagent, * 21. 7. 1578 Augsburg, † 23. 7. 1647 Augsburg. Aufgewachsen in Ulm, studierte H., Sohn eines Tuchh¨andlers, seit 1594 mit seinem Bruder Rechtswissenschaft in Padua, Bologna und Siena. Seit seiner Heirat 1601 betrieb er in seiner Heimatstadt allgemeinen Warenhandel und baute daneben eine Kunst- und Rarit¨atensammlung auf, deren Besucher und K¨aufer in- und ausl¨andische F¨ursten und Gesandte waren. H. war Korrespondent und Agent Herzog → Wilhelms von Bayern, K¨onig Heinrichs IV. von Frankreich, des Markgrafen von Baden und vor allem Herzog → Philipps II. von Pommern und Herzog → Augusts von Braunschweig. Als Vermittler zahlreicher Auftr¨age f¨ur die Augsburger K¨unstlerschaft trug er den Ehrentitel „Vater der Augsburger K¨unstler“. Nach Abzug der Schweden 1635 ¨ wurde er seiner Amter entsetzt, war als Protestant vielfachen Schwierigkeiten ausgesetzt und mußte seine Sammlungen schließlich an Herzog August verkaufen. C NDB

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Hainisch Hainisch, Leopold, o¨ sterr. Regisseur, * 2. 11. 1891 Wien, † 21. 2. 1979 Hamburg. Nach dem Besuch der Akademie f¨ur Musik und darstellende Kunst nahm H. privat Schauspielunterricht, deb¨utierte am Theater in der Josefstadt und spielte anschließend bis 1923 an der Neuen Wiener B¨uhne und am Carl-Theater. Gastspiele f¨uhrten ihn u. a. nach Berlin, wo er auch Regie f¨uhrte und f¨ur den Rundfunk t¨atig war. 1938 kam er zum Film, war zun¨achst f¨ur Tobias-Film Berlin, seit 1943 f¨ur Wien-Film t¨atig und drehte zahlreiche Literaturverfilmungen, u. a. Der Meineidbauer (1941, nach Ludwig → Anzengruber). 1945 begr¨undete H. die Tiroler-Film-Gesellschaft in Innsbruck und wurde 1948 Direktor der Ambassador-Film-Gesellschaft in Wien. Nach dem Zweiten Weltkrieg produzierte er Musikfilme mit den Wiener Philharmonikern, den Wiener S¨angerknaben und dem Salzburger Marionettentheater (Der Mond w¨achst). C Czeike

Hainisch, Marianne, geb. Perger, o¨ sterr. Frauenrechtlerin, * 25. 3. 1839 Baden (Nieder¨osterreich), † 5. 5. 1936 Wien. Mit einem Textilindustriellen verheiratet, trat H., Tochter eines Kaufmanns und Fabrikbesitzers, erstmals 1870 mit der Forderung nach Errichtung von Realgymnasien f¨ur M¨adchen und Zulassung von Frauen zum Hochschulstu¨ dium an die Offentlichkeit (Zur Frage des Frauenunterrichtes, 1870). Ihren m¨annlichen Gegenspielern, darunter Theodor → Billroth, trat sie mit einer Reihe von Aufs¨atzen und Reden entgegen (u. a. Seherinnen, Hexen und Wahnvorstellungen u¨ ber das Weib im 19. Jahrhundert, 1896). H. gr¨undete 1902, u. a. mit Marie von → Ebner-Eschenbach und Bertha von → Suttner, den Bund o¨ sterreichischer Frauenvereine, den sie 1904 dem International Council of Women anschloß und dessen Vorsitz sie bis 1924 innehatte. Nach dem Tod Suttners 1914 u¨ bernahm sie auch die Leitung der Friedenskommission des Bundes. H. war seit 1912 Pr¨asidentin des neugegr¨undeten Wiener „M¨adchengymnasiums f¨ur erweiterte Frauenbildung“. Sie gr¨undete das Wiener Frauenstimmrechtskomitee und engagierte sich seit dem Ersten Weltkrieg f¨ur soziale F¨ursorge. 1918 trat H. der B¨urgerlichDemokratischen Partei bei und war 1927 Mitbegr¨underin ¨ der Zeitschrift des Bundes o¨ sterr. Frauenvereine „Die Oster¨ reicherin“ und 1929 der Osterreichischen Frauenpartei. Die ¨ Einf¨uhrung des Muttertags in Osterreich 1924 geht auf ihre Anregung zur¨uck. H. war die Mutter von Michael → H. C Czeike Hainisch, Michael (Arthur Josef Jakob), o¨ sterr. Politiker, Volkswirt, * 15. 8. 1858 Aue bei Gloggnitz (Nieder¨osterreich), † 26. 2. 1940 Wien. Der Sohn Marianne → H.s und eines Baumwollfabrikdirektors studierte an den Universit¨aten Wien (Dr. jur 1882), Leipzig und Berlin und trat 1886 in den o¨ sterr. Staatsdienst ein, aus dem er bereits 1892 ausschied. Seinen im Simmeringgebiet erworbenen Grundbesitz baute er in den folgenden Jahren zu einem Musterbetrieb aus und befaßte sich mit Agrarwissenschaft, National¨okonomie, Sozialpolitik (als Mitbegr¨under der „Fabier“) und Volksbildung. H. schloß sich der Bewegung f¨ur allgemeines Wahlrecht an und war im Ersten Weltkrieg Mitverfasser der „Denkschrift f¨ur Deutsch¨osterreich“. 1920-28 war H. erster o¨ sterr. Bundespr¨asident, 1929 / 30 Handelsminister. Er ver¨offentlichte u. a. ¨ Die Zukunft der Deutsch-Osterreicher (1892), Der Kampf ums Dasein in der Volkswirtschaft (1899), Die Heimar¨ beit in Osterreich (1906), Die Entstehung des Kapitalismus (1907) und Voraussetzungen und Berechtigung des Sozialis¨ mus (1919). C OBL Hainlein, Paul, Musiker, Komponist, * 11. 4. 1626 N¨urnberg, † 6. 8. 1686 N¨urnberg. H. erlernte das v¨aterliche Handwerk eines Trompetenmachers und trat bereits als Jugendlicher erfolgreich mit Kom-

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positionen hervor. Er nahm Unterricht in Gesang, Orgel- und Klavierspiel, erlernte mehrere Blasinstrumente und studierte 1646 in Linz und M¨unchen. 1647 / 48 hielt er sich in Italien auf, war nach seiner R¨uckkehr nach N¨urnberg als Posaunist Expektant der Ratsmusik. Bei seiner Heirat 1651 erscheint er als Musikus und Organist; im selben Jahr erwarb er das Meisterrecht eines Trompetenmachers. 1655 u¨ bernahm H. die Organistenstelle an St. Egidien und wechselte 1658 als erster Organist an die Kirche St. Sebald. Er komponierte u. a. geistliche Lieder. C MGG

Haintz, Otto, Diplomat, Historiker, * 16. 4. 1890 Berlin, † 27. 2. 1969 Berlin. Der Sohn eines Lehrers begann 1908 ein Studium der Geschichte, Germanistik und Geographie in Berlin, wurde dort 1912 promoviert und trat 1914 in den preuß. Schuldienst ein. 1914-19 nahm er am Ersten Weltkrieg teil; 1924-33 war er Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) und schloß sich 1925 dem „Stahlhelm“ an. 1937-44 war H. in Oslo, Rom und Mailand Mitarbeiter f¨ur Presse im Ausw¨artigen Dienst. Nebenberuflich als Historiker t¨atig, ver¨offentlichte H. u. a. Die Kriegsschuldfrage (1925,21930), Karl XII. von Schweden (3 Bde., 1936-58) und Peter der Große. Friedrich der Große und Voltaire. Zur Entstehungsgeschichte von Voltaires ’Histoire de l’Empire de Russie sous Pierre le Grand’ (1968). C BHdAD

Haitinger, Ludwig (Camillo), o¨ sterr. Chemiker, * 23. 10. 1860 Wien, † 28. 12. 1945 Wien. Der Sohn eines Arztes und Bruder Max → H.s studierte bereits seit 1874 als Hospitant bei Friedrich → Rochleder Chemie an der Univ. Wien und trat 1878 mit einer ersten Publikation in den Sitzungsberichten der Akademie der Wissenschaften hervor. 1880 wurde er Privatassistent Adolf → Liebens, 1886 Mitarbeiter von Carl → Auer von Welsbach, leitete die „Welsbach-Williams Ltd.“ in Wien¨ Atzgersdorf und wurde 1892 Direktor der „Osterreichischen Gasgl¨uhlicht-AG“. Gemeinsam gelang ihnen 1891 die Verbesserung des 1885 erfundenen Gasgl¨uhlichts durch Einf¨uhrung des Thorium-Cer-Gl¨uhk¨orpers. Als einer der ersten o¨ sterr. Wissenschaftler f¨orderte H. die Radiumforschung und errichtete an der Akademie der Wissenschaften eine „Haitinger-Preisstiftung“. Er ver¨offentlichte u. a. Umwandlung der Mecons¨aure in Pyridin (in: Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 16, 1883) und Untersuchungen u¨ ber Chelidons¨aure (mit Adolf Lieben, 1885). ¨ C OBL

Haitinger, Max (Robert), o¨ sterr. Chemiker, * 20. 4. 1868 Wien, † 19. 2. 1946 Klosterneuburg (Nieder¨osterreich). Der Bruder Ludwig → H.s besuchte die Lehranstalt f¨ur Wein- und Obstbau in Klosterneuburg und studierte daneben Physik, Chemie und Botanik. 1889 schlug er die Offizierslaufbahn ein, wurde Mathematik-, Physik- und Chemielehrer an der Kadettenschule Hainburg und trat nach dem Ersten Weltkrieg als Oberst in den Ruhestand. Danach widmete er sich wissenschaftlichen Untersuchungen, war Mitarbeiter Eduard → Hascheks am Physikalischen Institut der Univ. Wien und wurde mit seinen Arbeiten zum Wegbereiter der Fluoreszenzmikroskopie und der Anwendung des Fluorochromierungsverfahren (u. a. in der optischen Firma Reichert). H. entwickelte 1933 Methoden der Sekund¨arfluoreszenz, regte mit seinen Ergebnissen Entwicklungen in der botanischen Zellforschung, der Pflanzenphysiologie, der Mineralogie und der Medizin an und ver¨offentlichte u. a. Farbmessungen. Theoretische Grundlagen und Anwendungen (mit Eduard Haschek, 1936), Die Fluoreszenzanalyse in der Mikrochemie (1937, 21959) und Fluorescenzmikroskopie. Ihre Anwendung in der Histologie und Chemie (1938, 2 ¨ Natur b) 1959). C Ost

Hake Haiz, Fidelis, kath. Theologe, * 16. 10. 1801 Waldshut, † 9. 6. 1872 Freiburg / Breisgau. Seit der Priesterweihe 1826 Seelsorger in verschiedenen Orten, wurde H. 1842 zum Vorstand des Theologischen Konvikts in Freiburg ernannt und 1844 zum Mitglied des Domkapitels gew¨ahlt, dessen Senior er zuletzt war. Er versuchte, in dem Konflikt zwischen dem Freiburger Erzbischof und der badischen Regierung 1853 zu vermitteln, wurde daraufhin vom Erzbischof s¨amtlicher Rechte und Funktionen als ¨ Priester enthoben und konnte erst 1868 seine Amter wieder aufnehmen. Als Theologe in der Nachfolge Ignaz Heinrich von → Wessenbergs schrieb H. u. a. Die katholische Abendmahlslehre nach der hl. Schrift und Tradition und ihre Bedeutung f¨ur das religi¨os-sittliche Leben (1871). C Bad Bio, Bd 1

Haizinger, Amalie, geb. Morstadt, verh. Neumann, Schauspielerin, * 6. 5. 1799 Karlsruhe, † 11. 8. 1884 Wien. H., Tochter eines badischen Hoffouriers und sp¨ateren Leiters des Sekretariats der Hoftheaterintendanz, stand bereits als Kind auf der B¨uhne ihrer Geburtsstadt, deb¨utierte 1815 in Karlsruhe und gab seit 1817 Gastspiele, u. a. am M¨unchner Hoftheater, in Mannheim, Berlin und Weimar. 1825 kam sie erstmals ans Wiener Burgtheater. Tourneen f¨uhrten sie u. a. nach Paris, London und St. Petersburg. 1846-75 geh¨orte sie dem Ensemble des Burgtheaters an. H. gl¨anzte als junge Frau in naiven, sentimentalen Rollen, u. a. als Luise in → Schillers Kabale und Liebe, sp¨ater als Marthe in → Goethes Faust. Sie war in erster Ehe mit Karl Neumann, seit 1827 mit Anton → H. verheiratet. 1836 erschienen ihre Erinnerungsbl¨atter. C Kosch: Theater Haizinger, Anton, auch Haitzinger, S¨anger, * 14. 3. 1796 Wilfersdorf (Nieder¨osterreich), † 31. 12. 1869 Karlsruhe. Von Beruf Lehrer, wurde H. in Wien u. a. von Antonio → Salieri zum S¨anger ausgebildet und deb¨utierte 1821 als Tenor in der Partie des Gianetto in Die diebische Elster am Theater an der Wien, dem er bis 1826 angeh¨orte. Dort wirkte er an bedeutenden Urauff¨uhrungen mit, u. a. an Carl Maria von → Webers Euryanthe und → Beethovens 9. Symphonie. Nach einigen Gastspielen wurde er Großherzoglichbadischer Kammers¨anger auf Lebenszeit am Hoftheater in Karlsruhe. Tourneen f¨uhrten ihn u. a. nach Paris, London und St. Petersburg. H. ver¨offentlichte einen Lehrgang bei dem Gesangsunterricht in Musikschulen (1843). 1850 nahm er Abschied von der B¨uhne und gr¨undete eine Gesangsschule. H. war seit 1827 mit Amalie → H. verheiratet. C MGG Hajek, Egon, Pseud. Egon Hain, o¨ sterr. evang. Theologe, Schriftsteller, * 6. 11. 1888 Kronstadt (Siebenb¨urgen), † 15. 5. 1963 Wien. H. schloß seine theologischen und geisteswissenschaftlichen Studien an den Universit¨aten Berlin, Kiel und Budapest 1913 mit der Promotion ab. Zun¨achst Lehrer, Kantor und Pfarrer in Kronstadt, war er seit 1929 Pfarrer der evang. Gemeinde in Wien. 1938 wurde er Prof. an der Wiener Akademie f¨ur Musik, 1944 Hauptreferent f¨ur Kirchenmusik im evang. Oberkirchenrat. H. habilitierte sich 1946 an der Univ. Wien f¨ur evang. Theologie und lehrte 1963 an der dortigen evang. Theologischen Akademie. Er schrieb musikhistorische Abhandlungen, Gedichte, Romane und (Altar)spiele. Zu H.s Hauptwerken z¨ahlen Das Tor der Zukunft (1920), Aller Welt Not (1933) und Der Gefangene seines Herzens (1954). Seine Autobiographie Wanderung unter Sternen erschien 1956. C Czeike

Hajek, Markus(z), o¨ sterr. Laryngologe, * 25. 11. 1861 Werschetz (Banat), † 3. 4. 1941 London. H. studierte seit 1879 Medizin in Wien, war nach der Promotion 1885 am Rudolfspital und an der Poliklinik in Wien t¨atig

und habilitierte sich 1898 f¨ur Laryngologie. 1900-18 Abteilungsvorstand am Kaiser-Franz-Ambulatorium, wurde er 1919 a. o. Prof. und Leiter der Laryngo-Rhinologischen Universit¨atsklinik im Wiener Allgemeinen Krankenhaus, 1921 o. Professor. H. schuf mit seinem Hauptwerk Pathologie und Therapie der entz¨undlichen Erkrankungen der Nebenh¨ohlen der Nase (1899, 51926) die Grundlagen zur endonasalen Chirurgie und war u. a. an der Erschließung des endonasalen Operationszugangs zur Hypophyse beteiligt. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨ort ferner Pathologie und Therapie der Erkrankungen des Kehlkopfes, der Luftr¨ohre und der Bronchien (1932). H. trat 1933 in den Altersruhestand und ¨ emigrierte 1939 nach Großbritannien. 2, 3 C Arzte

Hajek, Otto Herbert, Maler, Bildhauer, * 27. 6. 1927

ˇ Kaltenbach (CSR), † 29. 4. 2005 Stuttgart. H. studierte 1947-54 Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden K¨unste in Stuttgart und unternahm Studienreisen nach Frankreich (Paris), Großbritannien und Italien. Anschließend arbeitete er als freischaffender K¨unstler in Stuttgart und lehrte dort sp¨ater auch als Prof. an der Akademie. Bekannt wurde H. zun¨achst durch seine religi¨osen, abstrakten, teilweise auch begehbaren Plastiken aus Beton, Holz, Aluminium und anderen Materialien, die von ihm u. a. als „Raumknoten“ bezeichnet wurden. 1960-63 arbeitete er am Kreuzweg bei der Kirche Maria Regina Martyrum in Berlin. Seit 1963 standen sog. Umb¨anderungen, Zerschneidungen und Farbwege sowie generell die Auseinandersetzung mit Farbe im Zentrum seines Schaffens. Seine Werke finden sich auf Pl¨atzen, Straßen und in Geb¨auden in zahlreichen deutschen St¨adten (vor allem in Stuttgart), aber auch in Rußland (Moskau), S¨udamerika und Australien sowie in den Vatikanischen Museen. Daneben schuf er B¨uhnenbilder f¨ur die St¨adtische Oper K¨oln (1960) und das Burgtheater in Wien (1968). 1958 nahm H. an er Biennale in Venedig, 1964 an der documenta III in Kassel in teil, 1972-79 war er Vorsitzender des Deutschen K¨unstlerbundes.

Hajek-Halke, Heinz, Photograph, * 1. 12. 1898 Berlin, † 11. 5. 1983 Berlin. H.-H. verlebte seine Kindheit in Argentinien, studierte 1915-23, unterbrochen durch die Teilnahme am Ersten Weltkrieg, Malerei an der Kgl. Kunstschule Berlin, war als Graphiker, Pressephotograph und Bildredakteur t¨atig und besch¨aftigte sich fr¨uh mit verschiedenen Montagetechniken. Nach 1933 lebte er zur¨uckgezogen am Bodensee, schuf Bildserien aus dem Gebiet der Kleintierbiologie und war seit 1939 als Werkphotograph bei den Dornier-Werken in Friedrichshafen dienstverpflichtet. Seit 1949 Mitglied der Gruppe Fotoform, arbeitete H. als freischaffender Photograph und folgte 1955 einem Ruf als Prof. f¨ur Photographie und Photographik an die Hochschule f¨ur bildende K¨unste in Berlin. Er gilt als Meister photographischer Verfremdungstechniken, wobei die „Lichtgraphiken“ und „Photographiken“ zu seinen bekanntesten Werken z¨ahlen. H. ver¨offentlichte u. a. Experimentelle Fotografie (1955) und Lichtgrafik (1964). Hake, Karl Georg Albrecht Ernst von, Milit¨ar, * 8. 8. 1768 Flatow bei Kremmen (Kr. Osthavelland), † 19. 5. 1835 Castellamare bei Neapel. Als Page seit 1780 am Hof → Friedrichs des Großen, wurde H. 1788 Leutnant und kam 1793 in den Generalstab. 1809 zum Direktor der Ersten Division des allgemeinen Kriegsdepartements ernannt, erhielt er im folgenden Jahr die Lei¨ tung des Milit¨ar-Okonomie-Departements und des allgemeinen Kriegsdepartements, eine Aufgabe, die ihn in schwieriger Zeit u¨ berforderte. 1812 bat H. vergeblich um Entlas¨ sung. Seit Osterreichs Beitritt zur antinapoleonischen Allianz preuß. Bevollm¨achtigter im Hauptquartier des Oberbefehlshabers F¨urst → Schwarzenberg, nahm er 1815 als Brigadechef an der Schlacht bei Waterloo teil und eroberte als

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Hakel Kommandierender des Norddeutschen Bundeskorps die Festungen Sedan, M´ezi`eres und Montmedy. 1819 wurde H. preuß. Kriegsminister und nahm 1833 seinen Abschied. C ADB ¨ Hakel, Hermann, o¨ sterr. Schriftsteller, Ubersetzer, * 12. 8. 1911 Wien, † 24. 12. 1987 Wien. H., Sohn eines Malermeisters, brach das Studium an der Kunstgewerbeschule in Wien ab, hielt sich Anfang der dreißiger Jahre bei Verwandten in der Bukowina auf und war seit 1934 als freier Schriftsteller t¨atig. Im selben Jahr ver¨offentlichte er die Anthologie Jahrbuch 1935. Lyrik und Kurzprosa junger o¨ sterreichischer Autoren, war 1935-38 Lektor des Anzengruber-Verlags und gab die Reihe „Neue Dichtung“, u. a. mit Werken von Rudolf → Felmayer und Ernst → Lissauer, heraus. 1939 floh er nach Italien, war dort 1941-43 interniert und lebte anschließend bis 1945 in S¨uditalien, dann bis 1947 in Pal¨astina. H. kehrte 1947 nach Wien zur¨uck und widmete sich der F¨orderung junger Autoren. 1953-64 war er mit Unterbrechungen Dozent an Wiener und M¨unchner Volkshochschulen. In der von ihm begr¨undeten Zeitschrift „Lynkeus. Dichtung, Kunst, Kritik“, die er 1948-51 und 1979-86 herausgab, ver¨offentlichten u. a. Ingeborg → Bachmann und Marlen → Haushofer erste Texte. H. ¨ war 1948-50 Vorstandsmitglied des Osterreichischen PENZentrums, 1953-57 und 1969 Kulturredakteur der Zeitschrift „Die Schau“, des „J¨udischen Echos“ und der „Neuen Welt“. Er schrieb u¨ berwiegend Lyrik (zuletzt Hier und Jetzt, 1955; Wirkliches. Getr¨aumtes. Zeitgedichte 1931-1986, 1986) und ¨ gab Viennensa, Judaica und Ubersetzungen aus dem Jiddischen heraus. 2005 erschien H.s Briefwechsel (1953-86) mit Gerhard Amanshauser unter dem Titel Die taoistische Po¨ widlstimmung der Osterreicher (hrsg. von Hans H¨oller und Emmerich Kolovic). C Killy

Hakemeyer, Ida, Neuphilologin, * 27. 6. 1897 G¨ottingen, † 7. 10. 1985 G¨ottingen. H. studierte neuere Sprachen und Literaturen, vor allem Deutsch, Englisch und Franz¨osisch, und u¨ bernahm 1941 einen Lehrauftrag f¨ur Franz¨osisch an der Univ. G¨ottingen. Dar¨uber hinaus war sie u. a. Vorsitzende der G¨ottinger Ortsgruppe des Deutschen Akademikerinnen-Bundes in der International Federation of University Women. Sie befaßte sich mit → Goethe und der G¨ottinger Geistesgeschichte und vero¨ ffentlichte u. a. Bem¨uhungen um Frauenbildung in G¨ottingen 1747 (1949). Haken, Hermann, Politiker, * 5. 5. 1828 K¨oslin, † 16. 7. 1916 Wilmersdorf. H. studierte seit 1847 in Greifswald Rechtswissenschaft und wurde 1857 Kreisrichter in Ratzebuhr. Nach Kolberg versetzt, wurde er 1867 dort B¨urgermeister, vertrat 1873-77 den Wahlkreis K¨oslin-Kolberg-Belgard im preuß. Abgeordnetenhaus und war seit 1877 Oberb¨urgermeister von Stettin, wo er am Ausbau des Hafens f¨uhrend beteiligt war. C Leb Pommern, Bd 2 Haken, Johann Carl, Mediziner, * 4. 12. 1756 Stralsund, † 16. 12. 1815 Stralsund. H., Sohn eines Steuerinspektors, studierte seit 1776 in Berlin und G¨ottingen Medizin und wurde 1881 mit der Arbeit De febre scarlatina promoviert. In Stralsund betrieb er eine Arztpraxis, lehrte am Gymnasium Psychologie und Philosophie und wurde 1798 Garnisons- und Provinzialarzt, 1799 Leibmedikus des schwedischen K¨onigs. Er f¨uhrte 1801 die zweite Kuhpockenimpfung in Schwedisch-Vorpommern ein und impfte w¨ahrend einer Kuhpockenepidemie 1810 / 11 zahlreiche Patienten kostenlos. Außerdem machte er sich um die Entwicklung von Heilb¨adern auf R¨ugen und in Stralsund verdient. 1815 wurde er vom schwedischen K¨onig Karl XIII.

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geadelt. H. ver¨offentlichte u. a. Zur Geschichte der Schutzblatternimpfung in Pommern und R¨ugen (1809). C Med Pommern

Haken, Johann Christian Ludwig, evang. Theologe, Schriftsteller, * 25. 3. 1767 Jamund bei K¨oslin, † 5. 6. 1835 Treptow (Pommern). H. studierte 1785-88 Theologie an der Univ. Halle und war Pfarrer an verschiedenen Orten in Pommern. Als Schriftsteller trat er erstmals 1790 mit einer Sammlung von ¨ Erz¨ahlungen an die Offentlichkeit und vermittelte sp¨ater als Erz¨ahler Geschichte und Literaturgeschichte (u. a. Gem¨alde der Kreuzz¨uge nach Pal¨astina zur Befreiung des heiligen Grabes, 3 Bde., 1808-20). 1805-08 gab er die Bibliothek der Robinsone. In zweckm¨aßigen Ausz¨ugen (5 Bde., fortgesetzt mit Die Inquiraner. Eine Robinsonade. Neu erz¨ahlt, 1810, nach Johann Friedrich → Bachstroms Land der Inquirander, 1736 / 37). Von H. stammt ferner eine Bearbeitung von → Grimmelshausens Simplicissimus (Bibliothek der Abenteurer, Bd. 1, 1810). C Killy Hakenberger, Andreas, Kapellmeister, Komponist, * um 1574, begraben 5. 6. 1627 Danzig. H. war 1602-07 / 08 S¨anger und Lautenist in der Hofkapelle des K¨onigs Sigismund III. von Polen, seit 1608 Kapellmeister an St. Marien in Danzig. Er komponierte geistliche Musik, u. a. die achtstimmigen Motetten Sacri modulorum concentus de festis solennibus totius anni et de tempore (1615), ferner Newe deutsche Ges¨ange [. . .] (1610), vermutlich f¨ur den Artushof, das Zentrum der b¨urgerlich-geselligen Musikpflege in Danzig. C MGG

Halaczinsky, Rudolf, Komponist, Maler, * 31. 7. 1920 Radlin-Emmagrube (Kr. Rybnik, Oberschlesien), † 28. 7. 1999 Bergisch Gladbach. H., Sohn eines Grubenbeamten, begann seine musikalische Ausbildung bei Paul Laßak, Max Wieck und Norbert Stannek und studierte seit 1940 an der Hochschule f¨ur Musik in Graz, u. a. bei Karl → Marx. Nach der R¨uckkehr aus der Kriegsgefangenschaft war er 1946-52 als Korrepetitor, Kapellmeister und Hauskomponist am Stadttheater in Augsburg sowie als Organist und Chorleiter an den dortigen Kirchen St. Wolfgang und Heilig Geist t¨atig. 1952-55 studierte H. an der Akademie der Tonkunst in M¨unchen Katholische Kammermusik und Komposition bei Karl → H¨oller. 1955-69 war er Kantor an der Herz-Jesu-Kirche in Rheydt, 1967-71 Musiklehrer an Gymnasien in M¨onchengladbach und seit 1971 Dozent f¨ur Musiktheorie an der Univ. K¨oln. H. komponierte Orchester-, Chor-, Orgel-, Klavier-, Kammer- und Kirchenmusik. 1955 wandte er sich auch der Malerei zu. C NGroveD

Halauska, Ludwig, o¨ sterr. Maler, Graphiker, * 24. 9. 1827 Waidhofen / Ybbs (Nieder¨osterreich), † 29. 4. 1882 Wien. Als Sch¨uler Thomas → Enders und Franz → Steinfelds besuchte H. die Wiener Kunstakademie und unternahm Studienreisen durch die Alpenl¨ander und an den Rhein. Gemeinsam mit Rudolf von → Alt u¨ bernahm er 1879 einen Auftrag der bulgarischen Regierung, die Kriegsschaupl¨atze in Bulgarien in Aquarellen festzuhalten; dieses Werk mit insgesamt 40 Bl¨attern war ein Geschenk f¨ur den Zaren. Ausgehend vom Naturalismus, wandte sich H. in seinen Arbeiten sp¨ater einem hellen, skizzenhaften Kolorit zu (u. a. Landschaft am Main, 1869). C Th-B Halbach, (Johann) Arnold, Unternehmer, * 23. 10. 1745 Neuenhammer bei M¨ungsten, † 11. 6. 1823 M¨ungsten bei Remscheid. Der Sohn eines Schmieds und Hammerbesitzers besch¨aftigte sich im v¨aterlichen Unternehmen fr¨uh mit der Herstellung

Halbe von Raffinierstahl und dessen Verarbeitung. Er produzierte bald besonders hochwertigen, geschichtet geschmiedeten Stahl u. a. f¨ur Sensen, S¨agen, Feilen, Klingen und Kutschfedern. Durch seine erste Heirat 1769 wurde er Mitinhaber leistungsstarker Stahlraffinierh¨ammer in M¨ungsten. 1772 errichtete H. dort das erste zusammenh¨angende Sensenwerk, in dem er scharf geh¨ammerte und gebl¨aute Sensbl¨atter herstellte, die bislang nur in der Steiermark produziert worden waren. Neben der Verbesserung der Stahlbehandlung und der Modernisierung der Fertigproduktion machte er sich vor allem um die Ausdehung des Stahlhandels nach Großbritannien und in die USA verdient. Sein gleichnamiger Sohn gr¨undete 1810 ein Tochterunternehmen im amerikanischen Philadelphia; Gustav → Krupp von Bohlen und Halbach war einer seiner Urenkel. C NDB

Halbach, Kurt (Herbert), Germanist, * 25. 6. 1902 Stuttgart, † 11. 9. 1979 T¨ubingen. Der Sohn eines Kaufmanns studierte seit 1920 Deutsche Sprache und Literatur in Heidelberg, Kiel und T¨ubingen, wo er 1926 promoviert wurde (Walther von der Vogelweide und die Dichter von Minnesangs Fr¨uhling, 1927, Neudr. 1981), und habilitierte sich 1931. Seit 1933 Mitglied der SA, seit 1937 der NSDAP, lehrte H. bis 1939 als Privatdozent in T¨ubingen und wurde 1940 o. Prof. f¨ur Deutsche Sprache und Literatur an der Univ. Innsbruck. 1945-47 am Institut f¨ur deutsche Volkskunde der Univ. T¨ubingen t¨atig, unterrichtete er seit 1948 am Staatlichen Hochschulinstitut f¨ur Musikerziehung in Trossingen, erhielt 1950 einen Lehrauftrag an der Univ. T¨ubingen und war dort 1955-67 o. Prof. f¨ur Deutsche Philologie. H. trat vor allem mit Publikationen zur deutschen Literatur des Mittelalters, insbesondere zu → Walther von der Vogelweide hervor (u. a. Gottfried von Straßburg und Konrad von W¨urzburg. „Klassik“ und „Barock“ im 13. Jahrhundert, 1930, Neudr. 1984; Franzosentum und Deutschtum in h¨ofischer Dichtung des Stauferzeitalters. Hartmann von Aue und Crestien de Troyes, 1939, Neudr. 1980; Walther von der Vogelweide, 1965, 41983 bearb. von Manfred G¨unther Scholz). C IGL

Halban, Alfred von, o¨ sterr. Jurist, Rechtshistoriker, Politiker, * 22. 9. 1865 Krakau, † 26. 9. 1926 Lemberg. H., ein Vetter von Hans und Josef → von H., studierte Rechtswissenschaft in Krakau, Wien, Berlin, Breslau und Paris, wurde 1887 promoviert und habilitierte sich 1889 an der Univ. Krakau f¨ur Kirchenrecht, 1891 auch f¨ur Rechtsgeschichte; 1892 erfolgte die Erweiterung der Venia legendi auf Deutsches Recht. Seit 1894 a. o. Prof. in Krakau, folgte er 1897 einem Ruf als o. Prof. des deutschen Rechts und der o¨ sterr. Rechtsgeschichte an die Univ. Czernowitz. H. wurde 1905 o. Prof. der vergleichenden Rechtswissenschaft und der westeurop¨aischen Rechtsgeschichte an der Univ. Lemberg, deren Rektor er 1910 / 11 war. 1911-18 war er Abgeordneter im o¨ sterr. Reichstag, 1919-22 im Konstituierenden Sejm. H. ver¨offentlichte u. a. Das r¨omische Recht in den germani¨ schen Volksstaaten (3 Bde., 1899). C OBL Halban, Hans von, o¨ sterr. Chemiker, * 21. 10. 1877 Wien, † 7. 10. 1947 Z¨urich. Der Sohn eines k. k. Sektionschefs und Kanzleidirektors des Abgeordnetenhauses und Vetter von Alfred und Josef von → H. studierte Chemie in Z¨urich, Wien und Berlin, wurde nach der Promotion 1902 (Untersuchungen u¨ ber Chromammoniakverbindungen) Assistent u. a. von Wilhelm → Ostwald in Leipzig und habilitierte sich 1909 an der Univ. ¨ W¨urzburg mit der Arbeit Uber den Einfluss des L¨osungsmittels auf die Reaktionsgeschwindigkeit f¨ur physikalische Chemie. Seit 1915 a. o. Prof., wechselte er 1923 als Leiter des Physikalisch-Chemischen Forschungslabors, sp¨ater auch des Metallkundlichen Labors der Metall-Gesellschaft nach

Frankfurt / Main. 1930 wurde er o. Prof. der physikalischen Chemie an der Univ. Z¨urich. H. befaßte sich mit chemischer Reaktionsgeschwindigkeit, Lichtabsorption und starken Elektrolyten, f¨uhrte die lichtelektrische Zelle zu spektrophotometrischen und kolorimetrischen Zwecken in die Chemie ein und ver¨offentlichte u. a. Lichtabsorption des Chlors (in: Zeitschrift f¨ur physikalische Chemie 103, 1922). C NDB

Halban, Josef von, o¨ sterr. Gyn¨akologe, * 10. 10. 1870 Wien, † 23. 4. 1937 Wien. H., Sohn eines Hutfabrikanten und Vetter von Alfred und Hans von → H., studierte an der Univ. Wien (Promotion 1894) und war Assistent unter Hermann → Nothnagel an der Inneren, unter Eduard → Albert an der Chirurgischen Klinik und unter Anton → Weichselbaum am PathologischAnatomischen Institut. Im Anschluß an eine Studienreise nach Paris war er 1898-1903 Assistent Friedrich → Schautas an der Gyn¨akologischen Klinik in Wien, habilitierte sich 1903 f¨ur Gyn¨akologie und Geburtshilfe und wurde 1909 Prof., 1910 Vorstand der Gyn¨akologischen Abteilung des Krankenhauses Wieden. H. f¨uhrte den Begriff „innere Sekretion der Plazenta“ ein und erkannte die hormonale Bedingtheit von Ovulation und Menstruation. Die Zunahme der Behaarung bei Frauen w¨ahrend der Schwangerschaft wurde nach ihm Halban-Zeichen genannt. H. ver¨offentlich¨ te u. a. Anatomie und Atiologie der Genitalprolapse beim Weibe (mit Julius → Tandler, 1907), Die pathologische Anatomie des Puerperalprozesses und ihre Beziehungen zur Klinik und Therapie (1919), Gyn¨akologische Operationslehre (1932) und gab mit Ludwig → Seitz das Handbuch Biologie und Pathologie des Weibes (8 Bde., 1924-29) heraus. C NDB Halban, Selma von, geb. Kurz, o¨ sterr. S¨angerin,

¨ * 15. 10. 1874 Bielitz (Osterr.-Schlesien), † 10. 5. 1933 Wien. H., die zun¨achst zur Altistin ausgebildet wurde, trat sp¨ater als dramatischer Sopran auf. 1896 wurde sie nach Frankfurt / Main engagiert, folgte 1899 der Berufung durch Gustav → Mahler an die Wiener Hofoper und sang dort zuletzt bevorzugt Koloraturpartien, u. a. die K¨onigin der Nacht in → Mozarts Zauberfl¨ote. Richard → Strauss schrieb f¨ur sie die Partie der Zerbinetta in Ariadne. H. war seit 1910 mit C Kosch: Theater Josef von → H. verheiratet.

Halbax, Michael Wenzel, o¨ sterr. Maler, * um 1661 Ebenfurth (Nieder¨osterreich), † 11. 8. 1711 St. Florian (Ober¨osterreich). Etwa seit 1685 in Prag ans¨assig, war H. seit 1693 Mitglied der Kleinseitner, seit 1700 der Altst¨adter Malerzunft. Ob er gemeinsam mit Johann Michael → Rottmayr, Peter → Strudel und anderen o¨ sterr. Malern bei Johann Carl → Loth in Venedig seine Ausbildung erhielt, gilt als ungewiß. 1709 unterbreitete H. gemeinsam mit anderen Prager K¨unstlern dem Kaiser den Vorschlag, eine Kunstakademie in Prag zu gr¨unden. Er schuf vorwiegend Altarbl¨atter und Halbfiguren, in St. Florian auch Fresken (u. a. Apollo, die Malerei kr¨onend). C NDB

Halbe, Max, Schriftsteller, * 4. 10. 1865 G¨uttland bei Danzig, † 30. 11. 1944 Burg bei Neu¨otting (Oberbayern). Der Sohn eines Gutsbesitzers studierte seit 1883 zun¨achst Rechtswissenschaften, sp¨ater Germanistik und Geschichte an den Universit¨aten Heidelberg, Berlin und M¨unchen (Promotion 1888) und lebte danach als freier Schriftsteller in Berlin. Dort entstanden, beeinflußt u. a. von den Berliner Naturalisten, mehrere Dramen, u. a. Freie Liebe (1890) und Jugend (1893, verfilmt 1922 unter Fred Sauer, 1938 unter

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Halberstadt Veit → Harlan). Seit 1895 st¨andig in M¨unchen wohnhaft, war er mit einer Reihe von Literaten und bildenden K¨unstlern befreundet, nahm regen Anteil am gesellschaftlichen Leben, gr¨undete 1895 das „Intime Theater f¨ur dramatische Experimente“ und war 1899 Mitbegr¨under der „M¨unchner Volksb¨uhne“. H. stand zun¨achst dem Naturalismus nahe, experimentierte aber sp¨ater mit verschiedenen Formen und Stilrichtungen. Teile seines Werks ließen sich f¨ur den Blutund-Boden-Kult vereinnahmen. Auch aus diesem Grund verlor H. – obwohl zu seiner Zeit einer der meistgespielten Dramatiker – nach 1945 an Bedeutung f¨ur das deutsche Theater. Seine Lebenserinnerungen erschienen 1933 (Scholle und Schicksal) und 1935 (Jahrhundertwende), seine S¨amtlichen Werke 1945-50 in vierzehn B¨anden. C Killy

Halberstadt, Wilhelmine, P¨adagogin, * 24. 1. 1776 Korbach, † 11. 3. 1841 Kassel. H., deren Vater seit einer Amerikareise verschollen war, bildete sich autodidaktisch aus, um als Erzieherin t¨atig werden zu k¨onnen. 1806-12 arbeitete sie in einer L¨ubecker Fami¨ lie, ver¨offentlichte 1808 unter dem Titel Uber W¨urde und Bestimmung der Frauen ihre Vorstellung einer zeitgem¨aßen Ausbildung von Frauen und kam 1812 nach Trier, um ein eigenes Erziehungsinstitut zu gr¨unden. Von Zar Alexander I. von Rußland erhielt sie aufgrund ihrer Studie eine einmalige Dotation; K¨onig → Friedrich Wilhelm von Preußen f¨orderte auf ihr Ersuchen hin ihren Plan, Waisenm¨adchen zu Erzieherinnen auszubilden. H. plante 1822, nach Berlin umzuziehen, ließ sich jedoch in Kassel nieder und gr¨undete dort 1823 eine Erziehungsanstalt f¨ur T¨ochter h¨oherer St¨ande, 1831 die „Halberst¨adter Freischule“ f¨ur mittellose M¨adchen und 1833 die „Halberst¨adter Fr¨auleinstiftung f¨ur vaterlose T¨ochter“. C NDB Halberstaedter, Ludwig, Dermatologe, Radiologe, * 9. 12. 1876 Beuthen (Oberschlesien), † 20. 4. 1949 New York. Nach Abschluß seiner Studien mit der Promotion 1903 (Die Folgen der Unterbindung der Vena femoralis unterhalb des Ligamentum Poupartii) bildete sich H., Sohn eines Kaufmanns, unter dem Chirurgen Carl → Garr`e in K¨onigsberg und unter dem Dermatologen Albert → Neisser in Breslau weiter, wies 1904 erstmals die Strahlenempfindlichkeit des Ovars nach und unternahm gemeinsam mit Neisser eine Expedition nach Java zur Erforschung der Syphilis. 1922 habilitierte er sich an der Univ. Berlin f¨ur Dermatologie und Strahlentherapie, wurde 1926 a. o. Prof. und entwickelte als Leiter der Bestrahlungsabteilung des Instituts f¨ur Krebsforschung in Berlin-Dahlem u. a. eine spezielle Kehlkopfkrebstherapie. 1933 wurde ihm wegen seines j¨udischen Bekenntnisses die Lehrerlaubnis entzogen. H. emigrierte nach Pal¨astina und wurde Leiter der Abteilung f¨ur Strahlentherapie des Hadassah-Hospitals in Jerusalem, 1935 Prof. der Radiologie und Radiotherapie an der Hebrew University. Er ver¨offentlichte u. a. Hautkrankheiten und Syphilis im S¨auglings- und Kindesalter (1922, 21924). C BHdE, Bd 2

Halberstam, Sophie, o¨ sterr. P¨adagogin, * 1873 Bialystok (Polen), † nach 1938. H. studierte an der Univ. Wien und legte 1907 die Lehramtspr¨ufung f¨ur Englisch und Franz¨osisch an M¨adchenlyzeen ab. 1906 gr¨undete sie gemeinsam mit Else Buberl in Wien ¨ das „M¨adchenlyzeum auf der Wieden“, das 1910 Offentlichkeitsrecht erhielt. H. wurde 1911 Direktorin. Seit 1922 unterstand die Schule dem Verein Mariahilfer M¨adchenlyzeum, wurde im folgenden Jahr als „Mariahilfer M¨adchenmittelschule“ ein Reform-Realgymnasium, sp¨ater ein Realgymnasium und schließlich ein Oberlyzeum. Nach dem „Anschluß“

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¨ Osterreichs an das Deutsche Reich 1938 wurde die Schule aufgel¨ost. H., die 1937 in den Ruhestand ging, ist seit 1938 verschollen. C Czeike

Halbert, Awrum Albert, urkundl. Abra(ha)m Halberthal, Pseud. Albert Ganzert, Albert Rudolph(e), H. Albert Ganzert, Albert Thal, Alfred Thal, Journalist, Schriftsteller, * 16. 9. 1881 Botuschani (Bukowina), † 15. 10. 1965 Hamburg. Nach Universit¨atsstudien in Marburg, Leipzig und Berlin (1899-1905) wurde H., Sohn eines Kaufmanns, Chefredakteur der Zeitschrift „Nord und S¨ud“, Redakteur der Monatsschrift „Der Brief“ und Mitherausgeber der Zeitschriften „Kritik der Kritik“ (1905-08) und „Ehe und Eheleben. Die Kultur der Ehe“ (1925). Daneben arbeitete er als literarischer Beirat f¨ur verschiedene Verlage und leitete in Hamburg ein Reklameb¨uro. H. ver¨offentlichte Romane und Dramen (Lebensfieber, 1909) sowie kulturkritische und geistesgeschichtliche Studien (u. a. Die Katastrophe unserer Kultur, 1912). ¨ 1934 emigrierte er nach Osterreich, 1938 in die Schweiz und lebte bis 1954 in Z¨urich, danach in K¨usnacht. Er redigierte die Zeitschrift „Frau und Familie“, war f¨ur den Schweizer Rundfunk t¨atig und schrieb u. a. das international erfolgreich gespielte St¨uck Die Grenze (1936). H. kehrte 1960 nach Deutschland zur¨uck, lebte bis 1964 in Baden-Baden und sp¨ater in Hamburg. C Lex dt-j¨ud Autoren

Halbfell, August, Politiker, * 4. 7. 1889 Linden (heute zu Bochum), † 21. 1. 1965. Nach dem Volkswirtschaftsstudium zun¨achst Bergmann und Grubenbeamter, wurde H. sp¨ater Direktor eines Arbeitsamtes und Pr¨asident des Landesarbeitsamtes. Seit 1918 Mitglied der SPD, geh¨orte er einer Reihe o¨ ffentlicher K¨orperschaften an, war Vorstandsmitglied im Bund technischer Angestellter und Beamter sowie Aufsichtsrat des Reichskohlensyndikats. H. wurde 1946 als Generalreferent in die Regierung der Provinz Westfalen berufen und im selben Jahr Arbeitsminister von Nordrhein-Westfalen (bis 1950). C Munzinger

Halbig, Andreas, Bildhauer, * 24. 4. 1807 Donnersdorf bei Gerolzhofen (Unterfranken), † 3. 5. 1869 Penzing (heute zu Wien). Der Bruder Johann von → H.s erhielt von seinem Vater den ersten Unterricht im Zeichnen, Schnitzen und Modellieren. Seit 1831 studierte er an der M¨unchner Kunstakademie bei Konrad → Eberhard, befaßte sich mit sakraler Bildhauerei und war seit 1829, zeitweise in der obersten Bauleitung, bei der Wiederherstellung des Bamberger Doms t¨atig. 1859 beauftragte ihn Erzherzog Ferdinand Maximilian (→ Maximilian) mit der Ausf¨uhrung des Hochaltars f¨ur die im Entstehen begriffene Votivkirche in Wien. Der Altar, der 1873 in der Wiener Augustinerkirche aufgestellt wurde, gilt ¨ als H.s Hauptwerk. C OBL

Halbig, Hermann, Musikhistoriker, Musikp¨adagoge, * 26. 3. 1890 D¨usseldorf, † 7. 10. 1942 Scharbeutz bei L¨ubeck. H. studierte bei Theodor → Kroyer und war seit 1927 Prof. der Gregorianik an der Akademie f¨ur Kirchen- und Schulmusik in Berlin. Er publizierte u. a. Musikgeschichte, leicht gemacht (1942), ein Lehrbuch, das die mnemotechnische Methode in die Musikp¨adagogik einf¨uhrte.

Halbig, Johann von, Bildhauer, * 13. 7. 1814 Donnersdorf bei Gerolzhofen (Unterfranken), † 29. 8. 1882 M¨unchen. Wie sein Bruder Andreas → H. erhielt H. den ersten Unterricht durch seinen Vater, studierte seit 1831 an der M¨unchner Polytechnischen Schule und war Sch¨uler Ernst → Mayers. Nach einer Italienreise ließ er sich in M¨unchen nieder, war auch f¨ur Auftraggeber in Wien und St. Petersburg t¨atig und wurde 1845 Prof. der Modellierschule und Bildhauerkunst

Halder am Polytechnikum. H. schuf Figurengruppen, Reiterstatuen, Portr¨atb¨usten, sakrale Werke (u. a. im Auftrag → Ludwigs II. die monumentale Kreuzigungsgruppe f¨ur Oberammergau, 1875), Grabm¨aler und Tierplastiken, darunter nach einem Entwurf Martin von → Wagners das L¨owengespann f¨ur das M¨unchner Siegestor (1844-50). C Th-B

Halbreiter, Adolph, Bildhauer, Goldschmied, * 13. 5. 1839 Rosenheim, † 28. 6. 1898 M¨unchen. Nach einer Lehre bei seinem Onkel Ulrich → H. besuchte H. die M¨unchner Kunstgewerbeschule und studierte seit 1858 bei Georg → Hiltensperger und Max → Widnmann an der dortigen Kunstakademie. 1862-66 arbeitete er in verschiedenen Pariser Werkst¨atten und gr¨undete nach seiner R¨uckkehr nach M¨unchen 1871 eine eigene Werkstatt, in der er u. a. Leuchter, Pokale und Tafelaufs¨atze trieb und ziselierte, darunter L¨uster f¨ur den M¨unchner Rathaussaal. H. wurde 1878 Prof. und Leiter der Modellier- und Ziseleurabteilung an der C Th-B Kunstgewerbeschule Dresden.

Halbreiter, Ulrich, Maler, * 11. 6. 1812 Freising, † 26. 11. 1877 M¨unchen. Als Sch¨uler Josef → Schlotthauers an der M¨unchner Kunstakademie begleitete H. diesen 1834 nach Italien und war nach seiner R¨uckkehr an der Ausmalung der Basilika St. Bonifatius unter Heinrich Maria → Hess sowie der Ludwigskirche unter Peter von → Cornelius beteiligt. 1842 reiste er mit Friedrich von → G¨artner nach Athen, arbeitete an der Ausf¨uhrung der Fresken f¨ur die dortige kgl. Residenz mit ¨ und unternahm 1843-45 eine Reise nach Agypten, Pal¨astina und Kleinasien. Skizzen aus Jerusalem verarbeitete er u. a. zu einem Panorama, das im Lateran aufgestellt wurde. H. versuchte sich auch als Komponist (u. a. Bayerische Gebirgslieder, 3 Hefte, 1839). Er war der Onkel von Adolph → H. C Th-B

Halbritter, Kurt, Illustrator, Zeichner, Karikaturist, * 22. 9. 1924 Frankfurt / Main, † 21. 5. 1978 Sligo (Irland). H. machte eine Lehre als Chemigraph, nahm am Zweiten Weltkrieg teil und befand sich 1944-47 in englischer Kriegsgefangenschaft. 1948-52 besuchte er die Werkkunstschule in Offenbach / Main und war seit 1952 als freier Illustrator, Zeichner und Karikaturist t¨atig. H. war zeich¨ nerischer Chronist der Adenauer-Ara; er setzte sich auch mit der nationalsozialistischen Vergangenheit (Adolf Hitlers Mein Kampf, 1969) und dem Militarismus (Disziplin ist alles, 1954) auseinander. Mit Halbritters Tier- und Pflanzenwelt (1975) zeigte er sich von der humoristischen Seite. H. war Mitarbeiter der satirischen Zeitschrift „pardon“ und der Wochenzeitung „Vorw¨arts“. C Frankf Biogr Halbsuter, Hans, Gerichtsweibel, * um 1410, † nach 1480. Aus Root, einem Dorf bei Luzern, stammend, erwarb H. 1434 das B¨urgerrecht der Stadt, beteiligte sich an Kriegsz¨ugen und wurde 1441 Mitglied im Rat der Hundert, 1449 Gerichtsweibel. Als Pfleger und Stubenmeister der Sch¨utzen seit 1454 unterstanden ihm s¨amtliche Sch¨utzenangelegenheiten der Stadt. Die j¨ungsten und l¨angsten Fassungen der Lieder auf die „Schlacht bei Sempach“ nannten einen Luzerner namens Halbsuter als Teilnehmer der Schlacht und Verfasser des Lieds. Seit dem 19. Jh. wird die Identit¨at der beiden gleichnamigen M¨anner diskutiert. C VL

Halbysen, Heinrich, auch Halbisen, schweizer. Kaufmann, * um 1390 Basel, † vor 24. 8. 1451 vermutlich Basel. Zwischen 1404 und 1408 trat H. der Basler Kr¨amerzunft (sp¨ater Safranzunft) bei, erwarb 1415 die Mitgliedschaft in

der Schl¨usselzunft und geh¨orte 1410 oder 1417 einem Fernhandelskonsortium an. Vor 1420 vereinigte er sein Unternehmen mit zwei weiteren Kaufleuten zu einer Handelsgesellschaft, mit der er Handel in ganz Europa trieb und zeitweise den Safranhandel aus Spanien als Monopol hielt. Als einer der reichsten Kaufleute seiner Heimatstadt war er seit 1426 Ratsmitglied, 1426-29 und 1437-50 Siebner- und 1440-50 Dreizehnerherr, 1435 / 36 Zunftmeister zu Safran und Angeh¨origer der Hohen Stube sowie diplomatischer Vertreter der Stadt. 1433 gr¨undete er in der N¨ahe der Stadt die erste Papierm¨uhle Basels, die 1449 in das St.-Alban-Tal verlegt C HLS wurde.

Halden, Hans, eigentl. Ernst Georg Siewert, Schauspieler, Schriftsteller, * 12. 1. 1888 Berlin, † 21. 9. 1973 Berlin. H. wurde seit 1907 an der B¨uhnenschule des SchillerTheaters Berlin ausgebildet und war danach u. a. in Posen als Schauspieler t¨atig. 1925 wirkte er in K¨oln, 1926 in Hamburg und seit 1928 an verschiedenen B¨uhnen in Berlin, darunter am Deutschen Theater in Carl → Zuckmayers Hauptmann von K¨openick, an der Volksb¨uhne und im Kabarett der Komiker. 1934 wegen seiner j¨udischen Ehefrau entlassen und nur noch an Privattheatern t¨atig, durfte er nach deren Tod 1937 wieder an staatlichen B¨uhnen auftreten und war bis 1956 in Berlin, seit 1957 in Hamburg auf der B¨uhne zu seC Exiltheater hen.

Haldenwang, Christian, Graphiker, * 14. 5. 1770 Durlach (heute zu Karlsruhe), † 27. 6. 1831 Rippoldsau. H. war Sch¨uler und langj¨ahriger Mitarbeiter Christian von → Mechels in Basel und u¨ bernahm 1796 als Meister der Aquatinta-Technik in Dessau Auftr¨age f¨ur die Chalkographische Gesellschaft. 1804 wurde er Hofkupferstecher in Karlsruhe. H. schuf vor allem Landschaftsstiche; als sein Hauptwerk gelten vier Bl¨atter nach den Tageszeiten von Claude C Th-B Lorrain.

Halder, Franz, Milit¨ar, * 30. 6. 1884 W¨urzburg, † 2. 4. 1972 Aschau / Chiemgau. Aus einer bayerischen Offiziersfamilie stammend, wurde H. 1902 Berufssoldat, nahm als Generalstabsoffizier am Ersten Weltkrieg teil, blieb in der Reichswehr und wurde 1931 Oberst. Seit 1934 Generalmajor, wurde er 1936 unter Bef¨orderung zum Generalleutnant Oberquartiermeister im Oberkommando des Heeres. Als General der Artillerie war er 1938 Nachfolger Ludwig → Becks als Chef des Generalstabs des Heeres, 1940 Generaloberst und leitete die Operationen in Polen, Frankreich, auf dem Balkan und in Rußland. Nach Meinungsverschiedenheiten mit → Hitler 1942 abgel¨ost, wurde H. wegen fr¨uherer Kontakte zu Offizieren des Widerstandskreises um Beck nach dem 20. 7. 1944 verhaftet und bis Kriegsende in Konzentrationslagern interniert. 1946-61 war H. Leiter der Historical Division der USArmy in Deutschland und besaß dadurch erheblichen Einfluß auf die beginnende Geschichtsschreibung zum Zweiten Weltkrieg. Seine Studie Hitler als Feldherr erschien 1946, die Kriegstageb¨ucher (3 Bde., bearb. von H. A. Jacobsen) 1962-64. C Weiß

Halder, Leonhard, Baumeister, * vor 1468 Weilheim (Oberbayern), † nach 1542. H. f¨uhrte 1518 Reparaturen an der alten und neuen Veste in M¨unchen sowie am Schloß Gr¨unwald aus. 1520 erscheint er als Spruchmann bei einem Schiedsgericht in Wasserburg / Inn; 1524 war er Hausbesitzer in M¨unchen. 1538 wurde H. herzoglicher Baumeister. Von den ihm zugeschriebenen Bauten, u. a. die Erl¨oserkirche auf dem Friedhof vor dem Sendlinger Tor, die bis 1638 stand, existiert heute keiner mehr. C Th-B

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Halem Halem, Gerhard Anton von, Historiker, Schriftsteller, Jurist, * 2. 3. 1752 Oldenburg, † 4. 1. 1819 Eutin. Der Sohn eines Advokaten und Stadtsyndikus und Bruder Ludwig von → H.s studierte 1768-70 Rechtswissenschaften an der Univ. Frankfurt / Oder, wurde in Kopenhagen 1770 promoviert und u¨ bernahm nach seiner Kavalierstour die v¨aterliche Advokatur. 1775 wechselte er in den oldenburgischen Staatsdienst, wurde Assessor, sp¨ater Kanzleirat, und war 1807-11 Direktor der Justizkanzlei und des Konsistoriums in Oldenburg. Danach Mitglied des kaiserlich-franz¨osischen Gerichtshofs in Hamburg, wurde H. 1813 als Regierungsrat nach Eutin versetzt. Als einer der herausragenden Vermittler aufkl¨arerischen Gedankenguts in Nordwestdeutschland gr¨undete er 1779 die „Literarische Gesellschaft“ in Oldenburg, gab mehrere Zeitschriften (u. a. „Bl¨atter vermischten Inhalts“, 1787-97) heraus und f¨uhrte einen umfangreichen Briefwechsel mit Pers¨onlichkeiten seiner Zeit. H.s Schriften, darunter historische Epen und Dramen, Lyrik und theologische Abhandlungen, weisen h¨aufig einen didaktischen Zug auf. Als seine bedeutendsten Werke gelten die Blicke auf einen Teil Deutschlands, der Schweiz und Frankreichs, bei einer Reise im Jahre 1790 (1791), mit dem radikalen Republikanertum sympathisierende Augenzeugenberichte, und die historiographischen Arbeiten, u. a. eine Geschichte des Herzogthums Oldenburg (3 Bde., 1794-96). C Oldenburg Halem, Gustav Adolph von, Diplomat, Kaufmann, Verleger, * 4. 11. 1899 Bremen, † 12. 1. 1999 Rasdorf bei Fulda. H., Sohn von Otto von → H., studierte seit 1919 in T¨ubingen, M¨unchen und G¨ottingen Rechtswissenschaft, wurde 1923 promoviert und trat nach einem Volontariat bei der Allianz Versicherungs-AG 1926 in den Ausw¨artigen Dienst ein. Seit 1929 in London, Memel und in Prag eingesetzt (1938 Legationsrat), u¨ bernahm H., Mitglied der SS seit 1935 und der NSDAP seit 1937, 1940 die Leitung des Generalkonsulats in Mailand und wurde im Februar 1945 Gesandter in Lissabon. Bis 1948 in amerikanischer Internierung, wurde er 1949 Diplomdolmetscher in Stuttgart und begr¨undete im selben Jahr den v¨aterlichen Otto von Halem-Verlag neu. Nach dessen Verkauf 1955 leitete er die Exportabteilung der Neuen Deutschen Filmverleih GmbH in M¨unchen, vertrat sp¨ater die Exportunion der deutschen Filmwirtschaft in Paris und geh¨orte als Juror der Freiwilligen Selbstkontrolle der deutschen Filmindustrie an. C BHdAD Halem, Ludwig (Wilhelm Christian) von, Bibliothekar, Historiograph, * 3. 9. 1758 Oldenburg, † 5. 6. 1839 Oldenburg. Der Bruder Gerhard Anton von → H.s war nach dem Theologie- und Philologiestudium an den Universit¨aten Halle und G¨ottingen Hauslehrer in Den Haag und Estland und wurde 1786 Kabinetts- und Privatsekret¨ar des Herzog → Peter in Oldenburg, 1792 Leiter der neugegr¨undeten herzoglichen o¨ ffentlichen Bibliothek in Oldenburg; daneben war er zeitweise Redakteur der staatlichen Presseorgane, u. a. der „Oldenburgischen Zeitung“ und der „Oldenburgischen Bl¨atter“ sowie Zensor. H. wurde 1783 Mitglied, 1816 Sekret¨ar der Literarischen Gesellschaft und war seit 1783 Mitglied, 1793-1833 Meister vom Stuhl der Loge „Zum goldenen Hirsch“. Er ver¨offentlichte Bibliographische Unterhaltungen (2 Bde., 1794-96). C Oldenburg Halem, Nikolaus (Christoph) von, Jurist, Widerstandsk¨ampfer, * 15. 3. 1905 Schwetz (Westpreußen), † 9. 10. 1944. H., Sohn eines Landrats, studierte Rechtswissenschaften, entschied sich 1933 gegen den Eintritt in den Staatsdienst, stand unter dem Einfluß u. a. Ernst → Niekischs und gelangte fr¨uh zu der Auffassung, nur der Tod → Hitlers k¨onne

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Deutschland vor dem Untergang bewahren. Seine berufliche T¨atigkeit als Industriemanager – seit 1939 arbeitete er in einer Berliner Reichsstelle f¨ur Industrie – nutzte er zu in- und ausl¨andischen Kontakten oppositionellen Kreisen, darunter zu dem Kreisauer Kreis und dem Amt Ausland / Abwehr im Oberkommando der Wehrmacht. Gemeinsam mit Beppo → R¨omer arbeitete er Attentatspl¨ane aus, wurde jedoch 1942 verraten und verhaftet. Nach zwei Jahren Haft und schwerer Folter verurteilte ihn Mitte 1944 der Volksgerichtshof zur Todesstrafe, die wenige Monate sp¨ater vollstreckt wurde. C Widerstand

Halem, Otto von, Buchh¨andler, Verleger, * 23. 8. 1867 Bremen, † 2. 1. 1940 Stuttgart. H. trat nach einer Buchh¨andlerlehre in das 1863 von seinem Vater in Bremen gegr¨undete Sortimentsgesch¨aft ein, erweiterte die Firma um eine Exportabteilung und wurde 1896 Alleininhaber. 1903 verkaufte er das Sortiment und betrieb das Unternehmen als Export- und Verlagsbuchhandlung und seit 1906 als GmbH weiter. 1906 ging H. nach Stuttgart und war 1907-10 Generaldirektor, sp¨ater Vorsitzender des Aufsichtsrats der Deutschen Verlagsanstalt. 1911 erwarb er den Verlag Veit & Comp. in Leipzig, der 1919 in der „Vereinigung wissenschaftlicher Verleger, Walter de Gruyter & Co.“ aufging. H. u¨ bernahm weitere Verlage, darunter den Verlag der „Chemiker-Zeitung“ in K¨othen. Die Bremer Verlagsbuchhandlung, aus der H. nach dem Ersten Weltkrieg ausschied, fand 1927 unter Ludwig → Roselius eine neue Bleibe in der B¨ottcherstraße. Er war der Vater von Gustav Adolph von → H. C Brem Bio 2 Halfmann, Wilhelm (Heinrich Leonhard), evang. Theologe, Landesbischof von Schleswig-Holstein, * 12. 5. 1896 Wittenberg, † 8. 1. 1964 Kiel. Nach Abschluß seiner Studien an den Universit¨aten Jena, Gießen und Kiel wurde H., Sohn eines Gymnasialdirektors, 1923 ordiniert und war bis 1932 Studieninspektor in Preetz und Pastor in Sch¨onberg. Als Pastor in Flensburg (seit 1933) stand er der Bekennenden Kirche in SchleswigHolstein vor. Seine zeitweilige T¨atigkeit als Oberkonsistorialrat im Landeskirchenamt 1936 / 37 wurde auf nationalsozialistischen Druck hin beendigt. Nach Kriegsende zun¨achst Pr¨asident der Vorl¨aufigen Kirchenleitung der EvangelischLutherischen Landeskirche, wurde H. 1946 evang. Bischof von Schleswig-Holstein. Als konservativer Kirchenpolitiker lehnte er sowohl die evang. Opposition gegen die Pariser Vertr¨age als auch die Anti-Atomkraft-Bewegung ab. Er vero¨ ffentlichte u. a. Christian Kortholt (1930). 1964 erschienen Predigten, Reden, Aufs¨atze, Briefe H.s (hrsg. von Johann Schmidt). C SHBL, Bd 1

Halir, Karl, Musiker, * 1. 2. 1859 Hohenelbe (B¨ohmen), † 21. 12. 1909 Berlin. Zun¨achst Student am Prager Konservatorium, wurde H. 1874-76 von Joseph → Joachim an der Violine ausgebildet, wurde Musiker in der Kapelle Benjamin → Bilses und spielte sp¨ater in K¨onigsberg und Mannheim. 1884 u¨ bernahm er die Stelle des Hofkonzertmeisters in Weimar, unternahm zahlreiche Tourneen und ging 1893 als Konzertmeister nach Berlin. Er geh¨orte 1897 zu den Begr¨undern des JoachimQuartetts, gr¨undete ferner ein nach ihm benanntes Quartett und wurde Prof. an der Kgl. Hochschule f¨ur Musik. H., der seit 1888 mit der Sopranistin Therese Zerbst verheiratet war, ver¨offentlichte Neue Tonleiterstudien. Halirsch, Friedrich Ludwig, Pseud. K. E. Waller, o¨ sterr. Schriftsteller, Kritiker, * 7. 3. 1802 Wien, † 19. 3. 1832 Verona. H., Sohn eines Hof- und Gerichtsadvokaten, studierte in Br¨unn und Wien, war seit 1823 Beamter im Hofkriegsrat und wurde 1831 nach Mailand, im folgenden Jahr nach Verona

Hallberg-Broich versetzt. 1819 war er Mitbegr¨under der Zeitschrift „Die Cicade“, schrieb 1823-31 f¨ur die „Wiener Theaterzeitung“ die Burgtheaterkritiken und ver¨offentlichte Balladen und Dramen, u. a. Der Morgen auf Capri (1829). H. war mit Johann Gabriel → Seidl befreundet. C NDB

Hall, Johann von, Jurist, Staatsmann, * 1524 Minden, † 7. 8. 1588 Oldenburg. H. studierte seit 1540 Rechtswissenschaft an der Univ. Wittenberg, praktizierte am Reichskammergericht Speyer, setzte seine Studien an der Univ. Siena fort und wurde dort zum Dr. jur. utr. promoviert. Anschließend ließ er sich als Advokat in Speyer nieder, wurde 1552 Rat des Herzogs von Braunschweig-Wolfenb¨uttel und trat sp¨ater in die Dienste des Erzbistums Bremen und des Bistums Verden. Seit 1569 „Rat von Haus aus“ des Grafen → Anton I. von Oldenburg, ernannte ihn dessen Nachfolger Graf → Johann VII. bei seinem Regierungsantritt 1573 zum Kanzler und Leiter der mit erweiterten Kompetenzen ausgestatteten gr¨aflichen Kanzlei. C Oldenburg Halla, Franz, o¨ sterr. Chemiker, * 19. 3. 1884 Wien, † 17. 5. 1971 D¨orfl (Nieder¨osterreich). H. studierte an der TH Wien (Dipl.-Ing. 1907) und an der Univ. Berlin, wurde 1909 promoviert und war seit 1910 technischer Assistent, sp¨ater Abteilungsleiter und Baurat im Gewerbef¨orderungsamt. Er habilitierte sich 1924 an der TH Wien, wurde Leiter der R¨ontgenabteilung und Vorstand des Instituts f¨ur physikalische Chemie, 1930 a. o. Prof. und war 1946-49 o. Professor. Nach der Emeritierung war er in der ´ Association des Etudes Texturales in Br¨ussel t¨atig. H. ver¨offentlichte u. a. einen Leitfaden f¨ur die r¨ontgenographische Untersuchung von Kristallen (mit Hermann Mark, 1937) und Kristallchemie und Kristallphysik metallischer Werkstoffe (1939, 31957). C Czeike

Hallaschka, (Franz Ignaz) Cassian, Piarist, Mathematiker, Physiker, * 10. 7. 1780 Bautsch (M¨ahren), † 12. 7. 1847 Prag. Seit dem Eintritt in den Piaristenorden 1799 studierte H. an den Kollegien in Leipnik, Straßnitz, Nikolsburg und Kremsier, wurde 1805 Pr¨afekt am Theresianum in Wien und studierte Mathematik und Physik an der dortigen Univ. (Promotion 1807, De phaenomenis electro-magnetica). Anschließend lehrte er Mathematik und Physik an den piaristischen Lehranstalten in Nikolsburg und Br¨unn und wurde 1814 Prof. der Physik und angewandten Mathematik an der Univ. Prag, deren Rektor und Vizekanzler er 1832 war. 1833 wurde H. nieder¨osterreichischer Regierungsrat und Pr¨ases der Philosophischen Fakult¨at der Univ. Wien, amtierte 1833 / 34 als deren Rektor und war daneben seit 1838 Propst von Altwasser und Landespr¨alat von B¨ohmen. Der Bau der Br¨unner Sternwarte und die Einrichtung des Physikalienkabinetts der Univ. Prag waren sein Verdienst. H. befaßte sich mit Mathematik, Physik, Meteorologie, Astronomie und Geschichte. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Kurze Anleitung zur Kenntnis der Sternbilder (1814), Versuch einer geschichtlichen Darstellung und Beschreibung des Zustandes der Experimental-Physik an der Prager Universit¨at (1818) und ¨ Handbuch der Naturlehre (3 Bde., 1824 / 25). C OBL

Hallauer, Curt, schweizer. Mikrobiologe, Hygieniker, * 5. 8. 1900 Basel, † 30. 8. 1994. H., Sohn eines Augenarztes, studierte in Basel Medizin, wurde 1925 mit der Dissertation Zur Chemie der bakteriellen Toxine promoviert und war anschließend Assistent an der Hygienischen Anstalt bei Robert → Doerr. 1935 habilitierte er sich mit der Arbeit Immunit¨atsstudien bei H¨uhnerpest, wurde 1936 zum a. o. Prof. und Direktor des Instituts f¨ur Hygiene und medizinische Mikrobiologie an der Univ.

Bern und 1941 zum o. Prof. ernannt. 1949-51 war er Dekan der Medizinischen Fakult¨at und 1960 / 61 Rektor der Univ. (Jahresrede Die Virusaetiologie der Tumoren). H. erforschte vor allem virale Krankheitserreger wie den Gefl¨ugelpestvirus; seine experimentellen Methoden waren richtungweisend in der Virologie. Zu H.s Ver¨offentlichungen geh¨oren Handbuch der Virusforschung (hrsg. von R. Doerr, Erg.C HLS Bd. 3. = Bd. 4, 1958).

Hallavanya, Emilie von, auch Hallavanya, o¨ sterr. Malerin, * 26. 1. 1874 Pola (Istrien), † 24. 3. 1960 M¨unchen. H. studierte seit 1888 an der Grazer Zeichenakademie, sp¨ater bei Ludwig → Herterich in M¨unchen, bildete sich auf Studienreisen nach Florenz und Paris weiter und beschickte seit 1905 die Ausstellungen der Sezession und des Glaspalastes in M¨unchen. Sie malte Blumenst¨ucke, Portr¨ats, Kost¨umbilder, Tiere und Interieurs, u. a. Foxterrier am Toilettentisch (1911). C Vollmer Hallbauer, Joseph (August), Ingenieur, Industrieller, * 23. 11. 1842 Zittau, † 18. 4. 1922 K¨otzschenbroda bei Dresden. Nach dem Besuch der Dresdner Polytechnischen Schule 1862 absolvierte H., dessen Vater Eisenbahnbeamter und s¨achsischer Finanzrat war, eine handwerkliche Ausbildung bei den s¨achsischen Eisenbahnen und in der Maschinenfabrik Richard Hartmann und wirkte 1866 beim Aufbau einer Zinkh¨utte der Firma Matthiessen & Hegeler in Lasalle (Michigan, USA) mit. Nach seiner R¨uckkehr 1868 zun¨achst Vertreter der Firma Hartmann in Rußland, wurde H. von Alfred → Krupp als sein Vertreter in Sachsen und Th¨uringen abgeworben und war seit 1874 Leiter der Kruppschen Vertretung in St. Petersburg. Seit 1884 baute er als Leiter der vier Lauchhammerwerke die Firma Hartmann weiter aus. H. f¨uhrte das Siemens-Martin-Verfahren zur Verh¨uttung von Schrott ein, stellte die Betriebe auf Braunkohle aus der Niederlausitz um, errichtete 1912 ein mit Braunkohle gespeistes Kraftwerk und setzte u. a. erstmals Lasthebemagneten ein. C DBJ, Bd 4

Hallberg-Broich, (Karl) Theodor (Maria Hubert Isidor) Frh. von, Pseud. Eremit von Gauting, Schriftsteller, * 8. 9. 1768 Broich bei Duisburg, † 17. 4. 1862 H¨ormannsdorf bei Landshut (Niederbayern). Als Zehnj¨ahriger floh H.-B. aus der Schule und unternahm seine erste abenteuerliche Reise. Sp¨ater kurpf¨alzischer Leutnant in J¨ulich, Sch¨uler der Milit¨arakademie Metz und Student der Medizin in Heidelberg, G¨ottingen, Oxford, Paris und Wien, trat er 1793 das v¨aterliche Erbe an und setzte seine Reisen nach Skandinavien, Rußland, Nordafrika und dem Nahen Osten fort. H.-B., der eine allgemeine Volksbewaffnung propagierte, wurde mehrfach gefangengesetzt, darunter acht Monate in Paris und sechs Monate in London. Mit 6000 Soldaten des Bey von Tunis versuchte er nach seiner Entlassung aus der franz¨osischen Haft Italien zu erobern. 1813 stellte er f¨ur Preußen 30 000 Mann Landsturm auf. 1814 wurde er Leiter der alliierten Polizei im eroberten Paris und ver¨offentlichte mit seinem Bruder die Flugschrift Das politische Kochbuch oder die vornehme K¨uche f¨ur Leckerm¨auler und Guippons (31819). 1819 ließ sich H.-B. im oberbayerischen Gauting nieder und verfaßte unter Pseudonym monarchistische Flugschriften. 1824 erhielt er von K¨onig → Maximilian I. Joseph von Bayern eine große Fl¨ache Brachland (Erdinger Moos), die er mit staatlicher Hilfe kultivierte (Hallbergmoos). Noch in seinen letzten Lebensjahren bereiste er Persien, Nordafrika und Rußland. Der wegen seiner karnevalesken Erscheinung und exzentrischer Lebensweise auch „bayerischer M¨unchhausen“ genannte H.-B. war Mitarbeiter mehrerer M¨unchner Zeitungen

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Hallberger und Zeitschriften. Er verfaßte politische, historische, o¨ konomische, staats- und milit¨arwissenschaftliche Schriften und Reiseberichte (u. a. Reise durch Deutschland, Rußland, Kaukasus und Persien, 2 Bde., 1844). C NDB

Hallberger, (Georg) Eduard von, Verleger, * 29. 3. 1822 Stuttgart, † 29. 8. 1880 Tutzing / Starnberger See. Der Sohn Ludwig Wilhelm Friedrich → H.s ging nach der Ausbildung in der v¨aterlichen Verlagsbuchhandlung auf Wanderschaft und gr¨undete nach seiner R¨uckkehr 1848 einen eigenen Verlag. 1853 erschien erstmals die Zeitschrift „Illustrirte Welt“ (sp¨ater in bis zu 100 000 Exemplaren gedruckt), 1858 erstmals die von Friedrich Wilhelm → Hackl¨ander her¨ ausgegebene erfolgreiche Zeitschrift „Uber Land und Meer“, mit der der Aufstieg des Verlags begann. H. gr¨undete 1871 eine Filiale in Leipzig, vereinigte 1873 sein Unternehmen mit der v¨aterlichen Verlagsbuchhandlung, brachte im Musikverlag Klassikerausgaben heraus und wurde vor allem durch die Edition von Prachtb¨anden bekannt. Bei seinem Tod ging nach einer Empfehlung des Verstorbenen das Unternehmen samt den angeschlossenen Papierfabriken in die Deutsche Verlags-Anstalt AG u¨ ber. C NDB Hallberger, Ludwig Wilhelm Friedrich, Verleger, * 16. 11. 1796 Plochingen, † 9. 6. 1879 Stuttgart. Von Beruf Kaufmann, wurde H. nach den Wanderjahren Teilhaber seines Lehrherrn und Schwiegervaters, schied nach dem Tod seiner Frau aus dem Unternehmen aus und erwarb 1830 Teile der Franckhschen Verlagshandlung in Stuttgart. Er bildete sich in der Buchhandlung seines Freundes Paul → Neff aus und gr¨undete 1831 eine eigene Verlagsbuchhandlung, die bald zu den bedeutendsten Deutschlands z¨ahlte. H. verlegte Schriften von Karl → Spindler, Karl Julius → Weber, Hermann F¨urst → P¨uckler-Muskau und anderen. Er war der Vater von Eduard von → H. C ADB Halle, Johann Samuel, Schriftsteller, * 11. 12. 1727 Bartenstein (Ostpreußen), † 9. 1. 1810 Berlin. H. studierte Philosophie, Theologie und Mathematik an der Univ. K¨onigsberg und kam 1753 als Erzieher nach Berlin. 1760 wurde ihm die neueingerichtete Professur f¨ur Geschichte an der kgl. preuß. Kadettenanstalt in Berlin u¨ bertragen. H. befaßte sich in seinen Schriften mit Geschichte, Kunstgeschichte, Naturkunde, Wirtschaft und Technologie und ver¨offentlichte u. a. Theoretische und prak¨ tische Kunst des Orgelbaus (1779) sowie Ubersetzungen aus dem Franz¨osischen und Lateinischen. C Poggendorff 1 Halleger, Kurt, B¨uhnenbildner, Maler, * 8. 7. 1901 M¨ahrisch-Sch¨onberg, † 10. 10. 1963 M¨unchen. Der Sohn eines Leinenfabrikanten studierte 1919-26 an den Kunstakademien Breslau, Wien und Prag, erhielt 1926 den Rompreis und lebte 1927-45 als Portr¨at-, Landschafts- und Freskenmaler in Prag. In diesen Jahren entstanden vereinzelt B¨uhnenbilder f¨ur das Neue Deutsche Theater Prag sowie Illustrationen f¨ur die Zeitschriften „Simplicissimus“ und „Querschnitt“. H. beschickte die Ausstellungen der Prager Sezession und unternahm Reisen nach Italien, Frankreich, Griechenland und Marokko. Seit 1947 war er als B¨uhnenbildner in N¨urnberg, M¨unchen (Bayerisches Staatsschauspiel und Kammerspiele 1947 / 48-1962 / 63), D¨usseldorf, Hannover, G¨ottingen, Frankfurt / Main, Mannheim, Stuttgart, Wien, Istanbul, Z¨urich und Amsterdam t¨atig (u. a. Die Perser, M¨unchen, 1961 / 62). C NDB Hallenstein, Konrad Adolf, Schauspieler, * 15. 1. 1835 Frankfurt / Main, † 28. 9. 1892 Purkersdorf (Nieder¨osterreich). Ausgebildet in Frankfurt / Main und Hamburg, deb¨utierte H. in seiner Geburtsstadt 1852 als Raoul in der Jungfrau von Orleans und spielte sp¨ater in Hamburg, K¨onigsberg und

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Aachen. 1858 wurde er Mitglied des Prager Deutschen Landestheaters und geh¨orte 1878-90 dem Ensemble des Wiener Burgtheaters an. H. spielte u. a. den K¨onig Thaos in → Goethes Iphigenie auf Tauris, die als Abschiedsvorstellung des alten Burgtheaters 1888 gegeben wurde. C Czeike

Haller, Adolf, schweizer. Schriftsteller, * 15. 10. 1897 Muhen (Kt. Aargau), † 21. 9. 1970 Luzern. H., Sohn eines B¨ackers, studierte Sprachen, Geschichte und Geographie an den Universit¨aten Z¨urich, Bern und Genf, war 1920-60 Bezirkslehrer in Turgi im Aargau, seit 1934 auch Schulinspektor im Bezirk Baden und schrieb daneben Erz¨ahlungen, Biographien und Jugendb¨ucher. Er widmete Heinrich → Pestalozzi o¨ ffentliche Vortr¨age, die Werkausgabe Pestalozzis lebendiges Werk (4 Bde., 1946) und Biographien. Weit verbreitet waren seine Jugendb¨ucher zu vaterl¨andischen C HLS Themen, darunter Heini von Uri (1942).

Haller, Albrecht von, schweizer. Mediziner, Dichter, Naturforscher, Staatsmann, * 16. 10. 1708 Bern, † 12. 12. 1777 Bern. Aus einer seit 1550 zur Stadtb¨urgerschaft von Bern geh¨orenden Familie stammend, studierte H. in T¨ubingen, sp¨ater in Leiden bei Herman Boerhaave und Bernhard Siegfried → Albinus Medizin und wurde 1727 zum Dr. med. promoviert (Experimenta et dubia circa ductum salivalem novum Coschwizianum). Nach einer Studienreise nach London, Paris und Basel praktizierte er 1729-36 in Bern als Arzt, betrieb Anatomie und Botanik und wurde Stadtbibliothekar. 1736 als Prof. der Anatomie, Botanik und Chirurgie nach G¨ottingen berufen, trug H. durch seine Lehr-, Forschungsund Publikationst¨atigkeit maßgeblich zum Aufschwung der neugegr¨undeten Univ. bei, u. a. durch die „K¨onigliche Gesellschaft (sp¨ater Akademie) der Wissenschaften“ (1751), deren erster Pr¨asident er war. 1753 kehrte H. nach Bern zur¨uck, um die Stelle eines Rathausammanns anzunehmen. 1758-64 leitete er die bernischen Salinen in Roche (Kt. Waadt). Eine erneute Berufung nach G¨ottingen lehnte H. ab, als er 1769 zum „Assessor perpetuus“ des bernischen Sanit¨atsrats ernannt wurde. In seinen letzten Lebensjahren litt er an einer schmerzhaften Harnwegserkrankung und an den Folgen der Behandlung mit Opium. Kaiser → Franz I. erhob ihn 1749 in den erblichen Adelsstand. 1750 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. H. war dreimal verheiratet und hatte elf Kinder. In der 1. H¨alfte des 18. Jh. war H. einer der meistgelesenen deutschen Dichter (Versuch Schweizerischer Gedichten, 1732, bis 1777 elf Auflagen). Er verband pr¨agnanten sprachlichen Ausdruck mit eigenst¨andiger Beobachtung und Gedankentiefe (u. a. im Versepos Die Alpen, 1729). Als Mediziner und Naturforscher legte H. besonderes Gewicht auf wiederholt durchgef¨uhrte eigene Beobachtungen und Experimente sowie auf gr¨undliche Kenntnis der wissenschaftlichen Literatur. Dank umfangreichem AutopsieMaterial stellten seine anatomischen Abbildungen erstmals den typischen Verlauf der Arterien im menschlichen K¨orper dar (Icones anatomicae, 1743-54). Die Physiologie (Lehre von Lebensvorg¨angen) verstand H. als belebte Anatomie („animata anatome“). Zun¨achst Boerhaave folgend und dessen Schriften herausgebend, verfaßte H. 1747 ein eigenes Lehrbuch, das bis zum Ende des 18. Jh. große Verbreitung fand (Primae lineae physiologiae). Als Forscher

Haller wies H. mit Hilfe zahlreicher Tierversuche den Sitz biologischer Elementarkr¨afte bestimmten Strukturen zu: die Sensibilit¨at den Nerven, die Irritabilit¨at (Reizbarkeit) den Muskeln (De partibus corporis humani sensilibus et irritabilibus, 1752). Weitere Studien galten der Str¨omung des Blutes und der Embryonalentwicklung (Bildung des Herzens, der Knochen, Entstehung der Mißbildungen). Das ganze anatomischphysiologische Wissen bis auf seine Zeit stellte H. kritisch sichtend in einem monumentalen Werk (Elementa physiologiae corporis humani, 8 Bde., 1757-66) dar, das f¨ur die weitere Entwicklung der Physiologie grundlegend wurde. Als Botaniker gab H. die bisher vollst¨andigste Schweizer Flora heraus (Enumeratio methodica stirpium Helvetiae indigenarum, 1742, u¨ berarbeitet 1768). Systematische Arbeitsweise und außerordentliche Schaffenskraft bef¨ahigten ihn zu ausgedehnter Korrespondenz und immenser Lekt¨ure, die in u¨ ber 9000 Buchbesprechungen (meist in den „G¨ottingischen Anzeigen von Gelehrten Sachen“) ihren Niederschlag fand, ebenso in den Bibliothecae (1771-88), in denen er die Entwicklung der medizinischen Wissenschaft anhand des Schrifttums von den Anf¨angen bis auf seine Zeit w¨urdigte. Im Alter verteidigte H. in seinen Staatsromanen die aristokratisch-republikanische Staatsform gegen die Angriffe der Neuerer (Usong, 1771; Alfred, 1773; Fabius und Cato, 1774). Hatte er in seiner Jugend der fr¨uhen Aufkl¨arung nahegestanden, so trat er nun in Briefen u¨ ber die wichtigsten Wahrheiten der Offenbarung (1772) den Freigeistern entgegen. WEITERE WERKE: Opuscula botanica. G¨ottingen 1749. – Opera minora [anatomica]. 3 Bde., Lausanne 1763-68. – Bibliotheca botanica. 2 Bde., Z¨urich 1771 / 72. – Bibliotheca chirurgica. 2 Bde., Basel 1774 / 75. – Bibliotheca anatomica. 2 Bde., Z¨urich 1774-77. – Bibliotheca medicinae practicae. 4 Bde., Bern 1776-88. – Beitr¨age zu den Supplementb¨anden der Encyclop´edie von Paris und Yverdon. – Herausgeber: H. Boerhaave: Praelectiones academicae [. . .]. 7 Bde., G¨ottingen 1739-44. – Ders.: Methodus studii medici. Amsterdam 1751. LITERATUR: Bibliographia Halleriana. Verzeichnis der Schriften von und u¨ ber A. v. H. Hrsg. v. Hubert Steinke und Claudia Profos. Basel 2004. – Letizia Pecorella Vergnano: Il Fondo Halleriano della Biblioteca Nazionale Braidense di Milano. Milano 1965. – Maria Teresa Monti (Hrsg.): Catalogo del Fondo Haller della Biblioteca Nazionale Braidense di Milano. 13 Bde., Milano 1983-94. – Erich Hintzsche (Hrsg.): A. H.s Tagebuch seiner Studienreise nach London, Paris, Straßburg und Basel 1727-1728. Bern / Stuttgart 21968. – Ders.: A. H.s Tageb¨ucher seiner Reisen nach Deutschland, Holland und England 1723-1727. Bern / Stuttgart / Wien 21971. – Ders.: A. v. H.s Briefe an A. Tissot. Bern / Stuttgart / Wien 1977. – Otto Sonntag (Hrsg.): The correspondence between A. v. H. and Charles Bonnet. Bern / Stuttgart / Wien 1983. – Ders.: The correspondence between A. v. H. and H.-B. de Saussure. Bern / Stuttgart / Toronto 1990. – Heinz Balmer: A. v. H. Bern 1977. – Franz R. Kempf: A. v. H.s Ruhm als Dichter. New York / Bern / Frankfurt 1986. – Maria Teresa Monti: Congettura ed esperienza nella fisiologia di Haller. Firenze 1990. – Urs Boschung (Hrsg.): H. in G¨ottingen 1736-1753. Bern 1994. – Frank William Peter Dougherty (Ed.): Christian Gottlob Heyne’s correspondence with A. and Gottlieb Emanuel v. H. G¨ottingen 1997. – Hubert Steinke (Hrsg.): Der n¨utzliche Brief. Die Korrespondenz zwischen A. v. H. und Christoph Jakob Trew 1733-1763. Basel 1999. – Otto Sonntag (Ed.): John Pringle’s correspondence with A. v. H. Basel 1999. – Maria Teresa Monti: A. v. H., Commentarius de formatione cordis in ovo incubato, edizione critica. Basel 2000. – Repertorium zu A. v. H.s Korrespondenz, 1724-1777. Hrsg. v. Urs Boschung, Barbara Braun-Bucher, Stefan H¨achler, Anne Ka-

thrin Ott, Hubert Steinke und Martin Stuber. Basel 2002. – H.s Netz. Ein europ¨aischer Gelehrtenbriefwechsel zur Zeit der Aufkl¨arung. Hrsg. v. Martin Stuber, Stefan H¨achler und Luc Lienhard. Basel 2005. – Hubert Steinke: Irritating Experiments. H.’s Concept and the European Contoversy on Irritability and Sensibility, 1750-90. Amsterdam / New York 2005. Urs Boschung

Haller, Anna, schweizer. Kunstgewerblerin, Malerin, * 23. 4. 1872 Rupperswil (Kt. Aargau), † 31. 1. 1922 St. Moritz. Nach der handwerklichen Ausbildung im Damaszieren und Ziselieren studierte H. bei Ferdinand Huttenlocher an der Kunstgewerblichen Abteilung des Technikums in Biel, erlernte bei Hulbe in Hamburg die kunstgewerbliche Verarbeitung von Leder und u¨ bernahm 1899 am Technikum in Bienne das Lehramt f¨ur Ziselierkunst. Seit 1904 widmete sie sich u¨ berwiegend der Malerei, beteiligte sich an großen schweizer. Ausstellungen und lebte 1905-14 in M¨unchen. H. stellte u¨ berwiegend Blumen, zumeist der Alpenflora, dar (u. a. B¨arenklau). C Biogr Lex Aargau

Haller, Berchtold, Reformator, * 1492 Aldingen bei Rottweil (W¨urttemberg), † 25. 2. 1536 Bern. H., Sohn eines Bauern, studierte an der Univ. K¨oln, wurde Baccalaureus artium und war seit 1513 Gehilfe an der Berner Lateinschule. 1519 vom Berner Rat zum Leutpriester ernannt, wurde er im folgenden Jahr Chorherr, schloß sich eng an → Zwingli an und wirkte f¨ur die Reformation in Bern. H. gab in seinen Predigten die Perikopenordnung auf, las seit Weihnachten 1525 keine Messe mehr und war 1526 Berner Delegierter bei der Disputation in Baden. Gemeinsam mit Franz → Kolb verfaßte er zehn Thesen f¨ur die große Disputation, die Anfang 1528 den Durchbruch der Reformation in Bern markierte. Die Berner Kirchenordnung von 1532, die die Reformation festigte, war u¨ berwiegend sein Werk. C TRE

Haller, Carl Ludwig von, schweizer. Staatstheoretiker, Publizist, Politiker, * 1. 8. 1768 Bern, † 20. 5. 1854 Solothurn. H. entstammte einer alteingesessenen und angesehenen Berner Patrizierfamilie, er war der Enkel Albrecht von → H.s. 1786 trat er in den Staatsdienst des Kantons Bern ein, f¨ur den er bald auch diplomatisch t¨atig wurde. Wenig sp¨ater bet¨atigte er sich ebenfalls als Publizist und Schriftsteller; 1798 redigierte er – nach der franz¨osischen Invasion in der Schweiz – f¨ur ein Jahr die oppositionellen „Helvetischen Annalen“. ¨ 1799 floh H. nach S¨uddeutschland und Osterreich, wo er als Mitglied der Kanzlei des Erzherzogs → Karl in Wien t¨atig war. 1806 kehrte er nach Bern zur¨uck und wurde aufgrund seiner Publikationen, obwohl er niemals ein Universit¨atsstudium absolviert hatte, an die dortige Akademie als Prof. f¨ur allgemeines Staatsrecht, vaterl¨andische Geschichte und Kameralistik berufen. 1814 gab H. die Professur auf und widmete sich – nach der Wahl in den Großen Rat der Stadt Bern – der Ausarbeitung seines theoretischen Hauptwerks Restauration der Staats-Wissenschaft, das in sechs B¨anden zwischen 1816 und 1834 erschien. Im Oktober 1820 konvertierte H. heimlich zum Katholizismus; seine Konversion wurde aber bald bekannt, und er verteidigte sich 1821 in einer vielgelesenen Brosch¨ure. Noch im selben Jahr ging H., dessen Stellung im protestantischen Bern unhaltbar geworden war, nach Paris, wo er sich als Publizist der ultraroyalistischen Presse bet¨atigte; 1824 wurde er „Publiciste attach´e au Minist`ere des Affaires e´ trang`eres“. Im Mai 1830 ´ zum Prof. an der Ecole des Chartes berufen, mußte er nach der Julirevolution das Land verlassen, kehrte in die Schweiz zur¨uck und lebte fortan bis zu seinem Tod in Solothurn als konservativer Publizist und Schriftsteller.

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Haller H.s politisches Denken, das er – mit vielen Wiederholungen und zuweilen erm¨udender Umst¨andlichkeit – in seinem Hauptwerk und in vielen kleineren Schriften entwickelte, geht von der Grundthese aus, daß der „Naturzustand“ unter den Menschen nicht durch einen Herrschafts- oder Gesellschaftsvertrag beseitigt worden sei, sondern unvermindert andauere und alle politischen Verh¨altnisse unmittelbar bestimme. Alle Rechtsverh¨altnisse sind nach H. privatrechtlicher Natur; ein sich hiervon abhebendes Staatsrecht kann es nicht geben. Das „Naturgesetz“ der Herrschaft des St¨arkeren u¨ ber den Schw¨acheren ist gottgewollt, jeder Herrscher ist Statthalter Gottes und regiert von Gottes Gnaden. Dennoch ist das Recht des Herrschers kein absolutes Recht: Er ist durch Gottes Gesetz zur Unterst¨utzung und zum Schutz der Schwachen verpflichtet und besitzt auch nicht das Recht, gegen die g¨ottliche Moral- und Wertordnung zu verstoßen. Daher ist der gegen H. vielfach erhobene Vorwurf, er habe einem „krassen Machtnaturalismus“ den Weg gebahnt, unzutreffend. Gegen jeden Herrscher, der gegen Gottes Gesetze verst¨oßt, hat der Untertan, so H.s Lehre, ein Widerstandsrecht. Von Bedeutung f¨ur die weitere Entwicklung des deutschen Konservativismus wurde H.s Lehre vom Patrimonialstaat. Danach entsteht jeder Staat aus der Familie: Weil nur die unabh¨angigen Familienh¨aupter freie Landeigent¨umer sein k¨onnen, entwickelt sich aus ihrer Herrschaft mit der Zeit die Monarchie als „naturgem¨aße“ Staatsform. – In den weiteren B¨anden seines Hauptwerkes entwickelte H. eine Typologie der verschiedenen Staatsgattungen; er unterscheidet hier neben dem Patrimonialstaat die Milit¨arstaaten, die Priesterstaaten (womit die reine Theokratie gemeint ist) sowie die Republik. H.s Theorie wurde – vor allem infolge seiner Verkennung der Tatsache des modernen Staates – von den meisten zeitgen¨ossischen politischen Denkern und Juristen als schon im Ansatz veraltet abgelehnt; zu seinen sch¨arfsten Kritikern z¨ahlte → Hegel. Andererseits gingen von H. starke und wichtige Anregungen auf fast alle f¨uhrenden konservativen Politiker, Denker und Publizisten seiner Epoche aus – so etwa auf Carl Ernst → Jarcke, Ernst Ludwig von → Gerlach und Carl Wilhelm von → Lancizolle. Er verf¨ugte u¨ ber vielf¨altige Kontakte und Verbindungen in ganz Europa und kann gewissermaßen als Zentrum einer „Internationale ¨ zwischen 1815 und 1848 angesehen der Ultras“ in der Ara werden. WEITERE WERKE: Geist und Gang der letzten Pariser Revolution oder: Was ist von derselben f¨ur den Frieden zu hoffen oder zu f¨urchten? Erlangen 1800. – Handbuch der allgemeinen Staatenkunde, des darauf gegr¨undeten allgemeinen Staatsrechts und der allgemeinen Staatsklugheit nach den Gesetzen der Natur. Winterthur 1808. – Politische Religion oder biblische Lehre u¨ ber die Staaten. Winterthur 1811. – Ueber die Constitution der Spanischen Cortes. o. O. 1820. Nachdr. Frankfurt / Main 1970. – Satan und die Revolution. Ein Gegenst¨uck zu den Paroles d’un croyant. Luzern 1834. – Geschichte der kirchlichen Revolution oder protestantischen Reform des Kantons Bern und umliegender Gegenden. Augsburg / Luzern 1836. – M´elanges de droit public et de haute politique. Bd. 1-2, Paris 1839. – Die Freymaurerey und ihr Einfluß in der Schweiz. Schaffhausen 1840. – Staatsrechtliche Pr¨ufung des vereinigten Preußischen Landtags nebst redlichem Rath an den K¨onig zur Behauptung seines guten Rechts. Schaffhausen 1847. – Satan und die Revolution und andere Schriften. Hrsg. v. Jean-Jacques Langendorf. Wien / Leipzig 1991. LITERATUR: Ewald Reinhard: K. L. v. H. – Ein Lebensbild aus der Zeit der Restauration. K¨oln 1915. – Wilhelm Hans von Sonntag: Die Staatsauffassung C. L. v. H.s, ihre metaphysische Grundlegung und ihre politische Formung. Jena 1929. – Ewald Reinhard: K. L. v. H., der „Restaurator

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der Staatswissenschaft“. M¨unster 1933. – Kurt Guggisberg: C. L. v. H. Frauenfeld / Leipzig 1938. – Ewald Reinhard: Der Streit um K. L. v. H.s „Restauration der Staatswissenschaft“. In: Zeitschrift f¨ur die gesamte Staatswissenschaft 111 (1955) S. 115-130. – Herbert R. Liedke: The German Romanticists and K. L. v. H.s Doctrines of European Restauration. In: The Journal of English and Germanic Philology 57 (1958) S. 371-393. – Christoph Pfister: Die Publizistik K. L. v. H.s in der Fr¨uhzeit 1791-1815. Bern / Frankfurt 1975. Hans-Christof Kraus

Haller, Ernst, schweizer. Jurist, Politiker, * 1. 2. 1873 Brugg (Kt. Aargau), † 24. 1. 1945 Aarau. H. studierte an den Universit¨aten Bern, M¨unchen, Berlin, Heidelberg und Lausanne und ließ sich nach der Promotion 1906 als Rechtsanwalt in Aarau nieder. Als Mitglied der freisinnig-demokratischen Partei war er 1925-41 Mitglied, seit 1936 Pr¨asident des Großen Rats. H. ver¨offentlichte u. a. Die rechtliche Stellung der Juden im Aargau (1900). C Biogr Lex Aargau

Haller, (Nikolaus) Ferdinand, Staatsmann, * 21. 1. 1805 Hamburg, † 31. 10. 1876 Hamburg. Der Kaufmannssohn studierte Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Heidelberg und G¨ottingen (Promotion 1826) und ließ sich 1827 in seiner Heimatstadt als Advokat nieder. Seit 1844 Mitglied des Hamburger Senats, u¨ bernahm er 1860 dessen Finanzressort und wurde erstmals 1863 zum B¨urgermeister gew¨ahlt; im selben Jahr vertrat er Hamburg auf dem deutschen F¨urstentag in Frankfurt / Main. H. wurde bei den j¨ahrlich stattfindenden B¨urgermeisterwahlen neunmal in Folge wiedergew¨ahlt und schied erst wenige Monate vor seinem Tod aus dem Dienst der Stadt aus. Er war der Vater von Martin → H. C ADB

Haller, Gottlieb (Emanuel) von, schweizer. Historiker, Beamter, * 17. 10. 1735 Bern, † 9. 4. 1786 Bern. Der Sohn Albrecht von → H.s studierte zun¨achst Medizin und Naturwissenschaften an der Univ. G¨ottingen und wandte sich nach der R¨uckkehr nach Bern 1753 dem Studium der Rechte und der schweizer. Geschichte zu. Nach mehreren Sekret¨arsstellen wurde er 1775 Mitglied des Großen Rats, war bis 1779 Großweibel, bis 1784 Gerichtsschreiber und danach bis an sein Lebensende Landvogt in Nyon am Genfersee. H. legte u. a. eine mehrere hundert B¨ande umfassende Bibliothek handschriftlicher Kopien von Originaldokumenten zur schweizer. Geschichte an. Als sein Hauptwerk gilt die Bibliothek der Schweizergeschichte (6 Bde., 1 Bd. Hauptregister, 1785-88). C NDB

Haller, Hans, schweizer. Architekt, Museumsdirektor, * 15. 2. 1882 Freiburg (Schweiz), † 9. 10. 1958 Bern. H. studierte an der TH Stuttgart und an der Kgl. Kunstgewerbeschule in Berlin, unternahm Reisen durch Mitteleuropa und wurde Assistent an der Beratungsstelle f¨ur das Baugewerbe in Stuttgart. Sp¨ater als selbst¨andiger Architekt t¨atig, war er 1910-14 Architekt eines Z¨urcher Unternehmens und betrieb 1914-24 ein eigenes Architekturb¨uro in Burgdorf. 1924 / 43 war er Direktor des Kantonalen Kunstgewerbemuseums in Bern, beteiligte sich an internationalen Ausstellungen (u. a. 1925 in Paris) und ver¨offentlichte Handwerk und Kunstgewerbe (1926). C DBJ, Bd 3

Haller, Hans-Peter, Musikwissenschaftler, Komponist, * 26. 10. 1929 Radolfzell / Bodensee, † 16. 4. 2006 Denzlingen. H. studierte seit 1947 Kirchenmusik in Heidelberg, nahm Kompositionsunterricht bei Wolfgang → Fortner und Ren´e Leibowitz und wurde 1950 Aufnahmeleiter und Programmredakteur beim S¨udwestfunk in Baden-Baden. 1954-58 schloß er ein Studium der Musikwissenschaft an der Univ.

Haller Freiburg / Breisgau an, war seit 1959 erneut Redakteur beim S¨udwestfunk und widmete sich dort zunehmend der Neuen und Elektronischen Musik. Seit 1972 war H. Leiter des Experimentalstudios der Heinrich-Strobel-Stiftung des S¨udwestfunks in Freiburg / Breisgau. 1974-90 lehrte er als Gastdozent an den Universit¨aten Basel und Freiburg / Breisgau und war seit 1977 Prof. an der Hochschule f¨ur Musik Freiburg. Er wurde zum Ehrenmitglied der Deutschen Sektion der Internationalen Gesellschaft f¨ur Elektroakustische Musik (1992) und des Kuratoriums der HeinrichStrobel-Stiftung (1999) ernannt. H. komponierte Chor-, Orgel- und Kammermusik sowie Musiken f¨ur Fernsehfilme und H¨orspiele und verfaßte u. a. Das Experimentalstudio der Heinrich-Strobel-Stiftung des S¨udwestfunks Freiburg 1971-1989 (2 Bde., 1995).

Haller, Herman(n), eigentl. Hermann Freund, Regisseur, Theaterschriftsteller, Intendant, * 24. 12. 1871 Berlin, † 5. 5. 1943 London. H. war seit 1890 am Hoftheater in Sigmaringen, seit 1893 am Victoria-Theater in Berlin und seit 1894 dort am Deutschen Theater t¨atig. 1896 u¨ bernahm er das OlympiaRiesentheater und inszenierte dort Massenrevuen; er organisierte Tourneen mit dem Berliner Vaudeville Ensemble und u¨ bernahm 1908-20 die Direktion des Carl-Schultze-Theaters in Hamburg. 1914-23 pachtete er zus¨atzlich das Theater am Nollendorfplatz in Berlin, 1923-29 das Theater im Admiralspalast. Er schrieb und inszenierte die Haller-Revuen, die er aufwendig ausstattete und mit Stars wie Trude → Hesterberg und Paul → Morgan besetzte, und Operetten (u. a. Der Vetter aus Dingsda, 1921). C Exiltheater

Haller, Hermann, schweizer. Bildhauer, * 24. 12. 1880 Bern, † 23. 11. 1950 Z¨urich. H., Sohn eines Patentamtsdirektors und Vetter Paul → H.s, studierte in M¨unchen mit Paul → Klee u. a. bei Heinrich → Knirr und Franz → Stuck Malerei und hielt sich 1901 / 02 in Italien auf. 1902 / 03 war er in Stuttgart unter Leopold von → Kalckreuth t¨atig. Mit einem privaten Stipendium setzte er 1903 seine Ausbildung in Rom fort, wandte sich dort der Bildhauerei zu und studierte 1909-14 bei Rodin, Bourdelle und Maillol in Paris. Danach in Z¨urich ans¨assig, schuf er eine Reihe von Werken f¨ur o¨ ffentliche Auftraggeber, u. a. das Waldmann-Reiterstandbild (1933-37) an der M¨unsterbr¨ucke in Z¨urich. H. stand zun¨achst dem Jugendstil nahe und schuf sp¨ater meist idealisierte weibliche Akte und Portr¨ats. Er gilt als einer der Begr¨under der modernen schweizer. Plastik. C Lex Kunst

Haller, Hermann, schweizer. Filmcutter und -regisseur, * 15. 12. 1909 Z¨urich, † 21. 6. 1985 Boswil (Kt. Aargau). H., Sohn eines Architekten und einer Schauspielerin und Malerin, durchlief eine Lehre bei Filmgesellschaften in Berlin und M¨unchen und arbeitete seit 1928 in mehreren europ¨aischen Metropolen als Schnittmeister und Regieassistent, vor allem f¨ur den Regisseur G´eza von → Bolv´ary. Nach seiner R¨uckkehr in die Schweiz 1938 inszenierte er f¨unf Spielfilme, u. a. Verena Stadler (1940), und wurde 1942 Chefcutter der Firma „Praesens“, deren gesamte Filmproduktion er betreute. 1961 war er f¨ur die Montagearbeiten des Films Die Ehe des Herrn Mississippi nach Friedrich → D¨urrenmatt zust¨andig. H. zeichnete in den sechziger Jahren f¨ur den Schnitt einer Reihe von Heinz-R¨uhmann- und Karl-May-Produktionen in Westdeutschland verantwortlich. C HLS

Haller, Hermann, schweizer. Komponist, * 9. 6. 1914 Burgdorf (Kt. Bern), † 13. 8. 2002 K¨usnacht bei Z¨urich. H. studierte seit 1933 Klavier, Kontrapunkt und Komposition bei Volkmar → Andreae, Paul → Hindemith, Czeslaw → Marek, Paul → M¨uller und Rudolf Wittelsbach in Z¨urich

und 1938 / 39 bei Nadia Juliette Boulanger in Paris. 1943-46 lehrte er Klavier und Musiktheorie am Z¨urcher Konservatorium und war 1946-79 Hauptlehrer f¨ur Klavier am z¨urcherischen Lehrerseminar in K¨usnacht. Seit 1963 geh¨orte er dem Vorstand des „Schweizerischen Tonk¨unstlervereins“ an, dessen Pr¨asident er 1968-73 war. Er hatte außerdem die Pr¨asidentschaft der Schweizerischen Gesellschaft f¨ur die Rechte der Urheber musikalischer Werke inne. H. komponierte Vokal- und Instrumentalmusik, darunter Orchesterwerke und Kammermusik. Sein Leitfaden zur Einf¨uhrung in die Harmonielehre erschien 1949. C MGG

Haller, Johann, Verleger, Drucker, * um 1467 Rothenburg / Tauber, † 7. / 8. 10. 1525 Krakau. H. wurde 1482 an der Univ. Krakau immatrikuliert, erwarb 1491 das B¨urgerrecht der Stadt und wurde 1501 Sch¨offe, 1508 Ratsherr und 1512 pr¨asidierender Ratsherr. Er handelte zun¨achst mit Erzen und Wein, seit 1494 ausschließlich mit B¨uchern und baute seine bedeutende Buchhandlung zu einer Verlagsbuchhandlung aus. H. ließ im Ausland B¨ucher drucken, veranlaßte 1503 Kaspar → Hochfeder mit ¨ seiner Druckerei zur Ubersiedelung nach Krakau, u¨ bernahm sie 1505 und erhielt im selben Jahr ein kgl. Druckprivileg. Seit 1510 unterhielt H. eine eigene Papierm¨uhle in Pradnik. Außer Liturgika brachte die Offizin philosophische, juristische und mathematische Werke heraus und druckte Schriften antiker Autoren (erstmals in Polen mit griechischen Lettern), zeitgen¨ossischer Humanisten und Unterrichtswerke. C LGB

Haller, Johann Nepomuk, Bildhauer, * 1. 3. 1792 Innsbruck, † 23. 7. 1826 M¨unchen. Nach der Ausbildung zum Bildschnitzer und Bildhauer in Imst studierte H. seit 1810 an der Kunstakademie M¨unchen; 1819-23 lebte er mit Unterst¨utzung des bayerischen K¨onigs → Maximilian I. Joseph in Rom. Er schuf klassizistische Plastiken f¨ur die Glyptothek, das Hoftheater und die Reitschule in M¨unchen, darunter mehrere u¨ berlebensgroße Statuen (u. a. Prometheus, 1817) f¨ur die Nischen an der Vorderseite der Glyptothek. H. gestaltete auch Portr¨atb¨usten, u. a. die Wilhelms III. von England f¨ur die Walhalla. C Th-B

Haller, Johannes d. J., schweizer. reformierter Theologe, * 18. 1. 1523 Amsoldingen (Kt. Bern), † 1. 9. 1575 Bern. Der Sohn des gleichnamigen, 1531 bei Kappel gefallenen Pfarrers studierte in Z¨urich, T¨ubingen, Marburg und Leipzig und nahm in Wittenberg Kontakt mit → Luther und → Melanchthon auf. 1542 wurde er Pfarrer in Hirzel, 1543 in Illnau und 1545 in Augsburg. 1547 erster Archidiakon am Großm¨unster in Z¨urich, ging er im selben Jahr zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen der Berner Kirche und Calvin nach Bern. 1552 wurde er Erster Dekan und erhielt damit das h¨ochste Amt der Berner Landeskirche. Von seinen Schriften fand vor allem das Hausbuch (1558), ¨ eine Ubersetzung der Predigten Heinrich → Bullingers, weite Verbreitung. C Bern Bio, Bd 2

Haller, Johannes, Historiker, * 16. 10. 1865 Keinis (Estland), † 24. 12. 1947 T¨ubingen. H., Sohn eines Pastors, studierte 1883-88 Geschichte an der Univ. Dorpat, war anschließend Hauslehrer in Estland und Livland und setzte 1890 seine Studien an den Universit¨aten Berlin und Heidelberg fort (Promotion 1891). 1892-97 Mitarbeiter des Preußischen Historischen Instituts in Rom, habilitierte er sich 1897 in Basel und wurde nach einem weiteren Aufenthalt in Rom 1901 / 02 a. o. Prof. der Geschichte an der Univ. Marburg, 1904 o. Prof. und Direktor des Arch¨aologischen Instituts. 1904-13 lehrte er an der Univ. Gießen, danach bis zu seiner Emeritierung 1932 in T¨ubingen. H. befaßte sich vor allem mit mittelalterlicher Kaiser- und Papstgeschichte. Sein Lebenswerk Das Papsttum. Idee und

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Haller Wirklichkeit (3 Tle., 1934-45) blieb unvollendet (reicht bis zum Jahr 1316). Als deutschnationaler Kritiker der Weimarer Republik ver¨offentlichte er u. a. Epochen der deutschen Geschichte (1923). C Historikerlex

Haller, Johannes Evangelist, o¨ sterr. kath. Theologe, Erzbischof von Salzburg, Kardinal, * 30. 4. 1825 St. Martin / Passeier (S¨udtirol), † 5. 5. 1900 Salzburg. H. schloß seine Studien in Meran, Innsbruck und Trient mit der Promotion und der Priesterweihe (1848) ab, war u. a. Pfarrer von Layen und wurde 1871 Domherr in Trient. Seit 1874 Dompropst und Provikar von Trient, Bischof von Adra und Koadjutor des F¨urstbischofs, ging er 1880 als Dompropst und Weihbischof nach Salzburg und wurde 1890 F¨ursterzbischof; 1895 erfolgte die Ernennung zum Kardinal. H. begr¨undete das Knabenkonvikt Johanneum in Meran, war an der Neubearbeitung des o¨ sterr. Katechismus beteiligt und setzte sich f¨ur die Errichtung einer kath. Univ. in Salzburg ein. C BBKL

Haller, Josef, Publizist, * 5. 10. 1810 Scheinfeld (Franken), † 28. 11. 1886 M¨unchen. Nach Abschluß philologischer Studien an der Univ. W¨urzburg wurde H. Erzieher in Bamberg und war Assistent an der dortigen Studienanstalt. 1836 wurde er an der Univ. Erlangen promoviert, im selben Jahr Rektor der Bezirksschule in Muri (Kt. Aargau), kehrte jedoch bald als Chefredakteur des „Fr¨ankischen Merkur“ nach Bamberg zur¨uck. Seit 1839 studierte H. in Paris neuere Sprachen, wurde Berichterstatter, u. a. der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“, und war Mitbegr¨under, Sekret¨ar und Vizepr¨asident des „Deutschen H¨ulfsvereins“. Reisen f¨uhrten ihn durch Europa und nach Nordafrika. 1848 ging er nach England. H. kehrte als Chefredakteur der „Neuen M¨unchener Zeitung“ nach Deutschland zur¨uck und widmete sich seit 1855 philologischen und historischen Studien. Er publizierte u. a. Altspanische Spr¨uchw¨orter (2 Bde., 1883). C ADB

Haller, Leonhard, kath. Theologe, * 1500 Denkendorf bei Eichst¨att, † 25. 3. 1570 Eichst¨att. H. studierte 1518-30 in Ingolstadt und erwarb den Grad eines Magisters. 1528 wurde er Kaplan in Ingolstadt, 1530 Prediger in Aichach, 1533 Kaplan in M¨unchen und 1534 Pfarrer in Augsburg. 1536 aus Augsburg vertrieben, wirkte er seit 1536 als Priesterkanoniker am Dom zu Eichst¨att. 1540 wurde er zum Titularbischof von Philadelphia und Weihbischof in Eichst¨att ernannt und war seit 1544 Domprediger. H. hatte großen Anteil an der Erneuerung des kirchlichen Lebens in der Di¨ozese. 1550 / 51 und 1569 hielt er sich in Rom auf und vertrat 1562 / 63 die Bist¨umer Eichst¨att und W¨urzburg auf dem Konzil von Trient. H. war als Humanist, Kontroverstheologe, Prediger und Literat angesehen. C Gatz 2

Haller, Lilli, eigentl. Elisabeth Gertrud H., schweizer. Schriftstellerin, * 3. 12. 1874 Kandergrund (Kt. Bern), † 20. 4. 1935 Zollikon (Kt. Z¨urich). Nach der Ausbildung zur Primarlehrerin studierte H., Tochter eines Pfarrers, Literatur und Geschichte an der Univ. Bern (Promotion 1906), ging als Privatlehrerin nach Rußland und war sechs Jahre Lehrerin am M¨adchengymnasium in Jalta auf der Krim. 1917 u¨ ber Singapur in die Schweiz zur¨uckgekehrt, lehrte sie sp¨ater an der T¨ochterhandelsschule ¨ in Bern, war Ubersetzerin f¨ur Russisch in der Bundesverwaltung und ließ sich 1920 als freie Schriftstellerin in Zollikon nieder. H. siedelte ihr Novellen und Romane h¨aufig in Rußland an (u. a. In tefster russischer Provinz (1913), Der Mord auf dem Dorfe, 1918), ver¨offentlichte aber auch Gedichte (1935) und eine Biographie von Julie von → Bondeli. 1930 erschienen die von H. herausgegeben und u¨ bersetzten Briefe von Julie von Bondeli an Joh. Georg Zimmermann und Leonhard Usteri. C HLS

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Haller, Martin (Emil Ferdinand), Architekt, * 1. 12. 1835 Hamburg, † 25. 10. 1925 Hamburg. Der Sohn Ferdinand → H.s beteiligte sich bereits als Gymnasiast an Architekturwettbewerben, begann seine Ausbildung am Hochbauamt Potsdam und studierte sp¨ater an der Berliner Bauakademie, bei Garnier in Paris und in England. Seit 1861 wieder in Hamburg ans¨assig, leitete er ein eigenes Architekturb¨uro, war langj¨ahriger Vorsitzender seines Berufsverbandes und Abgeordneter der Hamburger B¨urgerschaft. H. errichtete zahlreiche private und o¨ ffentliche Bauten in Hamburg und Umgebung, darunter das im Stil norddeutscher Renaissance gehaltene Hamburger Rathaus (1886-97). C NDB

Haller, (Wilhelm August) Max, Ingenieur, Industrieller, * 23. 3. 1867 Berlin, † 26. 5. 1935 Berlin. H., Sohn eines Schneidermeisters, studierte an der TH Berlin, trat 1893 als Heizungsingenieur in die Firma Gebr¨uder K¨orting AG ein und war dort bereits nach f¨unf Jahren Direktor. 1911 wechselte er als technischer Leiter zur SiemensTochtergesellschaft Protos Automobile GmbH, wurde im folgenden Jahr Prokurist der Siemens-Schuckertwerke und leitete seit 1915 den Zentraleinkauf. 1916 wurde er stellvertretender Gesch¨aftsf¨uhrer der Siemens-Schuckertwerke, 1918 Vorstandsmitglied der Siemens & Halske AG und der Siemens-Schuckertwerke GmbH und war 1918-35 Direktor der Zentralfinanzverwaltung des gesamten Konzerns. H. eignete sich – der Entwicklung der Wirtschaftswissenschaften vorauseilend – autodidaktisch Kenntnisse zur Vermeidung von Verlusten w¨ahrend der Inflation an, f¨uhrte u. a. bereits 1920 Goldbilanzen bei Siemens ein und schuf nach dem Ende der Inflation Verbindungen des Hauses zum amerikanischen Kapitalmarkt (u. a. als Participating Debentures). Er ver¨offentlichte u. a. Die Verluste der deutschen Privatwirtschaft durch die Inflation (1924) und Die Leistungsf¨ahigkeit der deutschen Wirtschaft und der Dawes-Plan (1929). C NDB

Haller, Michael (Georg), kath. Theologe, Musiker, Komponist, * 13. 1. 1840 Neusath (heute zu Nabburg, Oberpfalz), † 4. 1. 1915 Regensburg. H., dessen Vater J¨ager und G¨artner, dann Gutsverwalter war, wurde 1864 zum Priester geweiht und Pr¨afekt an der Regensburger Dompr¨abende. 1867 wurde er Kapellmeister und Inspektor am Studienseminar bei der Alten Kapelle in Regensburg und lehrte 1874-1910 an der neugegr¨undeten Kirchenmusikschule Kontrapunkt und Komposition. H. war Ehrenkanonikus von Palestrina, Geistlicher Rat und seit 1899 Kanonikus beim Kollegiatstift der Alten Kapelle. Er komponierte sakrale und profane Vokal-, vereinzelt auch Instrumentalmusik und schrieb u. a. eine Kompositionslehre f¨ur polyphonen Kirchengesang (1891). C MGG

Haller, Paul, schweizer. Mundartdichter, * 13. 7. 1882 Rein bei Brugg (Kt. Aargau), † 10. 3. 1920 Z¨urich. Der Pfarrerssohn und Vetter Hermann → H.s studierte seit 1902 Theologie in Basel, Berlin, Marburg und Z¨urich und war 1906-10 Pfarrer in Kirchberg bei Aarau. Glaubenszweifel ließen ihn das Pfarramt aufgeben und ein zweites Studium in Z¨urich beginnen, das er 1913 mit einer Dissertation u¨ ber Johann Heinrich → Pestalozzi als Dr. phil. abschloß. Er war 1913-16 Deutschlehrer an der evang. Lehranstalt in Schiers im Pr¨attigau, danach am Aargauer Lehrerseminar Wettingen bei Baden. Ausgehend von fr¨uhen dichterischen Versuchen, kam H., orientiert an Jeremias → Gotthelf und Pestalozzi, zur sozialkritischen Dialektliteratur und schrieb u. a. die autobiographisch bestimmte Trag¨odie Marie und Robert (1916); daneben entstanden hochdeutsche Gedichte. Vereinsamt und psychisch krank, beendete H. sein Leben durch Selbstmord. C Killy

Haller von Hallerstein Haller, Philipp, o¨ sterr. Maler, * 1698 Innsbruck, † 1772 Innsbruck. Nach der Ausbildung bei Nikolaus → Auer und G. B. Piazzetta in Venedig ließ sich H. in seiner Heimatstadt als Maler nieder und schuf vor allem Altarbilder f¨ur Kirchen in Innsbruck und Hall in Tirol (u. a. Sendung des Heiligen Geistes, Spitalkirche) sowie f¨ur die Stiftskirchen Wilten und Fiecht. C Th-B

Haller, Richard, auch Hallexus, Jesuit, Rektor, * 21. 1. 1551 N¨urnberg (?), † 22. 1. 1612 Madrid. H., Sohn des Kaufmanns und Diplomaten Christoph → H. von Hallerstein, wurde 1567 in Dillingen immatrikuliert, trat 1569 in den Jesuitenorden ein und studierte Philosophie und Theologie. 1572 hielt er sich als Student der Metaphysik, 1575 w¨ahrend seines Magisteriums im Kolleg zu Dillingen auf. 1577 in Augsburg zum Priester geweiht, lehrte H. seit 1577 Philosophie an der Univ. Ingolstadt. Nach der Promotion zum Dr. theol. in Dillingen (1584) war er dort zun¨achst Studienpr¨afekt, 1585-89 Rektor des Jesuitenkollegs und der Universit¨at. Seit 1589 Rektor des Jesuitenkollegs in Ingolstadt, setzte er sich f¨ur einen st¨arkeren Einfluß der Jesuiten auf die Philosophische Fakult¨at ein. 1595-97 stand H. Paul → Hoffaeus, dem Visitator der deutschen Ordensprovinzen, als Socius zur Seite und leitete 1597-99 das Jesuitenkol¨ leg und die Univ. Graz. → Margarethe von Osterreich, die Nichte Herzog → Wilhelms V. von Bayern begleitete er als Beichtvater nach Spanien, wo sie Philipp III. von Spanien heiratete. H. hatte eine herausragende Stellung am spanischen K¨onigshof und blieb dort auch nach Margaretas Tod 1611. Er ver¨offentlichte u. a. De mundo et eius elementis, caelo, igne, aere, aqua, terra disputatio philosophica (1580) und Commentatiuncula de contritionis actibus crebro eliciendis, vario idiomate in omne prope Europa et magna Indiae parte fructuose disseminata (1580). C LMU

Haller, Rudolf Emanuel von, schweizer. Bankier, Diplomat, * 1747 Bern, † 1833 Bern. Der Sohn Albrecht von → H.s erhielt eine kaufm¨annische Ausbildung in Paris und er¨offnete dort bald ein eigenes Bankhaus. Er lieferte Material f¨ur die republikanische Armee, wurde 1796 Schatzmeister des Generals Bonaparte in Italien und im selben Jahr helvetischer Gesandter bei der cisalpinischen Republik. 1798 leitete er in franz¨osischem Auftrag die Brandschatzung des p¨apstlichen und vatikanischen Besitzes, nahm jedoch seit seiner R¨uckkehr nach Paris kein o¨ ffentliches Amt mehr ein und kehrte 1816 als Bankrotteur nach Bern zur¨uck. H., der mehrmals der Unterschlagung bezichtigt wurde, verteidigte sich u. a. in einer 1794 publizierten Rechtfertigungsschrift (Lettres de E. H. [. . .]). C ADB

Haller von Hallerstein, Augustin, Jesuit, Missionar, Astronom, * 18. 8. 1703 Laibach (Krain), † 29. 10. 1774 Peking. Seit 1721 Mitglied der Gesellschaft Jesu, studierte H. v. H., Sohn eines Verordneten und Amtspr¨asidenten in Krain, an den Kollegien in Laibach, Wien und Judenburg Philosophie, Theologie und Mathematik. Nach der Priesterweihe 1734 wurde er Leiter des Kollegiums in Temesv´ar, bewarb sich im folgenden Jahr um eine Stelle in der Ostasienmission, segelte 1736 nach Mo¸cambique und erreichte 1737 Goa, 1738 Kanton und Macao. Wegen seiner mathematischen Kenntnisse nach Peking berufen, erhielt er dort die W¨urde eines Mandarins und wurde 1739 Mitglied, 1746 Vorsitzender des astronomischen Rats. H. v. H. war 1751-58 Visitator, 1757-62 und 1766-74 Provinzial der fern¨ostlichen Jesuitenmission und setzte seinen Einfluß am Pekinger Hof zum Schutz der verfolgten kath. Kirche ein. Er verfaßte astronomische, geographische und topographische Schriften, u. a.

Observationes astronomicae ab anno 1717 ad annum 1752 Pekini Sinarum factae (1768). C NDB

Haller von Hallerstein, Bartholom¨aus, Staatsmann, * 1486, † 4. 3. 1551 Frankfurt / Main. Der Sohn eines Hauptmanns und Bruder von Wolf → H. v. H. war seit 1508 Baurichter in den Diensten der Stadt N¨urnberg, 1515-20 Assessor und 1525-40 Reichsbannund Stadtrichter am N¨urnberger Stadtgericht. 1517 erwirkte er f¨ur seine Familie und f¨ur Albrecht → D¨urer einen kirchlichen Gnadenerlaß, hielt sich seit 1520 im Gefolge Kaiser → Karls V., seit 1528 K¨onig → Ferdinands auf und wurde kaiserlicher und kgl. Rat. Seit 1538 nahm H. v. H. als Sekret¨ar der K¨oniginwitwe → Maria von Ungarn, Statthalterin der Niederlande, international deren Interessen wahr, war in kaiserlichen Gesch¨aften unterwegs und wurde vom Kaiser 1549 gegen den Willen und die Privilegien der Reichstadt als Reichsschultheiß in Frankfurt / Main eingesetzt. Er sammelte Handschriften und B¨ucher und verfaßte ein Familienbuch. H. v. H. war der Vater von Christoph, Ruprecht und Wolf → H. v. H. C NDB Haller von Hallerstein, (Johann) Carl (Christoph Wilhelm Joachim) Frh., Architekt, Arch¨aologe, * 10. 6. 1774 Hilpoltstein, † 5. 11. 1817 Ampelakia (Griechenland). H. v. H. war der Sohn eines reichsst¨adtischen Pflegers und Bruder von Christoph → H. v. H. Er studierte seit 1791 Architektur an der Karls-Akademie in Stuttgart, 1798-1805 bei David und Friedrich → Gilly in Berlin, war seit 1806 Bauinspektor in N¨urnberg und malte u. a. Theaterdekorationen. 1808 bereiste er Italien, ging 1810 nach Griechenland und war an den Ausgrabungen u. a. der Giebelskulpturen ¨ des Aphaia-Tempels in Agina und des Tempelfrieses von Bassae (Phigalia) beteiligt. Daneben mit architektonischen Skizzen f¨ur den bayerischen Kronprinzen → Ludwig befaßt, entwickelte H. v. H. u. a. den sp¨ater von Leo von → Klenze aufgenommenen Plan, die Walhalla auf einem H¨ugel zu errichten, und schuf Entw¨urfe f¨ur eine Glyptothek in M¨unchen. Er starb w¨ahrend des Baus einer Br¨ucke u¨ ber das Tempetal f¨ur die t¨urkische Regierung. C NDB Haller von Hallerstein, Christoph, Kaufmann, Diplomat, * 1510 N¨urnberg, † 23. 2. 1581 Luzern. Der Sohn von Bartholom¨aus → H. v. H stand fr¨uh in den Diensten Kaiser → Karls V. und K¨onig → Ferdinands, bet¨atigte sich an fast allen H¨ofen der westlichen Welt als Finanzagent und Großkaufmann und galt als einer der gr¨oßten deutschen Bankiers. Er hatte das Handelsmonopol f¨ur Alaun in den Niederlanden inne und handelte als Reeder u. a. mit Farbstoffen. 1556 blieb er gemeinsam mit seinem Bruder Ruprecht → H. v. H. bis zur Abreise des abgedankten Kaisers bei Karl in Br¨ussel und u¨ bernahm den Transport der Reichsregistratur nach Wien. Danach Hofmeister des Herzogs von Savoyen in Turin, erhielt H. v. H. von diesem weder das zugesagte Gehalt noch die Ausl¨ose aus einer hohen B¨urgschaft, entkam knapp dem Konkurs und starb in seinem Zufluchtsort Luzern als Pfr¨undner im Spital. Er war der Vater von Richard → Haller. C NDB Haller von Hallerstein, Christoph (Jakob Wilhelm Carl Joachim) Frh., Zeichner, Maler, Radierer, * 9. 7. 1771 Hilpoltstein bei N¨urnberg, † 10. 7. 1839 N¨urnberg. H. v. H., Bruder von Carl → H. v. H., studierte zun¨achst Rechtswissenschaften an der Univ. Altdorf und widmete sich anschließend einer k¨unstlerischen Ausbildung. In N¨urnberg war u. a. Johann Eberhard → Ihle sein Lehrer, in Stuttgart erhielt er Unterricht von Victor Wilhelm Peter → Heideloff, und in Dresden machte er 1799 Bekanntschaft mit dem Malern Anton → Graff und Joseph → Grassi. Seit 1800 lebte H. v. H. in Berlin. Er gab dem preuß. Kronprinzen → Friedrich Wilhelm IV. Unterricht im Zeichnen,

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Haller von Hallerstein dem F¨ursten Anton Heinrich → Radziwill und Clemens → Metternich Unterricht im Radieren. W¨ahrend eines Aufenthalts in Berlin schuf er zahlreiche Portr¨ats und Miniaturbildnisse mit Silberstift von Mitgliedern der k¨oniglichen Familie. Nach einem Aufenthalt in Paris (1812) kehrte er 1813 nach N¨urnberg zur¨uck. Er wurde Konservator der von K¨onig → Ludwig I. eingerichteten Gem¨aldegalerie in der Moritzkapelle in N¨urnberg, besaß auch selbst eine umfangreiche Kunstsammlung und war Lehrer f¨ur Perspektive an der N¨urnberger Kunstgewerbeschule.

Haller von Hallerstein, Johann, Diplomat, Schriftsteller, * 1626, † 28. 2. 1697 Kerell¨o-Szentep´al. H. v. H., ein Nachkomme von Peter → H. v. H. und Sohn eines Obergespans des Komitats Kokelburg und siebenb¨urgischen Rats, war erstmals 1657 Siebenb¨urger Abgeordneter, kam im folgenden Jahr als Gesandter nach Wien und wurde um 1660 Obergespan des Komitats Torda. Wegen seiner Beteiligung an der Verschw¨orung des Paul B´eldi verb¨ußte er eine vierj¨ahrige Festungshaft auf der Burg Fogaras. Nach seiner Entlassung kehrte er an die Spitze der siebenb¨urgischen Politik zur¨uck, leitete 1685 eine Gesandtschaft des F¨ursten Apafi nach Wien und schloß 1686 mit Kaiser → Leopold I. den sogenannten „Hallerschen Vertrag“, der den Anschluß Siebenb¨urgens an Habsburg vorbereitete. H. v. H. wurde 1691 Schatzmeister, sp¨ater Staatsrat in der neuen Regierung. Seine Schriften, u. a. H´armas histo¨ ria (1695), eine Ubersetzung aus dem Lateinischen, weisen ihn als f¨uhrenden ungarischen Prosaisten seiner Zeit aus und begr¨undeten das Ungarische als Literatursprache. C NDB

Haller von Hallerstein, Peter, Staatsmann, Kaufmann, * 7. 6. 1500, † 12. 12. 1569 Hermannstadt. H. v. H. war der Sohn eines ungarischen Rats und Oberrichters von Ofen und Vetter von Bartholom¨aus und Wolf → H. v. H. Er studierte in Wien und kam als Kaufmann nach Siebenb¨urgen. Seit 1528 Ratsherr in Hermannstadt, betrieb er erfolgreich internationalen Finanz- und Warenhandel. 1535 wurde er Stuhlrichter, war nach dem Tod K¨onig Z´apolyas an den Verhandlungen K¨onig → Ferdinands mit Z´apolyas Nachfolger und seiner Witwe Isabella beteiligt und ließ sich pers¨onlich Zollfreiheiten erteilen. H. v. H. stand 1542-46 und 1550-56 als B¨urgermeister von Hermannstadt an der Spitze Siebenb¨urgens. Er betrieb den Anschluß an Habsburg und war Schatzmeister und P¨achter der M¨unzkammer. 1551 zum kgl. Rat, 1552 zum K¨onigsrichter und Sachsengrafen ernannt, behielt H. v. H. auch unter der Re¨ gierung der K¨oniginwitwe Isabella nach 1556 seine Amter und Besitzungen. C NDB

Haller von Hallerstein, Ruprecht, Staatsmann, Milit¨ar, Kaufmann, † Januar 1560 Br¨ussel. Der Sohn von Bartholom¨aus → H. v. H. beteiligte sich 1533 an einer Gesandtschaft K¨onig → Ferdinands an Sultan Suleiman I. und kehrte als Kaufmann in R¨ustungsgesch¨aften in die Niederlande zur¨uck. H. v. H. nahm an den K¨ampfen gegen Frankreich teil, schloß sich 1543 dem kaiserlichen Heer in Geldern an, agierte als kaiserlicher Gesandter und Truppenwerber und belieferte das Heer mit Kriegsmaterial. Etwa seit 1550 Truchseß bei der Statthalterin der Niederlande, k¨ampfte er f¨ur → Karl V. bei Torbona, Hesdin und Renty und war unter Philipp II. Kriegskommissar der Niederlande. C NDB Haller von Hallerstein, (August) Sigmund (Karl Ulrich) Frh. von, Mediziner, Politiker, * 22. 10. 1861 Speyer, † 20. 3. 1936 Gr¨undlach (Mittelfranken). Nach dem Studium in Erlangen, Marburg und Kiel (Promotion 1889, Drei F¨alle von Luftdruckl¨ahmung) war H. v. H., Sohn eines F¨orsters, Assistenzarzt in M¨unchen und 1888-90

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Schiffsarzt beim Norddeutschen Lloyd. 1890-97 studierte er Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft in Erlangen, Berlin, Genf und M¨unchen, praktizierte daneben als Arzt und f¨uhrte 1897-1919 eine Praxis in St. Alban bei Dießen / Ammersee, seit 1928 auf Schloß Großgr¨undlach bei F¨urth. H. v. H. wurde 1899 Sekret¨ar der bayerischen SPD-Landtagsfraktion und war f¨ur seine Partei 1900-05 und 1907-20 Mitglied der Abgeordnetenkammer bzw. des Landtags. 1918 / 19 Staatsrat, leitete er im Fr¨uhjahr 1919 f¨ur einen Monat das Finanzministerium in M¨unchen. Er gab eine Encyclop¨adie der bayerischen Gesetzgebung f¨ur die sieben a¨ lteren Kreise (6 Bde., 1853-56) heraus. C Schr¨oder

Haller von Hallerstein, Wolf, Staatsmann, Bankier, † 4. 11. 1571 Rohrburg bei Rastatt. Der Sohn von Bartholom¨aus → H. v. H. trat nach dem Studium in Wien in die Finanzverwaltung → Karls V. ein und war sp¨ater Reichspfennigmeister unter drei deutschen Kaisern. Er trieb die Beitr¨age f¨ur Kriegshandlungen ein, diskontierte die Schuldverschreibungen der großen Handelsh¨auser und stellte im Magdeburger Krieg der Reichskasse aus eigenem Verm¨ogen mehrere hunderttausend Gulden zur Begleichung von Soldr¨uckst¨anden zur Verf¨ugung. 1553 erwarb H. v. H. das Schloß Rohrburg bei Rastatt. C NDB Haller von Hallerstein, Wolf, Staatsmann, Kaufmann, * 19. 9. 1492, † 26. 1. 1559 Br¨ussel. Der Bruder von Bartholom¨aus → H. v. H. war 1515 Faktor der Fugger in N¨urnberg und kam als Beauftragter Jakob → Fuggers in die Niederlande, begleitete 1517 den sp¨ateren Kaiser → Karl V. nach Spanien, vertrat dort gleichzeitig die Interessen der Fugger und war an leitender Stelle an den Finanzunterhandlungen zur Wahl Karls zum deutschen K¨onig beteiligt. Auf dem Wormser Reichstag mit einer Reihe von Privilegien und Zuwendungen f¨ur seine Verdienste um die Wahl bedacht, verhandelte er gleichzeitig im Auftrag Jakob Fuggers mit Karl u¨ ber dessen Wahlschulden. H. v. H. lebte am Hof Karls in Spanien, betreute f¨ur die Fugger die Erschließung ihrer vom K¨onig u¨ bernommenen spanischen Bergwerke und wurde 1526 im Zusammenhang mit der Nobilitierung der Fugger zum Reichsschultheißen der Stadt ¨ N¨urnberg ernannt. Mit der Ubernahme der niederl¨andischen Regentschaft durch die K¨oniginwitwe → Maria von Ungarn trat er in den Hof- und Staatsdienst ein, wurde 1531 Generalschatzmeister der Niederlande, 1541 durch Kaiser Karl V. zum Hofpfalzgrafen ernannt und war bis zu seinem Tod f¨ur Habsburg t¨atig. C NDB Hallgarten, Charles (Lazarus), Bankier, Philanthrop, * 18. 11. 1838 Mainz, † 19. 4. 1908 Frankfurt / Main. H. kam als Jugendlicher mit seinen Eltern nach New York, wurde im v¨aterlichen Unternehmen zum Bankkaufmann ausgebildet und war sp¨ater Teilhaber. 1875 nahm er seinen Wohnsitz in Frankfurt / Main und entfaltete dort eine ausgedehnte soziale T¨atigkeit. Er unterst¨utzte K¨unstler und Gelehrte, gr¨undete eine Reihe von Hilfsorganisationen, darunter die „Centrale f¨ur private F¨ursorge“ (1898) und den „Israelitischen Hilfsverein“, und war Mitbegr¨under des „Vereins zur Abwehr von Antisemitismus“. Als amerikanischer ¨ Staatsb¨urger hatte er keine o¨ ffentlichen Amter inne, arbeitete jedoch mit der b¨urgerlichen Linken (u. a. Friedrich → Naumann) zusammen. C Frankf Biogr Hallgarten, George (Wolfgang Friedrich), Historiker, * 3. 1. 1901 M¨unchen, † 22. 5. 1975 Washington. Als Student Gr¨under eines republikanischen Studentenbundes, wurde H., Enkel Charles → H.s und Sohn eines Privatgelehrten, 1925 promoviert, seine Habilitation jedoch durch den politischen Umbruch 1933 verhindert. 1935 emigrierte ´ er nach Frankreich, wo er Lektor an der Ecole des Hautes ´ Etudes Sociales et Internationales war, und ging 1937 in die

Hallmeyer USA. 1938 lehrte er am Brooklyn College und war 1940 / 41 Assistent an der Historischen Abteilung der Univ. of California in Berkeley. H. war 1942-45 Soldat und 1945-49 Historiker in der US-Army. Als Gastprofessor lehrte er 1949 / 50 an der Univ. M¨unchen, 1965 in Indien und Japan, 1967 in Rom und M¨unchen, 1968 / 69 in Albuquerque und 1970 / 71 in Dayton. H. war Mitbegr¨under der Amerikanischen Kommission zum Studium von Kriegsdokumenten. Er ver¨offentlichte u. a. Imperialismus vor 1914 (2 Bde., 1951, erw. 1963), Hitler, Reichswehr und Industrie (1955), Das wettr¨usten. Seine Geschichte bis zur Gegenwart (1967), Als die Schatten fielen (1969) und Deutsche Industrie und Politik von Bismarck bis heute (mit Joachim Radkau, 1974). C Killy

Hallier, Ernst, Botaniker, * 15. 11. 1831 Hamburg, † 20. 12. 1904 Dachau. H., Sohn eines Juristen und Aktuars des Zehntenamts in Hamburg, erlernte im Botanischen Garten in Jena den Beruf eines G¨artners, wurde Gehilfe in Erfurt und Charlottenburg und studierte nach Erlangung der Hochschulreife 1854 Botanik in Berlin, Jena und G¨ottingen. Nach der Promotion 1858 (De cycadeis quibusdam fossilibus in regione Apoldensi repertis) lehrte er an einem privaten chemischpharmazeutischen Institut in Jena, habilitierte sich 1860 mit der Arbeit De geometricis plantarum rationibus f¨ur Botanik und wurde Assistent seines Onkels Matthias Jakob → Schleiden an der Univ. Jena. H. leitete nach dessen Emeritierung 1862-64 kommissarisch den Botanischen Garten und den Lehrbetrieb, wurde in den folgenden Jahren dreimal als Anw¨arter auf das botanische Ordinariat u¨ bergangen und nahm daraufhin 1884 seinen Abschied. Er lebte danach als Hochschullehrer, Forscher und Publizist in Dachau und befaßte sich mit mikroskopischer Pflanzenpathologie, Mykologie und medizinisch-pharmazeutischer Botanik. H. ver¨offentlichte u. a. Die Pflanze (1866), Das Cholera-Contagium (1867), Naturwissenschaft, Religion und Erziehung (1875), Die Weltanschauung des Naturforschers (1875), Schule der systematischen Botanik (1878), Kulturgeschichte des neunzehnten Jahrhunderts in ihren Beziehungen zur Entwicklung der Naturwissenschaften (1889) und Grundz¨uge der landschaftlichen Gartenkunst (1891, 21896). Er war der Vater von Johannes Gottfried → H. C NDB Hallier, Johannes Gottfried, auch Hans H., Botaniker, * 6. 7. 1868 Jena, † 10. 3. 1932 Oegstgeest bei Leiden. Der Sohn Ernst → H.s studierte seit 1888 Botanik und Zoologie in Jena und M¨unchen, wurde nach der Promotion 1893 (Beitr¨age zur Anatomie der Convolvulaceen) Assistent am Botanischen Garten in G¨ottingen und ging 1893 nach Buitenzorg auf Java, wo er bis 1897, teilweise als holl¨andischer Beamter, arbeitete. Nach seiner R¨uckkehr Assistent am Botanischen Laboratorium der Univ. M¨unchen, wechselte er 1898 an das Botanische Museum Hamburg und bereiste 1903 / 04 erneut Ostasien. 1908-22 war H. Kustos am Rijks Herbarium in Leiden. Neben staatlichen Auftragsarbeiten zur Flora von Java und Borneo befaßte er sich u. a. mit der Systematik der Convolvulaceen und Acanthaceen. H. gilt als einer der ersten botanischen Systematiker phylogenetischer ¨ Richtung. Er ver¨offentlichte u. a. Uber Kautschuklianen und ¨ andere Apocyneen (1900), Uber Juliania [. . .] (1908) und ¨ Uber fr¨uhere Landbr¨ucken, Pflanzen- und V¨olkerwanderungen zwischen Australasien und Amerika (1912). C NDB Hallinger, Kassius, Benediktiner, Theologe, * 8. 8. 1911 Gernsheim / Rhein, † 24. 10. 1991 W¨urzburg. H. trat 1930 in die Benediktinerabtei M¨unsterschwarzach ein. 1931-33 studierte er in St. Ottilien Philosophie, 1933-36 in W¨urzburg Theologie und 1936 / 37 in Maria Laach Liturgiewissenschaft und Ordensgeschichte. 1936 zum Priester geweiht, wirkte er 1937-40 in M¨unsterschwarzach als

Gastpater, Kantor und Aushilfspater und seit 1939 auch als Archivar. 1940-45 leistete H. als Sanit¨ater Wehrdienst und nahm anschließend seine Arbeit in M¨unsterschwarzach wieder auf. 1948 wurde er mit der Dissertation GorzeKluny. Studien zu den monastischen Lebensformen und ihren Grunds¨atzen im Hochmittelalter (erschienen 1950 / 51, Nachdr. 1971) zum Dr. phil. promoviert. Seit 1949 war er Dozent und 1953-86 Prof. f¨ur Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit an der Ordenshochschule S. Anselmo in Rom. H., der die M¨onchsreform des 10. Jh. neu deutete, gab die Reihe „Corpus Consuetudinum Monasticarum“ heraus. Er war u. a. Mitglied der Mainzer Akademie f¨ur Mittelrheinische Kirchengeschichte (1950), der Bayerischen Benediktinerakademie (1966) und der Medieval Academy of America (1975). C LThK

Hallmann, Albert, Manager, * 11. 10. 1910 Aachen, † 26. 4. 1980 Hamburg. ¨ Seit 1931 Mitarbeiter der Olfirma Wintershall, kam H. Anfang der f¨unfziger Jahre zur deutschen British Petroleum (BP) und war im Verkauf und Marketing t¨atig. Zun¨achst stellvertretender Vorstandsvorsitzender, war er 1971-75 Vorstandsvorsitzender und Generaldirektor der nunmehrigen deutschen BP und Petroleum AG und 1972-75 Vorsitzender des Mineral¨olwirtschaftsverbandes. Dar¨uber hinaus hatte er eine Reihe von Funktionen in Wirtschaftsverb¨anden inne und geh¨orte bis 1975 dem Pr¨asidium des Bundesverbandes der Deutschen Industrie an. C Munzinger

Hallmann, Anton, Architekt, Maler, * 1812 Hannover, † 29. 8. 1845 Livorno. Nach der praktischen Ausbildung bei dem Baumeister Hellner in Hannover studierte H. an der M¨unchner Kunstakademie und kam 1833 nach Rom. 1835 bereiste er als Mitarbeiter an den Denkm¨alern der Kunst des Mittelalters in Unteritalien (1860) von Heinrich Wilhelm Schulz Neapel und Sizilien, kehrte 1836 nach M¨unchen zur¨uck und war f¨ur Friedrich von → G¨artner t¨atig. Sp¨ater ging H. nach St. Petersburg, London, Paris und Berlin, wurde dort zum Hofbaumeister ernannt, trat jedoch die Stelle nicht an und kehrte 1841 nach Rom zur¨uck. Neben Architekturentw¨urfen schuf ¨ und Tempera und schrieb Die er u. a. Landschaften in Ol Kunstbestrebungen der Gegenwart (1842). C Th-B

Hallmann, Johann Christian, Dichter, * um 1640, † 1704 Breslau (?) / 1714 Wien (?). Nach dem Schulbesuch in Breslau studierte H., Sohn eines Beamten im Dienste der Liegnitz-Briegschen F¨ursten, 1662-65 Rechtswissenschaft an der Univ. Jena, unternahm nach der Promotion Bildungsreisen und ließ sich 1668 ohne feste Anstellung in Breslau nieder. Er genoß zun¨achst Protektion unter den Breslauer Patriziern, erhielt 1673 eine Audienz beim Kaiserpaar und hielt 1676 die offizielle Begr¨ußungsrede f¨ur den neuen Breslauer Bischof. H. schrieb Gelegenheitsgedichte und u¨ bersetzte Grabschriften aus dem Italienischen. Seine zun¨achst durch die Auff¨uhrungspraxis des Breslauer Schultheaters gep¨agten Dramen stehen in der Tradition von Andreas → Gryphius und Daniel Casper von → Lohenstein sowie des Jesuitendramas (u. a. Adonis und Rosibella, 1673); Musik- und Tanzeinlagen und eine Vielzahl an Theatereffekten zeigen ihre N¨ahe zur Oper. H. konvertierte zum kath. Glauben und verdiente vermutlich seinen Lebensunterhalt zuletzt mit Theaterauff¨uhrungen. C Killy

Hallmeyer, Rudolf, Widerstandsk¨ampfer, * 3. 2. 1908, † 8. 9. 1943 Berlin-Pl¨otzensee. Als Rohrlegerlehrling aktiv im Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD), trat H. 1931 in die KPD ein und wurde 1932 Stadtverordneter von Plauen. Nach dem

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Hallo Verbot der KPD 1933 bet¨atigte er sich zun¨achst illegal als Instrukteur der Bezirksparteileitung Sachsen, floh 1934 in die Tschechoslowakei und kehrte als KVJD-Instrukteur in Magdeburg und Hannover nach Deutschland zur¨uck. H. nahm 1935 am 6. Weltkongreß der kommunistischen Jugendinternationale in Moskau teil, besuchte die Lenin-Schule und kam 1937 / 38 u¨ ber Prag nach G¨oteborg. Als Mitarbeiter der dortigen KPD-Auslandsabschnittsleitung wurde er 1940 u¨ ber Kopenhagen nach Berlin geschickt, konnte erste Kontakte aufnehmen, wurde jedoch bald verhaftet, am 5. 8. 1943 zum Tod verurteilt und wenige Wochen sp¨ater hingerichtet. C Widerstand

Hallo, Rudolf, Kunsthistoriker, * 26. 9. 1896 Kassel, † 26. 1. 1933 Hamburg. Der Sohn eines Malermeisters studierte zun¨achst Medizin, nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg seit 1919 Philologie und Arch¨aologie in M¨unchen, Berlin und G¨ottingen und wurde 1923 zum Dr. phil. promoviert (Die Monumentalalt¨are des Altertums). 1920 Mitbegr¨under und seit 1922 zeitweilig als Stellvertreter Franz → Rosenzweigs Leiter des „Freien J¨udischen Lehrhauses“ in Frankfurt / Main, wurde H. 1923 wissenschaftlicher Assistent und Bibliothekar am Hessischen Landesmuseum in Kassel und richtete dort 1925 eine Dauerausstellung zur j¨udischen Kunst- und Kulturgeschichte ein. 1931 wurde er Leiter des Kupferstichkabinetts und der B¨ucherei der Staatlichen Kunstsammlungen in Kassel. H. ver¨offentlichte zahlreiche Einzelbeitr¨age und Monographien zur j¨udischen Kunst- und Kulturgeschichte Hessens, darunter J¨udische Volkskunst in Hessen (1928) und J¨udische Kunst aus Hessen und Nassau (1933). C Lex dt-j¨ud Autoren Hallstein, Walter, Jurist, Politiker, * 17. 11. 1901 Mainz, † 29. 3. 1982 Stuttgart. H., Sohn eines Regierungsbaurats, studierte seit 1920 Rechts- und Staatswissenschaften in Bonn, M¨unchen und in Berlin, wo er 1925 zum Dr. jur. promoviert wurde (Der Lebensversicherunsvertrag im Versailler Vertrag). Er wurde 1927 Referent f¨ur Ausl¨andisches und Internationales Privatrecht der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, habilitierte sich 1929 an der Univ. Berlin und lehrte seit 1930 als o. Prof. des Privat- und Gesellschaftsrechts an der Univ. Rostock. 1941-48 o. Prof. an der Univ. Frankfurt / Main, lehrte er 1948 / 49 als Gastprofessor in den USA, wurde 1950 Pr¨asident der Deutschen UNESCO-Komission und Staatssekret¨ar im Bundeskanzleramt und leitete 1950 / 51 die deutsche Delegation f¨ur die Verhandlung des Schuman-Plans. Als Staatssekret¨ar im Ausw¨artigen Amt (1951-57) manifestierte er mit der sog. „Hallstein-Doktrin“ (1955) den Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik f¨ur Deutschland als außenpolitische Maxime. Er hatte großen Anteil an der Durchsetzung der R¨omischen Vertr¨age 1957. Seit der Gr¨undung der Europ¨aischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) war H. Pr¨asident der EWG-Kommission in Br¨ussel (1958-67) und legte 1959 den sog. „Hallstein-Plan“ zur Verwirklichung eines gemeinsamen europ¨aischen Marktes vor. 1968-74 war er Pr¨asident der „Europ¨aischen Bewegung“, 1969-72 f¨ur die CDU Mitglied des Deutschen Bundestags. H. ver¨offentlichte u. a. Wiederherstellung des Privatrechts (1946), Wege nach Europa (1967), Der unvollendete Bundesstaat (1969) und Die Europ¨aische Gemeinschaft (1973). C MdB

Hallwachs, Karl, Dirigent, Komponist, * 15. 9. 1870 Darmstadt, † 15. 8. 1959 Kassel. Als Absolvent der Musikhochschule M¨unchen wurde H., ein Vetter von Wilhelm → H., 1895 Chordirigent in Darmstadt, war 1897-99 Kapellmeister und Korrepetitor in Wiesbaden und kam 1899 als Theaterkapellmeister nach Aachen. Im folgenden Jahr wurde er Musikdirektor in Saarbr¨ucken, 1902

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in Kassel Dirigent des Oratorienvereins und der Liedertafel sowie Seminarleiter am Konservatorium. 1911 erfolgte die Ernennung zum kgl. Musikdirektor. H. komponierte Opern (u. a. Ramaka), Chorwerke, Lieder und Klaviersonaten.

Hallwachs, Wilhelm (Ludwig Franz), Physiker, * 9. 7. 1859 Darmstadt, † 20. 6. 1922 Dresden. H., Sohn eines Geheimen Staatsrats im Ministerium des Innern und der Justiz und Vetter von Karl → H., studierte seit 1878 an der Univ. Straßburg, wurde 1883 mit der Arbeit ¨ Uber die elektromotorische Kraft, den Widerstand und den Nutzeffekt von Ladungss¨aulen promoviert und war 1884-86 Assistent von Friedrich → Kohlrausch an der Univ. W¨urzburg. 1886 habilitierte er sich in Leipzig (Electrometrische Untersuchungen. Methode zur Bestimmung von Contact potential differenzen ohne Anwendung des Condensators. Quadranten electrometer von constanter Empfindlichkeit), folgte Kohlrausch 1888 an die Univ. Straßburg und wurde 1893 o. Prof. der Elektrotechnik, 1900 der Physik an der TH Dresden. H. f¨uhrte das Studium der technischen Physik ein, baute das Fach aus und f¨uhrte erstmals Abschlußexamina durch. Er entwickelte eine Reihe von Meßinstrumenten, u. a. ein Doppeltrog-Refraktometer, und entdeckte 1888 einen sp¨ater nach ihm „Hallwachs-Effekt“ benannten a¨ ußeren lichtelektrischen Effekt, auf den Albert → Einsteins photoelektrische Studien aufbauten. Als H.’ Hauptwerk gilt Die Lichtelektrizit¨at (1914). C NDB Hallweil, Ferdinand Michael Cyriakus Graf von, o¨ sterr. kath. Theologe, Bischof von Wiener Neustadt, getauft 9. 8. 1706 Wien, † 2. 6. 1773. Nach dem Studium am Collegium Germanicum in Rom 1722-28 und der Priesterweihe 1729 in Wien u¨ bernahm H. die Pfarrei Probstdorf. 1741 wurde er von → Maria Theresia zum Bischof von Wiener Neustadt ernannt und vom Papst best¨atigt. Zur Aufbesserung seiner Eink¨unfte erhielt er 1749 die Pfarrei Raabs. H. gestaltete die Domkirche und seine Residenz aufwendig, gab in finanzieller Not sogar die bisch¨ofliche Bibliothek an das Neukloster der Zisterzienser ab und trug verschiedene Konflikte wegen der Jurisdiktion mit dem Neukloster und der Milit¨arakademie aus. C Gatz 3 Hallwich, Hermann, o¨ sterr. Politiker, Historiker, * 9. 5. 1838 Teplitz-Sch¨onau (B¨ohmen), † 11. 4. 1913 Wien. Nach dem Studium der Germanistik und Geschichte an der Univ. Prag (Promotion 1862) wurde H., Sohn eines Schloßgartensaalp¨achters, 1864 Lehrer an der H¨oheren Handelslehranstalt in Reichenberg und 1870 Sekret¨ar der dortigen Handels- und Gewerbekammer. Seit dem folgenden Jahr Mitglied des Landtags und des Reichsrats, schloß er sich der liberalen Partei an und u¨ bernahm 1878 das Referat f¨ur Handels- und Zollvertr¨age. H. machte sich um den Ausbau des Verkehrsnetzes und des gewerblichen Unterrichtswesens verdient. 1891 ließ er sich in Wien nieder und gr¨undete ¨ den „Zentralverband der Industriellen Osterreichs“, dessen Pr¨asident er 1904 wurde. Neben seinen volkswirtschaftlichen und politischen Aktivit¨aten befaßte sich H. mit nordb¨ohmischer Heimatkunde, Industriegeschichte und WallensteinForschung (u. a. Wallensteins Ende, 2 Bde., 1879). ¨ C OBL

Hallwil, Wilhelmina Gr¨afin von, geb. Kempe, Kunstsammlerin, * 1. 10. 1844 Stockholm, † 25. 7. 1930 Stockholm. Seit 1865 mit einem Grafen H. verheiratet, seit 1874 im Besitz des Schlosses Hallwil im Kanton Aargau, erwarb H. seit den achtziger Jahren eine bedeutende Privatsammlung von Altert¨umern und Kunstgegenst¨anden aus Europa und Asien, die sie im Stockholmer Hallwil-Palast ausstellte und

Halm ¨ durch Schenkungen an den schwedischen Staat der Offentlichkeit zug¨anglich machte. Sie war Mitarbeiterin am f¨unfzigb¨andigen Katalog der Sammlung, finanzierte schweizer. und schwedische Forschungsvorhaben und wurde Ehrenmitglied der Kgl. Kunstakademie und einer Reihe schweizer. historischer Gesellschaften. Seit 1903 ordnete H. das sp¨ater der Stadt Bern u¨ bergebene Hallwil-Archiv, regte die Restaurierung des Aargauer Familiensitzes 1904-16 an und rief 1924 die Hallwil-Stiftung ins Leben, die das Wasserschloß wie auch den dem Schweizerischen Landesmuseum zugef¨uhrten Familienbesitz pflegte. C Biogr Lex Aargau

Halm, Alfred, Theaterdirektor, Dramatiker, * 9. 12. 1863 Wien, † 5. 2. 1951 Berlin. H. brach das Studium der Kunstgeschichte und Volkswirtschaft an der Univ. Wien ab, bildete sich bei Maximilian Streben zum Schauspieler aus und deb¨utierte 1884 in Hanau. Sp¨ater in Hamburg und Elberfeld als Schauspieler und Regisseur t¨atig, wurde er in Berlin Oberregisseur, sp¨ater Direktor des „Berliner Theaters“, gr¨undete 1899 in Breslau das Neue Sommertheater und leitete 1906-12 das „Neue Schauspielhaus“, sp¨ater „Theater am Nollendorfplatz“. H. lehrte an der Reicherschen Hochschule f¨ur dramatische Kunst und ¨ bet¨atigte sich als Ubersetzer und B¨uhnenautor (u. a. Welke Bl¨atter, 1899). Von den Nationalsozialisten wurde er mit Berufsverbot belegt. C Kosch: Theater

Halm, Anton, o¨ sterr. Komponist, Musiker, Musikp¨adagoge, * 4. 6. 1789 Altenmarkt bei Wies (Steiermark), † 6. 4. 1872 Wien. Ausgebildet in Graz, war H. dort zun¨achst Klavierspieler und Lehrer, lebte 1813-15 als Hausmusiklehrer in Ungarn, danach in Wien und war als Klavierlehrer t¨atig. Zu seinen Sch¨ulern z¨ahlten Julius → Epstein, Joseph → Fischhof und Stephen → Heller. H. komponierte eine Messe, Kammermusik, Lieder, Werke f¨ur Streicher und vor allem f¨ur Klavier, u. a. die → Beethoven zugeeignete Klaviersonate op. 15. C MGG Halm, August (Otto), Komponist, Musikschriftsteller, * 26. 10. 1869 Großaltdorf (W¨urttemberg), † 1. 2. 1929 Saalfeld. Neben dem Studium der evang. Theologie in T¨ubingen nahm H., Sohn eines Pfarrers, Kompositionsunterricht bei Karl Emil → Kauffmann. 1892-94 studierte er an der kgl. Musikschule in M¨unchen neben Geige, Klavier und Orgel vorwiegend Kontrapunkt und Komposition bei Joseph Gabriel → Rheinberger. Danach Leiter des Vereins f¨ur klassische Kirchenmusik in Heilbronn, wurde er 1903 Musiklehrer im Landerziehungsheim Haubinda in Th¨uringen, lehrte seit 1906 in der „Freien Schulgemeinde“ im th¨uringischen Wickersdorf und kam 1910 als Dirigent der Liedertafel nach Ulm. H. u¨ bernahm 1914 die Musiklehrerstelle an der evang. Lehrerbildungsanstalt in Esslingen und kehrte 1920 nach Wickersdorf zur¨uck. Er komponierte Symphonien, Konzerte und Orchester-Fugen (u. a. Compositionen f¨ur Pianoforte, 5 Hefte, 1906-14) und schrieb u. a. Von zwei Kulturen der Musik (1913). C MGG

Halm, Friedrich, eigentl. Eligius Franz Joseph Frh. von M¨unch-Bellinghausen, o¨ sterr. Schriftsteller, * 2. 4. 1806 Krakau, † 22. 5. 1871 Wien. Nach rechtswissenschaftlichen und philosophischen Studien an der Univ. Wien trat H., Sohn eines Appellationsrats, sp¨ateren Staats- und Konferenzrats, 1826 in den o¨ sterr. Staatsdienst ein und wurde 1840 Regierungsrat. Als Lyriker ohne Erfolg, wurde er seit den dreißiger Jahren mit seinen b¨uhnenwirksamen Theaterst¨ucken (u. a. Griseldis, 1837; Der Adept, 1838; Imelda Lambertazzi, 1842; Iphigenie in Delphi, 1864) zu einem der beliebtesten Theaterautoren Wiens. H. wurde 1845 Kustos der Wiener Hofbibliothek, 1847 Mitglied

der Akademie der Wissenschaften und 1861 des Herrenhauses. 1867 zum Pr¨afekten der Hofbibliothek und Generalintendanten beider Wiener Hoftheater (bis 1870) ernannt, stand er seit 1868 dem Verwaltungsrat der Deutschen Schillergesellschaft vor. Seine Novellen erschienen fast ausschließlich postum (u. a. Das Haus an der Veronabr¨ucke, 1872; Die Freundinnen, 1872). C Killy

Halm, Georg Nikolaus, National¨okonom, * 10. 9. 1901 M¨unchen, † 1. 7. 1984 Santa Rosa (Kalifornien, USA). H. wurde 1926 an der Univ. M¨unchen bei Adolf → Weber mit der Dissertation Das Zinsproblem am Geld- und Kapitalmarkt promoviert und habilitierte sich 1928 mit der Schrift Die Konkurrenz. Untersuchungen u¨ ber die Ordnungsprinzipien der kapitalistischen Verkehrswirtschaft. Im selben Jahr erhielt er eine Assistenzprofessur an der Univ. W¨urzburg und emigrierte 1936 in die USA. Seit 1937 wirkte H. an der Tufts University bei Boston, 1944-71 als Prof. an der dortigen Fletcher School of Law and Diplomacy. H. ver¨offentlichte u. a. die Lehrb¨ucher Geld – Kritik – Banken (1935) und Geld, Außenhandel und Besch¨aftigung (1951, 41966) sowie vergleichende Untersuchungen von Wirtschaftssystemen (Economic Systems, 1951, 31968, dt. Wirtschaftssysteme. Eine vergleichende Darstellung, 1960). Zu Beginn der siebziger Jahre trat er mit Vorschl¨agen zur Reformierung des W¨ahrungssystems von Bretton Woods hervor. C Hagemann

Halm, Hans, Bibliothekar, * 5. 4. 1898 M¨unchen, † 26. 1. 1965 M¨unchen. Der Sohn Philipp → H.s studierte 1918-24 deutsche und englische Philologie, Geschichte und Musikwissenschaft an der Univ. M¨unchen und trat 1926 in den Dienst der Bayerischen Staatsbibliothek M¨unchen. 1930 wurde er Staatsbibliothekar, war 1930-33 Mitarbeiter der Staatlichen Bibliothek Bamberg und kehrte anschließend an die Bayerische Staatsbibliothek nach M¨unchen zur¨uck. H. leitete seit 1938 die Musiksammlung der Staatsbibliothek und legte das erste Schallplattenarchiv einer Staatsbibliothek an. Er war Mitglied einer Reihe von nationalen und internationalen musikwissenschaftlichen Verb¨anden, 1951 Gr¨undungsmitglied der Association Internationale des Biblioth`eques Musicales (AIBM) und 1955-64 Pr¨asident der deutschen AIBM-Gruppe. H. vero¨ ffentlichte u. a. Die Schicksale der Bayerischen Staatsbibliothek w¨ahrend des zweiten Weltkriegs (1949). Halm, Jacob (Karl Ernst), Astronom, Physiker, * 30. 11. 1866 Bingen, † 17. 7. 1944 Stellenbosch (Union, heute Republik S¨udafrika). H., Sohn eines Goldarbeiters, schloß sein Studium 1890 an ¨ der Univ. Kiel ab (Uber zwei homogene lineare Differentialgleichungen m-nter Ordnung mit m+n-1 resp. n endlichen singul¨aren Punkten), wurde Schriftleiter der „Astronomischen Nachrichten“ und f¨uhrte als Assistent der Straßburger Sternwarte 1889-95 Meridiankreisbeobachtungen und Heliometermessungen durch. Als First Class Assistant in Edinburgh (1895-1907), untersuchte er seit 1901 spektroskopisch die ¨ Fraunhoferlinien und entdeckte die systematische Anderung der Sonnenrotation (Ein Beitrag zur Bestimmung der Rotation der Sonne, in: Astronomische Nachrichten 156, 1907). H. war 1907-22 Chief Assistant des Royal Observatory in Kapstadt (S¨udafrika). Er verfolgte durch Radialgeschwindigkeitsmessungen die bekannten Sternstr¨ome, vermutete u. a. als erster eine Beziehung zwischen Masse und Leuchtkraft der Himmelsk¨orper und hatte seit 1914 wesentlichen Anteil an der „Cape Photographic Durchmusterung“. Seit 1926 lehrte er in Stellenbosch. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨ort ferner Versuch einer theoretischen Darstellung des t¨aglichen Ganges der Lufttemperatur (1895). C NDB

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Halm Halm, Karl (Felix) Ritter von, Klassischer Philologe, Bibliothekar, * 5. 4. 1809 M¨unchen, † 5. 10. 1882 M¨unchen. Als Student der Klassischen Philologie in M¨unchen entscheidend von Friedrich → Thiersch beeinflußt, wurde H., Sohn eines Landschaftsmalers, Kunsth¨andlers und Kunstverlegers, nach dem Examen 1830 Gymnasiallehrer in M¨unchen, gab griechische Unterrichtswerke (u. a. Griechisches Elementarbuch, 1839) heraus und befaßte sich mit lateinischer Prosaliteratur. 1839 kam er als Prof. an das Gymnasium und Lyzeum in Speyer, wechselte 1846 an das Gymnasium Hadamar und wurde 1849 Rektor des neugegr¨undeten Maximiliansgymnasiums in M¨unchen. Seit 1856 o. Prof. an der dortigen Univ. und Direktor der Hof- und Staatsbibliothek, vermehrte und katalogisierte er u. a. die Best¨ande der Handschriftenabteilung und erwarb mehrere geschlossene Sammlungen, so z. B. die bedeutende Bibliothek des Orientalisten ´ Etienne Quatrem`ere und die Musikbibliothek → Thibaut. Der Verkauf wertvoller Dubletten zu diesem Zweck f¨uhrte zu Auseinandersetzungen im Landtag. H. f¨orderte die Ausbildung des bibliothekarischen Nachwuchses. 1872 erhielt er den bayerischen Personaladel. Auf H.s Anregung geht der „Thesaurus Linguae Latinae“ zur¨uck. H. unterst¨utzte von seiten der Bibliothek die Herausgabe der Allgemeinen Deutschen Biographie. C NDB

Halm, Margarethe, eigentl. Alberta von Maytner, Pseud. Paul Andow, A. von Sandec, o¨ sterr. Schriftstellerin, * 8. 4. 1835 Neu-Sandec (Galizien), † 14. 7. 1898 Wien. H. erhielt ihre Ausbildung in einem polnisch-franz¨osischen Institut in Tarnow, lebte seit 1865 in Br¨unn und Graz und ließ sich 1890 in Wien nieder. Sie verfaßte zahlreiche Beitr¨age f¨ur o¨ sterr. und ausl¨andischer Zeitungen und Zeitschriften und ver¨offentlichte Lyrik und Prosa, u. a. Frau Holdings Herz. Die Geschichte einer Familie (1894). C DLL

Halm, Peter (Ignaz Johann) von, Graphiker, * 14. 12. 1854 Mainz, † 25. 1. 1923 M¨unchen. Der Sohn eines Brauereibesitzers und Bruder Philipp → H.s studierte zun¨achst Architektur am Polytechnikum Darmstadt, seit 1875 bei Ludwig von → L¨offtz und Johann Leonhard → Raab an der Kunstakademie M¨unchen und wandte sich fr¨uh der Graphik zu. In der Tradition der Schule Raabs schuf H. zuerst Reproduktionsgraphik und erreichte eine besondere Meisterschaft in der Umsetzung farbiger, gemalter Vorlagen in das Schwarz-Weiß des Kupferstichs, sp¨ater der Radierung. Seit 1887 entstanden zahlreiche Originalradierungen, Landschaften, Architekturen, Interieurs und Portr¨ats, u. a. das Bildnis der Eltern. H. war seit 1900 Prof. an der Kunstakademie und wurde 1917 nobilitiert. C NDB

Halm, Philipp (Maria Martin), Kunsthistoriker, * 1. 10. 1866 Mainz, † 1. 2. 1933 M¨unchen. Der Bruder Peter von → H.s studierte Kunstgeschichte, Arch¨aologie und Deutsche Literaturgeschichte an der Univ. M¨unchen, wurde 1894 promoviert (Die K¨unstlerfamilie der Asam) und war 1893-1902 an der Inventarisierung der Kunstdenkmale Bayerns beteiligt. 1903 wurde er Bibliothekar, 1905 Konservator am Bayerischen Nationalmuseum in M¨unchen, u¨ bernahm 1916 dessen Direktion und leitete seit 1920 als Generaldirektor auch das Bayerische Armeemuseum, das Theatermuseum und zeitweise das Bayerische Landesamt f¨ur Denkmalpflege. Die Gr¨undung der „Neuen Sammlung“ 1925 geht auf H. zur¨uck. Er befaßte sich mit der Geschichte der Kunst des sp¨aten Mittelalters und der Fr¨uhrenaissance in S¨uddeutschland, ferner mit Ikonographie und Volkskunde; zu seinen Hauptwerken z¨ahlen Studien zur s¨uddeutschen Plastik (3 Bde., 1926-28). H. war der Vater von Hans → H. C NDB

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Halmhuber, Gustav (Friedrich), Architekt, Maler, * 23. 3. 1862 Stuttgart, † 25. 8. 1936 Stuttgart. H. studierte an der TH Stuttgart und an den Kunstakademien in Stuttgart und Berlin und war als Mitarbeiter Paul → Wallots u. a. am Bau des Reichstagsgeb¨audes in Berlin (1884-92) beteiligt. 1897 folgte er einem Ruf als Prof. an die TH Stuttgart, wurde 1906 Direktor der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule in K¨oln und war 1909-27 o. Prof. der Ornamentik und der Architektur f¨ur Bauingenieure an der TH Hannover. H. plante Hoch- und Tiefbauten sowie Innenausbauten (u. a. des Hannoverschen Rathauses, 1909-13) und schuf Kirchenausmalungen, Landschaftsaquarelle, Bildnisse und Monumentalgem¨alde. Haloander, Gregor, eigentl. Meltzer, Jurist, * Zwickau, † 7. 9. 1531 Venedig. Nach der humanistischen Ausbildung in seiner Geburtsstadt wurde H., Sohn eines Tuchmachers, 1521 an der Univ. Leipzig immatrikuliert, im folgenden Jahr zum Baccalaureus an der Artistenfakult¨at promoviert und wandte sich auf Anregung Julius von → Pflugs dem Studium der Rechtswissenschaften zu. Mit einem Stipendium seiner Geburtsstadt studierte er 1525-27 in Italien, trat in Verbindung mit italienischen und deutschen Humanisten und sammelte Exzerpte und Bearbeitungen der Florentiner Digestenhandschrift. 1527 kehrte H. nach Deutschland zur¨uck, erregte in N¨urnberg die Aufmerksamkeit der Gelehrten und stellte f¨ur den N¨urnberger Rat 1529-31 die erste kritische Gesamtausgabe des Corpus Juris Civilis zusammen, die sp¨ater nach ihm „Haloandria“ benannt wurde. Mit Unterst¨utzung des Rats reiste er 1531 zu Quellenstudien erneut nach Italien. C NDB Halper, Max, S¨anger, * 1859 (?), † 16. 9. 1917 Berlin. H. begann seine B¨uhnenlaufbahn 1883 am Landestheater in Salzburg und trat als Bassist in nahezu j¨ahrlich wechselnden Engagements an zahlreichen deutschen B¨uhnen auf. 1893-95 und 1907-09 gastierte er in Berlin, war seit 1900 auch als Regisseur in W¨urzburg, Posen, Linz und Regensburg t¨atig, leitete 1909 / 10 die Berliner Mozart-Oper und bereiste 1910 mit einer von ihm zusammengestellten Operntruppe die Balkanl¨ander. Zu seinen wichtigsten Rollen z¨ahlte der Commendatore im Don Giovanni; bei den Bayreuther Festspielen 1886 und 1888 sang er u. a. den Titurel im Parsifal. C Kutsch

Halpern, Ida, geb. Ruhd¨orfer, Musikwissenschaftlerin, * 17. 7. 1910 Wien, † 7. 2. 1987 Vancouver (Kanada). H. wurde nach dem Studium an der Univ. Wien mit der Arbeit Franz Schubert in der zeitgen¨ossischen Kritik zum Dr. phil. promoviert. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Georg R. Halpern floh sie 1938 nach Schanghai und lehrte Musik an der dortigen Universit¨at. 1939 ging H. nach Vancouver (Kanada), wo sie 1940-61 an der University of British Columbia lehrte und Musikkritiken f¨ur die Zeitung „Vancouver Province“ schrieb. 1944 nahm sie die kanadische Staatsb¨urgerschaft an. 1948 war sie Mitbegr¨underin der Friends of Chamber Music in Vancouver, deren Pr¨asidentin sie bis 1952 war. H. machte sich um die Erhaltung und Dokumentation der Musik der Kwakiutl, Nootka, Haida, Bella Coola und Coast Salish Indianern von British Columbia verdient. Ihre Sammlung umfaßte rund 500 Lieder. 1964 / 65 lehrte sie Ethnomusik an der University of British Columbia. C NGroveD

Halpern, Mose Leib, Schriftsteller, Journalist, * 2. 1. 1886 Złocz´ow (Ostgalizien), † September 1932 New York. Seit der Kindheit in Wien ans¨assig, trat H. erstmals 1907 mit ¨ deutschen Gedichten an die Offentlichkeit, schrieb sp¨ater jiddische Lyrik f¨ur das „Togblatt“ und den „Jiddischen Arbeter“

Hamacher in Lemberg und malte expressionistische Bilder. 1908 wanderte er in die USA aus, wurde Mitarbeiter u. a. der humoristischen Zeitschriften „Der Kibitzer“, „Der j¨udische Gaslen“ und „Der Kunds“, beteiligte sich an der Edition von Sammelb¨anden der Jugendbewegung und wurde sp¨ater einer der wichtigsten Beitr¨ager der kommunistischen „Freiheit“. H.s Gedichte erschienen u. a. 1919 unter dem Titel In New York. C Wininger

Halske, Johann Georg, Feinmechaniker, Elektrotechniker, Industrieller, * 30. 7. 1814 Hamburg, † 18. 3. 1890 Berlin. Als Pr¨azisionsmechaniker arbeitete H., dessen Vater als Zuckermakler, sp¨ater als Zigarrenh¨andler t¨atig war, zun¨achst in verschiedenen renommierten Feinmechanikerwerkst¨atten in Berlin und Hamburg und gr¨undete 1844 eine eigene Mechanikerfirma in Berlin, in der er u. a. f¨ur Universit¨atsinstitute physikalische und chemische Instrumente entwickelte und baute. 1845 geh¨orte er mit Werner von → Siemens zu den Gr¨undungsmitgliedern der „Physikalischen Gesellschaft zu Berlin“; 1847 riefen beide die „Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske“ ins Leben. H. war in dem gemeinsamen Unternehmen f¨ur die Leitung der Werkstatt, die Ausarbeitung und Pr¨ufung der Konstruktionen seines Partners, die Materialbeschaffung und den Gesch¨aftsverkehr zust¨andig. Mit zunehmender Expansion der Firma zog sich H. aus dem Gesch¨aft zur¨uck und schied 1863 aus der Leitung der englischen Tochtergesellschaft, 1867 aus der Berliner Stammfirma aus. Er widmete sich dem Aufbau des Berliner Kunstgewerbemuseums und war 1859-75 ehrenamtlicher Stadtverordneter, 1880-86 Stadtrat in Berlin. C Leb Berlin 6

Halstenberg, Armin, Journalist, * 16. 4. 1940, † 14. 9. 1993 Hannover. Nach dem Studium der Philosophie, Literatur und Politik in Berlin wurde H. 1967 Feuilletonchef beim „K¨olner StadtAnzeiger“. 1975 wechselte er zum Norddeutschen Rundfunk und machte dort das Kulturjournal „Texte und Zeichen“ zum wichtigsten Radio-Feuilleton in der Bundesrepublik Deutschland. Sein besonderes Engagement galt den Literaturen und dem Kino Lateinamerikas, Afrikas und Indiens.

Halt, Karl Ritter von, Bankdirektor, Sportler, Sportfunktion¨ar, * 2. 6. 1891 M¨unchen, † 5. 8. 1964 M¨unchen. H., Sohn eines Schlossermeisters, wurde 1908-10 bei der Deutschen Bank in M¨unchen ausgebildet, studierte National¨okonomie an der Univ. M¨unchen und wurde 1922 promoviert. Bis 1945 war er in f¨uhrender Stellung bei der Deutschen Bank und dem Bankhaus Aufh¨auser in M¨unchen t¨atig. H. war zwischen 1911 und 1921 dreimal deutscher Meister im Kugelstoßen und f¨unfmal im Zehnkampf und nahm 1912 an den Olympischen Spielen in Stockholm teil. Er wurde 1924 Sportwart der Deutschen Beh¨orde f¨ur Leichtathletik, 1931 Leiter des Deutschen LeichtathletikVerbandes und hatte 1931-39 den Vorsitz im Internationalen Handball-Verband und 1938-45 den im Deutschen Bob- und Schlittensportverband inne. 1929 in das Internationale Olympische Komitee (IOC), 1937-45 in dessen Exekutivkomitee gew¨ahlt, galt er als der f¨uhrende deutsche Sportdiplomat. 1936 wurde er Pr¨asident des Organisationskomitees f¨ur die Olympischen Winterspiele in GarmischPartenkirchen; 1944 / 45 war er Reichssportf¨uhrer und SABrigadef¨uhrer. 1945-50 in Buchenwald interniert, wurde er anschließend Direktor der S¨uddeutschen Bank in M¨unchen und war 1951-61 Mitglied des IOC und Pr¨asident des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) f¨ur Deutschland. C Weiß

Halter, Rudolf, o¨ sterr. Ingenieur, * 11. 9. 1860 Wien, † 27. 9. 1938 Wien. Nach dem Studium an der TH Wien trat H. in den Dienst der nieder¨osterreichischen Landesregierung ein, wurde Baurat,

sp¨ater Abteilungsvorstand der Donauregulierungskomission und leitete u. a. den Bau der Staustufe Kaiserbad. 1909-29 war er o. Prof. f¨ur Grundbau, Stau- und Wasserkraftanlagen an der TH Wien, 1923 / 24 deren Rektor und 1919-33 Pr¨asident der freien Vereinigung f¨ur technische Volksbildung. H. ver¨offentlichte u. a. Die Aufgaben des Wasserbaues und ihr wirtschaftlicher Zusammenhang (1911), Wien und die Donau (1917) und Die technische Grundlage der Donauschiffahrt (1931). C Czeike

Haltiner, Alfred, schweizer. Schauspieler, Regisseur, * 15. 12. 1936 Rh¨az¨uns (Kt. Graub¨unden), † 7. 12. 1973 Z¨urich. Der Bauernsohn arbeitete zun¨achst in verschiedenen Berufen, absolvierte sp¨ater eine kaufm¨annische Lehre und war Angestellter in Z¨urich. Von seinem Halbbruder Walter Matthias → Diggelmann in die Z¨urcher Literatur- und Theaterkreise eingef¨uhrt, wurde H. Schauspieler und war 1964 / 65 Regieassistent Erwin → Piscators an der Berliner Volksb¨uhne, 1965 / 66 am D¨usseldorfer Schauspielhaus. Er bildete sich an Lee Strasbergs Actors’ Studio in New York weiter, spielte 1966-69 in der Schauspieltruppe Z¨urich und geh¨orte 1971-73 dem Schauspielhaus Z¨urich an. H. wirkte an zahlreichen deutschen, schweizer. und amerikanischen Filmund Fernsehproduktionen mit. C CH 91

Haltmeier, Otto, Technologe, Unternehmer, * 21. 6. 1896 Frankfurt / Main, † 5. 6. 1976 Sch¨onberg / Taunus. Der Sohn des Rupfenschneiders Heinrich H. war nach dem Ingenieurstudium an der TH Darmstadt (1919-25) dort 1927-45 Dozent f¨ur M¨ullerei und deren Maschinen. Außerdem engagierte er sich bei der Firma Heinrich und Dr.-Ing. Otto Haltmeier, einer Kupfer- und AluminiumSchmiede in Frankfurt / Main, deren Mitinhaber er war. H. gab die „Zeitschrift f¨ur das gesamte M¨uhlenwesen“ heraus. C Renkhoff

Haltrich, Josef, Volkskundler, * 25. 7. 1822 S¨achsischRegen (Siebenb¨urgen), † 17. 5. 1886 Schaas bei Sch¨aßburg (Siebenb¨urgen). H. studierte 1845-47 Theologie, Philologie und Geschichte an der Univ. Leipzig, wurde 1850 Gymnasiallehrer, 1869 Rektor der Bergschule in Sch¨aßburg und ließ sich 1872 als Pfarrer in Schaas nieder. 1851 u¨ bertrug ihm der Verein f¨ur Siebenb¨urger Landeskunde die Edition eines siebenb¨urgischs¨achsischen W¨orterbuchs; 1859 berief ihn das Germanische Nationalmuseum N¨urnberg in seinen Gelehrtenausschuß. H. erforschte vorwiegend m¨undliches und schriftliches Volksgut, ver¨offentlichte u. a. Deutsche Volksm¨archen aus dem Sachsenland (1859) und gab ferner kunsthistorische St¨adteMonographien heraus. C Myß

Haluschka, Helene, geb. H´el`ene Grilliet, Schriftstellerin, * 10. 12. 1892 Montb´eliard (Frankreich), † 20. 12. 1974 Graz. ¨ Von Beruf Lehrerin, lebte H. seit 1909 in Osterreich. Sie war Mitarbeiterin franz¨osischer Zeitungen und schrieb Erz¨ahlungen und Unterhaltungsromane in franz¨osischer, sp¨ater deutscher Sprache (u. a. Und die anderen?, 1965). Sie ver¨ o¨ ffentlichte auch Ubersetzungen aus dem Franz¨osischen, Ratgeber und die „Tagebuchbl¨atter“ Eine Franz¨osin erlebt Großdeutschland (1938). C DLL Hamacher, Heinrich, Politiker, * 9. 4. 1899 K¨oln, † 19. 7. 1974. Von Beruf Drahtzieher, kehrte H. schwerkriegsbesch¨adigt aus dem Ersten Weltkrieg zur¨uck und besuchte anschließend das Gewerkschaftsseminar in K¨oln. 1930 wurde er Sekret¨ar der SPD in K¨oln, war 1936 wegen illegaler politischer Bet¨atigung angeklagt und wurde 1944 erneut verhaftet.

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Hamacher Seit 1945 war er Sekret¨ar und Gesch¨aftsf¨uhrer der Sozialdemokratischen Partei in K¨oln sowie Vorsitzender des Verbandes politisch verfolgter Sozialdemokraten in NordrheinWestfalen. 1957 zog H. als Abgeordneter in den Bundestag ein.

Hamacher, Wilhelm, Politiker, * 11. 10. 1883 Troisdorf (Rheinland), † 29. 7. 1951 Bonn. Nach dem Studium der Geschichte, Erdkunde und Klassischen Sprachen in Bonn und M¨unchen wurde H. 1911 mit der Arbeit Die Reichsstadt K¨oln und der Siebenj¨ahrige Krieg zum Dr. phil. promoviert. Als Lehrer zuletzt Oberstudiendirektor in Troisdorf, schloß er sich der Zentrumspartei an. 1920-33 war er Generalsekret¨ar der Rheinischen Zentrumspartei und 1926-33 Vertreter des Rheinlandes im Reichsrat. Nach dem Zweiten Weltkrieg Mitbegr¨under der Deutschen Zentrumspartei in Soest, wurde H. 1945 Vorsitzender der Partei f¨ur die britisch besetzte Zone, 1946 f¨ur die Nordrhein-Provinz. 1945-49 leitete er das Gymnasium in Siegburg und war 1948-51 B¨urgermeister von Troisdorf. 1946 war er Mitglied des Landtags und Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen. 1948 erfolgte die Wahl zum zweiten Vorsitzenden der Deutschen Zentrumspartei, f¨ur die H. 1949 in den Deutschen Bundestag einzog. C Lex Christl Demokr

Hamacher, Willy, Maler, * 10. 7. 1865 Breslau, † 9. 7. 1909 Bad Reinerz. H. besuchte die Breslauer Kunstschule, war 1889 / 90 Meistersch¨uler Eugen → D¨uckers an der Kunstakademie D¨usseldorf und beendete seine Ausbildung nach Studienaufenthalten in Paris und Italien als Meistersch¨uler Hans → Gudes an der Berliner Akademie. Er malte Landschaften, h¨aufig K¨ustenlandschaften, sowie Seest¨ucke, u. a. Schwedische K¨uste bei Kullen (1889). C Th-B

Hamann, Bernhard, Musiker, Musikp¨adagoge, * 21. 6. 1909 Hamburg, † 27. 1. 1968 Hamburg. Der Sohn eines Handwerkers trat bereits als Kind mit virtuosem Geigenspiel auf und studierte 1926-31 bei Gustav → Havemann in Berlin. Im folgenden Jahr wurde er Erster Konzertmeister der Hamburger Philharmonischen Gesellschaft, 1934 beim Reichssender Hamburg und gr¨undete im selben Jahr das „Hamann-Quartett“, das neben klassischen und romantischen Werken zeitgen¨ossische Kompositionen auff¨uhrte. H. war 1942-45 Mitglied der Dresdner Philharmonie, kehrte nach Kriegsende in seine Heimatstadt zur¨uck und war dort bis an sein Lebensende Konzertmeister im Symphonieorchester des Nordwestdeutschen, sp¨ater Norddeutschen Rundfunks. Seit 1955 hatte er eine Professur an der Hamburger Musikhochschule inne. H. komponierte u. a. ein Violinkonzert in e (1944). C MGG Hamann, Christel (Bernhard Julius), Ingenieur, * 27. 2. 1870 Hammelwarden (Oldenburg), † 9. 6. 1948 Berlin. H., Sohn eines oldenburgischen Grenzaufsehers und sp¨ateren Amtsboten, wurde am Nautischen Institut in Bremerhaven zum Mechaniker ausgebildet, besuchte daneben das dortige Technikum und war anschließend in verschiedenen renommierten Werkst¨atten t¨atig. 1896 gr¨undete er ein eigenes Institut in Berlin und baute geod¨atische und mathematische Instrumente (u. a. die Rechenmaschine „Gauss“), f¨ur die er 1900 auf der Pariser Weltausstellung ausgezeichnet wurde. Sp¨ater entwickelte H. f¨ur die Mercedes B¨uromaschinenwerke Rechen- und Buchhaltungsmaschinen, darunter „Mercedes Euclid“, und wechselte nach dem Ersten Weltkrieg zur Deutschen Telephonwerke- und Kabelindustrie AG, f¨ur die er u. a. das sogenannte Schaltklinksystem erfand, das erstmals automatische Division erm¨oglichte (u. a. „Hamann Manus“). C NDB

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Hamann, Elisabeth Margareta, Pseud. E. M. Harms, Journalistin, Schriftstellerin, * 18. 12. 1853 Hans¨uhn (Holstein), † 21. 5. 1931 Scheinfeld (Franken). H. leitete 1902-05 die Zeitschrift „Die christliche Frau“ und war Mitherausgeberin der Zeitschrift „Haus und Welt“. Sie schrieb Essays, Novellen und Biographien neuerer Dichter (u. a. von Emilie → Ringseis) und gab Kalender und Almanache heraus. Sie verfaßte auch einen Abriß der Geschichte der deutschen Literatur (1895), der in zahlreichen Auflagen (71918) weite Verbreitung fand. C Kosch: Kath Hamann, G¨unther, o¨ sterr. Historiker, * 12. 10. 1924 Wien, † 13. 10. 1994 Wien. Nach dem Kriegsdienst studierte H. an der Univ. Wien ¨ und arbeitete am Institut f¨ur Osterreichische Geschichtsforschung. Seit 1964 a. o., seit 1971 o. Prof. der Geschiche der Neuzeit an der Univ. Wien, besch¨aftigte er sich mit der Geschichte der Entdeckungen und der Naturwissenschaften. Sein Werk Eintritt der s¨udlichen Hemisph¨are in die europ¨aische Geschichte erhielt 1969 den portugiesischen Nationalpreis f¨ur wissenschaftliche Literatur. 1974 wurde er ¨ ordentliches Mitglied der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften, wo er seit 1973 die Dokumentationsstelle f¨ur Geschichte der Naturwissenschaften und Geographie leitete. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Das alte Universit¨atsviertel in Wien 1385-1985 (1985), Aufs¨atze zur Wissenschafts- und Entdeckungsgeschichte (1993) und Die Welt begreifen und erfahren (1993). ¨ Akad, Jg. 145 C Almanach Ost ¨ Schriftsteller, * zwischen Hamann, Johann Georg d. A., 10. 7. und 15. 11. 1697 Wendisch-Ossig (Oberlausitz), † 14. 7. 1733 Hamburg. H. studierte 1719-27 in Leipzig Rechtswissenschaft und ließ sich vermutlich anschließend in Hamburg nieder, wo er bis zu seinem fr¨uhen Tod als Schriftsteller lebte. Er war Hauslehrer in der Familie von Hagedorn, gab mehrere Moralische Wochenschriften, u. a. die „Hamburgischen Ausz¨uge aus den neuen B¨uchern“ (1728 / 29), heraus und war 1731 / 32 Redakteur des „Hamburgischen unparteiischen Correspondenten“. H. schrieb Oden und Operntexte, zu denen Georg Philipp → Telemann die Musik komponierte, Kirchenlieder und (anonym) Fortsetzungen zu Barockromanen. Als sein bekanntestes Werk gilt das Poetische Lexicon (1725, 41765), das in Abgrenzung zu a¨ hnlichen Unternehmungen anderer Autoren neben der Barock- auch die zeitgen¨ossische Literatur ber¨ucksichtigte. H. war der Onkel des philosophischen Schriftstellers Johann Georg → H. C Killy

Hamann, Johann Georg, Schriftsteller, * 27. 8. 1730 K¨onigsberg, † 21. 6. 1788 M¨unster (Westfalen). Der Sohn des st¨adtischen Baders tat sich schwer mit einer b¨urgerlichen Existenz. Das Studium von Theologie, Philosophie, Jurisprudenz und sch¨oner Literatur brach er bald als „Invalide des Apoll“ ab. Auf zwei baltischen Hauslehrerstellen scheiterte er, schon ganz literarischer T¨atigkeit und einem uners¨attlichen Lesehunger hingegeben. Eine mißlungene, wohl handelspolitische Mission nach London (1757 / 58) f¨uhrte schließlich zu einer Lebenskrise, die mit intensiver Bibellekt¨ure, ihn lebenslang bestimmend, und einer Kehre zu lebendiger christlicher Fr¨ommigkeit u¨ berwunden wurde. H. fand bei der Niederschrift der nicht zur Ver¨offentlichung bestimmten Biblischen Betrachtungen eines Christen zu seinem Lebensthema, der Kondeszendenz Gottes in die Men-

Hamann schensprache (insbesondere der Bibel), und zu seiner religi¨os motivierten Autorschaft. Sie erhielt ihren ersten o¨ ffentlichen Ausdruck in der von Kontroversen mit aufgekl¨arten Freunden (u. a. Immanuel → Kant) begleiteten Schrift Sokratische Denkw¨urdigkeiten (1759), einer hintergr¨undigen typologischen Deutung der Sokrates-Gestalt und zugleich kritischen Abrechnung mit dem Zeitgeist. Es folgten einige kleine sprachm¨achtige, gedanklich verdichtete und ironisch verr¨atselte Traktate, die 1762 in dem Sammelband Kreuzz¨uge des Philologen erschienen. In dessen Mitte steht die schnell ber¨uhmte und bis heute Literaturwissenschaft, Sprachphilosophie und Theologie besch¨aftigende Aesthetica in nuce, die als sch¨opfungstheologisch und eschatologisch orientierter Essay H.s gewaltige Einwirkung auf Sturm und Drang, den jungen → Goethe und die Romantik bis hin zu → Jean Paul vermittelte. Mit dieser und den folgenden kryptischen Druckschriften wurde der „Magus in Norden“ (Carl Friedrich von → Moser) zum einflußreichen christlichen Schriftsteller in betonter Frontstellung zum Zeitalter der Aufkl¨arung, um dessen Brieffreundschaft sich bald f¨uhrende Geister bewarben (u. a. → Herder, Kant, → Jacobi, → Lavater, → Claudius, → Nicolai). Seine zukunftstr¨achtigen Gedankenkeime sind zu epochaler Wirkung besonders durch Herder gelangt, der sie auch an Goethe weitervermittelte. Dieser wollte in H. sogar den hellsten Kopf seiner Zeit sehen (vgl. Dichtung und Wahrheit, 12. Buch). Als Sp¨atsch¨uler darf Søren Kierkegaard bezeichnet werden. H.s pers¨onliche Existenz in K¨onigsberg festigte sich nur m¨uhsam. Seit 1777 war er Packhofverwalter beim Zoll, und er lebte in nie gesetzlich legitimierter, gl¨ucklicher „Gewissensehe“ mit einer einfachen Frau, die ihm vier Kinder gebar. Die untergeordnete berufliche Stellung, die er typologisch stilisierte (Mt 9,9), erlaubte ihm, eine ungeheure Belesenheit in allen erreichbaren Literaturen zu erwerben, die er witzig verfremdend und tiefsinnig fromm in Zitatmontagen (Cento-Stil) seiner schriftstellerischen Strategie dienstbar zu machen wußte. Diese „Autorhandlungen“ waren meist auf das Ziel gerichtet, die religi¨ose Leidenschaft und Tiefe des Christentums im Sinne von → Luthers Glaubensdenken den Lesern nahezubringen. Seine literarischen Fehden als Metakritiker des Aufkl¨arungsdenkens und der friderizianischen Politik er¨offneten u. a. die Auseinandersetzung mit der historisch-kritischen Theologie (Johann David → Michaelis), mit Herders Theorie des Sprachursprungs (Des Ritters von Rosenkreuz letzte Willensmeynung [. . .], 1772), mit dem religionsgeschichtlichen Synkretismus eines Johann August → Starck (Hierophantische Briefe), mit Theodor Gottlieb → Hippels Eheverst¨andnis (Versuch einer Sibylle u¨ ber die ¨ Ehe), mit zeitgen¨ossischer Asthetik (F¨unf Hirtenbriefe das Schuldrama betreffend) und mit Moses → Mendelssohns Berufung auf das Judentum (Golgatha und Scheblimini, 1784). Diese Schrift insbesondere begr¨undete H.s Wirkung in der deutschen Erweckungsbewegung. Einen H¨ohepunkt bildete H.s Auseinandersetzung mit Kants gerade erschienener Kritik der reinen Vernunft (1787) in der kleinen Schrift Metakritik u¨ ber den Purismus der Vernunft (gedruckt 1800), die, scharfsinnig und ungemein komplex, auch gegenw¨artig Philosophen und Sprachdenker besch¨aftigt. Von hier aus d¨urfte sich das besondere Interesse erkl¨aren, das → Hegel an H.s Denken nahm. Aus H.s nicht unkritischer Freundschaft mit Friedrich Heinrich Jacobi, die vor allem im Briefwechsel der letzten Jahre dokumentiert ist (Spinozismus-Debatte), erwuchs der Plan einer Reise H.s nach Westdeutschland und Weimar. Seine Urlaubsgesuche wurden schließlich mit der Entlassung aus dem Dienst beantwortet. Er besuchte 1787 Jacobi in D¨usseldorf und hielt sich einige Zeit in M¨unster in dem ihn verehrenden Kreis um die F¨urstin → Gallitzin auf. Dort starb

der kaum Achtundf¨unfzigj¨ahrige nach kurzer Krankheit. Der ¨ Grabstein auf dem Uberwasserfriedhof in M¨unster zitiert die Apostelworte von der Torheit Gottes (1 Kor 1,23. 25. 27). WEITERE WERKE: S¨amtliche Werke. Hrsg. v. Josef Nadler. 6 Bde., Wien 1949-57. – J. G. H.s Hauptschriften erkl¨art. Hrsg. v. Fritz Blanke / Lothar Schreiner. 5 Bde., G¨utersloh 1956-63. – Briefwechsel. Hrsg. v. Walther Ziesemer / Arthur Henkel. 7 Bde., Frankfurt / Main 1955-79. – J. G. H.: Sokratische Denkw¨urdigkeiten. Aethetica in nuce. Stuttgart 1968. LITERATUR: Josef Nadler: J. G. H. Der Zeuge des Corpus mysticum. Salzburg 1949. – Sven-Aage Jørgensen: J. G. H. Stuttgart 1976. – Bernhard Gajek (Hrsg.): Acta des Internationalen Hamann-Colloquiums. Marburg 1983 ff. (bisher 5 Bde.). – Oswald Bayer: Zeitgenosse im Widerspruch. J. G. H. als radikaler Aufkl¨arer. M¨unchen 1988. – Bernhard Gajek (Hrsg.): J. G. H., Autor und Autorschaft. Acta des Sechsten Internationalen Hamann-Kolloquiums im HerderInstitut zu Marburg / Lahn 1992. Bern u. a. 1996. – Isaiah Berlin: The Magus of the North: J. G. H. and the Origin of Modern Irrationalism. London 1993. Dt.: Der Magus in Norden. J. G. H. und der Ursprung des modernen Irrationalismus. Berlin 1995. – Oswald Bayer (Hrsg.): J. G. H. „Der hellste Kopf seiner Zeit“. T¨ubingen 1998. – Christina Reuter: Autorschaft als Kondeszendenz. J. G. H.s erlesene Dialogizit¨at. Berlin 2005. Joachim Ringleben

Hamann, Johann Michael, P¨adagoge, Schriftsteller, * 27. 9. 1769 K¨onigsberg, † 12. 12. 1813 K¨onigsberg. Der Sohn Johann Georg → H.s studierte seit 1784 an der Univ. K¨onigsberg Philosophie und Philologie und begleitete 1787 / 88 seinen Vater auf dessen Reise nach Westfalen. 1789-93 Erzieher in Kurland, kehrte er anschließend als Hilfslehrer an der Domschule nach K¨onigsberg zur¨uck und wurde 1796 Rektor der Altst¨adtischen Schule in K¨onigsberg. H. reformierte die Schule, die 1811 Gymnasium wurde, und verfaßte p¨adagogische Schriften und Lehrb¨ucher. Zu seinen lyrischen Publikationen z¨ahlen u. a. die Bl¨atter des Gef¨uhls und der Erinnerung (1799). C Killy Hamann, Karl, Politiker, * 4. 3. 1903 Hildesheim, † 16. 6. 1973 M¨unchen. H. studierte an den Landwirtschaftlichen Hochschulen Hohenheim und M¨unchen sowie an den Universit¨aten Bonn und Berlin, war seit 1926 an verschiedenen Arbeits¨amtern t¨atig und u¨ bernahm 1931 die Leitung einer Siedlungsgenossenschaft in Th¨uringen; 1933 wurde er zum Dr. agr. promoviert. Seit 1935 selbst¨andiger Landwirt, war er 1945 Mitbegr¨under der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands (LDPD). Seit 1947 Vorstandsmitglied, seit 1949 Vorsitzender seiner Partei, war H. Mitglied der Volkskammer und wurde Minister f¨ur Handel und Versorgung in der Regierung → Grotewohl. 1952 wegen „Sabotage der Versorgung“ verhaftet, aller Funktionen enthoben und aus der Partei ausgeschlossen, wurde er 1954 zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Seit der Entlassung aus der Haft 1956 lebte er unter Polizeiaufsicht in Leipzig; 1957 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland aus. H. wurde 1990 vom Bund Freier Demokraten politisch, 1991 vom Landgericht Berlin juristisch rehabilitiert. C DDR Hamann, Otto, Zoologe, Bibliothekar, * 28. 11. 1857 Leipzig, † 3. 5. 1925 Berlin. H., Sohn eines Offiziers, studierte in Jena und Neapel Naturwissenschaften, insbesondere Zoologie, Anatomie und Kunstgeschichte, erhielt 1880 eine Assistentenstelle am Zoologischen Institut von Ernst → Haeckel in Jena und wurde 1882 promoviert (Der Organismus der Hydroidpolypen). 1884 habilitierte er sich f¨ur Zoologie und Vergleichende Anatomie in G¨ottingen, wurde 1892 zum Titularprofessor ernannt und trat als Bibliothekar in die Staatsbibliothek in

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Hamann Berlin ein. H., der neben fachspezifischen Themen weltanschauliche Fragen der Biologie behandelte, den Darwinismus kritisierte und gegen Haeckel einen Prozeß f¨uhrte, vero¨ ffentlichte u. a. Professor Ernst Haeckel in Jena und seine Kampfesweise. Eine Erwiderung (1893), Beitr¨age zur Histologie der Echinodermen (4 Bde., 1884-89), Die Nemathelminthen (2 Bde., 1891-95), Entwicklungslehre und Darwinismus (1892), Europ¨aische H¨ohlenfauna (1896), Die Abstammung des Menschen (1909, 21912) und Biologie Deutscher Dichter und Denker (1923).

Hamann, Otto, o¨ sterr. Schriftsteller, Orthop¨ade, * 4. 9. 1882 Michaelnbach (Ober¨osterreich), † 13. 2. 1948 Michaelnbach. Von Beruf praktischer Arzt, u¨ bernahm H. 1910 die v¨aterliche Praxis in Michaelnbach, bildete sich im Ersten Weltkrieg als Milit¨ararzt in S¨uddalmatien zum Orthop¨aden aus und ließ sich als solcher in Linz nieder. Seit 1920 propagierte er in Vortr¨agen und Publikationen eugenische Maßnahmen, die Abkehr vom Rationalismus und die R¨uckkehr zu einem naturnahen Leben. 1920-25 war er st¨andiger Mitarbeiter der Zeitschrift „Der W¨achter“, in der auch Ausz¨uge aus seiner Lebensgeschichte Zwischen Abendland und Morgenland erschienen. In Linz gr¨undete und leitete H. mehrere Verb¨ande, ¨ darunter den Eichendorffbund f¨ur Osterreich (1919), die Linzer Urania (1924) und den ober¨osterreichischen Schriftstel¨ lerverband (1930). 1937 zog er sich aus der Offentlichkeit zur¨uck. C NDB Hamann, (Heinrich) Richard, Kunsthistoriker, * 29. 5. 1879 Seehausen (Kr. Wanzleben), † 9. 1. 1961 Immenstadt / Allg¨au. Der Sohn eines Postschaffners studierte 1898-1902 Philosophie, Literatur- und Kunstgeschichte an der Univ. Berlin und wurde bei Wilhelm → Dilthey mit einer Arbeit u¨ ber Das Symbol promoviert. Anschließend schrieb er als freier Wis¨ senschaftler u. a. Beitr¨age f¨ur die Zeitschrift „Asthetik und Kunstwissenschaft“. 1911 habilitierte er sich bei → W¨olfflin an der Univ. Berlin und u¨ bernahm im selben Jahr die kunsthistorische Professur an der Akademie Posen, 1913 das Ordinariat an der Univ. Marburg, wo er bis 1949 lehrte. H. legte mit dem „Bildarchiv Foto Marburg“ erstmals ein Archiv mit photographischen Darstellungen von Kunstwerken aus aller Welt an und gr¨undete 1922 den Verlag des Kunstgeschichtlichen Seminars, 1929 das Forschungsinstitut f¨ur Kunstgeschichte. Er gab mehrere kunsthistorische Periodika und popul¨arwissenschaftliche Reihen heraus, betreute 1947-57 als Gastprofessor den Kunsthistorischen Lehrstuhl der Humboldt-Universit¨at in Berlin und wurde 1949 ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Berlin. H. befaßte sich u. a. mit Rembrandt, romanischer Bauplastik sowie deutscher und franz¨osischer Kunst des Mittelalters und des 19. und 20. Jahrhunderts. Er ver¨offentlichte u. a. Rembrandts Radierungen (1906), Der Impressionismus in Leben und Kunst (1907) und eine Geschichte der Kunst von der altchristlichen Zeit bis zur Gegenwart (1932, Neuaufl. 1965). C Metzler Kunsthistoriker Hamberg, Theodor, evang. Missionar, * 25. 3. 1819 Stockholm, † 13. 5. 1854 Hongkong. Von Beruf Exportkaufmann, trat H. 1844 in die evang. Missionsgesellschaft in Basel ein, schloß sich Rudolf → Lechler an und wurde 1846 gemeinsam mit Lechler, Heinrich K¨oster und Ferdinand → Gen¨ahr zur Mission in Hongkong entsandt. Seit 1847 missionierte er unter den Hakka, deren Sprache er erlernte, ließ sich 1848 in Tungfo nieder und bet¨atigte sich dort als Krankenheiler und Lehrer. 1849 wurde er von Karl → G¨utzlaff zu seinem Vertreter als Leiter des „Vereins zur Verbreitung des Evangeliums in China durch Chinesen“ in Hongkong ernannt. Neben einem unver¨offentlichten W¨orterbuch der Hakka-Sprache schrieb H. The Chinese rebel chief

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Hung-Siu-Tsuen and the origin of the insurrection in China C BBKL (1855).

Hamberger, Georg Christoph, Bibliothekar, Literaturhistoriker, Lexikograph, * 28. 3. 1726 Feuchtwangen, † 8. 2. 1773 G¨ottingen. Der Neffe Georg Erhard → H.s begann 1746, Philologie zu studieren, wurde bereits im folgenden Jahr auf Empfehlung seines Onkels Johann Matthias → Gesner Kustosadjunkt an der G¨ottinger Universit¨atsbibliothek und begann parallel zu dem in Hannover betreuten Generalregister der Bibliothek mit der Anlage eines Manuals in G¨ottingen. 1755 zum a. o. Prof. der Philologie an der Univ. G¨ottingen ernannt, wurde er 1763 o. Prof. und Zweiter Bibliothekar. Als H.s Hauptwerk gilt das von Johann Georg → Meusel fortgesetzte Gelehrte Teutschland (1756 ff.). C LGB Hamberger, Georg Erhard, Mediziner, getauft 13. 12. 1697 Jena, † 22. 7. 1755 Jena. H., Sohn eines Professors f¨ur Mathematik und Physik, studierte seit 1714 Mathematik, Physik und Medizin an der Univ. Jena (Promotion 1721, Dissertationem inauguralem medicam de malignitate in morbis) und wurde 1724 Landphysikus in Weimar. 1726 kehrte er als a. o. Prof. der Medizin nach Jena zur¨uck und wurde 1729 Landphysikus, 1737 o. Prof. der Mathematik und Physik. Als o. Prof. der Medizin (seit 1744) lehrte er zun¨achst Botanik, Anatomie und Chirurgie, seit 1748 Pathologie und seit 1749 Physiologie. H., Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina seit 1731, wurde u. a. durch seine theoretisch abgeleitete Deutung des Atemmechanismus als Kontraktion der Zwischenrippenmuskeln bekannt, geriet u¨ ber seine Theorie eines Luftpolsters im Pleuraraum in Streit mit Albrecht von → Haller und ver¨offentlichte u. a. Elementa physices methodo mathematica (1727, 51761), De respirationis mechanismo et usu genuino dissertatio (1748) und Nachrichten von den vornehmsten Schriftstellern vom Anfange der Welt bis 1500 (4 Tle., 1756-64). Er war der Onkel von Georg Christoph → H. C NDB Hamberger, Julius, evang. Theologe, * 3. 8. 1801 Gotha, † 5. 8. 1885 M¨unchen. H., Urgroßneffe Georg Erhard → H.s, studierte in Erlangen Theologie und war seit 1828 Religionslehrer, sp¨ater auch Prof. der deutschen Sprache und Literatur an der Kadettenanstalt in M¨unchen. Angeregt von Franz von → Baader und Jacob → B¨ohme, befaßte er sich mit dem Zwiespalt zwischen Glauben und Wissen, Vernunft und Offenbarung (u. a. Lehrbuch der christlichen Religion, 1839). H. gab Schriften B¨ohmes und Friedrich Christoph → Oetingers heraus. Die Erinnerungen aus meinem Leben erschienen 1883. C RE Hambrock, (Dietrich) Alexander, Fabrikant, * 26. 5. 1841 Hamburg, † 17. 1. 1895 Altona (heute zu Hamburg). Gemeinsam mit seinem Kommilitonen und sp¨ateren Schwager Johannes → Menck gr¨undete H., Sohn eines Dispacheurs, 1868 in Hamburg-Ottensen die Maschinenfabrik Menck & Hambrock. Seit dem Anschluß Holsteins an Preußen wurden Industrieansiedlungen besonders gef¨ordert, so daß das junge Unternehmen landwirtschaftliche Fl¨achen an der Altonaer Bahn erwerben und das erste Fabrikgeb¨aude errichten konnte. Die Firma baute zun¨achst Dampfkessel, sp¨ater u. a. transportable Dampfwinden und existierte noch nach dem Zweiten Weltkrieg. C NDB

Hambruch, Paul, Ethnologe, * 22. 1. 1882 Hamburg, † 23. 6. 1933 Hamburg. H., Sohn eines Lehrers und sp¨ateren Privatingenieurs, studierte Naturwissenschaft, Mathematik und Chemie an der

Hamburger Univ. G¨ottingen, Geographie, Anthropologie und Ethnologie an der Univ. Berlin und war Mitarbeiter des Berliner V¨olkerkundemuseums. Nach der Promotion 1907 (Wuvula und Aua [Maty- und Durour-Inseln]) wurde er zur Teilnahme an der S¨udsee-Expedition auf dem Forschungsschiff „Peiho“ ausgew¨ahlt und mit der Erforschung des mikronesischen Gebiets, u. a. der Inseln Nauru und Ponape beauftragt. H. wurde nach seiner R¨uckkehr Leiter, sp¨ater Kustos der Indo-ozeanischen Abteilung am Hamburger V¨olkerkundemuseum und hielt am Kolonialinstitut Vorlesungen u¨ ber Sprachen und Kulturen der S¨udsee. Nach Gr¨undung der Univ. Hamburg habilitierte er sich f¨ur V¨olkerkunde und wurde 1922 a. o. Professor. H. ver¨offentlichte u. a. Landeskunde von Schleswig-Holstein, Helgoland und der Freien und Hansestadt Hamburg (1912), Das Wesen der Kulturkreislehre. Zum Streite um Leo Frobenius (1924) und Ponape (mit Anneliese Eilers, 3 Bde. 1932-36). C NDB

Hamburger, Ernst, Historiker, Politiker, * 30. 12. 1890 Berlin, † 2. 4. 1980 New York. H., Sohn eines leitenden Angestellten, studierte 1909-13 an der Univ. Berlin Geschichte, Volkswirtschaft und Philologie und trat nach der Promotion 1914 in den h¨oheren Schuldienst ein. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1915-18 war er 1919 / 20 in der Waffenstillstandskommission t¨atig und wurde 1921 Leiter der Pressestelle beim Oberpr¨asidium Breslau. Seit 1922 war er Regierungsrat, seit 1927 Oberregierungsrat im preuß. Innenministerium t¨atig und vertrat 1924-33 als Mitglied der SPD Breslau im preuß. Landtag. 1933 emigrierte er u¨ ber Frankreich 1940 in die USA. H. lehrte an der New School of Social Research in New York, war 1948-55 Gesch¨aftsf¨uhrer der Abteilung Menschenrechte bei den Vereinten Nationen und geh¨orte seit 1956 dem Vorstand des Leo-Baeck-Instituts an. Er ver¨offentlichte u. a. Juden im o¨ ffentlichen Leben Deutschlands (1968). C Schr¨oder

Hamburger, Alfred, Textilindustrieller, * 7. 3. 1870 Breslau, † n. e. H., Sohn des Kaufmanns Heinrich H., wurde in M¨uhlhausen (Th¨uringen) und in den Familienbetrieben ausgebildet. 1896 trat er in die von seinem Großvater Itzig → H. gegr¨undete Firma I. Z. Hamburger G. m. b. H., Großhandlung von Baumwoll- und Leinenwaren, mechanische Leinenweberei ein und wurde deren Besitzer und Gesch¨aftsf¨uhrer. Daneben war er Aufsichtsratsvorsitzender der 1871 gegr¨undeten, von Max → H. geleiteten Albert Hamburger A. G. (Textilfabrik) in Landeshut (Schlesien) und der Kattundruckerei F. Suckert A.-G., Großlangenbielau.

Hamburger, Franz, o¨ sterr. P¨adiater, * 14. 8. 1874 Pitten (Nieder¨osterreich), † 29. 8. 1954 V¨ocklabruck (Ober¨osterreich). Nach Abschluß seiner Studien an den Universit¨aten Heidelberg, M¨unchen und Graz 1898 bereiste H. als Schiffsarzt ¨ des Osterreichischen Lloyd ein Jahr lang Ostasien. Zur¨uckgekehrt, wurde er an der Universit¨ats-Kinderklinik Graz Assistent Theodor → Escherichs, folgte ihm 1902 an die Univ. Wien und habilitierte sich dort 1906. 1908 u¨ bernahm er die Leitung der Kinderabteilung der Allgemeinen Poliklinik, wurde 1912 a. o. Prof. und lehrte 1917-30 als o. Prof. der Kinderheilkunde an der Univ. Graz. H. war 1930-45 als Nachfolger Clemens von → Pirquets Vorstand der Universit¨ats-Kinderklinik in Wien. Als Nationalsozialist 1945 entlassen, er¨offnete er in V¨ocklabruck eine Kinderarztpraxis. H. befaßte sich u. a. mit Tuberkulose und Neurosen im Kindesalter, F¨ursorge und Erziehung und ver¨offentlichte u. a. Allgemeine Pathologie und Diagnostik der Kindertuberkulose (1910, unter dem Titel Die Tuberkulose des Kindesalters, 2 1912, 31932), Kinderheilkunde (1926, 51948), Kinderpflege (1932, 41943), Die Neurosen des Kindesalters (1939) und ¨ Uber den Umgang mit Kindern (1951, 41963). ¨ 2, 3 C Arzte

Hamburger, Carl, Ophthalmologe, * 13. 7. 1870 Breslau, † 4. 5. 1944 Gland (Kt. Waadt). Nach Abschluß seiner Studien an den Universit¨aten Breslau und Freiburg / Breisgau 1895 (Dissertation Vergleichende Untersuchung u¨ ber die Einwirkung des Speichels, des Pankreas- und Darmsaftes sowie des Blutes auf St¨arkekleister) spezialisierte sich H., Sohn eines Kaufmanns, bei Julius → Hirschberg in Berlin auf Ophthalmologie und f¨uhrte danach eine eigene Augenklinik in Berlin. Er befaßte sich mit ern¨ahrungswissenschaftlichen Fragen, Pharmakologie und Hygiene des Auges, Sozialhygiene, Familienplanung und Kindersterblichkeit benachteiligter Gesellschaftsschichten sowie mit medizinischer und sozialer Indikation von Schwangerschaftsabbr¨uchen. H. emigrierte 1939 in die Schweiz. Er ver¨offentlichte u. a. Ern¨ahrung des Auges (1914) und Selbstheilung hoffnungsloser Krankheiten (1928). C BHdE, Bd 2 Hamburger, Erna, schweizer. Ingenieurin, * 14. 9. 1911 Ixelles (Belgien), † 16. 5. 1988 Lausanne. H., Tochter eines Elektroingenieurs, schloß ihr Studium ´ an der Ecole d’Ing´enieurs de Lausanne 1933 als DiplomElektroingenieurin ab, wurde 1936 promoviert (Foucaultscher Str¨omungsverlust in zylindrischen Spulen in einer oder mehreren Schichten) und war anschließend als Mitarbeiterin der Abteilung f¨ur Induktionsforschungsarbeiten der ETH Z¨urich sowie in der Privatwirtschaft t¨atig. Seit 1952 Leite´ rin des Labors f¨ur Elektrotechnik an der Ecole Polytechnique Universitaire Lausanne, wurde sie dort 1957 a. o., 1968 o. Prof. f¨ur Elektrizit¨at und Elektrometrie. H. geh¨orte dem Vorstand und dem Stiftungsrat des von ihr mitbegr¨undeten Technoramas an, war Ehrenmitglied des Schweizer Elektronischen Vereins, Vizepr¨asidentin der International Federation of University Women und seit 1978 Pr¨asidentin des Schweizerischen Verbandes der Berufs- und Gesch¨aftsfrauen. C HLS

Hamburger, Hans (Ludwig), Mathematiker, * 5. 8. 1889 Berlin, † 14. 8. 1956 K¨oln. H., Sohn eines Rechtsanwalts und Notars, studierte in Berlin und G¨ottingen sowie bei Alfred → Pringsheim in M¨unchen ¨ (Promotion 1914, Uber die Integration linearer homogener Differentialgleichungen), habilitierte sich 1919 an der Univ. Berlin f¨ur Mathematik (Erweiterung des Stieltjesschen Momentenproblems), wurde 1922 a. o. Prof. und folgte 1924 einem Ruf als o. Prof. an die Univ. K¨oln. Die Nationalsozialisten entzogen ihm 1935 die Lehrerlaubnis und wiesen ihn 1939 aus Deutschland aus. H. emigrierte nach Großbritannien, lehrte 1941-47 am University College in Southampton, ging anschließend in die T¨urkei und war bis 1953 o. Prof. an der Univ. Ankara. 1953 kehrte er als o. Prof. an der Univ. K¨oln nach Deutschland zur¨uck und nahm 1954 / 55 eine Gastprofessur an der Cornell University in Ithaca (New York, USA) wahr. H. befaßte sich mit Differentialgeometrie und ver¨offentlichte u. a. Bemerkungen zu einem Satze u¨ ber die Riemannsche zeta-Funktion (1923) und Linear transformations in n-dimensional vector space (mit Margaret E. Grimshaw, 1951). C NDB Hamburger, Itzig, Textilkaufmann, * 1811 Schmiegel (Posen), † n. e. Mit 19 Jahren machte sich H. mit einem Gesch¨aft f¨ur Leinwand, Leder und Lumpen in Schmiegel selbst¨andig. 1857 ging er nach Breslau und wurde in seiner bereits Ende der

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Hamburger vierziger Jahre gegr¨undeten und dann von seinem Neffen Josef geleiteten Firma I. Z. Hamburger & Co. t¨atig. Das Gesch¨aft in Schmiegel, in das sein Sohn Hermann H. eintrat, blieb bestehen und wurde von Mitarbeitern gef¨uhrt. 1864 wurde es nach Posen verlegt, 1869 geschlossen. Nach der Lehrzeit traten seine S¨ohne Albert und Heinrich H. in ein neues von H. gegr¨undetes Gesch¨aft ein. Hermann H. und sein Bruder Heinrich H. wurden als Sozius in die v¨aterliche Firma aufgenommen. Albert H. ging nach Landeshut, wo er mit einem Mitarbeiter bzw. Verwandten seines Vaters, Adolf Fr¨ankel, ein Leinenfabrikationsgesch¨aft gr¨undete, die Albert Hamburger A.G. Textilfabrik. Das Familienunternehmen wurde unter der Leitung eines Enkels von H., Alfred → H., zu einer der bedeutendsten Textilfirmen Schlesiens.

Mathematik, Physik und Philosophie an der Univ. und war von 1864 bis an sein Lebensende Oberlehrer an der j¨udischen Knabenschule in Berlin. 1865 wurde er mit der Arbeit De functionis algebraicae evolutionibus in series convergentes secundum potestates variabilis an der Univ. Halle promoviert, habilitierte sich 1879 an der TH Berlin und wurde 1885 Prof. der algebraischen Analysis und Algebra. 1895 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Seit 1896 hielt er auch Vorlesungen u¨ ber Funktionen- und Potentialtheorie und Variationsrechnung. H.s Publikationen befassen sich vorwiegend mit Differentialgleichungen (u. a. Die singul¨are L¨osung der algebraischen Differential-Gleichungen h¨oherer Ordnung, in: Sitzungsberichte der Akademie Berlin, 1899). C NDB

Hamburger, K¨ate, Literaturhistorikerin, * 21. 9. 1896 Hamburg, † 8. 4. 1992 Stuttgart. Die Tochter eines Bankiers schloß das 1917 begonnene Studium der Philosophie, Kunst- und Literaturgeschichte und Geschichte in Berlin und M¨unchen 1922 mit der Promotion ab, arbeitete dann bis 1928 als Buchh¨andlerin und Privatgelehrte in Hamburg und war 1928-32 Assistentin des Berliner Philosophen Paul → Hofmann. 1933 emigrierte sie nach Frankreich, 1934 weiter nach Schweden und nahm 1945 die schwedische Staatsb¨urgerschaft an. 1956 nach Deutschland zur¨uckgekehrt, habilitierte sich H. 1957 an der TH Stuttgart, wurde 1959 Prof. f¨ur Allgemeine und Vergleichende Literaurwissenschaft und lehrte bis 1976 an der TH bzw. sp¨ateren Universit¨at. Als ihr Hauptwerk gilt die Habilitationsschrift, die erz¨ahltheoretische und gattungspoetische Studie Die Logik der Dichtung (1957, neu bearb. 1968, 41994) mit ihrer sprachphilosophisch begr¨undeten Unterscheidung von fiktionalen und faktualen Texten. Daneben ver¨offentlichte H. Studien zu Thomas → Mann, mit dem sie seit 1932 bekannt war, Tolstoj, → Schiller und → Rilke sowie u. a. Von Sophokles zu Sartre. Griechische Dramenfiguren antik und modern (1962, 51974) und Das Mitleid (1985, 21996). 1980 gab sie Hofmanns Problem und Probleme einer Sinnerforschenden Philosophie heraus, 1999 erschien der Band Thomas Mann – K¨ate Hamburger. Briefwechsel 1932-1955 (hrsg. von Hubert Bruntr¨ager). C IGL

Hamburger, Richard, P¨adiater, * 6. 8. 1884 Warschau, † 31. 7. 1940 London. Nach dem Studium der Medizin in Berlin und Rostock und der Promotion zum Dr. med. 1912 in Rostock (Ueber F¨alle von Rhinorrhoea cerebralis mit Atrophie des Nervus opticus und u¨ ber die Ursachen dieses Symptomencomplexes) erhielt H. seine praktische Ausbildung bei Adalbert → Czerny an der Universit¨ats-Kinderklinik der Charit´e in Berlin. Dort habilitierte er sich nach Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1923, wurde 1928 a. o. Prof. und betrieb daneben eine Privatpraxis. Zu seinen Spezialgebieten geh¨orten die S¨auglings- und Kinderern¨ahrung sowie die Rachitis. 1932 wegen seiner j¨udischen Herkunft aus dem Krankenhausdienst entlassen, emigrierte H. 1933 nach Großbritannien, er¨offnete 1934 in London eine eigene Praxis und war fach¨arztlicher Berater am London Jewish Swanley Children’s Hospital. C Seidler

Hamburger, Martin, Journalist, Schriftsteller, * 23. 1. 1876 Berlin, † 12. 2. 1962 Berlin. H. wurde in den USA, in Großbritannien und Frankreich zum Journalisten ausgebildet. Er schrieb u. a. f¨ur das „Berliner Tageblatt“ und die „Dresdner Zeitung“, war 1930-33 Chefredakteur der „Berliner Illustrierten Nachrichten“ und danach mit Berufsverbot belegt. Zwischenzeitlich im Konzentrationslager Buchenwald interniert, gelang ihm sp¨ater die Flucht nach Schanghai, wo er bis 1947 f¨ur die „North China Daily News“, die „Gelbe Post“ und den „Shanghai Jewish Chronicle“ t¨atig war. Seit seiner R¨uckkehr nach Berlin 1947 war er Mitarbeiter u. a. des „Telegraf“, der „Nachtdepesche“ und der „Stuttgarter Zeitung“. H. ver¨offentlichte u. a. den Prosaband Endstation Shanghai (1940). C BHdE, Bd 2 Hamburger, Max, Fabrikbesitzer, * 15. 2. 1868, † n. e. Aus einer schlesischen Textilindustriellenfamilie stammend, studierte H. an der Univ. Breslau Staatswissenschaften und wurde leitender Direktor der Landeshuter Textilfabrik Alfred Hamburger AG, mechanische Leinenspinnerei, -weberei, -f¨arberei und Ausr¨ustungsanstalt. Er war als Stadtrat in Landeshut t¨atig und saß in mehreren Aufsichtsr¨aten der Textilindustrie. Hamburger, Meyer, Mathematiker, * 5. 4. 1838 Posen, † 9. 6. 1903 Berlin. Seit dem Abbruch einer Buchh¨andlerlehre studierte H., Sohn eines Kaufmanns, Chemie am Gewerbeinstitut Berlin, sp¨ater

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Hamel, Carl, auch Karl H., Hygieniker, * 19. 6. 1870 D¨uren (Rheinland), † 12. 9. 1949 Rh¨ondorf bei Bonn. Nach dem Studium in Straßburg, Heidelberg, Berlin und M¨unchen volontierte H., Sohn eines Zeitungsverlegers und Buchh¨andlers, am Pathologisch-Anatomischen Institut der ¨ Univ. M¨unchen (Promotion, Uber angeborene Sacraltumoren) und war 1895-98 an den Chirurgischen Abteilungen der Krankenh¨auser Neurahnsdorf und Friedrichshain, 1898-1901 an der Inneren Abteilung in Charlottenburg und 1901 / 02 an der Charit´e t¨atig. Seit 1902 im Reichsgesundheitsamt, wurde er 1906 Regierungsrat, 1916 Geheimer Regierungsrat und 1918 Vortragender Rat im Reichsamt des Innern. Seit der Reorganisation des Reichsinnenministeriums (1922) Ministerialdirigent und Leiter der Abteilung Volksgesundheitspflege, war er 1926-33 Pr¨asident des Reichsgesundheitsamtes. H. befaßte sich u. a. mit Tuberkulosebek¨ampfung und Volksheilst¨atten. Er war Mitglied internationaler Gesundheitsorganisationen. C NDB Hamel, Georg (Karl Wilhelm), Mathematiker, Physiker, * 12. 9. 1877 D¨uren (Rheinland), † 4. 10. 1954 Landshut. H., Sohn eines Rentmeisters, studierte an der TH Aachen und den Universit¨aten Berlin und G¨ottingen, war nach der Promotion 1901 (Ueber die Geometrien, in denen die Graden die K¨urzesten sind) Assistent in Karlsruhe und habilitierte sich dort 1903 mit der Arbeit Die Lagrange-Eulerschen Gleichungen der Mechanik. 1905 als o. Prof. an die TH Br¨unn berufen, wechselte er in gleicher Eigenschaft 1912 nach Aachen und 1919 nach Berlin. 1935 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. 1945-49 o. Prof. an der nunmehrigen TU Berlin, war er 1946 / 47 Gastprofessor an der Univ. T¨ubingen, 1947 / 48 an der Univ. Berlin und seit 1948 Lehrbeauftragter der TU M¨unchen. H. befaßte sich vor allem mit Mechanik, reiner und angewandter Mathematik und f¨orderte die mathematische Lehre an weiterf¨uhrenden Schulen und Hochschulen. Er ver¨offentlichte u. a. Elementare Mechanik (1912, Nachdr. 1965), Integralgleichungen (1937, 21949) und Theoretische Mechanik (1949, 31967). C Enz Phil Wiss

Hamern´ık Hamel, Gertrud, geb. Giers, Schauspielerin, * 7. 12. 1855 K¨oln, † 27. 7. 1910 Luzern. H. deb¨utierte 1875 in K¨oln, spielte anschließend in Kassel, 1879-85 in Hamburg, 1886-88 in Frankfurt / Main und 1890-94 in Hannover u. a. die Emilia Galotti im gleichnamigen Drama → Lessings. Tourneen f¨uhrten sie durch Rußland, D¨anemark und Amerika. Seit 1899 war H. mit Richard → H. verheiratet. → Carmen Sylva und Friedrich von → Bodenstedt widmeten der gefeierten Schauspielerin GeC Kosch: Theater dichte. Hamel, Johannes, evang. Theologe, * 19. 11. 1911 Sch¨oningen (Kr. Helmstedt), † 2002 Gr¨afelfing bei M¨unchen. Der Sohn eines Lehrers studierte bis 1935 Theologie in T¨ubingen, K¨onigsberg und Halle, schloß sich der Bekennenden Kirche an und arbeitete seit 1939 als Hilfsprediger in Beckwitz, Kayna und Heuckewalde. 1942 zum Kriegsdienst eingezogen, geriet er in amerikanische Gefangenschaft und arbeitete als Lagerpfarrer in Florenz und Pisa. 1947-55 war er Studentenpfarrer in Halle, 1951-73 Mitglied der Synode der Evangelischen Kirchen der Union und 1955-76 Dozent f¨ur Praktische Theologie am Katechetischen Oberseminar in Naumburg / Saale. 1953 im Rahmen der Verfolgung der Jungen Gemeinden in der DDR f¨ur mehrere Monate inhaftiert, forderte H. 1958 in seinem Aufsatz „Die Verk¨undigung des Evangeliums in der marxistischen Welt“ im Gegensatz zu Otto → Dibelius, die DDR-Regierung als Obrigkeit ernst zu nehmen, wurde allerdings von der SED-F¨uhrung weiterhin abgelehnt. 1985 u¨ bersiedelte er in die N¨ahe M¨unchens. C DDR Hamel, Richard, Pseud. Frank Braun, Journalist, * 12. 9. 1853 Potsdam, † 7. 9. 1924 Oldenburg. H., Sohn eines Rentiers, studierte Germanistik, Philosophie und Naturwissenschaften an den Universit¨aten G¨ottingen, M¨unchen Z¨urich, Bern und Rostock, wurde 1878 promoviert und ging im selben Jahr als Lehrer ins finnische Helsingfors. 1880 kehrte er nach Deutschland zur¨uck, versuchte sich als freier Schriftsteller und war seit 1882 Mitarbeiter von Zeitungen in G¨orlitz, Frankfurt / Oder, Halle und Hannover. Als politischer Redakteur verfolgte er eine nationalkonservative, seit der Macht¨ubernahme → Wilhelms II. nationalliberale Politik. H. wurde 1897 Feuilletonredakteur des „Hannoverschen Kuriers“, war bald f¨ur seine Theaterkritiken bekannt (Hannoversche Dramaturgie, 1900) und arbeitete 1903-22 in gleicher Position bei den „Nachrichten f¨ur Stadt und Land“ in Oldenburg. Neben eigenen St¨ucken (u. a. Zwei Meister, 1901, 21902) und Gedichten ver¨offentlichte er literaturwissenschafte und politische Arbeiten, darunter Klopstock-Studien (3 Hefte, 1879 / 80) und Das deutsche B¨urgertum unter Wilhelm II. im Kampf mit dem Junkertum [. . .] (1890). Seit 1899 war er mit Gertrud → H. C Oldenburg verheiratet. Hamelau, Hans, Baumeister, * um 1615 / 20 Holstein, † vor 29. 7. 1670. Von Beruf vermutlich Hauszimmermann, wurde H. 1653 Hamburger B¨urger; in den B¨uchern erscheint er als „Kunstmeister“. Seit 1659 Bau- und Zimmermeister des st¨adtischen Bauhofs in Hamburg, unterstand ihm die Planungs- und Bauleitung der o¨ ffentlichen Bauten. 1662 wurde er nach Holland geschickt, um Vorbilder f¨ur ein im Hamburger Hafen zu errichtendes, noch im selben Jahr fertiggestelltes Baumhaus zu studieren. H. gilt neben Peter Marquard als der bedeutendste Hamburger Baumeister in der zweiten H¨alfte des 17. Jahrhunderts. Seine Fachwerk- und Backsteinbauten galten als dauerhaft und langlebig, wurden jedoch s¨amtlich im 19. Jh. zerst¨ort oder abgetragen. C NDB

Hamelmann, Hermann, kath., dann evang. Theologe, * um 1526 Osnabr¨uck, † 26. 6. 1595 Oldenburg. H., Sohn eines Notars und Kanonikus, der nach dem Tod seiner Ehefrau Priester und Kanonikus des Hochstifts Osnabr¨uck wurde, studierte in K¨oln und Mainz und war als kath. Priester seit 1550 in M¨unster und Kamen an gegenreformatorischen Maßnahmen in Westfalen beteiligt. 1553 trat er o¨ ffentlich zum Luthertum u¨ ber und wurde reformierter Prediger in Bielefeld, 1555 in Lemgo. 1558 von der Univ. Rostock zum Lic. theol. promoviert, war er 1568-72 Generalsuperintendent in Gandersheim und wurde 1573 Superintendent in Oldenburg und Delmenhorst, 1575 auch in Jever. H. war an der Ausarbeitung der luth. Formula Concordiae beteiligt und einer der Autoren der oldenbrgischen Kirchenordnung von 1573. Er verfaßte theologische (u. a. De autoritate synodorum, 1554) und historiographische Schriften, insbesondere zur Reformationsgeschichte Westfalens und Oldenburgs. C Oldenburg Hamerle, Andreas, Redemptorist, Theologe, Schriftsteller, * 25. 2. 1837 Nauders (Tirol), † 29. 3. 1930 Filippsdorf (B¨ohmen). Seit 1859 Mitglied des Redemptoristenordens, wurde H. 1863 zum Priester geweiht, war sp¨ater Novizenmeister, Hausoberer und 1890-94 Provinzial. Er reformierte die o¨ sterr. Ordensprovinz, gr¨undete mehrere neue Kirchen und Ordenskollegien, f¨orderte Ordens- und wissenschaftliche Studien und engagierte sich in Wien f¨ur die christlich-soziale Bewegung. H. bek¨ampfte publizistisch die Los-von-RomBewegung, war langj¨ahriger Berater Kardinal Anton Joseph → Gruschas und verfaßte Predigtzyklen und Exerzitienkurse (u. a. Religion und Brot, 1897). C BBKL Hamerling, Robert, eigentl. Rupert (Johann Baptist) Hammerling, o¨ sterr. Schriftsteller, * 24. 3. 1830 Kirchberg am Walde (Nieder¨osterreich), † 13. 7. 1889 Stifting bei Graz. H., Sohn eines Webers, war 1840-44 S¨angerknabe im Stift Zwettl, kam sp¨ater nach Wien, studierte 1848-52 an der Philosophischen Fakult¨at der Univ. und unterrichtete 1853 am akademischen Gymnasium in Wien, 1854 am akademischen Gymnasium in Graz und seit 1855 in Triest. 1866 krankheitshalber entpflichtet, kehrte er nach Graz zur¨uck. H. war Theaterkritiker der „Triester Zeitung“, ver¨offentlichte Beitr¨age in Journalen und nahm regen Anteil an der deutschen Einigungsbewegung, die er 1872 in dem Festspiel Teut feierte. Neben Gedichten und Dramen schrieb er vor allem historische Romane und Epen, u. a. Ahasver in Rom (1866, 141885) und Amor und Psyche (1882, 71889). Seine Autobiographie Stationen meiner Lebenspilgerschaft erschien 1889. C Killy Hamern´ık, Josef, o¨ sterr. Mediziner, * 18. 8. 1810 Patzau (B¨ohmen), † 22. 5. 1887 Prag. Nach Abschluß seiner Studien an den Universit¨aten Prag und Wien (Promotion 1836, De pneumonia ejusque et pulmonis morborum signis objectivis) ließ sich H. 1838 als praktischer Arzt in Tabor nieder, ging sp¨ater nach Budweis und wurde 1841 Sekundararzt Johann von → Oppolzers am Prager Allgemeinen Krankenhaus, 1845 Primararzt der Abteilung f¨ur Brusterkrankungen. H. war 1848 Reichstagsabgeordneter, legte jedoch sp¨ater sein Mandat nieder. Seit 1849 o. Prof. an der Univ. Prag, wurde er 1853 aus politischen Gr¨unden emeritiert. H. befaßte sich mit physikalischer Diagnostik und der Pathologie der Gef¨aßkrankheiten und publizierte u. a. Physiologisch-pathologische Untersuchungen u¨ ber die Erscheinungen an den Arterien und Venen und die quantitativen Verh¨altnisse des Blutes im Verlaufe verschiedener Krankheiten (1847), Die Cholera epidemica (1850), Das Herz und seine Bewegung. Beitr¨age zur Anatomie, Physiologie und Pathologie des Herzens, des Herzbeutels und des

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Hamilton Brustfelles (2 Bde., 1858-64) und Contagium, Epidemie und Vaccination (1867). Als einer der bedeutendsten Mediziner der Prager Schule f¨uhrte er die Methoden der Wiener Schule ¨ in seinem Bereich ein. C OBL

Hamilton, Maximilian Reichsgraf von, kath. Theologe, F¨urstbischof von Olm¨utz, * 17. 3. 1714 M¨unchen, † 31. 10. 1776 Kremsier. H. studierte in Stift Ettal und in Rom, wurde 1737 zum Dr. jur. utr. promoviert und empfing im folgenden Jahr die Priesterweihe. Seit 1742 Seelsorger im nieder¨osterreichischen D¨urnkrut, wurde er 1747 Domkapitular in Olm¨utz und 1751 Rektor der St.-Anna-Kapelle am Olm¨utzer Dom. Von F¨urstbischof Leopold Friedrich von Egkh und Hungersbach 1758 zum Generalvikar bestimmt, wurde H. 1761 zum F¨urstbischof gew¨ahlt und 1762 inthronisiert. Er schloß die Di¨ozesanvisitation ab und f¨uhrte umfassende Erhebungen in den Pfarreien seines Bistums durch, aufgrund derer → Maria Theresia seit 1773 mit Rom u¨ ber eine Neuordnung ¨ der Di¨ozesen M¨ahrens und Osterreichisch-Schlesiens und ihre Angleichung an die Staatsgrenzen verhandelte. W¨ahrend H.s Amtszeit wurde die f¨urstbisch¨ofliche Residenz in Kremsier wiederhergestellt. C Gatz 3

Hamm, Adolf, schweizer. Dirigent, * 9. 3. 1882 Wickersheim (Elsaß), † 15. 10. 1938 Basel. H. studierte in Straßburg Orgel am Konservatorium sowie Theologie und Philosophie an der Univ., ging nach Berlin und beendete 1904 seine Ausbildung bei Karl → Straube in Leipzig. Seit 1906 Organist am M¨unster und Leiter der Orgelklasse der Musikschule und des Konservatoriums in Basel, gr¨undete er dort 1911 den Bach-Chor und dirigierte ihn bis 1922 und wieder seit 1926. 1915-20 leitete er auch den Basler M¨annerchor. C HLS

Hamm, Eduard, Politiker, * 16. 10. 1879 Passau, † 23. 9. 1944 Berlin. H., Sohn eines Oberlandesgerichtsrats, trat nach dem Jurastudium in den bayerischen Staatsdienst ein, wurde Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei und war 1919-22 bayerischer Minister f¨ur Handel, Industrie und Verkehr. 1922 / 23 unter Wilhelm → Cuno Staatssekret¨ar in der Reichskanzlei, war er 1923-25 Reichswirtschaftsminister, 1925-33 Gesch¨aftsf¨uhrendes Pr¨asidialmitglied des Deutschen Industrie- und Handelstags und des Vorl¨aufigen Reichswirtschaftsrats. H. gab 1925-33 die „Deutsche Wirtschaftszeitung“ heraus, in der er u. a. das Wirtschaftsprogramm der NSDAP kritisierte, wurde 1933 in den Ruhestand versetzt und war als Rechtsanwalt t¨atig. Er nahm Kontakte zur Widerstandsbewegung (u. a. zu Otto → Geßler und Franz → Sperr) auf, wurde nach dem Attentat vom 20. 7. 1944 verhaftet und beging im Gef¨angnis Selbstmord. H. ver¨offentlichte Die wirtschaftspolitische Interessenvertretung (1929). C NDB

Hamm, Gerhard Ernst, Jurist, * 6. 8. 1692 Deisternau (Rheinland), † 1. 9. 1776 K¨oln. H. lehrte nach seinen Studien an der Univ. K¨oln seit 1722 Institutionen und Staatsrecht, seit 1723 Pandekten, bezog ein Honorar, sp¨ater ein festes Gehalt durch den Rat der Stadt K¨oln und wurde 1739 o. Prof. an der Juristischen Fakult¨at. Seit 1740 war er zus¨atzlich Fiskalrichter, seit 1742 auch Stadtsyndikus. H. ver¨offentlichte u. a. Synchronographia (1766). C Kosch: Kath

Hamm, Harry, Journalist, * 9. 12. 1922 Amsterdam, † 18. 4. 1979 Bonn. Der Sohn deutscher Eltern studierte Volkswirtschaft an der Univ. Amsterdam, als er zum Kriegsdienst eingezogen wurde. Nach der R¨uckkehr aus sowjetischer Gefangenschaft 1949 studierte er politische Wissenschaften und Soziologie

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an der Univ. Frankfurt / Main, in Perugia und Montpellier, war 1955-59 Mitarbeiter der „Welt“ und der „Deutschen Zeitung und Wirtschafts-Zeitung“ und wurde 1959 Redakteur der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. 1961 bereiste H. als erster Korrespondent einer westdeutschen Zeitung Albanien, berichtete 1962 aus der Mongolischen Volksrepublik, sp¨ater u. a. aus Afghanistan und hielt sich mehrmals in China auf. Zu seinen selbst¨andig erschienenen Werken geh¨ort China o¨ ffnet seine Tore (1972). C Munzinger

Hamm, Josef, auch Josip H., Slawist, * 3. 12. 1905 Gat bei Esseg (Osijek, Slawonien), † 23. 11. 1986 Wien. H. studierte 1924-28 Slawistik in Zagreb, 1928-30 Polonistik in Krakau, Lvov und Warschau, wurde 1934 in Zagreb zum Dr. phil. promoviert und habilitierte sich 1948 an der Univ. Zagreb. Dort seit 1954 a. o., seit 1958 o. Prof., war er 1958-76 o. Prof. an der Univ. Wien. H. besch¨aftigte sich vor allem mit altkirchenslawischer und kirchenslawischer Philologie sowie mit der Serbokroatistik und der Polonistik. Er ver¨offentlichte u. a. Grammatik der serbokroatischen Sprache (1967, 31981), Staroslavensk gramatika (1958, 41974), Staroslavenska citanska, 1960 21971) und Das glagolitische Missale von Kiew (1979) und war Mitherausgeber des Wiener „Slavistischen Jahrbuchs“. H. war Mitglied der ¨ Osterreichischen Akademie, der S¨udslawischen (seit 1977) und der Makedonischen (seit 1979) Akademie der Wissen¨ Akad, Jg. 137 schaften. C Almanach Ost

Hamm, Wilhelm (Philipp) Ritter von, Agrarwissenschaftler, * 5. 7. 1820 Darmstadt, † 8. 11. 1880 Wien. H., Sohn eines Hofsekret¨ars und sp¨ateren Geheimen Hofrats, studierte 1838 / 39 an der landwirtschaftlichen Akademie in Hohenheim, sp¨ater Chemie und Naturwissenschaften an der Univ. Gießen (Promotion 1845), wurde 1843 Prof. der Chemie und der Landwirtschaft in Hofwyl, 1844 Direktor der Ackerbauschule in R¨utihobel bei Bern und redigierte seit 1847 die „Agronomische Zeitung“. 1851-64 leitete er eine von ihm gegr¨undete Fabrik f¨ur landwirtschaftliche Maschinen bei Leipzig, kam 1867 nach Wien und trat in den o¨ sterr. Staatsdienst ein. Zun¨achst Chef des Departements f¨ur Landwirtschaft, trat er 1868 in das neugegr¨undete Ackerbauministerium ein und redigierte die Landwirtschaftszeitung der Wiener „Neuen Freien Presse“. 1870 wurde H. in den erblichen Ritterstand erhoben. Er ver¨offentlichte u. a. Wesen und Ziele der Landwirtschaft (1866) und Die Naturkr¨afte in ihrer Anwendung auf die Landwirtschaft (1876). C B¨ohm

Hammacher, Friedrich (Adolf), Politiker, * 1. 5. 1824 Essen, † 11. 12. 1904 Charlottenburg (heute zu Berlin). Seit dem Jurastudium an den Universit¨atem Bonn und Berlin (1841-44) sympathisierte H., Sohn eines Essigbrauereibesitzers, mit der Demokratiebewegung. Er trat in den preuß. Justizdienst ein, bet¨atigte sich 1848 in der Essener Demokratischen Partei und wurde 1849 inhaftiert und vom Dienst suspendiert. Trotz des Freispruchs im strafrechtlichen Verfahren wurde er 1851 aus dem Staatsdienst entlassen und leitete danach das M¨ulheimer B¨uro einer Duisburger Rechtsanwaltskanzlei. H. war Mitbegr¨under und Funktion¨ar einer Reihe von Montangesellschaften und -vereinen. 1863-98 geh¨orte er dem preuß. Abgeordnetenhaus, 1869-98 dem Reichstag an. Er trat 1867 in die Nationalliberale Partei ein, befaßte sich mit Wirtschafts-, Sozial- und Kolonialpolitik und war seit 1898 Vorsitzender des Zentralausschusses seiner Partei. C NDB Hammacher, Rudolf, B¨urgermeister von Osnabr¨uck, * 17. 8. 1528 Osnabr¨uck, † 19. 4. 1594 Osnabr¨uck. Nach seinen Studien an den Universit¨aten Erfurt und Wittenberg wurde H., Sohn eines Glasers und Gildemeisters,

Hammer 1552 durch Einheirat Kaufmann in Osnabr¨uck. 1556 bereits Gildemeister des Krameramtes, wurde er 1558 Ratsherr und war 1565-87 B¨urgermeister. Er sicherte die Rechte der Stadt gegen¨uber dem Landesherrn, ordnete die Verwaltung und verfaßte ein Legerbuch, das Vertragswerke und Gesetze sowie historische Nachrichten der Stadt und des Hochstifts Osnabr¨uck von 1397 bis 1574 enth¨alt. Als unerbittlicher Hexenverfolger ließ er allein 1583 121 Frauen auf dem ScheiC NDB terhaufen verbrennen.

Hammann, Otto, Beamter, Publizist, * 23. 1. 1852 Blankenhain bei Weimar, † 18. 6. 1928 Berlin. H., Sohn eines Fabrikbesitzers, studierte Rechtswissenschaft in Leipzig, Heidelberg und Jena, wurde 1874 promoviert und bet¨atigte sich nach der Referendarzeit als freier Schriftsteller. Seit den achtziger Jahren u¨ berwiegend politischer Publizist, schrieb er u. a. f¨ur die „Schlesische Zeitung“, die „Hamburger Korrespondenz“ und die M¨unchner „Allgemeine Zeitung“ sowie f¨ur ausl¨andische Zeitungen und arbeitete seit 1885 im literarischen B¨uro des preuß. Ministeriums des Innern. 1893 ernannte ihn Reichskanzler Leo Graf von → Caprivi zum Leiter der Presseabteilung im Ausw¨artigen Amt. Daneben war er pers¨onlicher Pressereferent der jeweiligen Reichskanzler. 1916 schied H. aus dem Amt aus. Seine Erinnerungen erschienen in drei Teilen (Der neue Kurs, Zur Vorgeschichte des Weltkrieges, 1918; Um den Kaiser, 1919). C BHdAD

der Sezessionsbewegung teil und vollzog in seinen Arbeiten die Entwicklung vom Jugendstil zum Funktionalismus. ¨ C OBL

Hammelsbeck, Oskar, Religionsp¨adagoge, * 22. 5. 1899 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 14. 5. 1975 Detmold. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg studierte H. Geschichte, Sozialwissenschaften und Philosophie in Heidelberg und wurde 1923 bei Alfred → Weber zum Dr. phil. promoviert. 1926 gr¨undete er eine Volkshochschule in Saarbr¨ucken, deren Direktor er bis 1933 war. Danach Aushilfslehrer, wurde er 1936 entlassen, weil er den Beitritt zur NSDAP verweigerte. Im Auftrag der Bekennenden Kirche gr¨undete und leitete H., der mit Dietrich → Bonhoeffer befreundet war, ein Katechetisches Seminar, das 1938 verboten, aber von ihm noch eine Zeitlang illegal weitergef¨uhrt wurde. 1940 war H. zeitweise in Haft. 1944 wurde er als theologischer Autodidakt von der Bekennenden Kirche zum Pfarrer ordiniert. Nach dem Krieg u¨ bernahm H. die Leitung der P¨adagogischen Akademie (sp¨ater Hochschule) Wuppertal, deren Rektor er bis 1964 war, und geh¨orte mehreren Synoden an. In seinen zahlreichen Schriften (Hauptwerk: Evangelische Lehre von der Erziehung, 1950, 21958) begr¨undete er eine Theorie der „Evangelischen Unterweisung“, die er als eine genuine Aufgabe der Gemeinde definierte und auf eine „Schule in evangelischer Verantwortung“ (nicht Konfessionsschule) bezog. Hammer, Bernhard, schweizer. Politiker, Diplomat,

Hammel, Anton, Ingenieur, * 1857 M¨unchen, † 27. 3. 1925. Als Absolvent der M¨unchner Gewerbe- und Industrieschule kam H. 1875 zur Lokomotivfabrik J. A. Maffei, in deren Dienst er, zun¨achst als Konstrukteur, zuletzt als leitender Direktor, bis zu seinem Tod stand. Dort enstanden 1882 f¨ur die Gotthardbahn eine schwere, vierfach gekuppelte, 1890 eine sechsfach gekuppelte Gelenklokomotive, seit der Jahrhundertwende u¨ berwiegend VierzylinderVerbund-Lokomotiven. Die letzte Lokomotive des ehemaligen bayerischen Typs S 3 / 6 war bis 1965 in Betrieb. C NDB

Hammel, Claus, Schriftsteller, Journalist, * 4. 12. 1932 Parchim (Mecklenburg), † 12. 4. 1990 AhrenshoopAlthagen. H. studierte zun¨achst Gesang, widmete sich seit 1950 kulturpolitischen Aktivit¨aten in der „Freien Deutschen Jugend“ und betrieb theatergeschichtliche Studien und Pressearbeit. 1955-57 Theaterkritiker des „Neuen Deutschland“, anschließend Redakteur der „Neuen Deutschen Literatur“, war er 1958-68 Mitarbeiter des „Sonntag“, danach des Volkstheaters Rostock. Mehrmals bereiste er Lateinamerika. Er schrieb zun¨achst durchaus selbst¨andige dramatische Adaptationen von Prosawerken (u. a. Frau Jenny Treibel oder Wo sich Herz zu Herzen find’t, 1964, nach Theodor → Fontane), sp¨ater problemorientierte Gegenwartsst¨ucke und zuletzt humorvolle Kom¨odien um historische Figuren (u. a. Die Preußen kommen, 1981). C Killy Hammel, Rudolf, o¨ sterr. Architekt, * 11. 4. 1862 Wien, † 22. 2. 1937 Wien. H. besuchte die Akademie der bildenden K¨unste in Wien und ließ sich nach Studienreisen durch Italien, Frankreich und Deutschland als Architekt in seiner Heimatstadt nieder. ¨ 1899 wurde er Leiter des Artistischen B¨uros im Osterreichischen Museum f¨ur Kunst und Industrie, artistischer Inspektor f¨ur die Textilschulen, 1908 Direktor der K. K. Fachschule f¨ur Textilindustrie in Wien. 1917-20 war er Inspektor im Mini¨ sterium f¨ur Offentliche Arbeiten. H. arbeitete u¨ berwiegend als Innenarchitekt (u. a. Schlachthaus Meidling), nahm an

* 3. 3. 1822 Olten, † 6. 4. 1907 Solothurn. H., Sohn eines Gastwirts, studierte Physik in Genf, dann Jura und Philosophie in Freiburg / Breisgau, Berlin und Z¨urich und er¨offnete 1844 in Solothurn ein Anwaltsb¨uro. Er wurde 1846 Oberamtsstatthalter von Solothurn-Lebern und 1853 Oberamtsgerichtspr¨asident von Bucheggberg-Kriegstetten. 1861-68 war er als Oberst hauptberuflich Soldat. Seit 1848 Verfassungsrat und Kantonsrat, lebte er 1868-75 als schweizer. Gesandter in Berlin. 1875 wurde H. Mitglied des Bundesrats und Vorstand des Finanzdepartements, 1879 und 1889 Bundespr¨asident und geh¨orte nach seinem R¨ucktritt als Bundesrat 1890-96 dem Nationalrat an. Er vertrat die Schweiz u. a. auf der Br¨usseler Konferenz f¨ur Internationales Kriegsrecht und war Pr¨asident des Verwaltungsrats der Gotthardbahn. C Schweiz Bundesr¨ate

Hammer, Christian Friedrich, Kartograph, * 10. 12. 1760 Neunstetten (Baden), † 7. 9. 1838 N¨urnberg. Ausgebildet zum praktischen Verwaltungsdienst, war H., Sohn eines Amtsvogts des Freiherrn von Berlichingen, seit 1774 in Wertheim, Breitenlohe und Burghaslach t¨atig und wurde 1791 Rentmeister in Lothringen. Sp¨ater Quartiermeister beim wertheimischen J¨agerkorps, blieb er nach dem holl¨andischen Feldzug 1794 als Intendanturoffizier in N¨urnberg, war dort seit 1797 Kreiskassier und wurde 1808 als bayerischer Major verabschiedet; 1814-16 leitete er das Quartierwesen in N¨urnberg. H legte seit 1795 eine Reihe von Karten u¨ ber Franken an, die er jeweils fortf¨uhrte. Obgleich noch ohne Verwendung trigonometrischer Methoden entstanden, galten sie als außergew¨ohnlich zuverl¨assig, waren in den Napoleonischen Kriegen von Bedeutung und wurden erst seit etwa 1830 ersetzt. H. war Mitbegr¨under der Zeitung „Korrespondent von und f¨ur Deutschland“. C R¨oßler / Franz

Hammer, Ernst (Hermann Heinrich) von, Geod¨at, * 20. 4. 1858 Ludwigsburg, † 11. 9. 1925 Stuttgart. H., Sohn eines Kaserneninspektors, besuchte die Polytechnische Schule und 1874-78 die Ingenieurfachschule in Stuttgart und entwickelte w¨ahrend der sich anschließenden T¨atigkeit in der Forstverwaltung das Verfahren der MeßbandAneroidprofile zur H¨ohenmessung. 1882 habilitierte er sich

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Hammer f¨ur Trigonometrie und Analysis, wurde Assistent f¨ur praktische Geometrie und Planzeichnen und u¨ bernahm 1884 die ordentliche Professur f¨ur Geod¨asie am Stuttgarter Polytechnikum. Daneben war er maßgeblich an den w¨urttembergischen Arbeiten f¨ur die „Internationale Erdmessung“ betei¨ ligt, bet¨atigte sich als Ubersetzer von Fachpublikationen aus verschiedenen Sprachen und entwickelte neue Ger¨ate und Methoden, darunter den „selbstrechnenden Tachymeter“. H., Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina seit 1896, ver¨offentlichte u. a. ein Lehr- und Handbuch der ebenen und sph¨arischen Trigonometrie (1885, 51923), Triangulirung zur Verbindung des rheinischen Netzes mit dem bayrischen Hauptdreiecksnetz (1892), Zeitbestimmung (Uhr-Kontrole) ohne Instrumente (1893), Der logarithmische Rechenschieber und sein Gebrauch (1898, 61923), Astronomisches Nivellement durch W¨urttemberg (1901) und Lehrbuch der elementaren praktischen Geometrie (Bd. 1, 1911). C Poggendorff 4-6

Hammer, Franz, Pseud. F. R. B¨ocklin, Schriftsteller, * 24. 5. 1908 Kaiserslautern, † 10. 4. 1985 Tabarz (Th¨uringen). H., Sohn eines gewerkschaftlich engagierten Metallschleifers, erhielt eine Freistelle an der Realschule, bildete sich in der Gewerkschaftsbibliothek weiter, schloß sich sp¨ater einer linksorientierten Wehrtemplerloge der Jugendbewegung an und wurde 1924 Jugendpfleger. Er studierte 1928-30 Germanistik, Zeitungswissenschaft und Philosophie in Berlin und war gelegentlicher Mitarbeiter u. a. der „Neuen B¨ucherschau“ und der „Weltb¨uhne“. 1933 kurzzeitig interniert, trat ¨ er erst nach Kriegsende wieder an die Offentlichkeit. Er wurde 1945 Mitglied der KPD, beteiligte sich wesentlich am kulturellen Aufbau in Th¨uringen, war 1946-50 Verlagslektor und danach freier Schriftsteller und Literaturkritiker. Neben Erz¨ahlungen und Biographien entstanden die Autobiographie Traum und Wirklichkeit (1975), die u. a. die Lebensbedingungen von Jugendlichen aus der Unterschicht bis 1933 dokumentiert, und der Lebensbericht Zeit der Bew¨ahrung (1984). C Killy

Hammer, Franz Xaver, auch Marteau, Musiker, Komponist, * 1741 Oettingen im Ries (Bayern), † 11. 10. 1817 Ludwigslust (Mecklenburg). H. war 1771-78 als Violoncellist in der Esterh´azyschen Hofkapelle in Eisenstadt und Schloß Esterh´aza unter Joseph → Haydn t¨atig, der vermutlich seine Violoncellokonzerte f¨ur ihn schrieb. 1775 wirkte er an der Wiener Urauff¨uhrung von Haydns Il ritorno di Tobia mit. 1776-1813 war H. Mitglied der „Wiener Tonk¨unstler-Societ¨at“. Danach trat er der Kapelle des Kardinals Graf Joseph Batthy´any in Preßburg bei. Hier feierte er in o¨ ffentlichen Konzerten Erfolge, auch mit eigenen Werken. Ende 1784 wechselte H. zur Burgsteinfurter Kapelle, nahm jedoch 1785 eine Anstellung als Kammermusikus am Großherzoglichen MecklenburgischSchwerinschen Hof in Ludwigslust an. Bis 1813 trat er h¨aufig als Solist bei Hofkonzerten auf, u. a. am Berliner Hof. H. gilt als einer der hervorragendsten Violoncellisten und Gambisten seiner Zeit. C MGG

Hammer, Gusta, S¨angerin, * 3. 4. 1896 Brandenburg / Havel, † 6. 1. 1977 M¨unchen. Ausgebildet in Berlin, sang H. 1928 / 29 an der dortigen Kroll-Oper, stand sp¨ater auf der B¨uhne des Kieler Stadttheaters, 1932-34 des Braunschweiger Landestheaters und ging dann an die Staatsoper in Hamburg, an der sie bis 1955 als erste Altistin wirkte. Gastspiele f¨uhrten sie nach Berlin, Dresden, M¨unchen, Paris und Barcelona. H., zu deren bedeutendsten Opernpartien die der Klyt¨amnestra in Richard → Strauss’ Elektra z¨ahlte, war auch als Konzert- und Oratoriens¨angerin erfolgreich. Nach ihrem R¨uckzug von der B¨uhne 1957 lehrte sie Gesang in M¨unchen. C Kutsch

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Hammer, (Friedrich) Julius, Schriftsteller, Journalist, * 7. 6. 1810 Dresden, † 23. 8. 1862 Pillnitz. H., Sohn eines Regierungsquartiermeisters beim Dresdner Garde-Du-Corps und sp¨ateren Rechnungssekret¨ars im s¨achsischen Innenministerium, studierte 1831-34 zun¨achst Rechtswissenschaften an der Univ. Leipzig, widmete sich aber bald, darin von Theodor Hell und Ludwig → Tieck best¨arkt, ausschließlich literarischen Neigungen. Er wurde Mitarbeiter der „Zeitung f¨ur die elegante Welt“, der Zeitschrift „Das Nordlicht“ und redigierte 1851-59 das Feuilleton der „Constitutionellen Zeitung“. H.s umfassende Literaturkenntnis fand ihren Niederschlag u. a. in dem „osmanischen Liederbuch“ Unter dem Halbmond (1860). Einem weiten Leserkreis wurde er durch seine didaktischen Gedichte bekannt (u. a. Schau um dich und schau in dich, 1851, 23 1876). C Killy

Hammer, Karl, Maler, Kunstgewerbler, * 6. 3. 1845 N¨urnberg, † 17. 7. 1897 N¨urnberg. H. besuchte die N¨urnberger Kunstschule, war seit 1861 im M¨unchner Architekturb¨uro Matthias → Bergers t¨atig und kam anschließend zu Lorenz und Paul → Ritter nach N¨urnberg. 1868 wurde er mit der Ausarbeitung der Entw¨urfe der Berliner Dombaukonkurrenz beauftragt, ging anschließend nach Dresden und hielt sich nach dem Deutsch-Franz¨osischen Krieg zu Studienzwecken in Italien auf. Seit 1872 Kustos des Bayerischen Gewerbemuseums in N¨urnberg, kam er 1879 an die Kunstgewerbeschule Karlsruhe und kehrte 1885 als Direktor der Kunstschule nach N¨urnberg zur¨uck. H. entwarf u. a. Innendekorationen, M¨obel und Schmuck; von ihm stammt auch der Entwurf f¨ur den Neubau der N¨urnberger Kunstschule (1897). C Th-B

Hammer, Viktor, o¨ sterr. Maler, Graphiker, * 9. 12. 1882 Wien, † 10. 7. 1968 Lexington (Kentucky, USA). Der Sch¨uler des Architekten Camillo → Sitte studierte an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien Malerei und Bildhauerei, u. a. bei Anton → Hanak, besuchte 1904-08 die Spezialschule → Leflers und bildete sich in M¨unchen und Paris weiter. H. lebte seit 1910 wieder in Wien, war 1914-18 Kriegsmaler in der T¨urkei, 1912-29 Mitglied der Wiener Sezession und ließ sich 1922 in Settignano bei Florenz nieder. 1938 wurde er a. o. Prof. an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien und emigrierte im folgenden Jahr in die USA. H. malte zun¨achst u¨ berwiegend Bildnisse (u. a. Dame im Fauteuil sitzend, 1914) und wandte sich sp¨ater der Graphik zu. C Czeike

Hammer, Walter, eigentl. Walter H¨osterey, Schriftsteller, Verleger, * 24. 5. 1888 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 9. 12. 1966 Hamburg. Als eines der f¨uhrenden Mitglieder der Freideutschen Jugend seit 1912 gr¨undete H., Sohn eines B¨ackers, 1920 die Zeitschrift „Junge Menschen“, die er bis 1927 herausgab, und begr¨undete den Fackelreiterverlag, der bald zu den f¨uhrenden Verlagen b¨undischer und pazifistischer Literatur z¨ahlte. Er war Mitglied und Begr¨under republikanischer Organisationen und Organe, geh¨orte 1924 mit Carl von → Ossietzky zu den Spitzenkandidaten der Republikanischen Partei Deutschlands und wurde 1926 Ehrenmitglied der Deutschen Liga f¨ur Menschenrechte. 1932 trat er f¨ur eine antifaschistische Einheitsfront ein, war 1933 kurzzeitig verhaftet und floh nach Amsterdam. 1934 nahm H. mit Ludwig → Quidde an der Weltfriedenskonferenz in Locarno teil und schleuste von Kopenhagen aus die „Deutschen Freiheitsbriefe“ nach Deutschland. 1940 an die Gestapo ausgeliefert, wurde er 1942 zu f¨unf Jahren Zuchthaus verurteilt und 1945 von der Roten Armee aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen befreit. H. leitete seit 1948 das Forschungsinstitut Brandenburg des Landesarchivs Potsdam und siedelte, nachdem die SED seine Arbeit unterband, 1950 nach Hamburg

Hammerd¨orfer u¨ ber, wo er sich dem Aufbau des Walter-Hammer-Archivs zu Widerstand und Verfolgung widmete, das 1966 dem Institut f¨ur Zeitgeschichte in M¨unchen u¨ bergeben wurde. Er schrieb u. a. Hohes Haus in Henkers Hand (1956). C Wuppertal Bio, Bd 7

Hammer, Werner, Schauspieler, Regisseur, * 20. 5. 1899 Dresden, † 31. 3. 1966 Hildesheim. H. wurde in Dresden bei Erich → Ponto zum Schauspieler ausgebildet, hatte seit 1920 Engagements in Kiel, Hamburg und D¨usseldorf, war in Dresden Mitbegr¨under der Kom¨odie am neuen Theater und war dann in Wien am RaimundTheater t¨atig. Seit 1925 f¨uhrte er auch Regie in M¨ahrischOstrau, Pforzheim, Teplitz, Linz und Bielitz. 1938 emigrierte er in die Schweiz, 1941 nach Brasilien, wo er das Freie Europ¨aische K¨unstlertheater mitbegr¨undete. 1954 / 55 leitete er die Kammerspiele in Rio de Janeiro, kehrte dann nach Europa zur¨uck und war seit 1956 als Regisseur und Schauspieler am Stadttheater Chur t¨atig. Seit 1960 wieder in Deutschland, wirkte er in Hamburg, Rostock, D¨usseldorf und Hildesheim. C Exiltheater

Hammer, Wilhelm, o¨ sterr. Geologe, * 13. 11. 1875 Feldkirch (Vorarlberg), † 26. 12. 1942 Innsbruck. H. studierte Naturwissenschaften an der Univ. Innsbruck und trat nach der Promotion 1901 in die Geologische Reichsanstalt (sp¨ater Bundesanstalt) ein, die er 1923-35 leitete. Sein wissenschaftliches Interesse galt vor allem der geologischen Erforschung und Aufnahme der Westtiroler Zentralalpen, sp¨ater auch des Oberen Ennstals und der Kitzb¨uhler Alpen. Als Bergsteiger f¨uhrte er eine Reihe von Erstbegehungen in den Ostalpen durch. H. ver¨offentlichte u. a. Geologische Beschreibung des s¨udlichen Theiles des Karwendelgebirges (mit Otto → Ampferer, 1898) und Geologische F¨uhrer durch ¨ die Westtiroler Zentralalpen (1922). C OBL

Hammer, Wilhelm Arthur, o¨ sterr. Schriftsteller, * 4. 7. 1871 Wien, † 12. 4. 1941 Wien. Zun¨achst Eisenbahnbeamter, stand H. nach germanistischen und romanistischen Studien an der Univ. Wien als Prof. der deutschen und franz¨osischen Sprache und Literatur 1895-32 im Mittelschuldienst. Er redigierte 1893 / 94 die „Bl¨atter f¨ur deutsche Dichtung“ und als Schriftleiter des Scheffel-Bundes eine Reihe von „Scheffel-Jahrb¨uchern“ und „Scheffel-Kalendern“. H. war als Lyriker, Epiker, Herausge¨ ber und Ubersetzer t¨atig. C Kosch: Kath

Hammer-Purgstall, Joseph Frh. von, eigentl. J. von ¨ Hammer, o¨ sterr. Orientalist, Schriftsteller, Ubersetzer, * 9. 6. 1774 Graz, † 23. 11. 1856 Wien. H.-P., Sohn eines Hofdolmetschers und sp¨ateren inner¨osterreichischen Gubernialrats, besuchte 1787-96 die Orientalische Akademie in Wien und trat mit orientalisierenden Dichtungen (u. a. im „Neuen teutschen Merkur“) im Stil Christoph Martin → Wielands ¨ an die Offentlichkeit. 1799 an die o¨ sterr. Internuntiatur nach Konstantinopel entsandt, nahm ¨ er am britischen Feldzug in Agypten 1801 teil, wurde 1802 Legationssekret¨ar f¨ur Konstantinopel und sammelte arabische, t¨urkische und persische Handschriften. 1806 wurde H.-P. Generalkonsul des F¨urstentums Moldau, kam 1807 an die Wiener Hofkanzlei und wurde 1811 Hofkanzleirat, 1817 Hofrat. Durch seine Heirat mit einer Bankierstochter 1814 und das Erbe der Herrschaft Hainfeld der kinderlosen Gr¨afin Purgstall 1835 finanziell unabh¨angig geworden, schied er

1839 aus dem Staatsdienst aus und widmete sich ausschließlich seinen Studien. H.-P. gab 1809-18 die Zeitschrift „Fundgruben des Orients“ heraus, u¨ bersetzte zahlreiche orientalische Dichtungen, darunter M¨archen der Geschichten aus tausend und einer Nacht aus dem Arabischen ins Franz¨osische (1828). Mit seinen enzyklop¨adischen Werken, u. a. der ¨ Enzyklop¨adischen Ubersicht der Wissenschaften des Orients (1804), der Geschichte der sch¨onen Redek¨unste Persiens (1818), der Geschichte des Osmanischen Reiches (10 Bde., ¨ 1827-35; Nachdr. 1963), Uber die innere L¨anderverwaltung unter dem Kalifate (1835) und der Litteraturgeschichte der Araber (7 Bde., 1850-56), gilt er als Pionier der neueren Is¨ lamforschung weit u¨ ber Osterreich hinaus. H.-P. setzte sich ¨ f¨ur die Gr¨undung der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften ein, deren erster Pr¨asident er 1847-49 war. Seine ¨ Hafis-Ubersetzung Diwan des Hafis (1812) bildete die textliche Grundlage f¨ur → Goethes Auseinandersetzung mit Hafis und gab einen wichtigen Anstoß f¨ur den West-¨ostlichen Divan. Umgekehrt ließ er sich von Goethes R¨omischen Elegien zu der versifizierten Reisebeschreibung seines eigenen Italienaufenthalts anregen, die 1830 unter dem Titel Italia erschien. H.-P.s Erinnerungen aus meinem Leben 1774-1852 (hrsg. von Reinhart Bachofen von Echt) erschienen 1940. Seine Wirkung hat noch den sogenannten Orientalismus der Wende vom 19. zum 20. Jh. bestimmt. Wie sehr H.-P. die Sicht der gebildeten Laien auf den Orient gepr¨agt hat, zeigen etwa die Essays, die ihm Hugo von → Hofmannsthal gewidmet hat. WEITERE WERKE: Die Staatsverfassung des Osmanischen Reiches. 2 Bde., Wien 1815 / 16. – Mahomet oder die Belagerung von Mekka. Berlin 1823 (Drama). – Der Tausend und Eine Nacht noch nicht u¨ bersetzte M¨ahrchen. 3 Bde., Stuttgart 1823 / 24. Neudr. Hildesheim 1976. – Die Gallerinn auf der Riegersburg. 3 Bde., Wien 1845 (Roman). LITERATUR: Ingeborg Solbrig: H.-P. und Goethe. „Dem Zaubermeister sein Werkzeug“. Bern, Frankfurt / Main 1973. – Baher Mohamed Elgohary: J. Frh. v. H.-P. Ein Dichter und Vermittler orientalischer Literatur. Stuttgart 1979. Hans-Albrecht Koch

Hammerbacher, Hans (Leonhard), Verleger, Industrieller, * 11. 5. 1893 N¨urnberg, † 17. 7. 1964 Kronberg / Taunus. Das Studium in W¨urzburg und M¨unchen schloß H. 1919 in W¨urzburg mit der rechts- und staatswissenschaftlichen Dissertation Die Ein-Mann-Gesellschaft mit beschr¨ankter Haftung ab und wurde 1919 Mitarbeiter eines Verlags, sp¨ater Gesch¨aftsf¨uhrer der Vogue-Verlags GmbH in Berlin. 1930 ließ er sich dort als Wirtschaftstreuh¨ander nieder und reorganisierte u. a. 1932 / 33 die deutsche Brown-Boveri-Gruppe. Seit dem folgenden Jahr Vorstandsmitglied der BrownBoveri-AG in Mannheim, wurde er 1937 stellvertretender und 1945 erster Vorsitzender des Vorstandes. 1958 schied er aus dem Vorstand aus und war zuletzt Mitglied des Aufsichtsrats. H. u¨ bernahm zahlreiche Ehren¨amter und war u. a. 1954-56 Pr¨asident des Deutschen Industrie- und Handelstags in Frankfurt. C Munzinger

Hammerd¨orfer, Karl, Schriftsteller, * 1758 Leipzig, † 17. 4. 1794 Jena. Nach dem Studium an der Univ. Leipzig lebte H. dort bis 1787 als freier Schriftsteller, siedelte anl¨aßlich seiner Berufung zum a. o. Prof. der Philosophie nach Jena u¨ ber, wurde dort jedoch aus ungekl¨arten Gr¨unden nicht in sein Amt eingef¨uhrt und lebte zuletzt in Armut. 1787 / 88 Mitarbeiter der „Allgemeinen Politischen Zeitung“ in Halle, war er Mitherausgeber der „Historischen und geographischen Monatsschrift“ (1788), u¨ bersetzte aus dem Franz¨osischen

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Hammerich und Russischen und verfaßte historische und geographische Abhandlungen in unterhaltsamer Form. Sein Leben Friedrichs II., des Großen (1786) erschien auch in schwedischer ¨ C Killy und franz¨osischer Ubersetzung.

Hammerich, Johann Friedrich, Buchh¨andler, Verleger, * 7. 7. 1763 Quern (Angeln), † 16. 9. 1827 Altona (heute zu Hamburg). Der Sohn eines Pastors wuchs nach dem fr¨uhen Tod seines Vaters bei einem Onkel auf, bis er bei dem Buchh¨andler Johann Christoph Korte in Flensburg eine Lehre begann. Nach Kortes Tod heiratete er 1789 dessen Witwe und gr¨undete im selben Jahr in Altona eine Buchhandlung und einen Verlag. H. verlegte p¨adagogische, historische, politische und theologische Werke sowie aufkl¨arerisch-liberale Zeitschriften, darunter „Der Genius der Zeit“ (1794-1800) und „Annalen der leidenden Menschheit“ (1795-1801). 1815 erwarb er eine Buchdruckerei in Altona und verkaufte seine Buchhandlung 1819 an Otto Karl Theodor Busch. Der nach H.s Tod von W. B. T. Lesser weitergef¨uhrte Verlag erfuhr vor allem durch das seit 1834 publizierte Staats-Lexikon von Karl von → Rotteck und Karl Theodor → Welcker u¨ berregionale Beachtung. C LGB

Hammermeister, Heinrich, S¨anger, * 1799 Stettin, † 1860 New York. Urspr¨unglich Beamter, deb¨utierte H. 1823 in Schwerin in der Partie des Jacob in Jacob und seine S¨ohne, ging 1824 an das Hoftheater in Braunschweig und wechselte nach Auftritten in Mainz, K¨oln und D¨usseldorf 1829 an das Hoftheater in Leipzig. 1832-34 Mitglied des Hoftheaters in Berlin, sang er dort u. a. die Partie des Brian in Heinrich August → Marschners Oper Der Templer und die J¨udin. Nach einer erfolgreichen Tournee, die ihn an die großen europ¨aischen Opernh¨auser f¨uhrte, war H. 1836-40 Mitglied des Hamburger Stadttheaters, wanderte sp¨ater in die USA aus und lebte dort zuletzt in a¨ rmlichen Verh¨altnissen. C Kutsch Hammerschlag, Peter (Hermann), Pseud. Peter Mahr, o¨ sterr. Schriftsteller, Kabarettist, * 27. 6. 1902 Wien, † 1942 (?) Konzentrationslager Auschwitz. Aufgewachsen in großb¨urgerlichen Verh¨altnissen, studierte H., Sohn eines Professors f¨ur Ohrenheilkunde, zun¨achst Kunstgeschichte in Wien, besuchte 1921 / 22 die Wiener Graphische Lehr- und Versuchsanstalt und kam 1929 in Berlin als Mitarbeiter von Werner → Fincks „Katakombe“ zum Kabarett. 1931 wurde er Hausdichter der im selben Jahr gegr¨undeten Wiener Kellerb¨uhne „Der liebe Augustin“ von Stella → Kadmon und erlangte als „Blitz-Dichter“ Ber¨uhmtheit durch seine auf der B¨uhne improvisierten Parodien. H. ver¨offentlichte Gedichte und Beitr¨age u. a. im „Simplicissimus“, im „Querschnitt“ und in der „Vossischen Zeitung“ und schrieb seit 1935 u. a. f¨ur das Kabarett „Literatur am Naschmarkt“. 1938 emigrierte H. nach Jugoslawien, wurde jedoch noch im selben Jahr ausgewiesen und kehrte nach Wien zur¨uck. 1942 wurde er verhaftet, u¨ ber Theresienstadt nach Auschwitz deportiert und vermutlich dort ermordet. 1972 erschien erstmals eine Sammlung seiner Gedichte und Prosatexte unter dem Titel Der Mond schlug grad halb acht. Grotesk-Gedichte; es folgten Die W¨uste ist aus gelbem Mehl (1997) und Die Affenparty (2001). C Lex dt-j¨ud Autoren Hammerschmidt, Andreas, Komponist, Musiker, * 1611 (1612 ?) Br¨ux (B¨ohmen), † 8. 11. 1675 Zittau. Seit 1626 in Freiberg (Sachsen) lebend, war H., Sohn eines Sattlers, 1633 / 34 Organist auf Schloß Wesenstein, wechselte 1635 an die Freiberger Petrikirche und kam 1639 an die Johanniskirche in Zittau, deren Organistenstelle er bis zu seinem Tod innehatte. Der produktive Komponist leicht zu

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spielender Kirchenmusik schrieb geistliche Konzerte, Kantaten, weltliche Oden, Motetten und Dialoge (Dialogi oder Gespr¨ache zwischen Gott und einer gl¨aubigen Seele, 2 Tle., C Dt Musikkultur 1645).

Hammerschmidt, Ernst, altkath. Theologe, Orientalist, Afrikanist, * 29. 4. 1928 Marienbad, † 16. 12. 1993 in der N¨ahe von Baden bei Wien. H. studierte Philosophie, orientalische Sprachen, Theologie und Rechtswissenschaft in Bamberg, Innsbruck, St. Florian, Salzburg, Wien, M¨unster und Oxford und wurde zum Dr. theol., Dr. jur. und Dr. phil. promoviert. 1962 habilitiert, wurde er 1968 außerplanm¨aßiger Prof. der Orientalistik an der Univ. Saarbr¨ucken, 1970 o. Prof. der afrikanischen Sprachen und Kulturen in Hamburg. H. war Verfasser zahlreicher Werke u¨ ber die christlichen orientalischen Kirchen und ihre Literaturen. Schwerpunkt seiner Forschungen ¨ war die Athiopistik. H. ver¨offentlichte u. a. Grundriß der Konfessionskunde (1955), Die koptische Gregoriosanaphora (1957), Studies in the Ethiopic anaphoras (1961), Sym¨ bolik des orientalischen Christentums (1966), Athiopien – Christliches Reich zwischen Gestern und Morgen (1967) ¨ und Athiopische Handschriften vom T¯an¯asee (1973). Er war ¨ seit 1977 Herausgeber der „Athiopistischen Forschungen“. H. kam bei einem Verkehrsunfall ums Leben.

Hammerschmidt, Helmut, Medienmanager, Intendant, * 28. 5. 1920 Cottbus, † 4. 3. 1998 M¨unchen. H., Sohn eines Rechtsanwalts, studierte in Berlin an der TH und an der Univ. Chemie und Medizin. W¨ahrend des Zweiten Weltkriegs war er dort wissenschaftlicher Betriebsassistent einer Arzneimittelfirma, f¨ur die er seit 1943 einen Ausweichbetrieb in Wien aufbaute. 1946 wurde H. Leiter des Ressorts Innenpolitik beim M¨unchner „Echo der Woche“, 1947 verantwortlicher Redakteur und Lizenztr¨ager des Parteiverlags der CSU, schrieb er 1949-53 politische Sendereihen f¨ur den Bayerischen Rundfunk, leitete dort anschließend die Aktuelle Abteilung bis 1957 und wurde dann stellvertretender Chefredakteur des Fernsehens beim Bayerischen Rundfunk. 1961 ging er als Chefredakteur f¨ur das Fernsehen des S¨uddeutschen Rundfunks nach Stuttgart, war 1965-77 Intendant des S¨udwestfunks, leitete danach das Institut f¨ur Fernsehzuschauerforschung „teleskopie“ in Bonn und u¨ bernahm im Journalistischen Seminar der Univ. Mainz die Abteilung f¨ur elektronischen Journalismus. H. ver¨offentlichte u. a. Der Rundfunkreporter (1957) und Zur kommunikationspolitischen Diskussion. Reden und Aufs¨atze C Munzinger 1965-1976 (1978).

Hammerschmidt, Karl Eduard, auch Abdullah Bey, o¨ sterr. Mediziner, Geologe, Zoologe, * 12. 6. 1801 Wien, † 30. 8. 1874 Konstantinopel. H. studierte seit 1818 an der Univ. Wien zun¨achst Philosophie, sp¨ater Rechtswissenschaft (Dr. jur. 1827) und lebte anschließend als Entomologe und Herausgeber der „Landwirtschaftlichen Zeitung“ in Wien. 1833 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. Er nahm regen Anteil an den politischen Ereignissen von 1848, mußte Wien verlassen und kam u¨ ber Ungarn, wo er an den Revolutionsk¨ampfen teilnahm, nach Konstantinopel. Dort schuf er sich unter t¨urkischem Namen als Arzt, Prof. an der Medizinischen Schule und naturwissenschaftlicher Schriftsteller eine neue Existenz und engagierte sich f¨ur humanit¨are Ziele u. a. im Sinn der Genfer Konvention. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Helminthologische Beitr¨age. Beschreibung einiger neuer in Insekten entdeckten

Hammerstein-Equord Oxyuris-Arten (1847) und Beschreibung eines neuen mexicanischen Schmetterlinges (1847); 1897 erschien Die Or¨ C OBL nithologie des Aristoteles (1897).

Hammersen, Walter, Politiker, * 5. 1. 1911 Osnabr¨uck, † 10. 10. 1990 Wiesbaden. Nach Abschluß rechts- und staatswissenschaftlicher Studien an den Universit¨aten T¨ubingen, M¨unchen und G¨ottingen war H. seit 1939 Landrat des Warthelands mit Sitz in Hohensalza, nahm am Zweiten Weltkrieg teil und lebte nach 1949 als Verbandssyndikus des Metallgroßhandels und der Metallindustrie in Wiesbaden und D¨usseldorf. 1954-66 Stadtrat in Wiesbaden sowie erster Wirtschafts- und Verkehrsdezernent der Stadt, wurde er 1956 Kreisvorsitzender der FDP und geh¨orte 1961-65 dem Deutschen Bundestag an. H. u¨ bernahm 1966 als Bundesgesch¨aftsf¨uhrer die Leitung des Volksbundes Deutscher Kriegsgr¨aberf¨ursorge in Kassel. 1969 / 70 war er Hauptgesch¨aftsf¨uhrer des Deutschen Verkehrssicherheitsrats. C MdB

Hammerstein, (Hans) Detlev Frh. von, Staatsmann, * 18. 3. 1768 Kastorf (Schleswig-Holstein), † 28. 7. 1826 bei R¨udesheim. Nach dem Jurastudium in G¨ottingen und Kiel wurde H., Sohn eines Gutsbesitzers, 1799 Assessor am Reichskammergericht in Wetzlar, trat 1801 in d¨anische Dienste und wurde Vizekanzler von Gl¨uckstadt sowie d¨anischer Kammerherr. 1804 wechselte er in die oldenburgische Verwaltung, wurde Regierungspr¨asident des F¨urstentums L¨ubeck, 1806 zus¨atzlich dirigierender Minister und f¨uhrte u. a. die Verhandlungen u¨ ber den Eintritt Oldenburgs in den Rheinbund. H. trat 1811 zur¨uck, ging 1812 nach England, wurde in den hannoverschen Staatsdienst u¨ bernommen und reorganisierte als Geheimer Kriegsrat die Armee. 1814-18 vertrat er Buxtehude in der St¨andeversammlung und wurde 1822 hannoverscher Bundestagsgesandter in Frankfurt / Main. H. beging SelbstC Oldenburg mord. Hammerstein, Ludwig Frh. von, Jesuit, Theologe, Jurist, * 1. 9. 1832 Gesmold bei Melle (Hannover), † 15. 8. 1905 Trier. H., Vetter von Wilhelm von → Hammerstein-Gesmold, studierte an den Universit¨aten Heidelberg, M¨unchen und G¨ottingen Rechtswissenschaften und war seit 1854 Gerichtsauditor in L¨uneburg, Hameln und Hannover. Anl¨aßlich der Bonifatiusfeier 1855 in Fulda konvertierte er zur kath. Kirche, trat nach dem Assessorexamen 1859 in M¨unster in die Gesellschaft Jesu ein und studierte in Maria Laach Theologie. 1868 zum Priester geweiht, wurde er 1870 Prof. des kanonischen Rechts in Maria Laach, sp¨ater in Ditton Hall (bis 1874). Seit 1871 Mitarbeiter, seit 1875 Redakteur der „Stimmen aus Maria-Laach“, war er seit 1877 ausschließlich schriftstellerisch t¨atig. H. ver¨offentlichte u. a. Erinnerungen eines alten Lutheraners (1882, 51904), Winfried oder das soziale Wirken der Kirche (1889, 41895) und Charakterbilder aus dem Leben der Kirche (3 Bde., 1897-1902). C LThK Hammerstein-Equord, Hans (Georg) Frh. von, Milit¨ar, * 17. 9. 1771 Equord (heute zu Hohenhameln bei Hildesheim), † 9. 12. 1841 Hildesheim. H.-E., genannt der „tolle Hans“, bereiste nach mehrfachen Relegationen und Ehrenh¨andeln Europa und stand in milit¨arischen Diensten verschiedener M¨achte, zuletzt Napoleons und des K¨onigs → Jerˆome von Westfalen. 1814 kehrte er aus franz¨osischer Haft nach Equord zur¨uck. H.-E. befaßte sich mit historischen Studien und ver¨offentlichte u. a. Beitr¨age zur Geschichte der Grafen und Freiherren von Hammerstein (1806). Er stand in freundschaftlichem Kontakt u. a. mit Jacob und Wilhelm → Grimm und wurde von Annette

von → Droste-H¨ulshoff als General in ihrem Gedicht Vanitas vanitatum verewigt. C NDB

Hammerstein-Equord, Hans (Baptist August Franz Seraph Placidus Maria) Frh. von, o¨ sterr. Beamter, Schriftsteller, * 5. 10. 1881 Sitzenthal bei Melk (Nieder¨osterreich), † 9. 8. 1947 Micheldorf (Ober¨osterreich). Der Enkel des Generals Hans → H.-E. und Sohn eines k. u. k. Rittmeisters trat nach juristischen Studien in Marburg, Innsbruck und Wien in den o¨ sterr. Staatsdienst ein, wurde 1923 Bezirkshauptmann in Braunau, 1934 Sicherheitsdirektor von Ober¨osterreich und Staatssekret¨ar f¨ur Sicherheitsfragen, 1936 zun¨achst Bundesjustizminister, dann Sektionschef im Bundeskanzleramt und im Unterrichtsministerium. Im selben Jahr u¨ bernahm er das Pr¨asidium des o¨ sterr. PEN-Clubs, 1937 die Leitung des o¨ sterr. Kulturbun¨ des. Nach dem „Anschluß“ Osterreichs an das Deutsche Reich pensioniert, war er seit 1944 im Konzentrationslager Mauthausen interniert, aus dem er nach Kriegsende befreit wurde. Er starb an den Folgen der Lagerhaft. H.-E. schrieb in klassisch-romantischer Tradition Gedichte (u. a. Zwischen Traum und Tagen, 1919; Das Tagebuch der Natur, 1920), M¨archennovellen (u. a. Die blaue Blume, 1911; Frauenschuh, 1936) und historische Romane, darunter Ritter, Tod und Teufel (1921) und Mangold von Eberstein (1922). Seine Schilderung der Erlebnisse in den Jahren 1933 / 34 erschien 1981 unter dem Titel Im Anfang war der Mord. C Killy

Hammerstein-Equord, Kurt (Gebhard Adolf Philipp) Frh. von, Milit¨ar, * 26. 9. 1878 Hinrichshagen (Mecklenburg-Strelitz), † 24. 4. 1943 Berlin-Dahlem. H.-E., Sohn eines Forstmeisters und Großneffe des Generals Hans von → H.-E., war im Ersten Weltkrieg Generalstabsoffizier, stellte sich 1918 der republikanischen Regierung zur Verf¨ugung und war entscheidend am Aufbau der Reichswehr beteiligt. Als Erster Generalstabsoffizier beim Berliner Gruppenkommando 1 weigerte er sich, 1920 am Kapp-Putsch teilzunehmen. H.-E. wurde 1925 Chef des Stabs beim Wehrkreiskommando III, 1929 als Generalleutnant Chef des Truppenamtes (Generalstabschef) und 1930 als General der Infanterie Chef der Heeresleitung. 1933 versuchte er eine parteipolitisch unabh¨angige F¨uhrung der Reichswehr zu gew¨ahrleisten, scheiterte jedoch und nahm 1934 nach der Ernennung zum Generaloberst seinen Abschied. H.-E. hielt Kontakt zu den Generalen Ludwig → Beck und Franz → Halder und plante nach seiner Reaktivierung 1939 als Oberbefehlshaber der Armee-Abteilung A im Westen die Verhaftung → Hitlers, wurde jedoch nach wenigen Wochen wieder abgesetzt und stand danach nur noch mit zivilen Widerstandskreisen in Verbindung. Er war der Vater von Ludwig von → H.-E. C NDB

Hammerstein-Equord, Ludwig von, Journalist, Intendant, * 17. 11. 1919 Berlin, † 26. 2. 1996 Berlin. Der Sohn von Kurt von → H.-E. diente nach dem Abitur als Offizier im 9. Potsdamer Infanterieregiment. Im Zweiten Weltkrieg war er Oberleutnant und Ordonnanz von → Olbricht und → Schenk von Stauffenberg. Wie sein Vater schloß er sich dem milit¨arischen Widerstand an und war am 20. Juli 1944 an der Entwaffnung der SS im BendlerBlock beteiligt. Nach dem Scheitern des Aufstands entkam H.-E. und versteckte sich in Berlin. Nach dem Krieg war er zun¨achst 1946-49 Korrespondent und Redakteur bei der „Welt“, 1950-60 Pressereferent im Bundesministerium f¨ur gesamtdeutsche Fragen, 1961-73 stellvertretender NDRIntendant und 1974-84 Intendant von RIAS Berlin. H.-E. war in diesem Amt besonders um Unabh¨angigkeit von den gr¨oßeren Rundfunkanstalten bem¨uht. C Munzinger

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Hammerstein-Gesmold Hammerstein-Gesmold, Wilhelm (Joachim August Karl Alexander Emil) Frh. von, Politiker, * 21. 2. 1838 Retzow (Mecklenburg), † 16. 3. 1904 Charlottenburg (heute zu Berlin). H.-G., Vetter von Ludwig von → Hammerstein, bewirtschaftete seit 1863 das v¨aterliche Gut Schwartow. Er geh¨orte 1876-93 dem preuß. Abgeordnetenhaus, 1881-90 und 1892-95 dem Reichstag an. Neben Adolf → Stoecker war er einer der F¨uhrer des antisemitisch-christlichen Fl¨ugels der Deutschkonservativen Partei und leitete 1881-95 die Redaktion ihres Organs, der „Kreuz-Zeitung“. Im Kulturkampf geriet H.-G. in Gegensatz zur Politik → Bismarcks und zum agrarischen Fl¨ugel seiner Partei, war f¨uhrend an den kirchenpolitischen Friedensgesetzen von 1882 beteiligt und setzte beim Tivoli-Parteitag 1892 ein antisemitischchristlich-soziales Parteiprogramm durch. Als er wegen betr¨ugerischer Finanzmanipulationen 1896 zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt wurde, schied St¨ocker aus der Deutschkonservativen Partei aus, der antisemitisch-christliche Fl¨ugel verlor seinen Einfluß. C NDB

Hammerstein-Loxten, Ernst (Georg Philipp Ludolf August Wilhelm) Frh. von, Staatsmann, * 2. 10. 1827 Loxten bei Bersenbr¨uck, † 5. 6. 1914 Loxten. Nach rechtswissenschaftlichen Studien an der Univ. G¨ottingen wurde H.-L. Referent im hannoverschen Innenministerium und Mitglied der Ersten Kammer. Die Annexion Hannovers durch Preußen f¨uhrte ihn in die Reihen der Protestbewegung innerhalb des Adels. 1867 wurde H.-L. in den konstituierenden Norddeutschen Reichstag, dann in den Hannoverschen Provinziallandtag gew¨ahlt, 1881 in den Preußischen Volkswirtschaftsrat berufen und zum Vorsitzenden des Deutschen Landwirtschaftsrats ernannt. Seit 1884 Landrat von Bersenbr¨uck, wurde er 1889 Landesdirektor der Provinz Hannover und verhandelte in dieser Position u¨ ber die Freigabe des Welfenfonds. 1894 wurde er Landwirtschaftsminister in der Regierung → Hohenlohe. H.-L. f¨uhrte u. a. die obligatorische Fleischbeschau ein, bem¨uhte sich um Landmelioration und bef¨urwortete den Bau des Mittellandkanals. Nach seinem R¨ucktritt 1901 widmete er sich der Verwaltung seiner G¨uter. 1908 wurde H. Pr¨asident des Provinziallandtags. C Leb Nieders, Bd 9

Hammes, Karl, S¨anger, * 25. 3. 1896 Zell / Mosel, † 10. 9. 1939 bei Warschau. H. studierte nach dem Ersten Weltkrieg Gesang und deb¨utierte 1925 als Bariton am Opernhaus in K¨oln. 1927-29 Mitglied der Berliner Kroll-Oper, sang er 1927 bei den Bayreuther Festspielen und war 1929-35 Mitglied der Wiener Staatsoper. 1929-34 trat er bei den Salzburger Festspielen u. a. als Don Giovanni auf und gastierte in Br¨ussel, Amsterdam, London, M¨unchen und Hamburg. 1935 kam er an die Staatsoper in Berlin, meldete sich bei Kriegsbeginn freiwillig zur Luftwaffe und fiel kurz darauf. C Kutsch

Hammesfahr, Ernst, Industrieller, * 1. 4. 1847 Wald-Itter bei Solingen, † 18. 11. 1920 Foche (heute zu Solingen). Gemeinsam mit seinen Br¨udern erlernte H. das Messerschmiedehandwerk im v¨aterlichen Betrieb und begann 1868 mit dem Erwerb einer Dampfmaschine die Produktion in einer eigenen kleinen Fabrik. Er entwickeltete zahlreiche Neuerungen, darunter einen Fallhammer (1887) und einen Vierschlaghammer, die er patentieren ließ, f¨uhrte 1895 die maschinelle Reiderei (Versehen der Klingen mit Griffen) ein und ersetzte 1897 mit einer patentierten Schleifmaschine f¨ur Messerklingen den Handschliff. Seit dem Zerw¨urfnis mit den weniger innovativen Br¨udern rationalisierte H. sein Unternehmen ohne R¨ucksichten. Aus einem ersten Streik 1899 ging er als Sieger hervor, den drohenden Ruin durch einen

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zweiten Streik 1907 konnte er nur durch die einsetzenden R¨ustungsauftr¨age (u. a. Bajonette) kompensieren. Bei seinem Tod z¨ahlte die Firma u¨ ber 1000 Arbeiter. C NDB

Hampe, August, Jurist, Politiker, * 20. 4. 1866 Holzminden, † 6. 2. 1945 Holzminden. H. studierte Rechtswissenschaft in G¨ottingen und Berlin und wurde 1891 Amtsrichter, 1907 Oberlandesgerichtsrat in Braunschweig. Seit 1918 Mitglied des Landtags von Braunschweig, war er 1919 / 20 braunschweigischer Justizminister und wurde 1921 Senatspr¨asident. H. war Mitglied der Verfassunggebenden Nationalversammlung und geh¨orte 1919 / 20 f¨ur die Deutschnationale Volkspartei und 1924-28 f¨ur die Wirtschaftliche Vereinigung (Deutsch-hannoversche Partei) dem Deutschen Reichstag an. Er gab 1908-18 die „Braunschweiger Zeitschrift f¨ur Rechtspflege“ heraus und schrieb u. a. Das partikulare braunschweigische Privatrecht (1896).

Hampe, Erhard, Ingenieur, * 29. 4. 1928 Spansdorf

ˇ (CSR), † 29. 10. 1998 Jena. Nach einer Ausbildung zum Maurer studierte H. seit 1949 Bauingenieurwesen an der TH Dresden, wurde 1954 zum Dr.-Ing. promoviert (Beitrag zur Theorie des ausgesteiften wandartigen Tr¨agers) und habilitierte sich dort 1961 (Berechnung von Beh¨altern mit ringkrafttreuer Vorspannung). Im folgenden Jahr wurde er o. Prof. an der Hochschule f¨ur Architektur und Bauwesen in Weimar, wo er 1968-78 auch Leiter der Sektion Bauingenieurwesen sowie Direktor des Instituts f¨ur Stahl- und Spannbeton war. Seit 1980 war H. Gastprofessor in Berkeley (USA), an der Ohio State University sowie an verschiedenen europ¨aischen Universit¨aten und Technischen Hochschulen. Seit 1990 an der Univ. Karlsruhe t¨atig, beteiligte sich H. an der Neuformierung einer Deutschen Bauakademie und war seit 1992 Gutachter der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Seine Hauptarbeitsgebiete waren Fl¨achentragwerke im Industriebau, Spannbeton und Bauwerke unter seismischen Einwirkungen. H. ver¨offentlichte u. a. Statik rotationssymmetrischer Fl¨achentragwerke (5 Bde., 1963-73 u. o¨ .), Vorgespannte Konstruktionen (2 Bde., 1964 / 65), Industrieschornsteine (1969) und Spannbeton. Lehrbuch (1978, 21980). C DDR

Hampe, Karl (Ludwig), Historiker, * 3. 2. 1869 Bremen, † 14. 2. 1936 Heidelberg. Der Sohn eines Buch- und Musikalienh¨andlers und Bruder Theodor → H.s studierte seit 1888 Germanistik, Geschichte und National¨okonomie an den Universit¨aten Bonn und Berlin (Promotion 1893, Geschichte Konradins von Hohenstaufen, ver¨offentlicht 1894) und wurde Mitarbeiter, 1917 Mitglied des Zentraldirektoriums der „Monumenta Germaniae Historica“. 1898 habilitierte er sich an der Univ. Bonn, wurde dort a. o. Prof. und folgte 1903 einem Ruf als o. Prof. f¨ur Mittelalterliche Geschichte an die Univ. Heidelberg, deren Rektor er 1924 / 25 war. Zu seinen Hauptwerken z¨ahlen Das Hochmittelalter. Geschichte des Abendlandes von 900 bis 1250 (1932, 61977) und Herrschergestalten des deutschen Mittelalters (1933, 61955). 2004 erschien sein Kriegstagebuch 1914-1918 (hrsg. von Folker Reichert und Eike Wolgast). H. war der Vater von Roland → H. C Bad Bio N.F., Bd 3

Hampe, Roland, Arch¨aologe, * 2. 12. 1908 Heidelberg, † 23. 1. 1981 Heidelberg. H., Sohn Karl → H.s, studierte in Kiel Rechtswissenschaften, Neuere Geschichte und National¨okonomie, in M¨unchen bei Ernst → Buschor Klassische Arch¨aologie und wurde 1934 mit der Arbeit Fr¨uhe griechische Bilder in B¨ootien promoviert. Danach arbeitete er als Hilfsassistent von Ludwig → Curtius am Aufbau der Photothek des Deutschen Arch¨aologischen Instituts in Rom mit, wurde 1936 Assistent am Deutschen Arch¨aologischen Institut in Athen und

Hanak war an den Ausgrabungen in Olympia 1937 beteiligt. Nach der Habilitation in W¨urzburg 1939 auf Einspruch von NSStellen nicht zum Dozenten ernannt, wurde H. 1946 Prof. in Kiel, 1948 in Mainz und 1957 in Heidelberg, wo er bis 1975 lehrte. Er leitete die deutsche Abteilung des Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae. H. ver¨offentlichte u. a. Nestor (1950), Die Homerische Welt im Lichte der neuesten Ausgrabungen (1956) und Bei T¨opfern und T¨opferinnen in Kreta, Messenien und Zypern (1962). Aus seinen Homer¨ Forschungen erwuchsen die Ubersetzungen der Ilias und der Odyssee (1979), in denen H. – erstmals im Deutschen und im Kontrast zu Wolfgang → Schadewaldts Prosa¨ubersetzung – den Hexameter so gestaltete, daß er Zerdehnungen durch F¨ullw¨orter vermeiden konnte. C Lullies

Hampe, Theodor (Eduard), Literatur- und Kunsthistoriker, * 28. 1. 1866 Bremen, † 30. 7. 1933 N¨urnberg. Der Bruder Karl → H.s studierte seit 1886 Germanistik und Geschichte an den Universit¨aten Marburg und Bonn und wurde 1890 promoviert. Seit 1893 am Germanischen Nationalmuseum in N¨urnberg t¨atig, wurde er 1898 Konservator und Leiter der Bibliothek, 1909 Vizedirektor des Museums. 1927 erfolgte die Ernennung zum Geheimen Regierungsrat. H. befaßte sich mit Literatur- und Kulturgeschichte, war als Kunsthistoriker Autodidakt, gab Quelleneditionen (u. a. N¨urnberger Ratsverl¨asse, 3 Bde., 1904) heraus und besch¨aftigte sich mit der Geschichte des Theaters (Die Entwicklung des Theaterwesens [. . .], 1900). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner eine Geschichte der Fahrenden Leute (1902, 21924) und Zinnsoldaten (1925). C NDB

Hampel, Anton Joseph, Musiker, † 30. 3. 1771 Dresden. H. trat 1737 als Waldhornist in die k¨oniglich-s¨achsische Kapelle in Dresden ein, komponierte gemeinsam mit seinem Bruder, einem Bratscher, Ballettmusik und war auch als Lehrer t¨atig. Zu seinen Sch¨ulern z¨ahlte Jan V´aclav → Stich. H. entwickelte eine verbesserte Form von Inventionsh¨ornern, die 1753 in der Dresdner Hofkapelle, 1767 in der Kapelle der Pariser Oper eingef¨uhrt wurde. C NGroveD

Hampel, Sigmund Walter, o¨ sterr. Maler, * 17. 7. 1867 Wien, † 17. 1. 1949 Nußdorf / Attersee (Ober¨osterreich). H. studierte 1884 an der Staatsgewerbeschule, seit 1885 an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien und bildete sich, 1888 wegen Auflehnung gegen die akademischen Lehrmethoden relegiert, autodidaktisch weiter. Als Mitbegr¨under der Hagengesellschaft schloß er sich 1900 dem aus ihr hervorgegangenen Hagenbund an, dessen Ausstellungen er mit ¨ Temperabildern, Aquarellen und Olgem¨ alden (u. a. Eva mit Fasan, 1902) beschickte. 1911-38 Mitglied des K¨unstlerhauses, fand dort 1919 eine große Einzelausstellung seiner Werke statt. H. lebte seit 1938 zur¨uckgezogen am Attersee. ¨ C OBL Hampl, (Arno) Franz, o¨ sterr. Historiker, * 8. 12. 1910 Bozen, † 30. 10. 2000 Innsbruck. Der Sohn eines o¨ sterr. Generalstabsoffiziers studierte Geschichte in Leipzig und wurde 1934 mit der Arbeit Der K¨onig der Makedonen promoviert. Nach der Habilitation 1937 u¨ ber Die griechischen Staatsvertr¨age des 4. Jahrhunderts vor Christi Geburt und der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg wurde er 1947 Ordinarius f¨ur Alte Geschichte in Innsbruck. Einer der zentralen Forschungsbereiche H.s war Alexander der Große (1958). Daneben besch¨aftigte er sich mit allgemein staatsrechtlichen und gesellschaftshistorischen ¨ Uberlegungen (Das Problem des Kulturverfalls in universal¨ historischer Sicht, 1963). H. war Mitglied des Osterreichischen und des Deutschen Arch¨aologischen Instituts. C Gnomon 73 (2001)

Hamza, Johann, o¨ sterr. Maler, * 21. 6. 1850 Teltsch (M¨ahren), † 22. 12. 1927 Wien. H. war Sch¨uler, seit 1880 Mitglied der Wiener Akademie der bildenden K¨unste und trug zur Renaissance der Wiener Genremalerei seiner Zeit bei. Seit 1888 Mitglied des Wiener K¨unstlerhauses, malte er beliebte kleinformatige Genreszenen und Interieurs mit novellistischen Motiven, u. a. Der ¨ Musikfreund (1886). C OBL Han, Balthasar, schweizer. Glasmaler, * 1505 Basel, † 9. 3. 1578 Basel. H., Sohn eines Glasers und Sch¨uler Hans → Holbeins, wird 1529 bei der „erblichen Erneuerung“ der Halbzunft „Zum Himmel“ in den Urkunden genannt, der er als Meister zwischen 1538 und 1576 in Abst¨anden vorstand. Er war viel¨ fach in o¨ ffentlichen Amtern t¨atig, u. a. als Kirchenpfleger, Mitglied des Gerichts, Lohn(Bau-)herr, F¨unfer und Dreizehner. H. erhielt 1536 den Auftrag, die Fenster in der Basler Rathauskanzlei und im „Gesprechhus“ zu schaffen; 1554 entstand sein Hauptwerk, die Bannertr¨agerscheibe der „Himmelzunft“. C NDB Han, Ulrich, auch Gallus, Udalricus Barbatus, Ulricus Nicolai de Wienna, Drucker, * um 1425 Ingolstadt, † 1478 / 80 Rom. Der aus einer Ingolst¨adter B¨urgerfamilie stammende Bruder von Wolf Lupus Gallus erwarb (wenn H. identisch mit Ulricus H. de Yngolstadia ist) die Magisterw¨urde in Leipzig und erhielt in Wien das B¨urgerrecht. Fraglich ist, ob er in Wien als Briefmaler und Briefdrucker arbeitete, ebenso, ob er den Buchdruck bei Albrecht → Pfister in Bamberg erlernte. Vermutlich brachte der p¨apstliche Nuntius H. nach Rom, wo er wahrscheinlich der deutschen Druckergesellschaft in Subiaco angeh¨orte. 1465 beauftragte ihn der spanische Kardinal Johannes de Turrecremata mit dem Druck der Erstausgabe seiner Meditationes seu contemplationes vitae Christi (1466 vollendet). Das Werk wurde von H., erstmalig in Italien, mit Holzschnitten illustriert. Anf¨anglich druckte er vor allem klassische Texte, sp¨ater (1471-74) theologische und juristische Werke sowie o¨ ffentliche Bekanntmachungen der Kurie, u. a. die Bullen Pauls II. und Sixtus’ IV. Als hervorragende Druckleistung H.s gilt das Missale Romanum (1476), bei dem er erstmals typographischen Notendruck f¨ur die liturgischen Ges¨ange verwendete. In seiner Druckerei wurden 113 Werke (einschließlich Neuauflagen und der ihm zugeschriebenen Ausgaben) gedruckt; das letzte Werk erschien 1478. C MGG Han, Weigand, Drucker, * um 1528 / 29 Frankfurt / Main, † 1562 Frankfurt / Main. Der Sohn des Frankfurter Buchdruckers Georg H. u¨ bernahm 1555 die Druckerei und den Verlag seines Stiefvaters Hermann → G¨ulfferich. In den folgenden Jahren druckte er rund 110 Titel, der Tradition des Hauses folgend deutschsprachige illustrierte Volksb¨ucher, u. a. Die sch¨one Magelone, popul¨are Reiseberichte, Ratgeber, Historienbibeln und → Luthers Großen Katechismus. 1560 verlegte H. gemeinsam mit Sigmund → Feyerabend eine mit Holzschnitten illustrierte Neuauflage des Heldenbuchs von Virgil → Solis. Nach dem Verkauf seiner Druckerei 1561 an Georg Rab gr¨undete er mit diesem eine Verlagsgemeinschaft. H.s Erben f¨uhrten den Verlag weiter. C LGB Hanak, Anton, o¨ sterr. Bildhauer, * 22. 3. 1875 Br¨unn, † 7. 1. 1934 Wien. Nach Lehre bei einem Wiener Holzbildhauer (1889-93) und Wanderjahren (1893-98) besuchte H. Abendkurse f¨ur Bildhauerei und war Sch¨uler Edmund Hellers an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste. 1904 / 05 verbrachte er in Italien, unterhielt seit 1906 eine eigene Werkstatt in Wien

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Hanappi und war 1906-10 Mitglied der Wiener Secession. H. unterrichtete seit 1913 an der Wiener Kunstgewerbeschule und als o. Prof. an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste (1932-34). Er beschickte zahlreiche Ausstellungen, u. a. die Internationale Kunstausstellung in Rom (1911), die o¨ sterr. Ausstellungen in Stockholm und Kopenhagen (1917) sowie die Kunstschau in Wien 1920 und 1921. Ausgehend von Auguste Rodin und Aristide Maillol, schuf H. expressionistische Monumentalplastiken f¨ur Bauten und o¨ ffentliche Pl¨atze; sein bekanntestes Werk ist Der brennende Mensch (1922). C Czeike

Hanappi, Gerhard, o¨ sterr. Architekt, Fußballspieler, * 16. 2. 1929 Wien, † 23. 8. 1980 Wien. H. studierte 1948-57 an der TH Wien, arbeitete in der Wiener Stadtplanung beziehungsweise verschiedenen Architekturb¨uros und seit 1962 als selbst¨andiger Architekt. 1966 erhielt er den Auftrag zum Bau des Rapid-Stadions in Wien, das 1977 fertiggestellt wurde. In seiner Karriere als Profifußballer spielte H. seit 1948 in der o¨ sterr. Nationalmannschaft und wirkte in insgesamt 96 L¨anderspielen mit.

Hanau, Arthur, Pathologe, * 11. 5. 1858 Frankfurt / Main, † 2. 8. 1900 Konstanz. Nach Abschluß des Medizinstudims in Marburg und Bonn wurde H., Sohn eines Kaufmanns, 1881 promoviert (Beitr¨age zur Histologie der Haut des Vogelfusses), war Assistent bei Edwin → Klebs in Z¨urich und habilitierte sich 1887 f¨ur Pathologie und Pathologische Anatomie (Beitr¨age zur Pathologie der Lungenkrankheiten. I. Ueber Lokalisation und weitere Verbreitung der Tuberkulose in der Lunge. II. Zur Histologie der croup¨osen und indurirten Pneumonie (ver¨offentlicht 1886). Seit 1897 wirkte er als Prosektor am Kantonsspital St. Gallen. H. arbeitete u¨ ber Prostatitis, Speicheldr¨usenentz¨undungen und Physiologie der Darmsekretion. 1889 gelang ihm die erste experimentelle Krebsu¨ berimpfung, womit er zum Begr¨under der experimentellen Krebsforschung wurde (u. a. Versuche u¨ ber die k¨unstliche ¨ Erzeugung von Carcinomen, Uberimpfung von Krebsen, in: Correspondenzblatt f¨ur Schweizer Aerzte 19, 1889). C NDB

Hanau, Arthur, Agrarwissenschaftler, * 23. 11. 1902 Hannover, † 1. 8. 1985 G¨ottingen. Nach einer landwirtschaftlichen Ausbildung zun¨achst Gutsverwalter, studierte H., Sohn eines Oberlandesgerichtsrats, 1922-25 an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin und wurde 1927 promoviert (Die Prognose der Schweinepreise, 31930). Danach war er Mitarbeiter des Instituts f¨ur Konjunkturforschung am Statistischen Reichsamt in Berlin, von 1930 bis zur Schließung 1933 am Institut f¨ur landwirtschaftliche Marktforschung. 1931 habilitierte er sich und lehrte bis 1933 an der Landwirtschaftlichen Hochschule. 1945 zun¨achst Berater der amerikanischen Milit¨arregierung f¨ur Landwirtschafts- und Ern¨ahrungsfragen, war H. seit 1948 Direktor des Instituts f¨ur landwirtschaftliche Marktforschung an der Forschungsanstalt f¨ur Landwirtschaft in Braunschweig-V¨olkenrode, 1953-55 Berater der Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen und 1955-67 Prof. der landwirtschaftlichen Marktlehre an der Univ. G¨ottingen. H. gilt als der Begr¨under der landwirtschaftlichen Marktforschung und der wissenschaftlichen Agrar¨okonomie in der Bundesrepublik Deutschland. C Hagemann

Hanau, Salomo Salman ben Jehuda L¨ob ha-Kohen, Linguist, * 1687 Hanau, † 15. 9. 1746 Hannover. H. besuchte die Talmudschule und war seit 1708 Lehrer in Frankfurt / Main. Im selben Jahr ver¨offentlichte er die Schrift Binjan Schelomo, worin er Arbeiten a¨ lterer hebr¨aischer

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Sprachwissenschaftler kritisierte. H. mußte, trotz eines Widerrufs, Frankfurt verlassen, ging nach Hamburg und unterrichtete dort die folgenden siebzehn Jahre. Dort ebenfalls in Streitigkeiten verwickelt, lebte er einige Jahre in Amsterdam, kehrte nach Deutschland zur¨uck und ließ sich schließlich in Hannover nieder. H. verfaßte zahlreiche Schriften zur hebr¨aischen Grammatik. Er untersuchte als erster die Regeln des losen Silbenschlusses („Tenua kalla“).

Hanauer, Rudolf, Politiker, * 4. 3. 1908 Mellrichstadt (Unterfranken), † 29. 12. 1992 Herrsching / Ammersee (Oberbayern). H., Sohn eines Richters, studierte an der Univ. M¨unchen Rechts- und Staatswissenschaften, wurde 1932 Mitarbeiter in der Gesch¨aftsf¨uhrung des Bayerischen Industriellenverbandes und ließ sich 1935 als Anwalt in M¨unchen nieder. 1940-45 war er Soldat, leistete Kriegsdienst bei der Nachrichtentruppe und geriet in Gefangenschaft. 1946 beteiligte sich H. an der Gr¨undung der CSU im Landkreis Starnberg. 1948-55 war er Mitglied des Gemeinderats und Finanzreferent in Herrsching am Ammersee. 1954-78 geh¨orte H. dem Bayerischen Landtag an, dessen Pr¨asident er 1960-78 war. C Munzinger

Hanausek, Thomas Franz, o¨ sterr. Nahrungsmittelchemiker, Botaniker, * 26. 9. 1852 Schloß Weitw¨orth bei Oberndorf (Nieder¨osterreich), † 4. 2. 1918 Wien. H., Sohn eines k. k. Bezirksrichters, studierte an der Univ. Wien, legte 1879 seine Lehramtspr¨ufung in den F¨achern Naturgeschichte, Mathematik und Physik ab und wurde 1881 promoviert. Seit 1875 Supplent an der LandesOberrealschule Krems, wurde er 1880 Prof. und begr¨undete ein warenkundliches Labor. 1885-97 war H. an einer Wiener Oberrealschule t¨atig und hielt gleichzeitig Vorlesungen an der Wiener Handelsakademie. Seit 1897 Inspektor an der Wiener Untersuchungsanstalt f¨ur Lebensmittel, kehrte er 1899 in den Schuldienst zur¨uck und war 1902-09 Gymnasialdirektor in Krems. H. erwarb sich durch die Mikroskopie von Lebensmitteln und pflanzlichen Rohstoffen, insbesondere der indischen und amerikanischen Papierzellulosen, Verdienste. Er ver¨offentlichte u. a. Ueber die Harzg¨ange in den Zapfenschuppen einiger Coniferen. Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie dieser Organe (1879), Die Nahrungsund Genußmittel aus dem Pflanzenreiche (1884), Lehrbuch der Somatologie und Hygiene (1898, 51907), Beitr¨age zur mikroskopischen Untersuchung der Papierfasern (1901) und Lehrbuch der technischen Mikroskopie (1901). C Reber Hancke, Gottfried Benjamin, auch Hanke, Hanckius, Dichter, * 1696 (?) Schweidnitz (?), † 1750 (?) Dresden (?). H. studierte nach dem Besuch des Breslauer Gymnasiums Jura und war zun¨achst Advokat, sp¨ater k¨oniglich polnischer und kurf¨urstlich s¨achsischer Generalakzise-Sekret¨ar und Archivsekret¨ar in Dresden. Um 1722 nahm er daneben seine ¨ T¨atigkeit als Dichter und Ubersetzer f¨ur den Reichsgrafen Franz Anton von → Sporck auf. Als Gegenleistung f¨ur die ¨ Ubersetzung eines Opernlibrettos bezahlte Sporck den Druck der Geistlichen und Moralischen Gedichte (1723). H., der sich als Schriftsteller in der Tradition der schlesischen Dichter verstand und vor allem durch Benjamin → Neukirch beeinflußt war, schrieb geistliche und weltliche Gedichte. Seine literarische T¨atigkeit endete nach einer u. a. mit → Gottsched gef¨uhrten Kontroverse u¨ ber Gelegenheitsdichtungen (nach 1735). C Killy

Hancke, Oswald (Wilhelm), Theaterdirektor, * 24. 12. 1840 Gr¨atz (Posen), † 2. 10. 1906 Karlsruhe. H. nahm nach einer Apothekerausbildung Schauspielunterricht, wurde 1861 Mitglied des Schauspielhauses Berlin und wechselte 1870 als Schauspieler und Dramaturg an das Stadttheater Leipzig. 1876-80 war er Oberregisseur in

Handke K¨onigsberg, 1880-1905 Direktor des Karlsruher Hoftheaters. H. schrieb B¨uhnendichtungen und Erz¨ahlungen, u. a. Russische Hofkabalen. Historische Erz¨ahlung aus der Zeit Kaiserin Katharinas II. (1906).

Hancke, (Johann Wenceslaus) Wenzel, Chirurg, * 16. 3. 1770 Mertsch¨utz bei Liegnitz, † 22. 6. 1849 Breslau. H., Sohn eines Erbschultheißen, kam mit dreizehn Jahren zu einem Barbier in die Lehre, erlernte die lateinische Sprache und war nach seiner Freisprechung (1786) Barbiergeselle in verschiedenen Orten; in Breslau h¨orte er daneben Vorlesungen am Anatomischen Institut. 1790 trat er als Chirurg in die Armee ein, besuchte seit 1794 abermals Vorlesungen in Breslau und machte 1799 an der Chiurgischen Pepini`ere in Berlin, wo er seit 1795 t¨atig war, sein Examen. Als Oberchirurg wieder in Milit¨ardiensten, studierte er Medizin in Frankfurt / Oder, wurde 1807 zum Dr. med. et chir. promoviert und ließ sich 1809 in Breslau nieder, wo er seit 1810 ordinierender Arzt am Krankenhaus der Barmherzigen Br¨uder war. H. hielt an der Chirurgischen Lehranstalt Breslau Vorlesungen u¨ ber Spezielle Chirurgie und erlangte aufgrund seines operativen Geschicks Ansehen. Er ver¨offentlichte u. a. Ueber Er¨offnung der Eitergeschw¨ulste nach verschiedenen Methoden (1829), Prophylaktisches Heilverfahren bei Verletzungen von tollen Hunden und Behandlung der eingetretenen Wuth¨ krankheit (1830) und Uber das Chlorzink als Heilmittel gegen die Syphilis, chronische Exantheme und Ulcerationen (1841). C NDB

Hand, Ferdinand (Gotthelf), Klassischer Philologe, Philosoph, * 15. 2. 1786 Plauen (Vogtland), † 14. 3. 1851 Jena. Der Sohn des Superintendenten Johann Christian H. studierte in Leipzig und Jena Philologie und Philosophie, wurde 1807 zum Dr. phil. promoviert und habiliterte sich 1809 mit der Arbeit Observationes criticae in Catulli carmina. Seit 1810 unterrichtete er am Weimarer Gymnasium und wurde 1817 a. o., sp¨ater o. Prof. der Philosophie und der griechischen Literatur an der Univ. Jena. H. war Mitdirektor des Philologischen Seminars in Jena, Mitherausgeber der „Neuen Jenaischen allgemeinen Literatur-Zeitung“ (1804 ff.) und Verfasser zahlreicher philologischer, philosophischer und musikwissenschaftlicher Schriften. Bekannt wurde er durch die ¨ Asthetik der Tonkunst (2 Bde., 1837-41). C MGG

Handel, Erasmus Frh. von, o¨ sterr. Politiker, * 2. 6. 1860 Schloß Mirskofen bei Landshut (Bayern), † 6. 6. 1928 Salzburg. H. trat nach dem Studium der Rechtswissenschaften 1882 in den politischen Dienst der Statthalterei Triest ein. Seit 1887 im Innenministerium, war er mit der Leitung der Abteilung f¨ur die Angelegenheiten der Reichstags- und Landtagswahlen betraut. 1902 wurde er Statthalter Dalmatiens. H. war 1905-19 – unterbrochen durch seine T¨atigkeit als Innenminister im Kabinett Clam-Martinic (1916 / 17) – Statthalter Ober¨osterreichs und setzte sich f¨ur eine Reform der Landesordnung und der Landeswahlordnung ein, war an der Schulgesetzreform beteiligt und wirkte in der Verfassungsgesetzgebung mit. 1917 wurde er Mitglied des o¨ sterr. Her¨ renhauses. C OBL Handel-Mazzetti, Enrica (Lodovica Maria) Freiin von, Pseud. Marien Kind, o¨ sterr. Schriftstellerin, * 10. 1. 1871 Wien, † 8. 4. 1955 Linz. H.-M., Tochter eines kath. k. k. Generalstabshauptmanns, erhielt bei ihrer Mutter, einer Protestantin, Privatunterricht, besuchte 1886 / 87 das St. P¨oltener Institut der Englischen Fr¨aulein und studierte anschließend an der Wiener Univ. Deutsch, Franz¨osisch und Literatur. Seit 1888 ver¨offentlichte sie vor allem in kath. Zeitschriften und seit 1895 in der „Wiener Zeitung“. H.-M. hielt sich 1905-17 in Steyr

auf und u¨ bersiedelte dann nach Linz. Nach dramatischen und novellistischen Versuchen waren ihre Romane Meinrad Helmpergers denkw¨urdiges Jahr (1900), Jesse und Maria (2 Bde., 1906) und Die arme Margaret (1910) erfolgreich. H.-M. behandelte in Form des breitangelegten historischen Romans, vor allem die Zeit des Barocks und der Gegenreformation thematisierend, die Auseinandersetzung zwischen Katholizismus und Protestantismus. Sie bekannte sich zum Fortbestand eines kath. Habsburgerreiches, bem¨uhte sich jedoch in ihrem Werk um konfessionelle Verst¨andigung und christliches Humanit¨atsdenken und beeinflußte damit u. a. Paula → Grogger, Maria Veronika → Rubatscher und Fanny → Wibmer-Pedit. 1914 erhielt H.-M. den Ebner-EschenbachPreis. Seit 1951 wird der Handel-Mazzetti-Preis verliehen. Ihre zahlreichen historischen Romane und Novellen erschienen bis in die sechziger Jahre in zum Teil hohen Auflagen. C Killy

Handel-Mazzetti, Heinrich (Raphael Eduard) Frh. von, o¨ sterr. Botaniker, * 19. 2. 1882 Wien, † 1. 2. 1940 Wien. H.-M., Sohn eines k. k. k. Feldzeugmeisters und Cousin von Enrica von → H.-M., studierte an der Univ. Wien Botanik und wurde 1907 promoviert. Seit 1903 Demonstrator am Botanischen Institut der Univ. Wien, war er dort 1905-25 Assistent. 1923 wechselte H.-M. in das Naturhistorische Museum, wo er 1925-31 Kustos war. Zahlreiche Studienreisen f¨uhrten ihn in die Schweiz (1906), nach Bosnien und in die Herzegowina (1909), in die Abruzzen (1924) und nach Thes¨ salien (1927). 1914 unternahm H.-M. im Auftrag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften eine Forschungsreise nach S¨udwestchina, wo er vor allem die Provinzen Y¨unnan, Setschuan, Hunan und Kweitschou erforschte. Nach der R¨uckkehr 1919 besch¨aftigte er sich haupts¨achlich mit der Flora Chinas. H.-M. wurde insbesondere durch die systematische und pflanzengeographische Einteilung der chinesischen Flora bekannt. Er ver¨offentlichte u. a. Monographie der Gattung Taraxacum (1907), Naturbilder aus S¨udwestChina (1927) und Die chinesischen Arten der Gattung Ligularia (1939). C NDB Handke, Georg (Ulrich), Pseud. Ernst Springer, Politiker, * 22. 4. 1894 Hanau, † 7. 9. 1962 Berlin. H., Sohn eines Schlossers, wurde 1910-13 zum Industrieund Bankkaufmann ausgebildet und trat 1917 der USPD, 1918 dem Spartakusbund und 1919 der KPD bei. Er war u. a. als Chefredakteur der „Arbeiterzeitung“ in Hanau (1919-21) und Frankfurt (1923-30) sowie seit 1930 als Leiter der Abteilung Genossenschaften des Zentralkomitees der KPD in Berlin t¨atig. 1934 verhaftet wurde H. wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. 1945 u¨ bernahm er zun¨achst das B¨urgermeisteramt von Zwickau, wurde Regierungspr¨asident, trat 1946 der SED bei und war Vizepr¨asident, dann Pr¨asident der Zentralverwaltung f¨ur Handel und Wirtschaft; nach Bildung der Wirtschaftskommission (1948) leitete er die Ressorts Interzonen- und Außenhandel, Materialversorgung und Verkehr und war seit 1950 Minister f¨ur innerdeutschen und Außenhandel. 1952 als Botschafter nach Rum¨anien entsandt, kehrte H. 1953-59 als erster Staatssekret¨ar im Ministerium f¨ur Ausw¨artige Angelegenheiten zur¨uck und wurde 1958 Mitglied des Zentralkomitees der SED. C DDR Handke, Johann Christoph, auch Hancke, Handtke, Hanke, Hantke, Maler, * 18. 2. 1694 Johnsdorf bei R¨omerstadt (M¨ahren), † Ende Dezember 1774 Olm¨utz. H. wurde seit 1708 in Freudenthal, M¨ahrisch-Tr¨ubau und Olm¨utz als Maler ausgebildet. In Olm¨utz erwarb er 1722 das B¨urgerrecht, wurde 1723 in die Malerzunft aufgenommen und ließ sich dort nach seiner Heirat 1724 endg¨ultig nieder. H. erlangte Bedeutung auf dem Gebiet der Freskomalerei; f¨ur die Jahre 1715-55 sind achtzig Fresken bzw.

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Handlirsch zweiundzwanzig Freskenzyklen nachweisbar; als k¨unstlerischer H¨ohepunkt gelten die Fresken der Jesuitenkirche in K¨oniggr¨atz (1730) und die Ausmalung der beiden Fests¨ale der Breslauer Universit¨at. In seiner 1766 entstandenen Selbstbiographie (1911 hrsg. von R. Foerster) thematisierte er u. a. das Verh¨altnis von Maler und Auftraggeber sowie Honorarfragen. C NDB

Handlirsch, Anton, o¨ sterr. Entomologe, * 20. 1. 1865 Wien, † 28. 8. 1935 Wien. H., Sohn eines Kochs, studierte zun¨achst auf Wunsch seines Vaters Pharmazie, betrieb daneben zoologische Studien und war seit 1886 als wissenschaftliche Hilfskraft am Naturhistorischen Museum in Wien t¨atig. Er beteiligte sich an der Neueinrichtung der Sammlungen, wurde 1892 Assistent, 1899 Kustosadjunkt und war 1906-22 Kustos. 1924 habilitiert, wurde er 1931 zum a. o. Prof. ohne Lehrauftrag ernannt. H. arbeitete zuerst u¨ ber Hymenopteren, dann u¨ ber Hemipteren und legte in seinen Ver¨offentlichungen (u. a. Die biologische Bedeutung der Tierfarben, 1906; Revision of American Paleozoic insects, 1906; Die fossilen Insekten und die Phylogenie der rezenten Formen, 2 Bde., 1906-08; Handbuch der Entomologie, Bd. 3, 1925, Bd. 2, 1929) eine vergleichende und phylogenetische Betrachtungsweise zugrunde. 1901 gab ¨ er Botanik und Zoologie in Osterreich in den Jahren 1850 bis 1900 (mit Richard von → Wettstein) heraus. C NDB

Handloser, Siegfried (Adolf), Milit¨ar, * 25. 3. 1885 Konstanz, † 3. 7. 1954 M¨unchen. Nach der Ausbildung an der Berliner Kaiser-WilhelmsAkademie 1910 hatte H., Sohn eines Musikdirektors, verschiedene Positionen im Sanit¨atsdienst inne und war 1928-32 Referent im Reichswehrministerium. Danach war er als h¨oherer Milit¨ararzt t¨atig. W¨ahrend des Zweiten Weltkriegs zun¨achst Armeearzt, wurde er 1941 Heeressanit¨atsinspekteur und Heeresarzt, 1943 Chef des Wehrmachtssanit¨atswesens. Vor dem Milit¨artribunal I in N¨urnberg wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt, wurde H. f¨ur schuldig befunden und zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. C NDB

Handmann, (Jakob) Emanuel, schweizer. Maler, * 16. 8. 1718 Basel, † 3. 11. 1781 Bern. Nach einer abgebrochenen Schwertfegerlehre wurde H., Sohn eines B¨ackermeisters und Obervogts, zun¨achst bei dem Maler Johann Ulrich → Schnetzler (1735-39) in Schaffhausen ausgebildet, danach bei Jean Restout d. J. in Paris. 1743 reiste er nach Rom und kopierte dort antike Meister und Renaissancebilder. Er war auch in Neapel, Parma und Piacenza t¨atig und kehrte 1746 in die Schweiz zur¨uck, wo er sich in Bern niederließ. H. war Bildnismaler des Berner Patriziats ¨ und der Aristokratie; er schuf vor allem lebensgroße Olund Pastellbildnisse im Rokokostil des franz¨osischen Hofes, u. a. das Portr¨at Leonhard → Eulers, sowie Allegorien-, Historien- und Genrebilder. C NDB

Handovsky, Hans, o¨ sterr. Pharmakologe, Mediziner, * 18. 5. 1888 Wien, † 11. 11. 1959 Remscheid-L¨uttringhausen. H., Sohn eines Beamten, schloß das Studium an der Univ. Wien 1912 mit der Promotion zum Dr. med. ab und war dort 1908-10 Assistent am Biokolloidchemischen Institut, 1912 / 13 am Pharmakologischen Institut in Heidelberg, anschließend in Prag. 1920-23 arbeitete er am Pharmakologischen Institut in G¨ottingen, habilitierte sich 1924 und wurde 1926 a. o. Prof. der Pharmazie und Toxikologie. 1933 emigrierte H. nach einem kurzen Aufenthalt in Paris nach Belgien, wo er Assistent am Genter Institut f¨ur Pharmakologie und Toxikologie wurde; 1945-54 f¨uhrte er ein eigenes Krebsforschungslabor. Nach seiner Pensionierung 1957 kehrte er nach G¨ottingen zur¨uck. H. wurde insbesondere durch

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den Artikel u¨ ber die physikalische Chemie des Blutes in Hans → Hirschfelds Handbuch der allgemeinen H¨amatologie (1932) bekannt. Sp¨ater untersuchte er die Beziehung zwischen Vitamin-E-Gaben und dem Krebswachstum. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Fortschritte in der Kolloidchemie der Eiweissk¨orper (1911), Leitfaden der Kolloidchemie f¨ur Biologen und Mediziner (1922, 21925), Grundbegriffe der Kolloidchemie und ihrer Anwendung in Biologie und Medizin (1923, 21927), Pharmakologie in ihren modernen Problemstellungen (1931), Cellula (4 Tle., 1939-51) und Pharmacotherapie (mit Henri Rudolph Mari de Haan, 1952, 2 1958). C NDB

Handschin, Eduard, auch H.-Hofstetter, schweizer. Zoologe, Entomologe, * 31. 8. 1894 Liestal (Kt. Basel-Land), † 19. 1. 1962 Basel. H., Sohn eines Administrators der Ersparniskasse in Gelterkinden, studierte Zoologie in Basel, wurde 1918 promoviert (Beitr¨age zur Kenntnis der wirbellosen terrestrischen Nivalfauna der schweizerischen Hochgebirge) und war Assistent in Genf. 1921 habilitierte er sich in Basel, ging 1925 als Austauschprofessor nach Cambridge und wurde 1927 a. o., 1942 o. Prof. der Entomologie, an der Univ. Basel. Seit 1923 Mitarbeiter des Naturhistorischen Museums Basel, war er 1946-56 Pr¨asident der Museumskommission und seit 1956 Direktor des Museums. 1930-32 erforschte er im Auftrag der australischen Regierung die Biologie der B¨uffelfliege Liperosia. Den Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit bildeten die Urinsekten und die Insekten der Phosphorite. H. ver¨offentlichte u. a. Praktische Einf¨uhrung in die Morphologie der Insekten (1928), Bilder aus der Wunderwelt tropischer Schmetterlinge (mit Walter Linsenmaier, 1949, 21959, italien. 1950, frnz. 1956, belg. 1958), Tabulae entomologicae (1955) und Die Coleopteren des schweizerischen Nationalparkes und seiner Umgebung (1963). C NDB Handschin, Jacques (Samuel), schweizer. Musiker, Musikforscher, Komponist, * 5. 4. 1886 Moskau, † 25. 11. 1955 Basel. Der Sohn eines schweizer. Kaufmanns wuchs in Moskau auf, studierte in Basel und M¨unchen Geschichte, Mathematik, National¨okonomie und Philologie und wurde bei Max → Reger in M¨unchen, bei Karl → Straube in Leipzig und bei Charles-Marie Widor in Paris u. a. im Orgelspiel ausgebildet. 1909-20 war H. (seit 1916 als Prof.) Orgellehrer am Konservatorium der Kaiserlichen Musikgesellschaft und Organist in St. Petersburg. 1921 wurde er in Basel mit der Dissertation Choralbearbeitungen und Kompositionen mit rhythmischem Text in der mehrstimmigen Musik des 13. Jahrhun¨ derts promoviert, habilitierte sich 1924 mit der Arbeit Uber die mehrstimmige Musik der St. Martial-Epoche und lehrte seit 1930 als a. o., seit 1935 als o. Prof. an der Univ. Basel. H. besch¨aftigte sich vor allem mit Musiktheorie und der Musik des fr¨uhen und hohen Mittelalters. Zu seinen Werken z¨ahlen Der Toncharakter (1948, 21995) und Musikgeschichte ¨ im Uberblick (1948, 61990). C MGG Handtke, Friederich, Kartograph, * 7. 12. 1815 Pf¨orten (Niederlausitz), † 25. 1. 1879 Glogau. H. wurde als Feldmesser ausgebildet, absolvierte seine Pflichtjahre in der preuß. Armee und trat 1838 in die Verlagsbuchhandlung Flemming in Glogau ein. Dort leitete er die kartographische Abteilung und brachte zahlreiche Karten heraus, u. a. einen zur damaligen Zeit ausgezeichneten Schulatlas und die „Reymannsche Karte“ (bestehend seit 1806). Von den 260 Karten, welche bis 1874 hergestellt wurden, zeichnete H. 168 selbst. Die preuß. Armee verwendete die „Reymann-Handtkeschen Karten“ als Orientie¨ rungsgrundlage bei ihren Feldz¨ugen. Nach der Ubernahme des Kartenwerkes durch den kgl. preuß. Generalstab 1874 behielt H. seine leitende T¨atigkeit. C ADB

Haner Handwercher, Franz Sales, kath. Theologe, * 3. 6. 1792 Loitershof bei Reisbach, † 17. 8. 1835 Oberschneiding. Der Sohn eines Landwirts besuchte Gymnasien in Regensburg und Straubing und studierte seit 1811 in Landshut Philosophie und Theologie. Seit 1815 besuchte er das Klerikalseminar Regensburg, wo er 1816 die Priesterweihe erhielt. 1822 wurde H. Pfarrer in Tegernbach. Bald erregte er durch angebliche Krankenheilungen sowie Visionen und Exorzismen weithin Aufmerksamkeit. 1826 wechselte er nach Hohenegglkofen bei Landshut, wurde Dekan seines Landkapitels und 1836 Pfarrer in Oberschneiding bei Straubing. 1838 war er vor¨ubergehend Regens am Klerikalseminar Regensburg. Er gr¨undete 1843 die „Bruderschaft des hl. und unbefleckten Herzens Mariae“ und stand im Zentrum des „Oberschneidinger Reformbunds“. H. berichtete von apokalyptischen Gesichten mit prophetischem Anspruch. Er vero¨ ffentlichte u. a. Betrachtung des Leidens Christi (1862). C Leb Regensburg, Teil 2

Hane, Philipp Friedrich, evang. Theologe, * 2. 2. 1696 Belitz (Mecklenburg), † 27. 9. 1774 Kiel. Nach dem Theologiestudium in Rostock und Jena habilitierte sich H. 1723 an der Univ. Kiel und war dort seit 1724 Universit¨atsbibliothekar. Seit 1725 o. Prof. der Kirchen- und Zivilgeschichte, lehrte er seit 1730 zugleich als a. o., seit 1758 als o. Prof. der Theologie. 1733 wurde er zum Oberkonsistorialrat und Kirchenrat ernannt. H. ver¨offentlichte u. a. einen Entwurf der Kirchengeschichte Neuen Testaments, sowie solche in den erf¨ullten und aufgekl¨arten Weissagungen der g¨ottlichen Offenbarung St. Johannis enthalten sind (3 Tle., 1768-72). C ADB Haneberg, Daniel Bonifatius von, Benediktiner, Theologe, Bischof von Speyer, * 16. 6. 1816 Lenzfried / Allg¨au, † 31. 5. 1876 Speyer. H., Sohn eines Bauern, studierte an der Univ. M¨unchen Theologie und Philosophie und vertiefte seine bereits w¨ahrend der Schulzeit erworbenen Kenntnisse der hebr¨aischen, syrischen, persischen und arabischen Sprache. 1837 wurde er zum Priester geweiht, im selben Jahr zum Dr. theol. promoviert und Privatdozent (De significationibus in Veteri Testamento praeter literam valentibus). H. lehrte seit 1840 als a. o., seit 1844 als o. Prof. der Exegese des Alten Testaments in M¨unchen und war seit 1845 Universit¨atsprediger. 1850 in die Benediktinerabtei St. Bonifaz eingetreten, wurde er 1854 unter Beibehaltung seines akademischen Lehramtes zum Abt gew¨ahlt. H. war 1868 als Konsultor des Vatikanischen Konzils Mitglied der Kommission f¨ur die orientalischen Kirchen. 1872 wurde er zum Bischof von Speyer ernannt. H. ver¨offentlichte u. a. Die religi¨osen Alterth¨umer der Bibel (1844, 21869) und Geschichte der biblischen Offenbarung (1850, 41876). C Leb Bayer Schwaben, Bd 15 Hanemann, Heinrich, Metallograph, * 24. 10. 1883 Croydon bei London, † 7. 2. 1960 Berlin. H., dessen Vater Ende der neunziger Jahre die Stelle eines kaufm¨annischen Direktors der Saarbr¨ucker Gußstahlwerke annahm, studierte bis 1906 Chemie und H¨uttenkunde an der TH Charlottenburg und arbeitete zun¨achst im Laboratorium der Berliner Porzellan-Manufaktur. Als Assistent am Eisenh¨uttenm¨annischen Institut 1908 mit der Dissertation ¨ Uber die Reduktion von Silicium aus Tiegelmaterialien durch geschmolzenes kohlehaltiges Eisen promoviert, habilitierte er sich 1910 an der TH Charlottenburg f¨ur Metallographie. 1919 wurde er Professor, 1932 Ordinarius. Seit 1934 leitete er das Institut f¨ur Metallkunde, das aus der metallographischen Abteilung des Eisenh¨uttenm¨annischen Instituts hervorgegangen war. Nach Demontage und Abtransport der gesamten Einrichtung seines Instituts 1945 durch die sowjetische Besatzungsmacht erm¨oglichte ihm das Metallografiska

Institut in Stockholm einen mehrj¨ahrigen Forschungsaufenthalt (1948-52). H. entwickelte die Metallkunde zu einem eigenst¨andigen Fach innerhalb der H¨uttenkunde. Sein wissenschaftliches Hauptinteresse galt der Metallographie des Stahls, den Untersuchungen zu Entstehung und Eigenschaften des k¨ornigen Perlits, dem Problem der Rekristallisation bei Metallen sowie der Weiterentwicklung von Blei. 1935 regte er die Einrichtung der Bleiforschungsstelle an. Seit 1927 ver¨offentlichte er zusammen mit seiner Mitarbeiterin Angelica Schrader den Atlas Metallographicus, in dem er die Institutssammlung von Metallschliffen mit Hilfe von mikrophotographischen Aufnahmen der Wissenschaft zug¨anglich machte. H. geh¨orte zu den ersten Metallkundlern, die auch alte Eisenfunde metallographisch untersuchten. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen ferner Einf¨uhrung in die Metallographie und Warmebehandlung, nebst einer Sammlung von Gef¨ugebildern (1915) und Eindacht. Eines Ingenieurs Weltbesinnung (1951). C Mikroskopie, Bd 3

Haner, Georg, luth. Theologe, Historiker, * 28. 4. 1672 Sch¨aßburg (Siebenb¨urgen), † 15. 12. 1740 Birth¨alm (Siebenb¨urgen). H. beschloß seine 1691 begonnenen Studien in Wittenberg mit der Promotion zum Magister artium und kehrte nach Sch¨aßburg zur¨uck. Dort u¨ bernahm er 1694 das Rektorat des Gymnasiums, war seit 1697 auch Prediger und wurde, seit 1698 Pfarrer verschiedener Gemeinden, 1713 Stadtpfarrer von Mediasch, 1722 Generaldekan. 1736 erfolgte auf der Synode von Birthelm H.s Wahl zum Superintendenten der evang. Sachsen Siebenb¨urgens. Er trat entschieden gegen den Pietismus auf und verfaßte zahlreiche Disputationen und Schriften, u. a. die als Quellenwerk u¨ ber die Reformationsgeschichte Siebenb¨urgens gesch¨atzte Abhandlung Historia ecclesiarum Transsylvanicarum (1694). H. war der Vater von Georg Jeremias → H. C RGG

Haner, Georg Jeremias, luth. Theologe, * 17. 4. 1707 Keisd (Siebenb¨urgen), † 9. 3. 1777 Birth¨alm (Siebenb¨urgen). Der Sohn Georg → H.s studierte seit 1726 Theologie in Wittenberg und Jena und wurde Lehrer, 1732 Direktor des Gymnasiums in Mediasch. Seit 1735 Pfarrer in Kleinschelken, berief man ihn 1740 zum Stadtpfarrer von Mediasch, 1759 zum Pfarrer von Birthelm und Superintendenten der evang. Sachsen Siebenb¨urgens. Als Synodalsyndikus (seit 1750) schuf H. gemeinsam mit Samuel von → Brukenthal eine Konsistorialverfassung (1754); w¨ahrend der Amtszeit als Superintendent reaktivierte er die Kirchenvisitationen (1761). Er stellte sich gegen rekatholisierende Regierungsmaßnahmen (u. a. Fiskalprozesse um Zehntrechte) und suchte auch schriftlich die Einheit der evang. Landeskirche zu verteidigen, u. a. gegen die Herrnhuter Br¨udergemeine. H. sammelte zahlreiche Urkunden, Akten und Handschriften und ver¨offentlichte u. a. Das k¨onigliche Siebenb¨urgen (1763). C NDB

Haner, Johannes, kath. Theologe, * um 1480 N¨urnberg, † 1549 Bamberg. H. studierte in Ingolstadt, wurde zum Magister der Theologie promoviert und war seit 1525 Domprediger in W¨urzburg. 1526 trat er, sich der Reformation ann¨ahernd, in Briefwechsel mit Johannes → Oekolampad und → Zwingli, wobei er die Abendmahlslehre diskutierte. Er lebte dann ohne Amt, jedoch im Besitz einer Pfr¨unde, in N¨urnberg; mangelndes Verst¨andnis f¨ur die luth. Rechtfertigungslehre f¨orderte seine erneute Zuwendung zur kath. Kirche. H. verfaßte dar¨uber eine gegen seinen Willen ver¨offentlichte Schrift Prophetia vetus ac nova, hoc est, vera Scripturae interpretatio. De syncera cognitione Christi deque recta in illum fide (1534). Deswegen aus N¨urnberg ausgewiesen, ging er nach Bamberg, wurde 1536 Domvikar und war 1541-44 Domprediger. C LThK

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Hanf Hanf, Blasius, eigentl. Karl Ignaz H., Benediktiner, Ornithologe, * 30. 10. 1808 St. Lambrecht (Steiermark), † 2. 1. 1892 Mariahof (Steiermark). H., Sohn eines Stiftsapothekers, trat nach dem Studium an der Univ. Graz 1828 in das Benediktinerstift St. Lambrecht ein und erhielt 1832 die Priesterweihe. 1837 wurde er Kaplan in Mariahof und war seit 1843 Pfarrer in Zeutschach, 1853-89 in Mariahof. In der Umgebung Mariahofs, dem Neumarkter Sattel mit dem Furtner Teich, besch¨aftigte sich H. eingehend mit dem Studium der Vogelwelt, insbesondere den Wandergewohnheiten der V¨ogel. Er wurde als Feldornithologe in europ¨aischen Fachkreisen gesch¨atzt. Seine Sammlung von u¨ ber tausend Vogelpr¨aparaten bildete die Grundlage f¨ur die Ornithologische Abteilung des Stiftsmuseums St. Lambrecht. 1873 wurden seine Pr¨aparate auf der Wiener Weltausstellung pr¨amiert. C NDB Hanf, Martin, Botaniker, * 17. 8. 1911 Magdeburg, † 1. 12. 1991 Hannover. Nach naturwissenschaftlichem Studium an den Universit¨aten Halle / Saale und W¨urzburg und der Promotion 1935 bei Wilhelm → Troll (Vergleichende und entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen u¨ ber Morphologie und Anatomie der Griffel und Griffel¨aste) arbeitete H. zun¨achst im Pflanzenschutzdienst in Sachsen-Anhalt und im Saarland und seit 1937 als Angestellter am Pflanzenschutzamt Gießen. 1945 u¨ bernahm er die Leitung der Bezirksstelle f¨ur Pflanzenschutz in Gießen bei der Landwirtschaftskammer f¨ur Hessen-Nassau. 1953 wechselte er in die Landwirtschaftliche Abteilung der BASF-Aktiengesellschaft, wo er seit 1961 der Arbeitsgruppe Pflanzenschutz vorstand. H.s Forschungsschwerpunkt galt der Unkrautbiologie; er ver¨offentlichte u. a. U 46 im Getreide (1963, 31967), Die Ackerunkr¨auter und ihre Keimlinge (1969), Die Ackerunkr¨auter Europas (1982, 31990) und der Farbatlas Feldflora. Wildkr¨auter und Unkr¨auter (1990). C B¨ohm Hanff, Johann Nicolaus, auch Hanf, Hampf, Komponist, Musiker, getauft 26. 9. 1664 Gossel bei Arnstadt, † Winter 1711 / 12 Schleswig. H. erhielt vermutlich bereits in seiner Jugend eine Organistenausbildung. 1687 / 88 war er Organist und Stadtschreiber in Friedrichroda, ging dann nach Hamburg, wo er wahrscheinlich seit 1688 Musikunterricht gab, und wurde Hoforganist des in Eutin residierenden F¨urstbischofs → August Friedrich von L¨ubeck. Nach dessen Tod 1705 wurde die Hofkapelle aufgel¨ost. Als Anw¨arter auf die Stelle des Domorganisten in Schleswig verbrachte H. noch einige Jahre in Hamburg. Das Amt, das ihm 1711 u¨ bertragen wurde, hatte er nur etwa vier Monate inne. H. komponierte Vokalmusik und Choralvorspiele f¨ur Orgel, die Einfluß auf Dietrich → Buxtehude hatten. C MGG Hanfmann, George (Maxim Anossov), bis 1921 Ganfmann, 1921-34 Ganfmanas, Arch¨aologe, * 20. 11. 1911 St. Petersburg, † 13. 3. 1986 Watertown (Massachusetts, USA). Der Sohn eines russischen Juristen und Journalisten studierte seit 1930 Klassische Arch¨aologie und Philologie sowie Geschichte und Philosophie an den Universit¨aten Jena, M¨unchen und Berlin, emigrierte nach der Promotion 1934 in die USA und war nach einer nochmaligen Promotion an der Johns Hopkins University in Baltimore seit 1935 Stipendiat an der Harvard University. Im Zweiten Weltkrieg leitete er 1943-45 f¨ur das Office of War Information die deutsche Abteilung der Amerikanischen Rundfunkstation f¨ur Europa. Seit 1945 Assistant Professor an der Harvard University, wurde er 1949 Associate Professor of Fine Arts, 1956 Full Professor und erhielt 1971 die John-E.-Hudson-Professur f¨ur Arch¨aologie. Daneben leitete er 1949-75 die Antikenabteilung am Fogg Art Museum. 1963-70 hatte er die Leitung des American Research Institute in der T¨urkei inne und nahm an

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Ausgrabungen in Sardis und Anatolien teil. H. befaßte sich mit griechischer, kleinasiatischer, orientalischer und r¨omischer Kunst und Arch¨aologie. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Classical Sculpture (1967) und Roman Art. A Modern Survey of the Art of Imperial Rome (1975). C Lullies

Hanfstaengl, Eberhard (Viktor Eugen), Museumsdirektor, * 10. 2. 1886 Saargem¨und, † 10. 1. 1973 M¨unchen. H., Enkel Franz → H.s, studierte in Paris, Wien, Heidelberg und M¨unchen Kunstgeschichte, wurde 1911 promoviert und arbeitete anschließend als Direktionsassistent an der Neuen Pinakothek. Seit 1924 Hauptkonservator an der Alten Pinakothek in M¨unchen, stand er seit 1925 den St¨adtischen Kunstsammlungen M¨unchen als Direktor vor und wirkte am Aufbau der St¨adtischen Galerie im Lenbachhaus mit. 1934-37 leitete H. die Berliner Nationalgalerie, wurde aufgrund seines Eintretens f¨ur die als „entartet“ diffamierte Kunst seines Amtes enthoben und bet¨atigte sich danach als Privatgelehrter und Lektor des F. Bruckmann Verlags in M¨unchen. 1945-53 war er Generaldirektor der Bayerischen Staatsgem¨aldesammlungen in M¨unchen. H. ver¨offentlichte u. a. die Monographie Rembrandt (1947). C Munzinger

Hanfstaengl, Ernst (Franz Sedgwick), gen. Putzi, Publizist, * 11. 2. 1887 M¨unchen, † 6. 11. 1975 M¨unchen. Der Enkel Franz → H.s u¨ bernahm nach dem Kunstgeschichtsstudium an der Harvard University (1905-09) 1911 die New Yorker Filiale des v¨aterlichen Kunstverlags Franz Hanfstaengl. 1921 kehrte er nach M¨unchen zur¨uck, trat im folgenden Jahr in die NSDAP ein und nahm als Vertrauter → Hitlers am Hitler-Putsch 1923 teil. Nach kurzem Exil in Salzburg, studierte H., der Hitler in die M¨unchner Gesellschaft eingef¨uhrt hatte, an der Univ. M¨unchen Geschichte (Dr. phil. 1930) und wurde 1931 Auslandspressechef der NSDAP. Seit Oktober 1934 hatte er, verdr¨angt u. a. durch → Goebbels, keinen direkten Zugang mehr zu Hitler. H. floh aufgrund politischer Differenzen 1937 nach Großbritannien und war dort seit Kriegsbeginn und von 1940-42 in Kanada interniert. 1942-44 beriet er den USPr¨asidenten Roosevelt in Fragen politischer und psychologischer Kriegsf¨uhrung und kehrte nach nochmaliger Internierung 1946 nach M¨unchen zur¨uck. H. ver¨offentlichte u. a. seine Lebenserinnerungen unter dem Titel The Missing Years (1957; dt. Zwischen Weißem und Braunem Haus. Memoiren eines politischen Außenseiters, 1970). C Braune Elite 2

Hanfstaengl, Franz (Seraph), auch Hanfst¨angl, Hanfstingl, Lithograph, Photograph, * 1. 3. 1804 Baiernrain (heute zu Dietramszell), † 18. 4. 1877 M¨unchen. H. stammte aus einer Bauernfamilie und kam 1816 auf Empfehlung des Dorfschullehrers in die Zeichenklasse der von Hermann Joseph → Mitterer gef¨uhrten Feiertagsschule in M¨unchen. Er wurde in Lithographie ausgebildet, hatte Kontakt zu Aloys → Senefelder und studierte 1819-25 an der M¨unchner Akademie der bildenden K¨unste. Als Portr¨atlithograph der M¨unchner Gesellschaft erfreute sich H., „Graf Litho“ genannt, großer Beliebtheit. 1833 gr¨undete er in M¨unchen eine eigene lithographische Anstalt, die er bis 1868 leitete und der er sp¨ater eine Kunstdruckerei und ein Photoatelier (1853) angliederte. 1835-52 stellte H. rund 200 lithographische Reproduktionen von Meisterwerken der Dresdner Gem¨aldegalerie her und ver¨offentlichte diese in einer Mappe. Er war sp¨ater Hofphotograph und schuf Portr¨ats ber¨uhmter Pers¨onlichkeiten, u. a. von Kaiserin → Elisabeth ¨ von Osterreich und → Bismarck. C NDB

Hanfstaengl, Marie → Schr¨oder-Hanfstaengl, Marie Hang, Adelheid, Journalistin, * 8. 4. 1908 Mainz, † 16. 9. 1975 M¨unchen. Die Tochter eines Weingroßh¨andlers studierte 1927-33 in M¨unchen, Berlin, Bonn und Frankfurt / Main Germanistik,

Hanka Kunstgeschichte und altisl¨andische Sprache und wurde 1933 mit der Arbeit Sophie Mereau-Brentano in ihren Beziehungen zur Romantik (1934) promoviert. Danach journalistisch t¨atig (seit 1934 als Mitglied der NS-Kulturgemeinde), war sie 1937-40 Redakteurin der Monatszeitschrift „Die Westmark“, 1941 / 42 der „Kontinent-Korrespondenz“ und der „Deutschen Radio-Illustrierten“ und stand 1941-44 als Wissenschaftliche Hilfsarbeiterin, Kulturreferentin in Stockholm und Mitarbeiterin der Informations-, Nachrichten- und Presseabteilung im Ausw¨artigen Dienst. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete H. als Wirtschaftsjournalistin und war Mitherausgeberin der politischen Korrespondenz „Der weißblaue Hintergrund“. 1961 erschien Der weiß-blaue Hintergrund. Informationen und Personalien aus der bayerischen Politik. C BHdAD

Hango, Hermann, o¨ sterr. Schriftsteller, Archivar, * 16. 5. 1861 Hernals (heute zu Wien), † 10. 10. 1934 Wien. H. trat 1879 als Kanzleibeamter in den Dienst der Stadt Wien und arbeitete im St¨adtischen Archiv, das er 1911-23 leitete. Neben seiner beruflichen T¨atigkeit war er als Lyriker und Erz¨ahler t¨atig und schrieb u. a. Faust und Prometheus. Eine Dichtung (1895). 1900-20 redigierte H. den „Kalender des deutschen Schulvereins“ und war Mitherausgeber verschiedener Quellenwerke zur Geschichte Wiens. Hanhart, Ernst, schweizer. Humangenetiker, * 14. 3. 1891 Z¨urich, † 5. 9. 1973 Ascona (Kt. Tessin). H. studierte Medizin in Heidelberg, M¨unchen und Z¨urich ¨ (Promotion 1916, Uber die amtliche Totenschau auf Grund der Verh¨altnisse in den verschiedenen L¨andern) und habili¨ tierte sich 1925 in Z¨urich (Uber heredodegenerativen Zwergwuchs mit Dystrophia adiposo-genitalis an Hand von Untersuchungen bei drei Sippen von proportionierten Zwergen), wo er 1943 Titularprofessor wurde. 1938 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er verfaßte rund 150 Abhandlungen, darin rund 31 Neubeschreibungen von Erbkrankheiten („HanhartSyndrome“). H. stellte als erster den heredodegenerativen Zwergwuchs in Samnaun und Oberegg (Kt. Appenzell) sowie die Gaumenspalte mit gekoppelter Nierenmißbildung dar und arbeitete u. a. u¨ ber Stoffwechselst¨orungen, Schwachsinn ¨ und Taubstummheit. Er ver¨offentlichte u. a. Uber heredodegenerativen Zwergwuchs (1925) und eine Monographie u¨ ber 800 F¨alle von Mongoloidismus in konstitutioneller Betrachtung (1960). Haniel, (Curt) Alfons, Geologe, Pal¨aontologe, * 9. 5. 1884 M¨ulheim / Ruhr, † 29. 12. 1914 Ferme La Bovelle bei Laon (Frankreich). H., Sohn eines Ingenieurs, schloß seine naturwissenschaftlichen Studien in Heidelberg, Bonn und M¨unchen 1910 mit der Promotion ab (Die geologischen Verh¨altnisse der S¨udabflachung des Allg¨auer Hauptkammes) und nahm im selben Jahr an der zweiten Expedition Johannes Wanners nach Timor (Indonesien) teil. Er bestieg im Rahmen der geologischen Forschungsarbeiten als erster die h¨ochste Erhebung Timors (2345 m). 1914 ver¨offentlichte H. im Selbstverlag die Geologische Karte der Allg¨auer und Lechtaler Alpen (21929), die als Musterbeispiel moderner Alpenkartierung gilt. Zwei Monate vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs f¨ur Geologie und Pal¨aontologie habilitiert, fiel er in Frankreich. 1914 erschien sein Geologischer F¨uhrer durch die Allg¨auer Alpen s¨udlich von Oberstdorf (21929). C NDB Haniel, (Johannes Franciscus) Franz, Industrieller, * 20. 11. 1779 Ruhrort (heute zu Duisburg), † 24. 4. 1868 Ruhrort. H., Sohn eines Handels- und Speditionskaufmanns, bet¨atigte sich nach dem fr¨uhen Tod des Vaters im Familiengesch¨aft

und machte sich 1800 mit einer Steinkohlenhandlung selbst¨andig. 1808 gr¨undete er gemeinsam mit seinem Bruder Gerhard H. und seinem Schwager Gottlob → Jacobi die „H¨uttengewerkschaft und Handlung Jacobi, Haniel & Huyssen“, den Vorl¨aufer des Gutehoffnungsh¨utte-Konzerns in Oberhausen. 1809 schuf er durch Fusion seiner Kohlenhandlung mit dem elterlichen Gesch¨aft das Stammhaus der „Franz Haniel & Cie. GmbH“. W¨ahrend der Napoleonischen Kriege beteiligte sich H. am Getreide- und Holzhandel, nach 1815 wieder vermehrt an Zechenbetrieben. Seine unternehmerischen Aktivit¨aten umfaßten die H¨uttenindustrie – er f¨uhrte 1821 als erster an der Ruhr die geschlossenen Koks¨ofen ein – und den Maschinen- und Schiffbau (er baute 1830 den ersten deutschen Rheindampfer). Nach Erwerb des Abteufrechts 1833 ließ H. im Ruhrgebiet auf verschiedenen Zechen Kohle im Tiefbauverfahren f¨ordern. Dar¨uber hinaus engagierte er sich f¨ur den Eisenbahn- und Straßenbau im Ruhrgebiet sowie den Hafenausbau Ruhrorts. 1832 richtete H. eine „Unterst¨utzungs-Casse der hiesigen Arbeiter“ ein und baute 1844 die Siedlung „Eisenheim“ f¨ur die Arbeiter seines Werks. 1857 ließ er den Schacht der Zeche Rheinpreußen abteufen. 1867 gr¨undete H. gemeinsam mit Daniel → Morian die Gewerkschaften Hamborn und Neum¨uhl. C NDB

Haniel, Franz, Industrieller, * 15. 9. 1842 Ruhrort (heute zu Duisburg), † 16. 6. 1916 M¨unstereifel. Der Enkel Franz → H.s war nach einer kaufm¨annischen Ausbildung sowohl in der familieneigenen Gutehoffnungsh¨utte in Oberhausen wie auch in der Kohlen- und Reedereifirma (seit 1871 Franz Haniel & Co.) t¨atig. Nach Umwandlung der Gutehoffnungsh¨utte in die Gutehoffnungsh¨utte Aktiengesellschaften trat er in den Aufsichtsrat ein. Zusammen mit seinem Enkel Ludwig H. und seinem Schwager Heinrich → Lueg gr¨undete er die Firma Haniel & Lueg. H. war Mitglied des preuß. Herrenhauses und Gr¨under des D¨usseldorfer Theaters. Haniel von Haimhausen, Edgar, Diplomat, * 12. 12. 1870 Ruhrort (heute zu Duisburg), † 14. 1. 1935 M¨unchen. Nach einem Studium der Rechte 1890-93 in Bonn und Berlin (Promotion 1894) trat H. v. H., Sohn eines Rentiers, 1900 in den diplomatischen Dienst ein. Zun¨achst in Br¨ussel eingesetzt, kam er nach Paris und war 1901 in Konstantinopel, dann in Bern, Rio de Janeiro, Athen (1907), London (1908) und von 1911 bis zum Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg 1917 in Washington t¨atig. Als Beauftragter des Ausw¨artigen Amtes war H. v. H. Mitglied der Waffenstillstandskommission 1918 / 19, geh¨orte der Weimarer Nationalversammlung an und nahm an den Versailler Friedensverhandlungen teil. Seit 1920 Staatssekret¨ar im Ausw¨artigen Amt in Berlin, vertrat er die Reichsregierung 1923-33 in M¨unchen. 1905 wurde H. v. H. nobilitiert. C BHdAD

Hanisch, Joseph, Musiker, Komponist, * 24. 3. 1812 Regensburg, † 9. 10. 1892 Regensburg. H. erhielt von seinem Vater Klavier- und Orgelunterricht, wurde 1829 Organist an der Regensburger Domkirche und unternahm 1834 eine Studienreise nach Rom. 1836 nach Regensburg zur¨uckgekehrt, widmete er sich der kath. Kirchenmusik und u¨ bernahm an der neuerrichteten Kirchenmusikschule den Unterricht f¨ur Orgel und Harmonielehre. H. leitete 1855-77 den „Oratorienverein“ und war 1859-63 sowie 1867-72 Dirigent des „Regensburger Liederkranzes“. Er komponierte kirchenmusikalische Vokalmusik und Orgelwerke. C MGG Hanka, Erika, o¨ sterr. T¨anzerin, Choreographin * 18. 5. 1905 Vinkovci (Kroatien), † 15. 5. 1958 Wien. H. studierte an der Wiener Akademie f¨ur Musik und darstellende Kunst, nahm Tanzunterricht bei Kurt → Jooss und ging

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Hankamer mit dessen Ballett auf Tournee durch England und die USA. Seit 1936 war sie Solot¨anzerin und Assistentin des Ballettmeisters am Stadttheater von D¨usseldorf, dann Ballettmeisterin am Operntheater in K¨oln (1939) und der Staatsoper Hamburg. 1942 wurde H. als Choreographin und Ballettmeisterin an die Wiener Staatsoper verpflichtet, wo sie bis 1958 blieb; sie choreographierte und inszenierte dort 38 Ballette und schrieb zehn Opernlibretti. Seit 1951 lehrte sie als Prof. an der dortigen Akademie f¨ur Musik und darstellende Kunst. ¨ C OML

Hankamer, Paul (Johannes August), Pseud. Peter Hergenbrecht, Literarhistoriker, * 11. 2. 1891 Wesel, † 29. 6. 1945 M¨unchen. H., dessen Vater Chefredakteur der „Essener Volkszeitung“ war, studierte 1910-14 in Heidelberg, Berlin und Bonn Germanistik, Geschichte und Philosophie, nahm als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil und wurde 1919 in Bonn mit der Arbeit Zacharias Werners Schicksalsdrama „Der vierundzwanzigste Februar“ promoviert. 1920 habilitiert, wurde er 1925 a. o. Prof. an der Univ. Bonn, ging 1928 nach K¨oln und wurde 1932 in K¨onigsberg o. Prof. f¨ur Neuere deutsche Sprache und Literatur. Nach dem Verlust der Professur aus politischen Gr¨unden lebte H. seit 1936 als freier Schriftsteller in M¨unchen-Solln. Er ver¨offentlichte Romane (u. a. Vorabend, 1939, 31940) sowie kultur- und literaturwissenschaftliche Arbeiten (Jakob B¨ohme. Gestalt und Gestaltung, 1920, 2 1960; Deutsche Literaturgeschichte, 1930, 31952; Spiel der M¨achte. Ein Kapitel aus Goethes Leben und Goethes Welt, 1943, Neudr. 1960). Als sein Hauptwerk gilt Deutsche Gegenreformation und deutsches Barock. Die deutsche Literatur im Zeitraum des 17. Jahrhunderts (1935, 1964). H. starb an den Folgen eines Raub¨uberfalls. C Altpreuß Biogr, Bd 5 Hanke, Carl, auch Hancke, Karl, Komponist, Dirigent, * 5. 12. 1749 Roßwald (Bez. Troppau), † 10. 6. 1803 Flensburg. H. wurde zun¨achst im Violinspiel, sp¨ater vermutlich bei Johann Gottlieb → Graun und 1772-75 bei Christoph Willibald → Gluck in Wien ausgebildet. 1776-78 leitete er die Roßwalder Hofkapelle und erhielt nach deren Aufl¨osung 1779 eine Anstellung als Musikdirektor am Stadttheater in Br¨unn. Seit 1781 wirkte H. am Warschauer Nationaltheater, nach dessen finanziellem Zusammenbruch an der Breslauer Oper und 1782 in Berlin. Abel → Seyler holte H. 1783 an das Ackermannsche Schauspielhaus in Hamburg; von dort wechselte er 1786 an das Gottorfer Hoftheater in Schleswig und komponierte u. a. Festmusiken zu den Hochzeitsfeierlichkeiten des d¨anischen Thronfolgers. Seit 1792 war er Stadt- und Amtsmusikus in Flensburg, wo er auch als Musikp¨adagoge sowie als Konzertunternehmer mit eigenem Konzertsaal und angeschlossener Schankwirtschaft arbeitete. Neben zahlreichen Gelegenheitsmusiken ver¨offentlichte H. ges¨ange und Lieder einheimischer Dichter f¨ur Kenner und Liebhaber (2 Tle., 1796 / 97), in denen er Texte u. a. von Johann Heinrich → Voß, Matthias → Claudius und Heinrich → Harries vertonte. Erfolgreich war er auch mit seinem Singspiel Robert und Hannchen (1781) und der fr¨uhen romantischen deutschen Oper Xaphire (1786). C MGG Hanke, Henriette (Wilhelmine), geb. Arndt, Schriftstellerin, * 24. 6. 1785 Jauer (Schlesien), † 15. 6. 1862 Jauer. Die Tochter eines Kaufmanns heiratete 1814 den Pfarrer H. aus Dyhernfurth / Oder. Seit 1819 verwitwet, wurde sie schriftstellerisch t¨atig, um den Lebensunterhalt f¨ur f¨unf Kinder aus den fr¨uheren Ehen ihres Mannes zu verdienen. Sie entwickelte sich zu einer beliebten Erz¨ahlerin und Romanschriftstellerin; ihre Familienschicksale thematisierenden Werke fanden in adligen und b¨urgerlichen Kreisen

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weite Verbreitung (u. a. Die Pfleget¨ochter, 1821; Die Schwiegermutter, 2 Bde., 1831, 21832). Ihre S¨amtlichen Schriften erschienen als Ausgabe letzter Hand in 126 B¨andchen 1841-57. Sie schrieb auch die Erinnerungen Mein Wintergarten. Schilderungen aus dem Leben (4 Tle., 1854-57). C Killy

Hanke, Karl, Gauleiter der NSDAP, * 24. 8. 1903 Lauban (Schlesien), † Juni 1945 bei Neudorf (Sudetenland). H., gelernter M¨uller, besuchte das Berufsp¨adagogische Institut in Berlin und war dort 1928-31 als Gewerbelehrer t¨atig. Wegen Zugeh¨origkeit zur NSDAP aus dem Schuldienst entlassen, wurde er 1932 Mitglied des preuß. Landtags und des Reichstags sowie pers¨onlicher Referent von → Goebbels. 1937-41 war H. zweiter Vizepr¨asident der Reichskulturkammer, 1938-41 Staatssekret¨ar und Chef des Ministeramtes im Propagandaministerium und Hauptamtsleiter in der Reichspropagandaleitung der NSDAP. Nach Differenzen mit Goebbels wurde H. im Februar 1941 Gauleiter und Oberpr¨asident Niederschlesiens, leitete als SSObergruppenf¨uhrer 1945 die Verteidigung Breslaus und wurde am 29. 4. 1945 von → Hitler als Nachfolger Heinrich → Himmlers zum Reichsf¨uhrer SS und Chef der deutschen Polizei ernannt. Nach seiner Flucht aus Breslau wurde er von tschechischen Partisanen unerkannt verhaftet und bei dem Versuch, aus einem Transport deutscher Gefangener zu entkommen, get¨otet. C Lilla, Statisten Hanke, Martin, auch Hancke, Schulmann, Historiker, * 15. 2. 1633 Borne (Schlesien), † 20. 4. 1709 Breslau. Der Sohn eines evang. Pastors studierte 1652-59 an der Univ. Jena, war die letzten drei Jahre Mentor Gideon von Wangenheims und wurde aufgrund der Epigrammatum centuria (1654) zum Poeta laureatus gekr¨ont. Zun¨achst unterrichtete er in Gotha, seit 1661 als Lehrer f¨ur Moral, Geschichte und Rhetorik am Elisabethanum in Breslau. Seit 1681 Prorektor, seit 1684 Rektor des Elisabethanums, leitete er das gesamte Breslauer Schulwesen. H. verfaßte zahlreiche Schriften zur Geschichte Schlesiens, darunter De Silesiorum rebus ab anno Christi 550 ad 1170 exercitationes (1705) und sammelte Biographien gelehrter Schlesier. Sein Nachlaß umfaßt u. a. unver¨offentlichte Tageb¨ucher (1692-1709). C Killy Hanke, Reinhold, T¨opfer, Unternehmer, * um 1825 B¨ohmen, † 1886 H¨ohr (Westerwald). H. kam in den sechziger Jahren aus B¨ohmen nach H¨ohr, wo er in einer Siderolith-Fabrik Besch¨aftigung fand. 1868 gr¨undete er eine eigene Steinzeug-T¨opferei, deren Produkte sich durch ihre k¨unstlerische Gestaltung nach alten Vorbildern auszeichneten. Den Durchbruch trug ihm die „keramische Ausstattung“ der Burg Eltz (Mosel) ein. Daraufhin verhalf ihm die preuß. Regierung zur Teilnahme an der Wiener Weltausstellung 1873. 1876 wurde H. Hoflieferant der Kaiserin → Auguste, die zu dieser Zeit in Koblenz lebte. Hanke, Viktor, o¨ sterr. Ophthalmologe, * 9. 7. 1871 Karwin (Schlesien), † 23. 5. 1945 Gmunden (Ober¨osterreich). H. schloß das Medizinstudium mit der Promotion 1894 in Wien ab, war 1896-1906 Assistent an der I. Universit¨atsAugenklinik und habilitierte sich 1900 f¨ur Augenheilkunde. 1906-14 Primararzt der Augenabteilung am Wiener Krankenhaus der Barmherzigen Br¨uder, wurde er 1913 Titularprofessor und 1920 a. o. Prof. der Augenheilkunde. 1917-40 leitete er die Augenabteilung der Krankenanstalt Rudolfstiftung. H. besch¨aftigte sich mit Fragen der Bakteriologie des Auges und der Therapie zahlreicher Augenkrankheiten. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen Therapie der Augenkrankheiten (1904, engl. 1905), Das Auge, seine Sch¨adigungen, ihre Verh¨utung und Bek¨ampfung (1927) und Die Differentialdiagnose der wichtigen Augenerkrankungen und Augen¨ verletzungen (1930). 2, 3 C Arzte

Hannack Hankel, Hermann, Mathematiker, Mathematikhistoriker,

Hann, Georg, (Gustav), o¨ sterr. S¨anger, * 30. 1. 1897

* 14. 2. 1839 Halle / Saale, † 29. 8. 1873 Schramberg / Schwarzwald. Der Sohn Wilhelm Gottlieb → H.s studierte 1857-60 in Leipzig, G¨ottingen und Berlin, wurde 1861 mit der Dissertation ¨ Uber eine besondere Classe der symmetrischen Determinanten promoviert und habilitierte sich 1863 mit der Arbeit Die Euler’schen Integrale bei unbeschr¨ankter Variabilit¨at des Argumentes f¨ur Mathematik. Seit 1863 lehrte er als a. o. Prof. in Leipzig, erhielt im selben Jahr einen Ruf als o. Prof. nach Erlangen und ging 1869 nach T¨ubingen. H. besch¨aftigte sich vor allem mit Mathematikgeschichte, komplexen Zahlen und den Funktionen einer Ver¨anderlichen. Er entwickelte, dem „Permanenzprinzip“ folgend, in konsequenter Abfolge die bekannten Zahlbereiche und untersuchte systematisch „pathologische“ Funktionen, f¨ur die er 1870 ein Konstruktionsverfahren erfand. In der Theorie der komplexen Zahlensysteme (1867) wies er nach, daß kein hyperkomplexes Zahlsystem allen arithmetischen Regeln gen¨ugen kann. H. verfaßte u. a. Zur Geschichte der Mathematik im Alterthum und Mittelalter (1874, Nachdr. 1965). C DSB

Wien, † 9. 12. 1950 M¨unchen. H. wurde an der Akademie f¨ur Musik und darstellende Kunst in Wien ausgebildet und war von 1927 bis zu seinem Tod st¨andiges Ensemblemitglied an der Bayerischen Staatsoper in M¨unchen. Er gab Gastspiele an europ¨aischen Opernh¨ausern, u. a. in Wien, Berlin, Paris, London, Br¨ussel und an der Mail¨ander Scala. Zu H.s Baß-Bariton-Rollen z¨ahlten der Sarastro, der Amfortas und der Pizarro; er war aber auch in Buffo-Rollen (u. a. Kezal) zu h¨oren. C Kutsch

Hankel, Wilhelm Gottlieb, Physiker, * 17. 5. 1814 Ermsleben / Harz, † 17. 2. 1899 Leipzig. H. studierte an der Univ. Halle / Saale zun¨achst Theologie, dann Naturwissenschaften, wurde 1839 promoviert (De thermoelectricitate crystallorum) und habilitierte sich dort 1840 f¨ur Chemie (Quaestionis de thermoelectricitate crystallorum pars altera). Seit 1836 Lehrer an der Realschule der Franckeschen Stiftungen in Halle, wurde er 1847 a. o. Prof., 1849 o. Prof. der Physik an der Univ. Leipzig. H., Mitglied der Kgl. S¨achsischen Gesellschaft der Wissenschaften, ver¨offentlichte u. a. Die Gesetze der Krystallelectrizit¨at (1840), Anleitung zur Experimentalchemie (1842), Grundriß der Physik (1848), Elektrische Untersuchungen (3 Bde., 1856-99) und Messungen u¨ ber die Absorption der chemischen Strahlen des Sonnenlichtes (1864). Er war der Vater von Hermann → H. C Leb Harz, Bd 2

Hanle, Wilhelm, Physiker, * 13. 1. 1901 Mannheim, † 29. 4. 1993 Gießen. H., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1919 Naturwissenschaften in Heidelberg und G¨ottingen. Bei der Arbeit an ¨ seiner Dissertation Uber magnetische Beeinflussung der Polarisation der Resonanz-Fluoreszenz (1925) entdeckte er den ersten Fall einer Dopplereffekt-freien Spektroskopie (HanleEffekt). Danach in T¨ubingen t¨atig, habilitierte er sich 1927 in Halle, wurde 1929 a. o. Prof. in Jena, 1937 in G¨ottingen und folgte 1941 einem Ruf als o. Prof. nach Gießen. H. besch¨aftigte sich haupts¨achlich mit Koh¨arenzeffekten bei der Lichtemission, mit dem Elektronen- und Ionenstoß, mit Luminiszenz, Dosimetrie und Kernphysik. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren K¨unstliche Radioaktivit¨at und ihre kernphysikalischen Grundlagen (1939, 21952), Die Erde im Strahlungsfeld von Sonne und Kosmos (1948), Isotopentechnik (1964), The teaching of physics at university level (1967) und Progress in atomic spectroscopy (4 Bde., 1978-87, mit Hans Kleinpoppen). Seit 1959 war er Mitherausgeber der Zeitschrift „Kerntechnik“. 1989 erschienen seine Memoiren. C Cat Prof Hal

Hann, Friedrich, Jurist, Redakteur, * 8. 6. 1817 Marktschelken (Siebenb¨urgen), † 6. 12. 1852. H., Sohn eines Predigers, geh¨orte nach dem Studium der Rechtswissenschaft dem Siebenb¨urger Landtag (1841-43, 1846 / 47) an und lehrte 1844-48 als Prof. der Rechte in Hermannstadt. Seit 1845 war er Redakteur des „Siebenb¨urger Boten“. 1849 wechselte H. als Beamter in das Handelsministerium nach Wien und redigierte dort das volkswirtschaftliche Blatt „Austria“. C ADB

Hann, Julius (Ferdinand) von, o¨ sterr. Meteorologe, * 23. 3. 1839 Schloß Haus bei Wartberg ob der Aist (Ober¨osterreich), † 1. 10. 1921 Wien. H., Sohn eines Schloßverwalters, legte nach dem Studium der Mathematik, Physik, Geologie und Geographie 1864 die Lehramtspr¨ufung ab und wurde nach kurzzeitiger T¨atigkeit als Mittelschullehrer 1867 zum Dr. phil. promoviert. Seit demselben Jahr war er Assistent an der Zentralanstalt f¨ur Meteorologie auf der Hohen Warte bei Wien, deren Leitung er 1877-97 innehatte. H. habilitierte sich 1868, war seit 1874 a. o., 1877-97 o. Prof. der physikalischen Geographie in Wien, 1897-1900 o. Prof. der Meteorologie in Graz und danach bis 1910 wieder in Wien. 1872-75 lehrte er Klimatologie an der Hochschule f¨ur Bodenkultur. 1882 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. H. geh¨orte zu den bedeutendsten Meteorologen und Klimatologen seiner Zeit; er f¨uhrte erstmals thermodynamische Prinzipien in die Meteorologie ein und erkl¨arte damit Wolken- und Niederschlagsbildung sowie den F¨ohn (1866). H. befaßte sich außerdem mit der Theorie der Winde, der Untersuchung von Zyklonen und Antizyklonen und leistete bahnbrechende Arbeit auf dem Gebiet der Klimatologie. 1866-1920 redigierte er die „Meteorologische Zeitschrift“. H. ver¨offentlichte u. a. als erste umfassende klimatologische Darstellung ein Handbuch der Klimatologie (1883; 3 Bde., 31908-11), Die Temperaturverh¨altnisse der o¨ sterreichischen Alpenl¨ander (3 Tle., 1884 / 85), Die Erde als Ganzes, ihre Atmosph¨are und Hydrosph¨are (1896) und ein Lehrbuch der Meteorologie (1901, 51939-51, 2 Bde., be¨ Bd 2 arb. von Reinhard → S¨uring). C NOB,

Hann, Sebastian, Goldschmied, * um 1644 Leutschau / Zips, † 1713 Hermannstadt. H. war vermutlich bereits Meister, als er 1675 Aufnahme in der Zunft fand; 1689 wurde er zweiter, 1694 erster Zunftvorsteher und 1700 als „Orator“ Vorsteher der Stadtvertretung. Er geh¨orte zu den bedeutendsten siebenb¨urgischen Goldschmieden, beherrschte die Technik der Treibarbeit ebenso wie die des Ziselierens und schm¨uckte Kannen, Schalen, Taufbecken, Leuchter und Becher u. a. mit figurenreichen Szenen und Landschaftsperspektiven.

Hannack, Emanuel, o¨ sterr. P¨adagoge, * 30. 5. 1841 Teschen (Schlesien), † 27. 2. 1899 Wien. H. studierte in Wien Klassische Philologie, Geschichte und Philosophie, wurde 1864 zum Dr. phil. promoviert und habilitierte sich f¨ur Alte Geschichte und Klassische Philologie. Er unterrichtete am Akademischen Gymnasium, u¨ bernahm 1872 die Leitung des Landesseminars f¨ur Lehrerbildung in Wiener Neustadt und wurde sp¨ater Bezirksschulinspektor. Seit 1881 leitete H. das Wiener P¨adagogicum und ver¨offentlichte mehrere Geschichtslehrb¨ucher, u. a. ein Lehrbuch der o¨ sterreichischen Geschichte, der Verfassung und der Staatseinrichtungen f¨ur Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten (1885). C ADB

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Hannack Hannack, Josef (Johannes), o¨ sterr. Techniker, * 1. 2. 1845 Graz, † 4. 7. 1914 Graz. Nach Abschluß seines Bauingenieurstudiums arbeitete H., Sohn eines Schuhmachermeisters, im Baudienst verschiedener Privatunternehmen, seit 1876 als Chefingenieur und erwarb sich beim Bau des 10 km langen Arlbergtunnels (1884 fertiggestellt) großes Ansehen. Seit 1901 Angestell¨ ter der Osterreichischen Staatseisenbahnverwaltung, war er an den vorbereitenden Arbeiten f¨ur die Tunnelbauten der Tauern-, Karawanken-, Wocheiner- und Pyhrnbahn beteiligt und wurde sp¨ater Vorstand der Abteilung f¨ur Tunnelbau in der Wiener Eisenbahndirektion. 1894 erschien sein Vortrag Ueber die Tauernbahn. C NDB Hannak, Jacques, eigentl. Johann Jakob H., o¨ sterr. Journalist, * 12. 3. 1892 Wien, † 14. 11. 1973 Wien. H., Sohn eines Angestellten, wandte sich nach dem Jurastudium, der Promotion zum Dr. jur. und der Teilnahme am Ersten Weltkrieg dem Journalismus zu. Seit 1920 war er Redakteur der „Arbeiter-Zeitung“, 1920-28 Mitarbeiter der Zeitschrift „Der Kampf“, 1921-34 Chefredakteur der Zeitung „Arbeit und Wirtschaft“. 1934 / 35 war H. Redaktionsleiter des „Nachrichten-Diensts“ der Revolution¨aren Sozialisten ¨ Osterreichs und 1935-38 Redakteur der „Wiener Schach¨ zeitung“. Nach dem „Anschluß“ Osterreichs an das Deutsche Reich von den Nationalsozialisten verhaftet, wurde er in die Konzentrationslager Dachau und Buchenwald verbracht (bis ¨ 1939). Uber Belgien (1939) und Frankreich (1940), wo er bis Februar 1941 in Le Vernet interniert war, emigrierte H. in die USA, wo er als kaufm¨annischer Angestellter in einer Kleiderfabrik und einem Meinungsforschungsinstitut t¨atig war. Seit 1942 arbeitete er im Advisory Board des Austrian Labor Committee und an der Austrian Labor Information mit, 1943-45 in der Rundfunkabteilung des Office of War Information in New York mit. 1945 / 46 schrieb er Berichte f¨ur die Wiener „Arbeiter-Zeitung“, deren freier Mitarbeiter ¨ und Leitartikler er nach seiner R¨uckkehr nach Osterreich 1946-61 war. H. ver¨offentlichte u. a. Im Sturm des Jahrhunderts (1952) und gab die Schriften Oskar → Helmers und Adolf → Sch¨arfs heraus. C Czeike

Hanne, Johann Wilhelm, evang. Theologe, * 29. 12. 1813 Harber bei L¨uneburg, † 21. 11. 1889 Hamburg-Eppendorf. Aus einer Bauernfamilie stammend, studierte H. seit 1833 in G¨ottingen und Halle Theologie und absolvierte eine fast vierzehnj¨ahrige Kandidatenzeit als Privatgelehrter in Wolfenb¨uttel und Braunschweig, bevor er 1840 zum Dr. phil. promoviert wurde. Die folgenden Jahre hielt er in Braunschweig Vortr¨age u¨ ber Geschichte, Natur- und Religionsphilosophie, Katholizismus und Protestantismus. Seit 1851 Pfarrer, folgte er 1861 einem Ruf als o. Prof. der praktischen Theologie nach Greifswald, wo er auch die Pfarrei St. Jacobi versah. H. war Mitglied des „Deutschen Protestantenvereins“ und stand dem „spekulativen Rationalismus“ nahe. Er vero¨ ffentlichte u. a. Die Idee der absoluten Pers¨onlichkeit oder Gott und sein Verh¨altnis zur Welt, insbesondere zur menschlichen Pers¨onlichkeit (2 Bde., 1861 / 62) und Die Kirche im neuen Reiche (1871). C RE Hanneken, Hermann von, Milit¨ar, * 5. 1. 1890 Gotha, † 22. 7. 1981 Herford. Nach Erziehung im Kadettenkorps war H. im Ersten Weltkrieg Generalstabsoffizier, 1936 / 37 Stabschef des Heereswaffenamtes im Reichswehrministerium. Seit 1937 Generalbevollm¨achtigter der Eisen- und Stahlbewirtschaftung, leitete H., inzwischen Generalmajor, das Reichs- und preuß. Wirtschaftsministerium. 1941 wurde er General der Infanterie, 1942 Oberbefehlshaber der deutschen Besatzungstruppen in D¨anemark. 1947 an D¨anemark ausgeliefert, wurde er 1949 durch das Landgericht Kopenhagen freigesprochen.

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Hanneken, Meno, auch Hannecke, Hannecken, Hannekenius, luth. Theologe, * 1. 3. 1595 Blexen bei Oldenburg, † 17. 2. 1671 L¨ubeck. H. studierte seit 1617 Theologie in Gießen, wurde 1619 Konrektor in Oldenburg und setzte 1622 sein Studium in Wittenberg fort. 1626 u¨ bernahm er die Professur f¨ur philosophische Moral in Marburg und wurde im folgenden Jahr Prof. der Theologie und der hebr¨aischen Sprache. Seit 1646 war er Superintendent in L¨ubeck. Hier setzte er sich insbesondere f¨ur die Wahrung des orthodoxen Luthertums ein. Er verfaßte zahlreiche Memoranden, Streitschriften und einzeln gedruckte Predigten, u. a. Examen manualis catholici Mart. Becani (1637). Er war der Vater von Philipp Ludwig → H. C RGG Hanneken, Philipp Ludwig, luth. Theologe, * 5. 6. 1637 Marburg / Lahn, † 16. 1. 1706 Wittenberg. Der Sohn Meno → H.s studierte in Gießen, Leipzig, Wittenberg und Rostock und wurde 1663 Prof. der Redekunst und des Hebr¨aischen in Gießen. 1667 u¨ bernahm er dort eine Professur der Theologie und das Amt des Superintendenten. H. wurde durch den Gießener Pietistenstreit (seit 1689) bekannt, in dem er sich als Vork¨ampfer der luth. Orthodoxie gegen die Berufung des pietistischen Professors Johann Heinrich → May wandte. Er unterlag in diesem Streit, bat um seine Entlassung und ging 1693 als Prof. der Theologie und Superintendent nach Wittenberg, wo er weiter f¨ur die luth. Orthodoxie eintrat. C NDB Hannemann, Johann Ludwig, Mediziner, * 25. 10. 1640 Amsterdam, † 25. 10. 1724 Kiel. H. war nach dem Studium zun¨achst der Theologie und dann der Medizin praktisch in Friedrichstadt (Holstein), seit 1670 in Stade und seit 1673 in Buxtehude t¨atig, wurde 1675 in Kopenhagen promoviert und folgte im selben Jahr einem Ruf als Prof. der Naturlehre nach Kiel. H., seit 1680 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, lag im Streit mit Leonhard → Sturm, einem entschiedenen Gegner der Astrologie, und wandte sich gegen William Harveys Lehre vom Blutkreislauf. In seinen Schriften behandelte er Themen der Botanik, Chemie, Astronomie und Medizin und ver¨offentlichte u. a Prodromus lexici utriusque medicinae practicae (1670, auch 1672), Nova ars clymastica enervata (1670), Nova et accurata methodus cognoscendi simplicia vegetabilia (1677), Vertheidigung der Astrologie (3 Bde., 1699-1705), De anomalis et paradoxis morborum curationibus et de dolore capitis et epilepsia (1706), De motu cordis (1706) und Synopsis philosophiae naturalis sanctioris illustrata (1718). Hannenheim, Norbert (Wolfgang Stephan) von, auch Hann von Hannenheim, Komponist, * 15. 5. 1898 Hermannstadt (Siebenb¨urgen), April 1945 verschollen, zuletzt Obrawalde bei Meseritz (Brandenburg). H. studierte Komposition in Leipzig, Budapest und bei Arnold → Sch¨onberg an der Preußischen Akademie der K¨unste in Berlin. Bereits w¨ahrend des Studiums trat er mit Kompositionen, die bei Konzerten der Meisterklasse Sch¨onbergs aufgef¨uhrt wurden, hervor. H. erhielt 1932 das „MendelssohnBartholdy-Stipendium“ sowie gelegentlich Kompositionsauftr¨age des Berliner Rundfunks, geriet jedoch nach der Emigration Sch¨onbergs (1933) in Isolation. In seinem sp¨ateren Werk u¨ bernahm er die Zw¨olftontechnik Sch¨onbergs. Sein umfangreiches Schaffen, darunter Symphonien und Klavierkonzerte, ging zum gr¨oßten Teil w¨ahrend des Zweiten Weltkriegs verloren. C MGG Hannewaldt von Eckersdorf, Andreas, auch Hanniwald, Staatsmann, * um 1560, † nach 1622. H., Sohn eines kaiserlichen Rats, war zun¨achst in den Kanzleien des Erzherzogs → Maximilian und des Bischofs

Hans Andreas von Breslau t¨atig und kam 1588 in diplomatischer Mission an den Kaiserhof in Prag. Seit 1590 Hofsekret¨ar, wurde er 1593 Sekret¨ar des Geheimen Rats und 1594 auf dem Regensburger Reichstag zum Rat und Reichshofsekret¨ar ernannt. In den folgenden Jahren u¨ bernahm H. zunehmend die Reichsgesch¨afte, geh¨orte vermutlich seit 1596 dem Reichshofrat an und reiste seit 1601 im Auftrag Kaiser → Rudolfs II. in diplomatischer Mission zu den Reichsst¨anden. Seit 1606 Geheimer Rat, u¨ bte er entscheidenden Einfluß auf die kaiserliche Politik aus, u. a. in der Ablehnung der protestantischen Forderungen auf dem Reichstag (1608) sowie in der Badischen Frage. Nach dem Tod Rudolfs II. wurde H. 1612 als Geheimer Rat in die Regierung des Kaisers → Matthias u¨ bernommen, wo seine T¨atigkeit bis C NDB 1613 nachweisbar ist.

Hanni, Lucius, o¨ sterr. Mathematiker, * 31. 3. 1875 G¨ofis (Vorarlberg), † 16. 3. 1931 Waltendorf bei Graz. H., Sohn eines Landwirts, schloß das Mathematik- und Physikstudium an der Univ. Innsbruck 1900 mit der Promotion ab und war seit 1904 Assistent f¨ur Mathematik und Bibliothekar an der TH Wien. 1906 f¨ur Mathematik habilitiert, wurde er 1922 a. o. Prof. der Mathematik an der Univ. Graz. H. befaßte sich mit Fragen der reinen und angewandten Mathematik und ver¨offentlichte zahlreiche wissenschaftliche Abhandlungen, u. a. Verwendung des Energie-Impulstensors bei der Darstellung eines beliebig symmetrischen Tensors C NDB (in: Tohoku Mathematical Journal 27, 1926). Hannong, Paul Anton, Fabrikant, * 22. 4. 1701 Mainz, † 31. 5. 1760 Straßburg. In der v¨aterlichen Fayence-Manufaktur in Straßburg ausgebildet, u¨ bernahm H. 1732 die Leitung des Unternehmens, 1737 auch die Filiale in Hagenau. Um 1740 f¨uhrte er in beiden Firmen anstelle des Scharffeuers das Muffelfeuer ein, verwendete jedoch weiterhin die vier Scharffeuerfarben. Unterst¨utzt von aus H¨ochst und Meißen zugewanderten K¨unstlern und Technikern, gelang H. 1749 / 50 die Anwendung der Muffelfarbenskala und die Herstellung echten Porzellans. Seine seit 1754 europaweit verbreiteten Produkte beeinflußten nachhaltig die Arbeiten in den Manufakturen, u. a. der Niederlande. 1755 ließ sich H. aufgrund des franz¨osischen Porzellanmonopols von Vincennes (sp¨ater S`evres) in Frankenthal nieder und gr¨undete die kurf¨urstlich privilegierte Porzellanmanufaktur. Die Fayencen waren seit 1754 mit der blauen Fabrikmarke PH, das Porzellen zun¨achst mit eingepreßtem PH (1751-55) gekennzeichnet, wozu in Frankenthal (1755-62) der bayerische Rautenschild, dann der Pf¨alzer springende L¨owe hinzukam. C NDB

Hanow, Michael Christoph, auch Hanov, Hanovius, Polyhistor, * 12. 12. 1695 Zamborst bei Stettin, † 22. 9. 1773 Danzig. H., Sohn eines Predigers, studierte seit 1716 in K¨onigsberg, absolvierte nach schwerer Erkrankung seit 1718 in Wittenberg und Leipzig ein Studium generale, h¨orte insbesondere Theologie, Philosophie und Naturwissenschaften und wurde nach dem Erwerb der Magisterw¨urde (1720) Hofmeister. 1727-71 lehrte er als Prof. der Philosophie am Akademischen Gymnasium in Danzig und war Bibliothekar der dortigen Universit¨at. Neben Schriften, Dissertationen und Disputationen aus fast allen Wissenschaftsbereichen verfaßte H. den Catalogus alphabeticus universalis bibliothecae [. . .] senatus Gedanensis [. . .] (1728) und Philosophia naturalis sive physica dogmatica (4 Bde., 1762-65). Seit 1739 gab er monatlich, seit 1741 w¨ochentlich die von ihm selbst verfaßten Danziger Erfahrungen heraus, in denen er eine der eine der ersten tabellarischen Bev¨olkerungsstatistiken ver¨offentlichte. C BEdPh

Hanrieder, Norbert, kath. Theologe, Schriftsteller, * 2. 6. 1842 Kollerschlag (Ober¨osterreich), † 14. 10. 1913 Linz. Der Sohn eines Wundarztes studierte 1863-67 am Linzer Priesterseminar, wurde 1866 zum Priester geweiht und war 1867-73 Kaplan an verschiedenden Orten, 1874-1913 Pfarrer und Dekan in Putzleinsdorf. H., der neben Franz → Stelzhamer zu den wichtigsten ober¨osterreichischen Mundartdichtern z¨ahlt, schrieb bereits seit seiner Gymnasialzeit Lyrik, Erz¨ahlungen und Schwankdichtungen. Sein Hauptwerk ist das Epos Der ober¨osterreichische Bauernkriag (1907). C NDB

Hans von Tiefen, Hochmeister des Deutschen Ordens, auch Johann, * um 1440, † 25. 8. 1497 K¨onigsberg. H. stammte vermutlich aus einem schweizer. Geschlecht aus dem Z¨urichgau, von dem ein Teil in das Gebiet um Lindau auswanderte. 1466 trat er, als fr¨uherer Kellermeister des Obersten Spittlers Reuß von Plauen erw¨ahnt, dem Deutschen Orden bei und war 1474-77 Komtur zu Memel. H. besaß diplomatisches Geschick und bereiste als Großkomtur 1478 Ungarn, Brandenburg und das Reich, um den Frieden mit dem polnischen K¨onig vorzubereiten. Seit 1480 Oberster Spittler und Komtur zu Brandenburg am Frischen Haff, wurde er 1489 Hochmeister. H., vom Volk „Meister Hans“ genannt, f¨orderte u. a. die Bildung und die Wiederaufnahme der Visitationen. C NDB Bruder Hans, Dichter, 2. H¨alfte 14. Jh. Die Biographie von H. kann allein aus seinem Werk, den nach 1391 entstandenen und um 1400 vollendeten Marienliedern, erschlossen werden. „Broeter Hanze“, wie er sich selbst nannte, war „eyn nyderlender“, geographisch d¨urfte seine Heimat aufgrund seines Mischdialekts in der Gegend zwischen K¨oln und Kleve zu suchen sein. H., der im fortgeschrittenen Alter seine Ehe aufl¨oste, um einem nicht n¨aher benannten Marienorden beizutreten, besaß umfangreiches Allgemeinwissen und eine gewisse theologische Laienbildung. Die Marienlieder bestehen aus einer f¨unfzehnstrophigen Einleitung und sechs hundertstrophigen Ges¨angen, wobei die Reihenfolge der Lieder und ihr Textbestand in den f¨unf aus dem 15. Jh. u¨ berlieferten, vermutlich aus dem niederrheinischen Raum stammenden Handschriften variiert. In der Einleitung reimte H. deutsche, franz¨osische, englische und lateinische Verse; die sechs Ges¨ange ließ er durch das Ave als Akrostichon beginnen, die ersten f¨unf davon wiederum bestehen aus Titurelstrophen. Als Quellen verwendete er u. a. Mariendichtungen und -legenden, die Bibel, den Bibelkommentar des Nikolaus von Lyra und die Revelationen der Birgitta von Schweden. C VL

Hans B¨ohm, auch H. Behem genannt Pauker oder Pfeifer von Niklashausen, * um 1450 Helmstadt bei W¨urzburg, † 19. 7. 1476 W¨urzburg. H. war Hirte in seinem Heimatdorf, zog als Spielmann umher und begann 1476 mit Billigung des o¨ rtlichen Pfarrers nach einer angeblichen Marienerscheinung in der Wallfahrtskirche Niklashausen zu predigen. Seine Angriffe auf Papst und Kirche, die Forderung nach Gleichheit und Abschaffung der Abgaben und seine Emp¨orung u¨ ber die sozialen Ungerechtigkeiten verschafften ihm einen außerordentlichen Zulauf. Die Wallfahrtsbewegung, die bald ganz S¨ud- und Mitteldeutschland erfaßte, wurde zun¨achst geduldet. Als das Programm, das unverkennbar waldensisch-hussitische Z¨uge zeigte, immer radikalere Formen annahm, wurden die Wallfahrten durch den Erzbischof von Mainz verboten; auf seine Veranlassung ließ der Bischof von W¨urzburg H. verhaften. Eine Befreiungsaktion von angeblich 34 000 Wallfahrern scheiterte, der Pfeifer wurde o¨ ffentlich als Ketzer verbrannt. C LexMA

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Hans Hans von B¨uhel, Dichter, * 2. H¨alfte 14. Jh., † 1. H¨alfte

Hans von T¨ubingen, auch Meister Hans, Meister der

15. Jh. ¨ Uber H.’ Lebensweg ist wenig bekannt. Die biographische ¨ Ubereinstimmung des Dichters mit dem Edelknecht H., der, aus einem oberbadischen Geschlecht stammend, Ministeriale der Markgrafen von Hachberg war, ist nicht gesichert, wird in der Forschung jedoch angenommen. Eigenen Angaben zufolge war er Dienstmann des K¨olner Erzbischofs → Friedrich III. von Saarwerden in Poppelsdorf bei Bonn (bis 1414). H. schrieb die beiden Versepen Die K¨onigstochter von Frankreich (1400) mit rund 8250 Versen und Dyocletianus Leben (1412), eine knapp 9500 Verse umfassende Bearbeitung der Geschichte der Sieben weisen Meister. C VL

Sankt Lambrechter Votivtafel, Maler, * um 1400-05, † Februar 1462 Wiener Neustadt. H., der 1433 in der Wiener Neustadt erstmals aktenkundig genannt wird, gilt als einer der wichtigsten Vertreter einer ausgedehnten s¨udostdeutschen Malerschule. Seine realistische Kunst stand unter dem Einfluß burgundisch-franz¨osischer Malerei. Zu H.s Werken geh¨oren eine Votivtafel aus St. Lambrecht (um 1425) und eine Kreuzigung (1450), ferner Zeichnungen, Holzschnitte und Glasfenster.

¨ Hans von Burghausen → Stethaimer, Hans d. A.

Hans (Johannes) Leck¨uchner, auch Lebk¨uchner, Leckkochner, Lekkurchner, Lebkhomer, Theologe, Fechtlehrer, † 31. 12. 1478. Der aus N¨urnberg stammende H. wurde 1455 in Leipzig immatrikuliert, 1457 zum Baccalaureus artium promoviert, empfing 1459 die niederen Weihen und war seit 1480 Pfarrer in Herzogenaurach. H. schrieb eine Messerfechtlehre (1478), die in zwei Autographen und mehreren Abschriften bzw. Bearbeitungen erhalten blieb. Die erste Anleitung zur Fechtkunst faßte er gr¨oßtenteils in Prosa ab, mit sogenannten leoninischen Hexametern durchsetzt. In einer weiteren illustrierten Fassung ersetzte er den Prosatext durch bildliche Darstellung der Fechtst¨ucke. Das Werk fand in den folgenden Jahrzehnten weite Verbreitung. C VL Hans von Mergenthal, Staatsmann, † 1488. H. stammte aus einer alten Zwickauer Patrizierfamilie und war Besitzer des Ritterguts Marienthal (bis 1478). 1464-69 bekleidete er das Amt des Kanzlers bei dem Kurf¨ursten → Ernst von Sachsen und bei Herzog → Albrecht von Sachsen, 1469-78 fungierte er als Landrentmeister. Seine Rechnungsb¨ucher geben Auskunft u¨ ber die Kultur- und Finanzgeschichte Sachsens. H. geh¨orte dem Pilgerzug an, den der Herzog 1476 in das Heilige Land unternahm (Gr¨undliche und wahrhafftige beschreibung Der l¨oblichen und ritterlichen Reise und Meerfart in das hl. Land nach Hierusalem des durchl. Herrn Albrechten, Hertzogen zu Sachsen [. . .] (1586). C VL

Hans Pleydenwurff, auch Pleidenwurff, Maler, * um 1420 Bamberg, begraben 9. 1. 1472 N¨urnberg. ¨ Uber H.’ Ausbildungsweg ist wenig bekannt. 1457 u¨ bersiedelte er mit seiner Werkstatt nach N¨urnberg, wo er ins B¨urger- und Meisterbuch eingetragen wurde. Er arbeitete bis zu seinem Tod in N¨urnberg. Vermutlich 1466 wurde H. Mitglied der Bruderschaft St. Salvatoris in St. Veit in Straubing. Durch sein Schaffen kamen in der N¨urnberger Malerei Einfl¨usse der niederl¨andischen Kunst, insbesondere von Rogier van der Weyden und Dirk Bouts, zum Tragen. Charakteristisch war ein in realistischer Manier Menschen und Landschaften darstellender Malstil. H., zu dessen Sch¨ulern Michael → Wolgemut z¨ahlte, schuf u. a. Die Abnahme Christi vom Kreuz (1462) als Teil des Passionsaltars f¨ur St. Elisabeth in Breslau und eine Auferstehung Christi (1465) als Fl¨ugel des Hofer Altars. Er war der Vater von → Wilhelm Pleydenwurff. C NDB

Hans von Prachatitz, o¨ sterr. Baumeister, † vor 26. 7. 1439 Wien. H. arbeitete seit 1416 als Polier am Wiener Stephansdom und war von 1429 bis zu seinem Tod als Nachfolger von → Peter von Prachatitz, mit dem keine Verwandtschaft nachweisbar ist, Dombaumeister. W¨ahrend seiner Amtszeit wurde der Stephansturm fertiggestellt. H. war auch am Bau der neuen Langhausmauern beteiligt.

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Hans von Waltheym, auch H. von Waldheim, Pf¨anner, * um 1422 Halle / Saale, † 21. 4. 1479 Leipzig. H., Sohn des Salzjunkers Fabian von Waltheym, stammte aus einem urspr¨unglich oberfr¨ankischen Geschlecht, besuchte die Lateinschule und stieg schnell in das Patriziat der Stadt Halle / Saale auf. Seit 1440 B¨urger der Stadt, wurde er 1450 Mitglied der Genossenschaft der Salzjunker und bekleidete ¨ in den folgenden Jahren verschiedene st¨adtische Amter; er war Ratsmann, Oberbornmeister (1457) und zwischen 1459 und 1468 wiederholt erster Ratsmeister. Seit 1475 als Vertreter der von der Popularpartei bek¨ampften Pf¨annergenossenschaft mehrmals inhaftiert, ließ er sich 1476 in Leipzig nieder, wo er mehrere H¨auser besaß. H. verfaßte den Bericht Die Pilgerfahrt des Hans von Waltheym im Jahr 1474 (1925, hrsg. von F. E. Welti), in dem er detailliert die Wegstrecke durch S¨uddeutschland, die Schweiz und S¨udfrankreich und die Begegnung mit → Nikolaus von der Fl¨ue schildert. C VL Hans, Josef, o¨ sterr. Jurist, Journalist, Schriftsteller, * 8. 4. 1888 Klagenfurt, † 15. 8. 1968. H. schloß das Studium der Rechtswissenschaften 1913 mit der Promotion ab und war nach dem Ersten Weltkrieg als Bankangestellter und Journalist t¨atig. Seit 1925 freier Schriftsteller, ver¨offentlichte er Arbeiten auf volkswirtschaftlichem Gebiet. Seit 1926 beim Amtlichen Nach¨ richtendienst Osterreichs, arbeitete er im Auslandsdienst in London und Belgrad und war 1929-37 Vizedirektor der Amtlichen Nachrichtenstelle in Wien. 1930 / 31 trat er als Pressesprecher des o¨ sterr. Bundeskanzlers Johannes → Schober hervor und engagierte sich bei den vorbereitenden Planungen f¨ur die o¨ sterreichisch-deutsche Zollunion 1931. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er bis 1948 im Amt der Landesregierung f¨ur K¨arnten. H. war Herausgeber des Wegweisers ¨ durch Osterreichs Bundesgesetzgebung bis zur 17. Auflage und verfaßte u. a. Aus der Finanzwelt des Islam (1938) und Dynamik und Dogma im Islam (1957). C Munzinger

Hansch, Anton, o¨ sterr. Maler, * 24. 3. 1813 Wien, † 8. 12. 1876 Salzburg. H. wurde an der Akademie der bildenden K¨unste bei dem Landschaftsmaler Joseph → M¨oßmer ausgebildet (1826-32), lebte dann als freischaffender Maler und unternahm seit 1834 Studienreisen, u. a. in die Steiermark, durch das Salzkammergut, nach Bayern, in die Schweiz und nach Oberitalien. Er war seit 1848 Mitglied der Wiener Akademie der bildenden K¨unste sowie des K¨unstlerhauses (1861), schuf zun¨achst von der Wiener Schule beeinflußte Landschaftsbilder, dann unter dem Einfluß von A. Calame vor allem großformatige Hochgebirgslandschaften. H. stellte u. a. auf der Berliner Akademieausstellung (1862), im Wiener K¨unstlerhaus (1869, 1877) und im M¨unchner Glaspalast (1869) aus. C ADB Hansch, Ernst, Landwirtschaftsfunktion¨ar, Redakteur, * 5. 2. 1914 Altona (heute zu Hamburg), † 24. 11. 1970 Berlin. Aus einer Arbeiterfamilie stammend, erhielt H. eine Ausbildung zum Drucker, trat 1934 der KPD bei und emigrierte in die Niederlande. 1940 verhaftet und zu sechs Jah-

Hansemann ren Zuchthaus verurteilt, kam er 1943 in einem Strafbataillon an die Front und lief 1944 in Griechenland zu Partisanen u¨ ber. Nach sowjetischer Kriegsgefangenschaft kehrte H. 1948 nach Deutschland zur¨uck, trat der SED bei, wurde Leiter der Abteilung Organisation und Presse der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe und Chefredakteur von „Der ¨ freie Bauer“ (1949-51) und „Die Ahre“ (1951-53). 1948 ver¨offentlichte er Landwirtschaft und Bauer in der Sowjetunion. H., der 1950 f¨ur kurze Zeit auch die Abteilung Landwirtschaft im Zentralkomitee der SED geleitet hatte, wurde Chefredakteur der „BZ am Abend“ (1953-70) und unterhielt, vom Ministerium f¨ur Staatssicherheit als inoffizieller Mitarbeiter gef¨uhrt, bis 1966 Kontakte zu Herbert → Wehner. C DDR

Hansch, Michael Gottlieb, Philosoph, * 22. 9. 1683 M¨uggenhahl bei Danzig, † nach 1752 Wien. H., Sohn eines Theologen, studierte seit 1702 Theologie und Philosophie in Leipzig und wurde 1703 zum Magister promoviert. Er hatte pers¨onlichen Kontakt zu Christian → Wolff und → Leibniz. 1710 / 11 hielt er Vorlesungen in Leipzig und lebte, seit 1718 kaiserlicher Rat, in Dresden, Prag, Wien, Frankfurt / Main und Frankfurt / Oder. H. kaufte noch in Danzig den handschriftlichen Nachlaß Johann → Keplers, wovon er den ersten Teil unter dem Titel Operum Joannis Kepleri tomus I (1718) herausgab. Er verfaßte ferner naturwissenschaftliche, philosophische und theologische Schriften, u. a. Selecta moralia (1720) und Theoria arithmetica (1739). C Altpreuß Biogr, Bd 1 Hansel, Hans, auch Johannes H., Philologe, Bibliothekar, * 21. 4. 1905 Neisse-Neuland, † 24. 7. 1970 Frauenberg bei Marburg. H. studierte Germanistik, Romanische und Klassische Philologie, wurde 1937 in Greifswald promoviert (Die MariaMagdalena-Legende) und war an verschiedenen Bibliotheken t¨atig. 1945-49 nahm er einen Lehrauftrag f¨ur Deutsche Philologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Dillingen wahr, seit 1962 f¨ur Bibliographie und Geschichte der Germanistik an der Univ. Marburg; 1969 lehrte er als Gastprofessor an der University of Maryland. H. reorganisierte die Landesbibliothek Fulda und f¨uhrte f¨ur die Bestandsaufstellung den „numerus currens“ und einen Schlagwortkatalog ein. Neben zahlreichen bibliothekswissenschaftlichen Abhandlungen schrieb er eine B¨ucherkunde f¨ur Germanisten (1959).

Hanselmann, Christian Ernst, auch Hanßelmann, Archivar, * 8. 7. 1699 Weikersheim (Kr. Mergentheim), † 26. 8. 1775 Oehringen. Nach Abschluß des Studiums der Rechtswissenschaft und Geschichte an der Univ. Jena (1719-22) war H. der f¨urstlichen Kanzlei in Oehringen t¨atig und wurde 1725 Hofmeister der Grafen von Rehtern in den Niederlanden. Seit 1730 hohenlohischer Archivar, war er Lehnrat mit Aufsicht u¨ ber Lehnarchiv und Konsistorialrat. H. ver¨offentlichte Schriften zur Geschichte des Hauses Hohenlohe, wurde als LimesForscher bekannt und schrieb u. a. Beweis, wie weit die R¨omermacht in die nunmehrige ostfr¨ankische, sonderlich Hohenlohische Lande eingedrungen (2 Bde., 1768 / 73). C ADB

Hanselmann, Heinrich, schweizer. Heilp¨adagoge, * 15. 9. 1885 St. Peterzell (Kt. St. Gallen), † 29. 6. 1960 Muralto (Kt. Tessin). Der Sohn eines Bergbauern wurde 1905-08 zum Taubstummenlehrer ausgebildet und studierte in Z¨urich, Berlin und M¨unchen Psychologie (1911 Promotion, Ueber optische Bewegungswahrnehmung). 1912-16 leitete er die Beobachtungsschule Steinm¨uhle und war 1918-23 erster Zentralsekret¨ar der Stiftung „Pro Juventute“ in Z¨urich. H. war 1924

erster Leiter des Heilp¨adagogischen Seminars der Univ. Z¨urich und 1925 Gr¨under des Landeserziehungsheims Albisbrunn f¨ur Schwererziehbare. 1931-50 lehrte er als Prof. der Heilp¨adagogik an der Univ. Z¨urich. H., der international als Begr¨under der modernen wissenschaftlichen Heilp¨adagogik gilt, verfaßte, neben der Ausarbeitung der heilp¨adagogischen Konzeption, Einf¨uhrung in die Heilp¨adagogik (1930, 81970), Erziehungsberatung (1937), Andragogik (1951), Kind und Musik (1952) und Sorgenkinder daheim, in der Schule, in der Anstalt, in der menschlichen Gesellschaft (1954).

Hanselmann, Johannes, luth. Theologe, Landesbischof von Bayern, * 9. 3. 1927 Ehingen / Ries, † 2. 10. 1999 Rotthalm¨unster. H. studierte 1946-49 Theologie in Erlangen, 1949 / 50 am Wittenberg-Seminar in Springfield (Ohio, USA), erwarb 1950 den Grad eines Sacrae Theologiae Magister, setzte 1950 / 51 das Studium an der Hartford University of Religion fort und wurde 1952 mit der Arbeit Martin Heideggers Fundamentalontologie und ihre theologischen Implikationen zum Dr. phil. promoviert. 1950 in Ehingen ordiniert, wurde er 1951 Vikar in Coburg, 1953 Pfarrer in Grub am Forst, 1966 Leiter des Hauses der Kirche in Berlin (West), 1974 Oberkirchenrat und Dekan f¨ur den Kirchenkreis Bayreuth. 1975-94 war H. Landesbischof der EvangelischLutherischen Kirche in Bayern, 1977-80 Vorsitzender der Kammer f¨ur publizistische Arbeiten in der Evangelischen Kirche in Deutschland, 1987-94 Stellvertretender Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, 1987-90 Pr¨asident des Lutherischen Weltbundes. Er ver¨offentlichte u. a. Meilensteine auf dem Weg der lutherischen Kirche in Amerika (1950), Gelebte Religion (1979, mit Dietrich R¨ossler), Diener am Wort – Bischof der Kirche (1987) und Fachw¨orterbuch Theologie (1987, mit Samuel Rothenberg und Uwe Swarat). Seine Lebenserinnerungen erschienen 2000 unter dem Titel Ja, mit Gottes Hilfe. C LThK

Hansemann, Adolph von, Bankier, * 27. 7. 1827 Aachen, † 9. 12. 1903 Berlin. H. wurde 1844 Teilhaber einer Tuchfabrik und u¨ bernahm 1857 die Gesch¨aftsf¨uhrung der von seinem Vater David → H. gegr¨undeten „Disconto-Gesellschaft“. Unter H. entwickelte sich das Unternehmen zu einer der bedeutendsten Berliner Großbanken; das Aktienkapital stieg von 30 auf 150 Millionen Mark, der Umsatz von 840 Millionen (1857) auf 24,7 Milliarden (1900). H., einer der aktivsten Bankiers der → Bismarckzeit, organisierte als erster deutscher Finanzmann Staatskredite u. a. f¨ur Bayern, Baden, Un¨ garn, Rum¨anien, Rußland, Osterreich, Italien und Schweden. Er gr¨undete zur Durchf¨uhrung großer Kreditgesch¨afte, der „Elefantengesch¨afte“, das „Preußen-Konsortium“, setzte sich f¨ur die deutsche Kolonialpolitik ein und er¨offnete 1885 die „Neu-Guinea-Companie“. H. war der Vater von Ferdinand → H. C NDB Hansemann, David (Justus Ludwig), Wirtschaftsf¨uhrer, Politiker, * 12. 7. 1790 Finkenwerder (heute zu Hamburg), † 4. 8. 1864 Schlangenbad / Taunus. Nach einer kaufm¨annischen Lehre in Rheda (1804-09) und Wanderjahren ließ sich H., Sohn eines Pfarrers, 1817 als Woll- und Tuchkaufmann in Aachen nieder. 1825 gr¨undete er die „Aachener Feuer-Versicherungs-Gesellschaft“, die, seit 1834 in Bayern und Hannover zugelassen, unter dem Namen „Aachener und M¨unchner Feuer-VersicherungsGesellschaft“ firmierte. In Denkschriften setzte sich H. f¨ur die Entwicklung des Eisenbahnwesens und ein neues Steuersystem ein und schuf 1834 zur wirtschaftlichen Unterst¨utzung der a¨ rmeren Bev¨olkerung den „Aachener Verein zur Bef¨orderung der Arbeitsamkeit“. Er war seit 1838

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Hansemann Pr¨asident der Aachener Handelskammer, stand politisch dem gem¨aßigten Liberalismus nahe. Bedeutsam sind seine politischen Denkschriften zur inneren Reform Preußens (1830) und zur deutschen und preuß. Verfassungsfrage (1848, 1850). 1845 wurde er Mitglied des rheinischen Provinziallandtags, 1848 preuß. Finanzminister in der Regierung → Camphausen und → Auerswald. H. lehnte die deutsche Reichsverfassung (1849) ab und strebte nach Art des Zollvereins einen politisch-kommerziellen Verbund an. 1848-51 leitete er die Preußische Staatsbank und gr¨undete 1851 als eine der ersten deutschen Großbanken die Berliner DiscontoGesellschaft, 1862 / 64 die Erste Preußische HypothekenAG. H. war der Vater von Adolph von → H. C Rhein-Westf Wirt, Bd 7

Hansemann, David (Paul), Pathologe, Anatom, * 5. 9. 1858 Eupen (Belgien), † 28. 8. 1920 Berlin. H., Sohn eines Fabrikbesitzers, studierte in Berlin, Kiel und Leipzig Medizin, wurde 1886 promoviert und war Assistent Rudolf → Virchows. 1890 habilitierte er sich f¨ur pathologische Anatomie, wurde 1895 Prosektor am St¨adtischen Krankenhaus Friedrichshain in Berlin, 1897 Titularprofessor und 1912 o. Professor. Seit 1906 war er Prosektor des Berliner Rudolf-Virchow-Krankenhauses. H. arbeitete auf den Gebieten der Medizintheorie, der pathologischen und der vergleichenden Anatomie, begr¨undete mit Max → Verworn den Konditionalismus und entdeckte beim Studium der Krebszellen die Anaplasie der Zellen. Er ver¨offentlichte u. a. Studien u¨ ber die Spezifizit¨at, den Altruismus und die Anaplasie der Zellen (1893), Der Aberglaube in der Medizin und seine Ge¨ fahr f¨ur Gesundheit und Leben (1905, 21914) und Uber das konditionale Denken in der Medizin und seine Bedeutung f¨ur die Praxis (1912). C NDB Hansemann, Ferdinand von, Politiker, Publizist, * 10. 9. 1861 Berlin, † 3. 10. 1900 Berlin. Der Sohn Adolph von → H.s schloß das Jurastudium in Berlin mit der Promotion ab und verwaltete seit 1888 mit der Fideikommißherrschaft Pempowo (Posen) einen Teil des v¨aterlichen Grundbesitzes. H., Bef¨urworter einer aktiven deutschen Nationalit¨atenpolitik in der Provinz Posen, gr¨undete zusammen mit Hermann Kennemann und Heinrich von → Tiedemann auf Seeheim den „Deutschen Ostmarkenverein“ (1894). 1895 initiierte er die Gr¨undung der Berliner Landbank, redigierte 1896 / 97 das Vereinsblatt „Die Ostmark“ und setzte sich 1900 f¨ur eine Erweiterung deutschen Grundbesitzes in Posen, u. a. durch Enteignung polnischen Grundbesitzes, ein. C NDB

Hansen, (Peter) Andreas, Astronom, * 8. 12. 1795 Tondern (Schleswig), † 22. 3. 1874 Gotha. H., Sohn eines Gold- und Silberschmieds, erlernte seit 1811 das Uhrmacherhandwerk und ließ sich 1819 als Uhrmacher in Tondern nieder. Mathematisch begabt, ging er 1820 durch Vermittlung eines Arztes nach Kopenhagen und besch¨aftigte sich an der dortigen Sternwarte zun¨achst mit praktischer Astronomie. 1821 wurde H. von dem Astronomen Heinrich Christian → Schumacher f¨ur Gradmessungsarbeiten angestellt und zum Observator der Altonaer Sternwarte ernannt. Seit 1825 leitete er die Sternwarte auf dem Seeberg bei Gotha, seit 1857 die neuerbaute Sternwarte am Stadtrand von Gotha. H., der Mitglied der Kgl. S¨achsischen Gesellschaft der Wissenschaften war, wurde durch seine richtungweisenden theoretischen Arbeiten auf dem Gebiet der Himmelsmechanik bekannt. Er untersuchte u. a. die gegenseitigen St¨orungen Jupiters und Saturns (1830) und stellte die Theorie der Mondbewegung (1838) auf. Zu seinen wissenschaftlichen Ver¨offentlichungen geh¨oren Er¨orterungen u¨ ber die Theorie der St¨orungen, welche die Bewegungen der Planeten bewirken (1829), Ermittlungen der absoluten St¨orungen

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in Ellipsen von beliebiger Excentricit¨at und Neigung (1843) und Auseinandersetzung einer zweckm¨aßigen Methode zur Berechnung der absoluten St¨orungen der kleinen Planeten (3 Tle., 1855-59) sowie die von der Pariser Acad´emie des Sciences preisgekr¨onte Schrift M´emoire sur le calcul des perturbations qu’´eprouvent les com`etes (1850). H. war der Vater von Wilhelm → H. C SHBL, Bd 11

Hansen, Christian Friedrich, Architekt, * 29. 2. 1756 Kopenhagen, † 10. 7. 1845 Frederiksberg. H., Sohn eines aus Husum stammenden Schuhmachers und Lederh¨andlers und der Amme K¨onig Christians VII. von D¨anemark, erhielt nach kurzer kaufm¨annischer Lehre seine Ausbildung an der Kopenhagener Kunstakademie (seit 1766, seit 1770 in der Architekturklasse), durchlief 1772-75 eine Maurerlehre und arbeitete seit 1780 als Baukondukteur bei seinem Lehrer Caspar Frederik Harsdorff. 1782-84 unternahm er mit kgl. Unterst¨utzung eine Studienreise nach Italien, wurde 1783 Landbaumeister in Holstein und hielt sich 1784-1804 in Altona auf. H. errichtete klassizistische Wohnh¨auser und Bauten in Hamburg und SchleswigHolstein; nach Kopenhagen berufen, entwarf er in D¨anemark u. a. das Schloß Christiansborg (1800) und die Frauen- und Schloßkirche (1810). Seit 1808 war er Oberbaudirektor f¨ur das K¨onigreich D¨anemark und lehrte als Prof. der Architektur an der Akademie, deren Direktor er zwischen 1811 und 1833 mit Unterbrechungen war. 1844 zog er sich aus seinen ¨ Amtern zur¨uck. Vor allem mit seinen Kirchen- und Rathausbauten wurde H. stilbildend f¨ur die d¨anische Architektur bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. C SHBL, Bd 6 Hansen, Conrad, Musiker, * 24. 11. 1906 Lippstadt (Westfalen), † 22. 6. 2002 Hamburg. Nachdem H. im norddeutschen Raum auf Initiative seines Vaters als Wunderkind aufgetreten war, kam er durch die Vermittlung des M¨unsteraner Generalmusikdirektors Fritz → Volbach 1922 zu Edwin → Fischer nach Berlin, dessen Privatsch¨uler er bis 1930 war. Seit Mitte der zwanziger Jahre war er als Konzertpianist t¨atig, konzertierte 1925 in Paris und trat 1927 zum ersten Mal bei den Berliner Philharmonikern unter Wilhelm → Furtw¨angler auf, blieb deren regelm¨aßiger Gast und spielte 1932 in Moskau und Kiew. H. war auch als Lehrer t¨atig. 1930 wurde er Fischers Assistent an der Berliner Musikhochschule und lehrte seit 1938 am Sternschen Konservatorium. 1946 gr¨undete er mit dem Komponisten Wilhelm → Maler und dem Cellisten Hans M¨unch-Holland in Detmold die Nordwestdeutsche Musikakademie, an der er bis 1960 die Klaviermeisterklasse leitete. Danach u¨ bernahm er die Professur Eduard → Erdmanns an der Hamburger Musikhochschule. Zus¨atzlich unterrichtete er seit 1974 an der L¨ubecker Musikhochschule. H. trat auch als Kammermusiker in Erscheinung, seit 1946 mit Erich R¨ohn und Arthur Troester im Trio. H. spielte haupts¨achlich Werke von → Beethoven und → Brahms, aber auch zeitgen¨ossische St¨ucke, u. a. von Kurt von → Wolff. C MGG Hansen, Erik, Milit¨ar, * 27. 3. 1889 Hamburg, † 20. 3. 1967 Hamburg. H. trat 1907 als Fahnenjunker in das preuß. Milit¨ar ein und nahm am Ersten Weltkrieg teil. 1916 wurde er als Hauptmann in den Generalstab kommandiert. H. wurde 1939 Generalleutnant, 1940 General der Kavallerie und ging im selben Jahr als Chef einer deutschen Milit¨armission nach Rum¨anien. 1944 von den Rum¨anen den russischen Truppen ausgeliefert, wurde er in Moskau zu einer f¨unfundzwanzigj¨ahrigen Haftstrafe verurteilt. H. kehrte 1955 nach Hamburg zur¨uck. C Munzinger

Hansen Hansen, Georg, eigentl. Willi Leitner, Journalist, Politiker, * 9. 3. 1903 K¨oln, † 11. 5. 1976 Berlin. H., Sohn eines Buchbinders und einer Pelzn¨aherin, wurde Metallarbeiter und trat 1919 der KPD bei. Seit 1923 journalistisch u. a. beim „Ruhr-Echo“ t¨atig, wurde er 1926 Mitarbeiter im Zentralkomitee der KPD, ging 1927 f¨ur den milit¨arischen Nachrichtendienst der UdSSR nach Großbritannien, wurde verhaftet und wegen Spionage zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. 1935 vorzeitig entlassen war er in Moskau im Apparat der Kommunistischen Internationale t¨atig und wurde 1941 Chefredakteur des Deutschen Volkssenders. 1945 kehrte H. als Chefredakteur der „Deutschen Volkszeitung“ nach Deutschland zur¨uck, gr¨undete die „S¨achsische Zeitung“ und im M¨arz 1946 den „Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienst“ (ADN), den er anschließend leitete. 1955-62 war er stellvertretender Chefredakteur des „Neuen Deutschland“ und geh¨orte zudem den Kommissionen f¨ur Außenpolitik und Agitation beim Politb¨uro der SED an. C DDR Hansen, Gottfried, Milit¨ar, * 8. 11. 1881 Rendsburg, † 16. 7. 1976 Gockels bei Itzehoe. H., Sohn eines Pastors, trat 1897 als Seekadett in die Reichsmarine ein, war w¨ahrend des Ersten Weltkriegs Admiralstabsoffizier und zuletzt Kommandant der Marinestation der Ostsee. W¨ahrend des Zweiten Weltkriegs leitete er einen Luftwaffen-Lehrstab (1941-43) und gab den „Nauticus“ heraus (1937-44). Seit 1950 stand H. dem „Verband Deutscher Soldaten“ vor. Hansen, Heinrich, luth. Theologe, * 13. 10. 1861 Klockries (heute zu Risum-Lindholm, Nordfriesland), † 17. 4. 1940 Breklum (Nordfriesland). H., Sohn eines Lehrers, studierte in Kiel und Erlangen Theologie, Hebr¨aisch, Syrisch und Arabisch und war 1887-1930 Pastor in Rheinfeld, Lindholm und auf der Insel Pellworm. Er setzte sich f¨ur den Gebrauch der plattdeutschen Sprache im Gottesdienst ein und gab ein plattdeutsches Gesangbuch heraus. Durch Martin → Chemnitz und Johann Adam → M¨ohler wurde er zum Verfechter einer „evangelischen Katholizit¨at“ und verfaßte 1917 zum Reformationsjubil¨aum 95 Thesen gegen die Entwicklung des Protestantismus, sofern er durch den Abfall von dieser Katholizit¨at gekennzeichnet sei. 1918 begr¨undete er zusammen mit anderen Theologen und Laien die „Hochkirchliche Vereinigung“ (seit 1947 „Evangelisch-¨okumenische Vereinigung des Augsburgischen Bekenntnisses“). C NDB Hansen, Heinrich, Gewerkschafter, * 11. 11. 1895 Hamburg, † 2. 2. 1971 Stuttgart. Der Arbeitersohn wurde zum Steindrucker ausgebildet und war seit 1910 politisch und gewerkschaftlich t¨atig. Seit 1932 hauptamtlicher Funktion¨ar des Verbandes der Lithographen, Steindrucker und verwandter Berufe, schloß sich H., Mitglied der SPD, nach der Macht¨ubernahme durch die Nationalsozialisten einer Widerstandsgruppe an. 1936 wurde er verhaftet. Seit 1940 wieder als Drucker t¨atig, wurde er 1948 Vorstandsmitglied der IG Druck und Papier, deren Vorsitzender er 1952-62 war. Unter H.s Vorsitz vereinigte sich die IG Druck und Papier mit dem Senefelderbund und dem Verband der Deutschen Buchdrucker. C Beier Hansen, Johannes Nicolaus, Landwirt, Tierz¨uchter, * 9. 3. 1863 Nadelh¨oft bei Flensburg, † 3. 1. 1938 Berlin. Nach einer praktischen landwirtschaftlichen Ausbildung studierte H., Sohn eines Seemanns und sp¨ateren Bauern, seit 1883 in Kiel und Jena, wurde 1886 promoviert (Untersuchungen u¨ ber den Preis des Getreides mit besonderer R¨ucksicht auf den N¨ahrstoffgehalt desselben) und war anschließend Landwirtschaftslehrer in Schlesien und Mecklenburg. Seit 1889 Direktor der Ackerbauschule in Zw¨atzen, leitete

er seit 1897 einen Großbetrieb in Schlesien. 1896 habilitiert, wurde er 1901 Prof. an der Landwirtschaftlichen Akademie Bonn-Poppelsdorf, wechselte 1910 nach K¨onigsberg und war seit 1922 Prof. der Tierzucht in Berlin. H. machte sich um die Organisation der deutschen Nutztierzucht, vor allem der Rinderzucht, verdient. Er f¨uhrte in Deutschland objektive Leistungspr¨ufungen (u. a. Milchkontrollvereinswesen) ein und untersuchte das optimale Verh¨altnis zwischen F¨utterung und Leistungssteigerungen bei Rindern. H. ver¨offentlichte u. a. F¨utterungsversuche mit Milchk¨uhen (1907), Die Landwirtschaft in Ostpreußen (1916), Das landwirtschaftliche Unterrichtswesen und die Ausbildung des Landwirts (1919), Lehrbuch der Rinderzucht (1920) und Die Erh¨ohung des Fettgehalts der Milch des Rindes (1924). C SHBL, Bd 4

Hansen, Karl, Internist, * 7. 5. 1893 Trier, † 20. 10. 1962 Neckargem¨und. H. studierte Medizin und Naturwissenschaften, wurde 1920 in W¨urzburg promoviert und habilitierte sich 1923 f¨ur Innere Medizin an der Univ. Heidelberg. Dort erhielt er 1927 eine außerordentliche Professur und leitete seit 1929 die Innere Abteilung des Josefskrankenhauses. 1933 wechselte H. als Direktor an die St¨adtischen Krankenanstalten der Hansestadt L¨ubeck und lehrte dar¨uber hinaus als apl. Prof. der Inneren Medizin an der Univ. Hamburg (seit 1942). Er betrieb pathophysiologische Grundlagenforschung, insbesondere im Bereich der Allergien (Allergie. Ein Lehrbuch in Vorlesungen (1940, 31957), und gab u. a. ein Praktikum der allergischen Krankheiten (3 Tle., 1930, mit Heinrich Dekker und Ge¨ org Alexander → Rost) sowie 1950 ein Lesebuch f¨ur Arzte heraus mit Texten aus der Vergangenheit und Gegenwart zu ¨ Arzt und Patient, Krankheit und Therapie. C Arzte 2, 3 Hansen, Karl-Heinz, Pseud. Hansen-Bahia, Graphiker, Schriftsteller, * 19. 4. 1915 Hamburg, † 14. 6. 1978 S˜ao Paulo. H. erlernte zun¨achst das Malerhandwerk, seit 1948 autodidaktisch die Technik des Holzschnitts und wanderte 1949 nach Brasilien aus. Bis 1959 lebte er in Bahia, war Prof. f¨ur Holzschnitt am Museu de Arte in S˜ao Paulo sowie Hersteller beim gr¨oßten Buchverlag Brasiliens. 1959-63 leitete er eine Privatschule f¨ur Holzschnitt auf der Burg Tittmoning (Oberbayern), anschließend eine Holzschnittklasse an der Kunstakademie in Addis Abeba. 1967 kehrte H. nach Brasilien zur¨uck. Er schuf Holzschnitte, in denen er expressionistische Formen mit Elementen afrikanischer und s¨udamerikanischer Volkskunst verband, und illustrierte zahlreiche B¨ucher, u. a. sein eigenes Werk Hansen-Bahia erz¨ahlt von Brasilien (1962). C LGB Hansen, Kurt, Chemiker, Industriemanager, * 11. 1. 1910 Yokohama (Japan), † 26. 1. 2002 Leverkusen. H. verbrachte die ersten Jahre seiner Kindheit in Japan, wo sein Vater Vertreter einer Hamburger Ex- und Importfirma war. Er studierte in Dresden und M¨unchen Chemie, wurde ¨ 1935 promoviert (Uber Benzoylpurromethene und Benzoylporphyrine) und erwarb 1936 den Titel eines Diplomkaufmanns. Im selben Jahr trat er in die Photopapierfabrik des Werkes Leverkusen der IG Farbenindustrie AG ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte H. seine Karriere bei den Farbenfabriken Bayer AG Leverkusen fort, arbeitete 1953 f¨ur das Unternehmen in den USA, wurde 1955 zum Prokuristen ernannt und war Berater der indischen Regierung beim Aufbau der chemischen Industrie. 1956 u¨ bernahm er die Leitung des Bayer-Werkes Wuppertal-Elberfeld. Seit 1957 Mitglied des Vorstandes, wurde er 1961 zu dessen Vorsitzenden gew¨ahlt. Seine bis 1974 dauernde Amtszeit war gepr¨agt von Konsolidierung und zugleich weiterer Expansion des Unternehmens. 1974-84 hatte er den Vorsitz des Aufsichtsrats

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Hansen inne, dessen Ehrenvorsitzender er anschließend wurde. Seit 1966 war H. Mitglied des Pr¨asidiums des Bundesverbands der Deutschen Industrie, 1970 / 71 Pr¨asident des Verbands der Chemischen Industrie und 1974 / 75 Pr¨asident der Gesellschaft Deutscher Chemiker. 1963 wurde er zum Honorarprofessor an der Univ. K¨oln ernannt. 1970 richtete die Bayer AG die Kurt-Hansen-Stiftung zur F¨orderung der Ausbildung naturwissenschaftlicher Lehrkr¨afte ein, und zusammen mit seiner Frau gr¨undete H. die Familie-Hansen-Stiftung zur F¨orderung wissenschaftlicher Arbeiten auf neuen Gebieten der Naturwissenschaften und Medizin. Eine Sammlung seiner Reden erschien unter dem Titel Dennoch mutig widerstehen (1985).

Hansen, Max, eigentl. Max Haller, S¨anger, Schauspieler, * 22. 12. 1897 Mannheim, † 12. 11. 1961 Kopenhagen. H. stand mit zehn Jahren zum ersten Mal auf der B¨uhne und war nach einer Musik- und Gesangsausbildung in Kopenhagen und M¨unchen als Variet´ek¨unstler t¨atig, u. a. in Kopenhagen (seit 1914) und Oslo (1918). 1924 war er Mitbegr¨under des „Kabaretts der Komiker“ in Berlin. Seit demselben Jahr feierte als Operettentenor in Wien und Berlin Erfolge und wirkte an mehreren Urauff¨uhrungen mit, darunter Im weißen R¨oßl und Die drei Musketiere. 1925 wirkte er zum ersten Mal in einem Stummfilm mit und hatte seit 1930 in Tonfilmen Erfolg, darunter in Das h¨aßliche M¨adchen (1933) und Sch¨one Helena (1951). 1933 emigrierte H. nach Wien, 1938 nach Schweden; er trat u. a. am Oscar-Theater und am Vasatheater in Stockholm sowie am Stadttheater in Malm¨o (1950 / 51) auf. 1956 wurde er Direktor des Tivoli-Theaters in Kopenhagen. Seine Erinnerungen erschienen unter dem Titel Det maste vara underbart (1955). H.s Leben wurde 2005 von Douglas Wolfsperger unter dem Titel War’n Sie schon mal in mich verliebt? verfilmt. C Kutsch

Hansen, Theophil (Edvard) Frh. von, Architekt, * 13. 7. 1813 Kopenhagen, † 16. 2. 1891 Wien. Nach der Ausbildung zum Architekten an der kgl. Bauakademie in Kopenhagen ging H., Sohn eines Kassiers bei der d¨anischen Brandassecuranzgesellschaft, 1838 mit einem Stipendium nach Deutschland, wo er u. a. in Berlin die Bauten Friedrich → Schinkels studierte, dann u¨ ber Italien nach Athen. In den folgenden Jahren besch¨aftigte er sich dort mit der antiken und byzantinischen Baukunst, unterrichtete an der Polytechnischen Schule (1840-43), nahm an der Aufnahme antiker Baudenkm¨aler teil und errichtete seit 1842 erste selbst¨andige Bauten. 1846 trat H. in das Wiener Atelier Ludwig → F¨orsters ein. Er wurde mit dem Bau des Waffenmuseums im Arsenal (1850-56) ber¨uhmt, wo er die neuesten Errungenschaften des Musealbaus mit byzantinischen, islamischen und gotischen Stilelementen vereinte. Mit seinen in den folgenden Jahren entstandenen Bauten, u. a. dem Heinrichshof (1861-63, 1945 zerst¨ort), beeinflußte er den architektonischen Charakter Wiens, insbesondere den der Ringstraße, in der zweiten H¨alfte des 19. Jahrhunderts. 1868-84 war H. Prof. an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste. In seinem Hauptwerk, dem Parlamentsgeb¨aude in Wien (1873-83), verwirklichte er seine Idealvorstellung einer Monumentalarchitektur in hellenistischem Stil. C NDB Hansen, Werner, urspr. Wilhelm Heidorn, Gewerkschafter, Politiker, * 31. 7. 1905 Rethem / Aller, † 15. 6. 1972 D¨usseldorf. Nach einer kaufm¨annischen Lehre und dem Besuch der Handelsschule war H., Sohn eines Postbeamten, seit 1932 als kaufm¨annischer Angestellter t¨atig. Als Mitglied der SPD seit 1926 im Internationalen Sozialistischen Kampfbund (ISK), geh¨orte er 1931-33 dem Vorstand der Ortsverwaltung Bremen des Zentralverbandes der Angestellten an und

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schrieb u. a. f¨ur die Parteizeitungen „isk“ und „Der Funke“. 1937 emigrierte er zun¨achst nach Frankreich, dann nach Großbritannien und war Mitverfasser des gewerkschaftlichen Deutschlandprogramms sowie der 1945 in London herausgegebenen Programmvorschl¨age f¨ur „Die Neue Gewerkschaftsbewegung“. 1945 nach Deutschland zur¨uckgekehrt, beteiligte sich H. zusammen mit Hans → B¨ockler im sogenannten Siebenerausschuß am Neuaufbau der Gewerkschaften und leitete 1947-56 als Erster Vorsitzender den nordrhein-westf¨alischen Gewerkschaftsbund. 1956-69 war er Mitglied des Bundesvorstandes des Deutschen Gewerkschaftsbundes, 1953-57 des Deutschen Bundestags und des Parteipr¨asidiums der SPD. H. ver¨offentlichte u. a. Re-making Germany (1945). C BHdE, Bd 1

Hansen, Wilhelm (Emil), Maschinenbauer, * 28. 8. 1832 Gotha, † 14. 10. 1906 Gotha. Der Sohn Andreas → H.s schloß dem Maschinenbaustudium in G¨ottingen und Berlin eine mehrj¨ahrige praktische T¨atigkeit im In- und Ausland an, bevor er 1861 in Gotha eine eigene Maschinenfabrik errichtete. 1863 gliederte er dem Betrieb eine Eisengießerei an, erweiterte das Fertigungsprogramm um Dampfmaschinen und Turbinen und machte sich in diesem Segment durch Neuentwicklungen einen Namen. H.s bedeutendste Erfindung waren die zum Trocknen der Gußformen in den Gießereien verwendeten beweglichen ¨ Ofen. C NDB Hanser, Carl, Verleger, * 30. 12. 1901 Rastatt, † 10. 5. 1985, begraben in M¨unchen. H., Sohn eines Kaufmanns, schloß das Studium der Philosophie in Freiburg / Breisgau 1928 mit der Promotion zum Dr. phil. ab (Das Wahrheitsproblem bei Lotze im problemgeschichtlichen Zusammenhang) und durchlief daneben eine Buchhandelslehre. 1928 gr¨undete er in M¨unchen den Carl Hanser Verlag; als erstes Verlagsprodukt erschien der Roman Die Liebe des Nikolai Pereslegin von Fedor → Stepun. Als wirtschaftliche Basis f¨ur die Belletristik etablierte H. zun¨achst einen Fachbuch- und Fachzeitschriftenverlag, der anfangs die Gebiete Maschinenbau, Metallverarbeitung und Werkstoffkunde umfaßte; sp¨ater kamen die Bereiche Zahnmedizin, Wirtschaftswissenschaften, Chemische Technik, Kunststoffe, Elektrotechnik, Datenverarbeitung, Kerntechnik und Biotechnologie hinzu. 1946 nahm H. als einer der ersten M¨unchner Verleger die Verlagst¨atigkeit mit amerikanischer Lizenz wieder auf. Er verst¨arkte das belletristische Programm durch kommentierte Klassikerausgaben (u. a. → Lessing, → Schiller, → Jean Paul und Theodor → Fontane) und zeitgen¨ossiche Literatur (u. a. Erich → Fried, Elias → Canetti, Stephan → Hermlin und Botho Strauß). 1946 war er einer der Begr¨under des Bayerischen Verleger- und Buchh¨andler-Verbandes und in den Anfangsjahren auch dessen stellvertretender Vorsitzender. 1949-51 war H. Vorsteher des B¨orsenvereins des Deutschen Buchhandels. 1969 wurde der Verlag in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. 1976 zog sich H. aus der Gesch¨aftsleitung zur¨uck. Er starb auf einer Reise vom Schwarzwald nach M¨unchen. C LGB

Hanser, Wilhelm, auch Guillaume H., Taufname: Johann Nepomuk Joseph, Pr¨amonstratenser, Musiker, Komponist, * 12. 9. 1738 Unterzeil bei Leutkirch, † 27. 1. 1796 Schussenried. H. erhielt seine erste musikalische Ausbildung vermutlich im Kollegiatstift Zeil. 1758 trat er in Schussenried in den Pr¨amonstratenserorden ein, ging zum musikalischen und theologischen Studium an das Jesuitenkolleg St. Michael in M¨unchen, empfing 1762 die Priesterweihe und wurde 1764 in Schussenried zum Musikdirektor ernnant. H. erwarb sich einen hervorragenden Ruf als Kontrapunktiker und

Hanssen Musikp¨adagoge sowie als bester Orgelspieler des Schw¨abischen Kreises. Nachdem seine musikalischen F¨ahigkeiten bei einer Visitation durch das franz¨osische Mutterkloster in Pr´emontr´e aufgefallen waren, erhielt er die Einladung, in Lavaldieu bei Charleville / Maas eine Musikschule ein´ zurichten. Dort z¨ahlte Etienne-Nicolas M´ehul zu seinen bedeutendsten Sch¨ulern, außerdem erstellte er eine Edition des Praemonstratenser-Graduales (1787). Seit 1787 lebte er wieder in Schussenried. Zu H.s Kompositionen geh¨oren Vokal-, B¨uhnen- und Instrumentalwerke; besonders hervorzuheben sind seine Psalmenvertonungen (1767) und die Ave Mariae seiner letzten Lebensjahre. C MGG

Hansgirg, Karl (Viktor) von, o¨ sterr. Schriftsteller, * 5. 8. 1823 Pilsen (B¨ohmen), † 23. 1. 1877 Joachimsthal (B¨ohmen). Der Sohn eines Kreishauptmanns und Neffe Karl Egon von → Eberts, dessen Adel 1873 auf ihn u¨ berging, studierte seit 1842 in Prag und Wien Rechtswissenschaften. Er war seit 1846 im politischen Verwaltungsdienst an verschiedenen Orten B¨ohmens t¨atig und wurde 1864 Bezirksvorsteher in Bergreichenstein, 1868 Bezirkshauptmann in St. Joachimsthal. H. redigierte die Pilsener Zeitung „B¨ohmische Westbahn“ (1862-64) und schrieb Lyrik (u. a. Heimatstimmen, 1844; Glockenstimmen, 1871) und „epische Dichtungen“ unter dem Titel Orient und Okzident (1876). C DSL Hansjakob, Heinrich, Pseud. Hans am See, kath. Theologe, Schriftsteller, * 19. 8. 1837 Haslach / Schwarzwald, † 23. 6. 1916 Haslach. H., Sohn eines B¨ackers und Gastwirts, studierte 1859-63 an der Univ. Freiburg / Breisgau Theologie und Philologie, wurde 1862 zum Priester geweiht und legte im selben Jahr das Staatsexamen ab. Nach der Promotion zum Dr. phil. (1863) vor¨ubergehend Gymnasiallehrer, wurde er 1865 Vorstand der h¨oheren B¨urgerschule Waldshut, jedoch 1868 wegen seines Engagements f¨ur die Kirche in der Vorphase des badischen Kulturkampfes entlassen. Nach dem Ausscheiden aus dem Schuldienst seit 1869 Pfarrer in Hagnau am Bodensee, f¨uhrte H.s demokratisches zeitkritisches Engagement zu zweimaliger Inhaftierung (1870, 1873). 1871-78 geh¨orte er als Zentrumsabgeordneter dem badischen Landtag an. Nach dem R¨uckzug aus der Politik u¨ bernahm er 1884 die Pfarrei St. Martin in Freiburg / Breisgau (bis 1913). Bekannt als Volksschriftsteller, verfaßte er Erz¨ahlungen, Memoiren, Reiseberichte, kulturhistorische und theologische Schriften. Vor allem die Menschen und Landschaften des Schwarzwaldes stellte er dar, u. a. in Die Salpeterer, eine politisch-religi¨ose Secte auf dem s¨ud¨ostlichen Schwarzwald (1867) und Wilde Kirschen (1888; 5., verb. und erw. Aufl. 1901). Als autobiographisches Werk erschien u. a. Aus meiner Studienzeit (1885; 4., verb. Aufl. 1902). C Bad Bio N.F., Bd 2

Hanslick, Eduard, urspr. Hanslik, Pseud. Renatus, o¨ sterr. Musikwissenschaftler, Musikkritiker, * 11. 9. 1825 Prag, † 6. 8. 1904 Baden (Nieder¨osterreich). H. erhielt bei seinem Vater Josef → H. und Wenzel Johann → Tomaschek 1843-47 Musikunterricht, studierte seit 1844 Jura in Prag, wurde 1849 zum Dr. jur. promoviert und trat in den Staatsdienst ein. 1850-52 war er Fiskalbeamter in Klagenfurt und wurde danach in die Unversit¨atsabteilung des Kultusministeriums in Wien berufen. Seit 1846 publizistisch t¨atig, schrieb er zun¨achst als Musikreferent f¨ur die „Wiener Musikzeitung“, dann die „Wiener Zeitung“ und als Musikkritiker 1855-64 f¨ur „Die Presse“, seit 1864 f¨ur die ¨ „Neue Freie Presse“. 1856 an der Univ. Wien f¨ur Asthetik und Geschichte der Musik habilitiert, wurde er Privatdozent, 1861 a. o., 1870 o. Professor. 1886 wurde H. zum Hofrat ernannt. Als Musikkritiker und Anh¨anger der Wiener Klassik u¨ bte er entscheidenden Einfluß auf das Wiener

Musikleben aus. H., Verehrer von Johannes → Brahms und Gegner Richard → Wagners, wandte sich in seiner Habilitationsschrift Vom Musikalisch-Sch¨onen. Ein Beitrag zur Re¨ vision der Asthetik der Tonkunst (1854, 161966) gegen die Gef¨uhls¨asthetik und verfocht einen formalen Stilbegriff, der die Identit¨at von musikalischer Form und geistigem Gehalt impliziert. Er schuf eine kultursoziologische Betrachtungsweise von Musikleben und -geschichte und beeinflußte die musik¨asthetische Auffassung u. a. von Hans → Mersmann, Theodor W. → Adorno und Carl → Dahlhaus. Zu seinen Werken z¨ahlen ferner Geschichte des Concertwesens in Wien (2 Bde., 1869 / 70; 2., verb. Aufl. unter dem Titel Aus dem Concert-Saal. Kritiken und Schilderungen aus 20 Jahren des wiener Musiklebens 1848-1868, 1897), Die moderne Oper (9 Bde., 1875-1900) und die Autobiographie Aus meinem Leben (2 Bde., 1-31894, Neudr. 1987). C MGG

Hanslick, Josef (Adolf), auch Hanslik, Bibliothekar, * 1785 Lischau (B¨ohmen), † 2. 2. 1859 Prag. H. stammte aus einer Bauernfamilie, studierte in Prag Theologie und Philosophie, war 1822-36 Skriptor an der dortigen Universit¨atsbibliothek und lehrte zeitweilig als Prof. der ¨ Asthetik an der Universit¨at. H. u¨ bersetzte aus dem Tschechischen, arbeitete f¨ur verschiedene Zeitungen, erwarb sich einen Namen als Bibliograph und ver¨offentlichte u. a. u. eine Geschichte und Beschreibung der Prager Universit¨atsbibliothek (1852). Er war der Vater von Eduard → H. C ADB

Hanslik, Rudolf, o¨ sterr. Klassischer Philologe, * 15. 5. 1907 Wien, † 29. 6. 1982 Wien. Der Sohn eines Volksschullehrers schloß das Studium der Musikwissenschaft und Klassischen Philologie an der Univ. Wien 1929 mit der Promotion ab und war 1930-39 Gymnasialprofessor, seit 1931 auch Mitarbeiter an der Realenzyklop¨adie der klassischen Altertumswissenschaften. 1940-45 nahm H. am Zweiten Weltkrieg teil. 1947 habilitierte er sich mit der Schrift Prolegomena zur Ausgabe von Cassidors Historia ecclesiastica tripartita, wurde 1951 a. o. Prof. f¨ur Klassische Philologie und war 1960-77 o. Prof. an der Univ. Wien; 1968 / 69 war er Dekan der Philosophischen Fakult¨at. H. arbeitete vor allem zur lateinisch-christlichen Literatur. Er ver¨offentlichte einen Literarischen Wegweiser f¨ur den altsprachlichen Unterricht (1957), gab die Ordensregeln des Bendedict von Nursia (Benedictus Sanctus: Regula monachorum (1960, 21977) und Properz’ Elegiarum liber quattuor (1979) heraus und war langj¨ahriger Herausgeber der „Wiener Studien f¨ur klassische Philologie und Patristik“ sowie Mitherausgeber von Cassiodori-Epiphanii Historia ecclesiastica tripartita (1952, mit Walter Jacob). Seit ¨ 1962 war er Mitglied der Osterreichischen Akademie der ¨ Akad, Jg. 132 Wissenschaften. C Almanach Ost

Hansonn, Christian Heinrich, Maler, * 11. 4. 1790 Altona (heute zu Hamburg), † 1. 5. 1863 Altona. H. wuchs nach dem fr¨uhen Tod der Eltern in einem Waisenhaus auf, erlernte zun¨achst das Weberhandwerk, war dann als Anstreicher und Malergeselle t¨atig und malte Portr¨ats. ¨ Uber Stralsund, Celle und Wien kam er nach Rom, wo er, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, u. a. f¨ur englische Stipendiaten Bilder malte. 1830-45 hielt sich H. in M¨unchen auf und schuf religi¨ose und historische Darstellungen, u. a. Fischer (nach → Goethe) sowie Genrebilder und Portr¨ats.

Hanssen, Georg, Agrarhistoriker, National¨okonom, * 31. 5. 1809 Hamburg, † 19. 12. 1894 G¨ottingen. H., Sohn eines Kaufmanns und Geldwechslers, studierte seit 1827 in Heidelberg, Kiel und G¨ottingen Rechts- und Staatswissenschaften, wurde 1832 in Kiel promoviert (Agriculturae doctrina cathedris universitatum vindicata) und u¨ bernahm 1832 den Lehrstuhl f¨ur National¨okonomie und Statistik seines Lehrers August → Niemann. 1833-36 war er

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Hanstein Kammerrat und Kontorchef an der deutschen Abteilung der Kopenhagener Kommerzbank. H. wurde 1837 o. Prof. in Kiel, 1842 in Leipzig und ging 1848 als o. Prof. der National¨okonomie nach G¨ottingen, wo er sich f¨ur die Gr¨undung der Landwirtschaftlichen Akademie G¨ottingen-Weende einsetzte, der sp¨ateren Landwirtschaftlichen Fakult¨at der Univ. G¨ottingen. Seit 1860 lehrte er an der Berliner Univ., von 1869 bis zu seinem Tod wieder an der Univ. G¨ottingen. ¨ H. gab das „Archiv f¨ur politische Okonomie heraus“ und verfaßte u. a. eine Historisch-statistische Darstellung der Insel Fehmarn (1832), Die Aufhebung der Leibeigenschaft und die Umgestaltung der gutsherrlich- b¨auerlichen Verh¨altnisse u¨ berhaupt in den Herzogt¨umern Schleswig und Holstein (1861, Nachdr. 1975), Zur Geschichte der Feldsysteme in Deutschland (1876) und mehrb¨andige Agrarhistorische Abhandlungen (1880-84). C SHBL, Bd 3

Hanstein, (Ludwig) Adalbert von, Pseud. Ludwig Bertus, Literarhistoriker, * 29. 11. 1861 Berlin, † 11. 10. 1904 Hannover. Der Sohn Johannes von → H.s studierte in Berlin und Bonn Naturwissenschaften, Geschichte und Literatur und wurde 1886 promoviert. Er verfaßte zun¨achst Theaterkritiken und war seit 1893 Feuilletonredakteur des „Berliner Fremdenblatts“ und Mitarbeiter der Zeitschrift „Moderne und Haus“. Seit 1896 Dozent an der Humboldt-Akademie in Berlin, ¨ lehrte H. nach der Habilitation (1900) Asthetik und Literaturgeschichte (seit 1903 als Prof.) an der TH Hannover. Er schrieb Lyrik, Dramen und Erz¨ahlungen sowie die erste zusammenfassende Darstellung der naturalistischen Literatur in Deutschland (Das j¨ungste Deutschland. Zwei Jahrzehnte miterlebte Literaturgeschichte, 1900). C Killy

Hanstein, (Gottfried) August (Ludwig), luth. Theologe, * 7. 9. 1761 Magdeburg, † 25. 2. 1821 Berlin. H., Sohn eines Kriminalrats und Justizkommissars, war nach theologischen, philosophischen und naturwissenschaftlichen Studien seit 1799 an der Univ. Halle 1782-87 Lehrer am Domgymnasium in Magdeburg und wirkte er an der Gr¨undung eines Lehrerseminars mit, an dem er P¨adagogik unterrichtete. Seit 1787 Pfarrer in Tangerm¨unde, widmete er sich der homiletischen Ausbildung von Predigtamtskandidaten. H. wurde 1803 Oberdomprediger, 1804 als Nachfolger Wilhelm Abraham → Tellers Propst von St. Petri und Superintendent in Berlin und Mitglied des Oberkonsistoriums. Als dieses 1808 / 09 aufgel¨ost wurde, ging er als Oberschulrat in die „Sektion f¨ur Kultur und Unterricht“ des Innenministeriums. H., einer der beliebtesten und zwischen 1808 und 1814 auch betont patriotisch auftretenden Prediger Berlins in seiner Zeit, war Herausgeber der „Homiletisch-kritischen Bl¨atter f¨ur Kandidaten des Predigtamtes und angehender Prediger“ (9 Bde., 1791-99) und an der Einf¨uhrung der Union wie auch der Entstehung des neuen Gesangbuchs beteiligt. Er ver¨offentlichte u. a. eine Christliche Religions- und Sittenlehre (1805). C NDB

Hanstein, Fritz Huschke von, Autorennfahrer, Rennleiter, * 3. 1. 1911 Halle, † 5. 3. 1996 Stuttgart. Der Sohn eines Husarenrittmeisters machte eine landwirtschaftliche und kaufm¨annische Lehre, studierte Rechtswissenschaft und legte das Dolmetscher-Examen ab. Sportliche Erfolge errang er zun¨achst als Reiter, ehe er sich f¨ur den Motorsport entschied. Nach Gel¨ande- und Langstreckenfahrten mit dem Motorrad wurde er Werksfahrer bei Hanomag, Adler und BMW und war 1938 deutscher SportwagenBergmeister, 1940 Gesamtsieger bei der Mille Miglia. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er mit Eigenbau-VWSportwagen wieder im Rennsport aktiv, ehe er 1951 erstmals zur Porsche-Fahrer-Equipe geh¨orte. 1952-68 war H. Chef f¨ur Public Relations und Rennleiter bei Porsche. Die Liste

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der Fahrernamen unter seiner F¨uhrung reicht von Stirling Moss u¨ ber Wolfgang Graf → Berghe von Trips bis hin zu Jochen → Rindt. H. war Sportpr¨asident des Automobilclubs von Deutschland, Sportpr¨asident des Internationalen Sportverbandes und Vizepr¨asident des Internationalen Automobilsportverbandes.

Hanstein, Johannes (Ludwig Emil Robert) von, Botaniker, * 15. 5. 1822 Potsdam, † 27. 8. 1880 Poppelsdorf (heute zu Bonn). Nach einer Gartenbauausbildung 1838-43 studierte H., Sohn eines Oberpredigers, 1844-48 Naturwissenschaften, Philosophie, Geschichte und Mathematik an der Univ. Berlin und wurde 1848 mit der Arbeit Plantarum vascularium, folia, laulis radix utrum organa sint origine distincta an eiusdem organi diversae tantum partes promoviert. Er legte 1849 das Staatsexamen ab und unterrichtete die folgenden Jahre an Berliner Schulen, habilitierte sich 1855, ohne die Unterrichtst¨atigkeit aufzugeben, und war seit 1861 Kustos des Botanischen Museums in Berlin. 1864 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1865 wurde er o. Prof. und Direktor des Botanischen Gartens der Univ. Bonn, deren Rektor er 1880 war. Seine Antrittsvorlesung von 1866 behandelte das Thema Ueber die Richtungen und Aufgaben der neueren Pflanzenphysiologie. H. unternahm als einer der ersten mikroskopische Studien zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Pflanzen, beschrieb den Befruchtungsprozeß bei Farnen und setzte sich mit allgemeinen Fragen der Biologie auseinander. Zu seinen ¨ Ver¨offentlichungen z¨ahlen Ubersicht des nat¨urlichen Pflanzensystems (1867), Untersuchungen u¨ ber die Anordnung der Zellen in den Vegetationspunkten der Phanerogamen (1868), Christian Gottfried Ehrenberg. Ein Tagwerk auf dem Felde der Naturforschung des neunzehnten Jahrhunderts (1877), ¨ Uber die Entwicklung des botanischen Unterrichts an den ¨ Universit¨aten (1880), Uber den Zweckbegriff in der organischen Natur (1880) und Das Protoplasma als Tr¨ager der pflanzlichen und thierischen Lebensverrichtungen (1880, 2 1887, frz. 1882). H. war der Vater von Adalbert und Otfried von → H. C NDB

Hanstein, Otfried von, Pseud. O. von Zehlen, Schriftsteller, * 23. 9. 1869 Bonn, † 17. 2. 1959 Berlin. H., Sohn Johannes → H.s, wurde 1889 Schauspieler, gr¨undete die Theaterschule „Der B¨uhnenhort“ und war Theaterdirektor in Glatz und N¨urnberg (1904-09). Tourneen f¨uhrten ihn nach Großbritannien, Nord- und S¨udamerika und Asien. Seit 1903 als freier Schriftsteller t¨atig, schrieb er auf der Grundlage seiner Reisestudien historische Romane, Romane u¨ ber das Leben der Deutschen im Ausland, Heimaterz¨ahlungen und Jugendliteratur, die die Schilderung fremder L¨ander und Gebr¨auche mit einer spannenden Handlung verkn¨upft, u. a. Im Reich des goldenen Drachen (3 Bde., 1919).

Hanstein, Wolfram von, Schriftsteller, * 25. 2. 1899 Berlin, † 12. 6. 1965 Berlin. H. wurde in jungen Jahren als Schriftsteller durch Romane und Filmdrehb¨ucher bekannt, u. a. Der von Gutenberg (1947). Seit 1956 lebte er in K¨oln und war bis 1959 Generalsekret¨ar und Vizepr¨asident der „Liga f¨ur Menschenrechte“. 1960 mußte sich H. vor dem Bundesgerichtshof wegen Agentent¨atigkeit f¨ur den Staatssicherheitsdienst der DDR verantworten und wurde zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. C Munzinger

Hantsch, Hugo, Benediktiner, Historiker, * 15. 1. 1895 Teplitz, † 6. 8. 1972 Wien. H. wurde 1913 Benediktiner, schloß das Geschichtsstudium in Innsbruck und Wien mit der Promotion zum Dr. phil. ab, war Gymnasiallehrer in Melk und habilitierte sich 1930 f¨ur

Happel neuere Geschichte in Wien. Seit 1935 lehrte er als a. o. Prof. der o¨ sterr. Geschichte in Graz und wurde 1938 nach der Amtsenthebung im Konzentrationslager Buchenwald (bis 1939) interniert. Anschließend war H. Pfarrer in Ravelsbach (Nieder¨osterreich), seit 1946 wieder Prof. in Graz. Im selben Jahr erhielt er das Ordinariat f¨ur o¨ sterr. Geschichte in ¨ Wien. H. war Direktor des Instituts f¨ur Geschichte der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften, Herausgeber der „Wiener Historischen Studien“ (seit 1953) und ver¨offent¨ lichte u. a. Die Geschichte Osterreichs (2 Bde., 1937-50, 4 ¨ Akad, Jg. 123 1959-68). C Almanach Ost

Hantschl, Joseph, o¨ sterr. Mathematiker, * 1769 Zwickau (B¨ohmen), † 2. 6. 1826 Wien. H. war in Wien als Erzieher t¨atig, studierte dort zun¨achst Rechtswissenschaft, dann Mathematik und unterrichtete anschließend als Realschullehrer. Seit 1815 hatte er die Professur f¨ur h¨ohere Mathematik am Polytechnischen Institut in Wien inne, das er bis zu seinem Tod leitete. H.s Logarithmisch-trigonometrisches Handbuch erschienen postum 1827 (21833).

Hantzsch, Arthur Rudolf, Chemiker, * 7. 3. 1857 Dresden, † 14. 3. 1935 Dresden. Der einer Kaufmannsfamilie entstammende H. schloß das Studium der Chemie in Dresden und W¨urzburg 1880 mit ¨ der Promotion ab (Uber Paraoxyphenetol), ging als Assistent an das Physikalisch-Chemische Institut der Univ. Leip¨ zig und habilitierte sich 1882 mit der Arbeit Uber die Synthese pyridinartiger Verbindungen aus Acetessig¨ather und Aldehydammoniak. 1885 erhielt er einen Ruf als o. Prof. der organischen Chemie an die ETH Z¨urich, u¨ bernahm 1893 den Lehrstuhl Emil → Fischers in W¨urzburg und lehrte von 1903 bis zu seiner Emeritierung 1928 in Leipzig. H. entwickelte 1881 auf synthetisch-organischem Gebiet eine Methode zur Darstellung von Pyridin und seiner Derivate und erkl¨arte 1890 zusammen mit Alfred → Werner die Isomerieerscheinung bei Aldoximen. Er war Mitglied der S¨achsischen Akademie der Wissenschaften und der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (seit 1887). H. vero¨ ffentlichte u. a. Grundriß der Stereochemie (1893, 21904, frz. 1896, engl. 1901) und Die Diazoverbindungen (mit Gustav Heinrich → Reddelien, 1921). C Poggendorff 1 Hantzsch, (Gustav Robert) Viktor, Geograph, * 10. 5. 1868 Dresden, † 12. 11. 1910 Dresden. Nach dem in Leipzig mit der Promotion (1895, Die u¨ berseeischen Unternehmungen der Augsburger Welser) abgeschlossenen Studium der Geographie und Geschichte wurde H., Sohn eines Lehrers, mit der Ordnung und Katalogisierung der Kartenbest¨ande der Kgl. Bibliothek in Dresden beauftragt. Er leitete diese Kartensammlung, bis er 1902 aus Krankheitsgr¨unden in den Ruhestand ging. H. war auf dem Gebiet der historischen Geographie und Kartographie f¨uhrend t¨atig, arbeitete am „Literarischen Zentralblatt f¨ur Deutschland“ mit und verfaßte eine Monographie u¨ ber Sebastian → M¨unster (Sebastian M¨unster. Leben, Werk, wissenschaftliche Bedeutung, 1898, Nachdr. 1965). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Deutsche Reisende des sechzehnten Jahrhunderts (1895), Landkartenbest¨ande der kgl. o¨ ffentlichen Bibliothek zu Dresden, nebst Bemerkungen u¨ ber die Einrichtung und Verwaltung von Kartensammlungen (1904), Die a¨ ltesten gedruckten Karten der s¨achsisch-th¨uringischen L¨ander (1905), Dresdner auf Universit¨aten vom 14. bis zum 17. Jahrhundert (1906) und Ratzel-Bibliographie. 1867-1905 (1906). C NDB Hantzsche, (Willy) Walter, Mathematiker, * 5. 12. 1912 Koselitz bei Riesa, † 29. 3. 1944 Braunschweig. H., Sohn eines Gutsbesitzers, studierte Mathematik und Physik an der TH Dresden, in Hamburg und Halle, wurde

1937 promoviert (Einlagerung von Mannigfaltigkeiten in euklidische R¨aume) und ging nach kurzem Studienaufenthalt 1938 als Aerodynamiker zu den AGO-Flugzeugwerken in Oschersleben / Bode. 1939-44 zun¨achst wissenschaftlicher Mitarbeiter, sp¨ater Gruppenleiter im Institut der Luftfahrtforschungsanstalt Braunschweig-V¨olkenrode, wurde er, seit 1943 habilitiert (Die Prandtl-Glauertsche N¨aherung als Grundlage f¨ur ein Iterationsverfahren zur Berechnung kompressibler Unterschallstr¨omungen), Dozent in Braunschweig. H. arbeitete auf dem Gebiet der angewandten Mathematik, insbesondere u¨ ber Gasdynamik, und befaßte sich mit der Ausbreitung von Verdichtungswellen, station¨aren ¨ Unterschall- und Uberschallstr¨ omungen und Grenzschichtproblemen kompressibler Medien. C NDB

Hanusch, Ferdinand, o¨ sterr. Gewerkschafter, Politiker, Schriftsteller, * 9. 11. 1866 Oberdorf bei Wigstadtl ¨ (Osterr.-Schlesien), † 28. 9. 1923 Wien. H., Sohn eines schlesischen Hauswebers, war Bauhilfsarbeiter, danach Arbeiter in einer Bandfabrik, ging 1885 als Webergeselle auf Wanderschaft und arbeitete in der heimischen Seidenfabrik. 1891 schloß sich H. der Arbeiterbewegung an, wurde 1897 Gewerkschafts- und Parteisekret¨ar in Sternberg, 1900 Sekret¨ar der neugegr¨undeten Union der Textilarbei¨ ter in Wien. Seit 1903 Vorstandsmitglied der Osterreichischen Gewerkschaftskommission, griff er in Lohnk¨ampfe ein und setzte Verbesserungen der Arbeitszeit und der Arbeitsvertr¨age durch. 1918-20 war H. Staatssekret¨ar f¨ur soziale F¨ursorge (Verwaltung), initiierte den Aufbau des Sozialministeriums, die Neugestaltung des Krankenkassenwesens, den Ausbau der Sozialversicherung und bereitete die Alters-, Hinterbliebenen- und Invalidenversicherung der Arbeiter sowie das Angestelltengesetz vor. Als Direktor der Wiener Arbeitskammer (seit 1921) engagierte er sich insbesondere f¨ur die Arbeiterbildung. H. ver¨offentlichte u. a. den autobiographischen Roman Lazarus (1912) und Sozialpolitik ¨ im neuen Osterreich (1923). C NDB

Hanxleden, Johann Ernst, Jesuit, Missionar, Orientalist, * 1681 Osterkappeln bei Osnabr¨uck, † 21. 3. 1732 Palayur (Kerala, Indien). H. meldete sich 1699 f¨ur die ostindische Mission, trat im selben Jahr in die Gesellschaft Jesu ein und unternahm in Begleitung zweier Patres von Augsburg aus die Reise nach Indien. Sie kamen 1700 in Goa an. Im S¨uden Indiens studierte H. Theologie, wurde 1705 zum Priester geweiht und wirkte dreißig Jahre lang als Missionar in Malabar. Er beherrschte Ostsyrisch, Malayalˆam und Sanskrit, verfaßte mehrere Grammatiken und W¨orterb¨ucher und schrieb zahlreiche religi¨ose Dichtungen und Lieder, u. a. Pancha Parvam (1873, „F¨unf Gedichte“). C NDB Happel, Eberhard Werner, auch E. Guerner H., Schriftsteller, Polyhistor, * 12. 8. 1647 Kirchhain (Hessen), † 15. 5. 1690 Hamburg. Nach dem Studium der Rechts- und Naturwissenschaften in Gießen und Marburg (1663-66) war H., Sohn eines Pfarrers, Hofmeister bei hessischen Edelleuten und in der Familie des Hamburger Kaufmanns Glashoff, dessen Tochter er 1679 heiratete. Zwischenzeitlich mit der Fortf¨uhrung seiner Studien in Kiel und Privatunterricht besch¨aftigt, ließ er sich Mitte der achtziger Jahre als freier Schriftsteller in Hamburg nieder. Seit 1666 schrieb H. sp¨atbarocke Geschichtsromane, in denen er anmutige Liebesund Heldengeschichten mit geographischen, historischen und anekdotischen Realien sowie Schw¨anken, Diskussionen und Theorien verkn¨upfte. Erlebnisse seiner Jugend erz¨ahlte er in dem Roman Der Teutsche Carl (4 Bde., 1690); Der Academische Roman (1690, Neuausg. 1962) behandelt das Universit¨atsleben. Von nachhaltiger Wirkung

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Happel waren H.s Relationes Curiosae (1683-91), historische und realienkundliche Kompendien, die auch sp¨atere Lexika beeinflußt haben. C Killy

matische Sopranistin an das Grazer Theater, das ihr Mann leitete. Nach 1812 trat H. nur noch gelegentlich in Gastspie¨ C OML len und Konzerten auf.

Happel, Ernst, o¨ sterr. Fußballspieler und -trainer,

Harand, Irene, geb. Wedl, Schriftstellerin, * 6. 9. 1900

* 29. 11. 1925 Wien, † 14. 11. 1992 Innsbruck. H. spielte – abgesehen von einem Intermezzo bei Racing Paris – 1937-59 als Abwehrspieler bei Rapid Wien, absolvierte 51 L¨anderspiele und nahm 1954 und 1958 an der Weltmeisterschaft teil. Nach seiner aktiven Laufbahn wurde er Trainer und gewann mit allen von ihm trainierten Mannschaften – ausgenommen FC Sevilla – Titel und Pokale, u. a. mit Feyenoord Rotterdam die Meisterschaft, Europapokal und Weltpokal; bei der Weltmeisterschaft 1978 f¨uhrte er die holl¨andische Nationalmannschaft bis ins Endspiel. H. war seit 1981 Trainer beim Hamburger SV (1983 Europapokal der Landesmeister), seit 1987 bei Wacker Innsbruck und von 1991 bis zu seinem Tod der o¨ sterr. Nationalmannschaft. Die Stadt Wien benannte das Prater-Stadion in ErnstHappel-Stadion um.

Happel, Friedrich, Maler, * 23. 5. 1825 Arnsberg (Westfalen), † 5. 7. 1854 D¨usseldorf. H., Bruder Peter Friedrich → H.s, besuchte 1838-41 die D¨usseldorfer Kunstakademie und lebte anschließend auf dem Land, um Naturstudien zu betreiben. Nach seiner R¨uckkehr nach D¨usseldorf widmete er sich als einer der ersten innerhalb der D¨usseldorfer Schule der Darstellung von Jagdtieren; er malte auch totes Wild und Jagdgenrebilder. H. gelang vor allem die charakteristische Abbildung des Fuches. Nach seinen Gem¨alden wurden Lithographien und Stiche geschaffen, u. a. von Alphons Martinet (Spielende F¨uchse).

Happel, Peter Friedrich, Maler, * 26. 3. 1813 Arnsberg (Westfalen), † 23. 5. 1854 D¨usseldorf. H., Bruder Friedrich → H.s, studierte seit 1829 an der D¨usseldorfer Kunstakademie und ließ sich dort 1842 mit einem eigenen Atelier nieder. Er war Schriftf¨uhrer des von ihm gegegr¨undeten „Vereins D¨usseldorfer K¨unstler zu gegenseitiger Unterst¨utzung und H¨ulfe“. H., „Maler des deutschen Sommers“ genannt, schuf vorwiegend poetische Landschaftsbilder.

Haquenay, Georg, Hofmeister, † 1523. Der Sohn eines Finanzmanns und Juwelenh¨andlers stand in kaiserlichen Diensten. 1498 wurde er vom Kaiser zusammen mit seiner Familie in den Reichsritterstand erhoben, 1502 zum Pfalzgrafen ernannt. H. u¨ bte zusammen mit seinem Bruder Nicasius → H. entscheidenden Einfluß auf politische und kirchliche Fragen zu Ende des 15. und zu Beginn des 16. Jh. aus. 1522 verlieh ihm → Karl V. die F¨ahrerstelle von K¨oln.

Haquenay, Nicasus, Rechenmeister, † 1518. H., Bruder Georg → H.s, war 1483 „Meister in den sieben freien K¨unsten“, schlug die diplomatische Laufbahn ein und trat 1493 in kgl. Dienste. Er war Rat und Rechenmeister des K¨onigs, erhob die kgl. Eink¨unfte am Niederrhein, zog die von den Reichstagen ausgeschriebenen T¨urkengelder und Reichssteuern ein und erhielt zu Beginn des 16. Jh. die Pflegschaft zu Wildenstein. H. engagierte sich in vielen wichtigen kirchlichen und politischen Fragen. 1498 wurde er Reichsritter, 1502 Pfalzgraf. C ADB Haradauer, Antonie, geb. Huber, o¨ sterr. S¨angerin, getauft 11. 3. 1778 Baden (Nieder¨osterreich), † 1857. H. absolvierte ihr Gesangsstudium in Wien, u. a. als Sch¨ulerin → Mozarts, heiratete 1796 den Schauspieler Franz H. und deb¨utierte am Opernhaus von Triest. Es folgten Engagements in Warschau und Prag. 1802 ging sie als erste dra-

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Wien, † 3. 2. 1975 New York. H., Tochter eines Malermeisters, heiratete 1919 einen Hauptmann der k. u. k. Armee und wurde 1930 Mitarbeiterin der ¨ von Moritz Zalmann gegr¨undeten Osterreichischen Volkspartei. 1933 gr¨undete sie den Weltverband gegen Rassismus und Menschennot, der auch als Harand-Bewegung bekannt wurde und B¨uros in zahlreichen europ¨aischen L¨andern unterhielt. 1933-38 war H. Herausgeberin der Wochenschrift „Die Gerechtigkeit“. Von London aus emigrierte sie 1938 u¨ ber Kanada nach New York und war 1939 Mitgr¨underin der Austrian American League sowie Mitglied des Free Austrian Movement in Toronto. 1943 wurde H. Vorsitzende der Women’s Division der Anti Nazi League. Seit 1959 war sie Vizepr¨asidentin des von ihr mitbegr¨undeten Austrian Institute, eines Forums f¨ur o¨ sterr. K¨unstler und Wissenschaftler. H. wurde u. a. mit der Medaille f¨ur die Gerechten der V¨olker des Staates Israel (1969) ausgezeichnet und ver¨offentlichte So oder so. Die Wahrheit u¨ ber den Antisemitismus (1933) und Sein Kampf. Antwort an Hitler (1935, engl. 1937). C Lex o¨ sterr Exillit

Harbeck, Hans, Schauspieler, Dramaturg, Schriftsteller, * 25. 12. 1887 Eckernf¨orde, † 18. 5. 1968 Hamburg. H. studierte in G¨ottingen, M¨unchen und Kiel Philosophie und Kunstgeschichte (seit 1906) und wurde mit einer Arbeit u¨ ber den Maler Melchior Lorichs 1911 promoviert. Seit 1918 Dramaturg und Schauspieler an den Hamburger Kammerspielen, war er seit 1922 als freier Schriftsteller und Kritiker t¨atig und trat auch als Kabarettist und Conf´erencier auf. H. hatte 1935-44 Arbeitsverbot und war 1944 / 45 in „Schutzhaft“. Er schrieb Lyrik und Essays vor allem u¨ ber humoristische und lokale Themen sowie das autobiographische Werk Schauspieler, gezaust und gezeichnet (1966). C Killy Harbich, Adolf, o¨ sterr. S¨anger, * 15. 4. 1887 Laibach, † 8. 5. 1970 Wien. H. wurde in Wien ausgebildet, deb¨utierte in Graz (1920-23), hatte bis 1927 ein Engagement am Stadttheater in N¨urnberg und ging dann an das Staatstheater in Wiesbaden. Seit 1937 sang er am Staatstheater in Kassel und gastierte 1941 / 42 am Theater in Aussig. Gastspiele f¨uhrten ihn an die Berliner Staatsoper, an die Oper in Monte Carlo (1936) und an die Mail¨ander Scala (1939). H. war ein bedeutender → Wagner-Interpret; er sang u. a. u¨ ber dreihundertf¨unfzigmal den Hans Sachs in den Meistersingern. Seit 1940 unterrichtete er an der Musikhochschule in Prag, seit 1943 als Professor. C MGG

Harbig, Rudolf, Sportler, * 8. 11. 1913 Dresden, † 5. 3. 1944 bei Kirowograd (Ukraine). Zun¨achst Gasableser bei den Dresdner Stadtwerken, wurde H., Sohn eines Heizers, als Mitglied des Dresdner Sportclubs 1934 bei dem Wettbewerb „Der unbekannte Sportsmann“ entdeckt und geh¨orte schon zwei Jahre sp¨ater dem Olympia-Aufgebot an. Von Beginn an wurde er von Woldemar Gerschler, dem Begr¨under des sog. Intervall-Trainings, betreut. Bei den Olympischen Spielen 1936 gewann er in der 4 x 400 m-Staffel die Bronzemedaille. Mit sieben nationalen Meistertiteln, dem Gewinn der Europameisterschaft 1938 u¨ ber 800 m und mehreren Weltrekorden geh¨orte H. zu den weltbesten L¨aufern seiner Zeit. Er fiel im Zweiten Weltkrieg. C Weiß

Hardegger Harbou, Thea (Gabriele) von, Schauspielerin, Schriftstellerin, * 27. 12. 1888 Tauperlitz (heute zu D¨ohlau, bei Hof / Saale), † 1. 7. 1954 Berlin. Nach dem Besuch des Luisenstifts in L¨oßnitz bei Dresden deb¨utierte H., Tochter eines Forstmeisters, 1906 als Schauspielerin in D¨usseldorf, weitere Engagements f¨uhrten sie nach Weimar, Chemnitz und Aachen. 1917 ging sie mit ihrem Ehemann Rudolf → Klein-Rogge nach Berlin und schrieb Filmdrehb¨ucher, u. a. f¨ur Joe → May und Friedrich Wilhelm → Murnau. 1920 heiratete H. in zweiter Ehe Fritz → Lang; sie schrieb bis 1932 die Drehb¨ucher zu seinen in dieser Zeit entstandenen Filmen, u. a. zu Metropolis (1925 / 26), M (1931) und Das Testament des Dr. Mabuse (1932), und beeinflußte seinen Stummfilmstil. Mehrere ihrer Romane dienten als Drehbuchvorlage. H. arbeitete, seit 1932 Mitglied der NSDAP, auch nach der Emigration Langs weiter als Drehbuchautorin in Deutschland, nach 1945 verfaßte sie u. a. das Drehbuch zu Dr. Holl (1951). Als Romanschriftstellerin ver¨offentlichte H. u. a. Das indische Grabmal (1917). C Cinegraph

Harburger, Edmund, Maler, * 4. 4. 1846 Eichst¨att, † 5. 11. 1906 M¨unchen. H. studierte seit 1866 an der TH M¨unchen und Malerei an der Akademie der bildenden K¨unste, u. a. als Sch¨uler Wilhelm → Lindenschmits. Neben seiner T¨atigkeit als Maler zeichnete er politische Karikaturen f¨ur die „Gartenlaube“, seit 1870 f¨ur die „Fliegenden Bl¨atter“ rund 1500 Illustrationen. 1871 hielt sich H. zu Interieurstudien in Tirol auf und kopierte 1876 / 78 alte Meister in Venedig. Er malte insbesondere Genrebilder und Interieurs und stellte u. a. seit 1871 im M¨unchner Glaspalast, in der Berliner Akademie und 1882-84 im Pariser Salon aus. C Biogr Jahrb, Bd 11 Hardach, Fritz Wilhelm, Kaufmann, Wirtschaftspr¨ufer, Industriemanager, * 12. 12. 1902 Melle (Prov. Hannover), † 1. 1. 1976 Essen. H., Sohn eines M¨uhlenbesitzers, studierte nach einer Banklehre Betriebswirtschaft in Hamburg, K¨oln und Berlin und erwarb 1927 das Diplom. Anschließend wurde er Assistent bei Eugen → Schmalenbach in K¨oln, wo er 1929 promoviert wurde. 1930-34 war er zun¨achst als Wirtschaftspr¨ufer, dann als M¨uhlenverbandsdirektor und seit 1938 wieder als Wirtschaftspr¨ufer t¨atig. 1941 trat H. als Leiter der Konzernrevision bei der Firma Krupp in Essen ein, wo er – als politisch nicht Belasteter – im September 1945 zusammen mit Hans Kallen und Johannes → Schr¨oder Mitglied der vorl¨aufigen Werksleitung wurde. 1953 trat H. in den Vorstand der Fried. Krupp H¨utten- und Bergwerke Rheinhausen AG ein, dem er bis 1965 angeh¨orte; anschließend wurde er Mitglied des Aufsichtsrats. Daneben nahm er 1963-70 eine Honorarprofessur f¨ur Betriebswirtschaftslehre an der Univ. M¨unster wahr. 1960-68 war H. erst Vizepr¨asident, dann Pr¨asident der Schmalenbach-Gesellschaft zur F¨orderung der betriebswirtschaftlichen Praxis.

Hardeck, Ferdinand Graf zu, auch Hardegg, o¨ sterr. Milit¨ar, * 1549, † 16. 6. 1595 Wien. H., aus einer nieder¨osterreichischen Adelsfamilie stammend, die seit 1495 G¨uter und Namen als kaiserliche Schenkungen erhielt, trat fr¨uh in die kaiserliche Armee ein und wurde 1592 Hofkriegsrat, dann kaiserlicher Feldoberst. Sp¨ater zum General bef¨ordert, war er Kommandant der westungarischen ¨ Festung Raab; nach der Ubergabe an die T¨urken 1594 wurde er zum Tod verurteilt und im folgenden Jahr hingerichtet. Hardegg, Georg David, F¨uhrer der Tempelbewegung, * 4. 2. 1812 Eglosheim bei Ludwigsburg, † 11. 7. 1879 Haifa. Zum Kaufmann ausgebildet, wurde H., Sohn eines Wirts, w¨ahrend des Medizinstudiums in T¨ubingen 1833 aufgrund

revolution¨arer Aktivit¨aten verhaftet, jedoch 1840 unter der Bedingung, ins Exil zu gehen, freigelassen. Seit 1840 arbeitete er in Schaffhausen zun¨achst als Buchhalter, dann als Leiter eines Handelshauses und er¨offnete nach der R¨uckkehr nach Ludwigsburg (1846) ein Ledergesch¨aft. 1848 kam H. in Kontakt mit Christoph → Hoffmann und dessen Tempelbewegung, die er seit 1858 leitete, und veranlaßte die Anlage einer Mustersiedlung auf dem Kirschenhardthof. Nach dem Bruch mit Hoffmann wegen seines Aufrufs zur Auswanderung nach Pal¨astina u¨ bernahm H. in Haifa die Leitung der bedeutendsten der sechs israelitischen Templersiedlungen und gr¨undete eine Ackerbau- und Industrieschule. Sp¨ater ¨ von Hoffmann aller Amter enthoben, schloß sich H. wieder der evang. Kirche an. C Leb Schwaben, Bd 9

Hardegg, Julius (Friedrich Moritz Karl) von, Milit¨ar, Schriftsteller, * 11. 4. 1810 Ludwigsburg, † 16. 9. 1875 Stuttgart. H. besuchte die Kriegsschule in Stuttgart, wurde 1828 in den Generalstab versetzt und war 1833-43 Milit¨argouverneur des Kronprinzen. 1843-49 unterrichtete er Kriegsgeschichte und Generalstabswissenschaft an der Kriegsschule und bet¨atigte sich als Milit¨arschriftsteller. Zwischenzeitlich Generaladjutant des K¨onigs, seit 1859 Kommandant der w¨urttembergischen Infanteriedivision und Gouverneur von Stuttgart, wurde H. 1864 gegen seinen Willen Bevollm¨achtigter der Milit¨arkommission des Bundestags in Frankfurt / Main und ließ sich im folgenden Jahr in den Ruhestand versetzen. Er ver¨offentlichte u. a. Vorlesungen u¨ ber die Kriegsgeschichte (3 Bde., 1852-62; Bd. 3 u¨ berarbeitet und hrsg. von Max Biffart). Hardegg, Wolfgang, Physiologe, * 29. 8. 1923 Ludwigsburg, † 25. 9. 2004 Berlin. H. schloß das Studium der Medizin 1949 an der Univ. Hei¨ delberg mit der Promotion ab (Uber die Wirkungsweise des Methylthioeracils und die Bedeutung der funktionellen Thyreostase f¨ur die experimentelle Hormonforschung), habilitierte sich dort 1958 (Die Kinetik der Cholinesterasen) und wurde 1965 apl., 1971 o. Prof. f¨ur Versuchstierkunde an der Medizinischen Fakult¨at. Als Leiter der Planungsgruppe Medizin war er maßgeblich f¨ur den Umzug der Heidelberger Vorklinischen Medizin ins Neuenheimer Feld verantwortlich. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Tierversuche und medizinische Ethik (hrsg. mit Gerd Preiser, 1986) und Tierschutz durch Alternativen (hrsg. mit Dietrich Schuppau, 1988). Hardegger, Sangspruchdichter, 2. Viertel 13. Jh. H. ist vermutlich, jedoch nicht unumstritten, mit dem St. Galler Ministerialen Heinrich von Hardegge identisch; er geh¨orte demzufolge nicht dem Stand der Fahrenden an. F¨unfzehn Spruchstrophen des oberdeutschen Dichters wurden in der Großen Heidelberger Liederhandschrift u¨ berliefert; die Strophe 1,9 konnte aufgrund ihres Inhalts zwischen 1235 und 1237 datiert werden. H. behandelte politische, moraldidaktische und religi¨ose Themen und stand literarisch u. a. dem S¨anger → Ulrich von Singenberg nahe. C VL Hardegger, August, schweizer. Architekt, * 1. 10. 1858 St. Gallen, † 12. 1. 1927 Luzern. H., Sohn eines Staatsarchivars, studierte an der TH Stuttgart und der Univ. Freiburg (Schweiz), arbeitete in verschiedenen Architekturb¨uros und unternahm Studienreisen, u. a. ¨ nach Deutschland, Osterreich und Italien. Zun¨achst Konservator der Kunstsammlungen in St. Gallen, trat er seit 1884 als selbst¨andiger Architekt hervor und schuf in der Schweiz neben Krankenh¨ausern und Privath¨ausern rund sechzig kath. Kirchen in Anlehnung an mittelalterliche Stile, u. a. die Josephkirche in Basel (1900-02). C HLS

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Hardegger Hardegger, Margarethe, schweizer. Gewerkschafterin, * 20. 2. 1882 Bern, † 23. 9. 1963 Minusio (Kt. Tessin). H., Tochter eines Telefgrafenbeamten und einer Hebamme, durchlief eine Lehre als Telefonistin und begann ein Studium der Rechte an der Univ. Bern. 1903 war sie Mitgr¨underin des Berner Textilarbeitervereins und seit 1905 Arbeitersekret¨arin des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes. H. k¨ampfte u. a. f¨ur das Frauenstimmrecht, rief die Frauenzeitschriften „Die Vork¨ampferin“ und „L’Exploit´ee“ ins Leben und gr¨undete 1908 mit Gustav → Landauer den Sozialistischen Bund und dessen Organ „Der Sozialist“. 1909 verlor sie wegen politischer Differenzen ihre Stelle beim Gewerkschaftsbund, sp¨ater enthob sie Landauer auch von ihren Funktionen im Sozialistischen Bund. 1915 wurde H. wegen Beihilfe zur Abtreibung zu einem Jahr Haft verurteilt. 1919 gr¨undete sie die Landkommune Herrliberg, 1920 die Siedlung Villino Graziella in Minusio. Beide Projekte scheiterten jedoch an der Armut der Siedler. C HLS Hardekopf, Ferdinand (Wilhelm Emil), Pseud. Stefan

¨ Wronski, Dichter, Ubersetzer, * 15. 12. 1876 Varel (Oldenburg), † 24. 3. 1954 Z¨urich. H., Sohn eines Weißwarenh¨andlers, erhielt eine Ausbildung im v¨aterlichen Beruf, studierte in Berlin und Leipzig Philosophie und arbeitete bis 1916 als amtlicher Stenograph, u. a. beim Reichstag. Seit 1899 Theater- und Literaturkritiker vor allem der „Schaub¨uhne“, wurde er im Kreis der Berliner Boh`eme des „Caf´e des Westens“, der Bars und Cabarets bekannt; zu seinen Freunden z¨ahlten u. a. Ren´e → Schickele und Franz → Pfemfert. H. schrieb Gedichte und kurze Prosast¨ucke, die in den Zeitschriften „Jugend“ und „Die Aktion“ (1911-16) abgedruckt wurden. 1916 zog er, der deutschen Kriegspropaganda u¨ berdr¨ussig, in die Schweiz, trat bei Dadaisten-Soireen auf, kehrte gemeinsam mit seiner Frau Sita Staub 1921 f¨ur kurze Zeit nach Berlin zur¨uck und hielt sich dann in Frankreich und der Schweiz auf. H. trat als ¨ Lyriker, Essayist und Ubersetzer franz¨osischer Werke (u. a. Andr´e Gide) hervor. Er starb v¨ollig verarmt und drogens¨uchtig in einer Nervenheilanstalt. 1963 erschienen H.s Gesammelte Dichtungen (hrsg. von Emmy Moor-Wittenbach; erw. Ausg. unter dem Titel Wir Gespenster, hrsg. von Wilfried F. Schoeller, 2004). C Oldenburg

Harden, Maximilian (Felix Ernst), urspr. F. E. Witkowski, Pseud. Apostata, Kent, Proteus, v. d. Rosen, Theophil Zoling, Publizist, Schriftsteller, * 20. 10. 1861 Berlin, † 30. 10. 1927 Montana-Vermala (Kt. Wallis). H. wurde von seinem Vater, einem Seidenh¨andler, mit sechszehn Jahren aus der Schule genommen und zur Kaufmannslehre gezwungen; er floh zun¨achst zu seiner Mutter und schloß sich dann einer Wandertruppe an, mit der er zehn Jahre lang durch Deutschland zog. Seit 1888 schrieb er f¨ur deutsche und ausl¨andische Zeitungen, u. a. f¨ur das „Berliner Tageblatt“, das „Deutsche Montagsblatt“ und „Die Gegenwart“. 1889 beteiligte sich H. an der Errichtung des Vereins „Freie B¨uhne“ in Berlin, erhielt ein Engagement am Deutschen Theater und beriet Max → Reinhardt in k¨unstlerischen Angelegenheiten. 1892 gr¨undete er mit „Die Zukunft“ eine politische Wochenzeitschrift, die sich unter seiner Herausgebert¨atigkeit und Hauptautorenschaft (bis 1922) zu einer der einflußreichsten Zeitschriften des wilhelminischen Deutschland entwickelte. Anf¨anglich konservativer Monarchist, polemisierte H. sp¨ater gegen Kaiser → Wilhelm II. und dessen Berater Philipp F¨urst zu → Eulenburg und wollte letzteren mit dem Vorwurf der Homosexualit¨at seines politischen Einflusses berauben. Karl → Kraus griff diese Vermischung von Politik und Sexualit¨at, die in drei Skandalprozessen (1907-09) gipfelte, in der „Fackel“ scharf an. Vor dem Ersten Weltkrieg den deutschen Imperialismus vertretend, wurde H. w¨ahrend des Kriegs Pazifist und Gegner des

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Nationalismus. Er ver¨offentlichte u. a. Berlin als Theaterhauptstadt (1888), Literatur und Theater (1896) und Krieg und Friede (1918). 1922 bei einem Attentat rechtsradikaler Kreise schwer verletzt, verbrachte H. seine letzten Lebensjahre in der Schweiz. C Killy

Hardenberg, Albert, eigentl. A. Rizaeus, reformierter Theologe, * um 1510 Hardenberg (Niederlande), † 18. 5. 1574 Emden. Siebenj¨ahrig kam H. in die Schule der „Br¨uder vom gemeinsamen Leben“ nach Groningen, wurde 1527 M¨onch im Kloster Aduard und studierte seit 1530 in L¨owen und Mainz Theologie (Promotion zum Dr. bullatus 1539). Er mußte, durch Jan → Laski f¨ur die Reformation gewonnen, L¨owen verlassen und ging 1543 nach Wittenberg, wo er sich → Melanchthon anschloß. 1544 berief ihn Hermann von → Wied zur Durchf¨uhrung der Reformation in seine Dienste. Nach dem Scheitern der K¨olner Reformationsprojekts war H. Pfarrer in Kempen und wurde 1547 als Domprediger nach Bremen berufen. Im Laufe des Bremer Abendmahlsstreits (seit 1556) mit dem Lutheraner Johann → Timann wurde er 1561 vom Rat aus der Stadt ausgewiesen. Die folgenden Jahre verbrachte H., literarisch t¨atig, im Kloster Rastede. 1565 erhielt er das Pfarramt in Sengwarden, 1567 im reformierten Emden. C TRE

Hardenberg, Carl-Hans Graf von, Gutsbesitzer, Widerstandsk¨ampfer, * 22. 10. 1891 Glogau (Schlesien), † 24. 10. 1958 Frankfurt / Main. H. war Offizier im Ersten Weltkrieg, wurde Anfang 1918 aus der Armee entlassen und leitete nach einer land- und forstwirtschaflichen Ausbildung und einer Banklehre seit 1921 das Familiengut Neuhardenberg. Daneben war er in der Kommunalverwaltung des Kreises Lebus t¨atig, legte jedoch ¨ seine Amter mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft nieder. 1939 zur Wehrmacht eingezogen, war H. seit 1940 pers¨onlicher Adjutant des Oberbefehlshabers der Heeresgruppe B, Fedor von → Bock. 1941 wurde er Zeuge einer Massenexekution von Juden im Raum Borissow, woraufhin er mit Henning von → Tresckow den Entschluß zu einem Attentat auf → Hitler faßte. Er schloß sich dem Widerstandskreis um Claus → Schenk von Stauffenberg an und wurde nach dem 20. Juli 1944 verhaftet und im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert. 1945 von der Sowjetarmee befreit, ging H. nach N¨orten-Hardenberg bei G¨ottingen, wurde 1946 Bevollm¨achtigter der Verm¨ogensverwaltung des Hauses Hohenzollern und gr¨undete 1947 mit Eugen → Gerstenmaier die Stiftung „Hilfswerk 20. Juli 1944“. C Widerstand

Hardenberg, (Georg) Friedrich (Philipp) Frh. von → Novalis Hardenberg, Friedrich August, Staatsmann, * 30. 10. 1700 Ober-Wiederstedt bei Merseburg, † 15. 9. 1768 Hannover. H. studierte seit 1719 an der Univ. Leipzig Jura und Kameralwissenschaft, bereiste 1722 die Niederlande, Frankreich und Großbritannien und trat 1725 in w¨urttembergische Dienste. Zun¨achst Kammerjunker, war er seit 1727 Regierungsrat, seit 1729 Kammerpr¨asident und wurde 1734 entlassen. Seit 1741 stand H. als Mitglied des Vormundschaftsrats der S¨ohne Herzog → Karl Alexanders wieder in w¨urttembergischen Diensten. 1756-61 Geheimer Rat und Minister f¨ur Finanzen und Steuern in Hessen-Kassel, u¨ bernahm er 1763 als Vorsitzender mit Ministerrang die Kriegskanzlei in Kurhannover. C ADB

Hardenberg, Friedrich Karl, von, Staatsmann, * 6. 1. 1696 Burg Hardenberg, † 24. 5. 1763. H., Sohn eines Licentkommissars, kam 1704 in die Obhut seines Onkels Christian Ulrich von H., des damaligen Schloßhauptmanns am hannoverschen Hof, studierte

Hardenberg seit 1712 in Helmstedt Rechtswissenschaft, Mathematik, alte Sprachen, Theologie und Geschichte, wechselte 1716 nach Halle und wurde nach einer Kavaliersreise Auditor bei der hannoverschen Justizkanzlei, 1722 auch bei der Kammer. 1728 wurde H. zum Geheimen Kammerrat und zum Baudirektor bef¨ordert. 1741 trat er aus der Kammer aus, erhielt den Titel eines Geheimen Rats, war 1741 / 42 in geheimer Mission in Paris, wurde nach seiner R¨uckkehr Oberhofbauund Gartendirektor und schuf mit Hilfe des G¨artners J. W. Tatter ein Zentrum botanischer Sammler- und Experimentiert¨atigkeit. 1744 / 45 hielt er sich in England auf, dessen wissenschaftlich-technischen und o¨ konomischen Entwicklungsstand er studierte. H. war F¨orderer der Univ. G¨ottingen und ihrer 1751 gegr¨undeten Akademie der Wissenschaften, deren Ehrenmitglied er wurde. Im Sinne eines barocken Universalgelehrtentums legte der aufgekl¨art denkende H., dessen Hauptinteresse den Naturwissenschaften sowie der Finanz- und Wirtschaftspolitik galt, Collectanea Historica, Chronologica, Geographica, Physica, Philosophica, Theologica, Mathematica, Philologica an. Er bet¨atigte sich als Berater der hannoverschen Regierung in wirtschaftlichen Fragen, pl¨adierte ohne Erfolg f¨ur die Gr¨undung eines Commerzkollegiums und einer Gesch¨aftsbank. Seine Ansichten u¨ ber eine moderne Wirtschaftspolitik legte er u. a. in Notata von Commercien und in Gedanken vom Gelde (1751) nieder. In der ersten Zeit des Dreißigj¨ahrigen Krieges bildete H. mit dem Geheimen Rat Levin Adolf von Hake eine Art Notregierung. Er schrieb das Lehrbuch Sentiments sur la peinture et sur les peintres les plus fameux und stellte eine Materialsammlung f¨ur lateinische, englische und franz¨osische Sprachstudien zusammen. 1762 wurde H. zum Wirklichen Geheimen Rat und zum Kriegspr¨asidenten ernannt. Er hinterließ Reisetageb¨ucher und eine umfangreiche Korrespondenz sowie selbstverfaßte Lexika zur Botanik, Architektur, Malerei und Literatur.

Hardenberg, Georg Ludwig von, Hymnologe, * 8. 6. 1720 Wolfenb¨uttel, † 28. 5. 1786 Halberstadt. H. trat 1742 als Inhaber einer Minorpr¨abende in das Domkapitel in Halberstadt ein und r¨uckte hier bis zum Domdechanten auf. 1785 war er Direktor der Literarischen Gesellschaft. Dort erschienen die von ihm begr¨undeten „Halberst¨adter Gemeinn¨utzigen Bl¨atter zum Besten der Armen“ (1785-91). Bekannt wurde H. durch das hymnologische Werk, das in alphabetischer Reihenfolge, bezugnehmend auf die Bibliothek des Grafen Christian Ernst zu Stolberg in Wernigerode, alle evang. Kirchenlieder sowie die evang. geistlichen Ges¨ange verzeichnete. C ADB

Hardenberg, Hans Carl Graf von, Diplomat, * 11. 12. 1909 Hannover, † 19. 1. 1996 M¨unchen. Der Sohn eines Majors studierte in Lausanne, an der Georgetown University in Washington und in G¨ottingen Rechtswissenschaften und war 1938-42 in der Handelspolitischen Abteilung des Reichswirtschaftsministeriums t¨atig. 1953 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zur¨uckgekehrt, wurde er Referatsleiter in der Handelspolitischen Abteilung des Ausw¨artigen Amtes in Bonn, 1957 Leiter des Staatssekret¨arsb¨uros. Seit 1961 Bevollm¨achtigter beim Europ¨aischen B¨uro der UNO und Generalkonsul in Genf, kehrte er 1968 in die Handelspolitische Abteilung in Bonn zur¨uck und leitete 1968-73 die deutsche Vertretung bei der OECD in Paris.

Hardenberg, (Bernhard) Heinrich Graf von, Diplomat, * 5. 8. 1902 Stremlow (Vorpommern), † 16. 4. 1980 M¨unchen. H., Sohn eines preuß. Offiziers, studierte 1923-26 Rechtswissenschaften in G¨ottingen, M¨unchen und Greifswald und war als Gerichtsassessor, sp¨ater Hilfsrichter im preuß. Justiz-, seit 1934 im Verwaltungsdienst t¨atig. 1933 trat er in die

NSDAP ein. Seit 1936 im Ausw¨artigen Dienst, wurde er in Kowno (Litauen) und Bukarest eingesetzt, seit 1941 in Rang eines Gesandtschaftsrats. Nach dem Zweiten Weltkrieg vor¨ubergehend interniert, arbeitete H. seit 1950 im Bundesministerium der Finanzen und trat 1951 wieder in den diplomatischen Dienst ein. 1953 wurde er Botschaftsrat, leitete seit 1954 im Ausw¨artigen Amt das UNESCO-Referat und war 1959-67 Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Costa Rica. C BHdAD

Hardenberg, Henriette, eigentl. Margarete Rosenberg, verh. Wolfenstein, verh. Frankenschwerth, auch Frankenschwerth-Rosenberg, weiteres Pseud. Martha von Eschstruth, Schriftstellerin, * 5. 2. 1894 Berlin, † 26. 10. 1993 London. Die Tochter eines Rechtsanwalts und Notars erhielt eine Ausbildung zur Krankenschwester. 1913 ver¨offentlichte sie ihre ersten Gedichte in Franz → Pfemferts Zeitschrift „Die Aktion“; 1918 erschien der Lyrikband Neigungen (Nachdr. 1973). 1916-30 mit dem Dichter Alfred → Wolfenstein verheiratet, z¨ahlten u. a. Rainer Maria → Rilke, Claire → Goll und Ernst → Toller zu ihrem Freundeskreis. 1929 / 30 arbeitete sie als Privatsekret¨arin f¨ur den amerikanischen Kunsthistoriker Richard Offner, dessen dreißigb¨andige Edition u¨ ber die Florentinische Malerei sie bis in die sechziger Jahre hinein betreute. Nach ihrer Emigration nach London (1937) war H., die in zweiter Ehe mit dem Architekten und Schriftsteller ¨ Kurt Frankenschwerth verheiratet war, auch als Ubersetzerin t¨atig. 1988 erschienen ihre gesammelten Dichtungen (hrsg. von Hartmut Vollmer), 1994 unter dem Titel S¨udliches Herz weitere Gedichte aus dem Nachlaß. C Lex dt-j¨ud Autoren

Hardenberg, Henriette Luise Juliane von, Pseud. S. J. F. Wendal, S. J. F. Walden, Jost von dem Wendal, Schriftstellerin, * 20. 2. 1788 Naumburg, † 11. 11. 1868 Dresden. H., Tochter Friedrich Leopold von → Stolbergs, heiratete 1812 Karl Gottlieb Andreas von H., einen Bruder von → Novalis. Nach dem Tod ihres Mannes war sie als Oberhofmeisterin bei der K¨onigin von Sachsen t¨atig und lebte auch danach lange Zeit in Dresden. Zu H.s schriftstellerischem Werk z¨ahlt General Graf Hofheim und seine Kinder. Ein Briefwechsel [. . .] (1829). C Westf Autoren, Bd 1

Hardenberg, Karl August F¨urst, Staatsmann, * 31. 5. 1750 Essenrode bei Gifhorn, † 26. 11. 1822 Genua. Als der Protagonist der preuß. Reformzeit 1790 in die Dienste der Hohenzollerndynastie trat, lag bereits eine neunzehnj¨ahrige wechselvolle politische Karriere hinter ihm. Der a¨ lteste Sohn des hannoverschen Feldmarschalls Christian Ludwig von H. wuchs zun¨achst in Hannover, sp¨ater auf den Stammg¨utern der Familie bei G¨ottingen auf. Von 1766 bis 1770 studierte er in G¨ottingen und Leipzig Jura und Staatswissenschaften. Seine berufliche Laufbahn begann er 1771 in der hannoverschen Verwaltung. Es folgte eine anderthalbj¨ahrige Bildungsreise durch die Staaten des Deutschen Reiches und ein Besuch Englands. Modernisierungsprojekte wie die Entw¨urfe zur Reform der hannoverschen Dom¨anenpachten und zur Zentralisierung der Verwaltung bef¨orderten die Karriere des jungen Kammerrats nicht in gew¨unschter Weise; ein Presseskandal um die vermeintliche Liaison seiner Ehefrau mit dem englischen Kronprinzen f¨uhrte 1783

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Hardenberg zum Wechsel aus hannoverschen in die Dienste des Herzogtums Braunschweig-Wolfenb¨uttel. Als braunschweigischer Minister entwickelte H. erneut Pl¨ane zur Rationalisierung des Verwaltungssystems. In seinem Engagement f¨ur die Reform des braunschweigischen Schulwesens und die Errichtung eines staatlichen Schuldirektoriums f¨orderte er nicht nur die Erziehungslehren aufgekl¨arter Reformp¨adagogen wie Joachim Heinrich → Campe, → Stuve und → Trapp. Auf diesem Feld trug H. auch den Kampf zwischen der f¨urstlichen, b¨urokratisch-zentralistischen Verwaltung und den st¨andischkorporativen Partikulargewalten aus, welche die Konsistorien beherrschten. Außenpolitisch forcierte er den Beitritt Braunschweigs zum F¨urstenbund (1785). Das Scheitern seines innen- und außenpolitischen Programms sowie eine Scheidungsaff¨are zwangen ihn zur Aufgabe seiner braunschweigischen Position. ¨ Der Ubertritt in die Dienste der fr¨ankischen Hohenzollern (1790) er¨offnete H.s Karriere neue Perspektiven. Als Minister des Markgrafen von Ansbach und Bayreuth, der 1792 abdankte, leitete er die Eingliederung der beiden Markgrafschaften in den preuß. Gesamtstaat. Der Dirigierende Minister der neuen preuß. Provinzen in Franken verf¨ugte zun¨achst u¨ ber eine a¨ hnliche Unabh¨angigkeit wie der schlesische Provinzialminister. Seine „Revindikationen“ der Landeshoheit, von Milit¨araktionen und Pressekampagnen begleitet, wandelten die F¨urstent¨umer gegen den Widerstand der benachbarten Reichsst¨ande zu geschlossenen Territorien. Dies war die Voraussetzung f¨ur eine umfassende Verwaltungsreform, die den rationalen Anforderungen des zeitgen¨ossischen Staatsrechts entsprach. Maßnahmen zur Wirtschaftsf¨orderung und „Volksaufkl¨arung“ rundeten das Reformwerk ab. Außenpolitische Aufgaben u¨ bernahm der Provinzialminister, der zugleich dem Kabinett in Berlin angeh¨orte, als er w¨ahrend des 1. Koalitionskriegs gegen das revolution¨are Frankreich mit den Reichskreisen u¨ ber die Verpflegung der preuß. Truppen verhandelte. Gegen seine ¨ politische Uberzeugung signierte H. 1795 im Auftrag der preuß. Regierung den Separatfrieden von Basel und sah im folgenden Jahr auch seine weiteren Verhandlungsziele, die Behauptung des linken Rheinufers und der preuß. Demarkationslinie, von der Regierung aufgegeben. Nach dem Regierungsantritt → Friedrich Wilhelms III. (1797) wurde das fr¨ankische Provinzialministerium dem preuß. Generaldirektorium eingegliedert, wodurch sich H.s Handlungsspielraum ¨ auf innenpolitische Ressorts beschr¨ankte. Seine Ubersiedlung nach Berlin veranlaßte den Minister jedoch auch, sich in die Probleme des Gesamtstaates einzuarbeiten. Nach verschiedenen Denkschriften zur Reform der obersten Verwaltungsbeh¨orden war H. 1803 stellvertretend, seit 1804 offiziell als preuß. Außenminister t¨atig. Seinen schwierigen diplomatischen Kurs zwischen napoleonischer Aggression und der 3. antinapoleonischen Koalition rechtfertigte H. sp¨ater in seinen Denkw¨urdigkeiten. Die strikt neutrale Position des preuß. K¨onigs veranlaßte den Außenminister 1806 zum demonstrativen R¨ucktritt. Erst nach Preußens Kriegseintritt und Niederlage wurde H. 1807 f¨ur kurze Zeit leitender Minister, erhielt aber auf Napoleons Verlangen mit dem Frieden von Tilsit (1807) seine Entlassung. In k¨oniglichem Auftrag erarbeitete er zusammen mit → Altenstein, unter Mitwirkung von Theodor von → Sch¨on und → Niebuhr, die sogenannte „Rigaer Denkschrift“ (1807) zur Reorganisation des preuß. Staates, die zusammen mit → Steins „Nassauer Denkschrift“ ¨ den Grundkatalog der preuß. Reformen umfaßte. Uber die ¨ bloße Uberwindung der Kriegsfolgen, die o¨ konomische und moralische Regeneration hinaus planten die Autoren eine Verfassungs-, Wirtschafts- und Gesellschaftsreform, die ein modernes, innerhalb europ¨aischer Zusammenh¨ange konkurrenzf¨ahiges staatliches System etablieren sollte. Kernforderung dieses Programms war die Herstellung von „demo-

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kratischen Grunds¨atzen in einer monarchischen Regierung“. Staatsb¨urgerliche Gleichheit und Freiheit sollten sich u. a. in der Abschaffung der b¨auerlichen Erbuntert¨anigkeit und der Adelsprivilegien verwirklichen, Gewerbe- und Handelsfreiheit in der Aufhebung der Zunftmonopole und einer Revision des Handels-, Zoll- und Steuersystems. Eine Umstrukturierung der gesamten Staatsverwaltung nach systematischen Kriterien bildete die Voraussetzung des Reformwerks; eine „Repr¨asentation des Volkes“ sollte dessen Umsetzung bef¨ordern. Nach dem Scheitern der Ministerien Stein (1808) und Dohna-Altenstein (1808-10) wurde H. 1810 zum preuß. Staatskanzler ernannt. Es erfolgten zwei Sch¨ube von Reformgesetzen, die, u¨ ber die Gesetzgebung der vorangegangenen Regierungen hinausgehend, zukunftsweisendes sozialpolitisches Innovationspotential enthielten: Steins Agrargesetzgebung hatte sich an Vorbildern des 18. Jh. orientiert, seine St¨adteordnung nahm st¨andische Traditionen auf; das Ministerium Dohna-Altenstein rief mit der Humboldtschen Bildungsreform eine Gesetzgebung ins Leben, die ausschließlich den Anspr¨uchen der Bildungselite Rechnung trug. Dagegen fiel fast die gesamte sozial- und wirtschaftspolitische Reformgesetzgebung in H.s Amtszeit: Gewerbefreiheit (Gewerbesteueredikte 1810 und 1811), Zoll- und Steuergesetzgebung (u. a. Finanzedikt 1810, Verpflegungsedikt 1812), Agrargesetze (Regulierungsedikt 1811), Emanzipation der Juden (1812). Dem Verfassungsversprechen, das bereits das Finanzedikt von 1810 enthalten hatte, versuchte H. 1811 durch die Einberufung einer Notablenversammlung (1812 gefolgt von der „Interimistischen Nationalrepr¨asentation“) provisorisch Realit¨at zu geben. Dagegen sammelte sich jedoch die adlige Opposition, die in den folgenden Jahren die Oberhand gewann. Außenpolitisch verfolgte H. eine doppelte Strategie zwischen verdeckter milit¨arischer Aufr¨ustung und dem B¨undnis mit Frankreich (1812). Die Katastrophe des franz¨osischen Rußlandfeldzugs bewog Preußen im M¨arz 1813 zum Kriegseintritt gegen Napoleon. Nach dem 1. Pariser Frieden (30. 5. 1814) geh¨orten H. und Wilhelm von → Humboldt zu den preuß. Politikern, die auf dem Wiener Kongreß (1814 / 15) u¨ ber die Neuordnung Europas verhandelten. Territoriale Zugewinne erhielt Preußen in Sachsen, Posen, Westfalen und im Rheinland. Dieser neue Territorialbestand verlangte eine Politik der „nationalen Integration“, die H. und Humboldt in ihrem zentralistischen Entwurf der Grundlage der deutschen Bundesverfassung (1814) einzul¨osen suchten. Mit Unterst¨utzung der deutschen Mittelstaaten setzte sich dagegen das o¨ sterr. Konzept einer lockeren Bundesorganisation durch, das die Integrit¨at der Einzelstaaten garantierte. Im Zusammenhang mit dem Kriegsausbruch nach Napoleons R¨uckkehr konnte H. den preuß. K¨onig erneut zu einem Verfassungsversprechen veranlassen (22. 5. 1815). Aus dem 2. Pariser Frieden im November 1815 ging Preußen als Teilnehmer der „Heiligen Allianz“ und der Quadrupelallianz der Siegerm¨achte hervor. Als Vertreter Preußens wirkte H. auf den Kongressen zu Aachen (1818), Troppau (1820), Laibach (1821) und Verona (1822) an der Politik der europ¨aischen Großm¨achte mit. Die preuß. Innenpolitik nach 1815 pr¨agten die Integrationsprobleme der neuen Provinzen sowie der „reaktion¨are ¨ Schub“, der von der engen Kooperation mit Osterreich beg¨unstigt wurde. Beides wirkte einer konsequenten Fortsetzung der Reformpolitik entgegen, deren Gegner bei Hof und in der Verwaltung an Einfluß gewannen. Dies zeigte u. a. das „Regulierungsedikt“ (1816), das wesentliche Abstriche an der Agrargesetzgebung zuließ. Erst 1817 konnte H. den K¨onig zur Bildung eines Staatsrats und zur Einberufung einer Verfassungskommission bewegen. Zug um Zug mußte der Staatskanzler jedoch Kompetenzen abtreten. Seine Mitwirkung an den Karlsbader Beschl¨ussen (1819) und den

Harder Demagogenverfolgungen verhalf ihm nicht zur Realisierung seiner Reform- und Verfassungspl¨ane. Zwar erneuerte Friedrich Wilhelm III. in der Verordnung zum Staatsschuldenwesen (1820) sein Verfassungsversprechen; 1821 verlor H. jedoch den Vorsitz in der Verfassungskommission; im selben Jahr beschr¨ankte der preuß. K¨onig die Verfassungsreform auf die Einrichtung von Provinzialst¨anden. Nach der Teilnahme am Kongreß in Genua starb H. 1822; mit seinem Tod erlosch auch das Amt des Staatskanzlers in Preußen. H. vertrat Zielvorstellungen, die „vielleicht die umfassendsten aller f¨uhrenden Reformbeamten in Deutschland zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren“ (Paul Nolte). Inhalte und ¨ strategische Durchsetzung seiner Reformpolitik wiesen Ahnlichkeiten mit dem Modell Napoleons und der Rheinbundstaaten auf, was ihm von kritischen Zeitgenossen den Vorwurf der „Staatskanzlerdiktatur“ einbrachte. Sein Reformprogramm, grunds¨atzlich schon in der Zeit seines fr¨ankischen Ministeriums formuliert, umfaßte staatsb¨urgerliche Gleichheit und politische Freiheit, die in einer Repr¨asentation ihren Ausdruck finden sollte. Der Forderung nach Gewerbefreiheit lag ein wirtschaftliches Reformkonzept zugrunde, das Volkswirtschaft und Staat regenerieren und den Entwicklungsr¨uckstand zu den europ¨aischen Großm¨achten aufholen sollte. Dieses Programm blieb stecken, weil die politische Macht des Adels ungebrochen blieb. „Dadurch stockte der Staatsbildungsprozeß in Preußen sowohl im Hinblick auf die volle Staatssouver¨anit¨at als auch in der Partizipationsfrage.“ (Barbara Vogel) LITERATUR: Leopold von Ranke (Hrsg.): Denkw¨urdigkeiten des Staatskanzlers F¨ursten von H. 5 Bde., Leipzig 1877. – Hans Haussherr: H. Eine politische Biographie. Bd. 1. K¨oln / Graz 1963; Bd. 3 (1943) K¨oln / Graz 21965. – Peter Gerrit Thielen: K. A. v. H. (1750-1822). Eine Biographie. K¨oln u. a. 1967. – Barbara Vogel: Allgemeine Gewerbefreiheit. Die Reformpolitik des preußischen Staatskanzlers H. (1810-1820). G¨ottingen 1983. – Andrea HofmeisterHunger: Pressepolitik und Staatsreform. Die Institutiona¨ lisierung staatlicher Offentlichkeitsarbeit bei K. A. v. H. (1792-1822). G¨ottingen 1994. – Thomas Stamm-Kuhlmann, (Hrsg.): K. A. v. H. 1750-1822. Tageb¨ucher und autobiographische Aufzeichnungen. M¨unchen 2000. – Ders. (Hrsg.): Freier Gebrauch der Kr¨afte. Eine Bestandsaufnahme der H.Forschung. M¨unchen 2001. – Ingo Hermann: H. Der Reformkanzler. Berlin 2003. Andrea Hofmeister

Hardenberg, Kuno (Ferdinand) Graf von, Maler, * 13. 8. 1871 Hardenberg (Hannover), † 15. 11. 1938 Darmstadt. H. studierte die Rechte, National¨okonomie und Kunstgeschichte, u. a. in G¨ottingen und Paris, unternahm eine Weltreise und lebte 1902-14 in Dresden als Maler und Schriftsteller. 1917 wurde er Hofmarschall in Darmstadt, danach Chef der Großherzoglichen Haus- und Verm¨ogensverwaltung, 1921 Direktor der Großherzoglichen Kunstsammlungen und des dortigen Schloßmuseums. H. malte vorwiegend Landschaften, u¨ bersetzte aus dem Englischen und Franz¨osischen und schrieb u. a. Herkunft, Leben und Wirken des hessisch-darmst¨adtischen Ober-Cabinets- und Hofmahlers Johann Christian Fiedler [. . .] (1919).

Hardenrath, Johann, j¨ulisch-bergischer Vizekanzler, * um 1530, † 12. 1. 1601. H., Halbbruder Johann → H.s, stammte aus einem stadtk¨olnischen Patriziergeschlecht, studierte seit 1545 Rechtwissenschaft in K¨oln, Poitiers, Toulouse, Ingolstadt, Padua und Bologna und wurde zum Dr. jur. promoviert. Anschließend Assessor am Reichskammergericht in Speyer, trat er 1572 in den Dienst Herzog Wilhelms des Reichen von J¨ulich-KleveBerg und wurde 1580 dessen Vizekanzler. Nach Ausbruch

einer Geisteskrankheit bei dem Erbprinzen → Johann Wilhelm und Streitigkeiten um die Regentschaft in den Herzogt¨umern geh¨orte H. zu den f¨uhrenden kath. R¨aten, die R¨uckhalt beim Kaiser und bei Spanien suchten. Auf Verlangen der St¨ande wurde H. 1591 von der Herzogin → Jakobe seines Amtes enthoben, 1593 nach kurzzeitiger Wiedereinsetzung endg¨ultig entlassen.

Hardenrath, Johann, B¨urgermeister von K¨oln, † 1630. H., Halbbruder Johann → H.s aus des Vaters zweiter Ehe, geh¨orte seit 1583 dem Rat an und wurde 1584 B¨urgermeister der Stadt K¨oln. Er versah dieses Amt, das im dreij¨ahrigen Turnus besetzt wurde, insgesamt sechzehnmal. H. verstand es, die Stadt K¨oln vor den Wirren des Dreißigj¨ahrigen Kriegs zu bewahren. Als strenggl¨aubiger Katholik bem¨uhte er sich, den Protestantismus fernzuhalten, und veranlaßte die rigiden Maßnahmen des Rats gegen die Protestanten und die Besucher des reformierten Gottesdienstes in M¨ulheim. Harder, auch Der Harder, S¨ux Harter, H. von Frankh, Conrat H., Kuncz Herter, Dichter, Ende 14. Jh. ¨ Uber das Leben H.s ist nichts Genaues bekannt; sein Name erscheint erstmals in der heute verschollenen Neidensteiner Handschrift (1402). Der Sprache seiner Dichtungen nach wird er bald dem mitteldeutschen, bald dem oberdeutschen beziehungsweise dem fr¨ankischen Sprachraum zugeordnet. Seine Zugeh¨origkeit zum geistlichen Stand ostmitteldeutscher Herkunft mit dem Berufsnamen „Hirte, H¨uter“ ¨ wird bezweifelt und eher eine literarische Ubereinstimmung, wom¨oglich die Identit¨at mit dem Schwiegervater des Lieddichters Albrecht → Lesch, in Erw¨agung gezogen. H. schrieb Minnereden und Lieder in „gebl¨umtem Stil“, darunter die Marienpreisdichtung Frauenkranz. Stilistisch und sprachlich stehen die Werke in der Tradition → Frauenlobs und → Konrads von W¨urzburg. Bekannt wurde H. auch durch rund dreißig in den Meisterliederhandschriften u¨ berlieferten Lieder im „S¨ußen Ton“; als Begr¨under dieses „Tons“ erhielt er bei den Meistersingern den Namen eines „nachmeisters“. H. wirkte u. a. auf → Hermann von Sachsenheim, Hans → Rosenpl¨ut und → Muskatblut. C Killy Harder, Agnes (Marie Luise Gabrielle), Schriftstellerin, * 24. 3. 1864 K¨onigsberg, † 7. 2. 1939 Berlin. Nach dem Besuch des Lehrerinnenseminars in Elbing (1881-83) unterrichtete H., Tochter eines Gerichtsassessors und sp¨ateren Landgerichtspr¨asidenten, mehrere Jahre im Schuldienst und lebte dann als freie Schriftstellerin in Stargard und Berlin. Sie bereiste Großbritannien, Frankreich, Italien und den Vorderen Orient und ver¨offentlichte Eindr¨ucke von diesen Reisen im Feuilleton der „Magdeburger Zeitung“. 1891 begann H., Romane, Novellen, Erz¨ahlungen und Jugendb¨ucher zu schreiben, die bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs weite Verbreitung fanden. Sie thematisierte Frauen-, Familien-, Land- und Kleinstadtleben ihrer ostpreußischen Heimat, u. a. in dem Roman Neue Kinder alter Erde (1933). Ihre Jugenderinnerungen Die kleine Stadt. Aus meinen Kindertagen in Ostpreußen erschienen 1927. C Killy Harder, August, Komponist, Musiker, S¨anger, * 17. 7. 1775 Sch¨onerstedt bei Leisnig (Sachsen), † 22. 10. 1813 Leipzig. H. erhielt seinen ersten Musikunterricht vom Vater, einem Schullehrer, besuchte das Gymnasium in Dresden und studierte Theologie an der Univ. Leipzig. Nach dem Abbruch des Studiums, w¨ahrend dessen er aus wirtschaftlichen Gr¨unden Musikunterricht erteilt hatte, widmete er sich ganz der Musik und lebte fortan als S¨anger, Pianist, Gitarrist, Komponist und Schriftsteller in Leipzig. H. schrieb volkst¨umliche Lieder, besonders f¨ur Gitarre. Vom

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Harder ihm stammt die Weise zu Paul → Gerhardts Lied Geh aus, mein Herz, und suche Freud, die urspr¨unglich zur Vertonung des Fr¨uhlingslieds von Ludwig Christoph Heinrich → H¨olty geh¨orte. C MGG

Harder, G¨unther, evang. Theologe, * 13. 1. 1902 Groß Breesen (Kr. Guben), † 12. 9. 1978 Berlin. H., Sohn eines Pfarrers, studierte 1920 Rechtswissenschaften in Marburg und Berlin, dann auch Theologie und wurde 1924 in Marburg zum Dr. jur. promoviert. 1929 ordiniert, war er Pfarrer in Fehrbellin und wurde 1934 mit der Arbeit Paulus und das Gebet zum Dr. theol. promoviert. 1934-45 war er Kreis- und Bezirkspfarrer der Bekennenden Kirche. 1935 geh¨orte H. zu den Gr¨undern der Kirchlichen Hochschule in Berlin, an der er 1936-41 Neues Testament lehrte. W¨ahrend der Herrschaft der Nationalsozialisten dreimal inhaftiert, setzte er nach 1945 seine Lehrt¨atigkeit fort, zun¨achst als Dozent, seit 1948 als o. Prof.; 1946 / 47 und 1957 war er Rektor der Kirchlichen Hochschule. 1947 u¨ bernahm er auch die Leitung des von ihm gegr¨undeten Archivs f¨ur die Geschichte des Kirchenkampfes. Auch wirkte er als Pfarrer und Superintendent. H.s besonderes Interesse galt dem christlichj¨udischen Dialog. Er war Kuratoriumsmitglied der Gesellschaft f¨ur christlich-j¨udische Zusammenarbeit und richtete den Arbeitsausschuß Dienst an Israel (1950) sowie das Institut Kirchen und Judentum an der Kirchlichen Hochschule Berlin ein (1960). C BBKL Harder, Johann Jacob, schweizer. Mediziner, Naturforscher, * 7. 9. 1656 Basel, † 28. 4. 1711 Basel. Der Sohn eines Stadtschreibers studierte in Basel, Lyon und Paris Medizin und wurde 1673 promoviert (De ictero nigro). In Basel lehrte er als Prof. seit 1678 Rhetorik, seit 1686 Physik, seit 1687 Anatomie und Botanik und 1703-11 theoretische Medizin. H., seit 1681 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, erhielt von mehreren s¨uddeutschen Landesf¨ursten den Titel eines Leibarztes; 1694 ernannte ihn Kaiser → Leopold I. zum Pfalzgrafen. Gemeinsam mit Johann Heinrich → Glaser sorgte er f¨ur den Aufschwung der Basler Medizinischen Fakult¨at im 17. Jahrhundert. H. arbeitete auf dem Gebiet der vergleichenden und pathologischen Anatomie, entdeckte die nach ihm benannte akzessorische (Hardersche) Tr¨anendr¨use beim Hirsch und die Zwitternatur der Schnecken. Er vero¨ ffentlichte u. a. Prodromus physiologicus naturam explicans humorum nutritioni et generat. dicatorum (1679) und Apiarium observationibus medicis et experimentis refertum [. . .] (1687). Harder, Richard (Nikolaus), Botaniker, * 21. 3. 1888 Hamburg, † 2. 12. 1973 G¨ottingen. H. studierte in Berlin, M¨unchen und Kiel, wo er 1911 mit ¨ der Dissertation Uber das Verhalten von Basidiomyceten und Ascomyceten in Mischkulturen promoviert wurde. Anschließend war er Assistent bei Hans → Kniep in W¨urzburg, habilitierte sich 1917 mit der Arbeit Ern¨ahrungsphysiologische Untersuchungen an Cyanophyceen, haupts¨achlich dem endophytischen Nostoc punctiforme und lehrte als Privatdozent. 1922 ging er als a. o. Prof. nach T¨ubingen und erhielt 1923 eine Professur an der TH Stuttgart. 1931 folgte H. einem Ruf an die Univ. G¨ottingen als Direktor der Botanischen Anstalten. Dieses Amt hatte er bis 1958 inne. In seinen Forschungen widmete er sich physiologischen Fragen und geh¨orte mit seinen Studien u¨ ber Photosynthese und Wasserhaushalt in der algerischen Sahara zu den Wegberei¨ tern auf dem Gebiet der Okophysiologie. Zusammen mit anderen Wissenschaftlern bearbeitete er die 25.-28. Auflage (1951-62) des Lehrbuchs der Botanik f¨ur Hochschulen (1. Auflage von Eduard → Strasburger, 1894; ital. 1973). H. war u. a. Mitglied der G¨ottinger Akademie der Wissenschaften, 1955 / 56 deren Pr¨asident. C G¨ott Gel

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Harder, Richard, Klassischer Philologe, * 19. 1. 1896 Tetenb¨ull (Nordfriesland), † 4. 9. 1957 Z¨urich. Der Pfarrerssohn studierte Theologie in Heidelberg und nach dem Ersten Weltkrieg Klassische Philologie in Kiel und Berlin bei Werner → Jaeger. In Berlin befreundete er sich mit Wolfgang → Schadewaldt. Nach einer T¨atigkeit an italienischen Bibliotheken wurde er 1926 in Berlin promoviert (Ocellus Lucanus. Text und Kommentar), redigierte 1924-38 die Zeitschrift „Gnomon“, die er 1940-44 herausgab, und habilitierte sich 1927 f¨ur Klassische Philologie an der Univ. Heidelberg. Im selben Jahr folgte H. einem Ruf an die Univ. K¨onigsberg und ging 1930 als o. Prof. nach Kiel, 1941 nach M¨unchen. Seit 1933 Mitglied der SA, verlor er 1945 die Lehrbefugnis. H. empfand sein Paktieren mit dem nationalsozialistischen Regime als Schuld. Er wurde 1952 an die Univ. M¨unster berufen, wo er bis zu seinem Tod lehrte. Er u¨ bersetzte Plotins Schriften (5 Bde., 1930-37; Neuaufl. 1956-67) und arbeitete u¨ ber die griechische Epigraphik und Kulturgeschichte (u. a. Eigenart der Griechen. Einf¨uhrung in die griechische Kultur, 1962). C SHBL, Bd 4 Harders, Fritz, Industrieller, * 13. 4. 1909 Mannheim, † 31. 8. 1973 Dortmund. Nach Chemie- und Eisenh¨uttenkundestudien in Halle, M¨unster und an der Bergakademie Clausthal (Dr. phil., Dr.-Ing.) arbeitete H. 1933-35 im Forschungsinstitut der Vereinigten Stahlwerke AG in D¨usseldorf, anschließend in der Industrie und bis 1939 in der Kohle- und Eisenforschungsgesellschaft Dortmund. 1945 wurde er Direktor des Werkes Dortmund des Dortmund-H¨order H¨uttenvereins, 1947 Vorstandsmitglied der H¨uttenwerk-H¨orde AG und 1949-52 Mitglied der Stahltreuh¨andervereinigung. Seit 1952 technisches Vorstandsmitglied der Dortmund-H¨orderH¨uttenunion AG, war H. seit 1962 Vorstandsvorsitzender und f¨orderte die Fusion mit der Hoesch AG; 1968 wurde er deren Vorstandsvorsitzender und unterst¨utzte den Zusammenschluß mit dem niederl¨andischen Stahlfabrikanten Hoogovens (1972). H. war Pr¨asident der Dortmunder Industrieund Handelskammer. C Leb Industrie 7

Hardevust, Bruno, Kaufmann, Finanzier, † vor 1280. Der aus einer seit dem 12. Jh. in K¨oln ans¨assigen Familie stammende H., deren Name „Harte Faust“ auf Praktiken beim Grunderwerb hinweist, machte sich als Kaufmann sowie Finanzier einen Namen und wirkte wie sein Vater auch als Sch¨offe. 1224 war er als Kaufmann in Großbritannnien t¨atig, 1258 kaufte er zusammen mit seinem Bruder Godefried und drei weiteren Gesch¨aftspartnern f¨ur 600 Mark der Stadt K¨oln ihren gesamten Besitz an Fleischb¨anken, Buden und Verkaufsstellen ab. 1275 am Erwerb des K¨olner Bierpfennigs beteiligt, besaß H. im folgenden Jahr vier Rheinm¨uhlen und geh¨orte in der Folgezeit mehrmals einem Gl¨aubigerkonsortium an, das gr¨oßere Summen an die Stadt K¨oln verlieh. Nach einer Pilgerreise „Ritter vom heiligen Grab“, ließ H. das Kloster Mechtern restaurieren und sich dort ein Grabmal errichten. C NDB

Harding, Carl Ludwig, Astronom, * 29. 7. 1765 Lauenburg bei Hamburg, † 31. 8. 1834 G¨ottingen. H., Sohn eines Pastors, war nach dem Studium der Theologie 1786-89 in G¨ottingen Hauslehrer Johann → Schroeters, der seit 1779 ein Observatorium in Lilienthal bei Bremen unterhielt. Er beteiligte sich an dessen Beobachtungen und war 1800-05 Inspektor der Sternwarte. 1805 wurde er a. o., 1812 o. Prof. der praktischen Astronomie in G¨ottingen. H. entdeckte mehrere Kometen sowie den Asteroiden Juno Georgia (1803) und erarbeitete eine der ersten wissenschaftlichen Sternkarten, die zur Herausgabe des Atlas novus coelestis (27 Bl¨atter, 1808-26) f¨uhrte. 1830-35 edierte er gemeinsam mit G. Wiesen die „Kleinen astronomischen Ephemeriden“. C SHBL, Bd 5

Hardtmuth Hardorff, Gerdt, Maler, * 11. 5. 1768 Steinkirchen (Altenlande), † 19. 5. 1864 Hamburg. H. wurde zun¨achst bei Anton → Tischbein in Hamburg, seit 1788 in Dresden ausgebildet. 1796 kehrte er nach Hamburg zur¨uck, malte f¨ur die Kirche St. Maria Magdalena zwei Altarbilder und unterrichtete seit 1802 als Zeichenlehrer am Johanneum. Neben Bendixen war H. Begr¨under der neueren Hamburger Schule. Hardt, Arnold Wilhelm, Fabrikant, * 27. 5. 1805 Lennep (heute zu Remscheid), † 5. 12. 1878 Lennep. Der aus einer Tuchmacherfamilie stammende H. besuchte 1820-22 die Handels-Akademie in L¨ubeck. 1830 trat er als Mitinhaber in das Textilunternehmen Johann W¨ulfing & Sohn, Lennep ein. In den folgenden Jahren leitete er gemeinsam mit seinen Vettern das Unternehmen und baute es durch die Errichtung neuer Geb¨aude und Investitionen in neue Maschinen best¨andig aus. 1847 wurde in New York die Tuchvertriebsgesellschaft Hardt & Co. gegr¨undet; weitere Firmengr¨undungen in Frankreich und S¨udamerika folgten. Daneben engagierte sich H. in der 1840 gegr¨undeten Handelskammer Lennep, geh¨orte dem Gemeinderat und seit 1833 der Stadtverordnetenversammlung an, in der er sich besonders f¨ur die Anbindung Lenneps an die Eisenbahn einsetzte. Im selben Jahr wurde er Direktor des Armen- und Waisenhauses. 1864-68 und 1874-75 war er Mitglied der Rheinischen Provinziallandtage. C Rhein-Westf Wirt, Bd 18 ¨ Hardt, (Friedrich Wilhelm) Ernst, Schriftsteller, Ubersetzer, Intendant, * 9. 5. 1876 Graudenz (Westpreußen), † 3. 1. 1947 Ichenhausen bei G¨unzburg. H., Sohn eines Offiziers, besuchte in Lichterfelde (Berlin) die Kadettenschule, hielt sich 1893-97 in Griechenland, Spanien und Portugal auf und war 1897-1900 Feuilletonredakteur der „Dresdner Zeitung“. Er ver¨offentlichte Lyrik und Prosa im „Simplicissimus“ und in den „Bl¨attern f¨ur die ¨ Kunst“. Bis 1907 lebte H. als freier Schriftsteller und Ubersetzer abwechselnd in Griechenland und Berlin, dann in Weimar, wo er Mittelpunkt eines K¨unstlerkreises und 1919-24 Generalintendant des Deutschen Nationaltheaters war. 1924 ging H. nach K¨oln, wurde Intendant des Stadttheaters und u¨ bernahm 1926 die k¨unstlerische Leitung der Westdeutschen Funkstunde K¨oln; 1933 wurde er entlassen. 1935-43 hielt er sich unter schwierigen finanziellen Bedingungen in Berlin auf und verbrachte die letzten Jahre zur¨uckgezogen in Ichenhausen. H.s literarisches Schaffen stand anfangs unter dem Einfluß des George-Kreises, sp¨ater des jungen Hugo von → Hofmannsthal; er schrieb Lyrik, Novellen und lyrische Dramen, u. a. die Tristan-Episode Tantris der Narr (1907). C Killy

Hardt, Hermann von der, Orientalist, * 15. 11. 1660 Melle bei Osnabr¨uck, † 28. 2. 1746 Helmstedt. H., Sohn eines M¨unzmeisters, studierte seit 1679 orientalische Sprachen sowohl in Jena wie auch bei dem Privatgelehrten Esdras → Edzard in Hamburg (1681 / 82) und erwarb 1683 in Jena, 1686 in Leipzig den Magistergrad. Seit 1688 Bibliothekar und Geheimsekret¨ar des Herzogs → Rudolf August von Braunschweig, wurde er 1690 o. Prof. der orientalischen Sprachen in Helmstedt. Der Herzog ernannte H. 1699 zum Propst des Klosters Marienberg und 1702 zum Verwalter der Universit¨atsbibliothek. Aufgrund seiner rationalistischen Bibelerkl¨arung 1712 und 1713 vom Helmstedter Universit¨atskuratorium mit einem Verbot f¨ur exegetische Vorlesungen belegt, entband man ihn 1727 von al¨ len akademischen Amtern. H. trat neben seiner orientalistischen Forschung insbesondere als Kirchenhistoriker hervor; er verfaßte hebr¨aische und chald¨aisch-syrische Grammatiken sowie rund 560 erhaltene Druckschriften, darunter die Autographa Lutheri aliorumque celebrium virorum ab anno 1517

usque ad annum 1546, reformationem aetatem et historiam egregie illustrantia (3 Bde., 1690-93) und eine umfangreiche Urkundensammlung zum Konstanzer Konzil. C NDB

Hardt, Ignaz, Bibliothekar, * 2. 8. 1749 Otterfing (Oberbayern), † 16. 4. 1811 M¨unchen. Nach dem Studium in Landshut und Salzburg zum Priester geweiht, wirkte H. zun¨achst als Seelsorger und trat 1786 als Adjunkt in die kurf¨urstliche Hofbibliothek in M¨unchen ein. Seit 1801 dort als Unterbibliothekar t¨atig, arbeitete er auf dem Gebiet der byzantinischen Chronographie und erarbeitete u. a. den Catalogus codicorum manuscriptorum Graecorum Bibliothecae Regiae Bavaricae (5 Bde., 1806-12). C LGB

Hardt, Kurd Baron von, Diplomat, M¨azen, * 7. 12. 1889 Kassel, † 29. 11. 1958 Genf. Der einem norddeutschen Adelsgeschlecht entstammende H. trat nach dem Schulabschluß in den diplomatischen Dienst ein und wirkte als Handelsattach´e in der T¨urkei, in S¨udamerika und in der Schweiz. Nach dem Ersten Weltkrieg verließ er den diplomatischen Dienst und zog sich als Privatgelehrter nach Florenz zur¨uck, wo er sich mit Kunst und Literatur besch¨aftigte. Nach 1945 widmete er sich dem Aufbau eines altertumswissenschaftlichen Zentrums mit umfangreicher Bibliothek („Fondation Hardt pour l’´etude de l’antiquit´e classique“), das er auf seinem Landsitz bei Genf einrichtete. Allj¨ahrliche, als „Entretiens“ bezeichnete Treffen von Wissenschaftlern dienten der Diskussion von Fachthemen, die Ergebnisse wurden anschließend in Sonderb¨anden publiziert. Nach H.s Tod u¨ bernahmen zwei Kuratoren die Fortf¨uhrung des Zentrums. Die Universit¨aten G¨ottingen und Genf ehrten H. durch die Verleihung von Ehrendoktoraten (1954 bzw. 1958). C Gnomon 31 (1959)

Hardt, Ludwig, urkundl. Leopold, Schauspieler, * 16. 1. 1886 Neustadt-G¨odens (Ostfriesland), † 6. 3. 1947 New York. H., Sohn eines Pferdeh¨andlers, arbeitete nach dem Realgymnasium zwei Jahre lang in einer Metallgießerei, wurde anschließend an der Reicherschen Hochschule f¨ur dramatische Kunst in Berlin zum Schauspieler ausgebildet und war dann Mitglied des M¨arkischen Wandertheaters. Seit 1905 wirkte er als Rezitator. Nach dem Ersten Weltkrieg unternahm H. Reisen nach Italien, Pal¨astina, Mexiko, Westindien, Mittelamerika, Nordafrika und in die USA und unterrichtete anschließend als Lektor f¨ur Vortragskunst am Deutschen Theater in Berlin. 1935 mit Berufsverbot belegt, emigrierte er 1937 ¨ u¨ ber Osterreich in die Tschechoslowakei und gelangte 1939 in die USA. H. rezitierte ein vielf¨altiges Programm, von mittelalterlichen bis hin zu dadaistischen Texten, vor allem jedoch das Werk Heinrich → Heines und Schriften j¨udischer Autoren. Eine Auswahl aus seinem Repertoire gab er unter dem Titel Vortragsbuch Ludwig Hardt (1924) heraus. C Lex dt-j¨ud Autoren

Hardter, Andreas, o¨ sterr. Maler, * 21. 10. 1780 Wildon (Steiermark), † 22. 6. 1816 Graz. H. besuchte zun¨achst die Landschaftliche Zeichenakademie Graz, dann die Wiener Akademie der bildenden K¨unste und wurde 1814 Direktor der Landschaftlichen Zeichenakadmie in Graz. Er malte Portr¨ats und zeichnete Landschaften, mythologische Szenen und Stilleben. H.s St¨arke lag im Portr¨at; nach seinen Gem¨alden wurde mehrere Stiche geschaffen. C Th-B Hardtmuth, Joseph, o¨ sterr. Baumeister, Fabrikant, * 12. 2. 1758 Asparn / Zaya (Nieder¨osterreich), † 23. 5. 1816 Wien. H., Sohn eines Tischlermeisters, erlernte seit 1771 bei seinem Onkel Joseph Meißl das Maurerhandwerk und bildete sich autodidaktisch als Zeichner aus. 1774 folgte er,

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Hardung nach seiner Freisprechung als Maurer und Steinmetz, seinem Onkel, der als Stadtbaumeister und f¨urstlich Liechtensteinscher Baudirektor arbeitete, nach Wien. Nach dessen Tod wurde H. f¨urstlich Liechtensteinscher Baumeister, sp¨ater Baudirektor; er f¨uhrte große Bauauftr¨age in Adamsthal, Aussee, Feldsberg und Lundenburg aus, u. a. die nach orientalischem Vorbild konzipierte Hansenburg in Eisgrub. Er erfand u. a. die als „Wiener Steingut“ patentierte Herstellungsmasse (1789), die keramische Bleistiftmine in verschiedenen H¨artegraden (1795) und eine der chinesischen gleichwertige Tusche (1808). Aus dem von H. zur Produktion von Steingut und Bleistiften gegr¨undeten Unternehmen (1790) wurde die „Koh-i-Noor-Hardtmuth AG“. C NDB

Hardung, Viktor, Schriftsteller, Journalist, * 3. 11. 1861 Essen, † 2. 7. 1919 St. Gallen. H. war zun¨achst als Landwirt und in der Salinenwirtschaft t¨atig, studierte dann in Straßburg und Z¨urich Philosophie sowie Philologie und wurde zum Dr. phil. promoviert. 1899-1916 war er Feuilletonredakteur des „St. Galler Tagblatts“. Als Lyriker, Dramatiker und Erz¨ahler behandelte H. religi¨ose, mythologische und historische Themen. Zu seinen Werken z¨ahlt das Drama Die Kreuzigung Christi (1889). Hardy, Edmund (Georg Nicolaus), kath. Theologe, Religionshistoriker, Indologe, * 9. 7. 1852 Mainz, † 10. 10. 1904 Bonn. H., Sohn eines Apothekers, studierte 1871-75 Theologie und Philosophie am bisch¨oflichen Seminar in Mainz und wurde 1879 in Heidelberg zum Dr. phil. promoviert. 1875 zum Priester geweiht, war er bis 1885 in Heppenheim Kaplan. Nach der Promotion zum Dr. theol. in Freiburg 1885 habilitierte er sich im folgenden Jahr und erhielt 1887 eine außerordentliche Professur f¨ur Theologie. Politisch f¨uhrenden Zentrumsmitgliedern nahestehend, legte H. aufgrund politischer Auseinandersetzungen 1893 sein Lehramt nieder. 1894 folgte er einem Ruf als o. Prof. der indischen Philologie und vergleichenden Religionswissenschaft an die Univ. Freiburg (Schweiz). H. erlangte Bedeutung durch sein Engagement f¨ur eine historisch-vergleichende Religionsbetrachtung sowie die Verkn¨upfung philologischer und religionswissenschaftlicher Ans¨atze zur Erforschung der indischen Religionen. Zu seinen Werken z¨ahlt Der Buddhismus nach a¨ ltern Pˆaliwerken dargestellt (1890, 21919, hrsg. von R. Schmidt). C NDB Hardy, (John) George, Techniker, * 23. 2. 1851 Sotteville bei Rouen, † 22. 2. 1914 Wien. Der Sohn des Leiters der Hauptwerkst¨atte der k. k. privaten S¨udbahngesellschaft studierte Maschinenbau an der TH Wien und war dann kurzzeitig im Werkst¨attendienst der k. k. privaten S¨udbahngesellschaft t¨atig, bevor er 1879 nach London ging. Dort u¨ bernahm er die Leitung der europ¨aischen Abteilung der 1877 von seinem Vater gegr¨undeten „Vacuum Brake Company“, die u. a. Luftsaugebremsen vertrieb. H. war maßgeblich an der Entwicklung von der einfachen zur selbstt¨atigen Vakuumbremse, der „Automatischen Luftsaugebremse“, beteiligt und initiierte die Einf¨uhrung seiner Bremse bei den o¨ sterr., englischen, spanischen und den Bahnen des Balkans. 1889 nach Wien zur¨uckgekehrt, arbeitete er in einem Patentb¨uro und erwarb sich bei der Entwicklung des o¨ sterr. Patentwesens große Verdienste. C NDB Hardy, James N., Bankier, † 1913. H. und sein Bruder Ludwig N. H. waren Mitinhaber des Londoner Bankhauses Hardy Nathan & Sons, als sie 1881 in Berlin zusammen mit anderen Bankiers, darunter Hardy & Hinrichsen in Hamburg und Jonas Cahn in Bonn, dem Schwiegervater H.s., in Berlin die Privatbank Hardy & Co. gr¨undeten. H. u¨ bernahm mit 30% den gr¨oßten Teil des Kapitals und wurde gesch¨aftsf¨uhrender Gesellschafter. Bis zur

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Umwandlung in eine G.m.b.H auch Mehrheitsbesitzer geworden, blieb er noch bis 1912 in der Gesch¨aftsf¨uhrung, zu der nun auch Fritz → Andreae z¨ahlte. 1909 ging das Bnkhaus in den Besitz der Rheinisch-Westf¨alischen DiscontoGesellschaft u¨ ber. 1898 wurde H. Mitglied des Aktion¨arsausschusses des Berliner Cassen-Vereins.

Hardy, Kaspar Bernhard, Wachsbossierer, Maler, * 26. 8. 1726 K¨oln, † 17. 3. 1819 K¨oln. H. bildete sich autodidaktisch als Zeichner, Wachsbossierer und Emailleur aus. Sp¨ater, als Vikar an St. Margarethen in ¨ K¨oln t¨atig, besch¨aftigte er sich mit Olmalerei. H. schuf Kopien der Werke Breughels, de Laars sowie Muschelschnitzwerke in der Art antiker Kameen und Arbeiten in vergoldeter Bronze. Er trat auch als Wachsbildner hervor. H. schuf Portr¨ats bekannter Pers¨onlichkeiten (u. a. des Bischofs → Bruno von K¨oln, Newtons und des sterbenden Voltaire), Jagdszenen sowie biblische, geschichtliche und mythologiC Th-B sche Figuren. Harell, Marte, geb. Martha Sch¨omig, verh. Hartl, o¨ sterr. Schauspielerin, * 4. 1. 1907 Wien, † 12. 3. 1996 Wien. Die Tochter eines Baumeisters nahm Schauspielunterricht bei Margit von Tolnai, besuchte das Reinhardt-Seminar in Wien, war 1937 / 38 an den Kammerspielen des Theaters in der Josefstadt engagiert und gastierte 1938 an den M¨unchner Kammerspielen. 1939 holte sie Heinz → Hilpert an das Deutsche Theater Berlin. Bekannt wurde K., die mit Karl → Hartl verheiratet war, durch zahlreiche Filmrollen, u. a. in Opernball (1939), Wiener G’schichten (1939 / 40), Frauen sind keine Engel (1942 / 43), Du bist die Rose vom W¨orthersee (1952) und Der Kongreß tanzt (1955). 1962 / 63 kehrte sie an der Trib¨une in M¨unchen zur B¨uhne zur¨uck, war 1963-67 in Stuttgart an der Kom¨odie im Marquardt verpflichtet und wurde 1968 wieder Mitglied des Ensembles des Theaters in C Cinegraph der Josefstadt. Harenberg, Johann Christoph, evang. Theologe, Historiker, * 28. 4. 1696 Langenholzen (Kr. Alfeld / Leine), † 12. 11. 1774 Braunschweig. H., Sohn eines Bauern und Garnh¨andlers, studierte 1715-19 in Helmstedt Theologie, klassische und orientalische Sprachen sowie Geschichte und wurde nach kurzer T¨atigkeit als Hauslehrer in Halberstadt Rektor der Stiftsschule Gandersheim. 1735 wegen Auseinandersetzungen mit dem Stiftskapitel, die sich auf die Umgehung der Zensur bei einer Ver¨offentlichung bezogen, aus dem Dienst ausgeschieden, u¨ bernahm er das Amt des Generalschulinspektors im Herzogtum Braunschweig. Seine Berichte trugen zu der von Herzog → Karl I. erlassenen Ordnung der Schulen auf dem Lande bei, die als erste eigentliche und vollst¨andige Volksschulordnung Deutschlands gilt. 1745 folgte H. einem Ruf als Honorarprofessor der Staatsgeographie, Kirchengeschichte, des Griechischen und Hebr¨aischen an das Collegium Carolinum nach Braunschweig und wurde zugleich zum Propst des Klosters Sch¨oningen ernannt. Er ver¨offentlichte u. a. eine Historia ecclesiae Gandershemensis cathedralis ac collegiatae diplomatica (1734). C NDB Harer, Peter, auch Crinitus, Haarer, Harrer, Haverer, Chronist, * zwischen 1480 und 1490, † um 1555 Heidelberg. Der vermutlich aus der Pfalz stammende H. wurde in der kurpf¨alzischen Kanzlei in Heidelberg 1518 Kanzleischreiber, sp¨ater Sekret¨ar (belegt seit 1529, jedoch wohl bereits seit 1525 t¨atig). Er verfaßte zwei ungedruckte Reimchroniken u¨ ber die Packschen H¨andel (1529) sowie die Hochzeit des Kurf¨ursten → Friedrich II. von der Pfalz. Nach der Teilnahme am Kriegszug des Kurf¨ursten → Ludwig V.

Harig nach Franken und der Niederwerfung der pf¨alzischen Bauern wurde H. durch seinen Kriegsbericht Eigentliche Wahrhafftige beschreibung dess Baurenkriegs (deutsche Urfas¨ sung verloren, Erstdruck 1625, lateinische Ubersetzung vor 1531) bekannt. Als sein Hauptwerk gilt die Neufassung des Kurpf¨alzischen Sal- und Lehnbuchs, das in Reinschrift in Karlsruhe erhalten blieb. C NDB

Harff, Arnold von, Orientreisender, Reisenschriftsteller, * um 1471, † Januar 1505. Der aus einem j¨ulischen Adelsgeschlecht stammende H., Sohn eines Landdrostes, wurde durch seine große Orientreise ¨ 1496-99 ber¨uhmt. Sie f¨uhrte ihn u¨ ber Italien nach Agypten, auf die Sinaihalbinsel, in den Vorderen Orient und vermutlich bis nach Indien. In Paris schlug ihn Ludwig XII. anschließend zum Ritter. Nach der R¨uckkehr u¨ bertrug ihm sein Oheim Godart von H. das Erbk¨ammereramt des Herzogtums Geldern. H. verfaßte einen in acht Handschriften u¨ berlieferten Reisebericht in niederrheinischem Dialekt, Die Pilgerfahrt des Ritters Arnold von Harff von C¨oln durch Ita¨ ¨ lien, Syrien, Agypten, Arabien, Athiopien, Nubien, Pal¨astina, die T¨urkei, Frankreich und Spanien, wie er sie in den Jahren 1496-99 vollendet, beschrieben und durch Zeichnungen erl¨autert hat (1860, hrsg. von Eberhard von → Groote). Der Bericht gilt trotz der Vermutung, daß H. einzelne Teile abgeschrieben haben k¨onnte, als zeitgeschichtlich interessant f¨ur Geographie, Ethnologie, Linguistik und Kulturgeschichte. C NDB

Harich, Walter, Schriftsteller, * 30. 1. 1888 Mohrungen (Ostpreußen), † 14. 12. 1931 Wuthenow / Ruppiner See. H., Sohn eines Druckereibesitzers und Zeitungsverlegers, wurde nach Abschluß des Studiums der Literaturwissenschaft und Philosophie (1909-14) in Berlin, K¨onigsberg und Freiburg / Breisgau 1921 zum Dr. phil. promoviert. Er nahm am Ersten Weltkrieg als Artillerieoffizier teil und lebte danach als freier Schriftsteller in M¨unchen, K¨onigsberg und Berlin. 1928 kehrte H. nach Ostpreußen zur¨uck, war als Literaturwissenschaftler und -kritiker t¨atig, gab u. a. Schriften und Dichtungen E. T. A. → Hoffmanns heraus und schrieb, ostpreußisches Kleinstadt- und Familienleben darstellend, mehrere Erz¨ahlungen und Romane. Aus seinem Nachlaß wurde das Romanfragment Der Aufstieg. Roman aus der alten Provinz (1972) herausgegeben. Er war der Vater von Wolfgang → H. C Killy Harich, Wolfgang, Philosoph, * 9. 12. 1923 K¨onigsberg, † 15. 3. 1995 Berlin. Der Sohn Walter → H.s wurde 1942 zur Wehrmacht eingezogen, im Oktober 1943 wegen unerlaubten Entfernens von der Truppe inhaftiert und war dann bis Januar 1944 als H¨aftling im Milit¨argef¨angnis Torgau. Ende 1944 desertiert, versteckte er sich bis Kriegsende in Berlin. 1945 wurde H. pers¨onlicher Referent des Pr¨asidenten der Kammer der Kunstschaffenden, Paul → Wegener und trat 1946 in die KPD, dann in die SED ein. Obgleich ohne regul¨ares Abitur wurde er im selben Jahr zum Studium der Philosophie und Germanistik an der Humboldt-Universit¨at in Berlin zugelassen, das er 1951 mit der Promotion abschloß (Herder und die b¨urgerliche Geisteswissenschaft). Daneben war er als Theater- und Literaturkritiker t¨atig, u. a. f¨ur die „Weltb¨uhne“ und die „T¨agliche Rundschau“. 1951-54 war er Prof. f¨ur Geschichte der Philosophie an der Humboldt-Universit¨at, 1953-56 Mitherausgeber und Chefredakteur der „Deutschen Zeitschrift f¨ur Philosophie“ und 1954-56 stellvertretender Cheflektor im Aufbau-Verlag. H. erarbeitete ein stark nationalkommunistisch gef¨arbtes Programm mit einem paktfreien deutschen Einheitsstaat, wobei die „sozialistischen Errungenschaften“ der DDR beibehalten werden sollten. Nach der Verhaftung der Mitglieder der sog. Harich-Gruppe wurde er 1957 wegen „Bildung einer konspirativen, staatsfeindlichen Gruppe“

zu zehnj¨ahriger Haftstrafe verurteilt, jedoch 1964 im Zuge einer Amnestie freigelassen. Danach wissenschaftlicher Mitarbeiter des Akademie-Verlags in Ostberlin und freischaffender Wissenschaftler, arbeitete er u¨ ber → Jean Paul und beteiligte sich an einer Gesamtausgabe der Werke Ludwig → Feuerbachs. H. besch¨aftigte sich seit 1972 zunehmend mit o¨ kologisch orientierter Zukunftsforschung. 1979-81 hielt er ¨ sich in Osterreich, der Bundesrepublik Deutschland, Spanien und der Schweiz auf, wo er sich in der Umweltschutzund Friedensbewegung bet¨atigte. 1990 wurde er durch Kassation des Urteils von 1957 rehabilitiert. 1992-94 war er Gr¨under und Vorsitzender der „Alternativen Enquetekommission Deutsche Zeitgeschichte“, die auch die positiven Seiten der DDR ber¨ucksichtigen sollte. 1994 trat H. in die PDS ein. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen Zur Kritik der revolution¨aren Ungeduld (1971), Jean Pauls Revolutionsdichtung (1974), Kommunismus ohne Wachstum? (1975) und Nietzsche und seine Br¨uder (1994). C Killy

Harich-Schneider, Margarete (Elfriede Berta), geb. Schneider, auch Eta H.-S., Musikerin, Musikethnologin, * 16. 11. 1894 Oranienburg, † 10. 1. 1986 Garching bei M¨unchen. Seit 1924 Pianistin, spielte H.-S. als Orchestersolistin unter Dirigenten wie Hermann → Abendroth und Peter → Raabe. 1929-33 bei Wanda Landowska zur Konzertcembalistin ausgebildet, wurde sie 1933 an der Berliner Hochschule f¨ur Musik Leiterin der Cembaloklasse und lehrte dort (seit 1935 als Prof.) bis 1939. Nach ihrer Entlassung lebte H.-S. 1941-49 in Japan, wo sie die chinesische Sprache und Literatur sowie Japanisch studierte und sich mit klassischer japanischer Musik besch¨aftigte. Seit 1946 war sie am kaiserlichen Hof f¨ur die westliche Erziehung der kaiserlichen Hofmusiker zust¨andig. 1951-55 hielt sich H.-S. in New York auf, studierte neben ihrer Konzertt¨atigkeit Japanologie und Soziologie und erwarb 1954 den Grad eines Master of Arts. 1955-61 leitete sie eine Cembaloklasse an der Wiener Musikakademie, seit 1957 als Professorin. H.-S. ver¨offentlichte u. a. Die Kunst des Cembalo-Spiels (1939, 41979) und A history of Japanese music (1973); ihre Autobiographie erschien 1978 unter dem Titel Charaktere und Katastrophen. C MGG

Harig, Gerhard, Philosoph, Physiker, * 31. 7. 1902 Niederw¨urschnitz / Erzgebirge, † 13. 10. 1966 Leipzig. Der Sohn eines Landarztes studierte Physik, Mathematik und Mineralogie an den Universit¨aten Wien und Leipzig, wurde ¨ 1929 mit der Arbeit Uber die Verbreiterung der Absorptions˚ E. des Quecksilbers und u¨ ber die Absorption linie 2537 A. ultravioletten Lichtes durch fl¨ussiges Kohlendioxyd promoviert und war Assistent an der TH Aachen. 1933 als Mitglied der KPD entlassen, emigrierte er im selben Jahr in die Sowjetunion, wo er an der TH und der Akademie der Wissenschaften in Leningrad t¨atig war. Nach der R¨uckkehr nach Deutschland 1938 verhaftet, war H. bis 1945 im Konzentrationslager Buchenwald interniert. 1947 als Prof. an die Univ. Leipzig berufen, wurde er 1951 Mitglied des Staatssekretariats f¨ur Hochschulwesen der DDR und f¨uhrte in dieser Funktion das marxistisch-leninistische Grundstudium als Pflichtfach f¨ur alle Studenten der DDR ein. 1957 kehrte er als Prof. der Geschichte der Naturwissenschaften an die Univ. Leipzig zur¨uck. H. besch¨aftigte sich mit Geschichte und Philosophie der Naturwissenschaften. Er ver¨offentlichte u. a. Die Erkenntnistheorie des Marxismus. Zu Lenins ‚Materialismus und Empiriokritizismus‘ (1945), Weltanschauung und moderne Physik. Planck und die Quantentheorie (1946), Alexander von Humboldt (1959, 21964) und Die Tat des Kopernikus. Wandlung des astronomischen Weltbildes im 16. und 17. Jahrhundert (1962, 21965). 1959 begr¨undete H. die Zeitschrift „NTM. Zeitschrift f¨ur Geschichte der Naturwissenschaft, Technik und Medizin“. C DDR-Historiker

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Haring Haring, Johann, o¨ sterr. kath. Theologe, Jurist, * 5. 7. 1867 Wettmannst¨atten (Steiermark), † 25. 12. 1945 Wettmannst¨atten. Der aus einer Bauernfamilie stammende H. studierte 1888-92 in Graz Theologie. Nach der Priesterweihe 1891 war er als Kaplan in Leibnitz und Schladming t¨atig und wurde 1892 Studienpr¨afekt und Adjunkt des Grazer Priesterseminars, wo er 1896 zum Dr. theol. promoviert wurde. Danach wissenschaftliche Hilfskraft Rudolf von → Scherers, wurde er 1899 a. o. Prof. an der Theologischen Fakult¨at der Univ. Graz, 1902 zum Dr. jur. promoviert und lehrte seit 1900 als a. o., seit 1906 als o. Prof. des Kirchenrechts. H. war Berater der o¨ sterr. Bisch¨ofe und maßgeblich an den Verhandlungen zum o¨ sterr. Konkordat beteiligt. Er ver¨offentlichte u. a. Der kirchliche Strafprozeß (1931). ¨ C OBL Haringer, Jakob, eigentl. Johann Franz Albert, auch Jan J. H., Schriftsteller, * 16. 3. 1898 Dresden, † 3. 4. 1948 Z¨urich. H., uneheliches Kind einer Kleinh¨andlerin und eines B¨ucherreisenden, verbrachte eine von h¨aufigen Orts- und Schulwechseln gepr¨agte Kindheit; seine Eltern bewirtschafteten seit 1908 mehrere Gastst¨atten. Nach Abbruch einer kaufm¨annischen Lehre f¨uhrte er ein unstetes Wanderleben und war 1915-17 vermutlich als Arbeiter und Angestellter t¨atig. 1917 wurde er eingezogen und im folgenden Jahr aufgrund von Herzbeschwerden als dienstuntauglich entlassen. In M¨unchen als R¨aterevolution¨ar 1919 vor¨ubergehend inhaftiert, hielt sich H. in den folgenden Jahren in Gmain, Bad Reichenhall, Aigen bei Salzburg und Ebenau auf und lebte haupts¨achlich von Spenden, die er sich u. a. bei Hermann → Hesse und Alfred → D¨oblin durch Briefe und Bittschreiben erbettelte. Seit 1920 ver¨offentlichte er Beitr¨age in expressionistischen Zeitschriften. Nach seiner Ausb¨urgerung aus dem Deutschen Reich 1936 emigrierte H. 1938 u¨ ber Prag und Straßburg in die Schweiz, wo er bis 1943 in verschiedenen Lagern interniert war. Er schrieb neben expressionistischer Lyrik (u. a. Hain des Vergessens, 1919) Prosa und Essays und u¨ bersetzte aus dem Franz¨osischen und Chinesischen. 1979 erschien Das Schnarchen Gottes und andere Gedichte (hrsg. von J¨urgen Serke). C Killy

Haringer, Karl Franz Joseph, auch Harringer, o¨ sterr. Maler, Architekt, * um 1686 Wien (?), † 12. 3. 1734 Olm¨utz. H. studierte w¨ahrend eines Aufenthalts in Rom die konservativen Str¨omungen der italienischen Barockmalerei und lebte seit 1716 vorwiegend in Olm¨utz. Er schuf vor allem Altarbl¨atter mit starkem Hell-Dunkel-Kontrast, meist in r¨otlich-braunem Kolorit und mit plastisch herausgearbeiteten K¨orperteilen. Zu seinen Werken z¨ahlt u. a. die Bemalung al fresco der Decke der Kirche St. Maria-Schnee in Olm¨utz (1616 / 17). Von seiner T¨atigkeit als Architekt ist nur die Festdekoration anl¨aßlich der Kr¨onung des Marienbildes von St. Heiligenberg bei Olm¨utz bekannt. C NDB

Haringer, Michael, Redemptorist, Theologe, * 9. 11. 1817 Schlottham bei Alt¨otting, † 19. 4. 1887 Rom. H. studierte in M¨unchen Theologie, wurde 1843 in Passau zum Priester geweiht und trat in das Kloster der Redemptoristen in Alt¨otting ein. Dort als Erzieher t¨atig, wechselte er sp¨ater nach Vilsbiburg (Di¨ozese Regensburg), wo er auch als Hausoberer und Rektor wirkte. 1855 ging H. nach Rom und wurde vom Generalkapitel zum Konsultor des Ordensgenerals der Redemptoristen gew¨ahlt, ein Amt, das er bis zu seinem Tod innehatte. Er war Promotor bei der Seligsprechung Clemens Maria → Hofbauers, wirkte als Milit¨arseelsorger, nahm am Ersten Vatikanischen Konzil teil und war seit 1859 Konsultor der Ablaß-, seit 1873 der Indexkongregation. H. ver¨offentlichte u. a. Anleitung zur Verwaltung des

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heiligen Bußsacramentes (1851) und Das heilige Sacrament C LThK der Ehe (1854).

Harkort, Carl, Kaufmann, * 1788 Harkorten (?) bei Hagen (Westfalen), † 1856 Leipzig. Der einer westf¨alischen Industriellenfamilie angeh¨orende H. z¨ahlte zu den Wegbereitern der industriellen und verkehrstechnischen Entwicklung in Sachsen. Er war Mitbegr¨under der Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie, 1820 zusammen mit seinem Bruder Gustav → H. Inhaber eines Leipziger Handels- und Exporthauses, Aktion¨ar der Kammgarnspinnerei in Pfaffenhofen bei Leipzig und 1838, erneut zusammen mit seinem Bruder, Gr¨under der Leipziger Bank. 1843 richtete er eine Eisengießerei ein, die kurzzeitig auch Galvanoplast f¨ur Eisenbahnbeschl¨age herstellte. Die Gr¨undung der „Allgemeinen Deutschen Credit Anstalt“ (ADCA) 1858 ging auf die Initiative H.s und seines Bruders zur¨uck.

Harkort, Friedrich Wilhelm, Industrieller, Politiker, Publizist, * 25. 2. 1793 Harkorten bei Hagen (Westfalen), † 6. 3. 1880 Hombruch bei Dortmund. H. wurde als Sohn einer beg¨uterten Unternehmerfamilie geboren; sein Vater Johan Caspar (IV.) → H. besaß mehrere Hammerwerke. Nach dem Besuch der Quambuscher Volksund der Hagener Kaufm¨annischen Schule trat er eine Lehre bei der Garn- und Bandwarenhandelsfirma Wuppermann & Mohl in Barmen an. 1813 nahm er als Freiwilliger an den Befreiungskriegen teil. Er wurde verwundet, mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet und blieb bis 1832 Reserveoffizier. 1816 / 17 gr¨undete er ein Kupferhammerwerk im Deilbachtal und ein Jahr sp¨ater eine Gerberei. 1818 heiratete er Auguste Louise Mohl, mit der er sechs Kinder hatte. 1819 engagierte sich H. im Maschinenbau: Er gr¨undete zusammen mit dem britischen Ingenieur Thomas sowie dem Kaufmann und Bankier Daniel Kamp die „Mechanische Werkst¨atte“ in Wetter / Ruhr, f¨ur die er Arbeiter auf einer Englandreise anwarb. Schon zu Beginn der zwanziger Jahre des 19. Jh. bot das Unternehmen zehn verschiedene Dampfmaschinentypen zwischen 4 und 22 PS an. H. baute das Unternehmen nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch aus. Er gliederte 1822 das Erzbergwerk Valberger Zug und 1830 die Henriettenh¨utte, beide bei Olpe, an. Schon 1826 hatte er ein Puddel- und Walzwerk errichtet und damit jene vertikale Integration erreicht, die Jahrzehnte sp¨ater f¨ur die großen Unternehmen der Montanindustrie typisch wurde. Obgleich das Unternehmen in seiner Gr¨oße u¨ berschaubar war (1832 147 Arbeiter), erkannte er fr¨uhzeitig, daß f¨ur ein integriertes Unternehmen eine patriarchalische Firmenorganisation auf die Dauer nicht sinnvoll sein k¨onne. Er konstruierte deshalb Ordnungen, in denen sowohl f¨ur den gewerblichen als auch f¨ur den verwaltenden Bereich des Unternehmens Verantwortung und Kompetenz der Mitarbeiter, hierarchisch gestaffelt, schriftlich niedergelegt waren. Gleichzeitig organisierte er werkseigene Schulen f¨ur die Fortbildung der Arbeiter. Unter anderem orientierte sich Alfred → Krupp an ihm. Den Austritt des Ingenieurs Thomas 1826 versuchte H. durch eine erneute Anwerbung englischer Arbeiter zu kompensieren. Zugleich f¨uhrte er das u¨ berlegene britische Puddelverfahren in der Eisenherstellung und 1829 die Verwendung von Koks statt Holzkohle in der Verh¨uttung ein. Die Innovationen waren kostspielig. Zugleich sanken die technischen Leistungen der Firma, so daß der Bestand des Unternehmens gef¨ahrdet wurde. Daraufhin wurde H. von Kamp gezwungen, die Firma zu verlassen.

Harkort Seit 1825 hatte sich H. f¨ur den Bau von Eisenbahnlinien eingesetzt. Obgleich er noch 1833 einen Plan f¨ur ein westdeutsches Eisenbahnnetz ver¨offentlichte, nahm er danach am Aufbau des Netzes kaum noch teil. Statt dessen trat er f¨ur die Verbreitung der Dampfschiffahrt auf den Binnengew¨assern ein. Zwei von ihm 1836 mitgebaute Schiffe konnten die Erwartungen aber nicht erf¨ullen, so daß er auch in dieser Unternehmung 1838 wirtschaftlich scheiterte. Dagegen hatte H. als Publizist und Politiker anhaltenden Erfolg. Seit 1823 war er als Abgeordneter in Gemeindegesch¨aften und im Westf¨alischen Provinziallandtag, 1848 in der Nationalversammlung, dann in der Zweiten Kammer des preuß. Abgeordnetenhauses und schließlich 1871-74 im Reichstag t¨atig. H. vertrat unbeirrbar die liberale Linie des b¨urgerlichen F¨uhrungsanspruchs in Gesellschaft, Wirtschaft und Staat. So wandte er sich 1848 gegen die Revolution und danach gegen die Reaktion. Er a¨ ußerte sich besonders zu technischen sowie verkehrs- und sozialpolitischen Fragen. Als Publizist hatte er seit den vierziger Jahren große Wirkung besonders in der Schul- und Sozialpolitik, die er als Einheit betrachtete. Die virulente soziale Frage sollte durch gleichzeitige Initiativen auf vier Feldern gel¨ost werden: Volksbildung, Sozialversicherung, Erwerb von Eigentum und Mitsprache der Arbeiter im Unternehmen. Obgleich H. sich auch hier nicht durchsetzen konnte, geh¨orte er zu den pr¨agenden – und verehrten – Personen des B¨urgertums im 19. Jahrhundert. H. war ein vielf¨altig innovativer Geist, dessen Visionen aber den M¨oglichkeiten der Zeit oft einen Schritt zu weit vorauseilten. Diese Erkenntnis war ihm selbst gel¨aufig, so daß er formulierte: „Mich hat die Natur zum Anregen geschaffen, das Ausbeuten muß ich anderen u¨ berlassen.“ WERKE: F. H. Die Eisenbahn von Minden nach C¨oln. Hrsg. v. Wolfgang K¨ollmann. Hagen 1961. – F. H. Schriften und Reden zur Volksschule und Volksbildung. Hrsg. v. KarlErnst Jeismann. Paderborn 1969. LITERATUR: Ellen Soeding: Die Harkorts. 2 Bde., M¨unster 1957. – Wolfgang K¨ollmann: F. H. D¨usseldorf 1964. – Wolfgang K¨ollmann: F. H. In: Hermann Kellenbenz / Hans Pohl (Hrsg.): Historia socialis et oeconomica. Stuttgart 1987, S. 278-292. – Anke Killing: F. H. M¨unster 1993. – Wolfgang K¨ollmann / Wilfried Reininghaus / Karl Teppe (Hrsg.): B¨urgerlichkeit zwischen gewerblicher und industrieller Wirtschaft. Beitr¨age des Wissenschaftlichen Kolloquiums anl¨aßlich des 200. Geburtstags von F. H. vom 25. bis 27. Februar 1993. Dortmund 1994. Harm G. Schr¨oter

Harkort, G¨unther, Diplomat, * 1. 9. 1905 Herdecke / Ruhr, † 3. 10. 1986 Bonn. H. studierte 1925-28 in Heidelberg, Berlin, Kiel und Bonn Volkswirtschaft und war als kaufm¨annischer Volont¨ar in London und Paris t¨atig. 1934 ging er als Hilfsarbeiter der Bibliothek an das Kieler Institut f¨ur Weltwirtschaft, dann an das Berliner Statistische Reichsamt und wechselte 1940 als Referent in das Reichswirtschaftsministerium. 1937 wurde er zum Dr. rer. pol. promoviert. Nach dem Zweiten Weltkrieg trat H. ins baden-w¨urttembergische Wirtschaftsministerium ein und war 1947-49 Referent im B¨uro f¨ur Friedensfragen. 1949-52 war er Mitglied der European Cooperation Administration in Washington. Seit 1952 im Ausw¨artigen Amt in Bonn, war er zun¨achst Ministerialdirektor, u¨ bernahm 1961 als Botschafter die St¨andige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei den Europ¨aischen Gemeinschaften in Br¨ussel und kehrte 1965 als Staatssekret¨ar (Leiter der Handelspolitischen Abteilung) nach Bonn zur¨uck. C Munzinger

Harkort, Gustav, Unternehmer, * 3. 3. 1795 Harkorten bei Hagen, † 29. 8. 1865 Leipzig. H. besuchte die Hagener Gewerbeschule, schloß eine kaufm¨annische und technische Ausbildung in einem der v¨aterlichen Hammerwerke an und nahm gemeinsam mit seinem Bruder Friedrich Wilhelm → H. an den Befreiungskriegen teil. 1815 als Landwehroffizier verabschiedet, ging er nach einer Reiset¨atigkeit f¨ur die Harkorter Firma nach Leipzig (1820) und gr¨undete gemeinsam mit seinem Bruder Carl → H. das „Handels- und Exporthaus Carl und Gustav Harkort“. Diese sogenannte „Englische Garnhandlung“ hatte Filialen in Norwegen, den USA und China. H. beteiligte sich an der Gr¨undung der „Leipziger Bank“ (1838), errichtete gemeinsam mit Carl H. eine Eißengießerei sowie eine Anstalt f¨ur Galvanoplastik (1843) und war an der Gr¨undung der „Allgemeinen Deutschen Creditanstalt“ beteiligt, der er als Direktor bis zu seinem Tod vorstand. Verdienste erwarb er sich dar¨uber hinaus bei der Entwicklung des Eisenbahnwesens in Mitteldeutschland. H. war liberales Mitglied des s¨achsischen Landtags. C NDB

Harkort, Johan Caspar (IV.), Kaufmann, * 18. 10. 1753 Harkorten bei Hagen, † 12. 5. 1818 Harkorten. H. wurde als a¨ ltester Sohn von Catharina Louisa H., geb. M¨arcker, und seines gleichnamigen Vaters (III.) auf dem westlich von Hagen gelegenen Stammsitz der Familie, Haus Harkorten, geboren. Das bereits im 15. Jh. nachweisbare Gut war ein landwirtschaftliches Anwesen mittlerer Gr¨oße, dessen Besitzer sich sp¨atestens seit dem ausgehenden 17. Jh. vornehmlich dem Handelsgesch¨aft widmeten. Im Zentrum des Harkorter Warenhandels stand der Export von in der Region hergestellten Eisen- und Stahlwaren. Nach dem Tod des Vaters 1761 f¨uhrte die Mutter das Handelsgesch¨aft zun¨achst allein weiter. Dort wurde H. nach dem Besuch der o¨ rtlichen Dorfschule ausgebildet und fr¨uhzeitig mit Schreibarbeiten und Handlungsreisen beauftragt. 1779 wurden H. und sein j¨ungerer Bruder Peter H. von der Mutter als gleichberechtigte Partner in die Firma aufgenommen. Diese „CompagnieHandlung“ hatte bis zum Tod der Mutter 1795 Bestand und wurde zun¨achst von den beiden Br¨udern gemeinsam fortgesetzt, bis auch diese 1810 jeweils eigene Firmen gr¨undeten. Die Handlung der Witwe mit ihren beiden S¨ohnen, die gemeinsame Firma der beiden Br¨uder und die schließlich von H. allein gef¨uhrte Handlung bet¨atigten sich auf drei zentralen Gesch¨aftsfeldern: dem Versand von Eisen- und Stahlwaren aus der Grafschaft Mark und dem benachbarten Herzogtum Berg vor allem in den Ostseeraum, der Besch¨aftigung heimgewerblich t¨atiger Kleineisenschmiede im Verlagssystem sowie dem Betrieb von Hammerwerken zur Herstellung von Rohstahl, Schmiedeeisen und Sensen. Auf allen drei Feldern ergaben sich seit den achtziger Jahren des 18. Jh. charakteristische Ver¨anderungen, die die Entwicklung der Firma hin zu einem fabrikindustriellen Betrieb vorbereiteten. Im Handelsgesch¨aft zeichnete sich eine Umorientierung ab, weg von den Exportfirmen an den großen Handelspl¨atzen, welche die von H. gelieferten Waren in einem gr¨oßeren Umkreis weiterhandelten, hin zu einer Vielzahl kleinerer Kaufleute in Landst¨adten, die die Waren direkt an Endabnehmer weitervermittelten. Gleichzeitig verfolgte der Kaufmann eine Strategie der Extensivierung und gleichzeitigen Intensivierung der Verlagsbeziehungen zu den l¨andlichen Kleinschmieden. Schließlich nahm das Engagement im Bereich des Betriebs von Hammerwerken zu. Die Firma Harkort besaß auf allen drei Produktionsstufen der vorindustriellen Eisenverarbeitung Hammerwerke: Frisch-, Reck- und Sensenh¨ammer. Seit den siebziger Jahren vermehrte die Firma ihren Hammerbesitz stetig, wobei sie den Schwerpunkt sukzessive in den Bereich der Stabeisen- und Rohstahlherstellung verlegte, der sich l¨angerfristig einer guten Absatzlage erfreute.

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Harkort (1948 / 49), wo er zudem als Prof. an der Musikhochschule unterrichtete. Zu H.s Rollen geh¨orten Papageno, Don Giovanni und Ottokar. C Kutsch

Die betrieblichen Ver¨anderungen lassen sich als Wandel vom „Distrikt- zum Branchenkaufmann“ (Sombart) beschreiben: W¨ahrend sein Vater noch auf wenigen bedeutenden Handelspl¨atzen mit allen G¨utern, die eintr¨agliche Handelsgewinne abzuwerfen versprachen, handelte, beschr¨ankte sich H. zunehmend auf die Produktgruppen Sensen, Messer und Stahl, die jedoch einem m¨oglichst großen Kundenkreis offeriert wurden. Damit r¨uckte die Firma gleichzeitig insofern n¨aher an die Produktionssph¨are, als H. jetzt differenzierter auf die spezifischen Bed¨urfnisse der Kunden reagieren mußte. Dennoch blieb H. vom Selbstverst¨andnis her zeitlebens ein Kaufmann, der sich vor allem auf den Bereich der G¨uterdistribution bezog. LITERATUR: Stefan Gorißen: Vom Handelshaus zum Unternehmen. Sozialgeschichte der Firma Harkort im Zeitalter der Protoindustrie (1720-1820). G¨ottingen 2002 (= B¨urgertum. Beitr¨age zur europ¨aischen Gesellschaftsgeschichte 21). Stefan Gorißen

† 13. 1. 1966 Burg Sternberg bei B¨osingfeld. Der Sohn Walter → H.s und Bruder Veit und Fritz Moritz → H.s machte nach dem Ersten Weltkrieg eine Lehre als Instrumentenbauer und ließ sich 1921 in Markneukirchen nieder. Er vervollkommnete sein Wissen in Museen sowie durch das Studium der Musikwissenschaft und eignete sich Kenntnisse f¨ur den Bau historischer Instrumente an. In drei Werkst¨atten bauten von H. ausgebildete Handwerker Blockfl¨oten, Gitarren, Lauten, Gamben, Violen, Spinette, Klavichorde und Radleiern. Nach dem Zweiten Weltkrieg pachtete er die Burg Sternberg, wo sich mit Vortr¨agen, Lehrg¨angen und Konzerten ein Zentrum f¨ur Haus- und Laienmusik entwickelte. C MGG

Harkort, Johann Caspar (VI.), Konstrukteur,

Harlan, Veit, Schauspieler, Filmregisseur, Drehbuchautor,

* 22. 1. 1817 Harkorten bei Hagen, † 13. 10. 1896 Harkorten. H., Neffe von Friedrich Wilhelm → H. und Gustav → H., besuchte die Hagener Gewerbeschule und die Leipziger Handelsschule und trat Ende der vierziger Jahre in das v¨aterliche Hammerwerk an der Ennepe ein. Gemeinsam mit seinem Vater gr¨undete er eine Schraubenfabrik, erweiterte sie zur Maschinenfabrik und produzierte u. a. Wagenbauteile, Achsen, R¨ader und Teile f¨ur den Br¨uckenbau. Anfang der f¨unfziger Jahre u¨ bernahm H. die Maschinenfabrik, verlegte deren Standort nach Duisburg und begann, eiserne Br¨ucken herzustellen. Er erhielt nach mehreren kleineren Br¨uckenbauten den staatlichen Auftrag, die eingleisige Eisenbahnbr¨ucke u¨ ber den Rhein bei Koblenz zu bauen. H.s Werk galt zur damaligen Zeit als eine der leistungsf¨ahigsten Br¨uckenbauanstalten; es f¨uhrte Auftr¨age in den Niederlanden, Rußland, auf Java und in Portugal aus. 1871 wurde H. mit der Herstellung s¨amtlicher Geb¨aude der Wiener Weltausstellung beauftragt; er schuf u. a. die „Rotunde“, einen Kuppelbau mit einer freien Weite von 100 m, einer H¨ohe von 85,3 m und 7570 Tonnen Stahlgewicht. 1872 wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, deren Leitung H.s Schwiegers¨ohne Willibald Liebe und Robert B¨oker u¨ bernahmen.

* 22. 9. 1899 Berlin, † 13. 4. 1964 Capri. Der Sohn Walter → H.s und Bruder Peter und Fritz Moritz → H.s erhielt nach einer Silberschmiedlehre Schauspielunterricht am Berliner Reinhardt-Seminar und spielte seit 1919 u. a. an der Volksb¨uhne in Berlin (1920 / 21), am Landestheater in Meiningen (1922 / 23) und am Staatstheater in Berlin (1924-34). In erster Ehe war er mit Dora → Gerson verheiratet. Seit 1926 auch als Filmschauspieler t¨atig, deb¨utierte er 1935 als Filmregisseur mit Krach im Hinterhaus. Mit dem antisemitischen Film Jud S¨uß (1940) und dem Durchhaltefilm Kolberg (1945) stellte sich H. in den Dienst der nationalsozialistischen Propaganda. 1950 wurde er von der Anklage freigesprochen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Zu H.s Filmen nach dem Zweiten Weltkrieg z¨ahlt u. a. Unsterbliche Geliebte (1951), in der Hauptrolle seine dritte Frau, Kristina → S¨oderbaum. Seine Autobiographie Im Schatten meine Filme erschien postum 1966. C Cinegraph

Harl, Johann Paul Ritter von, o¨ sterr. Kameralist, * 9. 7. 1772 / 73 Hof bei Salzburg, † 27. 11. 1842 N¨urnberg. H. war nach dem Theologiestudium Priester und P¨adagogiklehrer in Salzburg, gab diese Stellung jedoch bald auf und ging nach Berlin, wo er Philosophie und Kameralwissenschaft studierte. 1805 erhielt er einen Ruf als Prof. der Philosophie und Kameralwissenschaft nach Erlangen. H., von dem bayerischen Minister Maximilian Joseph von → Montgelas gef¨ordert, erhielt den Hofratstitel. Er war Herausgeber der Zeitschrift „Cameral-Correspondent“ (1805-12), gr¨undete die „Kameralistisch-¨okonomische Gesellschaft“ (1808) und schrieb u. a. ein Vollst¨andiges Handbuch der Kriegspolizeiwissenschaft und Milit¨ar¨okonomie (2 Bde., 1812). H. starb durch Selbstmord. Harlan, Fritz Moritz, S¨anger, Musikp¨adagoge, * 26. 1. 1901 Berlin, † 30. 12. 1970 Freiburg / Breisgau. Der Sohn Walter → H.s und Bruder Peter und Veit → H.s wurde in Berlin ausgebildet, begann dort seine Karriere 1926 als lyrischer Bariton am Großen Schauspielhaus und trat in den folgenden Jahren vorwiegend als Konzert- und Oratoriens¨anger hervor. 1929 deb¨utierte er als Operns¨anger am Stadttheater von L¨ubeck, geh¨orte 1929-33 dem Landestheater in Braunschweig an, danach bis 1942 dem Staatstheater in Karlsruhe. Es folgten Engagements am Deutschen Theater in Den Haag (1942-44), am Staatstheater in Karlsruhe (1946-48) und am Stadttheater von Freiburg / Breisgau

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Harlan, Peter, Instrumentenbauer, * 26. 2. 1898 Berlin,

Harlan, Walter, Schriftsteller, * 25. 12. 1867 Dresden, † 14. 4. 1931 Berlin. H. studierte Jura in Heidelberg, Berlin und Leipzig, wurde zum Dr. jur. promoviert und war Gerichtsreferendar in Leipzig. Nach dem Aussscheiden aus der Justizverwaltung war er journalistisch t¨atig und leitete seit 1895 die „Literarische Gesellschaft“ in Leipzig. H. wirkte 1898-1904 als Dramaturg am Berliner Lessing-Theater und war sp¨ater freier Schriftsteller. Er schrieb Romane, Lustspiele und Dramen, u. a. Br¨aute in Bamberg (1929). H. war der Vater von Peter, Veit und Fritz Moritz → H.

Harlem, Simon Leonhard von, auch Haerlem, Ingenieur, getauft 13. 10. 1701 Hitzacker / Elbe, † 22. 2. 1775 Berlin. Der Sohn des Oberdeichgrafen von Hitzacker trat 1723 als Deichinspektor in Lenzen / Elbe in preuß. Dienste. 1732 war er Gutachter der Stromregulierung von Oder und Warthe und wurde 1736 mit der Beseitigung der Hochwassersch¨aden beauftragt. H. war seit 1746 Kriegs- und Dom¨anenrat in der kurm¨arkischen Kammer und u¨ bernahm 1748 das Dezernat f¨ur die allgemeine Beobachtung des Wasserbaus in der Kurmark. Er leitete die Besiedelung des Neulandes, die seit 1753 erfolgte, und wurde 1770 Mitglied im neugegr¨undeten Oberbaudepartement. C NDB

Harleß, (Gottlieb Christoph) Adolf von, luth. Theologe, * 21. 11. 1806 N¨urnberg, † 5. 9. 1879 M¨unchen. Der aus einer Kaufmannsfamilie stammende H., Neffe von Christian Friedrich → H., studierte seit 1823 Philologie und Theologie in Erlangen und Halle, wurde zum Dr. phil. sowie zum Lic. theol. promoviert und habilitierte sich 1830. 1833 wurde er a. o., 1836 o. Prof. der neutestamentlichen

Harms Exegese in Erlangen und lehrte auch christliche Moral, theologische Enzyklop¨adie und Methodologie. Seit 1838 gab H. die von ihm gegr¨undete „Zeitschrift f¨ur Protestantismus und Kirche“ heraus und vertrat seit 1840 die Univ. Erlangen in der bayerischen St¨andekammer. Aufgrund parlamentarischer wie literarischer Opposition gegen die kirchenpolitischen Maßnahmen Carl August von → Abels, insbesondere im sogenannten „Kniebeugungsstreit“, wurde er aus dem Lehramt entfernt und als Konsistorialrat nach Bayreuth versetzt. 1845 folgte H. einem Ruf als o. Prof. der Dogmatik, Exegese und Ethik an die Univ. Leipzig. 1850 ging er als Vizepr¨asident des s¨achsischen Landeskonsistoriums, Vortragender Rat im Kultusministerium und Oberhofprediger nach Dresden, 1852 als Pr¨asident des bayerischen Oberkonsistoriums nach M¨unchen. H. gab Gesangbuch wie Liturgie der fr¨ankischbayerischen Landeskirche eine neulutherische Pr¨agung. Er geh¨orte zu den Begr¨undern der Erlanger Schule der luth. Theologie. H. ver¨offentlichte u. a. Christliche Ethik (1842, 8 1893) und Bruchst¨ucke aus dem Leben eines s¨uddeutschen Theologen (2 Tle., 1872-75). C TRE

Harleß, (Johann) Christian Friedrich, Mediziner, Medizinhistoriker, * 11. 6. 1773 Erlangen, † 13. 3. 1853 Bonn. Der Sohn von Gottlieb Christoph von → H. erhielt eine philologische und historische Ausbildung, wurde 1793 zum Dr. phil., 1794 mit einer physiologiehistorischen Arbeit u¨ ber das Blut zum Dr. med. promoviert (Versuch einer Geschichte der Physiologie des Blutes im Alterthume) und habilitierte sich nach einem kurzen Studienaufenthalt in Wien an der Univ. Erlangen. Im selben Jahr erhielt er dort eine außerordentliche Professur der Medizin, lehnte in den folgenden Jahren Berufungen nach M¨unchen, Wien, Heidelberg und Berlin ab und wurde 1814 o. Prof. der Medizin und Mitdirektor der medizinischen Klinik in Erlangen. 1796 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. 1818 wechselte er als o. Prof. der allgemeinen und speziellen Pathologie und Therapie an die neugegr¨undete Univ. Bonn. H. war an der Herausgabe zahlreicher medizinischer Zeitschriften beteiligt und verfaßte wissenschaftliche Arbeiten u¨ ber nahezu alle medizinischen Bereiche, insbesondere jedoch u¨ ber Medizin- und Seuchengeschichte, u. a. Beitr¨age zur Kritik des gegenw¨artigen Zustandes der Arzneiwissenschaft (1797), Versuch einer vollst¨andigen Geschichte der Hirn- und Nervenlehre im Alterthume (1801), De arsenici usu in medicina (1811), Die Verdienste der Frauen um Naturwissenschaft, Gesundheits- und Heilkunde (1830), Die indische Cholera (1831), Die Litteratur der ersten hundert Jahre nach der Erfindung der Typographie, in den meisten Hauptf¨achern der Wissenschaften (1840, Nachdr. 1974) und Die Heilquellen und Curb¨ader von Europa, Asien und Africa (2 Bde., 1946-48). C NDB Harleß, Gottlieb Christoph, auch Harles, Bibliothekar, * 21. 6. 1738 Kulmbach, † 2. 11. 1815 Erlangen. Nach dem Theologie- und Philosophiestudium in Erlangen, Halle und Jena (1757-61) wurde H. Mitglied des Philologischen Seminars G¨ottingen und habilitierte sich danach in Erlangen. 1765 wurde er Prof. der Orientalistik und Beredsamkeit am Gymnasium Casimirianum in Coburg und lehrte 1770-1815 Poesie und Beredsamkeit in Erlangen, wo er 1776 das Philologische Seminar gr¨undete. 1776-1805 war er auch Oberbibliothekar der Universit¨atsbibliothek Erlangen. H. gab griechische und lateinische Klassiker heraus (u. a. Aristophanes, Aristoteles, Cicero) und verfaßte rund 280 Schriften, u. a. De vitis philologorum nostra aetate clarissimorum (4 Bde., 1764-72). 1790-812 erschien die von ihm herausgegebene vierte Auflage der Bibliotheca Graeca in zw¨olf B¨anden. H. war der Vater von Christian Friedrich → H. C Killy

Harleß, (Julius Friedrich Heinrich Ferdinand) Woldemar, Archivar, * 27. 3. 1828 Bonn, † 4. 6. 1902 D¨usseldorf. Der Sohn von Christian Friedrich → H. schloß das Geschichts- und Philologiestudium an der Univ. Bonn 1853 mit der Promotion zum Dr. phil. ab, war ein Jahr lang Erster Sekret¨ar des Germanischen Nationalmuseums in N¨urnberg und ging dann in den Schuldienst. Seit 1857 st¨andiger Registrator und Kanzleiinspektor des Provinziallandtags in D¨usseldorf, wurde er 1866 Staatsarchivar und leitete seit 1875 zugleich die Landesbibliothek. H. redigierte die „Zeitschrift des bergischen Geschichtsvereins“ (1876-1901) und geh¨orte zu den Initiatoren der Gesellschaft f¨ur rheinische Geschichte (1881). Harlfinger, Richard, o¨ sterr. Maler, * 17. 7. 1873 Mailand, † 19. 2. 1948 Wien. H. begann ein Mathematik- und Physikstudium an der Univ. Wien und besuchte 1892-94 die Malschule Strehblow, 1894-99 die M¨unchner Akademie der bildenden K¨unste. 1899 ließ er sich in M¨odling bei Wien nieder und malte Figurenbilder, danach Landschaften, vor allem Alpengegenden. Seit 1906 war H. Mitglied der Wiener Sezession, 1918 / 19 deren Pr¨asident, und unterrichtete 1917-39 an der Wiener Frauenakademie. C Th-B

Harmensen, Johann Christoph von, Kaufmann, Finanzier, Plantagenbesitzer, * um 1680 Hamburg (?), † nach 1763 Bordeaux. H. war seit 1708 in dem wichtigsten franz¨osischen Kolonialhandelshafen Bordeaux niedergelassen und betrieb ein Handelshaus, das in den vierziger Jahren des 18. Jh. von den Steuerbeamten als das bedeutendste der dort etablierten deutschen H¨ausern eingestuft wurde. Zu diesem Zeitpunkt besaß H. bereits eine gr¨oßere Plantage auf der Antilleninsel Saint-Domingue. Wegen des offiziellen Ausschlusses von Ausl¨andern aus den Kolonien war dieses Eigentum wahrscheinlich auf den Namen seiner Gattin eingetragen. H.s Unternehmen exportierte vor allem Plantagenprodukte wie Zucker, Kaffee und Farbstoffe sowie franz¨osische Weine nach Hamburg und anderen Nord- und Ostseeh¨afen. Im Gegenzug importierte er Manufakturwaren sowie Rohstoffe f¨ur den Schiffbau und Getreide aus dem baltischen Raum. Als Lieferant der u¨ berseeischen Farbstoffe Indigo und Koschenille stand H. in enger Verbindung mit den s¨achsischen Textilmanufakturen. Von August III. (→ Friedrich August II.), polnischer K¨onig und s¨achsischer Kurf¨urst, erhielt er 1763 in Anerkennung seiner Verdienste um die s¨achsischen Gewerbe einen erblichen Adelstitel, der 1768 vom franz¨osischen K¨onig anerkannt wurde. Die S¨ohne Johann Christoph, Paul Justus und Michael → H. betrieben sein Handelshaus „Jean Christophe Harmensen & fils“ weiter. Noch um 1830 z¨ahlte „Veuve Harmensen“ zu den bedeutendsten Weinhandelsh¨ausern in Bordeaux. Harmensen, Michael von, Kaufmann, Plantagenbesitzer, Diplomat, * um 1720 Bordeaux. H., Sohn von Johann Christoph → H., ging als Dreiundzwanzigj¨ahriger f¨ur mehrere Jahre nach Saint-Domingue, wo seine Familie einen gr¨oßeren Plantagenbesitz erworben hatte. Nach Bordeaux zur¨uckgekehrt, betrieb er mit seinen Br¨udern Johann Christoph und Paul Justus die v¨aterliche Seehandels- und Weinexportfirma „Jean Christophe Harmensen & fils“. H. wurde sp¨ater schwedischer Generalkonsul in Frankreich und Ritter des Wasa-Ordens. Harms, (Christoph) Bernhard (Cornelius), Nationalo¨ konom, * 30. 3. 1876 Detern bei Aurich (Ostfriesland), † 21. 9. 1939 Berlin. H., Sohn eines Kaufmanns, erlernte das Buchbinderhandwerk, studierte seit 1897 National¨okonomie in Leipzig und T¨ubingen und wurde 1901 zum Dr. sc. pol. promoviert

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Harms (Zur Entwicklunsgeschichte der deutschen Buchbinderei, ver¨offentlicht 1902). 1903 habilitiert (Die holl¨andischen Arbeitskammern), wurde er 1906 o. Prof. der Volkswirtschaftslehre an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Hohenheim, im Oktober desselben Jahres a. o. Prof. der Sozialpolitik an der Univ. Jena und wechselte 1908 als o. Prof. der Staatswissenschaften nach Kiel, wo er 1911 das Institut f¨ur Seeverkehr und Weltwirtschaft gr¨undete, das sich unter H.’ Leitung (1914-33) zum gr¨oßten wirtschaftswissenschaftlichen Institut Deutschlands entwickelte. 1933 entlassen, wirkte er seit 1934 auf Vermittlung von Johannes → Popitz als Honorarprofessor in Berlin. H. war Herausgeber der Zeitschrift „Weltwirtschaftliches Archiv“ (seit 1912, 4 1925), der „Probleme der Weltwirtschaft“ (seit 1910) und der „Kieler Vortr¨age“ (seit 1921). Als sein Hauptwerk gilt Volkswirtschaft und Weltwirtschaft. Versuch der Begr¨undung einer Weltwirtschaftslehre (1912). Von der Gesellschaft zur F¨orderung des Kieler Instituts f¨ur Weltwirtschaft wird seit 1964 der „Bernhard-Harms-Preis“ verliehen. C Ostfriesland, Bd 3

Harms, Claus, luth. Theologe, * 25. 5. 1778 Fahrstedt bei Marne, † 1. 2. 1855 Kiel. H. war Lehrling in der M¨uhle seines Vaters, dann Knecht, besuchte anschließend die Lateinschule Meldorf und ging 1799 zum Studium der Theologie an die Univ. Kiel. 1802-06 war er Hauslehrer und Kandidat in Kiel, 1806-16 Diakon in Lunden (Norderdithmarschen). Er war ein angesehener Prediger, gab Predigtsammlungen heraus und verfaßte zwei Katechismen. Seit 1816 Archidiakon an St. Nikolai in Kiel, k¨ampfte er gegen theologischen Rationalismus und die Unionsbestrebungen in der evang. Kirche. H. wurde 1835 Hauptpastor an St. Nikolai und u¨ bernahm die Propstei von Kiel; seit 1841 war er Oberkonsistorialrat. 1849 legte er nach Er¨ blindung alle Amter nieder. Mit seiner zum Reformationsjubil¨aum ver¨offentlichten Schrift Das sind die 95 Thesen oder Streits¨atze Dr. Luther’s theuren Andenkens, zum besonderen Abdruck besorgt und mit anderen 95 S¨atzen als mit ¨ einer Ubersetzung aus anno 1517 in 1817 begleitet (1817), mit der er eine o¨ ffentliche Auseinandersetzung ausl¨oste, trug H. zur Bildung des Neuluthertums bei. Als H.’ Hauptwerk gilt eine Pastoraltheologie (3 Bde., 1830-34); seine Memoiren erschienen unter dem Titel Lebensbeschreibung (1851, Neudr. 1929). C SHBL, Bd 2

Harms, (Joachim) Friedrich (Simon), Philosoph, * 24. 10. 1816 Kiel, † 5. 4. 1880 Berlin. H., Sohn eines Glasers, studierte in Kiel und Berlin Medizin, Naturwissenschaften und Philosophie, habilitierte sich 1842 in Kiel f¨ur Philosophie und wurde 1848 a. o., 1858 o. Professor. 1867 folgte er einem Ruf als o. Prof. der Philosophie an die Univ. Berlin, wo er bis zu seinem Tod lehrte. H. war seit 1873 Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. In seinem philosophischen Denken n¨aherte er sich dem a¨ lteren → Fichte. H. ver¨offentlichte u. a. Der Anthropologismus in der Entwickelung der Philosophie seit Kant und Ludwig Feuerbachs Anthroposophie (1845), Die Philosophie seit Kant (1876, 21879) und Die Philosophie in ihrer Geschichte (2 Tle., 1878-81). In Johann Gottlob Fichte (1862) und Die Philosophie Fichtes nach ihrer geschichtlichen Stellung und nach ihrer Bedeutung (1862) stellte H. den ethischen und nicht den subjektiven Idealismus als das einheitliche Wesen der Philosophie Fichtes dar. C NDB

Harms, (August) Heinrich (Christian), Geograph, * 23. 6. 1861 Brackrade (heute zu Bosau, Kr. Ostholstein), † 31. 7. 1933 Hannover. Der aus einer holsteinischen Arbeiterfamilie stammende H. trat nach dem Besuch des Lehrerseminars in Oldenburg in den preuß. Schuldienst ein und unterrichtete 1881-1904 an

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der Schule in Dornick. Nach seiner durch Krankheit bedingten Pensionierung lebte er in Malente-Gremsm¨uhlen und Bad Schandau. H. erwarb durch Reisen und autodidaktisches Studium geographisches Wissen, setzte sich f¨ur eine Reform des Erdkundeunterrichts im Sinne der „Arbeitsschule“ ein und legte 1895 f¨unf Thesen zur Reform des geographischen Unterrichts vor. Er gab Schulwandkarten heraus und vero¨ ffentlichte u. a. Erdkunde in entwickelnder, anschaulicher Darstellung (2 Bde., 1897-1908). C SHBL, Bd 3

Harms, Heinrich, Ophthalmologe, * 5. 2. 1908 Stralsund, † 26. 11. 2003 T¨ubingen. H., Sohn des Augenarztes Heinrich H., wurde nach dem Studium der Medizin in Rostock 1933 mit der Arbeit Beitrag zur Histopathologie der Balantidiencolitis promoviert. 1938 erfolgte die Habilitation in Berlin, 1943 die Ernennung zum apl. Professor. 1949 wechselte H. nach Bonn und wurde 1952 auf den Lehrstuhl f¨ur Ophthalmologie nach T¨ubingen berufen und zum Direktor der Klinik ernannt. In seinen Forschungen besch¨aftigte er sich mit quantitativer Perimetrie und trug wesentlich zur Entwicklung der Mikrochirurgie in der Augenheilkunde bei. 1960 ver¨offentlichte H. mit Elfriede → Aulhorn eine systematische Studie u¨ ber die Beziehungen zwischen umschriebenen Ver¨anderungen der Glaukompapille und den dazugeh¨origen Gesichtsfeldver¨anderungen und 1966 mit G¨unter Mackensen das Werk Augenoperationen unter dem Mikroskop (engl. 1967). 1949 erhielt H. den Graefe-Preis der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, der er 1968 als Pr¨asident vorstand (seit 1977 Ehrenmitglied). 1970 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen.

Harms, Johann Oswald, auch Harmes, Hermes, Horms, Maler, * 27. 4. 1643 Hamburg, † 1708 Braunschweig. H. erhielt in Hamburg Malunterricht und wurde zun¨achst durch den niederl¨andisch-niederdeutschen Charakter der Hamburger Lokalmalerei beeinflußt. Er hielt sich um 1665-72 in Italien auf, wo er dem Kreis um Salvator Rosa nahestand. 1673 lebte H. vermutlich in Wien und widmete sich neben seiner T¨atigkeit als Ruinenmaler und Graphiker der dekorativen Großmalerei. Seit 1675 am Hof des Kurf¨ursten → Johann Georg II. in Dresden, war er an den Malarbeiten beim Residenzumbau beteiligt, nach seiner Bestallung als „Hoff- und Ober Theatralischer Mahler“ (1677) lieferte er die Ausstattung f¨ur das kurf¨urstliche Kom¨odienhaus. 1681 verließ H. Dresden und kam u. a. u¨ ber Naumburg an den Hof von Braunschweig-Wolfenb¨uttel (1686-98). Ohne seinen Wohnsitz in Braunschweig aufzugeben, lieferte er B¨uhnenbildentw¨urfe, u. a. f¨ur die Theater in Wolfenb¨uttel, Braunschweig und die Hamburger Oper (1695-1701) und malte mehrere Fresken im Kunsthaus und im Schloß Kassel (1698-1707). H. z¨ahlt zu den bedeutendsten Vertretern der dekorativen Monumentalmalerei des Barocks in Mittel- und Norddeutschland. C MGG

Harms, J¨urgen (Wilhelm), Zoologe, * 2. 2. 1885 Bargdorf (Kr. Uelzen), † 2. 10. 1956 Marburg / Lahn. H. schloß das Studium der Naturwissenschaften in Marburg und Cambridge 1908 mit der Promotion ab (Zur Biologie und Entwicklungsgeschichte der Najaden) und war kurzzeitig Assistent am Anatomischen Institut in Bonn, bevor er ¨ sich 1910 in Marburg habilitierte (Uber funktionelle Anpassung bei Regenerationsvorg¨angen). 1921 wurde er o. Prof. der Zoologie und vergleichenden Anatomie an der Univ. M¨unster, 1922 in K¨onigsberg, 1925 in T¨ubingen und 1935 in Jena. 1936 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Seit 1949 arbeitete H. als Gast am Anatomischen Institut der Univ. Marburg und hatte 1951 / 52 eine Gastprofessur an der Univ. Kairo. Forschungsreisen f¨uhrten ihn nach Lanzarote (1913), auf die

Harnack Balearen (1923) und nach Java (1926). 1928-30 nahm er an der Sunda-Expedition der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft teil und bereiste 1932 Christmas Island, 1939 Sumatra und Japan, 1956 Chile. H. arbeitete auf dem Gebiet der Endokrinologie und besch¨aftigte sich mit der Frage der Artumbildung in der Evolution. Er ver¨offentlichte u. a. Experimentelle Untersuchungen u¨ ber die innere Sekretion der Keimdr¨usen und deren Beziehung zum Gesamtorganismus (1914), Individualzyklen als Grundlage f¨ur die Erforschung des biologischen Geschehens (1924), K¨orper und Keimzellen (1926), Wandlungen des Artgef¨uges unter nat¨urlichen und k¨unstlichen Umweltbedingungen (1934) und Zoobiologie f¨ur Mediziner und Landwirte (1946, 71970). C NDB

Harms, (Georg) Ludwig (Detlef Theodor), luth. Theologe, * 5. 5. 1808 Walsrode (Hannover), † 15. 11. 1865 Hermannsburg bei Celle. Nach dem Theologiestudium in G¨ottingen war H., Sohn eines Pfarrers, 1830-44 Hauslehrer in Lauenburg / Elbe und L¨uneburg. Schon seine damals gehaltenen Predigten waren vom Geist der Erweckungsbewegung erf¨ullt. 1834 gr¨undete H. gemeinsam mit einigen Freunden den „Lauenburger Missionsverein“, der sich 1836 der „Norddeutschen Missionsgesellschaft“ anschloß, in der Lutheraner und Reformierte zusammenarbeiteten. 1844 wurde er Hilfsprediger seines Vaters in Hermannsburg und folgte ihm 1849 als Prediger nach. Auf die Erweckungsbewegung in der L¨uneburger Heide u¨ bte er nachhaltigen Einfluß aus, der bis in die Gegenwart ausstrahlt. H.’ Zuwendung zur konfessionellen luth. Theologie f¨uhrte zur Trennung von der „Norddeutschen Missionsgesellschaft“. 1849 gr¨undete er die „Hermannsburger Missionsanstalt“, deren Eingliederung in die hannoversche Landeskirche am Widerstand der Kirchenbeh¨orde scheiterte. Die ersten Hermannsburger Missionare begannen in S¨udafrika mit ihrer Arbeit; als H. starb, existierten 24 Stationen mit 31 Missionaren. C TRE

Harmssen, (Gustav) Wilhelm, Kaufmann, Politiker, * 26. 3. 1890 Bremen, † 20. 5. 1970 Bremen. Nach einer kaufm¨annischen Ausbildung in den zum StinnesKonzern geh¨orenden Atlas-Werken war H. dort zun¨achst Angestellter, sp¨ater Prokurist und Direktor. 1945 berief ihn die Milit¨arregierung in die Abteilung Wirtschaft, H¨afen und Verkehr des Bremer Senats, 1946 u¨ bernahm er als FDPMitglied die neugebildete Abteilung Wirtschaftsforschung und Außenhandel. Er war Aufsichtsratsvorsitzender der JuteSpinnerei-und-Weberei sowie Mitglied der dortigen Handelskammer. Seit 1949 vertrat H. Bremen im Bundesrat. Zu seinen wirtschaftspolitischen Ver¨offentlichungen z¨ahlt Lebensstandard. Versuch einer Wirtschaftsbilanz (1947). 1952 zog sich H. aus dem Bremer Senat zur¨uck und widmete sich der Leitung der Atlas-Werke.

Harmstorf, Raimund, Schauspieler, * 7. 10. 1940 Hamburg, † 3. 5. 1998 Marktoberdorf (Bayern). H., Sohn eines Arztes, studierte Medizin, dann an der Staatlichen Hochschule f¨ur Musik und darstellende Kunst in Hamburg. Nach ersten B¨uhnenengagements, u. a. in Hamburg und Berlin, wurde er 1971 als Wolf Larsen in der Fernsehadaption von Der Seewolf nach Jack London bekannt. H., der auch als Leichtathlet (Zehnk¨ampfer) erfolgreich war, trat dann vor allem in Abenteuerserien (u. a. „Der Kurier des Zaren“, 1976) und Action-Filmen hervor (u. a. Nobody ist der Gr¨oßte, 1975; Sein Name: Thunder, 1983). Er beging Selbstmord. C Munzinger Harmuth, Thea, Gewerkschafterin, * 30. 6. 1904 D¨usseldorf, † 10. 1. 1956 D¨usseldorf. H. besuchte die Handelsschule, arbeitete als Stenotypistin und engagierte sich in der christlichen Gewerkschaftsbewegung. Nach 1945 war sie, zun¨achst ehrenamtlich, dann

hauptberuflich f¨ur die Gewerkschaften t¨atig, die im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) zusammengefaßt sind. H. schuf als f¨ur Frauenfragen zust¨andiges Vorstandsmitglied auf Orts-, Kreis- und Landesebene Frauenaussch¨usse, die sich f¨ur Interessen der Arbeitnehmerinnen einsetzten. Sie hatte maßgeblich Anteil an der Formulierung der Ziele gewerkschaftlicher Frauenarbeit, u. a. an der Forderung nach gleichem Lohn f¨ur gleiche Arbeit, der Sicherung des Rechts auf Arbeit sowie der F¨orderung beruflicher Bildung. 1952 leitete H. die erste DGB-Bundesfrauenkonferenz in Mainz.

Harnack, Adolf von, evang. Theologe, * 7. 5. 1851 Dorpat, † 10. 6. 1930 Heidelberg. Der Sohn Theodosius → H.s studierte an der Univ. Dorpat 1869-72 evang. Theologie, erlangte seine akademischen Graduierungen in Leipzig und war dort 1876-78 Extraordinarius f¨ur Kirchengeschichte, sodann Ordinarius in Gießen 1879-86, Marburg 1886-88 und Berlin 1888-1921. 1890 wurde H. Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften und trug alsbald die Verantwortung f¨ur die Edition der Griechischen Christlichen Schriftsteller. Die ersten B¨ande erschienen seit 1897. 1896 zum Geschichtsschreiber der Akademie bestellt, legte H. im Jubil¨aumsjahr 1900 die mehrb¨andige Geschichte der K¨oniglich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin vor. Von 1905 bis 1921 war H. Generaldirektor der K¨oniglichen (nachmals Preußischen Staats-) Bibliothek zu Berlin im Nebenamt, von 1903 bis 1911 / 12 Pr¨asident des Evangelischsozialen Kongresses und von 1911 bis zu seinem Tod Pr¨asident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur F¨orderung der Wissenschaften. Verheiratet war H. seit 1879 mit Amalie H., geb. Thiersch. Unter den Kindern des 1914 von → Wilhelm II. geadelten Gelehrten ragen heraus die Frauenrechtlerin und Schriftstellerin Agnes von → Zahn-Harnack sowie der als Widerst¨andler 1945 hingerichtete Jurist Ernst von → H. Im Hauptfach war H. Patristiker. Auf dem Fundament breiter Quellenstudien zur Theologie-, Dogmen-, Missionsund Verfassungsgeschichte der Alten Kirche schuf er ein imposantes, auch heute noch kaum u¨ berholtes Werk. H.s Hauptwerk, das Lehrbuch der Dogmengeschichte, erschien 1886-90 in drei B¨anden, eine Zusammenfassung (Grundriß der Dogmengeschichte 1889 / 91 [sp¨ater Dogmengeschichte]) diente der Popularisierung. Die Geschichte der altchristlichen Literatur bis Eusebius (1893-1904) stand im Zusammenhang mit der Akademie-Edition. Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten (1902; ab 1906 in 2 B¨anden) bezeugte H.s ausgepr¨agte geographisch-chronologische Interessen. Ein Bestseller wurde Das Wesen des Christentums (1900), hervorgegangen aus einer Vorlesung f¨ur H¨orer aller Fakult¨aten. Von Albrecht → Ritschl beeinflußt, entwickelte sich H. zum maßgeblichen Repr¨asentanten des Kulturprotestantismus der Kaiserzeit. In der Dogmengeschichte verfolgte er das Ziel, den Kern der christlichen Botschaft, das „Evangelium Jesu“ im Gegensatz zum dogmatischen „Evangelium von Jesus“, freizulegen. Nach H.s Meinung war das dogmenfreie Zeitalter des Christentums angebrochen. In kirchlichen Kreisen erlebte H. zeitweise massive Anfeindungen (Berufungsstreit 1888, Apostolikumsstreit 1892 / 93, Streit um Das Wesen des Christentums 1900 ff.), w¨ahrend er in der allgemeinen Wissenschafts- und Bildungswelt unangefochten, ja bewundert war. Als Wissenschaftspolitiker besaß H. einen nahezu

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Harnack beispiellosen Einfluß. Von der Kulturkrise der Jahrhundertwende wurde H. kaum ber¨uhrt („Aufw¨arts geht unser Weg“). Nach 1918 stellte er sich auf den Boden der Weimarer Republik. ¨ WEITERE WERKE: Die Uberlieferung der griechischen Apologeten des zweiten Jahrhunderts in der alten Kirche und im Mittelalter. Leipzig 1882 / 83 (Neudr. 1991). – Das Christentum und die Geschichte. Leipzig 1895. – Reden und Aufs¨atze. 7 Bde., ab Bd. 3 „Neue Folge“. Gießen 1904-30. – Beitr¨age zur Einleitung in das Neue Testament. 7 Bde., Leipzig 1906-16. – Marcion. Das Evangelium vom fremden Gott. 2. verbesserte und vermehrte Aufl. Leipzig 1924 (Neudr. 1985). – Kleine Schriften zur alten Kirche: Berliner Akademieschriften 1. 1890-1907. Leipzig 1980 (Neudr.). LITERATUR: Friedrich Smend: A. v. H. Verzeichnis seiner Schriften bis 1930. Mit einem Geleitwort und bibliographischen Nachtr¨agen bis 1985 von J¨urgen Dummer. Leipzig 1990. – Bj¨orn Biester: H.-Bibliographie. Verzeichnis der Literatur u¨ ber A. v. H. 1911-2002. Erfurt 2002. – Agnes von Zahn-Harnack: A. v. H. Berlin-Tempelhof 1936 (2. verbesserte Aufl. 1951). – Garland Wayne Glick: The reality of Christianity. A study of A. v. H. as historian and theologian. New York 1967. – Winfried D¨obertin: A. v. H. als Theologe, P¨adagoge, Wissenschaftspolitiker. Frankfurt / Main, Bern 1985. – Kurt Nowak (Hrsg.): A. v. H. als Zeitgenosse. 2 Tle., Berlin / New York 1996. – Kurt Nowak / Otto Gerhard Oexle (Hrsg.): A. v. H. Theologe, Historiker, Wissenschaftspolitiker. G¨ottingen 2001. – Kurt Nowak (Hrsg.): A. v. H. Wissenschaft und Gesellschaft. Wissenschaftliches Symposium aus Anlaß des 150. Geburtstags. G¨ottingen 2003. – Christian Nottmeier: A. v. H. und die deutsche Politik 1890-1930. Eine biographische Studie zum Verh¨altnis von Protestantismus, Wissenschaft und Politik. T¨ubingen 2004. Kurt Nowak

Harnack, Arvid, Jurist, Volkswirt, Widerstandsk¨ampfer, * 24. 5. 1901 Darmstadt, † 22. 12. 1942 Berlin-Pl¨otzensee. Der Sohn Otto → H.s und Bruder Falk → H.s schloß das Studium der Rechtswissenschaften mit der Promotion zum Dr. jur. ab, hielt sich anschließend zweieinhalb Jahre mit Hilfe eines Rockefeller-Stipendiums in den USA auf und wurde nach volkswirtschaftlichen Studien in Gießen 1930 mit der Arbeit Die vormarxistische Arbeiterbewegung in den Vereinigten Staaten. Eine Darstellung ihrer Geschichte (ver¨offentlicht 1931) zum Dr. phil. promoviert. Seit 1931 war er in Berlin Erster Sekret¨ar der „Arbeitsgemeinschaft zum Studium der sowjetrussischen Planwirtschaft“ (Arplan), ging 1933 nach Jena, legte das Assessorexamen ab und wurde in das Berliner Reichswirtschaftsministerium berufen. Nach 1933 stand H. zusammen mit seiner Frau Mildred → H. an der Spitze einer vorwiegend aus Intellektuellen bestehenden antinationalsozialistischen Gruppe, die seit 1938 mit der von Harro → Schulze-Boysen geleiteten Widerstandsgruppe zusammenarbeitete. 1942 wurde H. zusammen mit seiner Frau und zahlreichen weiteren Mitgliedern der von der Gestapo „Rote Kapelle“ genannten Organisation verhaftet, wegen Hoch- und Landesverrats zum Tod verurteilt und hingerichtet. C Widerstand Harnack, Axel von, Bibliothekswissenschaftler, * 12. 9. 1895 Berlin, † 17. 6. 1974 T¨ubingen. H. studierte Geschichte und romanische Philologie in Freiburg / Breisgau und Berlin, wurde 1920 promoviert und habilitierte sich 1947. 1947-74 lehrte er als Privatdozent Geschichte und Bibliothekswissenschaft an der Univ. T¨ubingen. Neben zahlreichen anderen Ver¨offentlichungen verfaßte H. in der 2. Aufl. des Handbuchs der Bibliothekswissenschaft den Beitrag u¨ ber die Geschichte der italienischen Bibliotheken. Er war Nachlaßverwalter seines Vaters Adolf von → H., dessen Reden und Aufs¨atze er herausgab.

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Harnack, (Friedrich Moritz) Erich, Pharmakologe, Mediziner, * 10. 10. 1852 Dorpat, † 24. 4. 1915 Halle. Der Sohn Theodosius → H.s und Bruder Adolf und Otto → H.s schloß das Medizinstudium in Dorpat (1869-73) mit der Promotion ab (Zur Pathogenese und Therapie des Diabetes mellitus), ging an das Pharmakologische Institut Straßburg und habilitierte sich 1877 f¨ur Pharmakologie. 1880 wurde er a. o. Prof. der Pharmakologie und physiologischen Chemie an der Univ. Halle, wo er von 1889 bis zu seinem Tod als o. Prof. lehrte und seit 1891 ein Universit¨atsinstitut f¨ur Pharmakologie aufbaute. H. verfaßte grundlegende Arbeiten in den Bereichen physiologische Chemie, experimentelle Pharmakologie, Toxologie und Gerichtsmedizin, u. a. ein Lehrbuch der Arzneimittellehre und Arzneiverordnungslehre (1883), Pharmakologie und Toxikologie (1894) und Studien u¨ ber Hautelektrizit¨at und Hautmagnetismus des Menschen (1905), legte aber auch Publikationen von allgemeiner Bedeutung vor: Tierschutz und Vivisektion (1906), Das Gift in der dramatischen Dichtung und in der antiken Literatur (1908). C Leb Mitteldt, Bd 1

Harnack, Ernst von, Jurist, Widerstandsk¨ampfer, * 15. 7. 1888 Marburg, † 3. 3. 1945 Berlin-Pl¨otzensee. H., Sohn Adolf von → H.s, studierte Jura in Marburg und Berlin, wurde 1919 Mitglied der SPD und trat in den Staatsdienst ein. Nach T¨atigkeiten im preuß. Unterrichtsministerium, als Landrat in Hersfeld und Vizepr¨asident der Regierungen in Hannover und K¨oln wurde er 1929 Regierungspr¨asident in Merseburg. Im Zuge des „Preußenschlags“ der Regierung → Papen (1932) in den einstweiligen Ruhestand versetzt, verlor er 1933 endg¨ultig seine Position. H. arbeitete daraufhin als Textilvertreter. Er engagierte sich aktiv in der Widerstandsbewegung und wurde nach seiner Verhaftung im Sommer 1944 vom Volksgerichtshof zum Tod verurteilt und hingerichtet. H.s Abhandlung Die Praxis der o¨ ffentlichen Verwaltung (1936) wurde sofort nach dem Erscheinen verboten. C Widerstand Harnack, Falk (Erich Walter), Regisseur, Widerstandsk¨ampfer, * 2. 3. 1913 Stuttgart, † 3. 9. 1991 Berlin. Der Sohn Otto → H.s studierte Theaterwissenschaft, Germanistik, Volkswirtschaft und Zeitungswissenschaft in Berlin und M¨unchen; 1937 wurde er mit der Arbeit Die Dramen Carl Bleibtreus zum Dr. phil. promoviert. Im selben Jahr ging er als Schauspieler, Dramatiker und Regisseur an das Weimarer Nationaltheater, nachdem er bereits am Bayerischen Staatsschauspiel assistiert hatte. 1940 / 41 inszenierte er am Landestheater Altenburg (Th¨uringen) u. a. Carlo Goldonis Mirandolina und George Bernard Shaws Frau Warrens Gewerbe und wurde anschließend zur Wehrmacht eingezogen. H., dessen Bruder Arvid → H. 1942 wegen Mitgliedschaft in der „Roten Kapelle“ hingerichtet worden war, mußte sich 1943 wegen seiner Kontakte zur Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ vor Gericht verantworten, entging aber einer Verurteilung, desertierte in Griechenland und schloß sich den Partisanen an. Nach der R¨uckkehr war er Regisseur und Dramaturg am Bayerischen Staatstheater M¨unchen (1945-47), wechselte nach Berlin und war dort Stellvertretender Intendant sowie Regisseur des Deutschen Theaters und der Kammerspiele. 1949 u¨ bernahm er die k¨unstlerische Leitung der DEFA (Deutsche Film-AG) Berlin. Nach Auseinandersetzungen mit der SED u¨ ber den DEFA-Film Das Beil von Wandsbeck u¨ bersiedelte H. 1952 nach Westberlin und arbeitete zwei Jahre lang als k¨unstlerischer Berater von Artur Brauners CCC-Produktion. Danach war er freier Regisseur und Autor, 1963-65 leitender Regisseur des Zweiten Deutschen Fernsehens. H. drehte insgesamt 36 Kino- und Fernsehfilme, u. a. Der 20. Juli (1955) und schrieb u. a. Die Aufgaben des deutschen Theaters in der Gegenwart (1946). C Cinegraph

Harnisch Harnack, Mildred, geb. Fish, Literaturwissenschaftlerin, ¨ Ubersetzerin, Widerstandsk¨ampferin, * 16. 9. 1902 Milwaukee (Wisconsin, USA), † 16. 2. 1943 Berlin-Pl¨otzensee. Die Kaufmannstochter lehrte an der Madison University Literaturwissenschaft und lernte dort Arvid → H., kennen, den sie 1926 heiratete. 1931 erhielt sie eine Stelle als Lektorin f¨ur amerikanische Literaturgeschichte an der Univ. Berlin; nach der Entlassung 1933 unterrichtete sie am Berliner Abend¨ gymnasium und war als Ubersetzerin t¨atig. 1941 wurde H. an der Univ. Gießen promoviert und u¨ bernahm einen Lehrauftrag an der Univ. Berlin. Durch ihre Beziehungen zur amerikanischen Botschaft hatte sie Zugang zu Redetexten von Roosevelt, Nachrichten u¨ ber den Spanischen B¨urgerkrieg und Kommentaren zur nationalsozialistischen Politik und gab diese Informationen an Gleichgesinnte weiter. Mit ihrem Mann wurde sie 1942 verhaftet und zun¨achst zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Auf Anordnung → Hitlers wurde das Urteil aufgehoben; ein neuerlicher Prozeß vor dem Reichskriegsgericht endete mit der Todesstrafe. H. wurde in BerlinPl¨otzensee hingerichtet. 1988 erschienen ihre Variationen u¨ ber das Thema Amerika. Studien zur Literatur der USA (hrsg. von Eberhard Br¨uning). C Widerstand

die bei Periodentitis chronica granulamatosa) und 1929 zum Dr. med. dent. (Ergebnisse klinischer Untersuchungen zur L¨osung der Amalgam-Quecksilberfrage) promoviert wurde. 1936 habilitierte er sich mit der Arbeit Das Speichelrhodanid in physiologischer und pathologischer Beziehung unter besonderer Ber¨ucksichtigung der Mundh¨ohle und erhielt 1938 eine Dozentur. 1950 Prof. und kommissarischer Direktor des Zahn¨arztlichen Instituts, wechselte er 1951 an die Freie Univ. Berlin. 1956 wurde er dort Prof. f¨ur Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und u¨ bernahm die Leitung der Poliklinik f¨ur Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten; 1967-69 war er Rektor der Freien Univ. Berlin. H. ver¨offentlichte u. a. Die Gußf¨ullung. Ihre praktische Durchf¨uhrung zur Prophylaxe der Zahnaries und der paradentalen Erkrankungen (1941, 41953), Paradentitis und Paradentose. Leitfaden der Zahnbetterkrankungen (1950) und Zahn-, Mund- und Kie¨ ferheilkunde im Kindesalter (1967). Uber die Fachgrenzen hinaus bekannt wurde er mit dem Buch Franz¨osisch im Ber14 liner Jargon (1976, 1998) u¨ ber den Einfluß der Hugenotten auf die Umgangssprache. 2001 verlieh die Zahn¨arztekammer Berlin zum ersten Mal die Ewald-Harndt-Medaille.

Harnack, Otto, Literarhistoriker, * 23. 11. 1857 Erlangen,

Harney, Fritz (Gustav Erich), Industrieller, * 24. 3. 1879 K¨onigsberg, † 15. 12. 1953 Berlin. H., Sohn eines Wagenbauers, war nach Studien der Physik, Chemie und National¨okonomie als Chemiker und Assistent in der Zuckerindustrie t¨atig; seit 1910 leitete er die Zuckerfabrik Wabern. 1916-45 war er Generaldirektor der AG Zuckerfabrik Nauen und leitete zwei industrielle Tochtergesellschaften sowie mehrere land- und forstwirtschaftliche G¨uter. Seit Mitte der zwanziger Jahre u¨ bernahm H. den Vorsitz zahlreicher Berufsvereinigungen, u. a. der Wirtschaftlichen Vereinigung der Deutschen Zuckerindustrie (seit 1933 Hauptvereinigung der Deutschen Zuckerindustrie). Bei der nach dem Ersten Weltkrieg eintretenden weltweiten Zucker¨uberproduktion erwarb er sich besondere Verdienste durch Teilnahme an internationalen Verhandlungen u¨ ber Kontingentierung von Zuckeranbau, -verarbeitung und -export, deren Ergebnisse 1931 in dem von ihm mitunterzeichneten Br¨usseler Chadbourne-Abkommen fixiert wurden. C NDB

† 22. 3. 1914 bei Besigheim. Der Sohn Theodosius → H.s und Bruder Adolf und Erich → H.s studierte seit 1875 Geschichte, Literaturgeschichte und Philologie in Dorpat, seit 1879 G¨ottingen, wurde dort 1880 zum Dr. phil. promoviert und war seit 1882 Oberlehrer in Dorpat, seit 1887 in der von ihm gegr¨undeten Schule in Wenden. 1889-91 Beitr¨ager der „Preußischen Jahrb¨ucher“ in Berlin, arbeitete er danach als Journalist und Sekret¨ar an der Deutschen K¨unstlervertretung in Rom. 1896 wurde er o. Prof. der Literatur und Geschichte an der TH Darmstadt, 1904 an der TH Stuttgart. H. arbeitete vorwiegend u¨ ber die Epoche der Klassik, machte sich als → Goethe-Forscher einen Namen und ver¨offentlichte u. a. Goethe in der Epoche seiner Vollendung (1887, 31905), Deutsches Kunstleben in Rom im Zeitalter der Klassik (1896) und Schiller (1898, 3 1905). Zu seinen literarischen Werken z¨ahlt das Drama Ulrich (1912). H. starb durch Selbstmord. Er war der Vater von Arvid und Falk → H. C IGL

Harnack, Theodosius (Andreas), luth. Theologe, * 3. 1. 1817 St. Petersburg, † 23. 9. 1889 Dorpat. H., Sohn eines Schneiders, studierte 1834-37 in Dorpat Theologie und wurde dann Hauslehrer. 1840-42 setzte er seine Studien in Berlin, Bonn und Erlangen fort, wurde 1843 in Dorpat promoviert und habilitierte sich dort im selben Jahr, wurde Privatdozent f¨ur Kirchengeschichte und Homiletik, 1847 Universit¨atsprediger sowie a. o. Prof., 1848 o. Prof. der praktischen, dann der systematischen Theologie. Seit 1853 lehrte er in Erlangen, kehrte jedoch 1866 auf den Lehrstuhl nach Dorpat zur¨uck und trat 1875 wegen Krankheit in den Ruhestand. H. war ein f¨uhrender Vertreter des konfessionellen Luthertums im 19. Jh. und stritt gegen den Rationalismus und Unionismus, sp¨ater gegen den von Albrecht → Ritschl gepr¨agten theologischen Liberalismus. Von Estland aus erlangte er tiefgreifenden Einfluß auf die theologisch-kirchliche Entwicklung der Ostseeprovinzen. Zu H.s Hauptwerken z¨ahlen Die lutherische Kirche Livlands und die herrnhutische Br¨udergemeine (1860), Die Kirche, ihr Amt und Regiment (1862, Nachdr. 1934 und 1947), Luthers Theologie (2 Bde., 1862-86, Nachdr. 1927), Praktische Theologie (2 Bde., 1877 / 78) und Katechetik (2 Bde., 1882). Er war der Vater von Adolf, Erich und Otto → H. C TRE

Harndt, Ewald (Albert Heinrich), Zahnarzt, * 22. 1. 1901 Berlin, † 11. 10. 1996 Bad Pyrmont. H. studierte 1920-26 Medizin und Zahnmedizin an der Univ. Berlin, wo 1925 zum Dr. med. (Histo-bakteriologische Stu-

Harnier, Wilhelm von, Forschungsreisender, * 9. 4. 1838 Eckezell (Hessen), † 23. 11. 1861 bei Gondokoro. H. gab nach kurzer Zeit aus gesundheitlichen Gr¨unden den ¨ Offiziersberuf auf und reiste 1856 nach Agypten, im folgenden Jahr nach Syrien und in den Libanon. 1859 / 60 unternahm er von Kairo aus eine Expedition nach Khartum, wobei er die Nubische W¨uste durchquerte. Seine zweite große Forschungsreise f¨uhrte ihn, begleitet von einem J¨ager und einem Pr¨aparator, in das Gebiet des oberen Weißen Nils; er kam dabei bis in das Gebiet um den vierten n¨ordlichen Breitengrad und gr¨undete auf H¨ohe des sechsten n¨ordlichen Breitengrads eine Siedlung. H. machte sich als ethnographischer Forscher, Sammler und Zeichner einen Namen. Er starb am oberen Weißen Nil bei einem Jagdunfall. Aus seinem Nachlaß erschien Wilhelm von Harniers Reise am oberen Nil. Aus dessen hinterlassenen Tageb¨uchern (1866, hrsg. von Adolf von Harnier). C ADB

Harnisch, Johann Baptist, o¨ sterr. Medailleur, * 22. 7. 1777 Wien, † 24. 4. 1826 Wien. H. war seit 1811 Direktor der Wiener Graveur-Akademie und wurde sp¨ater Hofkammermedailleur sowie Oberm¨unzgraveur. Er schuf als Vertreter der Wiener klassizistischen Medaille zahlreiche M¨unzen, die historische Begebenheiten wiedergaben; 1815 erteilte ihm die Wiener Hofkammer die Berechtigung, „Medaillen auf die glorreichen Kriegsereig-

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Harnisch nisse“ zu pr¨agen. H. schuf auch Tapferkeits-, Gedenk- und Portr¨atmedaillen ber¨uhmter Pers¨onlichkeiten, u. a. die Darstellung der Verm¨ahlung Franz I. mit Carolina Augusta. C Th-B

Harnisch, Matth¨aus, Buchh¨andler, Verleger, * um 1535 „Ranstatt“ (Markranst¨adt bei Leipzig ?), † 1596. H., gelernter Buchbinder, arbeitete seit 1564 als Buchh¨andler und seit 1572 als Verleger in Heidelberg; er vergab Druckauftr¨age an seinen Schwager, den Heidelberger Drucker Johann Mayer, sowie an den Frankfurter Georg Rab und hatte am linksrheinischen Buchhandelsgesch¨aft großen Anteil. 1577 u¨ bersiedelte er zusammen mit seinem Schwager nach Neustadt / Hardt, wo Pfalzgraf → Johann Casimir die neugegr¨undete Hochschule Casimirianum zu einem calvinistischen Zentrum ausbaute. H. erwarb dort das Haus „Zum Ochsen“ und richtete eine Buchhandlung ein. 1579 kaufte er den Erben Johann Mayers die Druckerei ab und druckte neben dem Heidelberger Katechismus sowie dem Neuen Arzneibuch Christoph → Wirsungs bevorzugt Schriften calvinistischer Theologen, u. a. von Hieronymus → Zanchius und Zacharias → Ursinus. Rund 240 Drucke wurden bekannt. Nach H.s Tod f¨uhrten seine S¨ohne Josua und Wilhelm H. das Gesch¨aft fort, 1604 verkauften sie es an Nikolaus Schramm. C LGB Harnisch, Otto Siegfried, Kantor, Komponist, * zwischen 1568 und 1570 Reckershausen bei G¨ottingen, bestattet 18. 8. 1623 G¨ottingen. Nach dem Besuch der Lateinschule studierte H. an der Univ. Helmstedt und war 1587 / 88 Kantor des Domstifts St. Blasius in Braunschweig. 1593 / 94 hatte er das Amt des Kantors an der Partikularschule in Helmstedt inne, 1594-1600 an der Großen Schule in Wolfenb¨uttel, wo er seit 1597 auch den Chor der Kantoreiknaben am Herzoghof leitete. H. wurde danach Kapellmeister am Hof Herzog → Philipp Sigismunds zu Braunschweig und L¨uneburg, 1603 Lehrer am G¨ottinger P¨adagogium und Kantor an der Kirche St. Johannis. Er komponierte u. a. Motetten, Madrigale, Oden und Kanzonetten. C MGG

Harnisch, (Christian) Wilhelm, P¨adagoge, * 28. 8. 1787 Wilsnack (heute Bad Wilsnack), † 15. 8. 1864 Berlin. H., Sohn eines Schneidermeisters, studierte seit 1806 Theologie in Halle und Frankfurt / Oder und legte das theologische Examen in Berlin ab. Kurzzeitig als Hauslehrer in Mecklenburg t¨atig, unterrichtete er 1809-12 neben Friedrich → Friesen und Friedrich Ludwig → Jahn an der Plamannschen Erziehungsanstalt in Berlin, wo er mit der P¨adagogik Johann Heinrich → Pestalozzis vertraut wurde. Nach der Promotion zum Dr. phil. 1812 war er Erster Lehrer am Breslauer Schullehrerseminar. Wegen seiner Mitgliedschaft im Deutschen Bund wurde H. 1822 als Direktor an das Lehrerseminar in Weißenfels versetzt, das unter seiner Leitung als Schulst¨atte Pestalozzischer P¨adagogik international bekannt wurde. 1842 u¨ bernahm er das Pfarramt in Elbeu (heute Wolmirstedt-Elbeu) und war 1856-61 Superintendent. H. war an der Reform der preuß. Lehrerbildung beteiligt und erlangte maßgeblichen Einfluß auf die Entwicklung der Grundschule. Er gab die Fachzeitschrift „Schulrat an der Oder“ (6 Jahrg¨ange, 1814 ff.) heraus und schrieb u. a. ein Handbuch f¨ur das deutsche Volksschulwesen (1820, 1893 neu hrsg. von Friedrich Bartels), Die Schullehrerbildung (1836) und Die k¨unftige Stellung der Schule, vorz¨uglich der Volksschule zu Kirche, Staat und Haus (1848). C MBL

Harnisch, Wolf, eigentl. Wolfgang Friedemann Franz Hoffmann-Harnisch, Schauspieler, Regisseur, * 10. 2. 1918 Br¨unn, † 2. 2. 1992 M¨unchen. H., Sohn von Wolfgang → Hoffmann-Harnisch, war seit 1924 als Kindersprecher beim Rundfunk t¨atig, nahm privaten

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Schauspielunterricht und engagierte sich als Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. 1937 emigrierte er u¨ ber Großbritannien nach S¨udamerika, wo er als Photograph, Journalist und Schauspieler t¨atig war. 1946 gr¨undete er zusammen mit seinem Vater das „Freie Europ¨aische K¨unstler-Theater“ und spielte dort und in einigen brasilianischen Filmen mit. 1951 kehrte er in die BRD zur¨uck und hatte Engagements an deutschen und o¨ sterr. Theatern und als Filmschauspieler. 1965-70 war er Chefredakteur beim Radiosender Deutsche Welle K¨oln und arbeitete seit 1971 in M¨unchen als Theater-, Film- und Fernsehproduzent. C Exiltheater

Harper, Adolf Friedrich, Maler, * 17. 10. (?) 1725 Berlin, † 23. 6. 1806 Berlin. H. wurde durch seinen Vater, den preuß. Kabinettsmaler Johann H., in der Malerei unterrichtet, unternahm Studienreisen nach Frankreich und Italien, hielt sich 1752-56 in Rom auf und setzte seine Ausbildung bei dem Landschaftsmaler R. Wilson fort. 1756 trat er in die Dienste Herzog → Karl Eugens von W¨urttemberg, war an dessen Residenzbauten beteiligt und wirkte seit 1759 vor allem als Hofmaler. 1761-94 unterrichtete H. Landschaftsmalerei an der mit der Hohen Karlsschule zusammengelegten Acad´emie des Arts (seit 1770). 1784 u¨ bernahm er die Leitung der dortigen Galerie und ging nach seiner Pensionierung (1797) nach Berlin zur¨uck. H. trat insbesondere als Maler von Landschaften und Stilleben hervor. C NDB Harpprecht, Christian Ferdinand, Jurist, * 13. 9. 1718 T¨ubingen, † 25. 12. 1758. H., Urenkel Ferdinand Christoph → H.s, studierte in T¨ubingen, wurde 1741 zum Dr. phil. promoviert und war seit demselben Jahr Hofgerichtsadvokat. 1747 erhielt er in T¨ubingen eine außerordentliche Professur der Rechte, 1749 eine ordentliche Professur der praktischen Philosophie und wechselte 1750 mit dem Titel Herzoglicher Rat als Lehrer der Institutionen und des kanonischen Rechts an die Juristische Fakult¨at (1753 Promotion zum Dr. jur.). H. ver¨offentlichte rund zwanzig privatrechtliche Abhandlungen. C ADB Harpprecht, Christoph Friedrich, Jurist, * 22. 9. 1700 T¨ubingen, † 4. 7. 1774. Der Sohn von Georg Friedrich H. und Enkel von Ferdinand Christoph → H. reiste nach nicht abgeschlossenen Universit¨atsstudien als Sekret¨ar einer w¨urttembergischen Gesandtschaft nach England, wurde nach der R¨uckkehr Hofgerichtsadvokat in T¨ubingen und hielt seit 1727 Vorlesungen u¨ ber w¨urttembergisches Privatrecht. 1729 zum Herzoglichen Rat und Hofgerichtsassessor ernannt, wechselte er im folgenden Jahr als Prof. der Rechte und Geschichte an das F¨urstencollegium nach T¨ubingen. Nach der Promotion 1730 lehrte H. seit 1731 als o. Prof. neben Rechtswissenschaften juristische Literaturgeschichte und Kriegsrecht an der dortigen Universit¨at. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlt die Schrift Consultatio loco programmatis (1727). Harpprecht, Ferdinand Christoph, Jurist, * 3. 6. 1650 T¨ubingen, † 9. 11. 1714 T¨ubingen. H., Sohn eines Hofgerichtsadvokaten und Urenkel von Johann → H., schloß die juristischen und philosophischen Studien in T¨ubingen 1673 mit der Promotion zum Dr. jur. ab, ließ sich als Anwalt nieder und wurde nach erfolgreicher ¨ Ubernahme der Interessen Herzog Friedrich Karls von W¨urttemberg zum Herzoglichen Rat ernannt. 1678 folgte er einem Ruf als Prof. der Rechte nach T¨ubingen, war in den folgenden Jahren mehrfach f¨ur die herzogliche Regierung t¨atig und wirkte neben seiner Lehrt¨atigkeit seit 1688 als Assessor am Stuttgarter Hofgericht. H. ver¨offentlichte u. a. als Fortsetzung der Sammlung von Christoph → Besold die Consilia Juridica Tubigensia (6 Bde., 1695-99). C NDB

Harrach Harpprecht, Johann, Jurist, * 20. 1. 1560 Walheim bei Besigheim / Neckar, † 18. 9. 1639 T¨ubingen. H., Sohn eines Bauern und Schultheißen, verlor fr¨uh seine Eltern durch die Pest. Er besuchte die Lateinschule in Besigheim, studierte seit 1578 in Straßburg, T¨ubingen und Marburg Philosophie, Philologie sowie Rechtswissenschaften und wurde 1589 zum Dr. jur. promoviert. Anschließend erwarb er am Reichskammergericht Speyer praktische Erfahrung, hielt in T¨ubingen zahlreiche Disputationen und lehrte von 1592 bis zu seinem Tod als Prof. der Rechte an der Univ. T¨ubingen; dar¨uber hinaus war er Assessor am Hofgericht. H. verfaßte zahlreiche juristische Werke; bekannt wurde er durch den umfangreichen Institutionenkommentar Commentarius ad IV libros institutionum imperialium theoretico-practicus (5 Bde., 1615-27). C NDB Harpprecht, Johann Heinrich Frh. von, Jurist, * 9. 7. 1702 T¨ubingen, † 25. 10. 1783 Wetzlar. H. studierte seit 1719 an der Univ. T¨ubingen Rechtswissenschaften und wurde 1724 Hofgerichtsadvokat und 1727 Hofrat. Seit 1733 war er w¨urttembergisch-neust¨adtischer Justizdirektor in Neustadt und wechselte im folgenden Jahr als Mitglied des Regierungskollegiums nach Stuttgart. Seit 1739 Direktorialgesandter in Ulm, wurde er 1740 Assessor des Reichskammergerichts, 1762 Pfennigmeister. 1764 erfolgte die Erhebung zum Reichsfreiherrn. H. verfaßte zahlreiche Werke zum Reichsjustizwesen und kammergerichtlichen Staatsrecht, u. a. Staats-Archiv des Kayserlichen und Heiligen R¨omischen Reichs Cammer-Gerichts oder Sammlung von gedruckten und mehrentheils ungedruckten actis publicis, Archival-Urkunden [. . .] (4 Bde., 1757-1760; Bd. 5-6, 1767-69 unter dem Titel Geschichte des Kaiserlichen und Reichs-Cammer-Gerichts unter der Regierung Carl des F¨unften). C ADB Harpprecht zu Harpprechtstein, Stephan Christoph, Jurist, * 12. 6. 1676 T¨ubingen, † 11. 1. 1735 Wien. H. zu H., Neffe von Ferdinand Christoph → Harpprecht, schloß die juristischen Studien in Halle und T¨ubingen mit der Promotion zum Dr. jur. ab und wurde 1702 a. o. Prof. der Rechte in T¨ubingen, sp¨ater o. Prof. und HohenzollernHechingischer Hofrat. 1709 Regierungsrat und Kammergerichtsprokurator in Stuttgart, nahm er im folgenden Jahr seine Lehrt¨atigkeit wieder auf. 1714 floh H. zu H. mit seinem wegen angeblicher Verwaltungsschulden verfolgten Vater und seiner Familie nach Rottenburg / Neckar, dann nach Wien. Dort zum Hofrat und Kammerdirektor ernannt, wechselte er 1722 als Justizrat nach Kiel, wo er Professor primarius, danach Prokanzler wurde. Seit 1728 war H. zu H. Rat der Reichsritterschaft am Niederrhein, anschließend Geheimer Rat des Herzogs → Anton Ulrich von SachsenMeiningen und lebte zuletzt als Geheimrat in Wien. C ADB Harr, (Hermann) Carl, H¨uttendirektor, * 28. 11. 1866 Siegen, † 3. 4. 1951 Dortmund-H¨orde. Der Sohn eines B¨ackermeisters absolvierte ein Chemieund H¨uttenkundestudium an der Bergakademie in Clausthal und der Univ., der TH und der Bergakademie in Berlin (1885-90). Er arbeitete als Chemiker zwei Jahre lang beim damaligen H¨order Bergwerks- und H¨uttenverein und wechselte anschließend zum Hochofenbetrieb, wo er 1897 die Leitung des gesamten Hochofenwerks sowie der Kokerei u¨ bernahm. 1908, nach der Bildung der Phoenix AG f¨ur Bergbau- und H¨uttenbetrieb, wurde H. technischer Leiter des Werkes Ruhrort; unter seiner F¨uhrung erfolgte die Modernisierung und Erweiterung der Hochofenanlagen und der Stahl- und Walzwerke. 1917 kehrte er nach H¨orde zur¨uck und u¨ bernahm die Leitung des gesamten Werkes. H. war

mehrere Jahre Mitglied des Hochofen- und des Kokereiausschusses und geh¨orte seit 1920 dem Vorstand des Vereins C NDB Deutscher Eisenh¨uttenleute an.

Harrach, Aloys (Thomas Raimund) Graf von, auch Louis H., o¨ sterr. Staatsmann, * 7. 3. 1669 Wien, † 7. 11. 1742 Wien. H. trat in kaiserliche Dienste und f¨uhrte als Reichshofrat und K¨ammerer des r¨omischen K¨onigs → Joseph I. 1694 / 95 in Dresden Verhandlungen; 1696 ging er als außerordentlicher Botschafter an den spanischen Hof. Nach Wien zur¨uckgekehrt, wurde er 1698 als Nachfolger seines Vaters Ferdinand Bonaventura von → H. zum Botschafter K¨onig Karls II. von Spanien ernannt; damit verbunden war die Hoffnung, H. k¨onnte die habsburgischen Erbfolgeangelegenheiten in Spanien durch die ihm wohlgesonnene K¨onigin → Maria Anna ¨ von Pfalz-Neuburg im Sinne Osterreichs beinflussen. Nachdem jedoch der Enkel Ludwigs XIV. spanischer K¨onig geworden war, verließ H. Madrid und war Landmarschall sowie Landesoberster von Nieder¨osterreich (seit 1715). Seit 1728 Vizek¨onig von Neapel, u¨ bernahm er 1734 das Amt eines Konferenzministers in Wien. H. war der Vater von Ferdinand von → H. C NDB Harrach zu Rohrau, Ernst Adalbert Frh. von, Erzbischof von Prag, Kardinal, Bischof von Trient, * 4. 1. 1598 Wien, † 25. 10. 1667 Wien. H. kam 1616 als Alumne an das Collegium Germanicum in Rom, studierte dort Theologie, wurde zum Dr. theol. promoviert und empfing die Priesterweihe. Mit dem Titel eines p¨apstlichen K¨ammerers u¨ bernahm er 1622 die Propstei von Maria Saal (K¨arnten) und wurde Domherr in Olm¨utz und Passau, 1630 in Freising, 1648 in Brixen, 1652 in Trient. Im Zuge der Rekatholisierung B¨ohmens veranlaßte Kaiser → Ferdinand II. die Einsetzung H.s zum Erzbischof von Prag (1623-67). Er war Großmeister des Prager Kreuzherrenordens, seit 1626 Kardinal und 1665-67 F¨urstbischof von Trient. W¨ahrend H.s Amtszeit wurden die Grundlagen zur Wiederherstellung der kath. Kirche in B¨ohmen gelegt. C Gatz 3

Harrach, Ferdinand (Bonaventura Joseph Georg Leopold Anton) Graf von, o¨ sterr. Staatsmann, * 11. 4. 1708, † 28. 1. 1778 Wien. H., Sohn Aloys von → H.s, verlebte seine Kindheit in Neapel, studierte an der Univ. Salzburg und trat 1732 als nieder¨osterreichischer Regimentsrat in den Staatsdienst ein. 1735 wurde er Rat der o¨ sterr. Hofkanzlei, 1744 Geheimer Rat, 1745 Landmarschall Nieder¨osterreichs; er u¨ bergab dieses Amt bereits im folgenden Jahr seinem Bruder Friedrich von → H. 1747-50 reorganisierte er als Gouverneur das Herzogtum Mailand. Seit 1750 Pr¨asident des Reichshofsrats, versuchte er, den Reformeifer Kaiser → Josephs II. zu bremsen. H. besch¨aftigte sich neben der Verwaltung seiner G¨uter mit landwirtschaftlichen Fragen. C NDB Harrach, Ferdinand Graf, Maler, * 27. 2. 1832 Rosnochau (Schlesien), † 14. 2. 1915 Berlin. H. studierte in Berlin Jura und Philosophie und war 1860-68 Sch¨uler an der Weimarer Kunstschule. 1866 sowie 1870 / 71 nahm er an den Feldz¨ugen teil, ging 1872 zu Studienzwecken nach Italien und ließ sich 1873 in Berlin nieder. H. malte zun¨achst historische Gem¨alde und Genrebilder, seit Ende der siebziger Jahre vor allem neutestamentliche Themen und Portr¨ats. Er beschickte zwischen 1862 und 1892 mehrmals die Berliner Akademie-Ausstellung, seit 1895 die Große Berliner Kunstausstellung. C Th-B Harrach, Ferdinand Bonaventura Graf von, o¨ sterr. Diplomat, * 14. 7. 1637, † 15. 6. 1706 Karlsbad. H., Sohn eines Generalfeldwachtmeisters und Enkel von Karl von → H., war seit 1659 Reichshofrat und K¨ammerer

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Harrach und wurde 1669 mit einer Sondergesandtschaft zu Ludwig XIV. von Frankreich betraut. Er war 1673-76 und wieder 1697 außerordentlicher Botschafter Kaiser → Leopolds I. am spanischen Hof in Madrid, um – wenn auch vergeblich – die Erbfolge von Erzherzog Karl zu erwirken. Nach seiner R¨uckkehr 1698 wurde H. Obersthofmeister und u¨ bernahm den Vorsitz in der Staatskonferenz sowie die Leitung der ausw¨artigen Politik. Er errichtete ein Majorat in B¨ohmen. H. war der Vater von Aloys, Johann Joseph Philipp und Franz Anton von → H. C NDB

Harrach zu Rohrau, Franz Anton Reichsgraf von, Bischof von Wien, Erzbischof von Salzburg, * 2. 10. 1663 Wien, † 18. 7. 1727 Salzburg. Der Sohn Ferdinand Bonaventura von → H.s studierte in Rom Rechtswissenschaft und wurde 1685 Kanoniker in Passau, 1687 in Salzburg. Nach der Priesterweihe 1691 war er Domdechant, Generalvikar und Konsistorialpr¨asident (1692) in Passau und wurde sp¨ater Dompropst. Seit 1702 Bischof von Wien, setzte er sich insbesondere f¨ur eine strikte kirchliche Disziplin innerhalb des Klerus ein. Seit 1706 war er Koadjutor des Salzburger Bischofs, 1709-27 F¨ursterzbischof von Salzburg. C Gatz 3

Harrach, Friedrich (August Gervas) Graf von, o¨ sterr. Staatsmann, * 18. 6. 1696, † 4. 6. 1749. Seit 1720 Reichshofrat, wurde H., Bruder von Ferdinand Bonaventura → H., 1726 Gesandter in Turin, 1728 kurb¨ohmischer Gesandter in Regensburg; seit 1729 war er Geheimer Rat. Er war Kommissar bei der W¨urzburger Bischofswahl 1729 sowie bei der Wahl des Hoch- und Deutschmeisters 1732. Seit 1732 Obersthofmeister der Statthalterin der o¨ sterr. Niederlande, der Erzherzogin → Maria Elisabeth, hatte H. nach deren Tod das Amt des Interims-Statthalters inne und wurde dann Oberster Kanzler B¨ohmens sowie Mitglied der Geheimen Staatskonferenz. 1745 unterzeichnete er als diplomatischer Berater Herzog → Karl Alexanders von Lothringen den Frieden von Dresden, der den Zweiten Schlesischen Krieg beendete. H. u¨ bernahm 1746 das Amt des Landmarschalls von Nieder¨osterreich von seinem Bruder Ferdinand von → H. Er setzte sich f¨ur die Interessen der b¨ohmischen und nieder¨osterreichischen St¨ande gegen die zentralisierenden Reformen des Grafen → Haugwitz ein und wurde schließlich von Kaiserin → Maria Theresia vom Dienst beurlaubt. C NDB Harrach, Johann Joseph Philipp Graf von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 22. 10. 1678, † 8. 8. 1764 Wien. H., Sohn Ferdinand Bonaventura von → H.s, nahm unter Prinz → Eugen an den Schlachten bei Peterwardein (1716) und Belgrad (1717) teil und wurde 1723 kaiserlicher General. 1739 wurde er zum Pr¨asidenten des Hofkriegsrats ernannt.

Harrach, Johann Nepomuk Graf von, o¨ sterr. Politiker, * 2. 11. 1828 Wien, † 12. 12. 1910 Wien. H. widmete sich zun¨achst der Verwaltung seiner G¨uter sowie seiner Glasfabrik in Neuwelt, wo er eine Schule f¨ur Glasmalerei und Glasschneiderei einrichtete. Zu Beginn der parlamentarischen Bewegung in B¨ohmen schloß er sich dem Feudaladel an, war seit 1873 Reichstagsabgeordneter, geh¨orte seit 1879 dem Alttschechenklub an und wurde 1884 Mitglied des o¨ sterr. Herrenhauses. H. setzte sich f¨ur die Erf¨ullung des Ausgleichs von 1890 ein. Nach dem R¨uckzug aus der Politik 1893 erwarb er sich besondere Verdienste durch die Errichtung tschechischer Schulen in Wien; er f¨orderte Kunst und Wissenschaft sowie den Bau eines Landesmuseums. H. war Pr¨asident der Modernen Galerie f¨ur B¨ohmen und Mitglied ¨ des Kuratoriums des Osterreichischen Museums f¨ur Kunst und Industrie.

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Harrach, Karl Graf von, o¨ sterr. Staatsmann, * 1570, † 16. 5. 1628 Prag. H. war K¨ammerer des Erzherzogs → Ernst und wurde 1595 von Kaiser → Rudolf II. zum o¨ sterr. Regimentsrat ernannt. Im Dienst des Erzherzogs und sp¨ateren Kaisers → Ferdinand II., wurde er 1601 Hofkammerrat und wirkte 1608 als Sendbote des Erzherzogs → Matthias. Seit 1618 kaiserlicher Sendbote, verhandelte H. u. a. mit den venezianischen Gesandten u¨ ber den Madrider Frieden von 1617. Ferdinand II. ernannte ihn zum Geheimen Rat und verlieh ihm 1625 das M¨unzrecht, 1627 das Erblandstallmei¨ steramt in Osterreich ob der Enns. H.s Tochter Elisabeth (Isabella Katharina) H. wurde 1623 die zweite Gemahlin → Wallensteins. C ADB Harrach, Karl Borrom¨aus Graf von, o¨ sterr. Mediziner, * 11. 5. 1761 Wien, † 19. 10. 1829 Wien. H. studierte Rechtswissenschaften in Wien, wurde 1784 Gubernialrat in Prag und trat nach dem Einspruch seiner Eltern gegen eine von ihm geplante Heirat dem Johanniterorden bei. Er bereiste Deutschland, Frankreich und England, lernte u. a. → Goethe kennen und studierte die Heilkunde; 1803 wurde er zum Dr. med. promoviert, im selben Jahr wurde er Magister der Geburtshilfe. Seit 1806 Mitglied des Deutschen Ordens, widmete sich H. vor allem der Behandlung von Armen, bezahlte ihnen die Medikamente und engagierte sich f¨ur H¨aftlinge und Strafentlassene. 1798 u¨ bersetzte H. mit Kommentaren John Mason Goods Dissertation on the diseases of prisons and poor-houses in die deutsche Sprache. 1814-29 arbeitete er als unbezahlter Primararzt im Institut der Elisabethinerinnen. H. hinterließ sein Verm¨ogen den Armenanstalten Wiens. C ADB Harrassowitz, Hermann (Ludwig Friedrich), H. Meyer (bis 1917), Geologe, Pal¨aontologe, * 19. 10. 1885 Cottbus, † 18. 4. 1956 Bad Ems. H., Sohn eines Apothekers, schloß das Geologiestudium in Freiburg / Breisgau 1909 mit der Promotion ab (Geologische Untersuchungen am Nordostrande des Surettmassives im s¨udlichen Graub¨unden) und war dort Assistent am Geologischen Institut, danach am Mineralogischen Institut der Univ. Gießen, wo er sich 1910 f¨ur Geologie und Pal¨aontologie habilitierte. Seit 1915 außeretatm¨aßiger a. o. Prof. in Gießen, wurde er nach der T¨atigkeit als Heeresgeologe in Flandern und Rußland (1917 / 18) 1919 a. o., 1920 o. Prof. und Direktor des Geologisch-Pal¨aontologischen Instituts. 1925 erfolgte die Wahl in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1934 von den Nationalsozialisten in den Ruhestand versetzt, erhielt er 1947 einen Lehrauftrag an der Justus-Liebig-Hochschule und wurde 1952 emeritiert. H. erforschte die chemischen Vorg¨ange in der Erdkruste und fand grundlegende Ergebnisse u¨ ber Verwitterung und Bauxitlagerst¨atten. Er ver¨offentlichte u. a. Die H¨ohenlage der Rh¨on (1922) und Laterit (1926). C NDB

Harrassowitz, Otto (Wilhelm), Buchh¨andler, Verleger, * 18. 12. 1845 La Guayra (Venezuela), † 24. 6. 1920 Gaschwitz bei Leipzig. H., Sohn eines Handelsherrn, kam zehnj¨ahrig nach Deutschland, war nach dem Abitur Lehrling sowie Gehilfe in Leipzig und Amsterdam und gr¨undete 1872 gemeinsam mit seinem Freund Oskar Richter die Antiquariats- und Verlagsbuchhandlung „Richter & Harrassowitz“ in Leipzig. Nach Richters Ausscheiden wurde er 1875 Alleininhaber, 1890 verkaufte er das naturwissenschaftliche und medizinische Antiquariat an Max Weg und konzentrierte sich auf den geistesund sprachwissenschaftlichen Bereich. Neben dem Antiquariat investierte H. in drei weitere Gesch¨aftszweige: die Vermittlung europ¨aischer Literatur in den USA, den Import orientalischer Literatur sowie den Aufbau eines Verlags. Er

Harries ver¨offentlichte rund 500 Antiquariatskataloge, insbesondere in den Bereichen Orientalistik sowie Sprach- und Bibliothekswissenschaft. Der Verlag wurde durch die Gr¨undung des „Zentralblatts f¨ur Bibliothekswesen“ (seit 1884) bekannt. Weitere wichtige Werke waren die „Sammlung bibliothekswissenschaftlicher Arbeiten“ (seit 1887), das „Jahrbuch der Deutschen Bibliotheken“ (seit 1902) sowie das „Jahrbuch der B¨ucherpreise“ (1907-40). H. geh¨orte nicht nur zu den bedeutendsten wissenschaftlichen deutschen Antiquaren, sondern zu den gr¨oßten deutschen Exporteuren von B¨uchern insbesondere nach Nordamerika. Das Gesch¨aft f¨uhrte sein Sohn Hans H. weiter. C LGB

Harrer, (Johann) Gottlob, Musiker, Komponist, Kapellmeister, * 8. 5. 1703 G¨orlitz, † 9. 7. 1755 Leipzig. H., Sohn eines Rentsch¨ossers, studierte in Leipzig Medizin, ging dann nach Dresden an den Hof → Friedrich Augusts I., wo sein musikalisches Talent auffiel und er vom Grafen → Br¨uhl abgeworben und 1738-41 zum Studium nach Italien geschickt wurde. Nach seiner R¨uckkehr leitete er als Kapellmeister die Privatkapelle Br¨uhls und u¨ bernahm 1750 als Nachfolger Johann Sebastian → Bachs das Thomaskantorat in Leipzig. 1755 erfolgte die Ernennung zum k¨oniglichs¨achsischen Kammerkomponisten. H.s Kompositionen standen unter dem Einfluß des italienischen „Palestrina-Stils“; er schuf lateinische und deutsche Kirchenmusik, Oratorien, Passionen, Sinfonien und Kammermusik. C MGG Harrer, Hans, Kammermeister, † Ende Juni 1580. H. trat um 1550 in den Dienst des Kurf¨ursten → Moritz von Sachsen, wurde 1562 Kammerdiener des Kurf¨ursten → August von Sachsen, hatte in der Folgezeit wesentlichen Anteil an der Reorganisation der Staatsfinanzen sowie des kurf¨urstlichen Verm¨ogens und f¨orderte in erheblichem Maße das s¨achsische Wirtschaftsleben. Er leitete die f¨urstliche Kammerverwaltung, beriet den Kurf¨ursten bei wirtschaftlichen Unternehmungen und war f¨ur Personalabrechnung, ¨ die Uberwachung der Bauvorhaben, die Auftragserteilung an Handwerker und K¨unstler sowie f¨ur den Einkauf aller Bedarfsg¨uter der f¨urstlichen Hofhaltungen zust¨andig. Als Kaufmann besch¨aftigte er sich auf eigene Rechnung mit dem Kreditwesen, mit Wechselgesch¨aften und dem Handel von Vieh, Getreide und aus den Kolonien importierten Rohstoffen. H. investierte u. a. im mitteldeutschen Bergbau und besaß zahlreiche Fabriken. Nachdem er beim fehlgeschlagenen Versuch, den deutschen Gew¨urzhandel u¨ ber eine th¨uringische Handelsgesellschaft zu monopolisieren, sein Verm¨ogen verloren hatte, beging er Selbstmord. C ADB Harrer, Heinrich, o¨ sterr. Alpinist, Forschungsreisender, Schriftsteller, * 6. 7. 1912 Obergossen (Gem. H¨uttenberg, K¨arnten), † 7. 1. 2005 Friesach (K¨arnten). H., Sohn eines Postbeamten, studierte 1933-38 Geographie und Sport in Graz, geh¨orte seit 1936 dem o¨ sterr. Kader f¨ur die Olympischen Winterspiele an und wurde Nationaltrainer der o¨ sterr. Damenskinationalmannschaft. 1938 gelang ihm mit Anderl → Heckmair, Fritz → Kasparek und Ludwig („Wiggerl“) V¨org die Erstbesteigung der Eiger-Nordwand. Seit demselben Jahr Mitglied der NSDAP und der SS, nahm H. 1939 an einer Erkundungsexpedition zum Nanga Parbat teil, wurde mit Beginn des Zweiten Weltkriegs verhaftet und in einem englischen Lager interniert, aus dem ihm 1944 gemeinsam mit Peter Aufschnaiter die Flucht gelang. 1946 erreichte H. die tibetische Hauptstadt Lhasa, wo er Lehrer und Berater des Dalai Lama wurde. Nach seiner R¨uckkehr nach Europa 1952 schrieb er zahlreiche B¨ucher und schilderte seine Erlebnisse in Tibet u. a. in seinem bekanntesten Buch Sieben Jahre in Tibet (1952, 282006, verfilmt 1997).

In den folgenden Jahrzehnten f¨uhrten ihn mehr als 20 Expeditionen in alle Kontinente (u. a. beschrieben in Die letzten F¨unfhundert. Expedition zu den Zwergv¨olkern aus den Andamanen, 1977; Meine Forschungsreisen, 1986). H. wurde 1964 zum Prof. ernannt. 2002 erschien seine Autobiographie unter dem Titel Mein Leben. C Killy

Harrer, Ignaz, o¨ sterr. Jurist, Politiker, * 19. 7. 1826 Schußstatt bei Lambach (Ober¨osterreich), † 11. 6. 1905 Salzburg. H. schloß das Studium der Rechtswissenschaft mit der Promotion ab und lebte als Notar, seit 1863 als Anwalt in Salzburg. Er war 1867-96 Mitglied des Salzburger Landtags und 1872-75 B¨urgermeister der Stadt Salzburg, um deren wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung er sich, u. a. als Mitbegr¨under des „Mozarteums“, Verdienste erwarb.

Harriers-Wippern, Luise, geb. Wippern, S¨angerin, * 28. 2. 1826 Hildesheim, † 5. 10. 1878 G¨orbersdorf (Schlesien). H.-W. erhielt ihre dramatische Ausbildung u. a. bei Karl → T¨opfer in Hamburg, deb¨utierte 1857 als Agathe im Freisch¨utz an der Berliner Hofoper, wirkte im selben Jahr an der Urauff¨uhrung von Wilhelm Taubers Macbeth mit und blieb dort fest engagiert bis 1871. Sie gastierte an der Wiener Hofoper (1860), auf dem Schweriner Musikfest (1862) sowie an Her Majesty’s Theatre in London (1863-65). H.-W. wurde als lyrische und dramatische Sopranistin bekannt; zu ihren erfolgreichsten B¨uhnenpartien z¨ahlt die Elsa im Lohengrin. C Kutsch

Harries, Carl Dietrich, Chemiker, * 5. 6. 1866 Luckenwalde, † 3. 11. 1923 Berlin. H. studierte Naturwissenschaften in Jena, dann Chemie in M¨unchen und arbeitete am Chemischen Institut der Universit¨aten M¨unchen und Berlin (1888 / 89). Nach der Pro¨ motion 1890 (Uber einige neue Abk¨ommlinge des Salicylaldehyd) war er Assistent am Chemischen Institut in Berlin, habilitierte sich 1897 und wurde 1900 Abteilungsleiter des I. Chemischen Universit¨atslaboratoriums unter Emil → Fischer. Seit 1903 a. o. Prof. in Berlin, wurde H. 1904 o. Prof. und Direktor des Chemischen Instituts der Univ. Kiel. 1909 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. 1916 u¨ bernahm er die Leiung des Zentrallaboratoriums der Firma Siemens. H. f¨uhrte die Ozonisierung als Spaltungsmethode f¨ur unges¨attigte Verbindungen ein, arbeitete u¨ ber die Konstitutionsaufkl¨arung des Kautschuks und dessen Synthese durch Polymerisation von Isopren und ver¨offentlichte u. a. Untersuchungen u¨ ber das Ozon und seine Einwirkung auf organische Verbindungen (1916) und Untersuchungen u¨ ber die nat¨urlichen und k¨unstlichen Kautschukarten (1919). C DBJ, Bd 5

Harries, Heinrich, luth. Theologe, Dichter, * 9. 9. 1762 Flensburg, † 28. 9. 1802 Br¨ugge bei Kiel. H., Sohn eines Branntweinbrenners und Zuckersieders, studierte 1779-84 in Kiel und G¨ottingen Theologie, wurde 1790 Prediger in Sieverstedt und war 1794-1802 Pastor in Br¨ugge. Er verfaßte Erbauungsschriften mit apologetischer und p¨adagogischer Absicht (u. a. Der fromme Seefahrer [. . .], 1792), schrieb empfindsame Lyrik und war als ¨ Ubersetzer t¨atig. Sein Kriegslied auf K¨onig Christian VII. von D¨anemark wurde in der Umdichtung von Balthasar Gerhard Schumacher, mit der Melodie der britischen Nationalhymne God save the King unterlegt, zur preuß. K¨onigs- und Kaiserhymne Heil Dir im Siegerkranz (1793). C SHBL, Bd 11

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Harring Harring, Harro Paul (Kasimir), Pseud. Hamlet, Harro, Harro-Harring, Hazimierowicz, Hopfer, Jarr, John Felleisen, Johnes, Kasimirowicz, Rhongar, Robert Johns, Schriftsteller, * 28. 8. 1798 Wobbenb¨ull bei Husum, † 15. 5. 1870 St. H´elier (auf Jersey, Großbritannien). H., Sohn eines Deichgrafen, arbeitete zun¨achst als Zollbediensteter in Husum, studierte seit 1817 in Kopenhagen, Kiel und Dresden Malerei, schloß sich dem radikalen Fl¨ugel der Burschenschaften an und geriet nach den Karlsbader Beschl¨ussen in die Demagogenverfolgung. Seit 1820 unternahm er ausgedehnte Reisen durch Europa und Nordund S¨udamerika; er nahm u. a. 1821 an den Aktionen der Philhellenischen Legion im griechischen Unabh¨angigkeitskrieg teil. H. arbeitete als Theaterdichter in M¨unchen, als Dramaturg am Theater an der Wien (1826 / 27) und ging nach der Ausweisung nach Prag. Seit 1828 diente er in Warschau als Junker in einem russischen Regiment, kehrte 1830 nach Sachsen und Th¨uringen zur¨uck und ver¨offentlichte Memoiren u¨ ber Polen unter russischer Herrschaft (1831). Wegen revolution¨arer Umtriebe erneut ausgewiesen, wechselte er nach Straßburg und wurde Mitarbeiter des „Konstitutionellen Deutschland“. H. nahm am Hambacher Fest teil (1832) und hielt sich anschließend in Frankreich und der Schweiz auf, wo er nach der Beteiligung am „SavoyerFeldzug“ (1834) seines Freundes Giuseppe Mazzini in Solothurn inhaftiert wurde. Er floh u¨ ber England und die USA nach Brasilien, kehrte 1848 nach Hamburg zur¨uck und gab dort die Zeitschrift „Das Volk“ heraus. Die wiederholte Ausweisung f¨uhrte H. ins norwegische Exil, dann nach London; dort war er Mitglied von Mazzinis Europ¨aischem demokratischen Nationalkomitee und griff Karl → Marx publizistisch an. 1856-70 wechselte er mehrfach zwischen Brasilien und der Insel Jersey. H. starb durch Selbstmord. Er machte sich als Erz¨ahler, Dramatiker, Lyriker und Herausgeber einen Namen, schrieb u. a. das Drama Der Wildsch¨utze (1825), politisch-revolution¨are Gedichte (Splitter und Balken, 1832; Die M¨owe, 1835, Nachdr. 1994) und die in d¨anischer Sprache verfaßte Autobiographie Mit Levnet (1863). C SHBL, Bd 5 Harry, Adelma, S¨angerin, * 21. 3. 1844 Brieg (Schlesien), † 11. 5. 1917 M¨unchen. H. wurde am Konservatorium in Graz ausgebildet und deb¨utierte 1862 am Opernhaus in Leipzig, wo sie bis 1865 blieb. Es folgten Engagements in Breslau, Hamburg und am Deutschen Opernhaus in Rotterdam; mehrmals sang sie an der Kroll-Oper in Berlin. Hans von → B¨ulow holte H. f¨ur die Privatvorstellungen von → Wagner-Opern K¨onig → Ludwigs II. nach M¨unchen. Sie nahm auch an der EuropaTournee von Angelo → Neumanns wanderndem WagnerTheater teil. H. war verheiratet mit dem Dramaturgen Wilhelm → Buchholz. Zu ihren Hauptrollen geh¨orten die K¨onigin der Nacht sowie die Susanna. H. zog sich 1883 von der B¨uhne zur¨uck. C Kutsch Harsch, Ferdinand Amad´ee Graf von, auch Harrsch, o¨ sterr. Milit¨ar, * 1664 Elsaß, † 5. 2. 1722 Freiburg / Breisgau. H. diente zun¨achst im franz¨osischen Heer, nahm auf Morea am Kampf gegen die T¨urken teil (1688) und trat sp¨ater in das kaiserliche Heer ein. Nach der Schlacht von Luzzara 1702 wurde er Generalfeldwachtmeister und verteidigte 1713 als Gouverneur Freiburg / Breisgau. → Karl VI. erhob ihn in den Reichsgrafenstand und ernannte ihn zum Feldzeugmeister und Inspektor des Geniewesens. In Wien bekleidete H. das Amt des Hofkriegsrats, bevor er seine berufliche Laufbahn als Gouverneur von Freiburg / Breisgau beschloß. Er war der Vater von Ferdinand Philipp von → H.

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Harsch, Ferdinand Philipp Graf von, auch Harrsch, o¨ sterr. Milit¨ar, * 21. 11. 1704, † 1. 11. 1792 Schloß Margarethen am Moos (Nieder¨osterreich). Der Sohn Ferdinand Amad´ee von → H.s k¨ampfte als Oberst im T¨urkenkrieg (1739) und als Generalmajor bei Hohenfriedberg (1745) und Piacenza (1746). Er wurde Feldmarschall-Leutnant, nach den Grenzauseinandersetzungen mit Venedig 1753 Feldzeugmeister sowie Generalkommiss¨ar von Graz und Friaul. Im Siebenj¨ahrigen Krieg war H. 1758 verantwortlich f¨ur die Belagerung von Neiße und wurde 1761 Geniedirektor, 1772 Gouverneur von ¨ Osterreichisch-Schlesien. C Wurzbach Harscher von Almendingen, Ludwig, Jurist, Staatsmann, * 25. 3. 1766 Paris, † 16. 1. 1827 Dillingen. H. v. A., Sohn des hessen-darmst¨adtischen Gesandten in Paris, studierte 1789-92 in G¨ottingen, wurde zum Dr. jur. promoviert und lehrte seit 1794 als Prof. der Rechte in Herborn. 1804-11 war er Rat am nassauischen Oberappellationsgericht Hadamar, danach Geheimer Rat und Vizedirektor am Hofgericht Wiesbaden und geh¨orte der Gesetzgebungskommission an. Seit 1816 Vizepr¨asident des Hofgerichts in Dillingen, wurde H. v. A. 1822 aufgrund seiner Stellungnahme gegen den „Preßzwang“ pensioniert. Er ver¨offentlichte u. a. Politische Ansichten u¨ ber Deutschlands Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft (1814). Harsd¨orfer, Georg Philipp, auch Harsd¨orffer, Schriftsteller, * 1. 11. 1607 Fischbach bei N¨urnberg, † 17. 9. 1658 N¨urnberg. H. stammte aus einer N¨urnberger Patrizierfamilie und studierte in Altdorf und Straßburg Rechtswissenschaft, Philosophie, Philologie, Mathematik und Naturwissenschaften. Anschließend unternahm er eine f¨unfj¨ahrige Bildungsreise durch Europa, hielt sich in der Schweiz, den Niederlanden, Frankreich und Italien auf und erlernte romanische Sprachen. Nach N¨urnberg zur¨uckgekehrt, war H. kurzzeitig als Diplomat t¨atig, wirkte seit 1634 als Assessor am Untergericht, 1637-55 am Stadtgericht und geh¨orte dann bis zu seinem Tod dem Inneren Rat an. Als Schriftsteller schuf er ein umfassendes Werk, das in seiner thematischen Vielfalt enzyklop¨adischen Charakter hat. H. machte sich um die Pflege der deutschen Sprache und Dichtkunst, deren Eigenwert er betonte, verdient; er trat als Polyhistor, Sammler, M¨azen, Verfasser von weltlicher und geistlicher Lyrik, von Sch¨aferdichtungen, Erz¨ahlungen, sprach- und dichtungstheoretischen sowie popul¨arwissenschaftlichen Abhandlungen hervor. Er war seit 1642 Mitglied der „Fruchtbringenden Gesellschaft“, seit 1643 der „Teutschgesinnten Genossenschaft“ und stiftete 1644 gemeinsam mit Johann → Klaj die Sprachgesellschaft „Pegnesischer Hirten- und Blumenorden“. H. entwickelte in dem Poetischen Trichter (3 Bde., 1647-49) eine theoretische Grundlage der Dichtkunst; das Werk Frauenzimmer-Gesprechspiel (8 Bde., 1641-49) behandelt in zwanglosem Dialog, nach dem Vorbild italienischer Renaissancedialoge, alle Gegenst¨ande des Wissens und mahnt zum Frieden. H. stand in brieflichem Kontakt mit Johann Michael → Moscherosch, Justus Georg → Schottelius und Philipp von → Zesen. C Killy

Harsd¨orfer, Hans, M¨unzmeister, H¨uttenbesitzer, * wahrscheinlich Pilsen, † 14. 1. 1511 N¨urnberg. H. erbte die Herrschaft Malesitz bei Pilsen und war 1496-99 Oberster M¨unzmeister K¨onig Wladislaws II. von B¨ohmen; in dieser Funktion nahm er am Prager Landtag 1497 teil. 1499 erbte er Schloß Enzendorf an der Pegnitz mit der dazugeh¨orenden Schmelzh¨utte und das Hammerwerk der Harsd¨orfer-Gesellschaft und u¨ bersiedelte nach N¨urnberg. 1501 wurde H. Mitglied des Rats der Stadt N¨urnberg, 1505 zum „Alten B¨urgermeister“ gew¨ahlt und geh¨orte im Lands-

Hartel huter Erbfolgekrieg zu den drei N¨urnberger Feldhauptleuten. H.s Unternehmen geh¨orte zu den f¨uhrenden der N¨urnberger Kupferindustrie und besaß seit 1509 Zollfreiheit. C NDB

Harskamps, Maria Isabella d’, Gr¨afin, Philanthropin, * 3. 9. 1724 Aachen, † 8. 5. 1805 Aachen. H. war vor ihrer Heirat mit dem belgischen Grafen H. mehrere Jahre dessen Hausverwalterin; anschließend hielt sie sich in Ungarn und Galizien auf. Sie stiftete Legate, errichtete Stiftungen in Aachen sowie Namur und verf¨ugte testamentarisch ihr gesamtes Verm¨ogen zu wohlt¨atigen Zwecken, u. a. zur Unterst¨utzung und Ausbildungsf¨orderung von verarmten Jugendlichen. Das Kapitalverm¨ogen der H.schen Stiftung betrug 1868 in Aachen 230 000 Taler. C ADB Harst, Karl, Diplomat, * 1492 Weißenburg (Elsaß), † 1563 Xanten. H., Sohn eines Stadtvogts, begann seine Studien um 1509 in K¨oln, setzte sie 1514-18 in Orl´eans fort und hielt sich 1521 in der Umgebung des → Erasmus in L¨owen auf. Dort wurde er 1522 immatrikuliert, reiste 1522 / 23 mehrmals nach Basel und ging als „famulus“ des Erasmus nach England und Rom (1526). Anschließend als Privatlehrer und Tutor t¨atig, trat H. 1530 in den Dienst Herzog → Johanns III. von Kleve und J¨ulich. 1535 vertrat er den Herzog auf dem Wormser Reichstag. Seit 1538 hielt sich H. als herzoglicher Gesandter an den H¨ofen in Madrid, Br¨ussel, L¨owen und Paderborn auf, war 1540-44, 1547 und 1556 in England, wechselte zwischen dem s¨achsischen, dem pf¨alzischen Hof, dem Augsburger Reichstag (1546-49) und dem Kaiser (1547-54, 1559). Seit 1552 hatte H. seinen festen Wohnsitz am D¨usseldorfer Hof. C ADB

Hart, Heinrich, Schriftsteller, * 30. 12. 1855 Wesel, † 11. 6. 1906 Tecklenburg. H., Sohn eines Rechnungsrats, studierte seit 1875 Geschichte, Philosophie, Theologie und neuere Sprachen in Halle, M¨unchen und M¨unster und war journalistisch in Bremen und seit 1877 in Berlin t¨atig. Als Gymnasiast hatte er die Sch¨ulerzeitung „Herz und Geist“ herausgegeben; 1877 ver¨offentlichte er zusammen mit seinem Bruder Julius → H. und Peter → Hille die literarische Zeitung „Deutsche Dichtung“ und gab die „Deutschen Monatsbl¨atter“ (1878 / 79) sowie den „Deutschen Literaturkalender“ (seit 1879) heraus, den seit 1884 Joseph → K¨urschner redigierte. Durch das zusammen mit seinem Bruder ver¨offentlichte Literaturorgan „Kritische Waffeng¨ange“ (1882-84) wurde H. zu einem der f¨uhrenden Wegbereiter des Naturalismus. 1887 geh¨orten die Br¨uder neben Gerhart → Hauptmann der literarischen Gesellschaft „Durch“ an, ferner dem „Friedrichshagener Kreis“, und waren 1889 Mitbegr¨under der „Freien B¨uhne“. H. wirkte ¨ dann in Berlin vor allem als Theaterkritiker, Ubersetzer und Herausgeber. Von dem auf 24 B¨ande angelegten kulturphilosopischen Epos Das Lied der Menschheit schrieb er nur die drei B¨ande Tul und Nahila (1888), Nimrod (1888) und Mose (1896). Seine Literarischen Erinnerungen erschienen postum 1907. C Westf Autoren, Bd 3 Hart, Julius, Schriftsteller, * 9. 4. 1859 M¨unster, † 7. 7. 1930 Berlin. Nach dem Jurastudium in Berlin war H. 1878 kurzzeitig als Theaterkritiker in Bremen und als Redakteur in Bromberg und Glogau t¨atig; seit 1882 lebte er in Berlin und gab zusammen mit seinem Bruder Heinrich → H. Literaturzeitschriften heraus. Seit 1887 schrieb er Kritiken f¨ur die „T¨agliche Rundschau“, seit 1901 f¨ur den „Tag“. H. geh¨orte wie sein Bruder der literarischen Gesellschaft „Durch“ und dem „Friedrichshagener Kreis“ an. 1900 gr¨undete er mit anderen die sozialreligi¨ose Vereinigung „Neue Gemeinschaft“ in Friedrichshagen. H. war als Lyriker, Kritiker und Herausgeber t¨atig,

ver¨offentlichte neben den gemeinsam mit seinem Bruder herausgegebenen Schriften pantheistische Gedankenlyrik, u. a. Sansara (1879); sp¨ater tendierte er zum Symbolismus und Expressionismus. Seine dramatischen Werke blieben erfolglos, das philosophische Hauptwerk Die Vernunft als Quelle ¨ des Ubels ungedruckt. C Westf Autoren, Bd 3

Harta, Felix Albrecht, Maler, Graphiker, * 2. 7. 1884 Budapest, † 27. 11. 1967 Salzburg. H. studierte zun¨achst an der TH Wien, dann an der Akademie der bildenden K¨unste in M¨unchen (1905-08) und arbeitete 1908 in Paris kurzzeitig an der Acad´emie Vitty. Seit 1909 stellte er im Salon d’Automne in Paris aus, seit 1911 bei der Wiener Sezession. H. hielt sich zu Studienzwecken in Spanien, Frankreich und Belgien auf, kehrte 1913 nach Salzburg zur¨uck und war w¨ahrend des Ersten Weltkriegs Kriegsmaler. 1919 gr¨undete er in Salzburg die K¨unstlervereinigung „Der Wassermann“, der auch Anton → Faistauer und Alfred → Kubin angeh¨orten. 1923 ließ sich H. in Wien nieder. 1939 emigrierte er nach Großbritannien, lebte in Cambridge und kehrte 1950 nach Salzburg zur¨uck. H. schuf Portr¨ats, Landschaften, Stilleben sowie Illustrationen und Lithographien. C BHdE, Bd 2

Harteck, Paul, Physiker, * 20. 7. 1902 Wien, † 20. 1. 1985 Santa Barbara (Kalifornien, USA). H. studierte 1921-25 Physik und Chemie in Wien und Berlin (Promotion 1926, Experimentelle und theoretische Beitr¨age zur Photokinetik des Kohlenoxychlorides), arbeitete seit 1928 am Kaiser-Wilhelm-Institut f¨ur Physikalische Chemie in Berlin und habilitierte sich 1931. 1933 / 34 hielt er sich als Rockefeller-Stipendiat in Cambridge auf und lehrte 1934-51 als o. Prof. an der Univ. Hamburg, wo er das Institut f¨ur Physikalische Chemie leitete; 1948-50 war er Rektor der Universit¨at (Festrede Die Sonderstellung des Wasserstoffs in der Materie). 1951 ging er als Prof. der physikalischen Chemie und Kernphysik an das Rensselaer Polytechnic Institute nach Troy (New York, USA). H. arbeitete u. a. auf dem Gebiet der Atomphysik, u¨ ber physikalische und chemische Probleme der Atmosph¨are sowie u¨ ber Strahlen. Mit Karl Friedrich → Bonhoeffer ver¨offentlichte er Grundlagen der Photochemie (1933). C Munzinger Hartel, Sebastian, o¨ sterr. Verleger, * 1742 Wien, † 13. 7. 1805 M¨odling (Nieder¨osterreich). H. war neben dem Buchh¨andler Grund einer der bedeutendsten Verleger der Wiener Aufkl¨arungsperiode. Er verlegte 1780-90 rund 800 meinungsbildender Flugschriften, die sogenannte „Brosch¨urenliteratur“. Diese Brosch¨uren behandelten das Tagesgeschehen sowie alle gesellschaftlichen und politischen Ereignisse. Zeitgen¨ossische Schriftsteller setzten sich seit 1785 gegen diese Form der Literatur zur Wehr, → Leopold II. stellte das Erscheinen der Brosch¨uren durch das „Pressegesetz“ ein. C ADB Hartel, Wilhelm (August) Ritter von, o¨ sterr. Klassischer Philologe, Politiker, * 28. 5. 1839 Hof (M¨ahren), † 14. 1. 1907 Wien. Der Sohn eines Webermeisters und sp¨ateren st¨adtischen Rechnungsf¨uhrers studierte seit 1859 in Wien, wurde 1864 promoviert und habilitierte sich 1866 f¨ur Klassische Philologie. 1869 wurde er a. o., 1872 o. Professor. Seit 1896 Sektionschef f¨ur die Hoch- und Mittelschulen im Ministerium f¨ur Unterricht und Kultus, hatte H. 1900-05 das Amt des Unterrichtsministers inne. Er ver¨offentlichte zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten, u. a. u¨ ber Homer, Demosthenes und attisches Staatsrecht, edierte patristische Texte, gr¨undete 1879 die „Wiener Studien“ und war seit 1866 Mitherausgeber des „Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum“, seit 1887 der „Bibliotheca Patrum Latinorum Hispanorum“.

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Hartenau 1882 wurde H. in den Adelsstand erhoben. Als Mitglied der ¨ Osterreichischen Akademie der Wissenschaften (seit 1899 Vizepr¨asident) initiierte er 1899 die „Internationale AssoC NDB ziation der Akademien“ in Wiesbaden.

Hartenau, Johanna (Marie Luise) Gr¨afin von, geb. Loisinger, S¨angerin, * 18. 4. 1865 Preßburg, † 11. 7. 1951 Wien. H. war Sopranistin am Hoftheater in Darmstadt; 1889 heiratete sie den Grafen → Alexander von Hartenau, den ersten Prinzen von Battenberg und ehemaligen F¨ursten von Bulgarien. Nach dessen Tod 1893 widmete sie sich der F¨orderung des Wiener Musiklebens und engagierte sich f¨ur die Erbauung des Salzburger Mozarteums. H. war Pr¨asidentin bzw. Vizepr¨asidentin der Wiener Mozart-Gemeinde, des Wiener Konzertvereins und des Vereins des Wiener Symphonieorchesters.

Hartenau-Thiel, Gert, Journalist, Theaterdirektor, * 11. 9. 1865 Nikolsburg, † 28. 12. 1936 Neubabelsberg bei Potsdam. H.-T. studierte in Berlin und M¨unchen und bereiste als Korrespondent im Auftrag englischer, franz¨osischer und italienischer Zeitungen Indien, China und Sumatra. Nach seiner R¨uckkehr gr¨undete er 1911 das Naturtheater in Potsdam und wurde 1919 Direktor des Kleinen Theaters, 1921 des Friedrich-Wilhelmst¨adtischen Theaters in Berlin. H.-T. schrieb Dramen und Romane, u. a. Im Schatten indischer Zauberm¨achte. Roman nach Erlebnissen (1936). Hartenkeil, Johann Jacob, Chirurg, Medizinhistoriker, * 28. 1. 1761 Mainz, † 7. 6. 1808 Salzburg. H., Sohn eines Rauchwarenh¨andlers und Hofk¨urschnermeisters, schloß das Medizinstudium in W¨urzburg sowie Straßburg 1785 mit der Promotion ab (De vesicae urinariae calculo) und hielt sich mit Unterst¨utzung des Erzbischofs Hieronymus von Salzburg zwei Jahre lang zur Weiterbildung in Paris und London auf. Seit 1787 war er Leibarzt des Erzbischofs in Salzburg, hielt Vorlesungen f¨ur angehende Chirurgen und Hebammen und geh¨orte dem Medizinalkollegium an. H. gab gemeinsam mit Franz Xaver → Mezler die „Medizinisch-chirurgische Zeitung“ (seit 1790) heraus, die er (seit 1794 allein) bis 1808 redigierte. Er initiierte die Einrichtung eines Medizinalrats (1804) als selbst¨andige Beh¨orde und die Schaffung der Medizinisch-Chirurgischen Fakult¨at an der Univ. Salzburg. H. erhielt die Professur der Medizingeschichte, Chirurgie, gerichtlichen Arzneikunde und medizinischen Polizei und wurde Direktor der Fakult¨at sowie des Medizinalrats. Nach Umwandlung der Fakult¨at in die Medizinisch-Chirurgische Lehranstalt 1806 war er deren Direktor unter Aufgabe seiner Lehrt¨atigkeit. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨ort Ueber Loudon’s Krankheit und Tod. Eine medicinisch-chirurgische Fehde (1792). C NDB Hartenstein, Gustav, Philosoph, * 18. 3. 1808 Plauen (Vogtland), † 2. 2. 1890 Jena. Der Sohn eines Kaufmanns studierte in Leipzig Theologie, Philosophie und Philologie, wurde 1831 promoviert und habilitierte sich 1833. Seit 1834 lehrte er als a. o., seit 1836 als o. Prof. der Philosophie an der Univ. Leipzig, deren Rektor er 1848 wurde. 1859 ließ sich H. aus pers¨onlichen Gr¨unden emeritieren und war zuletzt Leiter der Jenaer Universit¨atsbibliothek. Er gab die Werke → Kants in zehn B¨anden (1838 / 39) und in acht B¨anden (1867-69) sowie → Herbarts s¨amtliche Werke in zw¨olf B¨anden (1850-52) heraus, besch¨aftigte sich mit Fragen der Metaphysik und Ethik und ver¨offentlichte u. a. Historisch-philosophische Abhandlungen (1870). C ADB

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Hartenstein, Karl, evang. Theologe, * 25. 1. 1894 Bad Cannstatt (heute zu Stuttgart), † 1. 10. 1952 Stuttgart. H., Sohn eines Bankiers und Fabrikanten, wurde 1913 an der Univ. T¨ubingen immatrikuliert, setzte das Studium 1919 fort und war zun¨achst im Pfarrdienst t¨atig. Seit 1926 Missionsdirektor in Basel und Mitglied des Deutschen Evangelischen Missionsrats (seit 1938 des Internationalen Missionsrats), unternahm er Inspektionsreisen nach Indien und China (1928 / 29, 1932) und nach Afrika (1931 / 32). Nach der Promotion zum Dr. theol. 1933 (Die Mission als theologisches Problem) lehrte H. Religionswissenschaft und Missionskunde an der Univ. Basel, wechselte 1939 als Bevollm¨achtigter der Basler Mission f¨ur Deutschland nach Korntal und war seit 1941 Pr¨alat von Stuttgart sowie Stiftsprediger. Er nahm an den Weltmissionskonferenzen in Madras (1938 / 39), Whitby (1947) und Willingen (1952) teil, wurde 1949 Mitglied des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats des Evangelischen Hilfswerks und Vorsitzender des Verwaltungsrats der Diakonenanstalt Karlsh¨ohe. 1950 gr¨undete ¨ H. das „Okumenische Komitee“. Er ver¨offentlichte u. a. Der Prophet Daniel. Meditationen (1936, 41940) und Die RasC NDB senfrage in der Mission (1936). Hartert, Ernst (Johann Otto), Ornithologe, * 29. 10. 1859 Hamburg, † 11. 11. 1933 Berlin. H., Sohn eines preuß. Generalmajors, betrieb nach dem Abitur zun¨achst selbst¨andig ornithologische Studien in Ostpreußen, nahm 1885 / 86 an der Expedition Eduard → Flegels nach Westafrika teil und bereiste 1887-89 Sumatra und Hinterindien. Nach der R¨uckkehr erhielt er eine Anstellung an den Zoologischen Museen in Frankfurt / Main (Museen der Senckenberg-Gesellschaft) und London und wurde durch Ver¨offentlichungen u¨ ber die Systematik der V¨ogel bekannt. 1892-1930 leitete er das Zoologische Privatmuseum Walter Rothschilds in Tring (Großbritannien) und war anschließend am Zoologischen Museum in Berlin t¨atig. H. initiierte die Reform der wissenschaftlichen Benennung der Tierformen, die als „tern¨are Nomenklatur“ in die Zoologie einging, und ver¨offentlichte u. a. Feinde der Jagd (1885), Einige Worte der Wahrheit u¨ ber den Vogelschutz (1900), Aus den Wanderjahren eines Naturforschers (1901) und Die V¨ogel der pal¨aarktischen Fauna (3 Bde., 1903-23; Erg¨anzungsb¨ande, 1932-38, vollendet von Friedrich Steinbacher). C NDB

Hartfelder, Karl (Philipp), Archivar, * 26. 4. 1862 Aachen, † 29. 6. 1943 K¨oln. H. schloß das Geschichtsstudium 1883 mit der Promotion zum Dr. phil. ab und wurde 1885 Mitarbeiter der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1887 Archivassistent in M¨unster. Seit 1889 am Preußischen Historischen Institut in Rom t¨atig, wechselte er 1891 als Stadtarchivar nach K¨oln. H. wurde 1893 Vorstand der „Gesellschaft f¨ur rheinische Geschichtskunde“, war 1891-1926 Chefredakteur der „Mitteilungen aus dem Stadtarchiv K¨oln“ und edierte u. a. Quellen zur Geschichte des Rheinlandes im Zeitalter der franz¨osischen Revolution (4 Bde., 1931-38). Harth, Philipp, Bildhauer, * 9. 7. 1888 Mainz, † 25. 12. 1968 Bayrischzell. H., Sohn eines Steinmetzen, wurde in der lithographischen Werkstatt seines Vaters ausgebildet, besuchte die Kunstgewerbeschule Mainz (1903-06) und studierte an der Kunstakademie Karlsruhe und einer M¨unchner Kunstschule. Nach Teilnahme am Ersten Weltkrieg (1914-17) hielt er sich mit einem Villa-Romana-Stipendium in Rom und Florenz auf; 1925 und 1927 lebte er in Wiesbaden. 1941-45 stand H. in Berlin unter Polizeiaufsicht. Nach 1dem Zweiten Weltkrieg

Hartig lebte er vor¨ubergehend auf der Schw¨abischen Alb, zuletzt in Bayrischzell. H. schuf vor allem Tierplastiken in großen, blockhaften Formen. Seine Jugenderinnerungen erschienen 1962 unter dem Titel Mainzer Viertelbuben. C Munzinger

Harthern, Ernst, urkundl. Ludwig Jacobson, Pseud.

¨ Niels Hoyer, Ubersetzer, Publizist, * 7. 9. 1884 Stade, † 8. 6. 1969 Sigtuna (Schweden). H., Sohn eines Papierfabrikanten, verließ mit 16 Jahren das Gymnasium, brach die anschließende Banklehre in Halberstadt ab und lebte seit 1901 als freier Journalist, Schriftsteller ¨ und Ubersetzer u. a. in Weimar, M¨unchen, Wien und Breslau. 1908 war er Theatersekret¨ar am Stadttheater in Solingen und gr¨undete mit Unterst¨utzung der Sozialdemokraten eine Wander- und Volksb¨uhne im Ruhrgebiet. 1909 erschienen erste Gedichte in der Zeitschrift „Jugend“. Seit 1911 war H. Korrespondent deutscher Zeitungen (u. a. der „Frankfurter Zeitung“ und der „Vossischen Zeitung“) in Oslo und arbeitete als Lektor f¨ur skandinavische Sprachen beim Georg M¨uller Verlag. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs Kriegskorrespondent, geriet er 1918 in Spionageverdacht und mußte Norwegen verlassen. H. lebte 1919-24 in seiner Heimatstadt, war 1926 Korrespondent in D¨anemark, gr¨undete 1933 einen Exilverlag in Kopenhagen und reiste danach im Auftrag skandinavischer Zeitungen nach Pal¨astina. Seine Eindr¨ucke schilderte er 1936 in dem auch auf D¨anisch, Schwedisch und Englisch erschienen Buch Heimw¨arts. 1943 gelang ihm die Flucht nach Schweden. H. u¨ bersetzte die Werke skandinavischer Schriftsteller wie Knut Hamsun und Halld´or Laxness und ver¨offentlichte unter Pseudonym Romane, u. a. Axel C Lex dt-j¨ud Autoren Mertens Heimat (1913).

Hartig, Arnold, o¨ sterr. Medailleur, * 12. 8. 1878 Brand bei Tannwald (B¨ohmen), † 2. 2. 1972 Purkersdorf (Niedero¨ sterreich). H. studierte zun¨achst an der Kunstgewerblichen Fachschule in Gablonz, anschließend an der Wiener Kunstgewerbeschule und arbeitete seit 1903 als freischaffender K¨unstler. Er geh¨orte seit 1908 dem Wiener K¨unstlerhaus an und schuf zahlreiche Medaillen, u. a. die zum allgemeinen Wahlrecht (1907), sowie Plastiken, Großreliefs und Gedenktafeln. H. war Mitglied der Genossenschaft der bildenden K¨unstler ¨ (Wien) und des Zentralverbandes bildender K¨unstler OsterC Th-B reichs.

Hartig, Carl Ernst, Technologe, * 20. 1. 1836 Stein bei Rochlitz (Sachsen), † 23. 4. 1900 Dresden. Der Sohn eines Webers studierte an den Polytechnischen Schulen in Dresden und Chemnitz, wo er auch praktische Erfahrung in einer Maschinenfabrik sammelte. 1862 wurde er o. Prof. der mechanischen Technologie an der Polytechnischen Schule in Dresden. Nach Umwandlung des Polytechnikums in eine TH war H. 1890 / 91 erster Direktor. Er z¨ahlte zu den Begr¨undern der experimentellen Forschung und gr¨undete die Abteilung zur Ausbildung der Fabrikingenieure sowie das Laboratorium f¨ur Farbstofftechnik. H., der seit 1877 dem Kaiserlichen Patentamt angeh¨orte und 1890 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen wurde, ver¨offentlichte u. a. Studien aus der Praxis des Kaiserlichen Patentamtes (1890). C Leb Ingenieurwiss Hartig, Ernst Friedrich, Forstwirt, * 24. 3. 1773 Gladenbach bei Biedenkopf, † 17. 8. 1843 Fulda. H., Sohn eines hessen-darmst¨adtischen Forstmeisters, trat 1789 in das neugegr¨undete forstwissenschaftliche Institut seines Bruders Georg Ludwig → H. ein, studierte seit 1792 in G¨ottingen und Marburg und beteiligte sich 1794-96

an Vermessungs- und Betriebsregulierungsarbeiten in Forsten. 1797 wurde er Adjunkt seines Vaters, des landgr¨aflichen Oberf¨orsters, und im selben Jahr Forstkommiss¨ar der Forstbetriebskommission des Oberf¨urstentums HessenDarmstadt. 1802 berief man H. als f¨urstlichen Landforstmeister und Mitglied des Oberforstkollegiums nach Fulda. 1808 gr¨undete er ein Forstinstitut (seit 1816 Staatsanstalt) und wurde, seit 1815 in kurhessischen Diensten, 1816 Oberforstmeister in Fulda, 1821 Landforstmeister, 1822 Oberlandforstmeister. H. zeichnete f¨ur zahlreiche Reformen und Verordnungen im kurhessischen Staatsforstwesen verantwortlich und schrieb u. a. Die Forstbetriebs-Einrichtung nach staatsC ADB wirthschaftlichen Grunds¨atzen (1826).

Hartig, Franz Christian, S¨anger, * 31. 1. 1750 Heldenberg (Hessen), † 1819 M¨unchen (?). H. erhielt Gesangsunterricht, ging 1763 nach Oppenheim, studierte vor¨ubergehend Jura in Mainz und wurde dort Mitglied der Sebastianischen Theatertruppe. Seit 1771 absolvierte er auf Anordnung des Kurf¨ursten → Karl Theodor eine weitere Gesangsausbildung und geh¨orte seit 1774 der kurf¨urstlichen Hofmusik an. H. sang an der Hof- und National-Schaub¨uhne (1777) und wechselte 1778 mit der Mannheimer Oper nach M¨unchen, wo er als Tenor vor allem in italienischen Opern auftrat. C MGG Hartig, Franz de Paula Graf von, Staatsmann, * 29. 8. 1758 Prag, † 1. 5. 1797 Prag. H. wurde von dem Mail¨ander Statthalter Karl Gotthard → Firmian f¨ur den Staatsdienst ausgebildet und war zun¨achst Rat der b¨ohmischen Landrechte und der Gubernialkommission. Seit 1788 Gesandter am kurs¨achsischen Hof in Dresden, wurde er 1792 von Kaiser → Leopold II. zum Geheimrat ernannt und war Pr¨asident der Kgl. B¨ohmischen Gesellschaft der Wissenschaften. H. schrieb u. a. Essai sur les avantages, qui retireraient les femmes en cultivant les sciences et beaux arts; par un amateur (1775). Er war der C ADB Vater von Franz de Paula von → H. Hartig, Franz de Paula Graf von, Pseud. Gotthelf Zurecht, o¨ sterr. Staatsmann, * 5. 6. 1789 Dresden, † 17. 1. 1865 Wien. Der Sohn Franz de Paula von → H.s begann 1809 seine Laufbahn in der Staatskanzlei, wandte sich jedoch bald dem Verwaltungsdienst zu und wechselte 1811 in die nieder¨osterreichische Statthalterei. 1814 / 15 war er Zivilkommiss¨ar im besetzten Frankreich, dann Gubernialrat in Br¨unn und wurde 1819 Hofrat und Referent der Vereinigten Hofkanzlei. Seit 1825 Gouverneur in der Steiermark, ubernahm ¨ er 1830 das Gubernium in der Lombardei. 1840 kehrte H. als Staatsund Konferenzminister, Chef der Sektion des Staatsrats f¨ur innere Verwaltung und Finanzen nach Wien zur¨uck. Der Revolution von 1848 er als konservativer und loyaler Diener des Herrscherhauses ablehnend gegen¨uberstehend, zog sich H. im Juni desselben Jahres zur¨uck und verfaßte die anonym erschienene Schrift Die nieder¨osterreichischen Landst¨ande ¨ und die Genesis der Revolution in Osterreich im Jahre 1849 (1849). 1860 wurde H. von Kaiser → Franz Joseph in den verst¨arkten Reichstag berufen; er war Mitglied des Herrenhauses und Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies. C NDB Hartig, Georg Ludwig, Forstmann, * 2. 9. 1764 Gladenbach bei Biedenkopf, † 2. 2. 1837 Berlin. Der Bruder von Ernst Friedrich → H. studierte nach einer Forst- und Jagdlehre in Gießen (1781-83) und trat dann als Forstmeister von Hungen (Wetterau) in f¨urstlich solmsbraunfelsische Dienste. Seit 1797 Landforstmeister des Hauses Nassau-Oranienburg, gr¨undete er 1798 in Hungen die

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Hartig erste deutsche Forstschule und wechselte 1806 als Oberforstrat nach Stuttgart. 1811 u¨ bernahm H. als Oberlandforstmeister und Staatsrat die Leitung des preuß. Forstwesens; er f¨uhrte das Revierf¨orster-, sp¨ater das Oberf¨orstersystem ein, baute die Organisation der Forstverwaltung auf und f¨orderte eine geregelte Waldbewirtschaftung in Preußen. Er hielt forstliche Vorlesungen an der Univ. Berlin, unterrichtete an den Forstschulen Hungen, Dillburg, Stuttgart und Berlin und ver¨offentlichte u. a. Anweisungen zur Holzzucht f¨ur F¨orster (1791), Lehrbuch f¨ur F¨orster (3 Bde., 1809-14, 111877), Lehrbuch f¨ur J¨ager und die es werden wollen (2 Bde., 1810, 111884, Neuaufl. der 5. Aufl. von 1832, 6 1903, Nachdr. 1998). H. war der Vater von Theodor → H. C Leb Nassau, Bd 3

Hartig, Heinz Friedrich, Komponist, * 10. 9. 1907 Kassel, † 16. 9. 1969 Berlin. Nach dem Studium der Musikwissenschaft in Wien und an der Staatlichen Akademie f¨ur Kirchen- und Schulmusik in Berlin war H. kurzzeitig im Schuldienst t¨atig. Er arbeitete dann als Cembalist, Pianist und Komponist; seit 1948 unterrichtete er an der Hochschule f¨ur Musik in Berlin Komposition, Theorie und Geh¨orbildung. Seit 1955 Prof., seit 1968 o. Prof., leitete er die Tonmeisterausbildung und die Kompositionsabteilung. H. komponierte u. a. Variationen u¨ ber einen siebent¨onigen Klang f¨ur Orchester (1964, op. 39a). C MGG Hartig, Michael, kath. Theologe, Kunsthistoriker, * 28. 9. 1878 Mauern bei Moosburg (Bayern), † 12. 4. 1960 M¨unchen. H. studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Freising, W¨urzburg und M¨unchen, wurde 1914 zum Dr. phil. promoviert (Die Kunstpflege des Benediktinerstiftes Scheyern in der Zeit der romanischen Kunst), empfing 1903 die Priesterweihe und war als Kaplan t¨atig. 1910 wurde er Kirchenrektor und erzbisch¨oflicher Archivar in M¨unchen, 1925 Domkapitular. H. hielt seit 1920 Vorlesungen an der Franziskanerhochschule in M¨unchen, 1925-42 an der Hochschule in Salzburg und 1948-60 an der Univ. M¨unchen. Er gab das „Jahrbuch des Vereins f¨ur christliche Kunst“ (1912-16) heraus und ver¨offentlichte zahlreiche kunsthistorische Schriften, u. a. Bayerns Kl¨oster und ihre Kunstsch¨atze von der Einf¨uhrung des Christentums bis zur S¨akularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts (1913). C BBKL Hartig, Otto, Bibliothekar, * 6. 4. 1876 Großhartpenning bei Holzkirchen, † 5. 10. 1945 Bamberg. H., Sohn eines Schullehrers, studierte Germanistik, Geschichte und Geographie in M¨unchen. 1905 trat er als Volont¨ar in die Bayerische Hof- und Staatsbibliothek ein und wurde 1907 Assistent, 1909 Kustos, 1920 Bibliothekar und 1929 Oberbibliotheksrat. 1935 erfolgte aus politischen Gr¨unden, unter Beibehaltung seines Ranges, die „Strafversetzung“ an die Staatliche Bibliothek Bamberg. Er besaß weitreichende Kenntnisse auf historischem und geographischem Gebiet und war Vorstand des Realkatalogs und der Kartensammlung an der Bayerischen Staatsbibliothek sowie außerordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. H. schrieb u. a. Die Gr¨undung der M¨unchener Hofbibliothek durch Albrecht V. und Johann Jakob Fugger (1917) und ver¨offentlichte im „M¨unchner Jahrbuch f¨ur bildende Kunst“ M¨unchner K¨unstler und Kunstsachen (1926-33). C NDB Hartig, (Heinrich Julius Adolph) Robert, Botaniker, * 30. 5. 1839 Braunschweig, † 9. 1. 1901 M¨unchen. H., dessen Vater als Vorstand der Forstlichen Abteilung am Collegium Carolinum in Braunschweig lehrte, studierte dort 1861-63 Forstwissenschaft, h¨orte in Berlin juristische sowie kameralistische Vorlesungen und war kurzzeitig in

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der Staatsforstverwaltung Braunschweig und Hannover t¨atig. Nach der Promotion mit der Arbeit Vergleichende Untersuchungen u¨ ber den Wachsthumsgang und Ertrag der Rothbuche und Eiche im Spessart hielt er in Eberswalde Botanikund Zoologievorlesungen, wurde 1869 Prof. der Botanik und ging 1878 als o. Prof. der Anatomie, Physiologie und Pathologie der Pflanzen nach M¨unchen, wo er auch die Leitung der Botanischen Abteilung der Forstlichen Versuchsanstalt innehatte. H., Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina seit 1888, entwickelte die von seinem Vater Theodor → H. angewandte Methode des „Weiserbestandsverfahrens“ weiter, befaßte sich mit Holzpathologie, insbesondere der Pilzerkrankung der Waldb¨aume, und ver¨offentlichte u. a. Die Unterscheidungsmerkmale der wichtigeren in Deutschland wachsenden H¨olzer (1879, 41899), Lehrbuch der Baumkrankheiten (1882, 21889, frz. 1891, engl. 1894, unter dem Titel Lehrbuch der Pflanzenkrankheiten, 3 1900), Lehrbuch der Anatomie und Physiologie der Pflanzen unter besonderer Ber¨ucksichtigung der Forstgew¨achse (1891) und Die Verschiedenheiten im Bau des Eichenholzes (1894). C Biogr Jahrb, Bd 6

Hartig, Theodor, Botaniker, * 21. 2. 1805 Dillenburg, † 26. 3. 1880 Braunschweig. Der Sohn Georg Ludwig → H.s absolvierte eine praktische forstliche Ausbildung in Pommmern und der Mark, studierte 1824-27 an der der Univ. Berlin angegliederten Forstlehranstalt und war im Forstverwaltungsdienst t¨atig. Seit 1831 lehrte er Forstwissenschaft in Berlin, wurde 1839 Prof. und Vorstand der Forstlichen Abteilung am Collegium Carolinum in Braunschweig und u¨ bte diese T¨atigkeit bis 1877 aus. Seit 1838 war H. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. H., der vor allem auf entomologischem und forstbotanischem Gebiet arbeitete, verwandte als erster das sp¨ater von seinem Sohn Robert → H. weiterentwickelte Verfahren der „Weiserbest¨ande“. Er ver¨offentlichte u. a. Forstliches und forstnaturwissenschaftliches Konversations-Lexikon (1834), Neue Theorie der Befruchtung der Pflanzen (1842) und Anatomie und Physiologie der Holzpflanzen (1878). C Hess Forst Harting, (Carl August) Johannes, auch Hans H., Optiker, Physiker, * 15. 2. 1868 Rummelsburg bei Berlin, † 21. 9. 1951 Jena. H., Sohn eines Rendanten, schloß das Studium der Mathematik und Physik in M¨unchen und Berlin 1889 mit der Promotion ab (Untersuchungen u¨ ber den Lichtwechsel des Sternes ß Persei) und wurde 1891 Assistent Arthur von → Auwers, 1893 an der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin. 1897 wechselte er als wissenschaftlicher Assistent zu der Firma Carl Zeiss nach Jena und u¨ bernahm 1899 die wissenschaftliche und technische Hauptleitung der optischen Werkst¨atte Voigtl¨ander in Braunschweig, wo er zugleich als Dozent an der TH unterrichtete. 1907 ging H. als Regierungsrat in die Optische Abteilung des Reichspatentamtes, deren Pr¨asident er 1929 wurde. 1934-41 geh¨orte er dem Vorstand der Carl-Zeiss-Werke an, arbeitete anschließend an der Babelsberger Sternwarte und kehrte 1945 als wissenschaftlicher Hauptleiter zum Unternehmen Carl Zeiss zur¨uck. H. zeichnete dort f¨ur den Aufbau der wissenschaftlichen Abteilungen verantwortlich, machte f¨ur die Astronomie wichtige lichtelektronisch-photometrische Untersuchungen und ver¨of¨ fentlichte u. a. Uber die Theorie des Apochromatcollineares (1901), Optisches Hilfsbuch f¨ur Photographierende (1909, 1925 unter dem Titel Photographische Optik, 41952) und Die Brechzahlen einiger Halogenidkristalle (1948). C NDB

Hartl Hartinger, Hans, Mathematiker, Physiker, * 21. 2. 1891 M¨unchen, † 18. 7. 1960 M¨unchen. H., Sohn eines Schneiders, studierte Physik und Mathema¨ tik in M¨unchen (Promotion 1916, Uber Komplexe, die sich erzeugen lassen durch Kongruenzen 1. Ordnung, 2. Klasse, deren Brennlinien auf einer Regelfl¨ache 2. Grades liegen), war seit 1914 im Schuldienst und wechselte 1917 als wissenschaftlicher Mitarbeiter zu der Firma Carl Zeiss nach Jena. Seit 1925 lehrte er auch an der Staatlichen Ingenieurschule f¨ur Optik und seit 1937 als Honorarprofessor der medizinischen Optik an der Univ. Jena. 1945 kehrte H. nach M¨unchen zur¨uck, trat wieder in den Schuldienst ein und war Honorarprofessor an der TH M¨unchen. Er entwickelte zahlreiche, zum Teil patentierte, ophthalmologisch-optische Instrumente. H. war u. a. an der Erfindung der schattenfreien Operationsleuchten beteiligt; das Koinzidenz-Refraktometer und Registrier-Adaptimeter wurden nach ihm benannt. Er gab die „Zeitschrift f¨ur ophthalmologische Optik“ (1940-44) heraus und ver¨offentlichte u. a. Das Brillenglas als optisches Instrument (1934). C NDB

Hartje-Leudesdorff, Irma, geb. Leudesdorff, Malerin, Schriftstellerin, * 30. 9. 1881 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 18. 6. 1956 Hameln. H.-L., Tochter eines Kaufmanns, studierte nach einer Zeichen- und Malausbildung an der Kunstgewerbeschule in Elberfeld an der Akademie in D¨usseldorf und machte sich bald als freischaffende Malerin und Schriftstellerin einen Namen. Sie schuf Portr¨ats, Stilleben und Landschaften und schrieb vor allem Lyrik, u. a. Goldene Stunde (1918). H.-L. lebte nach der Heirat mit Albert H. (1912) zun¨achst in Elberfeld, sp¨ater in Hameln. C Wuppertal Bio, Bd 7 Hartke, Werner, Klassischer Philologe, * 1. 3. 1907 Eschwege (Hessen), † 14. 6. 1993 Berlin. H., Sohn eines Professors der P¨adagogik, studierte seit 1925 Klassische Philologie, Arch¨aologie sowie Philosophie, Mathematik und P¨adagogik an der Univ. Berlin, wo er nach der Promotion 1932 auch als Assistent arbeitete. 1939 habilitierte er sich in K¨onigsberg (Geschichte und Politik im sp¨atantiken Rom, 1940). Nach dem Krieg lehrte er an der Univ. G¨ottingen, trat 1946 der KPD und 1948 der SED bei und wurde 1948 Prof., 1950 Ordinarius f¨ur Klassische Philologie an der Univ. Rostock. 1955 wechselte er an die Humboldt-Universit¨at zu Berlin als Prof. f¨ur lateinische Sprache und Literatur und Direktor des Instituts f¨ur Altertumskunde. Im selben Jahr wurde er Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften, dann deren Pr¨asident (1958-68) und Vizepr¨asident (1968-72). H.s Ver¨offentlichungen galten der Sp¨atantike (u. a. R¨omischen Kinderkaiser, 1951); er gab seit 1958 die „Deutsche Literaturzeitung“ und seit 1959 die althistorische Zeitschrift „Klio“ mit heraus. C DDR-Historiker

Hartker, Benediktiner, † 1011 / 17 (?). H. war M¨onch im Kloster St. Gallen und lebte seit 986 in strenger Askese. Von ihm stammt das a¨ lteste erhaltene Offiziumsantiphonar, bei dem die Melodielinie mit Hilfe von Neumen aufgezeichnet wurde. C LThK

Hartknoch, Christoph, Historiker, * 1644 Jablonken (Kr. Passenheim, Ostpreußen), † 3. 1. 1687 Thorn. H., Sohn eines Schulmeisters und sp¨ateren Pfarrers, wurde 1662 an der Univ. K¨onigsberg immatrikuliert und 1672 zum Magister artium promoviert, nachdem er als Privatlehrer an verschiedenen Orten sowie als Rektor an der evang. Kirchschule in Wilna t¨atig gewesen war. Seit 1672 hielt er in K¨onigsberg Vorlesungen und Disputationen und wurde 1677 Lehrer am Gymnasium in Thorn, 1686 Konrektor. H. gilt als einer der bedeutendsten preuß. Historiker des

17. Jh.; er leitete mit seinen Werken von der „Universalhistorie“ zur Landes- und Staatengeschichte u¨ ber. Er arbeitete u¨ ber die altpreußische Landes- und Fr¨uhgeschichte, die Kirchengeschichte und das polnische Staatsrecht. H. gab die f¨ur die Geschichte Altpreußens und des Deutschen Ordens grundlegende Chronik des → Peter von Dusburg heraus und schrieb u. a. Alt- und Neues Preußen, oder preußischer Historien zwey Theile (1684) sowie Preußische KirchenHistoria (1686). C NDB

Hartknoch, Johann Friedrich, Verleger, * 28. 9. 1740 Goldap (Ostpreußen), † 12. 4. 1789 Riga. H., dessen Vater als Toreinnehmer, Organist und Stadtmusikus t¨atig war, studierte seit 1755 Theologie und Rechtswissenschaft in K¨onigsberg, wandte sich dann unter dem Einfluß Johann Jakob → Kanters dem Buchhandel zu und wurde 1761 Angestellter in dessen Buchhandlung in K¨onigsberg. Seit 1762 leitete er die Kantersche Filialbuchhandlung in Mitau, bis 1767 als Gesch¨aftspartner und dann bis 1769 selbst¨andig. In Riga er¨offnete H. 1764 seine eigene Buchhandlung, die sich durch intensive Kontakte zu Firmen in K¨onigsberg, Leipzig, Berlin, St. Petersburg und Moskau zu einem wichtigen Mittelpunkt der Literaturvermittlung im nordosteurop¨aischen Raum entwickelte. In seinem etwa zur gleichen Zeit gegr¨undeten Verlag ließ er neben baltischer und lettischer Regionalliteratur russische Autoren und zahlreiche Werke deutscher Gelehrter, u. a. die Immanuel → Kants sowie Johann Gottfried → Herders, erscheinen. H. geh¨orte zu den bedeutendsten Verlegern des 18. Jahrhunderts. C MGG

Hartkopf, G¨unter, Jurist, * 1. 6. 1923 Wuppertal, † 19. 9. 1989 Salers (Frankreich). Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg studierte H. 1945-49 in G¨ottingen Jura, war bis 1952 Referendar und arbeitete 1953-57 als Assessor und Regierungsrat im nordrhein-westf¨alischen Finanzministerium. 1958 schloß er sich der FDP an, leitete als Ministerialrat 1962 / 63 das Ministerb¨uro im Bundesfinanzministerium und wirkte 1963-69 als Senatdirektor f¨ur Bundesangelegenheiten des Landes Berlin in Bonn. 1969-83 war H. als Staatssekret¨ar im Bundesministerium des Innern zust¨andig f¨ur Personalfragen, allgemeines Dienstrecht und Umweltschutz. In den folgenden Jahren engagierte er sich in Umweltverb¨anden und setzte sich f¨ur eine praktische Umweltpolitik ein (Umweltpolitik, 1983, mit Bohne). C Munzinger Hartl, Eduard, Germanist, * 8. 8. 1892 Wien, † 4. 1. 1953 Unterw¨ossen. H. wurde 1918 an der Univ. Wien zum Dr. phil. promoviert und habilitierte sich 1927 an der Univ. M¨unchen (Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival). 1931 wurde er tit. a. o. Prof., 1940 apl. Prof., 1946 a. o. Prof. und 1947 o. Prof. der Germanistik. H. bearbeitete die 7. Ausgabe der von Karl → Lachmann besorgten Wolfram von Eschenbach-Ausgabe neu. Zu seinen Arbeiten geh¨oren Die Textgeschichte des ¨ Wolframschen Parzival (Teil 1, 1928) und Der Anteil Osterreichs an dem gesamtdeutschen Schrifttum des Mittelalters (1941). H. gab u. a. heraus: Das Drama des Mittelalters [. . .] Auf Grund der Handschriften herausgegeben (3 Bde., 1937-42, Neuausg. 1967), Passionsspiele (1942), Das Benediktbeurer Passionsspiel. Das St. Galler Passionsspiel. Nach den Handschriften herausgegeben (1952). Hartl, Edwin (Bruno), Literaturkritiker, Essayist, * 6. 7. 1906 Wien, † 22. 2. 1998 Wien. H. studierte Literaturwissenschaft, Philosophie, Mathematik und Physik in Wien und war bis 1971 Leiter eines Wiener Bezirksjugendamtes. Er schrieb die satirischen Gedichte Wer will unter die Soldaten? (1946), trat aber vor allem als

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Hartl Essayist und Kritiker sowie durch Buchbesprechungen her¨ vor, u. a. im Osterreichischen Rundfunk (seit 1946). Er war 1946 Mitbegr¨under der Wiener Karl-Kraus-Gesellschaft und ¨ erhielt 1980 den Osterreichischen Staatspreis f¨ur Kulturpublizistik. 1991 ver¨offentlichte H. Wenn ich so zur¨uckdenke. Hintergedanken an die gute alte Zeit. C Killy

Hartl, Heinrich, o¨ sterr. Geograph, * 23. 1. 1840 Br¨unn, † 3. 4. 1903 Wien. H., Sohn eines k. k. Beamten, studierte 1856-59 am Polytechnischen Institut in Wien Mathematik, trat als Kadett in das Heer ein und wechselte 1861 zur Kriegsmarine. 1865-98 wirkte er am Milit¨argeographischen Institut. H. f¨uhrte 1873-75 Ortsbestimmungen in der T¨urkei durch und war 1889-97 Leiter der Landesvermessung in Griechenland. Seit 1882 geh¨orte er der Internationalen Erdmessung an. Nach seiner Pensionierung 1898 lehrte H. als o. Prof. der Geod¨asie an der Univ. Wien. Er ver¨offentlichte u. a. Die H¨ohenmessungen des Mappeurs (2 Bde., 1876), Die Landesvermessung in Griechenland (1891) und Meteorologische und magnetische Beobachtungen in Griechenland (1895). C NDB

Hartl, Karl, o¨ sterr. Regisseur, * 10. 5. 1899 Wien, † 29. 8. 1978 Wien. H. wurde 1918 Regieassistent Alexander → Kordas, der ihn neben Fritz → Lang nachhaltig beeinflußte. Er war auch als Cutter, Drehbuchautor und Darsteller t¨atig und kam nach einem Aufenthalt in M¨unchen zur Ufa nach Berlin. Dort gab H. mit dem Film Ein Burschenlied aus Heidelberg (1930) sein Regiedeb¨ut. 1938-48 war er Produktionschef der „WienFilm“, drehte u. a. Wen die G¨otter lieben (1942) und ging 1957 zur „Cosmopol-Film“. H. war mit der Schauspielerin Marte → Harell verheiratet. C Cinegraph Hartl, Karl Paul Ernst, Pseud. Karl F. Sergius (gemeinsam mit Serge Feitelberg), o¨ sterr. Diplomat, Schriftsteller, * 30. 6. 1909 Wien, † 21. 5. 1979 Wien. Der Sohn eines Handelsangestellten war seit 1926 Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP), seit 1927 des Republikanischen Schutzbundes, dessen technischer Leitung er 1932-34 angeh¨orte, und besuchte 1928 die Hochschule f¨ur Welthandel. Seit 1929 im Vorstand des Verbandes ¨ Sozialistischer Studenten Osterreichs, studierte H. seit 1930 Philosophie an der Univ. Wien, wurde aber 1934 relegiert. 1933 geh¨orte er zu den f¨uhrenden K¨opfen der linkssozialistischen Gruppe „Funke“ und war seit 1934 f¨ur die Revolution¨aren Sozialisten t¨atig. 1938 floh H. nach Paris und war bis 1939 Konsulent der spanischen Botschaft. Nach seinem Austritt aus der SDAP 1939 war er Mitgr¨under des Aktions¨ komitees zur Befreiung Osterreichs und 1939 / 40 u. a. Mitarbeiter des franz¨osischen Rundfunks. 1940-43 lebte H. als Landarbeiter in S¨udfrankreich und arbeitete seit 1942 mit der R´esistance zusammen. Nach 1945 wurde er zun¨achst o¨ sterr. Regierungskommiss¨ar f¨ur die o¨ sterr. Kriegsgefangenen in ¨ war H. 1947-49 LeFrankreich. Seit 1946 Mitglied der SPO, gationssekret¨ar der o¨ sterr. Vertretung in Rom, 1950-55 Generalkonsul in Tel Aviv, 1955-58 Kabinettschef im Außenministerium in Wien und 1958-63 Botschafter in Ankara sowie 1963-68 in Belgrad. 1969-74 leitete er die Kulturabteilung des Bundesministeriums f¨ur Ausw¨artige Angelegenheiten. H. ver¨offentlichte u. a. Der Weg des Lebens (1937, unter Pseudonym, mit Serge Feitelberg). C Lex o¨ sterr Exillit Hartl, Rudolf, o¨ sterr. Veterin¨armediziner, * 28. 5. 1868 Donawitz (Bez. Karlsbad, B¨ohmen), † 8. 5. 1943 Wien. H., Sohn eines Gastwirts, schloß das Medizinstudium in Prag und Wien mit der Promotion zum Dr. med. 1894 ab, wurde 1897 Tierarzt und war nach einer Assistentenzeit seit 1920 Privatdozent f¨ur allgemeine und experimentelle Pathologie

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und Bakteriologie an der Tier¨arztlichen Hochschule Wien. 1906 wurde er a. o. Prof., 1909 o. Prof. und lehrte zudem pathologische Anatomie und gerichtliche Tiermedizin. H. leitete auch die Station f¨ur diagnostische Tierimpfungen und geh¨orte dem Veterin¨arbeirat des Ackerbauministeriums an. Sein wissenschaftliches Interesse galt vor allem den Infektionskrankheiten und Seuchen der Haustiere sowie der gerichtlichen Veterin¨armedizin. H. ver¨offentlichte u. a. Ornithologischer Beitrag zur Fauna Madagascars (1861). C NDB

Hartl-Mitius, Philomene, geb. Waschmitius, Schauspielerin, Schriftstellerin, * 14. 4. 1852 M¨unchen, † 27. 7. 1928 M¨unchen. Die Tochter eines Regierungsbeamten spielte seit 1868 an verschiedenen B¨uhnen Deutschlands, u. a. in Olm¨utz und N¨urnberg, und geh¨orte seit 1871 dem M¨unchner G¨artnerplatztheater an, wo sie vor allem bayerische Dialektrollen u¨ bernahm. Sie erhielt den Titel einer kgl. bayerischen Hofschauspielerin und war seit 1876 mit dem Kommerzienrat Franz H. verheiratet. H.-M. trat auch als volkst¨umliche B¨uhnenschriftstellerin hervor; f¨ur K¨onig → Ludwig II. schrieb sie als Auftragsarbeit ein Historiendrama aus dem Leben Ludwigs XV. mit dem Titel Der Verstoßene, das jedoch nur in einer Sondervorstellung aufgef¨uhrt wurde. Zu ihren Hauptwerken z¨ahlt der Protzenbauer (1880). C Kosch: Kath

Hartlaub, (Gustav Adolf) Felix, Schriftsteller, Historiker, * 17. 6. 1913 Bremen, seit 2. 5. 1945 in Berlin vermißt. H. begann bereits als Vierzehnj¨ahriger, von seinem Vater Gustav Friedrich → H. gef¨ordert, zu dichten und zu zeichnen. In der Odenwaldschule in Oberhambach befreundete er sich mit Klaus → Gysi. Nach dem Abitur unternahm er Studienreisen durch Italien, Frankreich und Belgien, studierte seit 1935 in Berlin und Heidelberg Neuere Geschichte, Kunstgeschichte und Romanistik und wurde 1940 promoviert (Don Juan d’Austria und die Schlacht bei Lepanto). Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs eingezogen, wurde er 1940 f¨ur die historische Archivkommission des Ausw¨artigen Amtes nach Paris versetzt und wirkte 1942-45 im F¨uhrerhauptquartier, u. a. als historischer Sachbearbeiter in der Abteilung „Kriegstagebuch“. H.s fast ausschließlich postum ver¨offentlichte Dramen, Erz¨ahlungen, literarische Skizzen und Tagebuchaufzeichnungen, u. a. Im Sperrkreis (1984), zeichnen sich durch realistischen Stil und die Sicht „von unten“ aus. C KLG

Hartlaub, (Carl Johann) Gustav, Ornithologe, * 8. 11. 1814 Bremen, † 20. 11. 1900 Bremen. H., Sohn eines Kaufmanns, schloß das Medizinstudium in Bonn, Berlin und G¨ottingen 1838 mit der Promotion ab ¨ und unternahm Studienreisen nach Osterreich, Frankreich, Großbritannien und in die Niederlande. 1841-90 praktischer Arzt in Bremen, widmete er sich vor allem ornithologischen Studien. 1857 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Seit 1840 trug H. maßgeblich zur Vogelsammlung des naturhistorischen Vereins „Museum“ in Bremen bei. Er gab die „Jahresberichte u¨ ber die Leistungen in der Naturgeschichte der V¨ogel“ (1846-71) heraus und ver¨offentlichte u. a. System der Ornithologie Westafricas (1857), Die V¨ogel Ost-Afrikas (1870), Die Glanzstaare Afrikas (1874) und Die V¨ogel Madagascars und der benachbarten Inselgruppen (1877). C NDB

Hartlaub, Gustav Friedrich, Kunsthistoriker, * 12. 3. 1884 Bremen, † 30. 4. 1963 Heidelberg. H. studierte Kunstgeschichte, Arch¨aologie und Philosophie in Freiburg / Breisgau, Berlin, Wien, M¨unchen und G¨ottingen, wurde 1910 mit der Arbeit Siena im Quattrocento promoviert und war seit 1913, nach einer Assistentenzeit an

Hartlieb der Kunsthalle Bremen, Kustos an der St¨adtischen Kunsthalle Mannheim. Seit 1923 Direktor der Kunsthalle, baute er die Galerie des 19. und 20. Jh. zu einer der sch¨onsten deutschen Sammlungen neuerer Kunst aus. H. wurde 1933 seines Amtes enthoben, lebte als Privatgelehrter in Mannheim und lehrte seit 1946 als Honorarprofessor Kunstgeschichte an der Univ. Heidelberg. Er f¨uhrte u. a. den Stilbegriff „Neue Sachlichkeit“ ein, untersuchte die Rolle von magischen, mystischen und mythologischen Traditionen, vor allem in der Renaissancekunst (Giogiones Geheimnis. Ein Beitrag zur Mystik der Renaissance, 1925; Das Unerkl¨arliche. Studien zum magischen Weltbild), und schrieb zahlreiche kunstgeschichtliche Werke, darunter Die Graphik des Expressionismus in Deutschland (1947). 1991 erschienen seine gesammelten Aufs¨atze unter dem Titel Kunst und Magie (hrsg. von Norbert Miller). H. war der Vater von Felix → H. C Metzler Kunsthistoriker

Hartleb, Karl, o¨ sterr. Politiker, * 23. 10. 1886 St. Georgen bei Neumarkt (Steiermark), † 29. 8. 1965 Neumarkt. H. war Landwirt und schloß sich 1918 der Bauernbundbewegung, sp¨ater der neugegr¨undeten Agrarpartei „Landbund“ an. 1919 wurde er Abgeordneter im steirischen Landtag, 1925 Obmannstellvertreter in der Reichsparteileitung. 1927-30 geh¨orte H. dem Nationalrat an, nach dem Beitritt des „Landbundes“ zur Koalitionsregierung (1927) als Vizekanzler. 1930-34 war er Pr¨asident der steirischen Bauernkammer und u¨ bte zahlreiche andere genossenschaftliche Funktionen aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg trat H. dem Verband der Unabh¨angigen bei und war 1949-53 Mitglied des Nationalrats.

Hartleben, (Conrad) Adolf, Verleger, Buchh¨andler, * 26. 8. 1778 Mainz, † 5. 4. 1863 Wien. Der Sohn Franz Joseph → H.s trat 1793 als Kadett dem kurmainzischen Regiment bei, studierte 1797 in Wien Rechtswissenschaft und wurde in der Universit¨atsbrigade zum Offizier bef¨ordert. Nach Aufgabe der milit¨arischen Laufbahn ¨ 1798 gab er u. a. die „Malerischen Darstellungen aus Osterreich“ (1801) heraus. 1802 erwarb er eine Buchhandlung in Ofen und gr¨undete eine Buchhandlung sowie einen Verlag (1804) in Budapest. H. brachte in seinem schnell prosperierenden Unternehmen sch¨ongeistige und wissenschaftliche Literatur in deutscher und ungarischer Sprache, darunter illustrierte Werke wie Panorama der o¨ sterreichischen Monarchie und Bilder-Magazin der Weltkunde, sowie das „Belletristische Lese-Cabinet“ heraus. 1844 verlegte er seinen Firmensitz nach Wien. C LGB

Hartleben, Franz Joseph, Jurist, * 23. 9. 1740 D¨usseldorf, † 1808 Wien. H. studierte an der Univ. Heidelberg Rechtswissenschaft, wurde 1769 promoviert und war seit 1772 Syndikus in Mainz. 1779 erhielt er eine Professur f¨ur Zivilrecht an der dortigen Univ. und geh¨orte – inzwischen Hof- und Regierungsrat – dem kurf¨urstlichen Revisionsgericht an. H. leitete die liberale „Lesegesellschaft“, gab die „Neue juristische Litteratur“ (1784-87, 1787-89, 1791) heraus und schrieb u. a. eine Arbeit u¨ ber die Mainzer Gerichtsverfassung (Jurisdictio Moguntina civilis ordinaria synoptice delineata, 1784). Er war der Vater von Adolf → H.

Hartleben, Otto Erich, Pseud. Otto Erich, Henrik Ipse, Schriftsteller, * 3. 6. 1864 Clausthal / Harz, † 11. 2. 1905 Sal`o (Gardasee, Italien). H., dessen Vater eine gehobene Stellung im Harzer Bergbau hatte und 1870 in die Bergbauverwaltung nach Hannover wechselte, wurde nach dem fr¨uhen Tod seiner Eltern vom Großvater erzogen und studierte auf dessen Wunsch Jura in Leipzig und Berlin; nach bestandener Referendarpr¨ufung (1889) war er am Amtsgericht Stolberg und

am Landgericht Magdeburg t¨atig. 1890 ging er als freier Schriftsteller nach Berlin, wo er Kontakt zu naturalistischen Schriftstellern pflegte. H. schloß sich dem „Friedrichshagener Kreis“ um die Br¨uder Heinrich und Julius → Hart an, war Referent in einem Arbeiterbildungsheim und geh¨orte seit 1891 dem Vorstand der „Freien Volksb¨uhne“ an. Seit 1901 lebte er abwechselnd in M¨unchen und seiner Villa „Halkyone“ am Gardasee. H.s literarische Entwicklung begann mit naturalistisch-sozialkritischen Dramen, u. a. Hanna Jagert (1893), sp¨ater herrschten humoristische, sp¨ottische Tendenzen vor; er schrieb ferner Lyrik und Novellen, u. a. die Geschichte vom abgerissenen Knopfe (1893); ein großer Publikumserfolg war die „Offizierstrag¨odie“ Rosenmontag (1900). C Killy

Hartlieb, Jacob, auch Hartliep, Schriftsteller, † 8. 2. 1504 Landau / Pfalz. H. stammte aus Landau (Pfalz), hatte deswegen den Beinamen „Landoiensis“, wurde aber auch „Walsporn“ genannt. Er studierte in Heidelberg und war sp¨ater Schultheiß in Landau. H. schrieb die quodlibetarische Scherzrede De fide meretricum in suos amatores (1499-1501), von der die ersten drei Ausgaben in Ulm ohne Jahresangabe erschienen. 1506 gab es eine um Schelmenlieder erweiterte Ausgabe in Straßburg, danach zahlreiche Neudrucke, zum Teil in Verbindung mit der Scherzrede De fide concubinarum des P. Olearius. C ADB

Hartlieb, Johann(es), auch Hans H., Hartliepp, Arzt, Schriftsteller, * um 1400, † 18. 5. 1468. H., Sohn eines bayerischen Kellermeisters, verfaßte auf Schloß Neuburg / Donau im Auftrag Herzog → Ludwigs VII. von Bayern-Ingolstadt sein vermutlich erstes Werk, die Memoriertechnik Kunst der Ged¨achtn¨uß (1430, 1432) und legte wohl 1432 das Bakkalaureat in Wien ab. 1437 ist er als „plebanus“ oder „rector“ der Pfarrkirche St. Moritz in Ingolstadt belegt, wurde jedoch auf Betreiben des Herzogs wegen l¨angerer Abwesenheit von der Pfarrei abgesetzt. 1439 soll er in Padua zum Dr. med. promoviert worden sein. Seit 1440 befand sich H. als Leibarzt, Berater und Diplomat im Dienst Herzog → Albrechts III. von Bayern-M¨unchen; er soll u. a. an der M¨unchner Judenverfolgung 1442 und an der bayerischen Klosterreform beteiligt gewesen sein. Seit 1465 war er Leibarzt Herzog → Sigmunds von Bayern. H. verfaßte zahlreiche Schriften zur Mantik, darunter das Mondwahrsagebuch (1432 oder 1434 / 35), nach der vermutlich durch → Nikolaus von Fl¨ue ausgel¨osten eventuellen Abwendung von Magie und Wahrsagekunst das Buch aller verbotenen Kunst (1455 / 56, Neuausg. 1998). Da es dem selbst der Mantik und Alchemie ergebenen brandenburgischen Markgrafen → Johann gewidmet ist, ist es wom¨oglich eher als Enzyklop¨adie denn als Kritik der Mantik zu verstehen. H. u¨ bersetzte ferner medizinische und literarische Texte, u. a. Felix → Hemmerlis Traktat De balneis naturalibus sive termalibus. C VL

Hartlieb, Wladimir Frh. von, o¨ sterr. Schriftsteller, * 19. 2. 1887 G¨orz (Gorizia, Italien), † 2. 9. 1951 Werfen (Salzburg). Der Sohn eines Offiziers verbrachte seine Kindheit in verschiedenen Garnisonen der Donaumonarchie, studierte in Wien und wurde 1911 zum Dr. jur. promoviert. Nach kurzer T¨atigkeit im Staatsdienst lebte er als freier Schriftsteller und unternahm viele Reisen. In den dreißiger Jahren schrieb er u. a. als Theaterkritiker f¨ur das „Neue Wiener Tagblatt“. Politisch zu den „nationalen“ Autoren z¨ahlend, setzte er sich ¨ f¨ur den Nationalsozialismus und den „Anschluß“ Osterreichs an das Deutsche Reich ein. H. war als Lyriker, Dramatiker,

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Hartmann ¨ Erz¨ahler, Essayist und Ubersetzer t¨atig; er ver¨offentlichte u. a. Parole: Das Reich. Darstellung der politischen Entwick¨ lung in Osterreich von M¨arz 1933 bis M¨arz 1938 (1939). C Killy

Hartmann, Graf von Dillingen, Bischof von Augsburg, † 4. / 5. 7. 1286 Augsburg. H. war seit 1247 Domherr in Augsburg. 1248 erfolgte seine Wahl zum Bischof, 1256 die Weihe. H. stellte sich im kirchenpolitischen Machtkampf zwischen dem Papst und den Staufern wie auch in der kaiserlosen Zeit auf die Seite des Papstes. 1274 nahm er am Zweiten Konzil von Lyon teil. W¨ahrend seiner Amtszeit als Bischof besch¨aftigte sich H. insbesondere mit der Gr¨undung von Kl¨ostern und Hospit¨alern; er hatte Anteil an der Errichtung des Franziskanerinnenklosters Dillingen (1241), der Neugr¨undung des Dominikanerinnenklosters Maria M¨odingen (1246) und des Hospitals Dillingen (1237). H. schenkte dem Hochstift Teile der Dillinger Grafschaft, die Burg und Stadt Dillingen eingeschlossen. Die bisch¨ofliche Stadtherrschaft u¨ ber Augsburg konnte von ihm gegen die nach Reichsunmittelbarkeit strebende B¨urgerschaft nicht gehalten werden; 1276 trat das neue Stadtrecht in Kraft. C Gatz 1

Hartmann, Bischof von Brixen, * um 1090 bei Passau, † 23. 12. 1164 Brixen. H. wurde im Augustinerstift St. Nikola zu Passau ausgebildet, trat in den Orden ein und lebte dort zwanzig Jahre lang. 1122 ernannte ihn Erzbischof → Konrad I. von Salzburg zum Domdekan. 1128 wurde er erster Propst auf Herrenchiemsee, f¨uhrte dort das kanonische Leben ein und ging 1133 nach Klosterneuburg. Seit 1140 Bischof von Brixen, gr¨undete er 1142 in der N¨ahe das Chorherrenstift Neustift. In seinen Reformbestrebungen fand er Anerkennung bei den deutschen Bisch¨ofen und Kaiser → Friedrich I., hielt jedoch im Schisma gemeinsam mit Erzbischof → Eberhard I. von Salzburg zu Papst Alexander III. 1784 best¨atigte Papst Pius VI. die Seligenverehrung H.s. C ADB

Hartmann II., Graf von Werdenberg-Sargans, Bischof von Chur, * um 1350, † 6. 9. 1416 Schloß Sonnenberg (Kt. Thurgau). Noch unm¨undig, trat H. 1360 den Johannitern bei und war Komtur von W¨adenswil (1376-1412), von Bubikon (bis 1393) sowie von Feldkirch (1381). Nach dem Empfang der niederen Weihen 1388 folgte im selben Jahr seine Wahl zum Bischof von Chur, jedoch erlangte er die Bischofsweihe nicht. Im nachfolgenden Kampf um das Amt mit dem ¨ Gegenkandidaten des Herzogs → Leopold von Osterreich wurde H. 1390 von dem Grafen Albrecht von WerdenbergHeiligenberg gefangengenommen. 1392 kam ein Friedensschluß zustande, der ewige Dienstleistungen des Domkapitels, der Stadt Chur und der bisch¨oflichen T¨aler gegen¨uber ¨ Osterreich festsetzte. H.s Amtszeit war insbesondere durch politische wie kriegerische Auseinandersetzungen, zum Teil ¨ um die an Osterreich verlorenen Rechte, bestimmt; die geistliche Verwaltung des Bistums lag in der Hand der Weihbisch¨ofe und Vikare. C Gatz 1 Hartmann von Heldrungen, Hochmeister des Deutschen Ordens, * um 1210, † 19. 8. 1283 Venedig (?). Der aus einer th¨uringischen Vasallenfamilie stammende H. nahm nach seinem Eintritt in den Deutschen Orden (1234) eine wichtige Position bei den Verhandlungen u¨ ber die Zusammenlegung der livl¨andischen Schwertbr¨uder mit dem Deutschen Orden 1237 / 38 ein. Der gereimte Bericht u¨ ber diese Verhandlungen wird ihm zugeschrieben. 1251 / 52 nahm H. an wichtigen Verhandlungen des Ordens in Th¨uringen teil und war 1261-66 Großkomtur, 1273 Hochmeister. 1278 erwarb er f¨ur den Orden das AugustinerChorherrenstift Zschillen (Sachsen). C VL

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Hartmann I., Graf von Dillingen-Kyburg, † 16. 4. 1121 Kloster Neresheim (Baden-W¨urttemberg). H. kam durch Heirat in den Besitz der Lehn- und Eigeng¨uter um Winterthur und der Kyburg. Er war Gegner Kaiser → Heinrichs IV. und nahm 1076 Bischof Altwin von Brixen auf der Reise zum Wormser Nationalkonzil gefangen. 1079 wurde die Kyburg von Abt Ulrich III. von St. Gallen erobert und niedergebrannt. H., der 1094 als Graf in Thurgau auftaucht, gr¨undete das Chorherrenstift Neresheim und wandelte es 1101 in ein Benediktinerstift um, in das er kurz vor seinem Tod eintrat. C Leb Bayer Schwaben, Bd 11

Hartmann III., Graf von Kyburg, † 20. 8. 1180.

H., Enkel → Hartmanns I. von Dillingen-Kyburg, vereinigte nach dem Tod seines Bruders Adalbert II. Dillingen wieder mit Kyburg (1170). Er trat nach dem Tod des Grafen Arnold IV. von Lenzburg-Baden dessen Erbe an und u¨ bernahm dar¨uber hinaus den o¨ stlichen Teil der Grafschaft im Z¨urichgau. H. gr¨undete 1178 die Stadt Diessenhofen am Rhein und um die gleiche Zeit die Stadt Winterthur (erw¨ahnt 1180), die sich zum Mittelpunkt des kyburgischen Stammgebiets entwickelte.

¨ Hartmann IV. der Altere, Graf von Kyburg, begraben 27. 11. 1264 Kloster Wettingen. H. erhielt 1233 den Schutz Papst Gregors IX., der seine Bem¨uhungen um die Ausrottung der Ketzer anerkannte. Gemeinsam mit seinem Neffen → Hartmann V. verwaltete er den kyburgischen Besitz und gr¨undete mit ihm 1234 das Dominikanerinnenkloster T¨oss bei Winterthur und 1246 das Zisterzienserkloster Fraubrunnen (Kt. Bern). Sie gelten ferner als die Gr¨under der St¨adte Aarau, Mellingen, Zug und Frauenfeld. H. war entschiedener Anh¨anger der p¨apstlichen Partei. 1249 k¨ampfte er gegen K¨onig → Konrad IV. In der 1250 durchgef¨uhrten Teilung der G¨uter mit seinem Neffen behielt er den ostschweizerischen Teil. H. verwaltete auch die Vogtei Glarus sowie Teile der ehemaligen Reichsvogtei Z¨urich. Nach seinem Tod u¨ bernahm → Rudolf von HabsC NDB burg seine Lehen.

Hartmann V. der J¨ungere, Graf von Kyburg, begraben 3. 9. 1263 Kloster Wettingen. H. erscheint meist im Zusammenwirken mit seinem Oheim → Hartmann IV. und u¨ bernahm bei der G¨uterteilung 1250 die Besitzungen westlich der Reuss und in der Innerschweiz. Bei dem Versuch, sich reichsfreie Gebiete anzueignen, eroberte er die Reichsburg Laupen. H.s politische Aktionen hatten Auseinandersetzungen mit Bern und den Grafen von Savoyen zur Folge. Sein Besitz ging nach seinem Tod u¨ ber seine Tochter Anna an das Haus Habsburg-Laufenburg u¨ ber, von dem die Linie Kyburg-Burgdorf ausging.

Hartmann, eigentl. Paul von An der Lan zu Hochbrunn, Franziskaner, Komponist, * 21. 12. 1863 Salurn, † 6. 12. 1914 M¨unchen. H., Sohn eines Eisenbahnbeamten, urspr¨unglich aus einem Tiroler Adelsgeschlecht stammend, erhielt ersten Musikunterricht an der Musikhochschule Bozen. 1879 trat er in Salzburg in die Gesellschaft Jesu ein. Neben humanistischen und philosophisch-theologischen Studien ließ er sich in Musiktheorie und Orgel ausbilden. Nach der Priesterweihe in Brixen 1886 wurde H. Organist und Chordirektor in Lienz und Reutte, studierte in Innsbruck Komposition und Instrumentallehre und wurde 1893 Organist an St. Salvator in Jerusalem, wo er seit 1894 die Philharmonie leitete. 1895 ging er als Organist nach Rom. Seit 1901 Direktor des Konservatoriums, wechselte H. 1906 an das Franziskanerkloster St. Anna nach M¨unchen, wo er bis zu seinem Lebensende blieb. Er komponierte f¨unf Oratorien, u. a. St. Petrus (1900, 3 Teile f¨ur Soli, Chor, großes Orchester und Orgel, lateinische Texte). C MGG

Hartmann Hartmann von Aue, Dichter. Die biographischen Daten H.s sind nur aus seinen Werken und deren Aufnahme bei Autoren des sp¨aten 12. und 13. Jh. zu erschließen. Demnach stammte er aus dem alten Stammesherzogtum Schwaben und war Ministeriale zu Aue. Dieses Aue wird mit verschiedenen Orten identifiziert (Reichenau, Owen an der Teck), am wahrscheinlichsten ist Au bei Freiburg / Breisgau, das den Herz¨ogen von Z¨ahringen geh¨orte. Seine gelehrte Ausbildung hat H. vermutlich an einer Kathedralschule erfahren (Basel? Mainz?), er hat zumindest das Trivium absolviert. Er geh¨orte zu der neuen sozialen Gruppe der milites clerici, der (geistlich) gebildeten Ritter. Seine Franz¨osischkenntnisse kann er auf Gesandtschaften seiner Dienstherren zu den Heiratsverwandten erworben haben: → Berthold IV. von Z¨ahringen war mit Ida von Boulogne verheiratet. Die Anspielungen auf den Tod seines Herrn in Lied V beziehen sich vielleicht auf das Ableben Bertholds IV. im Jahr 1186. Sein erstes Werk ist wohl das Klageb¨uchlein, ein Streitgespr¨ach zwischen Herz und Leib u¨ ber das richtige Verhalten in der Liebe, H. ist hier noch der lateinischen Tradition verpflichtet. Mit dem Erec, der vielleicht durch den „Gr¨undungsakt der h¨ofischen Kultur im Reich“, den Hoftag Kaiser → Friedrichs I. Barbarossa Pfingsten 1184 in Mainz, angeregt wurde, beginnt die Reihe der Adaptionen franz¨osischer Vorlagen an die spezifische Literatursituation an einem deutschen F¨urstenhof: Die mit interpretierender Freiheit u¨ bernommene Quelle ist der erste franz¨osische Artusroman Erec et Enide von Chr´etien de Troyes (um 1170). Mit dem Gregorius verfaßte H. eine h¨ofische Legendenerz¨ahlung (Vorlage: Vie du Pape Gr´egoire) von unbewußter Schuld und dem verantwortlichen Umgang damit, gezeigt am Beispiel des Inzest-S¨unders und Heiligen Gregorius. Der Iwein (um 1200) geht auf Chr´etiens de Troyes Yvain (nach 1180) zur¨uck: Der L¨owenritter Iwein eignet sich nach anf¨anglichem Versagen die richtigen Herrschertugenden an. In der Mirakelerz¨ahlung Der arme Heinrich (nach 1200?) von der wunderbaren Heilung eines auss¨atzigen Ritters greift H. vielleicht auf eine Familientradition zur¨uck, um das Thema von Pr¨ufung und Gnade zu gestalten (Vorlage nicht nachzuweisen). Seine Minnelieder (zwischen 1180 und 1200) reichen von konventioneller Hoher Minne bis zur Problematisierung der h¨ofischen Liebe durch den Kreuzzug. H. galt der folgenden Generation als Leitbild h¨ofischen Erz¨ahlens, → Gottfried von Straßburg spricht ihm im Tristan den Lorbeerkranz unter den Dichtern zu. Nach Ausweis der ¨ Uberlieferung war vor allem der Iwein – auch in bildlichen Darstellungen wie z. B. den Fresken auf Burg Rodenegg (bei Brixen) – beliebt, er wurde zum stilistischen (Nibelungenlied Fassung C) und formalen Modell und bis in das 16. Jh. gelesen. Im 19. und fr¨uhen 20. Jh. wurde besonders der Arme Heinrich rezipiert, u. a. bei Gerhart → Hauptmann (1902) und Hans → Pfitzner / James Grun (Oper 1895). WERKE: Das Klageb¨uchlein. Hrsg. v. Ludwig Wolff. M¨unchen 1972. – Erec. Hrsg. v. Manfred G¨unther Scholz. ¨ Ubers. von Susanne Held. Frankfurt / Main 2004. – Gregorius. Der Arme Heinrich. Iwein. Hrsg. und u¨ bers. von Volker Mertens. Frankfurt / Main 2004. – Erec. Hrsg. v. Albert Leitzmann, 7. Aufl. v. Kurt G¨artner. T¨ubingen 2006. – Gregorius. Hrsg. v. Hermann Paul. 15., durchges. und erw. Aufl., neu bearb. v. Burghart Wachinger. T¨ubingen 2004. – Der arme Heinrich. Hrsg. v. Hermann Paul, 16. Aufl. v. Gesa Bonath. T¨ubingen 1996. – Iwein. Hrsg. v. Ludwig Wolff. Berlin 1968. – H. v. A. erz¨ahlt. Aus dem Mittelhochdeutschen v. Lambertus Okken. Frankfurt / Main, Leipzig 1992. – Lieder in: Des Minnesangs Fr¨uhling. Hrsg. v. Hugo Moser / Helmut Tervooren. 38., erneut revidierte Aufl. Stuttgart 1988, Nr. XXII. LITERATUR: Volker Mertens: H. v. A. In: Deutsche Dichter. Hrsg. von Gunter E. Grimm / Frank R. Max. Bd. 1, Stuttgart

1989. – Christoph Cormeau / Wilhelm St¨ormer: H. v. A. Epoche – Werk – Wirkung. M¨unchen 21993. Volker Mertens

Hartmann von St. Gallen, Dichter, * um 860 / 865, † 16. 12. (?) 884 (?). H. trat vermutlich fr¨uh in das Kloster St. Gallen ein. Er schuf mit seinem Lehrer → Notker Balbulus zwei B¨ucher einer in Form des Prosimetrums gehaltenen Vita Sancti Galli (um 883 / 84), wovon sich eine fragmentarische Handschrift in der St. Galler Stiftsbibliothek befindet. In Art eines literarischen Dialogs dichtete er im Wechselgesang mit Notker Balbulus jeweils eine Partie des Galluslieds in verschiedenen Versmaßen. Mehrere liturgische Gedichte sowie ein Begr¨ußungslied f¨ur den Empfang eines K¨onigs sind nicht eindeutig H. zuzuschreiben. C VL

Hartmann, Abt von St. Gallen, Geschichtsschreiber, † 21. 9. 925. ¨ Uber H.s Leben vor der Wahl zum Abtbischof des Klosters St. Gallen (922) als Nachfolger des 919 verstorbenen → Salomo ist wenig Genaues bekannt. → Ekkehard IV. beschrieb ihn in den Casus Sancti Galli als gelehrten Mann, der sich w¨ahrend seiner kurzen Amtszeit f¨ur die Klosterdisziplin sowie f¨ur das geistliche und geistige Leben einsetzte, jedoch gegen die rebellierenden Meier der Klosterh¨ofe wenig ausrichtete. Er erw¨ahnt ihn als Verfasser von 46 Lobges¨angen und Autor von Humili prece. H.s zeitgeschichtliche Darstellung sui temporis libellus, vermutlich in der Art einer Klosterchronik gehalten, ist verloren. C VL

Hartmann von St. Gallen, M¨onch, Hagiograph, 10. Jh. H. war vermutlich der Verfasser einer zwischen 993 und 1047 entstandenen hagiographischen Vita der Klausnerin → Wiborada, in der historische Fakten u¨ ber den Ungarneinfall 926 berichtet wurden. Nach dem Verlust der Originalhandschrift befindet sich die a¨ lteste Abschrift im sogenannten Stuttgarter Passionale der fr¨uhen sechziger Jahre des 12. Jahrhunderts. C VL Hartmann, Adele, Anatomin, * 9. 1. 1881 Neu-Ulm, † 15. 12. 1937 M¨unchen. H. schloß das Medizinstudium an der Univ. M¨unchen 1913 mit der Promotion ab (Zur Entwicklung der Bindegewebsknochen), wurde im folgenden Jahr Assistentin am Anatomischen Institut und habilitierte sich mit einer morphologischen Arbeit f¨ur Anatomie, insbesondere Histologie und Entwicklungsgeschichte (1918, Antrittsvorlesung Bisherige Erkl¨arungsversuche der Zellteilung). Sie wurde a. o. Prof. und 1932 Konservatorin am Anatomischen Institut der Univ. M¨unchen. H. besch¨aftigte sich vor allem mit der Gef¨aßentwicklung von Amphibien, der Wirkung von R¨ontgen- und Kathodenstrahlen und der Nierenentwicklung. Sie ver¨offentlichte u. a. Verkalkungsvorg¨ange im gesunden und rachitischen Knorpel (1913) und Die Milz (in: Handbuch der mikroskopischen Anatomie des Menschen, Bd. 6,1, 1930). C NDB

Hartmann, Alexander, Arzt, 15. Jh. H. lebte vermutlich in Frankfurt, seine Existenz konnte jedoch im Frankfurter Stadtarchiv urkundlich nicht nachgewiesen werden. Er u¨ bte als Meister das Wundarzt- und Schererhandwerk aus und wird als Erfinder eines postoperativen Verbandes, des „harten pflasters“, einer Mischung aus pflanzlichen Substanzen, verschiedenen Fetten sowie granulationsf¨ordernden Harzen, genannt. C VL

Hartmann, (Karl) Alfred (Emanuel), schweizer. Schriftsteller, * 1. 1. 1814 Schloß Thunstetten (Kt. Bern), † 10. 12. 1897 Solothurn. H., Sohn eines Oberamtmanns, studierte in M¨unchen, Heidelberg und Berlin, kehrte nach Solothurn zur¨uck und gr¨undete 1836 die Zeitschrift „Der Morgenstern, eine Zeitschrift f¨ur Litteratur und Kritik“, 1841 das literarische

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Hartmann Jahrbuch „Alpina“, das er mit Franz → Krutter und G. Schlatter herausgab. Seit 1845 redigierte er den literarischen Teil des „Wochenblatts f¨ur Freunde der Litteratur und vaterl¨andischen Geschichte“, leitete 1845-75 die humoristischsatirische Zeitschrift „Der Postheiri“ und war seit 1875 Feuilletonredakteur des Berner „Bundes“. H. geh¨orte zu den Begr¨undern der solothurnschen „T¨opfergesellschaft“, die er 1857-89 leitete. Er ver¨offentlichte u. a. Kiltabendgeschichten (2 Bde., 1852-54). C DSL

Hartmann, Alfred, Jurist, Beamter, Unternehmer, * 12. 9. 1894 Duisburg, † 27. 8. 1967 Bad Godesberg (heute zu Bonn). H. trat nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Freiburg / Breisgau, M¨unchen, Berlin und Bonn 1923 in die Reichsfinanzverwaltung, 1925 in das Reichsfinanzministerium ein und wurde 1935 entlassen. Seit 1945 Haushaltsreferent im Bayerischen Finanzministerium, wurde er 1947 Ministerialdirigent und Leiter der Haushaltsabteilung. Im selben Jahr ging H. als Direktor zur Finanzverwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets nach Frankfurt / Main und war 1949-59 Staatssekret¨ar im Bundesfinanzministerium. Er war Mitglied des Deutschen Rats der Europ¨aischen Bewegung, seit 1955 auch Lehrbeauftragter f¨ur Finanzpolitik an der Univ. K¨oln. 1956 wurde H. Mitglied des Vorstands der VEBA, deren Privatisierung er nur nach Z¨ogern zugestimmt hatte. Er trug wesentlich zur Entwicklung des Energieunternehmens bei. H. geh¨orte den Aufsichtsr¨aten verschiedener Gesellschaften an. Er ver¨offentlichte zahlreiche Aufs¨atze u¨ ber das Steuerrecht. C Munzinger

Hartmann, Anastasius, eigentl. Joseph Alois H., Kapuziner, Missionar, * 24. 2. 1803 Altwis (Kt. Luzern), † 24. 4. 1866 Coorjee bei Patna (Indien). H. trat 1821 in den Kapuzinerorden ein und wurde 1825 zum Priester geweiht. 1830-41 war er Novizenmeister sowie Lektor der Philosophie und Theologie in Freiburg (Schweiz) und Solothurn. Nach zweij¨ahriger T¨atigkeit als Prof. und Vizeregens am Internationalen Missionskolleg St. Fidelis in Rom reiste er als Missionar nach Indien. Seit 1846 Titularbischof von Derbe und Apostolischer Vikar von Patna, errichtete er in Patna Kirchen, Schulen, Waisenh¨auser und h¨ohere Bildungseinrichtungen. H. wurde 1854 Apostolischer Vikar in Bombay und war 1856-58 Generalprokurator der Kapuzinermission in Rom. 1860 kehrte er als Apostolischer Vikar von Patna nach Indien zur¨uck. H. trug maßgeblich zur Beilegung des „Goanesischen Schismas“ bei. Er verfaßte zahlrei¨ che theologische Schriften und maßgebliche Ubersetzungen, u. a. den Hindustani-Katechismus (1862) mit hindustanischer Grammmatik und englisch-lateinisch-hindustanischem W¨orterbuch. C LThK

Hartmann, Anton (Christian), Schauspieler, Theaterdirektor, * 30. 10. 1860 Varel, † 23. 10. 1912 Leipzig. Der Sohn eines Juristen besuchte eine Schauspielschule in K¨onigsberg, erhielt 1885 ein Engagement am Frankfurter Stadttheater. 1886-92 wirkte er, vor allem als Charakterdarsteller, am Stadttheater Leipzig, 1894-96 an der Hofb¨uhne in Kassel und dann wieder in Frankfurt. 1898 u¨ bernahm H. die Leitung des G¨orlitzer Stadttheaters und ging in gleicher Funktion an das Carola-Theater nach Leipzig, das er in Leipziger Schauspielhaus umbenannte. Seit 1904 war er auch Direktor des Theaters am Thomasring.

Hartmann, Anton Theodor, evang. Theologe, Orientalist, * 25. 6. 1774 D¨usseldorf, † 20. 4. 1838 Rostock. H., Sohn eines Kaufmanns, studierte 1793-96 Theologie in G¨ottingen, war 1796 / 97 Hauslehrer in D¨usseldorf, 1797-99 Konrektor am Gymnasium Soest, dann bis 1804 Prorektor

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in Herford und 1804-11 Kollaborator in Oldenburg. Seit 1811 durch Empfehlung seines Lehrers Johann Gottfried → Eichhorn o. Prof. der Theologie an der Univ. Rostock, wurde er 1813 zum Dr. theol. promoviert und erhielt 1815 den Titel eines Konsistorialrats. Seit 1818 bekleidete H. neben seiner Lehrt¨atigkeit das Direktorat des Rostocker M¨unzkabinetts. Er besch¨aftigte sich mit Orientalistik, Arch¨aologie und Geschichte und ver¨offentlichte u. a. eine Linguistische Einleitung in das Studium der B¨ucher des Alten Testaments (1817 / 18). Antisemitische Ansichten H.s f¨uhrten zuletzt zu einem publizistischen Streit mit dem j¨udischen Prediger Gotthold → Salomon. C Killy

Hartmann, (Johann Georg) August, Kameralist, * 5. 10. 1764 Stuttgart, † 4. 4. 1849 Stuttgart. Der Sohn von Georg → H. und Bruder von Ferdinand und Ludwig → H. besuchte die Hohe Karlsschule, studierte seit 1782 Rechtswissenschaften in T¨ubingen und erlernte 1784 in Plochingen den w¨urttembergischen Verwaltungsdienst. 1785 schloß er das Studium der Kameralwissenschaft in Heidel¨ berg an und erhielt 1788 eine Professur an der Okonomischen Fakult¨at der Hohen Karlsschule. H., zun¨achst doctor legens, dann a. o., seit 1792 o. Prof., lehrte Hauswirtschaft, ferner Forst- und Jagdwissenschaft und Handlungswissenschaft. 1794 wurde er Rat in der Rentenkammer, 1796 ¨ der Kirchenkammer und 1806 des Oberlandes-Okonomiekollegiums sowie der Forstdirektion. 1811 wurde er Abteilungschef der Dom¨anenverwaltung und geh¨orte seit 1812 dem Staatsrat an, dem sp¨ateren Konferenzministerium. Seit 1817 war er Pr¨asident der Oberrechnungskammer und u¨ bernahm 1819 die Leitung des „Katharinenstifts“. H. erwarb sich Verdienste bei der Gr¨undung der w¨urttembergischen Landessparkasse und der Landwirtschaftlichen Hochschule in Hohenheim. C NDB

Hartmann, August, Volksliedsammler, Bibliothekar, * 25. 1. 1846 M¨unchen, † 23. 3. 1917 M¨unchen. H., Sohn eines Steuerangestellten und Insektenforschers, studierte 1864-70 Klassische, Germanische und Romanische Philologie und Rechtswissenschaften in M¨unchen und Bonn. 1870-73 war er Lehramtskandidat, 1875-1908 Bibliothekar und 1909-11 Oberbibliothekar an der M¨unchner Hof- und Staatsbibliothek. Daneben f¨uhrte er seit 1872 Studien zum geistlichen und weltlichen Volkslied durch und begann 1875 zusammen mit Hyazinth → Abele, Volkslieder und Volksschauspiele aufzuzeichnen. Die von ihnen ver¨offentlichten ¨ Werke Volksschauspiele in Bayern und Osterreich-Ungarn gesammelt (1880) und Historische Volkslieder und Zeitgedichte vom 16.-19. Jahrhundert (1907-13) markieren den Beginn einer wissenschaftlich orientierten Volksliedforschung in Bayern. H. wurde 1883 an der Univ. Leipzig mit der Arbeit Das Oberammergauer Passionsspiel in seiner a¨ ltesten Gestalt promoviert. Er hinterließ rund 250 Notizb¨ucher mit Liedtexten und -notizen.

Hartmann, Carl, S¨anger, * 2. 5. 1895 Solingen, † 30. 5. 1969 M¨unchen. H. studierte in D¨usseldorf Gesang, deb¨utierte 1928 am Stadttheater von Wuppertal-Elberfeld und geh¨orte der in den USA gastierenden „German Opera Company“ (1930) an. 1931-33 wirkte er, vor allem als → Wagner-Tenor, an der St¨adtischen Oper Berlin, 1933-35 an der K¨olner Oper und gastierte an der Staatsoper in Wien sowie in Italien, Frankreich, Schweden, den Niederlanden und in der Schweiz und unternahm dann eine Tournee durch Japan. 1937-40 trat H. an der Metropolitan Opera in New York auf. C MGG Hartmann, Carl Friedrich Alexander, Mineraloge, Metallurg, * 8. 1. 1796 Zorge, † 3. 8. 1863 Leipzig. H. nahm 1813-15 als Freiwilliger an den Befreiungskriegen gegen Napoleon teil und setzte dann das Studium der

Hartmann Naturwissenschaften, das er bereits in Clausthal begonnen hatte, in Berlin mit einem Schwerpunkt auf der Mineralogie bei Christian Samuel → Weiß fort. Seit 1821 war er im Eisenh¨uttenwesen in R¨ubeland / Harz und Blankenburg t¨atig. Daneben f¨uhrte er mineralogisch-geologische Forschungen durch und trug – neben seinen eigenen Ver¨offentlichungen – ¨ mit zahlreichen Ubersetzungen zur Kenntnis ausl¨andischer Publikationen in Deutschland bei, u. a. Edward Turners Elements of chemistry (1827, dt. Lehrbuch der Chemie, 1829), Fran¸cois Sulpice Beudants Trait´e e´ lementaire de mineralogie (2 Bde., 1824, dt. Lehrbuch der Mineralogie, 1826), Charles Lyells Principles of geology (3 Bde. 1830-33, dt. Lehrbuch der Geologie, 3 Bde., 1832-35). 1823 wurde H. als Ehrenmitglied in die K¨oniglich Preußische Akademie Gemeinn¨utziger Wissenschaften in Erfurt und 1826 in die Societ¨at f¨ur die gesamte Mineralogie in Jena aufgenommen. 1841 begab sich H. nach Berlin, 1845 nach Weimar und 1854 nach Leipzig. Mehrfach unternahm er wissenschaftliche Reisen nach Italien, England und Frankreich. Von 1842 bis zu seinem Tod gab H. die von ihm gegr¨undete „Bergund h¨uttenm¨annische Zeitung, mit besonderer Ber¨ucksichtigung der Mineralogie und Geologie“ heraus (seit 1859 mit dem Zusatz „Allgemeine [. . .]) und legte 1850 einen Bericht u¨ ber die Entwicklung der Mineralogie seit 1843 vor.

Hartmann, Christian, Ophthalmologe, * 21. 3. 1949 D¨usseldorf, † 13. 4. 2005 Berlin. H. studierte Medizin in K¨oln und Freiburg, wurde 1974 mit der Arbeit Die Bedeutung der Art und Dauer einer ersten Remission f¨ur den weiteren Verlauf der malignen Lymphogranulomatose nach Strahlenbehandlung zum Dr. med. promoviert und war 1974-79 am Centre National d’Ophthalmologie des Quinze Vingts in Paris t¨atig, seit 1976 als Assistenzarzt. 1979 kehrte er nach K¨oln zur¨uck, wurde 1984 an der Univ. Pierre et Marie Curie in Paris mit der Studie Les immunoglobulines IGE intra-oculaires. Origine, distribution et rˆole physio-pathologique zum Dr. rer. nat. promoviert und habilitierte sich 1986. Seit 1991 apl. Prof., folgte er 1993 einem Ruf auf den Lehrstuhl f¨ur Augenheilkunde an der Charit´e der Humboldt-Universit¨at zu Berlin, verbunden mit der Leitung der Augenklinik. W¨ahrend seiner Amtszeit erfolgte die Fusion der Augenklinik der Charit´e mit der des Rudolf Virchow-Klinikums. Als Koordinator zwischen der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft und der Soci´et´e Fran¸caise d’Ophtalmologie, in deren Vorstand er 2003 als ausl¨andisches Mitglied aufgenommen wurde, machte sich H. um den wissenschaftlichen Austausch zwischen franz¨osischen und deutschen Augen¨arzten verdient. 2001 wurde er zum Ritter der Ehrenlegion der Franz¨osischen Republik er¨ nannt. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Okotoxikologie (mit Christian Steinberg, 1993) und Refraktive Chirurgie der Hornhaut (mit Theo Seiler, 2000).

Hartmann, (Karl Robert) Eduard von, Philosoph, * 23. 2. 1842 Berlin, † 5. 6. 1906 Groß-Lichterfelde (heute zu Berlin). H., Sohn eines preuß. Generalmajors, schlug die Offizierslaufbahn ein, mußte sie jedoch krankheitshalber 1865 abbrechen und studierte in Berlin Naturwissenschaften und Philosophie. Bereits zwei Jahre nach seiner Promotion gelang es H., mit seinem Erstlingswerk Die Philosophie des Unbewußten. Versuch einer Weltanschauung (1869, 121923; Neudr., hrsg. von Ludger L¨utkehaus, 1989) eine breite ¨ Offentlichkeit anzusprechen. H. wurde nachgerade der

„Modephilosoph“ der Gr¨underzeit; sein „transzendentaler Realismus“ stellt sich dar als eine dem evolution¨aren Optimismus verpflichtete Kompilation aus damals neuesten Erkenntnissen der Naturwissenschaften und einer Metaphysik, die idealistische Denkpositionen → Hegels, → Schopenhauers und → Schellings synthetisiert. Rufe an die Universit¨aten Leipzig, G¨ottingen und Berlin nahm H. wegen eines Knieleidens, das ihn zu einer vorwiegend liegenden Lebensweise zwang, nicht an; er lebte als Privatgelehrter in Berlin. Von 1872 bis zu ihrem fr¨uhen Tod 1877 war H. mit Agnes Taubert verheiratet, seit 1878 mit Alma Lorenz; beide Frauen machten sich mit Abhandlungen und Editionen um H.s Werk verdient. H. befaßte sich mit nahezu allen Einzeldisziplinen der Philosophie. Seine Werke zur Ethik (Ph¨anomenologie des sittlichen Bewußtseins, 1879), zur Religionsphilosophie (2 Tle., ¨ 1882) und zur Asthetik (2 Tle., 1886 / 87) boten mit ihrem weltanschaulichen Synkretismus popul¨are Antworten auf gesellschaftliche und kulturelle Probleme der Zeit. Heute wird insbesondere H.s wissenschaftsgeschichtliche Bedeutung f¨ur die Entdeckung des Unbewußten gew¨urdigt, in dem er das „identische Dritte hinter Materie und Bewußtsein“ sah; seine zahlreichen einschl¨agigen Abhandlungen neben der Philosophie des Unbewußten (u. a. Kritische Grundlegung des transcendenten Realismus, 1875; Das Grundproblem der Erkenntnistheorie, 1889; Kategorienlehre, 1896) gelten als bedeutende Schriften im Vorfeld von → Freuds Tiefenpsychologie. WEITERE WERKE: Ausgew¨ahlte Werke. 13 Bde., Leipzig ¨ 1888 ff. – Uber die dialektische Methode. Berlin 1868. – Erl¨auterungen zur Metaphysik des Unbewußten. Berlin 1874. – Die Selbstzersetzung des Christentums und die Religion der Zukunft. Berlin 1874. – Wahrheit und Irrtum im Darwinismus. Berlin 1875. – Zur Geschichte und Begr¨undung des Pessimismus. Berlin 1880. – Der Spiritismus. Leipzig 1885. – Ethische Studien. Leipzig 1898. – Geschichte der Metaphysik. 2 Bde., Leipzig 1899 ff. – Die moderne Psychologie. Leipzig 1902. – Das Problem des Lebens. Bad Sachsa 1906. – System der Philosophie im Grundriß. 8 Bde., Bad Sachsa 1907-09. ¨ LITERATUR: Alma von Hartmann: Chronologische Ubersicht der Schriften v. H.s. In: Kantstudien 17 (1912) S. 501-520. – Hans St¨aglich: Verzeichnis der H.-Literatur. Leipzig 1932. – Max Huber: E. v. H.s Metaphysik und Religionsphilosophie. Winterthur 1954. – Gerhard Kuebart: Das Unbewußte in der Menschenlehre E. v. H.s und Sigmund Freuds. M¨unchen 1970. – Christoph R. Weism¨uller: Das Unbewußte und die Krankheit: eine kritisch kommentierte Darstellung der „Philosophie des Unbewußten“ E. v. H.s im Hinblick auf den Krankheitsbegriff. Essen 1985. – Ludger L¨utkehaus (Hrsg.): „Dieses wahre innere Afrika“. Texte zur Entdeckung des Unbewußten vor Freud. Frankfurt / Main 1989. Cornelia Fischer

Hartmann, Eduard, o¨ sterr. Politiker, * 3. 9. 1904 Laxenburg (Nieder¨osterreich), † 14. 10. 1966 Wien. H., Sohn eines Meiereibesitzers, studierte 1923-27 an der Wiener Hochschule f¨ur Bodenkultur und war 1927-38 in ¨ der Osterreichischen Land- und Forstwirtschaftsgesellschaft t¨atig. Seit 1938 Sachbearbeiter in der Hauptabteilung des Reichsn¨ahrstandes in Linz, wurde er 1942 zur Landesbauernschaft Niederdonau nach Wien versetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg widmete er sich dem Aufbau der nieder¨osterreichischen Landwirtschaftskammer, war 1945 / 46 Erster Stellvertretender Kammeramtsdirektor und 1946-52 Direktor des Nieder¨osterreichischen Bauernbundes. H. war 1949-63 ¨ f¨ur die OVP Abgeordneter zum Nationalrat, 1959-64 Bundesminister f¨ur Land- und Forstwirtschaft, 1962-66 Ge¨ neralanwalt des Osterreichischen Raiffeisenverbandes und 1965 / 66 Landeshauptmann von Nieder¨osterreich.

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Hartmann Hartmann, Erich, Milit¨ar, Flieger, * 19. 4. 1922 Weissach bei Stuttgart, † 20. 9. 1993 Weil im Sch¨onbuch. H., Sohn eines Arztes, wurde in einer Nationalpolitischen Erziehungsanstalt (Napola) ausgebildet, meldete sich 1940 zur Luftwaffe und war w¨ahrend des Zweiten Weltkriegs einer der bekanntesten deutschen Jagdflieger. Zu Kriegsende geriet er in sowjetische Kriegsgefangenschaft und wurde zu f¨unfundzwanzigj¨ahriger Zwangsarbeit verurteilt. 1955 kehrte H. nach Deutschland zur¨uck, nahm den aktiven Dienst in der Bundeswehr auf und f¨uhrte seit 1959 ein Jagdgeschwa¨ der. Seit 1963 Leiter der „Taktischen Uberpr¨ ufung der Einsatzverb¨ande der Luftwaffe“, trat er 1970 in den Ruhestand und war danach Ausbildungsleiter der Luftfahrtschulen Nordrhein-Westfalen. C Weiß

Hartmann, Ernst, Schauspieler, Regisseur, * 8. 1. 1844 Hamburg, † 10. 10. 1911 Wien. Zun¨achst Volont¨ar in einer Chemnitzer Maschinenfabrik, nahm H., Sohn eines Gastwirts, Schauspielunterricht und wurde am Revaler Stadttheater Chorist und Chargendarsteller. 1862 schloß er sich einer reisenden Schauspielertruppe an und wurde 1864 von Heinrich → Laube an das Wiener Burgtheater geholt; er hatte anfangs als Charakter- und Konversationsliebhaber, sp¨ater als a¨ lterer Bonvivant und Charakterdarsteller Erfolg. Zu seinen Hauptrollen geh¨orten der Benedikt in Viel L¨arm um Nichts und die Titelfigur in Clavigo. H. war seit 1868 mit der Schauspielerin Helene → H. verheiratet. Seit 1880 f¨uhrte er auch Regie. C NDB

Hartmann, (Wilhelm) Eugen, Mechaniker, * 26. 5. 1853 N¨urtingen, † 18. 10. 1915 M¨unchen. Nach einer Feinmechanikerausbildung arbeitete H., Sohn eines Lehrers, als Assistent der Deutschen Reichskommission (1873) auf der Wiener Weltausstellung und als technischer Assistent Wilhelm → Webers am Physikalischen Institut der Univ. G¨ottingen. 1879 ließ er sich in W¨urzburg nieder und gr¨undete eine Firma f¨ur optische und pr¨azisionsmechanische Instrumente. Nach dem Zusammenschluß mit dem Kaufmann Wunibald → Braun firmierte der Betrieb seit 1884 unter dem Namen „Hartmann & Braun“ in Frankfurt / Main. H. leitete das Unternehmen, das sich auf die Herstellung elektronischer Meßinstrumente spezialisierte, und produzierte u. a. das erste f¨ur die praktische Elektrotechnik geeignete Federgalvanometer und ein Spiegelgalvanometer mit Fernrohr-Ablesung. Er lehrte an der von ihm mitbegr¨undeten Elektrotechnischen Lehr- und Untersuchungsanstalt in Frankfurt / Main und errichtete das Taunus-Observatorium (1912 / 13) auf dem Kleinen Feldberg. H. war Mitbegr¨under und Vorsitzender des Verbandes Deutscher Elektrotechniker und Vorsitzender der Frankfurter Elektrotechnischen Gesellschaft. C W¨urtt Nekrolog, Jg. 1915

Hartmann, (Bruno) Felix (Bernhard Albert) von, kath. Theologe, Erzbischof von K¨oln, Kardinal, * 15. 12. 1851 M¨unster, † 11. 11. 1919 K¨oln. H., Sohn eines preuß. Oberregierungsrats, studierte seit 1870 in M¨unster Theologie und empfing 1874 die Priesterweihe. Er ging zum Studium des Kirchenrechts nach Rom, kehrte 1879 als Dr. jur. can. in seine Di¨ozese zur¨uck und war als Kaplan t¨atig. 1889 wurde H. Geheimsekret¨ar und Bisch¨oflicher Kaplan des Bischofs Hermann → Dingelstadt von M¨unster, 1894 Geistlicher Assessor und Rat, 1903 Domkapitular, 1905 Generalvikar und 1911 Bischof von M¨unster. 1912 erfolgte seine Wahl zum Erzbischof von K¨oln, 1913 die Inthronisation. Papst Pius X. ernannte ihn 1914 zum Kardinal. Im Ersten Weltkrieg wirkte H. in der Milit¨arseelsorge und vermittelte beim Kriegsgefangenenaustausch. 1916-18 geh¨orte er dem preuß. Herrenhaus an. Nach 1918 setzte sich H. f¨ur die Rechte der Kirche ein, insbesondere in der Schul-

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frage, und gr¨undete 1919 im Zuge der Erneuerungsbewegung des deutschen Katholizismus den Jugendbund „NeuC Gatz 4 deutschland“.

Hartmann, (Christian) Ferdinand, Maler, * 14. 7. 1774 Stuttgart, † 6. 1. 1842 Dresden. Der Sohn Georg → H.s nahm zun¨achst in Stuttgart Malunterricht, 1794-98 in Rom und Neapel. 1799 kehrte er nach Deutschland zur¨uck und wurde in Stuttgart Mitglied der Akademie der bildenden K¨unste. 1803 ging H. nach Dresden, hatte dort Kontakt zu Philipp Otto → Runge und Caspar David → Friedrich und engagierte sich f¨ur die neue romantische Malerei. 1808 / 09 arbeitete er an der von Heinrich von → Kleist herausgegebenen Zeitschrift „Ph¨obus“ mit und lehrte seit 1812 als Prof. an der Dresdner Akademie der bildenden K¨unste, deren Leitung er 1825 neben der der Meißner Zeichenschule u¨ bernahm. C NDB

Hartmann, Ferdinand (Johann Heinrich), Industrieller, * 7. 11. 1790 Braunschweig, † 23. 10. 1842 LeipzigPfaffendorf. H., dessen Vater als Ingenieur-Offizier, dann als Kramerbaumeister t¨atig war, wurde 1806-08 in Hannover bei einem Seiden- und Galanteriewarenh¨andler ausgebildet, arbeitete bis 1811 in der gleichen Branche und u¨ bersiedelte 1814 nach Leipzig. Dort besch¨aftigte er sich insbesondere mit dem Wollhandel und gr¨undete 1822 gemeinsam mit Ferdinand Portius eine Wollhandlung, sp¨ater eine Kammgarnspinnerei in Pfaffendorf bei Leipzig. 1830 gliederte H. eine Handk¨ammerei an, setzte die erste Dampfmaschine in Leipzig ein und nahm weitere Anlagen in Betrieb. 1832 geh¨orten zu seinem Unternehmen 1940 Spindeln; 93 Arbeiter besch¨aftigte er in der Pfaffendorfer Fabrik, weitere 181 Personen arbeiteten auf seine Rechnung in vier Wollk¨ammereien. 1836 wandelte H. die Firma in eine Aktiengesellschaft um; 1842 verf¨ugte das Unternehmen u¨ ber 10 412 Spindeln und war eine der f¨uhrenden Textilfirmen Deutschlands. C Leb Sachsen, Bd 3

Hartmann, Friedrich, o¨ sterr. Baustatiker, * 29. 3. 1876 Troppau (Schlesien), † 16. 1. 1945 Wien. H. schloß das Bauingenieurstudium an der TH Br¨unn mit der Promotion zum Dr. techn. ab, war dort Assistent und arbeitete 1902-16 als Konstrukteur und Statiker bei verschiedenen Eisenbahnfirmen. 1915-18 lehrte er an der Milit¨arakademie in M¨odling und war dann bis zu seinem Lebensende o. Prof. des Br¨uckenbaus an der TH Wien, 1928 / 29 deren Rektor. Seine Eisenbetonarbeiten wirkten bahnbrechend im Br¨uckenbau. Er betonte als einer der ersten die land¨ schaftsgebundene Asthetik technischer Bauwerke. H., der Wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften war, ver¨offentlichte u. a. Aesthetik im Br¨uckenbau unter besonderer Ber¨uksichtigung der Eisenbr¨ucken (1928) und Knickung, ¨ Akad, Jg. 95 Kippung, Beulung (1937). C Almanach Ost

Hartmann, Fritz, auch Friedrich H., Schriftsteller, * 2. 2. 1866 Frankfurt / Main, † 27. 6. 1937 Lenglern bei G¨ottingen. H. studierte in Berlin und Heidelberg Geschichte, Philosophie und Literatur, wurde 1890 zum Dr. phil. promoviert und war seit dem folgenden Jahr Redakteur der „Braunschweigischen Landeszeitung“. Seit 1907 politischer Redakteur des „Hannoverschen Kuriers“, geh¨orte er 1913-16 der Berliner Redaktion an und war dann bis zu seiner Pensionierung Chefredakteur in Hannover. H. schrieb Dramen sowie Werke zur Literatur- und Theatergeschichte, u. a. Sechs B¨ucher Braunschweigischer Theatergeschichte. Nach den Quellen bearbeitet (1905). C Leb Nieders, Bd 1

Hartmann Hartmann, Georg, Mathematiker, Mechaniker, * 9. 2. 1489 Eggolsheim bei Forchheim, † 9. 4. 1564 N¨urnberg. Nach dem Theologie- und Mathematikstudium in N¨urnberg (seit 1510) reiste H. zur weiteren Ausbildung nach Italien und lebte seit 1518 als Mathematiker und Geistlicher an St. Sebald in N¨urnberg. Zu seinem Freundeskreis z¨ahlten Albrecht → D¨urer und → Melanchthon. Er erwarb sich Verdienste durch die Herausgabe der Manuskripte des → Regiomontanus. H. war ein ausgezeichneter Mathematiker und Mechaniker und erlangte als Instrumentenbauer große Bedeutung. Er stellte zahlreiche Sonnenuhren, Astrolabien und Globen her; er entwarf u. a. das Zifferblatt der Sonnenuhr an St. Sebald. H. erfand vermutlich den Kalibermeßstab (1540) und entdeckte 1544 die magnetische Deklination. Er ver¨offentlichte u. a. Perspectiva communis (1542). C NDB

Hartmann, (Johann) Georg, Schriftsteller, Kameralist, * 19. 2. 1731 Plieningen bei Stuttgart, † 9. 6. 1811 Stuttgart. Nach einer Schreiberlehre war H., Sohn eines w¨urttembergischen Oberstutenmeisters, seit 1753 am Stuttgarter Marstall Fourageverwalter. 1761 wurde er Kammerrat, sp¨ater Wirklicher Rat im Rentkammerkollegium und 1767 mit dem Referat f¨ur Marstall- und Gest¨utssachen betraut. 1789 erhielt er den Titel Hof- und Dom¨anenrat. H. wurde durch Ver¨offentlichungen u¨ ber Pferdezucht bekannt, u. a. Pferde- und Maultierzucht (1777). Er geh¨orte den Gelehrten Gesellschaften von St. Petersburg, Ludwigsburg, Bern und Z¨urich an. Sein Stuttgarter Haus war ein Treffpunkt des literarischen Lebens. H. war der Vater von August, Ferdinand und Ludwig → H. C NDB

Hartmann, (Johann) Georg, Schriftgießer, M¨azen, * 13. 7. 1870 Frankfurt / Main, † 24. 10. 1954 Jossa bei Schl¨uchtern. H., Sohn eines Metzgermeisters, absolvierte eine kaufm¨annische Ausbildung in Frankfurt / Main, war mehrere Jahre in England und Frankreich als Handlungsgehilfe t¨atig und arbeitete anschließend in einem s¨uddeutschen Industrieunternehmen. 1898 kehrte er nach Frankfurt / Main zur¨uck und u¨ bernahm die Bauersche Gießerei, die er innerhalb kurzer Zeit zu einem der f¨uhrenden Unternehmen Deutschlands mit weltweiter Bedeutung machte. H. gelang es, bedeutende Schriftk¨unstler wie Ernst Schneider, Emil Rudolf → Weiß und Paul → Renner zur Mitarbeit zu verpflichten. Bereits vor 1914 unterhielt er eine Firmenniederlassung in Barcelona, 1927 in New York, und o¨ ffnete damit den deutschen Schrifttypen den Weltmarkt. In Frankfurt gr¨undete er auch eine Fabrik f¨ur zahn¨arztliche Elektroger¨ate. H. machte sich als Kunstsammler und -m¨azen einen Namen, war mit Max → Beckmann und Ren´ee → Sintenis befreundet und geh¨orte der Administration des St¨adelschen Kunstinstitutes an. In H.s Verlag „Der Goldene Brunnen“ erschienen zahlreiche Privatdrucke. C NDB

Hartmann, Georg, Intendant, * 19. 2. 1891 N¨urnberg, † 9. 1. 1972 M¨unchen. H. studierte in Marburg Geographie und Kunstgeschichte, wurde 1913 zum Dr. phil. promoviert (K¨ustner und das M¨unchner Hofschauspiel [1833-1842]. Ein Beitrag zur M¨unchner Theatergeschichte) und war nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg Dramaturg in Erfurt, dann Regisseur an der Staatsoper in Dresden. 1924 u¨ bernahm er die Leitung des Theaters in L¨ubeck, hierauf die der Theater in Dessau, Breslau und Dortmund und war schließlich Generalintendant in Duisburg und Prag. Von dort aus wechselte H. als Staatsintendant nach M¨unchen und hatte 1929-33 die Intendanz der Breslauer Oper und der Schlesischen Philharmonie inne. 1933 „beurlaubt“, konnte er durch Vermittlung

→ Furtw¨anglers weiterhin am Theater t¨atig sein; nach dem Zweiten Weltkrieg wirkte er als Generalintendant der Anhaltischen Staatstheater in Dessau und ging 1947 in gleicher Funktion an die St¨adtischen B¨uhnen nach Leipzig. Im selben Jahr wurde H. Generalintendant an der Bayerischen Staatsoper in M¨unchen. Seine Regiet¨atigkeit f¨uhrte ihn u. a. nach Rom, Barcelona, Paris, Venedig und Buenos Aires; seit 1952 war er st¨andiger Gastregisseur an der Kgl. Oper in Stockholm. C Munzinger

Hartmann, Gottlob David, Pseud. Barde Telynhard, Lyriker, Prosaist, * 2. 9. 1752 Roßwaag (Baden-W¨urttemberg), † 5. 11. 1775 Mitau. H. besuchte 1767-71 die Klosterschule in Blaubeuren und trat anschließend in das T¨ubinger Stift ein, wo er an der Univ. Theologie studierte und 1773 zum Magister promoviert wurde. 1774 berief ihn Peter von → Biron als Prof. der Philosophie an das neugegr¨undete Gymnasium in Mitau. In T¨ubingen war H. mit Johann Ludwig → Huber befreundet und hatte einen ausgedehnten Briefwechsel mit → Lavater und → Bodmer. Neben den Jahresfeiern (1773, 1774) z¨ahlte seine Schrift Sophron, oder die Bestimmung des J¨unglings f¨ur dieses Leben (1772) zu seinen bekanntesten Werken. C Killy

Hartmann, Gustav, Fabrikant, Wirtschaftsberater, * 10. 6. 1842 Chemnitz, † 20. 10. 1910 Ebenhausen bei M¨unchen. Nach einer kaufm¨annischen Ausbildung in einem Hamburger Außenhandelsgesch¨aft hielt sich H., Sohn eines Maschinenbauers, in Belgien und Großbritannien auf, wo er u. a. die v¨aterliche Maschinenbaufabrik auf der Weltausstellung in London (1862) repr¨asentierte. 1865 kehrte er nach Chemnitz zur¨uck und wurde 1868 Teilhaber des Unternehmens seines Vaters Richard → H. Nach dem Verkauf des Familienbetriebs an die neugegr¨undete Aktiengesellschaft „S¨achsische Maschinenfabrik zu Chemnitz“ 1869 war H. dort bis 1881 Direktor, dann bis zu seinem Tod Aufsichtsratsvorsitzender. 1884-87 geh¨orte er dem Aufsichtsrat der Dresdner Bank an, danach der Direktion; w¨ahrend dieser Zeit initiierte er die Maschinenbaufabrik Hartmann im russischen Lugansk, deren Verwaltung er bis 1908 angeh¨orte. C NDB

Hartmann, Gustav, Schlosser, Politiker, * 24. 2. 1861 G¨orlitz, † n. e. Nach Schlosserlehre und Wanderjahren arbeitete H. seit 1882 als Maschinenschlosser, dann als Vorarbeiter in D¨usseldorf. Er engagierte sich im Hirsch-Dunkerschen-Gewerkverein und wurde 1899 Gewerkschaftssekret¨ar in Berlin, 1916 Verbandsvorsitzender der Deutschen Gewerkvereine sowie Vorsitzender des Gewerkschaftsringes deutscher Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenverb¨ande. H. geh¨orte als Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei der Nationalversammlung, 1921 und 1928 dem preuß. Landtag an. 1933 trat er vom Vorsitz der Hirsch-Dunkerschen Gewerkvereine zur¨uck.

Hartmann, Heinz, Psychologe, * 4. 11. 1894 Wien, † 17. 5. 1970 Stony Point (New York, USA). H.s Eltern waren Ludo Moritz → H. und die Pianistin und Bildhauerin Margarete H., eine Tochter von Rudolf → Chrobak. H. studierte Medizin an der Univ. Wien, u. a. bei Max → Weber und Sigmund → Freud, und wurde 1920 promoviert. Nach kurzer T¨atigkeit am Pharmakologischen Institut wurde er Assistenzarzt an der NeurologischPsychiatrischen Klinik Julius von → Wagner von Jaureggs. 1934 gab er diese Stellung auf und war als Lehranaly¨ tiker t¨atig. Nach dem „Anschluß“ Osterreichs emigrierte H. u¨ ber Frankreich und die Schweiz in die USA, wo er 1948-51 Medical Director am New York Psychoanalytical Institute war. 1953-59 war er Pr¨asident der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung, danach ihr Ehrenpr¨asident.

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Hartmann H. bem¨uhte sich um die Verbindung zwischen der klassischen Psychiatrie und der Psychoanalyse und war Begr¨under der Ich-Psychologie. Er ver¨offentlichte u. a. Grundlagen der Psychoanalyse (1927) und Ich-Psychologie und Anpassungsproblem (1939) und war 1933-41 Mitherausgeber der „Internationalen Zeitschrift f¨ur Psychoanalyse“. C M¨uhlleitner

Hartmann, Helene, geb. Schneeberger, Schauspielerin, * 14. 9. 1843 Mannheim, † 12. 3. 1898 Wien. H. war seit 1860 Mitglied des Mannheimer Hoftheaters, nahm 1864 ein Engagement am Hamburger Thalia-Theater an und wechselte 1867 an das Wiener Burgtheater. Seit 1870 war sie Hofschauspielerin. H. spielte zuerst Naive, sp¨ater Charakterrollen. Seit 1868 war sie mit Ernst → H. verheiratet.

Hartmann, (Carl-Eduard) Hermann, Mediziner, * 17. 4. 1863 Eilenburg bei Leipzig, † 20. 1. 1923 Leipzig. Nach dem Medizinstudium in Halle, Berlin und W¨urzburg (Promotion 1887, Ueber den Einfluß antipyretischer Mittel auf die Zersetzung der Eiweißsubstanzen mit besonderer Ber¨ucksichtigung des Antifebrin) war H., Sohn eines Kaufmanns, Assistent an den W¨urzburger Kliniken und ließ sich 1890 nach einj¨ahrigem Praktikum in Leipzig als praktischer Arzt nieder. Neben seiner a¨ rztlichen T¨atigkeit besch¨aftigte ¨ er sich insbesondere mit den Rechten der Arzteschaft gegen die damals bestehende Willk¨ur der Kassenvorst¨ande. H. organisierte den ersten akademischen Stand und gr¨undete ¨ in Leipzig den „Verband der deutschen Arzte zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen“ (1900), der sp¨ater den Namen „Hartmann-Bund“ erhielt. 1903 betrug die Mitgliederzahl 10 000, 1910 geh¨orten dem Verband 94 Prozent der ¨ deutschen Arzte an. C NDB

Hartmann, Hermann, Chemiker, * 4. 5. 1914 Bischofsheim / Rh¨on, † 22. 10. 1984 Glash¨utten / Taunus. H. studierte Chemie, wurde 1942 an der Univ. Frankfurt / Main mit der Arbeit Untersuchungen u¨ ber die anomale Beweglichkeit des Wasserstoffions promoviert und habilitierte sich dort 1943. 1949 wurde er apl. Prof., 1950 Vertreter der theoretischen Physik an der Univ. Marburg, 1951 Abteilungsleiter am Max-Planck-Institut f¨ur Physikalische Chemie in G¨ottingen und 1952 o. Prof. in Frankfurt / Main. Seit 1967 war er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, seit 1974 der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. H. ver¨offentlichte u. a. Theorie der chemischen Bindung auf quantentheoretischer Grundlage (1954), Die chemische Bindung (1955, 31971), Bedeutung quantentheoretischer Modelle (1965) und Die Bedeutung des Vorurteils f¨ur den Fortgang der naturwissenschaftlichen Erkenntnis (1967).

Hartmann, Jakob Frh. von, Milit¨ar, * 4. 2. 1795 Maikammer, † 23. 2. 1873 W¨urzburg. H., Sohn eines Hufschmieds, wurde an einer franz¨osischen Milit¨arakademie ausgebildet, leistete 1811-15 in der franz¨osischen Armee Dienst und trat 1816 als Leutnant in das bayerische Heer ein. 1842 wurde er, inzwischen Major, Adjutant des Kronprinzen → Maximilian von Bayern. Im folgenden Jahr wurde er in den Ritterstand, 1871 in den Freiherrenstand erhoben. 1861 wurde er Generalkommandant von W¨urzburg, 1869 General. H. war einer der f¨unfzehn deutschen Gener¨ale, die im Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 ein Armeekorps kommandierten. C Leb Franken, Bd 1

Hartmann, Jakob, gen. Chemifeger Bodemaa, schweizer. Publizist, Mundartdichter, * 16. 5. 1876 WienachtTobel (Kt. Appenzell-Innerrhoden), † 10. 5. 1956 Rehetobel (Kt. Appenzell-Innerrhoden). Von Beruf Kaminkehrer, arbeitete H., Sohn eines Dachdeckers, seit 1898 als Landj¨ager, Versicherungsagent und

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Kaminkehrer in verschiedenen schweizer. Orten. Daneben entfaltete er eine rege T¨atigkeit als Publizist, Heimatkundereferent und Mundartdichter. H. schrieb Prosa und Dramen, u. a. das Appezeller Sennelebe (1914), das als Quelle f¨ur die historische Dialektforschung und Volkskunde gilt. C HLS

Hartmann, Johann, auch Hans, Hartman, Buchbinder, Buchh¨andler, Verleger, * 3. 3. 1537 Mehlis (heute zu ZellaMehlis), † 21. 5. 1607 Frankfurt / Oder. H. hatte als selbst¨andiger Buchbinder in Frankfurt / Oder großen Erfolg und schloß dem Unternehmen um 1585 einen Verlag an, der ebenso erfolgreich war. Das unter dem Namen „Hartmann Vater und Sohn“ firmierende Druck- und Verlagshaus druckte u. a. eine hebr¨aische Bibel (1595 / 96). Der Verlagskatalog umfaßte 1610 170 Werke aus den Bereichen Theologie, volkst¨umliche Erbauungsschriften, Schulb¨ucher und deutsche Volksb¨ucher. Große Beachtung fanden dar¨uber hinaus die von H. im eigenen Notendruck produzierten Musikwerke, u. a. Kompositionen Thomas → Elsbeths (1599); 1600-25 erschienen rund 120 Drucke deutscher Kantorenmusik, u. a. u¨ ber vierzig Werke von Bartholom¨aus → Gesius. C NDB

Hartmann, Johann Adolf, Geschichtsschreiber, * 10. 3. 1680 M¨unster (Westfalen), † 31. 10. 1744 Marburg / Lahn. H. trat 1698 in die Gesellschaft Jesu ein und war Lehrer der Philosophie und Beredsamkeit. 1713 sollte er als Missionar nach Indien gehen, kam jedoch nur bis Portugal und konvertierte nach der Heimkehr 1715 in Kassel zum Protestantismus. 1716 von Landgraf → Karl von Hessen zum Prof. der Weltweisheit und Dichtkunst am Collegium Carolinum ernannt, lehrte er seit 1722 als Prof. der Geschichte und Beredsamkeit an der Univ. Marburg. H. ver¨offentlichte u. a. eine Historia Hassiaca in auditorum usum concinnata (3 Bde., 1741-46; Bd. 3 wurde aus dem Nachlaß herausgegeben). C ADB

Hartmann, Johann David, Pseud. Selmar, Lyriker, P¨adagoge, * 1. 6. 1761 Aschersleben, † 4. 12. 1801 Holzminden. H. wurde nach dem Theologie- und Philosophiestudium in Helmstedt und Halle Kollaborator an der Domschule in Halberstadt, 1790 Prof. und Direktor des Gymnasiums in Bielefeld. 1794 ging er in gleicher Funktion nach Herford, 1798 an die Kloster- und Hohe Stadtschule Holzminden und war dort zugleich Prior des Klosters Amelungsborn. H., der der „Literarischen Gesellschaft Halberstadt“ angeh¨orte, ver¨offentlichte Gedichte in den „Halberst¨adter gemeinn¨utzigen Bl¨attern“ (1791) und im „Berliner Musenalmanach“ (1792). Zu seinen philologischen und p¨adagogischen Schriften z¨ahlt ¨ die Abhandlung Uber die a¨ ltesten Lehrdichter der Griechen, ¨ nebst der metrischen Ubersetzung eines Solonischen FragC Westf Autoren, Bd 1 ments (1794).

Hartmann, Johann Ernst, urspr. Johann Joseph H., Komponist, Musiker, * 24. 12. 1726 Groß-Glogau, † 21. 10. 1793 Kopenhagen. H. war Konzertmeister beim F¨urstbischof von Breslau (1754), am Hof des F¨ursten von Rudolstadt (1761) und beim herzoglich-holsteinischen Hoforchester in Pl¨on. 1762 ging er nach Kopenhagen, war zwischenzeitlich wieder in Pl¨on t¨atig und trat 1766 in die Kopenhagener Hofkapelle ein, deren Leitung er 1768 u¨ bernahm. H. komponierte, beeinflußt von → Gluck, B¨uhnen- und Kammermusik sowie Klavier- und Orchesterst¨ucke. Am bekanntesten ist seine Komposition zu Johannes Ewalds B¨uhnenst¨uck Balders Død (1779). C MGG

Hartmann Hartmann, Johann Ludwig, evang. Theologe, * 3. 2. 1640 Rothenburg / Tauber, † 18. 7. 1680 Rothenburg / Tauber. H., Sohn eines Pfarrers, schloß das Studium der Theologie in Wittenberg 1659 mit dem Magistergrad ab. Seit 1660 Pfarrer in Spielbach bei Rothenburg, wurde er 1661 Rektor des Gymnasiums in Rothenburg und 1666 Superintendent des dortigen Kirchenwesens und Pfarrer an St. Jacobi. 1670 erwarb er an der Univ. T¨ubingen das Lizentiat. H. f¨uhrte wieder Pfarrsynoden und Visitationen ein; 1668 veranlaßte er einen Neudruck der 3. Rothenburger Kirchenordnung. Er ver¨offentlichte Predigtb¨ande (u. a. Das wahre Christentum, 1671), das Rothenburger Pfingstb¨uchlein (1680) und zahlreiche volkserzieherische Schriften (Fluch-Spiegel, 1672; Heilsame Mittel wider den Eheteufel, 1680). Seine Schrift Pastorale evangelicum (1678, postum vermehrte Aufl. 1697) war ein Hauptwerk der luth. Orthodoxie. C RGG

Hartmann, Johann Melchior, Orientalist, Schriftsteller, Bibliothekar, * 20. 2. 1764 N¨ordlingen, † 16. 2. 1827 Marburg / Lahn. H. studierte seit 1786 an der Univ. Jena Theologie und orientalische Sprachen, wurde 1788 Hauslehrer und setzte sein Studium an der Univ. G¨ottingen fort. 1793 folgte er einem Ruf als o. Prof. der Philosophie und der orientalischen Sprachen an die Univ. Marburg, wo er 1794 zum Dr. phil. promoviert wurde. Seit 1819 war H. Zweiter, seit 1825 Erster Bibliothekar an der Marburger Universit¨atsbibliothek. Er arbeitete an Johann Gottfried → Eichhorns „Allgemeiner Bibliothek der biblischen Litteratur“ mit, war seit 1807 Mitherausgeber des „Museums f¨ur biblische und orientalische Litteratur“ und ver¨offentlichte u. a. eine Commentatio de geographia Africae Edrisiana (1792). H. geh¨orte seit 1800 der „Gesellschaft der Alterth¨umer“ in Kassel, seit 1817 der Marburger „Gesellschaft zur Bef¨orderung der gesammten Wissenschaften“ an. C ADB

Hartmann, Johannes, auch Hartmanni, Mathematiker, Chemiker, Arzt, * 15. 1. 1568 Amberg (Oberpfalz), † 7. 12. 1631 Marburg. H., dessen Vater Wollweber und Kirchendiener war, absolvierte eine Buchbinderlehre und erhielt aufgrund seiner besonderen Begabung ein Universit¨atsstipendium der Stadt Amberg. Seit 1583 studierte er Mathematik, Logik und Rhetorik in Altdorf, Jena, Leipzig, Helmstedt und Wittenberg und unterrichtete anschließend kurze Zeit Mathematik am Hof des Landgrafen von Hessen in Kassel. H. wurde 1592 Prof. der Mathematik an der Univ. Marburg, studierte daneben Medizin und wurde 1606 Mitglied der Medizinischen Fakult¨at, sp¨ater Leibarzt des Landgrafen von Hessen. Seit 1609 lehrte er in Marburg als erster Prof. seines Faches an einer europ¨aischen Hochschule Chemie. H. besch¨aftigte sich insbesondere mit der Beziehung der Chemie zur Medizin und unterhielt ein „Laboratorium chymico-medicum“, wo er Sch¨uler aus ganz Europa unterrichtete. Als sein Hauptwerk gilt Praxis chymiatrica (1633, 101677). C NDB

Hartmann, Johannes (Franz), Astronom, Astrophysiker, * 11. 1. 1865 Erfurt, † 13. 9. 1936 G¨ottingen. H., Sohn eines Posamentierers und Kaufmanns, schloß das Studium der Mathematik und der Naturwissenschaften in T¨ubingen, Berlin und Leipzig 1891 mit der Promotion (Die Vergr¨oßerung des Erdschattens bei Mondfinsternissen) ab und wurde Assistent in Wien und Leipzig, 1896 am Astrophysikalischen Observatorium in Potsdam, wo er seit 1898 Observator war. 1909 wurde er o. Prof. der Astronomie und Direktor der Sternwarte in G¨ottingen und wechselte 1921

als Direktor der Sternwarte nach La Plata (Argentinien). Seit 1910 war H. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. H., der sich vor allem mit Astrospektroskopie befaßte, konstruierte das Mikrophotometer (1899), den Spektrokomparator (1904) und das Fl¨achenphotometer (1910). Aufgrund seiner Beobachtungen der station¨aren Calciumlinien (1904) im Spektrum des Sterns Orionis bewies er zum ersten Mal die Existenz interstellarer Materie. Durch die Vermessung der Parallaxe des Asteroiden Eros konnte H. 1932 den Abstand der Erde zur Sonne berechnen. H. verfaßte u. a. Die astronomischen Instrumente des Kardinals Nikolaus Cusanus (1919, Neudr. 1971) und gab Astronomie (1921) heraus. C NDB

Hartmann, Julius, luth. Theologe, * 1. 6. 1806 Backnang, † 9. 12. 1879 Tuttlingen. Nach dem Theologiestudium in T¨ubingen war H. 1833-40 Diakon in Neuenstadt an der Linde, 1840-43 in B¨oblingen. Anschließend wirkte er bis 1851 als Dekan und Schulinspektor in Aalen, zuletzt als Stadtpfarrer und Di¨ozesanvorstand in Tuttlingen. H. verfaßte zahlreiche Schulschriften und kirchenhistorische Abhandlungen, u. a. eine Geschichte der Reformation in W¨urttemberg (1835). C ADB

Hartmann, Julius (Hartwig Friedrich) von, Milit¨ar, * 2. 3. 1817 Hannover, † 30. 4. 1878 Baden-Baden. H. trat 1834 in ein Husarenregiment ein und besuchte 1839-42 die allgemeine Kriegsschule. Seit 1844 beim topographischen B¨uro, wechselte er 1847 zum Großen Generalstab. Seit 1849 Generalstabsoffizier, nahm er am Feldzug in Baden teil, f¨uhrte milit¨arische Erkundungen in SchleswigHolstein, Schlesien, Sachsen, B¨ohmen und der Lausitz durch und war seit 1857 Regimentskommandeur in Landsberg / Warthe. In das Berliner Kriegsministerium zur¨uckgekehrt, wurde er 1860 als Oberst nach Breslau versetzt und ging 1865 als Kommandant nach Koblenz. Er nahm an den Feldz¨ugen von 1866 und – seit 1867 Generalleutnant – 1870 / 71 teil und wurde 1871 Gouverneur von Straßburg. Seit 1873 General der Kavallerie, trat H. 1875 in den Ruhestand. C ADB

Hartmann, Julius von, Literarhistoriker, * 22. 5. 1836 Neuenstadt an der Linde, † 20. 9. 1916 Stuttgart. H. studierte seit 1854 als Angeh¨origer des Stifts in T¨ubingen und wurde 1858 Vikar, 1861 Repetent in Maulbronn (Dr. phil. 1864). Seit 1865 Pfarrverweser in Sch¨ontal, u¨ bernahm er 1868 die Stadtpfarrei Widdern. Neben seiner seelsorgerischen T¨atigkeit besch¨aftigte sich H. mit heimatkundlichen Studien, 1872-77 redigierte er die Zeitschrift des „Historischen Vereins f¨ur das W¨urttembergische Franken“, leitete diesen Verein 1874-78 und wurde 1875 mit dem Titel Prof. ordentliches Mitglied des „Statistisch-Topographischen Bureaus“ in Stuttgart. Er entwickelte eine umfassende schriftstellerische T¨atigkeit, redigierte u. a. die „W¨urttembergischen Vierteljahreshefte f¨ur Landesgeschichte“ (seit 1878) und war Mitarbeiter der Allgemeinen Deutschen Biographie (1875-1910) sowie der Enzyklop¨adie der Neueren Geschichte (1880-90). H. geh¨orte seit 1891 der „Kommission f¨ur Landesgeschichte“, seit 1900 dem „Schw¨abischen Schillerverein“ an. Er ver¨offentlichte u. a. Johannes Brenz. Leben und ausgew¨ahlte Schriften (1862). C W¨urtt Nekrolog, Jg. 1916

Hartmann, Karl, Maler, * 15. 7. 1861 Heilbronn, † 21. 7. 1927 M¨unchen. H. besuchte 1881-87 die Stuttgarter Kunstakademie, hielt sich zu Studienzwecken in Italien auf und ließ sich 1888 in M¨unchen nieder. Er schuf zun¨achst humoristische Bilder,

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Hartmann dann Landschaften, Portr¨ats sowie Szenen aus dem Bauernund Volksleben. H. stellte u. a. in der Berliner Großen Kunstausstellung (1893-1912) und seit 1889 im M¨unchner Glaspalast aus. C Th-B

Hartmann, Karl (Julius), Bibliothekar, * 9. 3. 1893 Homberg / Efze, † 7. 3. 1965 G¨ottingen. H. studierte Theologie, Philosophie, Psychologie und Medizin, wurde 1914 zum Dr. phil., 1919 zum Dr. med. promoviert und ging 1922 als Volont¨ar an die Universit¨atsbibliothek M¨unster, 1923 als Assessor nach Berlin. Nach T¨atigkeit im Bibliotheksdienst in Berlin, K¨onigsberg und G¨ottingen wurde er 1934 Direktor der Universit¨atsbibliothek M¨unster und u¨ bernahm 1935 die Leitung der Universit¨atsbibliothek G¨ottingen, die er bis 1958 innehatte. H. hielt seit 1937 als Honorarprofessor an der Univ. G¨ottingen Vorlesungen u¨ ber die Geschichte der Biologie und Sozialpsychologie. W¨ahrend seiner Amtszeit f¨uhrte er die Trennung von Realkatalog und Magazinaufstellung durch, stellte von Blatt- auf Individualsignaturen um und initiierte die Neugestaltung des Schlagwortkatalogs. H. ver¨offentlichte u. a. Arbeiten u¨ ber Bibliothekswissenschaft und Sozialpolitik. C LGB

Hartmann, Karl Amadeus, Komponist, * 2. 8. 1905 M¨unchen, † 5. 12. 1963 M¨unchen. H., Sohn eines Studienrats und Malers, besuchte seit 1919 die Lehrerbildungsanstalt in Pasing. 1924-29 studierte er an der Staatlichen Akademie der Tonkunst in M¨unchen, u. a. bei Joseph → Haas. 1928 gr¨undete H. die Konzerte bei der K¨unstlervereinigung „Die Juryfreien“. 1933-45 waren o¨ ffentliche Auff¨uhrungen seiner Werke in Deutschland verboten. 1941 / 42 nahm er Unterricht bei Anton von → Webern. Nach dem Krieg wurde H. als Musikdramaturg an die Bayerische Staatsoper verpflichtet. 1945 gr¨undete er in M¨unchen die Konzertreihe „Musica viva“, die er bis 1963 leitete. Er war seit 1952 ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Sch¨onen K¨unste und geh¨orte zu den Herausgebern der „Neuen Zeitschrift f¨ur Musik“ (seit 1959). H.s expressiv-humanistische Musik beeindruckte durch Bildkraft und Farbigkeit; zu seinen Werken geh¨ort u. a. die Kammeroper Simplicius Simplicissimus (1935, Urauff¨uhrung 1949, Neufassung 1955). C MGG

Hartmann, Klaus, Philosoph, * 5. 9. 1925 Berlin, † 30. 6. 1991 T¨ubingen. Nach Milit¨arzeit und Kriegsgefangenschaft studierte H., Sohn eines Oberst und Bruder von Peter → H., seit 1946 Philosophie, Anglistik und Germanistik an der Univ. Bonn, wurde 1953 promoviert (Husserls Einf¨uhlungstheorie auf monadologischer Grundlage) und habilitierte sich dort 1962 mit der Arbeit Grundz¨uge der Ontologie Sartres in ihrem Verh¨altnis zu Hegels Logik. Seit 1967 apl. Prof., seit 1969 Wissenschaftlicher Rat und Prof., folgte er 1972 einem Ruf als o. Prof. nach T¨ubingen. H. arbeitete vor allem auf dem Gebiet der praktischen Philosophie, speziell der Sozialphilosophie. Eine philosophische Theorie des Sozialen, insbesondere des Politischen, verkn¨upfte er mit einer transzendentalphilosophischen Rechtfertigung des Erkennnens. H. ver¨offentlichte u. a. Sartres Sozialphilosophie (1966), Marxens „Kapital“ in transzendentalphilosophischer Sicht (1968), Die Marxsche Theorie (1970), Politische Philosophie (1981) und Studies in Foundational Philosophy (1988). 1999 erschien sein Kommentar zu den drei B¨uchern der → Hegelschen Logik (Hegels Logik, hrsg. von Olaf M¨uller). C BEdPh

Hartmann, Leopold Frh. von, Jurist, Landwirt, * 1734 Wien, † 24. 2. 1791. H. wuchs in Wien auf, wo sein Vater pf¨alzischer Gesch¨aftstr¨ager am kaiserlichen Hof war, studierte an der Univ. In-

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golstadt Rechtswissenschaft und wurde 1754 Regierungsrat in Burghausen. Seit 1769 war er Vizepr¨asident der „Gesellschaft der Wissenschaften“, die 1772 auf seine Veranlassung hin als „Churbayrische landwirthschaftliche Gesellschaft“ nach Burghausen u¨ bersiedelte. H. verfaßte philosophische, politische und vor allem landwirtschaftliche Schriften, u. a. Abhandlungen von einigen n¨utzlichen Verbesserungen in der Stadt- und Landwirthschaft in Bayern (1785).

Hartmann, Ludo (Ludwig) Moritz, o¨ sterr. Historiker, Politiker, * 2. 3. 1865 Stuttgart, † 14. 11. 1924 Wien. Der Sohn Moritz → H.s studierte seit 1883 Geschichte, Romanistik, Staats- und Rechtswissenschaften und National¨okonomie in Wien und Berlin, wo er 1887 zum Dr. phil. promoviert wurde. 1889 habilitierte er sich an der Univ. Wien f¨ur r¨omische und mittelalterliche Geschichte, arbeitete an den „Monumenta Germaniae Historica“ mit und besch¨aftigte sich insbesondere mit sozial-, siedlungsund wirtschaftsgeschichtlichen Fragen. 1907 war er Mitbegr¨under der Soziologischen Gesellschaft in Wien. 1918 wurde er a. o., 1924 o. Prof. der Geschichte. Bald nach seiner Habilitation schloß sich H. der Volksbildungsbewegung an und wurde Gr¨under der Wiener Volkshochschulen sowie verschiedener sozialpolitischer Vereine, darunter des Vereins „Freie Schule“ (1905). Seit 1901 Mitglied der ¨ war er 1918-20 erster o¨ sterr. Gesandter in Berlin und SPO, ¨ trat f¨ur den „Anschluß“ Osterreichs an das Deutsche Reich ein. H. geh¨orte der Konstituierenden Nationalversammlung ¨ Osterreichs und 1920-24 dem Bundesrat an. Er gab seit 1893 die „Zeitschrift (sp¨ater Vierteljahrschrift) f¨ur Socialund Wirtschaftsgeschichte“ heraus, ver¨offentlichte eine Geschichte Italiens im Mittelalter (4 Bde., 1897-1915, unvollendet) und war Herausgeber popul¨arwissenschaftlicher Werke, u. a. einer Weltgeschichte in gemeinverst¨andlicher Darstellung (Bd. 1-7 und Bd. 10, 1919 ff.). H. war der Vater von Heinz → H. C Lex dt-j¨ud Autoren

Hartmann, (Karl) Ludwig (Friedrich) von, Fabrikant, Politiker, * 24. 4. 1766 Stuttgart, † 16. 6. 1852 Heidenheim. Der Sohn von Georg → H. und Bruder von August und Ferdinand → H. durchlief 1783 eine kaufm¨annische Lehre in Amsterdam und wurde 1791 Gesch¨aftsf¨uhrer einer Kattunfabrik in Sulz am Neckar. 1796 u¨ bernahm er die Anteile eines Teilhabers, wurde 1801 von Herzog → Karl Eugen von W¨urttemberg zum Kommerzienrat ernannt und ging 1802 nach Aufl¨osung des Sulzer Unternehmens in den Filialbetrieb nach Heidenheim. Nach dem Erwerb einer Bleicherei 1811 gr¨undete H. neben der Kattunfabrik eine Spinnerei und errichtete damit einen f¨ur die w¨urttembergische Baumwollindustrie vorbildlichen Großbetrieb. H. war w¨urttembergischer Korrespondent des Deutschen Handels- und Gewerbevereins und 1826-30 Mitglied der w¨urttembergischen Abgeordnetenkammer. 1843 u¨ bergab er alle Betriebe an seine S¨ohne, die sie unter dem Namen „L. Hartmann’s S¨ohne“ weiterf¨uhrten. C Raberg

Hartmann, Ludwig, Maler, * 28. 10. 1835 M¨unchen, † 20. 10. 1902 M¨unchen. H., Sohn eines Magistratsbeamten, erk¨ampfte sich nach dem fr¨uhen Tod der Eltern 1851 den Zugang zur M¨unchner Akademie der bildenden K¨unste. Dort 1852 wegen mangelnden Talents entlassen, erhielt er weitere Ausbildung durch den Landschaftsmaler Johann Wagner-Deines. H. malte vor allem Landschafts- und Tierbilder, mit Vorliebe Studien von Arbeitspferden. Er erhielt den Titel eines Kgl. Prof. und war Ehrenmitglied der Akademie der bildenden K¨unste. 1903 wurde H.s Gesamtwerk auf der Ausstellung des M¨unchner Glaspalastes in einem eigenen Saal gew¨urdigt. C Biogr Jahrb, Bd 7

Hartmann Hartmann, Martin, Arabist, Islamforscher, * 9. 12. 1851

Hartmann, (Paul) Nicolai, Philosoph, * 20. 2. 1882 Riga,

Breslau, † 5. 12. 1918 Berlin. H., Sohn eines Predigers, studierte Klassische und Orientalische Philologie in Breslau und Leipzig, wurde 1875 zum Dr. phil. promoviert und war 1876-87 am Deutschen Generalkonsulat in Beirut t¨atig. 1887 wurde er Prof. des Arabischen am Seminar f¨ur Orientalische Sprachen in Berlin, wo er bis zu seinem Tod lehrte. H. setzte sich f¨ur die Anerkennung der Islamkunde als eigenst¨andiger wissenschaftlicher Disziplin ein und war Mitbegr¨under der „Deutschen Gesellschaft f¨ur Islamkunde“ (1912) sowie der Zeitschrift „Welt des Islams“. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlt Der Islamische Orient (3 Bde., 1899-1909). C NDB

† 9. 10. 1950 G¨ottingen.

Hartmann, Max(imilian), Zoologe, Naturphilosoph, * 7. 7. 1876 Lauterecken bei Kusel, † 11. 10. 1962 Buchenb¨uhl (heute zu Weiler-Simmerberg). H., Sohn eines Steuer- und Gemeindeeinnehmers, studierte nach dem Besuch einer Forstakademie (1895) in M¨unchen Naturwissenschaften und Zoologie, wurde dort 1902 promoviert (Studien am thierischen Ei. 1. Ovarialei und Eireifung von Asterias glacialis) und habilitierte sich 1903 in Gießen (Die Fortpflanzungsweisen der Organismen). 1905 wechselte er an das Institut f¨ur Infektionskrankheiten (sp¨ater Robert-Koch-Institut) nach Berlin, lehrte seit 1909 als a. o. Prof., seit 1921 als Honorarprofessor an der Univ. und war seit 1914 Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts, sp¨ater Max-Planck-Instituts f¨ur Biologie. An dieser 1944 nach Hechingen, 1952 nach T¨ubingen verlegten Anstalt blieb H. bis 1955. Seit 1932 war H. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er befaßte sich mit erkenntnistheoretischen und methodologischen Grundlagen der Naturwissenschaften und arbeitete insbesondere auf dem Gebiet der Physiologie der Befruchtung und der Sexualit¨at. H. ver¨offentlichte u. a. Allgemeine Biologie (2 Tle., 1925-27, 4 1953), Die Sexualit¨at (1943, 21956) und Die philosophischen Grundlagen der Naturwissenschaften (1948, 21959). C NDB

Hartmann, Moritz, Pseud. Alexis, Pfaffe Maurizius, M. H. (v.) Geldern, Moritz Geldern, Dr. Moritz, Berthold R¨odiger, o¨ sterr. Redakteur, Schriftsteller, * 15. 10. 1821 Duschnik bei Pˇribram (B¨ohmen), † 13. 5. 1872 Oberd¨obling (heute zu Wien). H., Sohn eines Eisenhammerbesitzers und Privatgelehrten, begann 1838 ein Philosophie- und Medizinstudium in Prag, ging 1840 nach Wien und lebte dort als freier Schriftsteller, Hofmeister und Erzieher. Er hatte Kontakt zu Leopold → Kompert, Alfred → Meißner und Josef → Rank, hielt sich seit 1844 in Leipzig und Berlin auf und ver¨offentlichte 1845 seinen ersten Gedichtband Kelch und Schwert. Aufgrund der revolution¨aren Inhalte dieses Buches polizeilich verfolgt, ging H. nach Paris, wo er u. a. Heinrich → Heine traf. Nach seiner R¨uckkehr wurde er 1848 in das Frankfurter Parlament gew¨ahlt; dort schloß er sich der Linken an. H. nahm aktiv an der Wiener Revolution und dem Badischen Aufstand teil und fl¨uchtete u¨ ber die Schweiz nach Paris. Er war 1854-60 Korrespondent der „K¨olnischen Zeitung“ und lebte u. a. in der Schweiz, in Großbritannien und im Orient. Seit 1863 war H. Chefredakteur der Zeitschrift „Freya. Illustrirte Bl¨atter f¨ur die gebildete Welt“, seit 1867 der Wochenausgabe der „Allgemeinen Zeitung“ in Stuttgart und kehrte 1868 als Feuilletonredakteur der „Neuen Freien Presse“ nach Wien zur¨uck. Zun¨achst durch politische Dichtung bekannt geworden, u. a. durch die Verssatire Reimchronik des Pfaffen Maurizius (1849), schrieb er sp¨ater Romane, Novellen und Reisebeschreibungen, darunter Erz¨ahlungen eines Unst¨aten (2 Bde., 1858). H. war der Vater von Ludo Moritz → H. C Killy

Aus deutschbaltischer Familie stammend, besuchte der Sohn eines Diplomingenieurs das Gymnasium in St. Petersburg und studierte nach dem Abitur (1901) Medizin, Klassische Philologie und Philosophie in Dorpat und St. Petersburg. Seit 1905 studierte er in Marburg, wo er 1907 bei Hermann → Cohen und Paul → Natorp promoviert wurde. Er habilitierte sich 1909 f¨ur Philosophie, wurde 1920 a. o. Prof. und 1922 Nachfolger auf Natorps Lehrstuhl in Marburg. 1925 wurde er nach K¨oln, 1931 nach Berlin und 1945 nach G¨ottingen berufen. Der Anspruch auf strenge Wissenschaftlichkeit und die Vorliebe f¨ur die Platonische Philosophie motivierten H.s anf¨angliche Hinwendung zur Marburger Schule des Neukantianismus. Sein Bruch mit der Schule wurde offenkundig durch die Grundz¨uge einer Metaphysik der Erkenntnis (1921, 51965). Der spektakul¨are Erfolg des Werkes erkl¨art sich daraus, daß H. mit seiner kenntnisreichen und scharfsichtigen Kritik am Neukantianismus gleichsam eine Begr¨undung f¨ur die in der zeitgen¨ossischen Philosophie – teils durch Gegenstandstheorie, Ph¨anomenologie und Lebensphilosophie, teils durch die R¨uckbesinnung auf die vor-kantische LeibnizWolffsche Ontologie – bereits mehrfach vorbereitete und propagierte „Auferstehung der Metaphysik“ (Peter → Wust) nachreichte. Indem er die zwischen erkennendem Subjekt und Objekt (Gegenstand) bestehende „Erkenntnisrelation“ als ein Verh¨altnis zwischen zwei Seienden und somit als eine bestimmte Art von „Seinsrelation“ deutete, bog H. die neukantianische Erkenntnistheorie in eine Ontologie (Seinslehre) um. Diese „ontologische Umpr¨agung der idealistischen Denkimmanenz des Seins in eine Seinsimmanenz des Denkens“ wollte er als „die Umkehrung der ‚kopernikanischen Tat‘ → Kants“ verstanden wissen. Dabei sollte es sich aber um eine „kritische Ontologie“ handeln, insofern die in der „alten Ontologie“ vollzogene dogmatisch-spekulative Gleichsetzung von logischer Form, realer Seinsform und Denken aufzubrechen und durch eine „Metaphysik der Probleme“ zu ersetzen sei, die bei der „Analyse vorliegender Strukturph¨anomene“ ihren Ausgang nimmt. Dieses Programm einer streng an den Sachproblemen orientierten Analyse f¨uhrte H. in den drei B¨anden seiner Ontologie durch: Zur Grundlegung der Ontologie (1935, 41965), M¨oglichkeit und Wirklichkeit (1938, 31966) und Der Aufbau der realen Welt (1940, 31964). Als Kernst¨uck der Ontologie galt ihm die Analyse der Seinsmodalit¨aten (M¨oglichkeit, Wirklichkeit, Notwendigkeit). Da im real Seienden das M¨ogliche wirklich und darum auch notwendig sei, wandte er sich entschieden gegen den aristotelischen M¨oglichkeitsbegriff und gegen jedes teleologische – auf eine Totalerkenntnis der Wirklichkeit zielende – Wirklichkeitsverst¨andnis. Dementsprechend verstand H. den im Aufbau der realen Welt vorgelegten „Grundriß der allgemeinen Kategorienlehre“ nicht als ein abgeschlossenes System der Prinzipien (Kategorien) des realen Seins, sondern als Beitrag zu einer „Kategorialanalyse“, die in geduldiger Detailarbeit und in engem Kontakt mit den Einzelwissenschaften die Ordnungsstrukturen des realen Seins entschl¨usselt. Das wohl bekannteste Lehrst¨uck der H.schen Philosophie bildet die in diesem Zusammenhang vorgenommene Gliederung des realen Seins in vier „Seinsschichten“: in die anorganische, organische, seelische und geistige Schicht.

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Hartmann Die schichtenspezifischen Fragestellungen einer „speziellen Kategorienlehre“ verfolgte H. vor und nach der Ausarbeitung seiner dreib¨andigen Ontologie in Das Problem des geistigen Seins (1933, 31962) und in der Philosophie der Natur (1950, 21980), wobei die erste Arbeit auch als Frucht seiner langj¨ahrigen Auseinandersetzung mit der Philosophie → Hegels zu verstehen ist. Die Ethik (1926, 41962) H.s verdankte Max → Schelers wesensph¨anomenologischem Programm einer „materialen Wertethik“ entscheidende Anregungen. Im Unterschied zu Scheler betonte H. jedoch das u¨ berzeitliche und u¨ berpers¨onliche „ideale Sein“ der Werte. Zwar bed¨urfen die Werte zu ihrer Realisierung des Menschen, der als einziges Wesen in der Welt u¨ ber „Zweckt¨atigkeit, Wertbewußtsein und Freiheit verf¨ugt“, doch entspricht ihr unerbittlicher Sollensanspruch durchaus jener „H¨arte des Realen“, die H. in seiner Ontologie so nachdr¨ucklich gegen alle ‚idealistischen‘ Konzeptionen ausspielte. H. galt seinerzeit, neben Martin → Heidegger, als der bedeutendste lebende Philosoph Deutschlands. Dieser W¨urdigung zu seinen Lebzeiten folgte bislang keine entsprechende Wirkung auf die Nachwelt. WEITERE WERKE: Platos Logik des Seins. Gießen 1909. Berlin 21965. – Philosophische Grundfragen der Biologie. G¨ottingen 1912. – Die Philosophie des Deutschen Idealismus. 2 Bde., Berlin / Leipzig 1923-29. Berlin 21960. – Neue Wege der Ontologie. In: Systematische Philosophie. Hrsg. v. N. H. Stuttgart 1943. Separat: Stuttgart 31949. – Teleologi¨ sches Denken. Berlin 1951. 21966. – Asthetik. Berlin 1953. 2 1966. – Kleinere Schriften. 3 Bde. Bd. 1: Abhandlungen zur systematischen Philosophie. Berlin 1955. Bd. 2: Abhandlungen zur Philosophiegeschichte. Berlin 1957. Bd. 3: Vom Neukantianismus zur Ontologie. Berlin 1958. – N. H. und Heinz Heimsoeth im Briefwechsel. Hrsg. v. Frida Hartmann / Renate Heimsoeth. Bonn 1978. LITERATUR: Heinz Heimsoeth / Robert Heiß (Hrsg.): N. H. Der Denker und sein Werk. G¨ottingen 1952. – Hans Michael Baumgartner: Die Unbedingtheit des Sittlichen. M¨unchen 1962. – Ingeborg Wirth: Realismus und Apriorismus in N. H.s Erkenntnistheorie. Berlin 1965. – Alois Johann Buch (Hrsg.): N. H. 1882-1982. Bonn 1982. 21987. – Josef Stallmach: Ansichsein und Seinsverstehen. Bonn 1987. – Martin Morgenstern: N. H.: Grundlinien einer wissenschaftlich orientierten Philosophie. T¨ubingen 1992. – Ders.: N. H. zur Einf¨uhrung. Hamburg 1997. Kurt Walter Zeidler ¨ schweizer. Architekt, Hartmann, Nicolaus d. A., * 4. 11. 1838 Chur, † 16. 7. 1903 St. Moritz. Zun¨achst Maurer, besuchte H., Sohn eines Schreinermeisters, die Zeichenschule in Basel und die Baugewerkschule in Holzminden und beteiligte sich, in die Schweiz zur¨uckgekehrt, 1863 am Wiederaufbau des Dorfes Seewis (Kt. Graub¨unden). 1872 u¨ bersiedelte er in das Engadin, wo er zahlreiche Kirchen und u. a. das Hotel Victoria in St. Moritz (1875) entwarf. H. setzte sich als einer der ersten Architekten im Engadin mit der touristischen Entwicklung und dem Erhalt der einheimischen Bautradition auseinander. Er war der Vater von Nicolaus → H. d. J. C HLS

Hartmann, Nicolaus d. J., schweizer. Architekt, * 2. 5. 1880 St. Moritz, † 17. 7. 1956 St. Moritz. ´ H. besuchte 1897-1900 die Ecole d’Industrie in Lausanne und studierte 1900-03 an der TH Stuttgart. 1903 nach St. Moritz zur¨uckgekehrt, u¨ bernahm er die Baufirma seines ¨ und f¨uhrte zahlreiche Bauten aus, Vaters Nicolaus → H. d. A. u. a. das Engadiner-Museum (1905 / 06) sowie den Bahnhof von St. Moritz (1927). 1927-42 war er Mitgr¨under der B¨undner Sektion der Schweizerischen Vereinigung f¨ur Heimatschutz und 1927-42 Mitglied des Schweizerischen Schulrats. H. gilt als wichtigster Architekt des B¨undner Nachjugendstils. C HLS

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Hartmann, Otto, Pseud. O. von Tegernsee, Verleger, * 8. 9. 1876 Tegernsee, † 22. 4. 1930 Regensburg. Nach dem Besuch der Handelsschule und einer Buchhandelslehre arbeitete H., dessen Vater als Schuhmacher, sp¨ater als S¨amischgerber t¨atig war, in verschiedenen Verlagsh¨ausern in M¨unchen, Kempten, W¨urzburg, Passau und Stuttgart. 1912-30 wirkte er, zwischenzeitlich Kgl. Rat, als Direktor in der Verlagsleitung der Manz-Aktiengesellschaft in Regensburg. H. begr¨undete erfolgreiche naturwissenschaftliche und geschichtliche Jugendreihen. Neben folkloristischen und sozialpolitischen Schriften ver¨offentlichte er Naturschilderungen, u. a. Im Zauber des Hochgebirges (1914).

Hartmann, Paul, Schauspieler, * 8. 1. 1889 F¨urth, † 30. 9. 1977 M¨unchen. Nach einer Schauspielausbildung deb¨utierte H. am Stadttheater in Zwickau, hatte Engagements in Stettin und Z¨urich und spielte 1914-26 am Deutschen Theater in Berlin. 1926 ging er an das Wiener Burgtheater, spielte dort vor allem klassische Rollen, trat bei den Salzburger Festspielen auf und stand 1934-45 wieder am Staatstheater in Berlin auf der B¨uhne. Zu seinen Rollen z¨ahlte u. a. der Jupiter im Amphytrion und der Faust (neben Gustaf → Gr¨undgens). Nach dem Zweiten Weltkrieg als ehemaliger Pr¨asident der Reichstheaterkammer (seit 1942) mit Auftrittsverbot belegt, gastierte H. seit 1948 in D¨usseldorf, Berlin und am Wiener Burgtheater. Seit 1934 spielte er in rund 150 Filmen mit, u. a. in Rosen f¨ur den Staatsanwalt (1959). C Cinegraph

Hartmann, Peter, Sprachwissenschaftler, * 16. 4. 1923 Berlin, † 9. 3. 1984 M¨unster (Westfalen). H., Sohn eines Obersten und Bruder des Philosophen Klaus → H., studierte nach der Entlassung aus englischer Kriegsgefangenschaft 1946-48 Indogermanistik, Orientalische Sprachen und die Sprache der Ewe in Berlin, 1948-50 Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Indologie und Japanologie in M¨unster, wurde mit der Arbeit Einige Grundz¨uge des japanischen Sprachbaus, gezeigt an den Ausdr¨ucken f¨ur das Sehen (1950) promoviert und habilitierte sich 1953 (Nominale Ausdrucksformen im wissenschaftlichen Sanskrit, 1955). Danach Privatdozent, war er seit 1956 o. Prof. f¨ur Indogermanische und Allgemeine Sprachwissenschaft und Direktor des Seminars f¨ur Vergleichende Sprachwissenschaft der Univ. M¨unster und wechselte 1969 als o. Prof. f¨ur Sprachwissenschaft an die Univ. Konstanz; von 1974 bis zur Emeritierung 1984 leitete H. zudem das dortige Sprachlehrinstitut. 1964 an der Gr¨undung der Stiftung Foundations of Language beteiligt, war er 1965-76 Mitherausgeber von deren Zeitschrift „Foundations of Language“, 1968-80 Herausgeber der „Folia Linguistica“ und 1969 Begr¨under und bis zu seinem Tod Herausgeber der „Linguistischen Berichte“. Mit Forschungsschwerpunkten im Bereich allgemeiner Sprachwissenschaft und linguistischer Grundlagenforschung ver¨offentlichte H. u. a. Wortart und Aussageform (1956), Wesen und Wirkung der Sprache im Spiegel der Theorie von Leo Weisgerber (1958), Das Wort als Name. Struktur, Konstitution und Leistung der benennenden Bestimmung (1958) und Sprache und Erkenntnis. Zur Konstitution des explizierenden Bestimmens (1958) sowie eine Theorie der Grammatik (4 Bde., 1959-62, erw. Neuausg. in einem Band 1963). In sp¨ateren Arbeiten widmete er sich außerdem der gesellschaftlichen Stellung der Sprachwissenschaft (u. a. Zur Lage der Linguistik in der BRD, 1972). H. war Mitglied des Wissenschaftlichen Rates des Instituts f¨ur Deutsche Sprache in Mannheim. C IGL

Hartmann, Philipp Jakob, Historiker, Mediziner, * 26. 3. 1648 Stralsund, † 28. 3. 1707 K¨onigsberg. H. begann 1669 in K¨onigsberg mit dem Studium der Medizin und Theologie und wurde 1672 zum Magister artium,

Hartmann 1676 zum Dr. med. promoviert (De quaestione illa: An sanguis venis et arteriis inclusus in pus mutari possit?). Nach Studienreisen durch die Niederlande und Großbritannien erhielt er 1679 eine außerordentliche Professur f¨ur Geschichte in K¨onigsberg. Seit 1689 o. Prof. der Geschichte, legte er dieses Amt nach der Ernennung zum o. Prof. der Medizin (1701) nieder. H. wurde 1685 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, 1705 der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Er ver¨offentlichte u. a. Succincta succini Prussici historia (1677) und Exercitatio de generatione mineralium, vegetabilum, et animalium in aere C Altpreuß Biogr, Bd 1 (1698).

Hartmann, Richard, Orientalist, * 8. 6. 1881 Neunkirchen

Hartmann, Philipp Karl, o¨ sterr. Pathologe, Pharmako-

burg / Harz, † 20. 4. 1893 Berlin. H. schloß das Medizinstudium in Berlin 1856 mit der Promotion (Colaceutes novum parasitorum genus) ab und unternahm 1860 / 61 mit Adalbert von → Barnim eine For¨ schungsreise nach Agypten, Nubien und den Ost-Sudan. Seit 1864 war er als Privatdozent f¨ur Anatomie und Physiologie in Berlin t¨atig, seit 1865 als Dozent f¨ur landwirtschaftliche Zoologie in Proskau (Oberschlesien) und seit 1867 als a. o. Prof. und Prosektor in Berlin. H., seit 1884 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, ver¨offentlichte u. a. Reise des Freiherrn Adalbert von Barnim durch Nord-Ost-Afrika in den Jahren 1859 und 1860 (1863), Naturgeschichtlich-medicinische Skizze der Nill¨ander (1865), Darwinismus und Thierproduktion (1876), Die Nigritier. Eine anthropologisch ethnologische Monographie (1876), Der Gorilla (1880), Die menschen¨ahnlichen Affen und ihre Organisation im Vergleich zur menschlichen (1883, italien. 1884, engl. 1885, frz. 1886). 1876 gab H. die 2. Auflage des Lehrbuchs der plastischen Anatomie von Emil → Harless heraus, seit 1869 war er Mitherausgeber der „Zeitschrift f¨ur Ethnologie“.

loge, * 20. 1. 1773 Heiligenstadt / Eichsfeld, † 5. 3. 1830 Wien. H. schloß die medizinischen und philosophischen Studien in G¨ottingen und Wien 1799 mit der Promotion ab, erhielt 1803 die Physikatsstelle des Versorgungshauses in Mauerbach und unterrichtete seit 1806 neben seiner T¨atigkeit als Arzt am Medizinischen Lyzeum in Olm¨utz. 1811 folgte er einem Ruf als o. Prof. der allgemeinen Pathologie und Arzneimittellehre nach Wien und tauschte 1829 auf eigenen Wunsch seinen Lehrstuhl mit der Position eines Vorstandes der Medizinischen Klinik im Allgemeinen Krankenhaus Wien. H. stellte sich gegen die Schellingsche naturphilosophische Richtung in der Medizin und trat f¨ur den Kritizismus → Kants ein. Sein Handbuch Theoria morbi seu Pathologia generalis (1814) galt als bestes pathologisches Werk seiner Zeit. Neben medizinischen Abhandlungen (Institutiones medico-practicae, 2 Bde., 1843 / 44, italien. 1837) ver¨offentlichte er philosophische Schriften (Gl¨uckseligkeitslehre f¨ur das physische Leben des Menschen, 1808, 131892; Der Geist des Menschen in seinen Verh¨altnissen zum physischen Leben, 1820, 21832, italien. 1836 / 37). H. war seit 1813 Chefredakteur der „Medizinischen Jahrb¨ucher des o¨ sterreichischen C NDB Staates“.

Hartmann, Richard, Maschinenbauer, * 8. 11. 1809 Barr (Elsaß), † 16. 12. 1878 Chemnitz. Nach einer Zeugschmiedlehre in Barr ging H., Sohn eines Schuhmachers und sp¨ateren S¨amischgerbers, auf Wanderschaft (1828) und arbeitete bei Zeugschmieden und einem Mechaniker. Sein Weg f¨uhrte ihn u¨ ber Straßburg, Neustadt an der Hardt, Karlsruhe, Bingen und Frankfurt durch Th¨uringen bis nach Chemnitz (1832). Dort war er in einer der gr¨oßten Maschinenfabriken Sachsens t¨atig, machte sich 1837 gemeinsam mit dem Zeugschmied Franz Carl Illing (1837) und dem Kaufmann August Ludwig → G¨otze selbst¨andig und begann mit dem Bau von Baumwollspinnmaschinen. 1840 f¨uhrte H. die Produktion von Dampfmaschinen in ¨ Sachsen ein; nach der alleinigen Ubernahme des Unternehmens 1842 kamen Spinnerei- und Webmaschinen hinzu. Seit 1846 baute H. auch Lokomotiven, seit 1857 Werkzeug- und Spezialmaschinen anderer Fachrichtung. 1869 ging die Familienfirma in den Besitz der neugegr¨undeten „S¨achsischen Maschinenfabrik Chemnitz“ u¨ ber, deren Aufsichtsratsvorsitz H. bis zu seinem Tod innehatte. Er war der Vater von Gustav → H. C Leb Sachsen, Bd 1

Hartmann, Richard, Maler, * 30. 3. 1868 Heilbronn, † 27. 1. 1931 Wiesbaden. H. wurde 1890-92 an der Akademie der bildenden K¨unste in M¨unchen ausgebildet. 1901 ging er nach Worpswede, 1909 nach Wertheim und 1914 nach Wiesbaden. Er schuf neben Portr¨ats (u. a. von Max → Halbe, Ernst von → Wolzogen und Edgar Steiger) Landschaften und Szenen des b¨auerlichen Lebens. H. beschickte u. a. die Ausstellungen des M¨unchner Glaspalastes (1898-1914).

bei Eberbach, † 5. 2. 1965 Berlin. Nach dem Besuch der evang. Seminare von Maulbronn und Blaubeuren studierte H. in T¨ubingen und Berlin und wurde 1907 in T¨ubingen zum Dr. phil. promoviert. Er lehrte als Prof. in Leipzig, K¨onigsberg, Heidelberg, G¨ottingen und Berlin und arbeitete auf den Gebieten der historischen Geographie, der islamischen Mystik der Geschichte, der Literatur des Islam und des arabischen Modernismus. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlt Die Religion des Islam (1944). C G¨ott Gel

Hartmann, Robert, Mediziner, * 1. 10. 1831 Blanken-

Hartmann, Rudolf, Regisseur, Intendant, * 11. 10. 1900 Ingolstadt, † 26. 8. 1988 M¨unchen. H. studierte an der M¨unchner Musikhochschule und an der dortigen Univ. Musikwissenschaft, wurde zum Dr. phil. promoviert und deb¨utierte 1922 nach dem Besuch einer B¨uhnenbildnerschule als Operns¨anger am Stadttheater von Bamberg. 1924 wurde er Oberspielleiter der Oper am Landestheater Altenburg, wechselte 1928 in gleicher Funktion nach N¨urnberg und 1934 an die Berliner Staatsoper, wo die Zusammenarbeit mit Clemens → Krauss begann, der ihn 1937 als Opernregisseur an die M¨unchner Staatsoper holte (bis 1944). H. inszenierte dort u. a. die Urauff¨uhrung der Oper Der Friedenstag von Richard → Strauss (1938). Nach dem Zweiten Weltkrieg war er Oberspielleiter am N¨urnberger Opernhaus, 1952-67 Intendant der M¨unchner Staatsoper. H.s Autobiographie erschien 1975 unter dem Titel Das geliebte Haus. Mein Leben mit der Oper. C MGG

Hartmann, Siegfried, Ingenieur, Journalist, * 25. 3. 1875 Dresden, † 6. 9. 1935 Berlin. H., Sohn eines Musikschriftstellers, studierte an der TH Berlin und in Heidelberg und war viele Jahre lang als Ingenieur in der Industrie t¨atig, u. a. in den SiemensSchuckert-Werken in Danzig und im Strebelwerk in Mannheim. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs zun¨achst Frontoffizier, wurde er sp¨ater in das Waffen- und Munitionsbeschaffungsamt versetzt. Seit 1919 war er Redakteur der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ in Berlin; er bearbeitete die Ressorts Technik und Naturwissenschaften und betreute die Beilagen „Weltverkehr“ und „Kraft und Stoff“. H. erwarb sich Verdienste um die popul¨arwissenschaftliche Vermittlung von Fachwissen und regte die Gr¨undung der „Technisch-Literarischen Gesellschaft“ (TELI, 1929) an. Neben seiner journalistischen T¨atigkeit ver¨offentlichte er u. a. Naturwissenschaftlich-technische Plaudereien (1908), Die

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Hartmann Luftschiffahrt (21908, Nachtrag unter dem Titel Die Errungenschaften der Luftschiffahrt im Jahre 1909, 1910), Eine Stunde Physik (1922), Unsere Technik. Ein Buch u¨ ber die Technik der Gegenwart (1926) und Technik und Staat von Babylon bis heute (1929). C NDB

Hartmann, Walther G(eorg), Schriftsteller, * 17. 7. 1892 Strelitz (Mecklenburg), † 18. 10. 1970 Freiburg / Breisgau. H., Sohn eines Arztes, verbrachte seine Jugend in Dresden und studierte Germanistik und Philosophie in Freiburg / Breisgau, M¨unchen und Leipzig. Er schloß Freundschaft mit Franz → Werfel und Walter → Hasenclever. Er nahm am Ersten Weltkrieg teil, war seit 1918 Redakteur der Zeitschrift „Deutsche Jugend“ und schrieb f¨ur verschiedene Zeitschriften, u. a. f¨ur das „Forum“ (1918), „Die Horen“ (1927) und die „Europ¨aische Revue“ (1940). 1920-43 lebte H. in Berlin; w¨ahrend des Zweiten Weltkriegs leitete er das Auslandsamt im Pr¨asidium des Deutschen Roten Kreuzes und war 1950-59 dessen Generalsekret¨ar in Bonn. Er schrieb expressionistische Lyrik (Wir Menschen, 1920), Romane und Novellen, u. a. die Erz¨ahlung Die u¨ berschlagenen Seiten (1960). C Killy

Hartmann, Werner, Physiker, * 30. 1. 1912 Berlin, † 8. 3. 1988 Dresden. H. studierte Physik an der TH Berlin-Charlottenburg bei Gustav → Hertz, war im Forschungslabor der Siemenswerke Berlin t¨atig und wurde 1936 promoviert (Elektrische Untersuchungen an oxydischen Halbleitern). Bis 1945 arbeitete er an milit¨arisch relevanten Themen, u. a. zu Fotozellen mit Sekund¨arelektronenvervielfachern. 1945-55 war H. in der UdSSR unter Hertz Leiter einer Arbeitsgruppe in einem kernphysikalischen Forschungsinstitut nahe Suchumi, 1955-62 baute er in Dresden einen Volkseigenen Betrieb (VEB Vakutronik) zur Entwicklung und Fertigung kernphysikalischer Ger¨ate auf, habilitierte sich 1956 an der TH Dresden (Kernphysikalische Messger¨ate) und war seit demselben Jahr dort Prof. f¨ur Kerntechnik. Seit 1961 leitete er die Arbeitsstelle f¨ur Molekularelektronik Dresden. 1974 im Zuge einer politischen Intrige als Leiter der Arbeitsstelle abgesetzt, war er bis 1977 wissenschaftlicher Mitarbeiter im VEB Spurenmetalle Freiberg, wo er sich mit der Materialforschung f¨ur die Halbleiterindustrie besch¨aftigte. H., der als Begr¨under der Mikroelektronik in der DDR gilt, entwickelte 1967 erste integrierte Schaltkreise. Er verfaßte u. a. Fotovervielfacher und ihre Anwendung in der Kernphysik (mit Fritz Bernhard, 1957, russ. 1961) und gab Meßverfahren unter Anwendung ionisierender Strahlung (1969) heraus. C DDR

Hartmann, (Johann Daniel) Wilhelm, schweizer. Maler, Kupferstecher, * 12. 1. 1793 St. Gallen, † 18. 4. 1862 St. Gallen. H. wurde von seinem Vater Georg Leonhard H. ausgebildet, widmete sich vor allem der Miniaturmalerei und erlernte in M¨unchen die Lithographie (1816). 1820 berief ihn Prinz Maximilian zu → Wied als Naturalienmaler, 1821 kehrte er nach St. Gallen zur¨uck. 1824-26 studierte er in Bern Wappenmalerei und erhielt 1828 vom Kaufm¨annischen Direktorium in St. Gallen den Auftrag, ein Geschlechter- und Wappenbuch anzulegen und die Stadtaltert¨umer abzubilden. H. besch¨aftigte sich mit Malakologie und stand mit den f¨uhrenden Malakologen seiner Zeit Verbindung. Zu seinen Werken z¨ahlt Erd- und S¨ußwasser-Gasteropoden der Schweiz (1840-44). C Th-B

Hartmann, Wilhelm (William), Unternehmer, * 21. 3. 1844 Aumund (heute zu Bremen), † 11. 12. 1926 Esher (Surrey, Großbritannien). H. ging 1863 nach England, arbeitete als kaufm¨annischer Angestellter und gr¨undete dort 1865 mit seinen Br¨udern

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August und Georg H. die Firma Hartmann Bros., in der ein neuartiger Schutzanstrich f¨ur Schiffsb¨oden entwickelt wurde. Aufgrund der steigenden Nachfrage konnten bald eigene Fabrikationsanlagen in London errichtet werden. Seit 1869 z¨ahlten auch große englische Werften und Reedereien zu H.s Kunden. 1888 gr¨undete er mit der aus der Schweiz stammenden Familie Suter und der Hamburger Lack- und Farbenfabrik Joh. Rahtjen die Suter, Hartmann & Rahtjen Compositions Company Ltd., die er in den folgenden Jahrzehnten zum f¨uhrenden Hersteller von Unterwasser- und Rostschutzfarben ausbaute. 1917 wurde der Name in The Red Hand Compositions Company Ltd. umge¨andert. H. war u. a. Mitglied der Institution of Naval Architects und stiftete 1885 in seiner Heimatstadt Bremen ein Asyl f¨ur arme Kranke, das 1887 unter dem Namen Hartmannstift er¨offnet wurde. C Brem Bio 2

Hartmann von Franzenshuld, Johann, o¨ sterr. Chirurg, * 8. 12. 1764 Br¨unn, † 10. 3. 1840 Wien. H. v. F. trat 1782 als Chirurg in feld¨arztliche Dienste im Garnisonsspital zu Br¨unn, wechselte 1783 als Unterarzt nach Wien und nahm in dieser Funktion auch am T¨urkenkrieg teil. 1794 wurde er Bataillonsarzt, 1802 promoviert und war in den Feldz¨ugen 1805, 1809 und 1812 Regimentsarzt. H. v. F. ging sp¨ater nach Italien und u¨ bernahm zun¨achst die Leitung des Garnisonsspitals in Verona, dann die der Heilanstalten in Fiume und Porto R´e. Er schied als Feldstabsarzt (1824) und kaiserlicher Rat (1827) aus dem Dienst aus. H. v. F. vero¨ ffentlichte u. a. Ob die Trepanation bei Kopfverletzungen notwendig sei oder nicht? (1799).

Hartmann-L¨owy, Antonie, geb. Hartmann, o¨ sterr. S¨angerin, * 24. 7. 1861 Wien, † 9. 4. 1940. H.-L. trat bereits mit f¨unf Jahren im Theater an der Wiener Hofburg auf, wurde als S¨angerin ausgebildet und deb¨utierte 1883 am Theater von Troppau; dort verk¨orperte sie u. a. Partien wie die Donna Elvira und die Agathe. 1884 ging sie an das Theater an der Wien, wandte sich der Operette zu und sang u. a. die Rosalinde. H.-L. trat auch in Lustspielen und Kom¨odien auf. 1889 nahm sie Abschied von der B¨uhne. ¨ pf¨alzischer Kanzler, Hartmanni, Hartmann d. A., * um 1495, † 3. 7. 1547. H., Sohn eines Professors und Rektors der Univ. Heidelberg, studierte in Heidelberg und wurde 1519 Dekan der Artistenfakult¨at, 1521 zum Dr. jur. promoviert und 1523 Prof. der Pandekten. Seit 1524 Rat des Kurf¨ursten → Ludwig V. von der Pfalz, wechselte er 1527 als Rat zum Oberpf¨alzer Regiment. Seit 1534 / 35 war H. Oberpf¨alzer Kanzler in Neumarkt und Amberg. Er war einer der engsten Vertrauten des Kurf¨ursten → Friedrich und bereiste in dessen Auftrag ganz Europa. H. folgte Friedrich 1544 als Rat nach Heidelberg und wurde kurpf¨alzischer Kanzler. Er setzte sich f¨ur die Einf¨uhrung der Reformation in der Pfalz ein und bef¨urwortete die politische Ann¨aherung an den Schmalkaldischen Bund sowie die Reform der Univ. Heidelberg. C NDB

Hartmeyer, (Heinrich) Emil, Verleger, Journalist, * 9. 6. 1820 Hamburg, † 11. 2. 1902 Hamburg. H. studierte in Heidelberg Rechtswissenschaft, wurde 1844 promoviert und trat in die Redaktion der Zeitschrift „Hamburger Nachrichten“ ein, die seinem Vater Heinrich Ambrosius H. geh¨orte. Nach dessen Tod u¨ bernahm er 1855 die Zeitung, die er fast f¨unfzig Jahre lang als Chefredakteur betreute. Die „Hamburger Nachrichten“ erlangten u¨ berregionale Bedeutung, als H. → Bismarck nach dessen Entlassung (1890) seine Zeitung uneingeschr¨ankt als Forum der politischen Diskussion zur Verf¨ugung stellte und damit dessen drohende publizistische Isolation verhinderte. C NDB

Hartstein Hartmeyer, (Heinrich) Robert (Hermann), Zoologe, * 19. 5. 1874 Hamburg, † 13. 10. 1923 Freiburg / Breisgau. H., Sohn eines Juristen und Redakteurs der „Hamburger Nachrichten“, studierte seit 1892 in Bonn, Leipzig und Breslau Medizin und Naturwissenschaften, insbesondere systematische Zoologie, wurde 1899 promoviert (Die Monascidien der Bremer Expedition nach Ostspitzbergen im Jahre 1889) und unternahm Meeresstudien in Messina, Neapel und Rovigno. 1900 wurde er wissenschaftlicher Hilfsarbeiter, 1908 Kustos des Zoologischen Museums in Berlin, wo er bis zu seinem Tode wirkte und die Neugestaltung der Abteilungen der Tunicaten, Bryozoen und der Echinodermen initiierte. Seit 1914 war H. Professor. Forschungsreisen zur Kl¨arung tiergeographischer und phyloge¨ aischen und Roten netischer Fragen f¨uhrten ihn u. a. zum Ag¨ Meer (1901), nach S¨udwestaustralien sowie zu den westindischen Inseln (1906 / 07). H. hatte maßgeblichen Anteil an der Ascidien-Systematik und behandelte als Mitarbeiter der Preußischen Akademie der Wissenschaften nomenklatorische Fragen. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Die westindischen Korallenriffe und ihr Tierleben (1909), Ergebnisse einer zoologischen Forschungsreise nach Westindien (mit Willy → K¨ukenthal, 1916), Studien an westgr¨onl¨andischen Ascidien (1921) und Ascidiacea (2 Bde., 1923 / 24). 1907-30 gab er Die Fauna S¨udwest Australiens (mit Wilhelm Michaelsen, 5 Bde.) heraus. C NDB

der „Begabtenauslese“ sowie dem „Volksbestand“ und unterst¨utzte seine Theorien durch erbbiologische Untersuchungen. Er ver¨offentlichte u. a. Das Problem der Auslese der C NDB T¨uchtigen (1916).

Hartmut, Abt von St. Gallen, auch Hartmotus,

† 18. 8. 1943 M¨unchen. H. studierte an den Technischen Hochschulen Hannover und Berlin sowie an den Universit¨aten Berlin und M¨unchen, u. a. als Sch¨uler von Alfred → Pringsheim, und wurde 1903 promoviert (Beitr¨age zur elementaren Theorie der Potenzreihen und der eindeutigen analytischen Funktionen zweier Ver¨anderlichen). Nach der Habilitation 1905 (Zur Theorie der analytischen Funktionen mehrerer unabh¨angiger Ver¨anderlichen insbesondere u¨ ber die Darstellung derselben durch Reihen, welche nach Potenzen einer Ver¨anderlichen fortschreiten) lehrte er an der Univ. M¨unchen, wurde 1910 a. o. und 1927 o. Professor. 1936 wurde er wegen seiner j¨udischen Herkunft entlassen. H., der vor allem zur Theorie holomorpher Funktionen mehrerer Ver¨anderlicher ¨ beitrug, ver¨offentlichte u. a. Uber die elementare Herleitung des Weierstrass’schen „Vorbereitungssatzes“ (1909). Er beging Selbstmord.

† 23. 1. nach 895. H., der nach → Ekkehard IV. mit dem Welfen → Rudolf I. von Hochburgund sowie dem Alemannen Landaloh verwandt war und als „homo amantissimus“ gelobt wurde, studierte in Fulda bei → Hrabanus Maurus. 849-72 war er in St. Gallen Dekan und „proabbas“ des Abts → Grimald, 872-883 Abt des Klosters. Die Amtszeit H.s geh¨ort zu den glanzvollsten Perioden der St. Gallener Klostergeschichte. Er sorgte f¨ur die politische und finanzielle Unabh¨angigkeit des Klosters, ließ Wohn- und Wirtschaftsbauten erbauen und gr¨undete St. Otmar. Als einer der eifrigsten F¨orderer der sp¨atkarolingisch-benediktinischen Bildung und Buchkultur ließ er Kataloge der Kloster- und seiner Privatbibliothek anlegen, Handschriften herstellen, darunter den kalligraphierten Psalter des → Folchart, und war als Lehrer, Schreiber C NDB und Verfasser von Widmungsversen t¨atig.

Hartnack, Edmund, Optiker, * 9. 4. 1826 Templin (Uckermark), † 9. 2. 1891 Potsdam. H. ging seit 1842 beim Berliner Mikroskopbauer Wilhelm Hirschmann in die Lehre. Seit 1847 arbeitete er in Paris, danach in Georg → Oberhaeusers Mikroskopwerkstatt. Er heiratete die Nichte Oberhaeusers, der ihn 1854 zum Teilhaber machte. 1859 f¨uhrte H. ein Wasserimmersionsobjektiv ein, welches das damals h¨ochste Aufl¨osungsverm¨ogen hatte. Auf der Londoner Weltausstellung 1862 gewann H. eine Medaille f¨ur seine Mikroskope. 1864 wurde er Oberhaeusers Nachfolger. Zusammen mit Adam Prazmowski, der 1864 in die Werkstatt eintrat, verbesserte er das Nicol’sche Prisma. 1870 ging H. wegen des Deutsch-Franz¨osischen Kriegs nach Potsdam. 1882 wurde ihm der Professorentitel verliehen.

Hartnacke, Wilhelm, P¨adagoge, * 7. 11. 1878 Altena (Westfalen), † 13. 9. 1952 Soest. H., Sohn eines Postsekret¨ars, schloß das Studium der neueren Sprachen in Halle, Berlin und Besan¸con 1901 mit der Promotion zum Dr. phil. ab und unterrichtete nach Aufenthalten in England und Frankreich als Lehrer in Bremen. 1910-18 war er Schulinspektor, seit 1919 Stadtschulrat in Dresden, seit 1933 Volksbildungsminister in Sachsen und wurde 1935 entlassen. H. besch¨aftigte sich insbesondere mit

Hartner, Willy, Astronom, Astronomiehistoriker, * 22. 1. 1905 Ennigerloh, † 16. 5. 1981 Bad Homburg v. d. H¨ohe. H. schloß 1928 das Studium der Chemie und Astronomie an der Univ. Frankfurt / Main mit der Promotion ab (Die St¨orungen der Planeten in Gyld´enschen Koordinaten als Funktionen der mittleren L¨ange). Seit 1931 war er Lektor f¨ur nordische Sprachen an der Univ. Frankfurt / Main, lehrte 1935 als Gastprofessor an der Harvard University und habilitierte sich 1940 in Frankfurt. Seit 1943 leitete H. das neugegr¨undete Institut f¨ur Geschichte der Naturwissenschaften in Frankfurt / Main und lehrte dort 1946-74 als o. Professor; 1959 / 60 war er Rektor der Univ. (Rede Erfahrung, Experiment und Autorit¨at). Seine Hauptforschungsgebiete betrafen die chinesische, griechische und arabische Astronomie sowie Astrologie und deren Einfl¨usse auf die abendl¨andischen Naturwissenschaften. H. ver¨offentlichte u. a. Klassizismus und Kulturverfall (mit Gustave Edmund von Grunebaum, 1960), Oriens – occidens (1968) und Die Goldh¨orner von Gallehus (1969). C Frankf Biogr Hartogs, Friedrich, Mathematiker, * 20. 5. 1874 Br¨ussel,

Hartstein, Eduard, Agronom, * 29. 7. 1823 Pretzsch bei Wittenberg, † 14. 12. 1869 Bonn. H., Sohn eines Richters, begann ein rechtswissenschaftliches Studium, wandte sich dann der Landwirtschaft zu, durchlief eine mehrj¨ahrige Lehre und arbeitete als Gutsverwalter. 1843-45 studierte er an der Landwirtschaftlichen Akademie Eldena bei Greifswald, seit 1846 wirkte er als Lehrer an der Landwirtschaftlichen Lehranstalt Poppelsdorf und verwaltete das Universit¨atsgut. 1850 ver¨offentlichte er den Band Statistisch-landwirthschaftliche Topographie des Kreises Bonn. Seit 1854 Prof. f¨ur Landwirtschaft, seit 1856 Direktor der Lehranstalt in Poppelsdorf, machte sich H. vor allem um den Ausbau der Ausbildungsst¨atte verdient, widmete sich allgemeinen Fragen zur akademischen Ausbildung von Landwirten (u. a. Ueber Zweck und Einrichtung h¨oherer landwirthschaftlicher Lehranstalten, 1852; Die landwirthschaftliche Akademie Poppelsdorf, 1864) und war Mitherausgeber der Hauszeitschrift „Landwirthschaftliche Mittheilungen“ (1858-60). Einen weiteren Schwerpunkt seiner Arbeit bildete die Dokumentation englischer und schottischer Landbaumethoden (Vom englischen und schottischen D¨ungerwesen, 1853, 21855; Vom englischen und schottischen Ackerbau, 1854, 21858; Die Anwendung der Dampfkraft in C B¨ohm der Landwirthschaft, 1860).

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Harttmann Harttmann, Karl Friedrich, evang. Theologe, * 4. 1. 1743 Adelberg bei G¨oppingen, † 31. 8. 1815 T¨ubingen. Der Sohn eines Forstverwalters besuchte 1757-61 die Klosterschulen Blaubeuren und Bebenhausen und studierte anschließend am T¨ubinger Stift. 1765 wurde er Vikar, 1768 Repetent am Stift in T¨ubingen, 1774 Prediger und Prof. an der herzoglichen Milit¨arakademie (der sp¨ateren Karlsschule), wo er u. a. → Schiller unterrichtete. 1777 wurde er, da er sich zunehmend dem Pietismus zuwandte, in den Pastorendienst versetzt. Seit 1793 wirkte er als Dekan, zuletzt 1801-12 in Lauffen / Neckar. Er kam fr¨uh mit Johann Albrecht → Bengel und dem Theosophen Friedrich Christoph → Oetinger in Ber¨uhrung und war einer der letzten Vertreter der „Bengel-Oetingerschen Schule“. H.s Predigten u¨ ber die Sonn-Fest- und Feyertags-Evangelien (1800, 41877) fanden im 19. Jh. weite Verbreitung. Einige seiner geistlichen Lieder nahm Albert → Knapp in seinen Evangelischen Liederschatz f¨ur Kirche und Haus (1837) auf. C BBKL

Hartung, Ernst Ritter von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 23. 8. 1808 Schwechat (Nieder¨osterreich), † 1. 10. 1879 Wien. An der o¨ sterr. Ingenieur-Akademie ausgebildet, nahm H., Sohn eines k. k. Hauptmanns und sp¨ateren Straßenbaukommissars, 1848 / 49 als Hauptmann an den K¨ampfen in Oberitalien teil. Seit 1850 Oberst und Kommandant eines Infanterieregiments, war er mit der Neubearbeitung von Reglements betraut und wurde nach den Schlachten bei Magenta und Solferino zum Brigadier bef¨ordert. 1866 stand H. als Feldmarschalleutnant bei der S¨udarmee und war danach Kommandierender General von Nieder- und Ober¨osterreich, Salzburg, M¨ahren und Schlesien. C NDB Hartung, Fritz, Historiker, * 12. 1. 1883 Saargem¨und, † 24. 11. 1967 Berlin. H., Sohn eines preuß. Ministerialbeamten, studierte in Berlin und Heidelberg Geschichte, Philosophie und Volkswirtschaft, wurde 1905 bei Otto → Hintze in Berlin promoviert (Hardenberg und die preußische Verwaltung in AnsbachBayreuth 1792 bis 1806) und habilitierte sich 1910 in Halle f¨ur Verfassungsgeschichte (Karl V. und die deutschen Reichsst¨ande von 1546 bis 1555). Seit 1915 a. o. Prof., wurde er 1922 o. Prof. in Kiel und hatte 1923-48 den Lehrstuhl f¨ur Allgemeine Verfassungsgeschichte der Neuzeit in Berlin inne. H. besch¨aftigte sich insbesondere mit der neueren Verfassungsgeschichte und ver¨offentlichte u. a. Deutsche Verfassungsgeschichte vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart (1914, 91969) und Das Großherzogtum Sachsen unter der Regierung Carl Augusts 1775-1828 (1923). Er gab, zun¨achst gemeinsam mit Albert → Brackmann, die „Jahresberichte zur deutschen Geschichte“ (1927-52) heraus und war Mitglied der Philosophisch-Historischen Klasse der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. C DDR-Historiker Hartung, Fritz, Jurist, * 4. 4. 1884 Homberg (Hessen), † 14. 5. 1973 G¨ottingen. Der Sohn eines Lehrers studierte bis 1907 Rechtswissenschaften in Marburg und Leipzig, trat 1913 in das Reichspostamt in Berlin ein und wurde 1919 Amtsrichter in Frankfurt / Main. Seit 1920 im preuß. Justizministerium t¨atig, war er 1929-45 Reichsgerichtsrat am Reichsgericht in Leipzig. Seit 1930 Lehrbeauftragter f¨ur Straf- und Strafprozeßrecht an der Univ. Halle, wurde H., Mitglied der SPD und des republikanischen Richterbundes, 1933 entlassen. 1946 / 47 lehrte er der Univ. Marburg, wurde wegen seiner Mitgliedschaft in der NSDAP (seit 1937) erneut entlassen und bet¨atigte sich danach vor allem als Schriftsteller. Er ver¨offentlichte u. a. Das Recht in der Untersuchungshaft (1926), Das Strafregister (1926, 21963), Die Preußische Schiedmannsordnung (81949), Strafrecht f¨ur

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Schiedsm¨anner (1931, 31966), Handbuch f¨ur Schiedsm¨anner (31969), Straßenverkehrssicherungsgesetz (1964) und f¨uhrte Johannes Fl¨ogels Kurzkommentar zum Straßenverkehrsrecht von der 8. (1953) bis zur 16. Auflage (1966) fort. H.s Autobiographie Jurist unter vier Reichen erschien 1971. C Juristen

Hartung, Georg Friedrich, Verleger, * 18. 12. 1782 K¨onigsberg, † 19. 4. 1849 K¨onigsberg. H. erlernte 1797-99 im Gesch¨aft seines Vaters Gottlieb Lebrecht → H. die Buchdruckerei, studierte dann Philosophie und Jura an der Univ. K¨onigsberg und arbeitete seit 1801 im v¨aterlichen Betrieb. Gemeinsam mit seiner Mutter gelang es ihm, Druckerei, Verlag und Zeitung auszubauen; seit 1817 leitete er selbst¨andig das Unternehmen. Seit 1807 stand die „Kgl. privilegierte Preußische Staats-, Kriegs- und Friedenszeitung“ unter dem Einfluß des Generalgouverneurs Ernst von → R¨uchel; 1813-16 redigierte → Kotzebue das Blatt. Seit 1830 auf Schnellpressen gedruckt, erschien die Zeitung seit 1831 t¨aglich. H. verlegte dar¨uber hinaus insbesondere Gesang- und Schulb¨ucher. Er gr¨undete die „Stadtrat Hartungsche Sophienstifung“, die der Unterst¨utzung ehemaliger Buchdrucker seiner Druckerei diente. 1848 u¨ bergab er das Gesch¨aft an Hermann Johann Friedrich H. C Deutsche Presseverl Hartung, Gottlieb Lebrecht, Verleger, Drucker, * 12. 8. 1747 K¨onigsberg, † 29. 11. 1797. H., der aus der zweiten Ehe seines Vaters Johann Heinrich → H. stammte, war seit 1759 Lehrling im v¨aterlichen Betrieb und wurde 1763 freigesprochen. Er u¨ bernahm dessen Gesch¨aft erst nach dem Tod seines a¨ lteren Bruders und seines Stiefvaters, 1766 die Buchhandlung und 1774 die Druckerei. Seit 1771 besaß H. die vom K¨onig u¨ bertragenen Druckprivilegien. Es gelang ihm, den Betrieb zu sanieren und der Konkurrenz Johann Jakob → Kanters zu begegnen, dessen Buchhandlung er 1787 u¨ bernahm. Dies f¨uhrte zu einer wesentlichen Erweiterung des Verlagsgesch¨aftes, jedoch ¨ auch zu einer finanziellen Uberanstrengung. Nach seinem Tod sanierte seine Witwe Sophia Charlotte H. das Unternehmen, indem sie die Buchhandlung an die Firma G¨obbels und Unzer verkaufte, Verlag, Druckerei und Zeitung weiterleitete, bis ihr Sohn Georg Friedrich → H. 1817 die Firma u¨ bernahm. C ADB Hartung, Gustav (Ludwig), eigentl. May, Theaterleiter, Regisseur, * 30. 1. 1887 Bartenstein (Ostpreußen), † 14. 2. 1946 Heidelberg. Zun¨achst Kritiker, Lustspielautor und Herausgeber der „Deutschen Theater-Zeitschrift“, erhielt H., Sohn eines Theaterdirektors und Verlagsinhabers, eine Schauspielerausbildung bei Max → Reinhardt. 1913 / 14 war er Regisseur am Bremer Schauspielhaus, dann am Schauspielhaus in Frankfurt / Main und u¨ bernahm 1920 die Intendanz, 1922 die Generalintendanz des Hessischen Landestheaters in Darmstadt. 1924 / 25 leitete H. das K¨olner Schauspielhaus und die Kammerspiele, 1926-30 die Heidelberger Festspiele. In den folgenden Jahren in Berlin, u. a. am Lessing-Theater und am Deutschen K¨unstler-Theater, und in D¨usseldorf t¨atig, kehrte er 1929 als Direktor an das Hessische Landestheater nach Darmstadt zur¨uck, wo er 1931 wieder als Generalintendant wirkte. 1933 emigrierte er in die Schweiz, arbeitete als Regisseur an den Theatern in Z¨urich und Basel und kehrte nach dem Zweiten Weltkrieg als Leiter der Kammerspiele nach Heidelberg zur¨uck. H. inszenierte u. a. Urauff¨uhrungen von St¨ucken Carl → Sternheims, seines Schwagers Fritz von → Unruh und Ferdinand → Bruckners. C Exiltheater Hartung, Hans (Heinrich Ernst), Maler, * 21. 9. 1904 Leipzig, † 7. 12. 1989 Antibes. H. studierte 1924-28 in Leipzig Philosophie und Kunstgeschichte und besuchte die Akademien der bildenden K¨unste

Hartwig in Leipzig, Dresden und M¨unchen. Studienreisen f¨uhrten ihn nach Frankreich, Italien, Belgien und in die Niederlande. H., dessen Bilder als „entartet“ deklariert wurden, emigrierte 1935 nach Paris. 1939 und 1949 war er in der franz¨osischen Fremdenlegion; 1946 erhielt er die franz¨osische Staatsangeh¨origkeit. H., dessen k¨unstlerischer Ausgangspunkt das Werk Paul → Klees und Wassily → Kandinskys war, gelangte 1922 zur Abstraktion; mit seinem graphischen Stil war er einer der Meister der „lyrischen Abstraktion“. Insbe´ sondere mit seinen informellen Bildern z¨ahlt er zur Ecole C Lex Kunst de Paris.

Hartung, Hugo, Pseud. N. Dymion, Schriftsteller, * 17. 9. 1902 Netzschkau (Vogtland), † 2. 5. 1972 M¨unchen. H., Sohn eines Gaswerksdirektors, studierte in Leipzig, Wien und M¨unchen Theaterwissenschaft und Literaturgeschichte, wurde 1928 zum Dr. phil. promoviert (Friedrich Huchs epischer Stil) und war 1928-31 Dramaturg sowie Schauspieler an der Bayerischen Landesb¨uhne. Er schrieb in freier Mitarbeit f¨ur verschiedene Zeitschriften (u. a. „Simplicissimus“ und „Querschnitt“) sowie H¨orspiele f¨ur den M¨unchner Rundfunk. 1936 erhielt H. Schreibverbot und wirkte zun¨achst am Staatstheater Oldenburg, dann an den St¨adtischen B¨uhnen Breslau als Dramaturg. Sp¨ater lebte er in Th¨uringen, Potsdam, Berlin (seit 1950) und M¨unchen (seit 1960). H. verfaßte Romane, Erz¨ahlungen, H¨or- und Fernsehspiele, Filmdrehb¨ucher und Dramen. Zu seinen ersten wichtigen epischen Werken geh¨ort der Roman vom Kampf um Breslau 1940 Der Himmel war unten (1951); am erfolgreichsten wurden seine heiteren Romane, u. a. Ich denke oft an Piroschka (1951). C Killy Hartung, Johann, Philologe, Gr¨azist, Hebraist, * 1505 Miltenberg, † 16. 6. 1579 Freiburg / Breisgau. Sein Studium der Theologie, Philosophie und Jurisprudenz in Heidelberg mußte H. aus finanziellen Gr¨unden wiederholt unterbrechen; er war zwischenzeitlich u. a. Lehrer, Begleiter des Grafen von Falkenstein und unter K¨onig → Ferdinand I. Soldat in Ungarn. 1537 erhielt er eine Professur der griechischen Sprache an der Univ. Heidelberg und folgte 1546 einem Ruf als Prof. der griechischen und hebr¨aischen Sprache an die Univ. Freiburg / Breisgau, wo er zeitweise auch Poesie lehrte. H. ver¨offentlichte u. a. Prolegomena in tres priores Odysseae Homeri rhapsodias (1539). Hartung, Johann Heinrich, Verleger, Drucker, * 17. 8. 1699 Erfurt, † 5. 5. 1756 Leipzig. H., dessen Vater als Branntweinbrenner, dann als B¨ottcher, Orgelbauer und Instrumentenmacher t¨atig war, arbeitete nach der Ausbildung zum Buchdrucker in Erfurt und Leipzig, wechselte 1727 nach K¨onigsberg zu Johann Stelter und heiratete dessen Tochter. Nach dem Tod seines Schwiegervaters u¨ bernahm er 1734 die Druckerei, erhielt 1745 ein Buchh¨andlerprivileg und kaufte 1746 die Buchhandlung Christoph Gottfried Eckarts. 1751 erwarb H. die privilegierte Druckerei Johann Reusners und damit die 1640 gegr¨undete Zeitung, die unter wechselnden Namen, zuletzt als „K¨onigsberger Hartungsche Zeitung“ (KHZ) bis 1933 bestand. H. hatte eine fast monopolartige Stellung im K¨onigsberger Buch- und Verlagsgesch¨aft; neben zahlreichen deutschen Werken erschienen B¨ucher in lateinischer, lettischer, litauischer und polnischer Sprache. Nach seinem Tod f¨uhrte zun¨achst seine Witwe, dann sein Sohn Gottlieb Lebrecht → H. die Firma weiter. C NDB Hartung, Johannes, auch Hans H., Jurist, * 1493 Ansbach, † 15. 10. 1554 Heilsbronn. H. studierte an der Univ. Leipzig, wurde 1514 zum Baccalaureus artium promoviert und stand seit 1517 als Jurist und

kaiserlicher Notar im Dienst der Zisterzienserabtei Heilsbronn. 1523 wurde er Oberster Richter sowie erster weltlicher Klosterbeamter; er verfaßte dort die als Heilsbronner Chorb¨ucher (1538 / 39-48) bekanntgewordenen Mensuralkodices, die aufgrund zahlreicher singul¨ar beziehungsweise prim¨ar u¨ berlieferter Kompositionen zu den wichtigsten s¨uddeutschen Quellen f¨ur die Musikwissenschaft der Reformationszeit geh¨oren. C MGG

Hartung, Karl, Bildhauer, * 2. 5. 1908 Hamburg, † 19. 7. 1967 Berlin. Nach einer Holzbildhauerlehre besuchte H. die Landeskunstschule in Hamburg. 1929-32 hielt er sich in Paris im Umkreis von Aristide Maillol und C. Brancusi auf, 1932 / 33 in Florenz. Seit 1933 wieder in Hamburg lebend, schuf er seit 1935 zunehmend abstrakte Plastiken. 1936 ließ sich H. in Berlin nieder. 1950 wurde er Mitglied des Deutschen K¨unstlerbundes, 1955 dessen Pr¨asident. Seit 1951 war er Prof. an der Hochschule f¨ur Bildende K¨unste in Berlin, 1959-64 Leiter der Abteilung Freie K¨unste. H. schuf zun¨achst stark naturbezogene Skulpturen und fand in den dreißiger Jahren zur bildhauerischen Abstraktion; er arbeitete in Stein, Marmor, Gips, Bronze und Holz. C Lex Kunst Hartwich → auch Hartwig Hartwich, Carl (Gottfried Eugen Victor), Pharmazeut, * 26. 3. 1851 Tangerm¨unde, † 25. 2. 1917 Z¨urich. H., Sohn eines Apothekers, wurde 1870-72 in der Apotheke seines Vaters ausgebildet, war anschließend als Gehilfe in Coburg und Weilburg t¨atig und studierte seit 1876 in Berlin Botanik, Chemie und Pharmazie. Seit 1879 leitete er die Familienapotheke in Tangerm¨unde und besch¨aftigte sich nebenbei mit Pharmakognosie sowie mit historischen und pr¨ahistorischen Fragen. 1891 verkaufte H. die Apotheke. Er wurde 1892 in Berlin promoviert (Beitrag zur Kenntnis der Strophantus- und einiger mit denselben verwandter Samen), habilitierte sich in Braunschweig und erhielt im selben Jahr eine Professur der Pharmakognosie, pharmazeutischen Chemie und Toxikologie an der ETH Z¨urich. H. besch¨aftigte sich insbesondere mit der Histologie der Drogen, ferner mit der anthropologisch-ethnographischen Seite der Pharmakognosie und ver¨offentlichte u. a. Die Bedeutung der Entdeckung von Amerika f¨ur die Drogenkunde (1892), Die Neuen Arzneidrogen aus dem Pflanzenreiche (1897), Die menschlichen Genußmittel, ihre Herkunft, Verbreitung, Geschichte, Anwendung, Bestandteile und Wirkung (1911) und Die Rohstoffe des neuen Arzneibuches (1911). C NDB

Hartwieg, (Leonhard Christoph) Adolf, Politiker, * 19. 1. 1849 Gittelde / Harz, † 9. 1. 1914 Braunschweig. H., Sohn eines Sanit¨atsrats und Physikus, schloß das Studium in Berlin und G¨ottingen 1870 mit dem juristischen Examen ab und war anschließend Auditor und Polizeikommiss¨ar an verschiedenen Orten des Herzogtums Braunschweig. Seit 1874 B¨urgermeister Helmstedts, kehrte er 1879 in den Staatsdienst zur¨uck und wurde 1889 Minister des Innern und Mitglied des dreik¨opfigen Staatsministeriums. H. war u¨ ber zwanzig Jahre lang Leiter des Innen- und Justizressorts. 1911 wurde er Staatsminister und hatte entscheidenden politischen Einfluß bei der Durchf¨uhrung der braunschweigischen Thronfolgefrage 1912 / 13. C NDB

Hartwig I., Erzbischof von Bremen, auch Hartwich, * vor 1118, † 11. 10. 1168. H. stammte aus dem Geschlecht der Grafen von Stade, wurde Domherr in Magdeburg und ging 1142 / 43 nach Bremen, wo er seit 1144 als Dompropst nachweisbar ist. Nach dem Tod seines a¨ lteren Bruders Rudolf II. vermochte er nicht zu verhindern, daß sich Herzog → Heinrich der L¨owe die Stader Erbschaft aneignete. 1148 wurde H. zum Erzbischof

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Hartwig gew¨ahlt. Sein Pontifikat stand im Zeichen der Auseinandersetzung mit Heinrich dem L¨owen. Er versuchte vergeblich, den Herzog davon abzubringen, die Investitur der Bisch¨ofe des Wendenlandes vorzunehmen. Erfolge hatte er bei Kultivierung und Besiedelung weiter Sumpfgebiete an der Unterelbe; er schuf damit im engeren Umkreis der Di¨ozese g¨unstige Voraussetzungen zur Errichtung der Landeshoheit. C LexMA

Hartwig II., Erzbischof von Bremen, † 3. 11. 1207. H., dessen Vorfahren Stiftsministeriale von Uthlede waren, war Notar → Heinrichs des L¨owen sowie Kanoniker des Bremer Domkapitels. Seine Wahl zum Erzbischof von Bremen 1185 wurde als Sieg der welfischen Partei gewertet. H. versuchte dennoch, selbst¨andige Politik zu betreiben, was zu Konflikten mit Staufern und Welfen und 1190 zur Vertreibung durch die eigenen Untertanen f¨uhrte. 1192 wurde → Waldemar von Schleswig als Gegenbischof eingesetzt, H. 1194 wieder anerkannt, jedoch unter Verlust wichtiger Rechte an B¨urgerschaft und Geistlichkeit. In den Thronstreitigkeiten (seit 1198) anfangs auf seiten der Staufer, nahmen die Welfen H. 1202 gefangen und setzten ihn damit politisch matt. C Gatz 1

Hartwig, Erzbischof von Magdeburg, † 17. 6. 1102 Vatterode. H., aus dem Hause Spanheim stammend, war zun¨achst Kanonikus in Mainz, K¨ammerer des dortigen Domkapitels und Propst des Stifts St. Marien in Erfurt. 1079 wurde er vom Gegenk¨onig → Rudolf von Rheinfelden zum Erzbischof von Magdeburg eingesetzt. H. unterst¨utzte die s¨achsische Opposition gegen → Heinrich IV. und beteiligte sich maßgebend an den kriegerischen Auseinandersetzungen mit ihm. 1085 ließ Heinrich IV. H. durch die Mainzer Synode absetzen. 1088 wechselte er zur kaiserlichen Partei und segnete u. a. die zweite Ehe des Kaisers ein. H. unterst¨utzte die kl¨osterliche Reformbewegung, stiftete Kl¨oster, u. a. St. Paul im Lavanttal, und setzte im erzbisch¨oflichen Kloster Berge bei Magdeburg aus Hirsau kommende M¨onche ein (1098). C LexMA Hartwig I., Bischof von Regensburg, auch Hartwich, † 3. 3. 1126 Regensburg. H. stammte aus dem Hause Spanheim und war seit 1100 / 01 Dompropst von Salzburg und Magdeburg. 1105 hielt er sich neben K¨onig → Heinrich V. auf der Versammlung von Nordhausen auf, war dessen treuer Parteig¨anger und wurde 1105 als Bischof von Regensburg eingesetzt, 1106 geweiht. H. nahm, reichspolitisch t¨atig, u. a. 1107 am Zug gegen Robert von Flandern, 1108 an der Expedition gegen die Ungarn und 1110 / 11 am ersten Romzug des K¨onigs teil. Er geh¨orte zu den Unterzeichnern des Wormser Konkordats 1122 und war auf dem Ersten Laterankonzil 1123 anwesend. H. nahm maßgeblich Einfluß auf die Wahl → Lothars von S¨upplingenburg zum deutschen K¨onig. Er f¨orderte das kl¨osterliche Leben in seiner Di¨ozese, restituierte u. a. das Benediktinerkloster Pr¨ull (1100) und ließ dort die erste romanische Hallenkirche im Regensburger Raum sowie das Schottenkloster St. Jakob (1110-20) bauen. H. veranlaßte die zeitweilige Umwandlung Weltenburgs in ein Augustiner-Chorherrenstift und beteiligte sich an der Gr¨undung von bambergischen Eigenkl¨ostern des Bischofs → Otto I. von Bamberg in seiner Di¨ozese, die Mittelpunkt der kirchlichen Erneuerungsbewegung des 12. Jh. wurden. C LexMa

Hartwig, Erzbischof von Salzburg, † 5. 12. 1023 Salzburg. H., Sohn des bayerischen Pfalzgrafen Hartwig I., erhielt seine geistliche Ausbildung in der Salzburger Kirche und wurde 991 zum Erzbischof geweiht. Er war Vertrauter → Ottos III., nahm an der Ostersynode in Ingelheim 993

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teil, begleitete den Kaiser 996 nach Rom und erhielt auf der Kr¨onungssynode Kaiser Ottos III. die Markt- und M¨unzrechte f¨ur Salzburg. Nach dessen Tod unterst¨utzte H. → Heinrich II., erhielt von diesem mehrere Schenkungen (1002-07) und war auf dem F¨urstentag in Frankfurt / Main 1007, bei der Weihe des Doms von Bamberg 1012 und auf der anschließenden Synode anwesend. H., der sich entschieden f¨ur die Klosterreform einsetzte, wirkte an der Gr¨undung der Kl¨oster St. Georgen am L¨angsee (K¨arnten), Seeon und Baumburg (Bayern) und G¨oß (Steiermark) mit. In seinen letzten Lebensjahren widmete er sich der Neugestaltung des Salzburger Doms. C LexMA

Hartwig, Magister in Passau, Stifter des Klosters F¨urstenzell, begraben 19. 4. 1284 F¨urstenzell. H. studierte wohl in Salerno und wurde sp¨ater Kaplan und Leibarzt am Hof von Herzog → Otto dem Erlauchten. Um 1253 ist er als Domherr und -scholaster in Passau nachgewiesen. 1272 ließ er das Leprosenhaus erbauen. 1274 stiftete er das Kloster F¨urstenzell mit besonderer Unterst¨utzung Herzog → Heinrichs XIII. Von H. sind mehrere Schenkungen u¨ berliefert. Er schrieb eine lateinische Grammatik sowie p¨adagogische Abhandlungen. Hartwig, (Karl) Ernst (Albrecht), Astronom, * 14. 1. 1851 Frankfurt / Main, † 3. 5. 1923 Bamberg. H., Sohn eines Oberrevisors der Generalpostdirektion in Frankfurt / Main, studierte Mathematik, Physik und Astronomie in Erlangen, Leipzig, G¨ottingen und M¨unchen, war an der Universit¨ats-Sternwarte in Straßburg t¨atig und wurde 1880 promoviert (Beitrag zur Bestimmung der physischen Libration des Mondes). Er unternahm Studienreisen nach ¨ Osterreich, Rußland und in die skandinavischen L¨ander, 1882 / 83 leitete er die deutsche Venus-Expedition nach Bahia Blanca in S¨udamerika. Seit 1884 Observator und Dozent in Dorpat, wurde H. 1886 vom bayerischen Innenministerium mit der Leitung der zu erbauenden Remeis-Sternwarte in Bamberg betraut (1889 er¨offnet). Seine wissenschaftlichen Leistungen liegen auf dem Gebiet der Astronomie und Astrophysik. H. entdeckte zwei Kometen sowie die Supernova 1885 im Andromedanebel und besch¨aftigte sich mit den ver¨anderlichen Sternen. H. gab u. a. gemeinsam mit Gustav → M¨uller die Geschichte und Literatur des Lichtwechsels der bis Ende 1915 als sicher ver¨anderlich anerkannten Sterne nebst einem Katalog der Elemente ihres Lichtwechsels (3 Bde., 1918-22) heraus. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Untersuchungen u¨ ber die Durchmesser der Planeten Venus und Mars, nach Heliometermessungen auf der provisorischen Universit¨ats-Sternwarte zu Strassburg (1879) und Beobachtungen ver¨anderlicher Sterne (2 Bde., 1910). C NDB

Hartwig, Friederike Wilhelmine, geb. Werther, Schauspielerin, * 21. 6. 1774 Leipzig, † 21. 1. 1849 Dresden. Die Tochter eines Schauspielerehepaars deb¨utierte 1791 als Mitglied der Schuchschen Gesellschaft und trat dann in Schwerin, Hannover und Bremen auf, vor allem als jugendliche Liebhaberin. 1796 nahm sie ein Engagement der Secondaschen Gesellschaft in Dresden an und spielte zun¨achst im Fach der Heldinnen, sp¨ater in M¨utterrollen. 1801 verk¨orperte H. in → Schillers Drama Die Jungfrau von Orleans erstmals die Titelrolle.

Hartwig, Mela (Melanie Anna), verh. Spira, Pseud. Horatio, o¨ sterr. Schauspielerin, Schriftstellerin, Malerin, * 10. 10. 1893 Wien, † 24. 4. 1967 London. H., Tochter eines Mathematikers und Soziologen, wurde am Wiener Konservatorium zur Schauspielerin ausgebildet und begann ihre Laufbahn 1914 am Stadttheater in Baden. Weitere Engagements f¨uhrten sie an die Volksb¨uhne Wien, an das Stadttheater in Olm¨utz und das Schillertheater in Berlin.

Harz Nach ihrer Heirat 1921 mit dem Rechtsanwalt Robert Spira zog sie sich von der B¨uhne zur¨uck und lebte, schriftstellerisch t¨atig, in der N¨ahe von Graz. H.s literarisches Deb¨ut Das Verbrechen (in: Ekstasen. Novellen 1928) wurde bei einem von der Zeitschrift „Die literarische Welt“ veranstalteten Wettbewerb 1927 von Alfred → D¨oblin ausgezeichnet. Sie hatte Kontakt zum K¨unstlerkreis um Hans → Leifhelm und Alfred → Wickenburg. 1938 emigrierte H. nach London, ¨ wo sie u. a. als Ubersetzerin arbeitete und Virginia Woolf kennenlernte. Mitte der f¨unfziger Jahre wandte sie sich unter dem Namen Mela Spira der Malerei zu. H.s gesammelte Lyrik erschien unter dem Titel Spiegelungen (1953); in ihrem Prosawerk, u. a. Das Weib ist ein Nichts (1929. Neuausg. 2002), reflektierte sie die Determiniertheit weiblicher Existenz. 2001 wurde ihr zweiter Roman Bin ich ein u¨ berfl¨ussiger Mensch? (2001); ihre Erz¨ahlungen und Novellen erschienen 2004 unter dem Titel Das Verbrechen. C Killy

Hartwig, Otto (Peter Conrad), Bibliothekar, * 16. 11. 1830 Wichmannshausen bei Eschwege, † 22. 12. 1903 Marburg / Lahn. H., Sohn eines Pfarrers, studierte 1850-54 in Marburg und Halle Theologie und Philosophie, wurde 1856 zum Dr. phil. promoviert und begann 1857 als Repetent an der Studienanstalt in Marburg; gleichzeitig war er an der Universit¨atsbibliothek t¨atig. 1860 ging er als Prediger der deutschevangelischen Gemeinde nach Messina, kehrte wegen eines Augenleidens 1865 nach Marburg zur¨uck und arbeitete seit 1867 als Bibliothekar an der Universit¨atsbibliothek. 1876-98 leitete H. die Universit¨atsbibliothek Halle, die er durch den neuen B¨ucheraufbau und die neue Katalogisierung zu einer wissenschaftlichen Modellbibliothek ausbaute. Er vero¨ ffentlichte zahlreiche Aufs¨atze u¨ ber das Bibliothekswesen, gr¨undete die Fachzeitschrift „Zentralblatt f¨ur Bibliothekswesen“ (1884), die er bis zu seinem Tod redigierte, und schrieb u. a. u¨ ber die Geschichte Siziliens. C LGB

Hartz, Franz, kath. Theologe, * 15. 10. 1882 H¨uls bei Krefeld, † 15. 2. 1953 Krefeld. H. studierte Philosophie und Theologie in M¨unster, wo er 1914 promoviert wurde (Wesen und Zweckbeziehung der Strafe), empfing 1908 die Priesterweihe, wurde Domvikar in M¨unster, leitete dort seit 1912 ein Knabenkonvikt und war daneben als Religionslehrer t¨atig. 1921 ging er als Seelsorger nach Berlin, wurde 1928 Pfarrer an er Liebfrauenkirche und wurde 1931 Domkapitular des neuen Domkapitels; im selben Jahr erfolgte die Ernennung zum Apostolischen Delegaten in Schneidem¨uhl. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ sich H. in Fulda nieder und erhielt auf der Bischofskonferenz 1949 das Amt des „Besonderen Referenten f¨ur Fl¨uchtlingsangelegenheiten“. C Gatz 5

Hartzheim, Hermann Joseph, Jesuit, Theologe, Historiograph, * 11. 1. 1694 K¨oln, † 17. 1. 1767 K¨oln. H., Sohn eines Advokaten, Notars und Ratsherrn in K¨oln, besuchte das Dreik¨onigsgymansium in K¨oln und trat 1712 in die Gesellschaft Jesu ein. 1719-22 studierte er in Mailand Theologie und machte die Bekanntschaft Muratoris. Nach K¨oln zur¨uckgekehrt, lehrte H. 1724-30 als Prof. der Philosophie, 1730-35 der Theologie. Seit 1727 war er Subregens, 1735-59 Regens des Tricoronatum. In seinen letzten Lebensjahren u¨ bte er das Amt des Dompredigers aus. Als Historiograph machte sich H. durch Werke zur Geschichte der Stadt und des Erzbistums K¨oln einen Namen; sein Hauptwerk sind die von Muratori angeregten Concilia Germaniae (5 Bde., 1759-63, Forsetzung bis 1790 von H. Scholl, A. Neissen und J. Hesselmann). C NDB

Harum, Peter, o¨ sterr. Jurist, * 30. 4. 1825 Graz, † 6. 4. 1875 Wien. H. schloß das Jura- und Philosophiestudium mit der Promotion zum Dr. phil. (1845) und zum Dr. jur. (1850) ab und war seit 1850 o. Prof. an der Rechtsakademie Hermannstadt. 1852 wechselte er als o. Prof. des o¨ sterr. und allgemeinen deutschen Privatrechts an die Univ. Pest und lehrte 1861-70 o¨ sterr. Zivilrecht an der Univ. Innsbruck, deren Rektor er 1863 / 64 war. 1870 folgte er einem Ruf als o. Prof. des o¨ sterr. Privatrechts an die Univ. Wien. H. geh¨orte dem Unterrichtsrat sowie dem Staatsgerichtshof an, war liberaler Landtagsabgeordneter und begr¨undete des „Constitutionellen Verein“. Er ver¨offentlichte u. a. Von der Entstehung des ¨ Rechts (1863). C OBL

Harvey, Lilian, eigentl. L. Muriel Helen Pape, Schauspielerin, T¨anzerin, * 19. 1. 1907 Hornsey (heute zu London), † 27. 7. 1968 Cap d’Antibes. H. kam als Kind nach Berlin, erhielt Tanzunterricht und trat als Solot¨anzerin in Wien auf. Bei einem Revueauftritt in Frankfurt / Main wurde sie von Richard → Eichberg f¨ur den Film entdeckt, deb¨utierte in Der Fluch (1923) und spielte in den folgenden Jahren in zahlreichen Ufa-Operetten- und Revuefilmen. H. und ihr Schauspielerkollege Willy → Fritsch stellten jahrelang das volkst¨umliche Liebespaar des deutschen Films dar, u. a. in Der Kongreß tanzt (1931). 1933 ging H. nach Hollywood, kehrte bald nach Deutschland zur¨uck und emigrierte 1939 nach Paris, dann in die USA. Nach 1943 trat sie nur noch als B¨uhnenschauspielerin auf. Ihre Memoiren erschienen unter dem Titel Es war nur ein Traum (1953). C Exiltheater Harwerth, Willi, Graphiker, * 4. 8. 1894 Eckernf¨orde, † 4. 1. 1982 Offenbach. H. studierte an der Akademie f¨ur graphische K¨unste und Buchgewerbe in Leipzig, war bis 1944 k¨unstlerischer Mitarbeiter der Schriftgießerei Klingspor und gestaltete zahlreiche Sonderdrucke, darunter 13 „Klingspor-Kalender“. 1936-44 leitete er die Fachklasse f¨ur Heraldik, Illustration und Holzschnitt an der Werkkunstschule in Offenbach und lebte danach als freier Graphiker. Zu den f¨ur den Insel Verlag gestalteten Bildb¨andchen z¨ahlt u. a. Das kleine Baumbuch (1934). Harych, Theo, Schriftsteller, * 19. 12. 1903 Doruchow (Posen), † 22. 2. 1958 Berlin. Der Sohn eines Landarbeiters war nach dem Besuch einer Landschule als Hilfsarbeiter t¨atig und beteiligte sich am mitteldeutschen Aufstand 1921. Danach lange Zeit ohne feste Anstellung, arbeitete er nach dem Zweiten Weltkrieg als Kraftfahrer in Berlin, seit 1950 als freischaffender Schriftsteller. H. verfaßte die autobiographischen Romane Hinter den schwarzen W¨aldern (1951) und Im Geiseltal (1952), die sich sozialkritisch mit den Lebens- und Arbeitsbedingungen armer Leute w¨ahrend des Kaiserreiches und der Weimarer Republik auseinandersetzen. Sie heben sich durch ihren dokumentarischen Realismus aus der DDR-offiziellen Arbeiterliteratur heraus. C Killy Harz, Carl Otto, Botaniker, * 28. 11. 1842 Gammertingen (Hohenzollern), † 5. 12. 1906 M¨unchen. H. studierte Botanik in Berlin, wurde 1868 in Rostock promoviert (Beitrag zur Kenntniss des Polyporus officinalis Fr.) und habilitierte sich f¨ur dieses Fach 1873 an der TH M¨unchen. Seit 1874 unterrichtete er an der CentralTierarzneischule in M¨unchen, an der er 1880 zum Prof. f¨ur Botanik ernannt wurde. Herausragende Verdienste erwarb er sich durch Forschungen zum Saatgutwesen, insbesondere mit seinem zweib¨andigen Werk Landwirthschaftliche Samenkunde. Handbuch f¨ur Botaniker, Landwirthe, G¨artner, Drogisten, Hygieniker (1885). Zu seinen Ver¨offentlichungen

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¨ Harzen-Muller geh¨oren ferner Vollst¨andiges W¨orterbuch zur Pharmacopoea Germanica (1873), Grundz¨uge der alcoholischen G¨ahrungslehre (1877) und Die Seidenzucht in Bayern (1895). C B¨ohm

Harzen-Muller, ¨ Andreas Nikolaus, S¨anger, * 25. 6. 1863 Itzehoe, † n. e. H.-M., Sohn eines Apothekers, studierte zun¨achst Medizin, Kunstgeschichte und Musik in T¨ubingen, M¨unchen und Berlin und absolvierte 1892-94 eine Gesangsausbildung. Seit 1894 wirkte er als Solobassist. 1897 war er Mitbegr¨under des Berliner „Martin-Pl¨uddemann-Vereins“, 1903 der „Barthschen Madrigal-Vereinigung“. H.-M. widmete sich insbesondere der Pflege des plattdeutschen Kunstgesangs und ver¨offentlichte u. a. ein Vollst¨andiges Verzeichnis der plattdeutschen Kunstlieder (1907).

Harzer, Paul (Hermann), Astronom, * 1. 8. 1857 Großenhain (Sachsen), † 21. 2. 1932 Kiel. H., Sohn eines Kaufmanns und Buchhalters, studierte in Leipzig, Berlin und Rom Mathematik und Astronomie, wurde 1878 mit der Dissertation Brorsen’s Comet im Jahre 1842 promoviert und habilitierte sich 1882 mit der Arbeit Eine neue Methode, die negativen und ungeraden Potenzen der Entfernungen der Himmelsk¨orper zu entwickeln. Er wurde Observator an der Leipziger Sternwarte, wo er als Meridian-Beobachter am „Zonenunternehmen der Astronomischen Gesellschaft“ beteiligt war. Seit 1884 unternahm H. Studienreisen, arbeitete in Stockholm und war AdjunktAstronom an der russischen Staatssternwarte Pulkowo in St. Petersburg. 1887 wurde er Direktor der herzoglichen Sternwarte in Gotha, 1896 o. Prof. und Direktor der Kieler Sternwarte, wo er bis zu seiner Emeritierung 1926 blieb. H. besch¨aftigte sich insbesondere mit theoretischer Astronomie und ver¨offentlichte u. a. Untersuchungen u¨ ber einen speciellen Fall des Problems der drei K¨orper (1887), Die s¨acularen Ver¨anderungen der Bahnen der Großen Planeten ¨ (1895), Uber geographische Ortsbestimmungen ohne astronomische Instrumente (1897), Beschreibung der neuen Me¨ ridiankreisanlage (1905) und Uber die Helligkeitsabnahme von Bedeckungsver¨anderlichen (1927). C NDB

Has, Kunz, auch Contz Haß, Conrat Hase, Dichter, * um 1460 N¨urnberg, † vor 1527. Von Beruf Tuchmachergeselle, versuchte sich H. erfolglos als Kaufmann und trat 1496 als geschworener Gegenschreiber in den Dienst der Stadt N¨urnberg. Durch mehrere Heiraten erreichte er einen gewissen sozialen Aufstieg, mußte jedoch bis zuletzt durch Gelegenheitsdichtungen ein Zubrot verdienen. H. schrieb Reimpaargedichte und Lieder, u. a. Von der Welt Lauf (1492). C VL

Hasak, Max, Architekt, Kunsthistoriker, * 15. 2. 1856 Wansen bei Ohlau (Schlesien), † 14. 9. 1934 Berlin. H. studierte 1876-80 an der Berliner Bauakademie und wurde Regierungsbauf¨uhrer am Museum f¨ur V¨olkerkunde, 1883 Regierungsbaumeister. 1884 wurde er als solcher der Reichsbank zugeteilt, f¨ur die er in den folgenden Jahren zahlreiche Filialen in Deutschland baute oder ausbaute. H. plante eine Reihe von Kirchen in Berlin (u. a. Corpus-ChristiKirche, 1920) und große Museumsbauten. Er ver¨offentlichte u. a. Der Kirchenbau des Mittelalters (2 Bde., 1902 / 03). C Kosch: Kath

Hasbach, Ervin, Politiker, * 21. 6. 1875 Bialystok, † 28. 1. 1970 Weingarten (W¨urttemberg). H., Sohn eines Textilfabrikanten, studierte nach einer landwirtschaftlichen Ausbildung an den Universit¨aten Halle und Berlin und bewirtschaftete danach die ererbten G¨uter bei Olpe. Nach dem Ersten Weltkrieg nahm er die polnische Staatsb¨urgerschaft an, war seit 1918 Mitglied der deutschen

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Volksgruppenf¨uhrung in Polen und stand 1920-22 der deutschen Fraktion im Sejm vor. Als Mitglied des polnischen Senats vertrat H. seit 1922 die Interessen der deutschen Volksgruppe in Polen, war nach dem Einmarsch deutscher Truppen 1939 kurzzeitig verhaftet und floh bei Kriegsende in ¨ den Westen. Uber Mecklenburg kam er nach Weingartshof in Baden-W¨urttemberg, wo er als Obmann der Westpreußen t¨atig war. C Altpreuß Biogr, Bd 4

Hasbach, Wilhelm, National¨okonom, * 25. 8. 1849 Venauen bei M¨uhlheim / Rhein, † 30. 4. 1920 Karlsruhe. Seit 1868 Student der Philologie und Geschichte an der Akademie in M¨unster, setzte H., Sohn eines Obersteigers, seine Studien nach der Teilnahme am Deutsch-Franz¨osischen Krieg in Bonn, T¨ubingen und Genf fort und war nach der Promotion 1875 Lehrer. 1879 / 80 widmete er sich in Berlin staatswissenschaftlichen Studien, wurde Mitarbeiter des Preußischen Statistischen B¨uros und hielt sich zwei Jahre in England auf. 1884 habilitierte er sich f¨ur Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Univ. Greifswald, wurde 1887 a. o. Prof. und wechselte in gleicher Eigenschaft 1888 nach K¨onigsberg. H. folgte 1893 einem Ruf als Ordinarius f¨ur wirtschaftliche Staatswissenschaften an die Univ. Kiel und lehrte 1894-97 an der dortigen Kaiserlichen Marineakademie; seit der Emeritierung 1906 befaßte er sich bevorzugt mit Politologie. Er schrieb u. a. Adam Smith und die Ent¨ wicklung der politischen Okonomie (1891). C NDB Haschek, Eduard, o¨ sterr. Physiker, * 11. 3. 1875 Wien, † 16. 1. 1947 Wien. Nach dem Studium der Mathematik, Physik und Chemie an der Univ. Wien 1893-97 wurde H. Assistent Franz → Exners am Physikalischen Institut, habilitierte sich dort 1903 und wurde 1912 a. o., 1929 o. Prof. der Physik. Er erwarb sich Verdienste um den Neubau des Physikalischen Instituts der Univ. Wien und die Erhaltung von dessen Einrichtungen im Zweiten Weltkrieg, auch wenn seine akademische T¨atigkeit durch ein „Hausverbot“ 1938 behindert war. H. befaßte sich mit Spektroskopie und Photochemie, war mit Gustav → Kaiser ein Pionier der medizinischen R¨ontgenologie und ver¨offentlichte u. a. Wellenl¨ange-Tabellen f¨ur Spektralanalystische Untersuchungen (mit Franz Exner, 1902), Die Spektren der Elemente bei normalem Druck (mit Franz Exner, 3 Bde., 1911 / 12), Beitr¨age zur Kenntnis der Grundempfindungen (2 Tle., 1934) und Farbmessungen (1936, italien. ¨ 1944). C OBL Haschek, Helmut, o¨ sterr. Jurist, Volkswirtschaftler, * 3. 10. 1930 Wien, † 31. 3. 1993 Wien. H. wurde nach dem Studium der Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft an der Univ. Wien 1954 promoviert und trat anschließend in die Wiener Kontrollbank ein. 1959 erhielt er Prokura, wurde 1962 Leiter des Rechtsb¨uros, 1965 stellvertretender Direktor sowie 1967 Mitglied und 1971 Vorsitzender des Vorstands; seit 1972 war er Generaldirektor. H. entwickelte ein System zur Finanzierung und F¨orderung des o¨ sterr. Exports, war an der Gr¨undung des Entwicklungs- und Erneuerungsfonds beteiligt und erarbeitete den ersten GasR¨ohren-Vertrag mit der Sowjetunion (1968). 1974 wurde er Dozent an der Diplomatischen Akademie, 1979 Prof. an der Wirtschaftsuniversit¨at in Wien. H.s 1979 gegr¨undete „Gesellschaft der Freunde der bildenden K¨unste“ unterst¨utzte Museen vor allem durch den Ankauf zeitgen¨ossischer Kunstwerke. C Czeike Haschka, Lorenz Leopold, o¨ sterr. Schriftsteller, * 1. 9. 1749 Wien, † 3. 8. 1827 Wien. Seit 1765 Jesuit, unterrichtete H., Sohn eines Kanzleiexpeditors, im Jesuitenkollegium Krems Grammatik, lebte seit der

Hase Aufhebung des Ordens 1773 in Wien und wurde Privatsekret¨ar bei Franz Sales von → Greiner. Durch seine Freundschaft mit Michael → Denis kam er zur Bardenlyrik und sicherte sich als Initiator des (sp¨ater von Karoline Greiner, verh. → Pichler weitergef¨uhrten) literarischen Salons im Hause Greiner eine f¨uhrende Stellung im Wiener Literaturbetrieb. H.s Oden – mit politischem, teils antiklerikalem Inhalt – erschienen als Einzeldrucke sowie in den f¨uhrenden Wiener und deutschen Periodika. W¨ahrend H. noch Anfang der achtziger Jahre als republikanisch gesinnt galt, wurde er sp¨ater Mitarbeiter der reaktion¨aren „Wiener Zeitschrift“ sowie des „Magazins der Kunst und Literatur“ und etablierte sich mit der von Joseph → Haydn vertonten Volkshymne Gott! erhalte Franz den Kaiser (1797) als offizi¨oser Dichter ¨ der Restaurations¨ara in Osterreich. 1797 wurde er Kustos ¨ an der Wiener Universit¨atsbibliothek, 1798 Prof. der Asthetik am Theresianum (bis 1822). H. f¨uhrte eine umfangreiche Korrespondenz, u. a. mit → Klopstock, → Wieland und → Lavater. C Killy

Hase, (Arndt Michael) Albrecht, Zoologe, * 16. 3. 1882 Schm¨olln bei Altenburg (Th¨uringen), † 20. 11. 1962 BerlinDahlem. H., Sohn eines Arztes, studierte Naturwissenschaften an den Universit¨aten Marburg, Kiel, Halle und Jena, wurde 1907 promoviert (Ueber das Schuppenkleid der Teleosteer) und kam 1910 als Assistent an das Zoologische Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin. Im folgenden Jahr habilitierte er sich mit der Arbeit Studien u¨ ber das Integument von Cyclopterus lumpus L. in Jena, wurde dort 1914 a. o. Prof. und war 1919 / 20 Mitarbeiter des Kaiser-WilhelmInstituts f¨ur Physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin, seit 1920 der Biologischen Reichsanstalt, seit 1945 Bundesanstalt in Berlin-Dahlem. Daneben hielt er Vorlesungen an der Sozialhygienischen Akademie, seit 1949 als Prof. der angewandten Zoologie an der Freien Univ. Berlin. 1957 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. H. war bis 1961 Redakteur und Mitherausgeber der 1928 von ihm begr¨undeten „Zeitschrift f¨ur Parasitenkunde“. Er befaßte sich vor allem mit Parasiten und ihrer Bek¨ampfung, machte sich um die systematische Z¨uchtung blutsaugender Insekten f¨ur Forschungszwecke verdient und ver¨offentlichte u. a. Praktische Ratschl¨age f¨ur die Entlausung der Zivilbev¨olkerung in Russisch-Polen (1915), Die Bettwanze. Ihr Leben und ihre Bek¨ampfung (1917) und Siphunculata; Anoplura; Aptera. L¨ause (1931, = Biologie der Tiere Deutschlands, Teil 30). C NDB Hase, Annemarie, auch Haase, geb. Hirsch, Schauspielerin, Kabarettistin, * 14. 6. 1900 Berlin, † 22. 2. 1971 Berlin. Nach der Ausbildung an der Reinhardt-Schule in Berlin deb¨utierte H. am Theater in Osnabr¨uck, geh¨orte in den zwanziger Jahren zu den bekanntesten Interpretinnen des Berliner Kabaretts und spielte an verschiedenen deutschen Theatern, darunter den M¨unchner Kammerspielen und dem Theater am Kurf¨urstendamm in Berlin. Sie wirkte an Max → Reinhardts „Schall und Rauch“, Trude → Hesterbergs „Wilder B¨uhne“, Rosa → Valettis „Gr¨ossenwahn“ und Werner → Fincks „Katakombe“ mit und stand mit Friedrich → Hollaender auf der B¨uhne des K¨unstler-Caf´es. Zu ihren Spezialit¨aten z¨ahlte der B¨ankelsang; daneben war sie auch f¨ur den Film t¨atig. In der Londoner Emigration (seit 1936) war H. Mitglied des Freien Deutschen Kulturbundes, geh¨orte dessen Theater und Kabarett an und kommentierte als „Frau Warnicke“ im britischen Rundfunk politische Ereignisse in deutscher Sprache. Nach ihrer R¨uckkehr nach Berlin 1947 wurde sie Mitglied des „Deutschen Theaters“, arbeitete mit Bertolt → Brecht und Helene → Weigel zusammen, trat seit dem Mauerbau jedoch nur noch im Westteil der Stadt auf. C Exiltheater

Hase, Friedrich Traugott, Schriftsteller, * 16. 2. 1754 Niedersteinbach bei Penig (Sachsen), † 9. 2. 1823 Dresden. Der Pfarrerssohn studierte seit 1771 Rechtswissenschaften in Leipzig, ging 1779 nach Dresden und wurde Beamter im Justizamt, sp¨ater im Geheimen Kabinett, wo er 1788 zum Geheimsekret¨ar, 1807 zum Kriegsrat und 1808 zum Kabinettssekret¨ar aufstieg. 1776-78 gab er den „Leipziger Musenalmanach“ heraus, in dem neben einigen seiner Gedichte u. a. eine kurze Literaturgeschichte (1777) von ihm erschien. Seine u¨ brigen Arbeiten, darunter eine Reihe von B¨uhnenwerken, ver¨offentlichte H., Onkel Karl von → H.s, anonym. Er wurde f¨ur seine Romane in Dialogform bekannt, mit denen er diese Gattung in die deutschsprachige Literatur einf¨uhrte (u. a. Gustav Aldermann. Ein dramatischer Roman, 2 Tle., 1779, Neuausg. 1964). C Killy Hase, Georg von, Kapit¨an, Verlagsbuchh¨andler, * 15. 12. 1878 Leipzig, † 13. 1. 1971 Jena. H., der in einer Verlegerfamilie aufwuchs, die den Musikverlag Breitkopf & H¨artel in Leipzig leitete, trat nach dem Besuch des Gymnasiums in die Kaiserliche Marine ein, der er bis 1918 angeh¨orte. Er wurde Volont¨ar in der Leipziger Firma K. F. Koehler, in der sein Bruder Hermann von → H. seit 1915 t¨atig war, und lernte auch im v¨aterlichen Unternehmen Breitkopf & H¨artel sowie in der Akademischen Buchhandlung Rassmann in Jena. 1920 wurde er Mitinhaber der Firmen Hermann Schultze und E. F. Steinacker sowie Prokurist der Firma K. F. Koehler. Seit 1921 war er finnischer Vizekonsul. Bis zum Fr¨uhjahr 1923 Leiter des Koehlerschen Kommissionsgesch¨afts, wurde H. nach der Fusion der Kommissionsgesch¨afte von Koehler und Volckmar Mitglied des Vorstands der Aktiengesellschaft. Nach dem Ausschluß aus der Konzernleitung 1935 zog sich H. auf seinen Jenaer Landsitz zur¨uck und bet¨atigte sich vorwiegend schriftstellerisch (u. a. Die Kriegsmarine erobert Norwegens Fjorde. Erlebnisberichte von Mitk¨ampfern, 1940). Er war drei Jahre als Referent f¨ur literarische und buchh¨andlerische Angelegenheiten am Oberkommando der Kriegsmarine in Berlin und danach vor¨ubergehend stellvertretender Hafenkommandant in Rotterdam. Die 1947 u¨ bernommene Leitung des Jenaer Kulturbundes mußte H. wegen fr¨uherer Buchver¨offentlichungen niederlegen. Hase, Hellmuth von, Verleger, * 30. 1. 1891 Leipzig, † 18. 10. 1979 Wiesbaden. Der Sohn Oskar von → H.s studierte Rechtswissenschaft in Grenoble, Kiel und Leipzig und wurde 1919 in Leipzig mit der Arbeit Die Funktionen der literarischen und musikalischen Sachverst¨andigen im Zivil- und Strafprozeß zum Dr. jur. promoviert. Im selben Jahr trat er als pers¨onlich haftender Gesellschafter in den Leipziger Musikverlag Breitkopf & H¨artel ein; als sein Vater 1921 starb, u¨ bernahm er dessen Gesch¨aftsanteil und verlegerische Aufgaben. 1921 wurde H. in den Vorstand des Vereins der Buchh¨andler zu Leipzig gew¨ahlt, dessen Vorsteher er 1927-33 war. Im Deutschen Musikalien-Verleger-Verein hatte er seit 1927 das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden, 1929-33 das des Vorsitzenden inne. 1943 wurde bei einem Luftangriff auf Leipzig das Verlagsgeb¨aude zerst¨ort. Im Juni 1945 verlegte H. mit amerikanischer Hilfe den Verlag nach Wiesbaden. Er geh¨orte 1955-60 dem Verleger-Ausschuß des B¨orsenvereins des Deutschen Buchhandels an und war 1954-67 Vorsitzender des Fachausschusses f¨ur Ernste Musik im Vorstand des Deutschen Musikverleger-Verbandes. H. schrieb u. a. Breitkopf & H¨artel. Gedenkschrift und Arbeitsbericht (1968). Hase, Hermann von, Verlagsbuchh¨andler, * 13. 10. 1880 Leipzig, † 22. 4. 1945 Kleinmachnow bei Berlin. H., Bruder Georg von → H.s, war 1900 vor¨ubergehend Lehrling in der Buch- und Musikalienhandlung von Bernhard

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Hase Hartmann in Elberfeld, studierte dann Rechtswissenschaften in Jena und Leipzig und wurde 1904 mit der Arbeit Die rechtliche Stellung des Vorerben zur Erbschaft nach deutschem b¨urgerlichen Gesetzbuch promoviert. Im selben Jahr u¨ bernahm er bei Breitkopf & H¨artel die Leitung des Buchverlags, erhielt 1906 Prokura und wurde 1910 Gesellschafter ohne Kapitalbeteiligung. Die von ihm verbesserte „Volksausgabe Breitkopf & H¨artel“ benannte er in „Edition Breitkopf“ um. Nach einem Zerw¨urfnis mit seinem Vater 1914 schied H. aus der Firma aus. 1915 trat er als Nachfolger seines 1914 gefallenenen Freundes Wolfgang K¨ohler in die Firma K. F. Koehler ein und wurde Gesellschafter ohne Kapitalbeteiligung. 1918 heiratete H. dessen Witwe Else Koehler. Seit demselben Jahr im Vorstand des fusionierten Koehler-Volckmar-Konzerns t¨atig, war er haupts¨achlich mit der Leitung des neugegr¨undeten Koehler & Amelang Verlags befaßt. 1927 u¨ bernahm er die alleinige Leitung des Verlags K. F. Koehler. 1933 wurde H. Mitglied der NSDAP. Ein offener Konflikt mit der Konzernleitung seit 1936 hatte H.s Ausscheiden aus der Firma 1938 zur Folge. Im selben Jahr gr¨undete er mit seinem Stiefsohn Karl Koehler in Berlin den Verlag v. Hase & Koehler. 1945 meldete sich H. zum Volkssturm und fiel als Bataillonsf¨uhrer.

Hase, Johann Matthias, auch Haas, Hasius, Kartograph, Mathematiker, * 14. 1. 1684 Augsburg, † 24. 9. 1742 Wittenberg. Seit 1701 Student der Theologie an der Univ. Helmstedt, sp¨ater an der Univ. Leipzig, befaßte sich H., Sohn eines Lehrers, bevorzugt mit Mathematik, erwarb 1707 aufgrund einer Schrift zur Algebra den Magistergrad und bet¨atigte sich in Augsburg und Leipzig als Erzieher. Er besch¨aftigte sich mit Geographie und Kartographie und wurde 1719 mit der Arbeit Dissertatio de tubis stentoreis promoviert. Seit 1720 lebte er als Prof. der Mathematik in Wittenberg und lehrte theoretische und praktische Kartographie. Sp¨ater wurde er Mitglied des wissenschaftlichen Stabs des Homannschen Kartenverlags in N¨urnberg, f¨uhrte dort die stereographische Horizontalprojektion ein und ver¨offentlichte u. a. den Atlas Regni Davidici at Salomonicaei [. . .] (1737). H. galt als f¨uhrender Kartograph seiner Zeit im deutschsprachigen Raum; die meisten seiner Karten enth¨alt der 1747 erschienene HomanischHasische Gesellschaftsatlas. C NDB Hase, Julie, geb. Zucker, S¨angerin, * 1795 (?) Dresden, † 30. 7. 1826 Dresden. Die Tochter des Dresdner Hofmusikus Johann Christoph Zucker wurde von ihrem Großvater m¨utterlicherseits Johann Heinrich → B¨osenberg ausgebildet und nach Auftritten in Kinderrollen 1815 an das Dresdner Hoftheater engagiert. H. sang vor allem Soubretten-Partien (u. a. Zerline im Don Giovanni) und verk¨orperte in der Dresdner Erstauff¨uhrung des ¨ Freisch¨utz 1822 das Annchen. C Kutsch Hase, Karl (August) von, Pseud. Karl von Steinbach, evang. Theologe, * 25. 8. 1800 Niedersteinbach bei Penig (Sachsen), † 3. 1. 1890 Jena. H., Sohn eines Pfarrers und Neffe Friedrich Traugott → H.s, studierte seit 1818 an der Univ. Leipzig Theologie, Philosophie und Staatsrecht und wurde 1821 als Vorstandsmitglied der dortigen Burschenschaft verhaftet. Er setzte seine Studien an der Univ. Erlangen fort und wurde erneut relegiert, konnte sich aber 1823 an der Univ. T¨ubingen habilitieren. Als Dozent der Philosophie und Theologie wurde er zum Dr. phil. promoviert, 1824 erneut wegen burschenschaftlicher Bet¨atigung verhaftet und im folgenden Jahr des Landes verwiesen. Als freier Schriftsteller lebte er in Dresden und Leipzig und wurde 1828 an der Univ. Leipzig a. o. Prof. der Philosophie. Seit 1829 war er a. o., 1833-83 o. Prof. der Theologie an der Univ. Jena, wo

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er zum Verfasser außerordentlich erfolgreicher theologischer Lehrb¨ucher wurde. H. trat unter Pseudonym als Politiker auf, war Mitglied des Frankfurter Parlaments und wurde 1883 nobilitiert. Zu seinen Hauptwerken z¨ahlen das „dogmatische Repertorium“ Hutterus redivivus (1829, 131887), ein Handbuch der protestantischen Polemik gegen die r¨omischkatholische Kirche (1862, 71900) und ein Lehrbuch der Kirchengeschichte (1834, 121900). H.s Autobiographien sind Ideale und Irrt¨umer (1872, 21908) und Annalen meines Lebens (1891). Er war der Vater von Oskar und Karl Alfred von → H. C NDB

Hase, Karl Alfred von, evang. Theologe, * 12. 7. 1842 Jena, † 1. 1. 1914 Breslau. Der Sohn Karl von → H.s studierte an der Univ. Jena, wurde nach Studienaufenthalten in Rom und Genf zum Dr. phil. promoviert und war seit 1865 Hofdiakon in Weimar. 1870 / 71 Feld-Divisions-Pfarrer im Deutsch-Franz¨osischen Krieg, blieb er im Milit¨ardienst und kam 1876 als Milit¨aroberpfarrer und Konsistorialrat nach K¨onigsberg. H. wurde 1889 Hofprediger in Potsdam, 1894 Prof. der praktischen Theologie und Kirchengeschichte in Breslau. Er war seit 1896 Oberkonsistorialrat in Breslau. Neben religionsgeschichtlichen und weltanschaulichen Werken (u. a. Kirchliche und b¨urgerliche Toleranz, 1905) ver¨offentlichte H. eine Geschichte seiner Familie unter dem Titel Unsere Haus¨ chronik (1898). C DBJ, Uberleitungsband 1 Hase, Karl Benedikt, Klassischer Philologe, * 11. 5. 1780 Sulza bei Naumburg, † 21. 3. 1864 Paris. H. studierte zun¨achst Theologie, sp¨ater Klassische Philologie an den Universit¨aten Jena und Helmstedt, erlernte daneben Neugriechisch und ging 1801 nach Paris. Er wurde 1805 Mitarbeiter der kaiserlichen Bibliothek, 1816 Prof. der Griechischen Pal¨aographie und der Neugriechischen Spra´ che an der Ecole des Langues Orientales, 1824 Mitglied der Acad´emie des Inscriptions et Belles Lettres und 1830 ´ Prof. der deutschen Sprache und Literatur an der Ecole Polytechnique. 1832 war er an der kaiserlichen Bibliothek zum Conservateur en chef au d´epartement des manuscrits aufgestiegen und wurde 1852 Prof. de grammaire compar´ee an der Facult´e des Lettres der Sorbonne. Studienreisen f¨uhrten ihn nach Griechenland (1837) und Nordafrika (1839). C ADB Hase, Konrad Wilhelm, Architekt, Denkmalpfleger, * 2. 10. 1818 Einbeck, † 28. 3. 1902 Hannover. Zun¨achst Sch¨uler Ernst → Ebelings an der H¨oheren Gewerbeschule Hannover, studierte H., Sohn eines Steuereinnehmers, seit 1838 u. a. bei Friedrich von → G¨artner (1840 / 41) und am M¨unchner Polytechnikum (1841 / 42). 1842 trat er in den Dienst der Eisenbahndirektion Hannover und war 1849-94 Lehrer der Baukunst und Kunstgeschichte am Polytechnikum, der sp¨ateren TH Hannover. Als Konsistorialbaumeister (seit 1863) errichtete er mehr als hundert evang. Kirchen, meist in gotisierender Backsteinbauweise. Auf H.s Werk geht der Begriff der „Hannoverschen Bauschule“ zur¨uck, mit der er sich f¨ur die Wiederbelebung des gotischen Backsteinbaus einsetzte. H. befaßte sich im Zuge seiner denkmalpflegerischen Arbeiten (darunter der Wiederherstellung der Zisterzienserabtei Loccum, seit 1842) mit mittelalterlicher Baukunst und gab seit 1862 die Schriftenreihe „Mittelalterliche Baudenkm¨aler Niedersachsens“ heraus. C NDB Hase, Martin von, Kunsthistoriker, * 6. 12. 1901 Leipzig, † 16. 10. 1971 Wiesbaden. Der Sohn Oskar von → H.s erlernte den Beruf des Buchh¨andlers, studierte 1922-27 an den Universit¨aten Jena, Leipzig und M¨unchen und war 1929-31 im Buch-, Musikalien- und Antiquariatshandel t¨atig. 1932 wurde er

Haseloff Mitarbeiter des B¨orsenvereins der Deutschen Buchh¨andler zu Leipzig, 1935 Mitinhaber des Musikverlags Breitkopf & H¨artel, dessen Gesch¨aftsleiter er 1945-67 war. 1965 u¨ bernahm er die Leitung des Spielkartenmuseums im w¨urttembergischen Leinfelden. H. ver¨offentlichte u. a. eine Bibliographie der Erfurter Drucke von 1501 bis 1550 (1966).

Hase, Oskar von, Buchh¨andler, * 15. 9. 1846 Jena, † 26. 1. 1921 Leipzig. Der Sohn Karl → H.s studierte in Bonn und Jena, wurde 1869 mit einer Arbeit u¨ ber die Koberger promoviert, trat in die Verlagsbuchhandlung Breitkopf & H¨artel ein und stieg rasch zum Prokuristen auf. Seit dem Tod seines Onkels Hermann H¨artel 1875 Teilhaber der Firma, leitete er sie gemeinsam mit seinem Vetter Wilhelm Volkmann, seit 1896 mit dessen Sohn Ludwig → Volkmann. H. baute das musikalische Kommissions- und Barsortiment aus, gr¨undete Zweigniederlassungen in Berlin und Br¨ussel (1883), London (1890) und New York (1891) und gliederte dem Unternehmen einen belletristischen Verlag an. Unter seiner Leitung brachte der Verlag u. a. Klassiker in der „Volksausgabe Breitkopf & H¨artel“, die „Gesamtausgabe der musikalischen Klassiker“, die „Denkm¨aler deutscher Tonkunst“ und die „Denkm¨aler der Tonkunst in Bayern“ heraus. H. war u. a. Mitbegr¨under und Vorsitzender des Vereins deutscher Musikalienh¨andler sowie Vorsitzender der deutschen Buchdruckergenossenschaft. 1919 zog er sich aus dem Gesch¨aft zur¨uck. H. war der Vater von Hellmuth und Martin von → H. C LGB Hase, Paul von, Milit¨ar, * 24. 7. 1885 Hannover, † 8. 8. 1944 Berlin-Pl¨otzensee. Der Enkel Karl von → H.s trat 1905 in die Armee ein und wurde 1906 Berufssoldat. Er kehrte als Hauptmann aus dem Ersten Weltkrieg zur¨uck, war Offizier der Reichswehr und seit 1933 Bataillonskommandeur. H. nahm am Polen- und Frankreichfeldzug teil, erkrankte 1940 und wurde Kommandant von Berlin im Rang eines Generalleutnants. Hier festigte er den fr¨uheren Kontakt zu den Widerstandskreisen um Ludwig → Beck und Friedrich → Olbricht, war an den Vorbereitungen zur Operation „Walk¨ure“ beteiligt und befahl am 20. 7. 1944 die Abriegelung des Regierungsviertels. Nach dem Scheitern des Attentats verhaftet, wurde er am Tag seiner Verurteilung durch den Volksgerichtshof hingerichtet. C Widerstand Haselberg, Johann, Verleger, Schriftsteller, erw¨ahnt 1515-38. Von der Reichenau stammend, bet¨atigte sich H. nach einem mißgl¨ucktem Versuch, in Augsburg ein Verlagsunternehmen zu gr¨unden, als fahrender Schriftsteller, Buchh¨andler und Verleger am Rhein. Er u¨ berwachte die Drucklegung von Werken bei ans¨assigen Druckern, denen er eigenen Buchschmuck zur Verf¨ugung stellte, und schrieb etwa 15 eigene Werke, von denen er einige Habsburger Regenten widmete, einige zu deren Lob verfaßte. H. bezeichnete sich selbst als Diener des Hauses Habsburg und verschaffte sich eine Reihe kaiserlicher Privilegien. Seine Schrift Von welschen Purpeln (1533) ist autobiographisch gepr¨agt. C NDB Haselberg, Lorenz Wilhelm von, Mediziner, * 15. 12. 1764 Greifswald, † 9. 1. 1844 Greifswald. H. studierte 1780-84 in seiner Heimatstadt und an der Univ. G¨ottingen, unternahm nach der Promotion 1785 (De capitis laesionibus trepanationem exigentibus) Studienreisen nach Wien und Paris und habilitierte sich 1786 an der Univ. Greifswald. Seit 1788 o. Prof., wurde er 1795 Physikus der Stadt und 1799 kgl. schwedischer Archiater. H. f¨uhrte 1801 die erste Pockenimpfung in Schwedisch-Vorpommern durch. Er war seit 1789 Mitglied und 1806-18 Direktor des Gesundheits-Kollegiums in Greifswald. H., 1807 Rektor der

Univ., lehrte Chirurgie, Augenheilkunde und Geburtshilfe, war Mitarbeiter medizinisch-enzyklop¨adischer Werke und ver¨offentlichte u. a. Commentatio chirurgica in qua novam humerum ex articulo exstirpandi methodum, novumque ad ligaturam polyporum instrumentum proponit (1788), Untersuchungen und Bemerkungen u¨ ber einige Gegenst¨ande der praktischen Geburtshilfe (1808) und De prophylaxi hydro¨ phobiae (1816). C Arzte 1

Haselberg, Peter von, Journalist, * 14. 11. 1908 Wilhelmshaven, † 17. 10. 1994 Frankfurt / Main. H. studierte in Berlin, K¨oln und Frankfurt / Main Philosophie, Jura und National¨okonomie, u. a. 1931-33 bei Theodor W. → Adorno. Als Mitglied des Vorstandes des Sozialistischen Studentenbundes in Frankfurt wurde er von den Nationalsozialisten relegiert. H. wurde außenpolitischer Redakteur der „Vossischen Zeitung“ in Berlin (bis 1934), dann der „Frankfurter Zeitung“ (bis 1936), in der er u¨ ber den Spanischen B¨urgerkrieg berichtete. 1937 emigrierte er nach Argentinien, wo er in verschiedenen Berufen arbeitete. H. kehrte Ende 1949 nach Deutschland zur¨uck, war als freier Schriftsteller t¨atig und beteiligte sich am Aufbau des Nachtprogramms des Hamburger und K¨olner Rundfunks. 1952-54 war er Redaktionsgesch¨aftsf¨uhrer der Frankfurter Universit¨atszeitung „Diskus“. H. war zeitweilig auch Mitarbeiter des Instituts f¨ur Sozialforschung anl¨aßlich der sogenannten Gruppenstudie. Sp¨ater arbeitete er als literarischer Lektor der Deutschen Buch-Gemeinschaft in Darmstadt. H. u¨ bersetzte und kommentierte das Werk des National¨okonomen Thorstein Veblen.

Haselhoff, Emil, Agronom, * 12. 8. 1862 Wambel (heute zu Dortmund), † 10. 3. 1948 Dortmund. Der Sohn eines Landwirts studierte Landwirtschaft und schloß seine akademische Ausbildung 1888 in Marburg ab. Anschließend Abteilungsvorsteher an der von Joseph → K¨onig geleiteten Landwirtschaftlichen Versuchsstation in M¨unster (Westfalen), wurde er 1902 zum Direktor der Landwirtschaftlichen Versuchsstation Marburg ernannt (sp¨ater verlegt nach Harleshausen bei Kassel). Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Arbeiten bildeten Untersuchungen zur Pflanzenern¨ahrung und D¨ungung sowie zum Einfluß industrieller Rauchsch¨aden auf den Boden und auf das Pflanzenwachstum (Grundz¨uge der Rauchsch¨adenkunde, 1932). Zusammen mit Edwin → Blanck gab H. das vierb¨andige Lehrbuch der Agrikulturchemie (1927-29) heraus. Weite Verbreitung fand sein Einf¨uhrungsband Agrikulturchemische Untersuchungsmethoden (1909, 21921). 1942 wurde H. f¨ur seine Verdienste um die Landwirtschaft mit der Goethe-Medaille f¨ur Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet. C B¨ohm

Haseloff, Arthur (Erich Georg), Kunsthistoriker, * 28. 11. 1872 Berlin, † 31. 1. 1955 Kiel. H., Sohn eines Kaufmanns, schloß das Studium der Kunstgeschichte an den Universit¨aten Berlin, Leipzig, M¨unchen und M¨unster 1896 mit der Promotion ab (Bildschmuck der Psalterien des Landgrafen Hermann von Th¨uringen), wurde nach mehrj¨ahrigen Studienreisen 1900 Mitarbeiter der Kgl. Museen in Berlin und habilitierte sich 1901 an der dortigen Universit¨at (Der Psalter Erzbischofs Egberts von Trier). 1905-15 Sekret¨ar des Preußischen Historischen Instituts in Rom, lehrte er anschließend an den Universit¨aten Halle und Berlin und hatte 1920-37 den kunsthistorischen Lehrstuhl der Univ. Kiel inne. Gleichzeitig leitete er dort die Kunsthalle und den schleswig-holsteinischen Kunstverein. 1932-35 war H. kommissarischer Direktor des Deutschen Kunsthistorischen Instituts in Florenz. Zuletzt lebte er als Privatgelehrter in Kiel. H. befaßte sich bevorzugt mit der Kunst des Mittelalters und ver¨offentlichte u. a. Bauten der Hohenstaufen in Unteritalien (1920) und Die vorromantische Plastik in Italien (1930). C SHBL, Bd 4

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Haselwander Haselwander, Friedrich August, Ingenieur, * 18. 10. 1859 Offenburg (Baden), † 14. 3. 1932 Freiburg / Breisgau. H., Sohn eines Eisenbahnbeamten, studierte 1878-83 an der Polytechnischen Schule Karlsruhe und an den Universit¨aten Straßburg und M¨unchen und gr¨undete eine elektrotechnische Werkstatt in Offenburg, in der er elektrotechnische Anlagen baute. 1887 nahm er seine erste Drehstromanlage mit verkettetem Drehstrom in Betrieb, mußte sie auf Verlangen der Post 1890 wieder schließen und verlor schließlich das Patent daf¨ur. Danach als Ingenieur in Frankfurt / Main und Magdeburg t¨atig, gr¨undete H. 1900 erneut ein Ingenieurb¨uro, in dem er die seit den neunziger Jahren von ihm entwickleten Verbrennungsmotoren (Haselwander-Motor) zur Serienrefe zu bringen versuchte Er gilt als Pionier der Elektrotechnik und des Motorenbaus – wirtschaftlicher Erfolg blieb ihm versagt. C Bad Bio N.F., Bd 1 Hasemann, Wilhelm, Schauspieler, Theaterdirektor, * 5. 7. 1843 Hamburg, † 4. 5. 1910 Leipzig. H. spielte im Fach des Bonvivant an Theatern in Bremen, Dessau und Leipzig und wurde Direktor der Komischen Oper in Wien, sp¨ater Leiter des Sommertheaters in Chemnitz, des L¨ubecker Theaters und des Wallnertheaters in Berlin. Als Direktor des Adolf-Ernst-Theaters in Berlin wandelte er es unter dem Namen Thalia-Theater in eine Lustspielb¨uhne um. H. begr¨undete die Residenztheater in Wiesbaden und K¨oln und lebte zuletzt als Regisseur in Frankfurt / Main. C Kosch: Theater Hasemann, Wilhelm, Maler, * 16. 9. 1850 M¨uhlberg / Elbe, † 28. 11. 1913 Gutach / Schwarzwald. Seit 1867 Student der Berliner, nach der Teilnahme am Krieg 1870 / 71 seit 1873 der Weimarer Kunstakademie, kam H., ¨ Sohn eines Okonoms und Mechanikers, 1878 nach M¨unchen und u¨ bernahm den Auftrag der Cottaschen Verlagsbuchhandlung Stuttgart, Berthold → Auerbachs Lorle, die Frau Professorin zu illustrieren. Seine Studien dazu f¨uhrten ihn nach Gutach im Schwarzwald, das in der Folge zu seinem Lebensmittelpunkt wurde. 1880 gr¨undete er in Gutach eine K¨unstlerkolonie. H. beschickte seit den siebziger Jahren Ausstellungen in Berlin und im M¨unchner Glaspalast. Er malte Genredarstellungen, Interieurs und Landschaften aus dem Th¨uringerwald, sp¨ater aus dem Schwarzwald (u. a. Tischgebet, 1900). C Bad Bio N.F., Bd 2 Hasenack, Wilhelm, Betriebswirt, * 26. 7. 1901 Schwelm (Westfalen), † 9. 3. 1984 G¨ottingen. H. studierte Volks- und Betriebswirtschaft an den Universit¨aten Bonn und K¨oln. 1925 Assistent am Seminar f¨ur Bankund Steuerwesen der Univ. K¨oln, wechselte er im selben Jahr an das Betriebswirtschaftliche Seminar der TH Berlin, habilitierte sich dort 1929 und wurde 1930 an der TH, 1935 an der Univ. a. o. Professor. 1937 wurde er o. Prof. der Betriebswirtschaft an der Univ. Freiburg und lehrte in gleicher Position 1938-45 an der Handelshochschule Leipzig. H. u¨ bernahm 1947 die Leitung der Betriebswirtschaftlichen Abteilung des Rheinisch-Westf¨alischen Instituts f¨ur praktische Wirtschaftsforschung in Essen und wurde 1949 o. Prof. der Betriebswirtschaftslehre an der Univ. G¨ottingen. Er schrieb u. a. Grundlagen und Technik der kaufm¨annischen Buchf¨uhrung (1935). Hasenauer, (Matthias) Carl (Borrom¨aus) Frh. von, o¨ sterr. Architekt, * 20. 7. 1833 Wien, † 4. 1. 1894 Wien. W¨ahrend des Studiums bei Eduard van der → N¨ull und August → Siccard von Siccardsburg an Architekturschule und der Kunstakademie Wien 1849-54 unternahm H., Sohn eines k. k. Hof- und Stadtzimmermeisters, Reisen nach Oberitalien und Deutschland, nach Paris und London. Er schuf mehrere preisgekr¨onte Entw¨urfe, wurde 1866 Mitglied der Wiener Akademie und war im folgenden Jahr mit Bauten f¨ur die

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Pariser Weltausstellung befaßt. 1871 zum „Chefarchitekten“ der Wiener Weltausstellung 1873 ernannt, verantwortete er in dieser Position u. a. den Bau der Rotunde. Um seine Teilnahme bei der Ausschreibung, sp¨ater dem preisgekr¨onten Entwurf der Wiener Hofmuseen entspann sich eine Kontroverse, in der Gottfried → Semper als Schiedsrichter bestimmt wurde, der anschließend mit H. einen gemeinsamen Entwurf zu bauen begann. H. war 1867-71 Mitglied des Wiener Gemeinderats, seit 1884 Prof. und Leiter der Spezialschule f¨ur Architektur an der Kunstakademie und 1892-94 deren Rektor. Das Wiener Burgtheater (1874-88) z¨ahlt zu seinen Hauptwerken. C NDB

Hasenclever, Adolf, Historiker, * 2. 10. 1875 Ehrenhausen bei Remscheid, † 29. 4. 1938 G¨ottingen. H., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1896 Geschichte in Bonn und Berlin, wo er 1901 mit einer Arbeit u¨ ber Die Politik der Schmalkaldener vor Ausbruch des Schmalkaldischen Krieges promoviert wurde. Bevor er sich 1906 f¨ur Mittlere und Neuere Geschichte habilitierte (Die Entwicklung der politischen Ideen Johann Sleidans bis zum Jahr 1545), f¨uhrten ihn Reisen nach England, Kanada, in die USA, nach Mexiko und in den Vorderen Orient. Seit 1922 a. o. Prof. in Halle, u¨ bernahm er 1929 als Nachfolger von Arnold Oskar → Meyer eine o. Professur f¨ur Neuere Geschichte in G¨ottingen. Schwerpunkte seiner Forschungst¨atigkeit waren die Ge¨ schichte der Reformation und die Geschichte Agyptens im 19. Jahrhundert. 1914 erschien sein wichtiges Buch u¨ ber die Orientalische Frage in den Jahren 1838-1841. C G¨ott Gel

Hasenclever, Friedrich Wilhelm, Fabrikant, * 29. 6. 1809 Gevelsberg bei Elberfeld, † 25. 12. 1874 Aachen. H., Sohn eines Pfarrers, studierte Chemie an der Univ. Berlin, war dort Assistent Eeilhard → Mitscherlichs und wurde Reisevertreter einer Aachener Apotheke. Seit 1840 betrieb er eine eigene Apotheke in Burtscheid und verlegte sie 1842 nach Aachen. Gemeinsam mit zwei Industriellen aus Altenberg gr¨undete er 1852 die Sodafabrik Hasenclever & Co., die 1856 in die Aktiengesellschaft „Chemische Fabrik Rhenania“ umgewandelt wurde und sich unter H.s Leitung rasch zu einem umfangreichen Unternehmen entwickelte. Er erfand eine Methode, aus gepulverter Zinkblende Schwefels¨aure herzustellen, regenerierte seit 1863 Schwefel aus den R¨uckst¨anden der Sodagewinnung und produzierte seit 1864 Chlorbarium, ferner Wasserglas, Minerald¨unger und Glaubersalz. Er war der Vater von Robert → H. C NDB

Hasenclever, Johann Peter, Maler, * 18. 5. 1810 Remscheid bei Solingen, † 16. 12. 1853 D¨usseldorf. Dem Wunsch der Eltern folgend, begann H., Sohn eines Bohrschmieds, 1827 ein Architekturstudium an der D¨usseldorfer Kunstakademie, wandte sich jedoch bald der Malerei zu und wurde Meistersch¨uler des Historienmalers Wilhelm von → Schadow. In dieser Gattung selbst wenig erfolgreich, unterbrach er sein Studium, kehrte 1832 wieder an die Akademie zur¨uck, hatte 1833 erste Ausstellungserfolge mit Genredarstellungen in Berlin (Der Nießer) und widmete sich danach u¨ berwiegend der Gattung des humoristischen Genres. Reproduktionen seiner Werke erfuhren weite Verbreitung. 1838 reiste er mit Gustav und Johann Wilhelm → Preyer nach M¨unchen, 1840 weiter nach Oberitalien. Seit 1842 st¨andig in Deutschland lebend, wurde H. Mitbegr¨under der realistischen Genremalerei in D¨usseldorf. Als Freund Ferdinand → Freiligraths nahm er Anteil an der Revolution von 1848 / 49 und schuf die fr¨uheste Darstellung selbstbewußter Proletarier in Deutschland. C NDB

Hasenclever Hasenclever, Josua, Kaufmann, * 30. 4. 1783 Ehringhausen (Remscheid), † 15. 3. 1853 Ehringhausen. H. trat 1800 als Lehrling in das v¨aterliche Handelshaus ein und wurde 1806 Teilhaber. 1821 beteiligte er sich maßgeblich an der Gr¨undung der Rheinisch-Westindischen Kompanie und er¨offnete 1830 eine Filiale des Familienunternehmens in Rio de Janeiro. H. stand politisch dem rheinischen Liberalismus, sp¨ater dem Konservativismus nahe, geh¨orte dem Rheinischen Provinziallandtag an und war Sprecher der Remscheider Kaufmannschaft. Seiner Initiative verdankte Remscheid u. a. die Einrichung des Friedensgerichts und die gesetzliche Regelung des Fabrikzeichenwesens. H. war mit dem preußischen Kronprinzen → Friedrich Wilhelm IV. befreundet und pflegte Kontakte zu einer Reihe von gelehrten Zeitgenossen. 1922 publizierte sein Urenkel seine Lebenserinnerungen und Briefe. C Rhein-Westf Wirt, Bd 1

Hasenclever, Peter, Unternehmer, * 24. 11. 1716 Remscheid, † 15. 6. 1793 Landeshut (Schlesien). Seit 1730 Lehrling in einer Solinger Messerschmiede, ging H., Sohn eines Kaufmanns und Besitzers von Eisen- und Stahlh¨utten, sp¨ater nach L¨uttich, um sich kaufm¨annisch und ¨ sprachlich weiterzubilden. Uber Frankreich und Spanien kam er nach Lissabon, trat als Teilhaber in das Handelshaus seines Onkels Anton ein, das Handel mit S¨udamerika betrieb, und gr¨undete 1755 sein eigenes Unternehmen. Er verhandelte mit → Friedrich dem Großen und seinen Ministern u¨ ber die Einf¨uhrung neuer, verbesserter Methoden der Leinwandfabrikation in Schlesien, erhielt die Bewilligung eines Teil seiner Forderungen und setzte seinen Bruder Franz als Gesch¨aftstr¨ager in Schlesien ein. H. wanderte 1758 nach England aus, nahm die britische Staatsb¨urgerschaft an, f¨orderte mit seinen englischen Partnern die Herstellung von Eisen, Gewinnung von Pottasche sowie den Anbau von Hanf, Flachs und Krapp in Nordamerika und f¨uhrte dort zahlreiche technische Neuerungen ein. 1774 kehrte er nach Schlesien zur¨uck und ließ sich als Leinwandh¨andler in Landeshut nieder. C NDB

Hasenclever, Richard, Schriftsteller, Politiker, * 16. 5. 1813 Ehringhausen (Remscheid), † 8. 6. 1876 D¨usseldorf. Der Neffe Josua → H.s war w¨ahrend des Medizinstudiums in Bonn und Berlin Mitglied der Burschenschaften (Promotion 1837, De somni sani natura atque causa), ließ sich sp¨ater mit eigener Praxis in D¨usseldorf nieder und wurde Kreisphysikus in Grevenbroich und Chefarzt eines Milit¨arhospitals. H. war mit Karl Leberecht → Immermann befreundet und heiratete 1845 Sophie, die Tochter Wilhelm von → Schadows. Er komponierte St¨ucke f¨ur die D¨usseldorfer Musterb¨uhne, ferner Lieder und Kirchenmusik. H. konvertierte zum Katholizismus, schloß sich nach dem Vatikanischen Konzil den Altkatholiken an und gr¨undete eine altkatholische Gemeinde in D¨usseldorf. Als Mitglied des preuß. Landtags und des Reichstags bek¨ampfte er die Ultramontanen. H. ver¨offentlichte neben medizinischen, theologischen und philosophischen Schriften u. a. Die Raumvorstellung aus dem Gesichts¨ sinne (1842) und Uber die Grunds¨atze einer rationellen musikalischen Erziehung (1874). C ADB

Hasenclever, Robert (Wilhelm), Fabrikant, * 28. 5. 1841 Burtscheid (heute zu Aachen), † 23. 6. 1902 Aachen. Der Sohn Friedrich Wilhelm → H.s studierte seit seinem 16. Lebensjahr Chemie, Physik, Mineralogie, Geologie, Technologie und Maschinenbau in Karlsruhe und praktizierte in chemischen Werken, Gruben und H¨utten. 1862 u¨ bernahm er eine leitende Stellung in einer Firma bei Hannover, trat 1864 als Betriebsleiter in die v¨aterliche Sodafabrik ein und

wurde nach dem Tod des Vaters Generaldirektor. H. erweiterte das Unternehmen betr¨achtlich, gr¨undete sieben Zweigwerke und bet¨atigte sich erfolgreich in der Forschung. Er ließ u. a. einen „Hasencleverofen“ patentierten, der die Schwefelgasemission unterband, wurde Referent der Rauchsch¨adenKommission des Soda-Fabrikantenvereins und ver¨offentlich¨ te u. a. Uber die Besch¨adigung der Vegetation durch saure C NDB Gase (1879).

Hasenclever, Walter (Georg Alexander), Pseud. Hans Vecleer, Axel Kjellstr¨om, Schriftsteller, * 8. 7. 1890 Aachen, † 22. 6. 1940 Aix-en-Provence. H. sollte nach dem Willen des Vaters, eines Sanit¨atsrats, an den Universit¨aten Oxford, Lausanne und Leipzig Jura studieren, wandte sich jedoch der Germanistik und Philosophie zu. In Leipzig (1909-14) war er u. a. mit Kurt → Pinthus, Kurt → Wolff und Franz → Werfel befreundet, arbeitete f¨ur Zeitschriften, u. a. „Die Aktion“, und fand Anschluß an den literarischen Expressionismus. Als Freiwilliger 1914 zun¨achst zur¨uckgestellt, wurde H. nach Fronterfahrungen bald zum Kriegsgegner, ließ sich in ein Sanatorium einweisen und wurde 1917 aus dem Heeresdienst entlassen. Im selben Jahr erhielt er den Kleist-Preis f¨ur seine Antikriegstrag¨odie Antigone. Bis Kriegsende wirkte er f¨ur eine Politisierung des Literaturbetriebs, wandte sich anschließend unter dem Einfluß der Freundschaft mit Paul → Wegener mystischen und okkultistischen Studien zu und gab 1920 / 21 mit Heinar → Schilling „Menschen. Zeitschrift neuer Kunst“ heraus. H. lebte in Dresden, Berlin und im Erzgebirge, schrieb als Pariser Korrespondent des Berliner „8 Uhr-Abendblatts“ 1924-28 zahlreiche Feuilletons und Essays, war mit Kurt → Tucholsky und Jean Giraudoux befreundet und kehrte 1929 nach Berlin zur¨uck. Reisen f¨uhrten ihn durch Europa und Nordafrika sowie als Drehbuchschreiber f¨ur Metro-Goldwyn-Mayer nach Hollywood. 1933 vom nationalsozialistischen Deutschland verfemt und 1938 ausgeb¨urgert, lebte er in Jugoslawien, England, Italien und S¨udfrankreich und wurde mehrmals interniert. Beim Anmarsch der deutschen Truppen auf das Lager Les Milles bei Aix-en-Provence nahm sich H.das Leben. H. verfaßte seit etwa 1908 neuromantisch gepr¨agte Lyrik, sp¨ater expressionistische Dramen (u. a. Der Sohn, 1914), u¨ bertrug Werke des schwedischen Mystikers Emanuel Swedenborg ins Deutsche, wandte sich in Paris der Kom¨odie zu und schrieb zuletzt u¨ berwiegend Prosa, u. a. die autobiographischen Romane Irrtum und Leidenschaft (1969; entstanden 1934-39) und Die Rechtlosen (1963; entstanden 1939 / 40). C Killy

Hasenclever, Wilhelm, Politiker, * 19. 4. 1837 Arnsberg (Westfalen), † 3. 7. 1889 Sch¨oneberg (heute zu Berlin). Wie sein Vater von Beruf Lohgerber, befaßte sich H. auf der Wanderschaft mit der sozialen Frage und wurde 1862 Redakteur der demokratischen „Westf¨alischen Volkszeitung“ in Hagen. Seit 1864 war er Mitglied, 1866 Sekret¨ar und 1868-70 Kassierer des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins, 1871-75 dessen Pr¨asident. H. wurde 1869 in den Norddeutschen Reichstag gew¨ahlt und war Mitarbeiter, zum Teil Herausgeber zahlreicher Periodika, u. a. seit 1876 gemeinsam mit Karl → Liebknecht des „Vorw¨arts“. Er war seit 1874 Reichstagsabgeordneter f¨ur Altona, sp¨ater Breslau und Berlin, 1875 / 76 einer der beiden Vorsitzenden der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands und leitete seit 1878 den von ihm mitbegr¨undeten „Berliner Arbeiterbund“. 1881 aus Leipzig und 1884 aus Berlin ausgewiesen, lebte er seit 1887 in geistiger Umnachtung wieder in Berlin. H. ver¨offentlichte Gedichte, politische Schriften und Erlebtes. Skizzen und Novellen (1878, Nachdr. 1987). C Westf Autoren, Bd 2

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Hasenfuß Hasenfuß, Josef, kath. Theologe, * 28. 6. 1901 Karbach / Main, † 31. 10. 1983 W¨urzburg. Nach der Promotion 1929 zum Dr. theol. in W¨urzburg (Die Grundlagen der Religion bei Kant) und zum Dr. phil. in M¨unchen (Die Religionsphilosophie bei J. F. Fries) habilitierte sich H. 1936 in W¨urzburg (Die moderne Religionssoziologie und ihre Bedeutung f¨ur die religi¨ose Problematik). Er lehrte Dogmatik und Fundamentaltheologie in Freising und war 1948-69 Prof. f¨ur Fundamentaltheologie und Vergleichende Religionswissenschaft in W¨urzburg. H. z¨ahlte zu den ersten kath. Theologen, die sich mit religionssoziologischen Fragestellungen besch¨aftigten, und ver¨offentlichte u. a. Weltreligionen als sozial-kulturelle Gestaltungsm¨achte (1955). Einen Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit bildete das Werk Herman → Schells (Herman Schell als existentieller Denker und Theologe, 1956), dessen Werke er herausgab. C LThK

Hasenhut, Anton, o¨ sterr. Schauspieler, * 1. 6. 1760 Peterwardein, † 6. 2. 1841 Wien. Wie sein Bruder Philipp → H. war H. bereits als Kind in der v¨aterlichen Schauspieltruppe t¨atig, kam nach verschiedenen Engagements 1787 an das Theater in der Leopoldstadt in Wien und war 1803-19 Mitglied des Theaters an der Wien. Ber¨uhmt wurde er als Thadd¨adl (u. a. in Thadd¨adl, der dreißigj¨ahrige ABC-Sch¨utz), eine Figur, die den Taddeo der Commedia dell’arte mit der Wiener volkst¨umlichen Komik verband und als weniger derbe Variante des Kasperls galt. Erfolgreiche Gastspiele f¨uhrten ihn nach Prag, Graz, Linz, M¨unchen, Frankfurt / Main und N¨urnberg. H. versuchte – nach Mißerfolgen und der Entlassung 1819 – in verschiedenen Funktionen am Hofoperntheater, in den Theatern in M¨odling, an der Wien und am K¨arntnertor vergeblich, an die fr¨uheren Erfolge anzukn¨upfen, und starb in Armut. C NDB

Hasenhut, Philipp (Karl), o¨ sterr. T¨anzer, Schauspieler, * um 1761 Peterwardein, † 6. 1. 1825 Wien. Der Bruder Anton → H.s tanzte bereits als Kind in der v¨aterlichen Schauspieltruppe, war sp¨ater Mitglied einer Reihe o¨ sterreichisch-ungarischer Wanderb¨uhnen und seit 1793 Mitglied des Wiener Theaters in der Leopoldstadt. Als beliebter Pantomiment¨anzer und -choreograph (u. a. Harlekin der Bettelstudent, 1804) bereicherte er den Spielplan des Hauses, der seit 1803 die Pantomime als festen Bestandteil aufwies, und bet¨atigte sich auch als Schauspieler und Regisseur. C NDB

Hasenkamp, Gottfried, Schriftsteller, Verlagsleiter, * 12. 3. 1902 Bremen, † 2. 9. 1990 M¨unster (Westfalen). H. studierte seit 1920 Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie in M¨unster, T¨ubingen und Bonn, wurde 1923 in M¨unster promoviert (H¨olderlins Anschauung vom Beruf des Dichters) und war seit 1924 beim Verlag Aschdorff und als Schriftleiter des „M¨unsterischen Anzeigers“ t¨atig. Nach der Macht¨ubernahme durch die Nationalsozialisten wurde er zeitweilig entlassen und nahm 1939-45 am Zweiten Weltkrieg teil. 1946 war er an der Gr¨undung der „Westf¨alischen Nachrichten“ beteiligt, deren Verlagsleiter er wurde. Als engagierter kath. Autor steht H. in der Tradition der christlicherbaulichen Literatur; er war u. a. von → H¨olderlin, Annette von → Droste-H¨ulshoff und Paul Claudel beeinflußt. H. vero¨ ffentlichte vor allem Lyrik (u. a. Hymnen, 1924; Carmina in nocte. Gedichte aus den Jahren 1942-1945, 1946; Das Morgentor. Gedichte aus drei Jahrzehnten, 1956) und geistliche B¨uhnenwerke (Die Magd, 1923; Das Spiel vom Antichrist, 1933, 51961) sowie Religion und Kultur. Bemerkungen zur geistigen Situation des deutschen Katholizismus (1926), Eine Romfahrt im Heiligen Jahr (1950, 3. Auflage unter dem Titel R¨omische Pilgerwoche. Ein kleines Buch f¨ur Romfahrer

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dieser Zeit, 1959), Der Kardinal. Taten und Tage des Bischofs von M¨unster Clemens August Graf von Galen (1957, 5 1994) und Es kommt Dein Tag. Dichtungen und Schriften (1988). C Westf Autoren, Bd 4

Hasenkamp, Johann Gerhard, evang. Theologe, * 12. 7. 1736 Wechte (Grafschaft Tecklenburg), † 27. 6. 1777 Duisburg. Als Jugendlicher schloß sich der Sohn eines Bauern dem Pietismus an und studierte 1753-55 Philosophie und Theologie an der reformierten Akademie in Lingen. Bereits mit seinen ersten Schriften (u. a. Gedanken u¨ ber die Gottesgelehrtheit, 1759) erregte er die Aufmerksamkeit der kirchlichen Obrigkeit und wurde 1761 wegen Heterodoxie und Aufruhrs verhaftet. 1763 erhielt H. das Recht zu predigen zur¨uck. 1766 wurde er zum Rektor des Gymnasiums in Duisburg bestellt und f¨uhrte dort Reformen durch. Er stand in enger Verbindung zu Gerhard → Tersteegen und Samuel → Collenbusch und f¨uhrte einen Briefwechsel mit → Lavater (Briefwechsel zwischen Lavater und H., hrsg. von Karl C. E. Ehmann, 1870). Mit seinen im Auftrag des Duisburger Magistrats 1766-71 gehaltenen Predigten u¨ bte H. eine weitreichende Wirkung aus. Er kritisierte die kirchliche Vers¨ohnungslehre als falsche Heilssicherheit und galt als bedeutendes Bindeglied zwischen der schw¨abischen und niederrheinischen pietistischen Tradition. C Westf Autoren, Bd 1 Hasen¨ohrl, Fritz (Friedrich), o¨ sterr. Physiker, * 30. 11. 1874 Wien, † 7. 10. 1915 bei Folgaria (S¨udtirol). H., Sohn eines Hof- und Gerichtsadvokaten, studierte 1892-97 Mathematik und Physik an der Univ. Wien, war 1898 / 99 Assistent von Heike Kammerlingh-Onnes am K¨altelaboratorium in Leiden und wandte sich der theoretischen Physik zu. 1899 habilitierte er sich an der Univ. Wien f¨ur Physik, war 1905-07 a. o. Prof. an der TH Wien und wurde 1907 o. Prof. der allgemeinen und theoretischen Physik sowie Vorstand des Instituts f¨ur Theoretische Physik der Univ. Wien. H. erarbeitete bereits 1904, ein Jahr vor Al¨ bert → Einsteins Erkenntnis von der allgemeinen Aquivalenz der Masse, den „Begriff einer scheinbaren, durch Strahlung ¨ bedingten Masse“. Er ver¨offentlichte u. a. Uber das Gleichgewicht eines elastischen Kreiscylinders (1901), Zur Ableitung des mathematischen Ausdrucks des zweiten Hauptsatzes (1906), Zur Berechnung der elektromagnetischen Masse des Elektrons (1908) und Zur Theorie der Strahlung in bewegten K¨orpern (1904). Aus seiner Schule ging u. a. Erwin → Schr¨odinger hervor. C NDB Hasen¨ohrl von Lagusius, Johann Georg, o¨ sterr. Mediziner, Epidemiologe, * 1. 5. 1729 Wien, † 20. 12. 1796 Wien. Nach der Promotion bei Gerard van → Swieten in Wien 1756 (De abortu ejusque observatione) wurde H. v. L. Arzt am dortigen „Spanischen Hospital“ und war sp¨ater Protomedikus, Rat und Leibarzt des Großherzogs → Leopold von Toscana. 1773 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akade¨ mie der Naturforscher Leopoldina. Anl¨aßlich der Ubersiedelung nach Florenz benannte er sich in Lagusius um, kehrte 1792 als Leibarzt des Kaisers → Franz II. nach Wien zur¨uck und wurde 1795 zum Hofrat ernannt. Er ver¨offentlichte epidemiologische Schriften, u. a. Historia medica trium morborum [. . .] (1761). C Kosch: Kath

Hasenpflug, (George Carl) Adolph, auch Carl (Georg Adoph) H., Maler, * 23. 9. 1802 Berlin, † 13. 4. 1858 Halberstadt. Zun¨achst Schuhmacherlehrling im Betrieb seines Vaters, befaßte sich H. nach einer Ausbildung zum Dekorationsmaler mit Theaterdekorations- und schließlich mit Architekturmalerei. Mit Unterst¨utzung des preuß. K¨onigs studierte er an der Berliner Kunstakademie und erhielt von jenem,

Haslauer nachdem er die Akademie verlassen hatte, eine Reihe von Auftr¨agen. Er schuf haupts¨achlich Architekturbilder sakraler Bauwerke wie etwa von den Domen in Berlin, Brandenburg, Erfurt und Magdeburg. H. unternahm Studienreisen durch Deutschland, lebte bis 1828 in Berlin, danach in Halberstadt und wandte sich dort unter dem Einfluß der D¨usseldorfer Malerfreunde seit etwa 1840 der Darstellung mittelalterlicher Baukunst zu (u. a. Burgruine im Winter, 1847). C NDB

Hasert, Jacob, Syndikus, * Stralsund, † 1632. Der Sproß einer Patrizierfamilie aus Stralsund und Greifs¨ wald trat erstmals 1617 als B¨urgerworthalter an die Offentlichkeit. Als Syndikus der Stadt Stralsund u¨ bernahm er w¨ahrend des Dreißigj¨ahrigen Kriegs diplomatische Missionen f¨ur den Rat der Stadt, schloß 1628 einen Vertrag mit Feldmarschall Hans Georg von → Arnim-Boitzenburg und f¨uhrte w¨ahrend der Belagerung Stralsunds die Verhandlungen zwischen → Wallenstein, den R¨aten des Herzogs von Pommern und der Stadt. Bei → Christian IV. in Kopenhagen erreichte er 1628 den Erlaß des d¨anischen Kriegskredits u¨ ber 80 000 Taler. H. schrieb einen Gr¨undlichen und wahrhaften Bericht von der Hansastadt Stralsund Belagerung (1631). C ADB

Hashagen, Justus, Historiker, * 4. 12. 1877 Bremerhaven, † 14. 11. 1961 Wyk auf F¨ohr. H., Sohn eines Theologen und Konsistorialrats, studierte 1896-1901 Philosophie und Theologie in T¨ubingen, Kiel, Rostock, Cambridge und Leipzig und wurde 1900 promoviert (Otto von Freising als Geschichtsschreiber und Kirchenpolitiker). 1901 / 02 als Bibliothekar am Historischen Seminar der Univ. Leipzig, 1902 / 03 als Hauslehrer in Sierhagen (Holstein) t¨atig, kam er 1903 an das Historische Archiv der Stadt K¨oln und wurde nach der Habilitation 1906 Privatdozent f¨ur mittlere und neue Geschichte an der Univ. Bonn. 1918 / 19 war er im Ausw¨artigen Amt mit der Bearbeitung von Kriegsschuldfragen betraut. 1920 wurde H. o. Prof. f¨ur Geschichte an der Univ. K¨oln und war 1926-37 Ordinarius an der Univ. Hamburg. H. arbeitete zun¨achst vor allem zur Geschichte des Rheinlands (u. a. Das Rheinland unter der franz¨osischen Herrschaft. Beitr¨age zur Charakteristik ihres Gegensatzes, 1908; Geschichte der Familie Hoesch, 2 Bde., 1911-16; Das Rheinland und die preußische Herrschaft, 1924), besch¨aftigte sich aber auch mit Zeitgeschichte, insbesondere mit der zeitgen¨ossischen Ostasienpolitik des Westens (Die Ostasienpolitik der Vereinigten Staaten von Amerika, 1917) und ver¨offentlichte sp¨ater vermehrt Arbeiten zur Geschichte des Mittelalters und der Reformationszeit (Staat und Kirche vor der Reformation. Eine Untersuchung der vorreformatorischen Bedeutung des Laieneinflusses in der Kirche, 1931; Internationalismus und Nationalismus im Mittelalter, 1938; Europa im Mittelalter. Alte Tatsachen und neue Gesichtspunkte, 1951). C BHdAD

Hashagen, Klaus (Dietrich), Komponist, * 31. 8. 1924 Semarang (Java), † 30. 5. 1998 N¨urnberg. H. studierte 1946-50 an der Musikakademie Detmold unter G¨unter → Bialas, Erich → Thienhaus und Kurt → Thomas. Seit 1951 war er als Tonmeister, Redakteur und Komponist f¨ur rundfunkspezifische Musik beim Nordwestdeutschen Rundfunk (sp¨ater Norddeutscher Rundfunk) in Hannover t¨atig. H. gr¨undete und leitete die „Tage der Neuen Musik Hannover“ gemeinsam mit Klaus Bernbacher. 1990 u¨ bernahm er die Betreuung der „Bundesauswahl Konzerte junger K¨unstler“ des Deutschen Musikrats. Auf Schloß Weikersheim leitete er u¨ ber viele Jahre die Internationalen Sommerkurse. 1966-89 war H. Leiter der Musikabteilung von Studio N¨urnberg des Bayerischen Rundfunks. Im Zuge der F¨orderung des musikalischen Nachwuchses u¨ bernahm er

die Leitung der N¨urnberger „ars-nova“-Konzerte. An der Univ. W¨urzburg war er Honorarprofessor f¨ur Radiophonie. 1990-97 hatte er den Vorstandsvorsitz beim „Internationalen Jugend-Festspieltreffen Bayreuth“ inne. H. komponierte Chormusik, Werke f¨ur Sologesang bzw. Sprecher, Orchesterwerke, Kammermusik und elektronische Musik. 1995 wurde er mit dem Wolfram-von-Eschenbach-Preis des Bezirks Mittelfranken ausgezeichnet. C MGG

Hasinger, Albrecht (Hans Anton), Politiker, * 3. 7. 1935 M¨unchen, † 21. 2. 1994 Bonn. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften trat H., Sohn eines Verlagsbuchh¨andlers, in das bayerische Staatsministerium ein, wechselte 1967 in das Arbeitsministerium nach Bonn, geh¨orte 1976-80 dem Bundestag an und war 1975-77 Hauptgesch¨aftsf¨uhrer der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft. 1981-89 war er Staatssekret¨ar beim Senator f¨ur Gesundheit und Soziales in Berlin, 1991 im Bundesministerium f¨ur Familie und Senioren. Daneben nahm H. sozialpolitische Funktionen wahr, so 1982-90 im Bundesfachausschuß f¨ur Gesundheitspolitik der CDU und 1984-91 als Pr¨asident des Deutschen Familienverbandes. C MdB Haskil, Clara, Musikerin, * 7. 1. 1895 Bukarest, † 7. 12. 1960 Br¨ussel. Ersten Klavierunterricht erhielt H. bei Richard → Robert in Wien; sp¨ater studierte sie u. a. bei Alfred Cortot am Conservatoire Nationale de Musique in Paris. 1913-18 mußte sie ihre gl¨anzende Karriere wegen eines Kuraufenthalts unterbrechen, konnte dann an ihre Erfolge als Jugendliche ankn¨upfen und trat in Europa und den USA als Solistin sowie als Partnerin u. a. von Eug`ene Ysaye, Georges Enescu, Pablo Casals und Arthur Grumiaux auf. H. lebte in Frankreich, floh 1942 vor den anr¨uckenden deutschen Truppen in die Schweiz, ließ sich in Vevey am Genfer See nieder und erhielt 1949 die schweizer. Staatsb¨urgerschaft. Sie wurde vor C MGG allem als → Mozart-Interpretin ber¨uhmt. Haslang, Georg Christoph Frh. von, Beamter, Diplomat, * 25. 9. 1602, † 15. 4. 1684. Der Enkel Rudolf von → H.s studierte 1619 in Ingolstadt, wurde 1621 Truchseß und Hofrat, verließ den bayerischen Hofdienst jedoch bald und f¨uhrte 1632 eine Kompanie Kavallerie. 1635-43 K¨ammerer, wurde er anschließend Hofmarschall, 1645 Geheimer Rat und sp¨ater Oberstk¨ammerer. Von Kurf¨urst → Maximilian I. von Bayern mehrmals mit Gesandtschaften betraut, nahm er gemeinsam mit Bartholom¨aus von → Richel und Hans Georg → H¨orwarth von Hohenburg an den Pfalzverhandlungen 1641 / 42 in Wien und am Westf¨alischen Friedenskongreß 1645-48 in M¨unster teil. Haslang, Rudolf Frh. von, Beamter, * um 1530, † Oktober 1593. H. studierte 1544 in Ingolstadt und war von 1561 bis an sein Lebensende Pfleger im niederbayerischen Abensberg. 1565-73 war er Landrichter in Hirschberg, 1574-82 Viztum in Landshut und sp¨ater Rat des Bischofs von Augsburg und des Erzherzogs der Steiermark. H. wurde 1582 bayerischer Geheimer Rat, 1591 Landhofmeister und Landmarschall und in seinem Todesjahr in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Er war der Großvater von Georg Christoph von → H. Haslauer, Wilfried, o¨ sterr. Politiker, * 29. 11. 1926 Salzburg, † 23. 10. 1992 Salzburg. Nach Kriegsende trat H. in den Dienst der Stadtgemeinde Salzburg und studierte daneben Jura und wurde zum Dr. jur. promoviert. Seit 1951 in der Kammer der gewerblichen Wirtschaft t¨atig, wurde er 1960 Kammeramtsdirektor. H. geh¨orte ¨ seit 1961 als OVP-Mitglied dem Salzburger Landtag an, war

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Hasler 1967-69 Salzburger Vizeb¨urgermeister und wurde 1973 stellvertretender Landeshauptmann sowie Landesfinanzreferent. ¨ Seit 1976 Landesvorsitzender der OVP, war er 1977-89 Landeshauptmann von Salzburg. C Munzinger

Hasler, Gustav, schweizer. Industrieller, * 28. 10. 1877 Bern, † 9. 7. 1952 Grindelwald. Der Sohn Gustav Adolf → H.s u¨ bernahm nach dem Tod seines Vaters 1900 die Leitung des Familienunternehmens, wandelte die Firma 1909 in eine Aktiengesellschaft um und erweiterte die Fabrikation um die Herstellung von Sicherungs- und Signalanlagen f¨ur Eisenbahnen. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs stellte er die Produktion nach Mustern um auf Produktion nach Konstruktionszeichnungen, richtete eine Werkzeugmacherei ein und erweiterte in den folgenden Jahren die Firma u. a. um ein Neuenburger Unternehmen zur Herstellung automatischer Telefonzentralen. Die HaslerWerke entwickelten 1936 drahtlose Telefonverbindungen, bauten 1940 den Kurzwellensender in Schwarzenburg sowie Kommandoger¨ate f¨ur das Milit¨ar. Nach Kriegsende gr¨undete H. Werke in Bellinzona, Payerne und Estavayer-le-Lac. Er schuf 1925 die Angestelltenf¨ursorge, die 1935 in die Pensionskasse und 1946 in eine Personalf¨ursorgestiftung umgewandelt wurde. C Schweizer Pioniere, Bd 14 Hasler, Gustav Adolf, schweizer. Industrieller, * 25. 3. 1830 Aarau, † 5. 1. 1900 Aarau. H., Sohn eines F¨ursprechers, erlernte den Beruf des Feinmechanikers bei der Firma Kern in Aarau, bildete sich in Wien, Berlin, Hamburg und Genf weiter und wurde stellvertretender Werkf¨uhrer, 1860 Chef der Eidgen¨ossischen Telegraphenwerkst¨atte. Er entwickelte Thermographen, Barometer, Wind- und Regenmesser zur automatischen Aufzeichnung meteorologischer Daten, u¨ bernahm nach der Privatisierung des staatlichen Unternehmens gemeinsam mit H. A. Escher dessen Leitung, erweiterte das Produktionsprogramm meteorologischer Instrumente und stellte sp¨ater auch Postschließf¨acher und Telefone her. Das erste Patent f¨ur die Firma erwarb H. 1891 auf ein Geschwindigkeits-, Zeitund Streckenmeßger¨at f¨ur Lokomotiven. Er gilt als Pionier der schweizer. Apparatebau-Industrie. H. war der Vater von Gustav → H. C Schweizer Pioniere, Bd 14 Hasler, Joachim, Kameramann, Regisseur, * 28. 4. 1929 Berlin, † 25. 1. 1995 Berlin. Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs ergriff H. den Beruf eines Filmphotographen und wurde bei Kameraleuten wie Bruno Mondi ausgebildet. Zun¨achst im Filmkopierwerk in Johannisthal t¨atig, kam er 1946 zur neugegr¨undeten DEFA und stand bei Artur Pohls Die Unbesiegbaren (1953) erstmals allein hinter der Kamera; auch die Bildgestaltung des mecklenburgischen Bauerndramas Kein H¨usung (1953 / 54) und von Filmen wie Pole Popensp¨aler (1954), Der schweigende Stern (1957) und Das Lied der Matrosen (1958) trug seine Handschrift. In den f¨unfziger Jahren wirkte H. durch seine expressive und auch lyrische Kameraarbeit stilbildend f¨ur die DEFA. Als Pohl verungl¨uckte, deb¨utierte H. 1957 mit Gejagt bis zum Morgen auch als Regisseur; sp¨ater erreichten Reise ins Ehebett (1966), Heißer Sommer (1967) und Nicht schummeln, Liebling (1972) ein Millionenpublikum in der DDR. Hasler, Johannes, Arzt, Theologe, Iatrophilosoph, * Dezember 1548 Sch¨ontal (Gem. Oberdießbach, Kt. Bern). Aus einer Familie von Landwirten stammend, wurde H. zum Pr¨adikanten ausgebildet und studierte 1565 an der Univ. Basel, seit 1568 an der Univ. Heidelberg und kam dort in Kontakt mit Thomas → Erastus und Johannes → Sylvan. 1570 der H¨aresie verd¨achtigt, konnte er im selben Jahr nach Bern

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zur¨uckkehren und seine Studien 1570 / 71 in Genf fortsetzen. Anschließend zog er nach Leipzig, war 1573 als Hauslehrer t¨atig, hielt sich erneut in Heidelberg, aber auch in Marburg auf und erhielt von der Berner Kirche die Erlaubnis, vom Theologie- zum Medizinstudium zu wechseln. In Straßburg an der medizinischen Fakult¨at zum Magister artium promoviert (1575), wurde er anl¨aßlich eines Disputs als Ketzer vor¨ubergehend inhaftiert. 1576 in Freiburg / Breisgau immatrikuliert und im selben Jahr zum Dr. med. promoviert, wurde er kurz darauf Hauslehrer bei einem polnischen Grafen. 1582 wurde H. zum Stadtarzt in Bern ernannt, wechselte aber bald als Prof. der K¨unste an die h¨ohere Schule. 1591 zog er als Arzt nach M¨ulhausen, kehrte im folgenden Jahr nach Bern zur¨uck, hielt sich 1593 erneut in Leipzig auf und wirkte anschließend als Lehrer und Arzt auf litauischen Landg¨utern in der N¨ahe von Wilna. Neben seinem Hauptwerk, dem iatro-mathematischen Buch Logistika Medica (1578), verfaßte er u. a. die Pestschrift De Fuga et praeclusione pestilentiae (1602) und die astronomischhistorische Abhandlung Paradoxus annorum mundi (1596).

Hasler, Joseph, kath. Theologe, Bischof von St. Gallen, * 22. 4. 1900 Altst¨atten, † 20. 12. 1985 Appenzell. H., Sohn eines Stickers, studierte 1921-25 Theologie in Freiburg (Schweiz), trat 1925 in das Priesterseminar St. Gallen ein und wurde 1926 zum Priester geweiht. Seit 1926 Kaplan in Appenzell, hatte er 1933-57 eine Reihe von Pfarrstellen inne und war vor¨ubergehend auch als Feldprediger t¨atig. Seit 1948 war er nichtresidierendes Mitglied des St. Galler Domkapitels und 1957-76 Bischof von St. Gallen. H. nahm am Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) teil, geh¨orte zu den Gr¨undern des j¨ahrlichen Fastenopfers der Schweizer Katholiken und zeichnete verantwortlich f¨ur die Synode der Schweizer Katholiken in seinem Bistum (1972-75). Schwerpunkte seines Wirkens waren die Milit¨ar- und Gastarbeiterseelsorge, das Missionswesen und die Entwicklungshilfe. Seit 1966 war H. Missionsreferent der Schweizer Bisch¨ofe. C Gatz 5 Haslinger, Carl, o¨ sterr. Verleger, Kunst- und Musikalienh¨andler, Komponist, * 11. 6. 1816 Wien, † 26. 12. 1868 Wien. Der Sohn Tobias → H.s erhielt bei Carl → Czerny Klavier-, bei Ignaz von → Seyfried Kompositionsunterricht, u¨ bernahm die Leitung des v¨aterlichen Verlagshauses 1842, bet¨atigte sich als Komponist und veranstaltete in seinem Haus Konzerte. Er verlegte u. a. Kompositionen von Johann und Josef → Strauß, die jedoch ihre erfolgreichen sp¨ateren Werke an die Konkurrenz vergaben, und arbeitete mit Josef → Kriehuber zusammen, der s¨amtliche K¨unstlerportr¨ats f¨ur den Verlag lithographierte. H. komponierte neben Kantaten, Messen, Kammer- und Klaviermusik u. a. die Oper Wanda. C MGG Haslinger, Tobias, o¨ sterr. Verleger, Musikalienh¨andler, Komponist, * 1. 3. 1787 Zell bei Zellhof (Ober¨osterreich), † 18. 6. 1842 Wien. Nach der Ausbildung bei dem Linzer Domkapellmeister und Musikaliensortimenter Franz Xaver → Gl¨oggl blieb H., Sohn eines F¨arbermeisters, zun¨achst als Leiter der Musikabteilung in einer Buch- und Kunsthandlung in Linz und kam 1810 nach Wien. Als Mitarbeiter seiner sp¨ateren Schwiegermutter, der Buchh¨andlerin Katharina Gr¨affer, verlegte er seit 1812 auch eigene Kompositionen, wechselte 1814 an die „Chemische Druckerey“ des Sigmund Anton → Steiner und wurde 1815 Teilhaber, 1826 Alleininhaber der Firma. Er verbesserte Lithographie, Notenstich und -druck und vergr¨oßerte das Unternehmen durch den Ankauf zweier Verlage. H. f¨orderte zeitgen¨ossische Komponisten und veranstaltete u. a.

Hass die erste → Beethoven-Gesamtausgabe. Zu seinen eigenen Kompositionen z¨ahlt Europas Siegesfeier f¨ur Blasorchester. Er war der Vater von Carl → H. C MGG

¨ o¨ ffentlichte u. a. System der Politischen Okonomie (1860). Seine autobiographischen Denkw¨urdigkeiten wurden 1892 von seinem Bruder herausgegeben. C NDB

Haslmayr, Adam, Komponist, Anh¨anger der Pansophie,

Haspel, Wilhelm, Industrieller, * 29. 4. 1898 Stuttgart,

* um 1550 Bozen, † nach 1617 Wattens (Tirol). Im Anschluß an die Ausbildung in Bozen und Brixen war H. lateinischer Schulmeister in St. Pauls (Eppan), seit 1588 Chorregent der Hauptpfarre zu Bozen, war Notarius caesareus und bet¨atigte sich als Komponist (Newe Teutsche Gesang [. . .], 1592). Er befaßte sich mit Theologie, Philosophie, Medizin und Alchemie, verfocht pansophische Ansichten, wurde mehrmals der Heterodoxie angeklagt und 1612-17 sogar inhaftiert. Seit 1605 bezog er eine Rente des Erzherzogs → Maximilian von Tirol, lebte in Schwaz, seit 1610 in Heiligkreuz bei Hall und korrespondierte u. a. mit August von Anhalt, Benedictus → Figulus und Karl Widemann. H. wandte sich gegen die christlichen Kirchen und Sekten und propagierte die R¨uckkehr zur „alten apostolischen Kirche“ (u. a. Oratio revelatoria de anno Judicum, 1612). C MGG

Haslob, Michael, Schriftsteller, * 1540 Berlin, † 28. 4. 1589 Frankfurt / Oder. Der Sch¨uler von Georg → Sabinus schloß seine Studien an der Univ. Frankfurt / Oder 1561 mit dem Magistergrad ab, hielt sich anschließend in Wittenberg auf und wurde 1572 Prof. der Poesie in Frankfurt / Oder. H. war mit Michael → Abel befreundet und schrieb humanistische Gelegenheitsdichtungen in deutscher und lateinischer Sprache, die seit 1561 in Einzeldrucken (u. a. Fr¨uhlingsgedichte, 2 Bde., 1577 / 78), 1588 als Gesamtausgabe erschienen. Christliche Themen nehmen einen im Humanismus ungew¨ohnlich großen Anteil ein. C Killy Hasner, Josef Ritter von Artha, o¨ sterr. Ophthalmologe, * 13. 8. 1819 Prag, † 22. 2. 1892 Prag. Der Sohn eines Kammerprokurators und Bruder Leopold → H.s studierte an der Univ. seiner Heimatstadt (Promotion 1843), wurde dort 1843 Assistent Johann Nepomuk → Fischers und habilitierte sich 1848 f¨ur Ophthalmologie. Seit 1852 a. o. Prof., war er 1853-55 Dekan des Doktorenkollegiums der medizinischen Fakult¨at, seit 1856 o. Prof. und wurde 1884 emeritiert. H. ver¨offentlichte u. a. Entwurf einer anatomischen Begr¨undung der Augenkrankheiten (1847, 2 1949), Klinische Vortr¨age u¨ ber Augenheilkunde (3 Bde., 1860-65), Beitr¨age zur Physiologie und Pathologie des Auges (1873) und Die Entwicklung des klinischen Unterrichts in Prag (1891). C Leb b¨ohm L¨ander, Bd 1

Hasner, Leopold Ritter von Artha, o¨ sterr. National¨okonom, Jurist, Politiker, * 15. 3. 1818 Prag, † 5. 6. 1891 Bad Ischl (Ober¨osterreich). Der Bruder Josef → H.s studierte an der Univ. Prag Philosophie und Rechtswissenschaft und war nach der Promotion 1842-48 Beamter bei der Hofkammerprokuratur in Wien. 1848 / 49 Redakteur der „Prager Zeitung“, habilitierte er sich 1849 an der Univ. Prag f¨ur Rechtsphilosophie und war dort 1851-63 o. Prof. der National¨okonomie. Seit 1861 Mitglied des B¨ohmischen Landtags, sp¨ater des Reichstags, schloß er sich der Liberalen Partei an, war 1863-65 Pr¨asident des Unterrichtsrats im Staatsministerium und kehrte als o. Prof. der ¨ politischen Okonomie an die Univ. Prag zur¨uck. H. war seit 1867 Herrenhausmitglied, schuf als Minister f¨ur Kultus und Unterricht mehrere Gesetzeswerke und begr¨undete u. a. die Medizinische Fakult¨at der Univ. Innsbruck. Anfang 1870 wurde er als Ministerpr¨asident mit einer Regierungsneubildung beauftragt, trat jedoch wenig sp¨ater zur¨uck. H. ver-

† 6. 1. 1952 Stuttgart. H., Sohn eines Werkmeisters, studierte an der TH Stuttgart, trat nach dem Diplomexamen 1922 in die Firma Werner & Pfleiderer, wurde 1924 Leiter des Kalkulationsb¨uros der Daimler-Motoren Gesellschaft und wechselte im folgenden Jahr auf das Gebiet des Rechnungswesens, der Betriebswirtschaft und der Statistik u¨ ber. 1927 wurde er mit der Arbeit Unkostenerfassung und Selbstkostenrechnung in einem Werk der Fahrzeugindustrie promoviert. 1924 u¨ bernahm H. die Leitung der vom Werk Untert¨urkheim gel¨osten Verwaltungsabteilung des Werks Sindelfingen, u¨ ber das ihm im selben Jahr die Handlungsvollmacht erteilt wurde. 1929 erhielt er Prokura. H. wurde 1932 Abteilungsdirektor, 1936 stellvertretendes, 1941 ordentliches Vorstandsmitglied in Stuttgart-Untert¨urkheim und 1942 als Nachfolger von Wilhelm → Kissel Vorstandsvorsitzender der Daimler-Benz AG. Im Oktober 1945 mußte H., der seit Mai desselben Jahres Pr¨asident der Industrie- und Handelskammer Stuttgart gewesen war, auf Anweisung der Milit¨arregierung vor¨ubergehend aus den Diensten des Unternehmens ausscheiden. In zwei durch das Ministerium f¨ur politische Befreiung durchgef¨uhrten Verfahren wurde er jeweils als vom Gesetz nicht betroffen befunden. H., der im Januar 1948 wieder die Stelle als Vorsitzender des Vorstands der Daimler-Benz AG u¨ bernahm, war nach Kriegsende f¨uhrend am Wiederaufbau der deutschen Kraftfahrzeugindustrie beteiligt. 1951 wurde er von der TH Stuttgart zum Ehrenb¨urger und von der TH Berlin-Charlottenburg zum Dr.-Ing. e. h. ernannt.

Haspinger, Joachim, Taufname: Johann Simon, genannt Pater Rotbart, Kapuziner, Tiroler Freiheitsk¨ampfer, * 28. 10. 1776 St. Martin im Gsies / Pustertal, † 12. 1. 1858 Salzburg. Als Bozener Gymnasiast beteiligte sich H., Sohn eines Bauern, 1796 an der Landesverteidigung im Ampezzertal und studierte 1799-1801 Philosophie in Innsbruck. 1802 trat er in Eppan bei Bozen in den Kapuzinerorden ein, empfing 1805 die Priesterweihe und wurde im selben Jahr Feldpater und Anf¨uhrer einer Sch¨utzenkompanie im Valsugana. H. kam in das Kapuzinerkloster Klausen und war 1809 Feldpater und Sch¨utzenkommandant in S¨udtirol; er war einer der popul¨arsten Bauernf¨uhrer des Tiroler Freiheitskampfes. ¨ Nach Kriegsende floh er nach Osterreich, wurde 1811 Weltpriester und wirkte bis 1836 als Seelsorger in Nieder¨osterreich. Seinen Ruhestand in Hietzing bei Wien und Salzburg unterbrach er 1848, um als Feldkaplan am Feldzug der Tiroler Studentenkompanie in Oberitalien teilzunehmen. C NDB

Haß, Johannes von, Beamter, Geschichtsschreiber, * um 1476 Greiz (Vogtland), † 3. 4. 1544 G¨orlitz. H. studierte 1493-1505 an der Philosophischen Fakult¨at der Univ. Leipzig und wurde 1509 Stadtschreiber in G¨orlitz. In dieser Funktion nahm er an Land- und St¨adtetagen teil, erreichte 1510 die Aufhebung des Kuttenberger Spruchs und vertrat die Stadt bei der Kaiserkr¨onung → Ferdinands I. in Prag. Seit 1533 stand er dem G¨orlitzer Sch¨offenkolleg vor, war 1535, 1539 / 40 und 1543 / 44 B¨urgermeister der Stadt und wurde 1536 von → Karl V. geadelt. Die von H. geschriebenen G¨orlitzer Rathsannalen (3 Bde.) berichten u¨ ber den Zeitraum von 1509 bis 1542. C ADB Hass, Sabine, S¨angerin, * 8. 4. 1949 Braunschweig, † 17. 2. 1999 Klagenfurt. H. fing bereits als F¨unfj¨ahrige mit dem Geigenspiel an und begann mit 16 Jahren ein Gesangstudium in Berlin und

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Hassaurek M¨unchen. 1970-77 hatte sie ein Engagement an der Staatsoper in Stuttgart und gab von da an nur noch Gastspiele. Regelm¨aßig trat sie an den Stadttheatern in Gelsenkirchen und Karlsruhe, an den Staatsopern in M¨unchen, Wien und Hamburg und am Opernhaus Z¨urich auf. Daneben war sie auch in Paris, London, Amsterdam, Buenos Aires, Tel Aviv, New York, Rio de Janeiro und in verschiedenen japanischen und italienischen St¨adten t¨atig. Zu ihrem Repertoire geh¨orten die Elsa in Lohengrin, die Senta im Fliegenden Holl¨ander und die Leonore in Fidelio. Auch als Konzerts¨angerin trat sie mit großem Erfolg auf. C Kutsch

Hassaurek, Friedrich, Publizist, * 9. 10. 1832 Wien, † 3. 10. 1885 Paris. H. nahm an den Revolutionsk¨ampfen 1848 in Wien teil, wanderte 1849 in die USA aus, ließ sich 1857 als Advokat in Cincinnati nieder und gr¨undete dort die Zeitschrift „Hochw¨achter“. Von Pr¨asident Lincoln zum Gesandten in Ecuador ernannt, legte H. 1865 das Amt nieder, kehrte nach Cincinnati zur¨uck und wurde Herausgeber, sp¨ater Eigent¨umer des „Cincinnati Volksblatts“. Er ver¨offentlichte auch Gedichte und Romane (u. a. Hierarchie und Aristokratie, 1855) sowie Vier Jahre unter Spanisch-Amerikanern (1887, engl. 1868). C DLL

Hasse, Arnold (August Albert), Kommunalbeamter, * 10. 12. 1873 Hohendamerau (Kr. Wehlau, Ostpreußen), † 14. 5. 1933 Glogau. Der Sohn eines Gutsbesitzers studierte in K¨onigsberg Jura, wurde 1896 promoviert und arbeitete an ostpreußischen Gerichten. 1902 trat er in den Kommunaldienst von K¨onigsberg; sp¨ater wurde er Stadtrat in Breslau, 1911 Oberb¨urgermeister von Thorn. H. geh¨orte bis 1918 dem Preußischen ¨ Herrenhaus an. Die Ubergabe Thorns an Polen im Januar 1920 bew¨altigte er gewaltfrei. Die Berliner Regierung u¨ bertrug ihm als Nachfolger von August → Winnig den Posten des Oberpr¨asidenten von Ostpreußen. Wegen angeblicher Passivit¨at beim Kapp-Putsch im April 1920 abgesetzt, u¨ bernahm er die Leitung des Reichsausgleichsamtes in K¨onigsberg. 1923 wurde H. zum Oberb¨urgermeister von Glogau gew¨ahlt, 1933 jedoch abgesetzt; wenig sp¨ater erlag er einem Herzinfarkt. C Altpreuß Biogr, Bd 3 Hasse, Else, Schriftstellerin, * 1. 5. 1870 Bad Schandau, † 14. 2. 1960 Bad Schandau. H. studierte 1900-02 Philosophie an den Universit¨aten Halle und Berlin, brach ihre Ausbildung ab, widmete sich danach der Sozialarbeit und der Frauenrechtsbewegung und wurde Mitarbeiterin einer Reihe von Zeitschriften. 1903 / 04 nahm sie an den p¨adagogischen Kursen W. Foersters in Z¨urich teil, war anschließend am Lyzeum f¨ur Damen und an der Frauengewerbeschule in Leipzig t¨atig, gab Frauenbildungskurse in Halle und entfaltete eine rege Vortrags- und Seelsorget¨atigkeit, u. a. in Frauengef¨angnissen. 1907 bereiste H. zu Dante-Studien Italien (Dantes G¨ottliche Kom¨odie, 1909), war sp¨ater in der Armen- und Jugendpflege t¨atig und publizierte Schriften zur Lebenshilfe. Hasse, (Traugott) Ernst (Friedrich), Publizist, * 14. 2. 1846 Leulitz bei Wurzen, † 12. 1. 1908 Leipzig. Der Sohn eines Oberpfarrers und Superintendenten und Enkel Traugott → H.s studierte Volkswirtschaft in Leipzig und wurde 1875 Direktor des dortigen Statistischen B¨uros. Seit 1886 lehrte er als a. o. Prof. an der Univ. Leipzig Statistik, seit 1888 deutsche Kolonialpolitik. Als einer der Initiatoren der deutschen Kolonialbewegung begr¨undete er 1878 den „Leipziger Verein f¨ur Handelsgeographie und Colonialpolitik“, war Vorstandsmitglied der Deutschen Kolonialgesellschaft und Mitbegr¨under des „Alldeutschen Verbands“, dessen Vorsitzender er 1893 wurde. H. ver¨offentlichte eine Reihe nationalistischer Schriften in den „Alldeut-

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schen Bl¨attern“ und war 1893-1903 nationalliberaler Reichstagsabgeordneter. Als sein Hauptwerk gilt Deutsche Politik (2 Bde., 1905-08). C NDB

Hasse, Friedrich Christian August, Historiker, Schriftsteller, * 4. 1. 1773 Rehfeld bei Herzberg, † 6. 2. 1848 Leipzig (?). Nach dem Jurastudium an der Univ. Wittenberg unternahm H. eine Kavalierstour durch Europa, war zeitweise Reisebegleiter eines jungen Adligen und lehrte 1803-28 als Prof. der Moral und Geschichte am Dresdner Kadettenhaus. 1828-48 war er Prof. der historischen Hilfswissenschaften an der Univ. Leipzig, 1831-46 Chefredakteur der „Leipziger Zeitung“. Nach dem Tod von Friedrich Arnold → Brockhaus 1823 redigierte er die Neue Folge des Conversationslexikons sowie dessen sechste und siebte Auflage. H. ver¨offentlichte u. a. Die Gestaltung Europas seit dem Ende des Mittelalters [. . .] (4 Bde., 1826-28). Er war der Vater von Karl Ewald → H. C ADB Hasse, Hel(l)mut, Mathematiker, * 25. 8. 1898 Kassel, † 26. 12. 1979 Ahrensburg. H., Sohn eines Richters, studierte in Kiel, G¨ottingen und Marburg Mathematik, Philosophie und Sport, wurde 1921 an der Univ. Marburg promoviert (Zur Theorie der quadra¨ tischen Formen) und habilitierte sich dort 1922 (Uber die ¨ Aquivalenz quadratischer Formen im K¨orper der rationalen Zahlen). Sp¨ater wechselte er an die Univ. Kiel und wurde 1925 o. Prof. der Mathematik an der Univ. Halle, 1930 in Marburg, 1934 in G¨ottingen, wo er die Leitung des Mathematischen Instituts u¨ bernahm. 1926 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. H. war seit 1946 Direktor des Forschungsinstituts f¨ur Mathematik der Deutschen Akademie der Wissenschaften und wurde 1949 o. Prof. an der Humboldt-Universit¨at in Berlin. Seit 1950 lehrte er an der Univ. Hamburg. H. befaßte sich mit Algebra und Zahlentheorie sowie Geschichte und Philosophie der Mathematik und entwickelte die nach ihm „HasseDiagramme“ benannten Graphiken zur Darstellung der Ordnungsrelationen in endlichen Verb¨anden. Er ver¨offentlichte u. a. Die Grundlagenkrisis der griechischen Mathematik (1928), H¨ohere Algebra (1931, 51963), Zahlentheorie (1949, 31969), Ueber die Klassenzahl abelscher Zahlk¨orper (1952, Nachdr. 1985), Mathematik als Wissenschaft, Kunst und Macht (1952), Proben mathematischer Forschung in allgemeinverst¨andlicher Behandlung (1955, 31967) und Mathematische Abhandlungen (3 Bde., 1975). C Cat Prof Hal Hasse, Johann Adolf (Peter), Komponist, S¨anger, * 25. 3. 1699 Bergedorf (heute zu Hamburg), † 16. 12. 1783 Venedig. Zun¨achst vom Vater, einem Organisten, sp¨ater u. a. in Hamburg ausgebildet, wurde H. 1718 Tenorist an der Hamburger Oper und kam 1719 nach Braunschweig, wo er 1721 mit Antioco als Opernkomponist deb¨utierte. 1722 war er in Neapel Sch¨uler Nicola Porporas und Alessandro Scarlattis, schrieb bis 1730 f¨unfzehn Opern f¨ur Neapel und wurde 1729 zum „Maestro sopranumerario della Real Capella di Napoli“ ernannt; viele seiner Werke f¨uhrte er auch in Venedig auf. 1731 kam er mit seiner Frau Faustina → Hasse-Bordoni nach Dresden, wurde dort 1734 Kapellmeister und 1750 Opernkapellmeister und pr¨agte f¨ur mehrere Jahrzehnte die Dresdner Hofb¨uhne. Tourneen mit seiner Frau f¨uhrten ihn in die europ¨aischen Metropolen. 1760 ging bei der Zerst¨orung ihres Hauses in Dresden die zum Stich vorbereitete Gesamtausgabe von H.s Werken verloren. Er ließ sich 1764 in Wien, 1773 in Venedig nieder. H. komponierte 56 Opere serie, 13 Intermezzi, 11 Oratorien, Messen, Requien, Kantaten, Orchesterwerke und Fl¨otenkonzerte. C MGG

Hasse Hasse, Johann Gottfried, Orientalist, * 1759 Weimar, † 12. 4. 1806 K¨onigsberg. Stipendien erm¨oglichten dem Sohn unbemittelter Eltern das Studium an der Univ. Jena, wo er Magister und Adjunkt der Philosophischen Fakult¨at wurde. Seit 1786 lehrte H. als Prof. der orientalischen Sprachen an der Univ. K¨onigsberg und wurde 1788 o. Prof. der Theologie und Konsistorialrat, 1790 Rektor der Kneiph¨ofer Schule. Er erregte durch seine moderne, u. a. an Johann Gottfried → Herder orientierte Lehre Aufsehen und ver¨offentlichte orientalistische und altphilologische Lehrb¨ucher (u. a. Lectiones Syro-ArabicoSamaritano-Aethiopicae, 1788) sowie historische Abhandlungen. C Altpreuß Biogr, Bd 1 Hasse, (Martin) Karl (Woldemar), Komponist, Musikschriftsteller, * 20. 3. 1883 Dohna bei Dresden, † 31. 7. 1960 K¨oln. H., Sohn eines Pfarrers und Neffe Ernst → H.s, besuchte die Musikhochschule in Leipzig und studierte Musikwissenschaft, Geschichte, Philosophie und Germanistik. Danach setzte er seine Ausbildung bei Max → Reger und Felix → Mottl an der M¨unchner Akademie f¨ur Tonkunst fort. ¨ Uber Heidelberg (1907) kam er als Kantor nach Chemnitz, wurde 1910 in Osnabr¨uck St¨adtischer Musikdirektor und initiierte die Gr¨undung des dortigen Konservatoriums. H. wurde 1919 Universit¨atsmusikdirektor und a. o. Prof. in T¨ubingen, gr¨undete das Institut und das Seminar f¨ur Musikwissenschaft und wurde 1923 promoviert. 1935-45 Direktor der K¨olner Hochschule f¨ur Musik, widmete er sich u¨ berwiegend eigenen Kompositionen. Er verfaßte musikhistorische Abhandlungen zu Johann Sebastian → Bach (1925) und Max → Reger (u. a. Max Reger. Mensch und Werk, 1938) und schuf ein vielseitiges kompositorisches Werk (u. a. Toccata, Passacaglia und Fuge f¨ur Klavier und Orchester, 1939). 1933 ver¨offentlichte er Vom deutschen Musikleben. Zur Neugestaltung unseres Musiklebens im neuen Deutschland. C MGG Hasse, Karl Ewald, Internist, Pathologe, * 23. 6. 1810 Neustadt (heute zu Dresden), † 19. 9. 1902 Hannover. H., Sohn des Historikers Friedrich Christian August → H., studierte seit 1827 Medizin in Dresden und Leipzig, wurde 1833 promoviert (Observationes de sceleto Astaci fluviatilis et marini) und unternahm eine Studienreise nach Paris, Wien und Prag. Seit 1836 war er am Jakobs-Spital in Leipzig t¨atig, habilitierte sich im selben Jahr, wurde 1838 zum a. o. Prof. und 1844 zum o. Prof. und Direktor des Kantonsspitals in Z¨urich ernannt. Seit 1852 Prof. und Direktor der II. Medizinischen Universit¨atsklinik in Heidelberg, folgte er 1856 einem Ruf als Prof. und Direktor des Ernst August-Hospitals nach G¨ottingen und ging nach seiner Emeritierung zun¨achst nach Hameln und dann nach Hannover. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Anatomische Beschreibung der Krankheiten der Circulations- und Respirations-Organe (1841, engl. 1846, niederl¨and. 1850), Die Menschenblattern und die Kuhpockenimpfung, eine geschichtliche Skizze (1852), Krankheiten des Nervenapparates (2 Tle., = Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie, Bd. 4, Abt. 1, 1855, unter dem Titel Krankheiten des Nervensystems, 21869), Das nat¨urliche System der Elasmobranchier auf Grundlage des Baues und der Entwicklung ihrer Wirbels¨aule (3 Bde., 1879-85) und Erinnerungen aus meinem Leben (1893, 21902). Hasse, O(tto) E(duard), Schauspieler, * 11. 7. 1903 Obersitzko / Warthe, † 12. 9. 1978 Berlin. Als Student der Rechtswissenschaft besuchte H. in Berlin die Schauspielschule Max → Reinhardts, kam dort 1924 an die Junge B¨uhne, sp¨ater an das Deutsche Theater und war 1926-29 Mitglied der Vereinigten Theater in Breslau und 1930-39 der M¨unchner Kammerspiele, wo er in Verbindung mit Karl → Valentin trat. H. f¨uhrte erstmals 1936

B¨uhnenregie, spielte 1939 kurzzeitig am Deutschen Theater in Prag und wurde 1944 zum Kriegsdienst eingezogen und der Hauptfilmstelle der Reichsluftwaffe zugeteilt. Nach Kriegsende trat er u. a. am Berliner Hebbeltheater und am Schloßparktheater auf, unternahm 1949 eine Reise in die USA auf Einladung des State-Departements, spielte in der ¨ Bundesrepublik Deutschland, Osterreich und der Schweiz und synchronisierte in den f¨unfziger Jahren u. a. Humphrey Bogart und Spencer Tracy. 1959 war er Jury-Mitglied der Internationalen Filmfestspiele Berlin. H. spielte u. a. die TiC Cinegraph telrolle in dem Film Canaris (1954).

Hasse, Peter, Musiker, Komponist, * um 1575 L¨ubeck, begraben 16. 6. 1640 L¨ubeck. H. hielt sich in L¨ubeck wohl schon vor 1616 auf, dem Jahr, in dem er das Amt des Marienorganisten an der L¨ubecker Ratskirche u¨ bernahm. In den folgenden Jahren f¨uhrte er die Aufsicht u¨ ber gr¨oßere Umbauten der beiden dortigen Orgeln. Mit H.s Wirken in L¨ubeck begann die Entwicklung der Stadt zu einem musikalischen Zentrum in Norddeutschland. Er komponierte Orgel- und Chorwerke, u. a. die achtstimC MGG mige Motette Ach, daß ich h¨oren sollt. Hasse, Rudolf, Sportler, * 30. 5. 1906 Mittweida, † 12. 8. 1942. Der Sohn eines Autoh¨andlers besuchte das Technikum seiner Heimatstadt und bet¨atigte sich anschließend als Techniker und Kaufmann in der Autobranche. Seit 1926 Motorradfahrer, seit 1931 Automotorsportler auf Langstrecken, schloß er 1932 einen Vertrag mit der Firma Adler-Fahrzeuge, stellte in den folgenden Jahren bei internationalen Wettbewerben, Langstreckenfahrten und Alpen¨uberquerungen 25 Klassenrekorde auf und errang 30 erste Preise. 1936 wurde er Nachwuchsfahrer der Auto-Union, gewann 1937 den Großen Preis von Belgien mit Rekordzeit und geh¨orte sp¨ater zur internationalen Klasse der Auto-Union. H. starb in einem Lazarett an der Ostfront. C Munzinger Hasse, Sella, Graphikerin, Malerin, * 12. 2. 1878 Bitterfeld, † 27. 4. 1963 Berlin. H. studierte an der Kunstakademie Berlin bei Walter → Leistikow und Lovis → Corinth, lebte 1904-10 in Hamburg, anschließend in Wismar und unternahm Studienreisen, u. a. nach Paris. Seit 1930 in Berlin ans¨assig, zog sie 1933 ins Elsaß und kehrte 1943 nach Berlin zur¨uck. Als Sch¨ulerin und Freundin von K¨athe → Kollwitz befaßte sie sich in ihren Graphiken (Lithographien, Holz- und Linolschnitte) mit sozialer Problematik und stellte Motive aus dem Hamburger Hafen, den els¨assisch-lothringischen Industriegebieten und der Kriegsjahre dar (u. a. Zyklus Weib, um 1920). C DDR Hasse, Traugott (Lebrecht), Bergmann, * 8. 2. 1775 Bockwitz bei Elsterwerda, † 17. 6. 1853 Dresden. Nach der praktischen Ausbildung im H¨uttenwerk Lauchhammer besuchte H., Sohn eines Pastors, zur Weiterbildung Werke in Schlesien und in der Lausitz, studierte 1794 / 95 an der Bergakademie Freiberg und war 1795-1800 H¨uttenmeister in Lauchhammer. Er wurde bald mit Sonderaufgaben betraut und baute u. a. 1796 ein Druckwerk an der Zwickauer Mulde. Als Verwalter der Elbingeroder H¨uttenwerke 1801-08 arbeitete H. u. a. Pl¨ane zum Ausbau der „Rothen H¨utte“ (1803) aus. 1815-46 war er Zehntner und Hammerinspektor in Schneeberg. Er forderte w¨ahrend der Zolltarifberatungen der Frankfurter Nationalversammlung Schutzz¨olle und Ausfuhrpr¨amien zur F¨orderung der Eisenwirtschaft und ver¨offentlichte Schriften zur Eisenh¨uttenwirtschaft und -wissenschaft, u. a. Schutzzoll f¨ur die Eisenerzeugung Deutschlands (1850). C NDB

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Hasse-Bordoni Hasse-Bordoni, Faustina, geb. Bordoni, S¨angerin, * 1700 Venedig, † 4. 11. 1781 Venedig. Ausgebildet von Gasparini, trat H.-B. seit 1716 erfolgreich in Venedig, Bologna und Neapel auf, gastierte 1723 / 24 in M¨unchen und kam u¨ ber Wien (1725) nach London, wohin sie Georg Friedrich → H¨andel abgeworben hatte. 1728 kehrte sie von dort nach Italien zur¨uck, trat 1730 erneut in M¨unchen auf, heiratete im selben Jahr Johann Adolf → Hasse und wurde 1734 Primadonna am Hoftheater in Dresden. Teils alleine, teils gemeinsam mit ihrem Mann, trat sie mehrmals in Venedig, M¨unchen und Paris auf, zog sich 1751 von der B¨uhne zur¨uck und kehrte u¨ ber Wien schließlich nach Venedig zur¨uck. C Kosch: Theater

Hassebrauk, Ernst, Maler, Graphiker, * 28. 6. 1905 Dresden, † 30. 8. 1974 Dresden. H. studierte seit 1924 an der Kunstgewerbeschule und der TH Dresden Kulturwissenschaften sowie 1927-30 an der Akademie f¨ur Graphische K¨unste und Buchgewerbe in Leipzig. Als Maler Autodidakt, stand er zun¨achst vor allem unter dem k¨unstlerischen Einfluß von Willy → Geiger, Otto → Dix und sp¨ater von Oskar → Kokoschka und schuf anfangs zeichnerische, dann zunehmend starkfarbige Portr¨ats, St¨adtebilder (vor allem von Dresden) und Stilleben sowie Collagen, Zeichnungen, Farblithographien und Radierungen, darunter den Zyklus Dresdner Visionen (1947). 1940-42 leitete H. eine private Malschule, ging 1946 an die Akademie f¨ur Graphik und Buchkunst und wurde 1947 zum Prof. ernannt. Seit 1949 war er freischaffend in Dresden t¨atig. C Lex Kunst

Hassel, Kai-Uwe von, Politiker, * 21. 4. 1913 Gare (Tanganjika), † 8. 5. 1997 Aachen. Als Sohn eines Farmers und Schutztruppenoffiziers in der Kolonie Deutsch-Ostafrika aufgewachsen, kam H. mit seiner Familie 1919 nach Gl¨ucksburg (Schleswig). Nach dem in Flensburg 1933 abgelegten Abitur und einer landwirtschaftlichen, kaufm¨annischen und technischen Sonderausbildung lebte H. bis 1940 in Tanganijka und nahm dann am Zweiten Weltkrieg teil. 1945 aus der Kriegsgefangenschaft zur¨uckgekehrt, trat er 1946 in die CDU ein, war seit 1951 stellvertretender Landesvorsitzender seiner Partei in Schleswig-Holstein, 1955-64 Landesvorsitzender und danach bis 1975 wieder stellvertretender Vorsitzender. 1947-63 war er B¨urgermeister von Gl¨ucksburg und Mitglied des Kreistags. 1950-65 Mitglied des Schleswig-holsteinischen Landtags, wurde er 1954 Ministerpr¨asident von SchleswigHolstein und hatte dieses Amt bis 1963 inne. 1963-66 war H. Bundesminister f¨ur Verteidigung, 1966-69 f¨ur Vertriebene, Fl¨uchtlinge und Kriegsgesch¨adigte. 1953 / 54 und 1965-80 geh¨orte er dem Deutschen Bundestag an, war 1969-72 als dessen Pr¨asident er die sog. Kleine Parlamentsreform durchsetzte, danach bis 1976 Vizepr¨asident. H. war 1973-80 Pr¨asident der Europ¨aischen Union Christlicher Demokraten, 1977-80 der Parlamentarischen Versammlung der Westeurop¨aischen Union und 1979-84 Mitglied des Europ¨aischen Parlaments. 1984 wurde er vom Europarat in die „Kommission bedeutender Staatsm¨anner“ berufen. C MdB

Hassel, (Johann Otto) Paul, Archivar, * 22. 7. 1838 Berlin, † 31. 7. 1906 Jena. H. studierte Medizin und Naturwissenschaften, sp¨ater Geschichte an den Universi¨aten Gießen und Berlin, wurde 1862 promoviert und habilitierte sich 1866 f¨ur Geschichte an der Univ. Berlin. 1872 kam er an das Geheime Ministerialarchiv in Berlin, wechselte 1874 an das dortige Geheime Staatsarchiv und stand 1882-1906 dem Hauptstaatsarchiv Dresden vor. H. war 1867-70 Schriftleiter der „Zeitschrift f¨ur preußische Geschichte und Landeskunde“ und ver¨offentlichte u. a. Aus dem Leben des K¨onigs Albert von Sachsen (2 Tle., 1898-1900).

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Hassel, Samuel Friedrich, S¨anger, * 9. 9. 1798 Frankfurt / Main, † 3. 2. 1876 Frankfurt / Main. Seit 1804 Chors¨anger am Frankfurter Opernhaus, wurde H. 1815 als Bassist und Schauspieler Mitglied im Ensemble des Frankfurter Theaters, an das er nach vierj¨ahriger T¨atigkeit am Stadttheater in Mainz (1817-21) zur¨uckkehrte. Als S¨anger und Schauspieler in Lokalst¨ucken war er in seiner Heimatstadt erfolgreich und sang u. a. den Grafen in der Urauff¨uhrung von → Lortzings Opernprobe 1851. H. schrieb Die Frankfurter Lokalst¨ucke auf dem Theater der Freien Stadt. Skizzen aus meinem Schauspielerleben, 1821 bis 1866 (1867). C Kutsch Hasselbach, Karl (Gustav Friedrich), Kommunalbeamter, * 21. 3. 1809 Stettin, † 21. 4. 1882 Magdeburg. Der Sohn eines Juristen studierte seit 1827 in G¨ottingen und Berlin die Rechte und wurde 1834 Regierungsassessor in Stettin. Nach Stationen in Magdeburg und Gumbinnen seit 1842 im K¨oniglichen Hausministerium zu Berlin t¨atig, ging er 1845 als Oberregierungsrat nach Minden. Im Zuge der Auswechslung von Kommunalbeamten nach der Revolution von 1848 / 49 setzte die Regierung den liberal-konservativen H. 1851 in Magdeburg als Oberb¨urgermeister ein, als der er in seiner dreißigj¨ahrigen Amtszeit die Niederlegung des Festungsg¨urtels und eine Stadterweiterung erreichte. 1850 geh¨orte H. dem Erfurter Volkshaus an und saß seit 1854 f¨ur Magdeburg im Preußischen Herrenhaus, seit 1873 als Vizepr¨asident. C Unionsparl Hasselblatt, Arnold, Archivar, Publizist, * 4. 3. 1852 Pastorat Camby (Livland), † 8. 11. 1927 Dorpat. Nach Abschluß historischer Studien an den Universit¨aten Dorpat und G¨ottingen wurde H., Sohn eines Propstes, 1876 Redakteur und war 1888-1914 Chefredakteur der „Neuen D¨optschen Zeitung“. 1915 wurde er Stadtkassierer in Dorpat und war 1918-20 Chefredakteur der „Dorpater Zeitung“, 1920-26 Stadtarchivar in Dorpat. Er geh¨orte der „Gelehrten estnischen Gesellschaft“ an und war 1885-97 Sekret¨ar, 1919 / 20 Pr¨asident. H. ver¨offentlichte u. a. ein Album Academicum der Kaiserlichen Universit¨at Dorpat (1889, mit G. Otto). Er war der Vater von Werner → H. Hasselblatt, Dora, Schriftstellerin, * 10. 4. 1893 St. Petersburg, † 3. 1. 1975 Hannover. Als Gasth¨orerin studierte H. in Berlin Vergleichende Religionswissenschaft, Theologie, Psychologie und Kunstgeschichte, geh¨orte seit 1925 dem Zentralausschuß der Inneren Mission an, war Referentin an der Apologetischen Zentrale in Berlin und lehrte an der Volkshochschule. Seit 1933 Mitarbeiterin des Berliner Verbandes der Evangelischen Frauenhilfe, lehrte sie 1952-58 Bibelkunde, Exegese, Katechetik, Psychologie und Kunstgeschichte an der Frauenmissionsschule Malche in Hannover. H. bet¨atigte sich als Herausgeberin (Wir Frauen und die nationale Bewegung, 1933) und schrieb Biographien, Romane sowie religi¨ose Abhandlungen (u. a. Warum schweigt Gott?, 1946). C DLL Hasselblatt, Werner (Richard Karl), Politiker, * 22. 6. 1890 Dorpat, † 24. 1. 1958 L¨uneburg. H., Sohn Arnold → H.s, studierte 1908-12 Rechtswissenschaft an der Univ. Dorpat und war 1912-17 Richter in Tver, Petrikau und im sibirischen Kansk. Nach Beginn der Russischen Revolution kehrte er in seine Heimat zur¨uck, war 1918 in Sibirien interniert und lebte nach Kriegsende als Rechtsanwalt in Dorpat und Reval. 1923-32 Abgeordneter im Parlament des Freistaats Estland, war H. am Zustandekommen und der Umsetzung des Gesetzes u¨ ber die Kulturautonomie der nationalen Minderheiten beteiligt, wurde Vorsitzender der deutsch-schwedischen Fraktion und war Mitbegr¨under des Europ¨aischen Nationalit¨atenkongresses 1925. Seit 1932

Hassencamp lebte er als gesch¨aftsf¨uhrender Vorsitzender des „Verbandes der deutschen Volksgruppen in Europa“ in Berlin und war Rechtsberater und Mitherausgeber der Zeitschrift „Nation und Staat“. H. schrieb u. a. Kulturautonomie (in: Festschrift f¨ur R. Lauin, 1948). C NDB

Hassell, (Christian August) Ulrich von, Diplomat, Widerstandsk¨ampfer, * 12. 11. 1881 Anklam (Pommern), † 8. 9. 1944 Berlin-Pl¨otzensee. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft 1899-1902 an den Universit¨aten Lausanne, T¨ubingen und Berlin war H., Sohn eines Oberstleutnants und Vork¨ampfers der christlichen Jungm¨annerbewegung, Referendar in Tsingtau und trat 1909 als Assessor in den Ausw¨artigen Dienst ein. Seit 1911 Vizekonsul in Genua, ging er nach schwerer Verwundung im Ersten Weltkrieg 1916 als Regierungsrat nach Stettin und schloß sich 1918 der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) an. 1919 kehrte er in den Ausw¨artigen Dienst zur¨uck und wurde Botschaftsrat in Rom, 1921 Generalkonsul in Barcelona, 1926 Gesandter in Kopenhagen, 1930 in Belgrad, 1932 Botschafter in Rom. Als preuß. Adliger und Diplomat alter Schule lehnte er das nationalsozialistische Regime ethisch und politisch immer mehr ab und wurde Anfang 1938 zur Disposition gestellt. H. schrieb Im Wandel der Außenpolitik (1939) und wurde 1940 Vorstandsmitglied des „Mitteleurop¨aischen Wirtschaftstags“. 1938 nahm er Kontakt zu Carl Friedrich → Goerdeler, Ludwig → Beck und Johannes → Popitz auf, wurde deren außenpolitischer Experte und galt als Außenminister einer zuk¨unftigen Regierung Goerdeler. H. stand in Verbindung mit britischen und amerikanischen Diplomaten, arbeitete mit dem Kreisauer Kreis zusammen und bef¨urwortete nach dem Scheitern einer Verhaftung Pl¨ane f¨ur ein Attentat auf → Hitler. Nach dem 20. 7. 1944 wurde H. verhaftet, zum Tod verurteilt und am selben Tag hingerichtet. Seine Tageb¨ucher 1938-44 wurden 1946 unter dem Titel Vom anderen Deutschland (neu hrsg. von Friedrich Hiller von Gaertringen, 1988) und 2004 als Die R¨omischen Tageb¨ucher und Briefe 1932-38 (hrsg. von Ulrich Schlie) ver¨offentlicht. 1988 erschien Der Kreis schließ sich. Aufzeichnungen in der Haft (hrsg. von Malve von Hassell). C NDB

Hasselmann, Wilfried, Politiker, * 23. 7. 1924 Celle, † 9. 1. 2003 Nienhof bei Celle. Der Sohn eines B¨urgermeisters und Landrats wurde an einer Landwirtschaftlichen Fachschule ausgebildet, nahm am Zweiten Weltkrieg teil und arbeitete dann in verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben. H., der 1955 die Leitung des v¨aterlichen Hofes u¨ bernahm und bereits in jungen Jahren Kreis- und Landesvorsitzender in der Landjugendbewegung und Pers¨onlicher Referent seines Onkels Edmund → Rehwinkel war, hatte 1962-69 den Bundesvorsitz des Bundes der Deutschen Landjugend inne und saß im Pr¨asidium des Deutschen Bauernverbandes. 1961 trat er in die CDU ein. 1963-94 war H. Mitglied des Nieders¨achsischen Landtages, stand 1970-76 der CDU-Fraktion vor und leitete 1965-70 das nieders¨achsische Ministerium f¨ur Ern¨ahrung, Landwirtschaft und Forsten. 1968-90 war er Landesvorsitzender der CDU Niedersachsen und seit 1969 Mitglied des CDU-Bundesparteivorstandes. Seit 1976 geh¨orte H. der Regierung des Landes Niedersachsen als Leiter des Ressorts Bundesangelegenheiten an und u¨ bernahm 1986 die Leitung des Innenministeriums, von der er 1988 zur¨ucktrat. 1976 / 77 und 1978-88 war er Stellvertreter des Ministerpr¨asidenten. C Munzinger

Hasselt-Barth, Johanna van, S¨angerin, * 23. 2. 1841 Wien, † 8. 2. 1918 Berlin. Vor allem durch ihre Mutter Wilhelmine van → H.-B. ausgebildet, erhielt H.-B. 1866 / 67 ihr erstes Engagement am Theater in St. Gallen. Nach Stationen an den Stadttheatern

in Augsburg und Mainz sang sie 1870-72 am Hoftheater in Coburg und ging dann an das Stadttheater in Straßburg. Sp¨ater war H.-B. am Opernhaus in Breslau, 1884 / 85 am Stadttheater in K¨onigsberg zu sehen. Zu ihrem B¨uhnenre¨ pertoire geh¨orten das Annchen im Freisch¨utz und die Titelrolle in Die sch¨one Helena von Jacques → Offenbach. Nach ihrem R¨uckzug von der B¨uhne war H.-B. als Gesanglehrerin C Kutsch in Berlin t¨atig.

Hasselt-Barth, Wilhelmine van, eigentl. Anna Maria Wilhelmina v. H., S¨angerin, * 15. 7. 1813 Amsterdam, † 14. 1. 1881 Mannheim. H. erhielt ihren ersten Musikunterricht in Frankfurt / Main und wurde dann durch den S¨anger Joseph → Fischer in Karlsruhe und durch Pietro Romani in Florenz zur Sopranistin ausgebildet. Nach ihrem B¨uhnendeb¨ut 1831 in Triest blieb sie dort bis 1833, wechselte dann nach Genua und kam nach einer Gastspieltournee 1834 an die M¨unchner Hofoper. Hier wirkte sie bei der Urauff¨uhrung der Oper Die Hermannsschlacht von Hippolyte Andr´e → Ch´elard mit. 1839-53 hatte sie an der Wiener Hofoper eine gl¨anzende Karriere, gab Gastspiele an verschiedenen deutschen, o¨ sterr. und osteurop¨aischen Opern und er¨offnete 1868 in Wien eine Gesangsschule. Ihre Koloraturstimme wurde in Rollen wie der Konstanze in der Entf¨uhrung aus dem Serail und der Rachel in Hal´evys La Juive gesch¨atzt. C Kutsch

Hasselwander, Albert, Anatom, * 2. 4. 1877 Miesbach (Oberbayern), † 8. 3. 1954 Arlaching / Chiemsee. H. studierte an der Univ. M¨unchen (Promotion 1903, Untersuchungen u¨ ber die Ossification des menschlichen Fußskelets), unternahm Studienreisen nach Ungarn und Dalmatien und wurde Assistent am Anatomischen Institut der Univ. M¨unchen. 1909 habilitierte er sich dort mit Untersuchungen u¨ ber die Ossifikation des menschlichen Fußskeletts. 2. Der Abschluss der Verkn¨ocherungsvorg¨ange, wurde 1912 Prosektor, 1915 a. o. Prof. und setzte im Ersten Weltkrieg R¨ontgenuntersuchungen zur Lokalisation von Geschossen im K¨orper ein. 1918 folgte er einem Ruf als o. Prof. an die Univ. Erlangen, wo er 1924-26 Rektor war (Rede 1926, Die Variabilit¨at der Organismen) und 1948 emeritiert wurde. 1937 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. Er ver¨offentlichte u. a. einen Atlas der Anatomie des menschlichen K¨orpers im R¨ontgenbild (1926), Ein anatomischer Totentanz (1926), Steckschuss und R¨ontgenstrahlen (1940) und Die objektive Stereoskopie an R¨ontgen¨ bildern (1954). 2, 3 C Arzte

Hassencamp, Johann Matth¨aus, Mathematiker, Orientalist, * 28. 7. 1743 Marburg, † 6. 10. 1797 Rinteln. H., Sohn eines Kaufmanns und Stadtrats, studierte seit 1760 Klassische und Orientalische Philologie, Philosophie, Mathematik, Geschichte und Theologie in Marburg und G¨ottingen, wurde 1765 mit der Arbeit Dissertatio philologicacritica de pentateucho LXX interpretum graeco non ex hebraeo sed samaritano textu converso promoviert, unternahm eine Studienreise durch Westeuropa und habilitierte sich 1768 an der Univ. Marburg. Wenig sp¨ater folgte er einem Ruf als o. Prof. der Orientalistik und Mathematik an die Univ. Rinteln und wurde 1777 Universit¨atsbibliothekar, 1789 Konsistorialrat. H. war 1789-96 Mitherausgeber der „Annalen der neuesten theologischen Litteratur und Kirchengeschichte“ und verfaßte eine Kurze Geschichte der Bem¨uhungen, die Meeresl¨ange zu finden (1769, 21774) und Von dem großen Nutzen der Strahlableiter, und ihrer vortheilhaftesten Einrichtung zur Besch¨utzung ganzer St¨adte (1784). 1783 erschienen seine Briefe eines Reisenden von Pyrmont, Cassel, Marburg, W¨urzburg und Wilhelmsbad. C ADB

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Hassencamp Hassencamp, Oliver (Clifford), Schriftsteller, * 10. 5. 1921 Rastatt, † 31. 3. 1988 Waging / See (Oberbayern). Nach seiner R¨uckkehr aus dem Zweiten Weltkrieg wurde H. 1946 Regieassistent an den M¨unchner Kammerspielen und war 1950 Mitbegr¨under des Kabaretts „Kleine Freiheit“. Seit Mitte der f¨unfziger Jahre ver¨offentlichte er Unterhaltungsund Jugendliteratur, u. a. seit 1959 die Buchserie um Burg Schreckenstein, und schrieb f¨ur die Olympischen Spiele 1972 das Libretto zu der satirischen Oper Lebensregeln (Musik von Gerhard Wimberger). Seine Memoiren Der Sieg nach dem Krieg erschienen 1983. C Killy

Hassenpflug, Gustav, Architekt, * 12. 4. 1907 D¨usseldorf, † 22. 7. 1977 M¨unchen. Zum Tischler ausgebildet, studierte H. Malerei bei Paul → Klee, Wassily → Kandinsky und Oskar → Schlemmer und wandte sich sp¨ater der Architektur zu. Am Bauhaus Dresden bei Walter → Gropius und Hannes → Meyer unterrichtet, ging H. 1929 mit Marcel → Breuer nach Berlin und war an der Pariser Werkbundausstellung 1930 und der Bauausstellung Berlin 1931 beteiligt. Im „Dritten Reich“ war seine T¨atigkeit als selbst¨andiger Architekt und Designer in Berlin eingeschr¨ankt. H. leitete 1945-50 das Dezernat f¨ur den Wiederaufbau der Berliner Krankenh¨auser, war seit 1946 o. Prof. f¨ur St¨adtebau an der Hochschule Weimar und versuchte dort, das ehemalige Bauhaus neu zu errichten. 1950 wurde er Direktor der Hamburger Hochschule der bildenden K¨unste und u¨ bernahm 1956 den Lehrstuhl f¨ur Entw¨urfe an der TH M¨unchen. H. schrieb u. a. Baukastenm¨obel (1949). C Munzinger

Hassenpflug, (Hans Daniel) Ludwig (Friedrich), Jurist, Staatsmann, * 26. 2. 1794 Hanau, † 10. 10. 1862 Marburg. Als Student der Rechtswissenschaft an der Univ. G¨ottingen war H., Sohn eines Stadtschulheißen zu Hanau, sp¨ateren Regierungspr¨asidenten zu Kassel, 1813 Kriegsfreiwilliger und stand in Verbindung mit dem romantisch-literarischen Kreis um die Br¨uder → Grimm, deren Schwager er 1822 wurde. 1816 trat er in den kurhessischen Justizdienst ein und wurde 1821 Obergerichtsrat, sp¨ater Oberappellationsgerichtsrat in Kassel, nach dem Regierungswechsel 1831 Berater des Regenten, 1832 Justiz- und Innenminister. 1837 wegen pers¨onlicher Differenzen entlassen, trat er in den Dienst des F¨urstentums Hohenzollern-Sigmaringen, sp¨ater Luxemburgs und wurde 1841 Obertribunalrat in Berlin, 1846 Oberappellationsgerichtspr¨asident in Greifswald. 1850 kehrte er als Justiz- und Innenminister in kurhessische Dienste zur¨uck, geriet erneut wegen seiner autorit¨aren und willk¨urlichen Amtsf¨uhrung in Konflikt mit den St¨anden und verh¨angte den Kriegszustand. H. scheiterte 1852 mit seiner revidierten Verfassung, 1855 mit seinem Kandidaten f¨ur die Generalsuperintendentur und wurde entlassen. Er ver¨offentlichte u. a. Kleinere Schriften juristischen Inhalts (1845). C NDB

Hassenstein, Walter (Georg), Physiker, Astronom, * 13. 9. 1883 K¨onigsberg, † 6. 1. 1961 Potsdam. H., Sohn eines Oberlehrers, studierte 1901-05 Mathematik und Astronomie an der Univ. K¨onigsberg und G¨ottingen, wurde nach der Promotion 1905 (Neue Bearbeitung von William Herschels Beobachtungen der inneren Saturnmonde) Assistent an der K¨onigsberger Sternwarte und ging 1909 nach Straßburg. Seit 1919 Assistent, seit 1920 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Astrophysikalischen Observatoriums in Potsdam, wurde er 1922 Observator und war 1927-49 Hauptobservator. H. befaßte sich in K¨onigsberg und Straßburg mit klassischer und Positionsastronomie, in Potsdam mit der Beobachtung ver¨anderlicher Sterne und ver¨offentlichte u. a. Beobachtungen von ver¨anderlichen Sternen in den Jahren 1920-1923 (1925), Photometrische Durchmusterung der Sterne der n¨ordlichen Polkalotte (1927), Das

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astrophysikalische Observatorium Potsdam in den Jahren 1875-1939 (1941) und Photometrische Beobachtungen von ver¨anderlichen Sternen in den Jahren 1921-1940 (1954). C NDB

Hassert, (Ernst Emil) Kurt, Geograph, * 15. 3. 1868 Naumburg / Saale, † 5. 11. 1947 Leipzig. Nach Abschluß seines Studiums an den Universit¨aten Leipzig und Berlin mit der Promotion 1891 (Die Nordpolargrenze der bewohnten und bewohnbaren Erde) bildete sich H., Sohn eines Pelzwarenh¨andlers, am Wiener Milit¨argeographischen Institut in Kartographie aus, habilitierte sich 1895 an der Univ. Leipzig (Beitr¨age zur physischen Geographie von Montenegro) und u¨ bernahm 1898 den Lehrauftrag f¨ur Geographie an der neugegr¨undeten Handelshochschule in Leipzig. Im folgenden Jahr ging er als a. o. Prof. an die Univ. T¨ubingen und war 1902-17 o. Prof. an der Handelshochschule K¨oln, 1917-35 an der TH Dresden. 1939 kehrte er in sein Dresdner Lehramt zur¨uck und wurde 1947 nach Leipzig berufen. H. bereiste Italien, Eritrea und Nordamerika, leitete 1907 / 08 eine Nordwest-Kamerun-Expedition und befaßte sich mit Balkan-, Polar- und Afrikaforschung sowie L¨anderkunde (u. a. Deutschlands Kolonien, 2 Bde., 1899-1902, 2 1910; Die Polarforschung, 1902, 31914, Nachdr. 1956; Das T¨urkische Reich, 1918; Die Erforschung Afrikas, 1941, 2 1943, tschech. 1943). C NDB

Hassinger, Hugo (Rudolf Franz), o¨ sterr. Geograph, * 8. 11. 1877 Wien, † 13. 3. 1952 Wien. H., Sohn eines Bankbeamten, schloß das Studium in Wien 1902 mit der Promotion ab (Geomorphologische Studien aus dem inneralpinen Wiener Becken und seinem Randgebirge, 1905), war im Schuldienst t¨atig, habilitierte sich 1915 an der Univ. seiner Heimatstadt und wurde 1918 o. Prof. in Basel. 1927 ging er nach Freiburg / Breisgau und war 1931-50 o. Prof. an der Univ. Wien. H. begr¨undete 1923 die Geographisch-Ethnologische Gesellschaft Basel, 1932 die S¨udostdeutsche Forschungsgemeinschaft in Wien und war seit 1939 Leiter der Arbeitsgemeinschaft f¨ur Raumforschung, 1937-51 Pr¨asident der Geographischen Gesellschaft Wien. H., 1940 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen, befaßte sich mit Geomorphologie, Anthropogeographie und Stadtgeographie und vero¨ ffentlichte u. a. Die Maehrische Pforte und ihre benachbarten Landschaften (1914), Ueber Beziehungen zwischen der Geographie und den Kulturwissenschaften (Antrittsvorlesung, 1930), Geographische Grundlagen der Geschichte ¨ (1931, 21953, span. 1958) und Osterreichs Anteil an der Erforschung der Erde (1950). C NDB

Haßkarl, Justus Karl, Botaniker, * 5. 12. 1811 Kassel, † 5. 1. 1894 Kleve. Seit 1827 Lehrling am Botanischen Garten Poppelsdorf, wechselte H., Sohn eines Revisors am Bergamt in Bonn, sp¨ater an den Botanischen Garten in D¨usseldorf, arbeitete sich in die botanische Wissenschaft ein und hielt Vorlesungen. 1834 begann er das Studium der Naturwissenschaften an der Univ. Bonn, war seit 1837 G¨artner am Botanischen Garten in Buitenzorg auf Java und wurde zu dessen eigentlichem Begr¨under: Er vergr¨oßerte die Zahl der kultivierten Pflanzenarten um ein Mehrfaches, entdeckte und beschrieb selbst einige hundert Pflanzen und kehrte 1843 nach Europa zur¨uck. Im Auftrag des holl¨andischen Kolonialamtes bereiste er Peru und schmuggelte Samen und Jungpflanzen des Chinchona- oder Fieberbaums zur Kultivierung nach Java. Seit 1856 lebte H. im Rheinland. Er war Mitglied mehrerer Akademien. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Plantae Javanicae rariores (1848), Australien und seine Kolonien S¨ud-Australien (1849) und Hortus Bogoriensis descriptus sive Retziae (1858). C NDB

Haßler Hasskerl, Hugo, Schauspieler, Regisseur, * 24. 10. 1850 Berlin, † September 1925. H. schloß sich als Banklehrling einer wandernden Schauspielertruppe an, leistete 1870 / 71 Kriegsdienst und erhielt 1873 sein erstes Engagement am Viktoria-Theater Berlin. In Liebhaber- und komischen Rollen war er am Hamburger Carl-Schultze-Theater, am Berliner Friedrich-Wihelmst¨adtischen Theater sowie in Warschau, Leipzig, Augsburg und St. Petersburg zu sehen. H. spielte auch am Thaliatheater in New York und kehrte nach Berlin zur¨uck, bevor er 1901 erstmals Regie f¨uhrte. Als letzter Direktor des Deutschen Theaters in Thorn verließ er nach der Herstellung der polnischen Souver¨anit¨at die Stadt. Zu seinen Hauptrollen z¨ahlte der Lotteringhi in Boccaccio. C Kosch: Theater

Haßlacher, (Johann) Jakob (Emil), Industrieller, * 2. 12. 1869 Saarbr¨ucken, † 6. 7. 1940 Schwarzach-St. Veit (Salzburg). H., Sohn eines Geheimen Bergrats und Neffe Peter → H.s, war nach dem Jurastudium an den Universit¨aten Berlin und Bonn seit 1896 Hilfsrichter am Landgericht Saarbr¨ucken und wurde anschließend Justitiar, 1899 Vorstandsmitglied der Gelsenkirchener Bergwerks AG. 1910-36 Generaldirektor der Rheinischen Stahlwerke, setzte er sich f¨ur den Zusammenschluß der großen Montankonzerne an Rhein und Ruhr zu den Vereinigten Stahlwerken ein und sicherte den Absatz der Rheinstahl-Zechen durch enge Zusammenarbeit mit der IG Farbenindustrie AG. H. war 1924-29 Mitglied des preuß. Staatsrats, 1928-30 als Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei Reichstagsabgeordneter und geh¨orte zahlreichen Wirtschaftsgremien an. C NDB

Haßlacher, Peter, Jesuit, Theologe, * 14. 8. 1810 Koblenz, † 5. 7. 1876 Paris. H. studierte zun¨achst Medizin an der Univ. Bonn, wurde wegen seiner Mitgliedschaft in der Burschenschaft sieben Jahre in Berlin, Magdeburg und auf Ehrenbreitstein gefangengehalten und trat nach seiner Freilassung 1840 in die Gesellschaft Jesu ein. Nach der Priesterweihe 1844 war er bis 1849 Domprediger in Straßburg, anschließend Missionsprediger in verschiedenen St¨adten, u. a. 1858 in Berlin, und lebte seit 1863 in Frankreich. H. wurde 1866 Superior von Paris und Seelsorger der Pariser deutschen kath. Gemeinde, hielt sich 1870 / 71 in Bonn auf und kehrte nach Erlaß der Jesuitengesetze 1872 nach Frankreich zur¨uck. Er schrieb u. a. ein Passionsb¨uchlein (1887). H. war der Onkel von Jakob → H. C Kosch: Kath

Haßler, Caspar, auch Kaspar H., Musiker, Herausgeber, getauft 17. 8. 1562 N¨urnberg, † 19. 8. 1618 N¨urnberg. Der Sohn eines Steinschneiders und Organisten und Bruder Hans Leo und Jakob → H.s erhielt durch seinen Vater Unterricht an der Orgel und wurde 1586 als Nachfolger seines sp¨ateren Schwiegervaters Hans Haiden Organist an der N¨urnberger Egidienkirche. 1587 wechselte er an die Kirche St. Lorenz und 1616 zu der angesehenen Organistenstelle an St. Sebald. H. beteiligte sich auch am Silber- und Kupfergesch¨aft seines Bruders Hans Leo, war Orgelgutachter und -restaurator, schrieb eine Orgeltabulatur Fantasia a` 4 und edierte bedeutende Sammelwerke deutscher und italienischer Komponisten von Kirchenmusik, u. a. Sacrae symphoniae [. . .] (1598). C MGG Haßler, Conrad (Dieterich), Philologe, P¨adagoge, Kunsthistoriker, * 18. 5. 1803 Altheim (Kr. Ulm), † 17. 4. 1873 Ulm. H., Sohn eines Pfarrers, begann eine Sattlerlehre, studierte 1820-25 Theologie, Philosophie und Orientalistik an den Universit¨aten T¨ubingen, Leipzig und Paris und wurde 1824 in T¨ubingen zum Dr. phil. promoviert. 1825 / 26 war er Pfarrvikar in Degenfeld, 1826-65 Gymnasialprofessor in

Ulm und 1844-48 als gem¨aßigt Liberaler w¨urttembergischer Landtagsabgeordneter. Aus dem Frankfurter Parlament schied er im April 1849 aus, wandte sich verst¨arkt der Arbeit im Verein f¨ur Kunst und Altertum in Ulm und Oberschwaben zu, war 1850-68 dessen Vorsitzender und engagierte sich f¨ur die Restaurierung und den Ausbau des Ulmer M¨unsters. 1845 geh¨orte er zu den Begr¨undern der Deutschen Morgenl¨andischen Gesellschaft. H. wurde 1858 Landeskonservator f¨ur Denkmalpflege der vaterl¨andischen Kunst und Altertumsdenkmale, 1867 auch Leiter der Staatssammlungen. Er ver¨offentlichte u. a. Ulms Kunstgeschichte im Mittelalter (1864). H. war der Vater von Theodor → H. C Raberg

Hassler, Emil, schweizer. Mediziner, Naturforscher, Ethnograph, * 20. 6. 1864 Aarau, † 15. 11. 1937 Asunci´on (Paraguay). H., Sohn eines Gerbers, besuchte 1880-82 die Gewerbeschule in Aarau, wanderte 1883 nach Rio de Janeiro aus und erwarb medizinische und naturwissenschaftliche Kenntnisse autodidaktisch in der Praxis sowie bei verschiedenen Lehrern. Bald nach seiner Ankunft ließ er sich in Brasilien als Arzt in Mato Grosso, sp¨ater in San Bernardino bei Asunci´on nieder. W¨ahrend des Chaco-Krieges zwischen Bolivien und Paraguay 1932-35 er¨offnete er ein Milt¨arhospital, in dem er selbst als Chirurg arbeitete. Seine umfangreiche ethnographische Sammlung, vor allem u¨ ber die Indianer des Gran Chaco, schenkte er zun¨achst dem neugegr¨undeten Ethnologischen Gewerbemuseum Aarau. Sp¨ater kaufte er sie zur¨uck, pr¨asentierte sie im Auftrag der argentinischen Regierung auf den Weltausstellungen in Chicago (1893) und San Francisco (1915) und u¨ berließ sie 1919 dem Basler Museum f¨ur V¨olkerkunde. Seit 1895 legte H. ein umfangreiches Herbarium an, das sich heute in Genf befindet. Er ver¨offentlichte u. a. Centrals¨udamerikanische Forschungen (1888), Plantae Hasslerianae soit e´ numeration des plantes r´ecolt´ees au Paraguay (2 Bde., 1898-1907, mit Robert Chodat), Contribuciones a´ la flora del Chaco argentino-paraguayo (1909) und Pteridophytorum Paraguariensium et regionum Argentinarum adjacentium conspectus criticus (1928). C HLS

Haßler, Ferdinand Rudolph, Geod¨at, Mathematiker, * 7. 10. 1770 Aarau, † 20. 11. 1843 Philadelphia. Vom Studium der Rechtswissenschaften wechselte H., Sohn eines Uhrmachers und M¨unsterschaffners, an der Univ. Bern zu Mathematik und Geod¨asie und war 1791 an Triangulationsarbeiten bei Bern beteiligt. Nach Studienreisen durch Deutschland und nach Paris kehrte er 1797 zur¨uck und wurde nach dem Umsturz in der Schweiz zun¨achst Schaffner in Berom¨unster, sp¨ater Advokat und Staatsanwalt am Helvetischen Obergericht und 1798 stellvertretender Gouverneur des neuen Kantons Aargau. 1805 wanderte er in die USA aus, u¨ bernahm 1807 die Leitung der neubeschlossenen K¨ustenvermessung und war Prof. der Mathematik an der Milit¨arakademie Westpoint, seit 1810 am Union College in Schenectady (New York). Zur Beschaffung von Material f¨ur die brachliegende K¨ustenvermessung reiste er 1811 nach England, konnte erst 1815 zur¨uckkehren und weigerte sich, der Marine, der die K¨ustenvermessung mittlerweile unterstellt worden war, beizutreten. Er brachte sich als Farmer und Angestellter durch, trat 1830 als Leiter der Stelle f¨ur Maße und Gewichte wieder in den Staatsdienst ein und u¨ bernahm 1832 erneut die K¨ustenvermessung. H. gilt als Begr¨under der US-amerikanischen Coast and Geodetic Survey. Er ver¨offentlichte u. a. Elements of analytic trigonometry, plane and spherical (1826), Logarithmische und trigonometrische Tafeln zu sieben Dezimal Stellen (1830), Comparison of weights and measures of length and capacity (1832) und Vollst¨andiges Lehrbuch der theoretischen und angewandten Arithmetik (1834). C Biogr Lex Aargau

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Haßler Haßler von Roseneck, Hans Leo, eigentl. Johann Leo H., auch Hasler, Komponist, Musiker, getauft 26. 10. 1564 N¨urnberg, † 8. 6. 1612 Frankfurt / Main. H., Bruder Caspar und Jakob → H.s, ging 1584 nach Venedig, studierte bei Andrea Gabrieli, schloß Bekanntschaft mit bedeutenden Kaufleuten und Musikern und kam 1586 als Kammerorganist Octavianus Secundus → Fuggers nach Augsburg. 1595 von Kaiser → Rudolf II. in den Adelsstand erhoben, u¨ bernahm er 1600 die Leitung der Augsburger Stadtpfeifer, folgte 1601 der Berufung als Oberster Musicus nach N¨urnberg und wurde 1602 Kaiserlicher Hofdiener und Kammerorganist. 1605-08 lebte H. in Ulm, erfuhr 1605 mit dem Namenszusatz „von Roseneck“ erneut eine Standeserh¨ohung und trat 1609 als Kammerorganist des Kurf¨ursten → Christian II. in s¨achsische Dienste. In seinen letzten Lebensjahren entwarf er u. a. eine neue Orgel f¨ur die Dresdner Schloßkapelle. H. komponierte geistliche und weltliche Musik, u. a. Neue teutsche Gesang nach Art der welschen Madrigalien und Canzonetten (1596). C MGG

Haßler, Jakob von, Komponist, Musiker, getauft 18. 12. 1569 N¨urnberg, † zwischen April und September 1622 Eger (?). Der Bruder Hans Leo und Caspar → H.s erhielt durch seinen Vater Musikunterricht. 1591 reiste er mit einem Stipendium seiner Geburtsstadt nach Italien, kehrte als Organist Christoph Fuggers nach Augsburg zur¨uck, wurde 1895 Stadtpfeiferlehrling und wechselte 1597 als Hoforganist in die Dienste des Grafen Eitel Friedrich von Hohenzollern in Hechingen. Durch Vermittlung seines erfolgreichen Bruders Hans Leo wurde H., 1595 in den Adelsstand erhoben, 1602 Hoforganist am kaiserlichen Hof in Prag, war jedoch nach → Rudolfs II. Tod nur noch wenig besch¨aftigt. Er komponierte Orgelwerke sowie Madrigali a` 6 voci (1600). C MGG Haßler, (Johannes Konrad) Theodor Ritter von, Industrieller, * 3. 7. 1828 Ulm, † 28. 2. 1901 Augsburg. Der Sohn Conrad → H.s war Lehrling und Volont¨ar in der optisch-mechanischen und der Maschinenindustrie, studierte 1847-49 an der Karlsruher Polytechnischen Schule und wurde 1850 Ingenieur in einer Maschinenfabrik in Augsburg. Seit 1857 bei Ludwig August → Riedinger f¨ur die Erbauung und Einrichtung von Baumwollspinnereien zust¨andig, war er in Bayreuth, Bamberg und K¨oln t¨atig und gr¨undete 1859 / 60 die Baumwollspinnerei Kolbermoor, deren technische Leitung er 1862 u¨ bernahm. H. war 1868-89 Generaldirektor der gr¨oßten deutschen Baumwollspinnerei Deutschlands am Stadtbach in Augsburg. Er wurde 1870 Vorsitzender des Technischen Vereins Augsburg und Ausschußmitglied, sp¨ater Pr¨asident des Vereins s¨uddeutscher Baumwollindustrieller, geh¨orte 1875 zu den Begr¨undern des Centralvereins deutscher Industrieller und war seit 1880 dessen Pr¨asident. C NDB Haßloch, Christiane Magdalene Elisabeth, geb. Keilholz, S¨angerin, * 1764 Pirna (Sachsen), † 23. 8. 1820 Darmstadt. Als Tochter eines Schauspielerpaars trat H. bereits 1772 in Hamburg o¨ ffentlich auf, deb¨utierte 1780 als Sopranistin und reiste seit 1786 mit der Großmannschen Theatergesellschaft durch Nord- und Mitteldeutschland. 1790 kam sie an das Hoftheater in Mannheim, wechselte 1792 mit der Keilholz’schen Gesellschaft nach Amsterdam und 1795 nach Kassel. Nach einer Deutschland-Tournee 1804 an das Theater in Leipzig engagiert, kehrte sie u¨ ber Hamburg 1809 nach Darmstadt zur¨uck. 1810-19 war H. Mitglied des dortigen Hoftheaters. Als S¨angerin war sie vor allem in Koloraturpartien (u. a. K¨onigin der Nacht in der Zauberfl¨ote), als Schauspielerin vor allem in Trag¨odien → Schillers erfolgreich. C Kutsch

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Haßlwander, Friedrich, o¨ sterr. Schriftsteller, Maler, * 4. 10. 1840 Wien, † 1. 9. 1914 Grein (Ober¨osterreich). H. war Sch¨uler seines Vaters Josef → H., besuchte 1859 / 60 die TH Wien und studierte 1860-67 bei Carl Wurzinger an der dortigen Kunstakademie. Seit 1868 unterrichtete er an Wiener Mittelschulen, 1879-1903 an der Oberrealschule im Wiener IV. Bezirk und wurde als Schulrat pensioniert. H. war seit 1877 Sekret¨ar der Wiener Pensionsgesellschaft der bildenden K¨unstler, malte selbst u¨ berwiegend religi¨ose und historische Bilder (u. a. Faust in der Hexenk¨uche) und schrieb Beitr¨age f¨ur Zeitschriften, Anthologien und Jahrb¨ucher sowie die Novellensammlung Phanta¨ siest¨ucke (1894). C OBL Haßlwander, Josef, o¨ sterr. Maler, * 7. 8. 1812 Wien, † 3. 8. 1878 Scheibbs (Nieder¨osterreich). Neben seinem Studium an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste war H. Zeichenlehrer an der Realschule am Schottenfeld (1852-56), sp¨ater an der Realschule auf der Wieden. 1855 bereiste er gemeinsam mit Christian → Ruben und August → Siccard von Siccardsburg im Auftrag des Grafen Thun Italien, um die dortige Kunstdidaktik zu studieren. H. war seit 1858 Direktor der Wiener Pensionsgesellschaft der bildenden K¨unstler, malte Historienbilder (u. a. ¨ und Aquarell und schuf Judith, 1836) und Portr¨ats in Ol Illustrationen sowie Druckgraphik. Er war der Vater von Friedrich → H. C Th-B Haßlwanter, Johann, o¨ sterr. Jurist, Politiker, * 5. 5. 1805 Innsbruck, † 15. 6. 1869 Innsbruck. H. wurde 1829 an der Univ. Innsbruck zum Dr. jur. promoviert, wurde 1832 Advokat in Lienz, 1837 in Innsbruck und las daneben an der dortigen Universit¨at. 1848 war er Mitglied der Landesschutzdeputation und Abgeordneter f¨ur das Unterpustertal im Frankfurter Parlament, ging im selben Jahr in den Reichstag nach Wien und befaßte sich dort u¨ berwiegend mit Fragen der Grundentlastung und -entsch¨adigung. H. wurde 1849 Hofrat und Generalprokurator in Innsbruck, 1853 Oberstaatsanwalt am dortigen Oberlandesgericht und geh¨orte im Tiroler Landtag (seit 1861) der kath. Partei an. 1864 erfolgte seine Entsendung in den Reichsrat, 1867 die ¨ C OBL Wahl zum Landeshauptmann von Tirol. Hassreiter, Josef, o¨ sterr. T¨anzer, Choreograph, * 31. 12. 1845 Mauer bei Wien, † 8. 2. 1940 Wien. H. wurde am K¨arntnertor-Theater in Wien zum T¨anzer ausgebildet, deb¨utierte dort 1850 und wurde 1866 Erster Solot¨anzer an der M¨unchner Hofoper, 1868 in Stuttgart. 1870-90 war er Erster Solot¨anzer an der Wiener Hofoper, wurde nach dem großen Erfolg seines Balletts Die Puppenfee (1888) 1890 zum Hofballettmeister ernannt und bildete als Vorstand der k. k. Hofopernballettschule mehrere Generationen bedeutender T¨anzerinnen und T¨anzer heraus. H. schrieb zu zehn Balletten das Libretto, zu 48 die Choreographie, gastierte im Ausland und wurde 1915 Ehrenmitglied der Hof¨ oper. C OML

Hast, Johann, Publizist, * 15. 6. 1808 Ottenstein (heute zu Ahaus), † 19. 2. 1852 M¨unster. H. studierte Philosophie und Philologie an der Akademie in M¨unster und war sp¨ater Lehrer an der dortigen Gewerbeschule. Sp¨ater lebte er als Buchh¨andler und freier Publizist in Berlin und M¨unster. H. ver¨offentlichte Schriften zur Philosophie, P¨adagogik, Religionsgeschichte sowie Lehrb¨ucher und Materialien f¨ur den Deutsch-, Religions- und Geographieunterricht (u. a. Kleine biblische Geschichte [. . .], 1841, 4 1867). Dar¨uber hinaus gab er Liedersammlungen und Periodika zur religi¨osen Erbauung heraus. C Westf Autoren, Bd 2

Hattemer Haswell, John, Ingenieur, * 20. 3. 1812 Lancefield bei

Hatschek, Julius (Karl), Jurist, * 21. 8. 1872 Czernowitz,

Glasgow, † 8. 6. 1897 Wien. H. studierte an der Andersonian University Maschinenbau, trat 1834 als Volont¨ar in eine Maschinenfabrik in Glasgow ein und wurde im folgenden Jahr Maschinenkonstrukteur bei William Fairbain & Co. in Manchester. F¨ur dieses Unternehmen entwarf er die maschinelle Ausstattung der Wiener Hauptwerkst¨atte der Wien-Raaber-Bahn, hielt sich 1838 zur Montage in Wien auf und wurde anschließend Leiter der Hauptwerkst¨atte im Dienst der WienRaaber-Bahn. Unter seiner Leitung (1838-82) entwickelte sich das seit 1841 als k. k. landesbefugte Maschinenfabrik selbst¨andige Unternehmen zu einer international anerkannten Lokomotiv- und Waggonbauanstalt. Zu H.s zahlreichen Erfindungen und Neuerungen z¨ahlt die erste hydraulische Schmiedepresse (1860). Er verfaßte u. a. Die Locomotive „Wien-Raab“ in der Pariser Industrie-Ausstellung (1855) und gab Locomotive-Typen der k. k. landesbef. Maschinen¨ Fabrik in Wien der K. K. Priv. Osterr. Staats-EisenbahnGesellschaft. 1840-1873 (1873) heraus. C NDB

† 12. 6. 1926 G¨ottingen. H., Sohn eines Rechtsanwalts, schloß 1895 seine rechtswissenschaftlichen Studien an den Universit¨aten Czernowitz, Wien und Heidelberg ab, habilitierte sich 1898 an der Univ. Heidelberg f¨ur o¨ ffentliches Recht und wurde 1905 a. o. Prof. an der Preußischen Verwaltungsakademie in Posen. Seit 1907 lehrte er an der Vereinigung f¨ur staatswissenschaftliche Fortbildung in Berlin und war Mitarbeiter des preuß. Unterrichtsministeriums. H. wurde 1909 a. o. Prof. des Staats-, Verwaltungs- und V¨olkerrechts an der Univ. G¨ottingen, lehrte dort seit 1918 auch englisches Recht und war seit 1921 Ordinarius. Neben englischem Verfassungsund Verwaltungsrecht besch¨aftigte er sich mit vergleichender Rechtswissenschaft (u. a. Britisches und R¨omisches Weltreich, 1921), Weimarer und Preußischem Staats- und Verwaltungsrecht sowie V¨olkerrecht. C NDB

Hatheyer, Heidemarie, geb. Nechansky, Schauspielerin, * 8. 4. 1918 Villach (K¨arnten), † 11. 5. 1990 Zollikon (Kt. Z¨urich). H. wandte sich nach dem Abitur dem Theater zu, trat im Wiener Kabarett „Literatur am Naschmarkt“ sowie in verschiedenen Operetten auf und spielte 1936 / 37 am Theater an der Wien. 1937-40 war sie Mitglied des FalckenbergEnsembles an den M¨unchner Kammerspielen, wirkte 1937 in Luis → Trenkers Der Berg ruft und 1940 in Die Geierwally mit und wurde zu einem Star des deutschen Heimatfilms. 1942 von Gustaf → Gr¨undgens an das Berliner Staatstheater berufen, war H. 1946-49 Mitglied des M¨unchner Staatsschauspiels und der Kleinen Kom¨odie, kam anschließend an das Berliner Schillertheater und spielte 1951-57 erneut unter Gr¨undgens in D¨usseldorf. Sie war auf den B¨uhnen des Hamburger Thalia- und des Berliner Renaissance-Theaters zu sehen und trat 1955-83 regelm¨aßig am Z¨urcher Schauspielhaus auf; Gastspiele f¨uhrten sie u. a. nach Wien. Zu ihren bedeutendsten Rollen z¨ahlten Medea und Mutter Courage. 1988 feierte H. als Titelheldin in dem Kinofilm Martha Jellneck ihr Leinwand-Comeback. C Cinegraph Hathumar, Bischof von Paderborn, † 9. 8. 815 (?). H. stammte aus Sachsen, kam als Geisel nach Franken und erhielt seine Ausbildung in der Bischofsstadt W¨urzburg. Anl¨aßlich des Besuchs Papst Leos III. 799 in Paderborn stiftete → Karl der Große das Bistum Paderborn und unterstellte es der Kurie. Nachdem es zun¨achst von W¨urzburg aus verwaltet worden war, setzte Karl 806 / 807 H. zum ersten Bischof von Paderborn ein. 815 nahm er an der Reichsversammlung in Paderborn teil, auf der die Stiftung des Klosters Hethi (seit 822 in Corvey) beschlossen wurde. C LexMA

Hatschek, Berthold, o¨ sterr. Zoologe, * 3. 4. 1854 Kirwein (M¨ahren), † 18. 1. 1941 Wien. Nach medizinischen und naturwissenschaftlichen Studien an den Universit¨aten Wien und Leipzig (Promotion 1877, Beitr¨age zur Entwicklungsgeschichte der Lepidopteren) zun¨achst Privatgelehrter, war H. 1885-96 o. Prof. der Zoologie an der Deutschen Univ. in Prag, anschließend bis 1925 o. Prof. und Leiter des Zweiten Zoologischen Instituts an der Univ. Wien. Er ver¨offentlichte u. a. Studien u¨ ber Entwicklungsgeschichte der Anneliden (1878), Lehrbuch der Zoologie (3 Bde., 1888 / 89), Elementarcurs der Zootomie (1896, mit Carl Isidor → Cori), Hypothese der organischen Vererbung (1905) und Das neue zoologische System (1911). C NDB

Hatschek, Ludwig, o¨ sterr. Industrieller, * 9. 10. 1856 Tieschetitz (M¨ahren), † 15. 7. 1914 Linz. Nach dem Besuch der Handelsschule Linz und der Brauereischule Weihenstephan in Oberbayern f¨uhrte H., Sohn eines Brauers, gemeinsam mit Verwandten die Aktienbrauerei Linz und machte sich 1889 selbst¨andig. Er unternahm eine Studienreise durch England, erwarb eine Asbestfabrik und ein Wasserwerk in Sch¨ondorf bei V¨ocklabruck und begr¨undete 1893 die „Erste o¨ sterreichisch-ungarische Asbestwarenfabrik Ludwig Hatschek“. Nach einer Reihe erfolgloser Versuche mit teergetr¨ankter Asbestpappe erfand H. 1900 das feuer- und wasserfeste, aus Asbest und Portlandzement bestehende „Eternit“, das 1901 patentiert wurde. Das Patent wurde an internationale Lizenznehmer verkauft; Fabriken entstanden u. a. 1903 in Frankreich. H. erwarb 1907 eine eigene Portlandzementfabrik in Gmunden und schloß Vertr¨age mit Asbestgrubenbesitzern im Ural. C NDB

Hatt(-Haller), Heinrich, schweizer. Unternehmer, * 1. 5. 1878 Hemmental, † 7. 6. 1940 Z¨urich. H., der einer Bauernfamilie entstammte, brach die Schule ab, um seinen Vater finanziell zu unterst¨utzen, arbeitete in einer Stahlgießerei und durchlief eine Lehre als Maurer. Nach Ende der Ausbildung 1897 war er kurzzeitig in Z¨urich t¨atig und ging anschließend auf mehrj¨ahrige Wanderschaft, die ihn u. a. nach M¨unchen, Dresden und Hamburg f¨uhrte. 1901 in seine Heimat zur¨uckgekehrt, arbeitete H. anfangs bei einem Baumeister in Unterstrass, bevor er sich 1902 mit einem eigenen Baugesch¨aft in der N¨ahe von Z¨urich selbst¨andig machte. Sein Unternehmen vergr¨oßerte sich rasch und entwickelte sich zu einem der wichtigsten Baugesch¨afte der Schweiz. In der weiteren Umgebung von Z¨urich war H. verantwortlich f¨ur den Bau von Br¨ucken und Kraftwerken (u. a. das Limmatkraftwerk in Wettingen und die Br¨uckenbauten der Gotthardlinie am Monte Ceneri), in Genf u¨ bernahm er die Bauleitung f¨ur den V¨olkerbundspalast. 1928 wurde die Firma in die AG Heinr. Hatt-Haller umgewandelt. 1913-38 war H. Mitglied des Großen Rats von Z¨urich, 1925-32 des Z¨urcher Kantonsrats. Seit 1928 geh¨orte er der Zentralleitung des Schweizerischen Baumeisterverbandes an. H.s S¨ohne und Schwiegers¨ohne f¨uhrten sein Unternehmen fort. C Schaffhauser Biogr, Bd 5

Hattemer, Heinrich, Philologe, * 3. 7. 1809 Mainz, † 11. 11. 1849 Biel. Im Anschluß an sein Studium an der Univ. Gießen zun¨achst Hauslehrer, sp¨ater Gymnasialprofessor in Darmstadt, ging H., wegen seiner liberalen Gesinnung unter Druck geraten, 1836 in die Schweiz und wurde Deutsch- und Lateinlehrer an der Kantonsschule in St. Gallen. Seit 1842 Lateinlehrer am Progymnasium Biel, mußte er wegen seiner publizistischen Beteiligung am Badischen Aufstand von 1848 den Kanton

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Hatten Bern verlassen und kehrte erst kurz vor seinem Tod nach Biel zur¨uck. Als sein Hauptwerk gilt die Ver¨offentlichung von Werken der Stiftsbibliothek St. Gallen unter dem Titel Denkm¨aler des Mittelalters (3 Bde., 1842-48). C ADB

Wahl → Konrads I. 911 beeinflußt zu haben und war kurzzeitig dessen Erzkaplan. In erster Linie Realpolitiker, vertrat er das B¨undnis von K¨onigtum und Kirche. H. f¨orderte den Dombau und die Stadterweiterung in Mainz. C LexMa

Hatten, Andreas Stanislaus von, kath. Theologe, Bischof

Hatto II., Erzbischof von Mainz, Abt, † 18. 1. 970. Seinem Onkel Adalhard folgte H. 956 im Amt des Abtes von Fulda. Er begleitete den sp¨ateren Kaiser → Otto I. 961 auf dessen Italienzug, bereitete die Ankunft in Rom vor und nahm an der Kaiserkr¨onung teil. Nach dem Tod des Mainzer Erzbischofs → Wilhelm 968 betrieb Otto von Italien aus die Wahl H.s zu dessen Nachfolger. Dieser stimmte im selben Jahr, dem Wunsch des Kaisers entsprechend, der Errichtung des Erzbistums Magdeburg zu. H. wurde Erzkanzler und galt als treuer Gefolgsmann Ottos. C LexMA

von Ermland, * 31. 8. 1763 Lemitten (Kr. Braunsberg, Ostpreußen), † 3. 1. 1841 Frauenburg (Ostpreußen). H., Sohn eines polnischen Majors und Landj¨agermeisters, studierte 1783-86 am Collegium Germanicum in Rom, wurde zum Dr. jur. can. promoviert und kehrte nach der Priesterweihe nach Ermland zur¨uck. Zun¨achst juristischer Mitarbeiter des F¨urstbischofs Krasicki, wurde er 1792 zum Pfarrer von Mehlsack ernannt und kam 1799 als Domkapitular nach Frauenburg. Seit 1801 war er Weihbischof von Ermland und vollzog 1818 die Weihe des F¨urstbischofs Joseph von Hohenzollern, dessen Nachfolger er 1837 wurde. H. wurde das Opfer eines Raubmords. C Altpreuß Biogr, Bd 1

Hattingberg, Hans von, Psychologe, * 18. 11. 1879 Wien, † 18. 3. 1944 Berlin. H., Sohn eines Regierungsrats, schloß das Jurastudium in Wien 1902 mit der Promotion zum Dr. jur. ab, begann nach einer juristischen T¨atigkeit 1906 ein Studium der Medizin und Psychologie in Bern und Heidelberg und wurde 1913 in M¨unchen zum Dr. med. promoviert (Multiple Sklerose mit Muskelatrophien). Anschließend er¨offnete er eine psychotherapeutische Praxis in M¨unchen, wurde Schriftf¨uhrer der Internationalen Gesellschaft f¨ur Psychoanalyse und gab 1924 die Schriftenreihe Der nerv¨ose Mensch heraus. 1932 gr¨undete er in Berlin ein psychotherapeutisches Ambulatorium am St. Gertrauden-Krankenhaus. Er war 1936 Mitbegr¨under des Deutschen Instituts f¨ur psychologische Forschung und Psychotherapie, dessen Forschungsabteilung und Bibliothek er leitete, und erhielt 1940 einen Lehrauftrag als Honorarprofessor an der Univ. Berlin. H. ver¨offentlichte u. a. ¨ Anlage und Umwelt (1924), Uber die Liebe (1936, Neuausg. 1966), Neue Seelenheilkunde (1943) und Ehekrisen, Entwicklungskrisen. Ein Problem unserer Zeit (1949). C M¨uhlleitner

Hatto, Bischof von Basel, auch Haito, Heito, * 762 / 763, † 17. 3. 836 Reichenau. Der einem schw¨abischen Grafengeschlecht entstammende H. lebte seit seinem f¨unften Lebensjahr im Kloster Reichenau und wurde in jungen Jahren Vorstand der Klosterschule, die unter seiner Leitung zu großem Ansehen kam. Er war lange Jahre Stellvertreter des Abts → Waldo und wurde 802 Bischof von Basel, 806 zus¨atzlich Abt der Reichenau. Wie sein Vorg¨anger stand er in engem Kontakt mit → Karl dem Großen, war 811 Mitunterzeichner von Karls Testament und f¨uhrte im selben Jahr eine Gesandtschaft zur Anerkennung von dessen Kaisertum nach Byzanz. H. verfaßte die Murbacher Statuten (Capitulare monasticum) zur Reform des Klosters Reichenau und weihte 816 das unter seiner Leitung erbaute Reichenauer M¨unster. Seit 822 lebte er als einfacher M¨onch in der Reichenau. C LexMA Hatto I., Erzbischof von Mainz, * um 850 (?), † 15. 5. 913. Der aus adligem schw¨abischem Geschlecht stammende H. war Kaplan → Karls II., seit 888 Abt von Reichenau, seit 889 von Ellwangen und stand in der Gunst K¨onig → Arnulfs, der ihn 891 als Erzbischof von Mainz einsetzte. Er stand 895 der Synode von Tribur vor und begleitete Arnulf u. a. zur Kaiserkr¨onung nach Italien. H. war maßgeblich an der Erhebung → Ludwigs des Kindes zum K¨onig 900 beteiligt und beeinflußte neben → Adalbero von Augsburg lange Jahre den minderj¨ahrigen Regenten und damit die Reichspolitik. Er erwarb die Kl¨oster Lorsch und Weißenburg. H. scheint die

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Hattstein, Johann von, Baumeister, * um 1455 Usingen (?), † 13. 9. 1518 Mainz. Nach Abschluß seiner Studien in Erfurt und Heidelberg wurde H., Sohn eines nassauischen Amtsmanns, Mitglied des Mainzer Domkapitels und hatte dort mindestens seit 1478 als „magister fabricae“ das Amt des Baumeisters inne. Unter seiner Leitung arbeiteten u. a. Matthias → Gr¨unewald, Hans → Backoffen, Nikolaus Queck und Georg Kraft. Als H.s Hauptwerk gilt der Turmhelm f¨ur den Westturm des Mainzer Doms. C NDB

Hattstein, Konrad Ritter von, Beamter, * um 1490, 11. 12. 1553 begraben in Steinheim / Main. H. verwaltete 1514-30 als Nachfolger seines Vaters das Amt Usingen und war ein Parteig¨anger des Franz von → Sickingen. 1530 wurde er Amtmann der Stadt Frankfurt / Main zu Bonames, Dortelweil, Sulzbach und Soden, seit 1534 daneben Hauptmann von Frankfurt / Main und 1540-44 Hofrichter und Viztum in Mainz. H. versah seit 1542 auch das Amt eines kaiserlichen Kommissars, wurde 1544 kaiserlicher Reiteroberst und 1552 kurtrierischer Oberst.

Hattstein, Marquard, Bischof von Speyer, * 29. 8. 1529 Usingen, † 7. 12. 1581 Udenheim. Der Sohn eines in nassauischen Diensten stehenden Amtmanns studierte in L¨owen und Mainz. Fr¨uh f¨ur die geistliche Laufbahn bestimmt, wurde H. 1553 Kanoniker, 1558 Dompropst in Speyer und 1568 Domkustos in Mainz. 1560 empfing er in Bruchsal die Priester- und die Bischofsweihe. Seit 1554 kaiserlicher Rat, f¨uhrte er Missionen u. a. auf dem Fuldaer Kurf¨urstentag (1568) und am Frankfurter Reichsdeputationstag (1569) aus. Aufgrund der engen Beziehung zu Kaiser → Maximilian II. erhielt er 1569 das Amt des Kammerrichters am Reichskammergericht in Speyer. H., der sich in erster Linie als Reichsf¨urst verstand, pflegte eine u¨ ppige Hofhaltung, vernachl¨assigte die Haushaltsf¨uhrung und verfaßte dennoch rund zwanzig Synodalschreiben. Er geh¨orte vermutlich zu den Anh¨angern der Lehre Kaspar von → Schwenckfelds und f¨orderte dessen Bewegung. C Gatz 2

Hatvani, Paul, eigentl. P. Hirsch, Schriftsteller, Chemiker, * 16. 8. 1892 Wien, † 9. 11. 1975 Kew bei Melbourne (Australien). Seit seinem zw¨olften Lebensjahr an einer ungarischen Schule in Budapest ausgebildet, studierte H. seit 1911 Chemie und Mathematik in Wien und publizierte daneben Skizzen, Essays, Aphorismen und Gedichte in expressionistischen Zeitschriften (u. a. Versuch u¨ ber den Expressionismus, in: Die Aktion 7, Nr. 11 / 12, 1917). Er befaßte sich intensiv mit dem Werk von Karl → Kraus und war mit Hermann → Broch befreundet. Seit dem Ende des Ersten Weltkriegs arbeitete er in der Textilindustrie. 1931 / 32 war er Mitarbeiter der Zeitschrift „Moderne Welt“, 1933 des Journals „Die Zone“. H. emigrierte 1939 nach Australien und war dort als Chemiker

Hatzfeld t¨atig. Seit den sechziger Jahren trat er mit literatur- und kulturkritischen Essays in deutschen und Wiener Zeitschriften („Akzente“, „Literatur und Kritik“, „Neues Forum“) erneut ¨ an die Offentlichkeit. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨ort Salto mortale. Aphorismen, Essais, Skizzen (1913). C Killy

Dortmund, lehrte er seit 1934 Bergpolizeiwesen und Grubensicherheit an der TH Berlin. 1945 wurde H. Berghauptmann in Halle und war 1946-51 Leiter der Hauptabteilung Kohle im Ministerium f¨ur Schwerindustrie in Berlin. Als sein Hauptwerk gilt das Handbuch der Grubensicherheit (4 Bde., 1952-55). C NDB

Hatvany, Ludwig Baron von, eigentl. Ludwig (Lajos) Deutsch, Publizist, Schriftsteller, * 28. 10. 1880 Budapest, † 12. 1. 1961 Budapest (?). Der aus einer Industriellenfamilie stammende H. schloß das Philosophiestudium in Budapest und Freiburg / Breisgau 1905 mit der Promotion ab, studierte anschließend Klassische Philologie in Berlin und kehrte 1908 nach Budapest zur¨uck, wo er als M¨azen und freier Publizist wirkte. 1918 nahm er an der ungarischen Revolution teil, wurde Mitglied des Nationalrats und floh noch im selben Jahr nach Wien, wo er als Publizist sowie F¨orderer und Mitarbeiter der Emigrantenzeitschrift „J¨ov¨o“ t¨atig war. 1927 nach Budapest zur¨uckgekehrt und in einem politischen Prozeß zu sieben Jahren Haft verurteilt, wurde H. bereits 1928 begnadigt und setzte seine journalistische T¨atigkeit fort. 1940 emigrierte er nach Großbritannien. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nach Ungarn zur¨uck, wurde 1948 Prof. an der Univ. Budapest, zog sich allerdings zwischen 1949 und 1957 aus dem o¨ ffentlichen Leben zur¨uck und widmete sich der Arbeit an seiner nie ver¨offentlichten Pet¨ofi-Biographie. H. verfaßte u. a. Die Wissenschaft des nicht Wissenswerten (1908, 21911), Ich und die B¨ucher (1910) und Das verwundete Land (1921). C Lex dt-j¨ud Autoren

Hatzfeld, Georg Heinrich, Mediziner, * 18. 6. 1701 Heiligenborn, † 11. 7. 1744 Halle / Saale. H. studierte seit 1717 an der Hochschule in Herborn und wurde 1725 an der Univ. Halle zum Lizentiaten der Medizin promoviert (De virgine hydropica uteri mola simul laborante, dt. in Carl Ludwig Neuenhahn: Vermischte Bibliothek, 1. Sammlung, 1758). Er war Mitbegr¨under der Praktischen Medizin an der Reformuniversit¨at Halle.

Hatzfeld, Adolf (Franz Iwan) von, Schriftsteller, * 3. 9. 1892 Olpe (Westfalen), † 25. 7. 1957 Bad Godesberg (heute zu Bonn). H., Sohn eines Senatspr¨asidenten am Oberlandesgericht in D¨usseldorf, brach eine kaufm¨annische Lehre ab, um Offizier zu werden, geriet mehrfach in Konflikt mit seinen Vorgesetzten und unternahm 1913 einen Selbstmordversuch, in dessen Folge er erblindete. Er studierte Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie in M¨unster, Freiburg / Breisgau und Marburg, unternahm nach der Promotion 1919 Reisen ins Ausland und lebte zeitweise in den Kl¨ostern Maria Laach und Beuron. H. war mit Ernst → Toller, Ren´e → Schickele und Felix Timmermans befreundet, ließ sich 1925 in Bad Godesberg als freier Schriftsteller nieder und gr¨undete 1926 mit Alfons → Paquet den „Bund rheinischer Dichter“. Durch Vermittlung von Tilla → Durieux ver¨offentlichte H. bei Paul → Cassirer die von der Gesellschaft Junges Deutschland preisgekr¨onte autobiographische Erz¨ahlung Franziskus (1918). Dar¨uber hinaus entstanden vor allem Gedichte (L¨andlicher Sommer, 1926) und Romane (u. a. Die Lemminge, 1923). Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte H., der 1937 in die NSDAP eingetreten war, nicht mehr an seine schriftstellerischen Erfolge ankn¨upfen; 1949-51 war er Mitarbeiter der „Wetzlarer Neuen Zeitung“. C Westf Autoren, Bd 3

Hatzfeld, Carl (Wilhelm), Berghauptmann, * 18. 9. 1876 Wallmerod / Westerwald, † 9. 7. 1961 Berlin. Nach Abschluß seiner bergwissenschaftlichen Ausbildung in Marburg, Berlin und Bonn wurde H., Sohn eines Arztes, Lehrer an der Bergschule Saarbr¨ucken, leitete seit 1910 als Berginspektor die Grube K¨onig in Neukirchen / Saar und hielt sich wiederholt zu Studien auf dem Gebiet der Grubensicherheit in England auf. Nach der R¨uckkehr aus dem Ersten Weltkrieg 1917 zun¨achst der Kohlenstelle Essen zugeteilt, war er seit 1918 im preuß. Ministerium f¨ur Handel und Gewerbe mit dem Aufbau und der Leitung eines Grubensicherheitsamtes betraut. 1929-33 Berghauptmann in

Hatzfeld, Helmut (Anton), Romanist, * 4. 11. 1892 Bad D¨urkheim, † 18. 5. 1979 Washington, D. C. H. studierte Romanistik in M¨unster, Berlin, Grenoble und ¨ Edinburgh und wurde 1915 promoviert (Uber die Objektivierung subjektiver Begriffe im Mittelfranz¨osischen). Seit 1929 Prof. der Romanistik an der Univ. Frankfurt / Main, folgte 1932 einem Ruf an die Univ. Heidelberg. 1935 wurde ihm die Lehrerlaubnis entzogen. Sp¨ater emigrierte er in die USA, wo er seit 1942 an der Catholic University of America in Washington, D. C., lehrte. H. war zun¨achst vor allem Hispanist und befaßte sich u. a. mit spanischer Barockdichtung (Der ‚Don Quijote‘ als Wortkunstwerk, 1927), sp¨ater arbeitete er vorwiegend u¨ ber franz¨osische Literatur. C Pf¨alzer Pers Hatzfeld, Johann(es), kath. Theologe, Musiker, Schriftsteller, * 14. 4. 1882 Benolpe bei Olpe (Sauerland), † 5. 7. 1953 Paderborn. H., Sohn eines Gastwirts und B¨ackermeisters, studierte in M¨unchen und Paderborn Theologie, Kunstgeschichte und Musikwissenschaft und war 1907-10 in Magdeburg Sch¨uler Josef → Krug-Waldsees. Nach der Priesterweihe 1906 in der Seelsorge t¨atig, unterrichtete er 1914-24 als Religionslehrer in Paderborn. H. war 1930 an der Gr¨undung der „Internationalen Gesellschaft f¨ur Neue Katholische Kirchenmusik“ in Frankfurt / Main beteiligt, gab die Reihen „Musica orans“ und „Musik im Haus“ heraus und ver¨offentlichte Liederb¨ucher (u. a. Tandaradei, 1917, 61926; Susani, 1921, 4 1953) sowie Chorwerke. C Westf Autoren, Bd 3 Hatzfeld, Karl Friedrich (Anton) Graf von, o¨ sterr. Staatsmann, * 14. 9. 1718, † 5. 9. 1793 Wien. H., Sohn eines k. k. Geheimrats und Urenkel Melchior von → H.s, schlug zun¨achst die geistliche Laufbahn ein und wurde Domherr in Mainz. 1741 wechselte er als b¨ohmischer Appellationsrat in den Staatsdienst und wurde 1749 Wirklicher Geheimer Rat, 1761 Appellationsgerichtspr¨asident in Prag. Im selben Jahr zum „deutsch-erbl¨andischen Credits-Deputations- und Stadt-Wienerischen Bancopr¨asidenten“ und Direktor der zu errichtenden Generalkasse ernannt, u¨ bernahm er 1765 zugleich das Pr¨asidium der Hofkammer und war in den folgenden Jahren, auch nach dem Tod Kaiser → Franz’ I., seines wichtigsten F¨orderers, praktisch Finanzminister des Reiches. 1771 u¨ bernahm H. kurzzeitig auch die Leitung der b¨ohmisch-¨osterreichischen Hofkanzlei, wurde im selben Jahr jedoch auf Betreiben ¨ → Josephs II. s¨amtlicher Amter enthoben. Seine Vorschl¨age gelten jedoch als Grundlage f¨ur sp¨atere Reformen. C NDB Hatzfeld, Wilhelm (Ludwig Karl), Landwirt, * 20. 4. 1887 Driedorf / Westerwald, † 18. 12. 1945 Driedorf. Nach einem landwirtschaftlichen Praktikum ließ sich H. 1911 als Bauer in seinem Heimatort nieder und arbeitete im selben Jahr erstmals im Westerwald mit Kunstd¨unger und

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Hatzfeldt einer M¨ahmaschine, 1927 erstmals mit einer Melkmaschine. 1931 gr¨undete er die Viehverwertungsgenossenschaft f¨ur den Dillkreis, war 1931 / 32 Mitglied der Landwirtschaftskammer Wiesbaden und regte die Flurbereinigung f¨ur Driedorf an, die 1935-37 unter seinem Vorsitz durchgef¨uhrt wurde und als Vorbild f¨ur Flurbereinigungsmaßnahmen in Preußen diente. H. wurde 1945 in den Ackerbau-Ausschuß in Frankfurt / Main berufen. Er schrieb zahlreiche Artikel f¨ur die „Nassauer Bauernzeitung“.

Hatzfeldt, Hermann Herzog zu Trachenberg, F¨urst von, Politiker, * 4. 2. 1848 Trachenberg (Schlesien), † 14. 1. 1933 Trachenberg. H. studierte die Rechte, trat in den preuß. Justizdienst ein, nahm am Krieg gegen Frankreich teil und folgte seinem Vater 1874 als F¨urst und Haupt der Linie H.-Trachenberg. Seit 1878 erbliches Mitglied des preuß. Herrenhauses und Vorsitzender der „Neuen Fraktion“, war H. 1878-93 und 1907-12 freikonservatives Mitglied des Reichstags und 1894-1903 Oberpr¨asident von Schlesien. 1900 wurde ihm die Herzogsw¨urde verliehen. H. setzte sich im Ersten Weltkrieg f¨ur einen Verst¨andigungsfrieden ein und war 1919-21 Bevollm¨achtigter der Reichsregieung f¨ur das Abstimmungsgebiet Oberschlesien sowie bis 1930 Mitarbeiter der Provinzialverwaltung. Hatzfeldt, Melchior Graf von, Milit¨ar, * 20. 10. 1593 Crottorf (Kr. Altenkirchen / Westerwald), † 9. 1. 1658 Powitzko bei Trachtenberg (Schlesien). H., Sohn eines kurmainzischen Rats, Oberamtmanns und Landrichters des Eichsfelds und Enkel des Reichsritters Franz von → Sickingen, durchlief bis zur Diakonsweihe eine geistliche Ausbildung, studierte in Deutschland und Frankreich und wurde Soldat. Er nahm 1625-32 unter → Wallensteins Oberbefehl an den Kriegsz¨ugen in Niedersachsen, Ungarn, Schlesien und Nord-J¨utland teil und wurde 1632 Oberst und Regimentsinhaber, 1633 Feldmarschalleutnant, 1635 Feldmarschall und Reichsgraf. In den folgenden Jahren u¨ berwiegend in Schlesien und B¨ohmen kommandierend, wurde H. nach der Niederlage der Kaiserlichen 1646 bei Jankau von den Schweden gefangengenommen und nahm nach seiner Auswechslung seinen Abschied. 1657 f¨uhrte er ein kaiserliches Heer gegen die Schweden und eroberte Krakau. H. galt als integrer, religi¨os gem¨aßigter Heerf¨uhrer; seit Ende der dreißiger Jahre erwarb er umfangreiche Besitzungen und erhielt 1654 gemeinsam mit seinem Bruder Hermann M¨unzrecht. C NDB Hatzfeldt zu Trachenberg-Sch¨onstein, Maximilian (Friedrich Karl Franz) Graf von, Diplomat, * 7. 6. 1813 Berlin, † 19. 1. 1859 Berlin. Der Sohn eines preuß. Generalleutnants und Gesandten und Bruder von Sophie Gr¨afin von → Hatzfeldt-Wildenburg wurde 1838 preuß. Legationssekret¨ar in Paris und 1848 interimistisch Leiter der preuß. Gesandtschaft in Paris. Im folgenden Jahr außerordentlicher Gesandter und bevollm¨achtigter Minister beim Pr¨asidenten der R´epublique Fran¸caise, wurde er unter Ernennung zum Wirklichen Geheimen Rat 1853 als Gesandter in Paris akkreditiert und nahm gemeinsam mit → Manteuffel 1856 an den Pariser Kongressen zur Beendigung des Orientalischen Kriegs teil. C ADB Hatzfeldt-Wildenburg, Hermann F¨urst von, Diplomat, * 30. 6. 1867 Paris, † 10. 6. 1941 Crottorf / Sieg. Der Sohn Paul von → H.-W.s studierte 1886 / 87 Rechtswissenschaft an den Universit¨aten Bonn und Straßburg, wandte sich dann einer milit¨arischen Laufbahn zu und trat 1893 in den diplomatischen Dienst ein. Zun¨achst in London, 1901 / 02 in Paris eingesetzt, kam er, nach einer T¨atigkeit bei einer britischen Bank in den Reichsdienst zur¨uckgekehrt, 1906 als Erster Sekret¨ar des Botschafters nach

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Washington und wurde 1909 Generalkonsul, bald darauf außerordentlicher Gesandter und bevollm¨achtigter Minister in Kairo. Seit 1912 widmete sich H.-W. der Bewirtschaftung der von seinem Onkel (neben dem F¨urstentitel) geerbten Besitzungen im Rheinland und wurde 1921 zum Reichskommissar f¨ur das besetzte Rheinland ernannt. C BHdAD

Hatzfeldt-Wildenburg, (Melchior Gustav) Paul Graf von, Diplomat, * 8. 10. 1831 D¨usseldorf, † 22. 11. 1901 London. Der Sohn von Sophie Gr¨afin von → H.-W. und eines Rittergutsbesitzers studierte 1851-54 Rechtswissenschaften an der Univ. Berlin und trat 1857 in den preuß. Justiz-, 1859 in den diplomatischen Dienst ein. 1862 lernte ihn → Bismarck in der preuß. Gesandtschaft in Paris kennen. H.-W. kam 1865 als Legationssekret¨ar nach Den Haag, wurde 1868 ins Außenministerium berufen und 1869 Vortragender Rat in der Politischen Abteilung. Im Deutsch-Franz¨osischen Krieg diplomatischer Adjutant Bismarcks, wurde er 1874 Gesandter in Madrid, 1878 Botschafter in Konstantinopel und kehrte 1881 nach Berlin zur¨uck. 1882-85 war H.-W. Staatssekret¨ar des Ausw¨artigen und preuß. Staatsminister, Mitglied des Staatsministeriums und preuß. Bevollm¨achtigter beim Bundesrat. Anschließend Botschafter in London, war er am Zustandekommen der Mittelmeerentente beteiligt und verhandelte u. a. die Einbindung Helgolands ins Deutsche Reich 1890. 1907 erschienen Hatzfeldts Briefe. Briefe des Grafen Paul Hatzfeldts an seine Frau. Geschrieben vom Hauptquartier K¨onig Wilhelms 1870-71, 1976 Botschafter Paul Graf von Hatzfeldt. Nachgelassene Papiere 1838-1901 (2 Bde., hrsg. von Gerhard Ebel). H.-W. war der Vater von Hermann von → H.-W. C NDB

Hatzfeldt-Wildenburg, Sophie (Josepha Ernestine) Gr¨afin von, geb. Gr¨afin von Hatzfeld-Trachenberg, * 10. 8. 1805 Trachenberg (Schlesien), † 25. 1. 1881 Wiesbaden. Die Schwester von Maximilian Graf von → Hatzfeldt zu Trachenberg-Sch¨onstein wurde zur Beendigung der Familienstreitigkeiten 1822 mit ihrem Vetter Edmund Graf von H.-W. verheiratet. Um sich von dem gewaltt¨atigen Ehemann zu befreien, betrieb sie seit 1846, nachdem die Br¨uder ihr Unterst¨utzung versagten, selbst die Scheidung und wurde darin von dem ihr befreundeten Ferdinand → Lassalle unterst¨utzt, der diesen Prozeß vor 36 Gerichten als einen politischen verstand. 1851 wurde H.-W. geschieden. In ihrem D¨usseldorfer Haus lebte und arbeitete Lassalle 1848-56; 1857 zog H.-W. nach Berlin. Nach dem Tod Lassalles verstand sich H.-W. als Bewahrerin seines Verm¨achtnisses, gab seine nachgelassenen Schriften heraus und versuchte, die Politik des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins mitzubestimmen. Sie war die Mutter von Paul Graf von → H.-W. C NDB

Haubach, Theodor, Journalist, Politiker, Widerstandsk¨ampfer, * 15. 9. 1896 Frankfurt / Main, † 23. 1. 1945 Berlin-Pl¨otzensee. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg Mitherausgeber der expressionistischen Zeitschrift „Die Dachstube“, studierte H., Sohn eines Großkaufmanns, 1919-23 an der Univ. Heidelberg Philosophie, Soziologie und Staatswissenschaft und wurde nach der Promotion 1923 Assistent am Institut f¨ur Außenpolitik in Berlin. 1922 trat er in die SPD ein, ging als außenpolitischer Redakteur 1924 zum „Hamburger Echo“ und wurde Erster Vorsitzender des Reichsbanners „SchwarzRot-Gold“ in Hamburg, sp¨ater dessen Zweiter Vorsitzender im gesamten Reichsgebiet. H. wurde 1929 Pressechef des Innenministers → Severing, 1930 des Berliner Polizeipr¨asidiums und mußte nach dem sog. Preußenschlag → Papens 1932 sein Amt niederlegen. Als Widerstandsk¨ampfer stand

Haubold er dem Kreisauer Kreis nahe, war u. a. mit Julius → Leber und Carlo → Mierendorff befreundet und wurde mehrmals interniert. Nach dem 20. 7. 1944 wurde er verhaftet, zum Tod verurteilt und hingerichtet. H. ver¨offentlichte u. a. Wider die Politik (in: Das Tribunal 1, 1919); eine Reihe philosophischer Manuskripte wurde im Krieg zerst¨ort. C NDB

Stifts St. Cajetan. H. war an der Einf¨uhrung des Ordens der Barmherzigen Schwestern in Bayern beteiligt. Er sammelte historische Musikhandschriften und war als Erbauungs- und Jugendschriftsteller t¨atig (u. a. Andachts- und Erbauungsbuch, 1831, 151874). C NDB

Haubenstock-Ramati, Roman, o¨ sterr. Komponist,

bei Missen / Allg¨au, † 23. 12. 1834 M¨unchen. H. studierte an den Akademien in Wien und M¨unchen, u. a. bei Roman Anton → Boos und dem a¨ lteren Johann Jakob → Dorner, bet¨atigte sich als Kopist und erhielt seit 1793 ein kurf¨urstliches Stipendium. 1797 wurde er Prof. an der M¨unchner Zeichnungsakademie (seit 1808 Akademie der bildenden K¨unste). H. schuf Altarbilder (u. a. Hochzeit zu Kana, 1793, Pfarrkirche Alt¨otting) und Portr¨ats von Personen des M¨unchner Hofs und des B¨urgertums. C Leb Bayer Schwaben, Bd 2

Maler, Graphiker, * 27. 2. 1919 Krakau, † 3. 3. 1994 Wien. Aus einer deutsch-j¨udischen Familie stammend, studierte H.-R. seit 1937 Musikwissenschaft und Philosophie an der Univ. Krakau und war 1938-41 Kompositionssch¨uler J´ozef Kofflers in Lemberg, der ihm nach Kriegsbeginn auch Zuflucht gew¨ahrte. 1941 / 42 in sowjetischer Internierung in Tomsk, kehrte er 1945 nach Polen zur¨uck und wurde 1947 musikalischer Leiter des Polnischen Rundfunks und Chefredakteur der Zeitschrift „Ruch Muzyczny“. H.-R. emigrierte 1950 nach Israel, leitete bis 1957 die von ihm aufgebaute Zentrale Musikbibliothek in Tel Aviv und war 1954-57 Prof. an der dortigen Musikakademie. 1957 kam er mit einem Stipendium des franz¨osischen Rundfunks nach Paris, wurde verantwortlicher Lektor f¨ur Neue Musik bei der Universal Edition in Wien und nahm 1960 die o¨ sterr. Staatsb¨urgerschaft an. Durch Kompositions- und Notationskurse in Europa und Amerika machte er sich international einen Namen als P¨adagoge, 1973-89 war er Ordinarius f¨ur Komposition an der Musikhochschule in Wien. H.-R. gilt als einer der V¨ater der „musikalischen Graphik“. Er befaßte sich besonders mit Formen des musikalischen Ablaufs und setzte sich daf¨ur ein, auch dem Zufall einen Platz in der Auff¨uhrungspraxis einzur¨aumen. Seine Oper Amerika nach Franz → Kafka wurde 1966 in Berlin uraufgef¨uhrt. C MGG

Hauber, Eberhard David, evang. Theologe, Geograph, * 27. 5. 1695 Hohenhaslach bei Bietigheim (W¨urttemberg), † 15. 2. 1765 Kopenhagen. H., Sohn eines Pfarrers, der 1706 Superintendent in Vaihingen und 1725 Abt zu Anhausen wurde, studierte Theologie in T¨ubingen und Altdorf (bis 1717) und befaßte sich mit Mathematik und Naturwissenschaften. Anschließend Hauslehrer und Repetent am T¨ubinger Stift, wurde er 1724 Vikar an der Stiftskirche Stuttgart, war 1726-46 Superintendent der Grafschaft Schaumburg sowie Oberpfarrer in Stadthagen und gr¨undete dort gemeinsam mit der Gr¨afinwitwe ein Waisenhaus nach dem Vorbild der Franckeschen Stiftungen in Halle. 1728 wurde H. in Helmstedt promoviert. 1746 folgte er dem Ruf der deutschen evang. Gemeinde an die St. Peterskirche nach Kopenhagen. Seit 1728 war H. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er befaßte sich in seinen fr¨uhen Jahren u¨ berwiegend mit Geographie, Kartographie und deren Geschichte (u. a. Historische Nachricht von den Land-Charten desz Schw¨abischen Craiszes [. . .], 1724), sp¨ater mit Theologie und Regionalgeschichte und ver¨offentlichte u. a. Versuch einer umst¨andlichen Historie der Land-Charten (1724, Nachdr. 1988), De metempsychosi sive Pythagorea animarum transmigratione, brevis disquisitio (1724), N¨utzlicher Discours von dem gegenw¨artigen Zustand der Geographie, besonders in Teutschland (1727), Gedancken und Vorschl¨age, wie die von unterschiedenen Authoren unternommene Historie der Geographie [. . .] noch am f¨uglichsten zu Stande gebracht werden m¨ochte (1730) und Bibliotheca, acta et scripta magica (3 Bde., 1738-45). C NDB

Hauber, Johann Michael, kath. Theologe, Schriftsteller, * 2. 8. 1778 Irsee bei Kaufbeuren, † 10. 5. 1843 M¨unchen. Nach dem Studium in Freising und der Priesterweihe 1801 war H., Sohn eines Klosterschreiners, in der Seelsorge t¨atig und kam 1805 als Prediger, Schulinspektor und Katechet nach M¨unchen. 1818 wurde er Hofprediger, 1841 Propst des

Hauber, Josef, Maler, Graphiker, * 14. 3. 1766 Geratsried

Hauberrißer, Georg (Joseph) Ritter von, Architekt, * 19. 3. 1841 Graz, † 17. 5. 1922 M¨unchen. Zun¨achst am Grazer Joanneum ausgebildet, studierte H., Sohn eines Baumeisters, seit 1862 an den Akademien in M¨unchen, Berlin und Wien, u. a. bei Gottfried → Neureuther, Georg Friedrich → Ziebland, Johann Heinrich → Strack und Friedrich von → Schmidt. Sp¨ater bildete er sich auf Studienreisen durch Deutschland, Frankreich und Belgien in dem von ihm bevorzugt nachgebildeten gotischen Baustil weiter. Eines seiner Hauptwerke ist das M¨unchner Rathaus (1867-74, 1899-1908); er plante auch die Rath¨auser f¨ur Wiesbaden (1882-90) und Saarbr¨ucken (1897-1900) sowie Kirchenbauten, u. a. in Graz und M¨unchen. C Lex Kunst

Haubitz, Christoph, Baumeister, 16. Jh. Erstmals 1549 erscheint H. als Maurermeister des Herzogs → Johann Albrecht I. von Mecklenburg in Wittenburg. Sp¨ater renovierte er mehrere Bauten, u. a. das Zeughaus in Schwerin, und errichtete 1570 / 71 das im Stil der Fr¨uhrenaissance ausstaffierte Schloß Gadebusch. H. wurde 1572 Baumeister Johann Albrechts, 1583 Herzog Christophs und 1584 Herzog Johanns. C Th-B

Haubner, Gottlieb (Carl), Veterin¨armediziner, * 18. 9. 1806 Hettstedt / Unterharz, † 27. 4. 1882 Dresden. H., Sohn eines Schneidermeisters, studierte 1826-29 an der Univ. Berlin, war nach der Approbation 1830 Kreistierarzt in Ortelsburg, seit 1836 in Greifswald, lehrte daneben an der Landwirtschaftlichen Akademie Eldena und wurde 1837 an der Univ. Jena promoviert. 1842 wurde er zus¨atzlich zu seinem Lehrauftrag Departementstierarzt des Regierungsbezirks Stralsund, 1845 Prof. in Eldena und folgte 1853 einem Ruf an die Tierarzneischule nach Dresden. H. leitete dort zun¨achst die Klinik f¨ur gr¨oßere Haustiere, sp¨ater bis zu seiner Pensionierung 1879 die Poliklinik und war seit 1856 Landestierarzt des K¨onigreichs Sachsen. Neben dem Handbuch der popul¨aren Tierheilkunde (4 Bde.,1837-42; unter dem Titel Die inneren und a¨ ußeren Krankheiten der landwirthschaftlichen Hauss¨augethiere, 21848, 71857; unter dem Titel Landwirtschaftliche Tierheilkunde, 81880, 221944) vero¨ ffentlichte er u. a. Ueber die Magenverdauung der Wiederk¨auer nach Versuchen, nebst einer Pr¨ufung der Flourens’schen Versuche u¨ ber das Wiederkauen (1837). C NDB

Haubold, Christian Gottlieb, Jurist, * 4. 11. 1766 Dresden, † 14. 3. 1824 Leipzig. H., Sohn eines Professors und Oberinspektors des mathematischen und physikalischen Salons in Dresden, studierte seit 1781 zun¨achst Geisteswissenschaften, sp¨ater Rechtswissenschaft an den Univ. Leipzig und G¨ottingen, habilitierte sich 1786 an der Philosophischen Fakult¨at der Univ. Leipzig und lehrte r¨omisches Recht sowie r¨omische Rechtsgeschichte. 1788 wurde er promoviert, 1789 zum a. o. Prof.

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Haubold der Rechtsaltert¨umer und 1796 zum o. Prof. des s¨achsischen Rechts ernannt. Erst 1802 trat er in die Juristische Fakult¨at ein, an der er 1809-21 von der f¨unften bis zur zweiten Professur aufstieg. H., der als Mitbegr¨under der Historischen Rechtsschule gilt, schrieb u. a. das Lehrbuch des kgl. S¨achsischen Privatrechts (1820). C NDB

Haubold, (Carl) Gottfried, Maschinenbauer, * 9. 1. 1792 Garnsdorf bei Chemnitz, † 10. 10. 1862 Chemnitz. Zun¨achst Werkmeister im Unternehmen seines Vetters Gottlieb → H., gr¨undete H. 1837 in Chemnitz eine eigene Firma, baute Maschinen f¨ur Spinnereien, Webereien und die Textilveredelung, sp¨ater auch Papier-Holzbearbeitungsmaschinen und M¨uhlenanlagen. Er gilt als „Vater des Chemnitzer Maschinenbaus“. Zeitlebens hatte er Schwierigkeiten mit der Sicherung seiner Patente; erst unter seinen Nachkommen, vor allem unter dem Enkel Carl Hermann H., wurde das Unternehmen ein Großbetrieb, 1918 eine Aktiengesellschaft. C NDB Haubold, (Carl) Gottlieb, Maschinenbauer, * 20. 3. 1783 Auerswalde bei Chemnitz, † 18. 5. 1856 Rochlitz (Sachsen). Der Sohn eines Zimmermanns und Vetter Gottfried → H.s war Zimmermann und Zeichner und baute seit 1807 Spinnereimaschinen, 1815 die erste Schlagmaschine. H. fand regen Absatz f¨ur seine Maschinenproduktion und betrieb daneben seit 1822 eine Spinnerei. 1830 unternahm er eine Studienreise durch Europa, baute seit 1831 auch Dampfmaschinen und erhielt 1834 erstmals Patente auf sechs verschiedene Spinnmaschinen. Mit Hilfe staatlicher Kredite erweiterte er seine Werkst¨atten, erwarb Grundst¨ucke, stellte eine eigene Dampfmaschine auf und betrieb eine eigene Eisen- und Metallgießerei. 1836 wurde die 500 Arbeiter besch¨aftigende Firma in die „S¨achsische Maschinenbau-Compagnie Aktiengesellschaft“ umgewandelt, die jedoch 1849 bankrott ging und die von H. inzwischen eingerichtete Spinnerei mit in den Konkurs zog. C NDB Haubrich, Josef, Pseud. Dr. Ludwig Josef, Kunstsammler, * 15. 6. 1889 K¨oln, † 5. 9. 1961 M¨unstereifel. H., Sohn eines Direktors der Ortskrankenkassen f¨ur Fabriken in K¨oln, studierte an den Universit¨aten M¨unchen, Berlin, Bonn und der Handelsschule K¨oln Jura, Handelswissenschaften, National¨okonomie und Finanzwissenschaften und wurde 1913 an der Univ. Rostock zum Dr. jur. promoviert. Seit 1916 war er Mitinhaber einer Gemeinschaftskanzlei in K¨oln und verwendete den Gewinn des erfolgreichen Unternehmens zum Ankauf moderner Kunst. Er erwarb Bilder, u. a. von Emil → Nolde, James Ensor, Otto → Dix, Ernst Ludwig → Kirchner, Oskar → Kokoschka und Vlaminck, war mit Marc Chagall befreundet und stellte 1924 in Paris dessen große K¨olner Einzelausstellung zusammen. Unter Pseudonym schrieb er Kunstkritiken f¨ur die sozialdemokratische „Rheinische Zeitung“. Im „Dritten Reich“ vergr¨oßerte er seine Sammlung von Kunstwerken, die damals als „entartet“ diffamiert wurden, und war Repressionen ausgesetzt; seine Frau nahm sich 1944 vor einem Gestapo-Verh¨or das Leben. H. schenkte seine fast vollst¨andig gerettete Sammlung 1946 der Stadt K¨oln, die sie in das 1957 eingeweihte Wallraf-Richartz-Museum eingliederte, und erweiterte sie um Ank¨aufe zeitgen¨ossischer Kunst. Er war seit 1946 K¨olner Stadtverordneter, seit 1956 stellvertretender Oberb¨urgermeister und schrieb u. a. Kunstliebendes K¨oln (1957). C NDB

Hauchecorne, (Heinrich Lambert) Wilhelm, Geologe, * 13. 8. 1828 Aachen, † 15. 1. 1900 Berlin. H., Sohn eines Steuerrats und Generalagenten der Eisenbahn, studierte an der Univ. Berlin und der Bergakademie Freiberg, trat 1854 in den Staatsdienst ein und wurde

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1858 Berggeschworener des Reviers Mayen. Seit 1863 Bergassessor an der Handelsabteilung der Bergwerksdirektion Saarbr¨ucken, wurde er 1865 Berginspektor und im folgenden Jahr Mitarbeiter der Ministerialabteilung f¨ur Berg-, H¨utten- und Salinenwesen in Berlin. H. redigierte deren Zeitschrift, wurde Direktor der Bergakademie und war 1871 Berater bei der Grenzfestlegung in Lothringen. Gemeinsam mit Ernst → Beyrich gr¨undete (1873) und organisierte er die Preußische Geologische Landesanstalt, der Museum, Bibliothek und eine chemisch-technische Versuchsanstalt angegliedert wurden. H. war maßgeblich an der geologischen Landesaufnahme Preußens beteiligt und leitete seit 1881 die Arbeiten f¨ur eine Geologische Karte von Europa (49 Bl¨atter, 1894-98). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner eine Denkschrift u¨ ber die Ertragsf¨ahigkeit des erweiterten Eisenbahn-Unternehmens der Rheinischen Eisenbahngesellschaft auf dem linken Rheinufer der preussischen Rheinprovinz (1855) und Die k¨onigliche Bergakademie zu Berlin (1869). C NDB

Hauck, Albert (Heinrich Friedrich Stephan Ernst Louis), evang. Theologe, * 9. 12. 1845 Wassertr¨udingen, † 7. 4. 1918 Leipzig. Geboren als Sohn eines Advokaten, war H. neben Adolf von → Harnack der bedeutendste protestantische Kirchenhistoriker seiner Zeit. H. studierte 1864-68 in Erlangen und Berlin evang. Theologie, h¨orte aber auch Vorlesungen zur Philosophie und Geschichte. In Berlin erschloß ihm Ferdinand → Piper den Zugang zur Christlichen Arch¨aologie und Kirchlichen Kunst, w¨ahrend H.s Interesse an Fragen des Kirchenrechts m¨oglicherweise auf den Vater zur¨uckgeht. 1874 u¨ bernahm H. eine Pfarrstelle in der Diasporagemeinde Frankenheim bei Schillingsf¨urst, 1876 heiratete er Amalie Helferich, Tochter des Direktors der Landwirtschaftsakademie Weihenstephan. Im Landpfarramt schrieb H. sein erstes großes Werk Tertullians Leben und Schriften (1877). Die Theologische Fakult¨at Erlangen verlieh ihm daf¨ur die Ehrendoktorw¨urde. 1878 berief sie ihn zum Extraordinarius, 1882 erhielt er ein Ordinariat. In Harnacks Nachfolge in Marburg einzutreten, lehnte er 1888 ab. Von 1889 bis zu seinem Tod 1918 wirkte H. an der Theologischen Fakult¨at der Univ. Leipzig. Seit 1891 war er Mitglied der K¨oniglich S¨achsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig, in den Jahren 1914-18 Sekretar der Philologisch-Historischen Klasse. Zwei Berufungsofferten nach Berlin 1902 und 1906 schlug der fr¨ankische Lutheraner aus. H.s unvollendet gebliebenes Hauptwerk, die mehrb¨andige Kirchengeschichte Deutschlands (1887 ff.), war trotz vorausgegangener Darstellungen gleichen Titels eine Pionierarbeit. Erst H. gelang es, die Einheit des historischen Gegenstandes zu konstituieren. Neben der Institutions- und Ereignisgeschichte kam die Fr¨ommigkeits-, Sozial- und Literaturgeschichte zu ihrem Recht. Bei den fr¨uhesten Zeugnissen des Christentums auf deutschem Boden ansetzend, f¨uhrte H. seine Darstellung bis ins 15. Jahrhundert aus. Die urspr¨unglich geplante Erg¨anzung durch H.s Leipziger Fachkollegen Heinrich → Boehmer unterblieb. H.s zweite große Leistung war die Betreuung der dritten Auflage der Realencyklop¨adie f¨ur protestantische Theologie und Kirche (24 Bde. [1896-1913]). Die Geschichte dieses Thesaurus protestantischer Gelehrsamkeit reichte bis in die Zeit vor 1848 zur¨uck. H. wollte mit der Realencyklop¨adie sowohl der wissenschaftlichen Theologie wie der Kirche in „echt protestantischem Geiste“ dienen. Er setzte vor dem

Hauck Hintergrund der Richtungsk¨ampfe zwischen „Liberalen“ und „Orthodoxen“ auf Synthese und Ausgleich. Neben namhaften Hochschultheologen arbeiteten an der Enzyklop¨adie bemerkenswert viele Kirchenm¨anner mit. Wissenschaftlich auf der H¨ohe der Zeit stehend, wurde sie akademisch, kirchlich und buchh¨andlerisch ein nachhaltiger Erfolg. Bis heute gilt sie als Referenzliteratur. Die meisten anderen Arbeiten H.s verblassen neben der Kirchengeschichte Deutschlands und der Realencyklop¨adie, obwohl auch sie zum Teil bedeutend sind. Die Anwendung der historisch-kritischen Methode war f¨ur H. selbstverst¨andlich. Einer Aufl¨osung der Kirchengeschichte in „bloß menschliche Absichten und Handlungen“ widerstrebte er jedoch. WEITERE WERKE: Die Bischofswahlen unter den Merowingern. Erlangen 1883. – Die Entstehung der bisch¨oflichen F¨urstenmacht. Leipzig 1891. – Die Entstehung der geistlichen Territorien. Leipzig 1909. – Die Trennung von Staat und Kirche. Leipzig 1912. – Studien zu Johann Huss. Leipzig 1916. – Deutschland und England in ihren kirchlichen Beziehungen. Leipzig 1917. – Jesus. Gesammelte Vortr¨age. Leipzig 1921. LITERATUR: Bibliographie A. H., zusammengestellt von Else Hauck. In: Zeitschrift f¨ur Kirchengeschichte 54 (1935) S. 565-575. – Heinrich Boehmer: A. H. Ein Charakterbild. In: Beitr¨age zur s¨achsischen Kirchengeschichte 33 (1919) S. 1-78. – Friedrich Hauck: A. H. Kirchenhistoriker 1845-1918. In: Ver¨offentlichungen der Gesellschaft f¨ur Fr¨ankische Geschichte R 7,6 (1960) S. 219-228. – Hans-Dietrich Loock: Offenbarung und Geschichte. Untersuchungen am Werke A. H.s. Hamburg 1964. – Hermann Heimpel: H., A. In: NDB, Bd. 8, 1969, S. 75 f. – Kurt Nowak: A. H. In: TRE, Bd. 14, 1985, S. 472-474. – A. H. (1845-1918). Vortr¨age der festlichen Veranstaltung aus Anlaß seines 150. Geburtstages in der Theologischen Fakult¨at der Universit¨at Leipzig. Hrsg. v. G¨unther Wartenberg. Leipzig 1999. – Thomas Kaufmann: H., A. In: RGG4, Bd. 3, 2000, Sp. 1471. Kurt Nowak

Hauck, Georg Gustav Philipp, Geburtshelfer, * 25. 6. 1783 Berlin, † 12. 7. 1848 Berlin. H., Sohn eines Chirurgen, studierte in Berlin und Halle Medizin, wurde 1806 promoviert und war als praktischer Arzt vor allem in der Geburtshilfe in Berlin t¨atig. Er war f¨ur die Ausbildung der Hebammen verantwortlich, seit 1817 als Direktor des kgl. Hebammen-Instituts. H., der ungef¨ahr 3000 Geburten aus allen Schichten betreut hatte, ver¨offentlichte u. a. Die geburtshilfliche Praxis (1851), Vollst¨andiges Handw¨orterbuch zum Gebrauch f¨ur Hebammen (1810), Lehrbuch der Geburtsh¨ulfe zum Unterricht f¨ur die Hebammen in den K¨onigl. Preußischen Landen (1815, 21822) und Bemerkungen u¨ ber das neu eingef¨uhrte Lehrbuch der Geburtskunde f¨ur die Hebammen in den K¨on. Preussischen Staaten (1840). Postum erschien, herausgegeben von seinem Sohn Gustav H., Des Geheimen Hofrathes Hauck Tagebuchbl¨atter (1852). Hauck, (Hermann) Guido, Mathematiker, * 26. 12. 1845 Heilbronn, † 25. 1. 1905 Charlottenburg (heute zu Berlin). H., Sohn eines Kaufmanns und Vetter Albert → H.s, studierte 1865-79 Mathematik und Naturwissenschaften in T¨ubingen, war anschließend Prof. der Mathematik und der Naturwissenschaften an der dortigen Realanstalt und lehrte darstellende Geometrie und Elementargeometrie an der Universit¨at. 1876 mit der Arbeit Grundz¨uge einer allgemeinen axonometrischen Theorie der darstellenden Perspective promoviert, folgte er 1877 einem Ruf als o. Prof. der darstellenden Geometrie an die Bauakademie Berlin, an deren Zusammenschluß mit der Gewerbe-Akademie zur TH 1879 er maßgeblich beteiligt war. 1883, 1884 und 1896 war er deren

Rektor. H. befaßte sich mit den theoretischen Grundprinzipien der darstellenden Geometrie und der Linearperspektive. Er bearbeitete das Lehrbuch der Stereometrie (41878, 101909) und ver¨offentlichte ferner Die subjektive Perspektive und die horizontalen Kurven des dorischen Stils (1879), Die Stellung der Mathematik zur Kunst und Kunstwissenschaft (1880), Die malerische Perspective, ihre Praxis, Begr¨undung und a¨ sthetische Wirkung (1882), Arnold B¨ocklin’s Gefilde der Seligen und Goethes Faust (1884) und Die Grenzen zwischen Malerei und Plastik und die Gesetze des Reliefs (1885). C NDB

Hauck, Hans (August) Heinrich, Bankier, * 31. 8. 1890 Frankfurt / Main, † 26. 9. 1964 Gr¨obming (Steiermark). Ausgebildet im Bankgesch¨aft des Vaters, war H., Vetter 2. Grades von Otto → H., 1926-58 Vorstandsmitglied der Frankfurter Bank, danach Aufsichtsratsmitglied. Es gilt als sein Verdienst, daß das Unternehmen unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Gesch¨afte wiederaufnehmen konnte, die bis 1944 wahrgenommene Funktion als Geldausgleichsstelle erneut innehatte und wesentlich am wirtschaftlichen Aufbau in Frankfurt beteiligt war. H. war Mitbegr¨under und Aufsichtsratsvorsitzender der Frankfurter Kassenvereins AG und 1951-60 Pr¨asident der Frankfurter Wertpapierb¨orse. C NDB Hauck, (Johannes) Jacobus von, kath. Theologe, Erzbischof von Bamberg, * 22. 12. 1861 Miltenberg / Main, † 20. 1. 1943 Bamberg. H., Sohn eines Stadtk¨ammerers, studierte 1880-84 in W¨urzburg und war nach der Priesterweihe 1884 Kaplan in Obertheres, Mellrichstadt und Eltmann. Seit 1886 Pr¨afekt am Studienseminar Aschaffenburg, wurde er 1893 Religionslehrer am Alten Gymnasium in Bamberg und u¨ bernahm 1898 die gr¨oßte kath. Pfarrei Bayerns, St. Elisabeth in N¨urnberg. Auf Vorschlag Georg von → Hertlings nominierte ihn Prinzregent → Luitpold 1912 als Erzbischof von Bamberg; die Weihe erfolgte noch im selben Jahr. Unter H.s Leitung wurden u. a. das Priester- und Knabenseminar Ottonianum in Bamberg errichtet (1926-28) und 75 Kirchen erbaut. H. war Finanzund Schulreferent der Bayerischen Bischofskonferenz und nahm Einfluß auf die bayerische Bildungspolitik. C Gatz 4 Hauck, Johann Veit, auch Hauckh, o¨ sterr. Maler, Graphiker, * Graz (?), † 4. 3. 1746 Graz. Einen Teil seiner Ausbildung hatte H. wohl in Italien absolviert. Seit 1723 war er als Landschaftsmaler in Graz t¨atig. 1734 erscheint er erstmals als „corporierter Maler“ und wurde sp¨atestens 1745 Hofkammermaler. H. schuf Altarbilder (u. a. Mari¨a Himmelfahrt, Franziskanerkirche Graz, 1718) und Bildnisse und malte u. a. 25 Wappen f¨ur das Leichenbeg¨angnis der Kaiserin Amalia 1742 sowie Milit¨arfahnen (1743). C Th-B

Hauck, (Georg Enoch) Otto, Bankier, * 10. 4. 1863 Frankfurt / Main, † 25. 11. 1934 Frankfurt / Main. H. u¨ bernahm das von seinem Großvater begr¨undete Bankhaus „Georg Hauck & Sohn“ und wurde 1915 als Vertreter der Banken Vizepr¨asident der Industrie- und Handelskammer Frankfurt, der er 1921-33 als Pr¨asident vorstand. Er war Mitglied des B¨orsenausschusses beim Reichsamt des Innern sowie des Deutschen Industrie- und Handelstags, Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer der Schweiz und 1900-33 der Wertpapierb¨orse Frankfurt / Main. Nach der Macht¨ubernahme der Nationalsozialisten wurde er seiner ¨ Amter enthoben. C NDB Hauck, Rudolf, Politiker, * 20. 4. 1924 Schweinfurt, † 17. 10. 2003 Berlin. H., Sohn eines Arbeiters, durchlief 1938-41 eine Lehre als Industriekaufmann und wurde nach der Gesellenpr¨ufung als

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Haude Reichsangestellter zur Fliegerhorstkommandantur dienstverpflichtet. 1946 wurde er hauptamtlicher Gesch¨aftsf¨uhrer des Kreisjugendrings Schweinfurt-Stadt. Im selben Jahr trat er in die SPD ein und wurde Mitglied des Parteirates sowie des Landesvorstandes Niedersachsen. 1949 begann H. am Seminar f¨ur Sozialberufe in Karlsruhe, seit 1951 in Mannheim mit der Ausbildung als Jugendwohlfahrtspfleger, wurde 1952 Kreisjugendpfleger und war 1956-65 Leiter des Kreisjugendamtes Helmstedt. 1956-68 geh¨orte er dem Rat der Stadt Helmstedt an. 1965-87 war H. Mitglied des Deutschen Bundestages. 1969-82 war er Vorsitzender, 1982-87 stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses f¨ur Jugend, Familie und Gesundheit und hatte den stellvertretenden Vorsitz der 1981 eingesetzten Enquete-Kommission zur Untersuchung des Jugendprotestes inne. H. ver¨offentlichte u. a. Der Wassertr¨ager. Erinnerungen und Erkenntnisse eines Bundestagsabgeordneten 1965-1987 (1989). C MdB

Haude, Ambrosius, Verleger, * 4. 4. 1690 Schweidnitz, † 17. 5. 1748 Berlin. Nach sorgf¨altiger Ausbildung u¨ bernahm H., Sohn eines Rechtskramers, als privilegierter „Buchf¨uhrer“ 1723 eine zuletzt von Johann Christoph Papan geleitete Berliner Buchhandlung, die er zu einem der bedeutendsten Verlagsh¨auser Deutschlands machte. Gegen den Willen K¨onig → Friedrich Wilhelms I. f¨orderte er die literarischen Interessen des Kronprinzen Friedrich, des sp¨ateren → Friedrich des Großen, der den Mentor nach seiner Regierungs¨ubernahme 1740 vielf¨altig unterst¨utzte. H. gab seit 1740 das franz¨osischsprachige „Journal de Berlin“ sowie „Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen“, die sp¨atere „Haude & Spenersche Zeitung“ heraus, u¨ bernahm 1744 das Verlagsrecht f¨ur alle Periodika der Preußischen Akademie der Wissenschaften und verlegte u. a. eine besonders ausgestattete Klassikerausgabe. Nach H.s Tod nahm seine Witwe ihren Bruder ¨ als Teilhaber auf. Das Gesch¨aft Johann Carl Spener d. A. firmierte von da an als Haude & Spener. C LGB Haudek, Martin, o¨ sterr. Radiologe, * 27. 11. 1880 Wien, † 9. 3. 1931 Wien. Nach der Promotion an der Univ. Wien 1905 bildete sich H. bei Hermann → Nothnagel an der I. Medizinischen Universit¨atsklinik und bei Anton → Weichselbaum am Institut f¨ur Pathologische Anatomie weiter und trat 1908 in das Zentralr¨ontgeninstitut am Wiener Allgemeinen Krankenhaus ein. 1915 habilitierte er sich f¨ur Radiologie, leitete 1920-31 das R¨ontgeninstitut des Wilhelminenspitals und wurde 1928 Professor. H. wurde durch seine Methode der radiologischen Diagnostik von Geschw¨uren im Verdauungstrakt, der Tuberkulose und der Herzgr¨oßenmessung im R¨ontgenbild bekannt. 1910 beschrieb er zum ersten Mal das Nischensymptom f¨ur Magengeschw¨ur (Haudek-Nische). H. ver¨offentlichte u. a. Die Bedeutung der Magenradiologie f¨ur die ChirC Czeike urgie (1911, mit Paul → Clairmont).

Haueis, Alois, o¨ sterr. Politiker, * 30. 3. 1860 Zams bei Landeck (Tirol), † 26. 1. 1951 Zams. H. erbte eine Land- und Gastwirtschaft, bet¨atigte sich in der Gemeindeverwaltung und wurde 1890 B¨urgermeister seines Heimatorts. Er zog 1897 als Kandidat der Katholischen Volkspartei in das Abgeordnetenhaus des o¨ sterr. Reichsrats ein und war seit 1908 Tiroler Landtagsabgeordneter. Im Ersten Weltkrieg zuletzt Ern¨ahrungsinspektor f¨ur den Bezirk Landeck, wurde er 1918 Abgeordneter der Tiroler Volkspartei im Landtag, 1919 Mitglied der Nationalversammlung, 1920 Staatssekret¨ar, sp¨ater Bundesminister f¨ur Land- und Forstwirtschaft. Seit 1922 war er Vorsitzender des Tiroler Bauernbundes. H. geh¨orte bis 1938 dem o¨ sterr. Nationalrat an. C NDB

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Haueisen, (Carl) Albert, Maler, * 7. 7. 1872 Stuttgart, † 5. 2. 1954 Kandel bei Jockgrim (Pfalz). Seit seinem 15. Lebensjahr Student, zun¨achst der Kunstgewerbeschule, sp¨ater der Kunstakademie in Karlsruhe, setzte H., Sohn eines Oberingenieurs und Architekten bei der Badischen Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen, seine Ausbildung an der M¨unchner Akademie (1891-95) fort und bereiste 1893 / 94 Italien. Er kehrte 1895 in die Pfalz zur¨uck, nahm seinen Wohnsitz 1900 in Jockgrim und lebte in den Wintermonaten als Meistersch¨uler Leopold von → Kalckreuths und Hans → Thomas in Karlsruhe und in Bernau / Schwarzwald. Seit seiner Reise nach Paris 1904 war H. vom franz¨osischen Impressionismus beeinflußt. 1905 erhielt er den Professorentitel der Kunstakademie Karlsruhe, lehrte dort 1919-33 und stand ihr zwischenzeitlich als Direktor vor. H. malte u. a. Landschaften, Portr¨ats, Stilleben und Interieurs. Von seinen Hauptwerken wurde u. a. die Passion Christi (1925-29) in der Peter-und-Pauls-Kirche in Karlsruhe-M¨uhlburg im Zweiten Weltkrieg zerst¨ort. C Bad Bio N.F., Bd 2

Hauenstein, Fritz, Publizist, * 27. 9. 1896 Kandel (Pfalz), † 12. 1. 1979 Kronberg / Taunus. H. nahm als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil, studierte an der Univ. M¨unchen, wurde zum Dr. rer. pol. promoviert und war als Redakteur in M¨unchen, Stuttgart und Berlin t¨atig. 1933-45 redigierte er den Wirtschaftsteil der „K¨olnischen Zeitung“ und nahm Verbindung zu wirtschaftspolitisch engagierten Widerstandskreisen in Freiburg / Breisgau auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er Mitherausgeber der Zeitschrift „Die Gegenwart“ sowie des B¨orsen- und Wirtschaftshandbuchs, des fr¨uheren B¨orsen- und Wirtschaftskalenders der „Frankfurter Zeitung“, sp¨ater Mitarbeiter der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Hauer, Erich (Karl Hermann), Sinologe, * 28. 6. 1878 Berlin, † 3. 1. 1936 auf See. Nach dem Jurastudium 1896-99 in Berlin und T¨ubingen wurde H., Sohn eines preuß. Hofbaurats, 1900 an der Univ. Heidelberg zum Dr. jur. promoviert, absolvierte das Referendariat und eine Ausbildung in chinesischer Sprache und Landeskunde (Diplom 1902) und trat in den diplomatischen Dienst ein. 1902-04 und 1904-17 war er Dolmetscher an der deutschen Gesandtschaft in Peking, dazwischen an den Konsulaten in Tientsin und Hankou. H. kehrte nach Deutschland zur¨uck, war bis Kriegsende Offizier, studierte anschließend an der Univ. Berlin Chinesisch, Mandschu und Mongolisch (Dr. phil. 1921, Huang T’sing K’ai Kuo Fang Lue. Die Geschichte der Gr¨undung des Mandschurischen Kaiserreiches), habilitierte sich dort 1923 f¨ur Sinologie und wurde 1930 Extraordinarius. Als sein Hauptwerk gilt das Handw¨orterbuch der Mandschusprache (1952-55). C NDB

Hauer, Franz Ritter von, o¨ sterr. Geologe, Geograph, * 30. 1. 1822 Wien, † 20. 3. 1899 Wien. Der Sohn Joseph von → H.s studierte 1839-43 an der Bergakademie Schemnitz, praktizierte im Bergwerk Eisenerz und kam 1844 an das Montanistische Museum in Wien. Dort war er zun¨achst Mitarbeiter, seit 1846 Assistent Wilhelm von → Haidingers und hielt Vorlesungen u¨ ber Pal¨aontologie. Bei der Gr¨undung der Geologischen Reichsanstalt 1849 wurde er Bergrat und Erster Geologe und war 1866-85 deren Direktor. H. lehrte seit 1874 an der Hochschule f¨ur Bodenkultur, war 1885-96 Intendant des Wiener Naturhistorischen Museums und leitete dessen Aufstellung im 1889 bezogenen Neubau. Er regte als einer der ersten die Gr¨undung der Wiener Gesellschaft der Freunde der Naturwissenschaften an und war Mitbegr¨under der Geographischen Gesellschaft (1855) ¨ und des Osterreichischen Alpenvereins (1862). 1856 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher

Haufe ¨ Leopoldina. H. ver¨offentlichte u. a. Geologische Ubersicht der Bergbaue in der o¨ sterreichischen Monarchie (mit Karl Foetterle, 1855), Geologie Siebenb¨urgens (mit Guido → Stache, 1863), Geologische Karte von OesterreichUngarn (1872, 51896) und Die Geologie und ihre Anwendung auf die Kenntnis der Bodenbeschaffenheit der o¨ sterreichisch-ungarischen Monarchie (2 Bde., 1875, 21878). 1985 erschienen seine Reiseberichte u¨ ber eine mit Moritz H¨ornes im Sommer 1848 unternommene Reise nach Deutschland, Frankreich, England und der Schweiz (hrsg. von Walther E. Petrascheck und G¨unther Hamann). ¨ C OBL

Hauer, Georg, auch Hawer, Hauerius, kath. Theologe, * um 1484 Tirschenreuth, † 23. 8. 1536 Ingolstadt. H. studierte seit 1500 in Leipzig Theologie und wurde zum Dr. theol. promoviert. Anschließend wirkte er bis 1513 als Weltpriester und Lateinlehrer in Passau, 1513-18 als Pfarrer in Plattling. Seit 1514 studierte er daneben in Ingolstadt, wo er zum Dr. jur. can. promoviert wurde. Seit 1518 Pfarrer am M¨unster in Ingolstadt, lehrte H. 1518-36 als Prof. f¨ur Kanonistik an der dortigen Universit¨at. Er genoß die Protektion Landgraf Georgs III. von Leuchtenberg und wurde auf dessen Betreiben 1519 Vizerektor und sp¨ater mehrmals Rektor der Universi¨at (1522, 1523 / 24, 1525, 1526 / 27, 1528, 1529 / 30, 1531 / 32). H. verfaßte die Grammatik Puerilia Grammatices (1514), die mehrere Auflagen erlebte. In seinen Schriften und Predigten wandte sich H. gegen die Reformation. C BBKL

Hauer, Johann, Maler, Graphiker, * 28. 9. 1586 N¨urnberg, † 12. 6. 1660 N¨urnberg. Ausgebildet bei Peter Hochheimer, erhielt H. 1613 mit einem ge¨atzten Harnisch den Meisterbrief, wurde 1628 „Genannter des gr¨oßeren Rats“ und war mehrmals „Vorgeher“ der Malerzunft. Von seinen Architektur- und Portr¨atgem¨alden ist keines erhalten. Außerdem entstanden Zeichnungen f¨ur Holzschnitte, Kupferstiche und Radierungen mit historischen und allegorischen Darstellungen und Bildnissen (u. a. Satyr und Nymphe in Landschaft, 1619). H. konstruierte eine „Camera obscura“, mit der er perspektivische Zeichnungen anfertigte. Er bet¨atigte sich auch als Historiograph und schrieb u. a. Urtheil und Meinung u¨ ber etliche Albrecht-D¨urer’sche Stiche. H. war der Vater von Ruprecht → H. C Th-B

Hauer, Josef Matthias, o¨ sterr. Komponist, Musiktheoretiker, * 19. 3. 1883 Wiener Neustadt (Nieder¨osterreich), † 22. 9. 1959 Wien. H., Sohn eines Gefangenenaufsehers, besuchte 1897-1902 die Lehrerbildungsanstalt in Wiener Neustadt und wurde Volksschullehrer m Krumbach, 1904 Lehrer in Wiener Neustadt. Er bildete sich autodidaktisch zum Komponisten aus und entwickelte seit 1911, also noch vor Arnold → Sch¨onberg, ein als „Tropentechnik“ bezeichnetes „Zw¨olfton-System“ des Komponierens (Nomos, op 19, 1919). Seit 1915 freischaffender Komponist in Wien, erhielt er seit 1930 eine Ehrenpension der Stadt Wien und zog sich ¨ nach dem „Anschluß“ Osterreichs an das Deutsche Reich aus ¨ der Offentlichkeit zur¨uck. 1954 wurde er zum Prof. ernannt; ¨ 1956 erhielt er den Großen Osterreichischen Staatspreis. H. komponierte Konzerte sowie B¨uhnenst¨ucke und vertonte Dichtungen → H¨olderlins (u. a. Wandlungen, 1927); sein 1932 fertiggestelltes Mysterienspiel Die schwarze Spinne nach Jeremias → Gotthelf wurde 1966 uraufgef¨uhrt. Zu seinen Schriften z¨ahlt die erste theoretische Abhandlung u¨ ber Zw¨olftonmusik Vom Wesen des Musikalischen (1920, 31966). C MGG

Hauer, Joseph von, o¨ sterr. Beamter, Pal¨aontologe, * 6. 3. 1778 Wien, † 2. 2. 1863 Wien. Nach rechtswissenschaftlichen Studien an der Univ. Wien 1798 trat H., Sohn eines o¨ sterr. Verpflegungskommissars und

sp¨ateren Hofkriegsrats, in den Staatsdienst ein und wurde 1800 Kreiskommissar in Klosterneuburg, 1807 Hofsekret¨ar bei der k. k. Hofkammer in Wien, 1812 Hofrat, 1821 Referent im Staatsrat. Seit 1831 Vizepr¨asident der Hofkammer, wurde er 1836 zum Geheimrat ernannt. H. brachte 1809 die Kunstsch¨atze Wiens vor den anr¨uckenden Franzosen in Sicherheit, bereiste 1810 im Regierungsauftrag Frankreich und wurde 1811 in die finanzpolitische „Centralkommission“ berufen. Seit 1847 war H. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er befaßte sich mit Pal¨aontologie und erforschte u. a. die Terti¨arschichten des Wiener Beckens. H. ver¨offentlichte u. a. Beitr¨age zur Geschichte und laufenden Entwickelung der o¨ sterreichischen ¨ Finanzen (1848 ff.), Uber Oesterreichs Staatsausgaben und ¨ Verwaltung (1849) und Politisch-statistische Ubersicht der Ver¨anderungen in der Verfassung, Administration und dem Haushalte der o¨ sterreichischen Monarchie (1851). Er war C ADB der Vater von Franz von → H.

Hauer, Ruprecht, Maler, † 4. 1. 1667 N¨urnberg. H. wurde von seinem Vater Johann → H. ausgebildet. Um 1652 unternahm er Reisen nach Rom und Venedig. 1653 er¨ warb er den Meistergrad. H. schuf vor allem Olbilder, h¨aufig mit Architekturdarstellungen, darunter eine Darstellung des Innenraums von St. Peter in Rom (1653). Hauer, (Jakob) Wilhelm, Indologe, Religionshistoriker, * 4. 4. 1881 Ditzingen (Kr. Leonberg, W¨urttemberg), † 18. 2. 1962 T¨ubingen. H., Sohn eines Gipsermeisters, wurde seit 1900 im Basler Missionshaus ausgebildet und lehrte seit 1907 an einer indischen Missionsschule. 1911 bezog er die Univ. Oxford, wurde 1917 promoviert und habilitierte sich 1921 an der Univ. T¨ubingen f¨ur Sanskrit und Religionsgeschichte. 1925 wechselte er als a. o. Prof. an die Univ. Marburg und kehrte 1927 als Ordinarius f¨ur Religionswissenschaften und Indologie an die Univ. T¨ubingen zur¨uck. H. begr¨undete 1920 den freireligi¨osen „Bund der K¨ongener“, den er bis 1934 leitete, gab die Zeitschrift „Unser Weg“ (1920-27) und „Die kommende Gemeinde“ (1928-33) heraus und bekannte sich seit 1933 zu einer „deutschgl¨aubigen“, germanisch-„arischen“ Religionsgemeinschaft. Gemeinsam mit Ernst Graf zu → Reventlow gr¨undete er im selben Jahr die Deutsche Glaubensbewegung, die das Christentum als „j¨udische Fremdreligion“ bek¨ampfte, leitete sie bis 1936 und gab ihre Zeitschrift „Deutscher Glaube“ heraus. 1937 trat H. in die NSDAP ein und war seit 1941 SS-Hauptsturmf¨uhrer. Bei Kriegsende interniert und seiner Professur enthoben, setzte er, nachdem er als „Mitl¨aufer“ eingestuft worden war, seine Aktivit¨aten in der „Arbeitsgemeinschaft f¨ur freie Religionsforschung und Philosophie“, seit 1955 in der „Freien Akademie“ fort. H. ver¨offentlichte u. a. Werden und Wesen der Anthroposophie (1922). C NDB

Haufe, Rudolf, Verleger, * 14. 11. 1903 Pirna-Copitz bei Dresden, † 15. 6. 1971 Freiburg / Breisgau. H. gr¨undete 1933 seinen ersten Verlag Wirtschaftswacht GmbH, der am 5. 4. 1934 ins Handelsregister Berlin eingetragen wurde. Dieses Datum gilt gleichzeitig als Gr¨undungsdatum des Rudolf Haufe Verlags (RHV), der heute neben anderen Verlagen zur Haufe Verlagsgruppe geh¨ort, die auf die Bereiche Recht, Steuern und Wirtschaft spezialisiert ist. Vom Kriegsdienst zur¨uckgekehrt, erwarb H. 1946 in Berlin eine franz¨osische Drucklizenz. Unter ge¨andertem Verlagsnamen erschien die erste Brosch¨ure u¨ ber Abzugsf¨ahige Ausgaben bei der Einkommenssteuer. 1951 verlegte H. den Firmensitz seines Verlags nach Freiburg / Breisgau. Seiner in der Produktform Loseblattsammlung ersten periodischen Ver¨offentlichung Steuer- und Wirtschafts-Kurzpost (StWK)

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Hauff folgte 1968 das Nachschlagewerk Das Personalb¨uro in Recht und Praxis sowie in der Folge weitere B¨ucher, Nachschlagewerke, Arbeitsmittel, Kalender und sp¨ater auch Seminare und Softwareprogramme.

Hauff, Angelika, eigentl. Alice Suchanek, o¨ sterr. Schauspielerin, * 15. 12. 1922 Wien, † 4. 12. 1983 Wien. Nach der Ausbildung zur T¨anzerin im Ballett der Wiener Staatsoper nahm H. Schauspielunterricht und trat in Filmproduktionen der vierziger Jahre haupts¨achlich als Akrobatin auf (u. a. in K¨onigin der Landstraße, 1948). H. spielte nach Kriegsende in einer argentinischen Filmproduktion und wurde 1955 Mitglied des Wiener Burgtheaters und schließlich Kammerschauspielerin. Sie war Animatorin in dem von ihr gegr¨undeten Verein zur Pflege christlicher Theaterkultur, der u. a. 1980 Calder´ons Welttheater in der Karlskirche auff¨uhrte. C Munzinger Hauff, Bernhard, Pal¨aontologe, * 4. 7. 1866 Holzmaden bei Kirchheim / Teck (W¨urttemberg), † 10. 7. 1950 Holzmaden. An der Naturaliensammlung in Stuttgart zum Pr¨aparator ausgebildet, widmete sich H. der Bergung und Pr¨aparierung pal¨aontologischer Funde in der v¨aterlichen Schiefergrube in Holzmaden und den benachbarten Steinbr¨uchen. 1936 / 37 gr¨undete er mit seiner Privatsammlung das Urweltmuseum Hauff in Holzminden, das sp¨ater von seinem Sohn Bernhard H. und seinem Enkel Rolf H. privat geleitet wurde. Er arbeitete mit Eberhard → Fraas in Stuttgart sowie Ernst von → Koken, Josef Felix → Pompeckj, Friedrich von → Huene und Edwin → Hennig an der Univ. T¨ubingen zusammen und wurde vor allem f¨ur seine Funde und Pr¨aparate von Weichteilen und Hautresten des Ichthyosauriers bekannt. H. ver¨offentlichte u. a. Untersuchung der Fossilfundst¨atten von Holzmaden im Posidonienschiefer des oberen Lias W¨urttembergs (1921) und Museum Hauff in Holzmaden (1938). 1938 wurde ¨ er an der Univ. T¨ubingen mit der Arbeit Uber Acidorhynchus aus den Posidonienschiefern von Holzmaden promoviert. C NDB Hauff, Bruno, Verleger, * 16. 2. 1884 Okollo (Kr. Bromberg), † 9. 9. 1963 Stuttgart. H. entstammte einer in S¨ud- und Ostdeutschland weitverzweigten Familie, zu deren Ahnherren der Dichter Wilhelm → H. geh¨orte. Als Sohn eines Reichsbahnsekret¨ars in bescheidenen Verh¨altnissen aufgewachsen, kam er u¨ ber Ausbildungs- und Berufsstationen in Hamburg und Z¨urich zum Verlag B. G. Teubner nach Leipzig und setzte seinen Berufsweg bei Julius Springer in Berlin und R. Oldenbourg in M¨unchen fort. 1919 trat er als Teilhaber in den Georg Thieme Verlag in Leipzig ein. Nach dem Tod Georg → Thiemes 1925 wurde H. pers¨onlich haftender Gesellschafter. Er f¨uhrte den medizinischen Verlag besonders mit radiologischen und gyn¨akologischen Publikationen zur internationalen Bedeutung. Trotz großer Widerst¨ande brachte H. den Verlag u¨ ber die Wirren des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs. Nach der Flucht aus Leipzig 1945 gelangte H. mit dem Verlag u¨ ber ein Zwischenspiel in Wiesbaden 1946 nach Stuttgart, wo er als einer der wenigen nationalsozialistisch unbelasteten Verleger den Wiederaufbau beginnen konnte. Bei seinem Tod z¨ahlte das Unternehmen wieder zu den f¨uhrenden deutschen medizinischen und naturwissenschaftlichen Verlagsh¨ausern. H. war der Vater von G¨unther W. → H. C NDB Hauff, Friedrich (Wilhelm Albert), Chemiker, Industrieller, * 22. 11. 1863 Reutlingen, † 17. 4. 1935 Stuttgart. H. studierte seit 1882 an der TH Stuttgart, sp¨ater in W¨urzburg Chemie und Ingenieurwissenschaft und trat nach der Promotion 1888 in die v¨aterliche chemische Fabrik ein. Neben der Fabrikation von Salicyl- und Carbols¨aure sowie von

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Rhodanverbindungen f¨ur F¨arberei und Druckerei nahm er die Herstellung photochemischer Produkte (u. a. des Entwicklers Metol) auf und wurde mit den sogenannten „HauffPlatten“ f¨uhrend in der deutschen photochemischen Industrie. H. f¨orderte die Entwicklung der technischen und medizinischen Forschung und unterst¨utzte das regionale Bildungswesen. C NDB

Hauff, G¨unther W., Verleger, * 17. 4. 1927 Leipzig, † 19. 4. 2001 Stuttgart. Nach einer branchenspezifischen Ausbildung mit Stationen in internationalen Verlagsh¨ausern und Buchhandlungen trat H., Sohn Bruno → H.s, 1952 in den Georg Thieme Verlag ein, den er seit 1953 als pers¨onlich haftender Gesellschafter f¨uhrte. In den folgenden Jahren war er u. a. Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlicher Verleger, Chairman der International Group of Scientific, Technical and Medical Publishers und Mitglied zahlreicher Verlags- und buchhandelsspezifischer Gremien und Kommissionen. Seine Verdienste um die Medizin wurden u. a. durch die Verleihung der Georg Hohmann-Plakette durch die Deutsche Gesellschaft f¨ur Orthop¨adie und Traumatologie, der Werner-K¨orteMedaille in Gold der Deutschen Gesellschaft f¨ur Chirurgie, der Verdienstmedaille in Gold der Deutschen Gesellschaft f¨ur Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie der Wahl zum korrespondierenden Mitglied der deutschen R¨ontgengesellschaft gew¨urdigt. Gemeinsam mit seinem Sohn Albrecht H. und dem Gesch¨aftsf¨uhrer Wolfgang Kn¨uppe bildete er die Holding der Thieme Verlagsgruppe. 1967 wurde H. von der Univ. Gießen die Ehrendoktorw¨urde verliehen. Hauff, Hermann, Redakteur, * 22. 8. 1800 Stuttgart, † 16. 8. 1865 Stuttgart. Der Sohn eines Geheimsekret¨ars beim Ministerium der Ausw¨artigen Angelegenheiten in Stuttgart und Bruder Wilhelm → H.s wurde 1823 an der Univ. T¨ubingen zum Dr. med. promoviert und praktizierte 1823-25 als Stadtarzt in Schwaigern bei Heilbronn, 1826 in Stuttgart. 1827 vermittelte ihm sein Bruder die Stelle des Privatsekret¨ars des Verlegers Johann Friedrich von → Cotta. Nach Wilhelms Tod im selben Jahr u¨ bernahm er dessen Position als Redakteur des „Morgenblatts f¨ur gebildete St¨ande“, das er bis an sein Lebensende, zun¨achst unter Johann Friedrich, seit 1832 unter dessen Sohn Johann Georg von → Cotta leitete. Neben Essays, die er in verschiedenen Zeitschriften des Verlags publizierte, schrieb H. u. a. Skizzen aus dem Leben und der Natur (2 Bde., 1840). Er bet¨atigte sich auch als Herausgeber ¨ und Ubersetzer. C NDB Hauff, Johann Karl Friedrich, Mathematiker, * 21. 4. 1766 Stuttgart, † 24. 12. 1846 Br¨ussel. Nach Abschluß seiner Studien an der Univ. T¨ubingen mit dem Magistergrad lebte H. 1790-94 als Hofmeister in Wetzlar, wurde 1794 a. o., im folgenden Jahr o. Prof. der Mathematik an der Univ. Marburg und ging 1808 nach Wien. 1809 u¨ bernahm er die Direktion der Polytechnischen Schule in Augsburg, wurde 1811 Berg-, Forst- und H¨uttendirektor im m¨ahrischen Blansko und folgte 1815 einem Ruf als Prof. der Mathematik an das Gymnasium in K¨oln. 1817-30 lehrte er Mathematik, Physik und Chemie an der Univ. Gent. H. u¨ bersetzte Schriften Carnots und Euklids und schrieb u. a. ein Lehrbuch der Arithmetik (1793, 21807), Lehrbegriff der reinen Elementar-Mathematik (1803), De nova methodo naturam ac leges phaenomenorum electricorum quae a Galvano cognomen sortita sunt investigandi commentatio prima (1803) und Nova parallelarum theoria (1821). 1810 gab er Allgemeiner physiokratischer Briefwechsel einer Gesellschaft teutscher Gelehrten heraus. C Poggendorff 1

Haufler Hauff, Wilhelm, Pseud. H. Clauren, Schriftsteller, * 19. 11. 1802 Stuttgart, † 18. 11. 1827 Stuttgart. Der einer angesehenen w¨urttembergischen Beamtenfamilie entstammende H., Bruder Hermann → H.s, wuchs in T¨ubingen auf, besuchte das niedere theologische Seminar in Blaubeuren (1817-20) und studierte im evang. Stift in T¨ubingen Theologie (1820-24), wobei er sich der durch die Karlsbader Beschl¨usse unterdr¨uckten Burschenschaft anschloß. Von seiner zumeist dem studentischen Leben verhafteten lyrischen Produktion jener Zeit haben nur zwei Gedichte u¨ berlebt: Steh’ ich in finst’rer Mitternacht und Morgenrot! Leuchtest mir zum fr¨uhen Tod? 1824 wurde H. f¨ur anderthalb Jahre Hauslehrer bei dem Kriegsratspr¨asidenten von H¨ugel in Stuttgart und trat w¨ahrend dieser Zeit mit ersten Ver¨offentlichungen hervor. Durch die anonym publizierten Mitteilungen aus den Memoiren des Satan und den parodistischen Roman Der Mann im Mond, der unter dem Carl Heun (Heinrich → Clauren), einem zeitgen¨ossischen Erfolgsautor, entlehnten Pseudonym H. Clauren erschien, verschaffte sich H. rasche Ber¨uhmtheit, zumal Heun den Verleger des Romans mit einem aufsehenerregenden Prozeß u¨ berzog. Anhaltende, ja weltliterarische Wirkung erzielte H. mit seinen drei M¨archen-Almanachen f¨ur S¨ohne und T¨ochter gebildeter St¨ande, deren erster gleichfalls 1825 erschien und u. a. Kalif Storch und Der kleine Muck enthielt; in den nachfolgenden beiden Jahrg¨angen finden sich dann noch Zwerg Nase, Der Affe als Mensch und – eingebettet in die Rahmenerz¨ahlung vom Wirtshaus im Spessart – Das kalte Herz. 1826 ver¨offentlichte H. Lichtenstein. Romantische Sage aus der w¨urttembergischen Geschichte, den ersten deutschen historischen Roman in der Manier Walter Scotts. Dieses Buch machte ihn zum schw¨abischen Klassiker, vollends als der Romanhandlung im Jahr 1840 / 41 durch die Errichtung der historisierenden Burg Lichtenstein gewissermaßen der Schauplatz nachgebaut wurde. Eine halbj¨ahrige Reise f¨uhrte H. 1826 nach Paris und nach Norddeutschland, wo er Kontakte zu Literaten, Verlegern und Zeitschriftenredakteuren kn¨upfte, etwa zu Willibald → Alexis, Karl → Winkler, Ludwig → Tieck oder Heinrich → Brockhaus. Zwar ver¨offentlichte H. weiterhin im Verlag von Gottlob → Franckh – etwa die w¨ahrend seiner Reise entstandenen Phantasien im Bremer Ratskeller –, doch redigierte er 1827 f¨ur Johann Friedrich → Cotta auch das renommierte „Morgenblatt f¨ur gebildete St¨ande“ und das „Taschenbuch f¨ur Damen“. Dort erschienen H.s reifste Novellen Jud S¨uß und Das Bild des Kaisers. 1827 unternahm H. eine kurze Reise nach Tirol, um Stoff f¨ur einen Roman u¨ ber Andreas → Hofer zu sammeln, doch kam dieser Plan nicht mehr zur Ausf¨uhrung. An H.s Werk f¨allt die spielerisch leichte Anverwandlung anderer Literatur auf, die virtuose Einfachheit von Sprache und Erz¨ahlstil sowie das bereitwillige Eingehen auf popul¨are Lesererwartungen. Dies brachte ihm gelegentlich den Vorwurf des Eklektizismus und der Marktanpassung ein, ist aber gerade, wie die neuere Forschung betont, als origin¨are Leistung eines kosmopolitisch ausgerichteten Autors anzusehen, der die ver¨anderten historischen und a¨ sthetischen Bedingungen der nachromantischen Epoche reflektiert. WERKE: S¨amtliche Werke in drei B¨anden. Hrsg. v. Sibylle von Steinsdorff. M¨unchen 1970. LITERATUR: Friedrich Pf¨afflin: W. H. Marbach 1981, 2 1999. – Ottmar Hinz: W. H. Reinbek 1989. – W. H. Aufs¨atze zu seinem poetischen Werk. Hrsg. v. Ulrich Kitt-

stein. St. Ingbert 2002. – W. H. oder Die Virtuosit¨at der Einbildungskraft. Hrsg. v. Ernst Osterkamp, Andrea Polaschegg und Erhard Sch¨utz. G¨ottingen 2005. Helmuth Mojem

Hauffe, Christian Gotthold, Buchh¨andler, Verleger, Schriftsteller, * 1725 Mittweida (Sachsen), † M¨arz 1799 N¨urnberg. H., Sohn eines s¨achsischen Akziseeinnehmers, war Buchhalter bei dem N¨urnberger Verleger Georg Peter Monath und ver¨offentlichte um 1770 in rascher Folge vier auf den aktuellen Publikumsgeschmack ausgerichtete Romane (u. a. Merkw¨urdige Begebenheiten einiger Kaufmannsbedienten, 1769). Sp¨ater bet¨atigte er sich als Verleger, Buchh¨andler (Gemeinn¨utzige Anzeigen neuer B¨ucher, 1776) und Antiquar in N¨urnberg, wurde 1786 zahlungsunf¨ahig und kehrte nach einer Zeit als Buchh¨andler in F¨urth nach N¨urnberg zur¨uck. C Killy

Hauffen, Adolf (Franz Maria Josef), o¨ sterr. Volkskundler, Literaturhistoriker, * 30. 11. 1863 Laibach, † 4. 2. 1930 Prag. H., Sohn eines Großh¨andlers, studierte seit 1883 deutsche und englische Philologie, Geschichte und Geographie an den Universit¨aten Wien, Leipzig, Berlin und Graz, wurde 1886 bei August → Sauer promoviert, habilitierte sich 1889 an der Deutschen Univ. in Prag (Caspar Scheidt, der Lehrer Fischarts. Studien zur Geschichte der grobianischen Litteratur in Deutschland) und wurde 1898 a. o. Prof., 1919 o. Prof. f¨ur Deutsche Volkskunde sowie f¨ur Deutsche Sprache und Literatur. Er engagierte sich in der Erwachsenenbildung f¨ur die deutsche Minderheit in B¨ohmen (Die Geschichte des Deutschen Vereines zur Verbreitung gemeinn¨utziger Kenntnisse 1869-1919, 1919) und begr¨undete 1896 die Zeitschrift „Beitr¨age zur deutsch-b¨ohmischen Volkskunde“ (seit 1926 „Beitr¨age zur sudetendeutschen Volkskunde“). Seit 1918 dehnte er sein volkskundliches Forschungsgebiet auf M¨ahren, Schlesien und die Karpaten aus. H. verfaßte u. a. Die deutsche Sprachinsel Gottschee. Geschichte und Mundart, Lebensverh¨altnisse, Sitten und Gebr¨auche, Sagen, M¨archen und Lieder (1895, Neudr. 1979), Einf¨uhrung in die deutsch-b¨ohmische Volkskunde, nebst einer Bibliographie (1896) und Geschichte des deutschen Michel (1918); als Literaturhistoriker widmete er sich vor allem Johann → Fischart (u. a. Johann Fischart. Ein Literaturbild aus der Zeit der Gegenreformation, 2 Bde., 1921 / 22). 1931 gab Gustav → Jungbauer H.s Bibliographie der deutschen Volkskunde in B¨ohmen heraus. C IGL

Haufler, Max, schweizer. Schauspieler, Regisseur, * 4. 6. 1910 Basel, † 25. 6. 1965 Z¨urich. Der Sohn einer K¨unstlerfamilie wuchs im Tessin auf, studierte seit 1927 Malerei in Basel und unternahm um 1930 Studienreisen durch Europa. Seit 1928 stellte H. seine Landschaftsgem¨alde aus und war Mitglied der Basler K¨unstlergruppe „Rot-Blau“ und der „Gruppe 33“. 1936 wandte er sich der Schauspielerei zu, trat als Kabarettist auf und spielte in humoristischen Dialektfilmen. Seit 1938 f¨uhrte er Regie in drei Filmen, darunter Emil, me muess halt rede mitenand (1941). Sp¨ater drehte er Kurzdokumentar- und Werbefilme, wirkte in H¨orspielen mit und trat in schweizer. Filmproduktionen (u. a. als Clochard Carbarossa in K. Fr¨uhs Hinter den sieben Gleisen) auf. Seit 1949 war H. in mehreren Produktionen des Kabaretts „F´ed´eral“ zu sehen, geh¨orte 1951-57 dem Ensemble des Z¨urcher Schauspielhauses an und spielte 1957-59 am Landestheater in Darmstadt. In den sechziger Jahren arbeitete er u. a. mit Orson Welles (u. a. in The Trial, 1962). H. beging Selbstmord. C Cinegraph

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Haug Haug, Balthasar, Schriftsteller, * 4. 7. 1731 Stammheim bei Calw, † 3. 1. 1792 Stuttgart. H., Sohn eines Schultheißen und hirsauischen Amtspflegers, studierte als Angeh¨origer des T¨ubinger Stifts Theologie und kam nach Abschluß des Studiums an die Pfarrei Niederstotzingen, 1763 nach Magstadt. 1761 zum Dichter gekr¨ont, folgte er 1766 der Berufung Herzog → Karl Eugens von W¨urttemberg als Hofdichter nach Ludwigsburg und wurde Prof. der Theologie und Beredsamkeit am Stuttgarter Gymnasium; 1769 erfolgte die Ernennung zum kaiserlichen Comes palatinus. H. wurde 1776 Prof. an der herzoglichen Milit¨arakademie in Stuttgart, der sp¨ateren Hohen Karlsschule, und lehrte Philosophiegeschichte, sch¨one Wissenschaften und deutschen Stil. Er f¨orderte die schw¨abische wissenschaftliche und sch¨one Literatur, gr¨undete literarische Zeitschriften, gab das bio-bibliographische Handbuch Das gelehrte Wirtemberg (1790) heraus und schrieb geistliche Lehrgedichte (Der Christ am Sabbath, 3 Tle., 1763 / 64). H. war der Vater von Friedrich → H. C Killy Haug, (Johann Christoph) Friedrich, Pseud. Friedrich Hophthalmos, Frauenlob d. J., Schriftsteller, * 9. 3. 1761 Niederstotzingen bei Ulm, † 30. 1. 1829 Stuttgart. Der Sohn Balthasar → H.s studierte gemeinsam mit seinem Jugendfreund Friedrich → Schiller 1775-83 an der 1781 zur Hohen Karlsschule erhobenen Milit¨arakademie Rechtswissenschaft, Philologie und Philosophie, wurde anschließend Sekret¨ar des herzoglichen Kabinetts und war seit 1792 Tr¨ager der w¨urttembergischen Hof- und Pfalzgrafenw¨urde. 1793-1816 war er Sekret¨ar des Geheimen Rats, wurde 1816 ¨ unter Ernennung zum Hofrat Bibliothekar an der Offentlichen Bibliothek in Stuttgart, redigierte 1807-17 das Cottasche „Morgenblatt f¨ur gebildete St¨ande“ und bet¨atigte sich als Herausgeber von Anthologien. H. versuchte sich in zahlreichen poetischen Kleinformen und wurde vor allem durch seine satirischen Sinngedichte bekannt (u. a. Epigrammen und vermischte Gedichte, 2 Bde., 1805). → Jean Paul nannte ihn den „reichsten Martial der Deutschen“. C Killy Haug, Gustav, schweizer. Komponist, Dirigent, * 30. 11. 1871 Straßburg, † n. e. Ausgebildet am St¨adtischen Konservatorium seiner Heimatstadt, kam H. 1895 als Musiklehrer nach Rorschach, wurde 1899 Organist und Chordirigent in Gais (Kt. Appenzell) und ging 1904 in gleicher Funktion nach St. Gallen, wo er seit 1912 auch an der Knaben-Realschule lehrte. Er war 1907-20 Kantonaldirektor des Appenzeller, 1928-37 des St. Gallener Kantonals¨angervereins, komponierte eine Reihe von Chorwerken, teils mit Orchesterbegleitung (u. a. Schweizergebet), ¨ und gab eine Liedersammlung („Alpenrosen“) sowie Ubungen f¨ur den Schulgesangsunterricht heraus. Haug, Hans, schweizer. Komponist, Dirigent, Musikp¨adagoge, * 27. 7. 1900 Basel, † 15. 9. 1967 Lausanne. H. studierte bei Ernst → Levy und Egon → Petri am Konservatorium seiner Heimatstadt sowie 1921-23 bei Walter → Courvoisier und Josef → Pembaur an der Akademie der Tonkunst in M¨unchen, war 1924-27 Musikdirektor in Grenchen und dirigierte 1926-28 den M¨annerchor Solothurn. 1928-34 Chordirektor und Kapellmeister am Basler Stadttheater, u¨ bernahm er anschließend die Leitung des Orchestre Radio Suisse Romand und lehrte in Lausanne und La Chaux-de-Fonds. Seit 1938 leitete er das Radioorchester des Landessenders Berom¨unster in Z¨urich, mußte 1943 aus politischen Gr¨unden diese Position aufgeben und war bis 1947 Pianist (u. a. des Kabaretts „Kaktus“), Lehrer und Chordirigent. H. unterrichtete seit 1947 Musiktheorie am Konservatorium Lausanne, leitete mehrmals die Sommerkonzerte Interlaken und konzertierte in Frankreich, der Westschweiz und Italien. Er komponierte neben Orchesterwerken und Kam-

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mermusik vor allem B¨uhnenmusiken, darunter das Festspiel Underem L¨allekenig (1939). Seine Rundfunk-Kommentare ver¨offentlichte H. 1942 unter dem Titel F¨ur Feinde klassischer Musik. C MGG

Haug, Herbert, Anatom, * 4. 8. 1920 Stuttgart, † 20. 3. 2002 L¨ubeck. H., Sohn einer Beamtenfamilie, schloß das Studium der Medizin, das er bereits in der Kriegsgefangenschaft in einer Lagerakademie begonnen hatte, 1952 in Erlangen mit der Promotion ab (Der Grauzellkoeffizient des Stirnhirnes der Mammalia in einer phylogenetischen Betrachtung), wurde Assistent am Anatomischen Institut in Erlangen und habilitierte sich dort 1957 (Quantitative Untersuchungen an der Sehrinde). Seit 1963 apl. Prof., wechselte er 1965 an das Anatomische Institut der Univ. Hamburg, wurde 1969 als Prof. nach Kiel berufen und folgte 1972 einem Ruf als o. Prof. der Anatomie an die Univ. L¨ubeck. Das besondere Forschungsinteresse von H. galt der Bestimmung der Anzahl und Gr¨oße der Neuronen in der Hirnrinde im Vergleich von Mensch und Tier, wozu morphometrische Methoden entwickelt werden mußten. H., Gr¨undungsmitglied der International Society of Stereology, konnte zeigen, daß kein Substanzverlust der Hirnrindenzellen bei der Alterung eintritt und mit entsprechendem mentalen Training Morphologie und Funktion erhalten werden k¨onnen. Er ver¨offentlichte u. a. Leitfaden der mikroskopischen Technik. Mikroskopische, pr¨aparative und f¨arberische Verfahren in der Histologie (1959) und Der makroskopische Aufbau des Großhirns (1970). Haug, Johann Friedrich, evang. Theologe, * 17. 4. 1680 Straßburg, † 12. 3. 1753 Berleburg. H., Sohn eines Buchdruckers, studierte Theologie, erwarb den Magistergrad und wandte sich einem schw¨armerischen Pietismus zu. Seit 1703 Diakon in Straßburg, wurde er 1705 wegen Abhaltung verbotener Konventikel ausgewiesen und war mindestens seit 1723 f¨uhrendes Mitglied der Philadelphia-Bewegung in Berleburg. Als Pensionist von Graf Casimir von Sayn-Wittgenstein lebte er zur¨uckgezogen in Schloß Berleburg. H. war seit 1723 verantwortlicher Redakteur und Herausgeber der „Berleburger Bibel“ (Die Heilige Schrift [. . .], 8 Bde., 1726-42), die neben dem Versuch einer ¨ wortw¨ortlichen Ubersetzung umfangreiche Erkl¨arungen aus der mystisch-theosophischen Literatur bietet. C NDB Haug, Martin, Orientalist, * 30. 1. 1827 Ostdorf (heute zu Balingen, W¨urttemberg), † 5. 6. 1876 Ragaz. Seit dem 16. Lebensjahr Hilfslehrer, eignete sich H., Sohn eines Bauern, autodidaktisch Latein, Griechisch und Sanskrit an, studierte nach dem Abitur in Stuttgart Altphilologie und Orientalistik in T¨ubingen (Promotion 1851) und G¨ottingen und habilitierte sich 1854 an der Univ. Bonn. Neben seiner Lehrt¨atigkeit war er Assistent Christian Karl Josias von → Bunsens und Mitarbeiter an dessen Bibeledition. 1859 wurde er Superintendent und Prof. des Sanskrit am College (sp¨ater der Univ.) im indischen Poona, an dem u. a. Ramakrishna Gopal Bhandarkar, der Begr¨under der Orientalistik in Indien, sein Sch¨uler war. H. kehrte 1866 nach Schwaben zur¨uck und u¨ bernahm 1868 den neueingerichteten Lehrstuhl f¨ur Sanskrit und vergleichende Sprachwissenschaft an der Univ. M¨unchen. Er befaßte sich vor allem mit zoroastrischer Literatur, Parsentradition sowie iranischer Philologie und gilt als Mitbegr¨under der Iranistik. Zu seinen Hauptwerken z¨ahlen das Old Zend-Pahlavi Glossary und das Old Pahlavi-Pazand Glossary (beide 1870). C NDB Haug, Martin, evang. Theologe, Landesbischof von W¨urttemberg, * 14. 12. 1895 Calw, † 28. 3. 1983 Freudenstadt. H. studierte an der Univ. T¨ubingen (Promotion 1925), war 1923-26 Repetent am T¨ubinger Stift und wurde zweiter

Haun Stadtpfarrer an der Eberhardskirche in T¨ubingen. 1930-34 Studienrat am Theologischen Stift in Urach, wurde er 1935 Direktor des evang. Pfarrerseminars in Stuttgart und 1943 Mitglied des dortigen evang. Oberkirchenrats. Seit 1946 Stellvertreter des Landesbischofs, war H. 1948-62 Landesbischof von W¨urttemberg und geh¨orte seit 1952 dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland an. Er ver¨offentlichte u. a. Wie lege ich die Bibel aus? (1939, 21940). C Munzinger

Haugwitz, August Adolph von, auch Augustus Adolphus ab H., A. A. v. H., Schriftsteller, * 14. 5. 1647 Uebigau (Oberlausitz) (?), † 27. 9. 1706 Uebigau. H. studierte seit 1665 an der Univ. Wittenberg Rechts- und Staatswissenschaften, widmete sich daneben der Dichtkunst und erlernte Italienisch und Franz¨osisch. Vermutlich seit Mitte 1668 unternahm er eine Kavalierstour nach Amsterdam, London und Paris und kehrte 1669 auf seine Besitzungen zur¨uck. H. schrieb Theaterst¨ucke und Gedichte, u. a. das Trauerspiel Maria Stuarda (1683); zu seinen staatsrechtlichen Schriften z¨ahlt Prodromus Lusaticus (1681). C Killy

Haugwitz, (Heinrich) Christian (Kurt) Graf von, Diplomat, Staatsmann, * 11. 6. 1752 Peuke bei Oels (Schlesien), † 9. 2. 1832 Venedig. H., Sohn eines w¨urttembergisch-¨olsischen Kammerpr¨asidenten und Neffe von Friedrich Wilhelm von → H., studierte an den Universit¨aten Halle und G¨ottingen. Seit 1781 auf seinen G¨utern lebend, wurde er 1791 Generallandschaftsdirektor in Schlesien, kam noch im selben Jahr an den Hof → Friedrich Wilhelms II. von Preußen und begleitete als preuß. Gesandter in Wien → Franz II. zur Kaiserkr¨onung nach Frankfurt. 1792 wurde H. als Staats- und Kabinettsminister nach Berlin zur¨uckberufen, verfolgte eine Außenpolitik der Nichteinmischung und unterzeichnete den Basler Frieden 1795. Nach der Besetzung Hannovers durch Napoleon 1803 u¨ bergab er sein Amt an den von ihm vorgeschlagenen Nachfolger → Hardenberg. Bekannt wurde H. durch seine f¨ur Preußen zu einem ung¨unstigen Schluß gebrachten Verhandlungen mit Napoleon 1805 / 06. Im April 1806 u¨ bernahm er das Ministerium erneut, nahm aber nach der Schlacht bei Jena und Auerstedt im Oktober desselben Jahres seinen Abschied. Seit 1820 lebte H. in Italien. C NDB

Haugwitz, Otto Graf von, Schriftsteller, * 28. 2. 1767 Pischkowitz (Niederschlesien), † 17. 2. 1842 Johannisberg (Schlesien). H. studierte nach dem Besuch des Katholischen Gymnasiums zu Breslau an den Universit¨aten Halle, G¨ottingen, Berlin und Wien und nahm in Wien Verbindung zu dem von ihm verehrten „Barden“ Michael → Denis auf. Er f¨uhrte das Leben eines dilettierenden Landedelmanns auf seinem schlesischen Gut Falkenau und nahm in Breslau Verwaltungsauf¨ gaben wahr. H.’ Ubersetzung Des Decimus Junius Juvenalis Satyren (1818) fand bei den Zeitgenossen Beachtung; dar¨uber hinaus schrieb er Gedichte und Epigramme (u. a. Einhundert Epigramme, 1828). C Killy

Hauk, Karl, o¨ sterr. Bildhauer, Maler, * 1. 5. 1898 Klosterneuburg (Nieder¨osterreich), † 13. 8. 1974 Wien. Nach der Ausbildung bei Josef → Jungwirth, Karl → Sterrer und Alois → Delug an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien ging H. als Bildhauer und Freskomaler nach Linz; 1933 kehrte er nach Wien zur¨uck. Er war 1928-38 Mitglied des Hagenbundes und seit 1939 der Wiener Sezession. 1946 u¨ bernahm er die Leitung der Fachklasse f¨ur Malerei an der Kunstschule Linz. H. schuf Fresken und Sgraffiti, Entw¨urfe zu Glasfenstern und Intarsien, Gem¨alde, Graphiken und Plastiken, darunter St. Christophorus (1929, Traunbr¨ucke, Linz). C Biogr Lex Ober¨ost

Hauk, Minnie, eigentl. Amalia Mignon Hauck, verh. Hesse-Wartegg, S¨angerin, * 16. 11. 1852 New York, † 6. 2. 1929 Tribschen bei Luzern. Die Tochter deutscher Emigranten studierte Gesang bei Gregorio Courteau in New Orleans und bei Achille Errani in New York und deb¨utierte 1866 als Sopranistin in Brooklyn. An der Academy of Music in New York sang sie die Titelrolle in der amerikanischen Erstauff¨uhrung von Rom´eo et Juliette. 1869 sang sie an der London Covent Garden Opera, wurde in den folgenden Jahren in Br¨ussel, Paris, Moskau, St. Petersburg und Berlin gefeiert, war 1870-73 Mitglied der Wiener, 1874-78 der Berliner Hofoper und wirkte in Konzerten am Kaiserlichen Hof mit. Gastspielreisen f¨uhrten sie bis nach Indien, China und in die Karibik; 1890 / 91 geh¨orte sie dem Ensemble der Metropolitan Opera New York an. Zu ihren bedeutendsten Partien z¨ahlte die Titelrolle in Bizets Carmen. H. lebte seit 1891 mit ihrem Mann Ernst von → Hesse-Wartegg in Triebschen; ihre Erinnerungen Memories of a Singer publizierte sie 1925. C Kutsch

Hauler, Edmund, o¨ sterr. Klassischer Philologe, Haugwitz, Friedrich Wilhelm Graf von, o¨ sterr. Staatsmann, * 11. 12. 1702, † 11. 9. 1765 Kn¨onitz (M¨ahren). Seit 1725 Beamter der schlesischen Landesverwaltung, sp¨ater Leiter des schlesischen Kontributionssystems, wurde H., Sohn eines kurs¨achsischen Generalfeldwachtmeisters, nach der preuß. Besetzung 1742 von → Maria Theresia zum Pr¨asidenten der zentralen Landesverwaltung Restschlesiens ernannt und legte der Regentin erstmals 1743 Reformpl¨ane zur Neuordnung und Zentralisierung der Finanzverwaltung vor. Seit 1747 wurden sie umgesetzt und 1748 auf den gesamten habsburgischen Herrschaftsbereich mit Ausnahme Ungarns, der Niederlande und der italienischen Besitzungen ausgedehnt. 1749 wurde ein gesamtstaatliches „Directorium in publicis et cameralibus“ gegr¨undet, das Steuerwesen und Verwaltung zusammenf¨uhrte, die St¨ande weitgehend ausschaltete und durch Abschaffung des Sonderstatus ¨ der L¨ander der b¨ohmischen Krone den „Kernstaat Oster¨ reich“ schuf und damit den Ubergang vom alten St¨andestaat zum zentralistisch regierten modernen Verwaltungsstaat einleitete. Nach dem Siebenj¨ahrigen Krieg wurde das „Directorium“ aufgel¨ost und H. als Minister im Staatsrat in eine nur beratende Stellung versetzt. C Verwaltung

* 17. 11. 1859 Ofen, † 1. 4. 1941 Baden (Nieder¨osterreich). Aufgewachsen in Wien, studierte H., Sohn eines Gymnasialdirektors, dort Klassische und Deutsche Philologie, alte Geschichte, Epigraphik und Arch¨aologie und unternahm nach der Promotion (1882) und dem Staatsexamen (1884) Studienreisen durch Deutschland, Frankreich, England, Italien und die Schweiz. 1890 wurde er Gymnasiallehrer in Wien, habilitierte sich 1893 an der dortigen Univ. f¨ur Klassische Philologie und war seit 1896 a. o., 1899-1931 o. Professor. H. ver¨offentlichte eine große Zahl von Abhandlungen u. a. in den von ihm geleiteten „Wiener Studien“, gab Lehr- und ¨ Ubungsb¨ ucher heraus und wurde vor allem durch die Entzifferung von Palimpsesten bekannt. So edierte er u. a. die auf einem Veroneser Palimpsest erhaltene fr¨uheste christliche Kirchenordnung Didascalia Apostolorum (1900). C NDB

Haun, Johann Ernst Christian, P¨adagoge, * 21. 6. 1748 Gr¨afentonna, † 22. 3. 1801 Gotha. Nach dem Theologiestudium zun¨achst Hauslehrer im mecklenburgischen Toddin, wurde H. 1777 Stifts- und Waisenhausprediger in Gotha. Aufgrund einer p¨adagogischen Abhandlung 1779 vom herzoglich gothaischen Konsistorium

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Hauner zum ersten Lehrer und Direktor des zu gr¨undenden Schullehrerseminars in Gotha ernannt, erweiterte er die Einrichtung st¨andig, erhielt den Titel eines „Methodenmeisters“ und wurde Landschulinspektor im Rang eines Ephorus. H. gilt als einer der ersten Reformer des s¨achsischen Volksschulsystems. Sein Hauptwerk Allgemeiner Schulmethodus erschien postum 1801. C ADB

Hauner, August von, eigentl. Napoleon (Michael Simon) H., P¨adiater, * 29. 10. 1811 Neumarkt / Rott, † 11. 6. 1884 M¨unchen. Nach dem Studium in M¨unchen und Wien (Promotion 1836, De febri puerperali) praktizierte H., Sohn eines Klosterrichters in Frauenchiemsee und sp¨ateren Rentbeamten in Neumarkt / Rott, seit 1837 in Tann (Niederbayern), sp¨ater in Murnau (Oberbayern), ließ sich 1845 als Kinderarzt in M¨unchen nieder und er¨offnete 1846 ein privates, f¨ur die Patienten unentgeltliches Kinderspital mit Ambulanz, das als eine der Keimzellen der P¨adiatrie gilt. Seit der Habilitation 1850 hielt er an der Univ. M¨unchen Vorlesungen und Fortbildungsveranstaltungen u¨ ber Kinderheilkunde, wurde 1853 zum Prof. ernannt und errichtete mit Mitteln privater Spender und des bayerischen K¨onigshauses seit 1882 einen Klinikneubau, der als „Dr. von Haunersches Kinderspital“ nach seinem Tod dem Staat zufiel. H. befaßte sich mit Gehirnund Stoffwechselkrankheiten, war seit 1852 Mitherausgeber von „Behrend’s Journal f¨ur Kinderkrankheiten“ und ver¨offentlichte u. a. Beitr¨age zur P¨adiatrik (1863) und Grundz¨uge der physischen Erziehung der Kinder (1868). C NDB

Hauner, Norbert, Augustinerchorherr, Theologe, Komponist, * 14. 2. 1743 Au / Inn, † 24. 7. 1827 Frauenchiemsee. H., Sohn eines Wirts, trat 1768 in das AugustinerChorherrenstift Herrenchiemsee ein und wurde 1772 zum Priester geweiht. Seit 1782 Pfarrer an der Klosterkirche, verwaltete er sp¨ater auch Außenpfarreien, darunter seit 1792 Prien / Chiemsee. 1797-1803 war H. der letzte Herrenchiemseer Stiftsdekan vor der S¨akularisation, blieb dann zun¨achst als Lehrer und Seelsorger auf der Insel und wurde 1812 Spiritual der Klosterfrauen und Musiklehrer auf Frauenchiemsee. Er vertonte das sog. Landshuter Gesangbuch (1777) und komponierte geistliche Instrumental- und Vokalmusik, u. a. die Melodie zu Thauet Himmel den Gerechten. C MGG

Haunold, Christoph, auch Haunoldt, Jesuit, Theologe, * 18. 10. 1610 Altenthann bei Regensburg, † 22. 6. 1689 Ingolstadt. Zun¨achst Edelknabe am kurf¨urstlichen Hof in M¨unchen, trat H. 1630 in die Gesellschaft Jesu ein und studierte Theologie in Rom und Ingolstadt. Seit 1642 lehrte er Philosophie in Dillingen und Theologie in Ingolstadt, war dort 1666-74 auch Studienpr¨afekt und bet¨atigte sich danach in der Seelsorge. H. verfaßte dogmatische und kontroverstheologische Schriften, u. a. Theologiae speculativae libri quattuor (1676). C LMU Haunold, Johann Sigismund, Breslauer Ratsherr, * 28. 3. 1634 Breslau, † 17. 4. 1711 Breslau. H. war seit 1660 Mitglied des Rats der Stadt Breslau, seit 1691 dessen Senior und Pr¨ases, kaiserlicher Rat und Direktor des Burglehens Ramslau, als welcher er sich u. a. f¨ur die Armenverpflegung engagierte. Bekannt wurde er durch seine umfangreichen Sammlungen von Naturalien, technischen Apparaten und M¨unzen. H. stand in brieflichem Kontakt mit einer Reihe europ¨aischer Gelehrter, darunter Abt Gerard Wolter → Molanus von Loccum, und schrieb u. a. C ADB Regnum animale, minerale et vegetabile.

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Haupt, (Karl) Albrecht, Architekt, Kunsthistoriker, * 18. 3. 1852 B¨udingen (Hessen), † 27. 10. 1932 Hannover. H., Sohn eines Gymnasialdirektors, studierte 1869-76 – unterbrochen durch Kriegsdienst und praktische T¨atigkeit, u. a. als Bauf¨uhrer – an der Univ. Gießen sowie in Karlsruhe und Hannover. 1876-78 war er beim Schloßbauamt in Karlsruhe und in B¨udingen t¨atig. 1878 trat er in das Architekturb¨uro Edwin → Opplers in Hannover ein. Seit 1880 selbst¨andig, habilitierte er sich an der TH Hannover, lehrte Kunstgeschichte der deutschen Renaissance und wurde 1893 an der Univ. Leipzig zum Dr. phil. promoviert. Im folgenden Jahr wurde er an der TH Hannover zum Honorarprofessor ernannt. H. hielt seit 1907 auch Vorlesungen u¨ ber germanische Kunst sowie u¨ ber spanische und portugiesische Renaissance. Als Architekt und Wissenschaftler dem Historismus verbunden, war er Mitbegr¨under des hannoverschen Kunstgewerbemuseums und des Bundes Deutscher Architekten, dessen Vorsitz er 1903-08 innehatte. H. entwarf Schl¨osser, Villen, Rath¨auser und Kirchen, u. a. die Stadtkirche von B¨uckeburg (1895). C NDB Haupt, (Carl Friedrich Samuel) Erich, evang. Theologe, * 8. 7. 1841 Stralsund, † 19. 2. 1910 Halle. Seit 1858 Student der Philologie und Theologie an der Univ. Berlin, unterrichtete H. seit 1864 in Kolberg, seit 1866 in Treptow / Rega am Gymnasium und leitete das Alumnat. Er legte 1871 die zweite theologische Pr¨ufung ab, ver¨offentlichte theologische Abhandlungen und wurde 1878 als Nachfolger Theodor → Zahns Prof. der neutestamentlichen Exegese an der Univ. Kiel. 1883 wechselte er an die Univ. Greifswald, wurde 1884 Stettiner Konsistorialrat und kam 1888 an die Univ. Halle, deren Rektor er 1902 war. H. vertrat die „Evangelische Vereinigung“ auf Provinzialsynoden und der Generalsynode, geh¨orte seit 1902 dem Magdeburger Konsistorium an, war Vorsitzender des Hauptvereins der Gustav-Adolf-Stiftung, Vorstand des Evangelischen Bundes und 1901-08 Herausgeber der „Deutsch-evangelischen Bl¨atter“. Er ver¨offentlichte u. a. Die Kirche und die theologische Lehrfreiheit (1881). C BBKL Haupt, Herman, Bibliothekar, Schriftsteller, * 29. 6. 1854 Markt Bibart (Mittelfranken), † 4. 10. 1935 Betzdorf. Nach dem Studium der Klassischen Philologie und Geschichte an der Univ. W¨urzburg (Promotion 1875) kam H. 1876 als Volont¨ar an die Universit¨atsbibliothek W¨urzburg und wurde 1885 Bibliothekar und Vorstand, 1904 Direktor der Universit¨atsbibliothek Gießen; 1897 erhielt er den Professorentitel. Er erweiterte den Bestand wie die Geb¨aude der Bibliothek und entwickelte gemeinsam mit einem Buchbinder Kapseln f¨ur Katalogzettel, die sogenannten „Gießener Kapseln“. H. befaßte sich mit mittelalterlicher Kirchen- und Sektengeschichte, Geschichte der Burschenschaften, hessischer Literatur- und Landesgeschichte sowie Volkskunde. Er ver¨offentlichte u. a. Die religi¨osen Sekten in Franken (1882) und Die deutsche Bibel¨ubersetzung der mittelalterlichen Waldenser (1885). C LGB Haupt, (Adolph) Hugo, Chemiker, * 1. 6. 1874 G¨orlitz, † 6. 4. 1954 Bautzen. Zum Apotheker ausgebildet, studierte H., Sohn eines Lokomotivf¨uhrers, seit 1898 Pharmazie und Botanik in Leipzig (Promotion 1902, Zur Secretionsmechanik der extrafloralen Nektarien), praktizierte an der Biologischen Station Rovigno und wurde Assistent der Landesstelle f¨ur o¨ ffentliche Gesundheitspflege in Dresden. Daneben studierte er an der dortigen TH Lebensmittelchemie, wurde Assistent des st¨adtischen Untersuchungsamtes Dresden, sp¨ater in Leipzig und unterhielt seit 1905 ein eigenes Labor f¨ur Nahrungsmittelund Wasseruntersuchungen in Bautzen. Als Gutachter in zahlreiche europ¨aische L¨ander berufen, wurde er 1917 zum

Haupt Prof. ernannt. Er begr¨undete (1926) und leitete die Fachgruppe Wasserchemie im Verein Deutscher Chemiker. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sein Labor als Chemische und Lebensmittelchemische Abteilung des Bezirks-HygieneInstituts Bautzen verstaatlicht, die er bis 1952 leitete. H. ver¨offentlichte u. a. Kritische Bemerkungen zum Phosphors¨aurebestand in Kesselw¨assern (1932) und Die Bleivergiftungsgefahr durch Leitungswasser (mit Heinrich Fuchß C NDB und Hayo Burns, 1938).

Haupt, Joachim (Thomas) Leopold, evang. Theologe, Volkskundler, * 1. 8. 1797 Baudach bei Sommerfeld (Niederlausitz), † 9. 2. 1883 G¨orlitz. H., Sohn eines Pfarrers, konnte das Theologiestudium an der Univ. Leipzig wegen der Demagogenverfolgung erst 1825 beenden, kam nach Kottwitz und Freiwaldau bei Sagan und wurde 1832 Pastor, 1867 Pastor primarius in G¨orlitz. Seit 1832 Mitglied, 1833-45 Sekret¨ar und Bibliothekar der Oberlausitzer Gesellschaft der Wissenschaften, befaßte er sich mit sorbischer Volkskunde und ver¨offentlichte u. a. Abhandlungen zur Lokalgeschichte. Seine mit Johann E. Schmaler herausgegebene Sammlung Volkslieder der Wenden in der Ober- und Niederlausitz (2 Bde., 1841-44) ist bis in die GeC NDB genwart als Quelle von Bedeutung.

Haupt, Josef, auch Joseph H., o¨ sterr. Germanist, Bibliothekar, * 29. 7. 1820 Czernowitz, † 22. 7. 1881 Weinhaus (heute zu Wien). ¨ Uber das Akademische Gymnasium und ein Studienjahr an der Univ. Wien hinaus war H., Sohn eines Feldwebels und sp¨ateren Kanzleidieners, Autodidakt und erwarb sich seine umfassende Kenntnis auf dem Gebiet der Medi¨avistik in der Wiener Universit¨atsbibliothek. 1839-51 war er als Lehrer, Korrektor und Mitarbeiter einer Buchhandlung t¨atig. H. wurde 1851 wissenschaftliche Hilfskraft an der Wiener Hofbibliothek, 1873 Vorstand der Handschriftenabteilung und erarbeitete u. a. deren Handschriftenkatalog Tabulae codicum manu scriptorum (7 Bde., 1864-75). Er wurde 1880 wirkliches Mitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. C NDB

Haupt, Karl August, Musiker, Komponist, * 25. 8. 1810 Kuhnau bei Sagan, † 4. 7. 1891 Berlin. H. war 1827-30 in Berlin Sch¨uler von August Wilhelm → Bach, Bernhard → Klein und Siegfried → Dehn, wurde Organist an Berliner Kirchen, seit 1849 an der Parochialkirche und war 1854 Mitglied der Kommission zur Planung der großen Orgel f¨ur den Londoner Kristallpalast. Er lehrte Musiktheorie und Orgel am Kgl. Institut f¨ur Kirchenmusik in Berlin und wurde 1869 unter Ernennung zum Prof. dessen Direktor. H. komponierte vor allem Lieder und publizierte u. a. eine Orgelschule.

Haupt, (Rudolph Friedrich) Moritz, Germanist, Klassischer Philologe, * 27. 7. 1808 Zittau, † 5. 2. 1874 Berlin. Nach dem Studium der Klassischen Philologie an der Univ. Leipzig 1826-30 und der Promotion 1831 lebte H., mit Privatstudien und Rezensionen befaßt, bis 1837 in seinem Elternhaus – sein Vater war Syndikus und bis 1830 B¨urgermeister – und wurde u. a. mit Karl → Lachmann bekannt; mit August Heinrich → Hoffmann von Fallersleben gab er 1836-40 die „Altdeutschen Bl¨atter“ heraus (Neudr. in einem Band 1978). 1837 habilitierte sich H. an der Univ. Leipzig (Quaestiones Catullianae), gr¨undete im folgenden Jahr die „Societas Latina“ und wurde 1841 a. o., 1843 o. Prof. der deutschen Sprache und Literatur. 1841-73 gab er die von ihm gegr¨undete „Zeitschrift f¨ur deutsches Altertum“ heraus. 1848 des Hochverrats angeklagt, entzog man ihm 1851 den Lehrstuhl. H. trat 1853 die Nachfolge Lachmanns als Prof. an der

Univ. Berlin an und vollendete nach dessen Tod die Sammlung Des Minnesangs Fr¨uhling (1857). Er war u. a. mit Jacob → Grimm, Theodor → Mommsen und Gustav → Freytag befreundet und geh¨orte mehreren Akademien an. H. hat die von Lachmann u¨ bernommene textkritische Methode in der Germanistik etabliert, selbst zahlreiche Editionen besorgt, darunter die von seinem Schwiegervater Gottfried → Hermann maßgeblich vorbereitete Ausgabe der Trag¨odien des Aischylos (1852), und sich f¨ur den Druck des Deutschen W¨orterbuchs der Br¨uder Grimm eingesetzt. 1875 / 76 gab Ulrich von → Wilamowitz-Moellendorf H.s Opuscula in drei B¨anden heraus (Neudr. 1967). C IGL

Haupt, Otto, Architekt, * 4. 8. 1891 Br¨unn, † 2. 1. 1966 Karlsruhe. Nach dem Architekturstudium (seit 1912) an den Technischen Hochschulen Berlin, M¨unchen und Karlsruhe und der Teilnahme am Ersten Weltkrieg bildete sich H., Sohn eines Ingenieurs und Fabrikdirektors, an der Berliner Kunstgewerbeschule und den Akademien in Berlin und Paris weiter, ließ sich als freier Architekt in Berlin nieder und wurde 1924 als Baurat Leiter des Planungsb¨uros der Reichsbank. 1927 folgte er der Berufung als Direktor der Kunstgewerbeschule in Pforzheim und war 1934-45 Direktor der Hochschule der Bildenden K¨unste und daneben seit 1936 Inhaber des Lehrstuhls f¨ur Innenarchitektur an der TH Karlsruhe, 1952-56 deren Rektor. Seit 1945 baute H. die im Krieg zerst¨orte Pforzheimer Kunstgewerbeschule zusammen mit der Goldschmiedeschule neu auf, leitete seit 1946 nebenamtlich das Landesdenkmalamt und u¨ bernahm 1949 erneut die Direktion der Karlsruher Akademie der bildenden K¨unste. Er errichtete u. a. das Bibliotheksgeb¨aude der TH Karlsruhe (mit Peter Haupt, 1960-66). C Bad Bio N.F., Bd 3 Haupt, (Hermann Hugo) Paul, Orientalist, * 25. 11. 1858 G¨orlitz, † 15. 12. 1926 Baltimore. H., Sohn eines Polizeikommissars, wurde nach nur zweij¨ahrigem Studium bei Friedrich → Delitzsch an der Univ. Leipzig 1878 mit Sumerischen Studien (1879) promoviert, habilitierte sich 1880 an der Univ. G¨ottingen und wurde 1883 Extraordinarius. Im selben Jahr an die neugegr¨undete Johns Hopkins University nach Baltimore (USA) berufen, lehrte er bis 1889 an beiden Universit¨aten, danach bis zu seinem Tod ausschließlich in Baltimore als Inhaber der W. W. Spencer-Professur. H. gab gemeinsam mit Delitzsch die „Assyriologische Bibliothek“ und die „Johns Hopkins Beitr¨age zur Assyriologie“ heraus. Sp¨ater befaßte er sich zunehmend mit dem Alten Testament und widmete sich der Edition einer „Polychromen Bibel“ und der Rekonstruktion biblischer Verse. C NDB Haupt, Theodor, eigentl. Markus Theodor von Haupt, Pseud. Theodor Peregrinus, Schriftsteller, Jurist, * 2. 2. 1784 Mainz, † Ende Mai / Anfang Juni 1832 Paris. In Aschaffenburg zum Juristen ausgebildet, ließ sich H. 1808 in Darmstadt nieder und kam sp¨ater u¨ ber die Niederlande nach Hamburg, wo er als Publizist, Rechtsanwalt und Dozent wirkte. 1813 war er Leutnant, stand sp¨ater in englischen Diensten und kam als Assistent des englischen Generalkommissars nach Paris. In der Folge Beamter in einer Pariser Vorstadt, war er nach Friedensschluß Richter in D¨usseldorf und Landgerichtsrat in Trier. Wegen der Julirevolution 1830 ging er wieder nach Paris. H. schrieb neben juristischen Abhandlungen und Kommentaren historisierende B¨uhnenst¨ucke ¨ und Prosa; ferner gab er Ubersetzungen, Bearbeitungen und Sammlungen (u. a. Bibliothek merkw¨urdiger Kriminal- und Rechtsf¨alle, 4 Bde., 1830) heraus. H. starb durch Selbstmord. C ADB

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Haupt Haupt, Ullrich, Schauspieler, Regisseur, * 30. 10. 1915

Hauptmann, Carl (Ferdinand Max), Pseud. Ferdinand

Chicago, † 22. 11. 1991 M¨unchen. In den USA zweisprachig aufgewachsen, studierte H. seit 1931 zun¨achst an der Kunstakademie und der RaimannSchule in Berlin, bald darauf als Sch¨uler von Gustaf → Gr¨undgens an der Berliner Staatlichen Schauspielschule. 1936 deb¨utierte er als Shakespeares Romeo in Danzig und war 1937-40 Mitglied des Bayerischen Staatsschauspiels, danach bis Kriegsende des Berliner Staatstheaters unter Gr¨undgens. Seit 1945 in den USA lebend, kehrte er 1951 nach Deutschland zur¨uck, geh¨orte den Gr¨undgensEnsembles am D¨usseldorfer Schauspielhaus, seit 1955 am Deutschen Schauspielhaus Hamburg an und spielte sp¨ater in Z¨urich, an den M¨unchner Kammerspielen und am ThaliaTheater in Hamburg; 1974-81 war er Mitglied des Bayerischen Staatsschauspiels in M¨unchen. H. f¨uhrte seit den f¨unfziger Jahren auch Regie (u. a. Warten auf Godot). Er wirkte außerdem bei Film- und Fernsehproduktionen mit. C Munzinger

Klar, Schriftsteller, Naturwissenschaftler, * 11. 5. 1858 Ober-Salzbrunn (Schlesien), † 4. 2. 1921 Schreiberhau / Riesengebirge. Der Bruder Gerhart → H.s studierte seit 1880 Philosophie, Physiologie und Biologie an der Univ. Jena (u. a. bei Ernst → Haeckel) und unternahm nach der Promotion (1883, Die Bedeutung der Keimbl¨attertheorie f¨ur die Individualit¨atslehre und den Generationswechsel) eine Italienreise. Durch Heirat finanziell unabh¨angig geworden, setzte er 1885 seine Studien in Z¨urich fort und trat dort – wie auch nach 1889 in Berlin – mit literarischen Kreisen in Verbindung. 1891 bezog er gemeinsam mit seinem Bruder Gerhart ein Haus in Schreiberhau, aus dem dieser 1893 wieder auszog. H. widmete sich zun¨achst der naturwissenschaftlichen Publizistik (Die Metaphysik in der modernen Physiologie, 1893, erneut 1894), sp¨ater – vorerst unter Pseudonym – der Belletristik. 1910 ver¨offentlichte H. Aus meinem Tagebuch (31929). Zu seinem stilistisch vielgestaltigen Œuvre geh¨oren Romane (u. a. Einhart, der L¨achler, 2 Bde., 1907) und B¨uhnenst¨ucke (u. a. die Trilogie Die goldenen Straßen, 1916-18). H.s Prosa, auch das R¨ubezahlbuch (1919) wurde von den Expressionisten hochgesch¨atzt. 1928 erschien Leben mit Freunden. Gesammelte Briefe (hrsg. von Will-Erich → Peuckert). Seit 1997 erscheinen H.s S¨amtliche Werke (hrsg. von Eberhard Berger u. a). C Killy

Haupt, Wolfgang, Botaniker, * 24. 1. 1921 Bonn, † 16. 10. 2005 R¨ottenbach. H. studierte seit 1946 in einem franz¨osischen Kriegsgefangenenlager Biologie, Chemie und Physik, seit 1947 in Erlangen und T¨ubingen, wurde 1952 promoviert (Untersuchungen u¨ ber den Determinationsvorgang der Bl¨utenbildung bei Pisum sativum) und habilitierte sich 1957 (Die Induktion der Polarit¨at bei der Spore von Equisetum). Seit 1952 o. Prof. in Erlangen, arbeitete er vor allem auf dem Gebiet der Pflanzenphysiologie und untersuchte die Bl¨utenbildung, die Polarit¨atsinduktion, die Bewegung der Chloroplasten unter dem Einfluß von Licht, die lichtabh¨angige Keimung von Farnsporen und das Phytochromsystem. 1969-76 stand H. dem Verband deutscher Biologen und biowissenschaftlicher Fachgesellschaften vor, war 1979-85 Pr¨asident der Deutschen Botanischen Gesellschaft und geh¨orte seit 1975 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina an. H., der zu den Gr¨undern der European Communities Biologists Association z¨ahlte, ver¨offentlichte u. a. Bewegungsphysiologie der Pflanzen (1977, engl. 1979) und Umweltsignale steuern das Verhalten der Organismen (1988).

Hauptmann, Anna, geb. Versing, Schauspielerin, * 2. 10. 1832 (?) Mainz, † 8. 9. 1896 Prag-Weinberge. Die Tochter der Schauspielerin Auguste Lauber und des Operns¨angers Wilhelm Heinrich → Versing war Sch¨ulerin Karl Leberecht → Immermanns und trat seit 1850 auf den großen B¨uhnen der o¨ sterreichisch-ungarischen Monarchie, in Frankfurt / Main, Coburg und Gotha sowie in St. Petersburg und New York auf. 1879 / 80 war sie Mitglied des Stadttheaters in Hamburg, 1880 / 81 des Stadttheaters in Wien, bereiste anschließend Amerika und nahm in Prag Abschied von der B¨uhne. Zu ihren bedeutendsten Rollen z¨ahlte die Medea. H. schrieb auch Gedichte und Erz¨ahlungen. C Kosch: Theater

Hauptmann, Benvenuto, Diplomat, Dramaturg, * 1. 6. 1900 Agnetendorf, † 1. 4. 1965 Locarno. Der Sohn Gerhart → H.s studierte an der Univ. Heidelberg Staats- und Wirtschaftswissenschaften, wurde 1924 zum Dr. rer. pol. promoviert und war vor¨ubergehend im diplomatischen Dienst. W¨ahrend des Zweiten Weltkriegs war er unter Heinz → Hilpert Dramaturg am Josefst¨adter Theater in Wien. Nach Kriegsende ließ H. Archivmaterial seines verstorbenen Vaters beschlagnahmen, in die Schweiz bringen und trug dar¨uber heftige Auseinandersetzungen mit dem ehemaligen Mitarbeiter seines Vaters und Herausgebers von dessen Gesammelten Werken (17 Bde., 1942) Carl Friedrich Wilhelm → Behl aus. C Munzinger

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Hauptmann, Elisabeth, Pseud. Dorothy Lane, Josefine Diestelhorst, Catherine Ux, Schriftstellerin, Dramaturgin, * 20. 6. 1897 Peckelsheim (Westfalen), † 20. 4. 1973 Berlin. H., Tochter eines Landarztes und Sanit¨atsrats, lebte nach dem Lehrerinnenexamen 1918 als Erzieherin in Pommern und kam 1922 nach Berlin. Seit 1925 st¨andige Mitarbeiterin Bertolt → Brechts, trat sie 1929 der KPD bei, redigierte Brechts Zeitschrift „Versuche“, war nach einer Hausdurchsuchung 1933 zeitweise inhaftiert und emigrierte u¨ ber Frankreich in die USA. 1935-40 unterrichtete sie an der Missouri University in St. Louis, lebte seit 1941 als freie Schriftstel¨ lerin und Ubersetzerin sowie Mitarbeiterin Brechts in New York und Los Angeles und war Sekret¨arin des Council for a ¨ Democratic Germany. Uber Brecht lernte sie Paul → Dessau kennen, den sie 1949 heiratete. Im selben Jahr kehrte H. in den Ostteil Berlins zur¨uck, arbeitete wieder mit Brecht zusammen, gab seine Schriften heraus, bet¨atigte sich seit 1954 als Dramaturgin und wurde 1956 literarische Mitarbeiterin des „Berliner Ensembles“. Ihre Geschichten, St¨ucke, Aufs¨atze und Erinnerungen erschienen 1977 postum unter dem Titel Julia ohne Romeo. C Westf Autoren, Bd 3

Hauptmann, Gerhart (Johann Robert), Schriftsteller, * 15. 11. 1862 Ober-Salzbrunn (Schlesien), † 6. 6. 1946 Agnetendorf / Riesengebirge. H., in einer Hoteliersfamilie aufgewachsen, wandte sich zun¨achst der Landwirtschaft und der Bildhauerkunst zu, studierte auch zeitweilig in Jena und Berlin Geschichte und Philosophie. Erst seine Heirat 1885 mit Marie Thienemann erlaubte ihm, sich der Literatur zu widmen. In Berlin stand er naturalistischen Kreisen nahe, lernte in Z¨urich Frank → Wedekind kennen und befaßte sich in seinen fr¨uhen Novellen wie Bahnw¨arter Thiel (1888) mit tabuisierten Themen wie sexueller H¨origkeit. Mit dem „sozialen Drama“ Vor Sonnenaufgang (1889), bei dessen Premiere es zu einem o¨ ffentlichen Skandal kam, wurde H. zum f¨uhrenden

Haurowitz Dramatiker der „Moderne“. Mit seiner minuzi¨osen Schilderung genetisch und sozial bedingten Verfalls bekannte er sich zwar zu einem deterministischen Weltbild, ließ aber auch andere T¨one – Schuld und Schicksal – durchklingen, die in seinem sp¨ateren Werk st¨andig wiederkehren sollten. Aufsehen erregte auch sein Drama Die Weber (1892), das eine Zeitlang verboten wurde; von gr¨oßerer Bedeutung als die vermeintliche und von H. stets bestrittene politische Reichweite war jedoch wohl die zukunftsweisende „offene“ Form. Ber¨uhmt wurde H. auch durch sozialkritische Kom¨odien wie Der Biberpelz (1893), die wie viele seiner Werke Motive aus dem eigenen Leben verarbeiteten. Mythisches und Mystisches dominierte dagegen in Dramen wie Hanneles Himmelfahrt (1893), Die versunkene Glocke (1897), Und Pippa tanzt (1906). Realismus und Mystizismus verbanden sich immer wieder in H.s sp¨ateren Werken, zum Beispiel in den Dramen Fuhrmann Henschel (1899), dessen d¨ustere Strenge Thomas → Mann zu Recht an attische Trag¨odien erinnerte, und Die Ratten (1911). Auch in epischen Werken wie dem großen, an Dostojewski erinnernden Roman Der Narr in Christo Emanuel Quint (1910) befaßte sich H. mit Sehns¨uchten, die sich zwar rational untersuchen, aber nicht restlos ergr¨unden lassen. Vor dem Ersten Weltkrieg unternahm H., inzwischen geschieden und in zweiter Ehe mit Margarete Marschalk verheiratet, mehrere große Reisen, u. a. nach Italien, Großbritannien, Griechenland und in die USA. Er wohnte wechselweise in Berlin, Agnetendorf und Hiddensee. Er schloß Freundschaft mit anderen K¨unstlern wie → Rilke und → Mahler, wurde selbst mehrfach geehrt (Grillparzerpreis 1896, 1899, 1905, mehrere Ehrendoktorate, Nobelpreis 1912). Galt H. w¨ahrend des Kriegs als zu wenig nationalistisch gesinnt, wurde sein o¨ ffentliches Eintreten f¨ur Demokratie in der Weimarer Zeit voll gew¨urdigt. Zur Entt¨auschung vieler h¨ullte sich der inzwischen siebzigj¨ahrige, ununterbrochen kreative Dichter nach der „Machtergreifung“ jedoch in Schweigen, obwohl er sich privat gegen den Faschismus a¨ ußerte. Seine Atriden-Tetralogie (1940-45) ist vielfach als schonungsloses Portr¨at der nationalsozialistischen Zeit aufgefaßt worden. Schon zu alt, um an Emigration zu denken, blieb H. in Agnetendorf. Der Aufforderung Johannes R. → Bechers, an der geistigen Erneuerung Deutschlands mitzuwirken, konnte er dann nicht mehr nachkommen. WEITERE WERKE: S¨amtliche Werke. Centenar-Ausgabe. Hrsg. v. Hans-Egon Hass u. a. 11 Bde., Frankfurt / Main 1962-74. LITERATUR: Sigfrid Hoefert: Internationale Bibliographie zum Werk G. H.s. 2 Bde., Berlin 1986-89. – Peter Sprengel: G. H. Epoche, Werk, Wirkung. M¨unchen 1984. – Wolfgang Leppmann: G. H. Leben, Werk und Zeit. Bern u. a. 1986. – Krzysztof A. Kuczynski / Peter Sprengel (Hrsg.): G. H. Autor des 20. Jahrhunderts. W¨urzburg 1991. – Heinz-Dieter Tsch¨ortner (Hrsg.): Gespr¨ache und Interviews mit G. H. Berlin 1994. – Eberhard Hilscher: G. H. Aktualisierte Neuausg. Berlin / Weimar 1996. – Sigfrid Hoefert: G. H. und der Film. Berlin 1996. – G. H. Hrsg. v. Heinz Ludwig Arnold. M¨unchen 1999 (Text + Kritik 142). – Thurit Kriener / Gabriella Rovagnati: G. H.s Novelle „Der Ketzer von Soana“ und sein Briefwechsel mit Rudolf Pannwitz. Berlin 2004. Mary E. Stewart

Hauptmann, Ivo (Manfred Gerhart), Maler, * 9. 2. 1886 Erkner, † 28. 9. 1973 Hamburg. Der a¨ lteste Sohn Gerhart → H.s studierte zun¨achst in Paris, 1903 / 04 bei Lovis → Corinth in Berlin, sp¨ater bei Ludwig von → Hofmann an der Kunstschule Weimar. Hier trat er in Kontakt zu der K¨unstlervereinigung „Die Br¨ucke“ und schloß Freundschaft u. a. mit Edvard Munch und Hans → Arp. 1909 reiste er erneut nach Paris, lebte ein Jahr bei Dresden und ließ sich 1913 in Hamburg nieder. H. entwarf

B¨uhnenbilder f¨ur einige Urauff¨uhrungen von Theaterst¨ucken seines Vaters, nahm am Ersten Weltkrieg teil und stand bis in die zwanziger Jahre unter dem Einfluß des franz¨osischen Neoimpressionismus. Er war Mitbegr¨under der Hamburger Sezession, bekleidete nach 1945 Funktionen im kulturellen Leben Hamburgs, lehrte an der Landeskunstschule und war Vizepr¨asident, sp¨ater Ehrenpr¨asident der Freien Akademie der K¨unste. H. malte u¨ berwiegend Portr¨ats sowie Motive aus Hamburg und seiner Umgebung (u. a. Agnetendorf, 1935). C Munzinger

Hauptmann, Moritz, Komponist, Musikhistoriker, * 13. 10. 1792 Dresden, † 3. 1. 1868 Leipzig. Bereits im Elternhaus musikalisch ausgebildet, studierte H., Sohn eines s¨achsischen Oberlandbaumeisters, bei Francesco → Morlacchi und seit 1811 bei Louis → Spohr Geige und Komposition und wurde im folgenden Jahr Geiger der Dresdner Hofkapelle. 1815-20 war er Musiklehrer des russischen F¨ursten Repnin und lebte in Moskau, Poltawa, Odessa und St. Petersburg. H. kam 1822 als Geiger an die Kasseler Hofkapelle unter Leitung Spohrs und lehrte Musiktheorie und Komposition. Seit 1842 war er Thomaskantor und Musikdirektor der beiden Hauptkirchen in Leipzig sowie Dozent der Musiktheorie und Komposition am neugegr¨undeten Konservatorium. H. war 1850 Mitbegr¨under der Bach-Gesellschaft. Er komponierte geistliche und weltliche Instrumental- und Vokalwerke (u. a. Salve regina, 1822) und schrieb musiktheoretische Werke (u. a. Die Natur der Harmonik und Metrik, 1853). Susette → H. war seine Frau. C MGG

Hauptmann, Susette, geb. Hummel, Malerin, Graphikerin, * 12. 3. 1811 Paris, † 30. 10. 1890 Leipzig. Die Tochter Ludwig → Hummels und Marianne von Rohdens war Sch¨ulerin ihrer Eltern an der Kunstakademie in Kassel und setzte ihre Studien in Dresden sowie auf mehreren Reisen nach Italien fort. H. geh¨orte dem Freundeskreis um Franz und Hedwig von Holstein an. Sie schuf Aquarelle und Zeichnungen zu gesellschaftlichen Anl¨assen sowie zahlreiche K¨unstler- und Musikerportr¨ats in verschiedenen Techniken, darunter das Kniest¨uck Die Gl¨uckliche (1870). Seit 1841 war sie mit Moritz → H. verheiratet. C Th-B

Haurowitz, Felix, Chemiker, * 1. 5. 1896 Prag, † 2. 12. 1987. H. studierte 1918-23 an der Deutschen Univ. in Prag, wurde 1922 zum Dr. med., 1923 zum Dr. rer. nat. promoviert und praktizierte zwischenzeitlich in Berlin. Seit 1922 Assistent am Medizinisch-Chemischen Institut der Deutschen Univ. in Prag, habilitierte er sich dort 1925 und wurde 1930 a. o. Professor. H. wurde 1938 entlassen und folgte 1939 einem Ruf an die Univ. Istanbul, wo er bis 1948 Prof. und Vorstand des Phyiologisch-Chemischen Instituts war. 1947 kam er als Gastprofessor an die University of Indiana in Bloomington und war dort 1948-65 o. Prof. der Biochemie. H., seit 1964 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, ver¨offentlichte u. a. Biochemie des Menschen und der Tiere seit 1914 (1925), Chemistry and biology of proteins (1950, 21963) und Immunochemistry and the biosynthesis of C BHdE, Bd 2 antibodies (1968). Haurowitz, (Harry Valentin) Harald von, Mediziner, * 18. 12. 1799 Schleswig, † 6. 7. 1882 Gmunden. H. studierte seit 1817 in Kopenhagen Medizin, reiste 1821 / 22 als Ober-Schiffschirurg der Marine nach Westindien und schloß das Studium 1823 in Kopenhagen ab. 1825 trat er in die Dienste der russischen Regierung und wurde Kreisarzt im Gouvernement Saratow. F¨ur einige Jahre war H. Stabsarzt im Alexandrowschen Kadetten-Corps und

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Haus wurde 1838 zum Leibarzt des Großf¨ursten Konstantin Nikolajewitsch ernannt, den er auf verschiedenen Reisen begleitete. Als General-Stabsarzt der baltischen Flotte und sp¨ater General-Medizinal-Inspektor der Marine trug H., der 1845 zum Staatsrat ernannt wurde und sp¨ater den Baronstitel erhielt, zu Reformen der Medizinalverfassung und Schiffsmedizin bei. 1864 zog sich H. nach Wien zur¨uck, reiste 1865 in die USA, um das Sanit¨atswesen w¨ahrend des Sezessioneskrieges zu studieren, und 1869 mit dem russischen Großf¨ursten nach Korfu. Zu seinen Schriften geh¨oren neben Ver¨offentlichungen in russischer Sprache Das Milit¨arsanit¨atswesen der Vereinigten Staaten von NordAmerika w¨ahrend des letzten Krieges nebst Schilderungen von Land und Leuten (1866, d¨an. 1868, russ. 1868, italien. 1869), Die Armee und das Sanit¨atswesen in ihren gegenseitigen Beziehungen (1868, italien. 1869), Erinnerungen an Korfu im Sommer 1869 (1870) und Die organische Entwicklung des Menschen nach den neuesten Naturforschungen (1871).

Haus, Anton, o¨ sterr. Milit¨ar, * 13. 6. 1851 Tolmein (Slowenien), † 8. 2. 1917 bei Pola (Istrien). H., Sohn eines Gutsbesitzers, wurde 1882 Linienschiffleiter und lehrte 1886-90 Ozeanographie an der k. u. k. Marineakademie in Fiume. Nach einer Weltumsegelung 1890-92 wurde er 1897 Fregattenkapit¨an, war Kommandant eines Torpedoschulschiffs und kommandierte den Kreuzer „Maria Theresia“ w¨ahrend des Boxeraufstandes 1901 in China. 1902-05 Vorsitzender der Pr¨asidialkanzlei der Marinesektion im Kriegsministerium, wurde H. 1910 als Vizeadmiral Pr¨ases des marinetechnischen Komitees. Seit 1913 Marinekommandant und Chef der Marinesektion im Kriegsministerium, griff er nach dem Kriegseintritt Italiens 1915 die italienische Ostk¨uste an und wurde 1916 Großadmiral. Er ver¨offentlichte Grundz¨uge der Ozeanographie und mariti¨ Bd 1 men Meteorologie (1891). C NOB,

Haus, Jakob Joseph, Jurist, * 30. 11. 1748 W¨urzburg, † 16. 4. 1833 Palermo. Der Sohn eines Juraprofessors und Regierungsrats studierte Philosophie und Jura in W¨urzburg, Wetzlar und G¨ottingen. 1777 zum Dr. jur. utr. promoviert, lehrte er an der Univ. W¨urzburg Staats-, Natur- und V¨olkerrecht. 1784-96 war er in Neapel Erzieher von Franz I. von Neapel-Sizilien, der ihn zum Marchese und kgl. Kammerherrn ernannte. Seit 1803 war H. als Oberaufseher f¨ur die Kunstsammlungen in Neapel verantwortlich. 1806 fl¨uchtete er mit dem Hof nach Sizilien. 1810-20 war er Kondirektor der o¨ ffentlichen Lehranstalten. H. u¨ bersetzte die Poetik des Aristoteles ins Lateinische (1815) und ver¨offentlichte Schriften zur Kunstgeschichte.

Hausammann, Werner, schweizer. Ingenieur, * 5. 9. 1915 Basel, † 16. 5. 1977 Feldmeilen (Kt. Z¨urich). H. schloß 1939 das Studium an der ETH Z¨urich als DiplomMaschineningenieur ab, trat 1940 in die Abteilung f¨ur Flugzeugbau der Eidgen¨ossischen Konstruktionswerkst¨atte Thun ein und befaßte sich mit Statik und Aerodynamik. Er konstruierte die Windkanalanlagen der Forschungsabteilung des Eidgen¨ossischen Flugzeugwerks in Emmen und war gemeinsam mit J. Branger f¨ur die Aerodynamik und Triebwerksanordnung des Kampfflugzeugs N-20 verantwortlich. Seit 1955 entwickelte er im eigenen Ingenieurb¨uro Windkanalanlagen f¨ur verschiedene Fluggeschwindigkeiten bis Hyperschall, ferner Pr¨ufst¨ande und Einrichtungen f¨ur den Maschinenbau. Hausberg, Fritz, Politiker, * 2. 1. 1880 Dortmund, † 16. 11. 1959 Berlin. Von Beruf technischer Zeichner, wurde H. Chefkonstrukteur und Oberingenieur und war Leiter der Sozialpolitischen

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Abteilung der Berliner Großindustrie. Seit 1907 Mitglied der Freisinnigen Vereinigung, sp¨ater der Fortschrittlichen Volkspartei und der Deutschen Staatspartei, wurde er 1933 auf Veranlassung der Nationalsozialisten vorzeitig pensioniert. 1945 geh¨orte H. dem Antifa-Ausschuß des Berliner Bezirks Wedding an und war Mitbegr¨under und erster Vorsitzender des Landesverbandes Berlin der Liberal-Demokratischen Partei. H. wurde 1946 Stadtverordneter, Abgeordneter und sp¨ater Vizepr¨asident des Abgeordnetenhauses, 1947 Bezirksrat und Bezirksstadtrat f¨ur das Gesundheitswesen in Wedding.

Hausbrand, Eugen (Gottfried Julius), Ingenieur, * 14. 9. 1845 Engelsh¨ohe (Kr. Wehlau, Ostpreußen), † 15. 1. 1922 Berlin. H., Sohn eines Gutsbesitzers, besuchte 1866-69 die Gewerbeakademie Berlin, nahm am Deutsch-Franz¨osischen Krieg teil, arbeitete dann in einer Maschinenfabrik in Breslau und trat 1875 in die Berliner Firma C. Heckmann ein, die Zentralheizungen sowie Apparate f¨ur Zucker- und chemische Fabriken herstellte. Er leitete das Unternehmen fast vierzig Jahre. Mit seinen umfangreichen wissenschaftlichen Arbeiten und einer Reihe grundlegender Lehrb¨ucher wurde er zu einem der Begr¨under der wissenschaftlichen Verfahrenstechnik und des Apparatebaus. H. ver¨offentlichte u. a. Die Wirkungsweise der Rektifizier- und Destillierapparate (1893), Das Trocknen mit Luft und Dampf (1898, 51920), Verdampfen, Kondensieren und K¨uhlen (1900; 71931, bearb. von Moritz Hirsch) und Hilfsbuch f¨ur den Apparatebau (1901, 3 1919). C Leb Ingenieurwiss Hauschild, Ernst Innozenz, P¨adagoge, * 1. 11. 1808 Dresden, † 6. 8. 1866 Leipzig. Seit 1834 Kollaborator an der Dresdner Kreuzschule, wurde H. 1837 Lehrer an der Nicolaischule und einer B¨urgerschule in Leipzig und begr¨undete dort 1849 das erste „Moderne Gesamtgymnasium“, dem er 1855 eine H¨ohere T¨ochterschule anschloß. Seine Sch¨uler entschieden sich nach dem gemeinsamen Progymnasium mit den Fremdsprachen Englisch und Franz¨osisch f¨ur den humanistischen oder den mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweig. H. leitete 1857-59 eine Schule in Br¨unn und kehrte als Direktor einer B¨urgerschule nach Leipzig zur¨uck. Er ver¨offentlichte ¨ Lehrb¨ucher und p¨adagogische Schriften, u. a. Uber Erziehung und Unterricht der Kinder (1840). C ADB

Hauschild, (Johann) Friedrich, Metrologe, * 19. 6. 1788 Hohenleuben (Bez. Gera), † 28. 6. 1875 Trebur bei Mainz. H., Sohn eines Kaufmanns und Baumwollspinnereibesitzers, begann 1803 eine kaufm¨annische Lehre in Frankfurt / Main und wandte sich dort, angeregt von seinem sp¨ateren Schwiegervater Georg Kaspar → Chelius, der Maß- und Gewichtskunde zu. Er war mehrere Jahre Gesch¨aftsreisender f¨ur das Handelsunternehmen seines Vaters und ließ sich schließlich in Frankfurt nieder. Als Fachschriftsteller f¨ur Handelstechnik war er Mitarbeiter von Zeitungen und Fachb¨uchern, errang als Herausgeber und Bearbeiter der Werke des 1828 verstorbenen Chelius internationale Anerkennung und verfaßte selbst u. a. Vergleichungs-Tafeln der Gewichte verschiedener L¨ander und St¨adte (1836), die in allen Zollvereinsl¨andern verwendet wurden. Sein 1848 der deutschen Nationalversammlung unterbreiteter „Vorschlag zu einem allgemeinen deutschen Maß-, Gewicht- und M¨unzsystem“ wurde 1857 teilweise, 1871 vollst¨andig verwirklicht. 1861 erschien seine Arbeit Zur Geschichte des deutschen Mass- und M¨unzwesens in den letzten sechzig Jahren. C NDB

Hauschild, Herbert, Diplomat, * 12. 7. 1880 Dresden, † 18. 12. 1928 Ober-Bozen. H., Sohn eines Architekten, studierte 1900-03 an den Universit¨aten Genf, Bonn und Leipzig sowie am Berliner Se-

Hausegger minar f¨ur orientalische Sprachen, wurde 1906 zum Dr. jur. promoviert, war Mitarbeiter der Dresdner Bank in London, hielt sich zu politischen Studien in Paris auf und trat 1910 in Berlin in den diplomatischen Dienst. 1911-14 war er Vizekonsul in Moskau, kehrte 1918 als Generalkonsul nach Moskau zur¨uck und ging im selben Jahr als Legationsrat nach Kopenhagen. 1921 vertrat H. das Deutsche Reich auf dem Internationalen Kongreß der Gl¨aubigerstaaten Rußlands in Br¨ussel. 1922 wurde er Vortragender Legationsrat in Berlin, 1925 Gesandter in Helsingfors. H. ver¨offentlichte u. a. Die Staatszugeh¨origkeit in den Kolonien (1906). C BHdAD

Hauschild, Max, Fabrikant, * 28. 12. 1804 Dresden, † nach 1874 Dresden. H., Sohn eines kurf¨urstlich-s¨achsischen Geheimfinanzsekret¨ars, durchlief eine kaufm¨annische Lehre im Materialwarenhandel, bildete sich privat in h¨oherem kaufm¨annischen Rechnen und Franz¨osisch fort, war Kommis in Bautzen und 1825 Buchhalter bei Evan → Evans in Siebenh¨ofen. 1829 ging H. als Direktor einer Baumwollspinnerei nach Chemnitz und pachtete Anfang der dreißiger Jahre die R¨aume einer M¨uhle, um dort Strumpfgarn herzustellen. 1833 gr¨undete er zusammen mit Wilhelm Pansa eine Fabrik in Hohenfichte, die sich zum f¨uhrenden Betrieb f¨ur besonders gedrehte Strickgarne (Vicognia Estramadura) entwickelte und die englischen Produkte vom inl¨andischen Markt verdr¨angte. 1853 u¨ bernahm H. die alleinige Gesch¨aftsf¨uhrung, richtete soziale Einrichtungen f¨ur die Arbeiterschaft ein und initiierte den Anschluß durch die Bahn. H. hatte auch selbst Anteil an Verbesserungen seiner Zwirnmaschinen. F¨ur seine Verdienste wurde ihm der Titel eines Kommerzienrats verliehen. Seine S¨ohne u¨ bernahmen nach seinem Tod die Leitung des Unternehmens.

Hauschild, Richard, Indologe, Indogermanist, * 2. 12. 1901 Rosch¨utz bei Gera, † 15. 2. 1972 Jena. Zun¨achst im Schuldienst t¨atig, wurde H. 1935 Lektor f¨ur Latein, Griechisch und Indologie an der Univ. Jena, habilitierte sich dort 1948 und war 1951-67 Prof. der Indologie und der vergleichenden Sprachwissenschaft. Er befaßte sich vor allem mit Wortschatz und Grammatik des Sanskrit und ver¨offentlichte u. a. Die indogermanischen V¨olker und Sprachen Kleinasiens (1964).

Hauschild, Wilhelm (Ernst Ferdinand Franz), Maler, * 16. 11. 1827 Schlegel bei Breslau, † 14. 5. 1887 M¨unchen. Aus einfachen Verh¨altnissen stammend, kam H. 1850 nach Bayern und studierte bei Philipp → Foltz und Josef → Schlotthauer an der Kunstakademie in M¨unchen. Seit einer Studienreise nach Paris lebte er st¨andig in M¨unchen, wurde von → Maximilian II. Joseph mit Fresken f¨ur das Alte Nationalmuseums herangezogen und war unter → Ludwig II. an der k¨unstlerischen Ausstattung der Schl¨osser Linderhof, Berg, Herrenchiemsee und vor allem Neuschwanstein (u. a. Fresken im Thronsaal) beteiligt. 1879 wurde er zum Prof. an der Kunstakademie ernannt. C Th-B

Hauschka, Vinzenz, o¨ sterr. Musiker, Komponist, * 21. 1. 1766 Mies (B¨ohmen), † 13. 9. 1840 Wien. Als Knabe Diskants¨anger am Prager Dom, wandte sich H., Sohn eines Lehrers, nach dem Stimmbruch dem Violoncello und dem Baryton zu und wurde Musiker in der Kapelle des Grafen Thun. Seit dessen Tod 1788 konzertierte er u. a. in Karlsbad und Dresden, nahm 1793 eine Stelle im o¨ sterr. Staatsdienst an und trat in Kontakt mit den adligen Musikkreisen Wiens. Er lernte → Haydn und → Beethoven kennen, wirkte an Auff¨uhrungen in der Akademie der Witwensociet¨at sowie bei Hofkonzerten mit und wurde Mitglied des Musikvereins. An dessen Umwandlung in die Gesellschaft

der Musikfreunde sowie an der Gr¨undung des Wiener Konservatoriums 1814 war er maßgeblich beteiligt. H. leitete 1815-27 die Konzerte der Gesellschaft, deren Direktion er bis 1834 angeh¨orte, gr¨undete die „Kleinen Konzerte“ und stand 1825-32 der Singschule vor. Er komponierte Kammerund Vokalmusik, darunter Solfeggi per il Soprano. Beethoven widmete ihm u. a. den Kanon Ich bitt’ dich, schreib’ mir Es-Scala auf. C MGG

Hauschner, Auguste, geb. Sobotka, geb. A. Montag, Schriftstellerin, * 12. 2. 1850 Prag, † 10. 4. 1924 Berlin. Einer j¨udischen Kaufmannsfamilie entstammend, lebte H. seit ihrer Heirat 1879 in Berlin und unterhielt einen literarischen Salon, in dem neben dem ihr verwandten Fritz → Mauthner u. a. Gustav → Landauer, Maximilian → Harden, Max → Liebermann und Max → Brod verkehrten. Sie arbeitete an zahlreichen Zeitschriften mit, darunter die „Neue Freie Presse“ und der „Simplicissimus“, und war Vorstandsmitglied im Bund der Erz¨ahler und in der deutsch-¨osterreichischen Arbeitsgemeinschaft des Schriftsteller-Schutzverbandes sowie korrespondierendes Mitglied der Gesellschaft zur F¨orderung der Wissenschaft, Kunst und Literatur in B¨ohmen. H. engagierte sich f¨ur die gesellschaftliche Gleichberechtigung der Juden und der Frauen und schrieb naturalistische gesellschaftskritische Romane, u. a. den autobiographischen Doppelroman Die Familie Lowositz (1908) und Rudolf und Camilla (1910). C Lex dt-j¨ud Autoren

Hausdorff, Felix, Pseud. Paul Mongr´e, Mathematiker, Schriftsteller, * 8. 11. 1868 Breslau, † 26. 1. 1942 Bonn. H., Sohn eines Textilgrossisten, studierte seit 1887 Astronomie und Mathematik an den Universit¨aten Berlin und Leipzig (Promotion 1891, Zur Theorie der astronomischen Strahlenbrechung), befaßte sich zun¨achst mit mathemati¨ scher Astronomie und habilitierte sich 1895 (Uber die Absorption des Lichtes in der Atmosph¨are) an der Univ. Leipzig. Um 1900 wandte er sich der Mengenlehre zu, wurde 1903 a. o. Prof. an der Univ. Leipzig, 1910 an der Univ. Bonn und folgte 1913 einem Ruf als o. Prof. der Mathematik an die Univ. Greifswald. 1921-35 war er o. Prof. an der Univ. Bonn, wurde jedoch 1933 zwangsemeritiert. Als sogenannter „Nichtarier“ von der Deportation bedroht, setzte er gemeinsam mit seiner Familie seinem Leben selbst ein Ende. H. schuf axiomatische Grundlagen von Mengenlehre und mengentheoretischer Topologie; den topologischen Raum definierte er mit Hilfe des Begriffs der Umgebung (Hausdorffscher Raum). Nach H. ist auch das Hausdorffsche Paradoxon benannt. Seine Hauptwerke sind Grundz¨uge der Mengenlehre (1914, Nachdr. 1949 und 1965) und die verk¨urzte Ausgabe unter dem Titel Mengenlehre (21927; 3., um ganz neues Material erweiterte Aufl., 1935; Nachdr. 1944). Seine philosophischen Schriften und Aphorismen sowie Gedichte ver¨offentlichte H., ein Anh¨anger → Nietzsches, unter dem Pseudonym Paul Mongr´e, u. a. Sant’ Ilario. Gedanken aus der Landschaft Zarathustras (1897) und Das Chaos in kosmischer Auslese. Ein erkenntniskritischer Versuch (1898, Neudr. unter dem Titel Zwischen Chaos und Kosmos oder Vom Ende der Metaphysik, 1976). Seit 2001 erscheinen seine Gesammelten Werke. Einschließlich der unter dem Pseudonym Paul Mongr´e erschienenen philosophischen und literarischen Texte aus dem Nachlaß (hrsg. von Egbert Brieskorn u. a., 9 Bde. geplant). C NDB Hausegger, Friedrich (Johann Thomas) von, o¨ sterr. Musikschriftsteller, Philosoph, * 26. 4. 1837 St. Andr¨a (K¨arnten), † 23. 2. 1899 Graz. H., Sohn eines F¨orsters, der zum Hofrat ernannt wurde, ließ sich nach Abschluß seines Studiums als Rechtsanwalt in Graz nieder und studierte neben der Erwerbst¨atigkeit Musik bei Otto → Dessoff und Karl Gottfried → Salzmann. Er

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Hausegger habilitierte sich 1872 an der Univ. Graz f¨ur Geschichte und Theorie der Musik und geh¨orte als Musikschriftsteller und -kritiker zu den einflußreichsten Pers¨onlichkeiten des Grazer Musiklebens. Sein Hauptwerk Musik als Ausdruck (1885) befaßt sich u. a. mit der Musik Richard → Wagners und mit Eduard → Hanslicks Schrift Vom Musikalisch-Sch¨onen (1854). H. war der Vater von Siegmund von → H. C MGG

Hausegger, Siegmund (Conrad Friedrich) von, o¨ sterr. Komponist, Dirigent, Musikp¨adagoge, Musikschriftsteller, * 16. 8. 1872 Graz, † 10. 10. 1948 M¨unchen. Der Sohn Friedrich von → H.s wurde am Grazer Konservatorium und an mehreren Universit¨aten ausgebildet. Seit 1895 Dirigent in Graz, leitete er seit 1899 u. a. die „Volkssymphoniekonzerte“ in M¨unchen, 1903-06 die Frankfurter „Museumskonzerte“ und seit 1910 die „Philharmonischen Konzerte“ in Hamburg sowie das Bl¨uthner-Orchester in Berlin. 1920 kehrte er als Direktor der Akademie der Tonkunst nach M¨unchen zur¨uck, wurde sp¨ater deren Pr¨asident und leitete die Abonnementskonzerte der M¨unchner Philharmoniker. H. war nach Max von → Schillings’ R¨ucktritt Vorsitzender des Allgemeinen deutschen Musikvereins. 1934 beendete er seine Dozenten-, 1938 seine Dirigentenlaufbahn. H. komponierte Opern sowie symphonische Dichtungen (u. a. Natursymphonie, 1911) und schrieb u. a. Betrachtungen zur Kunst (1920). C MGG Hausen, Helmuth (August Gottfried), Ingenieur, * 16. 11. 1895 Zweibr¨ucken, † 27. 1. 1987 Bad Soden / Taunus. H. studierte 1915 / 16 und 1919 / 20 an der TH M¨unchen, wurde 1924 promoviert (Der Thomson-Joule-Effekt) und war seit 1922 Mitarbeiter der Firma Linde K¨uhltechnik in H¨ollriegelskreuth bei M¨unchen. 1928 habilitierte er sich mit der ¨ Arbeit Uber die Theorie des W¨armeaustausches in Regeneratoren an der TH M¨unchen f¨ur technische Thermodynamik, war seit 1934 a. o. Prof. und wurde 1949 o. Prof. an der TH Hannover und Direktor des Instituts f¨ur Thermodynamik und Dampfkessel, an dem er auch die F¨acher Heizung und L¨uftung sowie Verfahrenstechnik lehrte. H. vero¨ ffentlichte u. a. Tabellen und Diagramme f¨ur Wasserdampf (1923), W¨arme¨ubertragung in Gegenstrom, Gleichstrom und Kreuzstrom (1950, 21967, engl. 1983) und Erzeugung sehr tiefer Temperaturen (= Handbuch der K¨altetechnik, Bd. 8, 1957). C Poggendorff 6 Hausen, Karl Renatus, Historiker, Bibliothekar, * 18. 3. 1740 Leipzig, † 20. 9. 1805 Frankfurt / Oder. Nach Abschluß seiner Universit¨atsstudien habilitierte sich H. 1761 an der Univ. Leipzig, wurde 1765 a. o. Prof. in Halle und war seit 1766 Prof. der Philosophie, seit 1772 der Geschichte in Frankfurt / Oder. Dort wirkte er auch als Universit¨atsbibliothekar, legte bei deren Neuaufstellung 1775 einen alphabetischen Katalog an und verwaltete 1777 die Steinwehrsche Bibliothek. H. befaßte sich mit zeitgen¨ossischer Geschichte und Stadtgeschichte und ver¨offentlichte u. a. den Versuch einer Geschichte des menschlichen Geschlechts (4 Bde., 1771-81). C ADB Hausen, Max (Clemens Lothar) Frh. von, Milit¨ar, * 17. 12. 1846 Dresden, † 19. 3. 1922 Dresden. H., Sohn eines s¨achsischen Generalleutnants und Enkel Friedrich August → Ammons, schlug, der Familientradition entsprechend, die milit¨arische Laufbahn ein und war Offizier in den Kriegen 1866 und 1870 / 71. Seit 1875 Mitglied des s¨achsischen Generalstabs, wurde er 1902 unter Ernennung zum General der Infanterie s¨achsischer Kriegsminister, 1910 Generaloberst, hatte seit 1912 den Vorsitz im Staatsministerium inne und nahm 1914 seinen Abschied. Bei Kriegsbe-

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ginn wurde ihm vor¨ubergehend die F¨uhrung der 3. Armee u¨ bertragen. Seine Erinnerungen an den Marnefeldzug 1914 erschienen 1920. C NDB

Hausen, Wolfgang von, Bischof von Regensburg, * 1551 / 53, † 3. 9. 1613. H. stammte aus einem schw¨abischen Adelsgeschlecht von Ministerialen; sein Vater war bisch¨oflicher Vogt und Amtmann. H. studierte 1569 / 70 an der Univ. Ingolstadt, 1570-73 in Dillingen und anschließend in Freiburg. Er erhielt Pr¨abenden am Domstift zu Konstanz und im Stiftskapitel der Propstei Ellwangen. 1573 wurde er Domherr in Konstanz, wo er 1575 einen Sitz im Domkapitel erhielt. 1584-1603 war er F¨urstpropst in Ellwangen; in seine Regierungszeit fielen die Hexenprozesse von 1588. 1600 wurde H. zum Bischof von Regensburg gew¨ahlt; 1602 trat er sein Amt an. H. straffte die Liturgie im Sinne der Tridentinischen Reformen. Gleichzeitig f¨uhrte er in seinem Bistum eine prunkvolle Fronleichnamsprozession ein. H. forderte ein offensives kath. B¨undnis gegen die protestantischen Reichsf¨ursten. C Gatz 2 Hausenstein, Wilhelm, Pseud. Johann Armbruster, Kunsthistoriker, Schriftsteller, Diplomat, * 17. 6. 1882 Hornberg / Schwarzwald, † 3. 6. 1957 M¨unchen. H., Sohn eines Steuerkommissars, studierte seit 1900 Philosophie, Philologie, Geschichte, National¨okonomie und Kunstgeschichte an den Universit¨aten Heidelberg, T¨ubingen und M¨unchen, wo er im Kreis um Lujo → Brentano u. a. Theodor → Heuss kennenlernte, wurde 1905 promoviert (Die Wiedervereinigung Regensburgs mit Bayern im Jahre 1810) und ließ sich als Kunsthistoriker und Publizist in M¨unchen nieder. 1907-19 geh¨orte er der SPD an. H. war Mitherausgeber u. a. der Zeitschriften „Der neue Merkur“ (1919-22) und „Ganymed“ (1921-25), seit 1917 Mitarbeiter der „Frankfurter Zeitung“ und 1934-43 Redakteur der Literatur- und der Frauenbeilage. 1936 wurde er aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen, 1938 wurde seine Kunstgeschichte (1928) eingestampft, da er eine Neubearbeitung in nationalsozialistischem Sinn ablehnte. Seit dem Verbot jeglicher journalistischer Bet¨atigung 1943 widmete ¨ sich H. u. a. der Ubersetzung von Schriften Baudelaires und der Essayistik. 1950-55 war er Generalkonsul und erster Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Paris und f¨orderte wesentlich die deutsch-franz¨osische Auss¨ohnung. Diese Zeit schilderte er in den Pariser Erinnerungen (1961). H. wurde 1950 Pr¨asident der Akademie der Sch¨onen K¨unste in M¨unchen. Als sein Hauptwerk gilt Lux perpetua. Summe eines Lebens aus dieser Zeit (1947, Neuausg. 1972). C Bad Bio N.F., Bd 1

Hauser, Alois, Restaurator, Konservator, * 27. 2. 1831 Burladingen (Hohenzollern), † 7. 3. 1909 M¨unchen. Ausgebildet bei einem Maler und Restaurator, stand H. sp¨ater als Hofmaler und Konservator in den Diensten des F¨ursten von Hohenzollern-Hechingen zu L¨owenberg in Schlesien und ließ sich 1861 in Bamberg nieder. Er war als Restaurator u. a. f¨ur das Germanische Nationalmuseum in N¨urnberg t¨atig, wurde dort 1869 Konservator der Galerie und folgte 1875 der Berufung als Konservator an die Alte Pinakothek in M¨unchen. C Biogr Jahrb, Bd 14

Hauser, Anton, kath. Theologe, * 14. 10. 1840 Gundremmingen, † 22. 6. 1913 St. Ottilien. H. studierte an den Universit¨aten M¨unchen und T¨ubingen Philosophie und Theologie, wurde 1864 zum Priester geweiht und war bis 1868 Kaplan in Lindau. 1868-1912 war er Benefiziat und Katechet am Institut der Englischen Fr¨aulein in Augsburg und begr¨undete dort 1874 den Christlich Sozialen Arbeiterverein (seit 1876 Christlicher Arbeiterverein), dessen Pr¨ases er bis 1909 war. H. gr¨undete 1875 eine Krankenunterst¨utzungskasse, 1876 eine Sterbe- und Sparkasse

Hauser und war 1896-1907 Pr¨asident der kath. Arbeitervereine in der Di¨ozese Augsburg. 1891 regte er die Gr¨undung des S¨uddeutschen Verbandes Katholischer Arbeitervereine an. H., der die Enzyklika Rerum novarum ins Deutsche u¨ bersetzte, wurde 1893 zum Bisch¨oflichen Geistlichen Rat und 1896 zum p¨apstlichen Ehrenk¨ammerer ernannt. C Leb Bayer Schwaben, Bd 14

Hauser, Arnold, Soziologe, Kunsthistoriker, * 8. 5. 1892 Temesv´ar, † 28. 1. 1978 Budapest. Der aus a¨ rmlichen Verh¨altnissen stammende H. studierte in Budapest vor allem Germanistik und Romanistik, in Paris u. a. bei Henri Bergson. 1917 hielt er Vorlesungen an der vom Budapester „Sonntagskreis“ um Karl → Mannheim und Gy¨orgy → Luk´acs eingerichteten Freien Hochschule f¨ur Geisteswissenschaften. Nach der Promotion 1918 mit ei¨ ner Arbeit u¨ ber deutsche romantische Asthetik wurde er in der R¨aterepublik Prof. an der Univ. Budapest und Leiter des Reformrats f¨ur k¨unstlerische Erziehung. 1919 ging er nach Italien, wo er sich mit bildender Kunst besch¨aftigte, 1922 nach Berlin und wurde 1924 Werbeleiter einer Filmgesellschaft in Wien. H. emigrierte 1938 nach London, arbeitete f¨ur eine Filmfirma, war 1951-57 Lehrbeauftragter f¨ur Kunstgeschichte an der Univ. Leeds und lehrte sp¨ater als Gastprofessor an amerikanischen Universit¨aten. Beeinflußt von Adolph → Goldschmidt, Ernst → Troeltsch, Georg → Simmel, Max → Weber und Karl Mannheim, befaßte er sich fr¨uhzeitig mit Kunstsoziologie und Filmphilologie. H. zeigte die Wechselwirkung von Kunst und Gesellschaft auf, billigte der Kunst jedoch „relative Autonomie“ zu. Neben seinem Hauptwerk, der zuerst 1951 unter dem Titel The Social History of Art erschienenen Sozialgeschichte der Kunst und Literatur (1953), ver¨offentlichte er u. a. Philosophie der Kunstgeschichte (1958, 2. Aufl. unter dem Titel Methoden moderner Kunstbetrachtung, 1970) und Soziologie der Kunst (1974, 31988). C Metzler Kunsthistoriker

Hauser, Arnold, Schriftsteller, * 31. 3. 1929 Bra¸sov (Kronstadt), † 31. 12. 1988 Bukarest. Zun¨achst Schlosser, redigierte H. 1951-60 den Umbruch der Zeitung „Neuer Weg“ und holte daneben den mittleren Schulabschluß nach. 1960 wurde er Redakteur, 1985 Chefredakteur der Zeitschrift „Neue Literatur“. Studienrei¨ sen f¨uhrten ihn in beide deutsche Staaten und nach Osterreich. H. schrieb zun¨achst autobiographisch gepr¨agte, in der Nachkriegszeit angesiedelte Skizzen und Erz¨ahlungen, sp¨ater zunehmend fiktive Prosawerke, u. a. den Roman Der fragw¨urdige Bericht Jakob B¨uhlmanns (1968). C Myß

Hauser, Berthold, Jesuit, Mathematiker, Philosoph, * 18. 7. 1713 Wildenberg, † 14. 3. 1762 Dillingen. Seit 1728 Mitglied der Gesellschaft Jesu, wurde H. 1748 Prof. der Physik an der Univ. Ingolstadt. 1749-51 lehrte er Philosophie, 1751-61 Mathematik, 1751-53 und 1757-62 Hebr¨aisch an der Univ. Dillingen. H. befaßte sich mit der zeitgen¨ossischen Naturphilosophie, setzte sich kritisch mit Isaac Newton auseinander und adaptierte die galileische Bewegungslehre. Er ver¨offentlichte u. a. Elementa philosophiae ad rationis et experientiae ductum conscripta et usibus scholasticis accomodata (8 Bde., 1755-64). C LMU

Hauser, Bodo (Hugo), Journalist, * 23. 2. 1946 Krefeld, † 22. 7. 2004 Krefeld. W¨ahrend des Studiums der Rechts- und Staatswissenschaften in Freiburg, Lausanne, Cambridge und Bonn (1968-72) war H., Sohn eines Krawattenfabrikanten, als freier Mitarbeiter der „Westdeutschen Zeitung“ t¨atig. 1973-76 war er st¨andiger freier Mitarbeiter des Bonner ZDF-Studios und 1976-78 Korrespondent im Studio D¨usseldorf. 1978 wurde er stellvertretender Leiter des „L¨anderspiegels“ in Mainz,

1981 ZDF-Korrespondent in Bonn und Moderator der „Bonner Perspektiven“. 1988-93 leitete und moderierte er „Studio 1“ (ZDF), seit 1991 auch „Frontal“ (3 SAT, seit 1993 ZDF). H. moderierte „Frontal“ im Doppel mit Ulrich Kienzle (bis 2000), mit dem er 1995 Noch Fragen Kienzle? Ja Hauser! Der offizielle deutsche Meinungsf¨uhrer ver¨offentlichte. 2001 wechselte er als Programmgesch¨aftsf¨uhrer zum Dokumentarkanal Phoenix. 2002 moderierte H. die ZDF-Sendung „Nachtduell“ und seit demselben Jahr mit Tina Hassel die Talkshow „Unter den Linden“.

Hauser, Carry, eigentl. Carl Maria H., Pseud. Oculus, ceha, cehs, o¨ sterr. Maler, Schriftsteller, * 16. 2. 1895 Wien, † 28. 10. 1985 Rekawinkel (Nieder¨osterreich). H., Sohn eines Ministerialbeamten, studierte 1911 / 12 an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt und 1912-14 an der Kunstgewerbeschule Wien u. a. bei Oskar → Strnad und Alfred → Roller, nahm am Ersten Weltkrieg teil und lebte seit 1918 als freischaffender Maler, Graphiker und B¨uhnenbildner in Wien und Passau. 1919 war er Mitgr¨under der K¨unstlergruppe „Freie Bewegung“, seit 1923 Mitglied und 1928 Pr¨asident des Hagenbundes. 1922 heiratete er die Klassische Philologin Gertrud → Herzog-Hauser. In den zwanziger Jahren entstanden Illustrationen eigener (u. a. Die Ballade von der Stadt, 1921) und fremder B¨ucher, B¨uhnenbilder (u. a. f¨ur das Burgtheater), Portr¨ats und Graphiken. 1934-38 engagierte er sich in der Notgemeinschaft f¨ur Kunst und Schrifttum und in der Vaterl¨andischen Front. 1936 wurde ¨ er zum Prof. ernannt. Nach dem „Anschluß“ Osterreichs an das Deutsche Reich mit Berufs- und Ausstellungsverbot belegt, lebte H. 1939-47 in der Schweiz. 1952-72 war er Generalsekret¨ar bzw. Vizepr¨asident des o¨ sterr. PEN-Clubs, Pr¨asidiumsmitglied der „Aktion gegen Antisemitismus“ sowie Mitbegr¨under (1945) und Vizepr¨asident der Berufsver¨ einigung bildender K¨unstler Osterreichs. Nach dem Zweiten ¨ Weltkrieg schrieb er u. a. f¨ur die Zeitungen „Neues Osterreich“, „Die Furche“ und „Die Presse“, verfaßte Kurzgeschichten und Gedichte und schuf u. a. Keramik-Mosaiken wie Die K¨unstler (1960). C Lex o¨ sterr Exillit

Hauser, Ernst (Alfred Charles), Chemiker, * 20. 7. 1896 Wien, † 10. 2. 1956 Cambridge (Massachusetts, USA). Nach Abschluß seiner Studien an der Univ. Wien wurde H. 1921 Assistent Max → Borns an der Univ. G¨ottingen, kam 1923 an die Rohstofftrocknungsgesellschaft in Frankfurt / Main und war 1925-33 Chefchemiker und Direktor des Kolloidchemischen Labors der Metallgesellschaft AG in Frankfurt. 1933-35 arbeitete er als Chefchemiker der Semperit AG im nieder¨osterreichischen Wimpassing. Seit 1928 non-resident Associated Prof. des Massachusetts Institute of Technology, emigrierte H. 1935 nach Cambridge (Massachusetts) und wurde dort 1948 o. Professor. Er befaßte sich vor allem mit der Kautschukverarbeitung, war u. a. an der Entwicklung des Stoffs „Revertex“ beteiligt und erarbeitete eine Methode zum Studium hochmolekularer elastischer Kolloide. H. ver¨offentlichte u. a. Latex [. . .] (1927), Colloidal phenomena (1939) und Silicic science (1955). C BHdE, Bd 2

Hauser, Franz, auch Frantiˇsek H., o¨ sterr. S¨anger, Gesangsp¨adagoge, * 12. 1. 1794 Krasowitz bei Prag, † 14. 8. 1870 Freiburg / Breisgau. H., Sohn eines Freisassenbauern, brach das Studium der Rechtswissenschaft ab und wurde Kompositionssch¨uler Wenzel Johann → Tomascheks. Als Bassist deb¨utierte er 1817 in der Partie des Sarastro in Prag, folgte 1821 der Berufung Louis → Spohrs nach Kassel, sang 1826 / 27 unter Carl Maria von → Weber in Dresden und kam 1829 an das Wiener K¨arntnertor-Theater. Seit 1832 sang er in Leipzig, seit 1835 an der Berliner Hofoper und nahm in Breslau

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Hauser (1836-38) Abschied von der B¨uhne; Gastspiele f¨uhrten ihn bis nach London. H. bereiste Italien und Frankreich, wurde Gesangslehrer in Wien und leitete 1846-64 das M¨unchner Konservatorium. Er legte eine bedeutende Sammlung von Werken Johann Sebastian → Bachs an, war Mitbegr¨under der Leipziger Bach-Gesellschaft und schrieb u. a. eine GesangsLehre f¨ur Lehrende und Lernende (1866). H. war der Vater C MGG von Joseph → H.

Hauser, Friedrich, Klassischer Arch¨aologe, * 1859 Stuttgart, † 20. 2. 1917 Baden-Baden. H. stammte aus einem wohlhabenden Elternhaus, schloß das Studium der Klassischen Arch¨aologie 1889 mit der Arbeit Die neu-attischen Reliefs bei Adolf → Michaelis in Straßburg ab und lebte seit 1891 als Privatgelehrter haupts¨achlich in Rom. Er war ein hervorragender Kenner des gesamten Denkm¨alerbestandes der antiken Kunst sowie der antiken Literatur und identifizierte u. a. die Horenund Aglauriden-Kompositionen und ein wichtiges Fragment des Medici-Kraters. Die Deutung des Doryphoros von Polyklet als Darstellung des Achilleus geht ebenfalls auf H. zur¨uck. 1907 wurde er Herausgeber und Bearbeiter des mehrb¨andigen Werks Griechische Vasenmalerei von Adolf → Furtw¨angler und Karl Reichhold, das er bis 1917 betreute. C Lullies

Hauser, Friedrich (Ludwig Gustav), Physiker, Optiker, * 28. 9. 1883 Erlangen, † 23. 8. 1958 Jena. Der Sohn Gustav → H.s schloß seine Studien an der TH M¨unchen 1910 mit der Promotion zum Dr. techn. ab, wurde als Assistent Eilhard → Wiedemanns (seit 1911) an der Univ. Erlangen mit der Dissertation Untersuchung von Bronsonwiderst¨anden zum Dr. phil. promoviert und habilitierte sich dort 1913 mit der Arbeit Methode und Versuche zur Bestimmung der wahren Spannungen beim Zugversuch mit beliebiger Temperatur f¨ur Physik. Nach der R¨uckkehr aus dem Ersten Weltkrieg 1919 zum a. o. Prof. ernannt und in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen, trat er 1922 in die optische Firma Emil Busch in Rathenow ein und wurde Laborleiter, sp¨ater Prokurist. 1931 wechselte er zur Firma Carl Zeiss Jena, wurde 1945 Leiter der Abteilung Mikroskopie und lebte 1946-52 als Wissenschaftler und Berater in Leningrad. H. entwickelte u. a. einen Auflicht-Dunkelfeld-Kondensator (1925), der die neuzeitliche Auflicht-Dunkelfeld-Mikroskopie in Deutschland ¨ begr¨undete, und ver¨offentlichte u. a. Uber die Abh¨angigkeit der Bruchfestigkeit von der Temperatur (1912), Projektionsoptik und Projektionslicht (mit Hans Heinz Naumann, 1932) und Arbeiten mit auffallendem Licht in der Mikroskopie (1956). C NDB

Hauser, Gustav, Pathologe, Zoologe, * 13. 7. 1856 N¨ordlingen, † 30. 6. 1935 Erlangen. H., Sohn eines Professors an der Landwirtschafts- und Gewerbeschule, wurde 1879 zum Dr. phil., 1881 zum Dr. med. (Beitrag zur Genese des prim¨aren Scheidensarcoms) promoviert und habilitierte sich 1883 f¨ur pathologische Anatomie und Bakteriologie an der Univ. Erlangen (Zur Histogenese des Cylinderepithelcarcinoms). Nach der Erkrankung an Lungentuberkulose lebte er u. a. in Algerien und der Schweiz. H. wurde 1894 a. o., 1895 o. Prof. der pathologischen Anatomie an der Univ. Erlangen und richtete 1906 das als vorbildlich geltende Pathologische Institut ein. Er befaßte sich zun¨achst mit Zoologie, vor allem Entomologie, sp¨ater u. a. mit forensischer Medizin. Seine bedeutendsten Erfolge erzielte H. auf dem Gebiet der Pathologie der Geschw¨ursbildung der Verdauungsorgane (u. a. Das Zylinderepithelkarzinom des Magens und des Dickdarms (1890). Er war der Vater von Friedrich → H. C NDB

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Hauser, Harald, Deckname: Jean Louis Maurel, Schriftsteller, * 17. 2. 1912 L¨orrach (Baden), † 6. 8. 1994 Berlin. H., Sohn eines Hochschullehrers, studierte in Freiburg und Berlin Jura, schloß sich 1930 dem kommunistischen Jugendverband an und trat 1932 der KPD bei. 1933 emigrierte er nach Frankreich, meldete sich dort 1939 freiwillig zur Armee und engagierte sich sp¨ater als Hauptredakteur der illegalen Zeitung „Volk und Vaterland“ und als Generalsekret¨ar des Komitees Freies Deutschland an der Seite der R´esistance gegen den Nationalsozialismus. Nach der R¨uckkehr in das befreite Deutschland begr¨undete und leitete H. die Illustrierte „Freie Welt“ und war Chefredakteur der Monatsschrift „Die Neue Gesellschaft“. Seit 1955 arbeitete er als freier Schriftsteller und trat als Verfasser linientreuer Thesenst¨ucke (u. a. Am Ende der Nacht, 1955) und Drehb¨ucher hervor. Seine R´esistance-Erlebnisse schilderte er in dem Tatsachenroman Wo Deutschland lag (1947), einer Fernsehserie (Salut Germain, 1971) und in seiner Autobiographie Gesichter im R¨uckspiegel (1989). 1959 erhielt H. den Lessing-Preis und 1960 den Nationalpreis der DDR. C DDR

Hauser, Heinrich, Schriftsteller, Journalist, * 27. 1. 1901 Berlin, † 25. 3. 1955 Dießen / Ammersee. H., Sohn eines Arztes, trat in den letzten Wochen des Ersten Weltkriegs als Seekadett in die Marine ein, studierte vor¨ubergehend Medizin, arbeitete in verschiedenen Berufen und begann um 1920 als Matrose zu schreiben. 1926 wurde er Mitarbeiter der „Frankfurter Zeitung“, wurde 1928 mit dem Roman Brackwasser bekannt und befaßte sich bis zu seiner Emigration in die USA 1938 in seinen Reportagen (u. a. Das schwarze Revier, 1930) und Romanen (u. a. Die letzten Segelschiffe, 1930; Donner u¨ berm Meer, 1930) vor allem mit dem technischen und industriellen Fortschritt, ferner mit Reise- und Abenteuerbeschreibungen. In den USA lebte H. zun¨achst in New York, sp¨ater auf einer Farm in South Valley bei Albany (New York) und war weiterhin als Schriftsteller t¨atig (Battle against time, 1939). Nach seiner R¨uckkehr nach Deutschland 1948 war er u. a. Chefredakteur der Illustrierten „Stern“. Seine konservativ motivierte Opposition gegen den Nationalsozialismus legte er u. a. in The German talks back (1945) dar. C Spalek 2,1

Hauser, Johann Nepomuk, o¨ sterr. Politiker, * 24. 3. 1866 Kopfing (Ober¨osterreich), † 8. 2. 1927 Linz. Nach der Priesterweihe 1889 in der Seelsorge t¨atig, sp¨ater zum p¨apstlichen Hauspr¨alaten und Konsistorialrat ernannt, war H., Sohn eines Fleischhauers, in den neunziger Jahren Sekret¨ar beim „Ober¨osterreichischen Volkskredit“ und Redakteur des „Linzer Volksblatts“. 1899 f¨ur die Christlichsoziale Partei in den Ober¨osterreichischen Landtag gew¨ahlt, war er 1908-27 Landeshauptmann von Ober¨osterreich und setzte sich f¨ur die F¨orderung der Landwirtschaft ein. 1914-18 war H. Klubobmann seiner Partei, wurde Vizepr¨asident der Provisorischen Nationalversammlung und verantwortete in dieser Position die Proklamation der Republik Deutsch¨osterreich 1918 mit. C Slapnicka

Hauser, Joseph, S¨anger, * 29. 9. 1828 Frankfurt / Main, † 2. 5. 1903 Frankfurt / Main. Der Sohn Franz → H.s studierte bei seinem Vater Gesang, am Wiener Konservatorium Klavier und deb¨utierte 1850 als Bariton am Karlsruher Hoftheater, an dem er 40 Jahre lang mit einem umfangreichen Repertoire (u. a. als Agamemnon in → Glucks Iphigenie auf Aulis) auftrat. Seit 1889 gab er nur noch Kirchen- und Hofkonzerte. C Kutsch

Hauser, Kaspar, * 30. 4. 1812, † 17. 12. 1833 Ansbach. Es gilt als wahrscheinlich, daß H., als Sohn des Großherzogs → Karl von Baden und seiner Gemahlin → Stephanie geboren, von der rivalisierenden Erblinie Hochberg vertauscht

Haushofer und gefangengesetzt wurde. Er lebte isoliert von der Gesellschaft in einem Kellerverlies und erhielt nur notd¨urftige Versorgung. Am 26. 5. 1828 erschien er in N¨urnberg mit einem Brief, der seine Herkunft als Findling eines Tagl¨ohners angab. H.s Verhalten, sein geistiger und k¨orperlicher Zustand erregten große Aufmerksamkeit, gerichtliche Untersuchungen konstatierten ein „ungeheures Verbrechen“, seine Herkunft blieb unklar. Zun¨achst ausgebildet von Georg Friedrich → Daumer, der p¨adagogische und psychologische Versuche an ihm vornahm, wurde H. weiteren Personen, schließlich dem reisenden englischen Earl of Stanhope anvertraut, bis sein Obervormund Paul Johann Anselm von → Feuerbach ihn nach zwei ungekl¨arten Attentaten 1832 in die Obhut des Lehrers Johann Georg Meyer nach Ansbach gab. Er wurde Kopist bei der Kreisverwaltung und verkehrte in der Ansbacher h¨oheren Gesellschaft. Den Stichverletzungen, die er bei einem nicht aufgekl¨arten Attentat im Ansbacher Schloßgarten erhielt, erlag H. nach drei Tagen. H. verfaßte selbst eine Lebensbeschreibung. Literatur und Film sowie Verhaltensforschung und Psychologie besch¨aftigen sich bis in die Gegenwart mit seinem Schicksal. C NDB

Hauser, Miska, auch Michael H., o¨ sterr. Musiker, * 1822 Preßburg, † 8. 12. 1887 Wien. Als Absolvent des Wiener Konservatoriums, wo u. a. Joseph → B¨ohm, Joseph → Mayseder, Conradin → Kreutzer und Simon → Sechter zu seinen Lehrern z¨ahlten, unternahm H. seit 1839 Konzertreisen als Violinvirtuose durch Deutschland, D¨anemark, Schweden, Norwegen und Rußland. Seit 1850 bereiste er England, Nord- und S¨udamerika, die S¨udsee und ¨ Australien, kehrte 1858 u¨ ber Indien und Agypten zur¨uck und spielte 1860 in der T¨urkei und in Italien. 1861 trat er in Paris, 1864 in Berlin auf und beendete 1874 seine Konzertt¨atigkeit in K¨oln. H. gab eine popul¨are Bearbeitung der Lieder → Schuberts heraus und schrieb u. a. Aus dem Wanderbuche eines o¨ sterreichischen Virtuosen (2 Bde., 1858 / 59). C MGG

Hauser, Otto, schweizer. Pr¨ahistoriker, * 27. 4. 1874 W¨adenswil (Kt. Z¨urich), † 14. 6. 1932 Berlin. H., Sohn eines Kaufmanns, studierte 1892-1900 Arch¨aologie, Geschichte und Klassische Philologie an den Universit¨aten Basel und Z¨urich und besuchte Geologievorlesungen am Polytechnikum in Z¨urich. Bereits 1897 entdeckte er bei Grabungen in Vindonissa eine r¨omische Silberschale. 1906 war H. an zahlreichen altsteinzeitlichen Grabungsorten vor allem in der Dordogne t¨atig und entdeckte 1908 das Skelett eines Neandertalers in Le Moustier, im folgenden Jahr das eines Menschen der Aurignac-Stufe bei Montferrand. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs der Spionage verd¨achtigt, mußte er Frankreich verlassen, floh in die Schweiz und ließ sich sp¨ater in Deutschland nieder. 1916 wurde er an der ¨ Univ. Erlangen promoviert (Uber eine neue Chronologie des mittleren Pal¨aolithikums im V´ez´eretal, speziell mit Bezug auf meine Ausgrabungen auf La Micoque). H. schrieb zahlreiche popul¨arwissenschaftliche B¨ucher u¨ ber die Urgeschichte, u. a. Der Mensch vor 100 000 Jahren (1916) und Urentwicklung der Menschheit (1922, 41925). C HLS Hauser, Otto, Pseud. Ferdinand B¨uttner, o¨ sterr. Schriftsteller, * 22. 8. 1876 Dijaneˇs bei Vrboves (Kroatien), † 26. 5. 1944 Blindendorf bei Wiener Neustadt (Niedero¨ sterreich). Seit der Jahrhundertwende in Wien ans¨assig, studierte H. ohne Abschluß zun¨achst an der TH, sp¨ater evang. Theologie und orientalische Sprachen an der Universit¨at. Er wurde literarisch von Theodor → Herzl gef¨ordert, war als Soldat im Ersten Weltkrieg seit 1916 u. a. Redakteur der „Belgrader Nachrichten“ und lebte danach als freier Schriftsteller in Wien, Weimar und bei Danzig. H. war

Mitarbeiter der „Politisch-Anthropologischen Revue“ Ludwig → Woltmanns, widmete sich in zahlreichen Publikationen der Verbreitung des sogenannten „Rassegedankens“, gr¨undete Jugendgruppen, darunter „Jung-Wiking“, und war 1926-33 Herausgeber der Zeitschrift „Die Botschaft“. 1924 erschienen seine „Briefe und Aufzeichnungen“ unter dem ¨ Titel Die Blauen. C OBL

Hauser, Sebastian, o¨ sterr. S¨anger, * 22. 12. 1908 Kirchbichl (Tirol), † 9. 7. 1986 Wien. Zun¨achst Student an der Wiener Musikakademie, war H. in Berlin Sch¨uler von Marcella → Roeseler, deb¨utierte 1940 als Tenor am Stadttheater von Braunschweig und sang 1941-43 am Stadttheater von Duisburg, mit dem er anschließend nach Prag evakuiert wurde. 1945-47 war er Mitglied des Landestheaters in Salzburg, 1947-49 des Grazer Opernhauses und anschließend des Stadttheaters von Heidelberg. H. geh¨orte 1950-56 dem Ensemble der St¨adtischen Oper Berlin an, gab danach Gastspiele und trat mehrmals an der Wiener Staatsoper auf. Der Tenor sang u. a. den Tamino in der Zauberfl¨ote und den Barinkay im Zigeunerbaron; er war auch ein erfolgreicher Konzertsolist. C Kutsch

Hauser, Sophie, schweizer. Malerin, Graphikerin, * 30. 10. 1872 W¨adenswil (Kt. Z¨urich), † 13. 5. 1945 Bern. H. studierte an den Kunstgewerbeschulen Z¨urich und Bern sowie bei Hermann → Gattiker in R¨uschlikon, bei Melchior Kern in M¨unchen und bei Ernst Linck in Bern. Sie schuf ¨ Zeichnungen, Radierungen, Lithographien und Olgem¨ alde, auf kunsthandwerklichem Gebiet vor allem Ledereinb¨ande sowie verschiedene Textilarbeiten. H. beteiligte sich an schweizer. und internationalen Ausstellungen, war Mitglied des Vereins schweizer. Malerinnen und Bildhauerinnen sowie 1928 Pr¨asidentin der Gruppe Kunst an der Saffa.

Hauser, Walter, schweizer. Politiker, * 1. 5. 1837 W¨adenswil (Kt. Z¨urich), † 22. 10. 1902 Bern. H. machte eine Lehre in der v¨aterlichen Gerberei in W¨adenswil, deren Gesch¨aftsf¨uher und Inhaber er dann bis 1880 war. Als Unternehmer nahm H. fr¨uh o¨ ffentliche Aufgaben in seinem Heimatort wahr und wurde 1868 in den Großen Rat von Z¨urich, 1869 in den Kantonsrat gew¨ahlt. 1881-88 geh¨orte er dem Regierungsrat an, war 1883-87 dessen Pr¨asident und leitete darin die Finanzdirektion, seit 1887 die Direktion f¨ur o¨ ffentliche Bauten. H. war 1869-75 im Lager der demokratischen Linken Mitglied des Nationalrats, seit 1879 des St¨anderats und 1883 dessen Pr¨asident. Dem Bundesrat geh¨orte er seit 1888 an und pr¨asidierte ihm 1892 und 1900. H. stand dem Eidgen¨ossischen Milit¨ardepartement, sp¨ater dem Eidgen¨ossischen Finanzdepartement vor und setzte sich besonders f¨ur die Schaffung einer Nationalbank ein. C Schweiz Bundesr¨ate

Hauser, Walter, schweizer. kath. Theologe, Schriftsteller, * 4. 10. 1902 N¨afels (Kt. Glarus), † 23. 9. 1963 Altdorf (Kt. Uri). Nach dem Theologiestudium und der Priesterweihe in Chur 1927 war H., Sohn eines Schneiders, 1928-30 Pfarrhelfer und Lehrer in Insenthal (Kt. Uri), 1930-39 Kaplan in B¨urglen und danach Pfarrer in Sisikon. In seinem Todesjahr wurde er zum Bisch¨oflichen Kommissar von Uri ernannt. H. schrieb unter den kath. Deutschschweizern vielgelesene mystischreligi¨ose Lyrik (u. a. Stufen zum Licht, 1934) sowie Festspiele. C HLS

Haushofer, Albrecht (Georg), Pseud. J¨urgen Dax, J¨org Werdenfels, Geograph, Diplomat, Schriftsteller, * 7. 1. 1903 M¨unchen, † 23. / 24. 4. 1945 Berlin. Der Sohn Karl → H.s und Bruder von Heinz → H. studierte Geschichte und Geographie, wurde 1924 promoviert, 1925 Assistent Albrecht → Pencks in Berlin und war 1928-38

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Haushofer Generalsekret¨ar der dortigen „Gesellschaft f¨ur Erdkunde“ sowie Herausgeber ihrer Zeitschrift. 1933 wurde er, obwohl seine Mutter „Halbj¨udin“ war, durch Vermittlung von Rudolf → Heß Dozent an der Berliner Hochschule f¨ur Politik und 1940 a. o. Prof. der Geographie an der Univ. Berlin und vero¨ ffentlichte u. a. Allgemeine politische Geographie und Geopolitik (1951). Daneben entstanden historische Dramen. H. stand vor 1933 der Deutschen Volkspartei nahe, war 1934-38 Berater und freier Mitarbeiter der Dienststelle → Ribbentrop und wurde mit politischen Missionen u. a. in Großbritannien betraut. Nach Kriegsbeginn war er Mitarbeiter der Informationsabteilung des Ausw¨artigen Amtes. Als langj¨ahriger Berater von Heß wurde er nach dessen Englandflug 1941 entlassen und war mehrere Wochen inhaftiert. H. distanzierte sich zunehmend vom nationalsozialistischen Regime, nahm Verbindung zu Widerstandskreisen (u. a. Johannes → Popitz und Fritz-Dietlof Graf von der → Schulenburg) auf und floh nach dem 20. 7. 1944 nach Bayern. Im Dezember wurde er verhaftet und kurz vor der Befreiung Berlins ermordet. Bei dem Toten fand man die im Gef¨angnis entstandenen Moabiter Sonette (1946). C Killy

Haushofer, Heinz, Agronom, * 19. 6. 1906 M¨unchen, † 18. 2. 1988 Herrsching / Ammersee. H., Sohn von Karl → H., studierte Land- und Volkswirtschaft in M¨unchen, wo er 1928 mit der Arbeit Die Agrarreformen der o¨ sterreich-ungarischen Nachfolgestaaten promoviert wurde. Anschließend wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Bayerischen Landesbauernkammer, seit 1933 beim Reichsn¨ahrstand, war er 1937-44 als Landwirtschaftsattach´e in Wien zust¨andig f¨ur die Ern¨ahrungsverwaltung; daneben lehrte er Agrarpolitik an der Hochschule f¨ur Bodenkultur in Wien. Nach dem Zweiten Weltkrieg verwaltete H. das v¨aterliche Gut bei Herrsching. Seit 1948 in landwirtschaftlichen Organisationen t¨atig (u. a. als Vorsitzender der Gesellschaft f¨ur Agrargeschichte), leitete er seit 1962 als Ministerialrat das Grundsatzreferat Agrarpolitik im Bundesministerium f¨ur Ern¨ahrung und Landwirtschaft. 1968 in den Ruhestand versetzt, war er 1968-72 Honorarprofessor f¨ur Agrargeschichte an der Fakult¨at f¨ur Landwirtschaft und Gartenbau der TH M¨unchen in Weihenstephan. H. ver¨offentlichte u. a. Ideengeschichte der Agrarwirtschaft und Agrarpolitik im deutschen Sprachgebiet (Bd. 2, 1958, mit Sigmund von Frauendorfer), Die Furche der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft 1885 bis 1960 (1960), das Lehrbuch Die deutsche Landwirtschaft im technischen Zeitalter (1963, 21972) und Große Landwirte (1970, mit G¨unther → Franz). 1982 erschien seine Autobiographie Mein Leben als Agrarier. C B¨ohm

Haushofer, Karl (Ernst), Milit¨ar, Geopolitiker, * 27. 8. 1869 M¨unchen, † 10. 3. 1946 Hartschimmelhof bei P¨ahl (Oberbayern). Der Sohn Max → H.s trat 1887 in die bayerische Armee ein und besuchte die bayerische Kriegsschule und Kriegsakademie. Seit 1899 Generalstabsoffizier, seit 1903 Dozent der Kriegsgeschichte an der bayerischen Kriegsakademie, bereiste er 1908-10 Ostasien und nahm nach dem Ersten Weltkrieg als Generalmajor seinen Abschied. H. wurde 1914 mit der Dissertation Der deutsche Anteil an der geographischen Erschließung Japans und des Subjapanischen Erdraums, und deren F¨orderung durch den Einfluss von Krieg und Wehrpolitik an der Univ. M¨unchen promoviert. 1919 habilitierte er sich dort mit der Arbeit Grundrichtungen in der geographischen Entwicklung des japanischen Reiches (1854-1919) f¨ur Geographie und wurde 1921 Prof., 1933 Ordinarius. Der von ihm gepr¨agte Begriff des „Lebensraums“ wurde von den Nationalsozialisten f¨ur ihre Expansionspolitik mißbraucht. H. war Pr¨asident der Deutschen Akademie (1934-37) und des Volksbundes f¨ur das Deutschtum im Ausland (1938-41). Sein seit den zwanziger Jahren betr¨achtlicher Einfluß auf

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die nationalsozialistische Politik nahm seit 1938, vor allem nach dem Englandflug seines Sch¨ulers und Freundes Rudolf → Heß 1941 ab. 1944 in das Konzentrationslager Dachau verbracht, starb H. nach dem Krieg durch Selbstmord. Er gilt als Begr¨under der Geopolitik in Deutschland, die seit der Zeit des Nationalsozialismus in zweifelhaftem Ruf steht. Er war 1924-44 Herausgeber der „Zeitschrift f¨ur Geopolitik“ und ver¨offentlichte u. a. Japan und die Japaner (1923), Geopolitik des Pazifischen Ozeans (1925) und Grenzen in ihrer geographischen und politischen Bedeutung (1927). H. war der Vater von Albrecht und Heinz→ H. C NDB

Haushofer, Marlen, geb. Frauendorfer, eigentl. Marie Helene H., o¨ sterr. Schriftstellerin, * 11. 4. 1920 Frauenstein (Ober¨osterreich), † 21. 3. 1970 Wien. H., die Tochter eines Revierf¨orsters, studierte 1939-41 Germanistik an der Univ. Wien, nach der Heirat 1941 seit 1943 an der Univ. Graz und beendete ihr Studium 1945 ohne Abschluß. Seit 1947 lebte sie in Steyr als Zahnarzthelferin in der Praxis ihres Mannes. Daneben ver¨offentlichte sie seit 1946, gef¨ordert u. a. durch Hans → Weigel und Hermann → Hakel, zun¨achst Erz¨ahlungen in den Zeitschriften „Lynkeus. Dichtung, Kunst, Kritik“, „Neue Wege“ und „stimmen der zeit“ (gesammelt in Die Vergißmeinnichtquelle, 1956; Lebensl¨anglich, 1966; Schreckliche Treue, 1968). Darin wie in ihren Romanen schildert H. – meist aus der IchPerspektive und in oft mit Tagebuchaufzeichnungen durchsetzter, sachlich-n¨uchterner Prosa – Frauenfiguren, die sich durch R¨uckzug einer unbefriedigenden privaten wie gesellschaftlichen Lebenssituation zu entziehen suchen. Zu ihren bekanntesten Werken z¨ahlen Die Wand (1963, Neuaufl. 1983) und Die Mansarde (1969, Neuaufl. 1984). H., die auch erfolgreiche Kinderb¨ucher schrieb (u. a. Schlimm sein ist auch kein Vergn¨ugen, 1970), wurde 1963 mit dem ¨ Arthur-Schnitzler-Preis und 1968 mit dem Osterreichischen Staatspreis ausgezeichnet. C KLG

Haushofer, Max(imilian), Maler, * 12. 9. 1811 M¨unchen, † 24. 8. 1866 Starnberg. H. bildete sich zun¨achst neben seinem Jurastudium, seit 1833 ausschließlich zum Maler aus, trat 1834 in Verbindung mit Carl → Rottmann und beschickte im selben Jahr erstmals die Ausstellung des M¨unchner Kunstvereins. 1835-37 bereiste er mit Max → Widnmann, Gustav → J¨ager und Augustin → Palme Italien, lernte in Rom August → Kestner kennen und kehrte 1838 nach M¨unchen zur¨uck. 1841 und 1843 hielt er sich im Auftrag des Herzogs von Nassau am Rhein auf und wurde 1845 Prof. der Landschaftsmalerei an der Prager Kunstakademie. Als einer der ersten Maler entdeckte er seit 1828 den Chiemsee als Motiv f¨ur Landschafts- und als Kulisse f¨ur Genregem¨alde (Abend am Chiemsee, 1834), war Mitbegr¨under der K¨unstlerkolonie auf Frauenchiemsee und heiratete 1838 Anna Dumbser, eine Tochter des dortigen Inselwirts. Der National¨okonom Max → H. war einer ihrer S¨ohne. C Th-B

Haushofer, Max, National¨okonom, Schriftsteller, * 23. 4. 1840 M¨unchen, † 10. 4. 1907 Gries bei Bozen. W¨ahrend des Studiums der Rechts- und Staatswissenschaft in M¨unchen u. a. mit Felix → Dahn und Karl → Stieler befreundet, verkehrte der Sohn des Landschaftsmalers Max → H. im Dichterbund „Das Krokodil“. 1867 habilitierte er sich an der Univ. M¨unchen f¨ur National¨okonomie und Statistik, wurde 1868 a. o., 1880 o. Prof. an der Polytechnischen Hochschule in M¨unchen und war als Mitglied der Nationalliberalen Partei 1875-80 Abgeordneter im bayerischen Landtag. Neben wissenschaftlichen Arbeiten (u. a. Grundz¨uge der ¨ politischen Okonomie, 1894) schrieb er Erz¨ahlungen, Land-

Hausmann schaftsschilderungen und den utopischen Roman Planetenfeuer (1899). H. war der Vater von Karl → H.; seit 1902 war er mit Emma → Haushofer-Merk verheiratet. C DSL

Haushofer-Merk, Emma, geb. Merk, Schriftstellerin, * 15. 6. 1854 M¨unchen, † 11. 7. 1925 M¨unchen. Die Tochter eines Kunstmalers wurde an einem M¨adcheninstitut ausgebildet, war sp¨ater Mitarbeiterin mehrerer Zeitschriften sowie Mitglied des Vereins f¨ur Frauen-Interessen. Sie ver¨offentlichte Erz¨ahlungen, Novellen und Romane, u. a. Es wetterleuchtete. M¨unchener Roman aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts (1922). Seit 1902 war sie mit dem National¨okonomen Max → Haushofer verheiratet. C DLL Hauska, Hans, Musiker, Komponist, * 18. 5. 1901 Maschau bei Karlsbad, † 7. 3. 1965 Berlin. ¨ H., Sohn eines Apothekers, erhielt nach der Ubersiedlung nach Wien 1911 Geigen-, Bratschen- und Klavierunterricht. 1920 schrieb er sich an der TU Wien ein. 1921-26 geh¨orte er der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei an. Seit 1924 war H. freiberuflich als Klavierspieler t¨atig. 1928 ging er nach Berlin, wo er u. a. als Chemiker, Industriephotograph, Kinomusiker und Stehgeiger t¨atig war. 1928 trat er der KPD bei und wurde durch die Vermittlung Hanns → Eislers Komponist und Pianist der Truppe „Das Rote Sprachrohr“. 1929 wurde H. als Anh¨anger der Brandler-Opposition aus der KPD ausgeschlossen. Seit 1930 war er Musiker der „Kolonne links“, wurde wieder in die KPD aufgenommen und emigrierte 1933 in die Sowjetunion. Nach der Verschmelzung der „Kolonne links“ mit der „Truppe 31“ zu „Deutsches Theater Kolonne links“ schrieb H. die B¨uhnenmusik f¨ur die St¨ucke Gustav von → Wangenheims, der die neue Truppe leitete (Helden im Keller, Agenten, Brak! – Brak!). Nach der Aufl¨osung der Truppe 1934 wurde H. Musiker des Deutschen Gebietstheaters Dnjepropetrowsk; er vertonte den Dokumentarfilm Borinage von Joris Ivens und den Spielfilm K¨ampfer von Wangenheim. H. u¨ bernahm die Leitung des Chors der deutschen Karl-Liebknecht-Schule und des Deutschen Klubs in Moskau und arbeitete bei der „Deutschen Zentralzeitung“. Im November 1937 vom NKWD verhaftet und im Dezember 1938 nach Deutschland ausgeliefert, wurde er im August 1939 zu anderthalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach Kriegsende lebte H. vor¨ubergehend in Ulm und seit 1948 in Wien, wo er als Notenklischeezeichner bei der Universal-Edition arbeitete. Nach seiner Rehabilitation in der Sowjetunion 1958 ging er nach Berlin (Ost), wurde Hauptreferent in der Musikabteilung der Deutschen Konzert- und Gastspieldirektion und u¨ bernahm die Betreuung von Laienspielgruppen. Er war als Redakteur von Musikzeitschriften t¨atig und an der Herausgabe des HannsEisler-Nachlasses beteiligt. C Exiltheater

Hauska, Leo, o¨ sterr. Forstwirt, Bauingenieur, * 27. 4. 1881 Gmunden (Ober¨osterreich), † 5. 8. 1954 Kierling (Nieder¨osterreich). H., Sohn eines Postoffizials und k. k. Hauptmanns der Landwehr, studierte Forstwirtschaft an der Hochschule f¨ur Bodenkultur und der TH Wien und wurde 1907 Assistent, 1913 Adjunkt am Lehrstuhl f¨ur forstliches Bauingenieurwesen an der Hochschule f¨ur Bodenkultur, wo er 1908 mit der Arbeit Theorie der Strebwerkskonstruktion promoviert wurde. 1920 habilitierte er sich dort und wurde 1923 a. o., 1929 o. Prof. des forstlichen Bauingenieurwesens. Er befaßte sich mit Ries- und Klausbau, der Konstruktion und Errichtung von Holzbr¨ucken und dem Straßenbau. H. war Herausgeber und Mitverfasser des Sammelwerkes Das forstliche Bauingenieurwesen (1933-50), seit 1946 Herausgeber der „Allgemeinen Forst- und Holzwirtschaftszeitung“ und verfaßte u. a. Berechnung forsttechnischer Bauwerke (2 Bde., 1926 / 27). C Biogr Lex Ober¨ost

Hausknecht, Johann Peter, evang. Theologe, * 1799 Petersbach (Unterelsaß), † 16. 12. 1870 Petersbach. Als Straßburger Theologiestudent nahm H. Verbindung zu pietistischen Kreisen auf, lernte als Hauslehrer in Paris den Chiliasmus kennen und wurde Pfarrverweser in D¨urstel. Dort widmete er sich eschatologischen Betrachtungen, wurde in eine Heilanstalt eingewiesen und erlebte auf der Flucht aus ihr eine Vision. H. sonderte sich zunehmend von der Landeskirche ab, wurde wegen Verstoßes gegen Versammlungsverbote mehrmals inhaftiert und galt der immer zahlreicher werdenden Schar von „Hausknechtianern“ als M¨artyrer. Er lebte als Mitglied der Gesellschaft in Petersbach und verk¨undete das Jahr des Weltuntergangs f¨ur 1836, sp¨ater f¨ur 1860. C RGG Hauslab, Franz Ritter von, o¨ sterr. Milit¨ar, Kartograph, * 1. 2. 1798 Wien, † 11. 2. 1883 Wien. H., Sohn eines o¨ sterr. Offiziers, Miniaturmalers und Zeichenlehrers, studierte an den Kunstakademien M¨unchen und Wien, 1809-15 an der Ingenieurakademie Wien und wurde Offizier. Seit 1819 Prof. an der Ingenieurakademie, f¨uhrte ¨ er die Gel¨andedarstellung durch Schichtenlinien in Osterreich ein und entwarf 1825 den ersten Zeichenschl¨ussel. Seit 1834 war er f¨ur die milit¨arische Erziehung der S¨ohne Erzherzog → Karls zust¨andig und unterrichtete 1843-48 den sp¨ateren Kaiser → Franz Joseph und seine Br¨uder. 1858-68 war er Generalartillerie-Direktor. H. malte und zeichnete Landschaften, Portr¨ats und Genredarstellungen, brachte u. a. eine Karte der Steiermark (1832) heraus und schrieb Laender, die in der Geschichte Noahs, Abrahams und der Israelitischen ¨ K¨onige erw¨ahnt werden (1832), Uber die Bodengestaltung in ¨ Mexico (1864) und Uber die characteristischen Kennzeichen der geschichtlichen Entwickelungs-Abschnitte der Kriegertracht vom Beginn des 16. bis zu jenem des 19. Jahrhunderts (1864). Postum erschien Terrainlehre, eine gesonderte Wissenschaft (bearb. und zusammengest. von Unschuld von Melasfeld, 1884). Er hinterließ eine bedeutende kartogra¨ phische Sammlung. C OBL

Hausleutner, Philipp Wilhelm Gottlob, Archivar, * 12. 8. 1754 Neuenstadt / Kocher, † 13. 5. 1820 Stuttgart. H. studierte 1772-75 Philologie am Evangelischen Stift in T¨ubingen, war Hofmeister in Esslingen und wurde 1780 Lehrer an der Stuttgarter Milit¨arakademie. Im folgenden Jahr an die Hohe Karlsschule in Stuttgart berufen, wurde er dort 1788 zum Prof. der klassischen Literatur ernannt. H. gab 1788-93 die ersten sieben B¨ande des „Schw¨abischen Archivs“ heraus, u¨ bersetzte Opern aus dem Italienischen und ver¨offentlichte u. a. ein Handbuch der Erdbeschreibung von Europa, insbesondere von Teutschland (1804). Hausmann, (David Conrad) Bernhard, Politiker, Kunstsammler, * 15. 5. 1784 Hannover, † 13. 5. 1873 Hannover. Der Sohn eines Kaufmanns und Fabrikbesitzers und Bruder Friedrich → H.s erlernte die Buchbinderei, u¨ bernahm 1803 die Leitung der v¨aterlichen Hof-Gold- und Silberstickerei und ließ sich 1809 in das Krameramt seiner Heimatstadt aufnehmen. Seit 1824 war er mehrmals Sprecher des Stadtparlaments sowie 1829-57 Mitglied und 1849-55 Vizepr¨asident der Ersten Kammer der St¨andeversammlung. H. wurde 1837 Mitglied der Eisenbahn-Kommission, 1843 der Eisenbahndirektion und war seit 1832 Erster Sekret¨ar des von ihm begr¨undeten Kunstvereins f¨ur das K¨onigreich Hannover. Seine Erinnerungen aus dem achtzigj¨ahrigen Leben eines hannoverschen B¨urgers erschien postum 1873. H. hinterließ eine bedeutende Kunstsammlung. C NDB

Hausmann, (August Adolph) Bernhard, Industrieller, * 25. 1. 1857 Blomberg (Lippe), † 8. 10. 1927 Blomberg. Ausgebildet an der Baugewerkeschule Holzminden, u¨ ber¨ und S¨agem¨uhlbesitnahm H., Sohn eines Getreide-, Ol-

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Hausmann zers, 1878 die v¨aterliche M¨uhle und baute sie mit einem maschinell betriebenen Horizontalgatterwerk zu einem leistungsf¨ahigen S¨agewerk aus. Er stellte zun¨achst Stuhlteile f¨ur die o¨ rtlichen M¨obelschreiner, sp¨ater Furniere aus Buchenholz her und produzierte erstmals mit hydraulischen Pressen fabrikm¨aßig erzeugte Sperrholzplatten, deren Herstellungsmonopol er fast drei Jahrzehnte innehatte und das entscheidend die Entwicklung der westf¨alischen M¨obelindustrie beeinflußte. 1907 nahm H. den ersten (selbstkonstruierten) Furniertrockner Europas in Betrieb. C NDB

Hausmann, Caspar (Anton) Friedrich, schweizer. Pharmazeut, Unternehmer, * 3. 10. 1845 Baden (Kt. Aargau), † 11. 8. 1920 St. Gallen. H., Sohn eines Apothekers, studierte Physik, Botanik und Chemie an der Univ. Heidelberg und gr¨undete 1872 die Hechtapotheke in St. Gallen, mit der er sich 1886 an der Schweizer Landesausstellung in Z¨urich beteiligte. 1892 / 93 gr¨undete er zwei Apotheken in Davos sowie Sanit¨atsgesch¨afte und Speditionslager in Basel, Z¨urich, Genf und Lausanne. H. richtete 1897 in Zusammenarbeit mit Wilhelm Conrad → R¨ontgen eines der ersten R¨ontgenkabinette der Schweiz ein, stellte pharmazeutisch-chemische und pflanzliche Pr¨aparate her und produzierte Sanit¨atsmobile und Krankenhauseinrichtungen. 1898 wandelte er sein Unternehmen in die „Hausmann AG, Schweizer Medizinal- und Sanit¨atsgesch¨aft, St. Gallen“ um. C HLS

Hausmann, Franz Frh. von, o¨ sterr. Botaniker, * 16. 8. 1810 Bozen, † 4. 8. 1878 Bozen. H. brach sein 1828 begonnenes Studium der Rechtswissenschaft, sp¨ater das der Medizin an den Universit¨aten Padua und Prag 1831 ab und u¨ bernahm die Verwaltung des Familienbesitzes. Er lieferte Material f¨ur ein Tiroler Herbar am Museum Ferdinandeum in Innsbruck, ordnete es seit 1844 und legte daneben eine umfangreiche private botanische Sammlung an. Als Hauptwerk gilt Flora von Tirol ¨ (3 Hefte, 1851-54). C OBL Hausmann, (Johann) Friedrich (Ludwig), Mineraloge, Geologe, * 22. 2. 1782 Hannover, † 26. 12. 1859 G¨ottingen. Der Bruder des Politikers Bernhard → H. wurde nach Abschluß juristischer und naturwissenschaftlicher Studien 1803 Auditor und Bergmeister in Clausthal und Zellerfeld, 1805 Kammersekret¨ar in Braunschweig, 1809 Generalsekret¨ar im Finanzministerium sowie Generalinspektor der Berg-, H¨utten- und Salinenwerke des K¨onigreiches Westfalen in Kassel. 1808 zum Dr. phil. promoviert, wurde er 1811 Prof. der Mineralogie und Technologie an der Univ. G¨ottingen und lehrte auch Land- und Forstwirtschaft, Bergbau und Eisenh¨uttenkunde. Studienreisen f¨uhrten ihn von Skandinavien bis S¨udeuropa. 1824-58 war er Herausgeber der „Studien“ des von ihm 1821 gegr¨undeten G¨ottinger Vereins der bergm¨annischen Freunde. 1823 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. H. befaßte sich mit Kristallformen, begr¨undete eine Systematik der Mineralien und beobachtete erstmals die Mineralbildung aus Schmelzfl¨ussen. Er gilt als Mitbegr¨under einer Geologie Norwegens und schuf die rationale Bodenkunde. H. ver¨offentlichte u. a. Norddeutsche Beitr¨age zur Berg- und H¨uttenkunde (1807), Entwurf eines Systems der unorganisirten Naturk¨orper (1809), Handbuch der Mineralogie (3 Bde., 1813, 2 ¨ 1845-47) und Uber die Bildung des Harzgebirges. Ein geologischer Versuch (1842). C NDB

Hausmann, Friedrich Karl, Maler, * 23. 9. 1825 Hanau, † 10. 3. 1886 Hanau. H. studierte an den Kunstakademien in Hanau, Antwerpen und Paris, 1854 / 55 in Rom und lebte 1855-64 in Frankfurt / Main, wo er Mitbegr¨under der dortigen K¨unstlergesellschaft war. 1864 wurde er Nachfolger seines Lehrers T. Pe-

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lissier als Direktor der Hanauer Zeichenakademie. H. stand k¨unstlerisch unter dem Einfluß von Delacroix und Daumier und malte Landschaften und Historiendarstellungen, darunter Galilei vor dem Konzil (1861). C Th-B

Hausmann, Gottfried, P¨adagoge, * 18. 9. 1906 D¨uren, † 27. 2. 1994 Hamburg. H. war nach einer T¨atigkeit als Lehrer Hauptabteilungsleiter „Bildung und Erziehung“ beim Hessischen Rundfunk, 1955-59 Prof. der P¨adagogik an der Univ. Ankara, seit 1960 o. Prof. f¨ur vergleichende Erziehungswissenschaft und Direktor des P¨adagogischen Instituts der Univ. Hamburg. 1963 geh¨orte er zu den Begr¨undern des UNESCO-Instituts f¨ur P¨adagogik. H. ver¨offentlichte u. a. Didaktik als Dramaturgie im Unterricht (1959).

Hausmann, Julie, eigentl. Juliane Katharina Johanna H., Dichterin, * 19. 3. 1826 Riga, † 15. 8. 1901 W¨osso (V¨osu, Estland). Nach der Konfirmation Lehrerin und Erzieherin in verschiedenen deutschbaltischen Familien, schrieb H., Tochter eines Gymnasialoberlehrers, neben der Erwerbst¨atigkeit geistliche Lieder und Gedichte. Sie verbrachte mehrere Jahre mit Kuraufenthalten, lebte seit 1870 in St. Petersburg und bet¨atigte sich als Musiklehrerin. Gustav Knak gab ihre Lieder, u. a. So nimm denn meine H¨ande, unter dem Titel Maiblumen. Lieder einer Stillen im Lande (4 Bde., 1861-79) heraus. C DSL

Hausmann, Manfred (Georg Andreas), Schriftsteller, * 10. 9. 1898 Kassel, † 6. 8. 1986 Bremen. Der Fabrikantensohn studierte nach der R¨uckkehr aus dem Ersten Weltkrieg Philologie, Kunstgeschichte und Philosophie an den Universit¨aten G¨ottingen, M¨unchen und Heidelberg (Dr. phil. 1922, Kunstdichtung und Volksdichtung im deutschen Soldatenlied 1914 / 18), durchlief eine kaufm¨annische Ausbildung und war 1924 / 25 Feuilletonredakteur der Bremer „Weserzeitung“. Seit 1927 selbst¨andiger Schriftsteller, war er 1929-33 und 1945-50 als SPD-Mitglied Gemeinderat in Worpswede bei Bremen. Unter dem Einfluß der Schriften Karl → Barths und Kierkegaards wandte er sich seit den dreißiger Jahren einem christlichen Existentialismus zu. H. war 1945-52 verantwortlicher Feuilletonleiter des „Weserkuriers“. Zahlreiche Reisen f¨uhrten ihn nach Amerika, durch die Mittelmeerl¨ander und durch Skandinavien. ¨ Seit 1950 in Bremen ans¨assig, wurde er 1967 Altestenprediger an der protestantischen Kirche in Bremen-R¨onnebeck. H. schrieb Prosa (u. a. den Roman Abel mit der Mundharmonika, 1932), Lyrik, Mysterien- und Legendenspiele sowie die Autobiographie Kleine Begegnungen mit großen Leuten (1973). C Killy

Hausmann, Nikolaus, evang. Theologe, * 1478 / 79 Freiberg (Sachsen), † 3. 11. 1538 Freiberg. Seit 1498 Student an der Univ. Leipzig, wurde H., Sohn eines M¨unstmeisters und Ratsherrn, 1503 zum Magister promoviert und sp¨ater in Altenburg zum Priester geweiht. Als fr¨uher Anh¨anger → Luthers wurde er 1519 Prediger in Schneeberg, ging 1521 als Nachfolger des Johannes Sylvius → Egranus an die Zwickauer Marienkirche und begr¨undete ein evang. Kirchenwesen in der Stadt. Er war der erste Zwickauer Superintendent. Nach Auseinandersetzungen mit dem Stadtrat ging H. 1532 nach Dessau, f¨uhrte in f¨urstlichem Auftrag die Reformation ein und kehrte schließlich in seinem Todesjahr nach Freiberg zur¨uck. Etwa 100 Briefe Luthers an H. sind erhalten. C NDB

Hausmann, Otto, Schriftsteller, * 5. 11. 1837 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 15. 3. 1916 Elberfeld. Der Sohn eines F¨arbereibesitzers trat fr¨uh die Nachfolge seines Vaters an, bildete sich autodidaktisch auf den Gebieten Geschichte, Geographie und Literatur fort und gr¨undete

Hauß sp¨ater eine eigene lithographische Anstalt. Seit 1890 widmete er sich ausschließlich der Schriftstellerei, engagierte sich in kommunalen Schul- und Verwaltungsgremien und rief eine wohlt¨atige Stiftung ins Leben. H. schrieb vor allem B¨uhnenwerke, u. a. die dramatischen Gedichte (Einakter) Ruhmreiche Berge (1899), sowie Lyrik. C Wuppertal Bio, Bd 17

zur photosynthetischen Assimilation der Pflanzen (1909), Grundz¨uge der Lichtbiologie und -pathologie (1923), Handbuch der Lichttherapie (1927), Die Lichterkrankungen der Haut (1929) und Klima und Tuberkulose (mit Viktor Conrad, ¨ 1932). Wenige Wochen nach dem „Anschluß“ Osterreichs ¨ verlor H. seine Amter und seine Lehrbefugnis und beging ¨ Selbstmord. C Arzte 2, 3

Hausmann, Raoul, Pseud. Panarchos, Photograph, Dich-

Hausner, Berta, Schauspielerin, * 19. 3. 1869 Olm¨utz, † 5. 3. 1932 Berlin. H. deb¨utierte mit f¨unfzehn Jahren am Theater ihrer Geburtsstadt und spielte anschließend in Karlsbad, Bremen, Br¨unn und Graz. Seit 1887 Mitglied des Deutschen Theaters in Berlin, wechselte sie nach einem Gastspiel in St. Petersburg an das Wiener Volkstheater, kehrte 1895 nach Berlin zur¨uck und geh¨orte bis zu ihrem Abschied von der B¨uhne dem Ensemble des Kgl. Schauspielhauses an. Zu ihren Hauptrollen z¨ahlte die Toinette im Eingebildeten Kranken.

ter, * 12. 7. 1886 Wien, † 1. 2. 1971 Limoges. H., Sohn eines Kunstmalers, kam 1900 nach Berlin, studierte Malerei und Bildhauerei an der Akademie der K¨unste und wurde 1912 Mitarbeiter der Zeitschrift „Der Sturm“, 1916 der Zeitschriften „Freie Straße“ und „Die Aktion“. 1917 gr¨undete er gemeinsam mit Richard → Huelsenbeck und Franz → Jung den politisch-aktivistisch akzentuierten „Club Dada“, war als „Dadasoph“ dessen treibende Kraft und gab seit 1919 u. a. die Zeitschrift „Der Dada“ heraus. H. schuf die ersten Plakatgedichte (u. a. fmsbw, von Kurt → Schwitters als Motiv in seiner Ursonate verwendet), gemeinsam mit Hannah → H¨och die ersten Photomontagen und schrieb Lautgedichte. Um 1923 wandte er sich dem Konstruktivismus zu, befaßte sich mit Wahrnehmungsforschung und Photographie. 1933 emigrierte er u¨ ber Prag, Paris und Barcelona nach Ibiza, lebte danach in Paris und in der Schweiz und seit 1939 als Privatlehrer in Peyrat-le-Chˆateau (Frankreich). 1944 ließ er sich in Limoges nieder. Nach 1945 wandte er sich der informellen Malerei zu. H. kritisierte aus einer antib¨urgerlichen Haltung heraus die bestehenden Lebensmuster (Der deutsche Spießer a¨ rgert sich, 1920) und vertrat ein uneingeschr¨anktes Eigenbestimmungsrecht des Menschen. Sein autobiographischer Roman Hyle. Ein Traumsein in Spanien wurde 1969 teilweise ver¨offentlicht. C Killy

Hausmann, Ulrich, Arch¨aologe, * 13. 8. 1917 Bremen, † 19. 1. 1996 M¨unchen. H., Sohn eines preuß. Forstreferendars, studierte – mit Unterbrechung durch die Teilnahme am Zweiten Weltkrieg 1939-41 – Arch¨aologie, Alte Geschichte und Klassische Philologie in M¨unchen und Berlin, wo er 1944 mit Untersuchungen zu den griechischen Asklepiosreliefs promoviert wurde. Nach Reisen durch Italien und Griechenland als Stipendiat des Deutschen Arch¨aologischen Instituts habilitierte er sich 1957 an der Univ. W¨urzburg u¨ ber Hellenistische Reliefbecher aus attischen und b¨ootischen Werkst¨atten und folgte 1960 einem Ruf auf den Lehrstuhl f¨ur Klassische Arch¨aologie der Univ. T¨ubingen, wo er besonders eng mit Wolfgang → Schadewaldt und Ernst → Zinn verbunden war. Den Gegenstand seiner Habilitationsschrift weitete H. in einer im selben Jahr erschienen Monographie u¨ ber Griechische Weihreliefs aus. Im u¨ brigen widmete er sich insbesondere dem Bereich des r¨omischen Portr¨ats und vor allem des Herrscherbilds. Der von H. als „Lebensarbeit“ verstandene Band u¨ ber das r¨omische Portr¨at f¨ur das „Handbuch der Arch¨aologie“, dessen Herausgeber er seit 1964 war, blieb unvollendet. C Gnomon 72 (2000)

Hausmann, Walther, o¨ sterr. Mediziner, Pharmakologe, Klimatologe, * 11. 4. 1877 Meran, † 27. 4. 1938 Wien. Nach Abschluß seiner Studien an den Universit¨aten Innsbruck, Wien, Straßburg und Berlin (Promotion 1901) war H. Assistent an der Univ. Marburg und kam anschließend an das Physiologische Institut der Hochschule f¨ur Bodenkultur in Wien. Er habilitierte sich 1909 dort, 1912 an der Univ. Wien f¨ur allgemeine und vergleichende Pharmakologie und wurde 1920 a. o. Professor. H. war Leiter des staatlichen Instituts f¨ur Lichtbiologie und -pathologie, Mitarbeiter des Volksgesundheitsamtes und wurde 1930 Ministerialrat. Er war Mitbegr¨under der staatlichen medizinischen Klima¨ tologie in Osterreich und ver¨offentlichte u. a. Die photodynamische Wirkung des Chlorophylls und ihre Beziehung

Hausner, Rudolf, o¨ sterr. Maler, * 4. 12. 1914 Wien, † 25. 2. 1995 M¨odling (Nieder¨osterreich). Der Sohn eines kaufm¨annischen Angestellten besuchte 1931-36 die Akademie der Bildenden K¨unste in Wien, wo Albert Paris → G¨utersloh zu seinen Lehrern geh¨orte. 1938 erhielt er Ausstellungsverbot; 1941 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. 1945 wurde H. Assistent f¨ur Malerei an der Akademie der Bildenden K¨unste in Wien. Mit Arik Brauer und Ernst Fuchs war er 1959 einer der Begr¨under der „Wiener Schule des Phantastischen Realismus“. 1966 erhielt H. einen Ruf als o. Prof. an die Hochschule f¨ur bildende K¨unste in Hamburg, zwei Jahre sp¨ater kam eine Professur an der Kunstakademie in Wien hinzu; beide Lehrst¨uhle behielt er bis zur Pensionierung. Im Mittelpunkt von H.s Lebenswerk steht die „Adam“ genannte Gestalt, die auf vielen Bildern in fortdauernder Auseinandersetzung mit dem Weiblichen ¨ steht. H. wurde 1970 mit dem Osterreichischen Staatspreis f¨ur Malerei ausgezeichnet. Hausrath, Adolf, Pseud. George Taylor, Konrad M¨ahly, evang. Theologe, Kirchenhistoriker, Schriftsteller, * 13. 1. 1837 Karlsruhe, † 2. 8. 1909 Heidelberg. Nach dem Theologiestudium in Jena, G¨ottingen, Berlin und Heidelberg (Lic. theol. 1861) kam H., Sohn eines Stadtpfarrers und Hofdiakonus, als Vikar an die Heidelberger Heiliggeistkirche und habilitierte sich 1862 an der dortigen Universit¨at. Er war Mitbegr¨under und Erster Sekret¨ar des Protestantenvereins, geh¨orte als Oberkirchenratsassessor 1864-67 der Karlsruher Kirchenleitung an und war 1867 f¨ur die liberale Gruppe Abgeordneter in der Generalsynode. H. wurde 1867 a. o., 1871 o. Prof. der Kirchengeschichte und neutestamentlichen Exegese. Im Sinne der j¨ungeren T¨ubinger Schule Ferdinand Christian → Baurs betrieb H., Freund Heinrich von → Treitschkes, die Historisierung der Theologie (Apostel Paulus, 1865, 21875; Neutestamentliche Zeitgeschichte, 3 Bde., 1868-74; 4 Bde., 31878). Er ver¨offentlichte – zun¨achst unter Pseudonym – Romane aus der Kirchengeschichte (u. a. Klytia, 1883, 71909) sowie die Biographien David Friedrich Strauß und die Theologie seiner Zeit (2 Bde., 1876-78), Richard Rothe und seine Freunde (2 Bde., 1902-06) und Luthers Leben (2 Bde., 1904 / 05, 21924). C NDB Hauß, Karl, Politiker, Publizist, * 3. 1. 1871 Brumath bei Straßburg, † 30. 1. 1925 Straßburg. Von Beruf Bankbeamter, sp¨ater Angestellter der Reichseisenbahnen, war H. seit 1894 Redakteur des „Els¨assers“ und geh¨orte als Abgeordneter der els¨assischen Zentrumspartei 1898-1903 und 1907-19 dem Reichstag, seit 1903 dem Landesausschuß und seit 1911 dem Els¨assischen Landtag an.

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Hauß Im Kabinett des Prinzen → Max von Baden war er Staatssekret¨ar f¨ur Elsaß-Lothringen. H. zog sich sp¨ater von der Politik zur¨uck und betrieb eine Druckerei. Er schrieb u. a. Der Weg Elsaß-Lothringens zur Verfassung (1871-1911) (2 Bde., 1912).

Hauß, Karl, S¨anger, * 4. 9. 1892 Straßburg, † 27. 9. 1982 Hannover. H.s erstes Engagement als Tenor f¨uhrte ihn an das Theater in Saarbr¨ucken (1919-21), anschließend sang er an den Stadttheatern in Duisburg (1921-25) und N¨urnberg (1925 / 26). 1926-52 Mitglied des Staatstheaters in Hannover, trat er als Gast an den großen B¨uhnen in Berlin (u. a. in Max → Reinhardts Inszenierung von Hoffmanns Erz¨ahlungen, 1931), Dresden, K¨oln und Wien auf. H. sang u. a. den Titelhelden in Verdis Don Carlos und war auch als Konzerts¨anger erfolgreich. C Kutsch Hauss, Werner Heinrich, Internist, * 20. 12. 1907 Krefeld, † 24. 9. 1996 M¨unster (Westfalen). H. schloß das Studium der Medizin 1935 in Hamburg mit ¨ der Promotion ab (Uber Elektrokardiogramme w¨ahrend der Arbeit) und habilitierte sich 1940 an der Univ. Leipzig ¨ (Uber vasomotorische Reaktionen bei Apoplexie und ein Beitrag zum Problem der zentralen Mitinnervation). Nach der Umhabilitierung nach Frankfurt / Main 1948 wurde er apl. Prof. und folgte 1955 einem Ruf als o. Prof. nach M¨unster. H. besch¨aftigte sich vor allem mit Arteriosklerose, Herzinfarkt, rheumatischen und Bindegewebserkrankungen. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen Angina pectoris (1954, auch italien. und span.), Lehrbuch der Inneren Medizin (1966, 21973), Die unspezifische Mesenchymreaktion (1968), Geriatrie in der Praxis (1974) und Koronarsklerose und Herzinfarkt (1976). H. war seit 1967 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und der RheinischWestf¨alischen Akademie der Wissenschaften.

Hausser, Isolde, geb. Ganswindt, Physikerin, * 7. 12. 1889 Berlin, † 5. 10. 1951 Heidelberg. H., Tochter des Erfinders Hermann → Ganswindt, studierte 1909-14 Physik an der Univ. Berlin, kam nach der Promotion 1914 (Erzeugung und Empfang kurzer elektrischer Wellen) an das Entwicklungslabor der Telefunken AG nach Berlin und wechselte 1929 an das Kaiser-Wilhelm-Institut f¨ur medizinische Forschung nach Heidelberg, wo sie 1935 Abteilungsleiterin wurde. Sie entdeckte u. a. die spezifische Wirkung der langwelligen Ultravioletten Strahlung. H. befaßte sich mit dielektrischen Eigenschaften (Dielektrische Eigenschaften und chemische Konstitution der Phosphatide, in: Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft 68, 1935), der spektralen Abh¨angigkeit und der Quantenausbeute photochemischer Reaktionen u. a. bei Dehydrierungen sowie dem Einfluß der optischen Schichtdicke. Sie entwickelte u. a. einen Mikrowellengenerator. Zu ihren Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Das dielektrische Verhalten organischer Zwitterionen unter besonderer Ber¨ucksichtigung von Molek¨ulen der Hirn- und Nervensubstanz (1935) und Ultrakurzwellen (1939). H. war mit Wilhelm → H. verheiratet, dessen Forschungen sie nach seinem Tod weiterf¨uhrte. C NDB Hausser, Karl Hermann, Physiker, * 28. 6. 1919 Berlin, † 11. 2. 2001 Heidelberg. Nach der Promotion in T¨ubingen zum Dr. rer. nat. 1950 ¨ (Uber die Quantenbilanz photochemischer Umwandlungen organischer Molek¨ule und ihre Deutung nach der TrefferTheorie) trat H., Sohn von Isolde und Wilhelm → H., als wissenschaftlicher Assistent in das Max-Planck-Institut f¨ur medizinische Forschung ein, dessen Wissenschaftliches Mitglied er 1966 wurde; 1966-87 war er Direktor der Abteilung ¨ Molekulare Physik. Nach der Habilitation 1956 (Uber die

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Temperaturabh¨angigkeit der magnetischen und optischen Eigenschaften organischer Stickstoff-Radikale) wurde H. 1962 a. o. Prof. an der Univ. T¨ubingen und lehrte seit 1963 an der Univ. Heidelberg. 1967 wurde ihm der Titel eines Honorarprofessors verliehen. H. war ein Pionier der magnetischen Resonanzspektroskopie, die heute eine der wichtigsten Methoden der Strukturaufkl¨arung in verschiedensten Wissenschaftsbereichen darstellt. Er erkannte fr¨uh die Bedeutung der Elektronen- und Kernspinresonanz als Mittel der Molek¨ulforschung und entwickelte mit diesem Verfahren immer feinere Untersuchungsmethoden. Unter H.s Leitung wurde seine Abteilung am Max-Planck-Institut f¨ur medizinische Forschung zu einer der f¨uhrenden Forschungseinrichtungen auf diesem Gebiet. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Dynamic nuclear polarization in liquids at high magnetic fields (1964) und NMR f¨ur Mediziner und Biologen. Strukturbestimmung, Bildgebung, In-vivo-Spektroskopie (mit Hans R. Kalbitzer, 1989, engl. 1991). C Jb MPG 2002

Hausser, Paul, Milit¨ar, * 7. 10. 1880 Brandenburg / Havel, † 21. 12. 1972 Ludwigsburg. Der Sproß einer preuß. Offiziersfamilie war bei Kriegsende 1918 Major, wurde von der Reichswehr u¨ bernommen und nahm 1932 als Generalleutnant seinen Abschied. Danach Landesf¨uhrer Berlin-Brandenburg des „Stahlhelms“, wurde er 1933 Standartenf¨uhrer der SA und trat 1934 in die SS ¨ u¨ ber; 1937 wurde er Mitglied der NSDAP. Nach dem Uberfall auf Polen 1939 war er SS-Gruppenf¨uhrer und Generalleutnant der Waffen-SS, erhielt 1944 den Oberbefehl u¨ ber die 7. Armee und wurde SS-Oberstgruppenf¨uhrer und Generaloberst der Waffen-SS. Anfang 1945 u¨ bernahm er den Oberbefehl u¨ ber die Heeresgruppe G. Nach Kriegsende wurde er zu zwei Jahren Arbeitslager verurteilt. 1951 gr¨undete H., der die Beteiligung der Waffen-SS an Kriegsverbrechen bestritt, u. a. mit Sepp → Dietrich und Felix → Steiner die „Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der ehemaligen Angeh¨origen der Waffen-SS“, die die Gleichstellung der Waffen-SS mit der Wehrmacht erreichte. Er ver¨offentlichte u. a. Waffen-SS im Einsatz (1953, 91977) und Soldaten wie andere auch. Der Weg der Waffen-SS (1966, 31988). C Smelser Hausser, (Karl) Wilhelm, Physiker, * 2. 3. 1887 Mannheim, † 4. 6. 1933 Heidelberg. H., Sohn eines Syndikus der Handelskammer in Mannheim, schloß das Studium an den Universit¨aten M¨unchen und Heidelberg 1913 mit der Promotion ab (Photometrische Bestimmungen an Phosphoreszenzbanden), kam 1916 an das R¨ontgenlabor der Telefunken AG und wurde 1919 Leiter des Physikalisch-Medizinischen Labors bei Siemens & Halske in Berlin. 1929 ließ er sich als Direktor des Instituts f¨ur Physik am Kaiser-Wilhelm-Institut f¨ur medizinische Forschung und Prof. an der Univ. in Heidelberg nieder. H. befaßte sich mit der Abh¨angigkeit des Lichterythems und der Pigmentbildung von der Wellenl¨ange der erregenden Strahlung, erforschte die Lichtmenge, die f¨ur Sonnenbr¨aunung und -brand erforderlich ist, und schuf damit die Grundlagen der Lichttherapie. Er ver¨offentlichte u. a. Absolute Messung der Energieaufspeicherung bei Phosphoren (mit Philipp → Lenard, 1913) und Strahlung und Lichterythem (1934). H. war mit Isolde → H. verheiratet und Vater von Karl Hermann → H. C NDB Haussig, Hans Wilhelm, Historiker, * 3. 10. 1916 Berlin, † 27. 4. 1994 Berlin. H. habilitierte sich 1956 an der Freien Univ. Berlin mit einer Arbeit u¨ ber byzantinische Themenordnung, wurde dort 1968 Prof. und folgte 1969 einem Ruf an die Ruhr-Universit¨at Bochum, wo er bis 1982 Geschichte Vorder- und Mittelasiens und Byzantinische Geschichte lehrte. Er ver¨offentlichte u. a. eine Kulturgeschichte von Byzanz (1959, 21966) und eine Byzantinische Geschichte (1968).

Haußmann Haussknecht, (Heinrich) Carl, Botaniker, * 30. 11. 1838 Bennungen bei Sangerhausen, † 7. 7. 1903 Weimar. Von Beruf Apotheker, war H., Sohn eines Rittergutsbesitzers, seit 1857 Gehilfe in Bremgarten (Kt. Aargau) und Aigle (Kt. Waadt), befaßte sich mit der Flora der Schweizer Alpen und lernte Pierre Edmond Boissier kennen. H. studierte in Breslau Botanik und Pharmazie und absolvierte dort 1864 die Staatspr¨ufung. Seine Reise 1864-69 f¨uhrte ihn u¨ ber Ostanatolien, Kurdistan und Luristan durch Persien und zum Persischen Golf. Er entdeckte und kartographierte Altert¨umer und legte umfangreiche botanische Sammlungen an, die er nach seiner R¨uckkehr nach Deutschland als Weimarer Privatgelehrter in Boissiers Flora orientalis (5 Bde., 1867-84) ver¨offentlichte. H. war Mitbegr¨under des Th¨uringischen Botanischen Vereins 1882, bereiste 1885 mit Theodor von → Heldreich das n¨ordliche Griechenland und begr¨undete 1896 das Botanische Institut „Herbarium Haussknecht“, das 1949 der Univ. Jena angeschlossen wurde. Seit 1889 war H. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er ver¨offentlichte u. a. Prof. C. Haussknecht’s Routen im Orient, 1865-1869 (4 Tle., 1882) und Monographie der Gattung Epilobium (1884). C NDB

Haußleiter, August, Politiker, * 5. 2. 1905 N¨urnberg, † 8. 7. 1989 M¨unchen. H. studierte Theologie und Philosophie in Erlangen und war bis 1933 Mitglied der Deutschen Volkspartei. Seit 1928 Redakteur des „Fr¨ankischen Kuriers“ in N¨urnberg, setzte der NSDAP-Gauleiter Julius → Streicher 1940 H.s Entlassung durch. Nach der R¨uckkehr aus der Gefangenschaft zun¨achst Lehrer in Oberfranken, war H. 1946 Mitbegr¨under der CSU, wurde Landtagsabgeordneter und 1948 stellvertretender Landesvorsitzender der Partei. Er war an der Gr¨undung der „Deutschen Union“ 1949 beteiligt, trat aus der CSU aus und gr¨undete die „Deutsche Gemeinschaft“, f¨ur die er 1950 in den Landtag einzog und die er 1965 mit der „Aktionsgemeinschaft Unabh¨angiger Deutscher“ (AUD) vereinigte. Die AUD beteiligte sich an der Gr¨undung der Partei „Die Gr¨unen“ 1979 / 80, H. wurde 1980 Mitglied des Bundesvorstandes, trat kurz darauf zur¨uck und leitete die Wochenschrift „Die Gr¨unen“. 1986 / 87 war er erneut Abgeordneter im Bayerischen Landtag. C Munzinger Haußleiter, Johannes, evang. Theologe, * 23. 6. 1851 L¨opsingen / Ries, † 2. 11. 1928 Greifswald. Nach Abschluß seiner Studien an den Universit¨aten Erlangen, T¨ubingen und Leipzig (1869-74) unterrichtere H., Sohn eines Lehrers, am Gymnasium in N¨ordlingen, wechselte 1886 nach Erlangen und folgte 1892 einem Ruf als o. Prof. der Kirchengeschichte an die Univ. Dorpat. 1893-1921 lehrte er als o. Prof. des Neuen Testaments an der Univ. Greifswald, deren Rektor er 1900 / 01 war, und geh¨orte 1912-24 dem Konsistorium in Stettin an. H. ver¨offentlichte u. a. Die Universit¨at Wittenberg vor dem Eintritt Luthers (1903). C NDB Haußmann, Conrad, Pseud. Heinrich Hutter, Politiker, * 8. 2. 1857 Stuttgart, † 11. 2. 1922 Stuttgart. Der Sohn Julius → H.s studierte Rechtswissenschaft in Z¨urich, M¨unchen, Berlin und T¨ubingen und f¨uhrte seit 1883 mit seinem Zwilligsbruder Friedrich eine Anwaltskanzlei in Stuttgart. Als Mitglied der Deutschen Volkspartei geh¨orte H. 1889-1912 dem W¨urttembergischen Landtag und 1890-18 dem Reichstag an. 1907 war er mit Ludwig → Thoma, Albert → Langen und Hermann → Hesse an der Gr¨undung der Zeitschrift „M¨arz“ beteiligt. H. strebte außenpolitisch eine Verst¨andigung mit den europ¨aischen Nachbarn an, wirkte 1917 im Reichstag an der Friedensresolution mit und war im Kabinett → Max von Badens Staatssekret¨ar ohne Gesch¨aftsbereich. Als Gr¨undungsmitglied der „Arbeitsgemeinschaft

f¨ur Politik des Rechts“ betrieb er eine wissenschaftliche Kl¨arung der Kriegsschuld und f¨orderte gemeinsam mit Friedrich von → Payer die Gr¨undung der Deutschen Demokratischen Partei in W¨urttemberg. H. wirkte als Vizepr¨asident der Deutschen Nationalversammlung und Vorsitzender ihres Verfassungsausschusses (1919) maßgeblich an der Ausarbeitung der Weimarer Verfassung mit; von 1920 bis zu seinem Tod war er Mitglied des Reichstags. Er geh¨orte 1919 / 20 auch der W¨urttembergischen Landesversammlung, danach bis zu seinem Tod dem W¨urttembergischen Landtag an und war durchgehend erster Fraktionsvorsitzender. H. war der Vater von Wolfgang → H. C Raberg

Haussmann, David, Gyn¨akologe, * 22. 7. 1839 Ratibor (Oberschlesien), † 26. 5. 1903 Berlin. H. studierte an den Universit¨aten Breslau und Berlin, wurde 1862 promoviert (De versione spontanea) und war seit 1866 Arzt f¨ur Gyn¨akologie und Geburtshilfe in Berlin. Er befaßte sich mit der Infektionsgefahr w¨ahrend der Geburt, bei gyn¨akologischen Untersuchungen und Operationen sowie mit der Prophylaxe der Gonorrh¨oe bei Neugeborenen. H. ver¨offentlichte u. a. Die Parasiten der weiblichen Geschlechtsorgane des Menschen und einiger Thiere (2 Tle., ¨ 1870-74, frz. 1875), Uber die Entstehung der u¨ bertragbaren Krankheiten des Wochenbettes (1875) und Die Bindehautin¨ fectionen der Neugeborenen (1882). 1 C Arzte Haussmann, (Friedrich) Hermann, Staatsbeamter, * 7. 8. 1879 Delitzsch, † 13. 4. 1958 Rottweil. Der Sohn eines Handwerkers arbeitete seit 1899 vor¨ubergehend als Volksschullehrer, studierte dann Jura in Halle und M¨unchen, wurde 1911 als Assessor zum Dr. jur. promoviert und u¨ bernahm 1915 das B¨urgermeisteramt in Konitz (Westpreußen). Seit 1917 Stadtrat in Stettin, wurde H., Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei, 1919 Regierungspr¨asident in Stralsund. Er publizierte zur B¨uroreform als Teil der Verwaltungsreform (1925), hielt Rundfunkvortr¨age u¨ ber die Weimarer Verfassung und war Pr¨asidiumsmitglied des Pro-Pal¨astina-Komitees. Mit Aufl¨osung des Regierungsbezirks Stralsund 1932 wurde H. in den einstweiligen Ruhestand versetzt. 1940 kam er kurzzeitig in „Schutzhaft“. 1945 arbeitete H. in Freiburg f¨ur die franz¨osische Milit¨arregierung, baute 1946 das Hessische Innenministerium mit auf und war 1947-49 Rektor der Hochschule f¨ur Verwaltungswissenschaften in Speyer. Haußmann, (Friedrich) Julius, Politiker, Publizist, * 27. 7. 1816 Ludwigsburg, † 29. 7. 1889 Stuttgart. Das Studium der Rechtswissenschaft in T¨ubingen beendete H. ohne Abschluß und trat in die v¨aterliche Apotheke in Ludwigsburg ein. Er engagierte sich f¨ur politische Individualrechte sowie kommunale und staatliche Selbstbestimmung, beteiligte sich 1849 f¨uhrend an der Reutlinger Pfingstversammlung, die eine Beschleunigung der inneren Reformen forderte, und mußte in die Schweiz fliehen. Nach seiner freiwilligen R¨uckkehr wurde er zu mehrj¨ahriger Festungshaft verurteilt, 1854 jedoch vorzeitig entlassen. Gemeinsam mit Karl → Mayer und Ludwig → Pfau war H. Redaktionsmitglied des Stuttgarter „Beobachters“ und beteiligte sich seit 1864 maßgeblich am Aufbau der schw¨abischen, sp¨ater s¨uddeutschen Volkspartei. Er war der Vater von Conrad → H. C NDB Haußmann, Karl (Gottlob Friedrich), Markscheider, Geophysiker, * 22. 6. 1860 Schw¨abisch Gm¨und, † 24. 1. 1940 Schw¨abisch Gm¨und. Nach Abschluß des Studiums der Mathematik, Mechanik und der Markscheidekunde in Stuttgart, Leipzig und T¨ubingen 1886 wurde H., Sohn eines Gutsbesitzers, Assistent am Institut f¨ur Geod¨asie und Markscheidekunde in Aachen, sp¨ater an der TH Stuttgart. Er war an Triangulierungen in

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Haußmann Bayern beteiligt, zwischenzeitlich selbst¨andiger Zivilingenieur und habilitierte sich 1896 an der TH Stuttgart mit der Arbeit Untersuchung einiger Methoden der Grubenmessung. 1899 folgte er einem Ruf als o. Prof. des Markscheidewesens an die TH Aachen und wechselte 1915 in gleicher Position nach Berlin. H. setzte sich bereits 1905 f¨ur die Einrichtung eines Instituts f¨ur angewandte Geophysik an der TH Aachen ein. Er schuf die ersten und lange Zeit einzigen geomagnetischen Karten von Deutschland (Die magnetischen Lan¨ desaufnahmen im Deutschen Reich und magnetische Ubersichtskarten von Deutschland f¨ur 1912, in: Petermanns geographische Mitteilungen 59 / 1, 1913) und war 1905-15 sowie 1926-40 Herausgeber der „Mitteilungen aus dem Markscheidewesen“. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Die erdmagnetischen Elemente von W¨urttemberg und Hohenzollern (1903) und Magnetische Messungen im Ries und dessen Umgebung (1904). Seit 1917 war H. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. C NDB

Haußmann, Valentin, Komponist, Herausgeber, * um 1560 Gerbstedt bei Eisleben, † zwischen 1611 und 1613, wahrscheinlich Gerbstedt. H., Sohn eines Organisten, lebte nach dem Besuch der Schulen in Quedlinburg und Wernigerode und des Gymnasiums in Regensburg wieder in Gerbstedt. In den achtziger und neunziger Jahren hielt er sich zumeist in S¨uddeutschland ¨ (vor allem in N¨urnberg) und Osterreich auf. 1598 ver¨offentlichte er erstmals polnische T¨anze. Um die Jahrhundertwende bereiste er Ostpreußen und Norddeutschland. H. komponierte und sammelte u¨ berwiegend profane Lieder und T¨anze (u. a. Venusgarten, 1602), schrieb zwei Messen und geistliche Ges¨ange und trug mit der Edition von Sammlungen italienischer Musik wesentlich zu deren Verbreitung in Deutschland bei. C MGG

Haußmann, Wolfgang (Conrad), Politiker, Jurist, * 3. 7. 1903 Stuttgart, † 6. 3. 1989 Stuttgart. Der Sohn Conrad → H.s studierte Rechtswissenschaft in T¨ubingen und M¨unchen, wurde zum Dr. jur. promoviert und ließ sich 1931 als Rechtsanwalt in Stuttgart nieder. Seit 1920 Mitglied der Demokratischen Jugend, seit 1928 Mitglied des Landesvorstandes der Deutschen Demokratischen Partei, widmete er sich seit 1933 u¨ berwiegend seiner Kanzlei und war gegen Kriegsende Mitglied der „Stuttgarter Widerstandsgruppe“. 1945 / 46 wae stellvertretender Oberb¨urgermeister von Stuttgart und bis 1964 Vorsitzender der Demokratischen Volkspartei (DVP), sp¨ater FDP in W¨urttembergBaden. 1946-52 geh¨orte er dem Landtag von W¨urttembergBaden und 1952-72 dem Landtag von Baden-W¨urttemberg an. 1953-66 war H. Justizminister, seit 1960 zugleich stellvertretender Ministerpr¨asident von Baden-W¨urttemberg. C Munzinger

Haussner, Robert (Carl Hermann), Mathematiker, * 6. 2. 1863 Naumburg / Saale, † 24. 4. 1948 Stockholm. H. studierte 1882-86 u. a. bei Ernst → Schering und Hermann Amandus → Schwarz und war nach der Promotion (Die Bewegung eines von zwei festen Centren nach dem Newton’schen Gesetze angezogenen materiellen Punktes) 1888 in G¨ottingen Assistent am Physikalischen Institut der Univ. W¨urzburg, am Institut f¨ur Mineralogie der Univ. G¨ottingen und am Institut f¨ur Mathematik der Univ. W¨urzburg. 1894 habilitierte er sich in W¨urzburg f¨ur Mathematik (Zur Theorie der Bernoulli’schen und Euler’schen Zahlen) und wurde 1898 a. o. Prof. an der Univ. Gießen, 1902 o. Prof. an der TH Karlsruhe und lehrte 1905-34 an der Univ. Jena. 1910 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen Darstellende Geometrie (4 Bde., 1902-33, mit Wolfgang → Haack) und Analytische Geometrie des Raumes (1928, 31942). C Poggendorff 4-6

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Haußwald, G¨unter, Musikhistoriker, * 11. 3. 1908 Rochlitz / Mulde (Sachsen), † 23. 4. 1974 Stuttgart. H. studierte in Leipzig Klavier bei Max von → Pauer, Komposition bei Sigfrid Theodor → Karg-Elert, Musikwissenschaft bei Theodor → Kroyer, Hermann → Zenck und Helmut Schultz, Musiktheorie bei Hermann → Grabner und Musikpsychologie bei Felix → Kr¨uger (Promotion 1937, Johann David Heinichens Instrumentalwerke). 1933-45 war er Musikkritiker und Musiklehrer in Dresden und Pirna, 1947-53 Dramaturg an der Dresdner Staatsoper sowie Dozent f¨ur Musikgeschichte an der Musikhochschule und der TH Dresden (Habilitation 1949, Mozarts Serenaden, ver¨offentlicht 1951, Nachdr. 1973) und an der Univ. Jena. H. ging nach Kassel und war 1956-59 Mitarbeiter des B¨arenreiter-Verlags, 1958-70 Herausgeber bzw. Mitherausgeber der Zeitschrift „Musica“. Er war an den Gesamtausgaben von → Bach, → Gluck und → Mozart beteiligt und leitete 1960-68 das Ressort Oper beim S¨uddeutschen Rundfunk in Stuttgart. H. schrieb u. a. eine Musikalische Stilkunde (1973). C MGG Haustein, Knut-Olaf, Pharmakologe, * 20. 9. 1934 Dresden, † 9. 2. 2006 Erfurt. H. studierte seit 1952 Chemie und Medizin in Dresden und Leipzig, wurde 1957 zum Dr. med. promoviert (Zum Wirkungsmechanismus einiger quatern¨arer Ammoniumverbindungen) und war 1957-61 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der pharmakologischen Forschungsabteilung des VEB Arzneimittelwerk Dresden, 1962-72 Oberarzt und Dozent am Pharmakologischen Institut der Medizinischen Akademie Erfurt, wo er sich 1966 habilitierte (Zur Kombination Verapamil plus Trandolapril f¨ur die Behandlung der Hypertonie, kardiovaskul¨arer Begleiterkrankungen sowie der diabetischen Nephropathie). Seit 1972 leitete er die Abteilung f¨ur Klinische Pharmakologie am Institut f¨ur Pharmakologie und Toxikologie der Medizinischen Akademie Erfurt, wurde 1978 o. Prof. f¨ur Klinische Pharmakologie und 1985 Direktor des Instituts f¨ur Klinische Pharmakologie der Medizinischen Hochschule Erfurt. H. ging 1994 an die Univ. Jena und war 1995-97 Gastprofessor an der Univ. Erlangen. Er besch¨aftigte sich vor allem mit Herz-KreislaufPharmakologie und gr¨undete 1999 die Deutsche Gesellschaft f¨ur Nikotinforschung und das erste private Institut f¨ur Nikotinforschung und Raucherentw¨ohnung in Erfurt (FritzLicknit-Institut). H. ver¨offentlichte u. a. Klinische Pharmakologie (1993, 21996) und Tabakabh¨angigkeit. Gesundheitliche Sch¨aden durch das Rauchen (2001, engl. 2003).

Hauswedell, Ernst L(udwig), Verleger, Kunsth¨andler, * 3. 9. 1901 Hamburg, † 2. 11. 1983 Hamburg. Nach dem Universit¨atsabschluß zun¨achst Mitarbeiter einer Bank, war H. 1927 Mitbegr¨under des Verlags „Der Deutsche Buch-Club“ in Hamburg, dem 1930 ein Antiquariat angegliedert wurde und der seit 1935 als „Dr. Ernst Hauswedell & Co.“ firmierte. H. war Mitherausgeber des Jahrbuchs „Imprimatur“, publizierte B¨ucher und Periodika f¨ur Buch- und Kunstsammler, f¨orderte die Buchkunst u. a. durch Ausschreibungen, veranstaltete Buch- und Graphikauktionen und gab seit 1957 die Vierteljahresschrift „Philobiblon“ heraus. 1963-74 f¨uhrte er in Baden-Baden eine Galerie, in der er 107 Ausstellungen zeitgen¨ossischer Kunst veranstaltete. Seit 1969 war H. mit Ernst Nolte assoziiert, unter dessen Mitarbeit vor allem die Kunstauktionen an Bedeutung gewannen. C LGB

Hautcharmoy, Heinrich Karl Ludwig de H´erault, Milit¨ar, * 14. 7. 1689 Lippstadt (Westfalen), † 11. 5. 1757 St. Margaretha bei Prag. Als Vierzehnj¨ahriger trat H. in das preuß. Heer ein, nahm 1703-13 am Feldzug gegen Frankreich teil und kam 1710

Haux in das Regiment des Kronprinzen. Seit 1715 Generaladjutant → Leopolds I. von Anhalt-Dessau, war er im Feldzug gegen Schweden an der Belagerung von Stralsund und der Expedition auf R¨ugen beteiligt, wurde 1726 zum Major ernannt und unternahm Werbungsfahrten nach Brabant und Siebenb¨urgen. Nach einer Verwundung in der Schlacht bei Mollwitz 1741 zum Oberst ernannt, war er danach Kommandant von Brieg. → Friedrich II. verschaffte ihm Pr¨abenden in Xanten (1746) und L¨ubbecke (1750), 1752 ein Gut im Kreis Oels. H. wurde 1756 erneut mobilisiert und starb an einer bei Prag erhaltenen Verwundung. C Priesdorff, Bd 1

Hauth, Dora, geb. Trachsler, auch Hauth-Trachsler, schweizer. Malerin, Graphikerin, * 1. 8. 1874 Z¨urich, † 30. 10. 1957 Z¨urich. Nach dem Studium an der Kunstgewerbeschule in Z¨urich und bei Hans Schildknecht in M¨unchen gr¨undete H. in ihrer Heimatstadt eine eigene Malschule und entwarf Plakate, u. a. f¨ur die Frauenstimmrechtskampagne 1920. Dar¨uber hinaus entstanden Landschaftsbilder, Portr¨ats (u. a. von Albert → Einstein und Karl → Kautsky), Stilleben, Buchillustrationen sowie das Mappenwerk An der Grenze mit Federzeichnungen. H. war Vizepr¨asidentin der Sektion Z¨urich des Verbandes schweizer. Malerinnen und Bildhauerinnen. C Vollmer

Hauthaler, Willibald, eigentl. Kaspar H., o¨ sterr. Historiker, * 5. 1. 1843 Heimbach bei Nußdorf (Salzburg), † 10. 12. 1922 Salzburg. H. trat 1862 in das Benediktinerstift St. Peter in Salzburg ein und studierte Theologie in Salzburg, 1872-74 Geschichte und Geographie in Innsbruck. Seit 1875 war er Lehrer am f¨ursterzbisch¨oflichen Privatgymnasium Borrom¨aum in Salzburg, 1879-89 und 1897-1901 dessen Direktor. H. wurde 1901 zum Abt des Stifts St. Peter gew¨ahlt und war seit ¨ 1920 korrespondierendes Mitglied der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften. Er befaßte sich haupts¨achlich mit Salzburger Landesgeschichte, edierte zahlreiche Quellen und begr¨undete das Salzburger Urkundenbuch (1895-1910), des¨ sen ersten Band er redigierte. C OBL Hautsch, Hans, Mechaniker, Erfinder, getauft 4. 1. 1595 N¨urnberg, begraben 31. 1. 1670 N¨urnberg. Wie seine Vorv¨ater und seine Nachkommen von Beruf Zirkelschmied, erregte H. durch eine Reihe von Erfindungen Aufmerksamkeit. 1640 stellte er einen Kranken-Rollstuhl vor, 1649 ein vermeintliches Automobil, das von im Inneren verborgenen Knaben angetrieben wurde, erfand 1650 den metallenen Streuglanz f¨ur Tapeten und zeigte 1655 eine Feuerspritze, die durch einen angeschlossenen Windkessel einen ununterbrochenen Wasserstrahl abgeben konnte. Sein wohl spektakul¨arstes Werk war ein dreist¨ockiges Geb¨aude, in dem neben biblischen Szenen 72 Handwerksberufe und ein Badehaus in automatischen Bewegungen zu betrachten waren (1664). C NDB

Hautt, (Johann) Christian Ludwig, Baumeister, Architekt, * 15. 3. 1726 Nohfelden (Saarland), † 10. 11. 1806 Zweibr¨ucken. Nach dem Studium an der Univ. Jena und in Paris trat H., Sohn eines pfalz-zweibr¨uckischen Amtskellers und Burgvogts, 1752 in die Dienste Herzog Christians IV. von Zweibr¨ucken, errichtete dessen Schloß J¨agersburg und u¨ bernahm nach der Ernennung zum Baudirektor 1755 die Bauleitung. Er entfaltete eine umfangreiche Baut¨atigkeit in Zweibr¨ucken, Rappoltsweiler im Elsaß und an der Mosel, wurde von Herzog → Karl II. August von Zweibr¨ucken 1776 entlassen und lebte danach als Baumeister in Blieskastel. 1780 wurde er vom Herzog nach Zweibr¨ucken zur¨uckberufen, 1781 zum Kammerrat und 1788 erneut zum Baudirektor ernannt. Durch den franz¨osischen Einmarsch 1793 wurde auch

das herzogliche Bauwesen zerst¨ort. H. starb verarmt. Sein Hauptwerk, der Turm der Alexanderskirche in Zweibr¨ucken (1756) war bis zu seiner Zerst¨orung 1945 Wahrzeichen der Stadt. C NDB

Hauttmann, Johann Nepomuk, auch Hautmann, Bildhauer, * 21. 4. 1820 M¨unchen, † 30. 1. 1903 M¨unchen. Der Sohn des Steinmetzen Joseph H. sollte urspr¨unglich Theologe werden, entschied sich jedoch f¨ur die Malerei und studierte an der M¨unchner Akademie bei Ludwig → Schwanthaler und Konrad → Eberhard. 1848-65 war er Vorsteher des Schwanthaler-Museums. Er er¨offnete eine eigene Werkstatt. → Maximilian II. ernannte ihn zum Hofbildhauer. H. genoß die Protektion → Ludwigs II., der ihn zu Studien nach Paris schickte. Unter Ludwig bet¨atigte sich H. 1873-77 in Schloß Linderhof sowie 1883 in Schloß und Park Herrenchiemsee. 1891 mußte er Konkurs anmelden. H. schuf u. a. Heiligenfiguren im Augsburger Dom und in der Pfarrkirche Friedberg sowie das Denkmal Ludwigs II. in Murnau (1895); von ihm stammt auch die Totenmaske des K¨onigs. Hauttmann, Max, Kunsthistoriker, * 10. 2. 1888 Landau / Pfalz, † 12. 4. 1926 bei Igls (heute zu Innsbruck). H., Sohn eines bayerischen Oberstleutnants und Vetter Richard → H.s, studierte an den Universit¨aten M¨unchen und Berlin, nach der Promotion an der Univ. M¨unchen (1910, Der kurbayerische Hofbaumeister Joseph Effner) Architekturgeschichte an der dortigen TH und trat in den bayerischen Museumsdienst ein; 1920 wurde er Konservator am Bayerischen Nationalmuseum. 1920 habilitierte er sich an der Univ. M¨unchen, wurde 1922 Ordinarius f¨ur Kunstgeschichte an der Univ. Rostock und trat 1924 die Nachfolge seines Lehrers Heinrich → W¨olfflin als Inhaber des kunsthistorischen Lehrstuhls in M¨unchen an. H. befaßte sich zun¨achst haupts¨achlich mit bayerischer (Geschichte der kirchlichen Baukunst in Bayern, Schwaben und Franken 1550-1780, 1921), sp¨ater mit fr¨uhmittelalterlicher Kunst. C NDB Hauttmann, Richard (Hypolit Gulielmus Ferdinandus), Industrieller, * 5. 10. 1865 Pichling (Steiermark), † 14. 9. 1943 Gr¨afelfing bei M¨unchen. H., Sohn eines Direktors der Eisenh¨utten Pichling und Donawitz (Steiermark) und Vetter Max → H.s, studierte 1883-88 an der Hochschule Leoben Bergbau und H¨uttenkunde, trat in das Eisenh¨uttenwerk Witkowitz (M¨ahren) ein und wurde 1895 Oberingenieur des Kombinats Krompach / Nordungen. 1899 u¨ bernahm er die Leitung der Donez-Jurjewska Bergund H¨uttenwerke der russischen Industriereviere Kriwoirog und Donezbecken, erzeugte erstmals in Rußland hochprozentiges Ferromangan und begr¨undete damit die sp¨ater bedeutenden dortigen Erzkombinate. W¨ahrend des RussischJapanischen Kriegs 1904 / 05 ging er nach Wien, wurde 1907 Direktor der Norddeutschen H¨utte GmbH in Bremen und 1908 Vorstandsvorsitzender des in eine Aktiengesellschaft umgewandelten Unternehmens. H. f¨orderte den Ausbau der neuen Hafenbecken in Bremen-Oslebshausen und produzierte im und nach dem Ersten Weltkrieg hochwertiges Roheisen aus Stahlschrott. 1930 sicherte er den Fortbestand des Werkes durch Abschluß eines Vertrags u¨ ber Ferngasversorgung mit der Stadt Bremen. C Brem Bio 2 Haux, Ernst (Theodor), Finanzverwalter, * 11. 3. 1863 Reutlingen, † 5. 2. 1938 T¨ubingen. H., Sohn eines Kaufmanns, studierte Staatswissenschaften an der Univ. T¨ubingen und trat 1885 in den w¨urttembergischen Staatsdienst ein. 1896 wurde er in das Direktorium der Firma Friedrich Krupp berufen, wo ihm neben

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Hauzinger der Verwaltung des Privatverm¨ogens der Familie die Bilanzen, Rechnungsrevision, Personalien und Sozialabteilung des Unternehmens unterstanden. H. wurde zum Testamentsvollstrecker des Firmenleiters bestimmt und beriet dessen Witwe bei der Einrichtung wohlt¨atiger Stiftungen. 1899 u¨ bernahm er das Bildungswesen, 1909 die historische Abteilung des Krupp-Konzerns. H. war 1900-18 Stadtverordneter von Essen. Er publizierte u. a. Die Wohnungsverwaltung der Firma Krupp (1907). Seine Erinnerungen Bei Krupp sind nicht ver¨offentlicht. C NDB

Hauzinger, Josef, o¨ sterr. Maler, * 12. 5. 1728 Wien, † 8. 8. 1786 Wien. An der Akademie der bildenden K¨unste in Wien Sch¨uler Johann Jakob van → Schuppens, Paul → Trogers und Daniel → Grans, war H. sp¨ater Gehilfe Trogers und wurde 1761 zum Kammermaler ernannt. Seit 1769 Substitut, war er seit 1772 Prof. der Historienmalerei an der Wiener Kunstakademie. Neben Fresken (u. a. in der Kirche Wien-Mariahilf, ¨ (u. a. Hl. Antonius 1759 / 60) schuf er Heiligenbilder in Ol mit Maria, 1754) und Portr¨ats der Kaiserfamilie. C Th-B

Havemann, Gustav, Musiker, Musikp¨adagoge, * 15. 3. 1882 G¨ustrow (Mecklenburg), † 2. 1. 1960 Berlin. Nach dem Studium bei Karl → Markees und Joseph → Joachim an der Musikhochschule in Berlin erhielt H. bereits 1900 die erste Konzertmeisterstelle in L¨ubeck und wechselte 1903 in gleicher Position nach Darmstadt und 1909 nach Hamburg. 1911 folgte er der Berufung an das Leipziger Konservatorium, u¨ bernahm 1915 eine Konzertmeisterstelle in Dresden und wurde dort zum Prof. ernannt. H. lehrte 1920-45 an der Musikhochschule in Berlin, gr¨undete ein erfolgreiches Streichquartett, dem Georg Kniestaedt, Hans Mahlke und Adolf Steiner angeh¨orten, und wurde 1950 mit der Ausbildung des ViolinistenNachwuchses der Musikfachschule Cottbus betraut. 1951-59 kehrte er als Lehrer und Leiter der Streicher-Abteilung an die Musikhochschule nach Berlin (DDR) zur¨uck. H. schrieb u. a. Die Violintechnik bis zur Vollendung (2 Bde., 1928) und komponierte u. a. eine Konzertante Burleske f¨ur Violine und Klavier (1958). C MGG

Havemann, Hans, Pseud. Jan van Mehan, Schriftsteller, Journalist, Philosoph, * 5. 5. 1887 Grabow (Mecklenburg), † 23. 9. 1985 Berlin. H. studierte Philosophie in Berlin, M¨unchen und Jena und wurde 1911 mit der Arbeit Der erkenntnistheoretische Standpunkt Condillacs promoviert. Anschließend als freier Schriftsteller und Journalist t¨atig, schloß er sich in Hannover den Dadaisten an, war 1924-38 Redakteur im Feuilleton der „Westf¨alischen Neuesten Nachrichten“ in Bielefeld und ging 1943 als Kulturschriftleiter nach Berlin. H. ver¨offentlichte Dramen (u. a. Die Not in Calais, 1923), Nachdichtungen von Werken Charles Baudelaires (Der Verworfene, 1920) und philosophische Arbeiten, darunter Das Bild des Menschen. Mensch und All im Lichte einer Philosophie des Raumes (1937). C BEdPh

Havemann, (Johannes) Julius, Schriftsteller, * 1. 10. 1866 L¨ubeck, † 30. 8. 1932 Klempau (Kr. Lauenburg / Elbe). H., Sohn eines Rechtsanwalts, studierte an den Universit¨aten Freiburg, M¨unchen, T¨ubingen und Leipzig, lebte als freier Schriftsteller an wechselnden deutschen und ausl¨andischen Orten und war 1910 in Berlin vor¨ubergehend Hilfsbibliothekar an der Kgl. Bibliothek. 1911 kehrte er nach L¨ubeck zur¨uck, nahm als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil und wurde seit 1916 von seiner Heimatstadt mit einem Ehrensold

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unterst¨utzt. H. schrieb Prosa mit u¨ berwiegend historischen Stoffen vor allem aus dem 17. und 18. Jh., u. a. Der Barbar und andere Novellen (1927). C NDB

Havemann, Margarethe, geb. Braunm¨uller, Graphikerin, * 3. 3. 1877 Grabow (Mecklenburg), † n. e. Ausgebildet bei Ernst Neumann in M¨unchen sowie in Berlin, pflegte H. u¨ berwiegend den Farbholzschnitt und beschickte seit 1904 die Ausstellungen im M¨unchner Glaspalast, die großen Berliner Kunstausstellungen und u. a. die Ausstellung f¨ur Buchgewerbe in Leipzig 1914. Sp¨ater ließ sie sich in Hamburg nieder und war dort Lehrerin an der Gewerbeschule f¨ur M¨adchen. H. stellte Landschaften, Genre- und Großstadtszenen dar.

Havemann, Robert (Hans G¨unther), Chemiker, Politiker, * 11. 3. 1910 M¨unchen, † 9. 4. 1982 Gr¨unheide / Mark (Kr. F¨urstenwalde). H., Sohn eines Lehrers, studierte bis 1931 Chemie an den Universit¨aten M¨unchen und Berlin, trat nach der Promotion 1935 (Ideale und reale Eiweißl¨osungen) in das KaiserWilhelm-Institut f¨ur Physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin-Dahlem ein und wurde als KPD-Mitglied (seit 1932) 1933 entlassen. Mit einem Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft kam er an die IV. Medizinische Universit¨atsklinik im Robert-Koch-Krankenhaus, wurde 1937 Assistent am Pharmakologischen Institut der Univ. Berlin und habilitierte sich 1943 (Meth¨amoglobinverbindungen). H. bet¨atigte sich nach der Macht¨ubernahme der Nationalsozialisten in der Widerstandsgruppe „Neu Beginnen“ und wurde 1943 als Mitglied der Widerstandsgruppe „Europ¨aische Union“ in einem Hochverratsprozeß vom Volksgerichtshof zum Tod verurteilt. Er erhielt Vollstreckungsaufschub, da er f¨ur das Heereswaffenamt Forschungen in einem eigens eingerichteten Labor im Zuchthaus Brandenburg-G¨orden durchf¨uhrte. 1945 zum Leiter des Kaiser-Wilhelm-Instituts f¨ur Physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin-Dahlem ernannt, wurde er 1950 wegen seiner Kritik an der Kernwaffenproduktion der USA entlassen. H. war seit 1947 Prof. der physikalischen Chemie an der Humboldt-Universit¨at und geh¨orte als SED-Mitglied 1950-63 der Volkskammer der DDR an. 1964 wurde er aus der Partei und der Univ., 1966 aus der Akademie der Wissenschaften ausgeschlossen. Seit 1976 stand er als Wortf¨uhrer eines demokratischen Sozialismus in der DDR unter Hausarrest. H. ver¨offentlichte neben Fachbeitr¨agen zur Photo- und Magnetochemie u. a. Dialektik ohne Dogma? Naturwissenschaft und Weltanschauung (1964), Fragen, Antworten, Fragen. Aus der Biographie eines deutschen Marxisten (1970, Neudr. 1-31990), Ein deutscher Kommunist. R¨uckblicke und Perspektiven aus der Isolation (1978) und Morgen. Die Industriegesellschaft am Scheideweg. Kritik und reale Utopie (1980, Neudr. 1990). Er wurde im November 1989 postum rehabilitiert. C Killy

Havemann, Wilhelm, Historiker, * 27. 9. 1800 L¨uneburg, † 23. 8. 1869 G¨ottingen. H. studierte seit 1819 Rechtswissenschaft und Geschichte an der Univ. G¨ottingen, schloß sich w¨ahrend des letzten Studienjahrs 1821 / 22 an der Univ. Erlangen der Burschenschaft an und wurde wenig sp¨ater in Darmstadt verhaftet. 1830 wurde er aus dem Gef¨angnis K¨openik entlassen, hielt historische Vortr¨age in Hildesheim, Hannover und Osnabr¨uck und wurde Lehrer an der Generalstabsakademie Hannover, 1831 am P¨adagogium in Ilfeld. H. wurde 1838 Nachfolger Friedrich → Dahlmanns an der Univ. G¨ottingen, wo er bis 1844 a. o., danach o. Prof. war. 1850 erfolgte seine Ernennung

Haver zum Mitglied der Gesellschaft der Wissenschaften. Als sein Hauptwerk gilt seine Geschichte der Lande Braunschweig C Leb Nieders, Bd 6 und L¨uneburg (3 Bde., 1853-57).

Havenreuter, Johann Ludwig, auch Hauvenreuter, Mediziner, Philosoph, * 1. 8. 1548 Straßburg, † 1. 10. 1618 Straßburg. Der Sohn Sebald → H.s studierte in Augsburg und Straßburg u. a. bei Johannes → Sturm, wurde 1574 Prof. und Magister artium an der Akademie, 1585 Prof. und im folgenden Jahr Magister der Medizin. 1589 u¨ bernahm er den Lehrstuhl f¨ur Physik, Metaphysik und Logik und vertrat als erster Straßburger Prof. das gesamte aristotelische Lehrsystem. 1596 / 97 und 1612 / 13 war er Rektor der Hohen Schule. Seit 1577 auch Mitglied des St. Thomasstifts in Straßburg, wurde er dort 1611 Dechant und 1614 Propst. H. ver¨offentlichte u. a. Adagia classica (1573), Oratio de arte medica (1586), Psychologia sive philosophica, de animo (1591), De morbo sacro conclusiones (1592) und Commentarii in Aristotelis de anima et parva naturalia dictos libros (1605). C ADB

Havenreuter, Sebald, auch Hauvenreuter, Mediziner, Philosoph, * 23. 11. 1508 N¨urnberg, † Juli 1589 Straßburg. Fr¨uh verwaist, studierte H. mit Unterst¨utzung von N¨urnberger Patriziern seit 1527 an der Univ. Wittenberg Theologie und Medizin (Magister artium 1534). Seit 1535 setzte er seine medizinischen Studien an der Univ. T¨ubingen fort, hielt dort neben dem Studium Vorlesungen u¨ ber aristotelische Dialektik und Ethik und wurde 1539 zum Dr. med. promoviert. 1540 folgte er einem Ruf als Stadtarzt nach Straßburg, wo er auch an der Akademie lehrte. H. war der ¨ C Arzte 1 Vater von Johann Ludwig → H.

Havenstein, Rudolf (Emil Albert), Jurist, Beamter, * 10. 3. 1857 Meseritz, † 20. 11. 1923 Berlin. Nach rechtswissenschaftlichen Studien wurde H., dessen Vater Landgerichtsdirektor in Stagard (Pommern) und Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses war, 1887 Amtsrichter in Arnswalde in der Neumark und kam 1890 ins preuß. Finanzministerium. 1900 wurde er Pr¨asident der „Generaldirektion der Seehandlungs-Societ¨at“, die 1904 als „K¨onigl. Seehandlung“ Preußische Staatsbank wurde. 1908-23 war er Pr¨asident der Reichsbank und wirkte an der Bankgesetznovelle von 1909 mit, die die Reichsbanknote zum gesetzlichen Zahlungsmittel erkl¨arte und die Golddeckung vorschrieb. 1914 wurde diese Einl¨osepflicht aufgehoben, H. u¨ bernahm die Leitung der Kriegsfinanzierung, setzte mit den sogenannten Darlehenskassenscheinen zus¨atzliches Papiergeld in Umlauf und schuf das System der Kriegsanleihen. Beide Maßnahmen waren Ursachen f¨ur die Inflation, die er nach Ende des Kriegs aus politischen R¨ucksichten nicht energisch genug bek¨ampfte. C NDB

Haver, (Johann Gottfried) Carl Eduard, Drahtwebereibesitzer, * 22. 3. 1845 Schwerte, † 16. 3. 1905 Oelde (?). H. erlernte den Kaufmannsberuf bei den Gebr. Schuchard in Barmen und trat nach Lehrjahren in zwei weiteren Firmen 1865 in das Manufaktur- und Modewarengesch¨aft seines Vaters in Schwerte ein, das er bald darauf u¨ bernahm. Als die Depressionszeit der siebziger Jahre das Gesch¨aft fast zum Erliegen brachte, entschloß sich H. zu einem Wechsel des Gesch¨aftszweigs und gr¨undete 1887 mit seinem Vetter Eduard Boecker in Hohenlimburg die Drahtweberei Carl Haver & Ed. Boecker. Boecker schied 1891 aus dem Unternehmen aus, und H. wurde Alleininhaber. 1897 verlegte er seine Firma aus Kostengr¨unden nach Oelde, wo er 1902 mit der Mechanisierung der Produktion erfolgreich war und bis 1905 alle dreißig Handwebst¨uhle durch mechanische ersetzt hatte. H. war der Vater von Erich und Fritz → H.

Haver, Eitel Fritz, Fabrikant, * 5. 5. 1921 Oelde, † 14. 7. 2001 Oelde. Der Sohn von Fritz → H. ging nach einer zweij¨ahrigen kaufm¨annischen Lehre bei Ramesohl & Schmidt in Oelde zu einem Sprachaufenthalt nach England, den er bei Beginn des Zweiten Weltkriegs abbrechen mußte. Nach einem Maschinenbau-Praktikum bei seiner Lehrfirma studierte er an der Ingenieurschule Ilmenau, leistete Kriegshilfsdienst, Arbeitsdienst und Wehrdienst und setzte nach der R¨uckkehr aus der Kriegsgefangenschaft seine Ausbildung im August 1946 in der Buchhaltung von Haver & Boecker fort. 1947 folgten Stationen bei mehreren Unternehmen der Region. 1949 trat H. in das Familienunternehmen ein und erhielt gleichzeitig mit seinem Vetter Rudolf → H. im April 1951 Prokura; im Februar 1953 wurden sie zu Gesch¨aftsf¨uhrern und pers¨onlich haftenden Gesellschaftern ernannt. H. k¨ummerte sich vor allem um den Ausbau der Drahtweberei und die Erschließung neuer M¨arkte. Im September 1954 u¨ berlebte er auf dem Weg nach New York neben 27 anderen Passagieren einen Flugzeugabsturz u¨ ber Irland. H.s Gesp¨ur f¨ur technische Innovationen f¨orderte den Ausbau der Drahtweberei zur gr¨oßten und fortschrittlichsten der Branche. Qualit¨atsverbesserungen, neue Produktschwerpunkte und geschickte Lizenzvertr¨age sicherten die Stellung am Markt. Als Anfang der sechziger Jahre die r¨aumlichen Kapazit¨aten in Oelde nicht mehr ausreichten, setzte H. die Errichtung eines Zweigwerks in Sendenhorst durch. 1969 kaufte er eine Maschinenfabrik in M¨unster an. In den siebziger Jahren begann H., neue Standorte in Europa und Brasilien aufzubauen. In diese Zeit fiel auch die Einf¨uhrung des sch¨utzenlosen Webautomaten, der zu einer erheblichen Steigerung der Produktivit¨at f¨uhrte. Gemeinsam mit Rudolf H., der f¨ur den Bereich Maschinenbau verantwortlich war, wandelte H. das Unternehmen zu einem vielgliedrigen, international operierenden Unternehmen um. H. engagierte sich in Fachverb¨anden wie der Vereinigung deutscher Drahtwebereien und der Vereinigung europ¨aischer Drahtwebereien. Er geh¨orte dem Vorstand des Ausschusses f¨ur Agrarwirtschaft des Bundes der Deutschen Industrie an und war bis zu seinem Tod stellvertretender Obmann des Ausschusses Siebb¨oden und Kornmessung des Deutschen Instituts f¨ur Normung (DIN) und Chairman der International Organization for Standardization / Technical Committee on Environmental Management (ISO / TC 24) in Genf. LITERATUR: Toni Pierenkemper / Richard Tilly: Die Geschichte der Drahtweberei. Dargestellt am Beispiel der Firma Haver & Boecker, Oelde aus Anlaß des 100j¨ahrigen Bestehens 1887-1987. Stuttgart 1987. – Heinz Lenk: Stadt im gr¨unen Kranze. Die Entwicklung der Stadt Oelde seit dem 2. Weltkrieg. In: Siegfried Schmieder (Hrsg.): Oelde, die Stadt in der wir leben. Warendorf 1987, S. 401-460. – Ders.: Vom l¨andlichen Wigbold zur Industriestadt im Gr¨unen. In: Ebd., S. 537-608. Ruth Federspiel Haver, Erich, Drahtwebereibesitzer, * 25. 6. 1880 Schwerte, † 14. 4. 1956 Baden-Baden. H., Sohn Carl Eduard → H.s, besuchte Schulen in Hohenlimburg und Hagen und trat anschließend in die Firma seines Vaters ein. 1897 / 98 wurde er zur Weiterbildung in die Eisenwarenhandlung Kr¨oll nach Gießen geschickt. Nach dem Tod des Vaters im Fr¨uhjahr 1905 u¨ bernahm er gemeinsam mit dem a¨ ltesten Bruder Walther die Gesch¨aftsleitung, erhielt 1910 Prokura, wurde im April 1914 pers¨onlich haften-

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Haver der Gesellschafter des Unternehmens und leitete nach dem Kriegstod Walthers im Herbst 1914 die Firma zun¨achst allein. 1919 trat ihm der j¨ungste Bruder Fritz → H. zur Seite. H. k¨ummerte sich haupts¨achlich um die internen Bereiche des Unternehmens. 1945 trat sein a¨ ltester Sohn Rudolf → H. in die Firma ein, u¨ bernahm nach einigen Jahren die Aufgaben des Vaters und wurde 1953 pers¨onlich haftender Gesellschafter. H. verstarb 1956 w¨ahrend eines Kuraufenthalts.

Haver, (Friedrich Wilhelm Johannes) Fritz, Drahtwebereibesitzer, * 29. 5. 1894 Hohenlimburg, † 1. 1. 1970 Oelde. H. war das j¨ungste Kind des Firmengr¨unders Carl Eduard → H., besuchte bis zur Mittleren Reife das Stift’sche Gymnasium in G¨utersloh und begann 1910 eine Banklehre in Neubeckum. Er arbeitete dann in einem Exportgesch¨aft in Hamburg, wechselte in ein Londoner B¨uro und kehrte bei Beginn des Ersten Weltkriegs nach Oelde zur¨uck. Nach der Kriegsteilnahme, zuletzt als Artillerieflieger an der Westfront, trat er in das von seinem Bruder Erich → H. geleitete Familienunternehmen ein und erhielt 1919 Prokura. H. vertrat die Firma nach außen und sorgte f¨ur zukunftsweisende Neuerungen im Unternehmen. In den USA erwarb er neue Lizenzen, so 1923 die Fabrikationslizenz f¨ur Stecksch¨utzen-Webst¨uhle, die f¨ur die reibungslose Herstellung eines neuartigen Produkts, des emaillierten Fliegendrahtgewebes Diamant-Gaze, eingesetzt wurden. Ein zweites innovatives Produkt jener Jahre war Cedra, ein Drahtgewebe mit einer Cellonschicht, das vor allem in Gefl¨ugelst¨allen an Stelle von Fensterglas verwendet wurde, da es die UV-Strahlen durchließ. Damit u¨ bernahm Haver & Boecker die Spitzenstellung auf dem deutschen Markt und erschloß neue M¨arkte im Ausland. 1925 wurde die Schlosserei der Drahtweberei zu einer Maschinenfabrik umgebaut, um den ver¨anderten Bedingungen auf dem Verpackungsmarkt, den die Firma bislang mit Drahtverschl¨ussen beliefert hatte, gerecht zu werden. An Stelle von Verschl¨ussen produzierte das Unternehmen nun komplette Sackpackmaschinen, wof¨ur H. die Lizenz 1925 in den USA erworben hatte. Seit 1928 bem¨uhte er sich um den Erwerb einer weiteren Lizenz, mit der die Produktion eines neuen Maschinentyps, Siebmaschinen f¨ur die Erz- und Kohleindustrie und f¨ur Steine und Erden, sichergestellt werden sollte. 1930 erhielt H. die Lizenz zur Herstellung von Niagara-Schwingsieben; bis 1933 war das neue Produkt erfolgreich am Markt etabliert. Die Herstellung der Siebmaschinen brachte als Nebeneffekt eine st¨arkere Auslastung der Drahtweberei mit sich. 1937 wurde in Ahmenhorst ein Zweigwerk eingerichtet. Im Zweiten Weltkrieg war die Produktion starken Einschr¨ankungen unterworfen, da außer Cedra, das als Ersatzglas nach Bombensch¨aden immer st¨arker nachgefragt wurde, keine kriegswichtigen G¨uter hergestellt wurden. Bei Kriegsende waren die Produktionsanlagen unzerst¨ort; noch 1945 konnte wieder in vollem Umfang gearbeitet werden. Nach dem Eintritt seines Sohnes Eitel Fritz → H. in das Unternehmen zog sich H. zunehmend zur¨uck, wandte sich der Kommunalpolitik zu, geh¨orte seit 1952 der CDU-Fraktion im Kommunalparlament von Oelde an und wurde 1961 zum ersten evang. B¨urgermeister in Oelde gew¨ahlt, ein Amt, das er bis zu seinem Tode innehatte. LITERATUR: Toni Pierenkemper / Richard Tilly: Die Geschichte der Drahtweberei. Dargestellt am Beispiel der Firma Haver & Boecker, Oelde aus Anlaß des 100j¨ahrigen Bestehens 1887-1987. Stuttgart 1987. – Heinz Lenk: Stadt im

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gr¨unen Kranze. Die Entwicklung der Stadt Oelde seit dem 2. Weltkrieg. In: Siegfried Schmieder (Hrsg.): Oelde, die Stadt in der wir leben. Warendorf 1987, S. 401-460. – Ders.: Vom l¨andlichen Wigbold zur Industriestadt im Gr¨unen. In: Ebd., S. 537-608. Ruth Federspiel

Haver, Rudolf, Unternehmer, * 12. 5. 1917 Oelde, † 7. 10. 2000 Oelde. Der Sohn von Erich → H. war seit 1938 Volont¨ar bei einer Bankgesellschaft in G¨utersloh, wurde 1939 zum Milit¨ardienst eingezogen und trat 1945 in das v¨aterliche Unternehmen ein, wo er zun¨achst praktische T¨atigkeiten verrichtete. Sein kaufm¨annisches Wissen erweiterte er 1948 / 49 als Volont¨ar bei einem technischen Großhandel sowie als Angestellter bei einer N¨ahmaschinenfabrik in Bielefeld. 1950 kehrte H. nach einem kurzen Studienaufenthalt am Londoner Wilson College endg¨ultig in die Firma Haver & Boecker zur¨uck, wo er 1951 Prokurist und 1953 pers¨onlich haftender Gesellschafter und Gesch¨aftsf¨uhrer wurde. W¨ahrend sein Vetter Eitel Fritz → H. f¨ur die Drahtweberei zust¨andig war, baute H. vor allem den Gesch¨aftsbereich Maschinenfabrik durch die Gr¨undung von Tochtergesellschaften und die Entwicklung neuer Technologien aus. Daneben geh¨orte er u. a. dem Regionalausschuß des Kreises Warendorf der Industrieund Handelskammer M¨unster, dem Verband M¨unsterl¨andischer Metallindustrieller und dem Vorstand der Dresdener Bank AG an. Havergo, Johann Adolph, Unternehmer, * 31. 10. 1735 Bielefeld, † 2. 6. 1811 Bielefeld. Der aus einer Kaufmannsfamilie stammende H. erhielt eine kaufm¨annische Ausbildung und war seit 1759 als selbst¨andiger Kaufmann t¨atig. 1769-72 betrieb er eine Strumpffabrik in einem Bielefelder Waisenhaus, war 1771 Mitgr¨under einer Lederfabrik und 1780 Administrator der Holl¨andischen Bleiche (sp¨ater Neue Bleiche) der Bielefelder Leinenh¨andler. 1782 Mitgr¨under, bis 1806 Administrator einer Seifensiederei im ehemals herrschaftlichen Gut Meindershof bei Bielefeld, machte H. 1784-86 eine Seifensiederlehre. Durch seine Besch¨aftigung mit den gewerblichen Produktionsmethoden und deren Verbesserung wies H. im Gegensatz zum traditionellen Kaufmann auf den Unternehmertyp des 19. Jh. voraus. C Rhein Westf Wirt, Bd 14 Haverland, Anna, Schauspielerin, Schriftstellerin, * 8. 1. 1851 Berlin, † 1. 6. 1908 Blasewitz (heute zu Dresden). Ausgebildet durch Gustav Berndal und Minona → FriebBlumauer, deb¨utierte H. 1871 am Stadttheater in Leipzig, spielte 1874-78 am Hoftheater in Dresden und anschließend am Kgl. Schauspielhaus in Berlin, dem sie bis 1879 und erneut 1896-99 angeh¨orte. Weitere Engagements f¨uhrten sie u. a. nach Meiningen und an das Berliner Theater (1883-85) sowie in die Niederlande, nach Rußland und nach Amerika. H. spielte u. a. die Iphigenie und schrieb selbst St¨ucke (u. a. Lose Bl¨atter, 1891). C Kosch: Theater Havers, Wilhelm (Maria Hubert), Indogermanist, * 5. 1. 1879 Aachen, † 2. 3. 1961 Wien. H., Sohn eines Hauptlehrers, studierte Klassische und Deutsche Philologie sowie Vergleichende Sprachwissenschaft an den Universit¨aten T¨ubingen, Leipzig und Berlin, wurde 1905 promoviert (Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen) und habilitierte sich nach vor¨ubergehender T¨atigkeit als Lehrer 1909 an der Univ. Straßburg (Untersuchungen zur Kasussyntax der indogermanischen Sprachen). 1917 folgte er dem 1915 an ihn ergangenen Ruf als Ordinarius an die Univ. Bern, wechselte 1920 an die Univ. W¨urzburg, 1929 an die Univ. Breslau und war 1937-53 o. Prof. der Indogermanistik an der Univ. Wien. H., ein fr¨uher Vertreter eines kommunikativ-pragmatisch orientierten Sprachwissenschaft,

Haxel schrieb u. a. ein Handbuch der erkl¨arenden Syntax. Ein Versuch zur Erforschung der Bedingungen und Triebkr¨afte in C Lex Gramm Syntax und Stilistik (1931).

Havestadt, Bernhard, kath. Missionar, Sprachforscher, * 27. 2. 1714 (?) K¨oln, † 28. 1. (?) 1781 M¨unster (Westfalen). H. studierte Philosophie in Trier, trat 1732 der Gesellschaft Jesu bei und begann 1740 das Studium der Theologie in B¨uren, wo er drei Jahre sp¨ater zum Priester geweiht wurde. Nach weiteren Studien in M¨unster und einer T¨atigkeit als ¨ Prediger ging er 1746 als Missionar nach Chile. Uber seine Missionsreisen, die ihn tief in das Araukanerland f¨uhrten, sind zwei Tageb¨ucher aus den Jahren 1751 / 52 erhalten, die von hohem historischen Wert sind. H. ver¨offentlichte sie nach seiner durch das Verbot seines Ordens im spanischen Reich 1768 erzwungenen R¨uckkehr gemeinsam mit Studien der Mapuchesprache sowie Gebeten und Liedern in dieser Indianersprache 1777 unter dem Titel Chilid´ug´u sive res Chilenses (3 Bde., 21883) in M¨unster, wo H. seit 1771 im Jesuitenkolleg lebte. Nach der p¨apstlichen Aufhebung der Gesellschaft Jesu 1773 setzte er bei Verwandten als Privatmann seine Studien fort. C NDB

Havestadt, (Bernard Joseph Anton) Christian, Ingenieur, * 24. 7. 1852 Emmerich / Rhein, † 29. 12. 1908 Wilmersdorf (heute zu Berlin). Nach dem Studium in Berlin 1871-74 war H., Sohn eines Gymnasiallehrers, als Bauf¨uhrer bei der Wasserbauinspektion Wesel mit Stromregulierungs- und Br¨uckenbauten befaßt, ließ sich 1876 in Berlin nieder und war bis 1882 Baumeister bei der Ministerialbaukommission, im Ministerium der o¨ ffentlichen Arbeiten und beim Hofmarschallamt. 1880 bereiste er als Biossonet-Stipendiat England und Schottland, ließ sich 1882 aus dem Staatsdienst beurlauben und gr¨undete gemeinsam mit Max Contag das Ingenieurb¨uro „Havestadt und Contag“, als dessen bedeutendstes Projekt der Entwurf und die Ausf¨uhrung des Teltowkanals gilt. H. ver¨offentlichte u. a. Der Bau des Teltowkanals (1906, mit Contag) und Etude economique, technique et reglementaire de l’exploitation et de la traction m´ecanique des bateaux sur les fleuves, les canaux et les lacs. Monopole de traction (1908). C NDB

Haw, Johannes (Baptista Maria), Ordensgr¨under, * 26. 5. 1871 Schweich bei Trier, † 20. 10. 1949 Leutesdorf / Rhein. Der aus einer Familie von Landwirten stammende H. studierte am Bisch¨oflichen Priesterseminar in Trier Philosophie und Theologie. Nach der Priesterweihe 1895 war er als Seelsorger im Bistum Trier t¨atig. 1906 wurde er Rektor des Hospitals in Trier. H. geh¨orte zu den f¨uhrenden Vertretern der Antialkoholbewegung in Deutschland. Seit 1909 wurde er freigestellt, um sich dem Aufbau eines sozialkaritativen Apostolats widmen zu k¨onnen. Er nahm seinen Wohnsitz in Leutesdorf, wo er 1919 den Johannesbund, die Johannesschwestern und die Missionare vom hl. Johannes dem T¨aufer einrichtete. W¨ahrend der Zeit des Nationalsozialismus in seinem Wirken stark eingeschr¨ankt, konnte H. das Apostolat C LThK nach Kriegsende weiter ausbauen. Hawart, Liederdichter, um 1250-1302. Zur Person H.s ist wenig bekannt; wahrscheinlich handelt es sich bei dem S¨anger und Liederdichter um den Straßburger ¨ Insgesamt sind von ihm vier Stadtadligen Johann H. d. A. Lieder in den „Heidelberger Liederhandschriften“ u¨ berliefert, wobei das dritte Lied in Anlehnung an → Walther von der Vogelweide einen Minnedialog beschreibt und das vierte das Tageliedschema aufgreift und umkehrt. C Killy

Hawel, Rudolf, o¨ sterr. Schriftsteller, * 19. 4. 1860 Wien, † 23. 11. 1923 Wien. H., Sohn eines N¨aherin, besuchte das Lehrerseminar, war 1879-1916 Volksschullehrer und wurde wegen seiner freisinnigen Gesinnung gemaßregelt. Seit der Jahrhundertwende ¨ trat er mit Volksst¨ucken an die Offentlichkeit (Mutter Sorge, 1902); sp¨ater entstanden neben feuilletonistischen Beitr¨agen (u. a. f¨ur die „Ostdeutsche Rundschau“, „Neubauer Revue“ und „Zeit“) Romane (Kleine Leute, 1904) und Novellen. H. begr¨undete die Hawel-Runde im 1960 abgerissenen Lagerwald-Gasthaus in der Wiener Burggasse. C NDB

Hax, Herbert, Wirtschaftswissenschaftler, * 24. 9. 1933 K¨oln, † 3. 12. 2005 K¨oln. H., Sohn von Karl → H., studierte 1953-57 Betriebswirtschaftslehre in Darmstadt, Frankfurt / Main und Chicago, wurde 1960 an der Univ. K¨oln promoviert (Vertikale Preisbindung in der Markenartikelindustrie) und habilitierte sich dort 1964. Er war danach Dozent an den Universit¨aten Saarbr¨ucken und Wien und u¨ bernahm 1976 als o. Prof. den Lehrstuhl f¨ur Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftliche Finanzierungslehre an der Univ. K¨oln. Daneben lehrte er seit 1983 als Honorarprofessor und 1999-2001 als Gastprofessor an der Univ. Wien. 1982-98 geh¨orte H. dem Vorstand des Instituts f¨ur Mittelstandsforschung in Bonn, seit 1985 dem Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium f¨ur Wirtschaft und 1989-2000 dem Sachverst¨andigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung („F¨unf Wirtschaftsweise“) an. Er war Mitglied der Nordrhein-Westf¨alischen Akademie der Wis¨ senschaften und der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften und ver¨offentlichte u. a. Investitionstheorie (1970, 5 1985, Nachdr. 1993), Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt (1988, 52004) und Unternehmen und Unternehmer in der Marktwirtschaft (2005). Hax, Karl, Betriebswirtschaftler, * 13. 11. 1901 K¨oln, † 13. 3. 1978 K¨oln. Seit 1924 Handelslehrer in K¨oln, studierte H. Betriebswirtschaftslehre, vor allem bei Eugen → Schmalenbach, wurde 1943 zum Dr. rer. pol. promoviert und war seit demselben Jahr Privatdozent an der dortigen Universit¨at. 1948 wurde er o. Prof. der Betriebswirtschaftslehre an der TH Darmstadt und lehrte 1952-69 an der Univ. Frankfurt / Main. 1959 / 60 nahm er eine Gastprofessur an der Univ. Kobe in Japan wahr. Seit 1947 war er Aufsichtsratsmitglied der Vaterl¨andischen Feuerversicherungs-Societ¨at in K¨oln, seit 1952 der Mannesmannr¨ohrenwerke AG in D¨usseldorf. H. arbeitete vorwiegend auf den Gebieten Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, betriebliche Personalpolitik, Industriebetriebslehre und Versicherungslehre. Er ver¨offentlichte u. a. Der Gewinnbegriff in der Betriebswirtschaftslehre (1926), Die Substanzerhaltung der Betriebe (1957), Japan, Wirtschaftsmacht des Fernen Ostens (1961), Grundlagen des Versicherungswesens (1964), Die Entwicklungsm¨oglichkeiten der Individualversicherung in einem pluralistischen System der sozialen Sicherung (1968), Personalpolitik und Mitbestimmung (1969), Kapitalbeteiligungsgesellschaften zur Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen (1969) und Personalpolitik der Unternehmen (1977). Seit 1949 war H. Herausgeber der „Zeitschrift f¨ur handelswissenschaftliche Forschung“. Er war der Vater von Herbert → H. Haxel, Otto, Physiker, * 2. 4. 1909 Neu-Ulm, † 26. 2. 1998 Heidelberg. H. studierte technische Physik an der TH M¨unchen und an der Univ. T¨ubingen, wo er 1933 promoviert wurde (Protonenemission von Aluminium angeregt durch α-Strahlen von Radium C und Thor C), ging 1936 als Oberassistent an die TH Berlin-Charlottenburg und habilitierte sich dort

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Haxthausen im selben Jahr (Die Kernspektren der leichten Elemente). Seit 1946 am Max-Planck-Institut f¨ur Physik in G¨ottingen t¨atig, wurde er 1951 Prof. an der Univ. Heidelberg, war Mitgr¨under und 1970-75 technisch-wissenschaftlicher Direktor des Kernforschungszentrums Karlsruhe. H. widmete sich der Erforschung der kosmischen Strahlung, besch¨aftigte sich mit Protonen- und Neutronenzahlen bei Atomkernen sowie der Kernspaltung. Zusammen mit Hans Daniel → Jensen und Hans Eduard → Suess entwickelte er unabh¨angig von Maria → Goeppert-Mayer das Schalenmodell des Atomkerns. H. ver¨offentlichte u. a. Energiegewinnung aus Kernprozessen (1953) und Die Grenzen der nuklearen Technik (1980). Seit 1951 Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, 1978-82 deren Pr¨asident, wurde er 1966 auch in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen und 1982 zum korrespondierenden Mitglied der ¨ Osterreichischen Akademie der Wissenschaften gew¨ahlt. ¨ Akad, Jg. 148 C Almanach Ost

Haxthausen, Anton Wolf Frh. von, auch A. Wulff H., Staatsmann, * 1. 6. 1647 Thienhausen, † 19. 11. 1694 Berlin. Seit 1654 Page am Hof des Grafen → Anton G¨unther von Oldenburg, kam der aus einem uradligen Geschlecht stammende H. 1669 als Junker an den d¨anischen K¨onigshof und wurde unter Christian V. 1680 Oberstallmeister. Neben dem Aufbau des bald ber¨uhmten Gest¨uts auf Schloß Frederiksborg wurde H. mit diplomatischen Missionen 1676 nach Kassel und 1678 zum Bischof von M¨unster entsandt. 1687 reiste er als d¨anischer Gesandter nach Dresden, Celle, Hannover und Wien. H. amtierte 1692-94 als Oberlanddrost von Oldenburg. Er war der Vater von Christian Friedrich von → H. C Oldenburg Haxthausen, August (Franz Ludwig Maria) Frh. von, Philologe, Historiker, * 3. 2. 1792 B¨okendorf bei Brakel (Kr. H¨oxter), † 31. 12. 1866 Hannover. Der Bruder Werner von → H.s studierte seit 1808 Geologie und Mineralogie in Clausthal und war an der M¨archensammlung der Br¨uder → Grimm beteiligt. 1816-19 studierte er Rechtswissenschaft an der Univ. G¨ottingen, gr¨undete u. a. gemeinsam mit seinem sp¨ateren Schwager August von → Arnswaldt die „Poetische Schusterinnung an der Leine“ sowie die Zeitschrift „Die W¨unschelruthe“ (1818) und sammelte Volkslieder (Geistliche Volkslieder, 1850). Seit 1819 wandte er sich u. a. agrarhistorischen Studien zu und bereiste 1830-37 im Auftrag des Kronprinzen → Friedrich Wilhelm die preuß. Provinzen zur Ausarbeitung von L¨andermonographien, deren erster und einziger Band Die l¨andliche Verfassung in den Provinzen Ost- und Westpreußens 1839 erschien. In einem a¨ hnlichen Auftrag des Zaren bereiste er 1843 / 44 Rußland. H. gr¨undete sp¨ater den „Petersverein“ mit und f¨uhrte auf Schloß Thienhausen den mehrfach literarisch thematisierten Lebensabend eines Sonderlings. C Westf Autoren, Bd 1 Haxthausen, Christian Friedrich Graf von, Staatsmann, * 19. 7. 1690 Pyrmont, † 26. 12. 1740 Oldenburg. Der Sohn Anton Wolf von → H.s und m¨utterlicherseits Urenkel des Grafen → Anton G¨unther von Oldenburg studierte Rechtswissenschaft in Halle und wandte sich dem Milit¨ardienst zu. Nach englischen und niederl¨andischen Diensten wurde er 1711 Kapit¨an bei der Garde und Kammerjunker der d¨anischen K¨onigin Charlotte Amalie. H. nahm als Oberstleutnant am Großen Nordischen Krieg teil und wurde 1730 Chef des Leibregiments sowie Kammerherr der K¨onigin. 1731 verließ er den Milit¨ardienst und wurde Deputierter des Landesetatgeneralkommissariats. 1736 erfolgte die Erhebung in den d¨anischen Grafenstand. H. war seit 1736 Oberlanddrost von Oldenburg und Delmenhorst, seit 1737 Obervorsteher des Klosters Blankenburg. C Oldenburg

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Haxthausen, Werner (Moritz Maria) Graf von, Beamter, Philologe, * 18. 7. 1780 B¨okendorf bei Brakel (Kr. H¨oxter), † 30. 4. 1842 W¨urzburg. Der Bruder August von → H.s wurde gemeinsam mit den Br¨udern → Stolberg von Bernhard G. → Kellermann unterrichtet, studierte Rechtswissenschaft und Medizin in M¨unster und lebte 1803 / 04 in B¨ohmen. Sp¨ater u¨ bernahm er kurzzeitig eine Dompr¨abende in Paderborn, studierte Orientalistik in Paris, G¨ottingen und Halle und war an den Aktivit¨aten des „Tugendbundes“ sowie den Umsturzpl¨anen Wilhelm von → D¨ornbergs in Westfalen beteiligt. Nach deren Zerschlagung floh er nach England, nahm als Adjutant des Generals Ludwig von → Wallmoden 1813 am Befreiungskrieg teil und trat in Paris und beim Wiener Kongreß u. a. in Kontakt mit Ernst Moritz → Arndt, Sulpiz → Boisser´ee und Joseph → G¨orres. H. war 1815-26 Regierungsrat in K¨oln, u¨ bernahm die Verwaltung der Familieng¨uter und war im westf¨alischen Provinziallandtag 1833 Vorsitzender des Ausschusses f¨ur das b¨auerliche Erbfolgegesetz. Sein Lebenswerk, die Herausgabe neugriechischer Volkslieder, vollendete er trotz anerkennender Reaktionen → Goethes und Jacob → Grimms u. a. nicht (Neugriechische Volkslieder, 1935, hrsg. von K. SchulteKemminghausen und G. Soyter). C Westf Autoren, Bd 1 Hay, Johann Leopold Ritter von, o¨ sterr. kath. Theologe, Bischof von K¨oniggr¨atz, * 22. 4. 1735 Fulnek (M¨ahren), † 1. 6. 1794 Chrast. H. studierte in Olm¨utz und wurde 1758 zum Priester geweiht. Danach Sekret¨ar zweier Bisch¨ofe, war er seit 1770 Kapitelsdekan und Pfarrer an der Kirche zu Unserer Lieben Frau in Kremsier. 1775 wurde er Propst des Kapitels in Nikolsburg und in den Ritterstand erhoben, 1777 zum Mitglied der Kommission der Kaiserin → Maria Theresia zur Beilegung der religi¨osen Unruhen in der Walachei ernannt. Seit 1781 war er Bischof von K¨oniggr¨atz. H. gilt als Wegbereiter des Toleranzpatents Kaiser → Josephs II., von dem er 1782 ¨ als Kommissar zur Uberwachung der Durchf¨uhrung der Verordnung in Ostb¨ohmen eingesetzt wurde. 1786 erließ H. eine neue Kirchenordnung, errichtete ein Priesterhaus und ein Minoritenkloster und f¨orderte Schulwesen, Landwirtschaft sowie karitative Einrichtungen. In seinem in deutscher und lateinischer Sprache geschriebenen Rundbrief [. . .] ad Clerum tam saecularem quam regularem suae dioecesis (1781) warb er f¨ur die Idee der religi¨osen Toleranz. C Gatz 3 Hay, Julius, ungar. Gyula H´ay, Pseud. Stefan Faber, Schriftsteller, * 5. 5. 1900 Abony (Ungarn), † 7. 5. 1975 Intragna (Kt. Tessin). H., Sohn eines Ingenieurs, studierte 1917-19 Architektur in Budapest, arbeitete w¨ahrend der ungarischen R¨aterepublik 1918 / 19 in einem Volkskommissariat f¨ur Unterricht und floh 1919 nach Deutschland. Er studierte B¨uhnenarchitektur in Dresden und Berlin, arbeitete als Gebrauchsgraphiker und ließ sich 1929 in Berlin nieder, wo er an der Marxistischen Arbeiterschule t¨atig war und verschiedene AgitpropGruppen organisierte. H. ging 1933 nach Wien, da die Nationalsozialisten bereits 1932 bei der Auff¨uhrung seines Dramas Gott, Kaiser und Bauer (1935) seine Ausweisung verlangten. W¨ahrend der Niederschlagung des Schutzbundaufstandes 1934 in Wien verhaftet, emigrierte er u¨ ber Z¨urich 1935 nach Moskau und geh¨orte dort zu den bekanntesten deutschsprachigen Exildramatikern. 1945 kehrte er nach Budapest zur¨uck, wurde Prof. f¨ur Dramaturgie an der dortigen Schauspiel- und Filmhochschule, war wegen seiner Beteiligung am Oktoberaufstand 1957-60 inhaftiert und durfte seit 1963 in den Westen reisen. H. ließ sich 1965 im schweizer. Ascona nieder. Seine Autobiographie Geboren 1900 erschien 1971. C Killy

Haydn Haybach, Rudolf, o¨ sterr. Bauingenieur, Verleger, Maler, * 29. 12. 1886 Wien, † 15. 2. 1983 Wien. H. schloß das Ingenieurstudium 1910 ab und arbeitete anschließend als Bauingenieur in Zwittau. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg und der Gefangenschaft in Sibirien kehrte er 1920 nach Wien zur¨uck und gr¨undete 1921 einen Buch- und Kunstverlag, in dem er bis 1930 Literatur und Druckgrafik befreundeter K¨unstler wie Richard → Billinger, Franz von → Z¨ulow, Lilly → Steiner und Heimito von → Doderer herausbrachte. H. schuf seit seiner Jugend selbst Zeichnungen, Landschaftsaquarelle und sp¨ater ¨ Olbilder, in denen er sich intensiv mit dem Werk des befreundeten Albert Paris → G¨utersloh auseinandersetzte. 1934 ¨ war er Pressereferent des Neuen Werkbundes Osterreichs, 1939-41 Direktor des Theaters „Die Kom¨odie“ und 1941-43 Leiter des Volkstheaters. 1948 wurde H. Generalsekret¨ar, 1954 Direktor der Wiener Secession und 1952 Generalsekret¨ar der F¨oderation moderner bildender K¨unstler. Er ver¨offentlichte u. a. Wiener Historien (1939) und Unter gotischen D¨achern. Sagen und Legenden aus dem alten Wien (1941, Neuaufl. 1965).

Hayd, Heinrich, kath. Theologe, Philosoph, * 11. 1. 1829 M¨unchen, † 23. 4. 1892 Freising. Nach dem Studium an der Univ. M¨unchen wurde H. 1852 zum Priester geweiht. Er war Seelsorger, sp¨ater Stiftszeremoniar und Assistent am kgl. M¨unzkabinett in M¨unchen und ¨ wurde 1866 als Prof. der Philosophie und Asthetik an das Lyzeum nach Freising berufen. H. war Stifter des Freisinger Waisenhauses. Er u¨ bersetzte aus dem Griechischen und Lateinischen f¨ur die „Bibliothek der Kirchenv¨ater“ (1872-80) und schrieb u. a. De doctrina Petri Abaelardi (1860, erw. Neuausg. unter dem Titel Ab¨alard und seine Lehre im Verh¨altnis zur Kirche und ihrem Dogma, 1863) und Die Principien alles Seienden bei Aristoteles und den Scholastikern (1871 / 72). C LThK Hayd, Karl, o¨ sterr. Maler, * 8. 2. 1882 Hainburg (Niedero¨ sterreich), † 14. 10. 1945 Linz. H. studierte Architektur und Baugewerbe an der Wiener Staatsgewerbeschule, anschließend bei Christian → Griepenkerl, Alois → Delug und William → Unger an der dortigen Akademie der bildenden K¨unste und schloß seine Ausbildung bei Franz Thiele in Prag ab. Im Ersten Weltkrieg als Kriegsmaler eingesetzt, ließ er sich 1918 in Linz nieder und wurde dort Zeichenlehrer am Gymnasium und an der Realschule. Neben Portr¨ats (Selbstbildnis, 1911), Landschaften und Stilleben malte H. topographische Ansichten des alten Linz, u. a. 75 Aquarelle vom alten Linz (1934-39). C Biogr Lex Ober¨ost ¨ Hayden, Gregor, Ubersetzer, 15. Jh. Der wahrscheinlich aus der Oberpfalz stammende Dichter arbeitete nach eigenen Angaben f¨ur Landgraf Friedrich VII. von Leuchtenberg, ist urkundlich aber nicht nachgewiesen. H. war Verfasser der Schrift Salomon und Markolf, einer ¨ deutschen Ubersetzung der mittellateinischen Prosaschrift Dialogus Salomonis et Marcolfi, die nur in einer Handschrift aus der zweiten H¨alfte des 15. Jh. erhalten ist. Wie die Vorlage gliederte H. die 1870 paargereimten Verse, die die Auseinandersetzung zwischen K¨onig Salomon und dem Bauern Markolf zum Thema haben, in zwei Teile und verfaßte dazu Vorrede und Schlußbemerkung. C Killy

Haydlauf, Sebastian, auch Haidlauf(f), kath. Theologe, * 5. 4. 1539 Meßkirch, † 1580 / 81. H. studierte Theologie an der Univ. Ingolstadt, wurde 1562 Magister artium und lehrte Hebr¨aisch und Griechisch. Sp¨ater zum Lic. theol. promoviert, 1563 zum Priester geweiht, war er zeitweise Kaplan an St. Moritz in Ingolstadt, seit 1567 Stadtpfarrer an der dortigen Kirche zu Unserer Lieben Frau

und 1568 / 69 Universit¨atsrektor. H. wurde 1569 zum Weihbischof von Freising ernannt und im folgenden Jahr von der Kurie best¨atigt. Er ver¨offentlichte Predigten und antiprotestantische Streitschriften, u. a. Gewisse, warhafftige newe zeitung Von der Augspurgerischen Confession verwandten Predicanten, new angerichter ainigkait (1572). C Gatz 2

Haydn, (Franz) Joseph, o¨ sterr. Komponist, * 31. 3. 1732 Rohrau (Nieder¨osterreich), † 31. 5. 1809 Wien. Der schon zu Lebzeiten als europ¨aische Ber¨uhmtheit gefeierte Komponist hat f¨ur die Musikgeschichte des 18. Jh. eine herausragende Stellung: In einem Werk von gr¨oßter Vielfalt setzte er sich mit den verschiedenen musikalischen Richtungen und Gattungen seiner Zeit auseinander und pr¨agte vor allem durch seine Streichquartette und Symphonien neue und richtungweisende Gattungscharaktere aus. Seine Position war umso erstaunlicher, als der aus einfachen Verh¨altnissen stammende H. erst im Alter von knapp sechzig Jahren Gelegenheit hatte, seinen bisherigen klar umgrenzten Wirkungsraum Wien, Eisenstadt, Eszterh´aza und Preßburg zu verlassen. H. entstammte einer nieder¨osterreichischen Handwerkerfamilie. Er war das zweite von zw¨olf Kindern aus der Ehe von Mathias H. mit Anna Maria Koller, sein Bruder Michael → H., ebenfalls Komponist, das sechste Kind. Im Alter von etwa sechs Jahren wurde H. ins nahegelegene Hainburg zu dem Schulrektor Johann Mathias Franck geschickt. Als Chorknabe Georg → Reutter d. J., dem Kapellmeister am Wiener Stephansdom, anempfohlen, gelangte H. 1740 nach Wien, wo er sich bis 1761 aufhielt. H. wurde im Singen gut ausgebildet, seine weitere musikalische und sonstige Bildung war stark autodidaktisch gepr¨agt. In Wien boten sich H. vielf¨altige musikalische Eindr¨ucke: traditionelle barocke Kirchenmusik, Singspieltradition, italienische Instrumentalmusik, Opera seria und Opera buffa, Volksmusik und die verschiedenen Nationalstile der im habsburgischen Reich zusammengeschlossenen L¨ander. Der Bekanntschaft mit dem Dichter Pietro → Metastasio und dem Gesangslehrer und Komponisten Nicola Porpora verdankte er wichtige ¨ Einfl¨usse. Uber diese fr¨uhen Jahre in H.s Leben weiß man relativ wenig, an Kompositionen haben sich einige kirchenmusikalische und einige Kammermusikwerke erhalten, so die Streichquartette (Divertimenti) op. 1 und 2. Von 1761 bis an sein Lebensende stand H. in den Diensten der Familie Esterh´azy, eines der bedeutendsten ungarischen F¨urstengeschlechter, bis 1766 zun¨achst als VizeKapellmeister neben Gregor → Werner. Zur Zeit von F¨urst Paul Anton (gestorben 1762) und in den ersten Jahren in Eisenstadt unter F¨urst Nikolaus Joseph → Esterh´azy komponierte H. vor allem Symphonien, Konzerte und Kammermusik (Divertimenti f¨ur Streicher, Streich- und Klaviertrios, Klaviersonaten und Menuette). F¨ur den F¨ursten, der selber Baryton spielte, schrieb H. in der Besetzung Baryton, Viola und Violoncello 126 Trios – Musik weniger f¨ur den „Kenner“ denn f¨ur den „Liebhaber“. F¨ur die gr¨oßer besetzten Werke hatte H. ein Ensemble von etwa 15 Musikern zur Verf¨ugung, darunter hervorragende Solisten, wie einige Werke dieser fr¨uhen Jahre (die Symphonien Nr. 6-8 „Le matin“, „Le midi“ und „Le soir“, verschiedene Instrumentalkonzerte) belegen. Da die Symphonie formal noch keine klar gepr¨agte Gattung war, zeigten die symphonischen Werke dieser Jahre eine Vielfalt unterschiedlicher Tra-

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Haydn ditionen: dreis¨atzige italienische Opernsymphonie, barockes Concerto grosso, Instrumentalkonzert und barocke Kirchensonate. Das Jahr 1766 bedeutete in doppeltem Sinn eine Z¨asur in H.s Leben: Der f¨urstliche Hof zog von Eisenstadt nach Schloß Eszterh´aza, das bis 1790 H.s haupts¨achlicher Aufenthaltsort werden sollte, und der Ober-Kapellmeister Werner starb, so daß H. nun auch den zuvor Werner vorbehaltenen Bereich kirchenmusikalischer Kompositionen zu betreuen hatte. Zu den Werken dieser Jahre geh¨oren die C¨acilienmesse (1766) und das Stabat mater (1767), außerdem zahlreiche Symphonien, die durch stilistische Vielfalt, expressiven Charakter (einige Symphonien in Molltonarten) und kompositorische Brillanz gekennzeichnet waren, in denen H. gleichzeitig aber auch einen neuen Gattungscharakter herausbildete: vier S¨atze, als zweiter meist ein Adagio, als dritter ein Menuett, seit etwa 1770 auch in den langsamen S¨atzen Bl¨aser, Schlußs¨atze mit zunehmendem Gewicht gegen¨uber den Eingangss¨atzen. Kompositorisch traditioneller gehalten waren einige Opere buffe f¨ur das Hoftheater (La canterina, 1766; Lo speziale, 1768; Le pescatrici, 1769 und L’incontro improvviso, 1775). Drei Streichquartettserien (op. 9, 17 und 20), die schon kurz nach ihrem Entstehen in verschiedenen Verlagen gedruckt erschienen, zeigten a¨ hnlich wie die Symphonien und die Klaviersonaten neue kompositorische Elemente, auch hier Normen setzend. Im Mittelpunkt von H.s Arbeit am f¨urstlichen Hof stand von 1775 bis etwa 1785 die Oper. Als Opernkapellmeister erarbeitete er nicht nur die Werke zahlreicher Zeitgenossen, sondern schrieb auch eigene Werke. W¨ahrend er bis 1775 Opere buffe, Singspiele und Marionettenopern komponiert hatte, wandte er sich nun zunehmend ernsteren Stoffen zu (seine zu Lebzeiten am meisten gespielte Oper war Orlando paladino, 1782, seine letzte Oper f¨ur Eszterh´aza Armida, 1783). H. schrieb auch andere Werke, u. a. Klaviersonaten, f¨ur die Wiener Tonk¨unstler-Soziet¨at das italienische Oratorium Il ritorno di Tobia (1774 / 75), die Quartette op. 33 (Gli Scherzi genannt, da er die Menuetts¨atze durch Scherzi ersetzte) und die Mariazeller Messe (1782). Da H. seit 1779 nicht mehr an das Haus Esterh´azy gebunden war, sondern selber Kontakt mit Verlegern und Auftraggebern aufnehmen konnte, entsprachen seine Werke nun weniger den W¨unschen des F¨ursten denn dem allgemeinen Publikumsgeschmack: er schrieb vor allem Klaviertrios, Klaviersonaten, Quartette, Lieder und Symphonien. Wichtige Auftragskompositionen waren die von einem Pariser Konzertunternehmen bestellten sechs Pariser Symphonien (1785 / 86) und die von der spanischen Kathedrale Cad´ız in Auftrag gegebenen Meditationen Die sieben letzten Worte unseres Erl¨osers am Kreuze (1787 in drei Fassungen verlegt: in der Originalversion f¨ur Orchester, in einer Fassung f¨ur Streichquartett von H. und in einer von ihm gebilligten Klavierfassung; sp¨ater schrieb H. noch eine Vokalfassung). 1787 erschienen die Preußischen Quartette op. 50; die TostQuartette op. 54 / 55 und op. 64 wurden 1788-90 komponiert und kurz darauf ver¨offentlicht. Die Tost-Symphonien (Johann Tost war Geiger beim F¨ursten Esterh´azy) Nr. 88 und 89 sowie drei weitere Symphonien f¨ur Paris (Nr. 90-92) entstanden in den sp¨aten achtziger Jahren. Die Werke H.s wurden in ganz Europa gespielt und verlegt, H. war – anders als ¨ → Mozart, dessen Bedeutung einer gr¨oßeren Offentlichkeit erst nach seinem Tod bekannt wurde – eine internationale Ber¨uhmtheit. H.s enge Verbindung zum Haus Esterh´azy zeigte sich selbst in den von H.s beiden Reisen nach London bestimmten Jahren 1791-95. Nach dem Tod des F¨ursten Nikolaus 1790 u¨ bernahm dessen Sohn, F¨urst Anton, H. bei vollen Bez¨ugen, aber ohne Verpflichtungen. H. schloß mit dem in London als Kon-

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zertmanager lebenden Geiger Johann Peter → Salomon einen Vertrag u¨ ber die Komposition und Auff¨uhrung verschiedener Werke, darunter sechs Symphonien. Von Januar 1791 bis Ende Juni 1792 hielt er sich in England auf, vom dortigen Publikum gefeiert und mit der Ehrendoktorw¨urde der Univ. Oxford ausgezeichnet. Wichtigster musikalischer Eindruck waren die → H¨andel-Ged¨achtnisfeiern im Mai 1791, ¨ bei denen H. die Oratorien Messias und Israel in Agypten h¨orte. Die zweite London-Reise trat H. im Januar 1794 an; er f¨uhrte dort eine zweite Serie von sechs Symphonien auf und kehrte im August 1795 zur¨uck; die zw¨olf Londoner Symphonien (Nr. 93-104) bedeuten den unmittelbaren Ertrag dieser Londoner Jahre. In den letzten Jahren aktiven Schaffens – F¨urst Nikolaus II. → Esterh´azy verlangte von H. als kapellmeisterlichen Dienst vor allem eine j¨ahrliche Meßkomposition anl¨aßlich des Geburtstags der F¨urstin – entstanden die Heiligmesse, Paukenmesse, Nelsonmesse, Theresienmesse, Sch¨opfungsmesse und die Harmoniemesse. Auf Libretti von Gottfried van → Swieten (Direktor der Wiener Hofbibliothek) und unter dem Einfluß der H¨andelschen Oratorienkompositionen schrieb H. 1798 Die Sch¨opfung und 1801 Die Jahreszeiten, großbesetzte Werke, in denen Charakteristika des italienischen Oratoriums und H.s symphonischer Sp¨atstil eine u¨ berzeugende Einheit bildeten. Zu den wichtigen Kammermusikwerken aus H.s sp¨ateren Jahren geh¨oren die Apponyi-Quartette op. 74, die Erd¨odyQuartette op. 76 (darin das sogenannte Kaiserquartett op. 76 / 3) und die Lobkowitz-Quartette op. 77, außerdem Klaviertrios, Lieder und Bearbeitungen englischer Volkslieder. In H.s letzten Lebensjahren gab es erste Bem¨uhungen um das Sichten und Sammeln seiner Werke (so u. a. das HaydnVerzeichnis durch H.s Kopisten Johann → Elßler, die Œuvres complettes in 12 (!) B¨anden durch den Verlag Breitkopf & H¨artel, Leipzig, und eine Ausgabe der Streichquartette bei Pleyel, Paris). Von biographischer Bedeutung war die Korrespondenz des s¨achsischen Legationsrats Georg August → Griesinger mit Breitkopf & H¨artel, waren aber auch die durch Albert Christoph → Dies gesammelten m¨undlichen ¨ Uberlieferungen. H. starb 1809 in Wien. H., in ungl¨ucklicher Ehe mit Maria Anna Aloysia Apollonia Keller verheiratet (gestorben 1800), und seit 1779 in langj¨ahriger Verbindung zu der S¨angerin Luigia Polzelli stehend, litt immer wieder unter der Enge seines Wirkungskreises in Eisenstadt / Eszterh´aza. So schrieb er 1791 aus London an die ihm befreundete Marianne von Genzinger: „. . . wie S¨uss schmeckt doch eine gewisse freyheit, ich hatte einen guten F¨ursten, muste aber zu zeiten von niedrigen Seelen abhangen, ich seufzte oft um Erl¨osung, nun habe ich Sie einiger massen . . .“. Von gr¨oßter Bedeutung f¨ur seine kompositorische Entwicklung war die Bekanntschaft mit Mozart, der seit 1781 in Wien lebte und in der zweiten H¨alfte der achtziger Jahre engeren Kontakt mit H. hatte. Der junge → Beethoven – H. hatte ihn auf dem R¨uckweg von seiner ersten Londoner Reise 1792 in Bonn kennengelernt – kam im November 1792 als Sch¨uler H.s nach Wien; das LehrerSch¨uler-Verh¨altnis war aber nur von kurzer Dauer. In dem ber¨uhmten Diktum anl¨aßlich von Beethovens Abreise nach Wien („Durch ununterbrochenen Fleiß erhalten Sie Mozart’s Geist aus Haydens H¨anden“) stellt Graf Ferdinand von → Waldstein die sp¨ater als „klassische Trias“ bezeichneten Komponisten in einen Zusammenhang. W¨ahrend Beethoven in vielem u¨ ber diese Trinit¨at hinausweist, ist die Bedeutung H.s und Mozarts als Begr¨under der „Wiener Klassik“ unstrittig. WERKE: J. H.s Werke. Hrsg. v. Eusebius Mandyczewski u. a. 11 Bde., Leipzig 1907-33. – J. H. Kritische Gesamt-

Hayek ausgabe. Hrsg. v. Jens Peter Larsen. 4 Bde., Boston / Wien 1950 / 51. – J. H. Werke. Hrsg. v. J. H.-Institut K¨oln. Bisher 85 Bde. M¨unchen 1958 ff. – The collected correspondence and London notebooks of J. H. Hrsg. v. Howard Chandler Robbins Landon. London 1959. – J. H. Gesammelte Briefe und Aufzeichnungen. Hrsg. v. D´enes Bartha. Kassel 1965. – Bibliographische Erg¨anzungen s. Haydn-Studien 5 und 8. LITERATUR: Albert Christoph Dies: Biographische Nachrichten von J. H. Wien 1810 (neu hrsg. v. Horst Seeger. Berlin 1959 und Kassel 1964). – Carl Ferdinand Pohl: J. H. (Biographie). Bd. 1, Berlin 1875. Bd. 2, Leipzig 1882. Bd. 3 (unter Benutzung der von Carl Ferdinand Pohl hinterlassenen Materialien weitergef¨uhrt v. Hugo Botstiber), Leipzig 1927 (Reprint Wiesbaden 1970 / 71). – Karl Geiringer: H. A creative life in music. New York 1946. Dt.: J. H. Der sch¨opferische Werdegang eines Meisters der Klassik. Mainz 1959, 21986. – Anthony van Hoboken: J. H. Thematisch-bibliographisches Werkverzeichnis. 3 Bde., Mainz 1957-78. – The H. Yearbook / Das H. Jahrbuch. Hrsg. v. H. C. Robbins Landon. Bisher 22 Bde. 1962 ff. – H.Studien. Ver¨offentlichungen des J. H.-Instituts K¨oln. Bisher 8 Bde. M¨unchen 1965 ff., einzelne Hefte zugleich HaydnBibliographie. Bibliographie seit 2002 unter www.haydninstitut.de. – H. C. Robbins Landon: H. Chronicle and works. 5 Bde., London 1976-80. – Karl F. Stock / Rudolf Heilinger / Maryl`ene Stock: H.-Bibliographie. Bibliographiever¨ zeichnisse großer Osterreicher in Einzelb¨anden. Selbst¨andige und versteckte Bibliographien und Nachschlagewerke zu Leben und Werk der Br¨uder Joseph und Michael Haydn. Graz 1991. – Jens Peter Larsen / Georg Feder: H. Aus dem Englischen v. Ullrich Scheideler. Stuttgart 1994. – Harald Haslmayr: J. H. Sein Werk, sein Leben. Wien 1999. – Ludwig Finscher: J. H. und seine Zeit. Laber 2000. Dorothee G¨obel

Haydn, (Johann) Michael, o¨ sterr. Komponist, * 13. 9. 1737 Rohrau / Leitha, † 10. 8. 1806 Salzburg. Der Bruder Joseph → H.s kam um 1745 als S¨angerknabe an das Kapellhaus von St. Stephan in Wien und stieg bald zum Solisten auf. Er erhielt Unterricht in Geige, Klavier, Orgel und Musiktheorie, spielte bei Gottesdiensten die Orgel und wurde nach dem Stimmbruch entlassen. Seit 1757 Mitglied der Kapelle des Bischofs von Großwardein, wurde er 1760 dort Kapellmeister, 1762 in Preßburg und folgte 1763 der Berufung als „Hofmusicus und Concertmeister“ nach Salzburg, wo er vermutlich den Vizehofkapellmeister Leopold → Mozart w¨ahrend seiner ausgedehnten Reisen vertreten sollte. 1777 wurde er Nachfolger Anton Cajetan → Adelgassers als Organist an der Dreifaltigkeitskirche, 1781 Nachfolger Wolfgang Amadeus → Mozarts als Hof- und Domorganist in Salzburg. Er unterrichtete Geige, nach Leopold Mozarts Tod auch Klavier am Kapellhaus, pflegte Kontakte zu den Benediktinerstiften St. Peter und Michaelbeuren und war mit Pater Werigand → Rettensteiner befreundet. H. reiste 1798 und 1801 nach Wien und komponierte auch f¨ur den spanischen Hof sowie f¨ur Kaiserin → Maria Theresia (u. a. Missa sub titulo S. Francisci Seraphici, 1803). Neben geistlicher Musik, insbesondere Kantatenmessen w¨ahrend der Amtszeit in Großwardein und deutscher Kirchenmusik in Salzburg (Der heilig Gesang zum Gottesdienste [. . .], 1790; Deutsche Messe, 1795), die im gesamten Habsburgerreich Verbeitung fanden, schuf er B¨uhnen- und Instrumentalwerke, darunter 46 Symphonien. Mit den ersten Quartetten f¨ur M¨annerstimme gilt H. als Begr¨under des M¨annerchors. Er befaßte sich auch mit Sprachen, Geschichte und Naturwissenschaften. H. war seit 1767 mit der Hofs¨angerin Maria Magdalena Lipp (→ Haydn-Lipp) verheiratet. Zu seinen Sch¨ulern z¨ahlte u. a. Carl Maria von → Weber. C MGG

Haydn-Lipp, Maria Magdalena, geb. Lipp, o¨ sterr. S¨angerin, * 1745 Salzburg, † Juni 1827 Salzburg. Die Tochter des Salzburger Domorganisten Franz Ignaz Lipp wurde auf Kosten des Salzburger Erzbischofs in Venedig zur Sopranistin ausgebildet und 1765 als Hofsingerin am Erzbisch¨oflichen Hof in Salzburg angestellt. → Mozart schrieb f¨ur sie das Regina coeli (KV 127). In der Urauff¨uhrung seiner Oper La finta semplice sang sie die Rosina. H.-L., seit 1768 mit Michael → Haydn verheiratet, wurde 1803 C Kutsch pensioniert. Hayduck, Friedrich, auch Fritz H., Chemiker, * 2. 12. 1880 Marienburg (Westpreußen), † 22. 1. 1961 Wiesbaden. H., Sohn eines Gymnasialdirektors und Neffe Max → H.s, studierte Chemie, Physik und Botanik an den Universit¨aten Leipzig und Berlin und war nach der Promotion 1904 (Ueber Versuche zur Darstellung eines Tetraoxyindigos) Assistent, seit 1906 Oberassistent am Institut f¨ur G¨arungschemie, an der er 1912 Abteilungsvorstand wurde. Seit 1920 o. Prof. der chemischen Technologie an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin, war er 1922-33 Direktor des staatlichen Instituts f¨ur G¨arungsgewerbe und gleichzeitig Prof., seit 1931 o. Prof. des G¨arungsgewerbes an der Landwirtschaftlichen Hochschule. H. wechselte 1933 in die Brauindustrie, lehrte daneben an der Univ. Berlin und war seit 1945 freier Wissenschaftler. Er gab wissenschaftliche Zeitschriften, Schriftenreihen und Sammelwerke (u. a. Encyclop¨adisches Handbuch der technischen Chemie. Erg¨anzungswerk, 2 Bde., 1915-22) heraus, entwickelte das Verfahren der Massenz¨uchtung von ¨ Mineralhefe (1920) und entdeckte den Athylalkohol zur Treibstoffveredelung. C NDB Hayduck, Max, Chemiker, * 22. 8. 1842 Stralsund, † 5. 10. 1899 Berlin. H., Sohn eines Oberstleutnants, studierte Pharmazie und Chemie an der Univ. Greifswald, wurde nach der Promotion 1874 (Ueber die Orthoamidotoluolparasulfos¨aure) Assistent am organischen Labor der Gewerbe-Akademie Berlin und war sp¨ater Lehrer in Landsberg / Warthe und Potsdam. 1879 trat er in die Versuchsanstalt des Vereins der Spiritusfabrikanten ein und wurde nach deren Zusammenschluß mit der Versuchs- und Lehranstalt f¨ur Brauerei zum Institut f¨ur G¨arungsgewerbe in Berlin Leiter des technischwissenschaftlichen Labors sowie Lehrer der Chemie und Physik. H. gilt als Mitbegr¨under der wissenschaftlichen G¨arungschemie und -technologie, wies u. a. erstmals den Zusammenhang von G¨arkraft und Eiweißgehalt der Hefe nach und f¨uhrte systematische Ern¨ahrungsversuche mit Hefe durch. Er war ein Onkel von Friedrich → H. C NDB Hayek, August (Gustav Joseph) Edler von, o¨ sterr. Botaniker, * 14. 12. 1871 Wien, † 11. 6. 1928 Wien. H., Sohn eines Professors der Naturgeschichte an einem Realobergymnasium, studierte Medizin, wurde 1895 promoviert und trat 1898 in den Dienst der Stadt Wien. Das daneben betriebene Studium der Botanik Studien schloß er 1905 mit der Promotion ab. 1906 habilitierte er sich an der Univ. Wien f¨ur Pflanzengeographie, 1912 f¨ur systematische Botanik, lehrte seit 1922 an der Hochschule f¨ur Bodenkultur und wurde 1926 a. o. Professor. H. ver¨offentlichte u. a. ¨ Die Centaurea-Arten Osterreich-Ungarns (1901), Pflanzengeographie von Steiermark (1923) und Allgemeine Pflanzengeographie (1926). Er war der Vater von Heinrich von→ . C NDB Hayek, Erich, o¨ sterr. Chemiker, * 9. 7. 1904 Wien, † 12. 12. 1986 Innsbruck. H., Sohn von August von → H. und Bruder von Friedrich August und Heinrich von → H., studierte Chemie an der

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Hayek Univ. Wien und war nach der Promotion 1927 (Zur Kenntnis des Gleichgewichtes 3HNO2 = HNO3 + 2NO + H2O in den L¨osungen bis etwa 1 Normal) bis 1935 Assistent am I. Chemischen Institut. 1935 trat er in die IG Farbenindustrie ein, wo er bis zum Werksleiter der Donau-Chemie aufstieg. Seit 1945 Assistent an der Univ. Innsbruck, habilitierte er sich 1946 und wurde dort 1949 a. o., 1953 o. Prof. der anorganischen und analytischen Chemie. 1966 / 67 war er Rektor der Univ. Innsbruck (Rede 1966, Vom Geist der ¨ Chemie). H., der 1962 in die Osterreichische Akademie der Wissenschaften aufgenommen wurde, war u. a. Herausgeber der „Monatshefte f¨ur Chemie“ und 1970-73 Pr¨asident des ¨ Vereins Osterreichischer Chemiker. ¨ Akad, Jg. 137 C Almanach Ost

Hayek, Friedrich August von, o¨ sterr. Wirtschaftswissenschaftler, * 8. 5. 1899 Wien, † 23. 3. 1992 Freiburg / Breisgau. Seine Studien der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften schloß H., Sohn von August → von H., 1921 (Dr. jur.) und 1923 (Dr. rer. pol.) mit der Promotion an beiden Fakult¨aten ab. Seit 1921 arbeitete er unter Ludwig von → Mises als Sekret¨ar beim o¨ sterr. Abrechnungsamt f¨ur Vorkriegsschulden. 1923 / 24 verbrachte er rund vierzehn Monate in den USA, wo er u. a. an der New York und der Columbia University studierte. H. war 1927-31 Direktor des von ihm mit ¨ Mises gegr¨undeten Osterreichischen Instituts f¨ur Konjunkturforschung, habilitierte sich 1929 an der Univ. Wien und war 1931-50 Prof. an der London School of Economics and Political Science; 1938 wurde er britischer Staatsb¨urger. H. lehrte 1950-62 Moral and Social Sciences an der University of Chicago, war anschließend Prof. der Volkswirtschaftlehre an der Univ. Freiburg / Breisgau und wurde 1967 emeritiert. Danach hatte er zahlreiche Gastprofessuren inne, u. a. 1969-77 an der Univ. Salzburg. H. war ein Vertreter des Neoliberalismus und trat besonders durch wettbewerbs- und konjunkturtheoretische Arbeiten hervor. Er war 1947 Mitbegr¨under der Mont Pelerin Society und erhielt f¨ur seine Leistungen auf dem Gebiet der Geld-, Kapital- und Konjunkturtheorie 1974 zusammen mit Gunnar Myrdal den Nobelged¨achtnispreis f¨ur Wirtschaftswissenschaften. H.s Sozialphilosophie, die Einfl¨usse von Michael → Polanyi aufweist, versteht kulturellen Fortschritt als Bildung von Verhaltensregeln aufgrund des Wechselspiels von innovativen und imitierenden Handlungen (Law, legislation and liberty, 3 Bde., 1973-79; dt. Recht, Gesetzgebung und Freiheit, 1980 / 81, 2 1986). Eine funktionale Begr¨undung individueller Freiheit formulierte H. in seinem als „Philosophie der Freiheit“ verstandenen Werk The constitution of liberty (1960; dt. Die Verfassung der Freiheit, 1971, 31991). In die Wissenschaftstheorie f¨uhrte er die Theorie der Prinzipienerkl¨arung ein (Die Theorie komplexer Ph¨anomene, 1972), nach der alle Erkl¨arungen der Wirklichkeit nur die Muster oder Prinzipien der Erscheinungen betreffen. Zu seinen wichtigen Ver¨offentlichungen z¨ahlen ferner Geldtheorie und Konjunkturtheorie (1929, 21976), Prices and production (1931, 21935), The pure theory of capital (1941), The road to serfdom (1944; dt. Der Weg zur Knechtschaft, 1945), Individualism and economic order (1948; dt. Individualismus und wirtschaftliche Ordnung, 1952), Denationalization of money (1976; dt. Entnationalisierung des Geldes, 1977), Knowledge, evolution and society (1983) und The fatal conceit. The errors of socialism (1988; dt. Die verh¨angnisvolle Anmaßung. Die Irrt¨umer des Sozialismus, 1996). C Hagemann Hayek, Heinrich von, o¨ sterr. Mediziner, * 29. 10. 1900 Wien, † 28. 9. 1969 Wien. Der Sohn August von → H.s war nach der Promotion an der Univ. Wien 1924 Assistent seines Lehrers Ferdinand → Hochstetter und schloß die 1929 zoologischen Studien

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mit der Promotion ab (Ueber das Schicksal des Proatlas und u¨ ber die Entwicklung der Kopfgelenke bei Reptilien und V¨ogeln). 1929 wurde er Mitarbeiter des Anatomischen Instituts der Univ. Rostock, habilitierte sich dort 1930 (Darmdach, Chorda und Hypochorda, Bursa pharyngea und a¨ hnliche Bildungen in der Reihe der Wirbeltiere) und wurde 1935 a. o. Professor. Im selben Jahr ging er als o. Prof. an die Univ. Schanghai und lehrte 1938-52 an der Univ. W¨urzburg, danach an der Univ. Wien. 1959 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. H. befaßte sich vor allem mit der Anatomie der Lunge, ver¨offentlichte u. a. Die menschliche Lunge (1953, 21970, engl. 1970) und bearbeitete seit der 23. Auflage (1957-61) den Anatomischen ¨ Atlas f¨ur Studierende und Arzte von Carl → Toldt und Ferdinand Hochstetter neu. C Czeike

Hayen, Heinrich Wilhelm, Jurist, * 2. 8. 1791 Oldenburg, † 25. 3. 1854 Oldenburg. H., Sohn eines Schreibers und sp¨ateren Kammerrevisors, studierte seit 1808 Rechtswissenschaft an den Universit¨aten Jena, Heidelberg und Dijon, kehrte 1812 als Advokat nach Oldenburg zur¨uck und wurde 1815 beim dortigen Landgericht, 1817 beim Oberappellationsgericht zugelassen. 1820 trat er als Assessor in den oldenburgischen Justizdienst ein, war 1827-42 Mitglied des Generaldirektoriums f¨ur das Armenwesen und wurde 1828 Mitglied des Konsistoriums, 1830 Kanzleirat. H. geh¨orte 1833-36 dem Direktorat des Schullehrerseminars an und wurde 1840 unter Ernennung zum Geheimen Hofrat Mitglied der Justizkanzlei. Seit 1842 Vorsitzender des Garnisonsgerichts, 1842-44 Landvogt in Oldenburg, wurde er 1847 Vizepr¨asident des Oldenburger Oberappellationsgerichts. Sein Briefwechsel u¨ ber die Einrichtung von Geschworenengerichten mit Christian Diedrich von → Buttel erschien 1843 (Der Richter als Geschworener?). C Oldenburg Hayler, Franz, Kaufmann, Wirtschaftsfunktion¨ar, * 29. 8. 1900 Schwarzenfeld (Oberpfalz), † 11. 9. 1972 Aschau (Chiemgau). H., Sohn eines Arztes, nahm als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil, beteiligte sich als Freikorpsk¨ampfer an der Niederschlagung der M¨unchner R¨aterepublik wie an den K¨ampfen im Ruhrgebiet und in Oberschlesien, trat als Student der Staatswissenschaften 1923 der NSDAP bei und war am Hitler-Putsch beteiligt. Es folgten T¨atigkeiten in kaufm¨annischen Betrieben sowie im Bankfach (1924 / 25), bei einer Treuhandgesellschaft (1925 / 26) und einer M¨unchner Finanzbeh¨orde (1926 / 27). 1926 wurde er an der Univ. W¨urzburg mit der Arbeit Die deutsche Film-Industrie und ihre Bedeutung f¨ur Deutschlands Handel promoviert und machte sich 1927 als Kaufmann mit einer Lebensmittelhandlung selbst¨andig. 1931 trat H. erneut in die NSDAP ein und wurde 1934 Mitglied der SS. Als Reichsbeauftragter f¨ur den Deutschen Einzelhandel (1934-38) wurde er 1938 Wehrwirtschaftsf¨uhrer und war bis 1945 Leiter der Reichsgruppe Handel. H. geh¨orte den dem Engeren Beirat der Deutschen Reichsbank (1938-45) und den Aufsichtsr¨aten der Lebensversicherungs-Gesellschaft Berlin, der Industriebank Berlin und der Kontinentalen Oel AG (1941-45) an. Nach der Kriegsteilnahme 1940-42 wurde H. Mitglied des Reichstags und war seit 1943 im Reichswirtschaftsministerium t¨atig, 1944 / 45 als Staatssekret¨ar. Als Zeuge sagte er 1946 im N¨urnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß aus. Sp¨ater war H. Inhaber und Leiter der Ex- und Importfirma Hayler GmbH in M¨unchen. C Lilla, Statisten

Haym, (Paul Theodor) Rudolf, Publizist, Germanist, * 5. 10. 1821 Gr¨unberg (Schlesien), † 27. 8. 1901 St. Anton / Arlberg (Tirol). H., Sohn eines B¨urgerschulkonrektors, studierte seit 1839 Theologie, Semitische und Klassische Philologie und Philo-

Haynau sophie in Halle / Saale, seit 1842 Philologe in Berlin und war nach der Promotion und dem Staatsexamen 1843 vor¨ubergehend Gymnasiallehrer in Berlin. Als Gegner der orthodoxen Kirchenpolitik von K¨onig → Friedrich Wilhelm IV. konnte er eine Habilitation in Halle 1845 zun¨achst nicht abschließen und ließ sich als politischer Publizist in Berlin nieder. Unter dem Einfluß Max → Dunckers schloß er sich in der Frankfurter Nationalversammlung 1848 dem rechten Zentrum an (Die deutsche Nationalversammlung, 3 Bde. 1848-50). 1850 als Redakteur der „Constitutionellen Zeitung“ aus Berlin ausgewiesen, ging er nach Halle, wo er 1851 Privatdozent wurde. 1858 gr¨undete er die „Preußischen Jahrb¨ucher“, die er bis 1864 herausgab und redigierte; in ihnen ver¨offentlichte er zahlreiche politische und historische Essays. 1860 wurde H. a. o., 1868 o. Prof. der Literaturgeschichte in Halle (1873 / 74 Rektor) und war 1866 / 67 liberales Mitglied des Abgeordnetenhauses. Zu seinen Hauptwerken z¨ahlen Die romantische Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Geistes (1870, 51928, Neudr. 1961) und Herder nach seinem Leben und seinen Werken dargestellt (2 Bde., 1880-85, Neudr. 1954, 21958). H.s Erinnerungen Aus meinem Leben wurden 1902 aus dem Nachlaß herausgegeben. C Killy

Haymann, Franz (Karl Abraham Samuel), Jurist, * 25. 8. 1874 Frankfurt / Main, † 26. 8. 1947 Oxford. H., Sohn eines Kaufmanns, studierte Rechtswissenschaft und Philosophie in Lausanne, Straßburg und Berlin, wurde 1897 promoviert (Der Begriff der Volont´e g´en´erale als Fundament der Rousseauschen Lehre von der Souver¨anit¨at des Volks) und befaßte sich zun¨achst u¨ berwiegend mit Rechtsphilosophie, vor allem mit Rousseau (Jean Jacques Rousseau’s Sozialphilosophie, 1898). Er trat in den Staatsdienst ein und wurde 1905 Richter am Landgericht Frankfurt / Main, 1909 Amtsrichter und 1910 Landrichter. 1907 habilitierte sich H. an der Akademie f¨ur Sozial- und Handelswissenschaften in Frankfurt f¨ur B¨urgerliches Recht und Rechtsphilosophie, war Privatdozent, wurde 1914 a. o. Prof. des R¨omischen und B¨urgerlichen Rechts und der Rechtsphilosophie an der Univ. Rostock, 1919 Ordinarius und wechselte 1923 an die Univ. K¨oln. 1935 von seinem Lehrstuhl vertrieben, gelang ihm 1938 die Flucht aus Deutschland. H. ver¨offentlichte u. a. Leistung und Gegenleistung im Versicherungsvertrag (1933). C NDB Haymerle, Heinrich Karl Frh. von, o¨ sterr. Diplomat, * 7. 12. 1828 Wien, † 10. 10. 1881 Wien. Ausgebildet an der Orientalischen Akademie in Wien, kam H., Sohn eines Hofkriegsagenten und Agenten des Deutschen Ritterordens, 1850 als Dolmetsch-Adjunkt nach Konstantinopel und wurde 1857 Legationssekret¨ar in Athen, 1861 in Dresden und 1862 in Kopenhagen. Seit 1864 war er Gesch¨aftstr¨ager in Kopenhagen, 1865 Legationsrat am Bundestag in Frankfurt und nach Kriegsende 1866 in Berlin. 1868 erneut nach Konstantinopel beordert, war er seit 1869 Gesandter in Athen, seit 1872 in Den Haag. H. wurde 1876 in den Freiherrenstand erhoben und war 1877-79 o¨ sterr. Botschafter in Italien. Als Nachfolger Gyula → Andr´assys wurde er 1879 Minister des kaiserlichen Hauses und des ¨ Außeren. H. schloß das Drei-Kaiser-B¨undnis 1881 ab und bereitete den Dreibund mit Deutschland und Italien vor. C NDB

Hayn, Friedrich (Karl Traugott), Astronom, * 14. 5. 1863 Auerbach bei Zwickau, † 9. 9. 1928 Leipzig. H., Sohn eines Pfarrers, studierte in Leipzig und G¨ottingen, wurde 1888 promoviert (Bahnbestimmung des Cometen 1862 III) und war seit 1890 Assistent, sp¨ater Observator an der Leipziger Universit¨atssternwarte. Er unternahm eine zweij¨ahrige Expedition zu den deutschen Kolonien in der S¨udsee und f¨uhrte in Zusammenarbeit mit

der kaiserlichen Marine geographische Ortsbestimmungen durch. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs leitete er Wetterwarten in Rußland und Belgien. H. lehnte eine Berufung als o. Prof. an die Univ. K¨onigsberg ab. Um 1900 geh¨orte er zu den f¨uhrenden Astronomen, die sich mit Mondvermessung befaßten. In seinem Hauptwerk Selenographische Koordinaten I-IV (in: Abhandlungen der K¨oniglichen S¨achsischen Akademie der Wissenschaften, Mathematischnaturwissenschaftliche Klasse 27-33, 1902-14) legte er u. a. ein bis 1960 g¨ultiges, auf photographischem Weg entstandenes Mondprofil vor. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Astronomische Ortsbestimmungen im deutschen Schutzgebiete der S¨udsee (1897) und Der Sternhaufen Praesepe (1927). C NDB

Hayn, Henriette Louise von, Dichterin, * 22. 5. 1724 Idstein (Hessen), † 27. 8. 1782 Herrnhut. Als fromme Jugendliche lernte H., Tochter eines herzoglichen Oberj¨agermeisters, die Schriften Nikolaus Ludwig Graf von → Zinzendorfs kennen und schloß sich der Herrnhuter Br¨udergemeine in ihrer neuerrichteten Siedlung Herrnhaag in der Wetterau an. 1744 trat sie ins Ledige Schwesternhaus ein, wurde 1746 Erzieherin in der Br¨udergemeine und siedelte mit ihr 1750 nach Großhennersdorf und 1751 nach Herrnhut u¨ ber, wo sie bis an ihr Lebensende Pflegerin der ledigen Schwestern blieb. Von ihren zahlreichen Kirchenliedern wurden 28, darunter Weil ich Jesu Sch¨aflein bin [. . .], in das Br¨udergesangbuch von 1778 aufgenommen. Ein autobiographischer Bericht der humanistisch gebildeten H. erschien in den „Nachrichten“ der Br¨udergemeine 1846. C BBKL Haynau, Friedrich Wilhelm Karl Eduard Frh. von, Milit¨ar, * 5. 12. 1804 M¨unchen, † 24. 1. 1863 Kassel. Seit seiner Jugend in kurf¨urstlich-hessischen Milit¨ardiensten, war H., Sohn Wilhelm Karl von → H.s, 1834-36 Fl¨ugeladjutant des Kurprinzen, nahm 1849 am Feldzug gegen D¨anemark teil und leitete seit 1850 das hessische Kriegsministerium im Kabinett → Hassenpflug. Seit 1853 Generalmajor und Kriegsminister, trat er 1855 nach gescheiterter Verfassungsreform gemeinsam mit Hassenpflug zur¨uck und wurde Kommandant von Kassel; 1857 erfolgte seine Ernennung zum Generalleutnant. H. wurde, nachdem er in ein Duell verwickelt war, pensioniert und nahm sich kurz darauf das Leben. C ADB Haynau, Julius Heinrich Friedrich Ludwig Frh. von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 14. 10. 1786 Kassel, † 14. 3. 1853 Wien. Der Sohn des sp¨ateren Kurf¨ursten → Wilhelm I. von HessenKassel und Bruder Wilhelm Karl von → H.s trat 1801 in das o¨ sterr. Heer ein, nahm an den Feldz¨ugen 1806, 1809 und 1813-15 teil und wurde 1835 Generalmajor, 1844 Feldmarschalleutnant. 1849 schlug er den Aufstand in Brescia nieder und wurde unter Ernennung zum Feldzeugmeister als Armeekommandant nach Ungarn versetzt. H. beendete mit der Schlacht bei Temesv´ar im August 1849 den ungarischen Aufstand und war bis 1850 Generalgouverneur in Ungarn. C NDB Haynau, Wilhelm Karl Frh. von, Milit¨ar, * 24. 12. 1779 Hanau, † 21. 1. 1856 Kassel. Der „nat¨urliche“ Sohn des sp¨ateren Kurf¨ursten → Wilhelm I. von Hessen-Kassel und Bruder Julius Jacob von → H.s trat fr¨uh in den Milit¨ardienst, kommandierte 1814 die kurhessischen Truppen und war seit 1835 Division¨ar der Infanterie. 1847 in den Ruhestand versetzt, wurde er 1850 im hessischen Verfassungsstreit als Oberbefehlshaber der kurhessischen Truppen reaktiviert, um gemeinsam mit seinem Sohn Friedrich Wilhelm Karl Eduard → von H. den Kriegszustand durchzusetzen. Der Einmarsch o¨ sterr. und bayerischer Truppen setzte seinen Aktivit¨aten ein Ende. C ADB

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Hayne Hayne, Anton, o¨ sterr. Veterin¨armediziner, Maler, * 17. 1. 1786 Krainburg (Krain), † 24. 8. 1853 Wien. Nach einer chirurgischen Lehre studierte H., Sohn eines Arztes und Geburtshelfers, seit 1806 an der k. k. Josephs-Akademie in Wien, wurde 1811 Korrepetitor am „Thierarznei-Institut“ in Wien und folgte 1813 einem Ruf als Prof. der Tierseuchenlehre an die Chirurgisch-Medizinische Lehranstalt in Olm¨utz. 1820 wurde er Landestierarzt von M¨ahren, kehrte 1822 an das „Thierarznei-Institut“ in Wien zur¨uck, lehrte dort bis 1852 als o. Prof. pathologische Anatomie, Pathologie, Innere Medizin, Seuchen- und Arzneimittellehre und leitete die Medizinische Klinik. H. erkannte unabh¨angig von Ignaz → Semmelweis die Ursachen des Kindbettfiebers. Er ver¨offentlichte u. a. Theoretischpraktische Darstellung der in der Thierheilkunde bew¨ahrten di¨atetischen, pharmaceutischen und chirurgischen Heilmittel nach ihrer Natur, ihren Wirkungen und ihrem Gebrauch (2 Bde., 1831, 21833), Die Seuchen der nutzbaren Hauss¨augethiere (1836) und Handbuch u¨ ber die besondere Krankheits-Erkenntniß- und Heilungslehre der sporadischen und seuchenartigen Krankheiten der nutzbaren Hausthiere [. . .] und Vergleichung mit den Leiden der Menschen (1844). 1828-40 stellte er eigene Landschaftsgem¨alde in der Akademie der bildenden K¨unste in Wien aus. C NDB Hayneccius, Martinus, eigentl. Martin Heinecke, P¨adagoge, Schriftsteller, * 10. 8. 1544 Borna bei Leipzig, † 28. 4. 1611 Grimma (Sachsen). H., Sohn eines Kantors und Rektors der Lateinschule, sp¨ateren Stadtrichters und B¨urgermeisters in Borna, besuchte die F¨urstenschule Grimma, studierte 1562-70 Philologie in Leipzig und wurde nach Erwerb des Magistergrads Lehrer. Zwischenzeitlich lebte er als Privatgelehrter in Rochlitz und war seit 1585 Rektor der Martinsschule in Braunschweig, 1588-1610 der F¨urstenschule Grimma. H. gab Dramen des Terenz heraus, u¨ bersetzte die Captivi (1582) des Plautus und schrieb lateinische Schuldramen, die er selbst in die Volkssprache u¨ bersetzte, u. a. Hansoframa sive Momoscopus (1582, dt. Hans Pfriem, oder Meister Kecks, 1582). C Killy Hayner, Christian August F¨urchtegott, Psychiater, * 22. 12. 1775 Beucha bei Borna, † 10. 5. 1837 Colditz (Sachsen). H. studierte zun¨achst Theologie, sp¨ater Medizin in Erlangen, Jena und Leipzig, praktizierte nach der Promotion 1798 in Mittweida, ließ sich als Apothekenbesitzer in Eisleben nieder und kehrte 1805 nach Mittweida zur¨uck. Vor dem Antritt seiner Stelle als Arzt im Zucht-, Armen- und Waisenhaus Waldheim 1807 machte er eine Studienreise nach Paris und u¨ bernahm 1824 zus¨atzlich die medizinische Betreuung der Waisen-Erziehungsanstalt in Br¨audorf. 1829 wurde er leitender Arzt, 1834 Direktor der neuerrichteten Landesversorgungsanstalt f¨ur als unheilbar geltende psychisch Kranke, in der diese erstmals getrennt von Kriminellen, Waisen und Armen lebten. H. stellte Pflegepersonal anstatt der u¨ blichen strafgefangenen W¨arter ein und bildete sie aus, f¨uhrte die Gummizelle („Pallisadenzimmer“) ein und forderte als einer der ersten eine gewaltfreie menschliche Behandlung der Kranken. H. ver¨offentlichte u. a. Aufforderung [. . .] zur Abstellung einiger schwerer Gebrechen in der Behandlung der Irren (1817). C Deutsche Irr, Bd 1 Hayo, Johannes, Franziskaner, * Schottland, † 8. 9. 1590 ’s-Heerenberg. H. wurde 1550 in der Provinz Scotia Franziskaner, floh nach der Reformation in Schottland 1559 nach Deutschland und trat zur K¨olner Provinz u¨ ber. Hier festigte er die durch die Reformation ersch¨utterte Ordenszucht, sicherte den Erhalt

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der Provinz und wurde von Francisco de Gonzaga zum Generalkommissar der deutsch-belgischen Provinzen erhoben. Papst Gregor XIII. ernannte ihn 1581 zum Apostolischen Kommissar. H. gewann die Konvente Nimwegen und Limburg zur¨uck, gr¨undete das Olivenkloster in K¨oln und f¨uhrte als Provinzial (1585-89) und Visitator der Niederlande die Reformbeschl¨usse von Br¨uhl (1584) durch. Er schrieb Provinciae Scotiae exordium, progressus et finis (1585). H. starb in niederl¨andischer Haft. C NDB

Hazzi, Joseph Ritter von, Staatsmann, * 12. 2. 1768 Abensberg, † 20. 5. 1845 Elkofen bei Grafing (Oberbayern). H., Sohn eines Maurermeisters, studierte an der Univ. Ingolstadt Rechtswissenschaft, trat in den bayerischen Staatsdienst ein und wurde 1792 Hofkammer- und Fiskalrat in M¨unchen. Im Zuge der Verwaltungsreform 1799 wurde er Rat in der neuerrichteten Generallandesdirektion. Als Marschkommissar seit 1800 Mitarbeiter Moreaus, war H. f¨uhrend an der Einrichtung des bayerischen Topographischen B¨uros beteiligt, bereiste 1801 / 02 Frankreich, Italien und die Schweiz und wurde 1805 ins franz¨osische Hauptquartier berufen. 1811 kehrte er in den bayerischen Staatsdienst zur¨uck, widmete sich u¨ berwiegend der Agrarpolitik, war 1818-35 Vorstand des Landwirtschaftlichen Vereins in Deutschland und redigierte dessen Wochenblatt. H. wurde 1816 nobili¨ tiert. Er schrieb u. a. Uber den D¨unger (1821). C NDB

Heartfield, John, eigentl. Helmut (Franz Josef) Herzfeld, Graphiker, B¨uhnenbildner, * 19. 6. 1891 Berlin, † 26. 4. 1968 Berlin. H. war der Sohn einer Textilarbeiterin und des Schriftstellers Franz → Herzfeld, der nach einer Verurteilung wegen „Gottesl¨asterung“ 1895 mit seiner Familie in die Schweiz floh und dann Zuflucht bei Aigen in der N¨ahe von Salzburg fand. Die von den Eltern 1899 verlassenen Kinder wurden von dem Ehepaar Varnschein aufgenommen. H. begann 1905 eine Buchh¨andlerlehre in Wiesbaden, erhielt dort Malunterricht bei Hermann Bouffier, studierte 1908-11 an der Kgl. Kunstgewerbeschule in M¨unchen (u. a. bei Maximilian → Dasio und Julius → Diez), arbeitete als Werbegraphiker in Mannheim und nahm 1913 das Studium an der Kunstund Handwerkerschule in Charlottenburg auf. 1914 / 15 leistete er Milit¨ardienst. Er hatte Kontakt mit den Kreisen um Herwarth → Walden und Franz → Pfemfert. Zusammen mit seinem Bruder Wieland → Herzfelde gr¨undete H., der sich aus Protest gegen den wilhelminischen Chauvinismus seit 1916 John Heartfield nannte, die Zeitschrift „Neue Jugend“ (sie u¨ bernahmen den Namen einer 1914 erschienenen Zeitschrift), die noch im selben Jahr verboten wurde, und 1917 den Malik-Verlag. 1918 wurde H. Mitglied des Berliner „Club Dada“, dann der KPD, war Mitherausgeber von „Jedermann sein eigener Fußball“, gr¨undete mit Herzfelde und George → Grosz die satirische Zeitschrift „Die Pleite“ und verfaßte mit Grosz den programmatischen Aufsatz „Der Kunstlump“. Bereits an der ersten Dada-Ausstellung im Kunstkabinett I. B. Neumann beteiligt, trat er („MonteurDada“) seit 1920 bei Veranstaltungen der Berliner DadaGruppe auf, gestaltete mit Grosz dadaistische Klebebilder und entwickelte die k¨unstlerische Form der politischen Photomontage (u. a. Nach 10 Jahren – Vater und S¨ohne, 1924). Daneben entwarf H. B¨uhnenbilder f¨ur Erwin

Hebbel → Piscators „Proletarisches Theater“, war bis 1922 Ausstattungsleiter der B¨uhnen Max → Reinhardts in Berlin und gestaltete Einb¨ande und Schutzumschl¨age f¨ur verschiedene Verlage. 1924 war er Mitbegr¨under der „Roten Gruppe“, arbeitete seit 1927 f¨ur das Graphische Atelier der KPD, schuf zahlreiche Plakate (u. a. 5 Finger hat die Hand) und ver¨offentlichte 1929 mit Kurt → Tucholsky das Buch Deutschland, Deutschland u¨ ber alles. 1930 wurde H. st¨andiger Mitarbeiter der „Arbeiter-Illustrierten Zeitung“ (AIZ), f¨ur die er zahlreiche Photomontagen gestaltete, darunter Krieg und Leichen – die letzte Hoffnung der Reichen und Der Sinn des Hitlergrußes (beide 1932). 1931 / 32 hielt er sich in der Sowjetunion auf und befreundete sich mit Sergej Tretjakow, der 1936 mit Solomon Telingater die erste H.-Monographie ver¨offentlichte. 1933 emigrierte H. nach Prag, setzte in der AIZ (sp¨ater „Volks-Illustrierte“) seinen Kampf gegen Faschismus und Krieg fort (u. a. Der alte Wahlspruch im „neuen“ Reich: Blut und Eisen, 1934) und floh 1938 nach London, wo er als Graphiker f¨ur Verlage und als Programmgestalter und B¨uhnenbildner f¨ur den „Freien Deutschen Kulturbund“ t¨atig war. 1940 wurde er als „feindlicher Ausl¨ander“ f¨ur sechs Wochen in drei verschiedenen Lagern interniert. 1950 kehrte H. nach Deutschland zur¨uck, lebte zun¨achst in Leipzig, dann in Berlin und arbeitete – zeitweilig zusammen mit seinem Bruder Wieland – f¨ur Verlage, Theater (u. a. f¨ur Bertolt → Brechts Berliner Ensemble und Wolfgang → Langhoffs Deutsches Theater) und Organisationen der DDR. Wegen seiner Vergangenheit als „Vers¨ohnler“, Mitarbeiter → M¨unzenbergs und Beziehungen zu „Renegaten“ sowie als „Formalist“ in der DDR anf¨anglich mißachtet und in seinen Arbeitsm¨oglichkeiten eingeschr¨ankt, wurde H., f¨ur den sich u. a. Brecht und Stefan → Heym pers¨onlich einsetzten, erst 1956 in die SED aufgenommen und im selben Jahr zum Mitglied der Deutschen Akademie der K¨unste zu Berlin gew¨ahlt; 1960 wurde ihm der Professorentitel und 1967 der Karl-Marx-Orden verliehen. Mit bereits in den Massenmedien pr¨asentiertem Material arbeitend („Ben¨utze Foto als Waffe!“), bewirkte H. in seinen Bild-Text-Kombinationen, mit denen er auf politische Entwicklungen reagierte, eine Erneuerung der Formensprache. Von einem funktionalen Kunstbegriff ausgehend, schuf er, konventionelle Sehgewohnheiten und Aussagen des politischen Gegners verfremdend, Photomontagen, Plakate etc., die ohne a¨ sthetische Vorbildung verst¨andlich waren und zur Erkenntnis politischer und gesellschaftlicher Wirklichkeit f¨uhren sollten. LITERATUR: Wieland Herzfelde: J. H. Leben und Werk. ¨ Dresden 1962. Uberarb. und erw. Aufl. Berlin 1976. Neuausg. Dresden 1986. – J. H. Ausstellung der Deutschen Akademie der K¨unste zu Berlin (Ost) erg¨anzt durch den W¨urttembergischen Kunstverein. Hrsg. v. Marina SchneedeSczesny / Uwe M. Schneede. Stuttgart 1969. – J. H. Krieg im Frieden. Fotomontagen zur Zeit 1930-1938. M¨unchen 1972; 2., rev. Aufl. 1973. – Eckhard Siepmann: Montage: K. H. Vom Club Dada zur Arbeiter-Illustrierten Zeitung. Berlin 1977. 6., verb. und u¨ berarb. Aufl. 1980. – Michael T¨oteberg: J. H. In Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek 1978. – J. H. Der Schnitt entlang der Zeit. Selbstzeugnisse, Erinnerungen, Interpretationen. Eine Dokumentation. Hrsg. und kommentiert v. Roland M¨arz. Mitarbeit: Gertrud Heartfield. Dresden 1981. – J. H. Idee und Konzeption: Peter Pachnicke und Klaus Honnef. Hrsg. von der Akademie der K¨unste zu Berlin, der Landesregierung NordrheinWestfalen und dem Landschaftsverband Rheinland. K¨oln 1991. – Ulrich Faure: Im Knotenpunkt des Weltverkehrs. Herzfelde, H. Grosz und der Malik-Verlag 1916-1947. Berlin / Weimar 1992. – Roland M¨arz: H. montiert. 1930-1938. Leipzig 1993. – J. H. Dokumentation. Reaktionen auf eine

ungew¨ohnliche Ausstellung. K¨oln 1994. – Jost Hermand: J. H. or the art of cutting out Hitler. In: Klaus L. Berghahn / Jost Hermand (Hrsg.): Unmasking Hitler. Oxford u. a. 2005, S. 59-79. Bruno Jahn

Hebarhard, ostfr¨ankischer Hofkaplan, 2. H¨alfte 9. Jh. H. gilt als wichtigste Figur der ostfr¨ankischen Kanzlei¨ geschichte. Uber seine Herkunft und Ausbildung ist nichts bekannt. Urkundlich belegt ist seine T¨atigkeit als Kanzlist → Ludwigs des Deutschen, → Ludwigs des J¨ungern und → Karls III. zwischen 859 und 881, doch lassen sich seine Schrift und sein Stil noch bis 882 nachweisen. Seit 868 nannte sich H. „cancellarius“, statt des bisher u¨ blichen „notarius“, und trug so dazu bei, daß sich der Kanzlertitel allm¨ahlich als Bezeichnung f¨ur den f¨uhrenden Kanzleinotar einb¨urgerte. H.s Bedeutung beruht vor allem auf der schulbildenden Wirkung der nach ihm benannten „hebarhardischen Schriftreform“. Als Angeh¨origer einer j¨ungeren Generation der kunstvollen diplomatischen Kursive der hochkarolingischen Kanzlei nicht mehr m¨achtig, f¨uhrte er die sog. diplomatische Minuskel ein, eine vereinfachte, sich in Duktus und Zierelementen gleichbleibende Schriftform. Hebbel, (Johanne Louise) Christine, geb. Engehausen, Pseud. Enghaus, Schauspielerin, * 29. 8. 1817 Braunschweig, † 30. 6. 1910 Wien. H., Tochter eines Schneiders, trat im Alter von sieben Jahren im Kinderballett am Hoftheater Braunschweig auf, kam 1831 als Schauspielerin nach Bremen und von dort durch Amalie → Haizinger nach Hamburg. 1840 erhielt sie ein festes Engagement am Burgtheater und wirkte dort bis 1875. Sie verk¨orperte den Typus der großen Heroine und erlangte vor allem durch ihre Interpretationen der Frauenrollen in den Dramen Friedrich → H.s, den sie 1845 heiratete, Bedeutung. Auch auf zahlreichen Gastspielreisen, die sie u. a. nach Berlin und Weimar f¨uhrten, setzte sich H. f¨ur das Werk ihres Mannes ein, der ihr materielle Sicherheit, Kontakte zum Theater und vielf¨altige Anregungen verdankte. Nach Friedrich H.s Tod verwaltete H. seinen Nachlaß, den sie dem Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar u¨ bergab, und gr¨undete die Hebbel-Stiftung zur Unterst¨utzung dramatischer Dichter. C NDB

Hebbel, (Christian) Friedrich, Dichter, * 18. 3. 1813 Wesselburen (Schleswig-Holstein), † 13. 12. 1863 Wien. Von der Herkunft aus bedr¨uckender Armut – „der a¨ rgste Fluch eines menschlichen Daseyns“ (an Elise Lensing, 14. 3. 1837) – blieb H.s Mentalit¨at lebenslang gepr¨agt. Auf eine Phase privater F¨orderung in Hamburg (1835), f¨ur den Hochbegabten auch eine Erniedrigung (u. a. durch „Freitische“), folgte ein Jurastudium in Heidelberg und M¨unchen (1836-39). Sein großes Dramatiker-Talent zeigte die nach der R¨uckkehr nach Hamburg entstandene, 1840 in Berlin uraufgef¨uhrte Trag¨odie Judith, modern in der auf → Freud vorausweisenden Psychologisierung des biblisch-apokryphen Stoffs, zugleich eine der ersten bedeutenden Thematisierungen des ‚Geschlechter-Problems‘ im literarischen Diskurs. Ein Reisestipendium des d¨anischen K¨onigs f¨uhrte H. nach Paris (1843), Italien (1844) und schließlich nach Wien (1845), wo sein Leben durch die Heirat mit der Burgschauspielerin Christine Enghaus eine gl¨uckliche Wendung nahm. Seine wachsende Reputation wurde von einigen kritischen Gegenstimmen (vor allem des nationalliberalen Realismus-Programmatikers Julian → Schmidt) geschm¨alert.

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Hebebrand Den gr¨oßten Theatererfolg erreichte H. mit der auf eine nationalgeschichtliche Stimmung treffenden Trilogie Die Nibelungen (1861 Weimar, 1863 / 64 Wien). In H.s literarischer Physiognomie sind neben Z¨ugen des Autodidaktischen bildungsbeflissen aufgenommene Traditionselemente aus Literatur (→ Schiller, → Uhland, → Kleist, → Goethe) und Philosophie (→ Solger, → Schelling, → Feuerbach, → Hegel) auszumachen. Bei hochentwickelter Formkultur hebt sich H. von den Klassik-Epigonen mit seinem zu Paradoxie und Reflexion dr¨angenden Individualstil deutlich ab. Literarhistorisch gilt er als letzter großer Repr¨asentant des metaphysischen Trag¨odientyps, f¨ur den er auch als Theoretiker und polemischer Apologet eingetreten ist. Mit seinem b¨urgerlichen Trauerspiel Maria Magdalena (1844), einer tragisierenden Analyse gesellschaftlicher Problematik, blieb H. auch auf der B¨uhne des 20. Jh. pr¨asent. Seine ambitioniertesten Werke, die nach hegelianischem Muster angelegten Geschichtstrag¨odien Herodes und Mariamne (1850) und Gyges und sein Ring (1856), sind dagegen f¨ur die sp¨atere Rezeption in den Hintergrund ger¨uckt, ebenso das aus der Reflexion der Revolution von 1848 hervorgegangene Trauerspiel Agnes Bernauer (1852 in M¨unchen uraufgef¨uhrt). Versuche in anderen Gattungen (Lyrik, Novellistik, Versepos [Mutter und Kind, 1859]) sind randst¨andig geblieben. Zunehmende Beachtung finden H.s gedankenreiche Tageb¨ucher (seit 1835 regelm¨aßig gef¨uhrt), in ihrem subjektivistischen Gestus zugleich Epochenspiegelungen von hoher Signifikanz. WEITERE WERKE: S¨amtliche Werke. Hrsg. v. Richard Maria Werner. 3 Abteilungen, 24 Bde., Berlin 1901-07. (Die Ausgabe ist l¨uckenhaft; Erg¨anzungen bieten sp¨atere BriefSammelb¨ande). – Werke. Hrsg. v. Gerhard Fricke u. a. 5 Bde., M¨unchen 1963-67. LITERATUR: Emil Kuh: F. H. Eine Biographie. 2 Bde., Wien 1877. 31912. – Paul Bornstein (Hrsg.): F. H.s Pers¨onlichkeit. Gespr¨ache, Urteile, Erinnerungen. 2 Bde., Berlin 1924. – Helmut W¨utschke: H.-Bibliographie. Ein Versuch. Berlin 1910. – U. Henry Gerlach: H. Bibliographie 1910-1970. Heidelberg 1973. (Aktualisierende bibliographische Angaben auch im H.-Jahrbuch). – Helmut Kreuzer (Hrsg.): H. in neuer Sicht. Stuttgart 1963. 21969. – Hilmar Grundmann (Hrsg.): F. H. Neue Studien zu Werk und Wirkung. Heide 1982. – Helmut Kreuzer (Hrsg.): F. H. (Wege der Forschung, Bd. 642). Darmstadt 1989. – Peter Michelsen: F. H.s Tageb¨ucher. Eine Analyse. G¨ottingen 1966. – Hartmut Reinhardt: Apologie der Trag¨odie. Studien zur Dramatik F. H.s. T¨ubingen 1989. – Volker N¨olle: H.s dramatische Phantasie. Versuch einer kategorialen Analyse. Bern 1990. – Studien zu H.s Tageb¨uchern. Hrsg. v. G¨unter H¨antzschel. M¨unchen 1994. – Andrea Stumpf: Literarische Genealogien. Untersuchungen zum Werk F. H.s. W¨urzburg 1997. – Gef¨uhl und Reflexion. Studien zu F. H.s Lyrik. Hrsg. v. G¨unter H¨antzschel. Neuried 1998. Hartmut Reinhardt

Hebebrand, Werner (Bernhard), Architekt, * 27. 3. 1899 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 18. 10. 1966 Hamburg. Nach dem Studium an der TH Darmstadt trat H., Sohn eines Textilfabrikanten, in den Staatsdienst ein und wurde 1925 Mitarbeiter von Stadtbaurat Ernst → May in Frankfurt / Main, mit dem er u. a. den dortigen Palmengarten entwarf. Nach kurzer selbst¨andiger T¨atigkeit ging er 1930 in die UdSSR. Bis 1938 war H. dort Architekt und Stadtplaner beim Volkskommissariat der Schwerindustrie und schuf die Entw¨urfe zu Wohnsiedlungen und Krankenhausbauten. Daneben hielt er Vorlesungen an der Univ. Moskau. W¨ahrend der „S¨auberungswelle“ 1937 verhaftet und sp¨ater ausgewiesen, u¨ bersiedelte H. nach Salzgitter und wurde nach T¨atigkeiten als Stadt- und Kreisbaurat in Marburg / Lahn und als Stadtbaudirektor und Leiter des Stadtplanungsamtes in Frankfurt / Main o. Prof. an der TH Hannover (1950-52). 1952 ging

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er als Oberbaudirektor der Baubeh¨orde und Prof. f¨ur St¨adtebau an die Staatliche Hochschule f¨ur Bildende K¨unste nach Hamburg. Als Stadtplaner war er in zahlreichen Wettbewerben erfolgreich. Der sog. Aufbauplan 1960 f¨ur Hamburg, ein Fl¨achennutzungsplan der Stadt, stammte von H. C NDB

Hebel, Johann Peter, evang. Theologe, Schriftsteller, * 10. 5. 1760 Basel, † 22. 9. 1826 Schwetzingen. Als Kind lebte H. im Winter in Hausen (im s¨udbadischen Wiesental), wo seine Eltern als Weber t¨atig waren, im Sommer in Basel, wo die Eltern Dienst in einem Patrizierhaus versahen. Nach dem Theologiestudium in Erlangen und dem Examen 1780 in Karlsruhe lebte H. 1780-83 als Vikar in Hertingen und 1783-91 als Lehrer am P¨adagogium in L¨orrach. Die niedere Herkunft, die Stadt-Land-Dichotomie und die Lehrjahre im Markgr¨afler Land bilden bedeutsame Elemente f¨ur H.s Werk. 1791 wurde er Lehrer am Gymnasium in Karlsruhe; hier blieb H. bis zum Lebensende. 1792 wurde er zum Hofdiakon, 1798 zum a. o. Prof., 1808 zum Direktor des Gymnasiums und 1819 zum Pr¨alaten der evang. Landeskirche ernannt und dadurch Mitglied der Ersten Kammer des Badischen Landtags. Auf einer Dienstreise starb H. in Schwetzingen. H.s literarische Produktion begann erst im Jahr 1800. Die Allemannischen Gedichte. F¨ur Freunde l¨andlicher Natur und Sitten (1803, anonym; 21804 mit Verfasserangabe) sind ein fr¨uher H¨ohepunkt der deutschen Dialektdichtung. Selten hat sprachlich und thematisch regional bezogene Literatur so schnell auch nationale Anerkennung gefunden. Johann Georg → Jacobi und → Jean Paul schrieben begeisterte Rezensionen; ber¨uhmt wurde → Goethes Diktum, H. habe auf die „naivste, anmutigste Weise durchaus das Universum verbauert“. F¨ur die 3. Auflage 1806 hat H., besonders auf Anregung Goethes und mit R¨ucksicht auf das erweiterte Publikum, manche Anpassung an die allgemeine Verst¨andlichkeit vorgenommen. Die eigentlich sch¨opferische Phase ist auf die Jahre 1801 / 02 beschr¨ankt. Er publizierte zwar noch einige Gedichte in Almanachen und Zeitschriften, erweiterte auch die 5. Auflage 1820 um zw¨olf meist schon fr¨uher publizierte St¨ucke; ein zweites lyrisches Werk entstand nicht mehr. Seit 1803 schrieb H. Beitr¨age f¨ur den „Badischen Landkalender“; f¨ur die Jahrg¨ange 1808-15 und 1819 trug er f¨ur den Kalender unter dem neuen Titel Der Rheinl¨andische Hausfreund die alleinige redaktionelle Verantwortung. Der gr¨oßte Teil des Leseteils besteht aus kurzen Erz¨ahlungen H.s. Formal erweist sich der spontane Leseeindruck von „einfachem Erz¨ahlen“ als Resultat konsequenter stilistischer Durchbildung; charakteristisch ist das h¨aufige Durchbrechen der Erz¨ahlebene durch Kommentare der Erz¨ahlerfigur, des Hausfreunds. H. stellte aus seinen Beitr¨agen f¨ur die Kalender 1803-11 mit wenigen Auslassungen und Umstellungen das Schatzk¨astlein des rheinischen Hausfreundes zusammen (1811, 21818). Der Wegfall des redaktionellen Schreibanlasses bedeutete das Ende von H.s erz¨ahlerischer Produktion. Aufgrund eines 1818 erhaltenen Auftrags, ein Schulbuch f¨ur den Religionsunterricht zu erarbeiten, entstand H.s letzte schriftstellerische Leistung, die Biblischen Geschichten. F¨ur die Jugend bearbeitet (1824). Die souver¨ane Reduktion der Bibel auf ihren gemein-christlichen Gehalt (mit wenigen ¨ Anderungen wurde das Buch auch f¨ur den kath. Religionsunterricht eingef¨uhrt) entsprach durchaus H.s theologischer Disposition. WEITERE WERKE: S¨amtliche Werke. 8 Bde., Karlsruhe 1832-34. – Briefe. Hrsg. v. Wilhelm Zentner. Karlsruhe

Heberdey 2

1957. – Gesamtausgabe. Hrsg. ders. Karlsruhe 1959-72. – Von der historisch-kritischen Gesamtausgabe sind bisher erschienen die Bde. 2, 3 und 5. Karlsruhe 1990 / 91. LITERATUR: Wilhelm Altwegg: J. P. H. Leipzig 1935. – Rolf Max Kully: J. P. H. Stuttgart 1969. – Johann A. Steiger: Bibel-Sprache, Welt und J¨ungster Tag bei J. P. H. G¨ottingen 1994. – Carl Pietzcker / G¨unther Schnitzler (Hrsg.): J. P. H. Unverg¨angliches aus dem Wiesental. Freiburg 1996 (Bibliogr.). Bernhard Oswald

Hebenstreit, (Johann) Ernst, Mediziner, Botaniker, * 15. 1. 1702 Neustadt / Orla, † 5. 12. 1757 Leipzig. H., Sohn eines Pfarrers und Neffe von Johann Paul → H., studierte in Jena und Leipzig Naturgeschichte und Medizin und wurde 1730 promoviert (De viribus minerarum et mineralium medicamentosis). Daneben betrieb er botanische Studien, besonders von Augustus Quirinus → Rivinus beeinflußt, und wurde mit der wissenschaftlichen Leitung des Botanischen Gartens des Leipziger Handelsherrn Bose beauftragt. 1731 unternahm er auf Befehl K¨onig → Augusts II. zusammen mit f¨unf Begleitern eine Forschungsreise durch Nordafrika, wo er Naturalien sammelte und lebende Tiere erwarb. (Der Reisebericht erschien in Johann → Bernoullis Sammlung kurzer Reisebeschreibungen, Bd. 9-12, 1783.) Nach seiner R¨uckkehr erhielt H. 1733 eine Professur f¨ur Physiologie in Leipzig und wurde 1737 o. Prof. der Anatomie und Chirurgie, 1747 der Pathologie, 1748 der Therapie. Seit 1731 war H. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er schrieb zahlreiche Arbeiten zu Fragen der praktischen Medizin und der anatomischen Physiologie, aber auch u¨ ber antike Medizin (Erkl¨arung griechischer W¨orter, von Kranckheiten des menschlichen C¨orpers, 1751, 31760). H. war der Vater von Ernst Benjamin → H. und der Schriftstellerin Benedikte → Naubert. C NDB Hebenstreit, Ernst Benjamin Gottlieb, Mediziner, * 10. 2. 1753 Leipzig, † 12. 12. 1803 Leipzig. H., Sohn von Ernst → H., schloß sein Studium in Leipzig 1779 mit dem Magister legens und 1783 mit der Promotion (Curae sanitatis publicae apud veteres exempla. Dissertatio altera) ab, unternahm eine Studienreise durch Deutschland und Frankreich und wurde 1785 a. o. Prof. der Medizin in Leipzig. Seit 1796 war er kommissarischer Prof. und seit 1801 o. Prof. der Therapie, seit 1803 Direktor des ¨ Kgl. Klinischen Instituts. Neben Ubersetzungen medizinischer Schriften aus verschiedenen Sprachen ver¨offentlichte H. u. a. Diatribe de vegetatione hiemali (1777), Handbuch der militairischen Arzneikunde f¨ur Feld¨arzte und Wund¨arzte, in Garnisonen und Kriegslazarethen. Nach dem Plane eines englischen Werks von Hamilton (2 Tle., 1790), Lehrs¨atze der medicinischen Polizeywisenschaft (1791, 21806) und gab mit Karl Gottlob → K¨uhn die Neue Sammlung der auserlesensten und neusten Abhandlungen f¨ur Wund¨arzte, aus verschiedenen Sprachen uebersetzt (1782-89, Fortsetzung 1790-94) heraus. Hebenstreit, Franz, eigentl. Streitenfeld, o¨ sterr. Milit¨ar, Schriftsteller, * 26. 11. 1747 Prag, † 8. 1. 1795 Wien. H., Sohn des Pr¨ases der Philosophischen Fakult¨at der Prager Karls-Universit¨at, studierte kurzzeitig in Prag und ging als Siebzehnj¨ahriger nach Wien. Dort bet¨atigte er sich anfangs als Hauslehrer und trat 1786 in die o¨ sterr. Armee ein. 1791 wurde er zum Platzoberleutnant bef¨ordert. Er galt neben Andreas von → Riedel als Haupt der Verschw¨orung der „Wiener Jakobiner“, wurde wegen Hochverrats verhaftet und vor dem Schottentor o¨ ffentlich hingerichtet. H. war der Verfasser des Eipeldauerliedes und des politischen Lehrgedichts Homo hominibus (1974 unter dem Titel Mensch unter Menschen, C Demokr Wege hrsg. von Franz Joseph Schuh).

Hebenstreit, Johann Paul, evang. Theologe, * 25. 6. 1664 Neustadt / Orla, † 6. 5. 1718 Erfurt. H. entstammte einer angesehenen th¨uringisch-s¨achsischen Familie; sein Vater Johann H. war Rektor in seiner Heimatstadt. In Jena studierte er Philosophie und Theologie, erwarb den Magistergrad und wurde o. Prof. der Moral und Politik mit dem Titel eines Konsistorialrates. Wegen seines Lebenswandels geriet er in Konflikt mit der Theologischen Fakult¨at und wurde ein „Professor moralium ohne Moral“ gescholten, dennoch 1697 promoviert und 1710 o. Prof. in der Theologischen Fakult¨at in Jena. 1715 wurde H. Pastor in Dornburg, seit 1717 lebte er als herzoglich weimarischer Konsistorialund Synodalrat in Erfurt. Er ver¨offentlichte u. a. ein Systema theologicum (3 Tle., 1707-17; neu hrsg. von J. E. Schubert, 1767). C Leinsle 2 Hebenstreit, Pantaleon, auch Hebestreit, Pantalon, Musiker, Tanzmeister, Komponist, * 27. 11. 1668 Kleinheringen bei Naumburg, † 15. 11. 1750 Dresden. H., Sohn eines Stadtmusikers in Weißenfels, studierte vermutlich in Leipzig und erteilte dort Klavier- und Tanzunterricht. In finanzielle Schwierigkeiten geraten, entkam er der drohenden Schuldhaft durch die Flucht in ein Dorf bei Merseburg, wo er als Hauslehrer t¨atig war. H. konstruierte dort 1697 das sp¨ater nach ihm benannte „Pantaleon“, ein aus dem Hackbrett entwickeltes Instrument, das mit Metallund Darmsaiten bezogen war und von H. virtuos gespielt wurde. Einem ersten Auftritt in Leipzig um 1697 folgten u. a. Konzerte in Berlin und in Paris vor Ludwig XIV. 1707 wurde H. Konzertmeister und Tanzlehrer am herzoglichen Hof in Eisenach, 1714 Kammermusiker und Pantaleonist in der Dresdner Hofkapelle. Aufgrund einer Sehschw¨ache mußte er 1733 das Pantaleon-Spiel aufgeben und wurde im folgenden Jahr zum Hofkapelldirektor der protestantischen Kirchenmusik, 1740 zum Geheimen K¨ammerer ernannt. Die Bedeutung des Pantaleons, das nach H.s Tod bald in Vergessenheit geriet, beruht auf seiner (von H. nicht vorausgesehenen) Vorbildfunktion f¨ur das Hammerklavier. C MGG Hebenstreit, Wilhelm, Journalist, Schriftsteller, * 24. 5. 1774 Eisleben, † 17. 4. 1854 Gmunden (Ober¨osterreich). H. studierte in G¨ottingen, ging 1811 nach Wien und wurde 1816 Redakteur der „Wiener Zeitschrift f¨ur Kunst und Literatur“. Sp¨ater war er beim „Sammler“ und als Theaterkritiker beim „Wiener Conversationsblatt“ t¨atig und ver¨offentlichte einen mehrfach wiederaufgelegten Reisef¨uhrer mit dem Titel Der Fremde in Wien und der Wiener in der Heimath (1829). ¨ Nach H.s Ubersiedelung nach Gmunden 1836 entstand sein Hauptwerk, die Wissenschaftlich-literarische Encyklop¨adie der Aesthetik. Ein etymologisch-kritisches W¨orterbuch der a¨ sthetischen Kunstsprache (1842, 21847, Nachdr. 1978), ein popul¨arwissenschaftliches Lexikon a¨ sthetischer Grundbegriffe. C Killy Heberdey, Rudolf, o¨ sterr. Arch¨aologe, * 10. 3. 1864 Ybbs (Nieder¨osterreich), † 7. 4. 1936 Graz. Sein Studium der Klassischen Philologie und Arch¨aologie an der Univ. Wien schloß H., Sohn eines Landesgerichtsrats, 1887 mit der Promotion ab, legte im selben Jahr die Lehramtspr¨ufung f¨ur alte Sprachen ab und erhielt 1889 ein mehrj¨ahriges Reisestipendium f¨ur Deutschland, Griechen¨ land und Italien. Seit 1891 bereiste er im Auftrag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften Kilikien, Lykien und Pisidien in Kleinasien. 1894 habilitiert und 1904 zum a. o. Prof. ernannt, lehrte H. seit 1909 als o. Prof. in Innsbruck, 1911-34 an der Univ. Graz Arch¨aologie. Seit 1896 leitete er die Ausgrabungen in Ephesos (u. a. Theater, Bibliothek, Parthermonument). 1898 wurde er Sekret¨ar des ¨ Osterreichischen Arch¨aologischen Instituts in Smyrna, 1904

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Heberer Leiter des Institutssekretariats in Athen. Seit demselben Jahr auf der Athener Akropolis t¨atig, gelang ihm die Rekonstruktion der Porosgiebel und der Balustrade am Niketempel. Die Ergebnisse seiner Forschungen ver¨offentlichte H., der seit 1910 Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien war, u. a. in Das Theater in Ephesos (1912) und Altattische Porosskulptur (1919). C Lullies

Heberer, Georg, Chirurg, * 9. 6. 1920 Dietzenbach (Hessen), † 21. 3. 1999 M¨unchen. H., Sohn eines Gutsbesitzers, studierte seit 1940 Medizin an den Universit¨aten Marburg, Gießen, Heidelberg und T¨ubingen und wurde 1945 promoviert (Pneumoperikard). 1953 habilitierte er sich an der Univ. Marburg f¨ur Chirurgie (Die Anatomie der bronchovaskul¨aren Lungensegmente und ihre chirurgische Bedeutung). 1958 zum apl. Prof. ernannt, war er 1958 / 59 kommissarischer Direktor der Chirurgischen Universit¨atsklinik in Marburg, 1959-63 als o. Prof. Direktor der II. und 1963-73 der I. Chirurgischen Universit¨atsklinik in K¨oln. 1973-89 wirkte H. als o. Prof. und Direktor der Chirurgischen Universit¨atsklinik in M¨unchen. Schwerpunkte seiner klinischen und wissenschaftlichen T¨atigkeit waren Allgemeine Chirurgie, Bauchchirurgie, Thoraxchirurgie und Gef¨aßchirurgie. H. war seit 1972 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, 1979 / 80 Pr¨asident der Deutschen Gesellschaft f¨ur Chirurgie und seit 1983 Pr¨asident der Deutschen Gesellschaft f¨ur Katastrophenmedizin. Er ver¨offentlichte u. a. Die Arteriosklerose als chirurgische Aufgabe (1978) und Chirurgie im hohen Alter. Perioperative Aspekte (mit Jens Witte, 1982) und gab u. a. Chirurgie (mit Wolfgang K¨ole und Harald Tscherne, 1977, 61993 unter dem Titel Chirurgie und angrenzende Gebiete), Klinischer Unterricht und Weiterbildung in der Chirurgie (mit Gernot Feifel, 1978) und Gef¨aßchirurgie (mit Karl Aigner, 1987, Neuausg. 2004) heraus.

Heberer, (Johann) Michael, Schriftsteller, * um 1560 Bretten, † zwischen 1623 und 1633 Heidelberg (?). H., Sohn eines Handelsmanns, war m¨utterlicherseits mit → Melanchthon verwandt. Er studierte in Wittenberg, Leipzig und vermutlich auch in Heidelberg und war Hofmeister bei einem jungen schwedischen Adligen. Als Begleiter eines franz¨osischen Grafen bereiste er seit 1582 Frankreich und Italien und geriet 1585 auf einem Schiff des Malteserordens im Mittelmeer in t¨urkische Gefangenschaft. Nach fast ¨ dreij¨ahriger Sklavenarbeit in Agypten und auf einer Galeere wurde er zu Ende des Jahres 1587 freigelassen und trat in die Dienste des Kurf¨ursten → Friedrich IV. von der Pfalz. Aufgrund seiner Sprachkenntnisse nahm er an einigen Gesandtschaften teil; 1593 wurde er Registrator der kurpf¨alzischen Kanzlei und war dort u. a. mit der Ordnung des Archivs befaßt. Unter dem Titel Aegyptiaca servitus [. . .] ver¨offentlichte H. 1610 einen Bericht u¨ ber seine Gefangenschaft, der durch seine anschauliche Schilderung der Zust¨ande im Osmanischen Reich bleibende Bedeutung erlangte (Neudr. als Chur-Pf¨alzischer Robinson, 1747). C NDB

Heberlein, (Christian Otto) Ferdinand, H¨uttenchemiker, * 26. 3. 1863 Gossau (Kt. St. Gallen), † 23. 2. 1925 Z¨urich. H., Sohn eines Bergingenieurs und H¨uttenbesitzers in Braubach / Rhein und Enkel von Georg Philipp → H., geh¨orte einer deutschen Industriellenfamilie an, verlebte seine Kindheit in der Schweiz und besuchte die Industrieschule in N¨urnberg und die Bergakademie Freiberg. 1883 erhielt er eine erste Anstellung als Chemiker der Blei- und Silberh¨utte in Pertusola (Italien), deren Direktor und Betriebsingenieur er 1887 wurde. Zusammen mit Thomas M. C. Huntington entwickelte er ein sp¨ater nach ihnen benanntes Verfahren, kupferhaltige Erze, Zinkblende und Zwischenerzeugnisse wie Schwefelbleierze abzur¨osten, wodurch auch Feinerze st¨uckig gemacht werden konnten. In der 1900 in London

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gegr¨undeten Firma Huntington-Heberlein & Co wurde dieses Verfahren verbreitet. H. wurde 1907 Direktor der Metallbank und Metallurgischen Gesellschaft in Frankfurt / Main und u¨ bersiedelte 1915 nach Z¨urich, wo er u. a. Vorsitzender der Deutschen Handelskammer war.

Heberlein, Georg Philipp, schweizer. Unternehmer, * 1805 Braubach / Rhein, † 25. 7. 1888 Wattwil (Kt. St. Gallen). Nach einer F¨arberlehre in Koblenz und Gesellent¨atigkeit in Darmstadt fand H. 1825 als Wandergeselle eine Anstellung in der Garnf¨arberei des Johann Georg Boesch im schweizer. Wattwil, dem Zentrum der toggenburgischen Buntweberei. Hier arbeitete er sich in kurzer Zeit zum Werkf¨uhrer empor, mußte jedoch nach dem Brand des Betriebs 1828 in die F¨arberei des Fabrikationsgesch¨aftes Steger in Necker bei Brunnadern wechseln. 1835 nach Wattwil zur¨uckgekehrt, kaufte er Liegenschaften und errichtete eine F¨arberei mit Wohnhaus; 1845 wurde er in die B¨urgerschaft aufgenommen. Die Garnf¨arberei Georg Heberlein entwickelte sich zu einem der bedeutendsten F¨arbebetriebe der Region und wurde seit 1873 von H.s S¨ohnen Georg und Eduard fortgef¨uhrt, seit 1892 als Heberlein & Co. C Schweizer Pioniere, Bd 7 Heberlein, Jakob, Ingenieur, * 1. 4. 1825 Roth bei N¨urnberg, † 11. 1. 1881 M¨unchen. Nach einer Drechslerlehre trat H., Sohn eines Kunstdrechslers, 1844 in die Maschinenfabrik Schweizer in Mannheim ein, besuchte eine technische Lehranstalt und kam nach verschiedenen T¨atigkeiten (u. a. in der Lokomotivfabrik Maffei in M¨unchen) 1848 zum Werkst¨attendienst der Bayerischen Staatseisenbahnen. 1853 wurde H. Lokomotivf¨uhrer, 1860 Obermaschinist. Er entwickelte eine 1856 patentierte Bremsenkonstruktion f¨ur Eisenbahnen, die sog. HeberleinBremse, die mit Hilfe eines Seilzugs von einem Mann bedient werden konnte; sie arbeitete mit dem Prinzip, die Kraft des in Bewegung befindlichen Eisenbahnzuges zur Erzeugung des zum Bremsen erforderlichen Widerstandes zu benutzen. Die Heberlein-Bremse wurde f¨ur alle Reisez¨uge der Bayerischen Staatsbahn eingef¨uhrt und blieb auf einigen Schmalspur- und Kleinbahnen bis in unsere Zeit in Gebrauch. C NDB

Heberlein-Staehelin, Georges, schweizer. Unternehmer, * 1. 2. 1874 Wattwil (Kt. St. Gallen), † 31. 10. 1944 Wattwil. H.-S., Sohn eines Garnf¨arbereibesitzers und Enkel von Georg Philipp → H., studierte 1892-96 am Eidgen¨ossischen Polytechnikum und an der Chemieschule M¨ulhausen (Elsaß) und wurde 1896 an der Univ. Basel promoviert. Danach trat er in den Familienbetrieb ein und wurde 1901 Gesellschafter der Firma Heberlein & Co., die er bis zu seinem Tod leitete und u. a. durch die Einf¨uhrung eines chemischen Versuchslabors und die Angliederung von Mercerisation, St¨uckf¨arberei und Druckerei zu einem f¨uhrenden Unternehmen der Textilhochveredelung machte. Als Mitglied des Wattwiler Gemeinderats setzte sich H.-S. u. a. f¨ur die Thurkorrektur ein. 1921-27 geh¨orte er dem Großen Rat des Kantons St. Gallen und 1924-44 dem Verwaltungsrat der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) an. C Schweizer Pioniere, Bd 23

Hebich, Samuel, evang. Missionar, * 29. 4. 1803 Nellingen bei Ulm, † 21. 3. 1868 Stuttgart. Der Pfarrerssohn absolvierte eine kaufm¨annische Lehre in L¨ubeck und unternahm Gesch¨aftsreisen nach Rußland, Finnland und Schweden, bis ihn die Predigten von Johannes → Geibel in L¨ubeck dazu bewogen, sich dem Missionsdienst zu widmen. 1831 wurde er in das Basler Missionshaus aufgenommen, 1834 ordiniert und im selben Jahr als Missionar

Hecht an die Malabark¨uste entsandt. 1834-40 wirkte H. in Mangalore und Dharwar, 1841-59 in Cannanore und wurde neben Hermann Friedrich M¨ogling und Hermann → Gundert zum eigentlichen Begr¨under der Basler Mission in Indien. 1859 kehrte er aus gesundheitlichen Gr¨unden nach Europa zur¨uck und ließ sich in Stuttgart nieder, wo er seine T¨atigkeit als Prediger fortsetzte. C BBKL

Hebler, Gottlieb, Architekt, * 2. 10. 1817 Bern, † 28. 1. 1875 Bern. H. war als Architekt Sch¨uler von Ludwig Samuel von St¨urler in Bern und Jakob Ludwig Brocher in Genf und ließ sich als Baumeister in Bern nieder. Dort wirkte er beim Bau der Nideggbr¨ucke mit und vollendete die Tiefenaubr¨ucke. Neben mehreren Privatbauten f¨uhrte H. in der folgenden Zeit den Umbau des Schlosses Amsoldingen bei Thun durch und lieferte den Entwurf f¨ur den gotischen Brunnen in der Spitalgasse in Bern. Auf H.s Pl¨ane geht auch der o¨ stliche Anbau der Berner Stadtbibliothek zur¨uck. Er war langj¨ahriges Mitglied des Gemeinderats und hinterließ sein Verm¨ogen der Stadt mit der Bestimmung, ein Kunstmuseum zu errichten.

Hebler, Matthias, luth. Theologe, * um 1525 Karpfen (Slowakei), † 18. 9. 1571 Hermannstadt. H. war seit 1546 in Wittenberg immatrikuliert, erwarb den Magistergrad und wurde 1553 f¨ur Hermannstadt in Siebenb¨urgen ordiniert, wo er bereits als Lehrer und Rektor der Lateinschule gewirkt hatte. 1554 wurde er Diakon und 1555 Stadtpfarrer in Hermannstadt. 1556 wurde er von der deutsch-evangelischen Synode zum Superintendenten und Nachfolger des der Pest erlegenen ersten Bischofs Paul → Wiener gew¨ahlt und in diesem Amt 1558 durch K¨onigin Isabella best¨atigt. Nachdem die evang. Kirche in Siebenb¨urgen 1557 durch den Landtag von Thorenburg anerkannt worden war, bem¨uhte sich H. auf mehreren Synoden erfolgreich um die Durchsetzung (1572) des luth. Bekenntnisses gegen die reformierte Lehre und die Antitrinitarier. Streitpunkt der Religionsgespr¨ache war insbesondere die Sakramentslehre, der auch H.s Hauptwerk Brevis confessio de coena Domini [. . .] (1561) gewidmet ist. C RGG

Hebra, Ferdinand Ritter von, o¨ sterr. Dermatologe, * 7. 9. 1816 Br¨unn, † 5. 8. 1880 Wien. H., Sohn eines k. k. Feldkriegskommiss¨ars, studierte an der Univ. Wien Medizin (Promotion 1841) und wurde 1843 Sekundararzt bei Joseph → Skoda in der Abteilung f¨ur Brustkranke, der eine Station f¨ur Patienten mit „chronischen Hautausschl¨agen“ angegliedert war. Auf H.s Initiative hin wurde am Allgemeinen Krankenhaus eine eigene Abteilung f¨ur Hautkranke geschaffen, die er selbst seit 1845 leitete. 1849 wurde er a. o. Prof. und Vorstand der ersten Dermatologischen Klinik, 1869 o. Prof. und 1879 zum Hofrat ernannt. 1873 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. H. gilt als Begr¨under der Dermatologie. Er u¨ berwand die a¨ ltere Humoralpathologie in diesem Fach und vermochte erstmals, durch exakte Beobachtung viele Krankheitsbilder voneinander abzugrenzen und durch neue Therapien zu heilen. Bereits 1844 gelang ihm – auch durch Selbstversuche – der Nachweis, daß es sich bei der Kr¨atze um eine parasit¨are Erkrankung handelt. H. ver¨offentlichte u. a. Geschichtliche Darstellung der gr¨osseren chirurgischen Operationen mit besonderer R¨ucksicht auf Edlen von Wattmann’s Operations-Methoden (1842, Nachdr. 1990), einen Atlas der Hautkrankheiten mit Abbildungen von Anton → Elfinger und Carl → Heitzmann (1856-76) und mit seinem Schwiegersohn Moritz → Kaposi ein Lehrbuch der Hautkrankheiten (2 Bde., 1872-76). Er war der Vater von Hans von → H. C NDB

Hebra, Hans Ritter von, o¨ sterr. Dermatologe, * 24. 5. 1847 Wien, † 13. 4. 1902 Wien. Nach dem Medizinstudium an der Univ. Wien (Promotion 1870) wurde H. Assistent an der Dermatologischen Klinik seines Vaters Ferdinand von → H., deren Leitung er 1880 u¨ bernahm, jedoch zugunsten einer Weiterbildung auf Reisen bald aufgab. 1884 wurde er als Nachfolger von Heinrich → Auspitz Primararzt der Abteilung f¨ur Hautkrankheiten der Allgemeinen Poliklinik und war seit 1896 Vorstand der Dermatologischen Abteilung des Wiedener Krankenhauses. Gleichzeitig wurde er zum a. o. Prof. ernannt. H. vero¨ ffentlichte u. a. Das Rhinophyma (1881), Die krankhaften Ver¨anderungen der Haut und ihrer Anhangsgebilde mit ihren Beziehungen zu den Krankheiten des Gesammtorganismus (1884) und Die moderne Behandlung der Hautkrankheiten (2 Tle., 1890 / 91).

Hecht, Daniel Friedrich, Mathematiker, * 8. 7. 1777 Sosa / Erzgebirge, † 13. 3. 1833 Freiberg. H., Sohn eines Pfarrers, begann 1798 in Wittenberg mit dem Studium der Rechte, wechselte unter dem Einfluß von Johann Jakob → Ebert aber bald zum Studium der Mathematik. Nach Unterbrechung des Studiums wegen des Todes seines Vaters 1801 begab er sich 1803 an die Bergakademie in Freiberg, wo er zun¨achst als Schichtmeister t¨atig war, gleichzeitig Privatunterreicht erteilte und wissenschaftlich forschte. Seit 1813 erster Lehrer an der Hauptbergschule, erhielt er 1816 die zweite und 1827 als Nachfolger von Friedrich Gottlieb von → Busse die erste Professur f¨ur Mathematik an der Freiberger Bergakademie. H. besch¨aftigte sich zun¨achst vor allem mit reiner und angewandter Mathematik, sp¨ater u¨ berwiegend mit Mechanik. Er ver¨offentlichte mehrere, weit verbreitete Lehrb¨ucher, darunter Lehrbuch der Arithmetik und Geometrie (2 Bde., 1812-14, 21826, erneut 1840) und Erste Gr¨unde der mechanischen Wissenschaften (1819, 21843). C DSB

Hecht, Felix, Bankier, * 27. 11. 1847 Friedberg (Hessen), † 18. 10. 1909 auf einer Reise zwischen Eisenach und Weimar. H., Sohn eines Handelsmanns und Auswanderungsagenten, entstammte einer b¨urgerlichen j¨udischen Kaufmannsfamilie und studierte in Gießen, G¨ottingen und Heidelberg Rechtsund Staatswissenschaften. 1869 habilitierte er sich in Heidelberg mit einer Arbeit u¨ ber die Geschichte der Inhaberpapiere in den Niederlanden und wurde 1871 Direktor der neugegr¨undeten Rheinischen Hypothekenbank in Mannheim. H. leitete die Bank, die er zu einem der f¨uhrenden Realkreditinstitute Deutschlands ausbaute, bis 1901. 1886-1901 war er auch in der Direktion der Pf¨alzischen Hypothekenbank in Ludwigshafen t¨atig. Zu H.s Ver¨offentlichungen, die zur Grundlage der modernen Bankbetriebslehre wurden, z¨ahlt Die Organisation des Bodenkredits in Deutschland (2 Tle., 1891-1903). C NDB

Hecht, Friedrich, Pseud. Manfred Langrenus, o¨ sterr. Chemiker, * 3. 8. 1903 Wien, † 8. 3. 1980 Wien. Nach dem Chemiestudium (Promotion in Wien 1928, Analytisch-chemische Studien an Uranpechblenden) wurde H. Assistent am II. Chemischen Institut der Univ. Wien. 1941 habilitierte er sich und folgte 1943 einem Ruf auf die Lehrkanzel f¨ur Mikrochemie und Geochemie der TH Graz. 1950 nach Wien zur¨uckgekehrt, war er 1959-73 o. Prof. und Vorstand des Analytischen Instituts. H. hatte entscheidenden Anteil an der Entwicklung der Mikromineralanalyse. Schwerpunkte seiner zahlreichen wissenschaftlichen Ver¨offentlichungen sind ferner die Meteoritenanalyse und die Uranforschung. 1954-60 erschien das von ihm herausgegebene Handbuch der mikrochemischen Methoden in vier B¨anden. Unter dem Pseudonym Manfred Langrenus ver¨offentlichte H. utopische Romane. C Czeike

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Hecht Hecht, (Karl) Heinrich, Physiker, * 4. 2. 1880 Magdeburg, † 25. 10. 1961 Kiel. H., Sohn eines Regierungsrats, studierte in K¨onigsberg Mathematik und Physik, wurde nach einer Assistenzzeit in K¨onigsberg 1904 wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Normal-Eichungs-Kommission in Charlottenburg und trat 1908 in das elektrotechnische Industriewerk Neufeldt und Kuhnke in Kiel ein. Dort widmete er sich vor allem Fragen ¨ der Ubermittlung von akustischen Nachrichtensignalen unter Wasser sowie der Entwicklung entsprechender Schallsender und -empf¨anger. H.s systematische theoretische und experimentelle Arbeit auf diesem Gebiet schuf die Grundlagen f¨ur die technische Akustik und die Elektroakustik, in die er quantitative Berechnungs- und Meßmethoden einf¨uhrte. 1926 wurde H. wissenschaftlicher Leiter der von ihm mitbegr¨undeten Firma Electroacustic GmbH in Kiel. Er ver¨offentlichte u. a. Schaltschemata und Differentialgleichungen elektrischer und mechanischer Schwingungsgebilde (1939, 4 1959, italien. 1941), Die elektroakustischen Wandler (1941, 5 1961) und Vier Fragen an den Welt¨ather (1954). C NDB

Hecht, Hermann (Karl Wilhelm), Chemiker, * 27. 1. 1860 Neuhof bei Stralsund, † 14. 11. 1932 Berlin. Nach dem Studium an der Univ. und der TH Berlin (Promotion 1887, Ueber die Einwirkung von Monaminen auf Citronens¨aure) wurde H., Sohn eines Guts- und Ziegeleibesitzers, Assistent von Hermann → Seger, als dessen Nachfolger er 1890-97 die Chemisch-Technische Versuchsanstalt bei der Kgl. Porzellan-Manufaktur Berlin leitete. Zu seinen herausragenden Leistungen geh¨orte die Weiterentwicklung der Segerkegelreihe, einer zum Messen von Brenntemperaturen zwischen 1500 und 1900 Grad Celsius benutzten Skala kleiner keramischer Kegel verschiedener Schmelzpunkte. 1893 wurde H. Leiter des Chemischen Laboratoriums f¨ur Tonindustrie, dem er (seit 1906 als Gesch¨aftsf¨uhrer der GmbH) bis zu seinem Tod vorstand. 1897 f¨ur Keramik habilitiert, war er bis 1899 auch am Reichspatentamt t¨atig. H. war Schriftleiter der „Keramischen Rundschau“ (seit 1909) und der „Tonindustrie-Zeitung“ (seit 1926). Er ver¨offentlichte u. a. Untersuchungen u¨ ber einige zwischen Porzellan- und Feldspath-Steingut bestehende Beziehungen (1897) und ein Lehrbuch der Keramik (1923, 21930). C NDB

Hecht, Hermann, Reeder, * 13. 3. 1877 Odenheim, † 27. 2. 1969 New York. Nach einer kaufm¨annischen Lehre in Mannheim erhielt H., Sohn eines Lehrers, seine weitere Berufsausbildung bei einer Getreideagentur-, Schiffahrts-, Speditions- und Importgesellschaft in Rotterdam und u¨ bernahm 1902 von seinem Onkel die Schiffahrtsagentur S. Rosenberg in Mannheim. 1908 wurde er Generaldirektor der von ihm mitbegr¨undeten Rhenania-Schiffahrtsgruppe, die unter Angliederung von Lagerh¨ausern, Werften und Speditionen zur gr¨oßten Binnenreederei Europas aufstieg. Seit 1913 nahm die Rhenania vertraglich auch die bayerischen Rheininteressen gegen einen langfristigen Kredit wahr. 1938 mußte H. aus dem Vorstand zur¨ucktreten, seine Firmenanteile auf politischen Druck hin verkaufen und in die Schweiz emigrieren. 1941 ging er in die USA, von wo aus er seit 1949 wieder Einfluß auf die Rhenania nahm, seinen Firmenanteil jedoch an seinen Bruder Jacob Hecht in der Schweiz u¨ bertrug. C Bad Bio N.F., Bd 3

Hecht, Robert, o¨ sterr. Jurist, Beamter, * 9. 3. 1881 Wien, † 30. 5. 1938 Konzentrationslager Dachau. Nach dem Jurastudium an der Univ. Wien, das er mit der Promotion 1905 abschloß, trat H. in den o¨ sterr. Staatsdienst ein. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs Milit¨arrichter, sp¨ater Hauptmann-Auditor im Kriegsministerium, wurde er 1925

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Sektionschef. Seit 1932 war H. juristischer Berater von Bundeskanzler Engelbert → Dollfuß und trieb die Etablierung des autorit¨aren St¨andestaates auf der Basis des Kriegswirtschaftlichen Erm¨achtigungsgesetzes von 1917 voran. Auch an der „Verfassung 1934“ und dem Bundesgesetz u¨ ber die Vaterl¨andische Front arbeitete H. mit. Seit 1936 war er Leiter des Postsparkassenamtes. 1938 wurde H. von den Nationalsozialisten verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau verbracht, wo er wenig sp¨ater umkam.

Hecht, (Karl) Wilhelm, Graphiker, * 28. 3. 1843 Ansbach, † 3. 3. 1920 Linz. Nach einer Lehre als Holzschnitzer in N¨urnberg bildete sich H. an Johann Jakob → Webers artistischer Anstalt in Leipzig, anschließend in Berlin und Stuttgart aus. 1868 u¨ bersiedelte er nach M¨unchen und gr¨undete eine eigene Holzschneidewerkstatt. Aufgrund seiner k¨unstlerischen Erzeugnisse wurde er 1885 Leiter des neuen xylographischen Instituts der K. K. Hof- und Staatsdruckerei in Wien und ¨ stellte dort die Holzschnitte f¨ur das Werk Die Osterreichischungarische Monarchie in Wort und Bild her. 1886 wurde er Prof. f¨ur Holzschneidekunst an der Wiener Kunstgewerbeschule des Museums f¨ur Kunst und Industrie. H. gilt als einer der wichtigsten Vertreter des deutschen Faksimileholzschnitts; er schuf aber auch zahlreiche Radierungen, u. a. Ludwig II. im Kr¨onungsornat. C Th-B

Heck, Bruno, Politiker, * 20. 1. 1917 Aalen, † 16. 9. 1989 Blaubeuren. Der Sohn eines G¨artners studierte 1936-38 Philosophie und Theologie in T¨ubingen. Seit 1940 Kriegsteilnehmer, geriet er 1945 in amerikanische Gefangenschaft, nahm nach der Entlassung das Studium der Klassischen Philologie, der Germanistik und Geschichte auf und legte 1949 das Zweite Staatsexamen f¨ur das Lehramt an Gymnasien ab. Nach einer kurzen T¨atigkeit als Studienassessor am Gymnasium Rottweil wurde er mit einer Dissertation u¨ ber Die Anordnung der Gedichte bei Gaius Valerius Catull zum Dr. phil. promoviert. 1950-52 war er pers¨onlicher Referent des Kultusministers sowie Regierungsrat im Kultusministerium von W¨urttemberg-Hohenzollern. 1952 wurde er zum ersten hauptamtlichen Bundesgesch¨aftsf¨uhrer der CDU, in die er 1946 eingetreten war, ernannt. 1957-76 geh¨orte er dem Deutschen Bundestag an. 1961 wurde er Parlamentarischer Gesch¨aftsf¨uhrer der CDU / CSU-Bundestagsfraktion, bis er von Konrad → Adenauer 1962 zum Bundesminister f¨ur Familie und Jugend ernannt wurde. In diesem Amt, das er bis 1968 innehatte, setzte er sich besonders f¨ur die Verbesserung des Familienlastenausgleichs ein. 1968 legte er sein Ministeramt nieder, um sich als Generalsekret¨ar der CDU (1966-71) auf den Bundestagswahlkampf von 1969 zu konzentrieren. 1968-89 war er Vorsitzender der KonradAdenauer-Stiftung. C MdB

Heck, Heinz, Zoologe, * 22. 1. 1894 Berlin, † 5. 3. 1982 M¨unchen. Der Sohn von Ludwig → H. und Bruder von Lutz → H. studierte Medizin, Zoologie und Tiermedizin, leitete nach dem Kriegsdienst eine Tierfarm f¨ur die Behring-Werke in Marburg und war dann Assistent im K¨olner, Berliner und im Hamburger Zoo von → Hagenbeck. 1927 ging er nach M¨unchen und baute, nachdem der dortige Zoo im Zuge der Inflation aufgel¨ost worden war, in Hellabrunn einen neuen Tierpark auf. Erstmals wurde dort eine geographische Ordnung verwirklicht, in der mehrere Tierarten einer Region in großen Freianlagen zusammen gehalten wurden. Zu H.s bedeutendsten Zuchterfolgen geh¨orte die erste Geburt eines afrikanischen Elefanten in Gefangenschaft. 1969 trat H. in den Ruhestand. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren

Hecke Der Bison (1968), L¨owe oder B¨ar? Der Kampf um Afrikas S¨uden (mit Hans Germani, 1978) und Elefant und Regenwurm (1979). C Munzinger

Heck, Herbert-Lothar, Geologe, * 23. 7. 1904 Berlin, † 15. 7. 1967 Berlin. H. studierte Geologie in G¨ottingen und Berlin, wurde 1929 in G¨ottingen promoviert (Beitr¨age zur Talgeschichte der oberen Leine) und war sp¨ater a. o. Prof. in Berlin. 1940 gr¨undete er die Arbeitsstelle des Reichsamtes f¨ur Bodenforschung in Kiel und u¨ bernahm ihre Leitung, seit 1941 leitete er auch das Meeresgeologische Forschungsinstitut in Kiel. Seit 1946 baute er dort die Landesanstalt f¨ur angewandte Geologie auf. 1952 u¨ bernahm er den geologischen Dienst in Mecklenburg und erhielt 1963 eine Professur f¨ur Quart¨arforschung und Hydrogeologie in Berlin. H. gestaltete zahlreiche geologische Karten und ver¨offentlichte Das Grundwasser im Zusammenhang mit dem geologischen Bau Schleswig-Holsteins (1932) und einen Grundwasseratlas von Schleswig-Holstein (1948).

Heck, Karl, Jurist, * 18. 11. 1896 Halle / Saale, † 2. 6. 1997 Karlsruhe. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft, das er mit der Promotion abschloß, war H. an der Juristischen Fakult¨at der Univ. Berlin, am Kaiser-Wilhelm-Institut f¨ur ausl¨andisches o¨ ffentliches Recht und V¨olkerrecht und zeitweilig auch in Genf t¨atig, bevor er in das Richteramt wechselte und Amtsgerichtsrat, sp¨ater Landgerichtsrat in Stuttgart wurde. Nach der R¨uckkehr aus der Kriegsgefangenschaft arbeitete er im Justizministerium des Landes S¨udw¨urttembergHohenzollern, ging 1949 als Senatspr¨asident an das Oberlandesgericht in T¨ubingen und wurde 1950 Pr¨asident am dortigen Landgericht. Nach der Schaffung des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe zum Bundesrichter im f¨unften Zivilsenat gew¨ahlt, wurde er 1954 stellvertretender Pr¨asident des Bundesverfassungsgerichts, dem er bis 1965 angeh¨orte. Von H., der Bundesrichter und Verfassungsrichter zugleich war, stammt die sog. Heck’sche Formel, die zu einer Entlastung der Verfassungsgerichtsbarkeit f¨uhren sollte, indem sie eine klare Teilung der Zust¨andigkeitsbereiche von Fachund Bundesgerichten vorsieht.

Heck, Ludwig (Franz Friedrich Georg), Zoologe, * 11. 8. 1860 Darmstadt, † 17. 7. 1951 M¨unchen. H., Sohn eines Lehrers, studierte u. a. in Darmstadt, Berlin und Leipzig Naturwissenschaften mit Schwerpunkt Zoologie, war nach der Promotion 1885 (Die Hauptgruppen des Thiersystems bei Aristoteles und seinen Nachfolgern) Assistent im Frankfurter Zoo und wurde 1886 Direktor des Zoologischen Gartens in K¨oln, 1888 Leiter des Berliner Zoos. 1895 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. Unter H.s Direktion wurden zahlreiche Erweiterungsbauten, das Aquarium (1913) sowie neuzeitliche Freianlagen errichtet, aber auch der Arten-, Unterartenund Individuenbestand des Zoos auf eine in der Welt einzigartige H¨ohe gebracht. Erfolge erzielte H. auch in der Nachzucht bedrohter Tierarten. Die wissenschaftlichen Aufgaben des Zoos f¨orderte er nicht zuletzt durch eine enge Zusammenarbeit mit dem Zoologischen Museum und der Tier¨arztlichen Hochschule. Gemeinsam mit Max → Hilzheimer gab H. 1912-16 die vier B¨ande S¨augetiere der 4. Auflage von Brehms Tierleben heraus. 1938 erschienen Heiter-ernste Lebensberichte. Erinnerungen eines alten Tierg¨artners. H. war der Vater von Heinz und Lutz → H. C NDB

Heck, Lutz, eigentl. Ludwig (Georg Heinrich) H., Zoologe, * 23. 4. 1892 Berlin, † 6. 4. 1983 Wiesbaden. H., Bruder von Heinz → H., wurde nach dem Zoologie- und Medizinstudium (Promotion zum Dr. phil. 1921 in Berlin, ¨ Uber die Bildung einer Assoziation beim Regenwurm auf

Grund von Dressurversuchen) Assistent und sp¨ater Stellvertreter des Direktors des Zoologischen Gartens in Halle / Saale. 1924 kam er als Assistent seines Vaters Ludwig → H. an den Berliner Zoo und u¨ bernahm 1932 dessen Nachfolge als Direktor des Zoologischen Gartens. Mit der Errichtung neuzeitlicher, an die nat¨urlichen Lebensbedingungen der Tiere angepaßter Anlagen setzte H. die Arbeit seines Vaters fort, die durch die Zerst¨orung des Zoos 1945 ihr Ende fand. Danach lebte er als Tierforscher und freier Schriftsteller in Wiesbaden. H. schrieb mehrere B¨ucher, in denen er besonders seine Erlebnisse auf zahlreichen Expeditionsreisen durch Afrika schilderte (u. a. Aus der Wildnis in den Zoo, 1930; Auf Tiersuche in weiter Welt, 1942, Neuaufl. 1944; Tiere – mein Abenteuer, 1952, d¨an. 1953, engl. 1954, schwed. 1954, frz. 1955; Wilde Tiere unter sich, 1970). C Munzinger

Heck, Philipp (Nicolai) von, Jurist, * 22. 7. 1858 St. Petersburg, † 28. 6. 1943 T¨ubingen. Der Sohn eines deutschen Kaufmanns besuchte das Gymnasium in Wiesbaden und studierte seit 1879 in Leipzig, Heidelberg und Berlin Rechtswissenschaft. 1889 wurde er promoviert, habilitierte sich im selben Jahr und wurde Privatdozent in Berlin. Nach T¨atigkeiten als o. Prof. in Greifswald (seit 1891) und Halle (seit 1892) wurde er 1901 auf den Lehrstuhl f¨ur Deutsches Recht, Handels- und Wechselrecht sowie B¨urgerliches Recht in T¨ubingen berufen, den er bis zu seiner Emeritierung 1928 innehatte. In seinen zahlreichen Ver¨offentlichungen befaßte sich H., der 1912 nobilitiert wurde, vorwiegend mit Rechtsgeschichte, Zivilrecht und der Methode der Rechtsforschung. Mit Max → R¨umelin und anderen entwickelte er die sog. Interessenjurisprudenz, die das heutige Zivilrecht entscheidend beeinflußte. Seine Lehrb¨ucher Grundriß des Schuldrechts (1929, Neudr. 1958) und Grundriß des Sachenrechts (1930, Neudr. 1960) erlangten bleibende Bedeutung. C Kleinheyer

Hecke, Erich, Mathematiker, * 20. 9. 1887 Buk (Prov. Posen), † 13. 2. 1947 Kopenhagen. H., Sohn eines Baumeisters, studierte an den Universit¨aten Breslau, Berlin und G¨ottingen Mathematik und wurde 1910 mit der Arbeit Zur Theorie der Modulfunktionen von zwei Variabeln und ihre Anwendung auf die Zahlentheorie promoviert. 1912 in G¨ottingen habilitiert, wurde er 1915 a. o., 1916 o. Prof. in Basel und ging 1918 nach G¨ottingen, 1919 an die Univ. Hamburg. 1943 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Hauptforschungsgebiete H.s waren die analytische und algebraische Zahlentheorie. Insbesondere verdankt die Mathematik ihm wesentliche Einsichten in den analytischen Charakter der Dedekindschen Zetafunktionen. H. definierte verallgemeinerte Dirichletsche L-Funktionen, f¨ur die er eine Funktionalgleichung herleitete, die ihn zu den Heckeschen LReihen f¨uhrte. Grundlegend sind auch seine Entdeckungen u¨ ber die Operatorentheorie, die f¨ur die Erforschung des Zusammenhangs zwischen Primzahlen und analytischen Funktionen fruchtbar waren. H. ver¨offentlichte u. a. Vorlesungen u¨ ber die Theorie der algebraischen Zahlen (1923, 21954, engl. 1981), Analytische Arithmetik der positiven quadratischen Formen (1940) und Mathematische Werke (1959, 3 1983). C NDB Hecke, Wenzel, o¨ sterr. Agronom, * 20. 2. 1824 Reichenberg (B¨ohmen), † 27. 4. 1900 Wien. Zun¨achst als Amtsschreiber t¨atig, studierte H. seit 1851 an der H¨oheren Landwirtschaftlichen Lehranstalt in UngarischAltenburg, wurde dort 1854 Dozent f¨ur Pflanzenbau und Forstwirtschaftslehre und erhielt 1857 Professorentitel. Danach Oberdirektor des k. k. Staatsgest¨uts in Radautz, war er 1872-95 o. Prof. f¨ur landwirtschaftliche Betriebslehre an

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Heckel der Hochschule f¨ur Bodenkultur in Wien und 1874 / 75 und 1879 / 80 deren Rektor. Neben seinem bedeutendsten pflanzenbaulichen Werk Die Landwirthschaft in der Umgebung von Ungarisch-Altenburg und die landwirthschaftliche Lehranstalt daselbst (1861) ver¨offentlichte er u. a. Die Sojabohne im Jahr 1878 (1879), Wallensteins G¨uterbewirtschaftungen (1881) und Auf landwirtschaftlichen Wanderungen (1891). 1879 gab er den Band Der allgemeine landwirthschaftliche Pflanzenbau von Friedrich → Haberlandt heraus. C B¨ohm

Heckel, August von, Maler, * 26. 9. 1824 Landshut, † 26. 10. 1883 M¨unchen. H. studierte an der Augsburger Kunstschule und war in M¨unchen an der Akademie Sch¨uler von Karl → Schorn und Philipp → Foltz. Seit 1850 beschickte er verschiedene Ausstellungen mit seinen Werken. Studienreisen f¨uhrten H. nach Paris und Belgien sowie f¨ur drei Jahre nach Italien. Neben dem Monumentalbild Judith zeigt dem Volke das Haupt des Holofernes, das nach H.s R¨uckkehr nach M¨unchen entstand, geh¨oren die Fresken im Bayerischen Nationalmuseum (heute V¨olkerkundemusueum) sowie mehrere Entw¨urfe zu Wandgem¨alden, Surporten und Gobelins, die er im Auftrag K¨onig → Ludwigs II. f¨ur die Schl¨osser Linderhof und Neuschwanstein anfertigte, zu seinen Hauptwerken. C Th-B

Heckel, (Philipp Jacob) Emil, Verleger, Musikalienh¨andler, * 22. 5. 1831 Mannheim, † 28. 3. 1908 Mannheim. H. wurde 1857 Mitinhaber der von seinem Vater Karl Ferdinand H. 1821 gegr¨undeten Instrumenten- und Musikalienhandlung in Mannheim. Seit 1870 leitete er die Instrumentenabteilung; sein Bruder u¨ bernahm die Verlagsabteilung. 1869 gr¨undete H. eine Konzertvereinigung und geh¨orte seit 1877 dem Mannheimer Hoftheater-Komitee an, dem er seit 1879 mehrmals als Pr¨asident vorstand. Musikgeschichtliche Bedeutung erlangte H. besonders durch seinen Einsatz f¨ur Richard → Wagner. Zusammen mit Carl → Tausig gr¨undete er 1871 den ersten Richard-Wagner-Verein im deutschen Sprachgebiet und initiierte eine deutsche Nationalsammlung f¨ur das Bayreuther Festspielhaus, die allerdings fehlschlug. Im Musiksalon seiner Firma veranstaltete H. zum Teil wichtige Konzerte; u. a. erklangen 1872 Teile aus der G¨otterd¨ammerung unter der Leitung Wagners, 1896 spielte Hugo → Wolf eigene Werke. C MGG

Heckel, Erich, Maler, Zeichner, Graphiker, * 31. 7. 1883 D¨obeln (Sachsen), † 27. 1. 1970 Hemmenhofen / Bodensee. Nach Schuljahren in Olbernhau, Freiberg und Chemnitz am Realgymnasium, wo er 1901 mit Karl → SchmidtRottluff Freundschaft schloß, begann H. 1904 an der TH Dresden Architektur bei Fritz → Schumacher zu studieren. Nach drei Semestern brach er das Studium ab, um 1905 mit seinen Kommilitonen Fritz Bleyl, Ernst Ludwig → Kirchner und K. Schmidt-Rottluff die expressionistische K¨unstlergemeinschaft „Die Br¨ucke“ zu gr¨unden. Bis 1907 aus Existenzgr¨unden noch im Architekturb¨uro von Wilhelm → Kreis t¨atig, widmete er sich danach ausschließlich der Malerei, die bis etwa 1911 stark im Zeichen des kollektiven, sehr vehement gestischen, farbintensiven Br¨ucke-Stils stand. J¨ahrliche Sommer- bzw. Herbstaufenthalte zwischen 1907 und 1911 in Norddeutschland, besonders in Dangast, spielten dabei f¨ur H. nicht nur in der Motivik, vor allem Landschaften, Akte und Genreszenen, sondern auch bei der Entwicklung einer mehr verhaltenen, strengen und herben Stilistik eine wichtige Rolle. Eine Fr¨uhjahrsreise nach Rom 1909 hinterließ

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dagegen wenig Spuren. Seit einem Berlin-Besuch 1910 mit Otto → Mueller befreundet, u¨ bersiedelte H. im Herbst 1911 nach Berlin-Steglitz in das ehemalige Atelier Muellers. Neben neuen Motiven (Großstadt, Zirkus) und Kontakten zu Franz → Marc, August → Macke und Lyonel → Feininger f¨uhrte vor allem die Auseinandersetzung mit dem Kubismus und Robert Delaunay zu einer kristallin-prismatischen, farbig zur¨uckgenommenen Formsprache (u. a. Gl¨aserner Tag, ¨ 1913, Neue Pinakothek M¨unchen), die einen H¨ohepunkt Ol seines Schaffens bezeichnet. In ihm geb¨uhrt dem Aquarell wie der Handzeichnung eine weitgehend eigenst¨andige Stellung der spontanen ersten Fixierung, w¨ahrend die Druckgraphik, besonders der Farbholzschnitt und die Lithographie, in der Vorkriegszeit mit ihrer lapidaren Kraft sogar die Malerei dominierten. Erste Wandbildauftr¨age f¨ur eine Kapelle auf der K¨olner Sonderbundausstellung 1912 (mit E. L. Kirchner) und in einer Galerie zur Werkbundausstellung 1914 in K¨oln festigten seinen Ruf. Im Ersten Weltkrieg von 1915 bis 1918 freiwilliger Pfleger beim Roten Kreuz in Flandern, wo er u. a. Max → Beckmann, Max → Kaus und James Ensor begegnete, konnte H. weiter k¨unstlerisch t¨atig sein. Werke wie das Selbstbildnis von 1919 (Nationalgalerie Berlin) zeigen noch die Spuren der tiefen seelischen Ersch¨utterung. Seit November 1918 wieder in Berlin, entfaltete sich u¨ ber mehrere Jahrzehnte mit j¨ahrlichen Sommeraufenthalten in Osterholz an der Flensburger F¨orde und vielen Reisen durch Europa (Alpen, Tessin, Frankreich, Großbritannien, D¨anemark, Schweden, Norditalien, Sizilien) ein mehr hellfarbiges, lyrisch gemildertes Werk, das in vielen Stadt- und Landschaftsmotiven, Bildnissen, fig¨urlichen Szenen und Stilleben ein gewandeltes, engeres Verh¨altnis zur Natur bezeugt. Es bestimmt auch noch, mit der Neigung zur Strenge, die R¨uckzugsposi¨ des Nationalsozialismus, als man 1937 in tion H.s in der Ara der Aktion „entartete Kunst“ 729 seiner Werke aus deutschen Museen entfernte, ihm aber kein Malverbot erteilte. Landschaften von seinen Reisen, u. a. 1940-42 ins Salzkammergut und nach K¨arnten, dominierten zwar weiter, allerdings farbig zur¨uckgenommen, w¨ahrend das Thema Tod und Tragik (u. a. Der alte Clown stirbt, Tempera 1936, Landesmuseum Schleswig) direkter sein Zeitverh¨altnis widerspiegelt. Als im Januar 1944 durch Bombenangriff sein Berliner Atelier mit zahlreichen Werken, besonders Zeichnungen und allen Druckst¨ocken, vernichtet wurde, siedelte er im Mai nach Hemmenhofen am Bodensee u¨ ber. Bis auf eine sechsj¨ahrige Lehrt¨atigkeit an der Kunstakademie Karlsruhe 1949-55 ist er dort mit einer Art bilanzierender Reflexion seines Lebenswerkes schon abseits vom Strom der abstrakten Moderne, aber geehrt als der Lyriker unter den Klassikern der deutschen Moderne, noch produktiv gewesen. Zahlreiche Werke von H. befinden sich im Br¨ucke-Museum und der Nationalgalerie Berlin, dem Landesmuseum Schleswig, Museum Ludwig in K¨oln und Museum Folkwang in Essen. Das Wandbild Das Leben der Menschen (1922-24) besitzt das Angermuseum Erfurt. LITERATUR: Ludwig Thormaehlen: E. H. Leipzig 1931. Karlsruhe 1953. – Heinz K¨ohn: E. H. Berlin 1946. – Paul Ortwin Rave: E. H. Leipzig 1948. – Lothar G¨unter Buchheim: E. H. Holzschnitte aus den Jahren 1905-56. Feldafing 1957. – Annemarie und Wolf-Dieter Dube: E. H. Das druckgrafische Werk. 3 Bde., New York / Berlin 1964-74. – Paul Vogt: E. H. Mit Œuvrekatalog der Gem¨alde, Wandmalereien und Plastik. Recklinghausen 1965. – E. H. Gem¨alde, Aquarelle und Zeichnungen aus dem Nachlaß des K¨unstlers. Berlin 1976. – Karl Heinz Gabler: E. H. und sein Kreis: Dokumente, Fotos, Briefe, Schriften. Stuttgart / Z¨urich 1983. – Ders.: E. H. Zeichnungen und Aquarelle. Stuttgart / Z¨urich

Heckel 1983. – Anton Henze: E. H. Leben und Werk. Stuttgart / Z¨urich 1983. – Magdalena M. Moeller (Hrsg.): E. H. – sein Werk der 20er Jahre. M¨unchen 2004. G¨unter Meißner

Heckel, Ernst (Ferdinand), Fabrikant, * 26. 11. 1861 Saarbr¨ucken, † 26. 5. 1949 Tegernsee. Nach dem Besuch der Gewerbeschule in Saarbr¨ucken und dem Studium an der TH Karlsruhe erhielt H. eine praktische Ausbildung in der von seinem Urgroßvater Johann Georg H. gegr¨undeten Drahtseilfabrik, deren Leitung er zusammen mit seinem Bruder sp¨ater u¨ bernahm. Die erfolgreiche Verwendung von Drahtseilen in der maschinellen Streckenf¨orderung im Bergbau f¨uhrte 1905 zur Errichtung der „Gesellschaft f¨ur F¨orderanlagen Ernst Heckel mbH, Saarbr¨ucken“. Die mit Unterst¨utzung von Karl Glinz und anderen entwickelten Neukonstruktionen umfaßten bald Transport-, Rangier- und Verladeanlagen aller Art und erm¨oglichten die erste Schachtgef¨aßf¨orderung (Skip-F¨orderung) wie auch den Bau der ersten Personendrahtseilbahn mit Großkabinen am Schauinsland bei Freiburg / Breisgau nach dem Ersten Weltkrieg. 1927 mußte die Firma aufgrund finanzieller Schwierigkeiten an den „Arbed“-Konzern verkauft werden; nach dem Zweiten Weltkrieg ging sie in die „Pohlig-Heckel-Bleichert Vereinigte Maschinenfabriken AG“ ein. 1912 gr¨undete H. in Saarbr¨ucken einen Orchesterverein, 1913 einen Theaterverein. C NDB

Heckel, Hans, Jurist, * 30. 7. 1904 Breslau, † 2. 2. 1991 Schwalbach / Taunus. Nach dem Jurastudium wurde H. Richter, war dann im Verwaltungsdienst t¨atig und arbeitete nach dem Zweiten Weltkrieg als Rechtsanwalt in T¨ubingen. 1948 u¨ bernahm er die Leitung der allgemeinen Abteilung des Kultusministeriums in Hannover und war 1949-52 Vorsitzender des Schulfinanzausschusses der Kultusministerkonferenz. 1952 wurde H. zum Prof. am Deutschen Institut f¨ur Internationale P¨adagogische Forschung in Frankfurt / Main ernannt. 1958 ver¨offentlichte er seine Grundordnung f¨ur die Schule, die zum Vorbild f¨ur die Landesschulgesetze wurde. Im selben Jahr trat er als Ministerialdirigent in das hessische Kultusministerium ein und wurde 1964 o. Prof. am Deutschen Institut f¨ur Internationale P¨adagogische Forschung.

Heckel, Johann Adam, Instrumentenbauer, * 14. 7. 1812 Adorf (Vogtland), † 13. 4. 1877 Biebrich (heute zu Wiesbaden). H., Sohn eines Weißb¨ackermeisters, erlernte in Adorf den Instrumentenbau und kam 1829 nach Mainz, wo er in der Firma B. Schott & S¨ohne t¨atig war. Zusammen mit dem Fagottisten Karl → Almenr¨ader er¨offnete er 1831 die „Instrumentenfabrik Almenr¨ader und Heckel“, in der sie haupts¨achlich Fagotte und Klarinetten bauten. Seit 1845 f¨uhrte H. die Firma allein. Bekannt wurde vor allem das sog. HeckelAlmenr¨ader-Fagott, das durch seine ver¨anderte Tubusbohrung und Klappenmechanik die ungleiche Qualit¨at, die sich bisher bei einigen Fagott¨onen, besonders in bestimmten Kreuztonarten, bemerkbar machte, beheben konnte. Die neue Konstruktion verdr¨angte die bisherigen Systeme und wurde von H.s Sohn Wilhelm → H. zum modernen Heckelfagott weiterentwickelt. C MGG

Heckel, Johann Jakob, Zoologe, * 23. 1. 1790 Mannheim, † 1. 3. 1857 Wien. H. verbrachte seine Kindheit in Wien, wohin seine Eltern infolge des Kriegs gefl¨uchtet waren, studierte am Ge¨ orgikon in Keszthely (Ungarn) Okonomie und kam 1820 als Pr¨aparator an das Wiener Hof-Naturalienkabinett. 1832 wurde er Aufseher-Assistent, 1835 Aufseher und betreute seit 1836 die bis dahin vernachl¨assigte Fischsammlung, die er bedeutend ausbaute. Die Ergebnisse von mehreren Studienfahrten an die o¨ sterr. Seen und an die dalmatinische

K¨uste gingen in Publikationen ein, die sich durch ihre genaue Gattungs- und Artenbeschreibung auszeichnen und H. zum eigentlichen Begr¨under der wissenschaftlichen Ichthyo¨ logie in Osterreich werden ließen. Er ver¨offentlichte u. a. Fische aus Kaschmir (1838) und Beitr¨age zur Kenntniss der fossilen Fische Oesterreichs (1856). Als sein Lebenswerk gilt Die S¨ußwasserfische der o¨ sterreichischen Monarchie mit R¨ucksicht auf die angrenzenden L¨ander (1858, mit Rudolf → Kner).

Heckel, Johannes (Wilhelm Otto), Jurist, * 24. 11. 1889 Kammerstein (Mittelfranken), † 15. 12. 1963 T¨ubingen. Der Sohn eines Kirchenrats und Bruder Theodor → H.s studierte in M¨unchen Rechtswissenschaften und trat nach schwerer Verwundung im Ersten Weltkrieg in den Konsistorialdienst in M¨unchen, sp¨ater in Berlin ein, wo er mit Ulrich → Stutz zusammentraf. 1923 wurde H. in Berlin ¨ Privatdozent f¨ur Kirchenrecht, 1928 o. Prof. des Offentlichen Rechts, insbesondere Kirchenrechts in Bonn und erhielt 1934 den gleichen Lehrstuhl an der Univ. M¨unchen, den er – mit einer Unterbrechung 1945-48 – bis zu seiner Emeritierung 1957 innehatte. Schon im Deutschen Evangelischen Kirchenbund der Weimarer Zeit war H. als juristischer Berater t¨atig und wirkte 1931 am Preußischen Kirchenvertrag mit. 1933 hatte er an der Ausarbeitung einer selbst¨andigen Reichskirchenverfassung maßgeblichen Anteil und diente nach der Zerschlagung des Kirchenbundes und seinem Umschwenken auf die Seite der Deutschen Christen dem Reichsbischof Ludwig → M¨uller zeitweise als Rechtsberater. 1937 trat er in die NSDAP ein. 1951 wurde er Pr¨asident des Verfassungs- und Verwaltungsgerichts der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands. H. ver¨offentlichte u. a. Lex charitatis. Eine juristische Untersuchung u¨ ber das Recht in der Theologie Martin Luthers (1953, 21973). C H¨opfner

Heckel, Theodor, evang. Bischof, * 15. 4. 1894 Kammerstein (Mittelfranken), † 24. 6. 1967 M¨unchen. Der Bruder Johannes → H.s studierte 1913-20 – mit Unterbrechung durch die Teilnahme am Ersten Weltkrieg – Theologie in Erlangen und war als Mitglied des Freikorps Epp an den K¨ampfen in S¨uddeutschland beteiligt. 1922-25 Hilfsprediger in M¨unchen-Solln, lehrte er danach Religion an der Lehrerinnenbildungsanstalt in Erlangen, wo er 1927 promoviert wurde, und ging im selben Jahr als Oberkonsistorialrat an das Kirchenbundesamt in Berlin. 1934-45 mit dem Titel Bischof Leiter des Kirchlichen Amtes f¨ur ausw¨artige Angelegenheiten, war er f¨ur die umstrittene Außenpolitik der Reichskirche verantwortlich. Seit 1939 leitete er das „Evangelische Hilfswerk f¨ur Internierte und Kriegsgefangene“, mit dem er deutsche Kriegsgefangene und Zivilinternierte u¨ ber das Ende des Zweiten Weltkriegs hinaus betreute. 1950-64 war er M¨unchner Stadtdekan und gr¨undete das Evangelische Bildungswerk (heute Evangelisches Forum). H., der 1933 die Einf¨uhrung des Arierparagraphen in evang. Landeskirchen international verteidigte, ver¨offentlichte u. a. Adolf von Harleß. Theologie und Kirchenpolitik eines lutherischen Bischofs in Bayern (1933), Ernst Moritz Arndt. Ein Mannesleben f¨ur Glaube und Volkstum (1939) und Kirche jenseits der Grenzen. Aus der evangelischen Auslandsdiaspora (1949). C Weiß

Heckel, (Ludwig Georg Otto) Wilhelm, Instrumentenbauer, * 15. 1. 1856 Biebrich (heute zu Wiesbaden), † 13. 1. 1909 Biebrich. H. erlernte im Betrieb seines Vaters Johann Adam → H. den Instrumentenbau und u¨ bernahm nach dessen Tod die Firmenleitung. Durch eine neue G-Klappe an ver¨anderter Stelle konnte er das Heckel-Almenr¨ader-Fagott entscheidend verbessern und klangliche Einbußen in der Tonreinheit gegen¨uber den fr¨uheren Systemen ausgleichen. 1879 f¨uhrte H.

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Heckel seine Fagotte sowie ein im Tonumfang bis zum Subkontra-B erweitertes Kontrafagott Richard → Wagner vor, der letzteres f¨ur seinen Parsifal verwendete. Wagner regte H. dann zur Konstruktion des sog. Heckelphons (1904) an, einem Doppelrohrblattinstrument in Baritonlage, das, eine Oktave tiefer als die Oboe klingend, die tonschwache Baritonoboe im Orchester ersetzte. Das Heckelphon wird heute meist von Oboisten als Nebeninstrument geblasen. Richard → Strauss verwendete es zum ersten Mal f¨ur das Hauptmotiv seiner Salome, sp¨ater auch in der Elektra und der Alpensinfonie. C NDB

Heckel, Wolf(f), Musiker, Komponist, * um 1515 M¨unchen, † nach 1562. H. gilt als einer der wichtigsten deutschen Lautenisten des ¨ 16. Jahrhunderts. Uber seine n¨aheren Lebensumst¨ande ist nichts bekannt. Er war B¨urger von Straßburg, wo er vermutlich mit dem Drucker und Lautenisten Bernhard → Jobin in Kontakt stand. H.s Werke sind bedeutsame Zeugnisse des zweistimmigen Satzes in der deutschen Lautentabulatur. In seiner Spieltechnik ist er von Hans → Neusidler beeinflußt, aus dessen Drucken er einige S¨atze in seine Sammlungen u¨ bernahm. Weitere St¨ucke kn¨upfen an Drucke von Hans Jacob Wecker an. Wichtigste Quelle f¨ur H.s Kompositionen ist sein 1556 in Straßburg erschienenes Discant [Tenor] Lautten Buch von mancherley sch¨onen und lieblichen stucken [. . .], das vor allem Tanzs¨atze enth¨alt. Seine Passamezzo-PadoanaSaltarello-Zyklen bilden ein zentrales Glied in der Fr¨uhgeschichte der Lautensuite. C MGG

Heckenast, Gustav, Verleger, * 2. 9. 1811 Kaschau (heute Koˇsice, Slowakei), † 12. 4. 1878 Preßburg. Der Sohn eines Pastors durchlief eine kaufm¨annische Lehre und trat 1826 in die Buchhandlung von Otto → Wigand in Pest ein, die er 1834 u¨ bernahm und bald um ein wissenschaftliches Antiquariat erweiterte. 1841 gr¨undete er zusammen mit Lajos Landerer einen Verlag und eine Druckerei, mit denen er dem ungarischen Verlagsbuchhandel entscheidende Impulse gab. H. f¨orderte ungarische Dichter ¨ (u. a. Pet¨ofi und J´osika), sorgte f¨ur Ubersetzungen ins Deutsche und begr¨undete bemerkenswerte ungarische Zeitschriften und lexikalische Werke. Zahlreiche Werke o¨ sterr. Dichter, darunter Adalbert → Stifter und Peter → Rosegger, mit denen er auch freundschaftlich verbunden war, wurden von H. verlegt. 1839 begr¨undete H. das Taschenbuch „Iris“, das bis 1849 erschien und im ganzen deutschen Sprachraum Verbreitung fand. C LGB Heckendorf, Franz, Maler, * 5. 11. 1888 Berlin, † 17. 8. 1962 M¨unchen. H. bildete sich an der Unterrichtsanstalt des Berliner Kunstgewerbemuseums und der Berliner Akademie, u¨ berwiegend aber autodidaktisch aus und trat bereits 1909 mit zwei Werken in einer Ausstellung der Berliner Sezession hervor, die noch von impressionistischer Malweise bestimmt waren. Studienreisen f¨uhrten ihn nach Paris, Italien und bis nach Kleinasien. In seinen sp¨ateren Bildern, haupts¨achlich Landschaften, aber auch Stilleben und Bildnissen, entwickelte sich H. zu einem bedeutenden Vertreter des deutschen Expressionismus. Seinen Stil kennzeichnen kr¨aftige Konturen ¨ Pastell und leuchtende Farben. Neben seinen Arbeiten in Ol, und Aquarell schuf H. als Graphiker das Mappenwerk Die Sonne (1919). 1945-48 war er an den Akademien in Wien und Salzburg t¨atig und lebte anschließend in M¨unchen. C Th-B Heckenstaller, Urban, Beamter, Schriftsteller, † 5. 2. 1748 M¨unchen. H. stand als Sekret¨ar des Geheimen Rats seit 1690 in kurf¨urstlich-bayerischen Diensten. 1702, zur Zeit der o¨ sterr. Besetzung, gr¨undete er u. a. zusammen mit dem sp¨ateren

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kurpf¨alzischen Rat Johann Georg L¨uttich die „Nutz und Lust erweckende Gesellschaft der vertrauten Nachbarn am Isarstrome“ (die sog. Isargesellschaft), deren Ver¨offentlichungen politische Streitfragen behandelten. 1705 / 06 am bayerischen Bauernaufstand beteiligt, fl¨uchtete H. nach dessen Niederschlagung in das Freisinger Franziskanerkloster, kehrte aber nach Kriegsende 1715 wieder in seine alte Stellung zur¨uck und begleitete als Sekret¨ar die Prinzen Philipp Moritz und → Clemens August 1716-19 auf ihrer Romreise. H. verfaßte mehrere Schriften und u¨ bersetzte die Underweisung der Jugend in der Christlichen Gottseeligkeit [. . .] von Charles Gobinet (1714). C ADB

Hecker, August Friedrich, Mediziner, Medizinhistoriker, * 1. 7. 1763 Kitten bei Halle, † 11. 10. 1811 Berlin. Nach dem Medizinstudium in Halle und der Promotion 1787 (qua morbum syphiliticum et scrophulosum unum eundemque morbum esse, evincere conatur) war H. praktischer Arzt in Frankenhausen an der Wipper. 1790 erhielt er einen Ruf als Prof. der Medizin nach Erfurt, wurde zum Hofrat ernannt und ging 1805 an das Medizinisch-Chirurgische Collegium nach Berlin. H. ver¨offentlichte zahlreiche Hand- und Lehrb¨ucher sowie historische Abhandlungen (Die Heilkunst auf ihren Wegen zur Gewißheit, 1802, 41819; Practische Arzneimittellehre, 1814, 41838; Die Kunst, den Ausgang der Krankheiten vorher zu sagen, 1820) und gab u. a. das „Journal der Erfindungen, Theorien und Widerspr¨uche in der gesammten Natur- und Arzneiwissenschaft“ (11 Bde., 1798-1809) heraus. Er war der Vater von Justus Friedrich Karl → H. C ADB

Hecker, Carl, Kaufmann, * 22. 9. 1795 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 18. 3. 1873 Bonn. H., dessen Vater als F¨arber aus Hattingen in das Wuppertal eingewandert war, wurde 1828 nach seiner Ausbildung zum Kaufmann in Heidelberg, Teilhaber der expandierenden Stoffdruckerei Gebr. Bockm¨uhl, Schlieper & Hecker in Elberfeld. Er engagierte sich auf sozialem und kirchlichem Gebiet und war Pr¨asident der Handelskammer von Elberfeld und Barmen (1840-47), Gemeindeverordneter (1846-49) und Mitglied der Ersten Kammer Preußens (1849). Wegen seiner Zugeh¨origkeit zum „Sicherheitsausschuß“ w¨ahrend des im Zuge der Reichsverfassungskampagne ausgebrochenen Aufstandes im Mai 1849 verlor H., Verfechter eines entschiedenen Liberalismus, vor allem auf Betreiben des preuß. Handelsministers August von der → Heydt alle o¨ ffentlichen ¨ Amter und lebte seitdem zur¨uckgezogen in Bonn. C Rhein-Westf Wirt, Bd 18

Hecker, Ewald, Psychiater, * 20. 10. 1843 Halle / Saale, † 11. 1. 1909 Wiesbaden. Urspr¨unglich zum Architekten bestimmt, wandte sich H. bald dem Medizinstudium zu, wurde 1866 in K¨onigsberg promoviert (Nonnulla de tuberculosis pulmonum et aetiologia et therapia) und trat als Assistent in die Irrenanstalt Allenberg ein. Hier lernte er Karl Ludwig → Kahlbaum kennen und wurde, als dieser 1867 die Privatanstalt G¨orlitz u¨ bernahm, sein enger Mitarbeiter. Gemeinsam mit Kahlbaum setzte sich H. f¨ur die weitgehende Abschaffung der Zwangsmaßnahmen im Umgang mit psychisch Kranken ein. 1876 u¨ bernahm H. die Leitung der Heil- und Pflegeanstalt Plagwitz, wo er die Arbeitsbehandlung und Freizeitbesch¨aftigung f¨ur die Insassen einf¨uhrte. 1881 wandelte er die Wasserheilanstalt Johannisberg / Rhein in eine offene Nervenheilanstalt um, die er 1891 nach Wiesbaden verlegte. 1907 wurde H. von der preuß. Regierung der Professorentitel verliehen. H. ver¨offentlichte u. a. Die Physiologie und Psychologie des Lachens und des Komischen (1873), Anleitung f¨ur Angeh¨orige von Gem¨uths- und Geisteskranken zur zweckm¨assigen F¨ursorge f¨ur ihre Patienten vor und nach

Hecker ¨ der Ubersiedlung derselben in eine Anstalt (1876, 21879), ¨ Uber das Verh¨altnis zwischen Nerven- und Geisteskrankheiten (1881) und Hypnose und Suggestion im Dienste der Heilkunde (1893). C Deutsche Irr, Bd 2

Hecker, Friedrich (Franz Karl), Jurist, Politiker, * 28. 9. 1811 Eichtersheim (heute zu Angelbachtal, RheinNeckar-Kreis), † 24. 3. 1881 St. Louis (Missouri, USA). Nach dem Jurastudium in Heidelberg und M¨unchen, das er 1834 mit der Promotion abschloß, trat H., Sohn eines Rentamtmanns und sp¨ateren Hofrats, zun¨achst in den bayerischen Staatsdienst ein und wurde 1838 Rechtsanwalt in Mannheim. 1842 ließ er sich als Abgeordneter des Wahlkreises Weinheim-Ladenburg in die Badische Zweite Kammer w¨ahlen, wo er zu den F¨uhrern der liberalen Opposition geh¨orte. Schon fr¨uhzeitig trat H. f¨ur eine deutsche Nationalrepr¨asentation ein, wandelte sich jedoch unter dem Einfluß Gustav von → Struves zum radikalen Demokraten und Republikaner. Im Frankfurter Vorparlament 1848 konnte H. sein Ziel, die Versammlung zu einem permanenten revolution¨aren Volkskomitee zu erheben, nicht durchsetzen und organisierte, nach Mannheim zur¨uckgekehrt, gemeinsam mit Struve einen bewaffneten Aufstand. Die erwartete Massenerhebung blieb jedoch aus; mit einigen hundert Freisch¨arlern unterlagen H. und Struve am 20. 4. bei Kandern den badischen Regierungstruppen. H. fl¨uchtete in die Schweiz und wanderte im September 1848 in die USA aus. Als Farmer im Staat Illinois nahm er am o¨ ffentlichen Leben teil und k¨ampfte auf seiten der Union im Amerikanischen B¨urgerkrieg. 1849 und 1873 kehrte er auf kurzen Reisen nach Deutschland zur¨uck, begr¨ußte jedoch die deutsche Einheit, ohne sich mit der Rolle Preußens im Reich einverstanden erkl¨aren zu k¨onnen. H. verfaßte u. a. eine Schrift u¨ ber Die Erhebung des Volkes in Baden [. . .] Im „Heckerlied“ (Sollte jemand fragen, lebet Hecker noch) und im „Heckerhut“ ist seine Gestalt volkst¨umlich geworden. C Jacoby

Hecker, Isaak Thomas, kath. Theologe, Ordensgr¨under, * 18. 12. 1819 New York, † 22. 12. 1888 New York. Der Sohn deutscher Methodisten konvertierte 1844 zum Katholizismus, trat 1845 in Belgien bei den Redemptoristen zu St. Trond in den Orden ein und wurde nach Theologiestudien in den Niederlanden und in England 1849 zum Priester geweiht. 1851 kehrte er als Missionsprediger nach Amerika zur¨uck und entwickelte seine auf amerikanische Laienaktivit¨at und pers¨onliche Freiheit ausgerichteten Ideen, die als „Amerikanismus“ bezeichnet wurden und viel Anklang fanden, aber zum Ausschluß H.s aus seinem Orden f¨uhrten. Von Papst Pius IX. autorisiert, gr¨undete H. die „Missionsgesellschaft vom hl. Apostel Paulus“, die sich die Bekehrung Andersgl¨aubiger und die Rekatholisierung Amerikas zum Ziel setzte. 1859-71 war H. Generaloberer der „Paulist Fathers“ und gab seit 1865 die erste kath. Monatsschrift in Amerika, „Catholic World Magazin“, heraus. Er ver¨offentlichte u. a. Questions of the soul (1856), Aspirations of nature (1857) und The Catholic church in the United States (1879). C LThK

Hecker, Johann(es), Astronom, * 22. 5. 1625 Danzig, † 27. 8. 1675 Danzig. H., Sohn eines Brauers und Ratsherrn, besuchte das Lyzeum in K¨onigsberg, studierte an verschiedenen europ¨aischen Universit¨aten, lernte Descartes kennen und kehrte schließlich nach Danzig zur¨uck, wo er die v¨aterliche Brauerei u¨ bernahm und 1651 Ratsherr der Altstadt Danzig wurde. 1654-64 war er Senior des Sch¨offenkollegiums. Wissenschaftlich arbeitete er mit seinem Vetter → Helvelius zusammen. Als Astronom trat H. besonders durch seinen Aufruf an die wissenschaftlich t¨atigen Astronomen hervor, den von ihm berechneten Durchgang Merkurs vor der Sonne am 6. 5. 1674 zu beobachten. In seinem Hauptwerk Motuum caelestium ephemerides

ab anno ae. v. MDCLXVI ad MDCLXXX. Ex observationibus correctis nobilissim. Tychonis Brahei, & Joh. Kepleri hypothesibus physicis, tabulisque Rudolphinis (1662) bearbeitete H. die Ephemeriden nach den Tabellen von Tycho Brahe und Johannes → Kepler f¨ur die Jahre 1666 bis 1680. Die Schrift hatte großen Erfolg und erlebte vier Auflagen. C NDB

Hecker, (Johann) Julius, P¨adagoge, * 2. 11. 1707 Werden / Ruhr, † 24. 6. 1768 Berlin. H., Sohn eines Rektors, Stadtsekret¨ars und Rentmeisters, studierte in Jena und Halle Theologie und erhielt im Seminarium selectum eine p¨adagogische Ausbildung. Vor vor allem August Hermann → Francke, an dessen P¨adagogium H. 1729-35 Lehrer verschiedener F¨acher war, hatte maßgeblichen Einfluß auf ihn. 1735 wurde H. Lehrer und Schulinspektor am Milit¨arwaisenhaus in Potsdam, 1739 Prediger an der Dreifaltigkeitskirche in Berlin. Dort widmete er sich dem Volksschulwesen, errichtete sechs vier¨ klassige Schulen und gr¨undete 1747 seine „Okonomischmathematische-Realschule“, in der junge Leute in allen f¨ur das b¨urgerliche Leben n¨utzlichen F¨achern unterrichtet wurden. Aus einem Seminar f¨ur Lehrer ging 1753 das erste „Kurm¨arkische Landschullehrerseminar“ hervor. Auch am „General-Landschul-Reglement“ von 1763, dem ersten allgemeinen preuß. Volksschulgesetz, wirkte H. federf¨uhrend mit. C Leb Westfalen, Bd 10

Hecker, Justus Friedrich Karl, Mediziner, Medizinhistoriker, * 5. 1. 1795 Erfurt, † 11. 5. 1850 Berlin. Der Sohn August Friedrich → H.s studierte in Berlin Medizin, wurde 1817 promoviert (Antiquitates hydrocephali addita hydrocephali interni chronici feliciter sanati historia) und habilitierte sich im selben Jahr (Sphygmologiae Galenicae specimen). 1822 wurde er a. o., 1834 o. Prof. der Geschichte der Medizin. In zahlreichen wissenschaftlichen Schriften widmete sich H. besonders der Geschichte der Pathologie, zu deren Begr¨undern er geh¨ort. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren eine Geschichte der Heilkunde (2 Bde., 1822-29, italien. 1838), Der schwarze Tod im vierzehnten Jahrhundert (1832, engl. 1833, auch 1889, Nachdr. 1973 und 1993, italien. 1835, Nachdr. 2001) und Die grossen Volkskrankheiten des Mittelalters (1865 als Sammlung fr¨uher erschienener Studien, Nachdr. 1964). Als einer der ersten versuchte H., die großen Volkskrankheiten aus einer Vielzahl physischer, psychischer und sozialer Faktoren heraus zu erkl¨aren. C ADB

Hecker, Jutta, Schriftstellerin, * 13. 10. 1904 Weimar, † 26. 7. 2002 Weimar. Die Tochter Max → H.s studierte Germanistik und Anglistik an der Univ. M¨unchen, wurde 1930 promoviert (Das Symbol der Blauen Blume im Zusammenhang mit der Blumensymbolik der Romantik, 1931) und war dann bis 1935 am Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar t¨atig. Nach einem erneuten Studium der P¨adagogik 1935-37 an der Univ. Jena war sie als Lehrerin in Hamburg, seit 1940 an den Lehrerseminaren in Schneidem¨uhl und Bad Honnef t¨atig. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete sie in einem Handwerksbetrieb und ließ sich 1954 als freie Schriftstellerin in Weimar nieder. Sie ver¨offentlichte meist in literarisch-k¨unstlerischem Milieu angesiedelte, biographische und historische Novellen und Romane, u. a. die vielfach aufgelegten Werke Die Altenburg. Geschichte eines Hauses (1955), Wieland. Die Geschichte eines Menschen in der Zeit (1958), Traum der ewigen Sch¨onheit. Der Lebensroman Johann Joachim Winckelmanns (1965) und Corona. Das Leben der Schauspielerin Corona Schr¨oter (1969). 1989 erschien ihre Aufsatzsammlung Wunder des Worts. Leben im Bann Goethes. C B¨ottcher

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Hecker Hecker, Max (Franz Emil), Literarhistoriker, * 6. 4. 1870 K¨oln, † 9. 4. 1948 Weimar. H., Sohn eines Ingenieurs und Stadtbaumeisters, studierte seit 1889 in Bonn Germanistik, Philosophie und Anglistik, wurde 1896 mit einer Arbeit u¨ ber Metaphysik und Asketik promoviert (Druck unter dem Titel Schopenhauer und die Indische Philosophie, 1897) und kam 1900 an das Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar, wo er bis 1945 als Archivar und seit 1928 als stellvertretender Direktor t¨atig war. Als Mitarbeiter der Weimarer Sophienausgabe der Werke → Goethes edierte H. die Schriften zur Literatur, einige Briefb¨ande und erarbeitete den kritischen Apparat zur Achilleis und das Register der I. Abteilung. Zu seinen Einzelausgaben Goethescher Werke z¨ahlen u. a. Maximen und Reflexionen von 1907. H. war 1924-35 Herausgeber des „Jahrbuchs der Goethe-Gesellschaft“. Um die Schillerforschung machte er sich durch die Gr¨undung der von Julius → Petersen fortgef¨uhrten Sammlung zeitgen¨ossischer Zeugnisse zu „Schillers Pers¨onlichkeit“ (1904 ff.) verdient. Zu seinen weiteren Ver¨offentlichungen z¨ahlen Novellen der Romanik (1921) und Schillers Tod und Bestattung (1935). H. war der Vater von Jutta → H. C IGL

Hecker, Oskar (Ernst August), Geophysiker, * 21. 5. 1864 Bersenbr¨uck bei Osnabr¨uck, † 19. 9. 1938 M¨unchen. Nach dem Studium der Astronomie an den Universit¨aten Bonn, Berlin und M¨unchen (Promotion 1891, Ueber die Darstellung der Eigenbewegungen der Fixsterne und die Bewegung des Sonnensystems) trat H., Sohn eines Amtsvogts, 1891 in das Geod¨atische Institut in Potsdam ein und wurde Assistent, 1907 Hauptobservator. 1910 wurde er Leiter der Hauptstation f¨ur Erdbebenforschung in Straßburg, deren Arbeiten seit 1919 in Jena fortgef¨uhrt wurden. 1910 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1922 / 23 wurde dort die neue Reichsanstalt f¨ur Erdbebenforschung errichtet, deren Direktion H. innehatte. Er war Gr¨under der Deutschen Seismologischen und Geophysikalischen Gesellschaft (1922 bzw. 1924), Mitherausgeber von „Gerlands Beitr¨agen zur Geophysik“ (1887 ff.) und leistete durch verschiedene Verbesserungen geophysikalischer Instrumente (u. a. E¨otv¨ossche Drehwaage) wie auch durch seine Schwerkraftmessungen auf den Ozeanen, die die Theorie der Isostasie best¨atigten, einen bedeutenden Beitrag zur Geophysik. H. ver¨offentlichte u. a. Die Polh¨ohe von Potsdam II (1900), Beobachtungen an Horizontalpendeln u¨ ber die Deformation des Erdk¨orpers unter dem Einfluß von Sonne und Mond (1907) und Bestimmung der Schwerkraft auf dem indischen und groszen Ozean und an deren K¨usten (1908). C NDB

Hecker, Rudolf, P¨adiater, * 21. 10. 1868 M¨unchen, † 27. 2. 1963 Garmisch-Partenkirchen. H. studierte in M¨unchen, wurde 1892 promoviert (Ueber Tuberculose im Kindes- und S¨auglingsalter) und war anschließend Schiffsarzt. 1892 wurde er Assistent am Lehrstuhl f¨ur Kinderheilkunde in Heidelberg, habilitierte sich 1898 (Beitr¨age zur Histologie und Pathologie der congenitalen Syphilis sowie zur normalen Anatomie des Foetus und Neugeborenen) und war seit 1910 a. o. Prof. in M¨unchen. Bereits 1898 gr¨undete H. gemeinsam mit Josef Trumpp ein Kinderambulatorium in M¨unchen, das 1913 in das Schwabinger Krankenhaus u¨ bernommen wurde. H. befaßte sich besonders mit Ern¨ahrungssch¨aden und Rachitis beim S¨augling. Er vero¨ ffentlichte u. a. Die Abh¨artung der Kinder. Ein Mahnwort und Wegweiser (1903), Atlas und Grundriß der Kinderheilkunde (1905, unter dem Titel Kinderheilkunde, 21925, frz. 1906, italien. 1906, engl. 1907) und Grundriß der Gesund¨ heitsf¨ursorge (1954). 2, 3 C Arzte

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Heckermann, (Franz) Heinrich (Wilhelm), Tiefk¨uhlfachmann, * 23. 3. 1883 Buer (Kr. Melle), † 2. 12. 1945 Bremen. In seiner 1911 er¨offneten B¨ackerei und Konditorei stellte H. seit den zwanziger Jahren als zweiter Betrieb in Deutschland hartgefrorenes Speiseeis nach einem d¨anischen Verfahren her. Um 1930 entdeckte er zuf¨allig, daß sich Obst in einem Schnellgefrierverfahren einfrieren ließ, ohne an Qualit¨at zu verlieren. Eine sich bei der Verwendung von K¨uhlrohrregalen bildende Reifschicht um das Gefriergut verhinderte das Verdunsten von Wasser und auch einen Nachreifungs- und G¨arprozeß. Seit 1934 baute die Firma Rheinmetall-Borsig AG entsprechende Anlagen in Lizenz. 1937 kn¨upfte H. Kontakte zur „Nordsee“ (Deutsche Hochseefischerei Bremen-Cuxhaven AG), und 1939 wurde das erste Fangmutterschiff mit einer Heckermann-Anlage gebaut. Die Patentrechte, die H. 1933 versp¨atet angemeldet hatte und erst 1939 auch f¨ur Deutschland erhielt, wurden 1940 gegen eine vom „Amt G¨oring“ diktierte Abfindung an Philipp → Reemtsma u¨ bertragen. C Brem Bio 2 Heckert, Friedrich (Karl), auch Fritz H., Politiker, * 28. 3. 1884 Chemnitz, † 7. 4. 1936 Moskau. Der aus einer Arbeiterfamilie stammende H. machte 1898-1902 eine Maurerlehre, wurde 1902 Mitglied der SPD und war bis 1912 auf Wanderschaft in Deutschland, D¨anemark und der Schweiz. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs geh¨orte er zu den Gr¨undern des „Spartakus-Bundes“, trat 1917 der USPD bei und war 1918 Mitglied des Reichsvollzugsrats der Arbeiter- und Soldatenr¨ate in Berlin. Seit 1920 Mitglied der KPD, geh¨orte er bis 1936 mit kurzen Unterbrechungen der Zentrale bzw. dem Zentralkomitee an und war Mitglied des S¨achsischen Landtags, 1923 im Kabinett → Zeigner Wirtschaftsminister, 1924-33 auch Mitglied des Reichstags. Seit 1921 geh¨orte er der Roten Gewerkschaftsinternationale an. 1932-34 vertrat H. die KPD bei der Komintern in Moskau. Bei der Machtergreifung der Nationalsozialisten floh er nach Moskau und wurde aus Deutschland ausgeb¨urgert. Bis 1935 geh¨orte er dem Exekutivkomitee der Komintern an. H. war Redakteur verschiedener kommunistischer Zeitungen. C Dt Kommunisten

Heckmair, Anderl, Alpinist, * 12. 10. 1906 M¨unchen, † 1. 2. 2005 Oberstdorf. H. verbrachte nach dem fr¨uhen Tod des Vaters seine Kindheit vorwiegend im Waisenhaus, erlernte den Beruf des G¨artners, verlor 1930 infolge der Weltwirtschaftskrise seine Anstellung und wandte sich dem Bergsteigen zu. Er unternahm zahlreiche Touren in den Alpen, aber auch in Afrika, wurde 1933 zum Bergf¨uhrer autorisiert und entwickelte sich zu einem der besten Kletterer der dreißiger Jahre. 1938 gelang ihm gemeinsam mit Ludwig („Wiggerl“) V¨org, Heinrich → Harrer und Fritz → Kasparek die Erstbesteigung der Eiger-Nordwand. In der Folgezeit organisierte H. zahlreiche Expeditionen nach Afrika, S¨udamerika, Kanada und in den Himalaja. 1968 initiierte er die Gr¨undung des Berufsverbandes der Deutschen Berg- und Skif¨uhrer. Zu H.s Buchver¨offentlichungen z¨ahlen Mein Leben als Bergsteiger (1972, engl. 1975, Neuausg. 1979) und Bergsteigen f¨ur Anf¨anger und Fortgeschrittene (1975).

Heckmann, Carl-Justus, Kupferschmied, Industrieller, * 3. 5. 1786 Eschwege, † 25. 10. 1878 Berlin. H., Sohn eines Kupferschmiedemeisters, erlernte das Kupferschmiedehandwerk und ließ sich nach Wanderjahren, die ¨ ihn durch S¨uddeutschland, Osterreich und Ungarn f¨uhrten, in Berlin als Geselle und sp¨ater als Meister mit eigener Werkst¨atte nieder. Bald erweiterte er seinen Betrieb zu einem Industrieunternehmen, in dem er mit technischem Geschick und wachem Sinn f¨ur die wirtschaftliche Entwicklung vor

Heckroth allem Anlagen f¨ur die Zuckerindustrie herstellte (u. a. einen kurz zuvor patentierten Destillierapparat, sp¨ater auch komplette Einrichtungen von Zuckerfabriken). 1869 schied H. aus der Leitung der Firma aus, die Weltruf erlangt hatte und Zweigwerke u. a. in Breslau, Hamburg und Duisburg besaß. C NDB

Heckmann, Gustav, Physiker, Philosoph, * 22. 4. 1898 Voerde / Niederrhein, † 8. 6. 1996 Hannover. H., Sohn eines Sparkassendirektors, studierte Mathematik, Physik und Philosophie in G¨ottingen, Marburg und Berlin (u. a. bei Leonard → Nelson) und wurde 1924 bei Max ¨ → Born promoviert (Uber die Elastizit¨atskonstanten der Kristalle). Seit 1927 war er Lehrer am Landeserziehungsheim Walkem¨uhle bei Melsungen des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK) und arbeitete an der ISKZeitschrift „Der Funke“ mit. Nach Schließung der Schule 1933 durch die Nationalsozialisten emigrierte er mit Minna → Specht nach D¨anemark und war an der Weiterf¨uhrung der Kinderabteilung an verschiedenen Orten beteiligt; 1938 ging H. mit der Schule nach Wales, 1940 nach Somerset. Seit 1942 f¨ur die britische Admiralit¨at in der Minenabwehr t¨atig, kehrte er 1946 nach Deutschland zur¨uck und hatte 1947-82 eine Professur f¨ur Philosophie und P¨adagogik an der P¨adagogischen Hochschule in Hannover inne, deren Direktor er 1956-58 war. 1947-53 saß er dem Nieders¨achsischen Lehrerverband vor. Nach L. Nelson bereicherte H. das „Sokratische Gespr¨ach“ um neue Aspekte (Das Sokratische Gespr¨ach, 1981, Neuausg. 1993). C BEdPh

Heckmann, Herbert, Schriftsteller, * 25. 9. 1930 Frankfurt / Main, † 18. 10. 1999 Bad Vilbel. H. studierte an der Univ. Frankfurt Philosophie, Germanistik und Geschichte und wurde 1956 mit der Arbeit Elemente des barocken Trauerspiels. Am Beispiel des „Papinian“ von Andreas Gryphius (als Buch erschienen 1959) promoviert. Erste literarische Arbeiten (Gedichte, Kurzgeschichten, Essays) erschienen in der studentischen Literaturzeitschrift „Diskus“, deren Feuilleton er drei Jahre lang leitete. H. hatte wichtigen Anteil an der Konzeption, Auswahl und Glossierung der von Walter → H¨ollerer herausgegebenen Anthologie Transit. Lyrikbuch der Jahrhundertmitte (1956), die den Standort der deutschen Nachkriegslyrik festmachte. Der Erz¨ahlband Das Portr¨at (1958) machte H. als Autor bekannt. 1958-63 war er wissenschaftlicher Assistent mit Lehrauftrag an den Universit¨aten M¨unster und Heidelberg, 1965-67 Gastdozent an der Northwestern University in Evanston (Illinois, USA). Danach als freier Schriftsteller in Bad Vilbel lebend, arbeitete H. f¨ur Zeitschriften, Rundfunk und Fernsehen (vor allem f¨ur den Hessischen Rundfunk). 1963-67 war er Mitherausgeber der „Neuen Rundschau“. 1962 erschien, lange erwartet, sein Roman Benjamin und seine V¨ater (Neuausg. 1992), eine mit Z¨ugen des Surrealen und Fabelhaften versehene Analyse der j¨ungsten Vergangenheit, zwei Jahre sp¨ater der Erz¨ahlband Schwarze Geschichten. Danach wandte er sich dem Kinderbuch und der Sammlung von Kindergedichten zu (u. a. Der kleine Fritz, 1968; Kommt, Kinder, wischt die Augen aus, es gibt hier was zu sehen. Die sch¨onsten deutschen Kindergedichte, hrsg. mit Michael Kr¨uger, 1974; Die Blechb¨uchse, 1985; Kasperls Aufstand, 1989). Die amerikanischen Erfahrungen verarbeitete H. in dem Roman Der große Knockout in sieben Runden (1972), dessen Wirkung durch die Zeitumst¨ande ausbleiben

mußte. 1980-95 war er Prof. an der Hochschule f¨ur Gestaltung in Offenbach, wo er mit bildenden K¨unstlern zusammenarbeitete. 1984-96 war H. Pr¨asident der Deutschen Akademie f¨ur Sprache und Dichtung. Ihm gelang es auf einzigartige Weise, Dichter, Schriftsteller und Wissenschaftler zu einem Kreis sich wechselseitig literarisch f¨ordernder Freunde zusammenzuschließen und zugleich die Beziehung zu den Nachbarliteraturen zu vertiefen. Bis zu seinem Tod war er Mitglied des deutsch-franz¨osischen Kulturrats. Seine unpathetisch-ausdrucksm¨achtige Erscheinung ist aus dem Entwicklungsgang der Nachkriegsliteratur nicht wegzudenken. Durch seinen Tod blieb die Autobiographie unvollendet, deren erster Band Die Trauer meines Großvaters (1994) die Frankfurter Kindheit w¨ahrend des „Dritten Reiches“ eindringlich vergegenw¨artigt hat. H. erhielt zahlreiche Preise, darunter den Bremer Literaturpreis (1962). LITERATUR: Dirk Baldes: H. H. In: KLG (2005). Norbert Miller

Heckmann, Otto (Hermann Leopold), Astronom, * 23. 6. 1901 Opladen, † 13. 5. 1983 Regensburg. H. studierte 1920-25 in Bonn Astronomie (Dissertation Photographische Vermessung der Praesepe), war zwei Jahre an der dortigen Sternwarte t¨atig und ging 1927 nach G¨ottingen, wo er 1929 Privatdozent und 1935 a. o. Prof. wurde. 1941 folgte er einem Ruf als o. Prof. an die Univ. Hamburg und leitete dort bis 1962 die Sternwarte in Bergedorf. 1962-73 war H. Direktor der auf seine Initiative hin errichteten Europ¨aischen S¨udsternwarte auf dem Gipfel des La Silla in Chile. Seit 1956 war H. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. In seinem Hauptwerk, den Theorien der Kosmologie (1942, Neuaufl. 1968), legte H. seine auf der Relativit¨atstheorie → Einsteins basierende, bahnbrechende Erkenntnis nieder, derzufolge sich das Weltall unabl¨assig ausdehne. 1973 ver¨offentlichte er Copernicus und die moderne Astronomie (41988). Seine Lebenserinnerungen Sterne, Kosmos, Weltmodelle. Erlebte Astronomie erschienen 1976. C G¨ott Gel

Heckmann, Paul Henrich, Atomphysiker, * 15. 9. 1930 Duisburg, † 14. 6. 2005 Bochum. H. studierte seit 1950 in M¨unchen, sp¨ater in G¨ottingen Physik und wurde 1959 mit einer kernphysikalischen Dissertation (Richtungsabh¨angigkeit der Szintillations-Lichtausbeute von Anthracen beim Beschuß mit Alphastrahlen) promoviert. Anschließend an der Univ. G¨ottingen t¨atig, ging er 1964 an das Institut f¨ur Reaktorentwicklung der Kernforschungsanlage J¨ulich und wechselte 1967 als Oberingenieur an das Physikinstitut der Univ. Bochum. Dort wandte er sich dem noch neuen Gebiet der Beschleuniger-gest¨utzten Atomphysik zu, richtete eine international angesehene Arbeitsgruppe ein und habilitierte sich 1973 mit der Schrift Untersuchung der Lyma-Alpha-Strahlung folienangeregter Wasserstoffatome. 1980 erschien H.s Einf¨uhrung in die Spektroskopie der Atomh¨ulle (engl. 1990).

Heckroth, Hein, B¨uhnenbildner, * 14. 4. 1901 Gießen, † 6. 7. 1970 Alkmaar (Niederlande). Nach einer kaufm¨annischen Ausbildung absolvierte H. eine Lehre als Drucker und Schriftsetzer und studierte 1920-24 u. a. am St¨adelschen Kunstinstitut in Frankfurt / Main. 1924-27 arbeitete er als Chefb¨uhnenbildner am Stadttheater in M¨unster, danach bis 1933 an den St¨adtischen B¨uhnen in Essen. Daneben war er f¨ur verschiedene H¨auser in D¨usseldorf, Berlin, M¨unchen und Paris t¨atig, schuf 1932 f¨ur Kurt → Jooss die Dekorationen zu Der Gr¨une Tisch und erhielt einen Ruf als Prof. an die Akademie der Bildenden K¨unste in Dresden. 1933 erhielt H. Berufsverbot in Deutschland, emigrierte und lebte seit 1935 vorwiegend in Großbritannien. Dort schuf er B¨uhnenbilder f¨ur das Ballett

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Heckscher Jooss, mehrere Londoner Theater und das Glyndebourne Festival. F¨ur seine Ausstattungen f¨ur die Filme The Red Shoes (1948) und The Tales of Hoffmann (1951) erhielt H. drei „Oscars“. Seit 1956 wirkte er als Chefb¨uhnenbildner an den St¨adtischen B¨uhnen in Frankfurt / Main, arbeitete aber auch f¨ur Film und Fernsehen. C MGG

wurde rehabilitiert und in die SED aufgenommen. 1955 / 56 war er stellvertretender Chefredakteur, 1957-59 Chefredakteur der „Leipziger Volkszeitung“, seit 1960 Redakteur der „Einheit“ und 1961-75 Mitarbeiter der Prager Zeitschrift „Probleme des Friedens und des Sozialismus“. C DDR

Heckscher, Johann Gustav (Wilhelm Moritz), vor der

(Schlesien), † 13. 3. 1963 Berlin. H., Sohn eines Landgerichtspr¨asidenten, studierte nach einer kurzen milit¨arischen Laufbahn in Leipzig, Lausanne, Berlin und Breslau Jura, wurde 1902 promoviert (Der Vergleichsirrtum nach dem Recht des deutschen Reiches) und habilitierte sich 1903 in Breslau (Die Lehre von der Vermutung nach dem Recht des deutschen Reiches). Seit 1906 war er a. o., 1909-36 o. Prof. an der Univ. Jena, 1906-13 auch Oberlandesgerichtsrat. 1917 gr¨undete er das Institut f¨ur Wirtschaftsrecht, das er selbst zwanzig Jahre lang leitete und dessen „Schriften“ und „Mitteilungen“ er herausgab. 1933 wurde er in die Akademie f¨ur Deutsches Recht berufen. 1936 folgte H., gef¨ordert von seinem Sch¨uler Roland → Freisler, einem Ruf nach Berlin und lehrte bis 1946 B¨urgerliches Recht, Wirtschaftsrecht und Privatrechtsgeschichte. Er befaßte sich mit nahezu allen Fragen des Privatrechts und ver¨offentlichte u. a. Fortschritte des Zivilrechts im 19. Jahrhundert (2 Bde., 1910-30). C NDB

Taufe 1808: Moritz H., Jurist, Staatsmann, * 26. 12. 1797 Hamburg, † 7. 4. 1865 Wien. Der Sohn eines j¨udischen Bankiers genoß eine fundierte Ausbildung, nahm am Befreiungskrieg 1815 teil und studierte anschließend in G¨ottingen und Heidelberg Jura. Nach Reisen durch Europa und Rußland wurde er Rechtsanwalt in Hamburg. H. war als Redakteur verschiedener Zeitungen t¨atig. 1848 wurde er als Abgeordneter Hamburgs in die Frankfurter Nationalversammlung gew¨ahlt und geh¨orte einer liberal-konservativen Richtung, sp¨ater der Casino-Partei an. Im Kabinett des gew¨ahlten Reichsverwesers Erzherzog ¨ → Johann von Osterreich war H. zun¨achst Reichsjustiz-, dann Reichsaußenminister, st¨urzte aber in der Malm¨o-Krise. Bis Februar 1849 war er Reichsgesandter in Turin und Neapel, dann wieder in Frankfurt, wo er gegen ein preuß. Erbkaisertum stimmte. Zuletzt war H. hanseatischer Ministerresident in Wien.

Hedderich, Philipp, Taufname: Franz Anton, Pseud. Arminius Seld, Minorit, Kanonist, * 7. 11. 1744 Bodenheim bei Mainz, † 20. 8. 1808 D¨usseldorf. H., Sohn eines P¨achters, besuchte die Jesuitenschule in Mainz, trat 1759 in K¨oln in den Minoritenorden ein und studierte an der dortigen Univ. sowie in Trier Theologie und Rechtswissenschaft, wobei ihn insbesondere Nikolaus von → Hontheim maßgeblich beeinflußte. 1774 wurde H. Kanonist an der neugegr¨undeten Akademie in Bonn und geh¨orte bald zu den f¨uhrenden Vertretern des Febronianismus. In zahlreichen Kampfschriften entwickelte er ein dem Gallikanismus verwandtes, auf den deutschen Konkordaten beruhendes deutsches Kirchenrecht, das er u. a. in seinem vierb¨andigen Hauptwerk Elementa iuris canonici ad statum ecclesiarum Germaniae [. . .] accomodata (1778 ff.) darlegte. Obgleich mehrere seiner Schriften vom Papst indiziert wurden, genoß H. bei den K¨olner Erzbisch¨ofen Maximilian Friedrich von → K¨onigsegg und Rothenfels und → Maximilian Franz von Habsburg großen Einfluß und wurde Prof. und zweiter Rektor an der ohne p¨apstliche Zustimmung gegr¨undeten Bonner Universit¨at. Nach dem Franzoseneinmarsch verließ H. Bonn und wurde 1803 Prof. des Kirchenrechts (sp¨ater der Theologie) an der Rechtsakademie in D¨usseldorf. C NDB

Hedeler, Walter, eigentl. W. Gehrt, Redakteur, Bibliothekar, Funktion¨ar, * 17. 11. 1911 Leipzig, † 11. 5. 1994 Berlin. H., Sohn eines Buchbinders und einer Kontoristin, erhielt 1928-30 eine Ausbildung im Waldorf-Verlag (Stuttgart) und besuchte 1931 / 32 die Buchbinderlehranstalt in Leipzig. Seit 1929 Mitglied der KPD, wurde er 1933 Organisationsleiter der KPD-Bezirksleitung W¨urttemberg. 1935 verhaftet, konnte er in die Tschechoslowakei und weiter in die UdSSR fl¨uchten. Dort belegte er 1935-37 Kurse an der Parteischule und war 1937 / 38 als Parteiorganisator f¨ur den deutschen Sektor zust¨andig. 1938 / 39 war er Redakteur und stellvertretender Leiter der Auslandsabteilung der „Deutschen Zentralzeitung“. Seit 1939 arbeitete er f¨ur das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale und wurde 1941 Staatsb¨urger der Sowjetunion. Als Sprecher und Redakteur beim Deutschen Volkssender in Ufa 1942 entlassen und aus der KPD ausgeschlossen, verrichtete H. zun¨achst Gelegenheitsarbeiten in Tomsk und war dort 1946-55 Hauptbibliothekar der Universit¨atsbibliothek. 1955 ging er in die DDR,

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Hedemann, Justus Wilhelm, Jurist, * 24. 4. 1878 Brieg

Hedenus, August Wilhelm, Mediziner, * 27. 12. 1797 Dresden, † 6. 11. 1862. Der Sohn des kgl. s¨achsischen Leibarztes und Leibchirurgen Johann Wilhelm August H. studierte in Leipzig, an der Chirurgisch-Medizinischen Akademie Dresden und an den Universit¨aten in G¨ottingen und Berlin Medizin und wurde 1824 promoviert (De medicinae praestantia atque dignitate). Nach Reisen durch Frankreich, Großbritannien, die Niederlande, Belgien und Deutschland ließ sich H. 1826 in Dresden als praktischer Arzt nieder. Bereits vor seiner Promotion ver¨offentlichte er u. a. eine chirurgische Abhandlung Ueber die Schilddr¨use, ihre Kropferkrankungen und deren Heilung (1822). Neben zahlreichen medizinischen Aufs¨atzen schrieb H. Votivtafeln, Epigramme, Elegien und Oden in lateinischer Sprache. 1824 gab er zur Unterst¨utzung der notleidenden griechischen Freiheitsk¨ampfer eine Gedichtsammlung heraus. Als Schwiegersohn des Erfinders der k¨unstlichen Mineralw¨asser Friedrich Adolf August → Struve widmete er sich den verschiedenen Wirkungen der Heilquellen. C ADB Hederer, Oswald, Architekt, * 27. 6. 1906 F¨urth, † 25. 5. 1986 M¨unchen. Der Sohn eines Oberstleutnants studierte Architektur in M¨unchen und Berlin. Er arbeitete anschließend f¨ur die Stadt M¨unchen, seit 1939 als st¨adtischer Baurat. 1940 wurde er Mitarbeiter und 1941 / 42 Leiter der Forschungsst¨atte f¨ur Baugeschichte. 1942 an der TH M¨unchen zum Dr.-Ing. promoviert (Die Ludwigstraße in M¨unchen), habilitierte er sich 1952 (M¨unchner Baukunst um 1800) und wurde 1956 a. o., 1965 o. Prof. f¨ur Baugeschichte an der TH M¨unchen. 1967-71 besch¨aftigte er sich vorwiegend mit dem Theaterbau. H. ver¨offentlichte u. a. Leo von Klenze (1964) und Die Ludwigskirche in M¨unchen (1977).

Hederich, Benjamin, Schulmann, Lexikograph, * 12. 12. 1675 Geithain (Sachsen), † 18. 7. 1748 Großenhain. H., Sohn eines Geistlichen, studierte in Leipzig und Wittenberg und wurde 1702 Lehrer an der Klosterschule zu Bergen bei Magdeburg. 1705 wurde er Rektor der Schule in Großenhain. Neben einer Reihe prop¨adeutischer Schriften f¨ur den Schulgebrauch und W¨orterb¨uchern der griechischen und lateinischen Sprache verfaßte H. polyhistorische Lexika, die ihn weithin bekannt machten. Bedeutung erlangte besonders sein Gr¨undliches Lexicon mythologicum (1724,

Hedlinger 2

1741; Nachdr. der Ausg. 1770. 1996), das 1770 unter dem Titel Gr¨undliches mythologisches Lexicon von Johann Joachim → Schwabe neu herausgegeben und in einzelnen Artikeln in → Zedlers Universal-Lexicon (1732-54) u¨ bernommen wurde. Bis ins 19. Jh. hinein sch¨opften K¨unstler und Dichter, darunter → Goethe, → Schiller und → Kleist, aus diesem Nachschlagewerk ihre mythologischen Kenntnisse. C Killy

Hediger, Heini, schweizer. Zoologe, Verhaltensforscher, * 30. 11. 1908 Basel, † 29. 8. 1992 Bern. H., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1927 Zoologie, Botanik, Ethnologie und Psychologie in Basel, wurde 1932 promoviert (Beitrag zur Herpetologie und Zoogeographie Neu-Britanniens und einiger umliegender Gebiete) und habilitierte sich 1935 bei Adolf → Portmann. Seit 1938 war er Verwalter des Tierparks D¨ahlh¨olzli in Bern, wurde 1942 zum a. o. Prof. in Basel und 1944 zum Direktor des Zoologischen Gartens, 1943 zum Titularprofessor der Univ. Z¨urich und 1954 zum Direktor des Zoologischen Gartens ernannt. H., Begr¨under der wissenschaftlichen Tiergartenbiologie, besch¨aftigte sich vor allem mit Verhaltensforschung und Tierpsychologie und ver¨offentlichte u. a. Wildtiere in Gefangenschaft. Ein Grundriss der Tiergartenbiologie (1942, engl. 1950, frz. 1953), Mensch und Tier im Zoo (1965, engl. 1969), Aus dem Leben der Tiere. Lebensgewohnheiten europ¨aischer Tierarten (1966), Zoologische G¨arten. Gestern, heute, morgen (1977), Tiere verstehen. Erkenntnisse eines Tierpsychologen (1980, erneut 1984) und Ein Leben mit Tieren im Zoo und in aller Welt (1990). C HLS

Hedinger, Christoph, schweizer. Pathologe, * 5. 2. 1917 Basel, † 12. 1. 1999 Z¨urich. H., Sohn von Ernst → H. schloß das Studium der Medizin 1944 in Z¨urich mit der Promotion ab (Beitr¨age zur pathologischen Anatomie der Contusio und der Commotio cordis) und habilitierte sich dort 1953 (Zur Pathologie der H¨amochromatose. H¨amochromatose als Syndrom). 1958 u¨ bernahm er die neugegr¨undete Prosektur am Kantonsspital in Winterthur. In Z¨urich 1959 zum Titularprofessor und 1965 zum a. o. Prof. ernannt, folgte er 1966 einem Ruf als a. o. Prof. nach Lausanne und wirkte 1970-87 als o. Prof. wieder an der Univ. Z¨urich. H. beschrieb das metastasierende D¨unndarmkarzinom (1953, mit Peter Isler) und erforschte die Pathologie der Schilddr¨use (WHOKlassifikation der Schilddr¨usentumoren, 1974 und 1988). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Thyroid Cancer (1969). 1953-74 war er Redaktor der „Schweizerischen Medizinischen Wochenschrift“. 1984 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Hedinger, Ernst, Pathologe, * 3. 11. 1873 Wilchingen (Kt. Schaffhausen), † 25. 12. 1924 Z¨urich. H. studierte in Bern, M¨unchen und Berlin Medizin (Promotion 1901, Ueber Intima-Sarcomatose von Venen und Arterien in sarcomat¨osen Strumen), war 1899 / 1900 Assistent am Berner Pathologischen Institut, danach an der Dermatologischen Klinik der Univ. Bern, 1901 / 02 an der Medizinischen Klinik in K¨onigsberg und arbeitete anschließend wieder am Pathologischen Institut in Bern. 1904 habilitiert, folgte er 1907 einem Ruf nach Basel, wo er als Prof. der Pathologie bis 1922 t¨atig war. Das „Schweizerische Korrespondenzblatt ¨ f¨ur Arzte“ baute er als Mitredakteur seit 1917 zur „Schweizerischen medizinischen Wochenschrift“ aus. 1922 ging H. als Direktor der Pathologischen Anstalt der Univ. nach Z¨urich. Er arbeitete auf dem Gebiet der pathologischen Anatomie und ver¨offentlichte u. a. Ueber Beziehungen zwischen Status lymphatious und Morbus Addisonii (1907) und Die Krebskrankheit und ihre Bek¨ampfung (1914).

Hedinger, (Johann) Reinhard, evang. Theologe, * 7. 9. 1664 Stuttgart, † 28. 12. 1704 Stuttgart. Nach dem Theologiestudium in T¨ubingen bereiste H., Sohn eines Hofadvokaten, als Prediger und Begleiter zweier w¨urttembergischer Prinzen Frankreich, England, Norddeutschland, Holland und Skandinavien. 1694 wurde er als Prof. des Natur- und V¨olkerrechts nach Gießen berufen, war dort auch Universit¨atsprediger und wurde 1696 promoviert. Unter dem Einfluß von Philipp Jakob → Spener und August Hermann → Francke schloß sich H. dem Pietismus an. Seit 1698 Hofprediger des Herzogs → Eberhard Ludwig von W¨urttemberg und Propst des fr¨uheren Klosters Herbrechtingen, trat er gegen lasterhaftes Hofleben und Korruption auf. Als sein Hauptwerk gilt neben einer 1704 erschienenen Bibelausgabe nach → Luther das ebenfalls 1704 gedruckte Neue Testament [. . .] mit H.s Summarien, Konkordanzen und Auslegungen, das den Widerspruch der T¨ubinger Orthodoxie hervorrief. H.s Biblisches Schatzk¨astlein oder Vollst¨andiges Spruchbuch (1701) pr¨agte den volkst¨umlichen schw¨abischen Biblizismus. C NDB

Hedio, Kaspar, auch Heyd, Bock, B¨ockel, reformierter Theologe, * 1494 Ettlingen (Baden), † 17. 10. 1552 Straßburg. H. erwarb an der Univ. Freiburg / Breisgau 1515 / 16 den Grad eines Magister artium, studierte in Basel und Mainz Theologie und wurde 1523 promoviert. In Basel, wo er Vikar an St. Theodor und Kaplan an St. Martin war, schloß er Freundschaft mit Wolfgang → Capito und lernte durch dessen Vermittlung → Zwingli kennen. 1520 wurde H. Hofprediger des Kurf¨ursten → Albrecht in Mainz, 1523 M¨unsterprediger in Straßburg, wo er neben Capito und Martin → Bucer zum wichtigsten reformatorischen Prediger wurde, sich um das Schulwesen verdient machte und Vorlesungen u¨ ber das Neue Testament und die Kirchengeschichte hielt. 1529 nahm er am Marburger Religionsgespr¨ach teil, 1540 / 41 an den Gespr¨achen in Worms und Regensburg. 1542 / 43 wirkte H. zusammen mit Bucer und → Melanchthon als Berater des K¨olner Erzbischofs Hermann von → Wied, der die Reformation einf¨uhren wollte, in Bonn. 1549 wurde er Leiter des Kirchenkonvents in Straßburg, widersetzte sich der Einf¨uhrung des Interims und verzichtete schließlich auf sein Predigeramt am M¨unster. H. gilt ¨ aufgrund seiner Ubersetzungen antiker und mittelalterlicher Werke als einer der ersten protestantischen Kirchenhistoriker. Er ver¨offentlichte u. a. Ein Auszerleszne Chronick von anfang der welt bis auff das iar nach Christi unsers eynigen Heylands gepurt MDXXXIX (1539, 21543). H. starb an der Pest. C RGG

Hedlinger, (Johann) Karl, Medailleur, * 28. 3. 1691 Schwyz, † 14. 3. 1771 Schwyz. Nach einer Lehre als Stempelschneider bei einem Luzerner Goldschmied war H., Sohn eines Malers, sp¨ateren Kupferund Bleiminenbergwerksdirektors, in der Luzerner M¨unze, in Montb´eliard, Nancy und Paris t¨atig und ging 1718 als Medailleur der kgl. M¨unze nach Stockholm. 1726 reiste H. nach Rom, 1732 hielt er sich l¨angere Zeit in Kopenhagen auf, 1735-37 in St. Petersburg. Dort schuf er zahlreiche Medaillen f¨ur die Kaiserin Anna Iwanowna von Rußland. Seit 1746 lebte H. als freier K¨unstler in Schwyz, unterbrochen nur durch einen Aufenthalt in N¨urnberg (1747 / 48). Zu seinen bekanntesten Werken geh¨oren die Preism¨unze der Akademie der Wissenschaften in Preußen mit dem Brustbild Friedrichs des Großen (1747) und eine Medaille auf K¨onig → Georg II. von England (1760), die sich durch technische Perfektion und lebendige Darstellung auszeichnen. C NDB

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Hedrich Hedrich, Franz (Ignaz Anton), Schriftsteller, * 30. 7. 1823 Podskal bei Prag, † 31. 10. 1895 Edinburgh. Der Sohn eines Kaufmanns und sp¨ateren Fagottisten am St¨andischen Theater wuchs in a¨ rmlichen Verh¨altnissen auf und wandte sich fr¨uh schriftstellerischer T¨atigkeit zu. 1848-50 war er als Vertreter eines nordostb¨ohmischen Wahlkreises Mitglied des Frankfurter Parlaments. Als radikaler Politiker wurde er nach seiner Heimkehr gefangengenommen und ausgewiesen. H. war mit Alfred → Meißner befreundet, mit dem er seit 1851 zusammenarbeitete. 1852 aus ¨ Osterreich ausgewiesen, hielt er sich in Th¨uringen und Bayern auf. Er war Mitverfasser mehrerer unter Meißners Namen ver¨offfentlichter Romane (u. a. Der Freiherr von Hostiwin, 2 Bde., 1855), was sp¨ater zu einem heftigen Streit um die Autorschaft f¨uhrte, der Meißner schließlich in den Tod trieb. In der Enth¨ullungsschrift Alfred Meißner – Franz Hedrich. Geschichte ihres literarischen Verh¨altnisses [. . .] (1890) legte H. seine Eigentumsanspr¨uche dar. Seine dramatischen Werke (u. a. Kain, 1851) gerieten bald in VergesC Killy senheit. Hedtmann, Wilhelm, Unternehmer, * 1863 Hagen (Westfalen), † 6. 3. 1935 Hagen. H.s Unternehmensgr¨undung 1901 lag die Absicht zugrunde, f¨ur Industriebetriebe Kleinteile wie Unterlegscheiben und Federringe, die in den meisten Industriebereichen in großer St¨uckzahl ben¨otigt wurden. Das Unternehmen nahm als Spezialbetrieb von Anfang an eine positive Entwicklung, vor allem seitdem aufgrund eines Vertrags (1930) mit dem Oberingenieur Hoffmann dessen Patent f¨ur „Spannh¨ulsen mit Spannbuchsen System Hoffmann“ ausgewertet werden konnte. 1938 / 39 wurden Gesch¨aftsverbindungen mit Firmen in der Schweiz und in Frankreich aufgenommen. Nach der totalen Ausr¨aumung der Fabrikhallen kam es 1947 zu einem erfolgreichen Neuanfang. Hedwig, Herzogin von Bayern-Landshut, * 21. 9. 1457 Krakau, † 18. 2. 1502 Burghausen. H. war die Tochter des polnischen K¨onigs Kasimir IV. aus ¨ dem Hause Jagello und der Elisabeth von Osterreich. Ihr Bruder war K¨onig Wladislaus II. von B¨ohmen und Ungarn. 1475 heiratete H. den Herzog → Georg von BayernLandshut. Die Hochzeit sollte die Westbindung der Jagellonen festigen und dazu beitragen, die b¨ohmischen Grenzen zu sichern. Die Feierlichkeiten im Umfeld der Verm¨ahlung („Landshuter Hochzeit“) z¨ahlten zu den prachtvollsten der damaligen Zeit. H. residierte in Burghausen, wo f¨ur mehrere Jahre Hans Ebran von → Wildenberg als Hofmeister t¨atig war. Zu H.s und Georgs Nachkommen z¨ahlten u. a. die Pfalzgr¨afin Elisabeth, Gemahlin von → Ruprecht, Pfalz¨ graf bei Rhein, und Margarete, Abtissin zu Neuburg. Da H. keine S¨ohne gebar, setzte Georg in seinem Testament von 1496 entgegen fr¨uheren Vertr¨agen die Tochter Elisabeth und ihren Gatten Ruprecht als Erben ein. Damit l¨oste er 1503 den Landshuter Erbfolgekrieg aus.

Hedwig (Jadwiga), Herzogin von Schlesien, * 1178 / 80 Andechs (Oberbayern) (?), † 14. 10. 1243 Trebnitz bei Breslau. H. entstammte dem Geschlecht Andechs-Meran und war die Tochter des Grafen → Berthold IV. Im Benediktinerinnenkloster Kitzingen erzogen, wurde sie mit zw¨olf Jahren mit Herzog → Heinrich I. von Schlesien verm¨ahlt. Das Paar gr¨undete mehrere Kl¨oster und Spit¨aler, u. a. das Kloster Trebnitz (1201), die Augustiner-Propstei Naumburg am Bober und das Hospital zum Hl. Geist in Breslau. H. st¨arkte durch ihre weitreichenden Familienverbindungen die Beziehungen Schlesiens zum Westen. Nach einem ehelichen Enthaltsamkeitsgel¨ubde widmete sie sich seit 1209 der F¨ursorge

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der Armen, Kranken, Witwen und Waisen und wurde bereits zu Lebzeiten als Heilige angesehen. 1267 erfolgte die Heiligsprechung durch Papst Clemens IV. Als Schutzpatronin Schlesiens genoß H. bald bis Wien und Antwerpen Verehrung. Ihre Lebensbeschreibungen, vor allem die sog. LeC LexMA genda maior, wurden vielfach u¨ bersetzt.

Hedwig, Johann, Botaniker, Mediziner, * 8. 12. 1730 Kronstadt (Siebenb¨urgen), † 18. 2. 1799 Leipzig. H., Sohn eines Kaufmanns und Ratsherrn, studierte an der Univ. Leipzig, wo er 1759 zum Dr. med. promoviert wurde (De ernesi in febribus acutis, disputatio). Neben seiner praktischen T¨atigkeit als Arzt in Chemnitz (seit 1762) widmete er sich botanischen Forschungen. 1774 entdeckte er die Fortpflanzungsorgane der Moose und beschrieb als erster zutreffend die Keimung der Sporen und die Entwicklung des Protonemas. 1781 u¨ bersiedelte er nach Leipzig und wurde 1786 a. o. Prof. der Medizin, 1789 o. Prof. der Botanik und gleichzeitig Leiter des Botanischen Gartens. H., seit 1792 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, ver¨offentlichte Arbeiten zur Morphologie, Anatomie und Physiologie der Pflanzen. Sein Hauptwerk Species muscorum frondosorum [. . .] wurde postum von seinem Sch¨uler Christian Friedrich Schw¨agrichen herausgegeben und erg¨anzt (1 Bd. und 4 Suppl.-Bde., 1801-42, Neudr. 1960). 1874 erschien Theoria generationis et fructificationis plantarum cryptogamicarum Linnaei (1784, auch 1798), 1793-97 in zwei B¨anden die Sammlung seiner zerstreuten Abhandlungen und Beobachtungen u¨ ber botanisch-¨okonomische Gegenst¨ande. C NDB

Heeger, Erich F¨urchtegott, Agronom, * 24. 7. 1907 Marienberg (Sachsen), † 25. 2. 1959 Leipzig. H. studierte Landwirtschaft an der Univ. Leipzig und war seit 1932 Assistent am dortigen Institut f¨ur Pflanzenbau und Pflanzenz¨uchtung. Er widmete sich vorbereitenden Arbeiten zum Aufbau eines Sortenregisters f¨ur Heil-, Gew¨urz- und Duftpflanzen und u¨ bernahm 1935 die Leitung der in Probstheida bei Leipzig neueingerichteten Sortenregisterstelle, die er auch nach dem Zweiten Weltkrieg behielt. 1950 an der Univ. Leipzig mit der Dissertation Die Pfefferminze promoviert, wurde H. im selben Jahr Lehrbeauftragter f¨ur Arznei-, Gew¨urz- und Industriepflanzen an der Landwirtschaftlichen Fakult¨at der Univ. Leipzig und habilitierte sich 1952 mit der Schrift Die acker- und pflanzenbaulichen Grundlagen zur Entwicklung eines wirtschaftlichen Arznei- und Gew¨urzpflanzenbaues in Deutschland. Im selben Jahr erhielt er den Auftrag zum Aufbau eines Instituts f¨ur Sonderkulturen und widmete sich der Grundlagenforschung f¨ur einen großfl¨achigen Anbau von Arznei- und Gew¨urzpflanzen in Mitteldeutschland; 1957 wurde er zum Prof. ernannt. H. ver¨offentlichte u. a. ein Handbuch des Arznei- und Gew¨urzpflanzenbaus. Drogengewinnung (1956, Nachdr. 1989). C B¨ohm

Heeger, Viktor, Schriftsteller, * 28. 4. 1858 Zuckmantel

¨ (Osterr.-Schlesien), † 5. 8. 1935 Troppau. H. besuchte die Lehrerbildungsanstalt in Troppau, wurde 1892 B¨urgerschullehrer in Freudenthal und war 1897-1900 Reichsratsabgeordneter. Seit 1900 diente er dem „Nordm¨ahrerbund“ in Olm¨utz und dem „S¨udmark-Verein“ in Graz als Wanderlehrer und ließ sich 1909 in Troppau nieder. 1913 gr¨undete er dort das schlesische Bauerntheater „Die Reihwiesner“, f¨ur das er zahlreiche Volksst¨ucke in schlesischer Mundart schrieb. H. wirkte gleichzeitig als Schriftsteller, Theaterleiter, Regisseur und Dramaturg. Sein St¨uck Die Wunderkur (1913) erzielte auch in anderen Regionen Erfolge.

Heer Heemsoth, Hermann, Schachspieler, * 21. 12. 1909 Bremen, † 20. 1. 2006 Bremen. H. studierte seit 1929 in Hamburg und Wien und arbeitete nach Abschluß seiner Ausbildung bis 1973 als Realschullehrer in Hamburg. Er wurde einer der erfolgreichsten deutschen Fernschachspieler: 1951 und 1954 gewann er die Gesamtdeutschen Meisterschaften, 1966 und 1969 die Deutsche Meisterschaft. 1972 wurde ihm der Titel „Internationaler Fernschachmeister“ verliehen; seit 1987 war er „Fernschachgroßmeister“. 1949-85 verfaßte H. f¨ur den „WeserKurier“ eine w¨ochentlich erscheinende Schachspalte, 1990 ver¨offentlichte er 75 meiner sch¨onsten Partien. 1956-88 war er Pr¨asident des Deutschen Fernschachbundes.

Heer, Anna, schweizer. Gyn¨akologin, * 22. 3. 1863 Olten, † 9. 12. 1918 Z¨urich. H., Tochter eines Schuhfabrikanten, lebte seit 1879 bei ihrem Pflegevater, dem Erziehungssekret¨ar Johann Kaspar Grob, und studierte 1881-88 Medizin in Z¨urich, er¨offnete 1889 eine gyn¨akologische Praxis und war als erste Frau in der Schweiz auch chirurgisch t¨atig. 1892 wurde sie mit der Dissertation ¨ Uber Sch¨adelbasisbr¨uche promoviert und engagierte sich seit 1893 f¨ur eine bessere Ausbildung der Krankenschwestern. Nachdem sie 1896 ein entsprechendes Programm auf dem 1. Kongreß f¨ur Fraueninteressen in Genf vorgestellt hatte und vom Schweizerischen Gemeinn¨utzigen Frauenverein mit dem Pr¨asidium der Krankenpflegekommission und der Planung einer Schule betraut worden war, wurde 1901 eine Pflegerinnenschule mit angeschlossenem Frauenspital mit H. als Lehrerin und Chef¨arztin er¨offnet. H. gr¨undete 1909 in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz den Krankenpflegeverband Z¨urich und 1910 den Schweizerischen Krankenpflegebund. C HLS Heer, August, Bildhauer, * 7. 6. 1867 Basel, † 7. 3. 1922 Arlesheim bei Basel. H. war Sch¨uler von Albert → Wolff an der Berliner Akademie der bildenden K¨unste, setzte seine Studien in Paris fort und arbeitete anschließend in Basel, Genf, Berlin und seit 1900 teilweise in M¨unchen, wo er Kontakt zur Luitpoldgruppe und zur „Allotria“ hatte. Seit 1914 lebte er meist in der Schweiz. Zu seinen wichtigsten Werken geh¨oren das Wilhelm-Baumgartner-Denkmal in Z¨urich (1890) und das in seiner Berliner Zeit entworfene und 1898 enth¨ullte Nationaldenkmal in Neuenburg. Daneben trat H. mit Grabplastiken, Portr¨atb¨usten zahlreicher zeitgen¨ossischer Pers¨onlichkeiten (u. a. von Jacob → Burckhardt, Kunsthalle Basel) und Skulpturarbeiten f¨ur o¨ ffentliche Bauten hervor. C HLS

Heer, Friedrich, Pseud. Hermann Gohde, o¨ sterr. Historiker, Publizist, * 10. 4. 1916 Wien, † 18. 9. 1983 Wien. Der Großneffe des schweizer. Schriftstellers Jakob → H. studierte in Wien Kunstgeschichte und Germanistik und wurde nach 1948 Redakteur der Zeitschrift „Die Furche“. 1950 habilitierte er sich und lehrte danach als Privatdozent, seit 1962 als a. o. Prof. an der Univ. Wien Geistesgeschichte. Seit 1961 war er Chefdramaturg am Burgtheater. Der engagierte, weltoffene Linkskatholik erwarb sich durch historische und kulturkritische Schriften, durch zahlreiche Vortragsreisen sowie seinen konsequenten Kampf gegen den Antisemitismus internationales Ansehen. Zu seinen Hauptwerken z¨ahlen Der Aufgang Europas (2 Bde., 1949), Die Trag¨odie des Heiligen Reiches (1952), Europ¨aische Geistesgeschichte (1953), Gottes erste Liebe (1967) und Der Kampf um die o¨ sterreichische Identit¨at (1981). Unter Pseudonym ver¨offentlichte er den Roman Der achte Tag (1950). C Killy Heer, Gottlieb Heinrich, Schriftsteller, * 2. 2. 1903 Ronchi (Italien), † 23. 10. 1967 Z¨urich. Der Neffe Jakob → H.s wuchs in Winterthur auf und studierte in Z¨urich und Bern Deutsch und Kunstgeschichte.

Nach der Promotion 1930 und mehreren Auslandsreisen lebte er als freier Schriftsteller in Ermatingen und seit 1936 in R¨uschlikon, wo er auch als Journalist und Redakteur der „Schweizer B¨ucherzeitung“ t¨atig war. 1947 u¨ bersiedelte H. nach Z¨urich, war Mitarbeiter der „Neuen Z¨urcher Zeitung“ und widmete sich seinem schriftstellerischen Werk. Seine handlungsreichen Romane und Erz¨ahlungen sch¨opfen aus der schweizer. Landschaft und Geschichte. Genannt seien die historischen Romane Die K¨onigin und der Landammann (1936) und Thomas Platter (1937).

Heer, Jakob (Christoph), schweizer. Schriftsteller, * 17. 7. 1859 T¨oss bei Winterthur, † 20. 8. 1925 Z¨urich. H., Sohn eines Monteurs und Gemeindeammanns, besuchte das Lehrerseminar in K¨usnacht und wurde 1882 Lehrer in Oberd¨urnten am Bachtel. Sein Reisebericht Ferien an der Adria (1888) verschaffte ihm eine Stelle als Berichterstatter der „Neuen Z¨urcher Zeitung“, deren Feuilletonredakteur er 1892 als Nachfolger von Carl → Spitteler wurde. 1898 erschien H.s Roman An heiligen Wassern (bis 1958 744 000 verkaufte Exemplare, Neuausg. 1957 und 1974), der ihn schlagartig ber¨uhmt machte und sp¨ater mehrfach verfilmt wurde. Mit seinem zweiten Hochgebirgsroman Der K¨onig der Bernina (1900, ebenfalls verfilmt) vermochte H. diesen Erfolg noch zu steigern und wurde zum meistgelesenen Vertreter des Schweizer Heimatromans. 1899-1902 Mitarbeiter der „Gartenlaube“ in Stuttgart, lebte H. bis 1922 als freier Schriftsteller in der Schweiz, anschließend in Oberrode bei Bad Hersfeld und seit 1923 wieder in der Schweiz. Als Zeitdokumente von bleibender Bedeutung gelten H.s autobiographisches Buch Tobias Heider (1922) und seine Erinnerungen (1930). C Killy Heer, Joachim, schweizer. Staatsmann, * 25. 9. 1825 Glarus, † 1. 3. 1879 Glarus. Der Sohn Kosmus → H.s studierte in Z¨urich, Berlin und Heidelberg Jura und wurde 1847 Glarner Ratsherr, 1848 Mitglied des Zivilgerichts und des Kantonsschulrats, 1852 Landesstatthalter, 1857 Landammann. Als Nationalrat wirkte er an den Bundesreformen von 1866, 1872 und 1874 im Sinne eines gem¨aßigten Zentralismus mit. 1863 und 1869 / 70 war H. Pr¨asident des Nationalrats, 1867 / 68 Gesandter in Berlin und bei den s¨uddeutschen H¨ofen. 1875-78 geh¨orte er dem Bundesrat an und verwaltete u. a. das Postdepartement und das Handels- und Eisenbahndepartement. 1877, im Jahr seiner Bundespr¨asidentschaft, leitete er in Luzern die Gotthardkonferenz. C Schweiz Bundesr¨ate Heer, Johannes, schweizer. Theologe, Musikschriftsteller, * um 1489 Glarus, † um 1553 Glarus (?). Vermutlich seit 1501 war H. Chorknabe im Dom von Sitten (Kt. Wallis). 1508 und 1510-16 ist er in Paris nachweisbar. 1510 erwarb er den Magistergrad und kehrte 1516 nach Glarus zur¨uck. Dort wurde er Kaplan, stand in freundschaft¨ lichem Kontakt mit → Zwingli und schloß sich beim Ubertritt seines Landes zur Reformation dem neuen Glauben an. Von musikgeschichtlicher Bedeutung ist ein handschriftli¨ ches Liederbuch, das H. seinem Freund Agidius → Tschudi hinterlassen hat und sich heute in der Stiftsbibliothek St. Gallen befindet. Es enth¨alt 88 Lied- und Motettens¨atze, u. a. von Heinrich → Isaac und Ludwig → Senfl sowie zwei Lieds¨atze H.s. C MGG Heer, Kosmus, schweizer. Politiker, * 11. 3. 1790 Glarus, † 29. 8. 1837 Glarus. H., Neffe Niklaus → H.s, trat 1809 in den schweizer. Staatsdienst ein und wurde 1811 Landmajor in Glarus, sp¨ater Mitglied des Appellationsgerichts. 1824 wurde er Landeshauptmann, 1828 Landammann in Glarus und trat als Gesandter seines Kantons auf den Tagsatzungen der Jahre 1824 bis

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Heer 1833 auf. 1832 / 33 wirkte er am Entwurf der neuen Bundesverfassung mit. Neben seinem politischen Wirken widmete sich H. historischen Studien zur glarnerischen und schweizer. Geschichte. Er war der Vater von Joachim → H.

Heer, Nik(o)laus, schweizer. Staatsmann, Archivar, * 28. 2. 1775 Glarus, † 25. 5. 1822 Glarus. Zum Kaufmann ausgebildet, wurde H. 1798 Oberschreiber im neuen Kanton Linth und sp¨ater dort Regierungsstatthalter. 1802 vertrat er als Gesandter seinen Kanton in Paris bei der Ausarbeitung der Mediationsverfassungen und wurde 1803 Landammann in Glarus, ein Amt, das er mit Unterbrechungen bis zu seinem Tod bekleidete. Seit 1805 war H. als Oberstkriegskommiss¨ar der Eidgenossenschaft f¨ur die Neuorganisation des Milit¨arwesens verantwortlich. C ADB Heer, Oswald, schweizer. Botaniker, Pal¨aontologe, * 31. 8. 1809 Niederuzwil (Gem. Uzwil, Kt. St. Gallen), † 27. 9. 1883 Lausanne. Der Pfarrerssohn studierte 1828-31 in Halle Theologie, widmete sich daneben den Naturwissenschaften und betreute seit 1832 die entomologische Sammlung von Heinrich EscherZollikofer in Z¨urich. Seit 1834 Direktor des Botanischen Gartens in Z¨urich, habilitierte er sich 1835 mit der Arbeit Beitr¨age zur Pflanzengeographie f¨ur Botanik und Entomologie an der dortigen Univ. und wurde 1852 o. Prof., 1855 auch Prof. am neugegr¨undeten Polytechnikum. Bereits 1835 vero¨ ffentlichte H. eine Arbeit u¨ ber Die Vegetationsverh¨altnisse des s¨ud¨ostlichen Theiles des Cantons Glarus, die erste und wegweisende botanische Gebietsmonographie der Schweiz. Internationales Ansehen erwarb H., 1879 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt, auch auf dem Gebiet der Pal¨aontologie mit Studien zur Terti¨arflora und einer siebenb¨andigen Flora fossilis arctica. Die fossile Flora der Polarl¨ander (1868-82), in der die Ergebnisse zahlreicher internationaler Polarexpeditionen ausgewertet wurden. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Die Insektenfauna von Oeningen und von Radoboj in Croatien (3 Bde., 1847-53), Arnold Escher von der Linth. Lebensbild eines Naturforschers (1873) und Beitr¨age zur SteinkohlenFlora der arctischen Zone (1874). C Große Schweizer Heer, Rustenus, eigentl. Christian H., Benediktiner, Theologe, Historiker, * 19. 4. 1715 Klingnau (Kt. Aargau), † 2. 4. 1769 Bonndorf. H. trat 1733 in das Benediktinerkloster St. Blasien ein, empfing 1738 die Priesterweihe und wurde 1740 Bibliothekar des Klosters. Zusammen mit Marquard → Herrgott und dem F¨urstabt Martin → Gerbert trug er aufgrund seiner wissenschaftlichen Leistungen maßgeblich zum Ansehen des Klosters im 18. Jh. bei. Gemeinsam mit Herrgott ver¨offentlichte H. die Monumenta augustae domus Austriacae (2 Bde., 1750-52 / 53), denen er als dritten Band die Pinacotheca principum Austriae (1760) folgen ließ. Seit 1762 war er Pfarrer in R¨otgersweil im Hauensteinwalde und seit 1766 Oberpfleger in Bonndorf. C ADB Heerbrand, Jakob, luth. Theologe, * 12. 8. 1521 Giengen / Brenz, † 22. 5. 1600 T¨ubingen. H., Sohn eines Teppichwebers, gilt als einer der f¨uhrenden Repr¨asentanten des Luthertums zu seiner Zeit in S¨udwestdeutschland. Nach dem Studium in Wittenberg als Sch¨uler → Melanchthons und → Luthers wurde H. 1543 Diakonus in T¨ubingen, verlor aber schon 1548 nach dem Interim sein Amt. 1550 wurde er promoviert und durch Herzog → Christoph von W¨urttemberg zum Superintendenten in Herrenberg ernannt. 1551 geh¨orte H. zu den Unterzeichnern der „Confessio Virtembergica“. Im M¨arz 1552 wurde er zusammen mit Johannes → Brenz zum Konzil von Trient entsandt, 1556 zur Durchf¨uhrung der Reformation in der Markgrafschaft Baden-Durlach und dem Breisgau nach

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Pforzheim berufen und 1557 zum Prof. der Theologie in T¨ubingen ernannt. Seit 1590 war H. Kanzler der Univ. und Propst der Stiftskirche. Neben dem gemeinsam mit Brenz verfaßten Großen Buch von T¨ubingen (1561), einer Streitschrift gegen Pedro de Soto, ist das Compendium theologiae, eine evang. Glaubenslehre von weitreichendem Einfluß, H.s bedeutendstes Werk. C TRE

Heerdegen, Edith, Schauspielerin, * 2. 7. 1913 Dresden, † 13. 7. 1982 Dachsberg / Schwarzwald. H. nahm nach dem Abitur Schauspielunterricht und erhielt nach ersten Auftritten als Statistin und an kleinen Wanderb¨uhnen am Staatstheater in Dresden bei Erich → Ponto ihr erstes festes Engagement an einer großen B¨uhne. Zusammen mit Ponto, der ihr eigentlicher Lehrmeister war, ging sie 1947 an das W¨urttembergische Staatstheater in Stuttgart und wirkte dort bis 1979. Zu H.s großen Erfolgen geh¨orten die Titelrolle in → Lessings Minna von Barnhelm, die Dr. Mathilde von Zahnd in → D¨urrenmatts Physiker sowie die Gattin in Thomas → Bernhards Weltverbesserer (in Bochum, zusammen mit Bernhard → Minetti). Weithin bekannt wurde H. auch durch ihre Mitwirkung in Fernsehspielen (u. a. Zahlungsaufschub) und Fernsehdokumentationen. Heeremann van Zuydwyk, Klemens Frh. von, Politiker, * 26. 8. 1832 Surenburg bei Riesenbeck, † 23. 3. 1903 Berlin. Nach dem Jurastudium in Bonn, Heidelberg und Berlin trat H. v. Z. in den Staatsdienst ein und wurde 1870 Mitglied des preuß. Landtags, 1871 des Reichstags. 1874 / 75 war er Regierungsrat in Merseburg. Er geh¨orte zu den Begr¨undern der Zentrumsfraktionen, deren Vorsitz im preuß. Abgeordnetenhaus er 1890-1902 innehatte. 1882-98 war er zweiter Vizepr¨asident des Abgeordnetenhauses. H. v. Z. stand dem Westf¨alischen Kunstverein vor und ver¨offentlichte kunstgeschichtliche Schriften. Heeren, Arnold (Hermann Ludwig), Historiker, * 25. 10. 1760 Arbergen bei Bremen, † 6. 3. 1842 G¨ottingen. Der Sohn eines Dompastors in Bremen studierte in G¨ottingen Theologie, Geschichte und Philologie und war Sch¨uler Ludwig Timotheus → Spittlers und seines sp¨ateren Schwiegervaters Christian Gottlob → Heyne. Nach einer ausgedehnten Europareise 1784 habilitiert, wurde er 1787 a. o., 1799 o. Prof. der Geschichte in G¨ottingen und wirkte maßgeblich auf die Entwicklung seiner Wissenschaft im Sinne der „G¨ottinger Schule“. Von herausragender Bedeutung unter H.s mehrfach aufgelegten und u¨ bersetzten Werken ist u. a. sein Handbuch der Geschichte des europ¨aischen Staatensystems und seiner Colonien (1809). Beeinflußt von Adam Smith, vertrat er die Ansicht einer Interdependenz zwischen der stabilen Verfassung und der florierenden Wirtschaft eines Landes. Grundlegend f¨ur das erstrebenswerte Gleichgewicht zwischen den Staaten seien die Kolonien und das Freihandelssystem. H.s Historische Werke (15 Bde.) erschienen 1821-26 (Neudr. 1987). C NDB Heeren, Friedrich, Chemiker, * 11. 8. 1803 Hamburg, † 2. 5. 1885 Hannover. H., Neffe Arnold → H.s, besuchte das Johanneum und das Akademische Gymnasium in Hamburg und studierte Chemie in G¨ottingen (Promotion 1826, De Acido hyposulphurico commentatio). Nach Reisen durch Frankreich, Belgien und die Niederlande gr¨undete er zusammen mit seinem Bruder in Hamburg eine Stearins¨aurefabrik, nahm 1831 aber eine Dozentenstelle an der neuen h¨oheren Gewerbeschule an und lehrte Physik und Mineralogie, praktische Chemie (bis 1858), seit 1840 auch theoretische Chemie und seit 1853 technische Chemie. 1855 wurde er zum Prof. ernannt. Bekannt geworden ist H. vor allem durch ein zusammen mit

Hefele Karl → Karmarsch verfaßtes Technisches W¨orterbuch, das nach 1841-44 drei Auflagen (3. Aufl. erg¨anzt von Friedrich → Kick und Wilhelm → Gintl, 1881) erlebte. C Grummann

Heerich, Erwin, Bildhauer, Zeichner, * 29. 11. 1922 Kassel, † 6. 11. 2004 Meerbusch. H. besuchte nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg 1945-50 die Kunstakademie D¨usseldorf, bezog dort als Meistersch¨uler Ewald → Matar´es gemeinsam mit Joseph → Beuys ein Atelier und schuf erste Kartonplastiken und isometrische Zeichnungen. Seit 1954 als freischaffender K¨unstler t¨atig, war er 1957 Assistent Matar´es in der Sommerakademie von Oskar → Kokoschka in Salzburg. Seit 1961 lehrte H. am Seminar f¨ur werkt¨atige Erziehung in D¨usseldorf, 1969-88 als Prof. an der Kunstakademie D¨usseldorf. Seine auf mathematischer Logik und architektonischer Isometrie beruhenden Plastiken (u. a. Monument, 1989) hoben die gattungsm¨aßige Trennung zwischen Skulptur und Architektur auf. Seit 1984 schuf H., der 1974 in die Akademie der K¨unste Berlin aufgenommen wurde, mehrere Bauten und Skulpturen auf der Museumsinsel Hombroich bei Neuss. Er wurde u. a. mit dem Will-Grohman-Preis (1978) und dem Preis der Stankowski-Stiftung (1995) ausgezeichnet.

Heeringen, Gustav von, Pseud. Wodomerius, Ernst, Bibliothekar, Schriftsteller, * 27. 10. 1800 Mehlra bei M¨uhlhausen (Th¨uringen), † 25. 5. 1851 Coburg. H. entstammte einer th¨uringischen Adelsfamilie, die ihren Stammsitz in Heringen in der Goldenen Aue hatte. Schon Vater, Groß- und Urgroßvater standen in herzoglich coburgischen Diensten, in die auch H. nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Jena eintrat; er wurde Bibliothekar, Regierungsrat und Kammerherr. Aus seinen Reisen als Begleiter der coburgischen Prinzen entstanden die zu seiner Zeit beliebten Schilderungen Meine Reise nach Portugal im Fr¨uhjahr 1836 (1838) und Ein Ausflug nach England (1841). H. trat auch als Erz¨ahler vorwiegend historisch-romantischer Stoffe hervor. (u. a. Der Balsamtr¨ager, 2 Bde., 1848). C ADB Heerklotz, Adolph, Schriftsteller, * 13. 6. 1823 B¨ornchen (Vogtland), † 30. (31. ?) 1. 1898 Dresden. H. studierte Montanwissenschaft in Freiberg sowie Theologie und Philologie in Leipzig. 1848 wurde er Realschullehrer in Annaberg, mußte aufgrund seiner T¨atigkeit als F¨uhrer einer Freisch¨arlergruppe in der s¨achsischen Revolution fliehen und lebte anschließend als Sprachlehrer und Schriftsteller in Br¨ussel. 1854-57 war er Prof. an der Akademie in Lausanne und kehrte nach der Generalamnestie in Sachsen in seine Heimat zur¨uck. H. ver¨offentlichte zahlreiche philologische Schriften in Fachbl¨attern; zu seinen belletristischen Werken z¨ahlt die in Stanzen abgefaßte Heldenhistorie Janthe (1854). C ADB Heermann, George, Bildhauer, * um 1640 / 50 Weigmannsdorf bei Freiberg (Sachsen), † um 1700. Ausgebildet vermutlich in der Schneeberger Werkstatt der Familie Boehm(e) und in Dresden, empfing H. w¨ahrend eines rund zehnj¨ahrigen Studienaufenthalts in Italien durch Bernini und Borromini pr¨agende Eindr¨ucke. Sein fr¨uhestes datierbares Werk ist das Parisurteil im Palais im Großen Garten in Dresden (1679 / 83), in dem sich H. als Meister eines pathetisch-schweren Hochbarock zeigt. Zur klassischen Vollendung gelangte sein Stil in der Freitreppe vor Schloß Troja bei Prag (entstanden zwischen 1683 und 1695), der ersten außeritalienischen, dabei in der Komposition ganz eigenst¨andigen doppell¨aufigen Gartentreppenanlage mit Figurenbesatz und Wasserspielen, deren Einfl¨usse noch in der Gestaltung des Dresdner Zwingers zu sp¨uren sind. Zu den

bedeutendsten Leistungen der obers¨achsischen Plastik des 17. Jh. geh¨oren schließlich auch H.s Figuren f¨ur den G¨orlitzer Altar, der 1695 vollendet wurde. C NDB

Heermann, Hugo, Musiker, * 3. 3. 1844 Heilbronn, † 6. 11. 1935 Meran. H. deb¨utierte mit acht Jahren als Geiger und studierte am Konservatorium in Br¨ussel und in Paris. Nach erfolgreichen Konzertreisen wurde er 1865 Konzertmeister des Opernorchesters in Frankfurt / Main, spielte als erster Geiger zusammen mit Hans Bassermann, Johann Naret-Koning und Hugo → Becker im „Frankfurter Streichquartett“ und war seit 1878 auch Violinlehrer am Hochschen Konservatorium. 1904 begr¨undete H. eine eigene Violinschule. 1907-10 lebte er in Chicago, danach kurzzeitig in Berlin, seit 1911 in Genf und seit 1922 in Bozen. Konzertreisen durch Amerika und Australien machten ihn weithin bekannt. H. gab 1896 die Violinschule von B´eriot neu heraus. C Frankf Biogr Heermann, Johann(es), auch Herrmann(us), Kirchenlieddichter, * 11. 10. 1585 Raudten (Schlesien), † 17. 2. 1647 Lissa (Posen). Der Sohn eines K¨urschnermeisters war Hauslehrer bei Valerius → Herberger in Fraustadt und besuchte das ElisabethGymnasium in Breslau, 1604-09 die F¨urstenschule in Brieg. H., der seit 1605 lateinische Gedichte ver¨offentlichte, wurde ¨ 1608 zum Poeta laureatus gekr¨ont. Uber Leipzig und Jena kam er 1609 an die Univ. Straßburg und wurde 1611 Pfarrer in K¨oben. Zeitlebens von schwacher Gesundheit, gab er krankheitshalber sein Amt 1639 auf und u¨ bersiedelte nach Lissa. H. gilt als bedeutendster evang. Liederdichter zwischen → Luther und Paul → Gerhardt. Als einer der ersten wandte er die Opitzschen Regeln der Verskunst an. Seine vielfach volkst¨umlich gewordenen Lied- und Spruchdichtungen (darunter Kirchenlieder wie O Gott, du frommer Gott und Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen) beeinflußten Andreas → Gryphius nachweislich, der den postumen Poetischen Erquickstunden (1656) ein Alexandrinergedicht vorC Killy anstellte. Heese, Johann Adolph, Unternehmer, * 11. 6. 1783 Berlin, † 25. 3. 1862 Steglitz (heute zu Berlin). Nach dem Abschluß einer Ausbildung bei dem Samtund Seidenwirkermeister Wrede in Berlin und der Meisterpr¨ufung 1813 machte sich H. 1822 mit einer Firma f¨ur Herstellung und Verkauf von Seidenwaren in Berlin selbst¨andig. 1847 u¨ berließ H. die F¨uhrung dieses Betriebs seinen S¨ohnen und widmete sich fortan auf einem Gut in Steglitz der Seidenherstellung. Bereits 1840 hatte er hier mit der Zucht von Seidenraupen begonnen; 1853 errichtete er ein Fabrikgeb¨aude, in dem Raupenaufzucht, Kokonhaspelei und Rohseidenveredelung zusammengefaßt waren. Diese Einrichtung war die modernste ihrer Art in Deutschland und H. bald der bedeutendste Seidenfabrikant des Reichs. H. war Ehrenmitglied des Stockholmer Seidenbau-Vereins und Tr¨ager des Preußischen Rote-Adler-Ordens 4. Klasse. Der Steglitzer Betrieb wurde 1889 geschlossen, die Berliner Firma neun Jahre sp¨ater. Hefele, Carl Joseph von, kath. Theologe, Bischof von Rottenburg, * 15. 3. 1809 Unterkochen bei Aalen (W¨urttemberg), † 5. 6. 1893 Rottenburg. H., Sohn eines H¨uttenverwalters, studierte seit 1827 in T¨ubingen Philosophie, Philologie und Theologie, war u. a. Sch¨uler von Johann Adam → M¨ohler und empfing 1833 die Priesterweihe. 1833 wurde er Vikar in Mergentheim, 1834 Repetent im Wilhelmsstift, 1836 Privatdozent, 1837 a. o. und 1840 o. Prof. der Kirchengeschichte, Patrologie und christlichen Arch¨aologie in T¨ubingen. 1842 / 43 war er Mitglied

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Hefele der Zweiten Kammer des W¨urttenbergischen Landtags. 1853 erfolgte H.s Nobilitierung. 1868 zur Vorbereitung des Ersten Vatikanischen Konzils nach Rom berufen, wurde H., der seit 1869 Bischof von Rottenburg war, ein F¨uhrer der Minderheit, die sich gegen die Erkl¨arung der Unfehlbarkeit des Papstes wandte. In der Schrift Causa Honorii papae (1870) begr¨undete er seinen Entschluß und verließ vor der Abstimmung das Konzil, verk¨undete jedoch, um den kirchlichen Frieden zu wahren, wenn auch als letzter deutscher Bischof, die Vatikanischen Dekrete. H.s Hauptwerk ist eine Conciliengeschichte (7 Bde., 1873-90, fortgesetzt von Joseph → Hergenr¨other). C TRE

Hefele, Hermann (Josef), Historiker, Literaturhistoriker, * 13. 10. 1885 Stuttgart, † 30. 3. 1936 Frauenburg (Ostpreußen). H., Sohn des Pr¨asidenten des kath. Oberkirchenrats und Großneffe des Bischofs Carl Joseph von → H., studierte seit 1904 in T¨ubingen Philosophie, Geschichte und kath. Theologie und entfaltete nach seiner Promotion 1909 (Der Bettelorden und das religi¨ose Volksleben Ober- und Mittelitaliens im 12. Jahrhundert) eine rege schriftstellerische T¨atigkeit. Ne¨ ben Ubersetzungen wichtiger lateinischer und italienischer Werke entstand 1919 sein Hauptwerk Das Gesetz der Form, in dem er den strengen Klassizismus der subjektivistischen Kunst des 19. Jh. gegen¨uberstellte. 1919-29 Regierungsrat am W¨urttembergischen Staatsarchiv in Stuttgart, folgte er einem Ruf als Prof. der Geschichte und neueren deutschen Literatur an die Staatliche Akademie Braunsberg. H. arbeitete u. a. u¨ ber Petrarca (1913), Dante (Dante, 1921, 51923) und → Goethe (Goethes Faust, 1931). Seiner kulturkritischen und antiliberalen Haltung entsprach seine Ablehnung des Expressionismus. C Killy

Hefele, Melchior, auch H¨afele, Hefeln, Heferl, Heverle, H¨oferle, Architekt, * 11. 1. 1716 Kaltenbrunn (Tirol), † 15. 4. 1794 Steinamanger (Szombathely, Ungarn). H., Sohn eines Maurermeisters, bildete sich zun¨achst zum Schreiner und Architekturzeichner aus, war um 1734 beim bisch¨oflichen Schlossermeister Johann Georg → Oegg in W¨urzburg t¨atig und u¨ bersiedelte nach Wien, wo er 1742 einen ersten Preis und die Goldene Medaille f¨ur Architektur der Akademie f¨ur bildende K¨unste gewann. Er war Zeichenlehrer der ungarischen Leibgarde → Maria Theresias und f¨uhrte seit 1756 den Titel eines k. u. k. Baumeisters. 1763-70 war H. als Passauer Hofarchitekt mit der Umgestaltung und dem weitgehenden Neubau der dortigen f¨urstbisch¨oflichen Residenz befaßt. Seit 1770 wirkte er u¨ berwiegend in Ungarn, wo er f¨ur den Bischof von Steinamanger (Szombathely) eine bisch¨ofliche Residenz und die Kathedralkirche in Steinamanger (1791-97), die als sein Hauptwerk gilt, errichtete. Seine Bauten zeichnen sich durch die Verbindung barocker Monumentalit¨at und klassizistischer Strenge aus. C NDB

Hefentreger, Johann, auch Trygophorus, Reformator, * 1497 Fritzlar, † 3. 6. 1542 Wildungen. Der Sohn einer angesehenen Fritzlarer B¨urgerfamilie wurde nach dem Studium der Artes in Erfurt 1521 Seelsorger am Augustinerinnenkloster seiner Heimatstadt, wo er sich der Reformation zuwandte und 1524 eine ehemalige Nonne heiratete. Daraufhin aus der Stadt gewiesen, fand er 1526 eine Anstellung als Pfarrer in der Stadt Waldeck, von wo er 1531 nach Niederwildungen wechselte. Zeitweise versah er das Amt eines Superintendenten. Der Aufbau eines evang. Kirchenwesens in der Grafschaft Waldeck geht maßgeblich auf H. zur¨uck. Von ihm sind „Denkw¨urdigkeiten“ handschriftlich u¨ berliefert.

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Heffter, Arthur (Wilhelm Karl), Pharmakologe, Mediziner, * 15. 6. 1859 Leipzig, † 8. 2. 1925 Berlin. H., Sohn eines Großkaufmanns, studierte in Freiburg, Leipzig und Greifswald Chemie, wurde 1883 zum Dr. phil. (Ueber einige neue, vom Paratoluidin sich ableitende Schwefelverbindungen), nach dem Medizinstudium in Leipzig und Straßburg 1890 zum Dr. med. (Das Lecithin in der Leber und sein Verhalten bei der Phosphorvergiftung) promoviert und habilitierte sich 1892 in Leipzig. Bis 1898 war er am Pharmakologischen Laboratorium der Univ. Leipzig t¨atig, anschließend kurzzeitig im Reichsgesundheitsamt und ging 1898 als o. Prof. der Pharmakologie nach Bern, 1906 nach Marburg, 1908 nach Berlin. H. arbeitete insbesondere auf dem Gebiet der Psychopharmakologie; er isolierte die optische Halluzinationen erzeugenden Alkaloide Pellotin und Meskalin aus Kakteen und testete die halluzinogene Wirkung von Meskalin auch im Selbstversuch. Bedeutsam f¨ur die Gerichtsmedizin, f¨ur die H. auch als Gutachter t¨atig war, ist seine Methode geworden, Arsen im Haar nachzuweisen. H. ver¨offentlichte u. a. Die Ausscheidung k¨orperfremder Substanzen im Harn (2 Tle., 1903-05), Die Auffindung von Arzneimitteln (1914) und Ber¨uhmte Giftmischerinnen (1923). Seit 1923 gab er das Handbuch der experimentellen Pharmakologie heraus. C NDB

Heffter, August (Wilhelm), Jurist, * 30. 4. 1796 Schweinitz bei Wittenberg, † 5. 1. 1880 Berlin. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Leipzig und Berlin (u. a. bei → Savigny) wurde H., Sohn eines Advokaten und Patrimonialgerichtsdirektors, 1822 Landgerichtsrat in D¨usseldorf und folgte 1823 als o. Prof. der Rechte an die Univ. Bonn. 1830 ging er nach Halle, 1832 nach Berlin, wo er 1836 / 37 Rektor der Univ. war und 1837 Ordinarius des Spruchkollegiums der Fakult¨at wurde. Als Mitglied der Ersten Kammer hatte H. 1849-52 Anteil an der Ausarbeitung der Verfassungsurkunde Preußens. Seit 1863 war er Kronsyndikus und Mitglied des preuß. Herrenhauses. Als Rechtsgelehrter beeinflußte er die zeitgen¨ossische Rechtspraxis maßgeblich. H. ver¨offentlichte u. a. ein Lehrbuch des gemeinen deutschen Strafrechts (1833, 61857) und Das Europ¨aische V¨olkerrecht der Gegenwart (1844; 71881, bearb. von Friedrich Heinrich → Geffcken). C NDB

Heffter, Lothar (Wilhelm Julius), Mathematiker, * 11. 6. 1862 K¨oslin, † 1. 1. 1962 Freiburg / Breisgau. Der Sohn eines Rechtsanwalts und Enkel August → H.s studierte in Heidelberg und Berlin Mathematik und Physik, wurde 1886 mit der Dissertation Zur Integration der linearen Differentialgleichungen zweiter Ordnung promoviert und habilitierte sich 1888 in Gießen mit einer Arbeit u¨ ber die Theorie der linearen homogenen Differentialgleichungen. Seit 1897 a. o. Prof. in Bonn, wurde er 1904 o. Prof. in Aachen, 1905 in Kiel und 1911 in Freiburg / Breisgau (Antrittsrede: ¨ Uber eine vierdimensionale Welt, 1912). Als einer der ersten Mathematiker anerkannte H., 1912 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt, die Relativit¨atstheorie Albert → Einsteins. Er ver¨offentlichte u. a. Lehrbuch der analytischen Geometrie (3 Bde., 1905-29; Bd. 1 zusammen mit Carl Kohler), Mein Lebensweg und meine mathematische Arbeit (1937), Begl¨uckte R¨uckschau auf neun Jahrzehnte. Ein Professorenleben (1952) und Begr¨undung der Funktionentheorie auf alten und neuen Wegen (1955, 2 1960). C NDB

Hefner-Alteneck, Friedrich (Franz Heinrich Philipp) von, Elektrotechniker, Erfinder, * 27. 4. 1845 Aschaffenburg, † 7. 1. 1904 Berlin-Biesdorf. Der Sohn von Jakob Heinrich von → H.-A. besuchte die TH M¨unchen und die ETH Z¨urich und trat 1867 als Arbeiter in die Firma Siemens & Halske ein. Auf Empfehlung Gustav

Hege → Zeuners noch im selben Jahr in das Konstruktionsb¨uro u¨ bernommen, wurde H.-A. 1872 Assistent, 1877 Vertreter des B¨uroleiters und 1880 Prokurist. 1889 schied er aus der Firma aus und war seit 1897 Aufsichtsratmitglied der Allgemeinen Elektricit¨ats-Gesellschaft (AEG). Zu seinen wichtigsten Erfindungen z¨ahlen der Trommelanker f¨ur elektrische Maschinen (1872), das Riesendynamometer zur unmittelbaren Messung der von einem Treibriemen u¨ bertragenen Leistung und die „Differentialbogenlampe“ (1878). 1884 schlug H.-A. die 1883 von ihm konstruierte Dochtlampe (Hefnerlampe) als Maßeinheit f¨ur die Lichtst¨arke (Hefnerkerze) vor. Eine von H.-A. 1903 entwickelte Zeigerschreibmaschine wurde unter dem Namen „Mignon“ von der AEG gebaut. C Leb Berlin 6

Hefner-Alteneck, Jakob Heinrich von, Kunsthistoriker, * 20. 5. 1811 Aschaffenburg, † 19. 5. 1903 M¨unchen. Zun¨achst k¨unstlerischer Leiter einer Porzellanfabrik bei Aschaffenburg, erteilte H.-A., Sohn eines Staatrats und der letzten Inhaberin der G¨obhardeschen Verlagsbuchhandelung in Bamberg, seit 1833 Zeichenunterricht in der Gewerbeschule in Aschaffenburg. Er wurde Konservator der Kgl. Vereinigten Sammlungen in M¨unchen, 1861 Konservator des Kgl. Handzeichungs- und Kupferstichkabinetts, 1868 Generalkonservator der Kunstdenkmale und Altert¨umer Bayerns und Direktor des Bayerischen Nationalmuseums. Er publizierte u. a. Kunstwerke und Ger¨atschaften des Mittelalters und der Renaissance (10 Bde., 1847-62). 1899 gab H.-A. seine Lebenserinnerungen heraus. Er war der Vater von Friedrich von → H.-A. C NDB

Hefti, Beda, schweizer. Architekt, * 1897 Walenstadt, † 21. 1. 1981 Freiburg (Schweiz). Nach einer Ausbildung an der ETH Z¨urich und in Freiburg (Schweiz) ließ sich H. dort als selbst¨andiger Architekt nieder. Seine ersten Bauten zeigen noch einen neoklassizistischen Stil, doch schloß er sich bald der modernen Richtung an, die erstmals im Stadion St. Leonhard in Freiburg klar hervortritt. Seit den zwanziger Jahren baute er mehrere Schwimmb¨ader (u. a. in Murten, Interlaken, Gstaad, Paris). Auch als Sportpionier machte sich H. mit der Initiative zum ersten Murtenlauf 1933 verdient.

Hegar, (Ernst Ludwig) Alfred, Gyn¨akologe, * 6. 1. 1830 Bessungen bei Darmstadt, † 4. 8. 1914 Oberried bei Freiburg / Breisgau. Nach dem Medizinstudium in Gießen, Heidelberg, Berlin und Wien (Promotion 1852 in Gießen, Ueber Ausscheidung der Chlorverbindungen durch den Harn) und praktischer a¨ rztlicher T¨atigkeit in Darmstadt habilitierte sich H., Sohn eines Hof- und Leibarztes, 1864 (Monographie der Gattung Callitriche) und wurde im selben Jahr Prof. der Geburtshilfe und Gyn¨akologie und Direktor der Frauenklinik in Freiburg / Breisgau, wo er bis zu seiner Emeritierung 1904 wirkte. Seit 1893 war H. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Als einer der Begr¨under der operativen Gyn¨akologie verfaßte er zusammen mit seinem Sch¨uler Rudolf Kaltenbach das erste Lehrbuch auf diesem Gebiet (Die operative Gyn¨akologie , 1874, 41897, frz. 1885, span. 1887). Erfolgreich vertrat H. die Aseptik unter der Geburt und trug entscheidend zum Kampf gegen das Kindbettfieber und zur Durchsetzung der Lehren von Ignaz Philipp → Semmelweis bei, u¨ ber den er auch eine Studie (Ignaz Philipp Semmelweiss. Sein Leben und seine Lehre, 1882) publizierte. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Beitr¨age zur Geburtsh¨ulfe und Gyn¨akologie (1889, 21894), Der Geschlechtstrieb. Eine social-medicinische Studie (1894, russ. 1897, d¨an. 1919) und Zur chinesischen, deutschen und amerikanischen Kriminalistik. Der Kampf gegen Minderwertigkeit und Verbrecher (1914). Nach H. benannt sind verschiedene

gyn¨akologische Instrumente und die Hegarschen Schwangerschaftszeichen zur Diagnostik einer Schwangerschaft in den ersten Monaten. Zu seinen Sch¨ulern geh¨oren neben Kaltenbach Hugo → Sellheim und Paul → Diepgen. C Bad Bio N.F., Bd 1

Hegar, (Eduard Ernst) Friedrich, schweizer. Musiker, Dirigent, Komponist, * 11. 10. 1841 Basel, † 2. 6. 1927 Z¨urich. Der Sohn des Notenstechers und Musikalienh¨andlers Ernst Friedrich H. besuchte seit 1857 das Leipziger Konservatorium und wurde nach vor¨ubergehenden T¨atigkeiten als Kapellmeister in Warschau 1862 Konzertmeister des neugegr¨undeten Orchestervereins in Z¨urich. Als Leiter des Gemischten Chores in Z¨urich (1865-1901) und Chef des Tonhalle-Orchesters (1868-1906) sowie als Direktor der auf seine Initiative hin gegr¨undeten Musikschule (seit 1907 Konservatorium) pr¨agte H. das Z¨urcher Musikleben nachhaltig. Er war mit → Brahms befreundet und zog viele bedeutende K¨unstler nach Z¨urich. Seit 1900 stand er dem von ihm mitbegr¨undeten Schweizerischen Tonk¨unstlerverein vor. H. komponierte u. a. M¨annerch¨ore und das Oratorium Manasse (1888). Er war der Vater von Johannes → H. C MGG Hegar, Johannes (Sebastian), Musiker, * 30. 6. 1874 Z¨urich, † 25. 4. 1929 M¨unchen. Durch das k¨unstlerische Leben im Hause seines Vaters Friedrich → H. gepr¨agt, wandte sich H. fr¨uh der Musik zu, erhielt Cello-Unterricht in der Musikschule Z¨urich und schloß seine Ausbildung am Hochschen Konservatorium in Frankfurt / Main ab, wo er Sch¨uler seines Onkels Hugo → Becker war. Seit 1897 war er an diesem Institut Lehrer f¨ur Cello und wirkte im „Frankfurter Trio“, im Hugo → Heermann-Quartett und seit 1906 im Rebner-Quartett mit. 1912 folgte er einem Ruf an die Akademie der Tonkunst in M¨unchen, wo er bis zu seinem Tod, seit 1925 als o. Prof., wirkte. Seit 1916 war H. Mitglied des Berber-Quartetts. C MGG Hege, Walter, Photograph, * 12. 11. 1893 Naumburg, † 28. 10. 1955 Weimar. H., Sohn eines Glasers und einer Schneiderin, durchlief 1908 zun¨achst eine kaufm¨annische Lehre, bildete sich autodidaktisch in der Photographie fort und ging 1909-12 bei einem Dekorationsmaler in die Lehre. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg besuchte er 1918 die Kunstgewerbeschule in Dresden und ließ sich anschließend von Hugo → Erfurth zum Photographen ausbilden. 1920-26 unterhielt er ein Photoatelier in Naumburg und ver¨offentlichte 1925 die Photodokumentation Der Naumburger Dom und seine Bildwerke, dem zahlreiche weitere Bildb¨ande zur europ¨aischer Sakral- und Tempelarchitektur folgten. Zu einem Schwerpunkt seines Schaffens wurden die antiken St¨atten Griechenlands (Akropolis, 1930, 51956; Olympia, 1936, 21937; Griechische Tempel, 1941, alle mit Gerhart → Rodenwaldt). 1930 wurde H. zum Leiter der Lichtbildabteilung der Kunsthochschule in Weimar und dort 1934 zum Prof. ernannt. In den dreißiger Jahren wandte er sich außerdem der Filmkunst zu, drehte einige UFA-Filme (u. a. Auf den Spuren der Hanse; Die Bauten Adolfs Hitlers) und erhielt nach Kriegsende von den sowjetischen Besatzungstruppen den Auftrag, die Kriegszerst¨orungen in Weimar auf Film zu dokumentieren. Anschließend arbeitete er f¨ur das Landesamt f¨ur Denkmalpflege in Braunschweig, ging 1951 nach Gelsenkirchen, wo er Mitbegr¨under der Deutschen Gesellschaft f¨ur Photographie (DGPh) wurde, und wechselte 1954 an die Photowerkstatt der Staatlichen Kunsthalle in Karlsruhe. H., der zu den wichtigsten deutschen Architekturphotographen seiner Zeit z¨ahlte, wurde 1955 mit der David-Octavius-Hill-Medaille der Gesellschaft Deutscher Lichtbildner ausgezeichnet.

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Hegel Hegel, Georg Wilhelm Friedrich, Philosoph, * 27. 8. 1770 Stuttgart, † 14. 11. 1831 Berlin. Der Sohn eines Rentkammersekret¨ars und sp¨ateren Expeditionsrats trat 1788 als herzoglicher Stipendiat in das T¨ubinger Stift ein und studierte an der dortigen Univ. Theologie und Philosophie. 1790 erwarb er den Titel eines Magisters der Philosophie und bestand 1793 das theologische Konsistorialexamen. Hatte H. zu Beginn seiner wissenschaftlichen Ausbildung vielleicht die Absicht gehabt, Pfarrer zu werden, so entschied er sich bald – wie seine im Stift gewonnenen Freunde → H¨olderlin und → Schelling –, einen anderen Weg zu gehen. Sein Erkenntnisinteresse hatten die Autoren der deutschen Aufkl¨arung und die antiken Schriftsteller geweckt. In T¨ubingen wurden dann → Kant, → Jacobi und insbesondere Rousseau mit seinen kulturkritischen sowie politiktheoretischen Schriften f¨ur ihn wegweisend. W¨ahrend der ¨ Revolution in Frankreich, deren Ubergreifen auf S¨udwestdeutschland er wohl erwartete, besch¨aftigten ihn vor allem drei Fragen: 1. Wie muß eine religi¨ose Volksbildung beschaffen sein, so daß durch sie die Motivation ethischen und politischen Handelns verst¨arkt wird? Die Frage war relevant geworden, nachdem Rousseaus Untersuchung, welche Religionstypen vom politischen Standpunkt aus ihre Berechtigung innerhalb eines vern¨unftigen Gemeinwesens haben k¨onnten, ein aporetisches Ergebnis gefunden, Kants Religionsschrift und Ethik jedoch gezeigt hatten, daß ein Widerstreit zwischen religi¨osen, ethischen und politischen Pflichten vermeidbar sei. Es kam somit darauf an, den Gedanken eines solchen Ganzen vernunftgegr¨undeter Aufgaben in ein Bildungsprogramm umzusetzen. Der Suche nach entsprechenden Lebensformen widmeten sich H., H¨olderlin und Schelling mit ihrem Ideal einer „unsichtbaren Kirche“. In den Umkreis derselben Interessen geh¨orte auch die historische Frage: 2. Was waren die Gr¨unde daf¨ur, daß der christliche Glaube im Verlauf seiner Geschichte zu einer auf Autorit¨at beruhenden „positiven“ Religion und zu einem Instrument des Despotismus hatte werden k¨onnen? Durch Entdeckung solcher Gr¨unde hoffte H., die Beantwortung der ersten Frage f¨ordern zu k¨onnen. Die dritte Frage ergab sich zun¨achst aus einem wissenschaftspolitischen Umstand: Die T¨ubinger theologische Orthodoxie war Mitte der neunziger Jahre dazu u¨ bergegangen, die Kantische Philosophie zu einer neuen Rechtfertigung freiheitsfeindlicher kirchlicher Dogmen zu mißbrauchen. Es galt daher zu u¨ berlegen: 3. Wie kann das Kantische Verfahren, von Gewißheiten der reinen ¨ praktischen Vernunft aus zu religi¨osen Uberzeugungen zu gelangen, vor einem solchen Mißbrauch argumentativ gesichert werden? Beim Versuch, diese Frage zu beantworten, a¨ nderte sich das H.sche Programm einer religionskritischen und sozialp¨adagogischen Anwendung revolution¨arer Ideen. Aus einer tiefgreifenden Kritik an Kants praktischer Philosophie ging am Ende ein System der Philosophie hervor, dessen Standpunkt man als „spekulativen Idealismus“ bezeichnen kann. W¨ahrend dieser Entwicklung verdiente sich H. seinen Lebensunterhalt mit Hauslehrerstellen in Bern (1793-96) und Frankfurt (1797-99), wo auch H¨olderlin Hauslehrer war. Nach dem Tod seines Vaters (1799) konnte H. kurze Zeit von seinem Erbe leben, so daß es ihm 1801 durch Vermittlung Schellings m¨oglich war, sich in Jena zu habilitieren. 1805 wurde er dort zum a. o. Prof. ernannt. Das Amt sicherte jedoch sein Auskommen nicht. Trotzdem waren seine Jenenser Jahre (1801-07) von großer, ihm o¨ ffentliche Auf-

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merksamkeit verschaffender Fruchtbarkeit: Bereits 1801 erschien außer einer kurzen Habilitationsschrift u¨ ber die Planetenbahnen die Monographie Differenz des Fichteschen und Schellingschen Systems der Philosophie, und 1802 / 03 publizierte H. im „Kritischen Journal der Philosophie“, das er zusammen mit Schelling herausgab, u. a. die Abhandlungen Verh¨altnis des Skeptizismus zur Philosophie, Glauben und Wissen oder Reflexionsphilosophie der Subjektivit¨at in der Vollst¨andigkeit ihrer Formen als Kantische, Jacobische und ¨ Fichtesche Philosophie und Uber die wissenschaftlichen Behandlungsarten des Naturrechts. Hauptwerk seiner Jenenser Zeit war jedoch die Ph¨anomenologie des Geistes, die den ersten Teil eines Systems philosophischer Wissenschaft bilden sollte und 1807 erschien. Aufgabe der Ph¨anomenologie war es, das „nat¨urliche Bewußtsein“ zum Standpunkt spekulativer Vernunfterkenntnis zu f¨uhren und dadurch diese Vernunfterkenntnis sich selbst finden zu lassen. Der doppelte L¨auterungsprozeß konnte aber zu diesem Ziel nur gelangen, wenn der konkreten Zeitsituation, in welcher sich das nat¨urliche Bewußtsein ¨ mit seinen gegens¨atzlichen Uberzeugungen befand, Rechnung getragen wurde. Der Grundgegensatz der Epoche besteht f¨ur H. zwischen einer zum ersten Prinzip erhobenen, auf verschiedenen Stufen „wissenden“ Subjektivit¨at einerseits und andererseits einer „Objektivit¨at“ all dessen, das sich die Subjektivit¨at nicht zu eigen machen kann. So pr¨uft die Ph¨anomenologie nicht nur Wissensinhalte, sondern auch abgestufte Wissensarten. Das Verfahren, das dies leisten soll, beginnt in einem ersten Schritt damit, daß das nat¨urliche Bewußtsein auf jeder Stufe seinen Wissensanspruch selber pr¨uft und „wir“ dem nur zusehen. Ergebnis der Pr¨ufung ist, daß es seinen eigenen Anspruch nicht erf¨ullen kann. In einem zweiten Schritt ist es Aufgabe des philosophischen Bewußtseins, zu zeigen, daß wir dieses negative Ergebnis in einer positiven Bedeutung nehmen k¨onnen, aus der sich eine neue Stufe des nat¨urlichen Bewußtseins ergibt. Vollst¨andig ist die Selbstpr¨ufung, wenn der Gegensatz zwischen Subjekt und Objekt u¨ berwunden ist, denn dieser ist konstitutiv f¨ur ¨ das nat¨urliche Bewußtsein. Uberwunden ist er, wenn der Inhalt des Bewußtseins seinem Wahrheitsmaßstab entspricht. Diese letzte Gestalt der Ph¨anomenologie nennt H. das „absolute Wissen“, das zugleich ein noch unentfaltetes Wissen des Absoluten ist. Die Entfaltung dieses Wissens ist dann die Aufgabe des zweiten Systemteils, der Wissenschaft der Logik, die in den Jahren 1812-16 erschien. Sie macht f¨ur H. die „eigentliche Metaphysik“ aus. Ihre Aufgabe ist es aber nicht nur, einen ad¨aquaten Begriff des Absoluten zu entwickeln; sie soll zugleich die Versuche der vor-kantischen Metaphysik und der Kantischen Transzendentalphilosophie, das Absolute zu denken, kritisieren, indem sie die traditionellen Begriffe der Metaphysik und der Logik drei Bet¨atigungsweisen des Denkens aussetzt: Zuerst denkt der abstrakte Verstand einen dieser Begriffe, wobei es sein Bestreben ist, ihn als unterschieden von anderen zu bestimmen, d. h. zu definieren. Gegen¨uber dem Ergebnis dieses Versuchs weist zweitens die dialektische Vernunft nach, daß der vom Verstand m¨oglichst gut bestimmte Begriff sich nicht einmal von seinem Gegenbegriff unterscheiden l¨aßt. Damit ist der Definitionsversuch des Verstandes gescheitert. Aufgabe der spekulativen Vernunft ist es, im dritten Schritt zu zeigen, daß das Ergebnis der Auseinandersetzung nicht – wie von der dialektischen Vernunft unterstellt – nur negativ aufgefaßt werden kann, n¨amlich als Grund zu skeptischer Urteilsenthaltung, sondern daß dieses Ergebnis auch positiv zu fassen ist als neuer Begriff, an dem sich dann der Verstand wieder bet¨atigen kann. Da in dem neuen Begriff das Ergebnis der ersten beiden Schritte enthalten ist, werden die Begriffe der Wissenschaft der Logik immer reichhaltiger. Abgeschlossen ist das Verfahren, wenn

Hegel es der dialektischen Vernunft nicht mehr m¨oglich ist, u¨ berhaupt einen Gegenbegriff zu bilden. Diesen letzten Begriff der Logik nennt H. die „absolute Idee“. Daß fast zehn Jahre zwischen dem Erscheinen der Ph¨anomenologie des Geistes und dem vollst¨andigen Erscheinen der Wissenschaft der Logik vergingen, lag u. a. an der fortgesetzt unsicheren finanziellen Situation H.s. Als er das Manuskript der Ph¨anomenologie unmittelbar vor der Schlacht bei Jena nach Bamberg geschickt hatte, folgte er ihm bald selbst (1807), indem er die Redaktion der „Bamberger Zeitung“ u¨ bernahm, die ihm Friedrich Immanuel → Niethammer verschafft hatte. Ebenfalls durch Vermittlung Niethammers ¨ wurde er 1808 Direktor des Agidiengymnasiums in N¨urnberg, wo er 1811 die zwanzigj¨ahrige Marie von Tucher heiratete. Erst 1816 war es H. verg¨onnt, eine akademische Laufbahn mit gesichertem Einkommen zu beginnen – als Heidelberger Prof., der er allerdings nur zwei Jahre blieb, bevor er 1818 durch pers¨onlichen Einsatz des Ministers → Altenstein Nachfolger → Fichtes in Berlin wurde. Seit 1816 „ver¨offentlichte“ H. neben einigen kleineren Schriften die Encyclop¨adie der philosophischen Wissenschaften (1817 in Heidelberg und stark u¨ berarbeitet 1827 und 1830 in Berlin) und seine Grundlinien der Philosophie des Rechts (1821). Die Encyclop¨adie war auf die Unterrichtung von Studierenden angelegt, die seine Vorlesungen besuchten, und enth¨alt deshalb nur die Anf¨ange und Grundbegriffe aller philosophischen Wissenschaften in systematischem Zusammenhang. Neben der bereits erw¨ahnten Logik, die den ersten Teil der Encyclop¨adie ausmacht, sind das die Philosophie der Natur (zweiter Teil) und des Geistes (dritter Teil). Die Rechtsphilosophie ist eine Ausarbeitung des Teils der Encyclop¨adie, die dem „objektiven Geist“ gewidmet ist. Zu ihm geh¨oren viele der Themen, die den jungen H. besch¨aftigt haben. So behandelt die Rechtsphilosophie nicht nur das Recht im engeren Sinne, sondern auch Typen von moralischen Handlungen sowie sittliche Lebensformen in Familie, b¨urgerlicher Gesellschaft, Staat und Weltgeschichte. Sie beansprucht dabei u. a., eine Antwort auf die oben angef¨uhrte dritte Frage zu geben, welcher konkreten Bedingungen es bedarf, damit ethische, politische und religi¨ose Normen nicht miteinander kollidieren. Dazu wird nicht eine m¨oglichst große Anzahl konsistenter Grunds¨atze aufzustellen versucht, sondern es werden von den thematischen Gegenst¨anden ad¨aquate Begriffe gebildet, mittels derer allererst die vern¨unftigen Relationen zwischen dem Rechtlichen, Moralischen, Politischen und Religi¨osen begriffen werden k¨onnen. Die Ad¨aquatheit der Begriffe soll dadurch erzielt werden, daß das grundbe¨ griffliche Material geltender Normen und vorhandener Uberzeugungen des gesunden Menschenverstandes mit Hilfe der spekulativen Logik durchdrungen und so berichtigt wird, daß darin das „Selbstgef¨uhl von der lebendigen Einheit des Geistes“ (Enc. § 379) zum Ausdruck kommt. Erst in den Berliner Jahren erwarb H. seinen philosophischen Ruhm, der ihm eine enorme Wirkung verschafft hat. ¨ Seine Vorlesungen zur Asthetik, Geschichte der Philosophie, Philosophie der Geschichte und Religion wurden nicht nur von Studenten besucht, sondern auch vom bildungshungrigen Publikum der Berliner Gesellschaft. W¨ahrend dieser Zeit pr¨agte die H.sche Philosophie in An- und Ablehnung nicht nur das weitere Philosophieren, sondern auch die Ausbildung zahlreicher Einzelwissenschaften. Nach H.s pl¨otzlichem Tod – er starb an Cholera w¨ahrend einer Epidemie – begann bald die Spaltung der H.schen Schule in eine sogenannte Rechte, Linke und Mitte. Zur ersteren geh¨orten u. a. Johann Eduard → Erdmann, Kuno → Fischer, Hermann Friedrich Wilhelm → Hinrichs; zur zweiten Bruno → Bauer, Friedrich → Engels, Ludwig → Feuerbach und Karl → Marx und zur dritten Eduard → Gans, Karl Ludwig → Michelet und Karl → Rosenkranz.

AUSGABEN: S¨amtliche Werke. Jubil¨aumsausgabe. Hrsg. v. Hermann Glockner. Stuttgart 1927-30. Nachdr. 1964. – Gesammelte Werke. Hrsg. im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft v. Friedhelm Nicolin und Otto P¨oggeler. Hamburg 1968 ff. – Werke. In 20 B¨anden. Hrsg. v. Eva Moldenhauer und Karl Markus Michel. Frankfurt / Main 1969-71. LITERATUR: Kurt Steinhauer (Hrsg.): H. Bibliography / Bibliographie. 2 Tle., M¨unchen u. a. 1980-98. – Karl Rosenkranz: G. W. F. H.s Leben. Berlin 1844. Nachdr. Darmstadt 1988. – Dieter Henrich: H. im Kontext. Frankfurt / Main 1971. – Hans Friedrich Fulda / Dieter Henrich (Hrsg.): Materialien zu H.s „Ph¨anomenologie des Geistes“. Frankfurt / Main 1973. – Manfred Riedel (Hrsg.): Materialien zu H.s Rechtsphilosophie. 2 Bde., Frankfurt / Main 1975. – Arseni Gulyga: G. W. F. H. Leipzig 1974. – Rolf-Peter Horstmann (Hrsg.): Seminar: Dialektik in der Philosophie H.s. Frankfurt / Main 1978. – Christoph Helferich: G. W. F. H. Stuttgart 1979. – Charles Taylor: H. Frankfurt / Main 1983 (engl. 1975). – Robert Pippin: H.s Idealism. Cambridge 1989. – Ludwig Siep: Praktische Philosophie im Deutschen Idealismus. Frankfurt / Main 1992. – Sergio Dellavalle: Freiheit und Intersubjektivit¨at. Zur historischen Entwicklung von H.s geschichtsphilosophischen und politischen Auffassungen. Berlin 1998. – Hans Friedrich Fulda: G. W. F. H. M¨unchen 2003. – Walter Jaeschke: H.-Handbuch. Leben, Werk, Schule. Stuttgart / Weimar 2003. Hans Friedrich Fulda / Mirjam Wildenauer

Hegel, (Friedrich Wilhelm) Karl von, Historiker, * 7. 6. 1813 N¨urnberg, † 6. 12. 1901 Erlangen. Der a¨ lteste Sohn Georg Friedrich Wilhelm → H.s studierte 1830-36 Theologie und Philosophie in Berlin und Heidelberg, wurde 1837 in Berlin promoviert und wandte sich nach einer Italienreise mit Georg Gottfried → Gervinus in den Jahren 1838 / 39 der Geschichtswissenschaft zu. Nach einer T¨atigkeit als Gymnasiallehrer in Berlin folgte er 1841 einem Ruf als a. o. Prof. der Geschichte nach Rostock, wurde 1848 o. Prof., war 1854-56 Rektor und ging 1856 als o. Prof. der Geschichte nach Erlangen (1870 / 71 Prorektor). Politisch gem¨aßigt liberal und strikt konstitutionell gesinnt, gab H. 1848 / 49 die „Neue Schwerinsche Politische Zeitung“ heraus, trat f¨ur Pressefreiheit und ein zwischen Aristokratie und Demokratie ausgleichendes „gespaltenes Wahlrecht“ ein und wurde 1850 in das Erfurter Unionsparlament gew¨ahlt. Seit 1858 war er Mitglied der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, in deren Auftrag er die Chroniken der deutschen St¨adte herausgab (seit 1858) und darin die St¨adte N¨urnberg, Straßburg und Mainz bearbeitete. Sein wichtigstes Werk ist die Geschichte der italienischen St¨adteverfassung (2 Bde., 1846 / 47, Neudr. 1964), in der er germanische Elemente in den St¨adteverfassungen in Italien, Deutschland und Frankreich nachwies. H.s Lebenserinnerungen erschienen 1900. C Mecklenburg, Bd 2

Hegel, (Eduard) Wilhelm von, Staatsbeamter, * 4. 12. 1849 Berlin, † 31. 1. 1925 Merseburg. H., Enkel des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich → H. studierte in Berlin und G¨ottingen (Burschenschaft Germania) Jura, legte 1878 die Assessorpr¨ufung ab und trat 1880 in die Staatsverwaltung ein. 1882 wurde H. von Gustav von → Goßler in das Berliner Kultusministerium berufen. Seit 1886 war er Landrat im altm¨arkischen Burg, einer Region, die er 1887-90 als konservativer Abgeordneter im Reichstag vertrat. Seit M¨arz 1890 arbeitete er wieder in der Geistlichen Abteilung des Kultusministeriums. 1895 zum Regierungspr¨asidenten von Gumbinnen ernannt, f¨orderte er die Infrastruktur seines Bezirks, speziell im wirtschaftsschwachen masurischen S¨uden. Nachdem dort 1905 der Regierungsbezirk Allenstein entstanden war, war H. der erste

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Hegele Regierungspr¨asident. Anfang 1908 u¨ bertrug man ihm das Oberpr¨asidium der Provinz Sachsen in Magdeburg. Hier wirkte er bis zu seiner Pensionierung 1917, war Mitglied der Evangelischen Generalsynode und Vorsitzender der Evangelischen Missionshilfe. 1909 von → Wilhelm II. nobilitiert, verlebte er seinen Ruhestand als Titular-Domherr in Merseburg. C Altpreuß Biogr, Bd 4

Hegele, Max, o¨ sterr. Architekt, * 25. 5. 1873 Wien, † 12. 3. 1945 Wien. H. besuchte die H¨ohere Staatsgewerbeschule und 1893-96 die Meisterklasse f¨ur Architektur an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien. Nach einer Studienreise durch Italien war er in verschiedenen Wiener Ateliers t¨atig, 1899 Mitglied der Architekten-Vereinigung „Wiener Bauh¨utte“. Nach einer erfolgreichen Wettbewerbsteilnahme wurde er 1903 mit der Neugestaltung des Wiener Zentralfriedhofs beauftragt. Seit 1908 lehrte H. Baukunde und Entwurfzeichnen an der Staatsgewerbeschule und wurde 1910 zum Prof. ernannt. Zu seinen Bauten geh¨ort die Dr.-Karl-Lueger-Ged¨achtniskirche auf dem Zentralfriedhof in Wien. C Czeike Hegeler, Wilhelm, Schriftsteller, * 25. 2. 1870 Varel (Oldenburg), † 8. 10. 1943 Irschenhausen / Isartal. H., Sohn eines Seifenfabrikanten, studierte in M¨unchen, Genf und Berlin Rechtswissenschaften, sp¨ater Geschichte, Kunst- und Literaturgeschichte. In Berlin trat er seit 1892 als Schriftsteller naturalistischer, sozialkritischer Literatur hervor und schloß sich dem Friedrichshagener Kreis an. 1893 erschien sein erster Roman Mutter Bertha, die tragisch endende Geschichte einer Kellnerin und ihres unehelichen Kindes. Seit 1896 lebte H. als freischaffender K¨unstler in M¨unchen, sp¨ater in Weimar (1906-18 und 1928-39), Blankenhain / Th¨uringen (1919-28) und in Irschenhausen im Isartal (1939-43). Zu seinen Romanen z¨ahlt Pastor Klinkhammer (1903), f¨ur den er 1904 den Bauernfeld-Preis erhielt. Seine sp¨ateren Werke gelangten u¨ ber konventionelle UnterC Killy haltungsliteratur kaum hinaus. Hegelmaier, (Christoph) Friedrich, Botaniker, * 4. 9. 1833 S¨ulzbach bei Heilbronn, † 26. 5. 1906 T¨ubingen. Einer Beamten- und Pfarrersfamilie entstammend, studierte H. Medizin in T¨ubingen (Promotion 1859, Die Athembewegungen beim Hirndruck) und – nach einer kurzen T¨atigkeit als Milit¨ararzt – Botanik in Berlin. Dort war er vor allem Sch¨uler von Alexander → Braun, dessen vergleichendmorphologische Forschungsrichtung er in seinen sp¨ateren Arbeiten durch entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen erg¨anzte. 1864 habilitierte sich H. in T¨ubingen und wurde 1867 zum a. o. Prof., 1902 zum ordentlichen Honorarprofessor ernannt. 1873 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1868 ver¨offentlichte H. seine grundlegende Monographie u¨ ber Die Lemnaceen. Die Embryologie hat er durch die Vergleichenden Untersuchungen u¨ ber die Entwicklung dikotyledoner Keime (1878) wesentlich bereichert. H.s Herbar, das neben Laubund Lebermoosen zahlreiche Pflanzen des Mittelmeerraumes enthielt, befindet sich im Museum f¨ur Naturkunde in Stuttgart. Hegemann, Ernst, Geod¨at, * 9. 9. 1857 Barmen (heute zu Wuppertal), † 13. 12. 1929 Berlin. H., Sohn eines F¨arbereibesitzers, studierte seit 1881 Geod¨asie an der TH Aachen, legte 1883 die Feldmesserpr¨ufung ab und fand eine erste Anstellung bei der Eisenbahndirektion Bromberg. 1885 ging er nach Berlin, um an der Landwirtschaftlichen Hochschule die f¨ur eine T¨atigkeit bei der Umlegungsbeh¨orde notwendige kulturtechnische

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Pr¨ufung nachzuholen, arbeitete kurze Zeit bei der Generalkommission Merseburg und wurde Assistent f¨ur den geod¨atischen Unterricht an der Landwirtschaftlichen Hochschule. 1892 erhielt er hier einen Lehrstuhl f¨ur Geod¨asie und u¨ bte in seinem mehr als dreißigj¨ahrigen Wirken maßgeblichen Einfluß auf mehrere Generationen preuß. Landvermesser aus. H. ver¨offentlichte u. a. Lehrbuch der Landesvermessung (2 Tle., 1906-13, 21921) und Die Ausgleichungsrechnung nach der Methode der kleinsten Quadrate (1919). C NDB

Hegemann, Gerd, Chirurg, * 5. 9. 1912 Warstein (Sauerland), † 28. 1. 1999 M¨unchen. H., Sohn eines Arztes, studierte seit 1931 Medizin an den Universit¨aten Freiburg / Breisgau, Bonn, Berlin und M¨unster und wurde 1937 promoviert (Beitrag zur Kenntnis der Myoblastenmyome). 1939-45 nahm er als Chirurg in einer Sanit¨atskompanie am Zweiten Weltkrieg teil. 1943-45 war er Wissenschaftlicher Assistent an der Chirurgischen Universit¨atsklinik Berlin, seit 1945 in Marburg, wo er sich 1948 f¨ur Chirurgie habilitierte (Die individuelle Reaktionsweise bei chirurgischen Infektionsprozessen). 1953 wurde er Oberarzt, 1954 apl. Prof. und 1955 o. Prof. der Chirurgie und Direktor der Chirurgischen Universit¨atsklink Erlangen. H. arbeitete vor allem auf dem Gebiet der Thorax-, Bauch- und Gef¨aßchirurgie. 1959 f¨uhrte H. erstmals in Erlangen einen Eingriff am offenen Herzen durch. Er ver¨offentlichte u. a. Allgemeine Operationslehre (2 Tle., 1958). Hegemann, Werner, Pseud. Manfred Maria Ellis, St¨adteplaner, Publizist, * 15. 6. 1881 Mannheim, † 12. 4. 1936 New York. Nach dem St¨adtebau- und Kunstgeschichtsstudium 1901 in Berlin und einem Aufenthalt in Paris studierte H., Sohn eines Bilderrahmenfabrikanten, seit 1904 an der University of Pennsylvania und in Berlin, Straßburg und M¨unchen National¨okonomie und wurde 1908 in M¨unchen promoviert ¨ (Mexikos Ubergang zur Goldw¨ahrung). Danach in Philadelphia ans¨assig, organisierte er 1909-11 die ersten internationalen St¨adtebauausstellungen in Boston, Berlin und D¨usseldorf und ver¨offentlichte u. a. Der St¨adtebau [. . .] (2 Tle., 1911-13). W¨ahrend des Ersten Weltkriegs hielt sich H. in den USA auf. 1924-33 setzte er sich in Berlin als Schriftleiter der Zeitschriften „Wasmuths Monatshefte f¨ur Baukunst“ und „Der St¨adtebau“ f¨ur eine soziale Reform des St¨adtebaus ein. In seinem Hauptwerk Das steinerne Berlin (1930, Neuaufl. 1963) entwarf er eine in begr¨unten Randsiedlungen dezentralisierte Stadt. 1933 emgigrierte H. in die USA und war 1935 / 36 Prof. f¨ur Stadtplanung an der Columbia University in New York. C NDB Hegen, Josef, Politiker, Diplomat, * 23. 4. 1907 Hunschgr¨un (Kr. Elbogen, B¨ohmen), † 28. 2. 1969 Berlin. Nach dem Besuch der Volksschule arbeitete H., Sohn eines Bergmanns, in einer Porzellanmanufaktur und im Bergbau; er trat 1921 in den Kommunistischen Jugendverband, 1924 in die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei ein. 1933 / 34 war er Mitglied des Zentralkomitees, ging zu weiterer Ausbildung in die Sowjetunion und war 1938 / 39 Parteisekret¨ar der Kommunistischen Partei in Br¨unn. 1939 kehrte er in die Sowjetunion zur¨uck, nahm an den Partisanenk¨ampfen in Polen teil und wurde 1943 von den Deutschen verhaftet und im Konzentrationslager Mauthausen interniert. Nach Kriegsende war H. kurze Zeit in B¨ohmen t¨atig, ging dann in die Sowjetische Besatzungszone und machte in der SED u. a. als Innenminister von Sachsen-Anhalt (1950-52) Karriere. 1953 wurde er Staatssekret¨ar und stellvertretender Minister des Innern, 1957 Botschafter der DDR in Warschau und 1961 Missionschef in Peking. Seit 1964 im Außenministerium t¨atig, war H. 1966-69 Staatssekret¨ar und stellvertretender Minister f¨ur Ausw¨artige Angelegenheiten. C DDR

Hegenscheidt Hegenbart, Fritz, Maler, Bildhauer, Graphiker, * 15. 9. 1864 Salzburg, † 29. 10. 1943 Bayerisch Gmain. Urspr¨unglich zum Musiker bestimmt – sein Vater war Cellolehrer in Prag – wandte sich H. 1886 der bildenden Kunst zu und studierte in Prag, M¨unchen und Frankfurt / Main, wo er Sch¨uler von Frank → Kirchbach war. Aus gesundheitlichen Gr¨unden lebte H. einige Zeit in Salzburg, M¨unchen und Dinkelsb¨uhl, ging dann nach Darmstadt, wo ihm der Großherzog von Hessen ein Atelier zur Verf¨ugung stellte, und wirkte sp¨ater wieder in Salzburg und M¨unchen, wo er auch Mitarbeiter der Zeitschrift „Jugend“ war. In seinen graphischen Arbeiten, u¨ berwiegend Radierungen in zum Teil mit Aquatinta gemischter Technik, lehnte sich H. anf¨anglich an Max → Klinger an, verließ aber bald die illustrative RichC Th-B tung. Hegenbarth, Emanuel, Maler, * 14. 1. 1868 B¨ohmischKamnitz, † 18. 7. 1923 Dresden. Nach erstem Zeichenunterricht bei Eduard Steffen in B¨ohmisch-Leipa besuchte H. seit 1884 f¨ur zwei Jahre die Akademie der bildenden K¨unste in M¨unchen. Auf Wunsch des Vaters, eines Glasfabrikanten, durchlief er dann eine kaufm¨annische Ausbildung in Leipzig und arbeitete anschließend im v¨aterlichen Betrieb. 1892 gab er diese T¨atigkeit auf und studierte an der Akademie der bildenden K¨unste in Berlin, sowie in M¨unchen als Sch¨uler von Heinrich von → Z¨ugel. Wie dieser widmete sich auch H. vorwiegend der Landschaftsmalerei mit Tierdarstellung und erhielt 1903 die Professur f¨ur Tiermalerei an der Dresdner Akademie, die er bis zu seinem Tod innehatte. Sein Werk weist H. als Impressionisten s¨uddeutscher Pr¨agung aus. Erst in seinen sp¨ateren Jahren wandte er sich auch der reinen Figurenmalerei und dem Akt zu. Seit 1900 war H. fast j¨ahrlich auf den Ausstellungen der M¨unchner Sezession vertreten. C NDB

Hegenbarth, Josef (Franz), Maler, Zeichner, Illustrator, * 15. 6. 1884 B¨ohmisch-Kamnitz, † 27. 7. 1962 Dresden. H., Sohn eines Glasfabrikanten und -raffineurs, war in Dresden Sch¨uler seines Vetters Emanuel → H. und bezog 1908 die Kunstakademie, wo Gotthardt → Kuehl sein wichtigster Lehrer wurde. Bekannt wurde H. besonders durch seine Illustrationen f¨ur die „Jugend“ und den „Simplicissimus“ (1924-44). Daneben schuf er Einzelbl¨atter und Mappenwerke in verschiedenen Techniken zu Werken der Weltliteratur (u. a. Strindberg-Phantasien, Radierungen, 1929), seit 1936, als ihn die Nationalsozialisten als „entartet“ diffamierten, Illustrationen zu M¨archen und Fabeln. 1946-49 war H. Prof. und Leiter einer Graphikklasse der Hochschule f¨ur Bildende K¨unste in Dresden sowie Mitarbeiter des „Ulenspiegel“. Er illustrierte u. a. → Goethes Faust I und II (1959-61). C Lex Kunst Hegendorff, Christoph(orus), auch Hegendorf, Hegendorfer, Hegendorffinus, Hegendorphinus, luth. Theologe, Dichter, Jurist, * 1500 Leipzig, † 8. 8. 1540 L¨uneburg. H., Sohn eines Seidenhefters, besuchte die Thomasschule in Leipzig, studierte an der dortigen Univ., wurde 1520 / 21 zum Magister artium promoviert und folgte 1525 Petrus → Mosellanus als Prof. der Gr¨azistik nach. Bereits 1519 bekannte er sich anl¨aßlich der Leipziger Disputation zu → Luther. 1529 ging H. als Lehrer der freien K¨unste und der Humaniora an das Lubranskische Athenaeum nach Posen, erlangte durch sein literarisches und erzieherisches Wirken f¨ur ganz Polen Bedeutung und wurde, nach kurzer T¨atigkeit als Prof. des Zivilrechts in Frankfurt / Oder, 1537 Syndikus der Hansestadt L¨uneburg. Er genoß als Universit¨atslehrer und Verfasser im Sinne → Melanchthons gehaltener lateinischer Handb¨ucher zur Brieflehre und Rhetorik, aber auch aufgrund seiner Sch¨ulergespr¨ache (Dialogi pueriles, 1519)

und Schuldramen, europ¨aischen Ruhm. Seine Arbeit zur Methodik des Rechtsstudiums Dialectica legalis erschien 1531. C NDB ¨ Hegenitz, Gottfried, auch Hegenitius, Schriftsteller, Ubersetzer, getauft 21. 3. 1598 G¨orlitz, † nach 1646, vor 1669. H. war 1609-27 an den Universit¨aten Frankfurt / Oder, Jena, Marburg, Altdorf, T¨ubingen, Straßburg und Leiden immatrikuliert, stand u. a. mit Matthias → Bernegger und Johann Friedrich → Gronovius in Kontakt und arbeitete als Hauslehrer f¨ur verschiedene Adelsfamilien. 1629 u¨ bernahm er f¨ur → Tilly und Herzog → August d. J. von BraunschweigWolfenb¨uttel mehrfach diplomatische Missionen. Als Weggef¨ahrte Philipp von → Zesens in den Niederlanden u¨ bersetzte er gemeinsam mit diesem Vital d’Audiguiers Roman Lysandre et Caliste unter dem Titel Liebesbeschreibung Lysanders und Kalisten (1644). Im Verlag Ludwig ¨ Elzeviers erschienen weitere Ubersetzungen H.s sowie eigene Schriften, darunter der Reisef¨uhrer Itinerarium FrisioHollandicum (1630, weitere Aufl. 1661 und 1667). C Killy

Hegenscheidt, Rudolf, Industrieller, * 17. 11. 1859 Gleiwitz, † 17. 2. 1908 Breslau. Der Sohn Wilhelm → H.s trat nach dem Studium der H¨uttenkunde an der TH Aachen in die Fabrik seines Vaters ein. Seit 1887 Vorstand in der neugegr¨undeten Oberschlesischen Drahtindustrie AG, u¨ bernahm er nach deren Vereinigung mit der Oberschlesischen Eisenindustrie AG die Abteilung Drahtwaren. 1905 schied er aus dem Konzern aus und wurde Generaldirektor der Oberschlesischen Eisenbahnbedarfs AG in Friedensh¨utte, die unter seiner Leitung einen großen Aufschwung erlebte. Sp¨ater wurde H. Mitarbeiter und dann Inhaber der Kohlenfirma Emanuel Friedl¨ander & Co. in Berlin. Durch den Zusammenschluß der oberschlesischen H¨utten und die Gr¨undung der Kohleninteressengemeinschaft von Ballestrem, Schaffgotsch und Friedensgrube trug H. maßgeblich zur Wirtschaftsentwicklung Ostdeutschlands bei. C NDB

Hegenscheidt, (Carl August) Wilhelm sen., Industrieller, * 9. 10. 1823 Altena (Westfalen), † 1. 3. 1891 Gleiwitz. Der Sohn eines Reidemeisters erbte 1851 die v¨aterliche Drahtrolle in Altena und gr¨undete 1852 bei Gleiwitz eine eigene Draht-, Nagel- und Kettenfabrik. 1865 erwarb H. die Baildonh¨utte bei Kattowitz und gr¨undete 1887 gemeinsam mit der Firma Kern & Co. die Oberschlesische Drahtindustrie AG und die Oberschlesische Eisenindustrie AG, die 1889 vereinigt wurden und zu den bedeutendsten gemischten Werken Deutschlands geh¨orten. Besondere Verdienste erwarb sich H. durch sein soziales Engagement in der Gemeinde (Bau der evang. Kirche, Armenpflege) und f¨ur seine Arbeiter (Einrichtung von Kranken-, Pensions- und Unterst¨utzungskassen). Er war der Vater von Rudolf und Wilhelm → H. jun. C Leb Schlesien, Bd 1

Hegenscheidt, Wilhelm jun., Fabrikant, * 13. 5. 1861 Gleiwitz, † 22. 9. 1895 Ratibor. Der Sohn Wilhelm → H.s sen. u¨ bernahm 1891 eine seit 1875 in Ratibor bestehende Maschinenfabrik. Damit trat eine neue Firma Wilhelm Hegenscheidt ins Leben, nachdem das v¨aterliche Unternehmen 1887 in der Oberschlesischen Drahtwerke AG bzw. 1889 in der Oberschlesischen Eisenindustrie AG f¨ur Eisenh¨uttenwesen und Bergbau aufgegangen ¨ war. H. erweiterte die Ratiborer Firma durch die Ubernahme einer Baubeschlagfabrik sowie einer Schrauben- und Achsenfabrik. Nach dem Zweiten Weltkrieg fand HegenscheidtRatibor seine Fortsetzung in Erkelenz.

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Hegenwalt Hegenwalt, Erhard, auch Erhart, Hegenwald, Dichter, 1. H¨alfte 16. Jh. H. trat 1523 hervor durch die Ver¨offentlichung eines in Protokollform gehaltenen Berichts u¨ ber die Disputation → Zwinglis vom 29. 1. 1523, die den Sieg der Reformation in Z¨urich zur Folge hatte. Zu dieser Zeit stand H. als Schullehrer im Dienst des Abts Johann Jakob Russinger von Kloster Pf¨afers. 1524 erschien in Wittenberg der Einzeldruck des von H. gedichteten Liedes Erbarm dich mein, o Herre Gott, einer deutschen Nachdichtung des 51. Psalms Miserere mei deus, die von → Luther im selben Jahr in das erste evang. Gesangbuch aufgenommen wurde. 1526 wurde H. in Wittenberg zum Dr. med. promoviert. Ob er mit dem namensgleichen Stadtarzt von Frankfurt / Main, der 1528-41 wirkte, identisch ist, ist nicht gesichert. C ADB

Beamtenlaufbahn ein. Autodidaktisch erlernte er die Gabelsbergersche Stenographie, deren Verbreitung er zu seiner Lebensaufgabe machte. H. verließ den Staatsdienst, um 1842 eine stenographische Lehranstalt zu er¨offnen, und wurde 1843 a. o. Prof. der Stenographie an der Polytechnischen Schule in Wien. Von weitreichender Bedeutung war H.s ¨ Ubertragung der Gabelsbergerschen Stenograpie auf die slawischen Sprachen, die er 1849 in einem Lehrbuch ver¨offentlichte (Kurze Anleitung zur Stenograpie f¨ur die vier slawischen Hauptsprachen). 1848 wurde H. Leiter des ersten o¨ sterr. parlamentarischen Stenographenb¨uros im Dienst des Reichstags. Mit der Gr¨undung des „Centralvereins der Ste¨ nographen des Osterreichischen Kaiserstaates“ 1849 sicherte H. die Weiterf¨uhrung seiner Arbeit. C NDB

Heger, Franz, Architekt, * 5. 1. 1792 Worms, † 2. 5. 1836

Wiesbaden, † 8. 12. 1993 Heidelberg. H. studierte 1946-52 romanische Philologie in Heidelberg und Basel, 1952 / 53 vor allem arabische Philologie in Madrid und wurde 1952 promoviert (Balthasar Graci´an. Eine Untersuchung zu Sprache und Moralistik als Ausdrucksweisen der literarischen Haltung des Conceptismo). 1954-57 in der Industrie t¨atig, war er 1957-62 wissenschaftlicher Assistent an der Univ. Heidelberg, wo er sich 1962 habilitierte (Die Bezeichnungen temporal-deiktischer Begriffskategorien im franz¨osischen und spanischen Konjugationssystem, 1963). 1963 wurde er o. Prof. der romanischen Philologie an der Univ. Kiel, 1969 der allgemeinen Sprachwissenschaft an der Univ. Heidelberg. H. besch¨aftigte sich vor allem mit Sprachtheorie und -typologie sowie mit der Theorie der Linguistik. Er ver¨offentlichte u. a. Monem, Wort und Satz (1971, 21976 unter dem Titel Monem, Wort, Satz und Text). 1979 wurde er in die Heidelberger Akademie der Wissenschaften aufgenommen. C Jb HAW 1994

Darmstadt. H. studierte an der Univ. Gießen einige Semester Kameralwissenschaften und trat 1810 zur Ausbildung in das hessische Bauamt ein, wo ihn besonders Georg → Moller beeinflußte. Sp¨ater arbeitete er im Atelier → Weinbrenner in Karlsruhe. 1817 reiste H. nach Italien, 1819 nach Griechenland (zusammen mit Heinrich → H¨ubsch und Josef → Th¨urmer) und kehrte 1820 u¨ ber Italien und Frankreich in seine Heimat zur¨uck. 1822 wurde H. zum Landbaumeister ernannt, dem u. a. auch das Milit¨arbauwesen unterstand. Zu H.s Bauten geh¨oren die Dragoner- und die Infanteriekaserne in Darmstadt. Zusammen mit Moller gab er die Abhandlung Entw¨urfe ausgef¨uhrter und zur Ausf¨uhrung bestimmter Geb¨aude (5 Tle., 1825-31) heraus. C Hess Bio, Bd 3

Heger, Franz, o¨ sterr. Geologe, * 4. 10. 1853 Brandeis / Adler (B¨ohmen), † 23. 7. 1931 Wien. H. studierte an der TH und der Univ. Wien Geologie und Pal¨aontologie und arbeitete seit 1878 zun¨achst am Naturhistorischen Hofmuseum Wien. 1884 wurde er Direktor der Anthropologisch-Ethnographischen Abteilung, die er wesentlich erweiterte und damit die Grundlage f¨ur das sp¨atere V¨olkerkundemuseum schuf. Ausgedehnte Reisen f¨uhrten H. durch Europa, Transkaukasien, Turkestan, nach Hinterindien, Indonesien und S¨udamerika. Er war Vizepr¨asident der Anthropologischen Gesellschaft und seit 1899 Redakteur ihrer „Mitteilungen“. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Die wichtigsten Fragen der modernen Urgeschichtsforschung (1882) und Die Zukunft der ethnographischen Museen (1896). Heger, Hans, Pharmazeut, * 7. 9. 1855 Troppau (Schlesien), † 26. 6. 1940 Wien. H. schloß das Studium der Chemie und Pharmazie an den Universit¨aten Wien, Paris und Heidelberg 1881 mit der Promotion ab und arbeitete in der Adler-Apotheke in Wien. 1883 erwarb er die Monatsschrift „Pharmaceutische Post“, die er in eine w¨ochentliche Zeitschrift umwandelte. Als Pr¨ases der Wiener Pharmazeutenvereinigung, Vorstandsmit¨ glied der „Osterreichischen pharmazeutischen Produktivgenossenschaft“ und Mitherausgeber mehrerer Zeitschriften entfaltete H. eine rege Wirksamkeit. Er ver¨offentlichte zahlreiche wissenschaftliche Aufs¨atze (u. a. Synopsis der neuen Arzneimittel, 1891), war Initiator des sog. Codex Alimentarius und Mitbegr¨under mehrerer sozialer Einrichtungen f¨ur Pharmazeuten. 1896 erschienen seine Apothekenbilder von Nah und Fern. C Reber Heger, Ignaz Jakob, Stenograph, * 5. 7. 1808 Poliˇcka (B¨ohmen), † 11. 5. 1854 Wien. Unter großen Entbehrungen studierte H. in Olm¨utz und in Wien Philosophie und Rechtswissenschaften und schlug die

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Heger, Klaus, Sprachwissenschaftler, * 22. 6. 1927

Heger, Robert, Dirigent, Komponist, * 19. 8. 1886 Straßburg, † 15. 1. 1978 M¨unchen. H., Sohn eines Geigers, erhielt seine musikalische Ausbildung u. a. bei Max von → Schillings in M¨unchen und wurde nach kurzem Engagement in seiner Heimatstadt 1908 Kapellmeister am Stadttheater in Ulm. Nach T¨atigkeiten in Barmen, an der Wiener Volksoper, am Stadttheater in N¨urnberg (1913-20) und der Staatsoper in M¨unchen wurde er 1925 Konzertdirektor der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. 1933-45 wirkte H. als Preußischer Staatskapellmeister an der Staatsoper in Berlin, anschließend an der dortigen St¨adtischen Oper und wurde 1950 als Erster Staatskapellmeister an die Bayerische Staatsoper verpflichtet und zum Pr¨asidenten der Staatlichen Hochschule f¨ur Musik ernannt (Emeritierung 1954). H., der bis 1968 in M¨unchen dirigierte, komponierte u. a. die Oper Der Bettler Namenlos, die 1932 in M¨unchen uraufgef¨uhrt wurde. C MGG

Heger, Rolf Eugen, o¨ sterr. Architekt, * 21. 7. 1892 Guntramsdorf (Nieder¨osterreich), † 18. 11. 1954 Wien. H. studierte an der TH Wien bei Friedrich → Ohmann und an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien und wurde nach praktischen T¨atigkeiten 1922 Chefarchitekt in Reval. 1925 ließ er sich als selbst¨andiger Architekt in Wien nieder und trat 1930 in den Bundesdienst ein. Als Planungsleiter im Bereich des Luftgaukommandos XVII leitete er 1938-45 verschiedene Industriebauten. 1946 wurde er zum o. Prof. der TH Graz ernannt. Zu seinen Arbeiten geh¨oren st¨adtische Wohnhausbauten, Ein- und Mehrfamilienh¨auser, st¨adtebauliche Entw¨urfe, aber auch Kindertagesst¨atten und Verwaltungsgeb¨aude.

Hegetschweiler, Emil (Johann), schweizer. Schauspieler, * 15. 10. 1887 Z¨urich, † 1. 10. 1959 Z¨urich. Der gelernte Konditor trat seit 1907 als Dialektschauspieler auf der B¨uhne des Dramatischen Vereins Z¨urich auf.

Hegi 1917 u¨ bernahm er die v¨aterliche Konditorei in Z¨urich, der er 1927 die Konditorei Helmhaus angliederte, die bald zu einem K¨unstlertreffpunkt wurde. 1934 wurde hier das Cabaret „Cornichon“ gegr¨undet, in dem H. 1934-42 als Darsteller und Mitautor wirkte. Gastspielauftritte f¨uhrten ihn auch an das Schauspielhaus Z¨urich, nach Basel und nach Bern. 1946 gr¨undete er mit dem „Hegi-Theater“ eine eigene Truppe. Allgemeine Popularit¨at erlangte H. durch seine satirische Rundfunksendung Temperli und Tsch¨umperli sowie durch seine Mitwirkung in u¨ ber dreißig Spielfilmen, in denen er meist den Typus des Schweizer Kleinb¨urgers und -bauern verk¨orperte (u. a. den B¨ackermeister in B¨ackerei Z¨urrer, 1957). C HLS

Hegetschweiler, Johannes, schweizer. Botaniker, Mediziner, Staatsmann, * 14. 12. 1789 Rifferswil (Kt. Z¨urich), † 9. 9. 1839 Z¨urich. Nach dem Medizinstudium 1809-12 in Z¨urich und T¨ubingen (Promotion 1813, Descriptio scitaminum L., nonnullorum nec non glycines heterocarpae) ließ sich H., Sohn eines Chirurgen, 1814 als Arzt in St¨afa am Z¨urichsee nieder. Er betrieb intensive botanische Studien und stand in Kontakt mit in- und ausl¨andischen Gelehrten, u. a. mit Oswald → Heer, der H.s Flora der Schweiz sp¨ater (1840) vollendete. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Die Giftpflanzen der Schweiz (3 Bde., 1827-29) und Beytr¨age zu einer kritischen Aufz¨ahlung der Schweizerpflanzen und einer Ableitung der helvetischen Pflanzenformen von den Einfl¨ussen der Aussenwelt (1831). 1830 in den Großen Rat entsandt, wurde H. 1831 Regierungsrat und leitete als Pr¨asident des Gesundheitswesens die Ausarbeitung einer neuen Medizinalverfassung. H., der die Berufung von David Friedrich → Strauß nach Z¨urich abgelehnt hatte, wurde bei einem Vermittlungsversuch im „Z¨uriputsch“ erschossen. C NDB Hegewisch, Dietrich Hermann, Historiker, * 15. 12. 1740 Quakenbr¨ugge bei Osnabr¨uck, † 4. 4. 1812 Kiel. H., Sohn eines Glasermeisters, studierte 1759-63 in G¨ottingen Theologie, war als Hauslehrer t¨atig und ließ sich 1775 in Hamburg nieder, wo er u. a. als Zeitungsredakteur t¨atig war. Aufgrund seines 1777 ver¨offentlichten Versuches einer Geschichte Karls des Großen (31818) wurde er 1780 a. o. Prof. der Geschichte in Kiel, 1782 o. Professor; 1789 und 1798 / 99 war er Prorektor. Zu seinen Werken z¨ahlen u. a. eine Geschichte der Regierung Maximilians I. (2 Bde., 1782 / 83, 2 1818) und die Fortsetzung von Wilhelm Ernst → Christianis Geschichte der Herzogth¨umer Schleswig und Holstein (Bd. 3 und 4, 1801 / 02). H. war Mitglied der Kopenhagener und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Er war der Vater von Franz → H. C SHBL, Bd 5 Hegewisch, Franz (Hermann), Pseud. Franz Baltisch, Mediziner, Publizist, * 13. 11. 1783 Kiel, † 27. 5. 1865 Kiel. Der Sohn von Dietrich Hermann → H. studierte in Kiel, G¨ottingen und W¨urzburg Medizin (Promotion 1905 in G¨ottingen) und wurde Hausarzt des Grafen Friedrich zu ¨ → Reventlow in Emkendorf. 1807 erschien seine Ubersetzung von Thomas Robert Malthus’ Versuch u¨ ber die Bedingungen und Folgen der Volksvermehrung. Seit 1810 lehrte er als a. o. Prof. der Medizin in Kiel, wo er auch als praktischer Arzt wirkte. 1860 wurde H. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. In zahlreichen politischen Schriften (u. a. in den „Kieler Bl¨attern“ und den „Kieler Beitr¨agen“) setzte sich H. f¨ur ein ungeteiltes Schleswig-Holstein ein und k¨ampfte zusammen mit seinem Schwager Friedrich → Dahlmann gegen d¨anische ¨ Ubergriffe, hielt aber an der Idee des d¨anischen Gesamtstaats fest. Als Altliberaler trat H. f¨ur eine gem¨aßigte Verfassungsreform ein und wies in seinem politischen Testament von 1856 (Politische Anmerkungen eines Siebzigj¨ahrigen,

anonym) nachdr¨ucklich auf das englische Vorbild einer erblichen konstitutionellen Monarchie hin. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨ort ferner Eigenthum und Vielkinderei, Hauptquellen des Gl¨ucks und des Ungl¨ucks der V¨olker (1846). H. konnte beim d¨anischen K¨onig den Bau der Eisenbahnlinie Kiel-Altona durchsetzen. C SHBL, Bd 5

Heggelin, Ignaz Valentin, kath. Theologe, * 1. 1. 1738 Markdorf / Bodensee, † 1. 5. 1801 Warthausen. Nach dem Studium an der Univ. Freiburg / Breisgau und der Priesterweihe wurde H. 1761 Pr¨ases der Erziehungsanstalt der „Domus sapientiae“, widmete sich aber seit 1764 als Pfarrer in Warthausen ganz der Seelsorge. H.s besondere F¨ursorge galt den Handwerkslehrlingen (Hundert v¨aterliche Lehren f¨ur die wandernden Handwerksgesellen, 1796, Neuaufl. 1836). Er stand in Kontakt mit dem ehemaligen Kurmainzer Staatsminister Graf Friedrich Lothar von → Stadion und dessen Hofrat Georg Michael von Laroche und war mit Johann Michael → Sailer und Johann Caspar → Lavater befreundet. Sailer setzte H. ein Denkmal in seiner Schrift An Heggelins Freunde (1803). C ADB

Hegglin, Robert, schweizer. Internist, * 5. 5. 1907 Sch¨onbrunn (Gem. Menzingen, Kt. Z¨urich), † 22. 9. 1969 Z¨urich. H., Sohn eines Arztes, studierte Medizin in Genf, M¨unchen, ¨ Berlin, Paris und Z¨urich, wurde 1934 promoviert (Uber Organvolumen und Organgewicht, nebst Bermerkungen u¨ ber die Gr¨ossenbestimmungsmethoden), habilitierte sich 1943 (Die verl¨angerte QT-Dauer im Elektrokardiogramm) und er¨offnete 1944 eine internmedizinisch-kardiologische Privatpraxis. 1954 wurde er zum Chefarzt der Medizinischen Klinik am Kantonsspital St. Gallen und 1958 zum o. Prof. f¨ur Innere Medizin und Direktor der Medizinischen Poliklinik am Kantonsspital Z¨urich ernannt. H. ver¨offentlichte u. a. Die Chemotherapie der Pneumonien (1942) und Die Klinik der energetisch-dynamischen Herzinsuffizienz (1947); sein Lehrbuch Differentialdiagnose innerer Krankheiten (1952) wurde vielfach u¨ bersetzt und erschien zu seinen Lebzeiten in elf Auflagen. Mit Ernst L¨uthy gab er 1959 Congenital and acquired heart diseases, cardiac failure diseases of the coronary, vessels correlations between lung and heart heraus. C HLS

Hegi, Franz, schweizer. Kupferstecher, Zeichner, * 16. 4. 1774 Lausanne, † 14. 3. 1850 Z¨urich. Der Sohn eines Goldschmieds und Kupferstechers ging bei dem Kupferstecher Matthias → Pfenninger in Z¨urich in die Lehre und stach 1796-1802 f¨ur den Verleger und Kunsth¨andler Peter → Birmann in Basel vor allem Kopien nach alten Meistern und Landschaften. Auch nach H.s R¨uckkehr nach Z¨urich bildeten Darstellungen schweizer. Landschaften und historischer Gegenst¨ande Schwerpunkte seines Schaffens. H.s Illustrationen f¨ur die „Helvetischen Almanache“ (1805-22), die „Alpenrosen“ (1811-30), die „Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Z¨urich“ (1841-52) u. a. besitzen durch ihre Genauigkeit bleibenden Wert f¨ur die Topographie. C NDB Hegi, Gustav, schweizer. Botaniker, * 13. 11. 1876 Rickenbach (Kt. Z¨urich), † 23. 4. 1932 Goldbach (Gem. K¨usnacht, Kt. Z¨urich). H., Sohn eines Pfarrers, studierte u. a. bei Hans → Schinz Botanik an der Univ. Z¨urich und wurde 1900 promoviert (Das obere T¨osstal und die angrenzenden Gebiete floristisch und pflanzengeographisch dargestellt). Nach einer Lehrt¨atigkeit an der Kantonsschule Trogen setzte er seine Ausbildung an der Univ. Berlin fort, war Mitarbeiter beim „kolonialwirtschaftlichen Komitee“ und kam 1902 als Kustos an den Botanischen Garten nach M¨unchen. Im Alpengarten

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Hegius auf dem Schachen, dessen Betreuung H. gleichfalls oblag, erforschte er die bayerische Alpenflora, die auch Thema seiner Habilitationsschrift von 1905 war (Beitr¨age zur Pflanzengeographie der bayerischen Alpenflora). Seit 1910 war er a. o. Prof. f¨ur Systematische Botanik an der Univ. M¨unchen und schweizer. Konsul, seit 1920 Generalkonsul. H. vero¨ ffentlichte u. a. Alpenflora (mit Gustav Dunzinger, 1905, 25 1977, engl. 1930), Illustrierte Flora von Mittel-Europa (13 Bde., 1906-31, Nachdr. 1965 ff.), Aus den Schweizerlanden. Naturhistorisch-geographische Plaudereien (1913) und Rebstock und Wein (1925). C NDB

Hegius, Alexander, auch Heck, Hek, Sander(us), Theologe, Schulmann, * um 1439 / 40 Burgsteinfurt, † 27. 12. 1498 Deventer. H., Sohn eines Schulzen, wurde 1469 Rektor der „Großen Schule“ in Wesel, folgte 1473 einem Ruf an die Stiftsschule von St. Martin in Emmerich und war seit 1483 (m¨oglicherweise bereits seit 1481 / 82) Rektor an der Stiftsschule bei St. Lebuinus in Deventer. Beeinflußt durch Rudolf → Agricola, reformierte er die Schule nach humanistischen Grunds¨atzen und nahm das Griechische in den Lehrplan auf. Durch seine Sch¨uler nahm H. wesentlichen Einfluß auf den j¨ungeren Humanismus. Er trat auch als Autor grammatischer Schriften und lateinischer Carmina (1503, hrsg. von Jacobus Fabri) hervor. Seine Fr¨ommigkeit im Sinne der Devotio moderna bewog H. im Alter, Priester zu werden. C VL

Hegler, Alfred (Wilhelm), evang. Theologe, * 6. 11. 1863 Stuttgart, † 4. 12. 1902 T¨ubingen. H., Sohn eines Landgerichtsrats, besuchte die Seminare in Maulbronn und Blaubeuren und studierte in T¨ubingen u. a. bei Carl Heinrich von → Weizs¨acker, von dem er den konservativen Zug der schw¨abischen Tradition mit Betonung der kirchlichen Bindung der Theologie und u¨ berindividueller institutioneller Verankerung u¨ bernahm. 1887 wurde er Stadtvikar an der Stuttgarter Hofkirche, studierte 1888 in Berlin und wurde 1889 Repetent in T¨ubingen, 1892 Privatdozent in Straßburg (Habilitationsschrift: Geist und Schrift bei Sebastian Franck), 1896 a. o., 1900 o. Prof. der Kirchengeschichte in T¨ubingen. Seine beachtliche Geschichte des Spiritualismus im Zeitalter der Reformation blieb unvollendet. C NDB

Hegler, Carl (Theodor), Internist, * 11. 8. 1878 Stuttgart, † 14. 11. 1943 Hamburg. Nach dem Medizinstudium und T¨atigkeiten als Assistenzarzt in T¨ubingen und in M¨unchen (Promotion 1902, Zur Regenerationsf¨ahigkeit des Gehirns) wurde H. 1908 Sekund¨ararzt und sp¨ater Oberarzt am Allgemeinen Krankenhaus Eppendorf. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs stand er als Arzt im Dienst der t¨urkischen Armee und ging 1919 an das St.-Georg-Krankenhaus in Hamburg, dessen Direktor er 1926 wurde. Gleichzeitig war er a. o. Prof. an der dortigen Universit¨at. H. verfaßte zahlreiche Abhandlungen u¨ ber Fragen der Inneren Medizin und gab eine u¨ berarbeitete Fassung des Lehrbuchs der Infektionskrankheiten von Georg ¨ 2, 3 → Jochmann (1924) heraus. C Arzte

Hegnenberg-Dux, Friedrich (Adam Johann Justus) von, Staatsmann, * 2. 9. 1810 Hof Hegnenberg bei F¨urstenfeldbruck, † 2. 6. 1872 M¨unchen. H.-D. entstammte einem bayerischen Adelsgeschlecht und u¨ bernahm nach dem Jurastudium in W¨urzburg und dem Tod seines Vaters die Hofmark Hegnenberg. 1845 wurde er als Vertreter der adeligen Gutsbesitzer in die Zweite Kammer des bayerischen Landtags aufgenommen, 1847 deren zweiter Pr¨asident. 1848 geh¨orte H.-D. zu den Mitgliedern des Frankfurter Vorparlaments und sp¨ater auch der Nationalversammlung, kehrte in den bayerischen Landtag zur¨uck und war bis 1865 Erster Pr¨asident der Zweiten Kammer. H.-D.

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vertrat eine gem¨aßigt liberale Richtung. Aus dem Ruhestand ¨ wurde er 1871 zum Staatsminister des Außern und Vorsitzenden des Ministerrats berufen. C ADB

Hegner, Anna, schweizer. Musikerin, Komponistin, * 1. 3. 1881 Basel, † 3. 2. 1963 Basel. Die Schwester Otto → H.s war Sch¨ulerin von Adolf Stiehle und Hugo → Heermann und trat bereits im Alter von zw¨olf Jahren in England auf. Siebzehnj¨ahrig unternahm H. eine erfolgreiche Konzerttournee als Violinvirtuosin, die sie nach Berlin, Leipzig, Paris und London f¨uhrte. Durch Joseph → Joachim empfohlen, wurde sie 1904 Violinlehrerin am Hochschen Konservatorium in Frankfurt. 1929-51 wirkte sie als Prof. am Konservatorium in Basel. H. komponierte Werke f¨ur Klavier und Violine sowie Lieder und Kammermusik. Hegner, Jakob, auch Jacques, Jaques, Jean-Jacques, ¨ Pseud. Meta Seemann, Verleger, Drucker, Ubersetzer, * 25. 2. 1882 Wien, † 24. 9. 1962 Lugano (Kt. Tessin). Nach kunst- und literaturgeschichtlichen Studien in Leipzig wurde H., Sohn eines W¨aschefabrikanten, 1899 Mitarbeiter beim Verlag Hermann Seemann Nachfolger und gr¨undete 1903 den „Magazin-Verlag Jacques Hegner“ in Berlin. In dem seit 1912 in Hellerau bei Leipzig betriebenen „Hellerauer Verlag Jakob Hegner“ erschien 1913 Paul Claudels ¨ Verk¨undigung in der Ubersetzung H.s. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs arbeitete H. gemeinsam mit Robert → Musil, Franz → Blei und Rainer Maria → Rilke im Wiener Kriegspressequartier. 1918 gr¨undete er die Hellerauer Druckerei und wurde durch seine bibliophilen Klassikerdrucke im Handsatz u¨ ber Deutschland hinaus bekannt. 1930 erloschen beide Betriebe, und H. wurde Verlagsdirektor bei Oscar → Brandstetter in Leipzig, wo er ein europ¨aisch-christliches Programm vertrat und u. a. Werke von Romano → Guardini verlegte. 1936 nach Wien, 1938 nach London emigriert, wurde H. 1946 Mitarbeiter des Verlage Summa (Olten, Schweiz) und K¨osel (M¨unchen) und setzte seit 1949 im der Firma J. P. Bachem angegliederten „Jakob-Hegner-Verlag“ in K¨oln seine Arbeit fort. 1960 geh¨orte er zu den Gr¨undungsgesellschaftern des Deutschen Taschenbuch-Verlags. C Lex dt-j¨ud Autoren Hegner, Otto, schweizer. Musiker, * 18. 11. 1876 Basel, † 27. 2. 1907 Hamburg. H. erhielt in seiner Vaterstadt Klavierunterricht, u. a. von Hans → Huber, und unternahm, nach ersten Auftritten in den Basler Abonnementskonzerten, seit 1888 mehrere Kunstreisen durch England, Schottland, Deutschland und Amerika. 1893 war H. Sch¨uler von Eugen → d’Albert. Auch gemeinsam mit seiner Schwester Anna → H. trat er auf. 1898-1904 war H. Lehrer am Sternschen Konservatorium in Berlin und ging 1905 an das Konservatorium in Hamburg. Von H.s Kompositionen ist eine Suite f¨ur Klavier im Druck erschienen (1890). Hegner, (Johann) Ulrich, schweizer. Politiker, Schriftsteller, * 7. 2. 1759 Winterthur, † 3. 1. 1840 Winterthur. Nach dem Medizinstudium 1776-81 in Straßburg wurde H., Sohn eines Arztes, in seiner Heimat Landschreiber der Landvogtei Kyburg und Stadtbibliothekar in Winterthur. 1798-1829 versah er verschiedene richterliche und politi¨ sche Amter und war 1805-14 Winterthurer Stadtrat, 1814-29 Z¨urcher Kantonsrat und 1814 / 15 Mitglied der Kantonsregierung. Bedeutung erlangte H. auch als Schriftsteller. Die Reisebeschreibung Auch ich war in Paris (3 Bde., 1803 / 04) zeigt scharfe Beobachtungsgabe f¨ur politische Zust¨ande. Mit den satirischen Romanen Die Molkenkur (1812, Neudr. 1983) und Salys Revolutionstage (1814) geh¨ort H. zu den wichtigsten Vertretern des Schweizer

Heiberg Biedermeier. Seinem Freund Johann Caspar → Lavater widmete er eine bemerkenswerte Monographie (Beitr¨age zur C Killy n¨aheren Kenntnis J. K. Lavaters, 1836).

geschichte (1913) und Wege zum Monotheismus (1913, Rektoratsrede). Der Indizierung dieser beiden Werke 1925 unC Leb W¨urzburg terwarf sich H.

Hehel, Petrus, Jesuit, Prediger, * 6. 7. 1679 Wien, † 2. 10. 1728 Graz. Bereits im Alter von neun Jahren begann H. mit dem Universit¨atsstudium, trat 1695 in den Jesuitenorden ein und war nach weiteren Studienjahren in Graz als Rhetorik- und Poetiklehrer in verschiedenen o¨ sterr. Provinzst¨adten t¨atig. 1713 in Wien zum Dr. phil. promoviert, wurde H. Prediger an der St.-Aegidien-Hofkirche in Graz. Seine Predigten, die sich stilistisch u. a. an Georg → Stengel und → Abraham a Santa Clara orientierten, wurden erst postum in mehreren Foliob¨anden ver¨offentlicht, darunter der Sonn- und Feiertagszyklus Christliche Glaubens-Lehr (3 Tle., 1735, hrsg. von Joseph Hentschitt) und Christliche Sitten-Lehr (1738). C Killy

Hehn, Victor (Amadeus), Pseud. A. E. Horn, Justus Moller, Kulturhistoriker, * 8. 10. 1813 Dorpat, † 21. 3. 1890 Berlin. H., Sohn eines Pfarrers, sp¨ateren Landgerichtssekret¨ars und Advokaten, studierte 1830-35 Klassische Philologie, Geschichte und Philosophie an der Univ. Dorpat, war dann Hauslehrer und vervollkommnete seine Bildung mit Studien in Berlin 1838-40 (u. a. bei Franz → Bopp und Karl → Lachmann) und Reisen durch Italien, Frankreich und Deutschland. 1841 wurde er Lehrer in Pernau, 1847 Lektor f¨ur Deutsche Sprache und Literatur an der Univ. Dorpat. Aufgrund seiner liberalen Gesinnung 1851 verhaftet und sp¨ater nach Tula in Rußland strafversetzt, wurde H. beim Regierungsantritt Zar Alexanders II. Hofbibliothekar in St. Petersburg. 1869 erhielt er den russischen Dienstadel. Seit 1874 lebte er als Literat mit dem Titel eines kaiserlich russischen Staatsrats in Berlin. H., der sich in seinen kulturhistorischen Schriften h¨aufig mit dem Verh¨altnis von Natur und Kultur besch¨aftigte und dabei sprachwissenschaftliche mit ethnographischen Aspekten verband, ver¨offentlichte u. a. Italien. Ansichten und Streiflichter (1867, 61900, Neudr. 1992), Kul¨ turpflanzen und Hausthiere in ihrem Ubergang von Asien nach Griechenland und Italien, sowie in das u¨ brige Europa (1870, 81911, Neudr. 1963) und Das Salz. Eine kulturhistorische Studie (1873, 21901, Neudr. 1964). C Killy

Hehl, Christoph, Architekt, * 11. 10. 1847 Kassel, † 18. 6. 1911 Charlottenburg (heute zu Berlin). H. bildete sich bei Georg Gottlob → Ungewitter in Kassel, in praktischer T¨atigkeit im Atelier G. G. Scott in London und bei Edwin → Oppler in Hannover zum Architekten aus und ließ sich 1874 als selbst¨andiger Architekt in Hannover nieder. Seine erfolgreiche Teilnahme an mehreren o¨ ffentlichen Wettbewerben, zahlreiche ausgef¨uhrte Kirchenbauten und sein pr¨amierter Entwurf f¨ur die Dresdner Garnisonkirche f¨uhrten 1894 zu H.s Berufung an die TH Charlottenburg, wo er mittelalterliche Baukunst lehrte. Zu seinen im gotischen und romanischen Stil gehaltenen Kirchenbauten geh¨oren die evang. Garnisonkirche in Hannover (1891-94) C Th-B und Herz-Jesukirche in Berlin. Hehl, Matth¨aus Gottfried, evang. Theologe, Bischof der Br¨udergemeine, * 30. 4. 1705 Ebersbach, † 4. 12. 1787 Lititz (Pennsylvanien, USA). H. studierte in T¨ubingen und wurde 1723 Magister. 1733 wirkte er in einer Gemeinde bei T¨ubingen als Vikar, wo er mit August Gottlieb → Spangenberg zusammentraf, dessen Nachfolger als Erzieher des jungen Grafen Georg Christian von Zinzendorf er wurde. Seit 1736 besorgte H. das Waisenhaus in Herrnhut und trat als Presbyter in den Dienst der Br¨udergemeine, f¨ur die er in der Wetterau, in Schlesien und in Barby im Bezirk Magdeburg t¨atig war. 1751 wurde er zum Bischof geweiht und ging nach Amerika, wo er Gemeindevorsteher in Betlehem und Lititz war. H. dichC Leb Schwaben, Bd 17 tete Kirchenlieder. Hehn, Johannes, kath. Theologe, * 4. 1. 1864 Burghausen bei M¨unnerstadt, † 9. 5. 1932 W¨urzburg. H., Sohn eines Landwirts, studierte Theologie an der Univ. W¨urzburg, war nach der Priesterweihe 1898 vor¨ubergehend in der praktischen Seelsorge t¨atig und ging nach dem theologischen Doktorexamen 1899 zu weiteren Studien nach Berlin, wo er u. a. Assyriologie bei Friedrich → Delitzsch h¨orte. 1902 wurde er zum Dr. phil. promoviert (Hymnen und Gebete an Marduk. Nebst einer Einleitung u¨ ber die religionsgeschichtliche Bedeutung Marduks). 1903 habilitierte sich H. in W¨urzburg mit der Arbeit S¨unde und Erl¨osung nach biblischer und babylonischer Anschauung f¨ur Alttestamentliche Exegese und biblisch-orientalische Sprachen und wurde im selben Jahr zum a. o. Prof., 1907 zum o. Prof. ernannt. 1912 / 13 und 1927 / 28 war er Rektor der Universit¨at. H.s Hauptinteresse galt der Darstellung der Eigenst¨andigkeit der Religion des Alten Testaments im Vergleich mit anderen Religionen des Alten Orients. Er ver¨offentlichte u. a. Die biblische und die babylonische Gottesidee. Die israelitische Gottesauffassung im Lichte der altorientalischen Religions-

Heiber, Helmut, Historiker, * 22. 2. 1924 Leipzig, † 1. 11. 2003 M¨unchen. H. nahm am Zweiten Weltkrieg teil und geriet in jugoslawische Gefangenschaft. Nach seiner Freilassung studierte er in Berlin Geschichte und Zeitungswissenschaft und wurde 1953 promoviert (Die Rhetorik der Paulskirche). Nach vor¨ubergehender Arbeit als Journalist wurde er 1954 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut f¨ur Zeitgeschichte in M¨unchen und gab in dessen Auftrag u. a. die Akten der N¨urnberger Prozesse und Teile der → Goebbels-Tageb¨ucher heraus und rekonstruierte die Akten der NSDAP-Parteikanzlei. Er ver¨offentlichte ferner die Biographien Adolf Hitler (1960, 3 1967) und Joseph Goebbels (1962, 31988), die Studie Walter Frank und sein Reichsinstitut f¨ur Geschichte des Neuen Deutschlands (1966), in der die Rolle der Historiker w¨ahrend der nationalsozialistschen Herrschaft erstmals systematische Aufarbeitung erfuhr, sowie Universit¨at unterm Hakenkreuz (2 Tle. in 3 B¨anden, 1991-94).

Heiberg, Asta (Sophie Charlotte), geb. Gr¨afin von Baudissin, Schriftstellerin, * 7. 5. 1817 Greifswald, † 28. 1. 1904 Schleswig. H. lebte zun¨achst in J¨utland auf dem Landgut Hovedgaard, siedelte 1825 zusammen mit ihren Eltern nach Horsens u¨ ber, 1831 nach Rendsburg und wohnte sp¨ater in Kiel und Dresden. 1835 heiratete sie Carl → H. Sie schrieb u. a. Erinnerungen aus meinem Leben (21897), in denen sie die politischen und gesellschaftlichen Zust¨ande von SchleswigHolstein schildert, und Die Grenzboten (1898). H. war die C SHBL, Bd 3 Mutter von Hermann → H.

Heiberg, Carl (Friedrich), Jurist, Politiker, Musikalienh¨andler, * 29. 10. 1796 Klensby (heute zu Schaalby), † 16. 8. 1872 Schleswig. H., Sohn eines Schauspielers, studierte seit 1817 Rechtswissenschaft an den Universit¨aten Kiel, Berlin und Heidelberg; 1825 wurde er Untergerichtsadvokat, 1830 Notar und 1842 Ober- und Landgerichtsadvokat in Kiel. Gemeinsam mit Theodor → Olshausen und anderen trat er entschieden

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Heiberg f¨ur die schleswig-holsteinische Unabh¨angigkeit und eine liberale Verfassung ein. 1848-51 geh¨orte er der provisorischen Regierung von Schleswig-Holstein an. Nach dem Zusammenbruch der Unabh¨angigkeitsbewegung verlor H. 1852 seine Zulassung als Anwalt und gr¨undete 1857 eine Buchund Musikalienhandlung. Erst 1864 wurde er wieder als Appellationsgerichtsadvokat und Notar eingesetzt. H. redigierte 1835-40 die „Schleswig-Holsteinischen Bl¨atter“ und ver¨offentlichte u. a. Das Recht zur Theilnahme an dem Verfassungswerk in Schleswig-Holstein (1831) und SchleswigHolsteins Wappen, Fahnen und Farben (1845). Er war seit 1835 mit Asta → H. verheiratet und der Vater von Hermann → H. C SHBL, Bd 3

Heiberg, Hermann (Ernst Ottomar), Redakteur, Schriftsteller, * 17. 11. 1840 Schleswig, † 16. 2. 1910 Schleswig. H., Sohn von Asta und Carl → H., machte eine Lehre als Buchh¨andler, trat dann in die v¨aterliche Buch- und Musikalienhandlung in Schleswig ein und stand seit 1870 an der Spitze der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ in Berlin; daneben arbeitete er u. a. f¨ur die „Spenersche Zeitung“, die „Gartenlaube“ und den „Hamburgischen Correspondenten“ und gab mit Friedrich Finkel die Zeitschrift „Niedersachsen“ heraus. Er trat dann in die Direktion der Preußischen Bankanstalt in Berlin ein und bereiste zun¨achst in deren Auftrag, sp¨ater als Selbst¨andiger das In- und Ausland, um Finanzunternehmungen einzuleiten. Er war zeitweise als chinesischer Bevollm¨achtigter in London t¨atig und widmete sich von 1881 an der Schriftstellerei. H. schrieb Die Plaudereien mit der Herzogin von Seeland (1881) und Romane (u. a. Apotheker Heinrich, 1885; Ein Weib, 1887). C Killy

Heichelheim, Fritz Moritz, Historiker, * 6. 5. 1901 Gießen, † 22. 6. 1968 Toronto. H. studierte in Gießen und M¨unchen, wurde 1925 promoviert, war 1926-32 Studienassessor und ging 1929 als Privatdozent f¨ur Alte Geschichte an die Univ. Gießen. 1933 emigrierte er nach Großbritannien. Seit 1936 war er Lecturer in Ancient History and Archaeology an der Univ. Nottingham, ging 1948 als Honorarprofessor f¨ur Wirtschaftsgeschichte des Altertums an die Justus-Liebig-Hochschule nach Gießen und war Assistant Professor in Greek and Roman History an der Univ. Toronto. Von 1948 an lehrte er als Gastprofessor an der Univ. Marburg, seit 1953 an der Freien Univ. Berlin, seit 1961 an der Univ. Gießen, seit 1963 an der Univ. Kansas City. 1953 wurde er Pr¨asident der Jewish Historical Society Toronto. H. ver¨offentlichte u. a. Die ausw¨artige Bev¨olkerung im Ptolem¨aerreich (1925) und Wirtschaftliche Schwankungen der Zeit von Alexander bis Augustus (1930). Heichert, Otto, Maler, Graphiker, * 27. 2. 1868 Kloster Gr¨oningen (Halberstadt), † 1946 Obersch¨onau bei Berchtesgaden. H. erhielt 1882-89 an der D¨usseldorfer Akademie Unterricht bei Hugo → Crola, Peter → Janssen, Eduard von → Gebhardt und Wilhelm → Sohn, studierte bis 1894 an der Acad´emie Julian in Paris und war bis 1902 in D¨usseldorf t¨atig. Anschließend lehrte er an der Akademie in K¨onigsberg in Preußen und wurde 1903 zum Prof. ernannt. Bis 1918 in K¨onigsberg ans¨assig, malte er zun¨achst Armeleute- und Totenmalerei, sp¨ater Charakterstudien des b¨auerlichen Milieus, wobei er seine Motive in der Altmark, dem Rheinland, Westfalen und Belgien fand. Zu seinen Werken geh¨oren Todesstunde (1898) und Totenandacht (1898). C Altpreuß Biogr, Bd 4 Heicke, Joseph, o¨ sterr. Maler, * 12. 3. 1811 Wien, † 6. 11. 1861 Wien. H. besuchte 1824-26 die Graveurschule der Akademie der bildenden K¨unste in Wien und erhielt 1831 bei Carl Gsellhofer Unterricht in der Historienzeichenkunst. Seit 1834 nahm

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er an den Kunstausstellungen der Akademie und seit 1851 ¨ an denen des Osterreichischen Kunstvereins teil. 1842 / 43 reiste er zu Studienzwecken nach Italien, Ungarn und in den Orient. H., der k¨unstlerisch als Nachfahre Friedrich → Gauermanns gilt, malte Landschaften und Tierstaffagen sowie 1848 Szenen der Wiener Revolution. Er war im Zeitalter des ausgehenden Biedermeier als Graphiker vorwiegend mit Reit- und Jagdszenen betraut und malte u. a. ein Selbstbildnis en face, den Auszug der Senner auf die Alp (1848) sowie den Marsch der Seressaner nach Wien (datiert 1858). C Czeike

Heid, Nikolaus, Industrieller, Erfinder, * 15. 3. 1850 Manderscheid / Eifel, † 7. 5. 1912 Pernitz (Nieder¨osterreich). H., Sohn eines Landwirts und Kunstm¨uhlenbesitzers, war Schmiedegeselle in Stockerau, wurde bald Partner des Besitzers und errichtete 1883 eine Trieur-, Perforier- und Maschinenfabrik, in der zun¨achst schon im Handel erh¨altliche Maschinen hergestellt wurden. Er entwickelte bald Spezialartikel, darunter gefr¨aste Bleche und neuartige Malzdarrhorden, und erhielt f¨ur seine Produkte verschiedene Patente und Auszeichnungen. 1901 wandelte H. die Fabrik in eine A. G. um und u¨ bernahm die Pr¨asidentschaft und Generaldirektion. C NDB Heidanus, Caspar, auch Van der Heyden, reformierter Theologe, * 1530 Mecheln, † 7. 5. 1586 Bacharach / Rhein. H. entschied sich mit 16 Jahren f¨ur den evang. Glauben, wurde deshalb von seiner Familie verstoßen und war seit 1546 als Schuster in Antwerpen t¨atig. Seit 1550 trat er ¨ auch in der Offentlichkeit f¨ur die Reformation ein, ließ sich 1554 in Emden bei Jan → Laski zum Prediger ausbilden und war 1558-62 Prediger in der niederl¨andischen Gemeinde in Frankfurt / Main, 1564-66 in Frankenthal. 1567 wurde H. Nachfolger des Predigers Petrus → Dathenus in Frankenthal und nahm 1571 am großen T¨aufergespr¨ach teil. 1574-78 war er in Middelburg Prediger, 1579-85 in Antwerpen. Nach der Eroberung der Stadt durch die Spanier ging er nach Bacharach und wurde Kircheninspektor. H. gelang es, die Reformierten in den Niederlanden und in Westdeutschland nach calvinistischer Tradition zu Synoden zusammenzuschließen. C ADB Heide, Carl (Friedrich Albert Richard) von der, Chemiker, * 21. 9. 1872 Diepertsbuch (heute zu Aalen), † 27. 5. 1935 Hamburg. H., dessen Vater Oberinspektor bei der Norddeutschen Hagelversicherung in N¨urnberg war, studierte 1890-96 in M¨unchen, war seit 1893 Assistent am Chemischen Laboratorium der Akademie der Wissenschaften und wurde 1896 pro¨ moviert (Uber Verbindungen der niederen Molybd¨anoxyde und -sulfide mit Ammoniak und Cyankalium). 1898 ging er als Assistent und Honorardozent an die Landwirtschaftliche Hochschule nach Berlin und leitete 1905-34 die Versuchsstation f¨ur Weinchemie und Biochemie der Lehr- und Forschungsanstalt in Geisenheim. H. ver¨offentlichte u. a. Prak¨ tische Ubungen in der Weinchemie und Kellerwirtschaft (1911) und Der Wein. Weinbau, Chemie und Untersuchung des Weines (1922). C NDB Heide, Heinrich, Fabrikant, * 24. 10. 1846 Obermarsberg (Sauerland), † 13. 12. 1931 New York. H., dessen Vater Landwirt und B¨urgermeister in Obermarsberg war, machte eine Lehre im B¨uro eines Kupferbergwerkes und wanderte 1866 zusammen mit Hermann Blumensaat in die USA aus. Er war Laufbote, Fuhrknecht und Handlungsgehilfe und gr¨undete mit Blumensaat einen Kleinbetrieb f¨ur Bedarfsartikel sowie 1869 eine S¨ußwaren-B¨ackerei. W¨ahrend Blumensaat Geistlicher wurde, erweiterte H. die Firma und wurde „Bonbonk¨onig“ von New York. Nach

Heidegger dem Ersten Weltkrieg spendete er im Rahmen des amerikanischen Hilfswerkes f¨ur die Armen in Deutschland. C NDB

Heide, Henning van der, Bildschnitzer, * um 1460 L¨ubeck (?), † 1521 L¨ubeck. ¨ H. besaß seit 1487 ein Haus in L¨ubeck, wurde 1513 als Altermann des L¨ubecker Maleramtes gef¨uhrt und gab 1519 die Werkstatt an seinen Sohn Henning ab. Seine fr¨uhen Arbeiten wie der Stephanus in Skara und der Hieronymus in Vadstena ¨ zeigen Ahnlichkeiten mit Werken seines vermutlichen Lehrers Bernt → Notke, in sp¨ateren Arbeiten wie der Figur des Johannes in Roskilde wurde er formelhafter und ruhiger. Zu H.s Werken geh¨oren ferner die St.-J¨urgen-Gruppe (1505, St.-Annen-Museum), die Figur des Johannes der L¨ubecker Marienkirche (um 1510) und das Grabmal der Sophia von Mecklenburg. C NDB Heide, (Alexander) Walther, Publizist, Zeitungswissenschaftler, * 23. 4. 1894 Iserlohn, September 1945 aus Berlin verschleppt nach Rußland (f¨ur tot erkl¨art durch das Amtsgericht Berlin-Tiergarten 22. 11. 1957). H., Sohn eines Volksschulrektors und Sozialpolitikers, studierte in Marburg, Berlin und M¨unster Geschichte, Germanistik, Philosophie, Vokswirtschaft und Zeitungswissenschaft und wurde nach dem Ersten Weltkrieg und der Promotion 1920 (Soziale Zust¨ande und Sozialpolitik in Dortmund bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts) Chefredakteur einer Korrespondenz f¨ur Auslandspolitik und Propaganda (bis 1922). Danach leitete er bis 1927 die Landesabteilung Hannover der Reichszentrale f¨ur Heimatdienst und geh¨orte 1927-33 der Presseabteilung der Reichsregierung an. Als stellvertretender Pressechef der Reichsregierung leitete er 1933 deren Presseabteilung und wurde im selben Jahr zum Honorarprofessor f¨ur Zeitungswissenschaften an der TH Berlin ernannt. 1937 trat er in die NSDAP ein. Er gab 1926-44 mit anderen „Zeitungswissenschaft. Monatsschrift f¨ur internationale Zeitungsforschung“ heraus und war Mitglied des Pr¨asidialrats der Reichspressekammer. H. ver¨offentlichte u. a. Franz¨osische Ruhrpropaganda (1923), Zeitungssammlungen und -sammelstellen in Deutschland. Eine inhaltliche ¨ und bibliothekstechnische Ubersicht (1928), Diplomatie und Presse (1930) und Die a¨ lteste gedruckte Zeitung (1931). C NDB Heidebroek, Enno (Wilhelm Tielko), Ingenieur, * 15. 11. 1876 Hannover, † 1. 2. 1955 Dresden. H., Sohn eines Textilkaufmanns, studierte 1895-99 an der TH Hannover, war seit 1900 an der TH in BerlinCharlottenburg Assistent am Lehrstuhl f¨ur Maschinenelemente und Wasserkraftmaschinen und wurde 1901 an der TH Hannover zum Dr.-Ing. promoviert (Vergleichende Untersu¨ chungen u¨ ber die hydraulischen Eigenschaften der Uberdruckturbinen). 1903-11 arbeitete er in der Pumpenfabrik Weise & Monski in Halle als Konstrukteur, 1911 wurde er o. Prof. f¨ur Maschinenelemente, Getriebelehre und Industriebetriebslehre an der TH Darmstadt, 1915 technischer Leiter der Fahrzeugwerke Eisenach und 1923 Rektor der TH Darmstadt. Seit 1931 hatte H. den Lehrstuhl f¨ur Maschinenkunde und F¨ordertechnik an der TH Dresden inne, 1931-34 stand er dem „Deutschen Studentenwerk“ vor und leitete 1939 / 40 den Betrieb der Heeresversuchsanstalt Peenem¨unde. 1945 wurde er als Rektor der TH Dresden und Mitglied der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands Abgeordneter des S¨achsischen Landtags und der provisorischen Volkskammer. H. ver¨offentlichte u. a. Industriebetriebslehre (1923), Schmierstoff- und Lagerfragen (1952) und F¨ordertechnik f¨ur Masseng¨uter (2 Bde., 1952 / 53). C NDB

Heideck, Johann Frh. von, Milit¨ar, * 1508, † 20. 1. 1554 Schloß Eilenburg. H. geh¨orte zun¨achst zum Heer von Kaiser → Karl V., wandte sich jedoch der Reformation zu. Seit 1546 Oberbefehlshaber des w¨urttembergischen Kontingents k¨ampfte er im Schmalkaldischen Krieg unter Herzog → Ulrich. Nach der Friedenserkl¨arung trat H. in den Dienst der nieders¨achsischen St¨adte, deren Heer unter Oberbefehlshaber Albrecht von → Mansfeld k¨ampfte. Er wurde vom Kaiser in die Acht erkl¨art und mußte in die Schweiz fliehen. 1550 warb er Truppen f¨ur die Hansest¨adte, wurde jedoch von → Moritz von Sachsen dem Kurf¨urstlichen Heer verpflichtet. Er nahm am Feldzug gegen den Kaiser, nach Abschluß des Passauer Vertrags auch gegen die T¨urken teil. 1553 geh¨orte er zu den Streitkr¨aften, die die Reichsacht an → Albrecht Alcibiades von Brandenburg zu vollziehen hatten. H. starb als Amtshauptmann auf Schloß Eilenburg. C ADB Heideck, Karl Wilhelm Frh. von, Milit¨ar, Maler, * 6. 12. 1787 Saaralben (Lothringen), † 21. 2. 1861 M¨unchen. H., Sohn eines franz¨osischen Offiziers, besuchte 1801-05 die Milit¨arakademie in M¨unchen, war 1805 / 06 und 1809 als bayerischer Offizier im Krieg und nahm 1810-13 am Feldzug in Spanien teil. 1813-15 machte er als Hauptmann die Befreiungskriege mit und war 1815-30 Adjutant unter Feldmarschall Karl Philipp von → Wrede. 1826-29 ging H. als Philhellene nach Griechenland, wurde 1829 Oberst im Generalquartiermeisterstab der bayerischen Armee und war 1832-35 Generalmajor und Angeh¨origer des Regentschaftsrats → Ottos I. 1847-55 war er Referent im Kriegsministerium, seit 1848 als Generalleutnant. H. bet¨atigte sich 1840-47 als Milit¨arschriftsteller. Neben milit¨arischen Motiven malte er Landschaften und Genrebilder. C NDB Heidegger, Gotthard, auch Winckelriedt, schweizer. reformierter Theologe, P¨adagoge, * 5. 8. 1666 Stein / Rhein, † 22. 5. 1711 Z¨urich. Der einem Geschlecht reformierter Pfarrer und Theologen entstammende H. besuchte seit 1681 das Alumnat in Z¨urich, ging 1688 als Pfarrer nach Langrickenbach (Kt. Thurgau) und wurde Pfarrer in St. Margarethen im Rheintal. 1696 wurde er wegen eines Schreibens gegen den Kapuziner Rudolf Gasser von seinem Amt abberufen. 1705 wurde H. Inspektor des Alumnats in Z¨urich. Er f¨uhrte seit 1710 die Redaktion der Monatsschrift „Mercurius Historicus“ und verfaßte mehrere Lehrb¨ucher. H. schrieb Abhandlungen zur Gesundheitslehre wie Heilsame und unverwerfliche KunstRegeln (1703) und humanistische Lehrwerke (u. a. Apophoreta moralia, 1707), ferner die Polemik gegen die barocke Modegattung des Romans Mythoscopia romantica oder Discours Von den so benanten Romans [. . .] (1698, Neuausg. 1969). C Killy Heidegger, Johann Heinrich, schweizer. reformierter Theologe, * 1. 7. 1633 B¨aretswil, † 18. 1. 1698 Z¨urich. H., Sohn eines Pfarrers, studierte bei Johann Heinrich → Hottinger in Z¨urich und bei Ludwig → Crocius in Marburg und erhielt in Heidelberg Unterricht im Hebr¨aischen. 1659-65 war er Prof. der Theologie in Burgsteinfurt, bereiste Holland und suchte Kontakt zu Johannes → Coccejus. H. kehrte 1665 nach Z¨urich zur¨uck und unterrichtete „Ethica christiana“, seit 1667 Exegese und Dogmatik. 1675 wurde er zur Abwehr der neuen Lehren der Theologenschule von Saumur mit der Gestaltung der Helvetischen Consensusformel beauftragt. H. bem¨uhte sich um Einigung und den Protestanten, stand aber in seinen kontroverstheologischen Schriften im Kampf gegen die kath. Kirche und das Tridentinum. Er

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Heidegger schrieb u. a. De Historia patriarchum exercitationes selectae (1667-71) und Medulla medullae theologiae christianae (1697). H. war der Vater von Johann Jakob → H. C NDB

Heidegger, Johann Jakob, schweizer. Theaterleiter, * 13. 6. 1666 Z¨urich, † 4. 9. 1749 London. H., Sohn Heinrich → H.s, lebte nach Reisen durch Europa seit 1707 in London und deb¨utierte dort 1709 als Opernunternehmer mit einer Oper von Peter Anthony Motteux. Seit 1710 z¨ahlte er zu den Bekannten → H¨andels. Seit 1713 war er Direktor des Queen’s Theatre, wo H¨andels Teseo aufgef¨uhrt wurde; 1719 u¨ bernahm er in der neugegr¨undeten „Royal Academy of Music“ die F¨uhrung des B¨uhnenwesens, H¨andel die musikalische Leitung. Nach der Aufl¨osung der Akademie 1729 erhielt H. den Fundus und das Haus und leitete erneut gemeinsam mit H¨andel ein Opernunternehmen, in dem Lotario und Deborah aufgef¨uhrt worden. 1734 trennten sich H¨andel und H., produzierten jedoch 1737 gemeinsam die Werke Faramondo und Serse. Danach zog sich H. vom Operngesch¨aft zur¨uck und ging nach Richmond. C NGroveD Heidegger, Johann Konrad, B¨urgermeister von Z¨urich, * 1710, † 2. 5. 1778. H. studierte Philosophie, Sprachkunde und Naturwissenschaften, wurde 1741 Mitglied des Z¨urcher Großen Rats und war mit Kirchen- und Schulangelegenheiten betraut. Seit 1752 geh¨orte er dem Kleinen Rat von Z¨urich an, seit 1757 dem Geheimen Rat. 1759 u¨ bernahm er das Amt des Staatss¨ackelmeisters, wobei er sich besonders der Finanzverwaltung und dem Schulwesen widmete und daf¨ur 1765 einen Reformplan vorlegte. Als Z¨urcher Abgeordneter in Bern ¨ unterst¨utzte H. die Ubereinkunft von Baden (1755) und den Vergleich von Frauenfeld (1759). 1768 wurde er Nachfolger Johann Jakob → Leus als B¨urgermeister von Z¨urich und forcierte w¨ahrend seiner Amtszeit u. a. die Reform der o¨ ffentlichen Schulanstalten in der Stadt Z¨urich 1765. C ADB

Heidegger, Martin, Philosoph, * 26. 9. 1889 Meßkirch, † 26. 5. 1976 Freiburg / Breisgau. H. wurde als Sohn eines Mesners und K¨ufers geboren; die kath. Kirche erm¨oglichte ihm den Besuch der Gymnasien in Konstanz und Freiburg und (als der Anschluß an den Jesuitenorden aus gesundheitlichen Gr¨unden gescheitert war) das Studium der Theologie in Freiburg / Breisgau. In einer Rede zum Ged¨achtnis des barocken Predigers und Landsmanns → Abraham a Sancta Clara zeigte der Student den Antimodernismus, der damals von der Kirche gefordert wurde. Nach dem dritten Semester brach H. das Theologiestudium ab und wandte sich (nach einem Semester der Krankheit und Krise) der Mathematik, den Naturwissenschaften und der Philosophie zu. Der Promotion u¨ ber Fragen der Logik folgte die schnelle Habilitation u¨ ber einen logischsprachphilosophischen Traktat, der damals noch dem Duns Scotus zugeschrieben wurde (1915). Formell wurde die Habilitation von dem Neukantianer Heinrich → Rickert betreut; sie sollte eine Berufung auf jenen Freiburger philosophischen Lehrstuhl erm¨oglichen, der der Ausbildung der Theologen diente. Doch wurde die Berufungsfrage anders entschieden. Zum Milit¨ardienst wurde H. aus gesundheitlichen Gr¨unden nur in eingeschr¨ankter Weise herangezogen; so konnte H. seine Lehrt¨atigkeit wenigstens

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zeitweise aus¨uben. Im M¨arz 1917 heiratete er Elfride Petri, die Tochter einer protestantischen Offiziersfamilie, Studentin der National¨okonomie, mit jugendbewegten Motiven und Fragen der Emanzipation der Frauen vertraut. Schon 1917 wandte H. sich → Schleiermacher zu, der als Vater des Modernismus galt, dazu der Religionsph¨anomenologie Rudolf → Ottos und dem freien Protestantismus eines Ernst → Troeltsch. Nach dem Krieg trennte sich H. von seinen theologischen Freunden und F¨orderern, da ihm das „System“ des Katholizismus unannehmbar geworden war. Philosophisch bekannte sich H. zur Ph¨anomenologie Edmund → Husserls, der 1916 nach Freiburg berufen worden war und nach dem Krieg H.s T¨atigkeit als Privatdozent durch eine Assistentenstelle absicherte. Doch bildete H., gest¨utzt auf Wilhelm → Diltheys Rechtfertigung geisteswissenschaftlicher Arbeit, die Ph¨anomenologie, die von Husserl transzendentalphilosophisch weiterentwickelt worden war, zu einer hermeneutischen um: Die Philosophie soll durch eine formal anzeigende Hermeneutik in Entscheidungsspielr¨aume einweisen, die dort n¨otigen Entscheidungen (etwa f¨ur einen bestimmten Glauben) aber dem Leben selbst u¨ berlassen. Besondere Aufmerksamkeit fand die Weise, wie Dinge uns in einer Umwelt angehen. Im religi¨osen Bereich f¨uhrte die Neuentdeckung der urchristlichen Eschatologie bei Albert → Schweitzer, Johannes → Weiß und dem Nietzschefreund ¨ Franz → Overbeck zur Uberwindung der liberalen wie der orthodoxen Theologie; eine N¨ahe bestand zur Theologie der Krise bei Karl → Barth und Friedrich → Gogarten. H. wollte in einem Werk u¨ ber Aristoteles seine Destruktion der philosophischen Tradition vorf¨uhren. Dabei sollte der Hinweis auf Situation und Augenblick im sechsten Buch der Nikomachischen Ethik mit der Forderung zur Entscheidung beim jungen → Luther und bei Kierkegaard verbunden und gegen die metaphysische Option f¨ur ein Sein als ¨ stetes Anwesen gestellt werden. Aufgrund einer Ubersicht u¨ ber dieses geplante Werk wurde H. 1923 als pers¨onlicher Ordinarius nach Marburg / Lahn berufen; dort wandte er sich der Auseinandersetzung mit → Kant zu. Den wichtigsten Gespr¨achspartner fand er in dem Theologen Rudolf → Bultmann. (Bultmann stellte zwei Jahrzehnte sp¨ater die neue Hermeneutik als Aufforderung vor, durch Entmythologisierung die f¨ur uns entscheidenden Motive aus dem Neuen Testament herauszuarbeiten; damit l¨oste er eine weltweite Kontroverse aus, an der H. sich aber nicht mehr beteiligte.) Da H. in Marburg das erste Ordinariat anstrebte, publizierte er im Fr¨uhjahr 1927 Sein und Zeit. Obgleich das Werk Fragment blieb, zog es mit einem Schlag die philosophische Aufmerksamkeit auf sich. Zum Wintersemester 1928 / 29 kehrte H. als Nachfolger seines Lehrers Husserl auf dessen Wunsch hin nach Freiburg zur¨uck. H.s Antrittsvorlesung, welche die alten metaphysischen Grundfragen mit der Erfahrung des Nichtigwerdens alles Seienden in der Angst verband, brachte jedoch den Bruch mit Husserl. H. hatte sich die unruhige Sp¨atphilosophie Max → Schelers angeeignet und geriet im Herbst 1929 unter den Bann → Nietzsches und seiner radikalen Kritik der Tradition. Sp¨atestens seit Silvester 1931 sah er politisch in → Hitler den groben Keil, der auf den groben Klotz der kommunistisch-stalinistischen Bedrohung zu setzen sei. Im Fr¨uhjahr 1933 schloß sich H. dem angeblichen nationalsozialistischen „Aufbruch“ an und ließ sich zum Rektor der Freiburger Univ. w¨ahlen. Die von H. geforderte Revolution sollte erst in ihre eigentliche Phase eintreten und von der Univ. aus zu einer grundst¨urzenden Besinnung f¨uhren. H.s Unf¨ahigkeit f¨ur Politik und Verwaltung, dazu Differenzen mit u¨ bergeordneten Stellen sowie innerhalb der Univ. selbst f¨uhrten im Fr¨uhjahr 1934 zum R¨ucktritt vom Rektorat. Doch wollte H. noch im Rahmen einer preuß. Dozentenakademie langfristig die Umwandlung des Lehrk¨orpers der

Heideloff Universit¨aten versuchen. Da er aber grundlegende Ideen des Nationalsozialismus, wie die Rassenlehre, nie akzeptierte, wurde er mehr und mehr von nationalsozialistischen Ideologen ausgeschaltet. In einer Vorlesung u¨ ber → H¨olderlin setzte H. im Winter 1934 / 35 auf jenen Dichter, der vom Schwinden alles G¨ottlichen aus dem Leben der Menschen spricht und in dieser Erfahrung die Bedingung einer Wende sieht. Wenn die bindende Kraft des G¨ottlichen zerf¨allt, dann kann der so entstehende Nihilismus lehren, daß der Anspruch des G¨ottlichen seinen Ort und seine Stunde hat. Schon die Fixierung des G¨ottlichen zu einem h¨ochsten Seienden t¨otet Gott, und so ist Platon ebenso nihilistisch wie Nietzsche. Ein zweites Hauptwerk, die Beitr¨age zur Philosophie von 1936-38, folgt H¨olderlin. H. hat dieses Werk in v¨olliger Einsamkeit ausgearbeitet und lange verschwiegen. Das Werk wurde erst postum 1989 zu H.s 100. Geburtstag ediert. Im Winter 1937 / 38 er¨orterte H. mit Freiburger Hochschullehrern die „Bedrohung der Wissenschaft“ durch Politisierung. Der metaphysische Zugriff auf alles Seiende habe sich, wie Nietzsches Denken zeige, in Wissenschaft und Technik verwandelt und sei so einem Kampf planetarischer M¨achte um Weltherrschaft anheimgegeben worden. W¨ahrend die Beitr¨age zur Philosophie noch eine „neue Mythologie“ erwarteten, beschr¨ankte sich H. seit 1938 mehr und mehr darauf, mit den fr¨uhesten griechischen Denkern, der tragischen Tradition und mit H¨olderlins sp¨atesten Fragmenten von unscheinbaren kleinen Anf¨angen her eine Wandlung zu erhoffen. Obgleich H. nach 1945 langwierigen Entnazifizierungsverfahren und Lehrverboten unterworfen wurde, gewann er vor allem u¨ ber franz¨osische Freunde und Anh¨anger wieder das ¨ Ohr der Offentlichkeit. Der Brief u¨ ber den Humanismus von 1947 verband den Humanismus mit der Metaphysik und so mit dem Aufstand des Menschen, der nur noch um sich selbst kreist. Die Existenzphilosophie eines Karl → Jaspers (mit dem H. seit Anfang der zwanziger Jahre befreundet gewesen war) wurde ebenso zur¨uckgewiesen wie der Existentialismus eines Sartre. In großen Vortr¨agen etwa in Bremen und vor der M¨unchener Akademie der Sch¨onen K¨unste fand H. in der Kunst (so im Bildwerk Paul → Klees) ein Gegengewicht gegen die auswuchernde Technik. Schon Sein und Zeit hatte u¨ ber Ludwig → Binswanger einen starken Einfluß auf die Psychiatrie ausge¨ubt. Nach dem Zweiten Weltkrieg verband H. sich mit dem Z¨urcher Psychiater Medard → Boss; sein Denken, das im Menschen das Da des Seins erf¨ahrt, sollte u¨ ber den akademischen Raum hinaus wirken und gerade kranken Menschen helfen. So kam es zur Ausbildung der daseinsanalytischen Psychiatrie. Auf Reisen in die Provence und (seit 1962) nach Griechenland suchte H. das urspr¨unglich Griechische als Anstoß, u¨ ber die technische Welt hinauszufragen. Das Sp¨atwerk, das die Grundgedanken darstellen sollte, wollte sich aber nicht ergeben. Doch konnte H. noch die Anf¨ange einer Gesamtausgabe seiner Schriften, Vorlesungen und Nachlaßtexte miterleben. Obgleich er seit den sechziger Jahren in Deutschland aus der Diskussion gedr¨angt war, wurde er u¨ ber das Interesse in Frankreich, Japan und schließlich auch in Nordamerika zum wohl wirkungsm¨achtigsten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Voraussetzung daf¨ur war, daß er selbst und auch seine Sch¨uler durch Jahrzehnte hindurch Philosophen aus aller Welt zum Philosophiestudium nach Deutschland gezogen hatten. WEITERE WERKE: Gesamtausgabe. Frankfurt / Main 1975 ff. (inzwischen auf 102 B¨ande veranschlagt). LITERATUR: Walter Biemel: M. H. in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg 1973. – HansMartin Saß u. a.: M. H. Bibliography and Glossary. Bowling Green, Ohio 1982 (¨uber 6000 Titel). – M. H.: Zollikoner Seminare. Hrsg. v. Medard Boss. Frankfurt / Main 1987. –

Hugo Ott: M. H. Unterwegs zu seiner Biographie. Frankfurt / New York 1988. – Hartmut Buchner (Hrsg.): Japan und H. Sigmaringen 1989. – Dietrich Papenfuss / Otto P¨oggeler (Hrsg.): Zur philosophischen Aktualit¨at H.s (Symposium der A.-v.-Humboldt-Stiftung). 3 Bde., Frankfurt / Main 1990-92. – Otto P¨oggeler: Neue Wege mit H. Freiburg / M¨unchen 1992. – Theodore Kisiel: The Genesis of H.’s „Being and Time“. Berkeley / Los Angeles / London 1993. – Friedrich-Wilhelm von Herrmann: Wege ins Ereignis. Frankfurt / Main 1994. – Ders.: Hermeneutik und Reflexion. Der Begriff der Ph¨anomenologie bei H. und Husserl. Frankfurt / Main 2000. – Heidegger-Jahrbuch. Hrsg. v. Alfred Denker und Holger Zaborowski. Freiburg / Breisgau 2004 ff. Otto P¨oggeler

Heidel, Alois, o¨ sterr. Bildhauer, * 30. 12. 1915 Wien, † 21. 11. 1990 Wien. H. studierte 1943 / 44 an der Akademie in M¨unchen und 1946-53 an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien bei Fritz → Wotruba. Er schuf anfangs fig¨urliche Plastiken, vorwiegend Tierplastiken, wandte sich dann aber geometrischen ¨ Skulpturen zu. 1954 vertrat er Osterreich auf der Biennale in Venedig. H., der Mitglied der Wiener Secession war, schuf zahlreiche Auftragsarbeiten f¨ur den Wiener Stadtraum. C Czeike Heidel, Hermann, Bildhauer, * 20. 2. 1810 Bonn, † 29. 9. 1865 Stuttgart. H. studierte zun¨achst Medizin und wandte sich 1835 dem Kunsthandwerk zu. Er wurde von → Schwanthaler in M¨unchen ausgebildet und verbrachte die Jahre 1838-42 in Italien, zumeist in Rom. Dort kn¨upfte er Kontakte mit dem Wiener Maler Carl → Rahl und ging 1843 nach Berlin. H. modellierte die Statue der Iphigenie, die aus Marmor f¨ur den Orangerie-Palast bei Sanssouci gehauen wurde, und arbeitete an einem Gipsmodell f¨ur die Gruppe Antigone, den blinden Oedipus f¨uhrend (1854). Auch das Bronzestandbild von → H¨andel in Halle stammt von seiner Hand. In seinen letzten Lebensjahren besch¨aftigte sich H. mit einer Anatomie f¨ur K¨unstler und entwarf kunstgewerbliche Gegenst¨ande wie Pokale, Konsolen und Lampenschirme. Heideloff, Josef, Maler, Radierer, * 22. 8. 1747 Mainz, † 11. 3. 1830 Wien. H. besuchte seit 1781 die Akademie der bildenden K¨unste als Sch¨uler von Johann Christian → Brand und war danach bis 1806 Reichshofkanzlei-Wappenmaler. Zu seinen Werken geh¨oren Eine Aussicht im Prater gegen die Vorstadt Landstraße (1783) und Landschaftsradierungen, u. a. eine Felsige Landschaft mit Wasserfall (1792) und Waldlandschaften nach M. Molitor (1805).

Heideloff, (Dionysius) Karl (Christian) Alexander von, Architekt, Bauhistoriker, Denkmalpfleger, * 2. 2. 1789 Stuttgart, † 28. 9. 1865 Haßfurt. H. unterst¨utzte seinen Vater Victor Wilhelm Peter → H. bei Dekorationsmalereien und studierte an der Kunstschule der Karlsakademie in Stuttgart. 1814 entdeckte Herzog → Ernst von Sachsen-Coburg sein K¨onnen und berief ihn 1816 als Architekt f¨ur das Schloß Rosenau. 1821 ging H. nach N¨urnberg, hatte dort die Leitung des h¨oheren Bauwesens inne und unterrichtete 1823-56 an der Polytechnischen Schule. 1824-26 studierte er auf einer Reise durch Deutschland und Frankreich alte Baudenkm¨aler. H. trat zun¨achst mehr als Zeichner und Maler hervor und malte u. a. Maximilian am Grabe des Herzogs Eberhard I. im Kloster Einsiedeln f¨ur den K¨onig von W¨urttemberg und 1824 die Erscheinungen des Sch¨afers Hermann Leicht zu Frankenthal. 1832-35 hatte er die technische Oberleitung f¨ur die Domrestauration in Bamberg inne und entwarf 1834 den von Sch¨afer gebauten Altar der Altenburgkapelle. 1837 wurde er zum kgl. Konservator

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Heideloff der mittelalterlichen Kunst- und Baudenkm¨aler in N¨urnberg ernannt. Seit 1838 restaurierte H. die Veste Coburg, seit 1839 die Klosterkirche Heilsbronn. Er ver¨offentlichte u. a. N¨urnberger Baudenkm¨aler der Vorzeit (1838-43). C Fr¨ank Leb, Bd 9

Heideloff, Victor Wilhelm Peter, Maler, * 29. 6. 1757 Stuttgart, † 11. 5. 1817 Stuttgart. Der Sch¨uler von Nicolas → Guibal und Adolf Friedrich → Harper ging 1780 als Hofmaler von der Karlsschule ab. 1782-85 reiste er mit finanzieller Unterst¨utzung von Herzog → Karl Eugen nach Paris, Lyon und Marseille und nach Italien, wurde 1786 Mitglied der Residenzbaudeputation, 1788 Theatermaler und war 1789-94 Prof. an der Karlsschule. H. malte 1779 neben Philipp Friedrich von → Hetsch Dekorationen im Schloß Hohenheim und 1780 das Deckengem¨alde des ehemaligen Speisesaales der Akademie in Stuttgart. Auch die Vier Jahreszeiten und Apoll unter den Hirten im Residenz-Schloß in Stuttgart stammen von ihm. H. war der Vater von Karl Alexander von → H.

Heidemann, August Wilhelm, Jurist, Politiker, * 30. 7. 1773 Stargard (Pommern), † 15. 11. 1813 K¨onigsberg. H., Sohn eines Direktors des pommerschen Kriminalkollegiums, studierte seit 1792 Rechtswissenschaften in Halle, wurde 1799 promoviert, arbeitete am Kammergericht in Berlin und war seit 1801 Assessor. 1802 wurde er Regierungsrat und Prof. der Rechte in K¨onigsberg. Nach der Wahl zum Oberb¨urgermeister von K¨onigsberg 1810 widmete er sich ganz der st¨adtischen Verwaltung. 1813 nahm er als Mitglied des st¨adtischen Komitees am Landtag teil und wurde nach Annahme der Landwehrordnung Schriftf¨uhrer der Generalkommission und Mitglied der K¨onigsberger Spezialkommission f¨ur die Landwehr. C Altpreuß Biogr, Bd 1 Heiden, Bernhard, urspr. Levi, Dirigent, Komponist, * 24. 8. 1910 Frankfurt / Main, † 30. 4. 2000 Bloomington (Indiana, USA). H., Sohn eines Jugendrichters, erhielt privat Klavier-, Klarinetten- und Geigenunterricht, wurde in Musiktheorie und Harmonielehre unterwiesen und studierte 1929-33 an der Hochschule f¨ur Musik in Berlin Komposition bei Paul → Hindemith. 1933-35 war er als Klarinettist t¨atig. 1935 emigrierte H. in die USA, dirigierte das Detroit Music Guild Orchestra, seit 1942 das Detroit Chamber Orchestra, arbeitete am lokalen Radiosender und komponierte Musik f¨ur Theaterproduktionen an der Wayne State University. Seit 1941 amerikanischer Staatsb¨urger, geh¨orte er 1943-45 einem Milit¨arorchester an, f¨ur das er u¨ ber 100 Arrangements schrieb. Seit 1945 studierte er an der Cornell University (Ithaca, New York) Musikwissenschaft bei Donald J. Grout, erwarb 1946 einen Abschluß als Master und folgte im selben Jahr einem Ruf als Prof. f¨ur Komposition an die University of Indiana in Bloomington. H. komponierte Orchestermusik, darunter zwei Symphonien (1938, 1954), Kammermusik, Klavierwerke, Vokalmusik und B¨uhnenwerke (u. a. die Oper The darkened city, 1962). Er wurde mit dem MendelssohnPreis (1933) und dem Fine Arts Quartet Composition Award of A.B.C. Radio (1951) ausgezeichnet.

Heiden, Eduard, Chemiker, * 8. 2. 1835 Greifswald, † 20. 12. 1888 Pommritz (Oberlausitz). H. studierte seit 1854 an der Univ. Greifswald erst Staatswissenschaft, dann Naturwissenschaften, insbesondere Agrikulturchemie, und wurde 1859 mit der Dissertation Ueber das Keimen der Gerste promoviert. Seit 1857 Assistent im chemischen Laboratorium der Landwirtschaftlichen Akademie Eldena bei Greifswald, habilitierte er sich dort f¨ur Agrikulturchemie, wechselte 1862 auf eine Assistentenstelle an das Laboratorium der Landwirtschaftlichen Akademie

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Waldau bei K¨onigsberg und u¨ bernahm 1868 die Leitung der landwirtschaftlichen Versuchsanstalt in Pommritz. H. ver¨offentlichte u. a. Die Phosphors¨aure in ihren Beziehungen zur Landwirthschaft (1865), Lehrbuch der D¨ungerlehre (3 Bde., 1866-72, 21879-87) und Die D¨ungerlehre in popul¨ar-wissenschaftlicher Darstellung (1875). C B¨ohm

Heiden, Konrad (Ruben), Pseud. Argus, Klaus Bredow, Sch¨afer, Journalist, Publizist, * 7. 8. 1901 M¨unchen, † 18. 7. 1966 New York. H., Sohn eines Gewerkschaftsangestellten, studierte 1919-23 Jura und Wirtschaftswissenschaften in M¨unchen und war seit 1922 Vorsitzender der Republikanischen Studenten-Union. Als Korrespondent der „Frankfurter Zeitung“ in M¨unchen berichtete er 1923-30 vom Aufstieg der Nationalsozialistischen Partei und ging 1930 nach Berlin, um einen Pressedienst zur Information u¨ ber die nationalsozialistische Propaganda zu organisieren. 1933 floh er u¨ ber Z¨urich in das Saargebiet, 1934 nach Paris, wurde 1940 interniert und emigrierte im selben Jahr in die USA, wo er als Journalist in New York und Massachusetts, seit 1953 als Berichterstatter f¨ur den S¨uddeutschen Rundfunk t¨atig war. H. ver¨offentlichte u. a. Geschichte des Nationalsozialismus (1932), Geburt des Dritten Reiches (1934), Adolf Hitler. Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit. Eine Biographie (1936), Les vˆepres hitleriennes (1939) und Der F¨uhrer. Hitler’s rise to power (1944). C Lex dt-j¨ud Autoren

Heidenhain, Arthur, Bibliothekar, * 14. 2. 1862 Breslau, † 13. 2. 1941 T¨ubingen. H., Sohn von Rudolf → H. und Bruder von Lothar und Martin → H., studierte seit 1879 Geschichte in Breslau, Berlin und Marburg / Lahn und ging nach der Promotion 1886 als Mitarbeiter an das Preußische Historische Institut in Rom. 1897 wurde er auf Anraten von Ernst → Abbe in der o¨ ffentlichen B¨ucherhalle der Carl-Zeiss-Stiftung in Jena angestellt, wo er das erste systematische deutsche B¨ucherverzeichnis erarbeitete. H. war einer der Wegbereiter der B¨ucherhallenbewegung. 1901 wurde ihm die Leitung der Lesehalle Bremen u¨ bertragen. H. setzte sich f¨ur die Verstaatlichung der Halle ein, stieß jedoch auf den Widerstand des Vorstandes des Vereins Lesehalle und resignierte letztlich. Die Verstaatlichung trat 1933 in Kraft. C Brem Bio 2 Heidenhain, Lothar, Chirurg, * 8. 9. 1860 Breslau, † 24. 7. 1940 Worms. H., Bruder von Arthur und Martin → H., studierte in Freiburg, Breslau und Halle, wurde 1886 promoviert (Ueber Arthrotomie und Arthrektomie) und arbeitete bis 1890 als Assistent von Ernst → K¨uster in Berlin. 1890-97 war er Prof. der Chirurgie und Oberarzt an der Chirurgischen Klinik in Greifswald und wurde 1897 Direktor des st¨adtischen Krankenhauses in Worms. 1899 unternahm er den ersten Versuch, die lokale Ausbreitung eines Krebses mikroskopisch zu verfolgen und danach f¨ur die Operation die Grenzen festzule¨ gen. H. ver¨offentlichte u. a. Uber das Problem der b¨osartigen Geschw¨ulste (1930). Heidenhain, Martin, Anatom, * 7. 12. 1864 Breslau, † 14. 12. 1949 T¨ubingen. H., Bruder von Lothar und Arthur → H., studierte in Breslau, W¨urzburg und Freiburg Naturwissenschaften und Medizin, wurde 1890 in Freiburg promoviert (Beitr¨age zur Kenntnis der Topographie und Histologie der Kloake und ihrer dr¨usigen Adnexa bei einheimischen Tritonen), war seit 1891 Prosektor f¨ur Embryologie und Mikroskopie in W¨urzburg und habilitierte sich 1894 mit der Arbeit Neue Untersuchungen u¨ ber die Centralk¨orper und ihre Beziehungen zum Kern und Zellenprotoplasma. 1909 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1899 wurde

Heidenreich er als erster Prosektor und o. Prof. nach T¨ubingen berufen und war seit 1917 Leiter der Anatomischen Anstalt der ¨ Universit¨at. H. ver¨offentlichte u. a. Uber chemische Umsetzung zwischen Eiweißk¨orpern und Anilinfarben (1902) und C NDB Plasma und Zelle (2 Bde., 1907-11).

Heidenhain, Rudolf (Peter Heinrich), Physiologe, * 29. 1. 1834 Marienwerder, † 18. 10. 1897 Breslau. H., Sohn eines Arztes, studierte Naturwissenschaften und Medizin in K¨onigsberg, Halle und Berlin, wurde 1854 promoviert (Disquisitiones de nervis organisque centralibus cordis cordiumque ranae lymphaticorum experimentis illustratae) und war danach Assistent bei Emil → Du BoisReymond. 1857 in Halle habilitiert mit den Disquisitiones criticae et experimentales de sanguinis quantitate in mammalium corpore exstantis, wurde er 1859 o. Prof. der Physiologie und Histologie sowie Direktor des Physiologischen Laboratoriums in Breslau. 1873 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. H. arbeitete vor allem auf dem Gebiet der Zellularphysiologie und ver¨offentlichte u. a. Mechanische Leistung, W¨armeentwicklung und Stoffumsatz bei der Muskelt¨atigkeit (1864), Die Vivisektion im Dienste der Heilkunde (1878, 21879) und Der sogenannte thierische Magnetismus (1880). Er war der Vater von Lothar, Arthur und Martin → H. C Altpreuß Biogr, Bd 3 Heidenheim, (Benjamin) Wolf, Philologe, Drucker, * 1757 Heidenheim, † 23. 2. 1832 R¨odelheim (heute zu Frankfurt / Main). H., Sohn eines Rabbinatsgerichtsbeisitzers, studierte in der Jeschiwah in F¨urth als Sch¨uler der Rabbiner Joseph Steinhardt und Hirsch Janow, seit 1782 unter Nathan → Adler in Frankfurt / Main. 1788 zog er nach Offenbach am Main und gab 1791 die grammatische Schrift Mosnajim von Abraham Ibn Esra mit Kommentar heraus. 1797 brachte er den Pentateuch mit mehreren Kommentaren heraus und er¨offnete 1799 gemeinsam mit Baruch Baschwitz in R¨odelheim eine Druckerei, in der viele a¨ ltere Schriften neu erschienen. Dazu z¨ahlt auch eine Edition des Machsor in neun B¨anden ¨ mit deutscher Ubersetzung und hebr¨aischem Kommentar (1800). Nach dem Ausscheiden Baschwitz’ 1807 f¨uhrte H. die Druckerei alleine weiter. C Lex dt-j¨ud Autoren

Heidenheimer, Heinrich, Bibliothekar, * 25. 10. 1856 Mainz, † 14. 11. 1941 Mainz. H. studierte Geschichte, Germanistik und National¨okonomie an den Universit¨aten T¨ubingen, Leipzig und Straßburg und war seit 1887 als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Stadtarchiv und der Stadtbibliothek Mainz t¨atig. 1888 wurde er zweiter Bibliothekssekret¨ar, 1920 Oberbibliothekar und 1933 Titularprofessor. H. widmete sich vorwiegend der Erforschung der Geschichte der Stadt Mainz und schrieb Machiavellis erste r¨omische Legation (1878) und Petrus Martyr Anglerius und sein Opus epistolarum (1881).

Heidenreich, Bischof von Kulm, auch Heinrich, † 29. 6. 1263 Kulm. H. war Mitglied des Dominikanerordens und wurde 1238 Prior der Provinz Polen. Nach dem Tod von Bischof → Christian 1245 wurde er Bischof von Preußen und vermittelte als Schiedsrichter 1246 zwischen dem Deutschen Orden und der Stadt L¨ubeck. 1249 wurde er Konservator des Deutschen Ordens. H. war seit 1251 Missionar in Litauen, kr¨onte 1253 den Litauerf¨ursten Mindowe zum K¨onig, wurde erster Bischof Litauens und nahm am Kreuzzug K¨onig → Otakars von B¨ohmen und des Deutschen Ordens in Samland teil. Auf ihn geht die Kathedrale in Kulmsee 1251 zur¨uck. C Gatz 1

Heidenreich, Adolf, Politiker, * 21. 9. 1897 Varel, † 27. 7. 1958 Varel. H. arbeitete zun¨achst als Zimmergeselle und Polier und geh¨orte 1927-33 als Mitglied der sozialdemokratischen Partei dem Stadtrat von Varel an. W¨ahrend der nationalsozialistischen Herrschaft wurde er in das Arbeitslager Torfmoor verbracht, 1944 in das Konzentrationslager Neuengramme. 1945 organisierte H. die Sozialdemokratische Partei von Friesland neu und wurde 1946 zum B¨urgermeister von Varel gew¨ahlt. Seit 1947 geh¨orte er dem Landtag von Oldenburg und dem Kreistag von Friesland an. Heidenreich, Carl, Maler, * 6. 10. 1901 Berneck, † 6. 9. 1965 Frankfurt. H. ging 1918 nach M¨unchen, um Kunst zu studieren, stellte 1925 an der Berliner Akademie aus und arbeitete in Berlin als Portr¨atist und Maler von B¨uhnenbildern f¨ur den Film. 1933 wurde seine Arbeit als „entartet“ diffamiert. H. emigrierte 1934 nach Spanien, 1935 nach Frankreich, wo er in einer Spielzeugfabrik t¨atig war. 1935 / 36 malte er in Paris, kehrte 1936 nach Spanien zur¨uck, 1939 nach Frankreich, wo er interniert wurde und ging 1941 in die USA. Bis 1965 arbeitete er als Maler in New York. H. verwendete vorwiegend ¨ und Aquarellfarben; sp¨ater malte er auch Gouachen. OlHeidenreich, Carl L., o¨ sterr. Musikschriftsteller, Kritiker, Komponist, * 15. 10. 1879 Wien, † n. e. H. studierte an den Universit¨aten Wien und Berlin Musikwissenschaften und Germanistik und u¨ bernahm 1900 die Musikkritik in der Kunstzeitschrift „Die Lyra“ in Wien. Er war Kritiker bei der Leipziger „Musik-Woche“ und Mitarbeiter sowie k¨unstlerischer Beirat der Berliner „MusikVolksbibliothek“. 1902 wurde H. leitender Redakteur der Wiener „Musik-Bl¨atter“, 1903 Mitarbeiter an Max → Hesses „Deutschem Musikerkalender“ in Berlin, 1908 an Degeners Lexikon Wer ist’s und war 1909-15 Musikkritiker des Wiener „Montags-Journals“, danach des „Tagesboten“. Bis 1922 arbeitete er an K¨urschners „Deutschem Literaturkalender“ mit. H. schrieb u. a. Die Verdeutlichung und Erl¨auterung der musiktechnischen Kunstausdr¨ucke (1912). Heidenreich, (Marianne Theodore) Charlotte, genannt H. von Siebold, geb. Heiland, Geburtshelferin, getauft 12. 9. 1788 Heiligenstadt, † 8. 7. 1859 Darmstadt. H., Tochter von Regina Josepha von → Siebold und eines kurmainzischen Regierungsrats, kam, nachdem sie bereits ihrem Stiefvater Damian von Siebold bei Geburten assistiert hatte, 1811 zur Ausbildung nach G¨ottingen zu Friedrich Benjamin → Osiander und durfte seit 1814 auf Anweisung des Großherzoglichen Hessischen Medizinal-Kollegiums in Darmstadt Geburtshilfe aus¨uben. 1817 wurde sie mit der ¨ Arbeit Uber Schwangerschaft ausserhalb der Geb¨armutter und u¨ ber eine Bauchh¨ohlenschwangerschaft insbesondere in Gießen promoviert, unterhielt danach zusammen mit ihrer Mutter eine bedeutende Praxis und wurde ins In- und Ausland zu Geburten berufen, u. a. zu der Geburt der sp¨ateren K¨onigin Viktoria. Sie ver¨offentlichte u. a. S¨atze aus der Entbindungskunst (1817). C NDB ¨ Heidenreich, David Elias, Ubersetzer, Schriftsteller, * 21. 1. 1638 Leipzig, † 6. 6. 1688 Weißenfels. H., Sohn eines Assessors, studierte Jura und Poesie in Wittenberg und Leipzig. Er u¨ bersetzte f¨ur seinen Vetter, den Verleger Timotheus Ritzsch, holl¨andische Texte. Als Student ¨ gab H. eine Ubersetzung von Joost van den Vondels Gebroeders (1640) unter dem Titel Die Rache zu Gibeon (1662) heraus. 1664 wurde er Beamter bei Herzog → August von Sachsen-Weißenfels. H. war Geheimsekret¨ar des Erzstifts Magdeburg in Halle sowie Lehnsekret¨ar der th¨uringischen L¨ander und erwarb 1675 das B¨urgerrecht von Halle. 1672

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Heidenreich wurde er Mitglied, 1673 Sekret¨ar der Fruchtbringenden Gesellschaft, 1680 Hof-, Appellations-, Konsistorial- und Bergrat unter Herzog Johann Adolph von Sachsen-Weißenfels. 1665 erschien seine Sammlung von Kirchenliedern und Gedichten unter dem Titel Geistliche Oden. H. schrieb auch mehrere h¨ofische Singspiele. C Killy

Heidenreich, Friedrich Wilhelm, Mediziner, Naturforscher, * 2. 9. 1798 Roßtal (Mittelfranken), † 16. 12. 1857 Ansbach. H. studierte seit 1817 in W¨urzburg Medizin, wurde 1821 mit der Arbeit Tubercula in cerebro reperta promoviert, war in Roth und N¨urnberg praktisch t¨atig, unternahm eine Studienreise nach Berlin und habilitierte sich 1824 in Ansbach, wo er sich anschließend als praktischer Arzt niederließ. Er ver¨offentlichte u. a. Die vier Grundpfeiler der Volksmedicin. Das Blutlassen, Brechen, Abf¨uhren und die a¨ usserlichen Mittel (1826), Orthopaedie, oder Werth der Mechanik zur Heilung der Verkr¨ummungen am menschlichen Leibe (2 Tle., 1827-31), Kaspar Hauser’s Verwundung, Krankheit und Leichen¨offnung (1834), Die Verkehrtheit in der Erziehung und Bildung der weiblichen Jugend (1844, 21847), Der Kropf. Chirurgische Monographie (1845, 21847), Die physiologische Induktion, ein Beitrag zur medizinischen und NervenPhysik (1846) und Elemente der therapeutischen Physik (1854).

Heidenreich, Gustav, Maler, * 27. 2. 1819 Berlin, † 9. 11. 1855 Berlin. H. erhielt Unterricht bei A. F. → K¨onig in Breslau und bei K. W. → Wach in Berlin. Danach arbeitete er an der Fertigstellung der von Karl Friedrich → Schinkel f¨ur die Vorhalle seines Museums gestalteten großen Wandgem¨alde mit und war an den Dekorationsmalereien des Neuen Museums in Berlin beteiligt. Hier malte er Herta und Odin, die Nornen, den Kampf der Riesen und Spielende Wassernixen sowie im Saal der griechischem Altert¨umer einen Fries mit der Darstellung der Hauptmonumente der Entwicklung Griechenlands. Er wirkte auch bei der Gestaltung der Fresken der Vorhalle mit. 1853 reiste H. nach Rom zur Heilung von einem Lungenleiden und kehrte 1854 nach Berlin zur¨uck.

Heidenreich, Johannes, evang. Theologe, * 20. 4. 1542 L¨owenberg, † 21. 3. 1617. H. studierte an der Univ. Frankfurt / Oder Theologie, leitete als Rektor die Schulen in Gr¨unberg und Brieg und kehrte 1571 nach Frankfurt zur¨uck. 1573 wurde er dort zum Dr. theol. promoviert und bald zum Prof. ernannt. 1581 ging er als Primarius nach Iglau (M¨ahren), 1586 als Superintendent nach Braunschweig, wo er die Nachfolge von Martin → Chemnitz antrat. Er weigerte sich, die Konkordienformel ohne Einschr¨ankungen zu unterzeichnen, und wurde nach Streitigkeiten mit Polycarp → Leyser 1588 vom Rat entlassen. Eine Professur in Helmstedt gab er 1599 auf und zog f¨ur einige Zeit nach M¨ahren, bevor er eine Stelle als Prof. der Theologie in Frankfurt erhielt. H. ver¨offentlichte u. a. eine Sammlung lateinischer Gedichte unter dem Titel Sacrorum poematum libri V (1577). C ADB

Heidenreich, Karl Louis Adolf, Stenograph, * 26. 12. 1821 Berlin, † 17. 11. 1891 Berlin. H. war als Gehilfe in der v¨aterlichen Buchhandlung t¨atig und wurde Stenograph im B¨uro des ersten Vereinigten Landtags in Berlin 1847. Er war seit 1848 Stenograph in der preuß. Nationalversammlung, in allen preuß. Parlamenten sowie im 1850 tagenden deutschen Unionsparlament von Erfurt. H. arbeitete f¨ur das preuß. Abgeordnetenhaus, den Weimarer Landtag, den siebenb¨urgischen Landtag in Hermannstadt und den livl¨andischen Landtag von Riga. 1867 wurde er erster Vorsteher des Stenographischen B¨uros im preuß. Abgeordnetenhaus. C ADB

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Heidenreich, Robert, Klassischer Arch¨aologe, * 8. 9. 1899 Oppeln, † 20. 11. 1990 Leipzig. H. begann 1920, nachdem er am Ersten Weltkrieg teilgenommen und den Schulabschluß nachgeholt hatte, bei Ludwig → Curtius in Heidelberg mit dem Studium der Arch¨aologie, wurde 1925 mit der Dissertation Beitr¨age zur Geschichte der vorderasiatischen Steinschneidekunst promoviert und unternahm ausgedehnte Studienreisen nach Griechenland, Italien und in den Orient. Seit 1929 Assistent am Arch¨aologischen Seminar der Univ. Heidelberg, habilitierte er sich 1931 mit einer Arbeit u¨ ber die vorgeschichtlichen Funde in der Stadt Samos. Nach dem Zweiten Weltkrieg und R¨uckkehr aus englischer Kriegsgefangenschaft war er mehrere Jahre lang freischaffend wissenschaftlich in Sondershausen und Heidelberg t¨atig, erhielt 1953 einen Ruf auf den arch¨aologischen Lehrstuhl der Univ. Jena und wechselte 1960 an die Univ. Leipzig, wo er 1965 emeritiert wurde. Bedingt durch die Ausreiseverbote in die Mittelmeerl¨ander wandte sich H. insbesondere dem asiatischen Raum zu und forschte in Georgien, Armenien und Usbekistan. Daneben publizierte er Aufs¨atze insbesondere zur griechischen Skulptur; als sein Hauptwerk gilt der Band Das Grabmal Theoderichs zu Ravenna (zusammen mit Heinz Johannes, 1971). C Gnomon 63 (1991) Heidenschreider, Johann Anton, Mediziner, Meteorologe, * 14. 1. 1826 Herrieden bei Ansbach, † 6. 1. 1870 Herrieden. Der Sohn eines Arztes studierte in W¨urzburg und Erlangen Medizin und wurde 1854 promoviert (Versuch einer medicinischen Topographie des Landgerichtsbezirkes Herrieden). Danach praktizierte er als Arzt in Herrieden. H. erforschte den Zusammenhang von Wetter und Krankheiten und gab seit 1869 einen meteorologischen Kalender heraus. ¨ Er schrieb u. a. Uber den Einfluß der Witterung auf den Menschen (1870). C NDB Heidenstein, Reinhold, Diplomat, Jurist, Chronist, * 1553 K¨onigsberg, † 24. 12. 1620 Sullenschin (Westpreußen). H. studierte seit 1566 in K¨onigsberg, danach in Wittenberg und an italienischen und franz¨osischen Universit¨aten. Er war Sekret¨ar Herzog Albrecht Friedrichs von Preußen sowie politischer Berater, seit 1582 Sekret¨ar des K¨onigs Stephan Bathory und wurde 1585 als Erbe von Sullenschin und Pantau in den polnischen Adel erhoben. Seit 1612 war er Sekret¨ar K¨onig Sigismunds III. von Polen. H. ver¨offentlichte u. a. De bello Moscovitico commentariorum libri sex (1584) und das erste, f¨ur beide Preußen und alle St¨ande verbindliche Landrecht Jus terrestre nobilitatis Borussiae correctum (1599). C Altpreuß Biogr, Bd 1 Heider, Arthur von, Zoologe, * 20. 6. 1849 Steinbr¨uck (Slowenien), † 21. 3. 1924 Graz. H. studierte seit 1867 Medizin an der Univ. Graz, wurde 1873 promoviert, war 1873 / 74 Assistent am Physiologischen Institut und wechselte danach an das Zoologische Institut. Seit 1878 war er dort Privatdozent f¨ur Zoologie, wurde 1893 tit. a. o., 1906 a. o., 1919 o. Professor. H. erforschte vorwiegend Anthozoen, gewann das Material f¨ur seine Studien ¨ in Triest, Korfu, Agypten, S¨udfrankreich, Algier und Tunis und ver¨offentlichte u. a. Sagartis troglodytes Gosse (1877), Cerianthus membranaceus Haime (1878), Korallenstudien (1886) und Die Zoologie in der Medicin (1893).

Heider, Daniel, Jurist, * 13. 11. 1572 N¨ordlingen, † 1. 2. 1647 Lindau. Nach dem Jurastudium wurde H. 1601 in T¨ubingen zum Dr. jur. promoviert, ging als Ratsadvokat nach Lindau und setzte sich als Syndikus der Reichsstadt f¨ur deren Rechte ein. Er verteidigte sie w¨ahrend eines alten Rechtsstreits

Heider mit dem Reichsstift Lindau, in den die Auswirkungen des Dreißigj¨ahrigen Kriegs hineinspielten. H. schrieb u. a. De imperialium urbium advocatis. Er war der Vater von Valentin → H. C ADB

Heider, Fritz, Psychologe, * 18. 2. 1896 Wien, † 1. 2. 1988 Eudora (Kansas, USA). H., Sohn eines Architekten und Enkel von Moritz → H., wuchs in Graz auf, wo er zun¨achst Privatunterricht erhielt und dann bis 1914 das Gymnasium besuchte. Seit 1914 studierte er u. a. Architektur und Rechtswissenschaft in Graz, 1917 Zoologie bei seinem Onkel Karl → H. in Innsbruck, 1918 Psychologie bei Karl → B¨uhler in M¨unchen und wieder in Graz bei Alexius → Meinong. 1920 in Graz mit einer wahrnehmungspsychologischen Arbeit (Ding und Medium, 1926) promoviert, war er vor¨ubergehend als Psychologe t¨atig und ging 1921 nach Berlin, wo er Seminare und Vorlesungen u. a. von Max → Wertheimer, Wolfgang → K¨ohler und Kurt → Lewin besuchte. Seit 1927 Assistent von William → Stern in Hamburg, ging er 1930 als Assistant Professor an das Smith College nach Northampton (Massachusetts, USA). 1938 wurde H. amerikanischer Staatsb¨urger. 1947-66 war er Prof. an der University of Kansas in Lawrence. Sowohl von der Grazer wie von der Berliner Schule der Gestaltpsychologie beeinflußt, entwickelte H., einer der wichtigsten Vertreter der Sozialpsychologie, seine anti-behavioristische, an der Alltagssprache orientierte Common-Sense-Psychologie. Er gilt als Begr¨under der Balancetheorie und der Attributionstheorie. H. ver¨offentlichte u. a. On perception and event structure, and the psychological environment (1967), The psychology of interpersonal relations (1968, dt. 1977 Psychologie der interpersonalen Beziehungen), The life of a psychologist. An autobiography (1983, dt. Das Leben eines Psychologen. Eine Autobiographie, 1984) und The notebooks (6 Bde., 1987-90, hrsg. von Marijana Benesh-Weiner).

Heider, Gustav (Adolph) Frh. von, o¨ sterr. Jurist, Kunstwissenschaftler, * 15. 10. 1819 Wien, † 15. 3. 1897 Wien. H. studierte Rechtswissenschaften an der Univ. Wien, wurde 1842 Adjunkt an der Bibliothek der Akademie der bildenden K¨unste und war 1850-80 im Ministerium f¨ur Kultus und Unterricht t¨atig. Seit 1873 unterstand ihm als Sektionschef die Leitung der Abteilung Universit¨at und Mittelschulen. 1866-73 war er Pr¨asident der Wiener Akademie der bildenden K¨unste und sorgte f¨ur deren Reorganisation. H. machte sich einen Namen durch seine kunsttopographischen und denkmalpflegerischen Arbeiten u¨ ber die christliche Kunst und die Ikonographie des Mittelalters. Er geh¨orte zu den Gr¨undern der k. k. Zentralkommission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, redigierte deren Jahrbuch und war Mitorganisator des Wiener Altertumsvereins 1854 sowie der Ersten Arch¨aologischen Ausstellung in Wien 1860. H. gab mit Rudolf → Eitelberger-Edelberg Mittelalterliche Kunstdenkmale des o¨ sterreichischen Kaiserstaates (2 Bde., C Czeike 1858-60) heraus.

Heider, Hans von, Maler, Keramiker, Graphiker, * 7. 1. 1867 M¨unchen, † 11. 4. 1952 Blaubeuren bei Ulm. H. studierte nach einer Ausbildung im Keramikerhandwerk unter Heinz Heim und Gabriel → Hackl an der Kunstakademie in M¨unchen und arbeitete in der Werkstatt seines Vaters Maximilian H. mit. Seit 1901 leitete er die Keramikerklasse an der Kunstgewerbeschule in Magdeburg und kam 1905 als Werkstattleiter und Lehrkraft an die Stuttgarter Kunstgewerbeschule. In seiner Fr¨uhzeit malte H. Landschaften der Schweiz, Tirols und der Schw¨abischen Alb, war danach haupts¨achlich als Keramiker t¨atig und wandte sich von 1909 ¨ Aquarell- und Gouachemalerei an wieder vermehrt der Ol-, zu (Landschaften, Blumenbilder). C MBL

Heider, Karl, o¨ sterr. Zoologe, * 28. 4. 1856 Wien, † 2. 7. 1935 Schloß Thinnfeld bei Deutschfeistritz. Der Sohn Moritz → H.s studierte 1874-77 Medizin an der Univ. Graz, fand u¨ ber seinen Lehrer Franz Eilhard → Schulze Zugang zur Zoologie und besch¨aftigte sich nach seiner R¨uckkehr nach Wien 1877 mit zoologischen Studien. 1879 zum Dr. phil., 1883 zum Dr. med. promoviert, habilitierte er sich 1885 an den Universit¨aten Wien und Berlin. 1894 wurde er als o. Prof. an die Univ. Innsbruck berufen, 1917 an die Univ. Berlin, wo er bis zu seiner Emeritierung 1924 blieb; bis 1926 leitete er das Zoologische Institut. H. ¨ war korrespondierendes Mitglied der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften. Er erkannte 1905 die M¨oglichkeit des Austausches von Erbanlagen bei der Chromosomenkonjugation. H. ver¨offentlichte u. a. Die Embryonalentwicklung von Hydrophilus piceus L. (1889), Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungsgeschichte der wirbellosen Tiere (1890-1910), Beitr¨age zur Embryologie von Salpa fusiformis Cuv (1895), Das Determinationsproblem (1900), Vererbung und Chromosomen (1906) und Phylogenie der Wirbellosen (1914).

Heider, Moritz, o¨ sterr. Zahnmediziner, * 21. 6. 1816 Wien, † 29. 7. 1866 Wien. H. studierte Medizin an der Univ. Wien und wurde 1840 promoviert (De neuropathiis in genere). Er war Assistent bei dem Physiker Johann Baptist Wisgrill und seit 1842 bei dem Zahnarzt Georg von → Carabelli, u¨ bernahm 1843 dessen Praxis und habilitierte sich im selben Jahr f¨ur Zahnheilkunde. 1846 f¨uhrte er erstmals die galvanische Gl¨uhhitze zur Zerst¨orung der Nerven der Zahnpulpa ein und wurde 1858 a. o. Prof. der Zahnheilkunde an der Univ. Wien. 1860 gr¨undete er die „Mitteilungen des Zentralvereins deutscher Zahn¨arzte“, die seit 1861 unter dem Titel „Deutsche Vierteljahrsschrift f¨ur Zahnheilkunde“ herausgegeben wurde. H. ver¨offentlichte u. a. eine Anleitung zur Pflege der Z¨ahne im gesunden und kranken Zustande und Andeutung u¨ ber k¨unstliche Z¨ahne und Gebisse (1845) Zur Reform des zahn¨arztlichen Unterrichtes in Deutschland (1864) und zusammen mit Carl → Wedl einen Atlas der Pathologie der Z¨ahne (1869, 2 1893). Er war der Vater von Karl → H.

Heider, Otto, Politiker, * 26. 5. 1896 Bremerhaven, † 13. 5. 1960 Groß Berkel (Kr. Hameln-Pyrmont). H., Sohn eines Buchh¨andlers, machte eine Lehre als Elektriker und nahm als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil. Danach besuchte er die Technischen Staatslehranstalten in Bremen und war als Elektroingenieur t¨atig. 1925 trat er der NSDAP, 1930 der SA bei. 1930 wurde H. Mitglied der Bremer B¨urgerschaft und 1931 Fraktionsgesch¨aftsf¨uhrer der NSDAP. Bei der Umbildung des Bremer Senats 1933 wurde er Staatskommissar f¨ur das Wohlfahrtswesen und Senator f¨ur Arbeit, Technik und Wohlfahrt, 1934 Regierender ¨ B¨urgermeister. Nach dem Ubertritt von der SA zur SS 1935 wurde H. 1937 wegen finanzieller Unregelm¨aßigkeiten entlassen. 1939-42 war er Polizeipr¨asident von M¨unster, bis Kriegsende Amtschef im Rasse- und Siedlungsamt der SS in Berlin. 1945-50 unter falschem Namen zun¨achst in sowjetischer Gefangenschaft, dann als Siedler in Groß-Berkel ans¨assig, arbeitete er nach seiner Einstufung als Minderbelasteter als Ingenieur in einem Elektrizit¨atswerk. C Brem Bio 2

Heider, Valentin, Jurist, * 25. 3. 1605 Lindau, † 28. 11. 1664 Lindau. Der Sohn Daniel → H.s studierte in Straßburg, T¨ubingen und Altorf und wurde 1627 zum Dr. jur. promoviert. Nach Studienaufenthalten in Frankreich und Wien ging er 1634 als Ratskonsulent nach Lindau. Im Auftrag der Stadt war er Gesandter in Wien, Regensburg und N¨urnberg sowie auf den

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Heider schw¨abischen Reichstagen und nahm seit 1645 auch an den Friedensverhandlungen in Osnabr¨uck und den Friedenstraktat