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German Pages 960 Year 2011
DEUTSCHE BIOGRAPHISCHE ENZYKLOPÄDIE (DBE) 2. Ausgabe
Herausgegeben von Rudolf Vierhaus
DEUTSCHE BIOGRAPHISCHE ENZYKLOPÄDIE (DBE) 2. Ausgabe
Herausgegeben von Rudolf Vierhaus unter Mitarbeit von Dietrich von Engelhardt, Wolfram Fischer, Hans-Albrecht Koch, Bernd Moeller und Klaus G. Saur
DEUTSCHE BIOGRAPHISCHE ENZYKLOPÄDIE (DBE) 2., überarbeitete und erweiterte Ausgabe Herausgegeben von Rudolf Vierhaus
Band 9 Schlumberger - Thiersch
K - G - S a u r München 2008
Wissenschaftlicher Beirat der zweiten Ausgabe: P r o f e s s o r Dr. Dietrich v o n Engelhardt, P r o f e s s o r Drs. Dr. h. c. W o l f r a m Fischer, P r o f e s s o r Dr. H a n s - A l b r e c h t K o c h , P r o f e s s o r Dr. Dr. h. c. B e r n d M o e l l e r , P r o f e s s o r Dr. h . c . mult. Klaus G. Saur Redaktionelle Leitung: B r u n o Jahn Redaktion: S v e n K o c h , Juliane L e n g n i n g , Tanja N a u s e , Martin N i s s e n , M i r k o Vonderstein Redaktionsschluß: 3 1 . Januar 2 0 0 8
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© Gedruckt auf säurefreiem und chlorarmem Papier Printed on acid-free and chlorine-free paper Alle Rechte vorbehalten / All Rights Strictly Reserved K. G. Saur Verlag, München 2008 Ein Imprint der Walter de Gruyter GmbH & Co. KG Printed in the Federal Republic of Germany Satz: bsix information exchange GmbH, Braunschweig Druck und Binden: Strauss GmbH, Mörlenbach ISBN-13: 978-3-598-25030-9 (Gesamt) ISBN-13: 978-3-598-25039-2 (Band 9)
Inhaltsverzeichnis
Autorenverzeichnis
VI
Hinweise für die Benutzung
IX
Verzeichnis der häufig benutzten Werke Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
X XIII
Verzeichnis der allgemeinen Abkürzungen
XXXIV
Abbildungsnachweis
XXXVI
Biographische Artikel Schlumberger - Thiersch
Autorenverzeichnis
Dr. Werner Aderhold Schubert, Franz
Dr. Michael Eckert Sommerfeld, Arnold
Professor Dr. Axel W. Bauer Schönlein, Johann Lukas Stahl, Georg Ernst
Professor Dr. Dietrich von Engelhardt Schubert, Gotthilf Heinrich von Schweigger, Johann Salomo Christoph Sielmann, Heinz Steffens, Henrik Steller, Georg Wilhelm Steno, Nicolaus Störck, Anton Frh. von Strotzka, Hans Strunz, Hugo Szondi, Leopold Tellenbach, Hubertus
Dr. Beate Beckmann-Zöller Stein, Edith Dr. Jürgen Behrens t Stolberg-Stolberg, Friedrich Leopold Graf zu Professor Dr. Gustav Adolf Benrath D. D. h. c. Tersteegen, Gerhard Professor Dr. Dr. Klaus Bergdolt Schwann, Theodor Dr. Jutta Berger t Staudinger, Hermann Professor Dr. Horst Betz Schmoller, Gustav von Dr. Ingrid Bigler-Marschall Schneider, Romy Dr. Hans Erich Bödeker Schütz, Christian Gottfried Strube, David Georg Professor Dr. Ute Brandes Seghers, Anna Professor Dr. Peter Brandt Schumacher, Kurt Professor Dr. Dieter Breuer Spee von Langenfeld, Friedrich Professor Dr. Stefan Breuer Spengler, Oswald Professor Dr. Bernhard vom Brocke Sombart, Werner Professor Irwin L. Collier Ph.D. Stackelberg, Heinrich Frh. von Stolper, Gustav
Dr. Hans-Jürgen Enzweiler Steinbeis, Ferdinand von Privatdozent Dr. Paul Erker Stephan, Heinrich von Privatdozent Dr. Peter E. Fäßler Spemann, Hans Dr. Sabine Fastert Schnorr von Carolsfeld, Julius Professor Dr. Fritz Fellner Schuschnigg, Kurt von Srbik, Heinrich von Professor Dr. Christoph Friedrich Sertürner, Friedrich Wilhelm Professor Dr. Dr. h. c. niult. Wolfgang Frühwald Stifter, Adalbert Professor Dr. Dr. h. c. Erich Gräßer Schweitzer, Albert Dr. Nils Grosch Schönberg, Arnold Schreker, Franz Dr. Friedrich Gross Schwind, Moritz von
Professor Dr. Horst Dippel Schurz, Carl
Dr. Rita Gudermann Schulze-Delitzsch, Hermann Thaer, Albrecht Daniel
Dr. Franziska Dunkel Stuck, Franz von
Professor Dr. Alfred Hartlieb von Wallthor Stein, Karl Frh. vom und zum
Professor Dr. Ina Ebert Schmitt, Carl
Dr. Thomas Hertfelder Schnabel, Franz
Professor Dr. Wolfgang U. Eckart Sennert, Daniel
Dr. Wolf Hobohm Telemann, Georg Philipp
vi
Autorenverzeichnis Professor Dr. Jörg K. Hoensch t Sigismund von Luxemburg
Professor Dr. Konrad Küster Schütz, Heinrich
Dr. David Marc Hoffmann Steiner, Rudolf
Dr. Doris Kutschbach Schongauer, Martin
Dr. Andrea Hofmeister Schroeder, Louise
Dr.-Ing. habil. Heidrun Laudel Semper, Gottfried
Dr. Gottfried Honnefelder Suhrkamp, Johann Heinrich
Dr. Silke Lehmann Stein, Lorenz von
Wolfgang Huber Spengler, Lazarus
Dr. Helmut Lindner Senefelder, Aloys
Professor Dr. Hans-Jürgen Imiela t Slevogt, Max
Professor Dr. Norbert Linke Strauß, Johann (Sohn)
Bruno Jahn Schnittke, Alfred Schubart, Christian Friedrich Daniel Schwitters, Kurt Sealsfield, Charles Serner, Walter Silbermann, Alphons Skoda, Emil von Stramm, August Suttner, Bertha Frfr. von Tabori, George
Dr. Michael Matthiesen Schocken, Salman
Professor Dr. Manfred Jakubowski-Tiessen Struensee, Johann Friedrich Klaus Kalchschmid Stockhausen, Karlheinz Dr. Franz Georg Kaltwasser Schmeller, Johann Andreas Professor Dr. Thomas Kaufmann Sturm, Jakob Professor Dr. Gerd Kleinheyer Svarez, Carl Gottlieb Professor Dr. Grete Klingenstein Sonnenfels, Joseph von Professor Dr. Hans-Albrecht Koch Schneider, Reinhold Schulenburg, Johann Matthias Frh. von der Spitta, Theodor Spranger, Eduard Storz, Gerhard Strauss, Richard Sühnel, Rudolf Szondi, Peter Sven Koch Thelen, Albert Vigoleis Professor Dr. Hans-Christof Kraus Stahl, Friedrich Julius
Dr. sc. Günter Meißner Spitzweg, Carl Professor Dr. Dr. h. c. Bernd Moeller Spalatin, Georg Professor Dr. Magdalena M. Moeller Schmidt-Rottluff, Karl Professor Dr. Dr. h.c. Rudolf Morsey Stegerwald, Adam Professor Dr. Klaus Wolfgang Niemöller Schumann, Robert Professor Dr. Dr. Kurt Nowak f Semler, Johann Salomo Sohm, Rudolph Strauß, David Friedrich Professor Dr. Roger Paulin Storm, Theodor Professor Dr. Ulrich Pothast Schopenhauer, Arthur Michael Radtke Springer, Axel Cäsar Herbert Riehl-Heyse f Strauß, Franz Josef Professor Dr. Gabriella Rovagnati Schnitzler, Arthur Schröder, Rudolf Alexander Sebald, W. G. Sperber, Manes Sternheim, Carl Dr. Hartmut Ruddies Simmel, Georg
Professor Dr. Claus-Dieter Krohn Singer, Sir Hans Wolfgang
Professor Dr. Helmut Rumpier Schwarzenberg, Felix Fürst zu Seipel, Ignaz
Professor Dr. Peter Krüger Stresemann, Gustav
Universitätsdozent Dr. Karl Sablik Swieten, Gerard van
Autorenverzeichnis Dr. h. c. Heinz Sarkowski t Springer, Ferdinand (I.) Springer, Ferdinand (II.) Springer, Julius (I.) Springer, Julius (II.) Steinkopff, Theodor Professor Dr. Berndt Schaller Scholem, Gershom Schürer, Emil Professor Dr. Dr. Heinrich Schipperges t Sudhoff, Karl Professor Dr. Dr. Peter Schneck Semmelweis, Ignaz Philipp Professor Dr. Dr. h. c. Werner Schneiders Thomasius, Christian Professor Dr. Harm G. Schröter Schumpeter, Joseph Alois Siemens, Werner von Stinnes, Hugo Klaus Schultz Sellner, Gustav Rudolf Gitta Sereny Speer, Albert Professor Dr. Günter Sieben Schmalenbach, Eugen Dr. Wolfgang J. Smolka Scholl, Hans Scholl, Sophie
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Dr. Hannah Stegmayer Schumacher, Emil Professor Dr. Michael Stuhr Stoß, Veit Professor Dr. Dr. h. c. Johannes Wallmann Spener, Philipp Jakob Professor Dr. Dr. h. c. Hermann Weber Thälmann, Ernst Dr. Petra Weber Schmid, Carlo Professor Dr. Burghard Weiss Schrödinger, Erwin Stark, Johannes Dr. Manfred Wenzel Soemmerring, Samuel Thomas von Dr. Hans Wollschläger t Schmidt, Arno Dr. Johan van der Zande Struensee, Carl August von Dr. Christina Zech Schumann, Clara Professor Dr. Dr. h.c. Horst Zimmermann Schmölders, Günter Professor Dr. Thomas Zotz Teilenbach, Gerd
Hinweise für die Benutzung
1. Die Artikel setzen sich aus Name und Lebensdaten, Biographie und Literaturhinweisen zusammen. Der Artikelkopf besteht aus Name (mit Namensvarianten), Vorname (zum Rufnamen zusätzliche Vornamen werden in Klammern gesetzt) und gegebenenfalls Adelsprädikat. Pseudonyme, Geburtsname, eigentlicher Name und irrtümlich zugeordnete Namen werden genannt. Der Berufsbezeichnung folgen Geburts- und Todesdatum mit Ortsangaben. Die Biographien informieren über das Leben und Wirken der Personen, über Herkunft, Bildungsweg, einflußreiche Begegnungen, Entwicklung im beruflichen Leben, Wirkungsorte, bezeichnende Werke und Leistungen, Freundschaften und Beziehungen, Zugehörigkeit zu Gruppen und Vereinigungen, Rezeption sowie in besonderen Fällen über Preise und Ehrungen. 2. Lebensdaten werden nach der vorhandenen Literatur und nach Nekrologen so exakt wie möglich eingesetzt. Für Daten gilt der Gregorianische Kalender (neuer Stil). 3. Die Personen des Mittelalters bis zu der Zeit um 1500 sind nach ihren Vornamen sortiert, alle späteren - abgesehen von regierenden Fürsten - nach ihrem Nachnamen. Wo dieses Verfahren zu Unklarheiten führen könnte, finden sich Verweisungen.
4. CD verweist am Schluß eines Artikels auf eine weiterführende lexikalische Literaturangabe. Am Ende der ausführlichen, namentlich gezeichneten Artikel zu besonders herausragenden Persönlichkeiten werden weitere Werke der behandelten Person aufgeführt und umfangreiche Literaturangaben gemacht. 5. Bei der alphabetischen Anordnung der Artikel erfolgt bei Namensgleichheit die Sortierung in der Chronologie des Geburtsdatums. Bei persönlichen Namen gilt als Ordnungsprinzip: am Anfang stehen jeweils die deutschen Könige; ihnen folgen die übrigen Fürsten, alphabetisch nach Territorien angeordnet; dann Persönlichkeiten des Mittelalters, deren Beiname z.B. Herkunft, Stand oder Beruf bezeichnet. Danach werden die Artikel alphabetisch nach dem Familiennamen der Person angeordnet. Adelsprädikate und ähnliche Namensbestandteile werden nachgestellt. Umlaute gelten als zwei Buchstaben, weitere diakritische Zeichen haben auf die Sortierung keinen Einfluß. β wird wie ss behandelt. 6. Wird in einem Artikel mit einem Pfeil auf einen anderen Namen verwiesen, kann ein Artikel zu dieser Person an entsprechender Stelle des Alphabets nachgeschlagen werden.
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Verzeichnis der häufig benutzten Werke
Alberti, Eduard: Lexikon der Schleswig-HolsteinLauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1829 bis Mitte 1866. 2 Bde., Kiel 1 8 6 7 / 6 8 . Alberti, Eduard: Lexikon der Schleswig-HolsteinLauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1866-1882. 2 Bde., Kiel 1 8 8 5 / 8 6 . Bader, Karl: Lexikon deutscher Bibliothekare im Hauptund Nebenamt bei Fürsten, Staaten und Städten. Leipzig 1925. Bayern. Biographische Skizzen aus d e m Königreich Bayern. Hrsg. v. Anton Mansch. Berlin ca. 1913. Bosls bayerische Biographie. 8000 Persönlichkeiten aus 15 Jahrhunderten. Hrsg. v. Karl Bosl. Regensburg 1983. Bosls bayerische Biographie. Erg.-Bd.: 1000 Persönlichkeiten aus 15 Jahrhunderten. Regensburg 1988. Brennsohn, Isidor: Die Ärzte Kurlands von 1825-1900. Ein biographisches Lexicon. Kurländische Gesellschaft für Literatur und Kunst. Mitau 1902. Brennsohn, Isidor: Die Ärzte Livlands von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Ein biographisches Lexikon nebst einer historischen Einleitung über das Medizinalwesen Livlands. Riga 1905. Brockhaus Enzyklopädie in 24 Bänden. 19. Aufl. Mannheim 1987-94. Brockhaus. Die Enzyklopädie in 24 Bänden. 20., Überarb. und aktualisierte Aufl. Leipzig/Mannheim 1996-99. Brockhaus-Enzyklopädie in 30 Bänden. 21., völlig neu bearb. Aufl. Leipzig/Mannheim 2 0 0 6 ff. Brockhaus Riemann. Musiklexikon. In 4 Bänden und einem Ergänzungsband hrsg. v. Carl Dahlhaus und Hans Heinrich Eggebrecht. M a i n z / M ü n c h e n 1989. Brummer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. 6., völlig neu bearb. und stark verm. Aufl. Leipzig 1913. Die Dermatologen deutscher Sprache. Bio-bibliographisches Verzeichnis. Früher u . d . T.: Deutscher Dermatologen-Kalender und Deutsches DermatologenVerzeichnis. Leipzig 1955. Deutsch-österreichisches Künstler- und SchriftstellerLexikon. Biographien und Bibliographie der Wiener Künstler und Schriftsteller. Biographien und Bibliographie der deutschen Künstler und Schriftsteller in Österreich-Ungarn außer Wien. Hrsg. v. H e r m a n n Clemens Kosel. 2 Bde., Wien 1902-06. Das Deutsche Führerlexikon: 1934/35. Berlin 1934. Der deutsche Reichstag. Früher u . d . T . : ReichstagsHandbuch. 3. Wahlperiode nach d e m 3 0 . 1 . 1933. Berlin 1936. Deutsche Tonkünstler und Musiker in Wort und Bild. Hrsg. v. Friedrich Jansa. 2. Ausg. Leipzig 1911. Deutscher Chirurgenkalender. Hrsg. v. August Borchard und Walter von Brunn. 2. Aufl. Leipzig 1926. Deutscher Wirtschaftsführer. Lebensgänge deutscher Wirtschaftspersönlichkeiten. Hrsg. v. Georg Wenzel. Hamburg u . a . 1929. X
Deutsches Dermatologen-Verzeichnis. Lebens- und Leistungsschau. Hrsg. v. Erhard Riecke. 2. Aufl.; 1. Aufl. u . d . T . : Deutscher Dermatologen-Kalender. Leipzig 1939. Deutsches Gynäkologen-Verzeichnis. Wissenschaftlicher Werdegang und wissenschaftliches Schaffen deutscher Gynäkologen. Hrsg. v. Walter Stoeckel. 2. Aufl. des Deutschen Gynäkologenkalenders. Leipzig 1939. Deutsches Kolonial-Lexikon. Hrsg. v. Heinrich Schnee. 3 Bde., Leipzig 1920. Deutsches Musiker-Lexikon. Hrsg. v. Erich H. Müller. Dresden 1929. Deutsches Zeitgenossenlexikon. Biographisches Handbuch deutscher M ä n n e r und Frauen der Gegenwart. Hrsg. v. Franz Neubert. Leipzig 1905. Deutschlands, Österreich-Ungarns und der Schweiz Gelehrte, Künstler und Schriftsteller in Wort und Bild. Hrsg. v. Gustav Adolf Müller. Hannover 1908. Dlabacz, Gottfried Johann: Allgemeines historisches Künstler-Lexikon f ü r B ö h m e n und zum Theil auch für Mähren und Schlesien. Hrsg. v. Paul Bergner. 3 Bde., Prag 1815. Drüll, Dagmar: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1652-1802. Berlin u . a . 1991. Drüll, Dagmar: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1803-1932. Berlin u . a . 1986. Drüll-Zimmermann, Dagmar: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1386-1651. Berlin u . a . 2002. Egerländer biografisches Lexikon. Mit ausgewählten Personen aus dem ehemaligen Regierungsbezirk Eger. Hrsg. v. Josef Weinmann. 2 Bde., Bayreuth 1985-87. Eisenberg, Ludwig: Das geistige Wien. Mittheilungen über die in Wien lebenden Architekten, Bildhauer, Bühnenkünstler, Graphiker, Journalisten, Maler, Musiker und Schriftsteller. 2 Bde., Wien 1893. Fikenscher, Georg Wolfgang Augustin: Gelehrtes Fürstentum Baireuth. 12 Bde., Nürnberg 1792-1805. Das geistige Deutschland am E n d e des 19. Jahrhunderts. Enzyklopädie des deutschen Geisteslebens in biographischen Skizzen. Bd. 1: Die Bildenden Künstler. L e i p z i g / B e r l i n 1898. Das geistige P o m m e r n . Große Deutsche aus P o m m e r n . Sonderausstellung im Landeshaus Stettin. Stettin 1939. Geistige Welt. Gallerie von Zeitgenossen auf dem Gebiete der Künste und Wissenschaften. Hrsg. v. Anton Mansch. Berlin ca. 1910. Geistiges und künstlerisches München in Selbstbiographien. Hrsg. v. Wilhelm Zils. M ü n c h e n 1913. Gradmann, Johann Jacob: Das gelehrte Schwaben oder Lexicon der jetzt lebenden schwäbischen Schriftsteller. Ravensburg 1802. Grewolls, Grete: Wer war wer in MecklenburgVorpommern? Ein Personenlexikon. Bremen 1995. Das G r o ß e Buch der Österreicher. 4 5 0 0 Personendarstellungen in Wort und Bild. Hrsg. v. Walter Kleindel. Wien 1987. Das große Lexikon der Musik in 8 Bänden. Hrsg. v. Marc Honegger und Günther Massenkeil. Freiburg/Breisgau 1978-82.
Verzeichnis der häufig benutzten Werke Große Sudetendeutsche. Hrsg. v. Josef Schneider. M ü n c h e n 1957. Haan, Wilhelm: Sächsisches Schriftsteller-Lexicon. Alphabetisch geordnete Zusammenstellung der im Königreich Sachsen gegenwärtig lebenden Gelehrten, Schriftsteller und Künstler, nebst kurzen biographischen Notizen und Nachweis ihrer im Druck erschienenen Schriften. Leipzig 1875. Hamacher, Gottfried, unter Mitarbeit v. A n d r e Lohmar, Herbert Mayer, Günter Wehner und Harald Wittstock: Gegen Hitler. Deutsche in der Resistance, in den Streitkräften der Antihitlerkoalition und der Bewegung „Freies Deutschland". Kurzbiografien. Berlin 2005. Handwörterbuch der Staatswissenschaften. Hrsg. v. Ludwig Elster. 4. Aufl. 8 Bde., Ergänzungsbd. Jena 1923-29. Heiduk, Franz: Oberschlesisches Literatur-Lexikon. Biographisch-bibliographisches Handbuch. 3 Tie., Berlin 1990-2000. Heß, Richard: Lebensbilder hervorragender Forstmänner und um das Forstwesen verdienter Mathematiker, Naturforscher und Nationalökonomen. Berlin 1885. Hinrichsen, Adolf: Das literarische Deutschland. 2., verb, und verm. Aufl. B e r l i n / L e i p z i g 1891. His, Eduard: Basler Gelehrte des 19. Jahrhunderts. Basel 1941. Historisch-biographisches Lexikon der Schweiz. Hrsg. v. Henrich Türler. 7 Bände, Suppl. Neuenb u r g / B a s e l 1921-34. Hochschullehrer der Wirtschaftswissenschaften in der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz. 2. Aufl. Berlin 1966. Hofer, Fritz; Hägeli, Sonja: Zürcher Personenlexikon. 800 biographische Porträts aus zwei Jahrtausenden. Zürich / M ü n c h e n 1986. Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische Beiträge zur Wiener Zeitgeschichte. Hrsg. v. Franz Planer. Wien 1929. Jöcher, Christian Gottlieb: Allgemeines GelehrtenLexicon. Darinne die Gelehrten aller Stände . . . vom A n f a n g e der Welt bis auf ietzige Zeit . . . Nach ihrer Geburt, Leben, . . . Schrifften aus den glaubwürdigsten Scribenten in alphabetischer Ordnung beschrieben werden. 4 Bde., Leipzig 1 7 5 0 / 5 1 . Jöcher, Christian Gottlieb: Allgemeines GelehrtenLexicon. Fortsetzung und Ergänzungen zu Christian Gottlieb Jöchers allgemeinem Gelehrten-Lexicon, worin die Schriftsteller aller Stände nach ihren vornehmsten Lebensumständen und Schriften beschrieben werden. Hrsg. v. Johann Christoph Adelung; [Bd. 3-6] Heinrich Wilhelm Rotermund. [Bd. 7] Otto Günther. 7 Bde., L e i p z i g / D e l m e n h o r s t / B r e m e n 17841897. Kehrein, Joseph: Biographisch-literarisches Lexikon der katholischen deutschen Dichter, Volks- und Jugendschriftsteller im 19. Jahrhundert. 2 Bde., Zürich / Stuttgart / Würzburg 1868-71. Kobolt, Anton Maria: Baierisches Gelehrten-Lexikon. Landshut 1795. K ö p f e der Forschung an Rhein und Ruhr. Dortmund 1963. K ö p f e der Politik, Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft. Hrsg. v. Karl Ritter von Klimesch. 2 Bde., Augsburg 1953. Kordes, Berend: Lexikon der jetzt lebenden SchleswigHolsteinischen und Eutinischen Schriftsteller. Schleswig 1797.
Kosch, Wilhelm: Biographisches Staatshandbuch. Lexikon der Politik, Presse und Publizistik. Fortgeführt v. Eugen Kuri. 2 Bde., B e r n / M ü n c h e n 1963. Kotowski, Elke-Vera (Hrsg.): Juden in Berlin. Biografien. Berlin 2005. Kürschners biographisches Theater-Handbuch: Schauspiel, Oper, Film, R u n d f u n k . Deutschland Österreich - Schweiz. Hrsg. v. Herbert A. Frenzel und Hans-Joachim Moser. Berlin 1956. Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender. Berlin, später M ü n c h e n 1925 ff. Kürschners Deutscher Literaturkalender: [nebst] Nekrolog 1901-1935, 1936-1970 und 1971-1998. Jg. 29 ff. Berlin, später München 1907 ff. Kürschners Deutscher Musik-Kalender. M ü n c h e n 2 0 0 2 ff. Kürschners Deutscher Sachbuch-Kalender. M ü n c h e n / Leipzig 2002 ff. Kürschners Handbuch der bildenden Künstler. M ü n c h e n / Leipzig 2005 ff. Kunowski, Johannes: Deutsches Soldatentum: 100 Lebensbilder großer deutscher Soldaten. Berlin 1940. Kutzbach, Karl August: Autorenlexikon der Gegenwart. Schöne Literatur verfaßt in deutscher Sprache. Mit einer Chronik seit 1945. Bonn 1950. Der Lehrkörper der Technischen Hochschule Hannover 1831-1956. Neuauflage. Hannover 1956. L e m m e n , Joseph von: Tirolisches Künstler-Lexikon. Innsbruck 1830. Lennhoff, Eugen; Posner, Oskar: Internationales Freimauer-Lexikon. Zürich / L e i p z i g / W i e n [1932]. Lexikon deutscher Frauen der Feder: eine Z u s a m m e n stellung der seit d e m Jahre 1840 erschienenen Werke weiblicher Autoren nebst Biographien der lebenden und einem Verzeichnis der Pseudonyme. Hrsg. v. Sophie Pataky. 2 Bde., Berlin 1898. Lexikon der Frau. 2 Bde., Zürich 1 9 5 3 / 5 4 . Lipowsky, Felix Joseph: Baierisches Künstler-Lexicon. 2 Bde., München 1810. Lipowsky, Felix Joseph: Baierisches Musik-Lexikon. M ü n c h e n 1811. Lippisches Autorenlexikon. Bd 1: Lebende und nach d e m 1.1.1983 verstorbene Autoren mit Nachträgen. Hrsg. v. Detlev Hellfaier. Bearb. v. Ernst Fleischhack. L e m g o 1986. Meusel, Johann Georg: Lexikon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller. 15 Bde., Leipzig 1802-15. Meusel, Johann Georg: Teutsches Künstler-Lexikon oder Verzeichnis der jetzt lebenden Teutschen Künstler. 2., Überarb. Aufl. 2 Bde., L e m g o 1 8 0 8 / 0 9 . Mitteldeutsche Köpfe. Lebensbilder aus einem Jahrtausend. Frankfurt (Main) 1959. N e u e Schweizer Biographie. Hrsg. v. Albert Bruckner. Basel 1938. Neues Lexikon des Judentums. Hrsg. v. Julius H. Schoeps. G ü t e r s l o h / M ü n c h e n 1992. Überarb. Neuausg. G ü t e r s l o h / M ü n c h e n 1998. Nowack, Karl Gabriel: Schlesisches SchriftstellerLexikon: oder bio-bibliographisches Verzeichnis der im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts lebenden schlesischen Schriftsteller. 6 Bde., Breslau 1836-43. Österreicher der Gegenwart. Lexikon schöpferischer und schaffender Zeitgenossen. Hrsg. v. Robert Teichl. Wien 1951. Otto, Gottlieb Friedrich: Lexikon der seit dem 15. Jahrhunderte verstorbenen und jetztlebenden Oberlausizischen Schriftsteller und Künstler. 3 Bde. und Suppl. Görlitz 1800-03; 1821.
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Verzeichnis der häufig benutzten Werke Pagel, Julius Leopold: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des 19. Jahrhunderts. B e r l i n / W i e n 1901. Paris, Alain: Lexikon der Interpreten klassischer Musik im 20. Jahrhundert. M ü n c h e n / Kassel 1992. Personenlexikon Österreich. Hrsg. v. Ernst Bruckmüller. Wien 2001. Pütter, Johann Stephan: Versuch einer academischen Gelehrten-Geschichte von der Georg-AugustusUniversität zu Göttingen: fortgesetzt von Friedrich Saalfeld und Georg H. Oesterley. 4 Bde., Göttingen 1765-1838. Raßmann, Ernst: Nachrichten von d e m Leben und den Schriften Münsterländischer Schriftsteller des 18. und 19. Jahrhunderts. Münster (Westfalen) 1866. N . F . 1881. Recke, Johann Friedrich von; Napiersky, Karl Eduard: Allgemeines Schriftsteller- und Gelehrten-Lexikon der Provinzen Livland, Esthland und Kurland. 4 Bde., Mitau 1827-32. Recke, Johann Friedrich von; Napiersky, Karl Eduard: Allgemeines Schriftsteller- und Gelehrten-Lexikon der Provinzen Livland, Esthland und Kurland. Nachträge und Fortsetzungen, bearb. v. Theodor Beise. 2 Bde., Mitau 1859-61. Reden-Esbeck, Friedrich Johann von: Deutsches BühnenLexikon. Das Leben und Wirken aller hervorragenden deutschen Bühnen-Leiter und Künstler vom Beginn der Schauspielkunst bis zur Gegenwart. 1.-9. Heft. Eichstätt 1879. Reichstags-Handbuch (teilw.: Amtliches . . . ) . Legislatur (Wahl)-Periode 1890-1933. Berlin 1890-1933. Riemann, Hugo: Musiklexikon. Hrsg. v. Alfred Einstein. 11. Aufl. Berlin 1929. Rotermund, Heinrich Wilhelm: Das gelehrte Hannover oder Lexikon von Schriftstellern und Schriftstellerinnen, gelehrten Geschäftsmännern und Künstlern, die seit der Reformation in und außerhalb den sämtlichen zum jetzigen Königreich gehörigen Provinzen gelebt haben und noch leben. 2 Bde. (Α-K), Bremen 1823. Rotermund, Heinrich Wilhelm: Lexikon aller Gelehrten, die seit der Reformation in B r e m e n gelebt haben, nebst Nachrichten von gebohrnen Bremern, die in andern Ländern Ehrenstellen bekleideten. 2 Bde. und Anh. Bremen 1818. Rudolf, Rainer; Ulreich, Eduard: Karpatendeutsches biographisches Lexikon. Stuttgart 1988. Sachsens Gelehrte, Künstler und Schriftsteller in Wort und Bild. Nebst eines Anhang „Nichtsachsen". Hrsg. v. Bruno Volger. Leipzig 1 9 0 7 / 0 8 . Savelsberg, Heinrich: Aachener Gelehrte in älterer und neuerer Zeit. Aachen 1906. Schmidt, Andreas Gottfried: Anhalt'sches SchriftstellerLexikon: oder historisch-literarische Nachrichten über die Schriftsteller, welche in Anhalt geboren sind oder gewirkt haben, aus den drei letzten Jahrhunderten gesammelt und bis auf unsere Zeiten fortgeführet. Bernburg 1830.
xii
Schwarz, M a x : M d R . Biographisches Handbuch der Reichstage. Hannover 1965. Schweizer Biographisches Archiv. Hrsg. v. Willy Keller. 6 Bde., Z ü r i c h / L u g a n o / V a d u z 1952-58. Schweizerisches Schriftsteller-Lexikon. Hrsg. v. Hermann Aellen. A u s g a b e 1918. Weinfelden 1918. Schweizerisches Zeitgenossen-Lexikon. Hrsg. v. Hermann Aellen. 1. Ausgabe nebst Ergänzungsband. Bern 1921-26. Schweizerisches Zeitgenossen-Lexikon. Hrsg. v. Hermann Aellen. 2. Ausgabe. B e r n / L e i p z i g 1932. Scriba, Heinrich Eduard: Biographisch-literärisches Lexikon der Schriftsteller des Großherzogthums Hessen im 1. Viertel des 19. Jahrhunderts. 2 Bde., Darmstadt 1831-43. Seele, Götz von: Ostdeutsche Biographien: 365 Lebensläufe in Kurzdarstellungen. Würzburg 1955. Steimel, Robert: Kölner Köpfe. Köln 1958. Stein, Philipp: Deutsche Schauspieler. 2 Bde., Berlin 1907/08. Stockhorst, Erich: Fünftausend Köpfe. Wer war was im Dritten Reich. Velbert 1967. Tetzlaff, Walter: 2000 Kurzbiographien bedeutender deutscher Juden des 20. Jahrhunderts. Lindhorst 1982. Vereinigung der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Hochschullehrer. Werdegang und Schriften der Mitglieder. Köln 1929. Verzeichnis der Professoren und Dozenten der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn 18181968. Hrsg. v. Otto Wenig = 150 Jahre Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn 1818-1968. Bd. 1. Bonn 1968. Volbehr, Friedrich; Weyl, Friedrich: Professoren und Dozenten der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 1665-1954. 4. Aufl. = Veröffentlichungen der Schleswig-Holsteinischen Universitätsgesellschaft. N.F. Nr. 7. Kiel 1956. Walk, Joseph: Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918-1945. M ü n c h e n 1988. Wer ist wer in Österreich. Das österreichische W h o ' s W h o . Hrsg. ν. Wilhelm W . Orgel. Neuausgabe. Wien 1953. Wer ist wer. Lexikon österreichischer Zeitgenossen. Hrsg. v. Paul Emödi und Robert Teichl. Wien 1937. Will, Georg Andreas: Nürnbergisches Gelehrten-Lexicon. 5 Bde. und Suppl. Nürnberg / Altdorf 1755-1808. Die Wirtschaftswissenschaftlichen Hochschullehrer an den reichsdeutschen Hochschulen und an der T H Danzig. Werdegang und Veröffentlichungen. Stuttgart/Berlin 1938. Witthöft, Hans Jürgen: Lexikon zur deutschen Marinegeschichte. 2 Bde., Herford 1 9 7 7 / 7 8 . Zischka, Gert Alois: Allgemeines Gelehrten-Lexikon. Biographisches Handwörterbuch zur Geschichte der Wissenschaften. Stuttgart 1961.
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
Ackerl Isabella Ackerl/Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personen-Lexikon der ersten und zweiten Republik. Wien 1992.
Alzheimer Heidrun Alzheimer: Volkskunde in Bayern. Ein biobibliographisches Lexikon der Vorläufer, Förderer und einstigen Fachvetreter. Würzburg 1991.
ADB Allgemeine Deutsche Biographie. Hrsg. von der Historischen Commission bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften. 55 Bde., Registerband, Leipzig 1875-1912. Nachdr. Berlin 1967-71.
Amelung Peter Amelung: Der Frühdruck im deutschen Südwesten. 2 Bde., Stuttgart 1979.
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Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Baader: Baiern
Beck 1
Klement Alois Baader: Das gelehrte Baiern oder Lexikon aller Schriftsteller, welche Baiern im 18. Jahrhunderte erzeugte oder ernährte. Bd. 1 [Α-K]. N ü r n b e r g / Sulzbach 1804.
Hanno Beck: Große Geographen. Pioniere, Außenseiter, Gelehrte. Berlin 1982.
Baader: Verstarb
Beck 2 Hanno Beck: Große Reisende. Entdecker und Erforscher unserer Welt. München 1971.
Klement Alois Baader: Lexikon verstorbener baierischer Schriftsteller des 18. und 19. Jahrhunderts. 2 Bde., Augsburg/Leipzig 1824/25.
BEdPh
Bad Bio
Beier
Badische Biographien. Bd. 1-5. Hrsg. v. Friedrich von Weech. Bd. 6. Hrsg. v. Albert Krieger und Karl Obser. H e i d e l b e r g / K a r l s r u h e 1875-1906, 1935.
Gerhard Beier: Schulter an Schulter, Schritt f ü r Schritt. Lebensläufe deutscher Gewerkschafter. Von August Bebel bis Theodor T h o m a s . Köln 1983.
Bad Bio N.F.
Benzing: Buchdrucker
Badische Biographien. Neue Folge. Hrsg. v. Bernd Ottnad. Stuttgart 1982 ff.
Josef Benzing: Die Buchdrucker des 16. und 17. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebiet. 2., verb, und erg. Aufl. Wiesbaden 1982.
Bader Karl Bader: Lexikon deutscher Biliothekare im Hauptund Nebenamt bei Fürsten, Staaten und Städten. Leipzig 1925.
Bächi
Biographische Enzyklopädie deutschsprachiger Philosophen. Bearb. v. Bruno Jahn. M ü n c h e n 2001.
Benzing: Verleger Josef Benzing: Die deutschen Verleger des 16. und 17. Jahrhunderts. In: Archiv f ü r Geschichte des Buchwesens 2 (1960) S. 445-509.
Berlin-Cölln 1
Julius Bächi: Berühmte Cellisten. Porträts der Meistercellisten von Boccherini bis zur Gegenwart. Schweizer Cellisten von heute. 4., überarb. und erw. Aufl. Zürich 1987.
Lothar N o a c k / J ü r g e n Splett: Bio-Bibliographien. Brandenburgische Gelehrte der Frühen Neuzeit BerlinCölln 1640-1688. Berlin 1997.
Baldinger
Berlin-Cölln 2
Ernst Gottfried Baldinger: Biographien jetztlebender Ärzte und Naturforscher in und außer Deutschland. 1 Bd. in 4 Stücken. Jena 1768-71.
Lothar N o a c k / J ü r g e n Splett: Bio-Bibliographien. Brandenburgische Gelehrte der Frühen Neuzeit BerlinCölln 1688-1713. Berlin 2000.
Banse
Bern Bio
Ewald Banse: Große Forschungsreisende. Ein Buch von Abenteurern, Entdeckern und Gelehrten. München 1933.
Sammlung bernischer Biographien. 5 Bde., Bern 18841906.
Baumeister
Persönlichkeit und Politik in der B R D . Politische Porträts. Hrsg. v. Walther L. Bernecker und Volker Dotterweich. 2 Bde., Göttingen 1982.
Baumeister, Architekten, Stadtplaner. Biographien zur baulichen Entwicklung Berlins. Hrsg. v. Wolfgang Ribbe und Wolfgang Schäche. Berlin 1987.
Baur Samuel Baur: Allgemeines historisches Handwörterbuch aller merkwürdigen Personen, die in dem letzten Jahrzehend des 18. Jahrhunderts gestorben sind. Ulm 1803.
Bavarias Töchter Marita A. Panzer/Elisabeth Plößl: Bavarias Töchter. Regensburg 1997.
Bayer Senat Der Bayerische Senat. Biographisch-statistisches Handbuch 1947-1997. Bearb. v. Helga Schmöger. Düsseldorf 1998.
BBHS Bio-bibliographisches Handbuch zur Sprachwissenschaft des 18. Jahrhunderts. Die Grammatiker, Lexikographen und Sprachtheoretiker des deutschsprachigen R a u m s mit Beschreibungen ihrer Werke. Hrsg. v. Herbert E. Brekle, Edeltraud Dobnig-Jülch, Hans Jürgen Höller und Helmut Weiß. Tübingen 1992 ff.
BBKL Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon. Begründet und hrsg. v. Friedrich Wilhelm Bautz. Fortgeführt v. Traugott Bautz. H a m m (später Herzberg, Nordhausen) 1970 ff.
BBL Brandenburgisches Biographisches Lexikon. Hrsg. v. Friedrich Beck, Eckart Henning u. a. Berlin 2002.
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Bernecker
Beyer Große Deutsche im Ausland. Hrsg. v. Hans Joachim Beyer und Otto Lohr. Stuttgart 1939.
BHdAD Biographisches Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes 1871-1945. Hrsg.: Auswärtiges Amt, Historischer Dienst; Maria Keipert, Peter Grupp. Paderborn u.a. 2000ff.
BHdE Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933/International Biographical Dictionary of Central European Emigres 1933-1945. Hrsg. vom Institut für Zeitgeschichte München und von der Research Foundation for Jewish Immigration. Unter der Gesamtleitung v. Werner Röder und Herbert A. Strauss. 2 Bde. in 3 Teilen, Gesamtregister, München u . a . 1980-83.
BHdP Biographisches Handbuch der deutschen Politik, Bearb. v. Bruno Jahn. 2 Bde., München 2004. BHE Biographisches Handwörterbuch der Erwachsenenbildung. Erwachsenenbildner des 19. und 20. Jahrhunderts. Hrsg. v. Günther Wolgast und Joachim H. Knoll. Stuttgart, Bonn 1986.
BHöP Biographisches Handbuch des österreichischen Parlaments 1918-1998. Hrsg. von der Parlamentsdirektion. Wien 1998 (siehe auch http: / www.parlament.gv.at).
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur BHR
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Biographisches Handbuch der Reichsrätekongresse 1 9 1 8 / 1 9 . Bearb. v. Sabine Roß. Düsseldorf 2000.
Bonner Gelehrte. Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in Bonn. Bd. 1: Evangelische Theologie. = 150 Jahre Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn 1818-1968. Bd. 2,1. Bonn 1968.
Biermann Kurt-R. Biermann: Die Mathematik und ihre Dozenten an der Berliner Universität 1810-1933. Stationen auf d e m Wege eines mathematischen Zentrums von Weltgeltung. Berlin 1988.
Biogr bed Dortmunder Biographien bedeutender Dortmunder. Menschen in, aus und für Dortmund. Im Auftrag des Historischen Vereins für Dortmund und die Grafschaft Mark e . V . hrsg. v. Hans B o h r m a n n . 3 Bde., Dortmund 1994-
2001. Biogr Jahrb Biographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog. Hrsg. v. Bruno Bettelheim. Jg. 1-18. Berlin 1897-13.
Biogr Lex Aargau Biographisches Lexikon des Aargaus 1803-1957. Hrsg. v. Otto Mittler und Georg Boner. Aarau 1958.
Biogr Lex Banat A d a m Peter Petri: Biographisches Lexikon des Banater Deutschtums. Marquartstein 1992.
Biogr Lex Böhmen Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. Hrsg. v. Ferdinand Seibt. 4 Bde., München 1979-2003.
Biogr Lex KV Siegfried Koß/Wolfgang Lohr (Hrsg.): Biographisches Lexikon des KV. 6 Tie., Schernfeld 1991-2000.
Biogr Lex Oberöst Biographisches Lexikon von Oberösterreich. Bearb. v. Martha Khil. Hrsg. v. Institut für Landeskunde. 9 Tie., Linz 1955-68.
Biogr Verstarb Schweiz Biographisches Lexikon verstorbener Schweizer. In memoriam. Bd. 1-8. Basel 1947-82.
Bischöfe Basel
Bonn 2 Bonner Gelehrte. Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in Bonn. Bd. 2: Katholische Theologie = 150 Jahre Rheinische Friedrich-Wilhelm-Universität zu Bonn 1818-1968. Bd. 2,2. Bonn 1968.
Bonn 3 Bonner Gelehrte. Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in Bonn. Bd. 3: Staatswissenschaften = 150 Jahre Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn 1818-1968. Bd. 2,3. Bonn 1969.
Bonn 4 Bonner Gelehrte. Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in Bonn. Bd. 4: Philosophie und Altertumswissenschaften = 150 Jahre Rheinische FriedrichWilhelms-Universität zu Bonn 1818-1968. Bd. 2,4. Bonn 1968.
Bonn 5 Bonner Gelehrte. Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in Bonn. Bd. 5: Geschichtswissenschaften = 150 Jahre Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn 1818-1968. Bd. 2,5. Bonn 1968.
Bonn 6 Bonner Gelehrte. Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in Bonn. Bd. 6: Landwirtschaftswissenschaften = 150 Jahre Rheinische-Friedrich-WilhelmsUniversität zu Bonn 1818-1968. Bd. 2,6. Bonn 1971.
Bonn 8 Bonner Gelehrte. Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in Bonn. Bd. 8: Mathematik und Naturwissenschaften = 150 Jahre Rheinische FriedrichWilhelms-Universität zu Bonn 1818-1968. Bd. 2,8. Bonn 1970.
Bosse
Urban Fink (Hrsg.): Die Bischöfe von Basel 1794-1995. 2., durchges. und korrigierte Aufl. Freiburg, Schweiz 1996.
Baltische Köpfe. 24 Lebensbilder aus acht Jahrhunderten deutschen Wirkens in baltischen Landen. Hrsg. v. Heinrich Bosse und Arved Frh. von Taube. Bovenden 1953.
Bleibrunner
Braune Elite 1
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Die braune Elite. 22 biographische Skizzen. Hrsg. v. Romuald Smelser und Rainer Zitelmann. Darmstadt 1989.
BLGbL Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. Hrsg. v. Ferdinand Seibt, Heribert S t u r m u . a . M ü n c h e n 1979 ff.
BLW Biographisches Lexikon zur Weimarer Republik. Hrsg. v. Wolfgang Benz und Hermann Graml. M ü n c h e n 1988.
Böhm Wolfgang B ö h m : Biographisches Handbuch zur Geschichte des Pflanzenbaus. M ü n c h e n 1997.
Börner Friedrich Börner: Nachrichten von den vornehmsten Lebensumständen und Schriften jetzt lebender Ärzte in und um Deutschland. 3 Bde. [nebst] Ergänzung. Wolfenbüttel 1749-73.
Böttcher Lexikon deutschsprachiger Schriftsteller. 20. Jahrhundert. Hrsg. v. Kurt Böttcher u. a. = Lexikon deutschsprachiger Schriftsteller. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Bd. 2. Hildesheim, Zürich, N e w York 1993.
Braune Elite 2 Die braune Elite II. 21 weitere biographische Skizzen. Hrsg. v. Romuald Smelser und Rainer Zitelmann. Darmstadt 1993.
Brauneder Juristen in Österreich 1200-1980. Hrsg. v. Wilhelm Brauneder. Wien 1987.
Braunschweig 1 Braunschweigisches Biographisches Lexikon. 8. bis 18. Jahrhundert. Hrsg. v. Horst-Rüdiger Jarck u. a. Braunschweig 2006.
Braunschweig 2 Braunschweigisches Biographisches Lexikon. 19. und 20. Jahrhundert. Hrsg. v. Horst-Rüdiger Jarck und Günter Scheel. Hannover 1996.
Breitner Beiträge zur österreichischen Musik der Gegenwart. D o k u m e n t e zu Leben und Werk zeitgenössischer Komponisten. Bearb. v. Karin Breitner u . a . Tutzing 1992. XV
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Brem Bio 1
BWB
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Baden-Württembergische Biographien. Im Auftrag der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg hrsg. v. Bernd Ottnad. Stuttgart 1994 ff.
Brem Bio 2 Bremische Biographie 1912-1962. Bearb. v. Wilhelm Lührs. Bremen 1969.
Bremerhaven Hartmut Bickelmann (Hrsg.): Bremerhavener Persönlichkeiten aus vier Jahrhunderten. Ein biographisches Lexikon. 2., erw. und korr. Aufl. Bremerhaven 2003.
Casdorff Demokraten. Profile unserer Republik. Hrsg. v. Claus Hinrich Casdorff. K ö n i g s t e i n / T a u n u s 1983.
Cat Prof Hai http://www.catalogus-professorum-halensis.de
Brinker-Gabler 1
Cat Prof Marb
Deutsche Dichterinnen vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Hrsg. v. Gisela Brinker-Gabler. Frankfurt/ Main 1978.
Catalogus Professorum Academiae Marburgensis. Die akademischen Lehrer der Philipps-Universität in Marburg. Bd. 2: Von 1911 bis 1971. Bearb. v. Inge Auerbach. Marburg 1979.
Brinker-Gabler 2 Gisela B r i n k e r - G a b l e r / K a r o l a L u d w i g / A n g e l a W ö f f e n : Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen 18001945. M ü n c h e n 1986.
Brischar Johann N e p o m u k Brischar: Die katholischen Kanzelredner Deutschlands seit den drei letzten Jahrhunderten. Als Beitrag zur Geschichte der deutschen Kanzelberedsamkeit, sowie als Material zur praktischen Benützung für Prediger. 5 Bde., Schaffhausen 1867-71.
Bromberg T h o m a s Gey: Die preußische Verwaltung des Regierungsbezirks Bromberg 1871-1920. K ö l n / B e r l i n 1976.
Brun Schweizerisches Künstler-Lexikon. Hrsg. v. Carl Brun. 4 Bde., Frauenfeld 1905-17.
Buchkunst
Ceramic Arts W h o ' s who in contemporary ceramic arts. A comprehensive bio-bibliographical guide to Austria, G e r m a n y , Switzerland. M ü n c h e n 1996.
CH 91 Schweizer Lexikon 91 in 6 Bänden. Luzern
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Christi Demokr Christliche Demokraten gegen Hitler. Aus Verfolgung und Widerstand zur Union. Hrsg. v. Günter Buchstab, Brigitte Kaff und Hans-Otto Kleinmann. Freib u r g / B r e i s g a u u . a . 2004.
Christi Phil Christliche Philosophie im katholischen Denken des 19. und 20. Jahrhunderts. Hrsg. v. Emerich Coreth, Walter M. Neidl und Georg Pfligersdorffer. 3 Bde., Graz u . a . 1987-90.
Gunter Quarg / Wolfgang Schmitz: Deutsche Buchkunst im 20. Jahrhundert. Katalog zur Ausstellung anläßlich des 75jährigen Bestehens der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln vom 19. Juni bis 5. August 1995. Köln 1995.
Christoph
Buck
Cinegraph. Lexikon zum deutschsprachigen Film. Hrsg. v. Hans-Michael Bock. Loseblatt-Ausgabe. M ü n c h e n 1984 ff.
Friedrich Johann Buck: Lebensbeschreibungen der verstorbenen preußischen Mathematiker überhaupt und des vor mehr denn hundert Jahren verstorbenen großen Preußischen Mathematikers P. Christian Otters insbesondere. Königsberg / Leipzig 1764.
Budke Petra B u d k e / J u t t a Schulze: Schriftstellerinnen in Berlin 1871 bis 1945. Ein Lexikon zu Leben und Werk. Berlin 1995.
Burg Paul Burg: Forscher, Kaufherrn und Soldaten. Deutschlands Bahnbrecher in Afrika in kurzen Lebensbildern dargestellt. Leipzig 1936.
Burschenschaft Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Im Auftrag der Gesellschaft f ü r Burschenschaftliche Geschichtsforschung e . V . ( G f b G ) hrsg. v. Christian Hünemörder. 6 Bde., Heidelberg 1996 ff.
Bursian Biographisches Jahrbuch für die Altertumswissenschaften. (Jg. 56 ff: Jahresbericht über die Fortschritte der klassischen Altertumswissenschaften. 4. Abt.: Nekrologe). Hrsg. v. Conrad Bursian. Jg. 1-70. Berlin / L e i p z i g 1878-1944.
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Sie gehören zu uns. Von Glatzer Heimatpriestern. Hrsg. v. Leo Christoph. Reinbek 1969.
Cinegraph
Coesfeld Erwin Dickhof: Coesfelder Biographien. Münster 2002.
Czeike Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien in 6 Bänden. Wien 1992-2004.
Dawson Warren Royal D a w s o n / E r i c Parrington Uphill: W h o was who in Egyptology. 2., rev. ed. London 1972.
DBJ Deutsches Biographisches Jahrbuch. Hrsg. v. Hermann Christern. Überleitungsband 1-2. Bd. 3-5 und 10-11. Berlin 1914 ( 1 9 2 5 ) - 1 9 2 9 (1932).
DDR Wer war wer in der D D R ? Ein Lexikon ostdeutscher Biographien. Hrsg. v. Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter H o f f m a n n und Andreas Herbst. Unter Mitarbeit v. Olaf W . Reimann. 4., durchgesehene und aktualisierte Aufl. Berlin 2006.
DDR-Historiker Lothar Mertens: Lexikon der DDR-Historiker. München
2006.
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Degener
Dippold
Wer ist's? Unsere Zeitgenossen, enthaltend Biographien und Bibliographien. Zusammengestellt v. H e r m a n n A. L. Degener [teilweise unter dem Titel: Wer ist's? Unsere Zeitgenossen, 10. Ausgabe unter dem Titel: Degeners Wer ist's? Begr. und hrsg. v. Herrmann A. L. Degener]. 10 Ausgaben, B e r l i n / L e i p z i g 1905-35.
Günter Dippold: Staffelsteiner Lebensbilder. Zur 1200Jahrfeier der Stadt Staffelstein. Staffelstein 2000.
Deichmann 1 Ute Deichmann: Biologen unter Hitler. Vertreibung, Karrieren, Forschung. F r a n k f u r t / M a i n , N e w York 1992.
Deichmann 2 Ute Deichmann: Flüchten, Mitmachen, Vergessen. Chemiker und Biochemiker in der NS-Zeit. Weinheim u . a .
2001.
DLL Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisch-bibliographisches Handbuch. Begr. v. Wilhelm Kosch. 2., vollständig neu bearb. und stark erw. Aufl. 4 Bde., Bern 1949-58. 3., völlig neu bearb. Aufl. Hrsg. v. Bruno Berger und Heinz Rupp. Ab Bd. 6. hrsg. v. Carl Ludwig Lang und Heinz Rupp. A b Bd. 16 hrsg. v. Hubert H e r k o m m e r und Carl Ludwig Lang. Ab Bd. 20 hrsg. v. Hubert H e r k o m m e r und Konrad Feilchenfeldt. B e r n / M ü n c h e n 1968 ff. 6 Erg.Bde., hrsg. v. Hubert H e r k o m m e r und Carl L u d w i g Lang. B e r n / M ü n c h e n 1994-98.
Demokr Wege
DLL, 20. Jh.
Demokratische Wege. Deutsche Lebensläufe aus fünf Jahrhunderten. Hrsg. v. M a n f r e d Asendorf und Rolf von Bockel. S t u t t g a r t / W e i m a r 1997.
Biographisches-bibliographisches Handbuch. Begr. v. Wilhelm Kosch. Hrsg. v. Carl-Ludwig Lang, ab Bd. 2 v. Konrad Feilchenfeldt. M ü n c h e n / B e r n 2000 ff.
Designers
Doderer
Sara Pendergast (Hrsg.): Contemporary Designers. Detroit u.a. 3 1997.
Klaus Doderer (Hrsg.): Lexikon der Kinder- und Jugendliteratur. 3 Bde. und Erg.-Bd. Weinheim u.a. 1975-82.
Deutschbalt biogr Lex
Döring: Kanzelredner
Deutschbaltisches biographisches Lexikon 1710-1960. Im A u f t r a g e der Baltischen Historischen Kommission begonnen v. Olaf Welding ( t ) und unter Mitarbeit v. Erik Amburger und Georg von Krusenstjern hrsg. v. Wilhelm Lenz. Nachdr. Wedemark 1998 (erste Aufl. Köln 1970).
Heinrich Johann Michael Döring: Die deutschen Kanzelredner des 18. und 19. Jahrhunderts. Nach ihrem Leben und Wirken dargestellt. Neustadt/Orla 1830.
Deutsche Buch Deutsche Buchhändler: 24 Lebensbilder führender
Döring: Theol Heinrich Johann Michael Döring: Die gelehrten Theologen Deutschlands im 18. und 19. Jahrhundert. Nach ihrem Leben und Wirken dargestellt. 4 Bde., Neus t a d t / O r l a 1831-35.
M ä n n e r des Buchhandels. Hrsg. v. Gerhard Menz.
DSB
Leipzig / Stuttgart 1925.
Dictionary of Scientific Biography. Ed. by Charles C. Gillispie. 16 Bde. Suppl.-Bde. 17-18. hrsg. v. Frederic L. Holmes. N e w York 1970-90.
Deutsche Irr Deutsche Irrenärzte. Einzelbilder ihres Lebens und Wirkens. Hrsg. v. T h e o d o r Kirchhoff. 2 Bde., Berlin 1921-24.
Deutsche Presseverl Deutsche Presseverleger des 18. bis 20. Jahrhunderts. Hrsg. v. Heinz-Dietrich Fischer. Pullach 1975.
Dichterärzte Wilhelm Theopold: Doktor und Poet dazu. Dichterärzte aus sechs Jahrhunderten. 2. Aufl. M a i n z 1987.
Dick Jüdische Frauen im 19. und 20. Jahrhundert. Lexikon zu Leben und Werk. Hrsg. v. Jutta Dick und Marina Sassenberg. Reinbek bei Hamburg 1993.
Dickmann Barrieren und Karrieren. Die A n f ä n g e des Frauenstudiums in Deutschland. Dokumentationsband der Konferenz "100 Jahre Frauen in der Wissenschaft" im Februar 1997 an der Universität Bremen. Hrsg. v. Elisabeth Dickmann und Eva Schöck-Quinteros unter Mitarbeit von Sigrid Dauks. Berlin 2 2002.
Diet Art The Dictionary of Art. Ed. by Jane Turner. 34 Bde., L o n d o n / N e w York 1996.
Diestelkamp Juristen an der Universität Frankfurt am Main. Hrsg. v. Bernhard Diestelkamp und Michael Stolleis. Baden-Baden 1989.
Dilly Altmeister moderner Kunstgeschichte. Hrsg. v. Heinrich Dilly. Berlin 1990.
DSL Deutsches Schriftsteller-Lexikon 1830-1880. Goedekes Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung. Forsetzung. Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen A k a d e m i e der Wissenschaften. Bearb. v. Herbert Jacob. Berlin 1995.
Dt Dichter 17. Jh. Deutsche Dichter des 17. Jahrhunderts. Ihr Leben und Werk. Hrsg. v. Harald Steinhagen und B e n n o von Wiese. Berlin 1984.
Dt jüd Architekten M y r a Warhaftig: Deutsche jüdische Architekten vor und nach 1933 - Das Lexikon. 500 Biographien. Berlin 2005.
Dt Kommunisten Hermann W e b e r / A n d r e a s Herbst: Deutsche K o m m u n i sten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945. Berlin 2004.
Dt Künstlerinnen Ulrika Evers: Deutsche Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Malerei, Bildhauerei, Tapisserie. Hamburg 1983.
Dt Musikkultur Lexikon zur deutschen Musikkultur. Böhmen, Mähren, Sudetenschlesien. Hrsg. vom Sudetendeutschen Musikinstitut. 2 Bde., München 2000.
Dt Presse Bruno Jahn (Bearb.): Die deutschsprachige Presse. Ein biographisch-bibliographisches Handbuch. 2 Bde., München 2005.
xvii
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Eberl /Marcon
Exilforschung
150 Jahre Promotion an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen. Biographien der Doktoren, Ehrendoktoren und Habilitierten 1830-1980 (1984). Bearb. v. I m m o Eberl und Helmut Marcon. Stuttgart 1984.
Exilforschung. Ein internationales Jahrbuch. Hrsg. im Auftrag der Gesellschaft für Exilforschung. München 1983 ff.
Eberle Henrik Eberle: Die Martin-Luther-Universität in der Zeit des Nationalsozialismus 1933-1945. Halle 2002.
Exiltheater Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933-1945. Hrsg. v. Frithjof Trapp, Werner Mittenzwei, Henning Rischbieter und Hansjörg Schneider. 2 Bde., M ü n c h e n 1999.
Ehlert/Wagner
Färber
Genösse General! Die Militärelite der D D R in biografischen Skizzen. Hrsg. v. Hans Ehlert und Armin Wagner. Berlin 2003.
Bedeutende Oberpfälzer. Hrsg. v. Sigfrid Färber. Regensburg 1981.
Ehrlich: Geiger
Gelehrten- und Schriftsteller-Lexikon der deutschen Katholischen Geistlichkeit. Hrsg. v. Franz Karl Felder und Franz Joseph Waitzenegger. 3 Bde., Landshut 1817-22.
A. Ehrlich [d.i. Albert Payne]: Berühmte Geiger der Vergangenheit und Gegenwart. Leipzig 1893.
Ehrlich: Säng A. Ehrlich [d.i. Albert Payne]: Berühmte Sängerinnen der Vergangenheit und Gegenwart. Leipzig 1895.
Eichsfeld Gestalten des Eichsfeldes. Ein biographisches Lexikon. Bearb. v. T h o m a s T. Müller und Bernhard Opfermann. 2., erw. und bearb. Aufl. Heiligenstadt 1999.
Eisenberg: Bühne Ludwig Eisenberg: Großes Biographisches Lexikon der deutschen Bühne im 19. Jahrhundert. Leipzig 1903.
Felder
Feilerer Rheinische Musiker. Hrsg. v. Karl Gustav Feilerer (6 ff.: Dietrich Kämper). 1 .-9. Folge = Beiträge zur rheinischen Musikgeschichte. H. 4 3 ff. Köln 1972-81.
Fellner Fritz Fellner/Doris A. Corradini: Österreichische Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert. Ein biographisch-bibliographisches Lexikon. Wien u . a .
2006.
ELThG
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Reber
Die Protokolle des Preußischen Staatsministeriums 18171934/38. Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen A k a d e m i e der Wissenschaften unter der Leitung von Jürgen Kocka und Wolfgang Neugebauer. 12 Bde., Hildesheim u . a . 1999-2004.
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Preuß Staatsrat Der Preußische Staatsrat 1921-1933. Ein biographisches Handbuch. Mit einer Dokumentation der im „Dritten Reich" berufenen Staatsräte. Bearb. v. Joachim Lilla. Düsseldorf 2005.
Priesdorff Kurt Priesdorff: Soldatisches Führertum. 10 Bde., Hamburg 1937-42.
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Recktenwald Geschichte der politischen Ökonomie. Eine Einführung in Lebensbildern. Hrsg. v. Horst Claus Recktenwald. Stuttgart 1971.
Refardt Edgar Refardt: Historisch-biographisches Musikerlexikon der Schweiz. L e i p z i g / Z ü r i c h
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Regensburg B e r ü h m t e Regensburger. Lebensbilder aus zwei Jahrzehnten. Hrsg. v. Karlheinz Dietz und Gerhard H. Waldherr. Regensburg 1997.
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur RegPräs Obb
Rubner
Regierungspräsidenten von Oberbayern im 19. und 20. Jahrhundert. Hrsg. v. Stephan Deutinger, KarlUlrich Gelberg und Michael Stephan. München 2005.
Heinrich Rubner: Hundert bedeutende Forstleute Bayerns (1875 bis 1970). M ü n c h e n 1994 (Mitteilungen aus der Staatsforstverwaltung Bayern, 47).
Reichshandbuch
Sachs Biogr
Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft. Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild. 2 Bde., Berlin 1 9 3 0 / 3 1 .
Sächsische Biografie. Hrsg. vom Institut f ü r Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. Wissenschaftliche Leitung: Martina Schattkowsky. Online-Ausgabe: http://www.isgv.de/saebi/.
Reinalter Biographisches Lexikon zur Geschichte der demokratischen und liberalen Bewegungen in Mitteleuropa. Bd. 1: 1770-1800. Hrsg. v. Helmut Reinalter, Axel Kuhn und Alin Ruiz. F r a n k f u r t / M a i n u . a . 1992. Bd. 2.1. Hrsg. v. Helmut Reinalter. F r a n k f u r t / M a i n u . a . 2005.
Sachs Pari
Rektoren Rostock
Sarkowicz
Die Rektoren der Universität Rostock 1419-2000. Hrsg. v. Angela Hartwig und Tilmann Schmidt. Rostock 2000.
Renkhoff Otto Renkhoff: Nassauische Biographie. Kurzbiographien aus 13 Jahrhunderten. 2., vollst. Überarb. und erweit. Aufl. = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau. Bd. 39. Wiesbaden 1992.
RGG Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. 3., völlig neu bearb. Aufl. Hrsg. v. Kurt Galling in Gemeinschaft mit Hans Frh. von Campenhausen, Erich Dinkier, Gerhard Gloege und Knud E. L0gstrup. 6 Bde., Registerband. Tübingen 1957-65. Religion in Geschichte und Gegenwart. 4., völlig neu bearb. Aufl. Hrsg. v. Hans Dieter Betz, Don S. Browning, Bernd Janowski und Eberhard Jüngel. 8 Bde., Tübingen 1998-2005.
Sächsische Parlamentarier 1869-1918. Die Abgeordneten der II. K a m m e r des Königreichs Sachsen im Spiegel historischer Photographien. Ein biographisches Handbuch. Bearb. v. Elvira Döscher und Wolfgang Schröder. Düsseldorf 2001. Hans S a r k o w i c z / A l f Mentzer: Literatur in NaziDeutschland. Ein biografisches Lexikon. Erweiterte Neuausgabe. H a m b u r g / W i e n 2002.
Saupe Emil Saupe: Deutsche Pädagogen der Neuzeit. Ein Beitrag zur Geschichte der Erziehungswissenschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts. 5. und 6. Aufl. Osterwieck 1927.
SBZ/DDR Biographisches Handbuch S B Z / D D R 1945-1990. Hrsg. v. Gabriele Baumgartner und Dieter Hebig. 2 Bde., München u.a. 1996/97.
Schäfer Karl T. Schäfer: Verfassungsgeschichte der Universität Bonn 1818 bis 1960. Bonn 1968.
Schärl Walter Schärl: Die Zusammensetzung der bayerischen Beamtenschaft von 1806 bis 1918. Kallmünz 1955.
Rhein-Westf Wirt
Schaffhauser Biogr
Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsbiographien. Münster 1931/32 ff.
Schaffhauser Biographien des 18. und 19. Jahrhunderts (ab Bd. 5: Schaffhauser Biographien). Hrsg. v. Historischen Verein des Kantons Schaffhausen. Thayngen 1956 ff.
Richarz Bürger auf Widerruf. Lebenszeugnisse deutscher Juden 1780-1945. Hrsg. v. Monika Richarz. München 1989.
Ridder Bernhard Ridder: Männer des Kolpingwerkes. Lebensbilder aus der hundertjährigen Geschichte des Kolpingwerkes. Köln 1955.
Roeseier
Schein Christen zwischen Niederrhein und Eifel. Lebensbilder aus zwei Jahrhunderten. Hrsg. v. Karl Schein. 3 Bde., Aachen / M ö n c h e n g l a d b a c h 1993.
Schlesische Kirche
Albrecht Roeseier: Große Geiger unseres Jahrhunderts. München/Zürich 1987.
Schlesische Kirche in Lebensbildern. Hrsg. v. Johannes Gröger, Joachim Köhler und Werner Marschall. Sigmaringen 1992.
Rößler/ Franz
Schlichtegroll 1
Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begr. v. Hellmuth Rössler und Günther Franz. 2., völlig neu bearb. und stark erw. Aufl. Bearb. v. Karl Bosl, Günther Franz und Hanns Hubert Kaufmann. 3 Bde., München 1973-75, Nachdr. 1995.
Rötger Nekrolog für Freunde deutscher Literatur. Hrsg. v. Gotthilf Sebastian Rötger. 4 Bde., Helmstedt 1796-99.
Romanisten Deutsche und österreichische Romanisten als Verfolgte des Nationalsozialismus. Hrsg. v. Hans Helmut Christmann und Frank-Rutger Hausmann Bd. 10. Tübingen 1989.
Romeyk Horst Romeyk: Die leitenden staatlichen und k o m m u n a len Verwaltungsbeamten der Rheinprovinz 1816-1945. Düsseldorf 1994.
Friedrich Schlichtegroll: Nekrolog auf das Jahr . . . l.-l 1 - Jg. Gotha 1791-1806.
Schlichtegroll 2 Nekrolog der Teutschen für das 19. Jahrhundert. Hrsg. v. Friedrich Schlichtegroll. 5 Bde., Gotha 1802-06.
Schmaling Paul Schmaling: Künstlerlexikon Hessen-Kassel 17772000. Mit den Malerkolonien Willinghausen und Kleinsassen. Kassel 2001.
Schmersahl Elias Friedrich Schmersahl: Geschichte jetzt lebender Gottesgelehrten. 1 Band in 8 Stücken. Langensalza 1751-55.
Schmidt Ernst Wilhelm Schmidt: M ä n n e r der Deutschen Bank und der Disconto-Gesellschaft. Düsseldorf 1957.
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Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Schmidt-Liebich
Seidler
Jochen Schmidt-Liebich: Lexikon der Künstlerinnen 1700-1900. Deutschland, Österreich, Schweiz. München 2005.
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Schmöckel Die Juristen der Universität Bonn im „Dritten Reich". Hrsg. v. Mathias Schmöckel. Köln u . a . 2004.
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Scholz Ärzte in Ost- und Westpreußen. Leben und Leistung seit d e m 18. Jahrhundert. Hrsg. v. Harry Scholz und Paul Schroeder = Ostdeutsche Beiträge aus dem Göttinger Arbeitskreis. Bd. 48. Würzburg 1970.
Schröder Wilhelm Heinz Schröder: Sozialdemokratsche Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 18671933. Biographien - Chronik - Wahldokumentation. Ein Handbuch. Düsseldorf 1995.
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Siemens Ernst F e l d t k e l l e r / H e r b e r t Goetzeler (Hrsg.): Pioniere der Wissenschaft bei Siemens. Beruflicher Werdegang und wichtigste Ergebnisse. Erlangen 1994.
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Sigerist
Wilhelm Schulte: Westfälische Köpfe: 300 Lebensbilder bedeutender Westfalen. Biographischer Wegweiser. Münster 1963.
Henry E. Sigerist: Große Ärzte. Eine Geschichte der Heilkunde in Lebensbildern. 2., verm. Aufl. München 1931.
Schultheß
Sinzheimer
Schweizer Juristen der letzten hundert Jahre. Hrsg. v. Hans Schultheß. Zürich 1945.
Hugo Sinzheimer: Jüdische Klassiker der deutschen Rechtswissenschaft. A m s t e r d a m 1938.
Schulz Große Berliner aus dem Osten. Bearb. v. Wolfgang Schulz und Gisela Höhle. Berlin 1987.
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Schweizer Pioniere Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik. Hrsg. vom Verein für wirtschaftshistorische Studien. 81 Bde., Zürich, ab Bd. 47 Meilen 1955-2005. XXX
Slapnicka Harry Slapnicka: Oberösterreich - Die politische Führungsschicht. 1918 bis 1938. Linz 1976.
Smelser Ronald S m e l s e r / E n r i c o Syring (Hrsg.): Die SS: Elite unter d e m Totenkopf. 30 Lebensläufe. 2., durchgesehene und aktualisierte Aufl. Paderborn u . a . 2003.
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Rotraut Sutter: Siebenbürger Sachsen in Österreichs Vergangenheit und Gegenwart. Eine Auswahl. Innsbruck 1976.
Trierer Biographisches Lexikon. Gesamtbearbeitung: Heinz Monz. Koblenz 2000.
Spenkuch
Techniker
Hartwin Spenkuch: Das Preußische Herrenhaus. Adel und Bürgertum in der Ersten K a m m e r des Landtages 1854-1918. Düsseldorf 1998.
Biographien bedeutender Techniker, Ingenieure und Technikwissenschaftler. Eine S a m m l u n g von Biographien. Hrsg. v. Gerhard Banse und Siegfried Wollgast. Berlin 1983.
Stadler Friedrich Stadler: Studien zum Wiener Kreis. Ursprung, Entwicklung und Wirkung des logischen Empirismus im Kontext. F r a n k f u r t / M a i n 1997
Stadtlex Augsburg Augsburger Stadtlexikon. 2., völlig beu bearb. und erheblich erw. Aufl. Hrsg. v. Günther Grünsteudel, Günter Hagele und Rudolf Frankenberger. Augsburg 1998.
Stadtlex Dresden Folke S t i m m e l / R e i n h a r d t E i g e n w i l l / H e i n z Glods c h e i / W i l f r i d H a h n / E b e r h a r d Stimmel / R a i n e r Tittmann: Stadtlexikon Dresden A-Z. 2., Uberarb. Aufl. Dresden 1998.
Stadtlex Erlangen Erlanger Stadtlexikon. Hsrg. v. Christoph Friedrich, Bertold Frh. v. Haller und Andreas Jakob. Nürnberg
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Michael Stolleis: Juristen. Ein biographisches Lexikon. München 1995.
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xxxiii
Abkürzungsverzeichnis
Abt. a. d. AG a. o. Prof. apl. Prof. a. St. AT Aufl. Ausg.
Abteilung an dem, an der, auf der Aktiengesellschaft außerordentlicher Professor außerplanmäßiger Professor alter Stil Altes Testament Auflage Ausgabe
b. BBC Bd., Bde. Bearb. bearb. bes. Bez. Bibliogr. Biogr. BRD bzw.
bei British Broadcasting Corporation Band, Bände Bearbeiter(in) bearbeitet besonders Bezirk Bibliographie Biographie Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise
ca. CDU CSU Cty.
circa Christlich Demokratische Union Christlich-Soziale Union in Bayern County
d. Ä. dän. dass. DDR DEK dems. Dep. ders. d. Gr. dies. Diss. d. J. dt.
der (die) Ältere dänisch dasselbe Deutsche Demokratische Republik Deutsche Evangelische Kirche demselben Departement derselbe der (die) Große dieselbe(n) Dissertation der (die) Jüngere deutsch
ebd. ed. e. h. eigentl. EKD EKU engl. erw. ΕΤΗ e. V. evang. f., ff.
xxxiv
ebenda edited ehrenhalber eigentlich Evangelische Kirche in Deutschland Evangelische Kirche der Union englisch erweitert Eidgenössische Technische Hochschule eingetragener Verein evangelisch folgende Seite(n), folgendes (folgende) Jahre
Faks. FDP Frfr. Frh. frz. geb. Gem. gest. Gestapo Gf. GmbH H. Habil. h. c. Hrsg. hrsg. Ing. Jg. Jh. kath. kgl. k. k. KPD Kr. Kt. k. u. k. lat. Lfg. lie. Lit. Ltd. luth. Nachdr. n. e. Neudr. N. F. Nr. NSDAP NT österr. ÖVP o. J. o. Prof. preuß. Prof. Prov. Pseud.
Faksimile Freie Demokratische Partei Freifrau Freiherr französisch geboren(e) Gemeinde gestorben Geheime Staatspolizei Graf Gesellschaft mit beschränkter Haftung Heft Habilitation honoris causa Herausgeber(in) herausgegeben Ingenieur Jahrgang Jahrhundert katholisch königlich kaiserlich-königlich Kommunistische Partei Deutschlands Kreis Kanton kaiserlich und königlich lateinisch Lieferung licentiatus Literatur Limited lutherisch Nachdruck nicht ermittelt Neudruck Neue Folge Nummer Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Neues Testament österreichisch Österreichische Volkspartei ohne Jahr ordentlicher Professor preußisch Professor(in) Provinz Pseudonym
Abkürzungsverzeichnis Red. rev. S. SA schweizer, SED sog. Sp. SPD SPÖ SS St. Suppl. TH Tl., Tie. trans, Tsd.
Redaktion revidiert, revised Seite Sturmabteilung schweizerisch Sozialistische Einheitspartei Deutschlands sogenannt Spalte Sozialdemokratische Partei Deutschlands Sozialdemokratische Partei Österreichs Schutzstaffel Sankt Supplement Technische Hochschule Teil, Teile translation, translated Tausend
TU
Technische Universität
u. a. Ubers. übers, Univ. u. ö. urspr. USPD
unter anderem, und andere Ubersetzer(in), Ubersetzung übersetzt Universität, University und öfter ursprünglich Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands
v. v. d. verb, verh. verm. veröff. verw. vgl. vorm.
von vor dem, vor der verbessert verheiratet vermehrt veröffentlicht verwitwet vergleiche vormals
ζ. B. ζ. T.
zum Beispiel zum Teil
xxxv
Abbildungsnachweis
akg-images Berlin Schutzumschlag, 266, 290, 295, 297, 299, 306, 339, 540, 541, 560, 569, 617, 626, 637, 766, 775, 792, 799, 827, 844, 847, SV-Bilderdienst
S. 107
S V - B i l d e r d i e n s t / J ü r g e n Bauer S V - B i l d e r d i e n s t / K n o r r + Hirth SV-Bilderdienst/Scherl
S. 357 S. 575
S. 509
S. 106, 3 9 5 , 4 9 6 , 5 0 5 , 5 6 5 , 5 9 2 , 6 2 8 , 8 3 3
ulistein bild / F r i e d r i c h
S. 115, 9 1 0
ulistein b i l d / H e l l g o t h
S. 292
ulistein b i l d / K e y s t o n e ulistein b i l d / K P A ulistein b i l d / T a p p e
S. 307
S. 351 S. 855
Ullstein b i l d / R o g e r Viollet
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15, 32, 117, 120, 141, 158, 168, 178, 180, 210, 222, 226, 238, 386, 400, 401, 404, 411, 442, 484, 512, 523, 532, 533, 536, 643, 656, 678, 705, 710, 716, 730, 743, 746, 761, 762, 764, 883, 901, 902
S. 689
SV-Bilderdienst/AP
Ullstein bild
S. 3, 373, 640, 857,
S. 301
s S c h l u m b e r g e r , Johann von, auch Jean de S., Industrieller, Politiker, * 2 3 . 2 . 1819 Mülhausen (Elsaß), t 13.9. 1908 Gebweiler (Elsaß). Nach längerem Aufenthalt in der Schweiz und Ausbildung in Lenzburg studierte S., Sohn eines Fabrikbesitzers, an der Ecole Centrale des Arts et des Manufactures in Paris und beschäftigte sich mit Jura und den Schönen Wissenschaften. Seit 1844 wieder in Gebweiler, übernahm er die Fabrik des Vaters. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 engagierte sich S. seit 1874 im elsässischen Landesausschuß und war bis 1903 dessen erster Präsident. Daneben befaßte er sich mit Geschichte, Altertumswissenschaft, Botanik und Entomologie und gab u. a. die Chronik des Klosters Schönensteinbach (1897) und Die Gebweiler Chronik des Dominikaners Seraphin Dietler (1898) heraus. 1900 wurde S. in den erblichen Adelsstand erhoben. S c h l u m b e r g e r , Otto, Biologe, Phytopathologe, * 5 . 5 . 1855 Wunsiedel (Oberfranken), t 18.7. 1958 Berlin. Nach d e m Studium der Naturwissenschaften an der T H Karlsruhe und der Univ. München wurde S. 1910 in München promoviert (Familienmerkmale der Cyatheaceen und Polypodiaceen und die Beziehungen der Gattung Woodsia und verwandter Arten zu beiden Familien). Bereits seit 1909 Assistent an der Kaiserlichen Biologischen Anstalt für Land- und Forstwirtschaft in Berlin, wurde er 1920 zum Regierungsrat, 1932 zum Oberregierungsrat ernannt. Seit 1945 war er Präsident der Zentralanstalt für Land- und Forstwirtschaft in Berlin-Dahlem (seit 1946 Prof.), 1949-52 der Biologischen Zentralanstalt Berlin in Kleinmachnow. Zunächst auf dem Gebiet der Kartoffelkrankheiten tätig, untersuchte er später den Einfluß mechanischer Beschädigungen der Kulturpflanzen auf Entwicklung und Ertrag. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Die Blattrollkrankheit und unsere Kartoffelernten (mit Otto —> Appel, 1911) und Hilfsbuch für die Hagelabschätzung (2 Tie., 1930-37, 2 1951). DP B ö h m S c h l u m b e r g e r , Theodor, Industrieller, Politiker, * 13.5. 1840 Mülhausen (Elsaß), t Februar 1917. S., Sohn eines Fabrikanten, studierte 1857 in Paris Mathematik und 1858-61 an der dortigen T H Mechanik. Nach einem Aufenthalt in England trat er als Ingenieur in die Firma des Vaters ein und wurde 1863 deren technischer Leiter. S. war Mitglied des Aufsichtsrats mehrerer elsässischer Textilfabriken, Banken und Straßenbahnunternehmen sowie Vorsitzender des elsässischen industriellen Syndikats und Mitglied der Handelskammer Mülhausen. Seit 1900 gehörte er für die Nationalliberalen dem Reichstag an. S c h l u m b e r g e r v o n G o l d e c k , Robert, österr. Wein- und Sektproduzent, * 2 1 . 5 . 1 8 7 4 Wien, t 3. 10.1944 Wien. S. v. G., Sohn eines Weinhändlers und Enkel von Robert —>S. v. G., studierte nach Praktika bei Firmen in Leipzig, London und Bordeaux 1906-10 Rechtswissenschaft an der Univ. Wien und trat 1910 in die Leitung der Weingroßhandlung August Schneider ein, die er 1916 erweiterte; 1923 wurde sie in eine Aktiengesellschaft, 1939 in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. 1932 übernahm er zusätzlich das unter Leitung des Bruders in wirtschaftliche
Schwierigkeiten geratene, dann liqudierte Stammhaus des Unternehmens, das nach dem Zweiten Weltkrieg von seinen Söhnen weitergeführt wurde. Die weinhistorische S a m m l u n g S. v. G.s bildete den Grundstock des Weinmuseums WienDöbling. Er veröffentlichte Weinhandel und Weinbau im Kaiserstaate Österreich 1804-1918 (1937). m ÖBL S c h l u m b e r g e r v o n G o l d e c k , Robert Alwin, Wein- und Sektproduzent, * 1 2 . 9 . 1 8 1 4 Stuttgart, t 13.7. 1879 Vöslau (Niederösterreich). S. v. G., Sohn eines höheren Beamten, arbeitete nach einer Lehre in einem Papierhandelsgeschäft und verschiedenen kurzfristigen Beschäftigungen sieben Jahre im Champagnerhaus Ruinart Pere & Fils in Reims, zuletzt als Betriebsleiter. 1843 ging er nach Vöslau, baute eine Schaumweinproduktion auf und gründete Filialen im Ausland. S. v. G., der als Begründer der österr. Schaumweinindustrie gilt, war auch Wegbereiter der österr. Weinwirtschaft; sein „Vöslauer Goldeck" ist die älteste registrierte österr. Weinmarke. Er war 1858-64 Mitglied des Gemeinderats, 1864-70 Bürgermeister von Vöslau und 1870-77 Mitglied der niederösterr. Handelsund Gewerbekammer. S. v. G. wurde 1879 nobilitiert. Er war Schwiegervater des Staatsmanns Paul —»Gautsch von Frankenthurn. DD Ö B L
S c h l u m s , Johannes (Rudolf), Straßenbauer, Verkehrsgestalter, * 3 . 8 . 1903 Leipzig, | 2 0 . 2 . 1980 Stuttgart. S., Sohn eines Lehrers, studierte 1922-26 Bauingenieurwesen an der T H Dresden, leitete als Assistent am Lehrstuhl für städtischen Tiefbau, Straßen- und Städtebau zahlreiche Sraßen- und Brückenbauten und wurde 1929 mit der Arbeit Landstraßenverkehr. Untersuchungen über Verkehrsgrößen, Bevölkerung, Fahrzeuge und Straßennetz und deren Beziehungen zueinander promoviert. 1938 habilitierte er sich in Dresden (Der Lastkraftwagenverkehr als ein Kriterium für die Wirtschaftsstruktur der Verkehrsgebiete) und wurde 1939 o . P r o f . für Straßenverkehrswesen an der T H Berlin. Nach 1945 mit der Verkehrsplanung befaßt, folgte er 1949 einem Ruf an die T H Hannover und lehrte seit 1961 als o . P r o f . für Straßen- und Verkehrswesen an der T H Stuttgart. S. entwickelte zusammen mit Hans Bretz 1951 das Berufsbild des Verkehrsingenieurs, arbeitete 1956 den ersten deutschen Generalverkehrsplan für die Stadt Osnabrück aus und empfahl 1957 den Bau von Stadtautobahnen, 1960 von Fußgängerzonen. S. war seit 1950 Mitglied der Deutschen A k a d e m i e für Städtebau und Landesplanung. DP N D B
S c h l u n d , Fidel, Politiker, * 1808 I m m e n s t a d t / A l l g ä u , t 2 . 4 . 1 8 8 2 Newark (New Jersey, USA). S. übernahm 1825 die väterliche Eisenhandlung in Immenstadt, wurde 1845 in die bayerische Abgeordnetenkammer gewählt und stieg während der Märzrevolution zum Führer der linksliberalen Kräfte im Allgäu auf. Er gründete den Volksverein (1848), den Märzverein (1849) und das Freikorps Immenstadt. Nach dem Sieg der Reaktion floh S. 1849 in die Schweiz, kehrte aber bald zurück und wurde wegen A u f r u f s zur B ü r g e r b e w a f f n u n g festgenommen. Nach der
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Schlunk Verbüßung von Haftstrafen in Kempten und Augsburg amnestiert, wanderte S. 1853 in die U S A aus. Dort kämpfte er im Bürgerkrieg auf der Seite der Nordstaaten.
Schlunk,
(Carl Albert) Martin, evang. Theologe, Missionswissenschaftler, * 6 . 1 0 . 1874 Calicut (Ostindien), t 18.2. 1958 Tübingen. Der Kaufmannssohn besuchte das G y m n a s i u m in Brandenb u r g / H a v e l , studierte in Berlin und Halle Theologie und versah 1903-08 die Pfarrgemeinde Bottschow in der Neumark. 1910 wurde er Inspektor der Norddeutschen Missionsgesellschaft in Bremen und 1913 Leiter der Organisation in Hamburg mit Lehrauftrag an der Univ. Kiel. 1924-46 war S. Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Missions-Tags und des Missions-Rats. 1928-41 hatte er das Extraordinariat f ü r Missionswissenschaft an der Univ. Tübingen inne. Er veröffentlichte u . a . Die Norddeutsche Mission in Togo (2 Bde., 1910-12), Die Weltanschauung im Wandel derZeit (2 Bde., 1921) und Die Weltreligionen und das Christentum (1923). CO B W B , Bd 3
Schlusche,
Eduard, österr. Jugendführer, Buchhändler, * 12.10. 1894 Benisch (Mähren), t 3 . 5 . 1945 Hamburg. S., Sohn eines Bürstenmachers, begann 1908 eine kaufmännische Ausbildung, trat 1909 der Arbeiterjugendbewegung Anton —»Orels bei und wurde nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg Präfekt der Marianischen Kongregation. 1922 erwarb er eine Lizenz als Buchhändler und betrieb hauptberuflich die Verbreitung kath. Schriften. In Nordmähren und Schlesien organisierte er die Handwerkerjugend. 1920 wurde er zum O b m a n n des Reichsbundes der katholischen Jugend gewählt. Seine Buchhandlung erweiterte er mit Niederlassungen in Freudenberg, Lobnig und Troppau. Nach Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft schleuste er verbotene Schriften des politischen Katholizismus nach Deutschland ein. 1940 von der Gestapo festgenommen, kam er 1941 in Konzentrationslagerhaft nach Auschwitz, 1942 nach Hamburg-Neuengamme. S. kam 1945 bei einem Fliegerangriff ums Leben. t u OBL
waltungsrat der Preußischen Nationalversicherungs-AG Stettin, war er 1896-1908 deren Vorsitzender sowie Vorsitzender der Stettiner Rückversicherungs-AG. 1876-1905 war er Vorsteher, 1900-05 Obervorsteher der Stettiner K a u f m a n n schaft. 1879 wurde S. Kommerzienrat, 1889 Geheimer K o m merzienrat. Seit 1897 gehörte er dem preuß. Herrenhaus an. Die Univ. Greifswald verlieh ihm 1906 die juristische Ehrendoktorwürde. • • Leb Stettin
Schmack,
Maximilian, Schauspieler, * 2 9 . 5 . 1886 Hamburg, t 28. 12.1966 Berlin. Nach einer Schauspielausbildung am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg erhielt S. 1906 sein erstes Engagement in Cuxhaven, trat dann an mehreren deutschen und österr. Bühnen auf und war 1915-18 am Hoftheater in Oldenburg, seit 1919 in Bremen und seit 1923 am Landestheater in Baden-Baden tätig. 1927-40 spielte er an verschiedenen Theatern, war 1940-44 Ensemblemitglied des Deutschen Theaters in Lille und 1945-50 am Staatstheater Dresden engagiert. 1951-55 wirkte S. als Mitbegründer, Leiter und Schauspieler des Deutschen Theaters in Toronto (Kanada).
S c h m a e d e l , Joseph Ritter von, Architekt, * 10. 1.1847 Regensburg, t 7 . 4 . 1 9 2 3 Garmisch (heute zu GarmischPartenkirchen). Nach dem Studium am Polytechnikum in München und der Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg 1 8 7 0 / 7 1 war S. als selbständiger Architekt in München und U m g e b u n g tätig und hatte 1874-78 die künstlerische Leitung des Büros des Bayerischen Kunstgewerbevereins inne. Später wurde er Teilhaber einer F i r m a für Reproduktionstechnik. S. war mehrere Jahre Präsident des M ü n c h n e r Journalisten- und Schriftstellervereins. Er arbeitete u . a . am Um- und Ausbau des Schlosses Brannenburg bei Rosenheim und erbaute mehrere Villen am Tegernsee und am Starnberger See sowie das Hotel „Germania" in Karlsruhe.
Schmaedl, Schlusnus,
Heinrich, Sänger, * 6 . 8 . 1 8 8 8 B r a u b a c h / Rhein, f 18.6. 1952 F r a n k f u r t / M a i n . Zunächst wie sein Vater Postbeamter in F r a n k f u r t / M a i n , erhielt S. 1910-13 Gesangunterricht und gab 1912 sein erstes Konzert. 1915 debütierte er in Hamburg als Heerrufer im Lohengrin, war danach in Nürnberg tätig und gehörte 1917-45 der Berliner Staatsoper an. Im R a h m e n der Verdi-Renaissance der zwanziger Jahre sang er dort u . a . 1932 in der Premiere der Sizilianischen Vesper. 1918 gab er in Berlin seinen ersten Liederabend. S. trat u . a . in Chicago, Bayreuth, Barcelona, Stockholm und Wien auf. Seine bekanntesten Partien waren der Wolfram in Richard —»Wagners Tannhäuser, der Rigoletto und G e r m o n t in La Traviata. • • MGG
Franz Xaver, auch Schmädel, Schmadl, Bildhauer, Altarbauer, * 1.11. 1705 O b e r s t d o r f / A l l g ä u , t 16.7. 1777 Weilheim. Seine künstlerische Ausbildung erhielt S. wahrscheinlich in München und Augsburg, heiratete 1734 die Witwe des Weilheimer Bildhauers Martin Dürr und übernahm dessen Bildhauerwerkstatt. In Weilheim war er 1752-54 Mitglied des Rats und 1759 vierter Bürgermeister. Als Inhaber einer großen Werkstatt schuf S. Altar- und Kanzelbauten, u . a . für die Kirchen in M u r n a u (1734), Dießen (um 1738/39), Andechs (1755) und Oberammergau (1756-62). Er bewahrte sich einen eigenen Stil gegenüber den Wessobrunner Künstlern.
Schmähl,
Schlutow,
Albert (Heinrich Wilhelm), Bankier, Industrieller, * 1 5 . 1 . 1 8 3 8 Stettin, t 18.9. 1909 Heringsdorf (Usedom). Nach einer kaufmännischen Ausbildung trat S. in die F i r m a Hamburger in London ein und übernahm 1860 das väterliche Reederei-, Getreide- und Agenturgeschäft, das er zu dem bedeutendesten bankgeschäftlichen Unternehmen in Stettin und der Provinz P o m m e r n umwandelte. 1874-87 war er Stadtrat; 1878-84 gehörte er auch dem Reichstag an, zunächst als Mitglied der Nationalliberalen Partei, dann als Mitbegründer der Liberalen Vereinigung. S. war maßgeblich an der Entwicklung Stettins zu einem Mittelpunkt der deutschen Versicherungswirtschaft beteiligt. Seit 1875 im Ver-
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Dietrich, Pathologe, * 3 0 . 9 . 1 9 2 5 Breslau, t 1 1 . 1 0 . 1 9 9 0 Antalya. Das Medizinstudium Schloß S. 1951 in Freiburg/Breisgau mit der Promotion ab ( D e r Zell- und Gewebsstoffwechsel als innere Krebsursache) und habilitierte sich 1960 in Bonn für Pathologie (Problem der unterschiedlichen Metastasierungsmuster differenter Tumortypen, unter dem Titel Maligne Tu3 moren. Entstehung, Wachstum, Chemotherapie, 1981). Seit 1964 Ordinarius in Heidelberg, gründete er dort im selben Jahr das Institut f ü r experimentelle Toxikologie und Chemotherapie am Deutschen Krebsforschungszentrum, dessen Direktor er 1965-90 war. Schwerpunkte seiner Arbeit waren Fragen der Krebsentstehung und die Chemotherapie des Krebses. S. veröffentlichte u. a. Entstehung, Wachstum und
Schmalenbach Chemotherapie maligner Tumoren (1963, "1970) und Prophylaxe und Therapie von Behandlungsfolgen bei Karzinomen der Frau (1976). S c h m a l , Adolf, Pseud. Schmal-Filius, Filius, Automobilist, Journalist, * 18.9. 1872 Dortmund, t 2 8 . 8 . 1919 Salzburg. Der Sohn Johannes Adolf —>S.s und Bruder Felix —>S.s studierte 1890-92 Englisch und Deutsch an der Univ. Wien. S. war Herausgeber der „Illustrirten Allgemeinen RadfahrerZeitung" bzw. des „Zentralblatts für Radsport" (1895-99), seit 1896 Mitarbeiter des Sportteils des „Neuen Wiener Tagblatts" und schrieb für verschiedene deutsche, englische und französische Sportzeitungen. Bei den Olympischen Spielen 1896 in Athen errang er einen ersten und drei dritte Plätze im Radsport, wandte sich seit 1900 zunehmend dem Motorradund Autosport zu und veröffentlichte seit 1904 sein technisches Handbuch für Auto- und Motorradfahrer Ohne Chauffeur C111930). 1900-19 war S. für die gemeinsam mit Felix Sterne gegründete „Allgemeine Automobil-Zeitung" und für das „Neue Wiener Abendblatt" tätig. CD ÖBL S c h m a l , Felix, Sportpionier, Journalist, Schriftsteller, * 31.12. 1876 Düsseldorf, t 2 . 6 . 1 9 2 7 Wien. Zunächst als Maler tätig, widmete sich S., Bruder Adolf —»S.s, vor allem dem Ski- und Radsport. Seit Beginn der neunziger Jahre nahm er an Bahn- und Straßenrennen teil, betrieb die Einführung des Bicycle-Polo und des Querfeldeinradsports in Österreich und war 1896 an der Gründung des Sportclubs Training beteiligt. S. war u.a. Funktionär der Österreichischen Fußball-Union und des Deutschen Radfahrer-Bundes und 1906-08 Präsident des Österreichischen Ski-Vereins. Als Sportredakteur schrieb er für das „Neue Wiener Tagblatt" bzw. das „Neue Wiener Abendblatt" und die „Fußball- und Athletiksport-Zeitung". S. war auch Herausgeber des „Illustrierten Österreichischen Sportblatts". Er veröffentlichte u. a. Das moderne Fußballspiel. Ein Lehrbuch (1923) und Führer durch Dalmatien (1926, '1927). m
ÖBL
S c h m a l , Johannes Adolf, Journalist, Schriftsteller, * 23.9. 1844 Gimborn (Preußen), f 2 4 . 1 2 . 1 9 0 0 Wien. S. arbeitete zunächst für Berliner und Provinzblätter und wurde nach der Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 Redakteur der „Westfälischen Zeitung" in Münster, dann Leiter des Feuilletons der „Deutschen Zeitung" in Paris. Seit 1880 Berichterstatter der „Berliner Post", unternahm er Reisen durch Europa und Kleinasien. 1886-1900 war S. Redakteur des „Neuen Wiener Tagblatts", daneben Mitarbeiter u . a . der „Illustrirten Zeitung" in Leipzig und der „Gartenlaube". Er schrieb Erzählungen, Gedichte (Muth, 1899), Dramen und den Roman Bürger und Studenten (1890). S. war der Vater von Adolf und Felix - > S . c d ÖBL S c h m a l e n b a c h , Ernst Friedrich, auch Fritz S., Kunsthistoriker, * 13.7. 1909 Köln, | 2 7 . 6 . 1 9 8 4 Lübeck. Das Studium der Kunstgeschichte und Malerei in Berlin, Freiburg/Breisgau, Köln und Münster Schloß S., Sohn Eugen —>S.s, 1934 mit der Promotion zum Dr. phil. ab, emigrierte im selben Jahr in die Schweiz und unterrichtete bis 1945 in Basel. 1945-50 war er Assistent, 1950-56 Kurator am Kunstmuseum in Bern, kehrte 1956 nach Deutschland zurück und wirkte bis 1974 als Direktor des Museum für Kunst- und Kulturgeschichte in Lübeck. S. war seit 1960 Honorarprofessor der Kunstgeschichte an der Univ. Kiel. Er veröffentlichte u . a . Neue Studien Uber Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts (1955), Oskar Kokoschka (1967) und Studien über Malerei und Malereigeschichte (1972).
S c h m a l e n b a c h , (Johann Wilhelm) Eugen, Betriebswirtschaftler, * 20.8. 1873 Halver (Westfalen), t 20.2. 1955 Köln. Als Sohn eines Fabrikanten studierte S., Bruder von Hermann - > S . , nach einer kaufmännischen Lehre in einer Eisenwarenfabrik seit 1898 an der Handelshochschule Leipzig Handelswissenschaften und Nationalökonomie. Zu seinen Lehrern zählten Richard Lambert und Karl Bücher. Mit ihm studierten u.a. seine späteren Antipoden Heinrich —»Nicklisch und Fritz —»Schmidt. 1903 habilitierte sich S. an der Handelshochschule Köln; 1906 wurde er dort zum Prof. berufen. Schweipunkte seiner praxisnahen wissenschaftlichen Tätigkeit waren die dynamische Bilanztheorie, die Kostenrechnung, der Kontenrahmen, die pretiale Lenkung sowie die Unternehmensfinanzierung und das Prüfungswesen. Daneben befaßte er sich mit Fragen der Unternehmensbewertung, der Betriebsorganisation, der Volkswirtschaftslehre und -politik. Mit seiner ersten Veröffentlichung Grundlagen dynamischer Bilanzlehre begann 1919 die Blütezeit der Bilanztheorien. Von der vierten Auflage im Jahr 1926 an trug dieses Werk den Titel Dynamische Bilanz ( 1 3 1962), deren Hauptaufgabe S„ der zu den Begründern der Betriebswirtschaftslehre gehörte, in der Erfolgsermittlung als Differenz zwischen Aufwand und Ertrag sah. Die Gewinn- und Verlustrechnung hatte daher Vorrang gegenüber der Bilanz. Als Abbild des Kräftespeichers der Unternehmung sollte sie nicht ein Bild des Vermögens liefern, sondern die Veränderungen der erfolgsrelevanten Werte ausweisen und war insofern ein Steuerungsinstrument des Kaufmanns. Grundpfeiler des Rechnungswesens waren für S. neben der Buchführung die Selbstkostenrechnung sowie die Erfolgsrechnung. Mit seinem Buch Grundlagen der Selbstkostenrechnung und Preispolitik (1919, 8 1963 unter dem Titel Kostenrechung und Preispolitik) gelang ihm der wissenschaftliche Durchbruch. Die Abgrenzung der Begriffe Kosten und Aufwand, die Rolle der fixen Kosten und die Übernahme der Grenzwertidee aus der volkswirtschaftlichen Grenznutzentheorie sind Elemente seines kostentheoretischen Systems. In seiner 1927 veröffentlichten Schrift Der Kontenrahmen 1939) schuf er die Grundstruktur eines Modells der Gesamtunternehmung. Mit der pretialen Lenkung gab S. den Verrechnungspreisen erstmals eine Lenkungsfunktion. Durch entsprechende Bewertung sollten Kosten und Leistungen zu Lenkpreisen werden, wobei S. bei der Optimierung des Nutzens knapper Faktoren auf den von ihm entwickelten Ansatz der optimalen Geltungszahl zurückgriff. Nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch in Staat und Wirtschaft galt S. als gefragter Gutachter. Erwähnt seien die Mitgliedschaft im Reichswirtschaftsrat, die Berufung zum Sachverständigen für die Eröffnungsbilanz der 1924 in ein selbständiges Unternehmen umgewandelten Deutschen Reichsbahngesellschaft, der Vorsitz in der Kommission für den Braunkohlenbergbau und für die Steinkohlewirtschaft. Daneben war er begehrter Berater für Unternehmen der Wirtschaft, nicht zuletzt im Hinblick auf Fragen der Bilanzierung und Bewertung sowie der Organisation des Rechnungswesens. Systembildender Leitgedanke in S.s Arbeit war das Prinzip der Wirtschaftlichkeit. Die Fehlleitung von Kapital in den Unternehmungen und in der Wirtschaft stellten in diesem Zusammenhang einen entscheidenden Störfaktor dar. Als Anhänger der freien Wirtschaft kritisierte er freimütig deren Mängel.
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Schmalenbach WEITERE WERKE: Finanzierungen. 2 Tie., Leipzig 1915; Teil 1, "166; Teil 2, 7 1950. - Die Goldmarkbilanz. Berlin 1922. - Kapital, Kredit und Zins in betriebswirtschaftlicher Beleuchtung. Leipzig 1933; bearb. v. Richard Bauer, 4 1961. - Pretiale Wirtschaftslenkung. Bremen-Horn. Bd. 1: Die optimale Geltungszahl. 1947. Bd. 2: Pretiale Lenkung des Betriebes. 1948. - Der freien Wirtschaft zum Gedächtnis. K ö l n / O p l a d e n 1949; bearb. v. Richard Bauer, '1958. LITERATUR: Wilhelm Rieger: S.s dynamische Bilanz. Stuttgart 1936. - Otto von Kori: Verzeichnisse der Arbeiten von E. S. In: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 20 (1968) S. 473-488. - Otto von Kori: Verzeichnis der von E. S. besprochenen Bücher und Zeitschriften. In: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 21 (1969) S. 525-540. - Otto von Kori: Besprechungen zur dynamischen Bilanz. In: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 23 (1971) S. 485-487. - Erich Potthoff: Die Funktion des wirtschaftlichen Störgefühls. In: Der Betrieb 26 (1973) S. 1609-1613. - Max K r u k / E r i c h P o t t h o f f / G ü n t e r Sieben: E. S. Der Mann - Sein Werk - Die Wirkung. Stuttgart 1984. - Dieter Schneider: Betriebswirtschaftslehre. Bd. 4: Geschichte und Methoden der Wirtschaftswissenschaft. M ü n c h e n / W i e n 2001, S. 195 ff. Günter Sieben S c h m a l e n b a c h , Herman, Philosoph, * 15. 11.1885 Breckerfeld (Westfalen), t 3- 11.1950 Basel. S., Bruder von Eugen —>S., studierte Philosophie in Berlin und Jena und wurde 1909 bei Rudolf —>Eucken aufgrund der Arbeit Das Seiende als Objekt der Metaphysik. Erster Teil einer Erkenntnistheorie der Metaphysik promoviert. 1920 habilitierte er sich in Göttingen, wo er 1923 a. o. Prof. der Philosophie wurde; seit 1920 lehrte er gleichzeitig an der T H Hannover. 1931-50 war er Ordinarius in Basel. Neben seinem Hauptwerk Geist und Sein (1939), in dem er eine phänomenologische Analyse des Bewußtseins und der verschiedenen Bewußtseinsarten vorlegt, veröffentlichte S. Leibniz (1921) und Das Mittelalter. Sein Begriff und Wesen (1926). S c h m a l f u ß , Anton, Schriftsteller, Journalist, * 2. 1. 1821 Lieboditz (Böhmen), t 1.7. 1865 Prag. Der Sohn eines Dorfrichters und Wirts studierte 1837-40 Philologie in Prag, wo er auch das Lehrerseminar besuchte, erhielt jedoch als Lehrer keine Anstellung und studierte 1845-47 Mechanik und Maschinenlehre am Polytechnikum in Prag. 1848 ging S. nach Wien, Schloß sich der Gruppe „Deutscher Michel" an und wurde Mitarbeiter des Vereins der Deutschen aus Böhmen, Mähren und Schlesien. 1848 kehrte er nach Prag zurück, schrieb das Buch Die Deutschen in Böhmen (1851) und war seit 1851 Redakteur des „Centralblatts für die gesamte Landeskultur" und des „Wochenblatts für Land-, Forst- und Hauswirthschaft", seit 1860 des „Jahrbuchs für österreichische Landwirthe". 1862 war S. Gründungsmitglied des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen. DP Ö B L S c h m a l f u ß , Karl, Botaniker, Bodenkundler, * 5 . 1 1 . 1 9 0 4 Wedruschitz bei Saaz (Nordböhmen), t 3. 12. 1976 Halle/ Saale. S., Sohn eines Landwirts, studierte seit 1924 Agrar- und Naturwissenschaften in Halle/Saale, wurde 1930 promoviert (Untersuchungen über die interkalare Wachstumszone an Glumifloren und dikotylen Blütenschäften) und war danach als Assistent in Halle, Marburg und Berlin tätig. 1935 habilitierte er sich mit der Arbeit Das Kalium. Studie zum Kationenproblem im Stoffwechsel und bei der Ernährung der Pflanze und wurde im folgenden Jahr in Berlin zum Dozenten ernannt, 1942 als Prof. an die Univ. Posen berufen; seit 1943 war er Leiter des dortigen Instituts f ü r
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Pflanzenernährung und Bodenbiologie. 1945 kehrte er an die Univ. Halle zurück und leitete bis 1968 das Institut für Pflanzenernährung und Bodenbiologie (später Institut für Pflanzenernährung und Bodenkunde). S. forschte besonders über die Nährstoffwirkung in der Pflanze und führte zahlreiche Felddüngungsversuche durch. Seit 1953 war er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Grundlagen der allgemeinen Botanik (1943, Nachdr. 1945, 2 1948), Einige systematische Untersuchungen zum Problem der Bodenfruchtbarkeit (1956) sowie das Lehrbuch Pflanzenernährung und Bodenkunde (1947, "1969). CD Böhm S c h m a l k a l d e n , Caspar, Reisender, * 1616 Friedrichroda, t 1673 Gotha. Der Sohn eines Bürgermeisters besuchte das Gymnasium in Braunschweig, erlernte in Elbing die Feldmesserkunst und studierte 1642 Astronomie in Groningen. Im selben Jahr trat er als Soldat in niederländische Dienste und bereiste dann bis 1645 Brasilien und Chile, 1646-52 Java, Sumatra, Formosa und Japan. Danach ließ er sich in Gotha nieder und war als Kanzlist sowie u. a. als Kartenzeichner und Mechaniker für den sachsen-gothaischen Hof tätig. Seine Beschreibung dieser Gebiete, die er durch Zeichnungen und Kartenskizzen illustrierte, ist ein umfangreiches Dokument zur Kolonialund Kulturgeschichte des 17. Jahrhunderts. Die wundersamen Reisen des Caspar Schmalkalden nach West- und Ostindien 1642-52 wurden 1983 ( 2 1987; engl. 2 Bde., 1998) von Wolfgang Joost herausgegeben. c n NDB S c h m a l n a u e r , Rudolf, österr. Sänger, * 2 3 . 1 2 . 1 8 8 3 Linz, t 2 9 . 6 . 1 9 3 9 Dresden. Seine Gesangsausbildung erhielt S. bei Franz Haböck in Wien und bei Ludwig Schrauff in Dresden. Von 1908 bis zu seinem Tod gehörte er der Hofoper in Dresden an. Hier wirkte S. in den Uraufführungen der Opern Der Rosenkavalier (1911), Arabella (1933) und Die schweigsame Frau (1935) von Richard —> Strauss mit. Er war auch als Konzertund Liedsänger tätig und unterrichtete am Konservatorium in Dresden. CD Kutsch S c h m a l s t i c h , Clemens (Carl Otto), Komponist, Dirigent, * 8.10. 1880 Posen, t 1 5 . 7 . 1 9 6 0 Berlin. S. studierte zunächst Philosophie in Bonn, wechselte 1902 an die Hochschule für Musik in Berlin und war dann Meisterschüler für Komposition bei Engelbert —> Humperdinck. Seit 1906 war er Kapellmeister am Neuen Schauspielhaus in Berlin, 1910-20 Chorrepetitor und Kapellmeister an der Kgl. Oper und wurde 1920 Dirigent des Berliner SymphonieOrchesters. 1927-29 war S. musikalischer Leiter der Elektrola-Gesellschaft, übernahm 1930 einen Lehrauftrag an der Berliner Musikhochschule und war hier 1933-45 Professor. Seit 1945 dirigierte er das Siemens-Orchester in Berlin. S. komponierte Lieder, Chorwerke, Symphonien, Kammermusik, Opern (u.a. Beatrice, 1940), Operetten (u.a. Die Tänzerin aus Liebe, 1919) und Filmmusik. S c h m a l t z , (Friedrich Philipp) Gustav, Fabrikant, Psychotherapeut, * 25.5. 1884 O f f e n b a c h / M a i n , t 13.7. 1959 F r a n k f u r t / M a i n . Das Studium an der Univ. Leipzig und an den Technischen Hochschulen Stuttgart und Hannover Schloß S. 1908 als Diplom-Ingenieur ab, war in Frankreich, England und den U S A tätig und wurde 1911 Mitinhaber der Maschinenfabrik Gebrüder Schmaltz in Offenbach. 1921 wurde er in Darmstadt zum Dr.-Ing. promoviert, war seit 1923 Vorsitzender des Vereins Deutscher Holzbearbeitungs-Maschinenfabriken und nahm 1927 einen Lehrauftrag für Holzbearbeitungsmaschinen an der T H Hannover wahr. 1928-30 studierte S. ana-
Schmarda lytische Psychologie bei Carl Gustav - > J u n g in Zürich, verkaufte 1943 die unter seiner Leitung stehende Maschinenfabrik und war seither ausschließlich als Psychotherapeut tätig. S c h m a l t z , Kurt Robert, Betriebswirtschaftler, * 14.7. 1900 SaargemUnd, t 16.2. 1995 Heidelberg. S., Sohn eines Lokomotivführers, studierte seit 1919 Rechtswissenschaften, Volks- und Betriebswirtschaft an der Univ. Freiburg/Breisgau, an den Handelshochschulen M a n n h e i m und Berlin sowie an den Universitäten Berlin und Frankf u r t / M a i n , wo er 1922 zum Dr. rer. pol. promoviert wurde, und war dann Assistent am Betriebswirtschaftlichen Seminar der Handelshochschule Berlin. Seit 1923 kaufmännischer Sachverständiger im Reichswirtschaftsministerium, arbeitete S. 1 9 2 4 / 2 5 in der Industrie und übernahm 1925 die Leitung der Zentral-Seminar-Bibliothek der Handelshochschule Berlin sowie die Schriftleitung der Zeitschrift „Handelswissenschaft und Handelspraxis". 1928 habilitierte er sich für Wirtschaftswissenschaften an der Univ. Halle, wurde Mitarbeiter der dortigen Industrie- und Handelskammer und war seit 1932 auch als Wirtschaftsprüfer tätig. 1933 trat er in die SA, 1937 in die N S D A P ein. Seit 1935 lehrte S. als a. o . P r o f . der Wirtschaftswissenschaft in Halle, war seit 1942 Vorstandsmitglied der Deutschen Revisions- und Treuhand A G , deren Sitz auf Betreiben S.' 1944 nach N a u m b u r g verlegt wurde, und geriet 1945 in amerikanische Gefangenschaft. 1950 wurde er Vorstandsmitglied der Portland-Zementwerke Heidelberg AG; später lehrte er auch an der Wirtschaftshochschule Mannheim. Er veröffentlichte u. a. Betriebsanalyse (1929). m Cat Prof Hai S c h m a l z , Auguste Amalie, Sängerin, * 1771 Berlin, t 2 8 . 1 1 . 1848 Berlin. Die Tochter eines Organisten erhielt ihre Gesangsausbildung in Berlin und Dresden, erregte 1790 in Berlin in d e m Oratorium Der Tod Jesu Aufsehen und debütierte 1793 an der Hofoper in Dresden in Johann Gottlieb —> N a u m a n n s Tutto per amore. S. sang dann an der Berliner Hofoper, 1802-04 an der Hofoper in Wien und gab 1806-10 Gastspiele an deutschen und italienischen Opernhäusern. Seit 1810 wirkte sie ständig in Berlin, u . a . als Giulia in Gaspare - » S p o n t i n i s La Vestale feierte. 1815 gab sie ihre Bühnenkarriere auf und war als Gesangspädagogin tätig. CD Kutsch S c h m a l z , (Johann Leberecht) Friedrich, Tierzüchter, * 2 5 . 6 . 1 7 8 1 Wildenborn bei Zeitz, t 2 3 . 5 . 1847 Dresden. S., Sohn eines Rittergutspächters, erlernte die praktische Landwirtschaft, pachtete 1804 das Rittergut Zangenberg bei Zeitz und 1806 das Gut Ponitz bei Altenburg und übernahm 1812 die Güter Küssen und Neuweide bei Gumbinnen, die er zu Musterwirtschaften ausbaute. 1821 wurde S. Sekretär der Landwirtschaftlichen Gesellschaft in Litauen, erhielt von der Univ. Jena 1829 den Dr. phil. verliehen und folgte 1829 einem Ruf als o. Prof. f ü r Landwirtschaft und Technologie an die Univ. Dorpat. 1834 gründete er auf Gut Altkusthof bei Dorpat eine landwirtschaftliche Lehranstalt. 1845 zog er sich auf sein Gut Küssen zurück. S. widmete sich besonders den Gebieten Pflanzenbau, Tierzucht, Technologie und Betriebslehre und war 1819-21 Herausgeber des .Jahrbuchs der preußischen Landwirthschaft". Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Versuch einer Anleitung zum Bonitiren und Klassificiren des Bodens (1824, 2 1833), Anleitung zur Zucht, Pflege und Wartung edler und veredelter Schafe (1825, "1833), Thierveredlungskunde (2 Tie., 1832), Theorie des Pflanzenbaues (1840), Anleitung zur Kenntniß und Anwendung eines neuen Ackerbausystems (1842) sowie die Schriftenreihe „Erfahrungen im Gebiete der Landwirthschaft" (7 Bde., 1814-42). CD B ö h m
S c h m a l z , Josef (Georg), genannt Bauernshakespeare von Kiefersfelden, österr. Dramatiker, Regisseur, * 16.2. 1804 Fügen (Tirol), t 1 6 . 3 . 1 8 4 5 Brixlegg (Tirol). Der Bauernsohn war ursprünglich als Köhler und Holzknecht in Brixlegg tätig, wo er schon u m 1820 Theater gespielt und Regie geführt haben soll. S. bearbeitete und schrieb zahlreiche Stücke, die Stoffe aus dem Volksbuch und der Trivialliteratur des 18. Jh. enthalten und sich teilweise an Shakespeare und —»Schiller anlehnten. Sein erfolgreichstes Werk war Elflra und Almansor (um 1833). 1830-35 hatte er die Leitung des Brixlegger Theaters inne. Durch S. wurden im Kiefersfeldener Volkstheater die geistlichen durch die Ritterstücke verdrängt. Seine Stücke werden dort noch heute gespielt. CD Ö B L S c h m a l z , Theodor (Anton Heinrich), Jurist, * 17.2. 1760 Hannover, f 2 0 . 5 . 1 8 3 1 Berlin. S., Sohn eines Kriegskanzlisten, studierte seit 1777 Theologie, dann Rechtswissenschaften in Göttingen, war dort seit 1785 Privatdozent und folgte 1787 einem Ruf als Prof. nach Rinteln, wo er zum Dr. jur. promoviert wurde. 1788 ging er als Ordinarius nach Königsberg, trat 1793 als Assessor bei der Kriegs- und D o m ä n e n k a m m e r in den preuß. Staatsdienst ein und wurde 1798 Konsistorialrat, 1801 Kanzler und Rektor der Universität. 1803 in gleicher Eigenschaft mit dem Geheimratstitel nach Halle versetzt, legte er 1808 unter französischer Herrschaft alle Ämter nieder und war seit 1809 Rat am Oberappellationssenat des Kammergerichts in Halle und seit 1810 Ordinarius an der Univ. Berlin, deren erster Rektor er wurde. S. veröffentlichte u. a. ein Lehrbuch des deutschen Staatsrechts (1825). Eine scharfe Flugschrift gegen G e h e i m b ü n d e in Deutschland, die sich vor allem gegen den „Tugendbund" richtete, stieß auf starken öffentlichen Widerstand und machte S. zur Symbolfigur der politischen Reaktion. CD N D B S c h m a l z g r u e b e r , Franz Xaver, Jesuit, Theologe, * 9 . 1 0 . 1663 Griesbach (Bayern), t 7. 11. 1735 Dillingen. S. trat 1679 in die Gesellschaft Jesu ein, studierte Philosophie und Theologie in Ingolstadt, w o er zum Dr. theol. und zum Doktor des kanonischen Rechts promoviert wurde, und lehrte dann Rhetorik, Philosophie und Theologie an verschiedenen Ordenskollegien. 1698 wurde er Prof. der Logik, 1703 der Moraltheologie in Ingolstadt, 1705 Prof. des Kirchenrechts in Dillingen und lehrte 1709-16 wieder in Ingolstadt. 1716-24 und 1730-35 war S. Kanzler der Univ. Dillingen, 1724-26 Bücherzensor des Jesuitenordens in R o m . Er veröffentlichte u . a . Ius ecclesiasticum Universum (7 Bde., 1719-28). OP L M U S c h m a l z h o f e r , Josef, österr. Architekt, * 2 2 . 1 . 1835 Altheim (Oberösterreich), f 11.8. 1920 Wien. Nach einer Lehre in Oberösterreich kam S. als Maurermeister nach Wien, wurde 1875 in der Wiener Landesinnung des Baugewerbes als Baumeister geführt und erhielt nach dem Tod des Kronprinzen —> Rudolf den Auftrag, das Jagdschloß in Mayerling in ein Kloster umzubauen und eine Kapelle einzurichten. Er erbaute, teilweise gemeinsam mit Richard Jordan, u . a . die Herz-Jesu-Kirche (1875-79) und die Gersthofer Kirche (1887-91) in Wien. S c h m a r d a , Ludwig Karl, österr. Zoologe, Geologe, * 2 3 . 8 . 1819 Olmütz (Mähren), t 7 . 4 . 1908 Wien. S., Sohn eines Artillerieoffiziers, studierte seit 1837 Naturwissenschaften, insbesondere Zoologie, an den Universitäten Olmütz und Wien, Medizin an der Medizinischchirurgischen Josephsakademie in Wien. 1841 wurde er zum Dr. phil. und 1843 mit der Arbeit Der thierische Trieb vom naturhistorischen Standpuncte betrachtet (de instinctu animalium) zum Dr. med. et chir. promoviert. Danach als Oberfeldarzt tätig, wurde er Assistent bzw. Supplent (Hilfslehrer)
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Schmarsow der Lehrkanzel für spezielle Naturgeschichte an der Josephsakademie, unterrichtete seit 1848 Naturgeschichte und Geographie an der ständischen Realschule in Graz und vertrat seit 1848 den Lehrstuhl f ü r Landwirtschaft, 1 8 4 8 / 4 9 auch den für Anthropologie und 1849 den für Zoologie am Joanneum. 1850 wurde S. o . P r o f . der Naturgeschichte an der Univ. Graz, 1852 o. Prof. der Zoologie und Direktor des Zoologischen Kabinetts in Prag und hatte 1862-83 den Lehrstuhl für Zoologie in Wien inne. Seit 1870 war er wirkliches Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften in Wien. 1883 wurde er zum Hofrat ernannt. 1853-57 unternahm S. eine Weltreise. Er veröffentlichte u . a . Andeutungen aus dem Seelenleben der Thiere (1846), Die geographische Verbreitung der Thiere (3 Bde., 1853), Neue wirbellose Thiere (2 Bde., 1859-61), Reisen um die Erde in den Jahren Ι853Ί857 (3 Bde., 1861) und Zoologie (2 Bde., 1871 / 7 2 , 2 1 8 7 7 / 7 8 ) . m ÖBL S c h m a r s o w , August (Hannibal), Kunsthistoriker, * 2 6 . 5 . 1853 Schildfeld (heute zu Bennin, Kr. Hagenow), f 19.1. 1936 Baden-Baden. S. studierte seit 1873 Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte in Zürich, Straßburg und Bonn, wurde 1877 in Straßburg zum Dr. phil. promoviert und war seit 1878 Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Kupferstichkabinett der Kgl. Museen in Berlin. Nach einer Italienreise habilitierte er sich 1881 in Göttingen für Kunstgeschichte, wurde 1882 a . o . P r o f . und lehrte seit 1885 in Breslau. 1892 bereitete S. die Gründung eines Kunsthistorischen Instituts in Florenz vor. 1893-1919 war er Ordinarius in Leipzig. S., der mit seiner Arbeit Die Kunstgeschichte an unseren Hochschulen (1891) zur theoretischen Grundlegung seines Fachs beitrug, befaßte sich mit kompositionellen Gesetzmäßigkeiten und war wegweisend in der Formanalyse. Er veröffentlichte u. a. Masaccio. Der Begründer des klassischen Stils der italienischen Malerei (5 Bde., 1896-99) und Kompositionsgesetze in der Kunst des Mittelalters (4 Bde., 1920-22). 1930 wurde S. Mitglied der Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften. DP Metzler Kunsthistoriker
Schmauch,
Werner, evang. Theologe, * 12.5. 1905 Herischdorf/Riesengebirge, t 2 4 . 5 . 1 9 6 4 Greifswald. S. studierte 1924-29 Theologie in Breslau, Tübingen, Halle und Rostock, wurde 1931 promoviert und war 1933-45 Pfarrer der Bekennenden Kirche in Groß-Weigelsdorf bei Breslau. 1938-45 als Dezernent f ü r die theologische Ausbildung in Schlesien tätig, wurde er 1946 Dekan für Niederschlesien bzw. Liegnitz und war bis 1950 Kirchenrat im Konsistorium der evang. Kirche von Schlesien. 1950-52 leitete S. das Sprachenkonvikt in Berlin, habilitierte sich 1952 und war bis 1954 Dozent für Neues Testament an der Humboldt-Universität zu Berlin. 1954-64 lehrte er als Ordinarius für Neues Testament in Greifswald. Seit 1958 engagierte sich S. in der Christlichen Friedenskonferenz, deren Vizepräsident er 1961 wurde. Er veröffentlichte u . a . Orte der Offenbarung und der Offenbarungsort im Neuen Testament (1956). CD B B K L
Schmaus,
Alois, Slawist, Balkanologe, * 2 8 . 1 0 . 1 9 0 1 Maiersreuth (heute zu Neualbenreuth, Kr. Tirschenreuth, Oberpfalz), t 2 7 . 7 . 1970 M ü n c h e n . S., Sohn eines Landwirts, studierte seit 1919 zunächst Allgemeine Sprachwissenschaften, dann Slawische, Romanische und Englische Philologie an der Deutschen und an der Tschechischen Univ. in Prag sowie an der Univ. in München, wurde dort 1923 zum Dr. phil. promoviert und Schloß 1923-27 ein Studium der Slawistik, Balkanphilologie und Orientalistik an der Univ. Belgrad an. Er war dann Lehrer und Lektor der deutschen Sprache an der Univ. Belgrad und seit 1939 Abteilungsleiter am Deutschen Wissenschaftlichen Institut in Belgrad. 1948 habilitierte er sich für Slawi-
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stik (Volksepik der bosnischen Muhammedaner) in München, wo er 1951 a. o. Prof. wurde, und lehrte seit 1957 als Ordinarius. S. beschäftigte sich besonders mit der Literatur der Balkanslawen und der vergleichenden Balkankunde. 1971-79 erschienen seine Gesammelten slavistischen und balkanologischen Abhandlungen in vier Bänden. CD I G L
Schmaus,
Hans, Pathologe, * 2 2 . 5 . 1862 München, t 4. 12. 1905 München. Das Medizinstudium in M ü n c h e n Schloß S. 1888 mit der Promotion ab (Zur Kenntnis der diffusen Hirnsklerose), trat dann in das Pathologische Institut ein und war bis 1904 erster Assistent unter Otto von —»Bollinger. 1889 habilitierte er sich für Pathologische Anatomie in München, wurde 1899 a. o. Prof. und war seit 1904 Prosektor am Städtischen Krankenhaus München rechts der Isar. S. befaßte sich besonders mit der Pathologischen Anatomie des Zentralnervensystems und veröffentlichte u. a. Die Kompressions-Myelitis bei Karies der Wirbelsäule. Eine pathologisch-histologische und experimentelle Studie (1890), Grundriß der pathologischen Anatomie ( 1 8 9 3 , 2 0 1 9 3 2 , italien. 1 8 9 7 / 9 8 , engl. 1902, russ. 1895, auch 2 Bde., 1 9 2 2 / 2 3 ) und Vorlesungen über die pathologische Anatomie des Rückenmarks (Hrsg., 1901).
Schmaus, Margarete, urkundl. Margarethe S., österr. Pädagogin, * 2 3 . 5 . 1903 Wien, t 2 4 . 3 . 1988 Wien. Nach der Ausbildung zur Kindergärtnerin nahm S., Tochter eines Arbeiters, an einem Montessori-Kurs teil und leitete mehrere Gemeindekindergärten. Z u s a m m e n mit Margarethe —»Schörl entwickelte sie das Raumteilverfahren, bei d e m ein Z i m m e r in mehrere kleinere Spielräume unterteilt wird. 1934 übernahm S. die Leitung eines Kindergartens in Wien. 1938 wurde sie wegen „politischer Unzuverlässigkeit" entlassen und zu Büroarbeit verpflichtet. 1945-59 war S. wieder in ihrem Beruf tätig. Sie veröffentlichte u . a . Bildungsarbeit der Kindergärtnerin (mit M. Schörl, 1958, 5 1985) und Erneuerung der Glaubenserziehung im Kindergarten (mit ders., 1968). Schmaus,
Michael (Raphael), kath. Theologe, * 17.7. 1897 Oberbaar (heute zu Thierhaupten, Kr. Augsburg), t 8 . 1 2 . 1 9 9 3 Gauting bei M ü n c h e n . S., Sohn eines Landwirts und Schuhmachers, studierte seit 1916 Theologie in M ü n c h e n , empfing 1922 die Priesterweihe und wurde 1924 bei Martin —»Grabmann mit der Dissertation Die psychologische Trinitätslehre des hl. Augustinus (Nachdr. 1967, 2 1968) promoviert. Seit demselben Jahr lehrte er Philosophie und Theologie an der PhilosophischTheologischen Hochschule in Freising und am dortigen Klerikalseminar und war seit 1928 Privatdozent für Dogmatik an der Univ. M ü n c h e n . 1929 wurde er a . o . P r o f . der Dogmatik an der Deutschen Univ. Prag, 1933 o. Prof. in Münster, w o er eine Zeitlang für eine Verständigung des Katholizismus mit der nationalsozialistischen Ideologie warb und eine Vereinigung „Kreuz und Hakenkreuz" begründete. 1946-65 lehrte S. an der Univ. München, deren Rektor er 1 9 5 1 / 5 2 war. 1954 gründete er das Grabmann-Institut zur Erforschung der mittelalterlichen Theologie und Philosophie. Während des Zweiten Vatikanischen Konzils war er offizieller Konzilstheologe. S., Repräsentant einer streng konservativen Richtung in der kath. Kirche, war Herausgeber des Handbuchs der Dogmengeschichte (1956 ff.) und der „Münchener Theologischen Zeitschrift". Zu seinen Werken gehören Katholische Dogmatik (3 Bde. in 4 Teilbänden, 1938-41; fl l 960-65, 5 Bde. in 8 Teilbänden), Wahrheit als Heilsbegegnung (1964) und Der Glaube in der Kirche. Handbuch der katholischen Dogmatik (2 Bde., 1 9 6 9 / 7 0 ; 2 1979-82, 6 Bde. in 13 Teilbänden). Seit 1951 war S. Mitglied der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften. CD N D B
Schmehl Schmauss,
August, Meteorologe, * 26. 11.1877 München, t 10. 10.1954 M ü n c h e n . S. studierte seit 1896 Mathematik und Physik in München, wurde 1900 promoviert (Ueber anomale elektromagnetische Rotationsdispersion), setzte dann bis 1904 sein Studium in München und Berlin fort und war 1904-06 Assistent Wilhelm Conrad -> Röntgens am Physikalischen Institut in München. Seit 1906 A d j u n k t an der Bayerischen Meteorologischen Zentralstation, habilitierte er sich 1908 in München (Die von der Κ. B. Meteorologischen Centraistation im Jahre 1907 veranstalteten Registrierballonfahrten), wurde 1910 Direktor der Bayerischen Meteorologischen Zentralstation (seit 1918 Bayerische Landeswetterwarte), lehrte seit 1922 als Ordinarius in München und übernahm im selben Jahr die Leitung des Meteorologischen Instituts der Forstlichen Versuchsanstalt. S. trug zur Entwicklung von Technik und A n w e n d u n g der neuen Registrierballonaufstiege bei, erforschte die bioklimatischen Auswirkungen des Alpenklimas, entdeckte jahreszeitlich gesteuerte Witterungsanomalien („Singularitäten") und beschäftigte sich mit tageszeitlich gebundenen Wettervorgängen. Er veröffentlichte u . a . Das Problem der Wettervorhersage (1923, 5 1946), Die Atmosphäre als Kolloid (mit Albert —> Wigand, 1929) und Biologische Gedanken in der Meteorologie (1943). S., von 1923 bis zu seinem Tod Vorsitzender der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft, war seit 1932 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und seit 1935 der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. m
Jb B A W 1956
Schmauß,
Johann Jakob, Jurist, Rechtsphilosoph, * 10.3. 1690 Landau (Pfalz), t 8 . 4 . 1757 Göttingen. S. studierte seit 1707 in Straßburg und H a l l e / S a a l e , wo er über mehrere Jahre Collegia abhielt. 1721 wurde er Durlachischer Hofrat, 1728 Geheimer Rat. Zugleich arbeitete er für den Kardinal von Rohan. 1734 erhielt er eine Professur (iuris naturae et gentium Ordinarius) in Göttingen, 1737 den Hofratstitel. Im selben Jahr wurde er zum Dr. phil., 1743 zum Dr. jur. promoviert. 1 7 4 3 / 4 4 lehrte er vorübergehend in Halle. S. veröffentlichte zahlreiche Schriften, besonders historischen oder geschichtsphilosophischen Inhalts, darunter Historisches Staats- und Helden-Cabinet ( 1 7 1 8 / 1 9 ) , Heiligenlexikon (1719), Leben und Helden-Thaten Königs Karl des XII. von Schweden (2 Bde., 1720), Kurzer Begriff der Reichshistorie (1720), Corpus Iuris publici S.R. I. Academicum (1722, 2 1727), Vorstellung des wahren Begriffs von einem Recht der Natur (1748), Historisches ius publicum des Teutschen Reiches (1752), Neues Systema des Rechts der Natur (1754, Neudr. 1999) und Kurzer Begriff der Historie der vornehmsten Europäischen Reiche und Staaten (1755). c n NDB
Schmechtig, Lothar, Wirtschaftsmanager, * 16.7. 1922 Breslau, t 2 . 2 . 1992. Nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft war S. Vertreter für Kosmetikartikel, dann Einkäufer f ü r die Kaufhäuser Kaufhof, Hertie und Merkur. Später erhielt er eine Anstellung bei d e m Versandhaus Quelle, wurde Leiter einer neu aufzubauenden Photoabteilung und initiierte 1961 die Gründung der Quelle-Tochter Foto- und Filmdienst G m b H in Nürnberg, die dann in Foto-Quelle umfirmiert wurde. Unter d e m Namen R e v u e baute S. eine eigene Hausmarke auf. 1969 stieg S. auch in das Brillengeschäft ein und leitete bis zu seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen 1983 die Foto-Quelle Schickedanz & Co. sowie die Foto-
Quelle Augenoptik G m b H . S. war 1 9 7 7 / 7 8 Präsident des 1. FC Nürnberg und seit 1982 dessen Ehrenvorsitzender.
Schmedding,
Adolf, Jurist, * 3 . 5 . 1 8 5 6 Münster (Westfalen), f 12.6. 1937 Münster. S., Sohn eines K a u f m a n n s , studierte 1874-77 Rechtswissenschaften in Leipzig, Tübingen, München, Bonn und Greifswald, wurde 1882 Gerichtsassessor und war bis 1890 Regierungsassessor bei der Preußischen Staatseisenbahnverwaltung in Düsseldorf, Berlin und Dessau. 1890-1919 war er Landesrat bei der Provinzialverwaltung von Westfalen und bis 1924 Präsident des Landesfinanzamtes Münster. 1903-28 vertrat er im preuß. Abgeordnetenhaus bzw. im Landtag die Zentrumspartei in Etats-, Eisenbahn- und Verwaltungsangelegenheiten. S. war Vorsitzender des Vereins für katholische Arbeiterkolonien in Westfalen. Er veröffentlichte u . a . Deutsches Armenrecht (1909) und Die St. CatharinenBruderschaft zu Münster (1930). CD Reichshandbuch
Schmedding,
Johann Heinrich, Jurist, Beamter, * 2 . 7 . 1774 Münster (Westfalen), t 18.4. 1846 Berlin. S. studierte Theologie, dann Rechtswissenschaften in Münster und Göttingen, w o er zum Dr. jur. utr. promoviert wurde, und war seit 1786 Advokat im Fürstbistum Münster und Dozent, seit 1800 o . P r o f . des Kanonischen Rechts an der Univ. Münster. Unter Beibehaltung seiner Professur 1805 zum Kriegs- und Domänenrat ernannt, wurde er 1809 Vortragender Rat und Staatsrat in der Sektion f ü r Kultus des preuß. Innenministeriums. Seit 1841 gehörte S. als Oberregierungsrat dem preuß. Kultusministerium an; ihm oblag die A u s ü b u n g des landesherrlichen Kirchenregiments über die kath. Kirche. S. schrieb Gedichte und Kirchenlieder und übersetzte geistliche Texte. CD B B K L
Schmedes,
Erik, Sänger, * 2 7 . 8 . 1868 Gjentofte bei Kopenhagen, t 2 1 . 3 . 1 9 3 1 Wien. Der aus einer wohlhabenden K a u f m a n n s f a m i l i e stammende S. studierte in Kopenhagen Klavier, kam 1888 nach Berlin und wandte sich auf Anregung Pauline Viardot-Garcias dem Gesangstudium zu. Nach der Ausbildung in Berlin, Wien und Paris debütierte er 1891 als Bariton am Hoftheater in Wiesbaden in der Partie des Heerrufers im Lohengrin, sang 1893-96 am Stadttheater in Nürnberg und war nach Studien bei August —»Iffert in Dresden 1 8 9 6 / 9 7 als Heldentenor an der Hofoper in Dresden tätig. 1898 ging S. an die Hofoper in Wien, der er bis 1924 angehörte. 1901 wurde er zum Kammersänger ernannt. 1908 gestaltete S. in der Wiener Ersta u f f ü h r u n g von - > d ' A I b e r t s Tiefland den Pedro, sang 1919 die Titelrolle in Hans —> Pfitzners Palestrina und wurde vor allem durch seine Wagner-Partien bekannt. Er gab Gastspiele an der Metropolitan Opera in New York sowie an den Hofopern in Berlin und München, an der Oper in Frankfurt und am Opernhaus in Prag. S. wirkte 1899-1905 bei den Bayreuther Festspielen mit. Er war auch als Gesangslehrer tätig. CD M G G
Schmehl,
Heinz, Geodät, * 12. 12.1900 Bremen, 1947 für tot erklärt. S. studierte Geodäsie an d e r T H und der Univ. Berlin, wurde 1924 promoviert (Zur Lösung der Hauptaufgabe der höheren Geodäsie unter der Annahme, daß die Erde ein schwach abgeplattetes dreiachsiges Ellipsoid ist) und war seit 1926 Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter, seit 1927 Observator am Geodätischen Institut in Potsdam. 1928 habilitierte er sich für Geodäsie, lehrte seit 1934 als nichtbeamteter a . o . P r o f . und war seit 1939 Ordinarius für Geodäsie und Vorstand des Instituts für Vermessungskunde an der T H Berlin; 1945 wurde er entlassen. S. veröffentlichte u . a . Untersuchungen über ein allgemeines Erdellipsoid (1927) und Relative Be-
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Schmeidel Stimmung der Schwerkraft auf 115 Stationen in Norddeutschland (mit Albrecht von —> Flotow, Alfred Berroth und Franz Kossmat, 1931).
Schmeidel,
Gustav, österr. Anatom, * 16.2. 1895 Wien, t 18.9. 1939 Tomaszow (Polen). Der Sohn eines Gutsbesitzers studierte seit 1913 Medizin in Wien, wurde 1921 promoviert und war Assistent Ferdinand - > Hochstetters am II. Anatomischen Institut in Wien. Er habilitierte sich 1933 für A n a t o m i e und vertrat 1933-36 den Anatomischen Lehrstuhl, d e m er seit 1938 als kommissarischer Leiter vorstand. 1939 zum a. o . P r o f . und Leiter der Abteilung f ü r Topographische Anatomie ernannt, wurde S. zum Kriegsdienst eingezogen und fiel im ersten Kriegsmonat. Er konstruierte einige anatomische Instrumente und entwickelte ein modernes Präparations- und Konservierungsverfahren. • • ÖBL
Schmeidel,
Hermann Ritter von, österr. Dirigent, * 2 0 . 6 . 1894 Graz, t 10. 10.1953 Graz. Seine musikalische Ausbildung erhielt S. seit 1900 am Konservatorium und an der Univ. Graz, 1912-17 an der Akademie der Tonkunst in Wien sowie an der dortigen Universität. 1912-15 unterrichtete er an der Musikschule Duesberg in Wien. Er war Dirigent des Singvereins und der Konzerte der Gesellschaft der M u s i k f r e u n d e und seit 1920 Dirigent des Wiener Schubertbundes. 1921-26 dirigierte S. die Elberfelder Konzertgesellschaft, übernahm 1925 die Leitung der Orchesterhochschule und Dirigentenklasse am Hochschen Konservatorium in F r a n k f u r t / M a i n und wurde 1926 Dirigent des Deutschen Singvereins in Prag, wo er auch an der Deutschen Musikakademie lehrte. DP Ö M L
Schmeidler,
Bernhard (Felix), Historiker, * 6 . 8 . 1 8 7 9 Berlin, t 2 8 . 5 . 1959 München. S. studierte Geschichte in Freiburg/Breisgau und Berlin, wurde 1904 promoviert und war 1904-20 Mitarbeiter der „ M o n u m e n t a Germaniae Historica". 1909 habilitierte er sich in Leipzig, w o er 1916 a . o . P r o f . wurde. 1921 ging er nach Erlangen, wo er von 1926 bis zu seiner Entlassung 1936 als Ordinarius für mittlere und neuere Geschichte lehrte. S. veröffentlichte u. a. Das spätere Mittelalter von der Mitte des 13. bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts (1932). CD Weber
Schmeidler,
Carl Friedrich, Komponist, Dirigent, * 2 1 . 8 . 1859 Kattowitz (Schlesien), t 11.5. 1935 Breslau. S. studierte 1 8 7 6 / 7 7 bei Franz - > K u l l a k und Philipp —> Scharwenka in Berlin, besuchte 1877-80 die dortige Kgl. Hochschule für Musik und war 1880-82 Meisterschüler in der Kompositionsschule der Akademie. Seit 1887 unternahm er Studienreisen in Europa, lebte seit 1890 in Berlin und unterrichtete bis 1895 am Sternschen Konservatorium. Seit 1906 war S. Lehrer für Klavier, Komposition und Theorie am Schlesischen Konservatorium in Breslau, 1906-24 auch Gesanglehrer am Johannesgymnasium. Er komponierte u. a. Klavierstücke und Lieder.
Schmeidler,
Josef, Unternehmer, * 9 . 3 . 1 8 9 4 Beuthen (Oberschlesien), f 2 2 . 3 . 1952 bei F r a n k f u r t / M a i n . Der K a u f m a n n s s o h n studierte 1914-20 Pharmazie und Chemie am Pharmazeutischen Institut in Berlin, legte 1920 die pharmazeutische Staatsprüfung ab und war kurzzeitig selbständiger Apotheker in Berlin. 1921 wurde S. Direktor der A G für medizinische Produkte, 1927 alleiniger Vorstand der Dr. Laboschin A G in Berlin, die medizinische und pharmazeutische Präparate vertrieb und Niederlassungen in Europa und Übersee hatten. 1939 emigrierte er wegen seiner jüdischen Herkunft nach Großbritannien und war Geschäftsführender Direktor der C a m d e n Chemicals Co. in London. S. starb bei einem Flugzeugunglück.
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S c h m e i d l e r , Werner (Johannes), Mathematiker, * 7 . 6 . 1 8 9 0 Berlin, t 1 . 4 . 1 9 6 9 Berlin. S. studierte Mathematik in Berlin und Göttingen, wo er 1917 promoviert wurde ( Ü b e r homogene /commutative Gruppen hyperkomplexer Größen und ihre Zerlegung in unzerlegbare Faktoren) und sich 1919 habilitierte. 1 9 1 9 / 2 0 war er Lehrbeauftragter in Kiel, seit 1921 o . P r o f . an der T H Breslau und seit 1939 o. Prof. der reinen und angewandten Mathematik an der T H bzw. der FU Berlin. S. veröffentlichte u . a . Vorträge über Determinanten und Matrizen mit Anwendungen in Physik und Technik (1949), Lineare Integralgleichungen (= Integralgleichungen mit Anwendungen in Physik und Technik, Bd. 1, 1950, 2 1955) und Lineare Operatoren im Hilbertschen Raum (1954, engl. 1965).
Schmeil,
(Franz) Otto, Biologe, Pädagoge, * 3 . 2 . 1860 Großkugel bei H a l l e / S a a l e , t 3 . 2 . 1943 Heidelberg. Der Sohn eines Dorfschullehrers wuchs nach dessen Tod seit 1870 in der Waisenanstalt der Franckeschen Stiftungen in Halle auf. Nach dem Besuch des Lehrerseminars in Eisleben (1877-80) war er zunächst Volksschullehrer in Halle. Er studierte daneben Biologie und wurde 1891 in Leipzig zum Dr. phil. promoviert. Seit 1894 Volksschullrektor in Magdeburg, wurde er 1904 in Heidelberg zum Prof. ernannt und war dann als Privatgelehrter tätig. S. reformierte den Biologieunterricht, in den er auch morphologische, physiologische und ökologische Gesichtspunkte einbezog, durch Anleitungen zu eigenen Beobachtungen und Experimenten. Er war Verfasser verbreiteter und in verschiedene Sprachen übersetzter Lehrbücher. Aus seinem Leitfaden der Zoologie (1900, 9 9 1920, Neuaufl. 1923, 1J 1932) und seinem Leitfaden der Botanik (1905) ging das für den Schulgebrauch bestimmte Biologische Unterrichtswerk (2 Tie., |9ίί · 20(> 1986) hervor. Zu seinen weiteren Werken gehören Über die Reformbestrebungen auf dem Gebiete des naturgeschichtlichen Unterrichts (1896, " 1 9 1 7 ) , Grundriß der Naturgeschichte (2 Tie., 1900), Der Mensch (1900), Lehrbuch der Botanik (2 Bde., 1 9 0 1 / 0 2 , 2 ί Ί 9 1 0 ) und Flora von Deutschland (mit Jost Fitschen, 1904, 9 4 2006). 1955 erschien seine Autobiographie Leben und Werk eines Biologen (hrsg. von August —>Seybold, 2 1986). m MBL
Schmeißer,
Karl, Bergfachmann, * 16. 10.1855 Siegen, t 2 . 4 . 1 9 2 4 Berlin. Der Sohn eines Mediziners studierte in Bonn und Berlin und wurde 1883 Regierungsassessor bei der Eisenbahndirektion Köln, dann Bergassessor bei der Bergwerksdirektion Saarbrücken. Seit 1889 Bergrevierbeamter in M a g deburg, war S. seit 1894 in gleicher Stellung in Aachen tätig. 1 8 9 3 / 9 4 untersuchte er Goldlagerstätten in Transvaal, 1 8 9 4 / 9 5 in Westaustralien. Seit 1897 Oberbergrat in Clausthal, übernahm S. 1900 die Leitung der Geologischen Landesanstalt und der Bergakademie in Berlin, war 1906-22 als Berghauptmann Direktor des Oberbergamtes Breslau und wurde 1916 zum Wirklichen Geheimen Oberbergrat ernannt. 1899-1903 war er freikonservatives Mitglied des Preußischen Landtags. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Ueber Vorkommen und Gewinnung der nutzbaren Mineralien in der Südafrikanischen Republik Transvaal (1894, 2 1895), Die Goldfelder Australasiens (1897, engl. 1898) und Die nutzbaren Bodenschätze und die Entwicklung des Bergbaus in den deutschen Schutzgebieten (1902, 2 1908). DP Perlick
Schmelen,
Johann Hinrich, evang. Missionar, * 5 . 1 . 1778 Kassebruch bei Bremen, t 2 6 . 7 . 1848 Komaggas (Südwestafrika). S., der für die London Missionary Society ( L M S ) arbeitete, missionierte seit 1811 in Pella (Südafrika) beim S t a m m der Khoikhoi. 1814 stieß er mit einer Expedition nach Namibia
Schmeller vor, wo er in Bethanien eine Missionsstation gründete. 1838 sorgte er für die Niederlassung der Rheinischen Missionsgesellschaft in Namibia. S. erarbeitete eine Evangelienübersetzung in die Nama-Sprache (1830). CD Henze S c h m e l i n g , Max, eigentl. Maximilian Siegfried Adolph Otto S., Boxer, Unternehmer, * 28.9. 1905 Klein-Luckow (Brandenburg), t 2 . 2 . 2 0 0 5 Hollenstedt bei Hamburg. Nach dem Abbruch einer kaufmännischen Lehre war S., Sohn eines Steuermanns, als Hilfsarbeiter seit 1922 in Düsseldorf, seit 1923 in Köln tätig und trat dort in einen Box-Club ein. 1924 Amateur-Vizemeister im Halbschwergewicht, widmete sich S. danach ausschließlich dem Boxsport und wurde 1926 deutscher Meister und im folgenden Jahr Europameister im Halbschwergewicht. Nach dem Wechsel zum Schwergewicht wurde er 1928 deutscher Meister, 1930 Weltmeister im Schwergewicht und hielt bis 1932 den Weltmeistertitel in allen Klassen. In seinem berühmtesten Kampf gewann S. 1936 in New York den WM-Ausscheidungskampf gegen den als unbesiegbar geltenden Joe Louis (Barrow), unterlag diesem jedoch im Rückkampf zwei Jahre später. 1939 gewann er erneut die europäischen Schwergewichtsmeisterschaften. Obgleich S. von den Nationalsozialisten zu Propagandazwecken instrumentalisiert wurde, trat er nie der N S D A P bei und weigerte sich, sich von seiner Frau Anny —>Ondra, mit der er seit 1933 verheiratet war, und seinem Manager Joe Jacobs zu trennen. Seit 1939 lebte er zurückgezogen auf seinem Gut in Rummelsburg (Pommern), wurde 1940 zur Wehrmacht eingezogen und war nach einer Verwundung 1943 bis Kriegsende zum Dienst in Kriegsgefangenenlagern eingesetzt. Seit 1946 lebte S. in Hamburg und bestritt 1948 in Berlin seinen letzen Boxkampf. Seit 1957 leitete er in Hamburg die Generalvertretung Norddeutschland für Coca-Cola, gründete die Abfüllfirma Max Schmeling & Co. KG und betrieb eine Geflügelfarm und Pelztierzucht auf seinem Gut in der Lüneburger Heide. 1991 gründete S. die karitative Max-Schmeling-Stiftung. Seine Erinnerungen erschienen 1977 (Neuaufl. ' -1995). CP NDB S c h m e l k e s , Gottfried, urkundl. Schmelkeles, Mediziner, Kurarzt, Baineologe, * 19.9. 1807 Prag, f 28.10. 1870 Interlaken. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte Philosophie in Prag, veröffentlichte Gedichte und philosophische Abhandlungen, die u. a. in der „Monatsschrift der Gesellschaft des vaterländischen Museums in Böhmen" erschienen, und wandte sich 1828 dem Medizinstudium zu, das er 1833 in Wien mit der Promotion abschloß (De deiirio cum tremore). Seit 1832 Leibarzt der Gräfin Therese Trauttmansdorff, wurde er 1834 Primararzt am israelitischen Spital und Badearzt in Teplitz. S. veröffentlichte u. a. Teplitz und seine Mineral-Quellen, mit besonderer Rücksicht auf ihren Werth als Heilmittel (1841) und Teplitz gegen Lähmungen. Ein Beitrag zur Balneotherapie der Neurosen (1855, Fortsetzung unter dem Titel Teplitz gegen Neuralgieen, 1861). DP ÖBL S c h m e l l e r , Alfred, Kunsthistoriker, * 11.3. 1920 Erlangen, f 19.9. 1990 während einer Reise nach Jugoslawien. S. studierte Kunstgeschichte in Berlin und Wien, wo er 1946 zum Dr. phil. promoviert wurde, befaßte sich besonders mit Archäologie und Ethnologie und arbeitete seit 1950 im Bundesdenkmalamt in Wien. 1951-53 war er Sekretär des Art Club, 1954-56 Redakteur der Zeitschrift „Magnum" und 1954-64 Kunstkritiker des „Kurier". 1960-69 war S. Landeskonservator für Wien und das Burgenland und leitete 1969-78 das Museum des 20. Jahrhunderts in Wien. Er veröffentlichte u.a. Surrealismus (1956).
S c h m e l l e r , Johann Andreas, Pseud. Habermut(h), Germanist, Bibliothekar, * 6 . 8 . 1 7 8 5 Tirschenreuth (Oberpfalz), t 27.7. 1852 München. S. war das fünfte Kind des Korbmachers Joseph Anton und der Maria Barbara S. Nach häufigem Schulwechsel bezog er das Lyzeum in München und wurde dort stark von dessen Direktor Kajetan —»Weiller, dem Haupt der Münchner Aufklärung, beeinflußt. 1804 ging S. aufgrund seiner pädagogischen Interessen zu Johann Heinrich —»Pestalozzi in die Schweiz. Da ihm dieser keine Stelle bieten konnte, ließ er sich im selben Jahr als Soldat in spanischen Diensten anwerben. S. wurde Lehrer an dem „Real Instituto Pestalozziano Militär" in Madrid. 1808 nahm er eine Stelle an der privaten „Lehr- und Erziehungsanstalt" in Basel an. 1814 wurde er auf Vorschlag des Kronprinzen —> Ludwig von Bayern Oberleutnant in einem Jäger-Bataillon, seit 1823 mit dem Status eines bei „Civilstellen practicirenden Offiziers". 1827 verlieh ihm die Münchner Univ. die Ehrendoktorwürde. Ein Jahr später wurde er a. o. Prof. der altdeutschen bzw. altgermanischen Sprache und Literatur, 1829 Kustos an der kgl. Hof- und Staatsbibliothek in München und ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1844 lehnte S. die ihm von der Univ. München angebotene Professur für slawische Sprachen ab. Im selben Jahr wurde er Unterbibliothekar. 1846 nahm er den Ruf auf den Münchner Lehrstuhl für altdeutsche Sprache und Literatur an. S. war Mitglied von 12 gelehrten Gesellschaften des In- und Auslandes sowie der Akademien der Wissenschaften in Berlin, Padua und Wien. Im Frühjahr 1848 wurde S. vom „Freisinnigen Verein" als Wahlkandidat zur konstituierenden deutschen Nationalversammlung aufgestellt. 1821 legte S. den ersten Teil des von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und aus Mitteln der Privatschatulle Kronprinz Ludwigs unterstützten, auf Studienreisen und mit Hilfe von „Menschenbeobachtern" erarbeiteten bayerischen Sprachwerks Die Mundarten Bayerns grammatisch dargestellt vor (Neudr. 1929). Mit dieser Mundartgrammatik begründete S. die wissenschaftliche Dialektologie. Die vier Bände des zweiten Teils des Sprachwerks erschienen unter dem Titel Bayerisches Wörterbuch in den Jahren 1827-37. Das Bayerische Wörterbuch wurde zur Norm aller Mundartwörterbücher. Erfaßt ist nicht nur der aktuelle, sondern auch der historische Wortschatz aller Dialekte auf heutigem bayerischen Territorium. Das Werk ist sowohl ein Idiotikon als auch ein Glossar, da es die historische, diplomatische und legislative Fachsprache bis ins 13. Jh. zurückverfolgt. Es bringt, nach Jacob —> Grimm, eine „reiche nach allen Seiten hin hinströmende Sacherläuterung". S. führte die gewaltige Bestandsaufnahme weiter. 1872-77 erschien eine 2., vermehrte, von Georg Karl —»Frommann bearbeitete Ausgabe (Neudrucke: 1912, 1939, 1961, 1983, 1985, 2002, 2008). Die Bayerische Akademie der Wissenschaften erarbeitet eine völlige Neuausgabe: Bayerisches Wörterbuch (hrsg. von der Kommission für Mundartforschung, 1995 ff.). S. befaßte sich darüber hinaus auf breiter Basis mit Sprachvergleichung und Sprachen, so u. a. mit dem „Zimbrischen". Er edierte eine Reihe zumeist althochdeutscher Texte überwiegend aus Münchner Handschriften, denen er einprägsame Namen gab: Heliand (1830), Muspilli (1832), Ruodlieb (1838), Tatian: Harmonia evangeliorum (lateinisch und althochdeutsch, 1841), Carmina Burana (1847) u.a. Er gab damit der aufblühenden Altgermanistik starke Impulse.
Schmeller Nicht minder fruchtbar war S.s Tätigkeit als Bibliothekar. Die Münchner Hof- und Staatsbibliothek war durch die Säkularisation in den Besitz der reichen Bibliotheksbestände der bayerischen Klöster gekommen, ein in seinen Dimensionen einmaliges Ereignis. In zwanzigjähriger immenser Arbeit ordnete und inventarisierte S. den ganzen Bestand von 27 000 abendländischen Handschriften, dabei weitgehend die Provenienzen wiederherstellend, und schuf so die Grundlage des Zugangs zu dieser größten im deutschen Sprachraum befindlichen bibliothekarischen Quellensammlung aus Mittelalter und früher Neuzeit. Der spätere Druck der Kataloge der deutschen und der lateinischen Handschriften basiert auf S.s Arbeiten (Die deutschen Handschriften der K. Hof- und Staatsbibliothek zu München, 2 Bde., 1866; Catalogus codicum latinorum Bibliothecae Regiae Monacensis, 1871 ff.). Dem internationalen Bildungspublikum, das die Münchner Hofbibliothek im 19. Jh. als Sehenswürdigkeit ersten Ranges besuchte, organisierte S. die ständige Ausstellung der „Cimelien" nach didaktischen und konservatorischen Gesichtspunkten. Er verfaßte zu diesem Zweck den Bibliotheksführer Ueber die K. Hof- und Staatsbibliothek für Besucher derselben (1843). Der nach Jacob Grimm wohl bedeutendste Begründer der Germanistik im 19. Jh. war zeitlebens von der Aufklärung, den Lehren —»Kants und den Ideen der Französischen Revolution geprägt, voll Verständnis für die Probleme des „Volkes" im Sinne der einfachen Menschen. Aus seiner Ablehnung der Romantik, der Amtskirche und des Adelsdünkels machte er keinen Hehl. Seine Arbeit war nüchtern und praktisch, dabei ethisch-erzieherisch geprägt, enzyklopädisch im Sinne des 18. Jh., aber gleichzeitig offen für das neue Geschichtsdenken des 19. Jh. und in dieser Kombination höchst erfolg- und ertragreich für die bis heute gültige bibliothekarische Organisation wie f ü r die aufblühende Wissenschaft der Germanistik. Zeitlebens hat S. über sich und seine Umwelt penibel, kritisch und leicht nörgelnd Tagebuch geführt, eine einzigartige zeitgenössische Quelle eines bedeutenden Wissenschaftlers. S. starb an den Folgen einer Cholerainfektion. WEITERE WERKE: Soll es eine allgemeine europäische Verhandlungs-Sprache geben? Kempten 1815. - Allgemeine Auskunft über die K. Hof- und Staatsbibliothek zu München. München 3 1851. - J. A. S.s sogenanntes Cimbrisches Wörterbuch. Im Auftrag der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften hrsg. v. Joseph Bergmann. Wien 1855. Tagebücher 1801-1852. Hrsg. v. Paul Ruf. 3 Bde., München 1954-57. - Briefwechsel. Hrsg. v. Werner Winkler. 3 Bde., Grafenau 1989. LITERATUR: Die Mundarten Bayerns. Registerband zu S.s Werk. Als Beitrag zu einer historischen Geographie der Mundarten Bayerns. Hrsg. v. Otto Mausser. München 1930. 2., unveränd. Nachdr. Vaduz 1986. - Hermann Kunisch: J. A. S.s geistesgeschichtliche Stellung. In: Historisches Jahrbuch. Görres-Gesellschaft. 6 2 / 6 9 (1949) S. 431-463. Paul Ruf: S. als Bibliothekar. In: Festgabe der Bayerischen Staatsbibliothek. Emil Gratzl zum 75. Geburtstag. Wiesbaden 1953, S. 9-95. - Richard J. Brunner: J. A. S. Sprachwissenschaftler und Philologe. Innsbruck 1971. - Jahrbuch der Johann-Andreas-Schmeller-Gesellschaft. 1980ff. - J. A. S. 1785-1852. Bayerische Staatsbibliothek. Gedächtnisausstellung zum 200. Geburtstag. München 1985 (weiterführende Literatur). - Nach Volksworten jagend. Gedenkschrift zum 200. Geburtstag von J. A. S. Hrsg. v. Richard J. Brunner. Bayreuth 1985. - J. A. S. und der Beginn der Germanistik. München 1988. - Franz Xaver Scheuerer: Z u m philologischen Werk J. A. S.s und seiner wissenschaftlichen Rezeption. B e r l i n / N e w York 1995. - Franz Georg Kaltwasser: „Der Eindruck, den dieser Büchertempel auf den Eintretenden macht, ist allerdings imposant." Ein Bericht
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J. A. S.s über die k. k. Hofbibliothek in Wien aus dem Jahr 1839. In: biblos 46 (1997) S. 305-317. - Richard J. Brunner/Josef Hahn: J. A. S. und die Bayerische Akademie der Wissenschaften. München 1997. - Eberhard Polland: J. A. S. Gedenkfeiern in seiner Heimatstadt Tirschenreuth. 1885-1985. Eine Dokumentation mit Bildern. Tirschenreuth 2002. - Sprachbrockensammler, Wortklauber und idioticographischer Gesottschneider. Vorträge zum Jubiläumsjahr 2002. Bayreuth 2003. Franz Georg Kaltwasser
Schmeller,
(Johann) Josef, Maler, Zeichner, * 1 2 . 7 . 1 7 9 6 Groß-Obringen bei Weimar, t 1. 10. 1841 Weimar. Der Bauernsohn war zunächst Schüler Ferdinand —»Jagemanns an der Großherzoglich Freien Zeichenschule in Weimar und setzte seine Ausbildung 1820-23 bei Mathieu Ignace van Bree an der Akademie in Antwerpen fort. Seit 1824 unterrichtete er an der Großherzoglich Freien Zeichenschule in Weimar. Im Auftrag —»Goethes zeichnete S. zahlreiche Bildnisse von mit ihm befreundeter Persönlichkeiten, u . a . von Franz —»Grillparzer, Bettine von —»Arnim und Johann Nepomuk - » H u m m e l , die im sogenannten Schmeller-Album (130 Bildnisse) zusammengestellt wurden. Er schuf außerdem allegorische Deckenbilder für das Schloß in Cromsdorf.
Schmeltzl,
Wolfgang, auch Schmältzl, Schmälzl, Lehrer, Dichter, Musiker, * um 1505 Kemnath (Oberpfalz), f 1564 St. Lorenzen am Steinfeld (heute zu Ternitz, Niederösterreich). Der Sohn einer Handwerkerfamilie wurde 1523 an der Univ. Wien immatrikuliert, war später Kantor an der Benediktinerabtei Kastl (um 1535) und in Weiden ( 1 5 3 6 / 3 7 ) und kehrte, als die Oberpfalz 1538 protestantisch wurde, nach Wien zurück, wo er spätestens seit 1540 als Schulmeister am Schottenstift und als Sänger an der Salvatorkapelle des Rathauses wirkte. 1543 wurde ihm das Wiener Bürgerrecht verliehen. 1554 als Kaplan bezeugt, nahm S. 1556 als Feldgeistlicher am Feldzug Erzherzog —»Ferdinands II. gegen die Türken teil, den er in seiner Reimchronik Der Christlich und Gewaltig Zug in das Hungerland (1556) schilderte. Im selben Jahre wurde er als Pfarrer von St. Lorenzen eingesetzt. S. verfaßte sieben Schuldramen mit biblischen Stoffen (u. a. Comoedia der Hochzeit Cana Galilee, 1543), die im Dienste der Gegenreformation standen. In seinem Zeitgedicht Lobspruch der Hochloeblichen Stat Wienn (1547, 2 1548) entwarf er ein farbiges, kulturhistorisch bedeutsames Bild der Residenzstadt. Als wichtige Quelle für das Quodlibet ist sein Liederbuch Guter, seltzamer und kunstreicher teutscher Gesang (1544, Neudr. 1990) von musikgeschichtlichem Wert. m BBKL
Schmelzer,
(Carl) Christoph, Physiker, * 1 7 . 1 1 . 1 9 0 8 Lichtentanne (Sachsen), t 10.6.2001 Heidelberg. S., Sohn eines Spinnereibesitzers und Neffe von Otto - » S . , studierte seit 1928 an der T H und der Univ. München Chemie, dann Physik in Jena und wurde 1936 mit der Dissertation Absolutmessung dielektrischer Verluste bei hohen Frequenzen mit dem Kondensator-Thermometer promoviert. Danach vorübergehend Privatassistent bei Max —»Wien, setzte er 1936-39 seine Arbeiten über das dielektrische Verhalten von Elektrolyten an der Brown University in Providence (Rhode Island, USA) fort und kehrte 1939 als Assistent am Technisch-Physikalischen Institut an die Univ. Jena zurück. 1945 nach H e i d e n h e i m / B r e n z verbracht, ging S. 1948 nach Heidelberg, wo er sich 1949 mit der Arbeit Beiträge zur Methodik dielektrischer Messungen habilitierte. 1954 wurde er dort zum apl. Prof., 1956 zum Honorarprofessor und 1959 zum o.Prof. ernannt. Seit 1952 war S. Mitglied der Protonen-Synchrotron Gruppe, die später
Schmerling d e n g r o ß e n P r o t o n e n b e s c h l e u n i g e r des C E R N bei G e n f aufbaute. Z u s t ä n d i g f ü r d a s H o c h f r e q u e n z s y s t e m s o w i e d i e m a g n e t i s c h e F ü h r u n g der P r o t o n e n und ihre p h a s e n r i c h t i g e B e s c h l e u n i g u n g , w u r d e er 1954 stellvertretender Leiter des Projekts. S., M i t b e g r ü n d e r der G e s e l l s c h a f t f ü r S c h w e r i o n e n f o r s c h u n g ( D a r m s t a d t ) , e n t w i c k e l t e ein B e s c h l e u n i g e r k o n zept f ü r s c h w e r e Ionen, das durch den B a u des unter seiner F ü h r u n g g e p l a n t e n U N I L A C (Universal L i n e a r Accelerator) in D a r m s t a d t u m g e s e t z t w u r d e . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Über günstige Betriebszustände des Elektronenzyklotrons (1952). S. w a r seit 1957 k o r r e s p o n d i e r e n d e s , seit 1966 ordentliches M i t g l i e d der H e i d e l b e r g e r A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n und seit 1958 M i t g l i e d der D e u t s c h e n A k a d e m i e der N a t u r f o r scher L e o p o l d i n a . DP N D B
Schmelzer,
J o h a n n Heinrich, auch S c h m e l t z e r , S. von E h r e n r u e f , österr. K o m p o n i s t , M u s i k e r , * 1 6 2 0 / 2 3 S c h e i b b s (Niederösterreich), t z w i s c h e n 2 9 . 2 . und 2 0 . 3 . 1680 Prag. S e i n e m u s i k a l i s c h e A u s b i l d u n g erhielt S., S o h n eines L e d e r ers und B ä c k e r s , v e r m u t l i c h als H o f s c h o l a r an der W i e n e r H o f k a p e l l e , an der er seit 1649 als Violinist n a c h w e i s b a r ist. Seit 1665 war er offizieller B a l l e t t k o m p o n i s t a m W i e ner H o f und w u r d e 1671 z u m Vizekapellmeister, 1679 z u m H o f k a p e l l m e i s t e r e r n a n n t . S. schrieb Violinsonaten und Ball e t t m u s i k e n s o w i e geistliche und weltliche V o k a l w e r k e . Er starb an der Pest. DD M G G S c h m e l z e r , (Carl) Otto, U n t e r n e h m e r , * 8 . 6 . 1869 Werdau bei Z w i c k a u , t 17. 1 . 1 9 4 5 Z w i c k a u . 1884 in d i e väterliche S p i n n e r e i eingetreten, w u r d e S. n a c h d e m T o d seines Vaters 1888 mit s e i n e m Vetter M i t i n h a b e r und ü b e r n a h m 1890 d i e alleinige F ü h r u n g d e s U n t e r n e h m e n s . N a c h d e m B a u einer K a m m g a r n s p i n n e r e i in L i c h t e n t a n n e w u r d e d e r F i r m e n s i t z dorthin verlegt. 1914-18 n a h m S. a m Ersten Weltkrieg teil. 1946 w u r d e die F i r m a , deren Seniorchef er nach d e m Tod seines Vetters seit 1897 war, enteignet und in d e n V E B K a m m g a r n s p i n n e r e i Z w i c k a u , Werk L i c h t e n t a n n e , u m g e w a n d e l t ; nach 1991 e r f o l g t e d i e Stilleg u n g . S., der auch k o m m u n a l p o l i t i s c h tätig war und m e h r e r e A u f s i c h t s r a t s m a n d a t e w a h r n a h m - er w a r u. a. 1903-28 Vorsitzender des A u f s i c h t s r a t s der S ä c h s i s c h e n W a g g o n f a b r i k A G Werdau - , g e h ö r t e seit 1901 d e m Vorstand d e s Vereins D e u t s c h e r W o l l k ä m m e r e r und K a m m g a r n s p i n n e r an, seit 1912 als d e s s e n Vorsitzender. 1920-33 w a r er als Vertreter S a c h s e n s M i t g l i e d des R e i c h s w i r t s c h a f t s r a t s , cd NDB
Schmelzkopf,
(Heinrich R o b e r t ) E d u a r d , a u c h S m e l z k o p , Schriftsteller, * 2 3 . 6 . 1 8 1 4 Saalsdorf (Kr. H e l m s t e d t ) , t 1 8 . 5 . 1896 B e v e r n bei H o l z m i n d e n . D e r S o h n eines Pastors studierte T h e o l o g i e , d a n n K l a s s i s c h e und N e u e r e P h i l o l o g i e in G ö t t i n g e n , L e i p z i g und B r a u n s c h w e i g und w a r nach e i n e m a b g e b r o c h e n e n M e d i z i n s t u d i u m in Berlin u n d v e r g e b l i c h e n B e m ü h u n g e n u m eine Privatlehrerstelle in der S c h w e i z als J o u r n a l i s t in B r a u n s c h w e i g tätig. U m 1847 v e r ö f f e n t l i c h t e S. m e h r e r e B ä n d e Lyrik in altgriechischer, lateinischer, n i e d e r d e u t s c h e r u n d h o c h d e u t scher S p r a c h e (u. a. Immen, 1846) und v o l k s a u f k l ä r e r i s c h e Traktate. Als Volksredner, J o u r n a l i s t und T e x t d i c h t e r von R e v o l u t i o n s h y m n e n w a r er einer der wichtigsten A g i t a t o ren in B r a u n s c h w e i g w ä h r e n d der M ä r z r e v o l u t i o n 1848. N a c h deren N i e d e r s c h l a g u n g zog er, seinen L e b e n s u n t e r h a l t m e i s t als Privatlehrer v e r d i e n e n d , d u r c h E u r o p a und hielt sich längere Zeit in Z ü r i c h ( 1 8 6 7 - 7 4 ) , R o m und in S c h w e d e n auf. Zuletzt lebte S. bei V e r w a n d t e n in B e v e r n . Er war m i t A u g u s t H e i n r i c h —> H o f f m a n n von Fallersleben und seit 1878 mit K l a u s J o h a n n —> G r o t h b e f r e u n d e t ; in den achtziger Jahren g e h ö r t e er z u m B e k a n n t e n k r e i s W i l h e l m —>Raabes. 1 8 9 7 / 9 8 erschien p o s t u m die z w e i b ä n d i g e L i e d e r s a m m l u n g Kinder des Herzens. CD B r a u n s c h w e i g 2
Schmelzte,
H a n s , Jurist, Politiker, * 1. 10. 1874 B u c h bei Illertissen, f 7 . 3 . 1955 M ü n c h e n . D e r S o h n eines L a n d w i r t s studierte seit 1894 K l a s s i s c h e Philologie, R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n u n d V o l k s w i r t s c h a f t in M ü n c h e n , w u r d e 1898 z u m Dr. oec. publ. p r o m o v i e r t und trat 1901 in den bayerischen Staatsdienst ein. Seit 1919 Leiter der B a y e r i s c h e n L a n d w i r t h s c h a f t s b a n k , w u r d e er 1920 von G u s t a v von —> K a h r in das bayerische A u ß e n m i n i sterium b e r u f e n und 1921 z u m Staatsrat e r n a n n t . Z u n ä c h s t die W e i m a r e r R e p u b l i k a b l e h n e n d , beteiligte sich S. später an der N i e d e r s c h l a g u n g d e s Hitler-Putsches und w a r 1 9 2 7 - 3 0 bayerischer F i n a n z m i n i s t e r . 1931 w u r d e S. P r ä s i d e n t des bayerischen V e r w a l t u n g s g e r i c h t s h o f s , 1933 Beisitzer b e i m Staatsgerichtshof d e s R e i c h s und trat 1939 in d e n vorzeitigen R u h e s t a n d . cd NDB
Schmenkel,
Fritz, W i d e r s t a n d s k ä m p f e r , * 1 4 . 2 . 1 9 1 6 W a r s o w (heute zu Stettin), t 2 2 . 2 . 1 9 4 4 M i n s k ( U d S S R ) . S., dessen Vater 1932 in W a r s o w bei g e w a l t s a m e n A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n mit Nationalsozialisten u m s L e b e n k a m , w u r d e 1938 zur W e h r m a c h t e i n b e r u f e n und 1940 von e i n e m K r i e g s g e r i c h t zu einer a c h t z e h n m o n a t i g e n H a f t s t r a f e verurteilt. I m N o v e m b e r 1941 Schloß sich S. als Soldat in W j a s m a der w e i ß r u s s i s c h e n P a r t i s a n e n b e w e g u n g an und n a h m a m K a m p f g e g e n d i e D e u t s c h e W e h r m a c h t teil. Bei d e m Versuch, mit d e m F a l l s c h i r m hinter den d e u t s c h e n Linien abz u s p r i n g e n , geriet er im W i n t e r 1 9 4 3 / 4 4 in G e f a n g e n s c h a f t , w u r d e i m F e b r u a r 1944 von e i n e m Kriegsgericht in M i n s k z u m Tod verurteilt und e r s c h o s s e n . S c h m e r , Josefine, österr. Sängerin, T ä n z e r i n , * 8 . 2 . 1 8 4 2 Wien, t 2 8 . 1 2 . 1904 W i e n . D i e T o c h t e r einer Ballettänzerin erhielt ihre A u s b i l d u n g bei ihrer M u t t e r , trat seit 1859 als T ä n z e r i n a m T h e a t e r in der J o s e f s t a d t auf und war 1 8 6 4 / 6 5 S o l o t ä n z e r i n a m T h e a t e r an der W i e n . 1 8 6 5 / 6 6 w a r S. a m T h e a t e r in der Josefstadt, a m T h a l i a t h e a t e r und an der S i n g s p i e l h a l l e i m W i e n e r Prater engagiert, wirkte 1867 als Ballettmeisterin a m T h e a t e r in der Josefstadt, d a n n a m H a r m o n i e t h e a t e r und w a r als Volkssängerin tätig. 1868 trat sie im Variete N e u m a n n in Pest auf, g e h ö r t e nach ihrer R ü c k k e h r nach W i e n verschiedenen W i e n e r V o l k s s ä n g e r g e s e l l s c h a f t e n an und g r ü n d e t e 1870 eine eigene Gesellschaft. CD O B L
Schmerber,
H u g o , Kunsthistoriker, H a n d e l s w i s s e n schaftler, * 2 9 . 6 . 1870 H o s t a v i c e (Vendegi, O b e r u n g a r n ) , t 9. 1. 1924 Prag. N a c h d e m B e s u c h der H a n d e l s s c h u l e in L i n z studierte S. seit 1896 G e s c h i c h t e und K u n s t g e s c h i c h t e an der D e u t s c h e n U n i v . P r a g , w u r d e 1899 z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t und lehrte d a n e b e n seit 1898 als Prof. an der dortigen d e u t s c h e n H a n d e l s a k a d e m i e . Seit 1902 w a r S. P r i v a t d o z e n t f ü r K u n s t g e schichte u n d L e h r e r f ü r B u c h h a l t u n g an der d e u t s c h e n T H , w o er 1909 a. o. und 1919 o . P r o f . der H a n d e l s w i s s e n s c h a f ten w u r d e . Seit 1904 w a r S. als P r i v a t d o z e n t f ü r mittelalterliche und n e u e r e K u n s t g e s c h i c h t e an der D e u t s c h e n U n i v . P r a g tätig. Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Beiträge zur Geschichte der Dintzenhofer (1900). CD Ö B L S c h m e r l i n g , A n t o n Ritter v o n , österr. Politiker, * 2 3 . 8 . 1805 Wien, t 2 3 . 5 . 1893 W i e n . D e r aus einer bereits im 18. Jh. in d e n Ritterstand erh o b e n e n W i e n e r B e a m t e n f a m i l i e s t a m m e n d e S., S o h n eines B a n c o - H a u p t c a s s a - C a s s i e r s und späteren A p p e l l a t i o n s gerichtsrats und B r u d e r von J o s e p h und R a i n e r von —>S., studierte 1821-24 P h i l o s o p h i e , 1825-28 R e c h t s w i s s e n s c h a f ten in W i e n und w u r d e 1830 z u m Dr. jur. p r o m o v i e r t . Seit 1846 w a r er R a t des niederösterreichischen Appellationsgerichts, quittierte 1847 als ständischer Verordneter den Staatsdienst und vertrat 1848 liberale F o r d e r u n g e n . N a c h der M ä r z r e v o l u t i o n O r g a n i s a t o r der N a t i o n a l g a r d e in W i e n
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Schmerling w a r S. 1 8 4 8 / 4 9 A b g e o r d n e t e r zur N a t i o n a l v e r s a m m l u n g in F r a n k f u r t . 1848 v o m R e i c h s v e r w e s e r E r z h e r z o g —»Johann z u m R e i c h s m i n i s t e r f ü r Inneres, d a n n z u m M i n i s t e r p r ä s i denten und A u ß e n m i n i s t e r e r n a n n t , trat er als B e f ü r w o r t e r d e s g r o ß d e u t s c h e n P r o g r a m m s j e d o c h bereits im D e z e m ber z u r ü c k . I m Juli 1849 w u r d e er österr. J u s t i z m i n i s t e r , trat w e g e n d e s verschärften N e o a b s o l u t i s m u s j e d o c h e b e n falls z u r ü c k und w u r d e 1851 S e n a t s p r ä s i d e n t b e i m Obersten G e r i c h t s h o f , 1857 P r ä s i d e n t d e s O b e r l a n d e s g e r i c h t s in Wien. 1860-65 w a r S. S t a a t s m i n i s t e r und hatte neben Joh a n n e s von —»Perthaler g r o ß e n Anteil an der A u s a r b e i tung d e r zentralistisch-liberalen V e r f a s s u n g . Seit 1867 w a r er M i t g l i e d des H e r r e n h a u s e s , zu d e s s e n Präsidenten er 1871 gewählt wurde. Cd N D B
Schmerling, J o s e p h v o n , österr. Militär, * 8 . 1 2 . 1 8 0 6 W i e n , t 6 . 9 . 1884 A u s s e e (heute B a d A u s s e e ) . S., B r u d e r von A n t o n und R a i n e r von —»S., studierte 1824-26 R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n in W i e n u n d trat 1828 in den Militärdienst ein. Seit 1839 H a u p t m a n n , w u r d e er 1849 Oberst, 1850 G e n e r a l m a j o r und ü b e r n a h m i m selben J a h r als Präses d i e L e i t u n g der B u n d e s m i l i t ä r k o m m i s s i o n in F r a n k f u r t / M a i n und den O b e r b e f e h l ü b e r d i e d o r t i g e g e m i s c h t e B u n d e s b e s a t z u n g . 1859 k a m er als C h e f d e s P r ä s i d i a l b ü r o s z u m österr. A r m e e o b e r k o m m a n d o , w a r 1860-62 Stellvertreter des K r i e g s m i n i s t e r s f ü r militärische, o p e r a t i v e und politische G e s c h ä f t e u n d seit 1866 K o m m a n d i e r e n d e r G e n e r a l im T e m e s v a r . 1869 w u r d e S. z u m Stellvertreter des O b e r k o m m a n d a n t e n der L a n d w e h r e r n a n n t und trat 1879 in d e n R u h e s t a n d . Seit 1859 G e h e i m e r Rat, w a r er seit 1879 M i t glied d e s H e r r e n h a u s e s des österr. Reichsrats. CD Ö B L S c h m e r l i n g , R a i n e r von, österr. M e d i z i n e r , Militärarzt, * 1.5. 1810 Wien, t 5 . 2 . 1 8 9 2 W i e n . D a s S t u d i u m der M e d i z i n an der U n i v . W i e n Schloß S., B r u d e r A n t o n und J o s e p h von —> S.s, 1834 mit der P r o m o tion (De genio morborum epidemico primi semestris anni mdcccxxxiii Vindobonae observato) z u m Dr. m e d . et chir. und als M a g . o p h t h . ab, w u r d e 1848 Leibarzt E r z h e r z o g A l b r e c h t s und w a r 1849 und 1859 in Militärspitälern tätig. 1866 begleitete er den E r z h e r z o g auf d e n italienischen K r i e g s s c h a u p l a t z . 1874 w u r d e S. P r ä s i d e n t des W i e n e r m e dizinischen D o k t o r e n k o l l e g i u m s . DP Ö B L
Schmettau, (Friedrich W i l h e l m ) Karl Graf von, Militär, T o p o g r a p h , 18 1 2 . 4 . 1743 Berlin, t 1 8 . 1 0 . 1806 W e i m a r . N a c h der T e i l n a h m e a m S i e b e n j ä h r i g e n Krieg g e h ö r t e S „ S o h n von S a m u e l von —>S., d e m e n g e r e n militärischen S t a b —»Friedrichs des G r o ß e n an und m a c h t e sich d u r c h seine t o p o g r a p h i s c h e n Karten einen N a m e n . 1767-87 f ü h r t e er eine L a n d e s a u f n a h m e in M e c k l e n b u r g - S t r e l i t z d u r c h und erarbeitete bis 1793 d i e nach i h m b e n a n n t e Schmettauische Karte. S. w u r d e z u m A d j u t a n t e n des B r u d e r s des K ö n i g s , Prinz —» F e r d i n a n d von P r e u ß e n , e r n a n n t . W e g e n seiner kritischen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n ü b e r den B a y e r i s c h e n E r b f o l g e krieg fiel er b e i m K ö n i g in U n g n a d e u n d n a h m 1790 seinen A b s c h i e d . 1804 k a u f t e S. S c h l o ß K ö p e n i c k , ü b e r n a h m nach A u s b r u c h des Kriegs von 1806 als G e n e r a l m a j o r e i n e Division und fiel bei Auerstedt. Z u seinen Veröffentlichungen g e h ö r e n Historischer Atlas von Pommern (mit F r a n z E n g e l , ca. 1770-80, N a c h d r . 1963-69), Carte chorographique et militaire du duche de Meklenburg-Strehlitz (1780-82, unter d e m Titel Topographisch, oeconomisch und militärische Charte des Herzogthums Mecklenburg Schwerin und des Fürstenthums Ratzeburg ( 1 7 8 8 - 9 2 ) und Über den Feldzug der preussischen Armee in Böhmen im Jahre 1778 unter eigener Anfuhrung seiner Majestät des Königs ( 1 7 8 9 , f r z . 1789). CD B B L
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Schmettau,
S a m u e l Graf von, Militär, * 2 6 . 3 . 1 6 8 4 Berlin, t 1 8 . 8 . 1751 Berlin. D e r S o h n eines preuß. A m t s k a m m e r r a t s trat in d e n M i litärdienst ein, k ä m p f t e zu B e g i n n d e s N o r d i s c h e n Kriegs f ü r D ä n e m a r k in S c h l e s w i g , w e c h s e l t e 1703 in ein im D i e n s t der G e n e r a l s t a a t e n s t e h e n d e s m a r k g r ä f l i c h - a n s b a c h i s c h e s Drag o n e r r e g i m e n t und w u r d e 1708 als O b e r s t l e u t n a n t A d j u t a n t des E r b p r i n z e n —> Friedrich von H e s s e n - K a s s e l , des späteren K ö n i g s von S c h w e d e n . N a c h d e m F r i e d e n s s c h l u ß k ä m p f t e S., in k u r s ä c h s i s c h e m Sold stehend, g e g e n S c h w e d e n und w u r d e 1716 O b e r s t u n d K o m m a n d e u r der k u r s ä c h s i s c h e n L e i b g a r d e , 1717 kaiserlicher General Wachtmeister und G e neralquartiermeister. Nach d e m Frieden von P a s s a r o w i t z auf Sizilien eingesetzt, k ä m p f t e er 1732 auf K o r s i k a und w u r d e 1735 im P o l n i s c h e n T h r o n f o l g e k r i e g a m O b e r r h e i n G e n e r a l f e l d z e u g m e i s t e r , 1741 F e l d z e u g m e i s t e r . 1741 trat S. in p r e u ß . Dienste und w u r d e von —> Friedrich II. z u m G e n e r a l f e l d z e u g m e i s t e r und K o m m a n d a n t e n der Artillerie e r n a n n t . 1742 w u r d e er in d e n R e i c h s g r a f e n s t a n d e r h o b e n . 1744 w a r S. K u r a t o r d e r P r e u ß i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h f t e n . Er w a r der Vater von Karl von —>S. S c h m e t t e r e r , L e o p o l d , österr. M a t h e m a t i k e r , * 8 . 1 1 . 1919 Wien, t 24. 8 . 2 0 0 4 G o l s ( B u r g e n l a n d ) . S., S o h n eines V e r s i c h e r u n g s b e a m t e n , Schloß d a s S t u d i u m der M a t h e m a t i k , P h y s i k und M e t e o r o l o g i e 1937-41 in W i e n mit d e r P r o m o t i o n ab (Approximation komplexer Zahlen durch Zahlen K[i 11]), w a r nach der T e i l n a h m e a m Z w e i t e n Weltkrieg Assistent a m M a t h e m a t i s c h e n Institut und habilitierte sich 1949 {Zum Konvergenzverhalten gewisser trigonometrischer Reihen). 1955 in W i e n z u m tit. a. o . P r o f . e r n a n n t , w u r d e er 1956 O r d i n a r i u s u n d D i r e k t o r des Instituts f ü r M a t h e m a t i s c h e Statistik in H a m b u r g ; 1961 k e h r t e er als o. Prof. f ü r M a t h e m a t h i k n a c h Wien zurück. 1970 w u r d e S. in die D e u t s c h e A k a d e m i e der N a t u r f o r s c h e r L e o p o l d i n a a u f g e n o m m e n ; seit 1984 g e h ö r t e er als k o r r e s p o n d i e r e n des M i t g l i e d d e r B a y e r i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f ten an. 1975-84 w a r er G e n e r a l s e k r e t ä r der Ö s t e r r e i c h i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n , der er seit 1972 a n g e h ö r t e . Seine F o r s c h u n g e n g a l t e n v o r allem der W a h r s c h e i n l i c h keitstheorie u n d M a t h e m a t i s c h e n Statistik. S. v e r ö f f e n t l i c h te u. a. Moderne Kontrolle (mit H a n s Lustig u n d J o h a n n P f a n z a g l , 1955), Einführung in die mathematische Statistik (1956, 2 1966, engl. 1974, russ. 1976) und Grundlagen der mathematischen Statistik (1957). 1962 w a r er M i t g r ü n d e r der „Zeitschrift f ü r W a h r s c h e i n l i c h k e i t s t h e o r i e " . S. starb bei e i n e m Verkehrsunfall. cd NDB
Schmettow,
W o l d e m a r Friedrich Graf von, a u c h S c h m e t t a u , D i p l o m a t , * 2 5 . 2 . 1749 Celle, t 7 . 7 . 1794 Plön. S., S o h n eines Offiziers, Gutsbesitzers und Schriftstellers, w a r 1767-69 G e s a n d t s c h a f t s s e k r e t ä r i m A u f t r a g d e s dänischen K ö n i g s in M a d r i d und W a r s c h a u , w u r d e 1771 Ges c h ä f t s t r ä g e r der G e s a n d t s c h a f t in D r e s d e n und w e c h s e l t e 1773 in k u r p f ä l z i s c h e Dienste, die er nach e i n e m J a h r wieder verließ. N a c h m e h r j ä h r i g e n R e i s e n ließ sich S. 1778 in Plön nieder. Er v e r f a ß t e A b h a n d l u n g e n und M o n o g r a p h i e n ü b e r s t a a t s w i s s e n s c h a f t l i c h e u n d staatsrechtliche T h e m e n , u. a. d i e S c h r i f t Beantwortung der Frage: Welches sind die sichersten [... ] Mittel, die Heerstraßen wider Räubereyen und Gewaltthätigkeiten zu sichern?, die 1788 von der Kgl. Societät der W i s s e n s c h a f t e n in G ö t t i n g e n mit d e m ersten Preis a u s g e z e i c h n e t w u r d e . DP S H B L , B d 3
Schmeykal,
Franz, Politiker, * 3 . 1 2 . 1 8 2 6 B ö h m i s c h Leipa, t 5 . 4 . 1 8 9 4 Prag. D e r S o h n eines N o t a r s und L a n d e s a d v o k a t e n studierte 1 8 4 3 - 5 0 P h i l o s o p h i e und R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n an der U n i v . Prag, w u r d e 1851 z u m Dr. j u r . p r o m o v i e r t und trat d a n n
Schmid in die Kanzlei seines Vaters ein. 1861 in d e n B ö h m i s c h e n L a n d t a g g e w ä h l t , Schloß er sich d e r liberalen V e r f a s s u n g s partei an, d i e er bis 1867 g e m e i n s a m mit E d u a r d - » Herbst, d a n n allein a n f ü h r t e ; 1862 w u r d e er O b m a n n d e s D e u t s c h e n Kasinos. 1861 a u c h L a n d e s a u s s c h u ß b e i s i t z e r , w u r d e S. L a n d e s a d v o k a t f ü r Prag. 1869 g r ü n d e t e er d e n V e r f a s s u n g s v e r ein der D e u t s c h e n in B ö h m e n u n d f ü h r t e 1870 A u s g l e i c h s v e r h a n d l u n g e n mit den T s c h e c h e n , deren F o r d e r u n g nach S e l b s t ä n d i g k e i t der b ö h m i s c h e n L ä n d e r 1871 er scharf ablehnte. 1883 setzte er sich f ü r e i n e Z w e i t e i l u n g d e s L a n d e s ein und verließ nach politischen M i ß e r f o l g e n 1886 d e n L a n d tag. c d ÖBL
S c h m e z e r , Friedrich, S ä n g e r , * 3 . 1 . 1807 W e r t h e i m (Baden), t 14. 1 . 1 8 7 7 B r a u n s c h w e i g . N a c h einer G e s a n g s a u s b i l d u n g in K a r l s r u h e b e g a n n S. e i n e Karriere bei einer reisenden O p e r n g e s e l l s c h a f t , m i t d e r er u. a. 1827 in P r e ß b u r g als M a x im Freischütz auftrat. A n schließend w a r er längere Zeit in G r a z , 1831-36 a m O p e r n haus in F r a n k f u r t / M a i n engagiert und d a n n bis zu s e i n e m Tod E n s e m b l e m i t g l i e d des H o f t h e a t e r s in B r a u n s c h w e i g . S. gastierte u . a . in Berlin, W i e n , Prag, Pest, A m s t e r d a m , M ü n c h e n und L o n d o n , w a r auch als Konzert-, Oratorienund L i e d e r s ä n g e r tätig u n d w i r k t e zuletzt als O p e r n r e g i s seur. c d Kutsch
S c h m i c k , R u d o l f , W a s s e r b a u e r , * 3 0 . 1 2 . 1858 B a d E m s , t 6 . 2 . 1934 M ü n c h e n . S., S o h n eines W a s s e r b a u i n g e n i e u r s , w u r d e n a c h d e m Stud i u m in K a r l s r u h e und Berlin 1884 p r e u ß . R e g i e r u n g s b a u f ü h r e r , 1888 R e g i e r u n g s b a u m e i s t e r b e i m W a s s e r b a u a m t in F r a n k f u r t / M a i n . Seit 1889 als B a u i n g e n i e u r mit s e i n e m Vater tätig, w a r er seit 1902 O b e r b a u r a t und Vortragender Rat im hessischen F i n a n z m i n i s t e r i u m in D a r m s t a d t . 1908 bereiste er z u m S t u d i u m der H y d r o g r a p h i e d i e d e u t s c h e n K o l o n i e n in A f r i k a . S. zählte zu den Pionieren der Wass e r v e r s o r g u n g und - e n t s o r g u n g u n d der N u t z u n g von Wasserkraft in D e u t s c h l a n d . E r plante W a s s e r v e r s o r g u n g s a n l a gen, u. a. in H a n a u , G i e ß e n und A s c h a f f e n b u r g , das erste W a s s e r k r a f t w e r k a m W a l c h e n s e e in B a y e r n (1904), das 1918-24 e r b a u t w u r d e , und bis 1909 e i n e G r u p p e n w a s s e r v e r s o r g u n g in O b e r h e s s e n . 1910-12 w u r d e nach seinen Entwürfen die damals größte Hochdruckanlage Deutschlands errichtet, d i e L e i t z a c h - W e r k e i m A l p e n v o r l a n d . S. veröffentlichte u . a . Gutachten Uber die Talsperrenanlage an der Naute im Löwenfluß (1907). CD N D B
S c h m i d , Alfred, schweizer. Chirurg, Urologe, Medizinhistoriker, * 1 3 . 1 1 . 1 8 8 4 B e r n , f 15. 1. 1946 B e r n . D a s M e d i z i n s t u d i u m in B e r n , J e n a und M ü n c h e n Schloß S. 1912 mit der P r o m o t i o n a b ( Ü b e r die Wirkungen von Kombinationen narkotischer Mittel mit Cocain und von Lokalanästhetikgemischen), erhielt s e i n e weitere A u s b i l d u n g in C h i r u r g i e und U r o l o g i e in B e r n , W i e n und H a m b u r g und ließ sich 1914 als Spezialist f ü r C h i r u r g i e und U r o logie in B e r n nieder. 1938 habilitierte er sich f ü r M e d i z i n g e s c h i c h t e in B e r n und w a r dort als P r i v a t d o z e n t tätig. S. b e f a ß t e sich mit E l e k t r o t h e r a p i e und v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Beschreibung des kombinierten Hochspannungsstromes, einer neuen elektrotherapeutischen Strommodifikation (1932), Biologische Wirkungen der Luft-Elektrizität, mit Berücksichtigung der künstlichen Ionisierung (1936) und Ueber alte Kräuterbücher (1939). 1921 war er G r ü n d u n g s m i t glied der S c h w e i z e r i s c h e n b i b l i o g r a p h i s c h e n G e s e l l s c h a f t und 1926-29 Präsident d e r B e r n i s c h e n N a t u r f o r s c h e n d e n Gesellschaft. c d B i o g r Verstorb S c h w e i z , B d 1
S c h m i d , A l o i s v o n , kath. T h e o l o g e , P h i l o s o p h , * 22. 12. 1825 Z a u m b e r g bei I m m e n s t a d t / A l l g ä u , t 1 6 . 3 . 1910 M ü n c h e n . S., S o h n eines B a u e r n , studierte seit 1844 P h i l o s o p h i e und T h e o l o g i e in M ü n c h e n , e m p f i n g 1849 d i e P r i e s t e r w e i h e und w u r d e 1850 in M ü n c h e n z u m Dr. theol. p r o m o v i e r t . N a c h kurzer Lehrtätigkeit an der S t u d i e n a n s t a l t in Z w e i b r ü c k e n w u r d e er 1852 Prof. der P h i l o s o p h i e a m Kgl. L y z e u m in Dillingen und lehrte seit 1866 als Prof. der D o g m a t i k an der U n i v . M ü n c h e n ; 1 8 9 4 - 1 9 0 3 war er auch Prof. d e r A p o l o g e tik. 1893 w u r d e S. in d e n p e r s ö n l i c h e n A d e l s s t a n d e r h o b e n und 1903 z u m Kgl. G e h e i m r a t ernannt. Er v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Entwicklungsgeschichte der Hegel'schen Logik (1858), Wissenschaftliche Richtungen auf dem Gebiete des Katholicismus in neuester und gegenwärtiger Zeit (1862), Wissenschaft und Auktorität (1867), Untersuchungen Uber den letzten Gewißheitsgrund des Offenbarungsglaubens (1879), Erkenntnislehre (2 Bde., 1890) und Apologetik als spekulative Grundlegung der Theologie (1900). CD N D B S c h m i d , A n t o n von, österr. D r u c k e r , Verleger, * 23. 1. 1765 Zwettl (Niederösterreich), t 2 7 . 6 . 1 8 5 5 W i e n . D e r S o h n eines S t i f t s k o c h s b e g a n n ein P h i l o s o p h i e s t u d i u m in W i e n und g i n g 1785 bei d e m B u c h d r u c k e r Josef L o r e n z von K u r z b ö c k in d i e L e h r e , der sich auf den D r u c k orientalischer W e r k spezialisiert hatte. S. erhielt e i n e sprachlic h e A u s b i l d u n g an der Orientalischen A k a d e m i e , arbeitete nach einer L e h r e als H e b r ä i s c h s e t z e r in L e m b e r g und übern a h m n a c h K u r z b ö c k s Tod 1793 d i e h e b r ä i s c h e A b t e i l u n g der Druckerei, 1805 auch dessen B e f u g n i s d e r Universitätsdruckerei. S p ä t e r e r w e i t e r t e er sein P r o g r a m m u m arabische, persische und syrische Werke. Er g a b u . a . d e n Talmud in zwölf B ä n d e n h e r a u s ( 1 8 0 6 - 1 1 ) . 1825 w u r d e S. nobilitiert. 1839 ü b e r g a b er d i e F i r m e n l e i t u n g s e i n e m S o h n F r a n z von - > S . CD N D B S c h m i d , A n t o n (Franz), M u s i k p ä d a g o g e , M u s i k f o r s c h e r , * 30. 1. 1787 Pihl ( B ö h m e n ) , f 3 . 7 . 1 8 5 7 Salzburg. D e r S o h n e i n e s B i e r b r a u e r s k a m 1798 als C h o r k n a b e in das A u g u s t i n e r k l o s t e r in B ö h m i s c h - L e i p a , w o er a u c h M u s i k unterricht erhielt, u n d setzte seine S t u d i e n seit 1804 in P r a g fort. 1812 ging S. nach Wien, w a r hier z u n ä c h s t als Privatlehrer tätig, trat 1818 in d e n Dienst der H o f b i b l i o t h e k und w u r d e 1844 K u s t o s . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. die erste w i s s e n s c h a f t l i c h e B i o g r a p h i e C h r i s t o p h Willibald von —>Glucks (Christoph Willibald, Ritter von Gluck. Dessen Leben und tonkünstlerisches Wirken, 1854). cd MGG S c h m i d , A n t o n , österr. B e t r i e b s w i r t s c h a f t l e r , * 1 8 . 2 . 1 8 7 0 Wien, f 2 1 . 4 . 1931 W i e n . Nach d e m B e s u c h der H a n d e l s a k a d e m i e und der Lehranstalt f ü r orientalische S p r a c h e n in W i e n h ö r t e S., S o h n eines K a u f m a n n s , Vorlesungen an der dortigen U n i v . und d e r T H und w a r nach einer dreijährigen Tätigkeit in der W i r t s c h a f t 1 8 9 0 - 9 2 A s s i s t e n t und L e h r e r an der H a n d e l s s c h u l e in A u s sig. 1892-94 unterrichtete er an d e r K o m m u n a l h a n d e l s s c h u l e in G a b l o n z , w a r 1894-98 D i r e k t o r der D e u t s c h e n H a n d e l s lehranstalt und Direktor der h ö h e r e n H a n d e l s s c h u l e in Pilsen, seit 1897 a u c h Direktor der dortigen H a n d e l s s c h u l e f ü r F r a u e n und M ä d c h e n . 1898 w u r d e S. o . P r o f . der H a n d e l s w i s s e n s c h a f t e n und Leiter d e s M u s t e r k o n t o r s an der E x p o r t a k a d e m i e in Wien, ü b e r n a h m 1913 d a s H a n d e l s t e c h n i s c h e S e m i n a r , 1917 auch das Institut f ü r O r g a n i s a t i o n s - und B e triebslehre und w u r d e 1915 D i r e k t o r der E x p o r t a k a d e m i e . D a n e b e n lehrte er seit 1905 als a . o . P r o f . an der K o n s u l a r a k a d e m i e und seit 1912 als H o n o r a r d o z e n t an der T H W i e n . Bei der U m w a n d l u n g der E x p o r t a k a d e m i e in d i e H o c h s c h u l e f ü r Welthandel 1919 w u r d e die B e z e i c h n u n g der P r o f e s s u r und des Instituts, d e m S. vorstand, in A l l g e m e i n e und B e s o n d e r e Betriebs- und O r g a n i s a t i o n s l e h r e geändert. cd
ÖBL
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Schmid S c h m i d , Anton, österr. Widerstandskämpfer, * 9. 1.1900 Wien, t 13.4. 1942 Wilna. Der Sohn eines Postbeamten eröffnete nach einer Elektronikerlehre 1928 ein Elektrowarengeschäft in Wien. Im Zweiten Weltkrieg als Feldwebel Leiter der Versprengtendienststelle in Wilna, nahm S. verfolgte Juden in seine Wohnung auf und stand in Verbindung mit Insassen des dortigen Ghettos. Durch Ausstellung von Arbeitsbestätigungen konnte er zahlreiche Personen vor dem Tod retten. Nachdem seine Aktivitäten bekannt geworden waren, wurde S. von einem Gericht der Feldkommandantur zum Tod verurteilt und hingerichtet. 1966 wurde er als „Gerechter unter den Völkern" geehrt. DD Ö B L S c h m i d , Anton Franz
D i e t z e n s c h m i d t , Anton Franz
S c h m i d , Arnold, Chemiker, * 30. 10.1903 Preßburg, t 3 1 . 7 . 1 9 3 0 Hangelar bei Sankt Augustin. Der Sohn eines Sprengstofftechnikers studierte C h e m i e an der T H Graz, wurde 1925 zum Dr. techn. promoviert und wandte sich dann der Sprengstoffchemie zu. Als C h e m i k e r trat S. in die Dynamit A G vormals Nobel & Co. in HamburgKöln ein und entwickelte 1926 ein Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung des Sprengstoffs Nitroglyzerin. Er ging nach Brig (Schweiz), wo sein Verfahren im Gamsener Werk der Societe Suisse des Explosifs erstmals angewendet wurde. S. arbeitete weitere technische Verbesserungen aus, u. a. f ü r die Fabrikation von Nitrobenzol, Nitronaphthalin und Nitroglykol. Er starb bei d e m Absturz eines von ihm gesteuerten Flugzeugs. Nach S. ist das Nitrinverfahren System Schmid benannt. t u ÖBL S c h m i d , August, schweizer. Maler, Bühnenbildner, * 3 0 . 7 . 1877 Diessenhofen (Kt. Thurgau), t 19. 1. 1955 Zürich. Seine künstlerische Ausbildung erhielt der Sohn eines Tierarztes 1893-95 an der Kunstgewerbeschule in Zürich, setzte seine Studien 1896-98 an der Ecole des Arts Decoratifs in Paris fort und wurde 1899 Schüler L u d w i g —»Herterichs an der M ü n c h n e r Kunstakademie. S. war zunächst als Landschaftsmaler, dann als Bühnenbildner und Regisseur tätig und war 1917 Assistent M a x —»Reinhardts in Berlin. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz war er Mitbegründer der Freien Bühne Zürich. S. spezialisierte sich auf das Freilichttheater und inszenierte u . a . 1930 in Einsiedeln Calderons Großes Welttheater. Er veröffentlichte u . a . Das Volk spielt Theater (1940). CD Schweiz Theater S c h m i d , Balthasar, auch Schmidt, Schmied, Musiker, Notenstecher, Musikverleger, getauft 2 0 . 4 . 1705 Nürnberg, begraben 27. 11. 1749 Nürnberg. Seine musikalische Ausbildung erhielt S., Sohn eines Kammachers, , vermutlich bei Wilhelm Hieronymus Pachelbel oder bei Cornelius Heinrich —»Dretzel, dessen ChoralBuch er 1748 in Neubearbeitung herausgab. Er studierte seit 1726 an der Univ. Leipzig und wurde 1733 Organist an der St.-Margarethen-Burgkapelle. 1737 übernahm S. die Organistenstelle an der Augustinerkirche in Nürnberg, die er, seit 1743 gemeinsam mit dem Organistenamt an St. Walburg, bis zu seinem Tod innehatte. S. erlernte auch das Kupferund Notenstechen und besaß eine eigene Werkstatt. Mit dem Stich der Goldberg-Variationen (1741) wurde er Verleger von Johann Sebastian —> Bach. CD M G G S c h m i d , Bernhard d. Ä., auch Schmidt, Schmitt, Fabricius, Musiker, * 1535 vermutlich Straßburg, f 1592 Straßburg. S., dessen Vater als Verwalter für verschiedene kirchliche Institutionen und Erziehungsanstalten arbeitete, wurde um 1562 Organist an der Thomaskirche und am Münster in Straßburg und hatte diese Stelle bis zur Übergabe an seinen
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Sohn Bernhard —>S. d . J . 1592 inne. Seine Orgeltabulatur umfaßt ein Buch Motetten, fast ausschließlich von Orlando di —» Lasso, deutsche, französische und italienische weltliche Gesänge sowie italienische und deutsche Tanzsätze. S. war auch dichterisch tätig. DO M G G S c h m i d , Bernhard d. J., auch Schmidt, Musiker, getauft 1.4. 1567 Straßburg, t vor d e m 5 . 1 1 . 1625 Straßburg. S. war 1589-92 Organist an der Thomaskirche in Straßburg und übernahm 1892 als Nachfolger seines Vaters Bernhard —»S. d . Ä . das A m t des Organisten am dortigen Münster. Er veröffentlichte eine Orgeltabulatur, die 1607 unter dem Titel Tabulatur Buch Von Allerhand außerlesnen, Schönen, Lieblichen Praeludijs, Toccaten, Motetten, Canzonetten, Madrigalien unnd Fugen [...] erschien und vorwiegend italienische Werke enthielt. CD M G G S c h m i d , Bernhard (Ernst Gustav), Architekt, * 2 6 . 9 . 1 8 7 2 B e r n b u r g / S a a l e , t 1 1 2 . 1 9 4 7 Husum. Nach dem Architekturstudium seit 1891 an der T H Berlin und einer Ausbildung als Regierungsbauführer legte S., Sohn eines Berufssoldaten, 1896 die Staatsprüfung als Regierungsbaumeister ab und arbeitete seit 1897 bei der Wiederherstellung der Marienburg mit. 1903-41 war er Provinzialkonservator von Westpreußen, leitete 1903-25 zudem das Staatshochbauamt Marienburg und war 1922-45 Baumeister der Marienburg. S. befaßte sich besonders mit der Erforschung der Bau- und Kunstgeschichte des Ordenslandes und veröffentlichte mehrere Monographien über die Marienburg. 0 3 Altpreuß Biogr, Bd 5 S c h m i d , Carl (Christian Erhard), auch Schmidt, evang. Theologe, Philosoph, * 1 4 . 4 . 1 7 6 1 Heilsberg bei Remda, t 10.4. 1812 Jena. S., Sohn eines Lehrers und Predigers, studierte seit 1778 Theologie, Geschichte, Philosophie, Physik, Staatskunde, Psychologie, Philologie und Naturgeschichte in Jena, legte 1780 in Weimar das theologische Examen ab und wurde 1782 Hauslehrer - > N o v a l i s ' , den er auch als Studenten betreute. 1784 wurde S. Magister der Philosophie in Jena, hielt seit 1785 exegetische Vorlesungen und trug durch seine Vorlesungen über Immanuel —>Kant dazu bei, daß Jena E n d e des 18. Jh. zum wichtigsten Zentrum der Kant-Rezeption im deutschen Sprachraum wurde, war aber auch mehrfach in Kontroversen mit —»Fichte, - » H e g e l und —»Schelling verwickelt. Neben seiner Lehrtätigkeit übernahm er 1787 eine Stelle als Vikar in Wenigenjena, wurde 1791 Ordinarius für Logik und Metaphysik in Gießen und kehrte 1793 als Ordinarius für Philosophie, Diakonus an der Stadtkirche und Garnisonsprediger nach Jena zurück. 1800 wurde S. zum Dr. theol. promoviert, 1804 z u m Herzoglich SachsenGothaischen Kirchenrat ernannt. 1796-98 gab er das von ihm gegründete „Psychologische Magazin", 1 8 0 3 / 0 4 das „Anthropologische Journal" heraus. S. veröffentlichte u . a . Kritik der reinen Vernunft im Grundrisse zu Vorlesungen (1786, 4 1798), Wörterbuch zum Gebrauch der Kantischen Schriften (1786, 4 1798), Versuch einer Moralphilosphie (2 Bde., 1790, 4 1802), Empirische Psychologie (Teil 1, 1791, 2 1796), Grundriß der Moralphilosophie ( 1 7 9 3 , 2 1 8 0 0 ) , Grundriß des Naturrechts (1795), Philosophische Dogmatik im Grundriß (1796, 2 1799), Grundriß der Logik (1797), Physiologie, philosophisch bearbeitet (3 Bde., 1798-1801), Grundriß der Metaphysik (1799) und Grundriß der allgemeinen Enzyklopädie und Methodologie aller theologischen Wissenschaften (1810). DP N D B S c h m i d , Carl, Sänger, * 9 . 4 . 1 8 2 5 Uerkheim (Kt. Aargau), f 2 5 . 4 . 1873 Wien. Der Pfarrerssohn war nach dem mit der Promotion abgeschlossenen Medizinstudium in Tübingen und Prag als Arzt an verschiedenen Prager Kliniken tätig, absolvierte dann eine
Schmid G e s a n g s a u s b i l d u n g und g a b hier 1852 sein B ü h n e n d e b ü t als Sarastro in der Zauberflöte. 1855 ging S. an d i e H o f o p e r in Wien, w o er Partien wie den O r o v e s o in Bellinis Norma und den M a r c e l in —»Meyerbeers Les Huguenots sang. S. starb an den F o l g e n eines J a g d u n f a l l s . DP Ö M L S c h m i d , Carl Christian, Politiker, W i r t s c h a f t s f a c h m a n n , * 9 . 5 . 1886 O s n a b r ü c k , t 6 . 4 . 1955 M e e r e r B u s c h ( M e e r busch). S., S o h n eines O b e r l a n d e s g e r i c h t s r a t s , studierte R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n in G ö t t i n g e n , Berlin und Kiel, w a r 1908-11 R e g i e r u n g s r e f e r e n d a r in S c h l e s w i g und 1911-14 stellvertretend e r L a n d r a t in S c h l e b u s c h (Berlin). W ä h r e n d des Ersten Weltkrieges im R e i c h s m a r i n e a m t und als Hilfsarbeiter i m preuß. I n n e n m i n i s t e r i u m b e s c h ä f t i g t , w u r d e er 1918 Polizeidirektor in H a n a u , 1919 Mitarbeiter von W o l f g a n g - » H e i n e im preuß. I n n e n m i n i s t e r i u m und kurz darauf B ü r g e r m e i ster in D ü s s e l d o r f . N a c h d e r R u h r b e s e t z u n g 1923 ausgewiesen, w u r d e er R e i c h s k o m m i s s a r f ü r R h e i n und R u h r in der R e i c h s k a n z l e i Berlin und w a r 1926-30 Staatssekretär i m R e i c h s m i n i s t e r i u m f ü r d i e besetzten Gebiete. 1 9 1 9 / 2 0 M i t glied des H e s s i s c h e n K o m m u n a l l a n d t a g s , w a r S. 1924-28 A b g e o r d n e t e r der D e u t s c h e n Volkspartei im P r e u ß i s c h e n L a n d t a g und saß 1928-32 im Reichstag. 1933-39 übern a h m er das A m t des R e g i e r u n g s p r ä s i d e n t e n in D ü s s e l dorf. S. g e h ö r t e d e m Verwaltungsrat der R h e i n i s c h - W e s t f ä l i schen Elektrizitätswerke A G und den A u f s i c h t s r ä t e n der B e r g b a u A G E w a l d - K ö n i g L u d w i g s o w i e der S ü d d e u t schen E i s e n b a h n - G e s e l l s c h a f t an. Seit 1947 Vorsitzender der A r b e i t s g e m e i n s c h a f t der S c h u t z v e r e i n i g u n g e n f ü r privaten Wertpapierbesitz, trat S. f ü r e i n e d i e I n d u s t r i e nicht zersplitt e r n d e E n t f l e c h t u n g der d e u t s c h e n M o n t a n - u n d C h e m i e w i r t schaft ein und w i r k t e an der N e u o r d n u n g der I. G. F a r b e n industrie mit. S c h m i d , C a r l o , eigentl. C h a r l e s Jean M a r t i n H e n r i S., Politiker, Jurist, Schriftsteller, * 3. 12. 1896 P e r p i g n a n (Frankreich), t 11. 1 2 . 1 9 7 9 B a d H o n n e f . D e r S o h n eines s c h w ä b i s c h e n Realschullehrers und einer F r a n z ö s i n studierte von 1919 bis 1921 R e c h t s w i s s e n s c h a f ten in T ü b i n g e n u n d w u r d e 1923 mit der Dissertation Die Rechtsnatur der Betriebsvertretungen nach dem Betriebsrätegesetz von d e m F r a n k f u r t e r A r b e i t s r e c h t l e r H u g o —> S i n z h e i m e r p r o m o v i e r t . 1927 k a m er an das Kaiser-WilhelmInstitut f ü r a u s l ä n d i s c h e s öff e n t l i c h e s R e c h t und V ö l k e r r e c h t , w o er mit der „ W a f f e des V ö l k e r r e c h t s " d i e B e m ü h u n g e n der d e u t s c h e n R e g i e r u n g um e i n e R e v i s i o n des Versailler V e r t r a g s s y s t e m s unterstützte. Von 1927 bis 1929 assistierte er Erich —»Kaufmann und Viktor —>Bruns bei d e n V e r h a n d l u n g e n vor d e m D e u t s c h - P o l n i s c h e n S c h i e d s g e r i c h t . In seiner 1929 an der U n i v . T ü b i n g e n e i n g e r e i c h t e n Habilitationsschrift Die Rechtsprechung des Ständigen Internationalen Gerichtshofes in Rechtssätzen dargestellt plädierte er f ü r D e u t s c h lands G l e i c h b e r e c h t i g u n g in e i n e m S y s t e m internationaler G e r i c h t s b a r k e i t und Streitschlichtung. Als G e g n e r d e s nationalsozialistischen R e g i m e s hatte S. k e i n e C h a n c e , auf einen L e h r s t u h l f ü r V ö l k e r r e c h t ber u f e n zu w e r d e n . 1 9 3 4 / 3 5 appellierte er in verdeckter F o r m in d e n von W o l f g a n g F r o m m e l geleiteten M i t t e r n a c h t s s e n d u n g e n „Vom Schicksal des d e u t s c h e n G e i s t e s " an die Intellektuellen, sich den b r a u n e n M a c h t h a b e r n zu v e r w e i g e r n . 1940 w u r d e er als K r i e g s v e r w a l t u n g s r a t nach Lille e i n b e r u f e n , w o er die Last des d e u t s c h e n B e s a t z u n g s r e g i m e s zu
m i l d e r n v e r s u c h t e und a u c h illegale W e g e nicht scheute, u m das L e b e n von M e n s c h e n zu retten. 1941 k n ü p f t e er K o n t a k t zu H e l m u t h J a m e s Graf von M o l t k e . In d i e gescheiterten U m s t u r z v e r s u c h e v o m S o m m e r 1943 und 20. Juli 1944 w a r er e i n g e w e i h t . E r hatte in Lille d i e e r f o r d e r l i c h e n Vorbereitungen g e t r o f f e n . I m S e p t e m b e r 1944 k e h r t e S. nach T ü b i n g e n zurück, überzeugt, d a ß e i n e n e u e Elite den politischen N e u a u f b a u in die H a n d n e h m e n m ü s s e . I m Juni 1945 ü b e r n a h m er d i e L a n desdirektion f ü r Kult in Stuttgart. N a c h der Teilung W ü r t t e m b e r g s in eine a m e r i k a n i s c h e und f r a n z ö s i s c h e Z o n e vertraute ihm d i e f r a n z ö s i s c h e M i l i t ä r r e g i e r u n g im O k t o b e r das A m t des R e g i e r u n g s c h e f s in W ü r t t e m b e r g - H o h e n z o l l e r n an, das er 1947 an L o r e n z —»Bock ( C D U ) abtreten m u ß t e . D e r in T ü b i n g e n r e s i d i e r e n d e R e g i e r u n g s c h e f , der zugleich Leiter des K u l t - und Justizressorts w a r und B i l d u n g und Dem o k r a t i e als Korrelate verstand, setzte sich z u m Ziel, aus W ü r t t e m b e r g - H o h e n z o l l e r n e i n e „ p ä d a g o g i s c h e P r o v i n z " zu m a c h e n . N a c h seiner Wahl z u m Vorsitzenden der S P D W ü r t t e m b e r g - H o h e n z o l l e r n s i m F e b r u a r 1946 rief er dazu auf, d i e Klassenpartei S P D in e i n e soziale R e f o r m p a r t e i u m z u w a n d e l n . Als einer der V ä t e r des G r u n d g e s e t z e s , das zu seinen b l e i b e n d e n L e i s t u n g e n zählt, legte S., der nach 1945 zum Fürsprecher deutsch-französischer Aussöhnung wurde, die v e r f a s s u n g s r e c h t l i c h e n G r u n d l a g e n f ü r e i n e Politik der e u r o p ä i s c h e n Integration. 1949 ü b e r n a h m er d a s A m t des Vizepräsidenten d e s D e u t s c h e n B u n d e s t a g s , w o er bis zu s e i n e m A u s s c h e i d e n 1972 als Stilbildner d e s d e u t s c h e n Parl a m e n t a r i s m u s wirkte. Von 1966 bis 1969 bekleidete er das A m t d e s Ministers f ü r A n g e l e g e n h e i t e n d e s B u n d e s r a t s ; von 1969 bis 1979 entfaltete er als K o o r d i n a t o r f ü r deutschf r a n z ö s i s c h e Z u s a m m e n a r b e i t zahlreiche Initiativen. A u f der S u c h e nach e i n e m W e g zur d e u t s c h e n Einheit s c h e u t e er sich nicht, Tabus zu brechen. 1956 sprach er sich f ü r d i e A n e r k e n n u n g der O d e r - N e i ß e - L i n i e aus, 1958 f ü r e i n e D e - f a c t o A n e r k e n n u n g der D D R . Von 1946 bis 1953 lehrte S. an der U n i v . T ü b i n g e n V ö l k e r recht, von 1953 bis 1968 an der U n i v . F r a n k f u r t P o l i t i s c h e W i s s e n s c h a f t e n . In der Welt der D i c h t u n g w a r er g e n a u s o zu H a u s e w i e in der Welt der Politik. S t e f a n —> G e o r g e hatte sein D e n k e n und Dichten beeinflußt, aber er w a r kein G e o r geaner. E r übersetzte u . a . D a n t e u n d M a c h i a v e l l i , B a u d e l a i res Fleurs du mal, K o m ö d i e n C a l d e r ö n s , R o s t a n d s und L o p e d e Vegas, auf Bitten A n d r e M a l r a u x ' d e s s e n A n t i - M e m o i r e n . S e i n e eigenen G e d i c h t e , von d e n e n n u r w e n i g e v e r ö f f e n t l i c h t sind, durchzieht e i n e m e l a n c h o l i s c h e G r u n d s t i m m u n g , der er ein existentialistisches D e n n o c h entgegenstellt. WERKE: D i e F o r d e r u n g des Tages. R e d e n u n d A u f s ä t z e . Stuttgart 1946. - Politik und Geist. Stuttgart 1961. - G e s a m m e l t e Werke. 3 Bde., B e r n / M ü n c h e n / W i e n 1973-79. LITERATUR: C . S. B i b l i o g r a p h i e . B e a r b . v. H a n s G e o r g L e h m a n n . B o n n / B a d - G o d e s b e r g 1977. - Petra Weber: C a r l o S c h m i d 1896-1979. E i n e B i o g r a p h i e . M ü n c h e n 1996. - C . S. und seine Politik. W i s s e n s c h a f t l i c h e s S m y p o s i u m a m 2. Dez e m b e r 1996 aus A n l a ß des 100. G e b u r t s t a g e s von P r o f e s sor Dr. C . S. Hrsg. H a u s der G e s c h i c h t e der B u n d e s r e p u blik D e u t s c h l a n d . Berlin 1997. - G e r h a r d T a d d e y (Hrsg.): C. S. - M i t g e s t a l t e r der N a c h k r i e g s e n t w i c k l u n g im deutschen SUdwesten. S y m p o s i u m anläßlich seines 100. G e b u r t s tages a m 7. D e z e m b e r 1996 in M a n n h e i m . Stuttgart 1997. Petra
Weber
S c h m i d , C a s p a r Frh. v o n , S t a a t s m a n n , * 1622 w a h r s c h e i n l i c h S c h w a n d o r f ( O b e r p f a l z ) , | 8 . 9 . 1693 S c h ö n b r u n n bei D a c h a u . S., S o h n eines p f ä l z i s c h - n e u b u r g i s c h e n B e a m t e n , studierte seit 1643 R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n in Ingolstadt, trat 1649 in d e n bayerischen Staatsdienst ein und w u r d e 1651 M i t g l i e d des H o f r a t s in M ü n c h e n . Seit 1656 G e h e i m e r Rat, leitete er
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Schmid 1658-60 Verhandlungen in Wien und war seit 1662 Vizekanzler des Geheimen Rats. Seit 1667 Kanzler, bewegte S. den Kurfürsten —»Ferdinand Maria zur Koalition mit Frankreich (1670) und trug mit inneren R e f o r m e n zur Erholung Bayerns nach d e m Dreißigjährigen Krieg bei; 1677 erhielt er die Pflege Aibling als Erblehen. Nachdem Kurfürst Maximilian II. Emanuel einen kaiserfreundlichen Kurs eingeschlagen hatte, wurde S. 1683 seines Amtes enthoben. Seine Commentarii in ius municipale Bavaricum wurden postum 1695 veröffentlicht. S. war der Vater von Franz Caspar von - > S . DP N D B S c h m i d , (Johann N e p o m u k ) Christoph (Friedrich) von, kath. Theologe, Katechetiker, Schriftsteller, * 1 5 . 8 . 1 7 6 8 Dinkelsbühl, f 3 . 9 . 1854 Augsburg. S., Sohn eines Domkapitelbeamten, studierte 1785-87 Philosophie und 1787-91 Theologie in Dillingen, wo er Schüler von Johann Michael Sailer war, mit dem er später eng befreundet war. 1791 zum Priester geweiht, wirkte er bis 1795 als Pfarrgehilfe in Nassenbeuren und als Kaplan in Seeg (Allgäu). 1796-1816 nahm er ein Schulbenefiziat in Thannhausen (Schwaben) wahr, w o er 1806 Distriktschulinspektor wurde. Danach war er Pfarrer in Oberstadion (Württemberg). 1817 schlugen Regierung und Klerus ihn zum (ersten) Bischof von Rottenburg vor, doch wurde er nicht bestätigt. 1827-54 war S. Domkapitular in Augsburg und wurde 1837 geadelt. Er verfaßte Katechismen und erbauliche Kinderliteratur (u. a. Biblische Geschichte für Kinder, 6 Bde., 1801) und war als religiöser Schriftsteller (Rosa von Tannenburg. Eine Geschichte des Alterthums für Aeitern und Kinder, 1823) in seiner schlichten und naiven Innigkeit im 19. Jh. sehr populär. Von ihm stammt das Weihnachtslied Ihr Kinderlein, kommet. CD N D B S c h m i d , Coloman, Pseud. Coloman-Schmid, österr. Sänger, * 3. 12. 1829 Pillichsdorf (Niederösterreich), t 1 5 . 1 1 . 1 9 0 5 Wien. S. ist seit 1854 als Chorist an der Hofoper in Wien nachweisebar; seine Karriere als Tenor begann er 1855 am Theater in Kaschau. Er sang seit 1856 am Opernhaus in Laibach, am Hoftheater in Wiesbaden und am Theater in Düsseldorf und erhielt 1860 ein Engagement am Stadttheater in Stettin, 1861 am Deutschen Theater in Pest und 1863 am Kaiserlichen Hoftheater in M o s k a u . Nach Verpflichtungen an die Hofoper in Berlin und an das Hamburger Stadttheater wirkte er 1867-72 als erster Tenor am Opernhaus in F r a n k f u r t / Main, 1872-76 am Theater in Breslau und wurde 1876 an das Stadtheater in Straßburg engagiert, bevor er 1880 nach Breslau zurückkehrte, wo er bis 1882 tätig war. Nach 1890 lebte S. in Warnsdorf (Böhmen) und ging dann als Pädagoge nach Wien. 1860-80 gastierte er an den großen deutschen Opernhäusern und an der Hofoper in Wien. Höhepunkte seines Repertoires waren der Edgardo in Lucia di Lammermoor, der Titelheld in Robert le diable und der Manrico im Troubadour. CD Kutsch S c h m i d , Daniel (Walter), schweizer. Regisseur, * 2 6 . 1 2 . 1 9 4 1 Flims (Kt. Graubünden), t 5 . 8 . 2 0 0 6 Flims. S., Sohn eines Hoteliers, studierte seit 1962 an der Freien Univ. Berlin Geschichte, Publizistik Politologie und Kunstgeschichte sowie 1966-69 an der Deutschen Film- und Fernsehakademie. Danach war er zunächst in der Bundesrepublik als Opernregisseur und Filmemacher sowie gelegentlich als Schauspieler tätig und kehrte 1977 in die Schweiz zurück. Er inszenierte u. a. an den Opernhäusern in Genf und Zürich. Zu seinen Spiel-, Dokumentär- und Experimentalfilme umfassenden filmischen Arbeiten gehören Schatten der Engel (1975, nach Die Stadt, der Müll und der Tod von Rainer Werner - » Fassbinder), Imitation of Life (1983, über Douglas —>Sirk), II bacio di Tosca (1984) und die Satire Beresina oder die letzten Tage der Schweiz (1999). CD Cinegraph
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S c h m i d , Dieter Otto, Veterinärmediziner, Immunologe, * 2 7 . 4 . 1925 Stuttgart, t 2 0 . 1 1 . 2 0 0 6 M ü n c h e n . S. Schloß des Studium der Veterinärmedizin 1957 in M ü n c h e n mit der Promotion ab (Untersuchungen zur funktionellen Morphologie und dynamischen Biochemie der Bakterienzelle), habilitierte sich dort 1967 (Erforschung der Blutgruppen von Rind, Pferd und Huhn) und wurde 1973 zum apl. Prof. und 1978 zum a. o. Prof. ernannt. 1990-96 war S. Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Blutgruppenforschung und Immunbiologie. Sein Interesse richtete sich vor allem auf animalische Blutgruppen und Themen der Tierimmunologie. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Serumgruppen bei Tieren (1968) und Blutgruppen bei Tieren (beide mit Hans Buschmann, 1985, engl. 2003). S c h m i d , E d m u n d (Anton Paul), Musiker, Musikpädagoge, * 3 . 5 . 1 8 8 6 Berlin, t 1 1 . 5 . 1 9 7 3 Hamburg. Der Kaufmannssohn studierte 1903-10 Klavier am Sternschen Konservatorium in Berlin und an der dortigen Universität, war 1912-22 Leiter der Klavierklasse am BernuthKonservatorium in Hamburg und unternahm 1923-36 Konzertreisen durch Deutschland, Dänemark, Holland und die Schweiz. Seit 1926 leitete S. die Klavierausbildungsklasse am Vogtschen Konservatorium in Hamburg und unterrichtete seit 1927 auch am Konservatorium in Kiel, dessen Abteilung für Klavier und K a m m e r m u s i k er vorstand.
Schmid,
Eduard —>
Edschmid,
Kasimir.
S c h m i d , Eduard, Redakteur, Politiker, * 15.10. 1861 Ostrach, t 8 . 6 . 1 9 3 3 München. S., Sohn eines Glasermeisters, bereiste nach einer Ausbildung zum Möbelschreiner Deutschland, die Schweiz, Österreich, Belgien, die Niederlande und Frankreich, kam in Zürich mit August —>Bebel und Wilhelm —»Liebknecht in Kontakt und war seitdem für die sozialdemokratische und Gewerkschaftsbewegung tätig. 1887 ließ er sich als Schreinermeister in München nieder, war 1892-1919 Redakteur der sozialdemokratischen „Münchener Post" und zog 1899 als erster Magistratsrat der S P D in den M ü n c h n e r Stadtrat ein, d e m er bis April 1933 angehörte. 1907-24 war S. Mitglied des Bayerischen Landtags und 1918-24 Vorsitzender der SPD-Fraktion. Im Juni 1919 als Nachfolger von Wilhelm von —»Borscht zum Ersten Bürgermeister Münchens gewählt, hatte S. dieses A m t bis Dezember 1924 inne. Beim Hitler-Putsch 1923 wurde er zusammen mit anderen Angehörigen des Stadtrats von der S A g e f a n g e n g e n o m m e n . S. veröffentlichte u . a . Das neue bayerische Armenrecht (1912). CD Schröder S c h m i d , Elisabeth (Friedeburg), Prähistorikerin, Geologin, Paläontologin, * 17.7. 1912 Freiburg/Breisgau, t 2 7 . 3 . 1994 Basel. Die Tochter eines Schulrektors studierte in F r e i b u r g / B r e i s gau Geologie, Paläontologie und Urgeschichte und ging nach der Promotion 1937 (Variationsstatistische Untersuchungen am Gebiß pleistozäner und rezenter Leoparden und anderer Feliden) zunächst nach Bonn, dann als Assistentin nach Köln. 1 9 4 4 / 4 5 als Gutachterin archäologischer F u n d e zum Volkssturm eingezogen, hatte sie nach Kriegsende vorübergehend die Leitung des Landesamts für Ur- und Frühgeschichte in Freiburg inne. 1949 habilitierte sie sich in Freiburg, 1951 in Basel für Urgeschichte (Beiträge zur Klärung der Funktion naturwissenschaftlicher Untersuchungen in der Urgeschichtswissenschaft), baute dort 1953 mit Rudolf —»Laur-Belart ein Laboratorium f ü r Sedimentanalyse, Schneckenanalyse und Osteologie auf und war seit 1960 a. o., seit 1972 o . P r o f . für Urgeschichte in Basel. S. leistete wichtige Beiträge zur prähistorischen Ernährungs- und Umweltgeschichte und entwickelte Methoden wie die Knochenund Sedimentanalyse weiter. 1961-69 veranlaßte sie in
Schmid Kaiseraugst die Gesamtauswertung des bis dahin größten Tierknochenbestandes eines römischen Fundkomplexes. Zu ihren Veröffentlichungen zählen Höhlenforschung und Sedimentanalyse (1958) und Tierknochenatlas für Archäologen, Prähistoriker und Quartärsgeologen (1972). CD B W B , Bd 4 S c h m i d , Emil, Pflanzengeograph, * 18.2. 1891 Cannstatt (heute zu Stuttgart), f 1 1 . 6 . 1 9 8 2 Marin-Epagnier (Kt. Neuenburg). Das Studium der Botanik in Zürich und München Schloß S. 1922 in Zürich mit der Promotion ab (Vegetationsstudien in den Urner Reusstälern), habilitierte sich dort 1935 (Die Reliktföhrenwälder der Alpen) und war 1944-61 Titularprofessor mit Lehrtätigkeit. Zugleich wirkte er 1931-56 als Kustos am Institut f ü r Systematische Botanik in Zürich. Forschungsreisen führten ihn in das Mittelmeergebiet, nach Kleinasien und Südmexiko. S. veröffentlichte grundlegende Arbeiten auf d e m Gebiet der großräumigen Vegetationscharakterisierung und -kartierung sowie die bis dahin ausführlichste Vegetationskarte der Schweiz (4 Blätter, 1944-50, Erläuterungen 1961). S c h m i d , Erich (Karl Hellmuth), österr. Physiker, * 4 . 5 . 1896 B r u c k / M u r (Steiermark), t 2 2 . 1 0 . 1983 Wien. Der Sohn eines Arztes studierte Physik und Mathematik in Wien, wurde 1920 promoviert ( Ü b e r Brown'sehe Bewegung in Gasen) und war bis 1922 Assistent an der dortigen T H . Anschließend war S. am Kaiser-Wilhelm-Institut für Faserstoffchemie in Berlin tätig, arbeitete 1924-28 als Metallurge bei der Metallgesellschaft A G in F r a n k f u r t / M a i n und war 1928-32 Abteilungsleiter am Institut für Metallforschung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Faserstoffchemie in Berlin. 1928 habilitierte er sich an der T H Berlin, wurde dort 1932 a. o. Prof. und folgte im selben Jahr einem Ruf als Ordinarius und Direktor des Physikalischen Instituts nach Freiburg (Schweiz). 1936 übernahm S. die Leitung der MetallLaboratorien bei der Metallgesellschaft in F r a n k f u r t / M a i n , nach Kriegsende das Laboratorium der Vacuumschmelze A G in Hanau. 1951-67 war er Ordinarius für Physik und Vorstand des II. Physikalischen Instituts in Wien. 1965 wurde er Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina und war 1963-73 Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. S. war maßgeblich an der Entwicklung der modernen Metallphysik beteiligt. Nach ihm ist das Schmidsche Schubspannungsgesetz benannt. S. veröffentlichte u. a. Kristallplastizität mit besonderer Berücksichtigung der Metalle (mit Walter —>Boas, 1935, engl. 1950, Neudr. 1968), Gleitlager (mit Richard Weber, 1953) und Werkstoffe des Reaktorbaues (mit Karl Lintner, 1962). m NDB S c h m i d , Erich, schweizer. Komponist, * 1. 1.1907 Balsthal (Kt. Solothurn), t 17. 12.2000 Zürich. S., Sohn eines Pfarrers, besuchte das Lehrerseminar in Solothurn, erlernte das Klavier- und Orgelspiel und erhielt Musikunterricht bei Max Kaempfert und Erich —> Schild. 1927 studierte er am Hochschen Konservatorium in F r a n k f u r t / Main Komposition bei Bernhard —»Sekles, Dirigieren bei Fritz —»Malata und Klavier bei Hermann von —»Schmeidel. 1928 erhielt er den Mozart-Preis der Stadt F r a n k f u r t / M a i n für Komposition. 1 9 3 0 / 3 1 war S. Schüler von Arnold —> Schönberg in Berlin. 1933 legte er die Abschlußprüfung am Hochschen Konservatorium ab, arbeitete als Chorleiter und Korrepetitor beim R u n d f u n k und kehrte im selben Jahr aus politischen Gründen in die Schweiz zurück, w o er 1934 Musikdirektor in Glarus wurde und mehrere Chöre und Instrumentalensembles leitete. Zudem übernahm er die Organistenstelle der Hauptkirche in Glarus und gab Gesangsunterricht an der Höheren Stadtschule. Seit 1949 war er
Chefdirigent des Zürcher Tonhalle-Orchesters, 1957-72 des Rundfunkorchesters Beromünster. S. war auch als Gastdirigent im Ausland tätig, vor allem in England. 1960 wurde er Präsident von Pro Musica, der Zürcher Ortsgruppe der Internationalen Gesellschaft f ü r Neue Musik. Auch als Dirigent setzte er sich f ü r die zeitgenössische Musik ein. S. dirigierte viele Uraufführungen (u. a. Werke von O t h m a r —»Schoeck, Robert —>Blum und Karl A m a d e u s —>Hartmann) und leitete schweizer. Erstaufführungen von Werken der Zweiten Wiener Schule. Zu seinen Kompositionen gehören Gesänge der Zeit (ein Zyklus für Chor, Text: Bruno -> Schönlank) und Rhapsodie für Klarinette und Klavier. DP M G G S c h m i d , Ernst Erhard (Friedrich Wilhelm), Geologe, Paläontologe, * 2 2 . 5 . 1815 Hildburghausen, t 16.2. 1885 Jena. Der Sohn eines Juristen studierte Naturwissenschaften, insbesondere Mineralogie, in Jena, wurde 1840 promoviert (Elementa doctrinae de luce undulatoriae induetionibus comprobata) und habilitierte sich 1840. Seit 1843 a. o. Prof. der Naturwissenschaft in Jena, war S. Mitgründer des dortigen Physiologischen Instituts und hielt Vorlesungen Uber Mineralogie, Geologie, Experimental- und mathematische Physik, Mathematik, allgemeine und medizinische Chemie. Seit 1856 Ordinarius, wurde er 1880 zum Geheimen Hofrai ernannt. 1861 erfolgte die Wahl in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. S. veröffentlichte u . a . Encyclopädie der gesammten theoretischen Naturwissenschaften in ihrer Anwendung auf die Landwirthschaft (mit Matthias Jakob - » S c h l e i d e n , 3 Bde., 1850), Über die Natur der Kieselhölzer (1855), Grundriss der Meteorologie (1862), Die Gliederung der oberen Trias (1864) und Lehrbuch der Meteorologie (1880). S c h m i d , Ernst Fritz, eigentl. E. Friedrich S., Musikwissenschaftler, * 7 . 3 . 1 9 0 4 Tübingen, t 2 0 . 1 . 1 9 6 0 Augsburg. S., Sohn des Klassischen Philologen Wilhelm —>S., studierte seit 1922 Biologie, seit 1924 Musik an der Staatlichen Akademie für Tonkunst in München, war dann als Bratscher am Städtischen Symphonieorchester in Düsseldorf tätig und Schloß das Studium der Musikwissenschaften in München, Freiburg/Breisgau, Wien und Tübingen 1929 mit der Promotion zum Dr. phil. ab (Carl Philipp Emanuel Bach und seine Kammermusik, gedruckt 1931). Anschließend war er freischaffender Musiker und Musikforscher, habilitierte sich 1934 in Graz für Musikwissenschaften und ging 1935 als a. o. Prof. der Musikwissenschaften nach Tübingen, wo er auch das A m t des UniversitätsMusikdirektors innehatte. S. war Mitbegründer der Deutschen Mozart-Gesellschaft in Augsburg, 1951-57 deren erster Präsident und seit 1954 Editionsleiter der Neuen MozartAusgabe. Er veröffentlichte u. a. Wolfgang Amadeus Mozart ( 1 9 3 4 , 3 1 9 5 5 ) , Ein schwäbisches Mozart-Buch (1948, 2 1998) und Musik an den schwäbischen Zollernhöfen der Renaissance (1962). OD M G G S c h m i d , Euchar Albrecht, Pseud. Satanello, Verleger, * 2 9 . 8 . 1884 Gemünden, f 1 5 . 7 . 1 9 5 1 Bad Liebenstein (Thüringen). Nach dem 1907 mit der Promotion (Die Voraussetzungen für Erwerb und Aufrechterhaltung des Patents) abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und München war S., Sohn eines Staatsbeamten, als Redakteur in Stuttgart tätig. 1913 gründete er den Karl-May-Verlag in Radebeul und war am Aufbau des dortigen Museums beteiligt. S. war Herausgeber des „Karl-May-Jahrbuches" (1921-33) und der Gesammelten Werke von Karl - » M a y (65 Bde., 1931-45, mit Roland Schmid, 1949ff.). Er schrieb u . a . Eine Lanze für Karl May (1918) und Die Lieferungsromane Karl Mays (1926).
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Schmid S c h m i d , Ferdinand, österr. Statistiker, Jurist, * 18.8. 1862 Troppau (Österr.-Schlesien), f 24. 11.1925 Coburg. S., Sohn eines Gymnasialdirektors, studierte seit 1880 Rechtswissenschaften in Wien, wurde 1885 promoviert (Die Präsumptionen im deutschen Reichsstrafrecht) und war seit 1886 in der Statistischen Zentralkommission tätig. 1895 wurde er Vizesekretär, leitete das neuerrichtete statistische Amt der Landesregierung von Bosnien und Herzegowina in Sarajevo und war 1898-1901 Vizesekretär im Arbeitsstatistischen Amt des Handelsministeriums. Seit 1890 redigierte er die Monatsschrift „Sociale Rundschau". 1895 habilitierte sich S. für Statistik in Wien, 1897 auch für Verwaltungslehre und -recht, wurde 1901 a. o., 1904 o.Prof. in Innsbruck und ging 1908 als Ordinarius für Statistik und Verwaltungslehre nach Leipzig, wo er seit 1916 auch Direktor der vereinigten staatswissenschaftlichen Seminare der Univ. war. S. veröffentlichte u. a. Über Handel und Wandel in Brasilien (1881), Das Heeresrecht der österreichisch-ungarischen Monarchie (1908), Bosnien und die Herzegovina unter der Verwaltung Österreich-Ungarns (1914) und Kriegswirtschaftslehre (1915). DP ÖBL S c h m i d , Franz, schweizer. Maler, Zeichner, Kupferstecher, * 4. 10. 1796 Schwyz, t 1.9.1851 Ried ob Schwyz. Der Sohn eines Kürschners erhielt seine Ausbildung seit 1816 bei dem Landschaftsmaler Wilhelm Moritz in Neuenburg, arbeitete nach seiner Rückkehr nach Schwyz an ersten Panoramen und ging 1828 nach Paris. In den folgenden Jahren zeichnete S. u. a. Panoramen von Paris, Wien, Salzburg und Freiburg/Breisgau, arbeitete in Rom und Neapel und schuf schließlich das große Panorama von Zürich, das in vier Blättern von Hans Jakob Häsli in Aquatinta gestochen wurde. Später lebte er in Schwyz und Sisikon. CD Brun S c h m i d , Franz von, österr. Drucker, Verleger, * 3. 10. 1811 Wien, t 2 2 . 3 . 1 8 8 4 Graz. Der Sohn des Verlegers Anton von —>S. studierte seit 1829 Philosophie, seit 1831 Rechtswissenschaften in Wien, erlernte dann die Buchdruckerei und übernahm 1839 von seinem Vater die auf hebräischen Buchdruck spezialisierte Buchdruckerei in Wien. Im selben Jahr Schloß er unter dem Firmennamen Franz Edler von Schmid und J. I. Busch einen Gesellschaftsvertrag mit dem seit 1837 in der Firma tätigen Jacob Isidor Busch, wobei S. die technischen Bereiche des Unternehmens übernahm. Seit der Geschäftsauflösung 1849 lebte er in Graz und arbeitete als Buchhalter. DP ÖBL S c h m i d , Franz Caspar Frh. von, auch Schmidt, Beamter, * 3. 1. 1658 München, t 1721 (?). Der Sohn des Kanzlers Caspar von - > S . studierte 1677-80 die Rechte in Ingolstadt und wurde zum Dr. jur. promoviert. 1679 zum Hofrat ernannt, bereiste er 1681-84 Frankreich und Italien. Seit 1704 Pfleger in Aibling, beteiligte er sich 1705/06 am bayerischen Volksaufstand und war danach bis 1708 inhaftiert. Nach der Rückkehr Maximilian II. Emanuels hatte er 1715-21 erneut das Amt des Pflegers in Aibling inne. S. gilt als der Verfasser des handschriftlichen Mundus Christiane bavaro politicus (1711). DP NDB S c h m i d , Franz Xaver, Pseud. Schmid-Schwarzenberg, österr. kath., dann evang. Theologe, Religionsphilosoph, * 2 2 . 1 0 . 1 8 1 9 Schwarzenberg (Oberösterreich), t 2 8 . 1 1 . 1 8 8 3 München. S., Sohn eines Zollbeamten, studierte Theologie und Philosophie am Salzburger Lyzeum, empfing 1843 die Priesterweihe und wurde Koadjutor in St. Johann (Pongau), Dürnberg, Hallwang und Aigen. Er war Anhänger der Theologie Anton —»Günthers, dessen Ideen er in radikalisierter Form zu verbreiten suchte. 1848 mußte S. Salzburg verlassen, war dann in den Diözesen Linz und Wien tätig und wurde nach der Promotion zum Dr. phil. (1850) Lehrer am Lyzeum in
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Rastatt. Danach wieder Koadjutor, kehrte er 1855 als Privatgelehrter nach Salzburg zurück. Nach dem Konkordat 1855 verließ S. Österreich, trat zum Protestantismus über und habilitierte sich 1856 in Erlangen, wo er seit 1862 als a. ο. Prof. lehrte. S. befaßte sich besonders mit der Geschichte der Philosophie und mit Religionsphilosophie. 1871 gründete er den Verein für Volkserziehung. S. veröffentlichte u. a. eine Katholische Dogmatik (2 Bde., 1852-55), Christliche Religionsphilosophie (1857), Entwurf eines Systems der Philosophie auf pneumatologischer Grundlage (3 Tie., 1863-68) und Grundriß der Geschichte der Philosophie von Thaies bis Schopenhauer vom speculativ-monotheistischen Standpunkte (1867). m ÖBL S c h m i d , Georg Fidelis, auch Schmidt, österr. Uhrmacher, Erfinder, * 2 4 . 4 . 1 7 4 1 Bregenz, t 20.3. 1824 Graz. Der Sohn eines Gastwirts erlernte das Uhrmacherhandwerk und kam auf der Wanderschaft u.a. nach Klagenfurt und Graz, wo er 1770 als Großuhrmachermeister in die Zunft aufgenommen wurde. Als Hofuhrmachermeister schuf S. 1785/86 eine neue Uhr für den Turm des Grazer Landhauses. Später wandte er sich vor allem der Herstellung von Werkzeugmaschinen zu, wurde um 1790 durch die Konstruktion einer Feilenhau-Maschine bekannt und baute kurz nach 1800 eine Schnallendruckmaschine sowie um 1808 eine Nagel-, Schneid- und Preßmaschine. D3 Ö B L S c h m i d , Hans, eigentl. Johann August S., auch SchmidHansl, österr. Sänger, Komponist, * 1. 12.1897 Wien, t 31.12. 1987 Wien. S. trat nach dem Ersten Weltkrieg erstmals als Interpret von Wienerliedern beim Heurigen auf, wurde mit Paul —> Hörbiger und Hans —> Moser bekannt. Zunächst als Beamter bzw. Prokurist tätig, eröffnete er 1952 ein Altwiener Konzertcafe, in dem er selbst auftrat. S. erwarb sich legendären Ruf in seinem Genre und machte sich um die Erhaltung der Wienerliedtradition und die Pflege des Wiener Dialekts verdient. m ÖML S c h m i d , Hans Eduard, schweizer. Chemiker, * 2 4 . 3 . 1 9 1 7 Gränichen (Kt. Aargau), t 19. 12.1976 Schwerzenbach (Kt. Zürich). Nach dem 1941 mit der Promotion (Über natürliche Cumarine und das Aldol) abgeschlossenen Studium der Chemie in Wien war S. seit 1942 Mitarbeiter Paul —»Karrers am Organisch-chemischen Institut der Univ. Zürich und hielt sich 1949 in Berkeley (Kalifornien, USA) auf. Nach seiner Rückkehr wurde er Ordinarius und Direktor des Organischchemischen Instituts der Univ. Zürich (1959). S. beschäftigte sich mit dem Pfeilgift Curare, stellte strukturanalytische Untersuchungen der Alkaloide von Pflanzen sowie biogenetische Untersuchungen an und war später auch auf mechanistischen und photochemischen Gebieten tätig. 1968 wurde S. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. S c h m i d , Hans Hermann, Gynäkologe, * 23. 1.1884 Wien, t 23. 10. 1963 Rostock. Das Medizinstudium in Wien und Heidelberg Schloß S., Sohn von Julius - ^ S . , 1907 in Wien mit der Promotion ab (Dauerresultate bei operativer und konservativer Behandlung der Peritonitis tuberculosa im Kindesalter), war dann an Kliniken in Wien und Prag tätig und habilitierte sich 1919 für Geburtshilfe und Gynäkologie an der Deutschen Univ. Prag. Seit 1925 war er Direktor der Städtischen Frauenklinik und seit 1930 der Staatlichen Hebammen-Lehranstalt in Reichenberg, arbeitete seit 1938 in einer Privatpraxis und war 1946-57 Ordinarius für Geburtshilfe und Gynäkologie sowie Leiter der Universitäts-Frauenklinik und Frauenpoliklinik in Rostock; 1949 wurde er zum Rektor der Univ. gewählt. S. veröffentlichte u.a. Über Blutungen am Ende
Schmid der Schwangerschaft, während und nach der Geburt (1926), Scheidenbildung aus dem s-förmigen Dickdarm (1956) und Die Wechseljahre der Frau ( 1 9 5 7 , 6 1 9 6 5 ) . S c h m i d , Hans Rudolf, schweizer. Publizist, * 4. 12. 1902 Dietikon bei Zürich, t 2 4 . 2 . 1992 Thalwil (Kt. Zürich). Nach dem 1928 mit der Promotion zum Dr. phil. (Hermann Hesse) abgeschlossenen Studium in Paris und Zürich war S. 1937-39 Pressechef der Schweizerischen Landesausstellung und leitete 1939-45 das Pressebüro im ArmeeHauptquartier. 1939 war er Gründer und bis 1949 Leiter des „Schweizerischen Feuilleton-Dienstes", 1948-68 Redakteur der schweizer. Ausgabe von „The R e a d e r ' s Digest" („Das Beste aus R e a d e r ' s Digest") und gehörte 1949 zu den Gründern des Vereins f ü r wissenschaftshistorische Studien. 1955-79 war S. Herausgeber und Mitautor der Buchreihe „Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik". Er trat auch als Erzähler, Essayist und Verfasser historischer und biographischer Schriften hervor und veröffentlichte u. a. Das Buch von der Schweiz (mit Annemarie —> Schwarzenbach, 2 Bde., 1 9 3 2 / 3 3 ) , Die Schweiz, das Land der Eidgenossen (1941) und Die Geschichte der Zürcher Börse (1977). CD D L L S c h m i d , Heinrich, schweizer. Unternehmer, * 2 . 3 . 1806 Gatlikon (Kt. Zürich), t 1 2 . 3 . 1 8 8 3 Gattikon. S., Sohn eines Mühlen- und Baumwollspinnereibesitzers, wurde nach Abschluß der Schule zusammen mit seinem Bruder Teilhaber am väterlichen Unternehmen und übernahm 1824 die Buchhaltung. 1841 gelangte er in den alleinigen Besitz der Baumwollspinnerei, vergrößerte und modernisierte sie 1844-47 und wurde in den folgenden Jahren zum Gründer und Teilhaber weiterer Baumwollspinnereien und Seidenstoffwebereien in der Schweiz. OD Schweizer Pioniere, Bd 10 S c h m i d , Heinrich, österr. Architekt, * 2 4 . 6 . 1 8 8 5 W a i d h o f e n / Y b b s (Niederösterreich), t 2 . 5 . 1 9 4 9 Wien. S. studierte 1907-10 als Schüler Otto —»Wagners an der Akademie der bildenden Künste in Wien und arbeitete dann als freischaffender Architekt in einem gemeinsam mit Hermann Aichinger geführten Büro in Wien. Das erste bedeutende Bauwerk des Architektenbüros war das 1922 errichtete Österreichische Verkehrsbüro am Karlsplatz in Wien. Daneben entstanden u . a . die Gemeindebauten Matteottihof und A m Fuchsenfeld. S. entwarf auch das Stadthaus Bärenmühle (1937) und gemeinsam mit Clemens —> Holzmeister das RAVAG-Gebäude in Wien. 1909 wurde er mit d e m OlbrichPreis und 1910 mit d e m Gundel-Preis ausgezeichnet. S c h m i d , Heinrich, österr. Diplomat, * 1 7 . 3 . 1 8 8 8 Wien, t 2 7 . 1 1 . 1 9 6 8 Wien. S. studierte 1906-11 Rechts- und Staats Wissenschaften an der Konsularakademie in Wien, wurde 1913 Vizekonsul und 1917 Legationssekretär. Seit 1922 war er Legationsrat, 1932-33 Geschäftsträger in Paris, 1933-35 Gesandter und bevollmächtigter Minister in Bern, in gleicher Stellung 1935-37 in Belgrad und 1937-38 in Moskau. Nach dem „Anschluß" Österreichs 1938 lehnte S. seine Ü b e r n a h m e in den Diplomatischen Dienst des „Dritten Reiches" ab. 1945 reaktiviert, war er zunächst ständiger Vertreter des Amtes für Auswärtige Angelegenheiten bei der Alliierten Kommission für Österreich und wurde 1946 politischer Berater der österr. Bundesregierung. 1947 wurde S. Botschafter in London, 1951 in Paris und war 1 9 5 3 / 5 4 Chef der österr. diplomatischen Vertretung in Bonn, wobei er den persönlichen Titel eines Botschafters führte. S c h m i d , Heinrich, schweizer. Sprachwissenschaftler, * 6 . 4 . 1921 Zürich, t 2 3 . 2 . 1999 Zürich. S., der von Geburt an schwerhörig war, Schloß das Studium der Romanistik in Zürich 1946 mit der Promotion ab und
wurde nach einem Studienaufenthalt in Florenz Mitarbeiter am Rätischen Namenbuch und am Dicziunari Rumänisch Grischun. 1962 habilitierte er sich an der Univ. Zürich, w o er 1965 zum a. o . P r o f . ernannt wurde. 1982 entwickelte S. im Auftrag der Lia Rumantscha die gemeinsame Schriftsprache für die fünf bündnerromanischen Hauptdialekte Rumantsch Grischung (Richtlinien für die Gestaltung einer gesamtbündnerromanischen Schriftsprache Rumantsch Grischun, 1989), der seit 1988 die Entwicklung einer ladinischen Schriftsprache folgte (Wegleitung für den Aufbau einer gemeinsamen Schriftsprache der Dolomitenladiner, 1998). S c h m i d , Heinrich Alfred, schweizer. Kunsthistoriker, * 1 9 . 7 . 1 8 6 3 Basel, t 1 . 4 . 1 9 5 1 Basel. S. studierte Theologie in Basel, Berlin und Göttingen, dann Kunstgeschichte in M ü n c h e n , wo er 1888 zum Dr. phil. promoviert wurde, und war 1888-91 Hilfsarbeiter bei der Inventarisierung der Kunstdenkmäler Bayerns. 1892 habilitierte sich S. f ü r Kunstgeschichte in Würzburg (Hans Holbeins d.J. Entwicklung in den Jahren 1515-1526), war hier bis 1896 und 1897-1901 in Berlin Privatdozent und kehrte 1901 als a. o. Prof. nach Basel zurück. 1904 folgte er einem Ruf in gleicher Stellung nach Prag, lehrte 1912-18 als Ordinarius in Göttingen und war 1919-25 Konservator der öffentlichen Kunstsammlungen und 1919-37 Ordinarius in Basel. Seine Gesammelten kunsthistorischen Schriften erschienen 1933. CD Metzler Kunsthistoriker S c h m i d , Heinrich Daniel, österr. Industrieller, * 2 3 . 4 . 1805 Waidenheim (Dep. Bas-Rhin), t 14. 11.1873 Wien. S., Sohn eines Stabsarztes der französischen Armee, besuchte die höhere Industrieschule in Zürich, arbeitete in der Brückenwaagenfabrik Rolle & Schwilgue in Straßburg und übernahm 1831 die Leitung ihres Zweigbetriebs in Wien; neben Waagen aller Art wurden u. a. Feuerspritzen und D a m p f maschinen hergestellt. Seit 1844 führte er die Firma unter dem Namen k. k. landesbefugte Maschinenfabrik von H. D. Schmid Nachfolger Rolle & Schwilgue allein und erweiterte das Unternehmen, das bald schwerpunktmäßig Waggonbau betrieb. 1869 wurde es in die Maschinen- und Waggon-Fabriks-Aktien-Gesellschaft in Simmering vormals H. D. Schmid umgewandelt, deren Vizepräsident S. war. CD Ö B L S c h m i d , Heinrich Felix, Slawist, * 14. 8 . 1 8 9 6 Berlin, t 6 . 2 . 1963 Wien. Nach d e m Ersten Weltkrieg studierte S. Slawistik und Rechtswissenschaften in Berlin, wurde 1922 in Leipzig zum Dr. phil., 1924 in Berlin zum Dr. jur. promoviert und war 1 9 2 2 / 2 3 Assistent am Kirchenrechtlichen Institut der Univ. Berlin. 1923 wurde er a . o . P r o f . der Slawischen Philologie in Graz, lehrte hier 1929-38 als Ordinarius und war 1945-47 Ordinarius und Leiter des Instituts für Osteuropäische Geschichte in Wien. S. veröffentlichte u. a. Wesen und Aufgabe der deutschen Slawistik (mit Reinhold —> Trautmann, 1927). CD Fellner S c h m i d , Heinrich Kaspar, Musikwissenschaftler, Komponist, * 1 1 . 9 . 1 8 7 4 L a n d a u / I s a r , t 8. 1.1953 Geiselbullach (heute zu Olching, Oberbayern). Der Lehrerssohn war seit 1884 Regensburger Domsängerknabe, studierte 1899-1903 an der Akademie der Tonkunst in München und wurde nach kurzer Lehrtätigkeit am Odeon in Athen 1905 Lehrer für Klavier und Komposition an der Akademie der Tonkunst in München, an der er 1919 zum Prof. ernannt wurde. Auf Konzertreisen durch Österreich, Skandinavien und Rußland hatte S. große Erfolge als Komponist und Interpret, wurde 1921 Direktor des Badischen Konservatoriums in Karlsruhe und übernahm 1924 die Augsburger Musikschule, die unter ihm zum Konservatorium erhoben
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Schmid wurde. Seit 1932 widmete er sich ganz seinem kompositorischen Schaffen und lebte zurückgezogen in Geiselbullach bei München. Sein kompositorisches Werk ist in der altbayerischen Volksmusik verwurzelt. CD N G r o v e D S c h m i d , Hellmut H „ Geodät, * 12.9. 1914 Dresden, t 2 7 . 4 . 1998 Spokane (Washington, USA). S. studierte 1934-38 Geodäsie an der T H Dresden und wurde 1941 promoviert (Die Form der Modellverbiegungen, hervorgerufen durch Restfehler der gegenseitigen Orientierung von Senkrechtbildpaaren). Seit 1940 arbeitete er unter Wernher von —> Braun an der Heeresversuchsanstalt in Peenemünde, kam 1945 nach El Paso (Texas) und ging 1950 an das Ballistic Research Laboratory in Aberdeen (Maryland), wo er die sog. Bündelmethode als photogrammetrisches Verfahren entwickelte. Seit 1963 beim U S Coast und Geodetic Survey in Rockville (Maryland) tätig, lehrte er 1974-85 als o. Prof. für Geodäsie und Photogrammetrie an der Ε Τ Η Zürich; 1990 kehrte er in die U S A zurück. S. wurde vor allem durch das von ihm konzipierte und 1973 fertiggestellte Weltnetz zur Satellitentriangulation bekannt, mit dem er die erste rein geometrische globale Erdmessung vornahm. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Ein allgemeiner Ausgleichungs-Algorithmus für die numerische Auswertung in der Photogrammetrie (1977), Vom freien zum gelagerten Netz (1980) und Strenge Ausgleichung versus Anfelderung (1987). 1987 wurde er Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft f ü r Photogrammetrie und Fernerkundung. S c h m i d , Helmut, Schauspieler, Regisseur, * 8 . 4 . 1925 Neu-Ulm, t 1 8 . 7 . 1 9 9 2 Heiligenschwendi (Kt. Bern). Der Sohn eines Schauspielers und Regisseurs und einer Sängerin begann nach seiner Teilnahme am Zweiten Weltkrieg ein Medizin- und Jurastudium, wandte sich dann ebenfalls der B ü h n e zu und debütierte 1945 als Posa im Don Carlos am Landestheater in Innsbruck. Seit 1947 war S. an Theatern in M e m m i n g e n , Saarbrücken, Wuppertal und Kiel engagiert, spielte 1 9 5 6 / 5 7 am Württembergischen Staatstheater in Stuttgart und trat auch in Berlin und M ü n c h e n auf. Mitte der fünfziger Jahren übernahm er erste Filmrollen und wirkte in etwa vierzig Filmen mit, u . a . in Mann im Strom (1958), Eins, Zwei, Drei (1960, Regie: Billy Wilder) und Das Testament des Dr. Μ abuse (1962, R e m a k e des Originals von Fritz —»Lang, 1932/33). Später spielte S. vor allem Tourneetheater und führte Regie. Seit 1961 war er mit Liselotte Pulver verheiratet. S c h m i d , Hermann (Theodor) von, Jurist, Schriftsteller, Theaterdirektor, * 3 0 . 3 . 1815 Waizenkirchen/Innviertel, t 19.10. 1880 München. Das Studium der Rechtswissenschaften in M ü n c h e n Schloß S. 1840 mit der Promotion ab, wurde wegen seiner Jugenddramen Camoens und Bratislav (1843) von König —»Ludwig I. von Bayern protegiert und erhielt 1843 eine Anstellung am Münchner Stadtgericht. Daneben dramatischer Beirat am Hoftheater, war er seit 1850 als Rechtsanwalt und freischaffender Schriftsteller tätig und arbeitete u. a. an der „Gartenlaube" und am „Heimgarten" mit. 1870-72 und 1877 war S. Direktor des Volks- und Aktientheaters am Gärtnerplatz, wo seine Stücke erfolgreich aufgeführt wurden. 1876 verlieh ihm König —> L u d w i g II. von Bayern den persönlichen Adel. S. zählte zu den beliebten Unterhaltungsautoren der Gründerzeit. Er schrieb Volksstücke (u.a. Der Tatzelwurm, 1873), Fest- und Trauerspiele, zahlreiche historische und volkstümliche R o m a n e (u.a. Die Türken in München, 2 Bde., 1872) und Erzählungen (u. a. Almenrausch und Edelweiß, 1864). S.s Gesammelte Schriften erschienen 1867-84 in f ü n f z i g Bänden. CD Killy
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S c h m i d , Hermann (Ludwig), Mathematiker, * 2 6 . 6 . 1908 Göggingen bei Augsburg, t 16.4. 1956 Würzburg. S., Sohn eines Ziegeleibesitzers, studierte 1927-32 an der Univ. München und trat 1933 in den höheren Schuldienst ein. 1934 an der Univ. Marburg promoviert ( Ü b e r das Reziprozitätsgesetz in relativ-zyklischen algebraischen Funktionskörpern mit endlichem Konstantenkörper), war er bis 1937 Assistent an der Univ. Göttingen, wo er sich vor allem mit Fragen der Arithmetisierung von algebraischen Funktionenkörpern befaßte, und habilitierte sich 1939 an der Univ. Gießen. Nach einer Tätigkeit als Privatdozent ging S. als Assistent und Dozent nach Berlin, wurde 1946 o. Prof. an der Humboldt-Universität und folgte 1953 einem Ruf nach Würzburg. 1947-53 leitete er das Forschungsinstitut für Reine Mathematik der Deutschen A k a d e m i e der Wissenschaften. S. veröffentlichte Kongruenzzetafunktionen in zyklischen Körpern (1942). Er begründete das „Zentralblatt für Mathematik und ihre Grenzgebiete" 1947 neu und gab mit Josef —»Naas das Mathematische Wörterbuch (2 Bde., 1961, 3 1967, Nachdr. 1984) heraus. CD N D B S c h m i d , Jacques, schweizer. Politiker, * 2 . 4 . 1 8 8 2 Altstetten (Kt. Zürich), t 7 . 9 . 1 9 6 0 Solothurn. Von Beruf Typograph, kam S. während der Wanderjahre nach Frankreich und Deutschland und war seit 1900 gewerkschaftlich im Schweizerischen Eisenbahnverband und im Föderativverband des Personals öffentlicher Dienste tätig. 1910 wurde er Redakteur beim „Volksrecht" in Zürich, 1911 bei der „Neuen Freien Zeitung" (seit 1920 „Das Volk"). 1912-31 war S. Kantonsrat in Solothurn, 1931-49 Regierungsrat und 1917-55 Mitglied des Nationalrats, 1950 als dessen Präsident. Während des Zweiten Weltkriegs gehörte er der Kommission für Auswärtiges an, 1947-52 der Vollmachtenkommission. 1953 erschien seine Autobiographie Unterwegs 1900-50. Erfahrungen und Erkenntnisse. S c h m i d , Jakob, schweizer. Chemiker, Manager, * 2 . 7 . 1862 Suhr (Kt. Aargau), t 4 . 2 . 1918 Basel. S. studierte technische C h e m i e am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich und trat nach der Promotion (Über das Fisetin, den Farbstoff des Fisetholzes, 1886) 1887 in die Gesellschaft für Chemische Industrie Basel (Ciba) ein. 1892 stieg er in das Direktorium der Ciba auf und war zunächst Leiter des Labors, seit 1900 des gesamten technischen Betriebs; seit 1912 gehörte er dem Verwaltungsrat an. Als Industrietechniker leistete S. wichtige Beiträge zur Entwicklung neuer synthetischer Textilfarbstoffe. Er erzeugte Farbstoffe wie Firnblau, Säureviolett, Auramin G und einige Rosanthrene, entdeckte die Herstellung von Schwefelfarbstoffen aus Indophenolen und erfand ein Verfahren zur Erzeugung dunkler T ö n e auf Wolle. CD N D B S c h m i d , Jakob Friedrich jun., Bankier, * 1807 Augsburg, t 1853 Augsburg. S. erhielt seine kaufmännische Ausbildung in d e m von seinem Vater mitbegründeten Bankhaus Erzberger & Schmid in Augsburg, schied 1849 aus und gründete das Bankhaus Friedrich Schmid & Co. im Schaetzlerhaus in Augsburg. Er beteiligte sich an der Gründung der Mechanischen B a u m wollspinnerei und Weberei in Augsburg und als Emissionsbank an der Gründung der dortigen Baumwollspinnerei am Stadtbach. Er war der Vater von Paul von —»S. CD Leb Bayer Schwaben, Bd 4 S c h m i d , Johann Georg, Baumeister, * u m 1707 Fürstenwalde bei Lauenstein (Sachsen), f 2 4 . 7 . 1 7 7 4 Dresden. Seine Ausbildung zum Baumeister erhielt S. als Schüler seines Vetters George —>Bähr, dem er seit 1726 beim Bau der Dresdner Frauenkirche assistierte. Seit 1738 Meister, erhielt S. 1739 das Dresdner Bürgerrecht und heiratete 1740 Bährs
Schmid Witwe. Er war als Zimmermeister am Bau der kath. Hofkirche tätig, schuf 1744-48 die Stadtkirche von Großenhain als ersten großen selbständigen Bau und entfaltete in den sechziger Jahren beim Wiederaufbau der von Friedrich dem Großen zerstörten öffentlichen Gebäude in Dresden seine Haupttätigkeit. S c h m i d , Johann Jakob, schweizer. Bildhauer, * 9 . 1 1 . 1759 Schaffhausen, t 1798 Rom. S. erlernte zunächst das Maurerhandwerk, wandte sich dann der Bildhauerei zu und besuchte seit 1779 die Akademie in Kopenhagen. 1786 kehrte er nach Schaffhausen zurück, schuf hier u. a. eine Rundfigur in Gips Prometheus mit dem Adler und begleitete 1787 Alexander - > T r i p p e l als dessen Gehilfe nach R o m . 1793 übernahm S. dessen Atelier in R o m . Er modellierte u . a . ein lebensgroßes Medaillonbildnis Johann Caspar —>Lavaters. S c h m i d , Johann Rudolf Frh. von, Beiname: von Schwarzenborn, Diplomat, * 3 . 3 . 1 5 9 0 Stein am Rhein, t 1 2 . 4 . 1 6 6 7 Wien. Der Sohn eines Ratsherrn, Seckelmeisters und Stadthauptmanns kam nach den frühen Tod seines Vaters unter die Obhut eines österr. Offiziers, der ihn 1599 mit nach Verona nahm und in der Malerei und den schönen Wissenschaften unterrichten ließ. Später zogen beide in den Krieg gegen die Türken; S. geriet 1606 in türkische Gefangenschaft, kam als Sklave nach Konstantinopel und wurde 1624 vom österr. Residenten freigekauft, worauf S. einen Frieden zwischen der Türkei und dem Hof in Wien aushandelte. Er wurde dann ständiger Vermittler zwischen Wien und den Türken, war 1629-43 österr. Resident in Konstantinopel und wurde nach seiner Rückkehr nach Wien Mitglied des Hofkriegsrats. 1647 wurde er in den Freiherrenstand erhoben. 1648-54 war S. Vertreter Österreichs in Konstantinopel und konnte ein Eingreifen der Türken in den Dreißigjährigen Krieg verhindern. Er hinterließ etwa 50 Zeichnungen mit Ansichten von Konstantinopel und Umgebung. S c h m i d , Josef (Leonhard), genannt Papa Schmid, Puppenspieler, * 2 9 . 1 . 1 8 2 2 Amberg (Oberpfalz), t 31. 12. 1912 München. Nach einer Buchbinderlehre in Amberg war S., Sohn eines Stadtorganisten, seit 1850 als Büro- und später als Versicherungsangestellter in München tätig. Seine Kontakte zu Graf Franz von —»Pocci ermöglichten ihm 1858 die Gründung des dortigen Marionettentheaters, das sich seit 1900 als städtische Einrichtung in der Blumenstraße befand. S. hatte mehr als 50 Stücke Poccis, darunter Kasperkomödien, Zauber- und Ritterstücke und Märchenspiele, in seinem ständigen Repertoire, schnitzte alle Figuren selbst und verfügte über etwa hundert Marionetten. • • NDB S c h m i d , Josef, österr. Innenarchitekt, * 2. 8 . 1 8 4 2 Bozen (Südtirol), t 2 3 . 2 . 1914 Innsbruck. Der Sohn eines Schneidermeisters erlernte zuerst das Spenglerhandwerk, arbeitete dann in der Werkstatt seines Vaters und studierte 1864-66 an der Akademie der bildenden Künste in M ü n c h e n und 1 8 6 9 / 7 0 in Köln. Nach Studienreisen durch Deutschland, Italien und Frankreich lebte S. seit 1874 in Innsbruck, arbeitete 1879-96 als Architekturzeichner in der Tiroler Glasmalerei- und Mosaikanstalt und entwarf zahlreiche Kircheglasfenster für das In- und Ausland, u . a . für die Marienkirche in Rostock und die Harvestehuder Kirche in Hamburg. Er machte sich dann selbständig, schuf zahlreiche Entwürfe für Kircheninnenausstattungen in neuromantischem und neugotischen Stil, u . a . die Flügelaltäre in der Pfarrkirche Bozen (1893-98), den Elisabethaltar in der St. Andreaskirche in Salzburg (1899) und die Gesamtausstattung der Herz-Jesu-Kirche in Innsbruck (1901-09). 1900 erhielt S. d e m Titel eines kaiserlichen Rats. CD Ö B L
S c h m i d , Josef, Pseud. Josef Schmid-Braunfels, Freidank, Schriftsteller, Veterinärmediziner, * 2 9 . 1 1 . 1871 Braunseifen (Mähren), t 19. 11. 1911 Braunseifen. Nach d e m Studium am Militär-Tierarznei-Institut in Wien, das er 1892 mit dem Tierarztdiplom abschloß, war S.-B., Sohn eines praktischen Arztes, 1893-1911 als städtischer Tierarzt tätig. Er war Mitarbeiter verschiedener literarischer Zeitschriften, darunter „Neue B a h n e n " (Ottokar —> Stauf von der March) und schrieb u. a. Bei der Mutter drhäm. Erzählungen in nordmährisch-schlesischer Mundart (1903) und Geschichte der Stadt Braunseifen (1910, mit einem biographischen Vorwort 1979). DP Ö B L S c h m i d , Josef, kath. Theologe, * 2 6 . 1 . 1 8 9 3 Holzhausen (heute zu Bad Aibling, Oberbayern), t 4 . 9 . 1 9 7 5 München. Das Theologiestudium in Innsbruck, Freising und M ü n c h e n Schloß S. mit der Promotion zum Dr. theol. ab und habilitierte sich in München. Seit 1931 lehrte er als a. o., seit 1945 als o.Prof. des Neuen Testaments in Dillingen und war 1951-59 Ordinarius für neutestamentliche Exegese und biblische Hermeneutik in München. S. veröffentlichte u. a. Studien zur Geschichte des griechischen Apokalypsetextes (3 Bde., 1955-59). CO D L L S c h m i d , Josef Alois, österr. Musiker, Musikpädagoge, * 19.6. 1865 Wernstein/Inn (Oberösterreich), t 3 1 . 3 . 1944 Salzburg. Nach dem Besuch der Musikschule in Linz studierte S., Sohn eines Bahnaufsehers, bis 1885 Kontrabaß am Prager Konservatorium, war dann in verschiedenen Kur- und Theaterorchestern (u. a. in Linz, Wien, Bad Ischl, Vöslau, Kassel und Bad Nauheim) tätig und lebte etwa neun Jahre in Schweden, w o er mit verschiedenen Ensembles in allen größeren Städten auftrat. Seit 1908 gehörte S. dem Orchester des Salzburger Stadttheaters an und übernahm im selben Jahr die Kontrabaßklasse am Mozarteum, die er bis 1931 leitete. S. spielte auch eigene Werke und Arrangements, u. a. von schwedischen Volksliedern. DP Ö B L S c h m i d , Joseph, Musiker, Komponist, * 30. 8 . 1 8 6 8 München, f 10.7. 1945 München. S. studierte Komposition und Orgel bei Josef Gabriel —> Rheinberger an der Kgl. Musikschule in München, war seit 1890 Örganist der dortigen Heilig-Geist-Kirche und wurde 1901 Domorganist in M ü n c h e n . Seit 1901 dirigierteer den akademischen Gesangverein München und war längere Zeit Organist bei den Kaim-Konzerten. S. komponierte zahlreiche Lieder, Männerchöre, Messen, ein Requiem, Kammermusikwerke und Opern (u. a. Die Schildbürger). S c h m i d , Julius, österr. Maler, * 3 . 2 . 1 8 5 4 Wien, t 1 . 2 . 1 9 3 5 Mödling (Niederösterreich). Der Kaufmannssohn studierte 1871-78 an der Wiener Akademie der bildenden Künste und erhielt 1878 den Rom-Preis. S. reiste nach Neapel, Florenz und Venedig, war nach seiner Rückkehr einige Zeit im Atelier Hans —»Makarts tätig und wurde 1881 Mitglied des Wiener Künstlerhauses. Seit 1902 a . o . P r o f . an der Wiener Akademie, lehrte er dort 1907-25 als Ordinarius und leitete 1919-25 die allgemeine Malschule. S. wurde u . a . mit dem Reichelpreis (1891) und dem Kaiserpreis (1892) ausgezeichnet und war seit 1925 Ehrenmitglied der Akademie. Er war als Porträt- und Historienmaler tätig und schuf u . a . das Deckenbild des Festsaals im Haus der Wiener K a u f m a n n s c h a f t (1903) sowie zahlreiche historisierende Musikerbildnisse und Musikszenen. S. war der Vater von Hans Hermann —>S. Cd Ö B L S c h m i d , Karl (Georg), schweizer. Germanist, Essayist, Militär, * 3 1 . 3 . 1907 Zürich, t 4 . 8 . 1974 Zürich. Der Sohn eines Lehrers Schloß das Studium der Germanistik, Geschichte, Kunstgeschichte und Philosophie seit 1926
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Schmid in Zürich und Berlin 1935 mit der Promotion zum Dr. phil. (,Schillers Gestaltungsweise. Eigenart und Klassik) ab und war 1931-38 Mittelschullehrer, 1938-47 Lehrer am G y m n a sium in Zürich. 1943 wurde er ohne Habilitationsschrift Prof. der deutschen Literatur und Sprache an der Ε Τ Η Zürich, der er 1953-57 als Rektor vorstand. 1969-72 war er Präsident des Schweizerischen Wissenschaftsrats. S. veröffentlichte u. a. den Essayband Unbehagen im Kleinstaat. Untersuchungen über C. F. Meyer, H.-F. Amiel, Jakob Schaffner, Max Frisch und Jakob Burckhardt (1963, 3 1977), in dem er das gestörte Verhältnis zwischen schweizer. Schriftstellern und d e m Staat behandelte. S., der 1927-70 dem Schweizer Militär angehörte, war ein führender Vertreter der „Geistigen Landesverteidigung", die gegen einen von HitlerDeutschland befürchteten Angriff „moralische A u f r ü s t u n g " betrieb. 1967-70 stand er der Studienkommission f ü r strategische Fragen vor. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Europa zwischen Ideologie und Verwirklichung. Psychologische Aspekte der Integration (1966) und Standortmeldungen. Über schweizerische Fragen (1973). CD IGL S c h m i d , Karl, Historiker, * 2 4 . 9 . 1 9 2 3 Arien (Kr. Konstanz), f 14. 11. 1993 Freiburg/Breisgau. S. studierte Geschichte, Romanistik und Philosophie an der Univ. Freiburg/Breisgau, wurde 1951 promoviert (Graf Rudolf von Pfullendorf und Kaiser Friedrich /.) und habilitierte sich dort 1961 mit der Schrift Geblüt, Herrschaft, Geschlechterbewußtsein. Grundfragen zum Verständnis des Adels im Mittelalter f ü r Mittlere und Neuere Geschichte. 1963-65 war er am Deutschen Historischen Institut in R o m tätig und lehrte 1965-72 als o . P r o f . an der Univ. Münster, 1973-88 an der Univ. Freiburg. Geprägt von seinem Lehrer Gerd —»Teilenbach, beschäftigte sich S. vor allem mit dem Verhältnis von Person und Gemeinschaft in der mittelalterlichen Gesellschaft und betonte die Bedeutung von Überlierungsformen und Quellentypen wie Gedenkbüchern und Nekrologen f ü r die Geschichtswissenschaft. Er veröffentlichte u. a. Programmatisches zur Erforschung der mittelalterlichen Personen und Personengruppen (1974), Die Klostergemeinschaft von Fulda im frühen Mittelalter (Hrsg., 3 Bde., 1978), Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter (1983), Memoria. Der geschichtliche Zeugniswert des liturgischen Gedenkens im Mittelalter (Mithrsg., 1984) und Gedächtnis, das Gemeinschaft stiftet (Hrsg., 1985). CD Historikerlex S c h m i d , Karl Ernst, Jurist, Verwaltungsbeamter, * 2 4 . 1 0 . 1 7 7 4 Weimar, t 2 8 . 6 . 1 8 5 2 Jena. S., Sohn eines Stadtrichters und Bürgermeisters, studierte 1793-96 Rechtswissenschaft in Jena, trat 1797 in den preuß. Verwaltungsdienst in Bayreuth ein und wurde 1804 Stadtgerichtsrat; daneben gehörte er 1797-1804 der Redaktion der „Baireuther politischen Zeitung" an. 1807 ging er als Regierungs- und Konsistorialrat nach Hildburghausen, wirkte 1 8 0 9 / 1 0 als o . P r o f . der Rechte an der Univ. Jena und wurde 1811 Mitglied des Geheimratskollegiums, 1812 Vizepräsident der Landeskollegien von Sachsen-Hildburghausen. 1817 wurde er an das gemeinsame herzoglich sächsische Oberappellationsgericht nach Jena berufen und lehrte daneben an der dortigen Univ., seit 1826 als Ordinarius. Seit 1809 war er Mitarbeiter des von Friedrich Arnold —> Brockhaus redigierten „Hermes oder kritisches Jahrbuch der Literatur" (seit 1823 Redakteur und seit 1825 Leiter). S., der auch an den Verfassungsreformen von Sachsen-Meiningen 1 8 2 8 / 2 9 und Schwarzburg-Sondershausen 1838-41 mitwirkte, veröffentlichte u . a . Deutschlands Wiedergeburt. Ein politischer Versuch (1815), eine Antwort auf Ludwig Friedrich —> Griesingers Der Büchernachdruck aus dem Gesichts-
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punkte des Rechts, der Moral und der Politik betrachtet (1822) sowie ein Lehrbuch des gemeinen deutschen Staatsrechts (Bd. 1, 1821, mehr nicht erschienen). CO N D B S c h m i d , Konrad, Johanniter-Komtur, * 1476 Küsnacht (Kt. Zürich), t 11. 10.1531 Kappel (Kt. Zürich). Der aus einer wohlhabenden Bauernfamilie stammende S. erhielt seine schulische Ausbildung vermutlich bei den Johannitern und studierte seit 1492 in Basel, wo er den Grad eines Magisters erwarb, zum Lie. theol. promoviert wurde und einen Lehrauftrag übernahm. Seit 1519 war er Komtur in Küsnacht und wurde zu einem engen Vertrauten —> Zwingiis. S. fiel im zweiten Kappelerkrieg. c n ADB S c h m i d , Konrad Arnold, Philologe, Übersetzer, Lyriker, * 2 3 . 2 . 1716 Lüneburg, t 1 6 . 1 1 . 1 7 8 9 Braunschweig. S. studierte Theologie und Klassische Philologie in Kiel, Leipzig und Göttingen, wurde 17.37 promoviert und übernahm 1746 als Nachfolger seines Vaters das Rektorat des J o h a n n e u m s in Lüneburg. 1760 folgte er dem Ruf auf einen Lehrstuhl für Theologie und römische Literatur am Collegium Carolinum in Braunschweig, erhielt hier 1777 das Kanonikat des St. Cyriakusstifts und wurde 1786 Konsistorialrat. S., der u . a . mit —>Lessing in Briefwechsel stand, widmete sich besonders der Herausgabe und Übersetzung antiker Autoren und edierte u . a . Aetna (2 Bde., 1769) von Cornelius Severus. 1761 erschienen seme. Lieder auf die Geburt des Erlösers. CD Killy S c h m i d , (Johann Aloysius) Leopold, kath. Theologe, Philosoph, erwählter Bischof von Mainz, * 9 . 6 . 1 8 0 8 Zürich, t 20. 12.1869 Gießen. S., Sohn eines Buchbinders, studierte seit 1827 Theologie und Philosophie in Tübingen und M ü n c h e n , wurde 1831 Mitarbeiter der von Jakob - » S e n g l e r herausgegebenen „Kirchenzeitung für das katholische Deutschland" in Marburg und ging im selben Jahr als Dozent für Theologie an das Priesterseminar in Limburg, wo er 1832 die Priesterweihe empfing. Seit 1834 war S. Hauskaplan am Stift Neuburg bei Heidelberg, übernahm 1836 die Pfarrei Großholbach (bei Montabaur), wurde 1839 Prof. in Gießen und zum Dr. theol. promoviert. Er hielt Vorlesungen über Dogmatik, D o g m e n geschichte und Symbolik, seit 1842 auch über spekulative Philosophie an der Philosophischen Fakultät. 1849 wurde S. vom Domkapitel zum Bischof von Mainz gewählt, vom Papst jedoch nicht bestätigt. 1850 wechselte er von der Theologischen an die Philosophische Fakultät der Univ. Gießen und erklärte 1867 seinen Verzicht auf die äußere Zugehörigkeit zur kath. Kirche. S., der von —»Schelling und Franz von —»Baader beeinflußt war, vertrat einen humanistischen und pragmatistischen „Energismus". Er veröffentlichte u. a. Über die menschliche Erkenntnis (1844), Der Geist des Katholicism oder Grundlegung der christlichen Irenik (1848-50, 2 1880) und Grundzüge der Einleitung in die Philosophie, mit einer Beleuchtung der durch K. Ph. Fischer, Sengler und Fortlage ermöglichten Philosophie der Tat (1860). Aus seinem Nachlaß herausgegeben wurde Leben und Denken (1871, von Bernhard Schröder und Friedrich Schwarz). CD B B K L S c h m i d , Leopold, Maler, Bildhauer, Graphiker, Keramiker, * 16.7. 1901 Wien, t 2 6 . 9 . 1 9 8 9 Wien. Seine künstlerische Ausbildung erhielt S. als Schüler Ferdinand —»Andris an der A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien, war seit 1925 als freischaffender Maler tätig und schuf vorwiegend Landschaften, Wandgemälde, Steinschnitte (u. a. für das Äußere Burgtor, 1934), Fresken, Mosaike, Keramiken, Sgraffiti sowie die Wappentücher der österr. Bundesländer in einem der Wappensäle des Rathauses. Nach dem „Anschluß" Österreichs 1938 erhielt S. Arbeitsverbot. Er war
Schmid Mitglied des Wiener Künstlerhauses. 1931 wurde S. mit dem großen österreichischen Staatspreis, 1964 mit dem Preis der Stadt Wien für angewandte Kunst ausgezeichnet. S c h m i d , Maria, verh. Raidel, österr. Pädagogin, * 8. 10. 1794 Rehmen (Gem. Au, Vorarlberg), t 14. 1. 1864 Rankweil (Vorarlberg). S., Tochter eines Viehhändlers, war zunächst als Lehrerin tätig, ging 1818, vermutlich auf Veranlassung ihres Bruders, als Erzieherin an die von Johann Heinrich -»Pestalozzi geleiteten Einrichtungen nach Yverdon-les-Bains und folgte ihm 1825 als einzige Lehrerin, als er sich nach der Auflösung des Instituts in Yverdon nach Neuhof bei Birr (Kt. Aargau) zurückzog. Bis zu seinem Tod 1827 arbeitete S. mit Pestalozzi zusammen. Sie machte sich um die bis 1819 in Clendy (Yverdon), dann im Schloß von Yverdon untergebrachte Armenanstalt bzw. -schule verdient, die der Lehrerausbildung diente. m ÖBL
Schmid,
Matthias, auch Schmied, österr. Maler, * 14.11.1835 See (Tirol), t 22. 1.1923 München. Der Bauernsohn arbeitete seit 1853 als Vergolder in der Mayerschen Hofkunstanstalt für kirchliche Kunst in München, studierte seit 1855 bei Hermann —> Anschütz und Georg -> Hiltensperger an der dortigen Akademie, kehrte 1858 in seinen Heimatort zurück und erhielt u . a . Aufträge von Erzherzog —»Karl Ludwig, dem Statthalter von Tirol. 1863-65 setzte er sein Studium in München fort, schuf neben christlich-religiösen Darstellungen auch Tiroler Genremotive, die teilweise in der „Gartenlaube" veröffentlicht wurden, und arbeitete 1869-74 im Atelier Karl von —»Pilotys. 1888 wurde S. von der Münchner Akademie zum Prof. ernannt, war seit 1902 Vorsitzender der Münchner Künstlergenossenschaft und wurde 1905 Ehrenmitglied des Tiroler Künstlerbundes. Zu seinen Werken zählen Der Herrgottshändler (1874), Die Vertreibung der Zillertaler Protestanten 1837 (1877) und Aus den Tiroler Freiheitskämpfen 1809 (1890). Er war einer der bedeutendsten Vertreter der Tiroler Genremalerei Münchner Prägung. DP Ö B L S c h m i d , Otto, Musikpädagoge, Musikkritiker, * 6 . 5 . 1858 Dresden, t 12.9. 1931 Dresden. S. studierte zunächst Rechtswissenschaften in Leipzig, wandte sich dann aber als Privatschüler Edmund —» Kretschmers in Dresden der Musik zu und war als Musikkritiker des „Dresdner Journals" und der „Sächsischen Staatszeitung" tätig. 1905 wurde er zum Kgl. Prof. ernannt und lehrte 1912-24 Musikgeschichte am Dresdner Konservatorium. S. veröffentlichte u. a. Merkblätter zur Musikgeschichte (1912) und gab das zehnbändige Sammelwerk Musik am sächsischen Hof heraus.
Schmid, Paul von, Bankier, Fabrikant, * 16. 11.1842 Augsburg, t 18.8. 1928 Augsburg. Der Sohn Jakob Friedrich —»S.s absolvierte nach kurzem Studium in München eine Bankausbildung in Genf, London und Frankfurt, trat 1866/67 in die ererbte väterliche Bank ein und übernahm 1868 deren Leitung. S. war seit 1892 Aufsichtsratsmitglied der Neuen Augsburger Kattunfabrik, gehörte 1888 zu den Gründern der Augsburger Lokalbahn und saß seit 1903 im Aufsichtsrat der Bayerischen Vereinsbank, deren Vorsitz er 1926-28 innehatte. S. erhielt den bayerischen persönlichen Adel. t u Leb Bayer Schwaben, Bd 4 Schmid, Peter, Maler, * 1 5 . 4 . 1 7 6 9 Trier, t 2 2 . 1 1 . 1 8 5 3 Ehrenbreitstein (heute zu Koblenz). S. arbeitete zunächst in einer Spinnerei, wandte sich dann der Malerei zu und studierte seit 1786 an den Akademien in Mannheim und Düsseldorf. 1794 kehrte er nach Trier zurück, war hier als Lehrer für Zeichnen und Porträtmalerei tätig und
unterrichtete 1797 in St. Petersburg und Stettin, wo er bis 1802 Gründer und Leiter eines Zeicheninstituts war. 1802-06 lebte er in Trier, seit 1810 in Paris, seit 1817 F r a n k f u r t / M a i n und seit 1819 wieder in Berlin. 1824 beschäftigte er sich im preuß. Kultusministerium mit der Ausbildung von Zeichenlehrern und entwarf Lehrpläne. 1833-43 lehrte S. als Prof. an der dortigen Kunstakademie. Er veröffentlichte u. a. Das Naturzeichnen für den Schul- und Selbstunterricht (4 Tie., 1828-30). m TBL
Schmid,
Reinhold, österr. Chorleiter, Musikpädagoge, Komponist, * 19. 11.1902 Berndorf (Niederösterreich), t 17. 10. 1980 Wien. S. war 1914-17 Sängerknabe im Stift Klosterneuburg, studierte Klavier und Orgel an der Musikakademie in Wien, begann dann ein Studium der Musikwissenschaften, das er 1929 mit der Promotion zum Dr. phil. abschloß (Die Linearstruktur in Max Regers schlichten Weisen), und wurde Chormeister des Wiener Schubertbundes und des Singvereins der Gesellschaft der Musikfreunde. Zudem war S. bis 1938 Chordirigent an der Karlskirche und lehrte als Prof. am Theresianum, am Akademischen Gymnasium und an der Musikakademie. 1947 gründete er einen Kammerchor. S. komponierte ein Requiem, eine Messe und einen Liederzyklus und bearbeitete zahlreiche Lieder für den Chor. m ÖML
Schmid,
Richard, Jurist, * 31.3. 1899 S u l z / N e c k a r , t 1 . 1 . 1 9 8 6 Stuttgart. S., Sohn eines KunstmUllers, studierte Rechtswissenschaften in Tübingen, Freiburg/Breisgau und München, wurde 1923 promoviert (Offene Handelsgesellschaft und juristische Persönlichkeit), war 1925-38 als Rechtsanwalt tätig und unterstützte nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten verschiedene illegale sozialistische Gruppen. Wegen seiner Auslandsreisen, u . a . in die Sowjetunion und in die Schweiz, verdächtig geworden, wurde er 1938 verhaftet, 1940 wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt und mit Berufsverbot belegt. Nach seiner Entlassung 1943 arbeitete S. bis Kriegsende in der Landwirtschaft. Seit 1945 war er am Aufbau der S P D in Württemberg beteiligt, wurde im selben Jahr erster Generalstaatsanwalt in Württemberg-Baden und war 1953-64 Präsident des Oberlandesgerichts in Stuttgart. S., der auch als Publizist für eine unabhängige Justiz und deren Rückbindung an Demokratie und kulturelles Leben eintrat, veröffentlichte u. a. Justiz in der Bundesrepublik (1967) und Letzter Unwille (1984). m B W B , Bd 2
Schmid,
Rosl, Musikerin, Musikpädagogin, * 2 5 . 4 . 1911 München, f 20. 11. 1978 München. S., Tochter eines Porzellanmalers, studierte seit 1927 Klavier an der Akademie der Tonkunst in München, wo sie seit 1928 von Walther —»Lampe unterrichtet wurde, war bereits als Sechzehnjährige Organistin an der Theatinerkirche und wurde bei ihrem Abgang von der Akademie 1931 mit dem Felix-Mottl-Preis ausgezeichnet. S. gab zahlreiche Konzerte im In- und Ausland, erhielt 1937 den Berliner Musikpreis sowie 1939 den Preis des Concours International Eugene Ysaye in Brüssel und setzte ihre Ausbildung 1 9 3 8 / 3 9 bei Robert —»Teichmüller in Leipzig fort. Seit 1948 lehrte sie an der Staatlichen Hochschule f ü r Musik in München, seit 1954 als a. o., seit 1957 als o. Professorin. Ihre Repertoire umfaßte Werke von - » B a c h , —»Beethoven, —>Pfitzner, - » S t r a u s s und Prokofjew. c n NDB
Schmid,
Siegfried, auch Schmidt, Schriftsteller, * 16. 12. 1774 Friedberg (Hessen), t 1 0 . 4 . 1 8 5 9 Wien. Der Sohn eines Schöffen studierte 1792-95 in Gießen und Jena Theologie, Philosophie und Rechtswissenschaften, war
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Schmid 1797-1800 Hofmeister in Basel, trat dann in das österr. Militär ein und übernahm in Erlangen 1802-04 erneut die Funktion eines Hofmeisters. Nach einem psychischen Z u s a m m e n bruch und einem Aufenthalt 1 8 0 5 / 0 6 in einem Hospital in Haina diente S. 1808-19 als Leutnant wieder in einem österr. Regiment und lebte anschließend in Ungarn und Wien. S., der mit Friedrich —> Hölderlin befreundet war, veröffentlichte philosophische Abhandlungen, Schauspiele (Dramatische Werke, 2 Bde., 1 8 4 2 / 4 3 ) sowie den Briefroman Lothar oder Liebe löst den Widerstreit in den 1803 erschienen Phantasien. CD Killy S c h m i d , Theodor, Mathematiker, * 6. 12. 1859 Erlau (Ungarn), t 3 0 . 1 0 . 1937 Wien. Der Sohn eines Offiziers studierte Mathematik an der T H und der Univ. Wien, war seit 1892 Prof. an der Realschule in Steyr und unterrichtete seit 1899 an der Schottenfelder Realschule in Wien. Im selben Jahr wurde er Supplent der II. Lehrkanzel für darstellende Geometrie an der T H Wien, war seit 1900 a. o.Prof. und 1906-29 o.Professor. Seit 1918 war S. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1921 wurde er zum Hofrat, 1928 zum korrespondierenden Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften in Wien ernannt. S. veröffentlichte u. a. Darstellende Geometrie (2 Bde., 1912-21). OD Ö B L S c h m i d , Ulrich, auch Schmidt, Huldrich, genannt S. von Sulmingen, Bauernführer, * Sulmingen (Oberschwaben) (?), f vor 1541 (?) vermutlich in der Schweiz. S., eventuell Leibeigener des Zisterzienserklosters Heggenbach, übernahm 1 4 9 6 / 9 7 die Schmiede seines Vaters in Sulmingen. 1525 war er als Hauptmann des Baltringer Haufens an den Verhandlungen zur Christlichen Vereinigung mit d e m Allgäuer Haufen und d e m Bodensee-Haufen beteiligt, in deren Folge die „12 Artikel" der oberschwäbischen Eidgenossenschaft gegenüber dem Schwäbischen Bund niedergeschrieben wurden. S. trat für die gewaltlose Beilegung des Konflikts ein; wenige Tage nach der Niederlage von Leipheim flüchtete er in die Schweiz, wo sich seine Spuren verlieren. DD N D B S c h m i d , Waldemar (Berthold Georg), Komponist, Dirigent, * 16.10. 1881 Berlin, f 13.2. 1967 Kiel. Seine musikalische Ausbildung erhielt S. am Sternschen Konservatorium in Berlin, hörte Vorlesungen über Musikgeschichte an der dortigen Univ. und war seit 1907 als Kapellmeister an den Bühnen von Basel, Stuttgart, München und Aachen tätig. 1915-22 wirkte er am Stadttheater in Essen und folgte 1924 einem Ruf als Direktor des Konservatoriums nach Kiel. Sein kompositorisches Werk umfaßt Gesänge mit Orchester, Chöre sowie ein Violinkonzert, ein Streichquartett und eine Rhapsodie f ü r Violoncello und Blasorchester.
Zweiten Weltkriegs für eine h u m a n e Flüchtlingspolitik ein. 1975 wurde er Ehrenmitglied der Liga für Menschenrechte. S. schrieb Erlebnisse und Begegnungen (1973). S c h m i d , Wilhelm, Klassischer Philologe, * 2 4 . 2 . 1 8 5 9 Künzelsau (Württemberg), t 6. 11. 1951 Tübingen. S. studierte Klassische Philologie in Tübingen und Straßburg, wurde z u m Dr. phil. promoviert und war dann als Gymnasiallehrer in Schwäbisch Hall und Stuttgart tätig. 1887 habilitierte er sich in Tübingen für Geschichte der griechischen Sprache und Literatur, war hier seit 1893 a. o. Prof. und hatte 1898-1926 den Lehrstuhl f ü r Geschichte der griechischen Sprache und Literatur inne. 1927-43 war er Mitherausgeber der „Tübinger Beiträge zur Altertumswissenschaft", bearbeitete seit 1908 gemeinsam mit Otto —» Stählin Wilhelm von —>Christs Geschichte der griechischen Literatur im Handbuch der klassischen Alterumswissenschaften und war Mitarbeiter der Realenzyklopädie der klassischen Altertumswissenschaft. S. veröffentlichte u . a . Der Atheismus in seinen Hauptvertretern von Dionysius von Halikarnass bis auf den zweiten Philostratus dargestellt (5 Bde., 1887-97, Nachdr. 1964) und Untersuchungen zum gefesselten Prometheus (1929). Er war der Vater von Ernst Fritz —>S. S c h m i d , Wilhelm, Maler, Bildhauer, * 7 . 2 . 1 8 9 2 Remigen bei Brugg (Kt. Aargau), t 1. 12.1971 Bre sopra Lugano. Nach d e m Architekturstudium arbeitete S., Sohn eines Weinbauern, in verschiedenen Architekturbüros und bildete sich autodidaktisch in der Malerei aus. 1912 lebte er in Berlin, 1924-31 in Paris und 1931-37 in Potsdam, bevor er 1937 in die Schweiz zurückkehrte. 1918-33 war er Mitglied der Novembergruppe. In Berlin gehörte S. zum Umkreis des Großstadtexpressionismus und der Neuen Sachlichkeit, wandte sich dann in der Schweiz aber dem Magischen Realismus zu. Er schuf Landschaften, Figürliches, Bildnisse und Stilleben. CD Schweiz Kunst S c h m i d , Wolfgang, Klassischer Philologe, * 3 . 7 . 1913 Moers, t 23. 11. 1980 Köln. Nach dem 1939 in Bonn mit der Promotion zum Dr. phil. abgeschlossenen Studium der Klassischen Philologie habilitierte sich S. 1942 in Hamburg. 1949 wurde er a . o . P r o f . in Köln, 1950 Ordinarius in Bonn. S. beschäftigte sich vor allem mit römischer Dichtung, hellenistisch-römischer, besonders epikureischer, Philosophie und mit der Patristik im Rahmen der spätantiken Literatur. Er veröffentlichte u . a . Epikurs Kritik der platonischen Elementenlehre (1936) und Ethica Epicuraea (1939) und war Herausgeber der Zeitschrift „Rheinisches M u s e u m " . Ausgewählte philologische Schriften (hrsg. von Hartmut —> Erbse) von S. erschienen 1984.
Schmid-Bloss,
S c h m i d , Walter, schweizer. Verleger, * 16.11. 1903 Frauenfeld (Kt. Thurgau), t 8 . 9 . 1 9 8 8 Bern. Nach dem Besuch von Sprach- und Handelsschulen in Lausanne und London trat S. 1927 in den Verlag Hallwag in Bern ein, dessen Direktor er 1937-69 war. 1955-58 amtierte er als Zentralpräsident der Schweizerischen Buchhändlerund Verlegervereinigung und war 1958-68 Vorstandsmitglied der Internationalen Verleger-Union. S. schrieb Berg- und Heimatbücher, u . a . Komm mit mir ins Wallis (1943, H 1962). S c h m i d , Werner, schweizer. Politiker, * 6 . 1 1 . 1 8 9 8 Zollikon (Kt. Zürich), t 2 9 . 4 . 1981 Zürich. S. war 1924-56 Lehrer in Wetzikon und Zürich. 1942-46 gehörte er d e m Zürcher Gemeinderat, 1943-47 d e m Kantonalrat an, war 1947-51 und 1962-71 Mitglied des Nationalrats. Er trat als entschiedener Gegner des Nationalsozialismus in der Schweiz hervor und setzte sich während des
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Karl, Sänger, * 1 . 1 2 . 1 8 8 3 Stuttgart, t 2 1 . 2 . 1956 Zürich. S.-B. begann seine Karriere als Baß-Bariton 1908 am Stadttheater in Heidelberg, sang 1 9 1 0 / 1 1 am Theater in St. Gallen, 1911-13 am Opernhaus in Brünn und trat 1 9 1 3 / 1 4 am Theater in Reichenberg auf. Nach seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg war er 1919-30 am Stadttheater in Zürich engagiert, leitete 1930-32 das Theater in St. Gallen und gehörte 1930-47 zum Ensemble des Stadttheaters in Zürich. Höhepunkte seines Repertoires waren der Osmin in der Entführung aus dem Serail, der Titelheld im Don Giovanni und der Escamillo in Carmen. 1922 wirkte S.-B. in Zürich in der Uraufführung von Othmar —»Schoecks Oper Venus mit. Seit 1947 war er als Regisseur u . a . an der Grand Opera in Paris, am Teatro Liceo in Barcelona und an der Oper von Bordeaux tätig. CD Schweiz Kunst
Schmid-Braunfels, Josef -> Schmid, Josef
Schmid von Schmidsfelden Schmid-Breitenbach,
Franz Xaver, Maler, * 1 7 . 8 . 1 8 5 7 München, t 3. 1.1927 München. Seine künstlerische Ausbildung erhielt S.-B. seit 1874 als Schüler Alexander —»Strähubers und Michael —»Echters an der M ü n c h n e r Kunstgewerbeschule, studierte seit 1876 u. a. bei L u d w i g von —»Löfftz an der A k a d e m i e der bildenden Künste und beteiligte sich später an Ausstellungen in England und Frankreich. 1905 wurde er Ehrenmitglied der M ü n c h n e r Künstlergenossenschaft und war seit 1908 erster Vorsitzender der Allgemeinen Deutschen Künstlergenossenschaft. S.-B. malte vorwiegend Genreszenen aus d e m bäuerlichen und bürgerlichen Leben, die häufig als Vorlage für Illustrationen in Familienzeitschriften verwendet wurden.
Schmid von Grüneck,
Georg von, Bischof von Chur, * 2 9 . 1 1 . 1 8 5 1 Surrhein (Graubünden), t 6 . 5 . 1932 Chur. S. v. G. wurde 1880 Prof. am Priesterseminar in Chur, 1889 bischöflicher Kanzler, 1898 Generalvikar und Regens des Priesterseminars. Als Bischof von Chur (seit 1908) trat er interkonfessionellen Strömungen in Sozialpolitik und Kultur entschieden entgegen und stritt ζ. B. für bischöflich kontrollierte, rein kath. Gewerkschaften. S. v. G. komponierte Lieder, Messen f ü r Männerchöre und ein Requiem. CD Gatz 4
Schmid-Kerez,
Emil, schweizer. Architekt, * 6 . 4 . 1843 Eglisau, t 6. 1. 1915 Zürich. Nach d e m Besuch der Industrieschule in Zürich studierte S.-K. seit 1860 Architektur am dortigen Eidgenössischen Polytechnikum und arbeitete seit 1863 in verschiedenen Architekturbüros. 1866 setzte er sein Studium an der Ecole des Beaux-Arts in Paris fort und wirkte seit 1872 als freischaffender Architekt in Zürich. S.-K. schuf u . a . das Bürgerasyl für die Stadt Zürich (1874-77) sowie zahlreiche Wohnhäuser und Villen in Winterthur.
Schmid von Leubas, Jörg, genannt der Knopf, Bauernführer, * um 1480 Leubas bei Kempten, t 20. 1. 1526 bei Bregenz. S. v. L. war vermutlich Bleicherknecht in Kempten, führte den Oberallgäuer Haufen im Bauernkrieg und k ä m p f t e nach dem Weingartner Waffenstillstandsvertrag zwischen Georg —»Truchseß von Waldburg und dem Haufen der Seebauern gegen weitere derartige Verträge. Er verlor jedoch seine Anhänger, unterwarf sich im Juli 1525 bei dem Treffen am Kohlenberg den Truppen des Schwäbischen Bundes auf Gnade und Ungnade und wurde nach seiner Gefangenn a h m e in Bludenz eingekerkert. Nach Folterungen wurde S. v. L. nach Bregenz ausgeliefert und zwischen Bregenz und Lochau gehenkt. CD N D B
Schmid-Lindner,
August, Musiker, Dirigent, Musikpädagoge, * 15.7. 1870 Augsburg, t 2 1 . 1 0 . 1 9 5 9 Auerberg (Bayern). S.-L. studierte Klavier bei Hans —»Bußmeyer und Sophie —»Menter an der Akademie der Tonkunst in München, wurde 1889 in Berlin mit dem Mendelssohn-Preis ausgezeichnet und hatte in den folgenden Jahren große Erfolge als Konzertpianist, K a m m e r m u s i k e r und Dirigent. 1900 erhielt er eine o. Professur an der A k a d e m i e der Tonkunst in München, die er bis 1939 innehatte, und leitete daneben ein Kammerorchester. S.-L. gehörte zu den Gründern der Münchner Bach-Vereinigung.
Schmid Noerr,
Friedrich Alfred, Kunsthistoriker, Schriftsteller, * 3 0 . 7 . 1 8 7 7 Durlach (heute zu Karlsruhe), f 12.6. 1969 Percha bei Starnberg. Der Sohn eines Landwirtschaftslehrers studierte Germanistik, Philosophie, Rechtswissenschaften und Naturwissenschaften in Heidelberg, Freiburg/Breisgau, Straßburg und Berlin und wurde 1904 in Freiburg/Breisgau zum Dr. phil.
promoviert. 1906 habilitierte er sich in Heidelberg für Philosophie und Ästhetik, wurde dort a. o. Prof. der Philosophie und lebte seit 1918 als Privatgelehrter und freier Schriftsteller in Percha. In seinen kultur-, geschichts- und religionsphilosophischen Werken versuchte S. N., den Mythos als eine G r u n d f o r m der Dichtung darzustellen (u. a. Ewige Mutter Europa. Der Mythos vom Europäer, 1949). Er schrieb Dramen (u.a. Die Gefangenen, 1908; Ecce homo, 1918), Gedichte ( u . a . Straßen und Horizonte, 1917; Ein Leben im Gedicht, 1962) und R o m a n e (u.a. Unserer guten Frauen Einzug, 1936). DP Killy
Schmid-Reutte,
Ludwig, österr. Maler, * 3 . 1 . 1 8 6 2 Lechaschau (Tirol), t 1 3 . 1 1 . 1 9 0 9 Heilanstalt Illenau bei Achern (Baden). S.-R., Sohn eines Maurers und Landwirts, erlernte das Maurerhandwerk, ging als Maurerhandlanger nach Bayern und studierte seit 1878 als Schüler von Ludwig von - > L ö f f t z und Franz von —> Defreggers an der Akademie in München. 1890 gründete er gemeinsam mit Friedrich —> Fehr eine Spezialschule für künstlerische Anatomie und wirkte 1899-1907 als Prof. an der A k a d e m i e der bildenden Künste in Karlsruhe. S.-R. erstrebte einen neuen Monumentalstil und schuf vorwiegend männliche Akte. Zu seinen Hauptwerken zählen Am Scheideweg, Ringer und Flagellanten. CD Ö B L
Schmid von Schmidsfelden,
Adolf, österr. Industrieller, * 18.4. 1859 Kirchberg/Wechsel (Niederösterreich), t 13. 1. 1917 Lilienfeld (Niederösterreich). S. v. S„ Sohn von Moriz - > S . v. S „ studierte 1878-82 Bergingenieurwesen an der Montanistischen Hochschule in Leoben, war als Ingenieur beim Eisenbahnbau in Ungarn tätig und trat 1888 gemeinsam mit seinem Bruder August —»S. v. S. in das väterliche Unternehmen ein. S. v. S. projektierte das Stahlwerk in Zenica (Bosnien), das er 1896-99 leitete. Nach der Rückkehr nach Österreich blieb er geschäftsführender Verwaltungsrat. DD Ö B L
Schmid von Schmidsfelden,
August, österr. Industrieller, * 1863 Kirchberg/Wechsel (Niederösterreich), t 2 1 . 8 . 1941. Der Sohn Moriz —>S. v. S.s besuchte das Polytechnikum in Wiener Neustadt und trat zusammen mit seinem Bruder Adolf —>S. v. S. 1888 als Mitarbeiter, 1906 als Gesellschafter in das väterliche Unternehmen ein. 1913 übernahm er die Leitung des Werks in Wasendorf und leitete 1 9 1 7 / 1 8 das Werk in Zenica (Bosnien), das nach dem Ersten Weltkrieg auf jugoslawische Staatsbürger überging und später zu den größten Stahlwerken Jugoslawiens zählte. c n NDB
Schmid von Schmidsfelden,
Josef (Karl Mathäus), österr. Industrieller, * 2 1 . 3 . 1822 Wollersdorf (Niederösterreich), t 10.3. 1897 Wien. S. v. S., Bruder von Moriz —>S. v. S., studierte am Polytechnikum in Wien und war in der oberschlesischen Eisen- und Hüttenindustrie tätig. Nach dem Verkauf des in Familienbesitz befindlichen Kupferhammers 1844 und der U m w a n d l u n g in ein Gesellschafterunternehmen wurde S. v. S. Werkleiter. Unter seiner Leitung erfolgte die Umstellung der Produktion auf die fabrikmäßige Eisenverarbeitung, insbesondere auf die Herstellung von Weißblechen, für die das Unternehmen 1851 auf der Weltausstellung in London den 1. Preis gewann und in Österreich die Marktführerschaft übernahm. Seit 1853 führte S. v. S. das Unternehmen allein, das im folgenden Jahr mit einem ungarischen und einem steirischen Werk zur Wöllersdorfer Metall-Union fusionierte. 1871 gehörte er als einer der wichtigsten Gesellschafter zu den Gründern der Styria Blech- und Eisenwerke Gesellschaft in Wasendorf, die er 26 Jahre mit leitete. S. v. S. war der Vater von Walter - ^ S . ν .S. tu Ö B L
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Schmid von Schmidsfelden Schmid von Schmidsfelden, Moriz, österr. Industrieller, * 5.9. 1836 Wollersdorf (Niederösterreich), t 1. 12. 1917 Göblasbruck (Niederösterreich). S. v. S. studierte wie sein Bruder Josef —»S. v. S. am Polytechnikum in Wien und war in einer Bank kaufmännisch tätig. Seit 1856 beteiligte er sich u.a. am Sensenhammer bei Kirchberg/Wesel und dem Steinkohlewerk in Opponitz. 1871 erwarb er eine Gewehrfabrik in Wilhelmsburg und gründete dort die spätere Firma M. Schmid & Söhne, in der 1882 die Gußerzeugung, 1886 die Tempergußproduktion für Achsenbestandteile und die Belieferung der gewerblichen Maschinenindustrie aufgenommen wurde. Unter S. v. S.s Leitung expandierte das Unternehmen stark. 1890 wurde eine Gesenkschmiede in Betrieb genommen, 1892 die Eisenund Stahlwerke im bosnischen Zenica gegründet. S. v. S. war der Vater von Adolf -> S. v. S. OD ÖBL Schmid von Schmidsfelden, Walter (Johann Friedrich), österr. Industrieller, * 11.2.1865 Wollersdorf (Niederösterreich), t 8.4. 1946 Liezen (Steiermark). S. v. S. war nach dem Studium an der Hochschule für Bodenkultur in Wien und an der Univ. Halle seit 1906 Gesellschafter der von seinem Vater Josef —>S. v. S. gegründeten Styria Blech- und Eisenwerke Gesellschaft in Wasendorf. Mit Karl von Löwenlhal übernahm S. v. S. die Leitung des Werks und war seit 1913 Leiter der Zentrale in Wien. Die Styria wurde 1921 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, deren erster Präsident S. v. S. war. 1926 kam eine eigene Handelsgesellschaft dazu, 1939/40 gründete er mit einem Neffen die Schmidhütte in Krems. In Liezen wurde ein Stahlwerk für kriegswirtschaftlichen Bedarf errichtet. S. v. S., 1921 zum Kommerzialrat ernannt, war Vizepräsident des Österreichischen Montanvereins. 1938 war er vorübergehend kommissarischer Leiter des Österreichischen Industriellenverbands. 1946/47 inhaftiert, wurde er 1949 zu Gefängnis und Vermögensverlust verurteilt; das Urteil wurde 1955 revidiert. Er verfaßte ein Gedenkbuch der Familie Schmid von Schmidsfelden (1902, 2 1939). S. v. S. kam bei einem Autounfall ums Leben. CD ÖBL Schmid-Wildy, Ludwig, Schauspieler, * 3.5.1896 Aachen, t 30. 1.1982 Rosenheim. S.-W. war der Sohn eines Bildhauers, der 1905 das Münchner KindI auf dem Turm des Neuen Rathauses nach seinem Modell schuf. Nach Konditorlehre, Tätigkeit als Koch und Teilnahme am Ersten Weltkrieg wandte er sich dem Schauspielberuf zu und trat später auch als Regisseur und Verfasser von Volksstücken und Drehbüchern hervor. Er war Mitbegründer der Bayerischen Landesbühne und wurde 1932 Oberspielleiter des Münchner Volkstheaters. 1934 führte er mit Hans —>Zöberlein in dem Propagandafilm Stoßtrupp 1917 Regie. Während des Zweiten Weltkriegs betrieb S.-W. eine Fabrik am Irschenberg, in der u.a. eine von ihm entwickelte Dauerbatterie hergestellt wurde. 1953 übernahm er die künstlerische Leitung der Münchner Volkssängerbühne am Platzl, trat daneben am Münchner Volkstheater und am Residenztheater auf und übernahm als Volksschauspieler zahlreiche, meist komödiantische Film- und Fernsehrollen (u. a. in den Serien „Königlich-bayerisches Amtsgericht" und „Münchner Geschichten"). 1976 veröffentlichte er seine Erinnerungen unter dem Titel Allerhand Durcheinand, 1981 Drunter und drüber. Schmidbauer, Richard, Bibliothekar, * 15. 11.1881 Furth im Wald (Oberpfalz), t 9. 11. 1975 München. S. studierte Neuphilologie, insbesondere Romanistik, in München, Rom und Würzburg, wurde 1906 mit der Arbeit Das Komische bei Goldoni zum Dr. phil. promoviert und übernahm nach der Bibliotheksausbildung an der Hofund Staatsbibliothek in München als erster wissenschaftlicher Fachbibliothekar 1906 die Leitung der Staats-, Kreis-
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und Stadtbibliothek in Augsburg. Er begann mit dem inneren Ausbau der Bibliothek zu einer neuzeitlichen allgemeinwissenschaftlichen Bibliothek, ließ einen Publikumskatalog für die Bestände ab 1900 anlegen, vollendete den systematischen Katalog und schuf Sonderverzeichnisse für die „Augustana", die Personalschriften und 3500 Flugschriften. Für die 1920 als Sonderabteilung der Bibliothek eröffnete Volksbücherei blieb er seine ganze vierzigjährige Amtszeit hindurch verantwortlich. S. schrieb u. a. Die Augsburger Stadtbibliothekare durch vier Jahrhunderte (1963). OD Leb Bayer Schwaben, Bd 12 Schmidberger, Josef, Augustinerchorherr, Obstbaufachmann, * 4. 11.1773 Urfahr (Oberösterreich), t 10.8. 1844 St. Florian (Oberösterreich). Das Studium der Philosophie, Medizin und Naturwissenschaften in Linz und Wien mußte S., Sohn eines Webers, aus gesundheitlichen Gründen abbrechen und trat 1796 in das Augustiner-Chorherrnstift St. Florian ein. 1800 zum Priester geweiht, wurde er Kooperator in Ansfelden, kehrte 1810 als Küchenmeister in das Stift zurück, übernahm 1812 auch die Agenden des Jagdwesens und 1817 das Gartenmeisteramt. S. befaßte sich besonders mit Obstbau und züchtete neue Sorten, die er in allen Teilen der Donaumonarchie und im Ausland absetzte, und entwickelte eine biologische Schädlingsbekämpfung. S. gilt als einer der bedeutendsten Pomologen im deutschen Sprachraum; er wirkte bahnbrechend in der Schädlingsbekämpfung und zählte zu den Begründern der Parasitenkunde. Er veröffentlichte Beiträge zur Obstbaumzucht und zur Naturgeschichte der den Obstbäumen schädlichen Insekten (4 Hefte, 1827-36). DP ÖBL Schmideberg, Melitta, geb. Klein, Psychiaterin, Psychoanalytikerin, * 17.1. 1910 Rosenberg (heute Ruzomberok, Slowakei), t 10.2.1983 London. Als Tochter von Melanie —> Klein und einem Chemieingenieur früh mit der Psychoanalyse in Berührung gekommen, studierte S. Medizin an der Univ. Berlin und wurde 1929 promoviert (Geschichte der homöopatischen Bewegung in Ungarn). Nach einer Lehranalyse bei Karen —»Horney wurde sie 1931 als außerordentliches Mitglied in die Berliner Psychoanalytische Vereinigung aufgenommen und war nach der Emigration nach Großbritannien seit 1933 Mitglied der British Psycho-Analytical Society in London, wo sie sich unter dem Einfluß von Edward Glover entschieden gegen die Ansichten ihrer Mutter wandte. 1945 ging sie nach New York, widmete sich der Arbeit mit straffällig gewordenen Jugendlichen und war 1950 Mitgründerin der Association for the Psychiatric Treatment of Offenders. 1961 kehrte sie nach London zurück und trat 1962 aus der British PsychoAnalytical Society aus. S., die zu den Begründern der auch für Delinquente sinnvollen Realitätstherapie gehörte, veröffentlichte u.a. Children in need (1948). Sie war Mitarbeiterin und seit 1970 Herausgeberin des „International Journal of Offender Therapy". CD BHdE, Bd 2 Schmidel, Casimir Christoph, auch Schmiedel, Anatom, Botaniker, Forschungsreisender, * 21. 11. 1718 Bayreuth, t 18. 12. 1792 Erlangen. Der Sohn eines markgräflich bayreuthschen Leibarztes und Kammerrats studierte seit 1735 Medizin in Jena und Halle, wurde 1742 in Jena promoviert (De exulceratione pericardii et cordis exemplo illustrata) und ging im selben Jahr als Prof. der Heilkunde an die Univ. Bayreuth. Nach deren Verlegung nach Erlangen 1743 wirkte S. dort als Prof. der Medizin, besonders für Anatomie und Botanik, und wurde 1763 Leibarzt des Markgrafen von Ansbach, den er auf seinen Reisen begleitete. Nach dem Ausscheiden aus dem Lehramt widmete sich S. verstärkt der Erforschung des Pflanzenreiches und
Schmidheiny gab den botanischen Nachlaß Konrad —> Gesners heraus. Er wurde zum Geheimen Hofrat und zum Präsidenten des Medizinalkollegiums ernannt. 1750 erfolgte die A u f n a h m e in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Erz-Stiiffen und Berg-Arten mit Farben genau abgebildet (1753), Icones plantarum et analyses partium aeri incisae atque vivis coloribus insignitae partium (3 Tie., 1762-97, 2 1793-97) und Dissertationes botanici argumenti revisae et recusae (1783). CH D S B
Schmiderer,
Joseph Ignaz, auch Schmiederer, Veterinärmediziner, * 2 2 . 5 . 1755 Freiburg/Breisgau, t 2 5 . 2 . 1 8 3 0 Freiburg/Breisgau. Der Sohn eines Wundarztes Schloß das Studium der Philosophie in Freiburg/Breisgau 1773 mit der Promotion zum Dr. phil. ab, wandte sich dann der Medizin zu und studierte nach Studienreisen durch die Schweiz, Tirol, Oberitalien und Frankreich Medizin in Freiburg/Breisgau. 1778 erhielt S. die Lizenz als Wundarzt, trat in den Militärdienst ein und wurde Oberchirurg am Feldspital in Prag. Seit 1780 setzte er das Studium in Wien fort, wurde hier 1781 zum Dr. med. promoviert und folgte wenig später einem Ruf als Prof. der Tierheilkunde auf den neuerrichteten Lehrstuhl in Freiburg/Breisgau. Hier betreute S. neben seinem Ordinariat 1793-97 auch das klinische Fach, 1805-07 den medizinisch-theoretischen Unterricht für Chirurgen und seit 1807 die allgemeine Pathologie und Therapie. Seit 1806 Medizinalreferent beim Hofgericht des Oberrheinkreises, wurde S. 1807 Medizinalrat und 1828 zum großherzoglich badischen Hofrat ernannt. Er begründete die Tierheilkunde im badischen Raum. 1796 erschien sein Thierärztliches Gutachten über die im Lande allgemein ausbrechende Rindviehseuche. CD Ö B L
Schmiderer,
Simon, Architekt, * 27. 1.1911 Saalfelden (Salzburg), t 12.4.2001 Highland Beach (Florida, USA). S. wurde seit 1925 zum Schreiner ausgebildet, ging nach der Meisterprüfung 1930 nach Wien und studierte 1933-37 an der Kunstgewerbeschule; 1934 wurde er wegen Betätigung für die Sozialdemokratie vorübergehend inhaftiert. 1938 emigrierte er über die Niederlande in die U S A und arbeitete dort seit 1939 als Architekt; 1952-73 entwickelte er im Auftrag der International Basic Economy Corporation vor allem Wohnbauprojekte auf Puerto Rico. Danach lebte er erneut einige Jahre in Österreich und ließ sich 1997 in Highland Beach nieder.
Schmidgruber, Anton, österr. Bildhauer, * 2 5 . 3 . 1 8 3 7 Wien, t 1 8 . 4 . 1 9 0 9 Wien. S. besuchte 1850-64 die Akademie der bildenden Künste in Wien, erhielt 1859 den Gesamtstudienpreis und das Staatsstipendium für Dresden und setzte seine Studien dort bei Ernst —> Hähnel fort. 1866 kehrte er nach Wien zurück, unternahm 1868 eine Studienreise nach R o m und wurde 1869 Mitglied des Wiener Künstlerhauses. Seit 1866 war S. in Wien als Bauplastiker tätig, arbeitete an den bedeutendsten Wiener Monumentalbauten der Zeit mit und entwarf Bauplastiken u. a. für die Votivkirche, das Parlament, das Burgtheater, das Rathaus und die Universität. Daneben sind die StierGruppen am Zentralviehmarkt (1883), die Kolossalstatuen Handel und Gewerbe für die Wiener Weltausstellung (1873) sowie die Dürer-Statue am Wiener Künstlerhaus (1882) hervorzuheben. D3 Ö B L
tätig, habilitierte er sich 1955 mit der Schrift Gesinnungsmerkmale im Strafrecht (gedruckt 1958). 1959-63 war er o. Prof. für Strafrecht und Prozeßrecht in Göttingen, dann bis 1986 an der Univ. Hamburg. S., der sich vor allem mit Strafrecht befaßte und eine teleologische Straftatsystematik erarbeitete, die Straftaten unter dem Gesichtspunkt ihrer Rechtsfolgen ordnete, veröffentlichte u. a. Vom Sinn des Strafens (1963, 2 1973, Nachdr. 2002), Straf recht (1970, 2 1975) und Verbrechen und Strafe. Ein Streifzug durch die Weltliteratur von Sophokles bis Dürrenmatt (1995, 2 1996). m NDB S c h m i d h a m m e r , Arpad, Maler, Illustrator, * 12.2. 1857 St. Joachimsthal (Böhmen), f 13.5.1921 München. S. studierte Malerei in Graz, 1879-83 an der Wiener und 1883-89 an der Münchner Akademie und lebte dann als Maler, Karikaturist und Bilderbuchautor in München. Er war u . a . Mitarbeiter der Zeitschriften „Die Gartenlaube", „Velhagen und Klasings Monatshefte", „Über Land und Meer" und „Jugend". S. veröffentlichte zahlreiche Kinderbücher, u . a . Frohe Kindheit! 16 Kinderbilder mit lustigen Versen (1922).
Schmidhäuser,
Julius, schweizer. Schriftsteller, * 29.3. 1893 Zürich, t 5. 1.1970 Losone (Tessin). Das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Zürich und Berlin Schloß S., Sohn eines Kreispostkassiers, 1919 mit der Promotion zum Dr. jur. ab, befaßte sich daneben mit philosophischen und theologischen Studien und war 1919-23 Sekretär der Schweizerischen Schriftstellervereinigung. Er lebte danach zurückgezogen als Privatgelehrter und Schriftsteller im Tessin und am Genfersee, war 1929-34 Studentenberater der evang. Kirche an beiden Hochschulen in Zürich und ließ sich schließlich in Losone nieder. S. trat als Lyriker, Erzähler, Essayist und Verfasser philosophischer Schriften hervor. Er veröffentlichte u. a. Der Kampf um das geistige Reich. Bau und Schicksal der Universität (19.33), den Gedichtband Rose, du bist (1943) und das Werk Mnemosyne. Gedanken und Dank. Die Taten der Mutter und Väter für das Kind Mensch (1954). CD D L L
Schmidheiny,
Ernst I., schweizer. Industrieller, * 1 . 4 . 1 8 7 1 Heerbrugg (Kt. St. Gallen), f 1 5 . 3 . 1 9 3 5 Sinai. Nach Besuch der Handelsakademie und Aufenthalten in Italien und England trat S., Sohn von Jacob I. —>S., in das väterliche Unternehmen ein und wurde 1902 Teilhaber. 1905 übernahm er mit seinem Bruder von Jacob II. —»S die Leitung der Firma Jacob Schmidheinys Söhne, als deren Gesellschafter er 1907 ausschied, und widmete sich dann vor allem dem Zementgeschäft; er gründete u.a. die Rheintalische Cementfabrik Rüthi A G (1906) und war maßgeblich an der Gründung des Zementkartells Eingetragene Genossenschaft Portland (1910) beteiligt. Seit 1914 Verwaltungsrat der Aargauischen Portlandcementfabrik Holderbank-Wildegg, wurde er später deren Präsident und war 1923 Mitgründer der Eternit AG Niederurnen und der Amiantus AG, die unter S. als Präsident international expandierten. Zudem übernahm er 1924 die Holzindustrie AG St. Margarethen (HIAG) und wurde im selben Jahr Verwaltungsrat der Verkaufs-Aktiengesellschaft Heinrich Wild's geodätische Instrumente. 1911-19 wirkte S. als Nationalrat und leitete 1914-17 das schweizer. Büro für Kompensation. Er starb bei einem Flugzeugabsturz. CP Schweizer Pioniere, Bd 61
Schmidhäuser,
Eberhard, Jurist, * 10. 10. 1920 Stuttgart, t 6 . 3 . 2 0 0 2 Hamburg. S., Sohn eines Juristen, studierte nach Verwundung im Zweiten Weltkrieg seit 1942 Rechtswissenschaften in Straßburg, Freiburg/Breisgau und Tübingen, war 1949-52 Richter am Landgericht Stuttgart und wurde 1952 an der Univ. Tübingen promoviert. Danach dort als Wissenschaftlicher Assistent
Schmidheiny,
Ernst II., schweizer. Industrieller, * 16.7. 1902 Heerbrugg (Kt. St. Gallen), f 2 . 3 . 1 9 8 5 Celigny. Nach dem Tod seines Vaters Ernst I. —>S. übernahm S. zusammen mit seinem Bruder M a x —>S. das Familienunternehmen und widmete sich vor allem dem Zementkonzern
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Schmidheiny Holderbank AG; er war 1955-74 Präsident des Verwaltungsrats und setzte die weltweite Ausdehnung des Konzerns fort. S. wirkte auch in anderen Firmen der Familie mit, u . a . in den Führungsgremien der Wild A G Heerbrugg und der Eternit A G Niederurnen. 1947-73 war er Mitglied, 1958-65 Präsident des Verwaltungsrats der Swissair. 1972 gründete S. die Ernst Schmidheiny Stiftung zur Förderung des Interesses und des Verständnisses für die wirtschaftlichen Zusammenhänge im Rahmen der freiheitlichen Marktwirtschaft. CD Schweizer Pioniere, Bd 61 S c h m i d h e i n y , Jacob I., schweizer. Unternehmer, * 2 5 . 6 . 1838 Balgach (Kt. St. Gallen), t 1 8 . 2 . 1 9 0 5 St. Gallen. Zunächst zum Weber ausgebildet und in seinem Beruf tätig, holte S., Sohn eines Schneiders, die Realschule nach, wurde Direktor einer Seidenweberei und gründete eine Weberei in Weiersegg bei Balgach. 1867 erwarb er Schloß Heerbrugg, zu dem auch eine Ziegelei gehörte, kaufte und gründete später weitere Ziegeleien und Lehmlager und trug mit eigenen Erfindungen zur Industrialisierung der Produktion bei. 1902 traten seine Söhne Jacob II. und Ernst I. —>S. als Teilhaber in das unter Jacob Schmiedheiny und Söhne firmierende Unternehmen ein. 1903 wurde S. Präsident des Verbandes Schweizerischer Ziegler. CD Schweizer Pioniere, Bd 61 S c h m i d h e i n y , Jacob II., schweizer. Unternehmer, * 2 1 . 6 . 1875 Heerbrugg (Kt. St. Gallen), t 8. 1.1955 Heerbrugg. Der Sohn von Jacob I. —>S. durchlief eine ziegeleitechnische Lehre in Konstanz, studierte 1895-99 Ingenieurwesen an der Ε Τ Η Zürich, arbeitete dann als Bauführer in Genf und Lausanne sowie in Italien und wurde 1902 mit seinem Bruder Ernst I. - > S . Teilhaber des väterlichen Unternehmens. Seit 1907 Alleininhaber der nunmehr unter J. Schmidheiny & Co. firmierenden Ziegeleisparte, war er seit 1912 führend in der Zürcher Ziegeleien A G tätig und wurde 1926 deren Präsident. 1921 gründete S. mit Robert Helbling und Heinrich —»Wild eine Werkstätte für Feinmechanik und Optik in Heerbrugg (seit 1923 Verkaufs-Aktiengesellschaft Heinrich Wild's geodätische Instrumente, später Wild Heerbrugg AG, heute Leica Geosystems) und wurde 1937 Miteigentümer der Maschinenfabrik Escher Wyß A G in Zürich. Ferner war er 1916 er an der Gründung der Öl- und Fettwerke Societä Anonima Italo-Svizzera SAIS in Zürich beteiligt und wurde 1928 Präsident von deren Verwaltungsrat, 1933 auch Präsident des Verwaltungsrats der Dornier-Werke Altenrhein. 1924-35 gehörte S. dem Großen Rat von Sankt Gallen, 1 9 3 4 / 3 5 dem Nationalrat an. 1945 wurde er von der Ε Τ Η Zürich zum Dr. eh. ernannt. S. war der Vater von Peter —>S. CD Schweizer Pioniere, Bd 61 S c h m i d h e i n y , Max, schweizer. Ingenieur, Industrieller, * 3 . 4 . 1908 Heerbrugg (Kt. St. Gallen), t 1 9 . 8 . 1 9 9 1 Altstätten (Kt. St. Gallen). Der Sohn Ernst I. - > S . s Schloß das Maschinenbaustudium an der Ε Τ Η Zürich als Diplomingenieur ab, trat in das Familienunternehmen ein, übernahm nach dem Tod seines Vaters 1935 die Leitung der Eternit A G Niederurnen und führte die Expansion der Firma im Ausland weiter. G e m e i n s a m mit seinem Bruder Ernst II. —>S. leitete S. das Familienunternehmen, war 1935-54 Vizepräsident der Wild-Heerbrugg A G und gehörte seit 1962 dem Verwaltungsrat von Brown, Boveri & Cie. an (1966-70 Präsident). 1952 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Univ. Basel. 1959-63 war S. Nationalrat. 1984 übergab er die Unternehmensleitung seinen Söhnen T h o m a s und Stephan. CD Schweizer Pioniere, Bd 61
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S c h m i d h e i n y , Peter, schweizer. Unternehmer, * 12.7. 1908 Balgach (Kt. St. Gallen), t 1 5 . 2 . 2 0 0 1 Heerbrugg (Kt. St. Gallen). S., Sohn von Jacob II. —»S., Schloß 1932 das Studium an der Ε Τ Η Zürich ab. Er war seit 1939 Direktor der hydraulischen Abteilung bei Escher Wyss, 1953-71 Präsident und bis 1981 Verwaltungsratspräsident. 1966-69 organisierte er den Zusammenschluß des Unternehmens mit der Gebrüder Sulzer AG. Seit 1969 war er Präsident der neugegründeten Turbomaschinen AG Zürich. Daneben war S. Verwaltungsratsmitglied verschiedener Firmen, u. a. der Schweizerischen Kreditanstalt, sowie Vorstandsmitglied des Vereins Schweizerischer Maschinen-Industrieller. CD N D B S c h m i d i n g e r , Alfred, schweizer. Maler, Restaurator, * 2 2 . 6 . 1892 Küssnacht, t 2 9 . 1 . 1 9 7 7 Luzern. Seine künstlerische Ausbildung erhielt S. an der Kunstgewerbeschule in Luzern, unternahm dann ausgedehnte Studienreisen und ließ sich als Maler und Restaurator in Luzern nieder. Neben figürlichen Kompositionen und Landschaften in Öl und Tempera schuf er vorwiegend Wandbilder, u . a . zahlreiche Fresken an den Altstadtfassaden in Luzern und Zug. Zu seinen Werken gehören auch das Altargemälde und die Slationenbilder in der Kirche in Finsterwald (1942). S c h m i d k u n z , Walther, Verleger, Schriftsteller, Alpinhistoriker, * 2 6 . 3 . 1 8 8 7 Kiel, t 19. 11.1961 N e u h a u s / Schliersee. S., Sohn eines Hochschulpädagogen, studierte in München ohne Abschluß, hielt sich als Journalist in London und Italien auf und war zwischen 1908 und 1919 Inhaber mehrerer Verlage, die er zum Teil selbst gründete und in denen er Bergbücher verlegte, u. a. im Verlag W. Schmidkunz, im Dreiländerverlag und im Bergverlag. 1928 begründete er die Gesellschaft alpiner Bücherfreunde, die er leitete. Er war Redakteur der Zeitschriften „Deutsche Alpenzeitung", „Der Winter" und „Berg". S. gilt als einer der ersten Alpinjournalisten und Historiker des Alpinismus. Er veröffentlichte u . a . Zwischen Himmel und Erde (1925) und Bergvagabunden (1937). Bekannt wurde er als Sammler von Bergliedern und Bauernsprüchen (Waschechte Weisheiten, 1936; Schnadahüpflsammlung, 1949) und als eigentlicher Verfasser der Bücher von Luis —> Trenker (Meine Berge, 1931; Berge und Heimat, 1935), f ü r den er auch als Aufnahmeleiter tätig war (u.a. Der Rebell, 1932). S. bestieg selbst Uber 2 5 0 0 Gipfel in den Alpen und in Lappland. CD N D B S c h m i d l , Carlo, Verleger, Musikwissenschaftler, * 7 . 1 0 . 1859 Triest, t 7 . 1 0 . 1 9 4 3 Triest. Der Sohn eines Komponisten und Dirigenten wurde von seinem Vater in Musiktheorie und Violine unterrichtet, arbeitete seit 1872 als Verkäufer in der Musikalienhandlung Vicentini in Triest und wurde 1883 Musikverleger. 1889 gründete S. einen eigenen Verlag, der bis 1892 bzw. 1902-14 als C. Schmidl & Co. firmierte, und errichtete 1901 in Leipzig eine Filiale des Verlags „ricordi", die er bis 1906 leitete. S. erwarb Verlage in Wien, Mailand und Florenz und gab Werke italienischer Komponisten heraus. 1884 gründete er die Societä dei Concerti, initiierte zahlreiche K a m m e r m u sikaufführungen mit nahmhaften Musikern und war 1889 Gründer der Concorsi per la canzonetta popolare triestina. S. veröffentlichte u . a . ein Dizionario universale dei musicisti (1887-89, 2 Bde., 2 1926-29). CD Ö B L S c h m i d l , (Theresie) Marianne, auch Schmiedl, österr. Volkskundlerin, Bibliothekarin, * 3 . 8 . 1 8 9 0 Berchtesgaden, t vor 9 . 5 . 1 9 4 5 . Die Tochter eines Wiener Hof- und Gerichtsadvokaten studierte seit 1910 Mathematik und Physik in Wien, seit 1913 Ethnographie, Anthropologie, Urgeschichte und Volkskunde und wurde 1916 als erste Österreicherin ihrer Disziplin
Schmidseder zum Dr. phil. promoviert. Bereits als Studentin war S. Volontärin am Österreichischen M u s e u m für Volkskunde, arbeitete 1 9 1 6 / 1 7 an der Afrikanischen Abteilung des M u s e u m s für Länder- und Völkerkunde in Berlin und war 1917-20 Assistentin am Stuttgarter Lindenmuseum. Anschließend war sie in gleicher Stellung am M u s e u m für Kunst und Kunstgewerbe in Weimar tätig, trat 1921 als Hospitantin in den Dienst der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien und wurde 1938 zum Staatsbibliothekar erster Klasse ernannt. Im selben Jahr wurde S. wegen Krankheit pensioniert und 1942 wegen ihrer jüdischen Herkunft in das Lager Izbica deportiert. Seit 1914 war sie Mitglied der Anthropologischen Gesellschaft in Wien und zählte zu den Initiatoren der 1930 gebildeten Wiener Arbeitsgemeinschaft für Afrikanische Kulturgeschichte. S. veröffentlichte zahlreiche völkerkundliche Abhandlungen in Fachzeitschriften. CP Keintzel S c h m i d l , (Johann) Michael, österr. Buchhändler, Verleger, Schriftsteller, * 2 0 . 8 . 1 7 7 9 Weitersfeld (Niederösterreich), t 16.3. 1832 Wien. Nach d e m Studium der Rechtwissenschaften in Wien wandte sich der früh verwaiste S. d e m Antiquariats- und Sortimentsbuchhandel zu, erlernte das Buchhandlungsgewerbe und wurde stiller Gesellschafter des Antiquariatsbuchhändlers Franz Grund in Wien. Seit 1813 Kompagnon Jakob Mayers, edierte er mit diesem seit 1822 die erste Gesamtausgabe der Werke Friedrich —»Schlegels, die jedoch wegen der Trennung der Geschäftspartner 1825 unvollendet blieb. 1826-30 war S. Partner Katharina Gräffers und machte sich dann selbständig. Nach seinem Tod führte seine Witwe A n n a Maria S. die Buchhandlung weiter und Schloß 1836 unter der Firma Michael Schmidls sei. Witwe und Ignaz Klang einen Gesellschaftsvertrag mit S.s Neffen. S. zählte zum Kern der literarisch ausgerichteten „Strobelkopf-Gesellschaft." 1819-22 gab er den „Literarischen Anzeiger" heraus. CD O B L S c h m i d l , Ulrich, auch Schmidel, Schmidt, auch Ulricus Faber, Landsknecht, Schriftsteller, * zwischen 1500 und 1510 Straubing, f vermutlich 1581 Regensburg. S., Sohn eines Ratsherrn, Stadtkämmerers und Spitalmeisters, Schloß sich 1 5 3 4 / 3 5 als Landsknecht der von Pedro de M e n d o z a geführten, u. a. von Sebastian von —> Neidhart finanzierten spanischen Eroberungsexpedition in das Gebiet des La Plata-Stroms an. Während seines neunzehnjährigen Aufenthalts nahm er an zahlreichen Eroberungszügen in das Landesinnere teil und erlebte die A n f ä n g e von Buenos Aires sowie die Gründung von Asuncion. 1554 kehrte S. nach Straubing zurück, sah sich aber als Anhänger —> Luthers 1562 gezwungen, nach Regensburg umzusiedeln. Sein minutiöser, zwischen 1554 und 1562 entstandener Bericht Wahrhafftige unnd liebliche Beschreibung etlicher [...] Indianischer Landschafften, der 1567 in der S a m m l u n g Neuwe Welt erstmals gedruckt wurde, gilt als früheste Quelle zur Geschichte Argentiniens und der benachbarten Gebiete; als Wahrhafftige Historien einer wunderbaren Schiffart (1599, Faks. 1962) wurde er mehrfach aufgelegt und übersetzt. CD N D B S c h m i d l i , Werner, schweizer. Schriftsteller, * 3 0 . 9 . 1 9 3 9 Basel, t 14. 11.2005 Basel. S., Sohn eines Chemiearbeiters, unternahm nach der Ausbildung zum Chemielaboranten eine Weltreise und war in Melbourne als Industriearbeiter tätig. Nach der Rückkehr in die Schweiz war er in Aargau, seit 1967 in Basel ansässig, wurde Mitarbeiter in einem Verlag und war 1968-78 Mitherausgeber der Zeitschrift „drehpunkt", seit 1979 freier Schriftsteller. S. schuf meist im Arbeiter- und Kleinbürgermilieu angesiedelte Erzählungen (Der Junge und die toten Fische, 1966; Die Freiheiten eines Reisenden, 1980) und R o m a n e ( u . a .
Meinetwegen soll es doch schneien, 1967; Das Schattenhaus, 1969; Fundplätze, 1974; Hasenfratz, 1987; Von Sommer zu Sommer in meiner Nähe, 1990) über Außenseiter in einer sie ablehnenden Gesellschaft sowie Hörspiele und Fernsehfilme. Später verfaßte er zunehmend Kriminalromane, häufig mit der Detektivfigur des Camil Gunten (Der Mann am See, 1985; Oswalds Katze, 2005). 1968 erhielt S. den Preis der Schweizerischen Schillerstiftung, 1985 den Basler Literaturpreis. CD KLG S c h m i d l i n , Johannes, auch Schmidli, schweizer, evang. Theologe, Komponist, * 2 2 . 5 . 1722 Zürich, t 5. 11.1772 Wetzikon (Kt. Zürich). S. trat 1736 in das Collegium Carolinum in Zürich ein, wo er Musikunterricht wahrscheinlich bei d e m Großmünsterkantor Johann Caspar —»Bachofen erhielt, und war Mitglied des vom Bürgermeister Hans Fries präsidierten Musikkollegiums Auf d e m Music-Saal beim Fraumünster. 1743 ordiniert, wurde er 1744 Vikar in Dietikon (Kt. Zürich) und 1754 Pfarrer in Wetzikon. Dort gründete S. 1755 den ersten ländlichen Gesangverein und 1756 ein Collegium musicum nach dem Zürcher Vorbild. Seit 1771 war er Kammerer des Wetzikoner Kapitels. Mit seinen Schweizerliedern mit Melodien trug S. zur Verbreitung des Klavierlieds in der Schweiz bei und begründete eine der Berliner Schule vergleichbare Schweizer Liedschule. CD M G G S c h m i d l i n , Joseph, kath. Theologe, Kirchenhistoriker, * 2 9 . 3 . 1876 Kleinlandau (Elsaß), t 10. 1.1944 SS-Sicherungslager Vorbruck bei Schirmeck (Elsaß). S., Sohn eines Volksschullehrers, studierte Philosophie und Theologie am Priesterseminar in Straßburg, nach der Priesterweihe 1899 Geschichte und Klassische Philologie in Freiburg/Breisgau und wurde 1902 zum Dr. phil. promoviert. Er setzte sein Studium in R o m fort und wurde 1904 in Freiburg/Breisgau zum Dr. theol. promoviert. 1907 habilitierte sich S. für Kirchengeschichte in Straßburg. Seit 1910 war er a. o. Prof. der Kirchen- und Dogmengeschichte, Patrologie und Missionskunde, seit 1914 o. Prof. der Missionswissenschaft in Münster. 1934 wegen antinationalsozialistischer Äußerungen zwangspensioniert und 1941 verhaftet, starb S. im SS-Sicherungslager Vorbruck. Er war Begründer der kath. deutschen Missionswissenschaft, der Akademischen Missionsbewegung (1910) und der „Zeitschrift f ü r Missionswissenschaft" (1911, seit 1928 „Zeitschrift f ü r Missionswissenschaft und Religionswissenschaft"). S. veröffentlichte u. a. Die kirchlichen Zustände in Deutschland vor dem Dreißigjährigen Krieg (3 Bde., 1908-10), Einführung in die Missionswissenschaft (1917, 2 1925), Katholische Missionslehre im Grundriß (1919, 2 1923), Katholische Missionsgeschichte (1924) und Papstgeschichte der neuesten Zeit (4 Bde., 1933-39). CD N D B S c h m i d s e d e r , Ludwig, Pseud. Louis Fabro, Komponist, * 2 4 . 8 . 1904 Passau, t 2 1 . 7 . 1971 München. Zunächst als Bankbeamter tätig, studierte S. am Münchner Konservatorium und ging 1926 nach Rio de Janeiro. Er übte dort verschiedene Berufe aus, bevor er Kapellmeister an Bord eines D a m p f e r s wurde. 1930 kehrte S. nach Deutschland zurück und lebte 1931-35 als Barpianist in Berlin. Nach dem Erfolg seiner ersten Operette Viola 1935 war er als freischaffender Komponist tätig, u. a. viele Jahre in G m u n d e n (Oberösterreich). Neben zahlreichen Operetten (u.a. Die oder keine, 1939; Linzer Torte, 1939; Wachauer Mädel, 1951) schuf er Filmmusik und über 500 Schlager, von denen Habanera und Gitarren spielt auf (Text: Ralph Maria —»Siegel) zu den erfolgreichsten zählen. S. schrieb auch Kochbücher sowie . . . und das ist mir passiert. Lustige Geschichten aus meinem Leben (1959). CD Ö M L
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Schmidt Schmidt,
Adalbert von, österr. Eisenbahnfachmann, Wasserbautechniker, * 1 7 . 8 . 1 8 0 4 Gurschdorf (Österr.-Schlesien), t 2 . 3 . 1868 Wien. Der Sohn eines Müllermeisters studierte 1821-25 an der Technischen Abteilung des Polytechnischen Instituts in Wien, seit 1824 auch Kameralwissenschaften an der dortigen Univ., trat 1825 bei der niederösterreichischen Wasserbaudirektion in den Staatsdienst ein und wurde 1839 Kreisingenieur in Villach; seit demselben Jahr Betriebskommissär in der Direktion der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn, wurde er 1842 Generalinspektor, 1843 Inspektor bei der Generaldirektion für die Staatsbahnen und übernahm 1848 die Leitung der Generaldirektion für die österr. Staatsbahnen, 1849 als Sektionsrat im Ministerium für öffentliche Arbeiten die des Betriebsdienstes. 1853 wurde S. Referent für Eisenbahnangelegenheiten im Ministerium für Handel, G e w e r b e und öffentliche Arbeiten, 1856 Ministerialrat und Direktor der vereinigten Betriebsdirektion und war seit 1861 im Ministerium für Handel und Volkswirtschaft tätig. 1850 wurde S. nobilitiert. CD Ö B L
Schmidt,
Adalbert (Josef Johann), Pseud. Gregorius, österr. Germanist, * 12.7. 1906 Wien, t 9 . 1 1 . 1 9 9 9 Eferding (Oberösterreich). Der Sohn eines Ministerialrats studierte seit 1925 Deutsche Sprache und Literatur, Geschichte und Philosophie an der Univ. Wien, w o er 1930 mit der Arbeit Wilhelm Holzamer promoviert wurde. 1930-38 arbeitete er als Journalist f ü r verschiedene Tageszeitungen sowie bei einem Radiosender, seit 1936 auch als Verlagslektor beim Sudetendeutschen Verlag Franz Kraus in Reichenberg. 1938 trat er in die N S D A P ein. Nach Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und Gefangenschaft war er 1946-51 Korrektor bei einer Druckerei und 1948 zudem Lehrer f ü r Deutsch und Englisch an den Volkshochschulen Salzburg und Radstadt. 1949-54 war er Lektor für Phonetik und Sprecherziehung an der Univ. Salzburg, 1951-59 Berufsschullehrer. Seit 1955 leitete er das internationale Institut für Deutsche Sprache und Literatur und lehrte seit 1966 als o . P r o f . f ü r Österreichische Literaturgeschichte an der Univ. Salzburg. S. veröffentlichte u. a. Deutsche Dichtung in Österreich. Eine Literaturgeschichte der Gegenwart (1935, 2 1937). DP IGL
Schmidt,
Adolf, evang. Theologe, Naturforscher, * 2 9 . 8 . 1812 Berlin, t 2 5 . 6 . 1 8 9 9 Aschersleben. S., dessen Vater ein Feldprediger, zugleich Porträtmaler und dessen Mutter eine Blumenmalerin war, studierte Theologie in Halle und war anschließend Hauslehrer in Bedra bei Merseburg, Zeichenlehrer am D o m g y m n a s i u m und Hilfsprediger in Halberstadt sowie Diakon und schließlich Pastor in Aschersleben. Nebenberuflich beschäftigte er sich mit Mineralogie, Zoologie und Botanik und machte sich vor allem auf dem Gebiet der Kieselalgen und Diatomaceen einen Namen. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Beiträge zur Malakologie (1857), System der europäischen Clausilien und ihrer nächsten Verwandten (1868) und Atlas der DiatomaceenKunde (Hrsg., fortgesetzt von Martin Schmidt, 120 Hefte, 1874-1959, Nachdr. 4 Bde., 1972; 3 Bde., 1984). Postum erschien Coleoptera. Aphodiinae (1922).
Schmidt,
(Wilhelm) Adolf, Historiker, * 2 6 . 9 . 1812 Berlin, t 10.4. 1887 Jena. S., Sohn eines K a u f m a n n s , studierte seit 1831 Philosophie, Geschichte und Klassische Philologie in Berlin, wo er 1834 zum Dr. phil. promoviert wurde und sich 1840 für Geschichte habilitierte. Seit 1845 a . o . P r o f . in Berlin, wurde er 1851 o. Prof. der Geschichte in Zürich und 1860 in Jena. 1 8 4 8 / 4 9 gehörte S. der Nationalversammlung in F r a n k f u r t / Main an und war 1874-76 Mitglied des Reichstags. 1844-48 war er Herausgeber der „Zeitschrift für Geschichtswissenschaft". S. veröffentlichte u. a. Die Zukunft der arbeitenden
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Classen und die Vereine für ihr Wohl (1845), Preußens Deutsche Politik 1785, 1806, 1849 (1850) und Das perikleische Zeitalter. Darstellungen und Forschungen (2 Bde., 1877-79). • 3 Frankf Nationalvers
Schmidt,
(Karl) Adolf, auch Schmidt von Ilmenau, Jurist, * 4 . 1 1 . 1815 Allstedt (Sachsen), f 20. 10. 1903 BadenBaden. S., Sohn eines Superintendenten, studierte seit 1834 Rechtswissenschaften in Jena, wurde 1839 promoviert und habilitierte sich im folgenden Jahr für römisches Recht. Seit 1843 a. o. Prof. in Jena, wurde er 1849 o. Prof. in Greifswald, 1850 in Freiburg/Breisgau und lehrte 1869-1901 in Leipzig. 1858-66 Mitglied der badischen Ersten Kammer, trat er 1866 für die Unterstützung Preußens durch Baden ein. S. veröffentlichte u . a . Das Interdiktenverfahren der Römer. In geschichtlicher Entwicklung (1853), Das formelle Recht der Notherben (1862) und Das Pflichtheilsrecht des Patronus und des Parens Manumissor (1868). DD N D B
Schmidt,
Adolf, Geologe, * 2 7 . 2 . 1836 Karlsruhe, t 3 0 . 1 . 1917 Heidelberg. Das Studium in Karlsruhe, an der Bergakademie Freiberg und in Heidelberg Schloß S. 1860 mit der Promotion ab, war seit 1862 Bergbau-Assistent in Kandern (Baden) und wurde 1863 Vorstand des Eisenwerks Zizenhausen (Baden). 1867 ging er als Hütteningenieur nach Troy (New York), war seit 1873 als Geologe am Survey von Missouri tätig und habilitierte sich nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1876 für Geologie und Metallurgie in Heidelberg (Die Blei- und ZinkErz-Lagerstätten von Südwest-Missouri), wo er seit 1880 als a. o. Prof. lehrte. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Die Zinkerz-Lagerstätten von Wiesloch (Baden) (1881) und Geologie des Münsterthals im badischen Schwarzwald (3 Tie., 1886-89).
Schmidt,
Adolf, Bibliothekar, Einbandforscher, * 2 7 . 1 2 . 1857 Darmstadt, t 27. 10. 1935 Darmstadt. Der Sohn eines Hofposamentierers studierte Germanistik, Romanistik und Geschichte in Gießen und Straßburg, w o er 1880 zum Dr. phil. promoviert wurde. Er war seit 1881 Akzessist, seit 1886 Sekretär, seit 1895 Bibliothekar und 1904-24 Direktor der Hessischen Landesbibliothek in D a r m stadt. S. gehörte zu den Begründern der wissenschaftlichen Einbandkunde. Er schrieb u. a. Bucheinbände aus dem 14.-16. Jahrhundert in der Landesbibliothek zu Darmstadt (1921). CD Habermann 1
Schmidt,
Adolf (Friedrich Karl), Geophysiker, * 2 3 . 7 . 1860 Breslau, f 1 7 . 1 0 . 1 9 4 4 Gotha. S., Sohn eines Maschinenbaumeisters, studierte seit 1878 an der Univ. Breslau Mathematik, Physik, Astronomie, Geographie und Philosophie sowie Französisch, Englisch und englische Literaturgeschichte und wurde 1882 promoviert (Zur Theorie der Cremona 'sehen Transformation, insbesondere der 4. Ordnung). Seit 1884 war er Lehrer, seit 1898 Prof. am G y m n a s i u m Ernestinum in Gotha und wurde 1902 Abteilungsvorsteher am dortigen Meteorologischen Institut. Seit 1907 war er o. Honorarprofessor der Geophysik an der Univ. Berlin, seit 1909 zudem Vorsteher des MeteorologischMagnetischen Observatoriums in Potsdam und 1 9 2 7 / 2 8 dessen Direktor. S. wurde 1910 in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt, 1911 zum Geheimen Regierungsrat ernannt und war seit 1929 korrespondierendes Mitglied der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften. Er lieferte Beiträge zur A n w e n d u n g der Potentialtheorie auf den Erdmagnetismus und konstruierte Magnetometer, u. a. die nach ihm benannte Schmidtsche Schneidenwaage. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Mathematische Entwicklungen zur allgemeinen Theorie des Erdmagnetismus (1889), Mitteilungen über eine neue Berechnung des erdmagnetischen
Schmidt Potentials (1895) und Zur Frage der hypothetischen die Erdoberfläche durchdringenden elektrischen Ströme (1939). CD N D B S c h m i d t , (Max Karl Wilhelm) Adolf, Neurologe, * 17.2. 1863 Celle, t 3 0 . 3 . 1926 Mühlhausen (Thüringen). Nach dem Medizinstudium und der Approbation 1889 war S. zwei Jahre Assistent an der Wahrendorffschen Privatirrenanstalt in Ilten bei Hannover, arbeitete dann an der KreisIrrenanstalt in München unter Hubert —> Grashey und betreute während dieser Zeit auch den geisteskranken König —>Otto von Bayern. Seit 1894 war S. Oberarzt und stellvertretender Direktor der Landesheilanstalt Uchtspringe (Altmark), seit 1906 leitender Oberarzt der an die Anstalt Altscherbitz angegliederten Pflegeanstalt und wurde 1910 als psychiatrischer Sachverständiger mit der Planung der künftigen Anstalt P f a f f e r o d e bei Mühlhausen (Thüringen) betraut, deren Leitung er von 1912 bis zu seinem Tod innehatte. S c h m i d t , Adolf, Internist, * 7 . 3 . 1865 Bremen, t l l . 11. 1918 Bonn. S. studierte Medizin in Jena, Tübingen, Berlin und Bonn, wo er 1889 promoviert wurde (Beiträge zur Physiologie der Nierensecretion) und sich 1894 für Innere Medizin habilitierte. Seit 1898 Titularprofessor, wurde er 1906 Oberarzt am Städtischen Krankenhaus Friedrichstadt in Dresden und war seit 1907 an der Poliklinik in Halle tätig, seit 1908 als Vorstand der Medizinischen Klinik und 1 9 1 6 / 1 7 als Rektor. Seine Rektoratsrede 1916 behandelte das T h e m a Konstitution und ihre Beeinflussung. 1918 kehrte S., seit 1910 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, als o. Prof. der Inneren Medizin nach Bonn zurück. Er veröffentlichte u. a. Die Faeces des Menschen im normalen und krankhaften Zustande mit besonderer Berücksichtigung der klinischen Untersuchungsmethoden (mit Julius Strasburger, 3 Tie., 1901-03, "1915), Lehrbuch der allgemeinen Pathologie und Therapie innerer Krankheiten (1903) und Die Funktionsprüfung des Darmes mittels der Probekost (1904, 2 1908, engl. 1906, frz. 1909). Seit 1912 war er Herausgeber des „Zentralblatts für Innere Medizin". Nach S. ist eine Halbseitenlähmung bei Rückenmarkserkrankung, nach ihm und d e m Internisten Julius Strasburger die Schmidt-Strasburger-Probekost zur Verdauungsprüfung benannt. Nach der deutschen Kapitulation 1918 beging S. Selbstmord. m Cat Prof Hai S c h m i d t , Aglaja, österr. Schauspielerin, * 9 . 8 . 1926 Scheibbs (Niederösterreich), t 16. 12.2003 Wien. S. wurde am Max-Reinhardt-Seminar in Wien ausgebildet und erhielt 1945 ein Engagement am Theater in der Josefstadt. Seit 1955 gehörte sie d e m E n s e m b l e des Wiener Burgtheaters an. Daneben war sie f ü r den Film tätig, u . a . in d e m von ihrem M a n n Rudolf —>Steinboeck inszenierten Das andere Leben (1948), sowie als Synchronsprecherin von Grace Kelly. S. wurde zur Kammerschauspielerin ernannt. S c h m i d t , Agnes, auch Inez Fabbri(-Mulder), österr. Sängerin, * 26. 1.1831 Wien, t 3 0 . 8 . 1909 San Francisco (Kalifornien, USA). Die Tochter eines verarmten Wiener Samtfabrikanten debütierte nach ihrer Gesangsausbildung 1847 als Abigail in Gaetano Donizettis Lucrezia Borgia am Theater in Kaschau, sang nach Wanderjahren in Königsberg und Potsdam und kam 1857 an das Hamburger Stadttheater, w o sie u . a . als Valentine in Giacomo —»Meyerbeers Les Huguenots Erfolge feierte. 1858 wurde S. von d e m holländischen Musiker und Impresario Richard Mulder, den sie im selben Jahr heiratete, für eine Südamerikatournee engagiert, trat 1860 am Winter Garden Theater in N e w York auf und gastierte in verschiedenen amerikanischen und kanadischen Städten. Nach ihrer
Rückkehr nach Europa war sie 1 8 6 3 / 6 4 Gast an der Hofoper in Wien, 1864-71 Ensemblemitglied des Stadttheaters in F r a n k f u r t / M a i n . 1872 wurde S. in N e w York bei der Habelmann-Formes Operngesellschaft verpflichtet, mit der sie im selben Jahr nach San Francisco kam; sie sang dort am California Theater. Ihr Mann gründete hier eine Musikschule, die S. nach seinem Tod 1874 weiterführte. 1881 nahm S. Abschied von der Bühne, war aber weiterhin als Impresaria tätig. In den siebziger Jahren zählte S. zu den wichtigsten Persönlichkeiten des Musiklebens in San Francisco. CD Ö B L S c h m i d t , Albert, Architekt, * 16.9. 1841 Sonneberg (Thüringen), t 1 6 . 4 . 1 9 1 3 München. Der Sohn eines Baumeisters erhielt seinen ersten Unterricht in der Baukunst bei seinem Vater und besuchte seit 1860 das Polytechnikum in München, w o er bald Assistent Rudolf Gottgetreus wurde. Nach vorübergehender Tätigkeit als Architekturmaler gründete S. 1871 in München ein Architekturbüro und wurde 1888 zum Prof. ernannt. Er war Ehrenmitglied der Kgl. Bayerischen A k a d e m i e der Künste. Zu seinen bekanntesten M ü n c h n e r Bauten zählen die Deutsche Bank, die Kgl. Bayerische Filialbank, die St. Lukaskirche (1893-96) und der Löwenbräukeller. S c h m i d t , Albrecht, Chemiker, * 3 . 7 . 1 8 6 4 Grevenbrück (Westfalen), f 2 7 . 5 . 1945 Remscheid. S., Sohn eines Regierungsrats und Hüttendirektors und Vetter von Friedrich —> Schmidt-Ott, studierte seit 1883 Chemie, Physik und Mineralogie an der T H Darmstadt und den Universitäten Heidelberg und Straßburg, wo er 1887 promoviert wurde (Einwirkung von Butyraldehyd auf bernsteinsaures Natrium bei Gegenwart von Essigsäure-Anhydrid) und anschließend Assistent Rudolph —> Fittigs war. 1888 gründete S. das wissenschaftliche Laboratorium der Chemischen Fabrik Schering in Berlin, dessen Leitung er übernahm, trat 1898 in die Farbwerke vormals Meister Lucius & Brüning in H ö c h s t / M a i n ein und war 1926-32 ordentliches Vorstandsmitglied der IG Farbenindustrie A G . 1917 wurde er zum Prof. ernannt. S. entdeckte die konservierenden und desinfizierenden Eigenschaften des Formalins und erfand die künstliche Nebelmasse und die Schiffsvernebelung (u. a. in Zusammenarbeit mit Fritz —> Haber). 1933 trat er in die N S D A P , 1939 in die SS ein. S. veröffentlichte u . a . Die industrielle Chemie in ihrer Bedeutung im Weltbild (1934, 2 1943). CO N D B S c h m i d t , (Hermann Adolf) Alexander von, Physiologe, * 15.5. 1831 Arensburg (Insel M o h n / M u h u , Estland), t 2 2 . 4 . 1894 Dorpat. Der Pfarrerssohn Schloß das Studium der Geschichte und Medizin in Dorpat 1858 mit der Promotion ab (Über eine Doppelmissgeburt vom Schaf mit hinterer, bis zum Atlas reichender Spaltung), unternahm Studienreisen durch Deutschland und Österreich und hielt sich bis 1862 in Berlin auf, wo ihm erste grundlegende Entdeckungen zur Blutgerinnung gelangen (Hämatologische Studien, 1865). 1862 habilitierte sich S. in Dorpat f ü r Physiologie (Über Ozon im Blut) und wurde 1864 Dozent, 1865 Physiologe am Veterinärinstitut. 1 8 6 6 / 6 7 am Labor f ü r Experimentelle Physiologie in Leipzig tätig, erhielt er 1869 den physiologischen Lehrstuhl an der Univ. Dorpat. S. beschäftigte sich vor allem mit der Blutgerinnung und erwarb mit seinen blutphysiologischen Arbeiten Weltruf. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Die Lehre von den fermentativen Gerinnungserscheinungen in den eiweißartigen tierischen Flüssigkeiten (1876), Zur Blutlehre (1892) und Weitere Beiträge zur Blutlehre (1895). cn
NDB
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Schmidt S c h m i d t , A l f r e d , Industrieller, * 9 . 8 . 1 8 6 7 K ö l n , t 8 . 3 . 1931 K ö l n . N a c h einer k a u f m ä n n i s c h e n L e h r e und e i n e m S t u d i u m in Berlin u n d B o n n , d a s er erst 1923 mit der P r o m o t i o n z u m Dr. phil. a b s c h l o ß ( D r o g e n und Drogenhandel im Altertum), trat S. 1891 in d i e väterliche F i r m a E. L e y b o l d s N a c h f . , e i n e F a b r i k f ü r f e i n m e c h a n i s c h e und o p t i s c h e A p p a r a t e , in K ö l n ein, d e r e n Vorstand er 1910 w u r d e . Er w a r M i t b e g r ü n d e r d e s Verbandes K ö l n e r G r o ß f i r m e n und d e s Z e n t r a l v e r b a n d e s d e s D e u t s c h e n G r o ß h a n d e l s , Vorstandsmitglied beider Verbände und g e h ö r t e 1919-31 der H a n d e l s k a m m e r an. Er war Präsid e n t der D e u t s c h e n G e s e l l s c h a f t f ü r F e i n m e c h a n i k und O p tik s o w i e M i t g l i e d u . a . d e r K a i s e r - W i l h e l m - G e s e l l s c h a f t zur F ö r d e r u n g der W i s s e n s c h a f t . S c h m i d t , A l o y s , Archivar, * 1 3 . 2 . 1892 E r f u r t , t 2 9 . 2 . 1980 W o r m s . D a s 1911 b e g o n n e n e S t u d i u m d e r G e s c h i c h t e und Philologie in M ü n c h e n , M a r b u r g und K ö n i g s b e r g Schloß S. n a c h der T e i l n a h m e a m Ersten Weltkrieg 1919 in K ö n i g s b e r g mit der P r o m o t i o n a b (Die Kanzlei der Stadt Erfurt bis zum Jahre 1500), trat in den A r c h i v d i e n s t ein, w a r Assistent a m Staatsarchiv in W i e s b a d e n und w u r d e 1923 z u m Staatsarchivrat ernannt. Seit 1924 w a r S. a m Staatsarchiv in M a g d e b u r g , seit 1929 a m Staatsarchiv in K o b l e n z tätig. 1940-44 K o m m i s sar f ü r A r c h i v w e s e n in L u x e m b u r g und D i r e k t o r d e s Staatsarchivs L u x e m b u r g , w u r d e er 1944 S t a a t s a r c h i v d i r e k t o r in H a n n o v e r . 1 9 4 6 / 4 7 leitete S. das Z o n a l e A r c h i v l a g e r in G o s lar und w a r 1949-58 Staatsarchivdirektor in K o b l e n z und zugleich L e i t e r der L a n d e s a r c h i v v e r w a l t u n g von R h e i n l a n d Pfalz. 1958 w u r d e er Vorsitzender d e s Vereins f ü r G e s c h i c h t e und K u n s t d e s Mittelrheins. S. bearbeitete das Urkundenbuch des Eichsfeldes (Bd. 1, 1933). S c h m i d t , A n t o n , österr. F a b r i k a n t , Politiker, * 9. 12. 1826 S c h i l d b e r g ( M ä h r e n ) , f 2 8 . 3 . 1892 G r o ß u l l e r s d o r f (Mähren). S. m a c h t e e i n e k a u f m ä n n i s c h e L e h r e in B r ü n n , b e s u c h t e Vorlesungen an der T H W i e n und ü b e r n a h m n a c h der Wahl seines Vaters 1848 in das P a u l s k i r c h e n p a r l a m e n t in F r a n k f u r t / M a i n die L e i t u n g d e s väterlichen G e s c h ä f t s in S c h i l d b e r g und später g e m e i n s a m m i t s e i n e m B r u d e r a u c h von dessen L e i n w a n d f a b r i k a t i o n . 1855 k a u f t e er d i e P a p i e r m ü h l e und B l e i c h e in G r o ß u l l e r s d o r f , betrieb dort n a c h d e m Tod seines B r u d e r s 1871 e i n e Papier- und L e i n e n e r z e u g u n g und g r ü n d e t e e i n e N i e d e r l a s s u n g in W i e n . 1860 errichtete S. e i n e F a b r i k f ü r Schreib-, D r u c k - und V e r p a c k u n g s p a p i e r in O l l e s c h a u , die seit 1870 a u c h Z i g a r e t t e n p a p i e r herstellte. 1879-91 war er R e i c h s r a t s m i t g l i e d . D a s U n t e r n e h m e n w u r d e von seinen S ö h n e n w e i t e r g e f ü h r t . t u ÖBL S c h m i d t , A r n o (Otto), Schriftsteller, * 18. 1. 1914 H a m b u r g , f 3 . 6 . 1979 Celle. D u r c h e i n e verletzende K i n d heit schon f r ü h in d i e A b s o n d e r u n g getrieben, e n t w i c k e l t e sich S., S o h n eines Polizisten, z u m Schriftsteller in der Verborgenheit von bürgerliche m Beruf (Industriebuchhalter, 1934-40) und Kriegsdienst (1940-45). Sensible Erzählungen in der N a c h f o l g e der R o m a n t i k e r ( l u v e n i l i a , 1937-43) blieben u n v e r ö f f e n t l i c h t . Erst die letzte K r i e g s p h a s e und ihr E n d e als N u l l s t u n d e brachten seiner Identitätsfindung den D u r c h b r u c h und b e s t i m m ten f ü r d i e F o l g e s e i n e R o l l e als „Franctireur d e s G e i s t e s " im Politischen w i e Ä s t h e t i s c h e n . 1949 erschien sein erstes B u c h Leviathan; 1951-53 f o l g t e d i e T r i l o g i e Nobodaddy's
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Kinder: D e m o n s t r a t i o n einer Prosa, d i e d e n von der Jahrh u n d e r t k a t a s t r o p h e b e w i r k t e n B r u c h im tradierten E r z ä h l e n beispiellos sichtbar m a c h t e . A g g r e s s i v g e g e n K i r c h e und Staat, persönlich voller H a ß g e g e n d i e Selbstwiederherstellung der alten G e s e l l s c h a f t s w e l t , f o r m u l i e r t e er darin Protest und A b s a g e ; beider artistische E n t s p r e c h u n g e n bildeten e i n e P o l a r i s i e r u n g s k r a f t , die linke Intellektuelle trotz seiner f o r t g e p f l e g t e n Isolation stärker an ihn h e r a n z o g . In den Berechnungen ( 1 9 5 3 ff.) erläuterte S. seine T e c h n i k einer „ k o n f o r m e n A b b i l d u n g von G e h i r n v o r g ä n g e n d u r c h bes o n d e r e A n o r d n u n g von P r o s a e l e m e n t e n " a u c h theoretisch. D u r c h die U n a u f m e r k s a m k e i t von Kritik u n d L e s e r s c h a f t in b l e i b e n d b e d r ä n g t e r L a g e und zu B r o t a r b e i t e n (Übersetz u n g e n ) g e z w u n g e n , e n t w i c k e l t e er seit 1955 d i a l o g i s c h e R a d i o - E s s a y s von u n v e r w e c h s e l b a r e r D i k t i o n : Ihre Vergeg e n w ä r t i g u n g der g r o ß e n d e u t s c h e n u n d e n g l i s c h e n A u t o r e n d e s 18. und 19. Jh. s c h u f e n ein un- u n d a n t i a k a d e m i s c h e s n e u e s Literaturverständnis von w e i t r e i c h e n d e r W i r k u n g . 1959 isolierte sich S. auch äußerlich in B a r g f e l d , e i n e m Dorf der L ü n e b u r g e r H e i d e , d a s er mit kleinen R e i s e u n t e r b r e c h u n g e n nicht m e h r verließ. N a c h d e m D o p p e l r o m a n K a f f , auch Mare Crisium (1960), der d u r c h p h o n e t i s c h e Schreibung neue Möglichkeiten humoristischen Erzählens erschloß, entstand hier, a u s der B e s c h ä f t i g u n g mit der P s y c h o a n a l y s e und d e m S p ä t w e r k von J a m e s J o y c e e n t w i c k e l t ( „ E t y m - T h e o r i e " ) , in s e c h s j ä h r i g e r Arbeit das G r o ß b u c h Zettels Traum ( 1 9 7 0 ) ; mit i h m b e g a n n a u c h der R a n g S.s der Kritik e r k e n n b a r zu w e r d e n . 1973 w u r d e er mit d e m G o e t h e Preis g e w ü r d i g t . D a s A l t e r s w e r k (Die Schule der Atheisten, 1972; Abend mit Goldrand, 1975), K o m ö d i e n in ihrer S y n these aus t r a g i s c h e m P e s s i m i s m u s und a b g r ü n d i g e r K o m i k , w e n d e t e n d a s G e n e r a l t h e m a „ Ü b e r l e b e n " von aller bloß geschichtlichen Aktualität w e g ins W e l t s y m b o l i s c h e . S. starb, seit Jahren s c h w e r herzleidend, ü b e r d e m S z e n e n r o m a n Julia, oder die Gemälde, der u. a. s ä m t l i c h e F i g u r e n seines P r o s a - U n i v e r s u m s auf e i n e m t r a n s z e n d e n t e n S c h a u p l a t z vereinigen sollte. WERKE: „ B a r g f e l d e r A u s g a b e " sämtlicher W e r k e und B r i e f e . H r s g . v. der A r n o - S c h m i d t - S t i f t u n g . Z ü r i c h , später F r a n k f u r t / M a i n 1986 ff. - L e v i a t h a n oder D i e beste der Welten. F a k s . der H a n d s c h r i f t mit einer Transkription, einer L e s e f a s s u n g und e i n e m editorischen N a c h w o r t . Hrsg. v. S u s a n n e Fischer. Zürich 1994. - Lilienthal 1801, oder D i e A s t r o n o m e n . F a k s . mit T r a n s k r i p t i o n e n , A b b i l d u n g e n und P h o t o s . Hrsg. v. S u s a n n e Fischer. Z ü r i c h 1996. - Seelands c h a f t mit P o c a h o n t a s . Zettel und a n d e r e Materialien. F a k s . Hrsg. v. S u s a n n e Fischer und B e r n d R a u s c h e n b a c h . Zürich 2 0 0 0 . - Brüssel. D i e F e u e r s t e l l u n g . F a k s . der H a n d s c h r i f t e n mit Transkription. H r s g . v. S u s a n n e Fischer. F r a n k f u r t / M a i n
2002. LITERATUR: J ö r g D r e w s (Hrsg.): B a r g f e l d e r B o t e . M a t e r i a lien z u m Werk A. S.s. M ü n c h e n 1972 ff. - H a n s - M i c h a e l B o c k : B i b l i o g r a f i e A. S. 1949-1978. M ü n c h e n 2 1 9 7 9 . Ernst K r a w e h l (Hrsg.): Porträt einer Klasse. F r a n k f u r t / M a i n 1982. - H a n s W o l l s c h l ä g e r : D i e Insel und einige a n d e r e M e t a p h e r n f ü r A . S. B a r g f e l d 1982. - M i c h a e l M a t t h i a s Schardt: B i b l i o g r a p h i e A . S. 1979-85. A a c h e n 1985. - Jan P h i l i p p R e e m t s m a / B e r n d R a u s c h e n b a c h (Hrsg.): „Wu Hi?". Zürich 1986. - Dieter G ä t j e n s : D i e B i b l i o t h e k A . S.s. Z ü r i c h 1991. - W o l f g a n g M a r t y n k e w i c z : A. S. R e i n b e k bei H a m burg 1992. - W o l f g a n g Albrecht: A . S. S t u t t g a r t / W e i m a r 1998. - S u s a n n e Fischer u. a.: A . S.? - A l l e r d i n g s ! M a r b a c h / N e c k a r 2 0 0 6 . - Jan P h i l i p p R e e m t s m a : Ü b e r A. S. V e r m e s s u n g e n eines p o e t i s c h e n Terrains. F r a n k f u r t / M a i n 2 0 0 6 . J a n S ü s e l b e c k : D a s Gelächter d e r A t h e i s t e n . Zeitkritik bei A . S. & T h o m a s B e r n h a r d . F r a n k f u r t / M a i n , Basel 2 0 0 6 . R o b e r t W e n i n g e r : A . S. A u s w a h l b i b l i o g r a p h i e . W i s e n s c h a f t liche S e k u n d ä r l i t e r a t u r nach Titel und T h e m e n . M ü n c h e n 2 2006. Hans Wollschläger
Schmidt S c h m i d t , August, österr. Musikpublizist, * 9.9.1808 Wien, t 13.10. 1891 Wien. S., Sohn eines Musikers und Beamten, arbeitete 1834-70 in der Staatsschuldenkasse in Wien, zuletzt als Kontrolleur. Er war maßgeblich an der Gründung der Philharmonischen Konzerte (1842), des Wiener Männergesang-Vereins (1843) und der gemischten Chorvereinigung Wiener Singakademie (1858) beteiligt. 1841 gründete er die „Allgemeine Wiener Musikzeitung", deren Herausgeber und Redakteur er bis 1847 war. 1856-72 war S. Musikreferent des „Wanderers", 1852-54 Korrespondent der „Süddeutschen Musikzeitung". 1848 veröffentlichte er sein musikbiographisches Sammelwerk Denksteine. S. schrieb auch Gedichte, Erzählungen und Reiseberichte. CD Ö B L S c h m i d t , (Carl) August von, Geophysiker, Meteorologe, * 1. 1. 1840 Diefenbach (Württemberg), f 2 1 . 3 . 1929 Stuttgart. S., Sohn eines Lehrers, studierte Theologie, dann Mathematik und Naturwissenschaften in Tübingen (Promotion 1863), seit 1864 C h e m i e in Paris und Stuttgart. 1868-71 war er Hilfslehrer, 1872-1904 Prof. am Realgymnasium in Stuttgart, 1896-1912 Vorstand der dortigen Meteorologischen Zentralstation. 1898 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. 1902-12 gehörte er dem Vorstand des Erdbebenforschungszentrums in Straßburg und 1906-12 dem Vorstand der Wetterstation am Bodensee an. S. wurde zum Geheimen Hofrat ernannt. Er zeigte, daß seismische Wellen sich nicht geradlinig vom Erdbebenzentrum fortbewegen, sondern in gekrümmten Bahnen (Wellenbewegung und Erdbeben, 1888). Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Zyklische Refraktion (1878), Die Strahlenbrechung auf der Sonne. Ein geometrischer Beitrag zur Sonnenphysik (1891) und Vorrichtung zum mechanischen Auswerten von Bebenkurven (1917). DP D S B S c h m i d t , August (Heinrich), Gewerkschafter, * 8 . 5 . 1878 Dortmund, t 7 . 6 . 1965 Dortmund. Der Sohn eines Bergmanns wurde ebenfalls Bergmann, Schloß sich 1902 der Sozialdemokratischen Partei an und engagierte sich in der Gewerkschaftsbewegung. Seit 1909 war S. Bezirksleiter des freigewerkschaftlichen Bergarbeiterverbandes in Essen, seit 1918 Mitglied des Gesamtvorstandes und 1928-33 Zweiter Vorsitzender. 1922-33 gehörte er d e m Reichswirtschaftsrat an. Während des „Dritten Reiches" betrieb S. eine Brotverkaufsstelle in Dortmund, wurde 1946 zum ersten Vorsitzenden des Industrieverbandes Bergbau der Bergarbeitergewerkschaft Deutschlands gewählt und hatte dieses A m t bis 1953 inne. 1949 gehörte S. zu den Begründern des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Er schrieb u. a. Im Schatten der grauen Berge. Ein Bergmannsroman von der Saar {1948). DP Westf Autoren, Bd 3 S c h m i d t , Auguste (Friederike Wilhelmine), Pädagogin, Frauenrechtlerin, Schriftstellerin, * 3 . 8 . 1833 Breslau, t 10.6. 1902 Leipzig. Die Offizierstochter war nach der Lehrerinnenausbildung in Posen als Erzieherin tätig, unterrichtete seit 1855 an der höheren Mädchenschule St. Maria Magdalena in Breslau und wurde später dort Leiterin einer Privatschule. 1862-92 leitete S. die höhere Mädchenschule mit Lehrerinnenseminar in Leipzig, die sie 1870 erwarb, und gründete 1865 mit Louise —> Otto-Peters den Allgemeinen Deutschen Frauenverein, dessen erste Vorsitzende sie seit 1895 war; bis 1895 g a b sie mit Otto-Peters, danach allein dessen Zeitschrift „Neue B a h n e n " heraus. 1890 war S. Mitgründerin des Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenvereins und leitete seit 1894 den von ihr mitgegründeten Bund Deutscher Frauenvereine. Sie setzte sich vor allem für Frauenbildung und
-gleichberechtigung ein. S. veröffentlichte u . a . die Novelle Veilchen (um 1868) und die Erzählungen Aus schwerer Zeit (1895). CD N D B S c h m i d t , Benedikt, Jurist, * 2 1 . 3 . 1726 Forchheim, t 3 . 1 0 . 1778 Ingolstadt. S. studierte Philosophie und Rechtswissenschaften in B a m berg und Altdorf, erwarb 1749 in Bamberg den Grad eines Lizentiaten der Rechte und war als Regierungsadvokat tätig. Nach Studien in Prag, Halle, Erfurt und Marburg wurde er 1754 a. o. Prof. der Rechte in Bamberg, 1755 bambergischer wirklicher Hofrat. Seit 1757 lehrte er als o . P r o f . Institutionen, Natur- und Völkerrecht sowie deutsche Reichsgeschichte. 1759 wurde S. Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1761 noch in Bamberg zum Dr. jur. utr. promoviert, erhielt er im selben Jahr die Professur für Institutionen in Ingolstadt. 1765 übernahm er das öffentliche Recht und 1766, neben dem A m t des Rektors der Univ., die Professur für Lehnrecht. S. veröffentlichte u . a . Anweisungsgrundsätze zur juristischen, außergerichtlichen und gerichtlichen gemeinen kurbaierischen und Reichspraxis (1765). •D LMU S c h m i d t , Bernhard, Sänger, * 15.3. 1825 Dragun (Mecklenburg), t 17. 12. 1892 Weimar. S. erhielt seine Gesangsausbildung in Berlin, debütierte 1848 als Baß-Bariton in Hamburg und war dann an Theatern in Bremen, Rostock, Danzig, Königsberg, Braunschweig und Breslau engagiert. 1858 als Sänger und Schauspieler für das Drama und die K o m ö d i e an das Hoftheater in Weimar verpflichtet, sang er u.a. die Partien des Masetto im Don Giovanni, des Figaro in Die Hochzeit des Figaro und des Rocco im Fidelio. Daneben war S. als Lehrer an der Großherzoglichen Orchesterschule tätig. CD Kutsch S c h m i d t , Bernhard (Woldemar), Optiker, * 3 0 . 3 . 1879 Insel Nargen (Naissaar, Estland), f 1. 12. 1935 Hamburg. S., Sohn eines Lotsen und Fischers, ging 1895 nach Reval, wo er in einem Photolabor und als technischer Zeichner tätig war, und studierte seit 1901 in Göteborg, dann Ingenieurwissenschaften in Mittweida. 1904 gründete er dort eine Werkstatt zur Herstellung astronomischer Spiegel und konstruierte 1905 für das Astrophysikalische Observatorium in Potsdam den ersten Reflektor mit einer Blende von 40 cm und einer Brennweite von etwa 1 Meter. 1909 entwickelte er für sein eigenes Observatorium in Mittweida einen neuen horizontalen Reflektor, später „Uranostat" genannt. Als Schleifer astronomischer Spiegel ging er 1927 nach HamburgBergedorf. U m 1931 erfand S. als Mitarbeiter der Hamburger Sternwarte das nach ihm benannte komafreie System des Schmidt-Spiegels, mit d e m Photographien gemacht werden konnten, die ein unverzerrtes Bild der Sterne über eine große Fläche abgaben. DD Hamburg Biogr, Bd 3 S c h m i d t , Betty, eigentl. Elisabeth Johanna Friederike Schröder, Sängerin, * 27. 11.1806 Hamburg, f 6. 10. 1887 Coburg. S. trat 1819 als Schauspielerin am Hofburgtheater in Wien und am Theater an der Wien auf, erhielt hier als Schülerin von Giuseppe Ciccimarra und Mezatti ihre Gesangsausbildung und wirkte 1824-27 erfolgreich als Sopranistin an der dortigen Hofoper. 1827 als erste Sängerin an das Stadttheater in Hamburg engagiert, nahm sie bald nach ihrer Heirat mit einem Arzt 1831 Abschied von der Bühne. 1 8 5 2 / 5 3 übernahm S. tragische Sprechrollen am Stadttheater in Hamburg, später auch am Hoftheater in Stuttgart. CD Kutsch S c h m i d t , Carl, evang. Theologe, Kirchenhistoriker, Ägyptologe, * 2 6 . 8 . 1868 Hagenow (Mecklenburg), t 17.4. 1938 Kairo. S., Sohn eines Volksschullehrers, studierte seit 1887 Ägyptologie und Kirchengeschichte in Leipzig und Berlin, wurde
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Schmidt 1892 zum Dr. phil. promoviert (Gnostische Schriften in koptischer Sprache aus dem Codex Brucianus) und habilitierte sich 1899 (Plotins Stellung zum Gnosticismus und kirchliches Christentum, gedruckt 1901). Seit 1909 a. o.Prof., wurde er 1928 o. Prof. der Kirchengeschichte sowie der koptischen Sprache und Literatur in Berlin. Er war zunächst Sekretär und 1900-33 wissenschaftlicher Beamter der Kirchenväterkommission der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Bei zahlreichen Auslandsaufenthalten, die ihn im Auftrag der Kommission nach Jerusalem, Kairo, Alexandrien und dem Sinai führten, erwarb S. wertvolle koptische und griechische Papyri. Er befaßte sich vor allem mit koptisch-gnostischer Literatur, den Apokryphen und manichäischen Schriften und veröffentlichte u. a. Die alten Petrusakten [...] (1903), Der Benanbrief. Eine moderne Leben-Jesu-Fälschung des Herrn Ernst Edler von der Planitz aufgedeckt (mit Hermann —>Grapow, 1921) und Studien zu Pseudo-Clementinen (1929). CD B B K L
Schmidt,
Carl Friedrich Heinrich, Kunsttischler, Innenausstatter, * 2 9 . 6 . 1824 Stralsund, t 2 2 . 1 0 . 1894 Seewalchen (Oberösterreich). Der Sohn eines M a j o r s erhielt eine kaufmännische Ausbildung in Hamburg, arbeitete seit 1850 in einer Prager Papiertapetenfabrik und leitete 1853-57 deren Filiale in Budapest. 1858 gründete S. in Wien die Tapetenniederlage F. Schmidt & Sugg, die später zu den erfolgreichsten Ausstattungsunternehmen der Wiener Gründerzeit gehörte und auch aktiv an den vom Osterreichischen M u s e u m für Kunst und Industrie ausgehenden Reformbestrebungen teilnahm. In der 1874 fertiggestellten Schmidt-Villa in Seewalchen verkehrten zahlreiche Musiker, Schriftsteller und Maler. S. war der Vater von Erich (August) und Max —>S. CD Ö B L
Schmidt,
Carl Gottfried, Onkologe, * 4 . 3 . 1 9 2 3 H a m m (Westfalen), t 20. 12.2003 Essen. S. studierte 1941-46 Medizin in Münster und Göttingen und wurde 1947 in Münster promoviert ( Ü b e r die Gewöhnung von Bacterium Coli an Sulfonamide). 1955 habilitierte er sich für Physiologische C h e m i e und Pathologische Physiologie (Untersuchungen über das Cytochromsystem von Geschwülsten), wurde 1961 zum apl. Prof. ernannt und leitete seit 1965 die Tumorforschung am Klinikum Essen, das damals zur Medizinischen Fakultät der Univ. Münster gehörte. 1967 ging er als o . P r o f . und Klinikdirektor nach B o c h u m . S., Mitbegründer einer Schule der medizinischen Onkologie in Deutschland, befaßte sich vor allem mit dem M a m m a k a r zinom. 1975 wurde er Mitglied der Rheinisch-Westfälischen A k a d e m i e der Wissenschaften. 1977 beteiligte er sich an der Gründung des Westdeutschen Tumorzentrums Essen. S. war 1967-78 Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft, 1981 -84 der European Organisation for Research on Treatment of Cancer und 1986-90 der International Union Against Cancer. Er veröffentlichte u. a. Fortschritte der Krebsforschung (hrsg. mit Otto Wetter, 1969), Klinische Onkologie (hrsg. mit Rudolf Gross, 1985) und Klinische Pharmakologie und Onkologie (hrsg. mit Hans Josef Dengler, 1990).
Schmidt,
Conrad, Redakteur, * 25. 11. 1863 Königsberg (Preußen), t 14. 10. 1932 Berlin. Der Bruder von Käthe —>Kollwitz studierte Volkswirtschaftslehre, wurde 1887 promoviert (Der natürliche Arbeitslohn) und Schloß während eines Studienaufenthalts in England Freundschaft mit Friedrich Engels. S. wandte sich einer journalistischen Tätigkeit zu, da er aus politischen und konfessionellen Gründen nicht zur Hochschullehrerlaufbahn zugelassen wurde. Er war Redakteur der „Vossischen Zeitung", später Handelsredakteur der „Zürcher Post" sowie
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des „Vorwärts" in Berlin und arbeitete 1908-30 an den „Sozialistischen Monatsheften" mit. Nach d e m Ersten Weltkrieg war er Prof. mit Lehrauftrag an der T H Berlin. S. veröffentlichte u. a. Soziale Frage und Bodenverstaatlichung (1890).
Schmidt,
David (Peter Hermann), Apotheker, * 2 1 . 8 . 1770 Parchim, t 15.4. 1856 Sonderburg (Insel Alsen, Schleswig). S., Sohn eines Stadtrichters und Steuereinnehmers, begann 1789 eine Apothekerlehre in Wittenberg und war seit 1793 in Pinneberg und Hamburg als Apothekengehilfe tätig. Seit 1794 als Apothekenprovisor in Garding (Schleswig), übernahm er durch Heirat die Leitung der Apotheke und erwarb 1797 die Apotheke in Sonderburg, die er 1828 aufgab, um sich chemisch-pharmazeutischen Studien zu widmen. 1836 wurde er in Erlangen mit einer Arbeit über das Gerstenmehl promoviert. S. veröffentlichte u . a . ein Historisches Taschenbuch der Pharmacie (3 Bde., 1816-22, 2 1835), die erste chronologische Gesamtdarstellung der Apothekengeschichte, sowie einen Etymologisch-chemischen Nomenciator der neuesten einfachen und daraus zusammengesetzten Stoffe (6 Tie., 1837-47). DO N D B
Schmidt,
Eberhard (Ludwig Ferdinand), Jurist, Rechtshistoriker, * 16.3. 1891 Jüterbog, t 17.6. 1977 Heidelberg. Der Arztsohn wurde 1909 in der Marineschule Kiel ausgebildet und studierte seit 1910 Rechts- und Staatswissenschaften in Berlin und Göttingen, wo er 1913 promoviert wurde (Die Kriminalpolitik Preußens unter Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II.). Seit 1914 Assistent am Kriminalistischen Institut der Univ. Berlin, habilitierte er sich 1920 für Strafrecht, Strafprozeßrecht und Preußische Rechtsgeschichte (Fiskalat und Strafprozeß, gedruckt 1921), folgte 1921 einem Ruf als Ordinarius für Strafrecht und Strafprozeßrecht sowie Rechtsgeschichte nach Breslau und lehrte seit 1926 in Kiel, seit 1929 in Hamburg, seit 1935 in Leipzig, seit 1945 in Göttingen und 1948-59 in Heidelberg (1953 Rektor). S. befürwortete wie sein Lehrer Franz von —>Liszt eine zugleich rechtsstaatlich und spezialpräventive Kriminalpolitik. In den zwanziger Jahren als Gegner der Todesstrafe hervorgetreten, lehnte er nach 1933 die A b s c h a f f u n g rechtsstaatlicher Verfahrensprinzipien ab und wirkte 1954-59 als Mitglied der „Großen Strafrechtskommission" an der R e f o r m des Strafgesetzbuchs mit. Er schrieb u . a . Der Arzt im Strafrecht (1939), Einführung in die Geschichte der deutschen Strafrechtspflege (1947, ' 1 9 6 5 , Nachdr. 1983, 2 1995), Gesetz und Richter (1952), Lehrkommentar zur Strafprozeßordnung und zum Gerichtsverfassungsgesetz (3 Tie., 1952-60), Deutsches Strafprozeßrecht (1967) und Strafprozeß und Rechtsstaat (1970). 1941 wurde er Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften und 1955 korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. cxi N D B
Schmidt,
Eberhard, Komponist, * 2 3 . 3 . 1907 Slawentzitz (Oberschlesien), t 2 2 . 1 . 1996 Berlin. Der Sohn eines Pfarrers und einer Sängerin studierte seit 1927 Jura an der Univ. Berlin, brach das Studium 1929 ab und nahm Unterricht im Cellospiel und in Musiktheorie am Sternschen Konservatorium in Berlin. 1 9 3 0 / 3 1 war er als Komponist und Klavierspieler bei einer Agitpropgruppe in Berlin tätig und trat 1932 in die K P D ein. 1933 emigrierte S. ins Saarland, 1935 nach Paris und nahm 1936-39 als Angehöriger der Internationalen Brigaden am Spanischen Bürgerkrieg teil. Danach in Frankreich interniert, wurde er 1941 in das Konzentrationslager Sachsenhausen verbracht. Nach Kriegsende wurde S. Musikreferent beim Volksbildungsamt in Berlin-Pankow, war Chorleiter und arbeitete mit Kabaretts. 1948 war er Mitglied der Autorengruppe „Unser Lied - unser L e b e n " beim Berliner R u n d f u n k und über-
Schmidt nahm 1949 die Leitung der von ihm mitbegründeten Nationalen Kulturgruppe der Freien Deutschen Jugend. 1951 war er Gründungs- und später Vorstandsmitglied des Verbandes Deutscher Komponisten und Musikwissenschaftler. S. lebte dann als freischaffender Komponist in Berlin und war 1964-68 Direktor des Konservatoriums in Schwerin. Er komponierte rund 2 5 0 Lieder (u. a. Thälmannlied, Ich trage eine Fahne), Chöre, Kantaten (Klaus Störtebecker, 1958), B ü h n e n w e r k e (Operette Der Bolero, 1952), Filmmusiken, Fernseh- und Kinderopern sowie Orchestermusik. S. erhielt u . a . den Nationalpreis (1953) und die Verdienstmedaille (1965) der D D R . CD D D R S c h m i d t , Eberhard, Ingenieur, Manager, * 2 3 . 2 . 1908 H a l l e / S a a l e , t 8 . 7 . 1982 L'Isle (Kt. Waadt). Nach dem Studium an der T H M ü n c h e n , das er 1930 als Diplom-Ingenieur abschloß, war S. bis 1939 in der deutschen und schweizer. Industrie tätig, u.a. in den Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken Berlin und in den Messerschmitt-Werken Augsburg. 1947-49 war er Direktionsassistent bei Brown, Boveri & Cie. in der Schweiz, 1950-54 Ordinarius für Betriebswissenschaften und Produktionstechnik an der Ε Τ Η Zürich und 1954-58 Produktionschef bei Sulzer in Winterthur. Anschließend als freiberuflicher Berater tätig, trat er 1960 in das Nestle-Direktorium in Vevey ein und wurde 1967 Vorstandsvorsitzender der Brown, Boveri & Cie. A G in Mannheim, deren Aufsichtsratsmitglied er 1973-78 war. 1979 wurde S„ der seit 1973 der Konzernleitung angehörte und bis 1975 die Technische Führung im Gesamtkonzern innehatte, in den Verwaltungsrat der B B C Aktiengesellschaft Brown, Boveri & Cie. in Baden (Schweiz) gewählt.
Schmidt, Eduard -^Claudius, Eduard S c h m i d t , Eduard (Johann), Pseud. Decarli, Sänger, * 9 . 1 . 1846 Olmütz (Mähren), t 23. 10.1903 Radebeul (Sachsen). S., Sohn eines Kassiers, begann 1864 ein Studium am Polytechnikum in Wien, wandte sich dann der Sängerlaufbahn zu und erhielt eine Gesangsausbildung bei Alexander Arlet an der Hofopernschule in Wien. 1868 debütierte er am Stadttheater in F r a n k f u r t / M a i n , sang dann in Augsburg, Laibach und am Hoftheater in Braunschweig und wurde 1872 als Erster seriöser Β aß an das Hoftheater in Dresden verpflichtet, an dem er bis 1902 wirkte. Sein Repertoire umfaßte sowohl das seriöse als auch das Buffofach. Zu seinen erfolgreichsten Partien gehörten der Sarastro in der Zauberflöte, der Rocco im Fidelio und der Figaro in Die Hochzeit des Figaro. m
ÖBL
S c h m i d t , Eduard, Klassischer Archäologe, * 2 0 . 1 0 . 1 8 7 9 F r a n k f u r t / M a i n , f 15.3. 1963 Krailling bei München. S., Sohn eines Architekten, studierte in München, Berlin und Bonn Philosophie, später Archäologie und wurde 1907 bei Adolf —»Furtwängler promoviert ( D e r Knielauf und die Darstellung des Laufens und Fliegens in der älteren griechischen Kunst, gedruckt 1909). Zunächst für das Münchner Antiquarium tätig, arbeitete er danach für das M u s e u m für Abgüsse klassischer Bildwerke und wurde dessen Kustos. Seit 1913 Privatgelehrter, habilitierte er sich nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1921 in München bei Paul —> Wolters mit der Schrift Archaistische Kunst in Griechenland und Rom (1922). 1925-46 wirkte S. als o . P r o f . in Kiel, nach der Emeritierung als Honorarprofessor in München. Sein wissenschaftliches Interesse galt der antiken Plastik, insbesondere den Werken des Phidias und des Silanion sowie dem römisch-republikanischen Porträt. tu
G n o m o n 35 (1963)
S c h m i d t , (Jenny) Elisabeth, geb. Schneider, Pseud. Elisabeth Schneidt, Schriftstellerin, * 17. 10. 1857 Eisleben, t 1909(7). Zunächst Verkäuferin, war S., Tochter eines Kaufmanns, nach ihrer Heirat mit einem Bäcker (1876) schriftstellerisch tätig. Sie veröffentlichte Gedichte (u. a. Gern gesehene Gäste. Eine Sammlung von Gelegenheits-Gedichten, 1896, erw. Neuausg. 1922), Erzählungen und Theaterstücke sowie eine Geschichte des Centraiverbandes Deutscher BäckerInnungen (1914). CD Killy S c h m i d t , Elise, Schauspielerin, Schriftstellerin, * 1.10. 1824 Berlin, t nach 1872. S. arbeitete 1838-49 als Schauspielerin. Seit 1855 hielt sie gemeinsam mit Aline von - » Schlichtkrull Vorlesungen über griechische Dramen, war Übersetzerin und Bearbeiterin von Werken von Aischylos, Sophokles und Aristophanes und verfaßte u . a . das Drama Judas Ischariot (1848) und den R o m a n Zeitgenossen (3 Bde., 1866). S. lebte 1872 in Berka (Thüringen) und später in Berlin. • • DLL S c h m i d t , Elli, Pseud. Irene Gärtner, Politikerin, * 9 . 8 . 1 9 0 8 Berlin, t 3 0 . 7 . 1 9 8 0 Berlin. S., Tochter eines Polizisten und einer Plättnerin, war gelernte Damenschneiderin und arbeitete in den zwanziger Jahren für verschiedene Berliner Modehäuser. 1927 Schloß sie sich der K P D an, wurde 1931 Frauenleiterin des Bezirks BerlinBrandenburg und besuchte 1932-34 die Internationale LeninSchule in M o s k a u . Seit 1934 illegal wieder in Deutschland, wurde sie 1935 Mitglied des Zentralkomitees der K P D (bis 1946) und 1936 politische Leiterin des KPD-Bezirks Berlin. 1937 emigrierte sie nach Paris, 1940 in die U d S S R und war bis 1945 Mitarbeiterin des Deutschen Volkssenders. Nach Kriegsende wurde S. Vorsitzende des Zentralen Frauenausschusses beim Magistrat von Groß-Berlin, 1946 Mitglied des Parteivorstandes bzw. des Zentralkomitees der S E D und Mitautorin der Grundsätze und Ziele der SED. 1946-48 war sie Stadtverordnete in Berlin und 1947-53 Mitglied des Bundesvorstands des Demokratischen Frauenbundes Deutschlands, seit 1949 dessen 1. Vorsitzende. 1950-53 war S. Kandidatin des Politbüros des Zentralkomitees der S E D und seit 1953 Vorsitzende der Staatlichen Kommission für Handel und Versorgung, wurde jedoch im Z u s a m m e n h a n g mit der Herrnstadt/Zaisser-Affaire ihres A m t e s enthoben und 1954 aus dem Zentralkomitee der S E D ausgeschlossen. 1954-66 war sie Direktorin des Instituts für Bekleidungskultur. S. wurde 1956 rehabilitiert. Sie war mit Anton —> Ackermann verheiratet. CD B H d E , Bd 1 S c h m i d t , Emil (Ludwig), Anthropologe, Ethnologe, Mediziner, * 7 . 4 . 1 8 3 7 Obereichstädt (Kr. Querfurt), t 22. 10. 1906 Jena. S. studierte seit 1857 Medizin und Naturwissenschaften in Jena und Bonn, wo er 1861 zum Dr. med. (De lue hereditaria) und Dr. phil. promoviert wurde, war 1862-65 Assistent an der Chirurgischen Klinik der Univ. B o n n und ließ sich dann als praktischer Arzt in Essen nieder. Später übernahm er die Leitung des Kruppschen Krankenhauses. Anthropologische Forschungsreisen führten ihn u . a . nach Nordamerika, England, Italien, Ägypten, Südindien und Ceylon. 1885 habilitierte sich S. für Anthropologie und Ethnographie in Leipzig ( U e b e r alt- und neu-ägyptische Schädel), w o er 1889 a. o. Prof. und 1896 Honorarprofessor wurde. Seine umfangreiche Schädelsammlung befindet sich in der Leipziger Anatomie. S. veröffentlichte u. a. Die ältesten Spuren des Menschen in Nordamerika (1887), Anthropologische Methoden. Anleitung zum Beobachten und Sammeln für Laboratorien und Reise (1888), Reise nach Südindien (1894) und Ceylon (1897). CD Biogr Jahrb, Bd 11
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Schmidt S c h m i d t , Erhard (Oswald Johann), Mathematiker, * 13. I. 1876 Dorpat, f 6. 12. 1959 Berlin. Der Sohn eines Physiologen studierte Mathematik und Physik in Dorpat, Berlin und Göttingen, w o er 1905 promoviert wurde (Entwicklung willkürlicher Functionen nach Systemen vorgeschriebener), und habilitierte sich 1906 in Bonn für Mathematik. 1908 wurde er o . P r o f . in Zürich, 1910 in Erlangen, 1911 in Breslau und wirkte 1917-50 in Berlin (Rektoratsrede 1929: Über Gewißheit in der Mathematik). S. war seit 1918 Mitglied der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften. Mit seinen Forschungen leistete er wichtige Beiträge zur Theorie der Integralgleichungen und der Hilbert-Räume, zur Differentialgeometrie und zur Theorie der partiellen Differentialgleichungen. Er war Begründer und erster Herausgeber der „Mathematischen Nachrichten". Nach S. ist das Schmidtsche Orthonormierungsverfahren benannt. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Einfacher Beweis der isoperimetrischen Eigenschaft der Kugel im n-dimensionalen euklidischen Raum (mit Alexander Dinghas, 1944) und Integralgleichungen und Gleichungen mit unendlich vielen Unbekannten (Nachdr. von Veröffentlichungen von 1904-10, mit David - > Hilbert, hrsg. von Albrecht Pietsch, 1989). DD D S B
S c h m i d t , Erich, Verleger, Schriftsteller, * 12.5. 1897 St. Gallen, t 2 2 . 5 . 1 9 5 2 München. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg studierte S. Staatswissenschaften in F r a n k f u r t / M a i n , wurde 1921 zum Dr. rer. pol. promoviert und war dann Redakteur bei der Telegraphen-Union. 1924 gründete er einen Korrespondenzverlag, den er in den dreißiger Jahren zum Buch- und Zeitschriftenverlag erweiterte. S. gab den „Sozialpolitischen Nachrichtendienst" heraus. Er war seit 1925 Vorsitzender des nationalen Reichsbundes und 1 9 3 2 / 3 3 f ü r die Deutschnationale Volkspartei Mitglied des Deutschen Reichstags. Nach der Lizenzerteilung 1946 wurden die Bereiche Recht, Wirtschaft und Technik wieder aufgegriffen und die 1940 begonnene belletristische Abteilung fortgeführt. Zusätzlich entstand eine Jugendbuchabteilung, die bis 1971 bestand. Zur Sicherung des Absatzes in den Westzonen wurde 1946 eine Zweigstelle in Detmold, die 1949 in der Niederlassung in Bielefeld (seit 1948) aufging, und 1948 eine in München eingerichtet. 1949 kam eine staatsbürgerliche Abteilung hinzu. Ausgangspunkt der Verlagstätigkeit in den Bereichen Philologie, Volkskunde und Geschichte war das seit 1952 von Wolfgang —»Stammler herausgegebene Sammelwerk Deutsche Philologie im Aufriß. 1946-52 war S. Gründungsvorstand der Berliner Verlegervereinigung.
S c h m i d t , (Franz) Erich, Germanist, * 2 0 . 6 . 1853 Jena, t 3 0 . 4 . 1913 Berlin. Das Studium der Germanistik in Graz, Jena und Straßburg Schloß der Sohn (Eduard) Oskar - > S . s 1874 mit der Promotion zum Dr. phil. bei Wilhelm —»Scherer ab (Reinmar von Hagenau und Heinrich von Rugge), habilitierte sich 1875 in Würzburg (Heinrich Leopold Wagner, Goe2 thes Jugendgenosse, 1879) und wurde 1877 a . o . P r o f . in Straßburg. 1880 folgte S. einem Ruf als Ordinarius nach Wien, wurde 1885 Direktor des Goethe-Archivs in Weimar und lehrte seit 1887 als Nachfolger Scherers in Berlin (1963 erschien ihr Briefwechsel, hrsg. von Eberhard Lämmert); 1 9 0 9 / 1 0 war S. Rektor der Universität. 1906 wurde er Präsident der Goethe-Gesellschaft. S. wandte Scherers historisch-philologische und biographische Methode vor allem auf die deutsche Literatur des 18. und 19. Jh. an und machte sich besonders um die Forschung zu —»Lessing und die „Sophien-Ausgabe" der Werke —> Goethes und die Werkausgabe Heinrich von —»Kleists verdient. 1887 entdeckte er die einzige erhaltene Abschrift des von ihm selbst so genannten Urfaust (Goethes Faust in ursprünglicher Gestalt). S. war Herausgeber der Reihe „Quellen und Forschungen zur Sprach- und Culturgeschichte der germanischen Völker", setzte sich für Gerhart —»Hauptmann und Frank —»Wedekind ein und veröffentlichte u. a. Richardson, Rousseau und Goethe (1875, Nachdr. 1924), Beiträge zur Kenntnis der Klopstockschen Jugendlyrik (1880) und das Standardwerk Lessing. Geschichte seines Lebens und seiner Schriften (2 Bde., 1884-92, 4 1923, Nachdr. 1967 und 1983). m IGL
S c h m i d t , Erich F(riedrich), Archäologe, * 13.9. 1897 Baden-Baden, t 3 . 1 0 . 1 9 6 4 Santa Barbara (Kalifornien, USA). Der Sohn eines Universitätsprofessors wurde in das Kadettenkorps in Karlsruhe a u f g e n o m m e n und nahm seit 1914 am Ersten Weltkrieg teil. 1916-20 in Kriegsgefangenschaft in Sibirien, studierte S. anschließend Politik in Berlin und 1923-27 Anthropologie an der Columbia University in N e w York, wo er den P h . D . erwarb, und war 1924-27 Mitarbeiter des American M u s e u m , danach des University M u s e u m der University of Pennsylvania. Er leitete Grabungen in den U S A (Arizona, 1924-26), in Kleinasien (1927-29), im Irak und vor allem im Iran, wo er 1935-39 Leiter der PersepolisExpedition war. 1954 wurde S., seit 1938 amerikanischer Staatsbürger, Prof. in Chicago (Illinois). Er veröffentlichte u . a . Persepolis (3 Bde., 1953-70) und The Alishar Hüyük (mit Hans Henning von der —»Osten, 7 Bde., 1930-37).
S c h m i d t , Erich (August), österr. Schauspieler, * 2 7 . 5 . 1 8 6 5 Wien, t 2 4 . 4 . 1 9 0 5 Graz. Der Sohn Carl Friedrich Heinrich —> S.s und Bruder Max —»S.s besuchte die Schauspielschule des Konservatoriums für Musik und darstellende Kunst in Wien, spielte 1887 am Grand Theatre in Amsterdam und war seit 1888 am Stadttheater in H a l l e / S a a l e engagiert, wo er u . a . als Lear und Ödipus auftrat. 1889 kam S. an das Deutsche Volkstheater in Wien, war dann in Breslau, Berlin und München verpflichtet und gehörte 1895-1901 zum Ensemble des Deutschen Theaters in Prag. 1901 wurde er Mitglied des Hofburgtheaters in Wien, an dem er auch als Regisseur tätig war. CD O B L
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S c h m i d t , Ernst (Albert), Pharmazeut, Chemiker, * 13.7. 1845 H a l l e / S a a l e , f 5 . 7 . 1921 M a r b u r g / L a h n . Nach einer pharmazeutischen Ausbildung 1861-64 in Halle/ Saale war S., Sohn eines Stärkefabrikanten, als Gehilfe in Apotheken in N e u w i e d / R h e i n , ainz, Freiburg (Schweiz) und Genf tätig, studierte seit 1869 Pharmazie in Halle und wurde 1871 in Leipzig promoviert (Über Einwirkung von flüssigem Phosgen auf einige Amide). 1874 habilitierte er sich in Halle für C h e m i e (Beiträge zur Kenntniss des Anthracens und Chrysens), wurde 1878 a. o. Prof. der pharmazeutischen C h e m i e und lehrte 1884-1919 als Ordinarius in Marburg. Seit 1886 war S. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er befaßte sich vor allem mit Alkaloiden und entdeckte 1888 das Scopolamin; 1917 gelang ihm zusammen mit seinem Schüler August Eberhard die Synthese des Ephedrins. S. veröffentlichte u. a. ein Ausführliches Lehrbuch der pharmazeutischen Chemie (2 Bde., 1879-82, fi 1919-23). Seit 1890 gab er mit Heinrich - » B e c k u r t s das „Archiv f ü r Pharmazie" heraus. c n NDB S c h m i d t , Ernst (Heinrich Wilhelm), Thermodynamiker, * 11.2. 1892 Vögelsen (Landkreis Lüneburg), t 22. 1. 1975 München. S., Sohn eines Hofbesitzers, studierte an den Technischen Hochschulen Dresden und München Bauingenieurwesen, dann Elektrotechnik und Physik und nahm seit 1914 am Ersten Weltkrieg teil. 1921 promoviert, habilitierte er sich
Schmidt 1925 an der Τ Η München (Wärmestrahlung technischer Oberflächen bei gewöhnlicher Temperatur) und wurde im selben Jahr o . P r o f . an der T H Danzig. 1937-45 war er o. Prof. f ü r Luftfahrtforschung an der T H Braunschweig, zugleich Leiter des Instituts für Motorenforschung der Luftfahrtforschungsanstalt Braunschweig-Völkenrode, 1945-52 o . P r o f . für W ä r m e l e h r e und lehrte seit 1952 an der T H München. S. trat vor allem durch Arbeiten zur technischen W ä r m e l e h r e (u. a. Einführung eines Schutzschirms gegen Wärmestrahlung) hervor; ferner befaßte er sich mit der Theorie der Gasturbinen und der Raketen- und Strahltriebwerke. Er veröffentlichte u . a . eine Einführung in die technische Thermodynamik (1936, l 0 1963, unter d e m Titel Technische Thermodynamik. Grundlagen und Anwendungen, mit Karl Stephan und Franz Mayinger, 2 Bde., 1975-77, l2 unter d e m Titel Thermodynamik, 1986-88, l 4 1992-99, Bd. 1, 1 5 1998, engl. 1966). Nach S„ der den W ä r m e flußmesser (1921) und die Alfolisolierung (1925) erfand, ist die Schmidt-Zahl benannt. DD N D B
S c h m i d t , Ferdinand, Photograph, * 19.6. 1840 Nürnberg, t 2 2 . 8 . 1909 Nürnberg. Nach der Ausbildung zum Photographien im Atelier seines Vaters trat S. um 1860 in dessen Geschäft ein, das er nach Erwerb der Photographenlizenz 1867 übernahm. Neben Porträtaufnahmen photographierte er vor allem Baudenkmäler Nürnbergs, die er nach Veränderungen erneut aufnahm. Seine Serien, u . a . die um 1865, 1885 und 1905 a u f g e n o m m e n e n Rundpanoramen des Spittlertorturms, hielten den Wandel Nürnbergs und das Verschwinden der Altstadt fest. Von besonderer Bedeutung sind die Dokumentationen über neu gebaute öffentliche Einrichtungen, darunter Bildserien vom Bau des Nürnberger Zellengefängnisses (um 1870) und des Schlachthofes. Die Serie zum Bau der Nürnberger Landesgewerbeausstellung von 1906 im neu entstehenden Luitpoldhain stellt eine der wichtigsten Dokumentationen zur Industriegeschichte Bayerns dar. S. hinterließ rund 2 0 0 0 A u f n a h m e n , die zum wichtigsten Photobestand der Stadt Nürnberg zählen. t u NDB
S c h m i d t , Ernst Günther, Klassischer Philologe, * 1 6 . 1 . 1 9 2 9 Leipzig, t 2 8 . 2 . 1999 Leipzig. S. studierte 1947-52 Altertumswissenschaften, Germanistik und Philosophie an der Univ. Leipzig und wurde 1958 mit der Dissertation Der 118. Brief Senecas. Eine Studie zur Polemik zwischen Stoa und Peripatos promoviert. International beachtet wurde seine Studie Die altarmenische Zenon-Schrift (1961). Seit 1957 am Institut für griechisch-römische Altertumskunde in Berlin tätig, habilitierte er sich 1963 mit der Arbeit Der Begriff des Guten in der hellenistischen Philosophie an der Univ. Jena, an der er anschließend lehrte; 1974 wurde er zum a. o., 1987 - verzögert, weil er nicht Mitglied der S E D war - zum o . P r o f . ernannt. S.s Forschungsschwerpunkte waren die griechische Epik, Lyrik und Tragödie sowie Philosophie und Geschichtsschreibung, die er vor allem vor dem Hintergrund komparatistischer Fragestellungen behandelte (Griechenland und Rom. Vergleichende Untersuchungen zu Entwicklungstendenzen und -höhepunkten in der antiken Kultur, 1996). Des weiteren beschäftigte sich S. mit der Antikenrezeption der Neuzeit; er gab u. a. die bis dahin ungedruckte Dissertation von Karl —»Marx Uber die Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie (1964, 2 1983) heraus. Eine S a m m l u n g seiner Aufsätze erschien 1988 unter dem Titel Erworbenes Erbe. 1971-92 war S. Herausgeber des „Philologus". cxa G n o m o n 72 (2000)
S c h m i d t , Ferdinand Jacob, Philosoph, * 20. 12. I860 Mettlach, t 4 . 3 . 1 9 3 9 Berlin. S. studierte Philosophie in Berlin, war Schüler von Hans —> Delbrück und Adolf - > L a s s o n und wurde 1888 aufgrund der Arbeit Herder's pantheistische Weltanschauung promoviert. 1895-1906 war er Oberlehrer am Dorotheen-Lyzeum in Berlin, 1906-13 Direktor des dortigen MargarethenLyzeums, 1913-27 a . o . P r o f . der Philosophie an der Univ. Berlin. S. forderte eine neue „Kant-Orthodoxie" gegen die Vorherrschaft des „Pseudo-Kantianismus" der Neukantianer. Er veröffentlichte u. a. Grundzüge der konstitutiven Erfahrungsphilosophie als Theorie des immanenten Erfahrungsmonismus (1901), Zur Wiedergeburt des Idealismus (1908), Kant. Der Geistesherold einer neuen Menschheitsepoche (1924) und Deutsche Nationalerziehung (1924).
S c h m i d t , Felix, Sänger, Gesangspädagoge, * 1 1 . 5 . 1 8 4 8 Dresden, t 3 . 9 . 1927 Berlin. S., Sohn eines Opernsängers, studierte Gesang und Theorie an der Kgl. Hochschule für Musik in Berlin, an der er 1872-1921 als Pädagoge wirkte. 1888 wurde er zum Prof. ernannt, leitete seit 1895 die dramatische Gesangsklasse und war seit 1913 Direktor der Gesangsabteilung. Den Berliner Lehrergesangverein baute er als dessen Dirigent (1887-1918) zu einem der führenden Chöre Deutschlands aus. Als Oratorien-, Lied- und Konzertsänger gastierte S. in verschiedenen Städten Deutschlands, der Niederlande und der Schweiz. CD Kutsch
S c h m i d t , Franz, österr. Komponist, Musiker, * 2 2 . 1 2 . 1874 Preßburg, t 11.2. 1939 Perchtoldsdorf (Niederösterreich). S., Sohn eines Speditionsunternehmers, kam 1888 nach Wien, studierte 1890-96 Musik bei Ferdinand —»Hellmesberger am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde und kurze Zeit auch bei Anton —»Bruckner und war 1896-1911 Violoncellist des Hofopernorchesters sowie Mitglied der Wiener Philharmoniker. Seit 1901 unterrichtete er Violoncello, seit 1911 als o . P r o f . auch Klavier, Kontrapunkt und Komposition am Konservatorium bzw. seit 1914 an der Akademie für Musik und darstellende Kunst, deren Direktor er 1925-27 war. 1927-31 leitete er die Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst. Als K o m p o nist knüpfte S. an Johannes —»Brahms und Bruckner an, entwickelte aber einen persönlichen Stil im Spannungsfeld von klassisch-romantischer Tradition und expressionistischem Zeitgeist unter Verwendung slawischer und ungarischer Elemente. Er schrieb die Opern Notre Dame (1914, nach d e m R o m a n von Victor Hugo) und Fredegundis (1922), das Oratorium Das Buch mit sieben Siegeln (1937), vier Symphonien (1899, 1913, 1928, 1 9 3 2 / 3 3 ) , K a m m e r m u s i k sowie Werke f ü r Orgel und Klavier. c n MGG
S c h m i d t , Ferdinand, Pädagoge, Schriftsteller, * 2 . 1 0 . 1 8 1 6 F r a n k f u r t / O d e r , t 3 0 . 7 . 1 8 9 0 Berlin. Nach d e m Besuch des Lehrerseminars in Neuzelle war S. bis 1880 als Volksschullehrer in Berlin tätig, wo er die erste Schul- und Volksbibliothek gründete. Er war Gründer und Herausgeber der „Deutschen Jugend-Bibliothek" und trat als Kinder- und Jugendbuchautor hervor. Zu seinen zahlreichen Veröffentlichungen gehören u . a . Das Märchenbuch für Kinder (1850) und Neues Wunderhorn für die Jugend (1855). Hl DLL
S c h m i d t , Friedrich (Wilhelm) Frh. von, Architekt, * 2 3 . 1 0 . 1825 Frickenhofen (heute zu Gschwend, Ostalbkreis), t 2 3 . 1 . 1891 Wien. Der Sohn eines Pastors besuchte 1840-43 die Gewerbeschule in Stuttgart und durchlief seit 1843 eine Steinmetzlehre an der Kölner Dombauhütte (1848 Meisterprüfung), an der er bis 1856 als Werkmeister blieb; im selben Jahr wurde er in Berlin Baumeister. 1857 folgte S. einem Ruf an die Akademie der bildenden Künste nach Mailand und wurde 1859 Prof. der mittelalterlichen Kunst an der Architekturschule
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Schmidt der A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien, wo er, seit 1864 österr. Staatsbürger, 1865 eine Spezialschule für Architektur übernahm. Seit 1862 hatte er die Oberleitung der Bauhütte von St. Stephan und den Vorsitz des Vereins Wiener Bauhütte inne und wurde 1863 Dombaumeister. Ausgehend von der Kölner Neugotik, gelangte S. zu einem Gotikund Renaissanceformen verschmelzenden Repräsentationsstil, der den Kirchenbau in Mitteleuropa bis zum Ende des 19. Jh. prägte. Sein Hauptwerk ist das Neue Rathaus in Wien (1872-83). Daneben entstanden u . a . die Lazaristenkirche (1860-62), das Akademische G y m n a s i u m (1866-69) und die Weißgerberkirche (1867-74) in Wien sowie zahlreiche Bauten in anderen österr. Bundesländern und in Deutschland. 1886 wurde S. in den Freiherrenstand erhoben. Er war der Vater von Heinrich von —»S. DP N D B
Schmidt,
(Josef) Friedrich, Fabrikant, * 24. 11.1871 Amberg (Oberpfalz), t 2 8 . 9 . 1 9 4 8 München. S., Sohn eines Geometers, machte sich nach einer kaufmännischen Ausbildung 1901 in München im Lebensmittelhandel selbständig, befaßte sich mit der Fabrikation von chemischen Bedarfsartikeln und Schuhen, führte 1904 vorübergehend ein Hotel in Kiefersfelden und handelte mit Spirituosen. Für seine S ö h n e entwickelte er nebenher ein Spiel, das er „Mensch ärgere Dich nicht" nannte und das auf Vorläufer wie Ludo und das indische Chaupad zurückging; dabei vereinfachte er die Spielregeln und die graphische Gestaltung des Bretts, die bis heute kaum Veränderungen erfuhr. S. erweiterte danach das Firmensortiment und produzierte auch andere Gesellschaftsspiele, Quartette und Bauspiele für Kinder. 1936 übernahm sein Sohn Franz das Sortiment und baute die Schmidt-Spiele in München, Eching und Ingolstadt weiter aus. CD N D B
Schmidt,
Friedrich Karl, Mathematiker, * 2 2 . 9 . 1901 Düsseldorf, t 25. 1. 1977 Heidelberg. S. wurde 1926 in Freiburg/Breisgau mit der Dissertation Allgemeine Körper im Gebiet der höheren Kongruenzen promoviert und habilitierte sich 1931 in Erlangen (Abelsche Körper im Gebiet der höheren Kongruenzen). Seit 1934 lehrte er als Prof. der Mathematik in Jena, war 1941-45 Mitarbeiter der Versuchsanstalt für Segelflug und übernahm 1952 eine Professur in Heidelberg. S. lieferte wichtige Beiträge zur Theorie der algebraischen Funktionen und zur Algebra, besonders zur Bewertungstheorie und zur Theorie der Körpererweiterungen. Er veröffentlichte u . a . Algebra (1949).
Schmidt,
Friedrich Ludwig, Schauspieler, Schauspieldirektor, Schriftsteller, * 5 . 8 . 1 7 7 2 Hannover, t 1 3 . 4 . 1 8 4 1 Hamburg. Der Sohn eines Zolleinnehmers war Schnittwarenlehrling, erhielt eine Ausbildung bei einem Kreisphysikus und war als Wundarzt tätig, bevor er sich 1792 der Bühne zuwandte. Zunächst Schauspieler bei der Tillyschen und der Doebbelinschen Truppe, kam er 1796 als Regisseur an das neuerbaute Magdeburger Schauspielhaus und spielte in seinen Inszenierungen von Stücken Shakespeares, —>Lessings und —»Schillers meist selbst die Hauptrollen. 1806 wechselte S. an das Hamburger Schauspielhaus und war hier 1815-41 Mitglied des Direktoriums. Er verfaßte Konversationsstücke und Typenkomödien, darunter Unglück prüft Tugend (1796) und Weiberpolitik (1801). S.s teilweise berüchtigte Bearbeitungen verschafften einigen Stücken der Hochliteratur ( u . a . Kleists Der zerbrochne kennung.
Schmidt,
Krug) erstmals öffentliche Aner• • Killy
Friedrich Ludwig, auch Friedrich Wilhelm S., Sänger, Schauspieler, * 30. 10.1833 Hamburg, t 2 9 . 7 . 1890 Eisenach. Der Enkel väterlicherseits des Schauspielers und Bühnendirektors Friedrich Ludwig —>S. und mütterlicherseits der
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Schauspielerin Sophie —> Schröder wanderte in die U S A aus und war dort als Farmer und K a u f m a n n tätig, kehrte aber nach einigen Jahren wieder nach Europa zurück. S. erhielt u. a. am Conservatoire in Paris eine Gesangsausbildung, kam 1853 als Sänger und Schauspieler an das Hamburger Stadttheater und war 1856-74 Ensemblemitglied des dortigen Thaliatheaters. 1874 nahm er ein Engagement am Hoftheater in Berlin an, 1881 am Hoftheater in Hannover. Zu seinen erfolgreichsten Opernpartien gehörten der Papageno in der Zauberflöte, der Masetto im Don Giovanni und der Nevers in Les Huguenots. CD Kosch: Theater
Schmidt,
Friedrich Wilhelm August, genannt Schmidt von Werneuchen, Lyriker, * 2 3 . 3 . 1 7 6 4 Fahrland bei Potsdam, t 2 6 . 4 . 1 8 3 8 Werneuchen bei Berlin. Der Sohn eines früh verstorbenen Pfarrers war Zögling des Schindlerschen Waisenhauses in Berlin, studierte 1783-86 Theologie in Halle, war Prediger am Berliner Invalidenhaus und von 1795 bis zu seinem Tod Pfarrer in Werneuchen. Seit 1787 veröffentlichte S. Gedichte in Almanachen und Zeitschriften und ließ sie seit 1792 vorwiegend im „Neuen Berlinischen M u s e n a l m a n a c h " und im „Calender der Musen und Grazien" drucken, deren Mitherausgeber er bis 1796 war. Seine Idyllen, die das einfache ländliche Leben und das Eheglück lobten, erschienen zudem in drei Einzelausgaben unter dem Titel Gedichte (1795, 1796, 1797); sie wurden von —»Goethe in Musen und Grazien in der Mark (1796) parodiert. 1815 wurde S.s letzter Lyrikband Neueste Gedichte veröffentlicht. 1981 gab Günter de Bruyn eine Auswahl von Gedichten unter d e m Titel Einfalt und Natur heraus. CD Killy
Schmidt,
Friedrich Wilhelm Valentin, Literarhistoriker, Übersetzer, * 16.9. 1787 Berlin, t 12. 10. 1831 Berlin. Nach dem Studium der Theologie und Philologie in Halle unterrichtete S., Sohn eines Schuldirektors, seit 1809 am Köllnischen G y m n a s i u m in Berlin, seit 1818 als Professor. 1819 habilitierte er sich und wurde 1821 a. o . P r o f . der Literatur und der neueren Sprachen an der Univ. Berlin. Daneben war er bis zu seinem Tod Kustos an der Kgl. Bibliothek. S. übersetzte u . a . Benedikt von Spinoza's Ethik (1812) und gab die Märchenübersetzungen seiner Frau Marie Wilhelmine unter dem Titel Rolands Abentheuer in hundert romantischen Bildern. Nach dem Italienischen des Grafen Bojardo (3 Tie., 1 8 1 9 / 2 0 ) heraus. Seine Literaturgeschichte der europäischen Romantik, Beiträge zur Geschichte der romantischen Poesie (1881), blieb unvollendet. S. starb an der Cholera. CD I G L
Schmidt,
Fritz, Photograph, * 9 . 9 . 1 8 6 1 Breslau, t 17.2. 1937 Karlsruhe. S., Sohn eines Photohändlers, erlernte die Photographie im elterlichen Geschäft in Schweidnitz, arbeitete in Porträtateliers im In- und Ausland und übernahm 1886 das Photogeschäft seiner Eltern in Breslau. Er befaßte sich besonders mit wissenschaftlichen photographischen Arbeiten, vor allem mit Mikrophotographie. 1887 vom Senat der T H nach Karlsruhe berufen, um dort einen Lehrstuhl für Photographie zu gründen, wurde S. 1896 zum Prof. ernannt. 1895 gründete er das „Photographische Zentralblatt". S. veröffentlichte u . a . Compendium der practischen Photographie (1891, 1 4 1922, ungar. 1897), Photographisches Fehlerbuch 3 (2 Tie., 1895-99, 1915-19) und Leitfaden der Momentphotographie (1903).
Schmidt,
(Julius August) Fritz, Betriebswirtschaftler, * 13.3. 1882 Wahrenbrück (Sachsen), t 1.2. 1950 Oberursel/Taunus. Nach kaufmännischer Lehre und neunjähriger praktischer Tätigkeit studierte S„ Sohn eines Mühlenbesitzers, seit 1905 an der Handelshochschule und der Univ. Leipzig sowie an
Schmidt der U n i v . B e s a n ^ o n . 1 9 0 9 / 1 0 unterrichtete er als D i p l o m H a n d e l s l e h r e r an der H a n d e l s s c h u l e D o r t m u n d . Seit 1911 Assistent an der A k a d e m i e f ü r Sozial- und H a n d e l s w i s s e n s c h a f t e n in F r a n k f u r t / M a i n , habilitierte er sich dort 1912 2 (.Liquidation und Prolongation im Effektenhandel, 1923) und w u r d e 1914 O r d i n a r i u s f ü r B e t r i e b s w i r t s c h a f t an der dortigen Universität. 1915 w u r d e er z u m Dr. rer. pol. p r o m o viert. N a c h 1945 w u r d e er w e g e n seiner M i t g l i e d s c h a f t in der N S D A P (seit 1939) v o r ü b e r g e h e n d interniert. S. g r ü n d e t e 1924 d i e „Zeitschrift f ü r B e t r i e b s w i r t s c h a f t " und v e r ö f f e n t lichte u. a. Die organische Bilanz im Rahmen der Wirtschaft ( 1 9 2 1 , 2 1 9 2 9 unter d e m Titel Die organische Tageswertbilanz), Der Wiederbeschaffungspreis des Umsatztages in Kalkulation und Volkswirtschaft ( 1 9 2 3 , 2 1 9 3 0 unter d e m Titel Kalkulation und Preispolitik) und Die Industriekonjunktur — Ein Rechenfehler ( 1 9 2 7 , 4 1 9 3 3 unter d e m Titel Betriebswirtschaftliche Konjunkturlehre). A u f S. geht u . a . die organisierte B i l a n z t h e o r i e zur substantiellen Kapitalerhaltung von U n t e r n e h m e n zurück. DP N D B S c h m i d t , Fritz ( A n t o n Franz), Ingenieur, W ä r m e techniker, * 2 . 1 1 . 1900 Freilassing ( O b e r b a y e r n ) , t 11.6. 1982 M u r n a u a m S t a f f e l s e e ( O b e r b a y e r n ) . D a s S t u d i u m an der T H M ü n c h e n Schloß S. 1928 m i t der P r o m o t i o n ab (Der indizierte Wirkungsgrad der kompressorlosen Dieselmaschine), w a r bis 1929 A s s i s t e n t a m dortigen Institut f ü r T h e r m o d y n a m i k und leitete 1929-33 das K r a f t w e r k d e r F i r m a A . B o r s i g G m b H in Berlin. 1930 habilitierte er sich an der T H Berlin, w a r 1933-45 Leiter des Instituts f ü r M o t o r e n , A r b e i t s v e r f a h r e n und T h e r m o d y n a m i k an d e r D e u t s c h e n Versuchsanstalt f ü r L u f t f a h r t in B e r l i n - A d l e r s h o f und w u r d e 1940 z u m o . P r o f . im R e i c h s d i e n s t e r n a n n t . Seit 1947 lehrte S. als O r d i n a r i u s an der T H A a c h e n und w a r hier D i r e k t o r d e s Instituts f ü r W ä r m e t e c h n i k u n d Verbrenn u n g s m o t o r e n . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Verbrennungsmotoren 4 ( 1 9 3 9 , unter d e m Titel Verbrennungskraftmaschinen, 1967, span. 1960, türk. 1964, engl. 1965), Stahlleichtbau von Ma2 schinen (mit Karl B o b e k und A n t o n H e i ß , 1939, 1955), Flugzeugantriebe ( 1 9 5 3 ) und Industrielle Kraft- und Wärmewirtschaft (mit A r n o B e c k e r s , 1957, auch 1960). S c h m i d t , G e o r g , e v a n g . M i s s i o n a r , * 3 0 . 9 . 1709 K u n e w a l d e ( M ä h r e n ) , t 2 . 8 . 1785 N i e s k y (Oberlausitz). S. war als M e t z g e r g e s e l l e in K u n e w a l d e tätig. A l s Sechz e h n j ä h r i g e r erlebte er e i n e pietistische B e k e h r u n g und Schloß sich i m f o l g e n d e n J a h r der H e r r n h u t e r B r ü d e r g e m e i n e an. 1728 als deren S e n d b o t e nach S a l z b u r g unterw e g s , w u r d e er in M ä h r e n von kath. B e h ö r d e n sechs J a h r e lang i m G e f ä n g n i s interniert u n d m u ß t e Z w a n g s a r b e i t leisten. 1737 w u r d e S. von der B r ü d e r g e m e i n e als M i s s i o n a r nach S ü d a f r i k a g e s a n d t und ließ sich östlich von K a p s t a d t a m S e r g e a n t - F l u ß nieder, w o er unter d e m Volk der H o t t e n totten missionierte. I n f o l g e von Konflikten mit den B u r e n und besonders mit h o l l ä n d i s c h - r e f o r m i e r t e n Kolonialgeistlichen k e h r t e S. 1744 nach E u r o p a z u r ü c k und w a r n o c h vier J a h r z e h n t e f ü r die B r ü d e r g e m e i n e tätig. S. w a r der erste e v a n g . M i s s i o n a r in S ü d a f r i k a . cd BBKL S c h m i d t , G e o r g B e n n o , C h i r u r g , * 1 8 . 3 . 1860 Leipzig, t 2 . 6 . 1935 Heidelberg. D a s M e d i z i n s t u d i u m in F r e i b u r g / B r e i s g a u und L e i p z i g Schloß S., S o h n eines C h i r u r g e n und B r u d e r von M a r t i n B e n n o —>S., 1884 mit der P r o m o t i o n a b (Ein Fall von Cystosarcom mit Epithelperlenbildung in der Mamma), w a r 1 8 8 4 / 8 5 P r o s e k t o r a m A n a t o m i s c h e n Institut in L e i p z i g u n d 1885-95 A s s i s t e n t unter Vinzenz von —»Czerny an der C h i r urgischen Klinik in H e i d e l b e r g . D o r t habilitierte er sich 1888 (Die Geschwülste der Brustdrüse), w u r d e 1894 a . o . P r o f . und unterhielt 1 8 9 5 - 1 9 2 3 e i n e c h i r u r g i s c h - g y n ä k o l o g i s c h e
Privatklinik in Heidelberg. Seit 1909 w a r S. a u c h Leiter d e r C h i r u r g i s c h e n A b t e i l u n g d e r H e i d e l b e r g e r UniversitätsKinderklinik. Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Die Unterleibsbrüche ( 1 8 9 6 ) und Kurzgefaßtes Lehrbuch der Chirurgie (1901). S c h m i d t , G e o r g Friedrich, K u p f e r s t e c h e r , Radierer, M a l e r , * 24. 1. 1712 S c h ö n e r l i n d e bei Berlin, t 25. 1. 1775 Berlin. S., S o h n e i n e s T u c h m a c h e r s , erhielt zunächst k o s t e n l o s e n Unterricht an einer Berliner Z e i c h e n s c h u l e , hatte 1 7 2 7 - 3 0 e i n e Freistelle i m Atelier des K u p f e r s t e c h e r s G e o r g Paul B u s c h und diente 1730-36 in der preuß. A r m e e , um den L e b e n s u n t e r h a l t zu sichern. Seit 1727 w a r er S c h ü l e r an der Berliner K u n s t a k a d e m i e . 1736 reiste er n a c h Paris, arbeitete zeitweilig im Atelier d e s Stechers N i c o l a s d e L a r m e s s i n u n d w u r d e 1742 auf Veranlassung L u d w i g s X V . von F r a n k reich M i t g l i e d der A c a d e m i e R o y a l . 1743 z u m preuß. H o f k u p f e r s t e c h e r e r n a n n t , k e h r t e S. 1745 n a c h Berlin z u r ü c k u n d schuf u . a . Illustrationen zu Werken —»Friedrichs II., K u p f e r s t i c h b i l d n i s s e b e d e u t e n d e r P e r s ö n l i c h k e i t e n und vervielfältigte b e k a n n t e G e m ä l d e ( u . a . von R e m b r a n d t ) . 1757 w u r d e S. n a c h St. Petersburg b e r u f e n , richtete e i n e Stecherwerkstatt ein und u n t e r w i e s K ü n s t l e r in g r a p h i s c h e n T e c h n i k e n . 1762 k e h r t e er n a c h Berlin zurück. S.s Blätter g e h ö r e n zu den qualitätvollsten L e i s t u n g e n des friderizianischen R o k o k o . CD L e x K u n s t S c h m i d t , G e o r g Gottlieb, M a t h e m a t i k e r , P h y s i k e r , A s t r o n o m , * 1 7 . 6 . 1768 Z w i n g e n b e r g (Hessen), t 8 . 1 0 . 1837 G i e ß e n . S., S o h n eines R e g i e r u n g s r a t s , studierte seit 1784 M a t h e m a t i k und P h y s i k in G i e ß e n und G ö t t i n g e n , w u r d e 1789 a. o. Prof. der P h y s i k und M a t h e m a t i k in G i e ß e n und lehrte hier seit 1790 als O r d i n a r i u s f ü r M a t h e m a t i k . 1801 übern a h m er d i e L e i t u n g der S t e r n w a r t e in G i e ß e n , w u r d e 1808 m i t der Dissertation Ueber den Einfluß der Excentricität der Alhidadenregel bei einem Winkelmesser p r o m o v i e r t , unterrichtete seit 1811 auch a m G y m n a s i u m u n d erhielt 1817 d i e o. P r o f e s s u r f ü r N a t u r l e h r e an der dortigen Universität. 1830 w u r d e er z u m G e h e i m e n Finanzrat, 1836 z u m G e h e i m e n O b e r f i n a n z r a t e r n a n n t . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Vollständiger Unterricht über den Gebrauch der Mikrometer zu Bestimmung von Entfernungen auf der Erde [...] (1795), Anfangsgründe der Mathematik (3 Bde., 1797-99, 3 1 8 2 2 - 3 0 ) u n d Handbuch der Naturlehre (2 B d e . , 1 8 0 1 - 0 3 , 2 1 8 1 3 , N e u ausg. unter d e m Titel Hand- und Lehr-Buch der Naturlehre, 1826). CD N D B S c h m i d t , G e o r g Philipp, g e n a n n t S c h m i d t von L ü b e c k , Lyriker, M e d i z i n e r , B e a m t e r , * I. 1 . 1 7 6 6 L ü b e c k , t 28. 10. 1849 A l t o n a ( h e u t e zu H a m b u r g ) . D e r aus d e m L ü b e c k e r K a u f m a n n s p a t r i z i a t s t a m m e n d e S. studierte 1 7 8 6 - 9 0 T h e o l o g i e , R e c h t s - u n d F i n a n z w i s s e n s c h a f t e n in J e n a und G ö t t i n g e n u n d nach d e m T o d seiner E l t e r n seit 1794 M e d i z i n in J e n a . N a c h e i n e m kurzen A u f enthalt in K o p e n h a g e n und der P r o m o t i o n z u m Dr. m e d . 1797 in Kiel w a r er als A r z t in e i n e m L ü b e c k e r N e r v e n s a n a t o r i u m , d a n n als Privatarzt adliger F a m i l i e n in P o l e n tätig und w u r d e 1801 L e h r e r an e i n e m der R e v e n t l o w s c h e n p h i l a n t h r o p i s c h e n Institute auf F ü n e n . Seit 1802 w a r S. Sekretär des d ä n i s c h e n H a n d e l s - und F i n a n z m i n i s t e r s E r n s t von S c h i m m e l m a n n in K o p e n h a g e n , w u r d e 1806 D i r e k t o r des kgl. B a n k k o n t o s , 1813 R e i c h s b a n k a d m i n i s t r a t o r in Kiel und 1818 erster B a n k d i r e k t o r in A l t o n a . U n t e r d e m E i n f l u ß des G ö t t i n g e r H a i n b u n d e s u n d der B a r d e n m o d e schrieb S. G e legenheitsgedichte, v o r w i e g e n d in L i e d f o r m , d i e u . a . von F r a n z —> S c h u b e r t vertont w u r d e n , d a r u n t e r Ich komme vom Gebirge her, und betätigte sich als s c h l e s w i g - h o l s t e i n i s c h e r R e g i o n a l h i s t o r i k e r (Historische Studien, 1827). m
SHBL, Bd 7
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Schmidt Schmidt,
Gerhard, Physiologe, Biochemiker, * 2 6 . 1 2 . 1901 Stuttgart, t 2 4 . 4 . 1 9 8 1 Boston (Massachusetts, USA). S. studierte Medizin in Tübingen und F r a n k f u r t / M a i n , war 1 9 2 4 / 2 5 Mitarbeiter der Inneren und der Chirurgischen Abteilung am Städtischen Krankenhaus Stuttgart-Cannstatt und wurde 1926 promoviert (Über kolloidchemische Veränderungen bei der Ermüdung des Warmbliitermuskels). Seit 1929 Assistent am Senckenbergischen Pathologischen Institut der Univ. Frankfurt, habilitierte sich S. dort 1931 f ü r normale und pathologische Physiologie und erhielt die Lehrbefugnis, die ihm jedoch 1933 entzogen wurde. Im selben Jahr emigrierte er nach Italien, war an den Universitäten Neapel und Florenz tätig, danach an der Queens University in Kingston (Kanada) und lebte seit 1937 in den U S A . 1938-40 war S. Research Fellow am Department of Pharmacology der Washington University in St. Louis und wirkte 1940-76 an der Tufts University School of Medicine in Boston, w o er 1948 Research Professor der Biochemie und 1950 Prof. der Biochemie wurde. 1944 erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft. DP H e u e r / W o l f
Schmidt,
Gerhard Karl (Nathaniel), Physiker, * 5 . 7 . 1 8 6 5 London, t 16. 10. 1949 Münster. S., Sohn eines Rentiers, studierte seit 1886 Physik und Chemie in Tübingen, Berlin, Straßburg und Greifswald, wurde 1892 in Basel promoviert ( Ü b e r die statische und dynamische Methode der Spannkraftmessung organischer und anorganischer Stoffe), war dann Assistent an der Forstakademie Eberswalde und seit 1894 am Physikalischen Institut in Erlangen. 1896 habilitierte er sich in Erlangen (Beiträge zur Kenntniss der Fluorescenz) und folgte 1900 einem Ruf als Prof. an die Forstakademie Eberswalde. 1901 kehrte er als a. o. Prof. der Physik nach Erlangen zurück, war seit 1904 o. Prof. in Königsberg und von 1908 bis zu seiner Emeritierung 1933 in MUnster. S. veröffentlichte u . a . Die Kathodenstrahlen (1904, 2 1907). m DSB
Schmidt,
Guido, österr. Politiker, Diplomat, * 15. 1. 1901 Bludenz (Vorarlberg), t 5 . 1 2 . 1 9 5 7 Wien. Nach d e m 1924 mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaften in Wien, Bologna und Berlin trat S. in den diplomatischen Dienst ein und kam 1925 an die österr. Gesandtschaft in Paris. Seit 1928 war er in der Kabinettskanzlei des Bundespräsidenten Wilhelm —> Miklas in Wien tätig und wurde Kabinettsvizedirektor. 1936-38 war er Staatssekretär f ü r Auswärtige Angelegenheiten im Kabinett —¥ Schuschnigg, 1938 ( F e b r u a r / M ä r z ) Außenminister. 1939 wurde S., Mitglied der Christlich-Sozialen Partei und der Vaterländischen Front, in den dauernden Ruhestand versetzt, war während des Zweiten Weltkriegs kurze Zeit Vorstandsmitglied der Hermann-Göring-Werke in Linz und arbeitete dann in der Privatindustrie. Nach Kriegsende verhaftet, m u ß t e er sich 1947 wegen seiner umstrittenen Haltung als Leiter der österr. Außenpolitik von 1938 vor einem Volksgerichtshof wegen Hochverrats verantworten, wurde jedoch freigesprochen. 1956 wurde S. Generaldirektor der Österreichisch-Amerikanischen G u m m i w e r k A G Semperit. OD N D B
Schmidt,
Gustav (Friedrich), Kapellmeister, Komponist, * 1 . 9 . 1 8 1 6 Weimar, t 1 1 . 2 . 1 8 8 2 Darmstadt. S. erhielt ersten Musikunterricht bei Johann N e p o m u k Hummel in Weimar, wo er mit —»Goethes Enkeln befreundet war, studierte 1833-36 Jura in Jena und setzte seine musikalische Ausbildung in Weimar und Leipzig fort. 1841 wurde er Theaterkapellmeister in Brünn, 1845 in Würzburg, war 1849-51 Erster Kapellmeister und Operndirektor am Hoftheater in Wiesbaden und wechselte im Tausch mit Louis Alexander Balthasar —> Schindelmeißer 1851 als Kapellmeister an das Frankfurter Stadttheater, wo er sich besonders
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für die Werke Richard —»Wagners einsetzte. Seit 1861 lebte S. als freier Dirigent und Komponist in Mainz, war 1864-76 Kapellmeister in Leipzig und bis 1880 Großherzoglicher Hofkapellmeister in Darmstadt. Er komponierte Lieder und Chorwerke. Seine Oper Prinz Eugen, der edle Ritter wurde 1847 in Frankfurt uraufgeführt; die Uraufführung der zweiten Oper Weibertreue oder Kaiser Konrad von Weinsberg fand 1858 unter der Leitung von Franz —> Lis/.t in Weimar statt. CD M G G
Schmidt,
Gustav (Friedrich), Germanist, Kaukasiologe, * 2 . 5 . 1877 Mainz, t 13.3. 1945 Helsinki. Der Sohn eines Kammervirtuosen studierte seit 1895 Vergleichende Sprachwissenschaften in Marburg und Kopenhagen, seit 1897 Anglistik, Romanistik, Deutsche Philologie, Geographie und Philosophie in Leipzig, w o er 1899 promoviert wurde (Über Sprache und Heimat der „Vices and Virtues". Ein Beitrag zur mittelenglischen Dialektkunde). Seit 1901 in Helsinki, lehrte S. dort 1901-38 am Polytechnischen Institut und war 1902-09 außerordentlicher Lektor, 1909-15 und 1918-45 persönlicher ordentlicher Lektor für Deutsche Sprache an der Univ. Helsinki. 1 9 1 0 / 1 1 nahm er eine Lehrtätigkeit in Berlin, 1912 einen Forschungsaufenthalt in Rußland wahr und vertrat 1923-25 eine Professur am der Univ. Helsinki. Seit 1922 war er finnischer Staatsbürger. S.s Forschungsschwerpunkte waren die Allgemeine Sprachwissenschaft, kaukasische Sprachen und Finnougristik; daneben übersetzte er aus dem Finnischen. Er veröffentlichte u . a . Über Aufgaben und Methoden der Kaukasiologie (1952). c n IGL
Schmidt,
Gustav, Maler, Graphiker, * 12.2. 1888 Peine, t 8. 11. 1976 Dresden. Nach einer Lehrerausbildung studierte S. Malerei und Graphik an der Kunstakademie in Dresden und war 1911-13 Meisterschüler Otto —»Gußmanns. Seit 1917 Lehrer am Realgymnasium in Peine, ließ er sich 1920 als freischaffender Künstler in Dresden nieder. Beeinflußt vom expressiven und kritischen Realismus, vor allem aber von Paul Cezanne, schuf S. u . a . die Gemälde Sturm (1926) und Bettler (1930) sowie die Graphikfolge Passion Christi. Nach 1933 wurde er mit Arbeitsverbot belegt. DD Braunschweig 2
Schmidt,
Gustav Friedrich, Musikwissenschaftler, * 11.8. 1883 Rostock, t 19. 12. 1941 Fürstenfeldbruck (Oberbayern). Der Kaufmannssohn studierte seit 1903 Musikwissenschaften in Rostock bei Albert —> Thierfelder, seit 1904 bei Hermann Kretzschmar in Berlin sowie u. a. bei Hans —»Pfitzner am Sternschen Konservatorium und seit 1907 in München, w o er als Privatschüler August —>SchmidLindners auch Klavierunterricht erhielt und 1910 mit der Arbeit Georg Caspar Schürmann (1672/73-1751). Sein Leben und seine Werke [...] zum Dr. phil. promoviert wurde. 1922 habilitierte er sich in München mit der Arbeit Georg Caspar Schurmann und die frühdeutsche Oper für Musikwissenschaften und wurde dort 1929 a. o. Professor. S. befaßte sich vorwiegend mit d e m Minnesang und der älteren deutschen Oper und schrieb u. a. Zur Geschichte, Dramaturgie und Statistik der frühen deutschen Oper (1924).
Schmidt,
Gustav Johann Leopold, österr. Maschinenbauer, * 1 6 . 9 . 1 8 2 6 Wien, t 2 7 . 1 . 1883 Prag. S., Sohn eines Beamten, studierte 1841-46 am Polytechnischen Institut in Wien, hörte daneben Vorlesungen Uber Mathematik, Physik und Astronomie an der dortigen Univ. und setzte sein Studium an der Berg- und Forstakademie Schemnitz und seit 1849 an der Montanlehranstalt in Vordernberg fort. Nach deren Verlegung nach Leoben wurde er Assistent für die bergtechnischen Fächer, arbeitete seit
Schmidt 1851 als Maschineningenieur in St. Joachimsthal und bildete sich 1856-58 am Polytechnikum Karlsruhe und bei den Berg- und Eisenwerken Westfalens und der Rheinprovinz weiter. 1859 erhielt S. einen a. o. Lehrauftrag über Berg- und Hüttenwesenmechanik und Maschinenkunde für Bergbeamte in Pribram, war seit 1860 im Bergtechnischen Referat des Finanzministeriums in Wien tätig und wurde 1861 zum Oberkunstmeister ernannt. Seit diesem Jahr lehrte er als Dozent für Mechanik und Maschinenbaukunde an der Bergakademie Leoben, 1862/63 als Prof. der Maschinenlehre und des Maschinenbaus am Baltischen Polytechnikum in Riga und übernahm 1864 den neuerrichteten Lehrstuhl für Maschinenbau und Enzyklopädie der Mechanik am Polytechnischen Institut in Prag, wo er seit 1872 auch den Lehrstuhl für Mechanik und Maschinenlehre innehatte. S. veröffentlichte u.a. Theorie der Dampfmaschinen (1861), lieber die physicalischen Constanten des Wasserdampfes (1867) und Neue populistische Zinseszins-Rechnung und Umleitung zur Wertschätzung eines Bergwerkes (1877). CD ÖBL S c h m i d t , Hans, evang. Theologe, * 10.5. 1877 Wolmirstedt bei Magdeburg, t 20.1.1953 Halle/Saale. Nach dem Theologiestudium in Tübingen, Berlin und Halle, das er 1904 in Berlin mit der Promotion zum Lie. theol. abschloß, und dem Besuch des Predigerseminars in Wittenberg war S., Sohn eines Baurats, 1904-07 Studieninspektor am Predigerseminar in Naumburg/Queis und 1907-14 Pfarrer in Breslau. 1909 habilitierte er sich hier für alttestamentliche Wissenschaft, war 1910/11 Mitarbeiter Gustaf —>Dalmans am Deutschen evangelischen Institut für Altertumswissenschaft des Hl. Landes in Jerusalem, wurde 1914 a. o. Prof. in Tübingen und lehrte nach Teilnahme am Ersten Weltkrieg und britischer Gefangenschaft (bis 1920) seit 1921 als Ordinarius in Gießen und von 1928 bis zu seiner Entlassung 1945 in Halle. 1933 wurde er Mitglied der NSDAP und gehörte bis 1936 den Deutschen Christen an; 1949 trat er in die CDU ein. S. beschäftigte sich besonders mit den alttestamentlichen Propheten und Psalmen. Er veröffentlichte u. a. Der Mythos vom wiederkehrenden König im Alten Testament (1925, 2 1933). CD BBKL S c h m i d t , (Paul) Hans (Carl Constantin), Hygieniker, Bakteriologe, * 31.8.1882 Düsseldorf, t 1.3. 1975 Wabern bei Bern. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1903 Medizin in Genf, Bonn und Freiburg/Breisgau, wo er 1911 promoviert wurde (Ein Beitrag zur Kenntnis der Phosphoröle und ihrer Bindung im Organismus durch den elektroskopischen Nachweis des Phosphors). 1909 wurde er Assistent am Städtischen Krankenhaus in Karlsruhe, arbeitete seit 1912 am Lister-Institut und am Deutschen Hospital in London und war im Ersten Weltkrieg auf der Isle of Man interniert. Seit 1918 war er an der Medizinischen Akademie in Düsseldorf und an der Univ. Hamburg tätig, an der er sich 1922 für Bakteriologie und Serologie habilitierte (Über den Einfluss der maschinellen künstlichen Atmung auf den Blutkreislauf). Seit 1923 war er wissenschaftlicher Leiter der Behring-Werke in Marburg, habilitierte sich dort 1928 für Hygiene und wurde im folgenden Jahr a. o. Professor. Seit 1929 apl. und seit 1941 Honorarprofessor, wurde er 1941 Leiter des BehringInstituts und 1949 Ordinarius in Marburg. S., 1942 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt, veröffentlichte u. a. Fortschritte der Serologie (1933, 2 1955), Grundlagen der spezifischen Therapie und Prophylaxe bakterieller Infektionskrankheiten (1940, 2 1949, Erg.-Bd. Pathogenese, Therapie und Prophylaxe des Tetanus, 1952) und Bakteriologie und Immunitätsforschung (1947, engl. 1947) und gab 1957 Fortschritte der Immunitätsforschung heraus. CD NDB
S c h m i d t , Hans, eigentl. Johannes S., schweizer. Architekt, Stadtplaner, Architekturtheoretiker, * 10. 12.1893 Basel, t 18.6. 1972 Bergeil (Kt. Graubünden). S., Sohn des Geologen und Mineralogen Karl —>S., studierte nach einem Praktikum als Bauzeichner im Zürcher Büro von Robert Curjel und Karl —> Moser Architektur bei Karl —> Hocheder und Hans —> Bernoulli an der TH München und an der ΕΤΗ Zürich, war 1921122 in den Niederlanden tätig und erbaute zwischen 1925 und 1930 in Bürogemeinschaft mit Paul Artaria verschiedene Wohn- und Siedlungsbauten in der Schweiz, u.a. die Werkbundsiedlung Neubühl bei Zürich (1929/30), mit denen er sich als einer der führenden Architekten des Neuen Bauens in der Schweiz auszeichnete; 1924-28 gab er mit Mart Stam die Zeitschrift „ABC. Beiträge zum Bauen" heraus. 1930 ging er als Berater des Volkskommissariats für Schwerindustrie nach Moskau, wirkte in der Sowjetunion bei der Planung und Ausführung mehrerer Industriestädte mit und kehrte 1937 in die Schweiz zurück, wo er 1941 in die Kommunistischen Partei eintrat. 1956 folgte er einem Ruf als Hauptarchitekt an das Institut für Typung nach Ost-Berlin und wurde 1958 Direktor des Instituts für Theorie und Geschichte der Baukunst an der Deutschen Bauakademie. 1969 kehrte er in die Schweiz zurück. Als Theoretiker des Wohnungs- und Städtebaus befaßte sich S. vorwiegend mit den Möglichkeiten der Standardisierung und Typisierung. Er veröffentlichte u. a. Gestaltung und Umgestaltung der Stadt (mit Rolf Linke und Gerd Wessel, 1970). c d NDB S c h m i d t , Hansheinrich, Politiker, * 6.9.1922 Leipzig, t 12.3. 1994 Grünwald bei München. S., Sohn eines Amtsgerichtspräsidenten, studierte Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft und war nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft und einer Lehrerausbildung seit 1951 Lehrer in Kempten. 1955 trat er der FDP bei, wurde 1957 Kreisvorsitzender in Kempten, später Mitglied des Landesvorstandes seiner Partei in Bayern und des Bundeshauptausschusses. 1961-83 war S. Mitglied des Deutschen Bundestags, 1969-83 Vorsitzender des Arbeitskreises Sozialpolitik. 1982 klagte er gegen das „konstruktive Mißtrauensvotum" Helmut Kohls zur Herbeiführung von Neuwahlen und verzichtete danach auf eine weitere Kandidatur zum Bundestag. DD MdB S c h m i d t , (John) Harry, Mathematiker, Physiker, * 21.6. 1894 Hamburg, t 9.9.1951 Halle/Saale. S. studierte seit 1913 Mathematik in Leipzig, wurde 1919 promoviert (Ueber die Möglichkeit und Stabilität von Gleichgewichtszuständen ruhender sowie rotierender Elektronengruppen innerhalb einer im allgemeinen nichtäquivalenten Kugel von homogener positiver Elektrizität) und war dann Dozent am Freien Bildungswesen der Stadt Hamburg. Seit 1923 Prof. an der Staatlichen Hochschule für angewandte Technik in Kothen, habilitierte er sich 1926 in Leipzig für Mathematik (Über zyklische Determinanten und Gleichungssysteme nebst Anwendungsbeispielen aus der Theorie der symmetrischen Raumfachwerke) und wurde hier 1933 a. o. Professor. Seit 1937 wirkte S. als Ordinarius im Reichsdienst und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Deutschen Versuchs-Anstalt für Luftfahrt in Berlin-Adlerhof und lehrte seit 1945 als Ordinarius für reine und angewandte Mathematik in Halle. Er veröffentlichte u.a. Das Weltbild der Relativitätstheorie. Allgemeinverständliche Einführung in die Einsteinsche Lehre von Raum und Zeit (1920, 3 1922, italien. 1922, engl. 1921, 2 1922, hebr. 1924), Zahl und Form (1921), Aerodynamik des Fluges. Eine Einführung in die mathematische Tragflächentheorie (1929), Einführung in die Theorie der Wellengleichung (1931) und Analysis der elementaren Funktionen (1953). CD Poggendorff 5-6
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Schmidt S c h m i d t , Heinrich, Schriftsteller, Theaterdirektor, * 2 7 . 9 . 1779 Weimar, t 14.4. 1857 Wien. Der Kaufmannssohn studierte vermutlich seit 1798 Rechtswissenschaften in Jena, w o er auch philosophische Vorlesungen hörte. Er verkehrte mit —» Schiller und —> Goethe, von dem er nach eigenen Angaben Schauspielunterricht erhielt, und soll seit 1801 am Wiener Burgtheater aufgetreten sein. 1805-13 war S. Direktor und auch Bassist des Fürstlich Esterhazyschen Theaters in Eisenstadt und war dort auch f ü r die Kunst- und M u s i k s a m m l u n g des Fürsten zuständig. Anschließend lebte er als Schriftsteller in Wien, übernahm 1815 die Leitung des Theaters in Brünn, die er mit Unterbrechungen bis 1837 innehatte, und kehrte später nach Wien zurück. Neben einem Band Gedichte (1802) schrieb S. u . a . die komische Operette Der Junker in der Mahle. 1856 erschienen seine Erinnerungen eines Weimarischen Veteranen aus dem geselligen, literarischen und Theaterleben. • • OBL S c h m i d t , Heinrich (Maria), Sänger, * 1 8 . 2 . 1 8 0 9 Lübeck, f 3 . 5 . 1854 Leipzig. Zunächst als Sänger und Gesangslehrer tätig, setzte S. seine Gesangsausbildung 1829 bei Giuseppe Ciccimarra in Wien fort und gab 1830 als Don Ottavio im Don Giovanni am Hoftheater in Braunschweig sein Bühnendebüt. 1833-36 trat er am Hoftheater in Kassel, 1836-38 am Stadttheater in Breslau auf und wurde dann Ensemblemitglied des Leipziger Opernhauses. S. wirkte hier u . a . in Uraufführungen von Opern Albert —> Lortzings mit, u. a. 1840 als Görg im Hans Sachs und 1842 als Baron Kronthal im Wildschütz. Danach war er in Bremen und Detmold engagiert und war 1847-50 als Sänger, Schauspieler und Regisseur an der Hofoper in Dresden tätig. S., zu dessen bedeutendsten Rollen die Titelhelden im Otello und im Fra Diavolo gehörten, trat auch als Konzert- und Oratoriensänger hervor und komponierte Lieder sowie Musik f ü r Streichinstrumente. CP Kutsch S c h m i d t , Heinrich, Pseud. Poinz, Kameralwissenschaftler, Publizist, * 8 . 1 2 . 1 8 1 5 Preßburg, t 3 . 5 . 1870 bei Hermannstadt (Siebenbürgen). Der Sohn eines Hutmachers soll an der Univ. Halle studiert haben, hörte 1 8 4 0 / 4 1 theologische und philosophische Vorlesungen an der Univ. Jena, war als Erzieher tätig und lehrte seit 1844 als Ordinarius für politische und Kameralwissenschaften, Finanzwissenschaften, Bergrecht und Staatskunde an der neugegründeten Rechtsakademie in Hermannstadt. S„ der seit 1848 sächsischer Deputierter im ungarischen Parlament war und als solcher nach Wien und O l m ü t z ging, trat als politischer Publizist hervor und war entschiedener Gegner der Union Siebenbürgens mit Ungarn. Seit 1848 gab er das „Unterhaltungsblatt aus der Gegenwart" heraus, redigierte 1849-52 den „Siebenbürger B o t e n " und war 1 8 5 9 / 6 0 Redakteur der „Siebenbürger Quartalschrift". 1861 gründete er die „Hermannstädter Zeitung". 1 8 6 3 / 6 4 war S. Abgeordneter zum Hermannstädter Landtag. Er veröffentlichte u. a. einen Encyclopädischen Abriß der Cameralwissenschaft (1853). Wegen seines finanziellen Ruins beging S. Selbstmord. OD Ö B L S c h m i d t , Heinrich Frh. von, Architekt, * 8 . 3 . 1850 Köln, t 4 . 9 . 1928 München. Der Sohn des Dombaumeisters Friedrich von —>S. studierte Architektur am Wiener Polytechnikum sowie als Schüler seines späteren Schwiegervaters Konrad Wilhelm —»Hase in Hannover. 1 8 7 4 / 7 5 war er bei seinem Vater in Wien und anschließend in F r a n k f u r t / M a i n tätig. Seit 1883 lehrte S. als Prof. der mittelalterlichen Baukunst am Polytechnikum in München. Er erbaute u. a. die Marienkirche in Kaiserslautern, den Rathausturm in Passau, die Johanneskirche in Darmstadt und als sein Hauptwerk die Maximilianskirche in München. CD LThK
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S c h m i d t , Heinrich, Biologe, Philosoph, * 1 8 . 1 2 . 1 8 7 4 Heubach (Thüringen), t 2 . 5 . 1935 Jena. 1890-94 in Hildburghausen zum Lehrer ausgebildet und dann in seinem Beruf tätig, studierte S. seit 1899 Naturwissenschaften in Jena, war seit 1900 Privatsekretär von Ernst —»Haeckel und wurde 1904 Zürich zum Dr. phil. promoviert. Seit 1912 arbeitete er am Phyletischen Archiv, übernahm 1916 die Leitung des Haeckel-Archivs und wurde 1920 Direktor des Ernst-Haeckel-Hauses in Jena. S., entschiedener Vertreter des Monismus, den er zunehmend mit nationalistischen und rassistischen Argumentationen verband, war 1 9 1 9 / 2 0 Vorsitzender des Deutschen Monistenbundes, gab bis 1933 die „Monistischen M o n a t s h e f t e " heraus und gründete dann „Natur und Geist, Monatshefte für Wissenschaft, Weltanschauung und Weltgestaltung". Neben Werken und Briefen Haeckels, Übersetzungen aus dem Englischen (u.a. Samuel Smiles) und Ausgaben von Epikur, Marc Aurel und Seneca veröffentlichte S. Geschichte der Entwicklungslehre (1918), die Biographie Ernst Haeckel. Leben und Werke (1926), Der Kampf ums Dasein (1930) und Mensch und A f f e (1932). 1912 begründete er das Philosophische Wörterbuch ( 7 1922) im Kröner-Verlag. S c h m i d t , Heinz (Heinrich), Redakteur, Intendant, * 2 6 . 1 1 . 1906 H a l l e / S a a l e , t 1 4 . 9 . 1 9 8 9 Berlin. Zunächst Bergmann, wurde S„ Sohn eines Arbeiters, 1926 Mitglied der S P D und Redakteur verschiedener S P D Zeitungen. 1930-33 studierte er Rechts- und Staatswissenschaften in Halle, Schloß sich 1931 der K P D an und gehörte nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten dem Widerstand an. 1934 verhaftet, war S. bis 1937 im Zuchthaus Brandenburg inhaftiert und emigrierte nach seiner Freilassung nach Prag, 1938 nach Großbritannien, wo er seit 1941 die dortige KPD-Landesgruppe leitete. 1943-45 war er Chefredakteur der „Freien Tribüne" in London, kehrte 1946 nach Deutschland zurück und wurde SED-Mitglied. Er war dann Leiter der Hauptabteilung Tagesfragen, Chefredakteur und 1947-49 Intendant des Berliner R u n d f u n k s . Wegen „ungenügender politischer Wachsamkeit" abgelöst, arbeitete er 1950-55 in der Landesleitung Mecklenburg der Maschinen-Traktoren-Station. 1 9 5 5 / 5 6 war S. Chefredakteur der Zeitschrift „Magazin" und 1956-58 des „Eulenspiegel". Anschließend wurde er Leiter der Presseabteilung und Mitglied des Präsidiums des Nationalrats der Nationalen Front und war 1964-76 Vorsitzender des Afro-Asiatischen Solidaritätskomitees der DDR. S. war mit Eva —»SchmidtKolmer verheiratet. t u DDR S c h m i d t , Herbert, Jurist, * 3 1 . 8 . 1906 Leipzig, t 29. 12. 1985 Nürnberg. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte Rechtswissenschaft in München, Köln und Leipzig und wurde 1936 promoviert (Pfändungsrecht und Beschlagnahmevorrecht). Nach d e m Krieg kehrte er in sein Richteramt am Amtsgericht Reichenbach (Vogtland) zurück, floh jedoch 1947 vor der sowjetischen Besatzung nach Roding (Oberpfalz) und wurde 1950 am Landgericht N ü r n b e r g / F ü r t h in die bayerische Justiz und 1951 als Landgerichtsrat wieder in das Richteramt übernommen. 1956 wurde er Oberlandesgerichtsrat, 1965 Senatspräsident beim Oberlandesgericht Nürnberg. Während seiner Dresdner Zeit durch Wilhelm Gerold mit dem Kostenrecht vertraut gemacht, war dies S.s späteres Hauptbetätigungsfeld. S. führte den von Gerold begründeten K o m m e n tar zur Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung ( B R A G O ) von der 3. (1967) bis zur 8. Auflage (1984) fort, der als „ G e r o l d / Schmidt" bekannt wurde. CD Juristen S c h m i d t , Hermann, Jurist, Politiker, * 13.7. 1880 Nauen (Mark), t 1 . 1 2 . 1 9 4 5 Berlin. Der K a u f m a n n s s o h n studierte seit 1899 in Berlin Jura, wurde 1903 zum Dr. jur. promoviert und war seit 1907 Gerichts-
Schmidt assessor, seit 19 Β Amtsrichter in Lichtenberg (Berlin); 1920 wurde er Kammergerichtsrat und A n f a n g 1927 Senatspräsident. 1925-33 gehörte S. als Mitglied der Zentrumspartei dem Preußischen Landtag an und war zeitweise Geschäftsführer der Zentrumsfraktion. 1927 wurde er preuß. Justizminister. Seit dem „Preußenschlag" der Regierung —>Papen am 2 0 . 7 . 1 9 3 2 nur noch geschäftsführend im Amt, verlor er seine Position endgültig im M ä r z 1933. Nach d e m 20. Juli 1944 verhaftet, war S. nach Kriegsende einige Monate Unterbürgermeister von Grunewald (Berlin). CD Reichshandbuch S c h m i d t , (Gustav-Adolf Heinrich) H e r m a n n , Regelungstechniker, Kybernetiker, Philosoph, * 9 . 1 2 . 1894 Hanau, t 3 1 . 5 . 1968 Berlin. Der Lehrersohn studierte Physik und Mathematik in Göttingen, nahm am Ersten Weltkrieg teil und wurde nach der Promotion 1923 Assistent am Kaiser-Wilhelm-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf. 1929 habilitierte sich S. an der T H Aachen, war 1930-45 Referent für Steuerung und Regelung am Reichspatentamt in Berlin und hielt Vorlesungen über Regelungstechnik in Aachen und seit 1935 an der T H Berlin. 1939 gründete er den Fachausschuß f ü r Regelungstechnik im Verein Deutscher Ingenieure, den er bis 1945 leitete. 1944 wurde S. an der T H Berlin erster o . P r o f . für Regelungstechnik. Nach Kriegsende war er bis 1951 in Mecklenburg tätig und ging 1954 als Prof. erneut an die T U Berlin. S. erkannte das universelle Prinzip der Rückkoppelung und entwickelte unabhängig von der Kybernetik Norbert Wieners eine Allgemeine Regelungskunde, die er auch auf physiologische und anthropologische Problemstellungen bezog. S. veröffentlichte u . a . Die Grundgedanken der Strahlungspyrometrie (1925), Denkschrift zur Gründung eines Instituts für Regelungstechnik (1941, Nachdr. 1963) und Regelungstechnik. Begriffe und Bezeichnungen (1944). CP N D B S c h m i d t , Hermann (Karl), Mathematiker, * 2 2 . 7 . 1902 Merkendorf (Mittelfranken), t 2 6 . 2 . 1 9 9 3 Würzburg. S., Sohn eines Pfarrers, studierte seit 1920 Mathematik und Physik an der Univ. und der T H München, wurde 1927 promoviert (Theorie der linearen Differentialgleichungen mit Koeffizienten aus dem algebraischen Funktionenkörper) und habilitierte sich nach einer Tätigkeit als Assistent bei Robert —»König 1931 in Jena ( Ü b e r multiplikative Funktionen und die daraus entspringenden Differentialsysteme). Seit 1935 dort Lehrbeauftragter, wurde er 1937 a . o . P r o f . , lehrte seit 1947 an der T H Braunschweig und war 1951-70 Ordinarius an der Univ. Würzburg. S. beschäftigte sich vor allem mit speziellen Funktionen, Differentialgleichungen, Reihen und Zahlentheorien. 1965 wurde er ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. m
Jb B A W 1993
S c h m i d t , Horst, Mediziner, Sozialhygieniker, Politiker, * 5 . 6 . 1925 Sprendlingen (Kr. O f f e n b a c h / M a i n ) , t 4 . 1 0 . 1976 bei Neu-Isenburg. Der Lehrerssohn studierte nach dem Zweiten Weltkrieg Medizin in Berlin und F r a n k f u r t / M a i n , wurde 1950 promoviert (Die Bedeutung des Blutersatzes durch Reinfusion bei Tubargravidität) und war dann Assistenzarzt in Langen und Offenbach. Seit 1955 leitete S. die Tuberkulose-Fürsorge im Offenbacher Gesundheitsamt, wurde 1957 Medizinalrat, war seit 1955 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Ärzte in Hessen und seit 1959 Mitglied des Präsidiums des Hessischen Landesgesundheitsrats. 1961-69 war er f ü r die S P D Mitglied des Bundesrats, seit 1969 hessischer Sozial- und Gesundheitsminister. S. starb bei einem Verkehrsunfall. CD Munzinger
S c h m i d t , Isaak Jakob, Mongolist, Tibetologe, Bibelübersetzer, * 1 . 1 0 . 1 7 7 9 Amsterdam, t 2 7 . 8 . 1 8 4 7 St. Petersburg. S., Sohn eines Kaufmanns, war seit 1798 Handlungsgehilfe der Brüdergemeine in Sarepta (Wolga) und lebte 1804-06 unter Kalmücken, deren Sprache er lernte. Er kam 1807 nach Saratow, 1812 nach Moskau und im selben Jahr nach St. Petersburg, wo er Schatzmeister der Russischen Bibelgesellschaft wurde. S. machte sich um die Erforschung der mongolischen Sprache und Literatur verdient und gilt als Begründer der Mongolistik. Er übersetzte das Matthäus-Evangelium (1815), das Johannes-Evangelium (1820) und die Apostelgeschichte (1822) ins Kalmückische sowie das N e u e Testament ins Mongolische (1819). Ferner verfaßte er eine mongolische Grammatik (1831) und ein mongolisches Wörterbuch (1835) und übersetzte die Geschichte der Ost-Mongolen und ihres Fürstenhauses (1829), in der erstmals mongolische Quellen für die Geschichtsforschung nutzbar gemacht wurden, sowie Die Thaten Bogda Cesser Chans (1839), wodurch das Epos in Europa bekannt wurde. S. förderte auch das Tibetische und veröffentlichte eine Grammatik (1839), ein Wörterbuch (1841) und die Übersetzung des Erzählzyklus Dsanglun oder der Weise und der Thor (1843). CD N D B S c h m i d t , Johann, luth. Theologe, * 2 0 . 6 . 1594 Bautzen (Oberlausitz), t 2 7 . 8 . 1658 Straßburg. Der Sohn eines Tuchmachers studierte seit 1608 Humaniora und Theologie in Halle, seit 1612 in Straßburg, erwarb dort 1617 den Grad eines Magisters und wurde 1623 zum Dr. theol. promoviert. Während seines Studiums unternahm S. Reisen nach Frankreich, England und in die Niederlande und begleitete 1620-23 Straßburger Studenten an die Universitäten Tübingen, Jena und Wittenberg. Seit 1619 Aufseher des Predigerkollegiums Straßburg, folgte er 1623 einem Ruf als Prof. der Theologie nach Straßburg und wurde dort 1629 Kirchenpräsident. S. war ein orthodoxer Theologe, der zu einer „ R e f o r m des L e b e n s " aufrief und als erster englischer Erbauungsliteratur Eingang in die luth. Kirche verschaffte. Er stand u. a. mit Johann Valentin —> Andreae im Briefwechsel und übte starken Einfluß auf Philipp Jakob —>Spener und Johann Michael —> Moscherosch aus. S. veröffentlichte vor allem Büß- und Gewissenspredigten (u. a. Hauende Axt des göttlichen Zorns, 1638; Libellus repudii, schrecklicher Scheid Brief des eyfrigen Gottes an alle Heuchler, 1640). CD Killy S c h m i d t , Johann A d a m , Ophthalmologe, Pharmakologe, * 12. 10.1759 A u b bei Würzburg, f 1 9 . 2 . 1 8 0 9 Wien. Der aus ärmlichen Verhältnissen stammende S. durchlief eine chirurgische Ausbildung in Würzburg und kam 1778 als Unterchirurg in ein mährisches Feldlager. Von Johann Alexander von —>Brambilla gefördert und 1784 zum Oberchirurgen ernannt, wurde er nach weiteren Studien 1789 an der medizinisch-chirurgischen Josephs-Akademie in Wien zum Dr. chir. promoviert und anschließend bei Joseph —> Barth in Ophthalmologie ausgebildet. 1795 wurde S. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Als Brambillas Sekretär widmete er sich an der A k a d e m i e der Augenheilkunde, übernahm später die anatomische Prosektur, wurde a. o. Prof. der Anatomie, 1796 Prof. der Pathologie, Therapie und Materia medica und leitete nach d e m Ausbruch des Kriegs gegen Napoleon die Sanitätsangelegenheiten am Kriegsschauplatz in Norditalien. S. zählte zu den besten Staroperateuren seiner Zeit. Er veröffentlichte u. a. Bibliothek der neuesten medicinisch-chirurgischen Literatur (Hrsg., 3 Bde., 1789-92), „Ophtalmologische Bibliothek" (hrsg. mit Karl Himly, 3 Bde., 1802-07), Ueber die Krankheiten der Thränenorgane (1803) und Lehrbuch von der Methode, Arzeneyformeln zu verfassen (1808, 2 181 1).
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Schmidt Postum erschienen Prolegomena zu der allgemeinen Therapie und Materia medica (1812) und Vorlesungen Uber die syphilitische Krankheit und ihre Gestalten (1812). S. stand in Verbindung zur romantischen Naturphilosophie der Zeit, wurde in verschiedene Akademien und wissenschaftliche Gesellschaften a u f g e n o m m e n und prägte die Fachtermini P h a r m a k o d y n a m i k und Pharmakognosie. Er war mit Ludwig van —> Beethoven befreundet, den er auch ärztlich betreute. m
NDB
Schmidt,
Johann Carl Eduard, Mathematiker, Astronom, Geophysiker, * 2 6 . 1 1 . 1803 Leipzig, f 15.3. 1832 Tübingen. S. studierte seit 1819 Mathematik in Leipzig und in Göttingen bei Carl Friedrich —>Gauß und wurde 1823 mit der Arbeit De curvarum origine promoviert. 1824 habilitierte er sich und lehrte als Privatdozent in Göttingen Mathematik, Astronomie und Physik. 1831 zum a. o. Prof. ernannt, erhielt S. 1832 einen Ruf nach Tübingen, starb jedoch unmittelbar nach Antritt der Professur. Seine Schrift von 1828 Theorie der astronomischen Strahlenbrechung sandte Gauß an Alexander von —¥ Humboldt. S. beschäftigte sich mit dem Gleichgewicht der Erde, stellte Berechnungen zu ihrer mittleren Dichte und z u m Erdellipsoid an und entwickelte Verfahren zur Messung der Lufttemperatur. Ferner veröffentlichte er ein Lehrbuch der mathematischen und physischen Geographie (2 Bde., 1 8 2 9 / 3 0 ) . John Frederick William Herschels On the theory of light (1827) übersetzte er aus dem Englischen (dt. Vom Lichte, 1831) und den Traite de mecanique (1811) von Simeon-Denis Poisson aus d e m Französischen (dt. Lehrbuch der Mechanik, 2 Tie., 1 8 2 5 / 2 6 ) . 1834 erschien sein Lehrbuch der analytischen Optik (hrsg. von Carl Wolfgang B e n j a m i n —> Goldschmidt).
Schmidt,
Johann Christian Lebrecht, Berg- und Hüttenmann, Geologe, * 2 . 1 2 . 1778 Hasserode bei Wernigerode, t 18.1. 1830 Mexiko. Nach d e m Studium an der Bergakademie in Kassel wirkte S. als kurhessischer Bergmeister in Bieber bei Hanau. 1810 wurde er Bergwerksdirektor in Neunkirchen (Saar). Seit 1816 in preuß. Diensten, war S. 1817-27 Bergrat in Siegen und Direktor des dortigen Bergamts. Zu seinen Verdiensten gehört die Gründung der Siegener Bergschule. Der deutschamerikanische Bergwerksverein Elberfeld berief ihn 1827 nach Mexiko. S.s Werk Theorie der Verschiebungen älterer Gänge mit Anwendung auf den Bergbau erschien 1810 und bildete die Grundlage für das Gespräch, das Johann Wolfgang von —> Goethe am 2 3 . 7 . 1 8 1 5 in Holzappel mit ihm führte. 1827 wurden seine Beiträge zu der Lehre von den Gängen veröffentlicht. DP Serlo
Schmidt,
Johann Christoph, Kapellmeister, Komponist, * 6 . 8 . 1664 Hohnstein (Sächsische Schweiz), t 13.4. 1728 Dresden. Der Sohn eines Kantors trat 1676 als Chorknabe in die Hofkapelle in Dresden ein, erhielt mit Unterstützung des Kurfürsten eine musikalische Ausbildung und wirkte später als Instrumentalist in der Hofkapelle. Seit 1687 Praezeptor der Kapellknaben, wurde er 1692 zweiter Hoforganist und unternahm 1693-95 eine Studienreise nach Italien. Seit 1696 Vizekapellmeister und Kammerorganist, wurde er 1698 zum ersten Hauptkapellmeister ernannt. Während der Regierungszeit - » Friedrich Augusts I. wirkte S. als kgl. polnischer und kurfürstlich sächsischer Hofkapellmeister mit seiner Kapelle in Dresden, Krakau und Warschau und wurde 1717 Oberkapellmeister. Er schrieb Messen, Kantaten und Motetten sowie Bühnenstücke, darunter Les quatre saisons (1719). CD M G G
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Johann Georg, genannt Wiener Schmidt, österr. Maler, * um 1685 B ö h m e n , t 15.9. 1748 Krems (Niederösterreich). Nach seiner Ausbildung arbeitete S. vor allem im Atelier Peter von —> Strudels in Wien, stand aber auch unter dem Einfluß Martino —»Altomontes und übernahm Aufträge von Johann Lucas von Hildebrandt. Er schuf Altarbilder (u. a. Hl. Ignatius von Loyola, Annenkirche, 1719; Hl. Bonifaz, Jesuitenkirche A m Hof, 1719; das Hochaltarbild Hl. Johannes Baptist, Malteserkirche; alle in Wien) und zahlreiche Wandmalereien (u. a. für die Ruprechtskirche und die Leopoldskirche in Wien).
Schmidt,
Johann Heinrich, Maler, * 2 . 8 . 1 7 5 7 Ottweiler, t 1828 Neapel. S., Sohn eines Lakaien, erhielt seine Ausbildung seit 1774 bei dem Saarbrücker H o f m a l e r Johann Jakob S a m h a m m e r , dem er im selben Jahr nach Darmstadt folgte, und war vor allem als Miniatur- und Bildnismaler tätig. Nach d e m Besuch der Zeichenakademie in Mannheim wandte er sich der Historien- und Landschaftsmalerei zu, ging 1787 zu weiteren Studien zu Anton Raphael —»Mengs nach R o m , wo er u. a. mit Angelica —>Kauffmann bekannt wurde, und lebte seit 1798 in Neapel. Er schuf vor allem Porträts und historische Landschaften; von Zeitgenossen gerühmt wurde insbesondere sein G e m ä l d e Adam und Eva hören im Paradies den ersten Donner (um 1790, im Zweiten Weltkrieg zerstört). m
Leb Saarland, Bd 2
Schmidt,
Johann Heinrich, K a u f m a n n , * 2 4 . 2 . 1 7 6 7 Iserlohn, f 4. 1. 1830 Iserlohn. Der Sohn eines Eisenwarenhändlers wurde in Leipzig schulisch und kaufmännisch ausgebildet, war daneben in der dortigen Niederlassung der väterlichen Firma Schmidt & Woeste tätig und zog bereits als Dreizehnjähriger auf deutsche Messen. Später konzentrierte er sich auf den Import und den Verkauf englischer Metallwaren. 1805 gründete er in Iserlohn eine Bronzewarenmanufaktur. 1816 und 1822 erwarb er bei Nachrodt und Elverlingsen Hammerund Walzwerke. 1826 zog er in den Ersten Westfälischen Provinziallandtag ein. Das Unternehmen wurde von seinen Söhnen unter dem N a m e n J. H. Schmidt Söhne weitergeführt. DP Rhein-Westf Wirt, Bd 18
Schmidt,
Johann Lorenz, auch Schmid, Pseud. Schröter, Schröder, evang. Theologe, Philosoph, Mathematiker, * 3 0 . 1 1 . 1702 Zell (heute zu Uchtelhausen bei Schweinfurt), t 20. 12. 1749 Wolfenbüttel. Nach d e m Studium der Theologie, Philosophie und Mathematik 1720-24 in Jena war S., Sohn eines Pfarrers, seit 1725 Erzieher im gräflich Löwensteinschen Haus in Wertheim und arbeitete daneben an seinem Hauptwerk, einer freien und im Geist des wolffischen Rationalismus kommentierten Bibelübersetzung, von der nur der erste Teil Die Göttlichen Schriften von den Zeiten des Messie Jesus (1735) gedruckt wurde. Die sog. Wertheimer Bibel hatte eine der großen theologischen Kontroversen des 18. Jh. zur Folge; S. k a m in Untersuchungshaft, und die noch verfügbaren Exemplare des Drucks wurden durch ein kaiserliches Patent eingezogen. Nach einem knappen Jahr Haft begab sich S. nach Holland und hielt sich später in Altona und Hamburg auf, wo er deistische Literatur (Matthew Tindal, 1741) und die Ethik des Baruch de Spinoza (1744) übersetzte. 1747 erhielt S. unter dem N a m e n Schröder eine Anstellung als Hofmathematiker und Pagenmeister in Wolfenbüttel. CD N D B
Schmidt,
Johann-Lorenz, urspr. Läszlo Radvänyi, Politikwissenschaftler, * 13. 12.1900 Budapest, t 3 . 7 . 1 9 7 8 Berlin. Das Studium der Philosophie und Geschichte an den Universitäten Budapest und Wien und der Soziologie und Wirt-
Schmidt schaftswissenschaften an der Univ. Heidelberg Schloß S., Sohn eines Versicherungsangestellten, 1923 mit der Promotion zum Dr. phil. ab (Der Chiliasmus, gedruckt 1985). Seit 1924 Mitglied der K P D , gründete er 1925 die Marxistische Arbeiterschule in Berlin ( M A S C H ) , deren Reichsleiter er 1927-33 war, und gab die theoretische Zeitschrift der K P D , „Der Marxist", heraus. 1933 emigrierte er nach Frankreich, war 1934-39 Leiter und Dozent der Freien Deutschen Hochschule in Paris und gab die „Zeitschrift für die Freie Deutsche Forschung" heraus. 1940 wurde er interniert und emigrierte dann nach Mexiko, wo er 1941-52 Prof. an der Arbeiteruniversität und 1944-52 Prof. mit Lehrstuhl an der Nationaluniversität war. 1952 folgte S. Anna —> Seghers, mit der er seit 1925 verheiratet war, nach Deutschland zurück, wurde SED-Mitglied, übernahm den Lehrstuhl für Probleme des gegenwärtigen Imperialismus an der Humboldt-Universität zu Berlin und war erster stellvertretender Direktor des Instituts für Politische Ökonomie. Seit 1961 präsidierte er der Deutsch-Lateinamerikanischen Gesellschaft in der D D R . OP N D B S c h m i d t , Johann Philipp Samuel, Jurist, Musikschriftsteller, Komponist, * 8 . 9 . 1779 Königsberg, t 9 . 5 . 1853 Berlin. A u s wohlhabendem Hause stammend, erhielt S. eine umfassende musikalische Ausbildung und trat früh als Pianist mit —> Mozart-Konzerten und eigenen Kompositionen hervor. Neben dem 1796 begonnenen Studium der Rechtswissenschaften in Königsberg widmete er sich weiterhin musikalischen Studien, unternahm 1798 eine Studienreise, die ihn über Berlin, Dresden und Prag nach Wien führte, wo er die Bekanntschaft Joseph Haydns machte, und kehrte über München und Berlin nach Königsberg zurück. Auf elterlichen Wunsch wurde er 1801 Referendar in der Berliner D o m ä n e n k a m m e r , legte 1804 das Assessorexamen ab und wurde 1811 Expedient bei der kgl. Seehandlung. 1819 erhielt S. den Hofratstitel. Seit 1804 war er Mitglied der Berliner Singakademie, f ü r die er zahlreiche Gesänge komponierte, erteilte Klavierunterricht und war als Musikschriftsteller tätig. Sein kompositorisches Werk umfaßt volkstümliche Opern und Singspiele ( u . a . Das Fischermädchen, 1818; Alfred der Große, 1830) sowie Kirchenmusik. cd MGG S c h m i d t , (Maria) Johanna Carolina, auch Schmiedt, Jeanette S., geb. Demmer, Schauspielerin, * 5 . 4 . 1 7 9 4 Weimar, t 1 4 . 3 . 1 8 6 2 Wien. Die Tochter eines Schauspielerehepaars kam vermutlich 1804 nach Wien, trat dort wahrscheinlich in Kinderrollen am Hofburgtheater auf und debütierte als Siebzehnjährige am Theater an der Wien, wo sie wenig später als Liebhaberin engagiert wurde. S. trat an verschiedenen Provinzbühnen auf, spielte mehrere Jahre in Graz und kehrte nach fünfzehnjähriger Abwesenheit nach Wien zurück. Bei der Uraufführung von Ferdinand —> Raimunds Der Verschwender 1834 am Theater in der Josefstadt war sie das Alte Weib. S. spielte vorwiegend komische Alte und Mütterrollen. Später wirkte sie am Leopoldstädter Theater. m ÖBL S c h m i d t , Johannes, K a u f m a n n , Politiker, * 3. 12. 1765 F r a n k f u r t / M a i n , t 6 . 3 . 1830 F r a n k f u r t / M a i n . Der Sohn eines K a u f m a n n s trat 1789 in die von seinem Großvater gegründete Großhandlung für Tee, Kaffee und indische Seiden waren ein. 1792 wurde er Mitglied des 51er Kollegs, 1805 Mitglied des Gremiums der acht Börsenvorsteher. 1808 zählte er zu den Gründern der Handelskammer in F r a n k f u r t / M a i n , der er bis 1816 angehörte. Seit 1812 Munizipalrat, wurde er 1816 Senator und Bevollmächtigter bei den Auseinandersetzungen der Stadt infolge des Zerfalls des Großherzogtums Frankfurt. S.s Teegroßhandlung wurde von seinen Nachfahren übernommen und erst 1962 aus d e m Familienbesitz verkauft. CD N D B
S c h m i d t , Johannes, Indogermanist, * 2 9 . 7 . 1 8 4 3 Prenzlau, t 4 . 7 . 1901 Berlin. Der Sohn eines Lehrers studierte seit 1861 Philologie in Bonn und Jena, befaßte sich vorwiegend mit indogermanischen Sprachforschungen und wurde 1865 zum Dr. phil. promoviert. 1868 habilitierte sich S. für indogermanische Sprachen in Bonn, folgte 1873 einem Ruf als Prof. nach Graz und wirkte seit 1876 als Prof. der indogermanischen Sprachen in Berlin. 1884 wurde er Mitglied der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften. Mit seinem 1872 erschienenen Werk Die Verwandtschaftsverhältnisse der indogermanischen Sprachen begründete S. die Wellentheorie von der allmählichen räumlichen Verbreitung sprachlicher Neuerungen. Zu seinen Werken gehören ferner Zur Geschichte des indogermanischen Vocalismus (2 Bde., 1871-75), Die Pluralbildungen der indogermanischen Sprachen (1872), Die Pluralbildungen der indogermanischen Neutra (1889) und Kritik der Sonantentheorie (1895). S c h m i d t , Johannes (Carl), bekannt als Schmidt-Wodder, evang. Theologe, * 9 . 6 . 1869 Tondern, f 13. 11. 1959 Petersholm bei Törsbüll. Der Pfarrerssohn studierte Theologie in Leipzig und Greifswald, legte in Kiel das Examen ab und übernahm dann das Pfarramt in Wodder an der deutsch-dänischen Grenze. 1909 gründete S. den Verein für deutsche Friedensarbeit in der Nordmark, trat nach d e m Ersten Weltkrieg für die Rechte der deutschen Minderheit in Dänemark ein und war Herausgeber der deutschen Minderheiten-Zeitung „Nation und Staat". 1920 wurde er als erster deutscher Abgeordneter in das dänische Parlament gewählt. S. schrieb u . a . Von Wodder nach Kopenhagen, von Deutschland zu Europa. Mein politischer Werdegang (1951). m S H B L , Bd 3 S c h m i d t , Jonas (Friedrich Wilhelm), Veterinärwissenschaftler, * 7 . 1 0 . 1885 Wiesbaden, t 13.3. 1958 Wiesbaden. S. studierte Landwirtschaft in Bonn und Berlin, wurde 1908 promoviert (Beziehungen zwischen Körperform und Leistung bei den Milchkühen) habilitierte sich 1913 an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Bonn und wurde 1919 Prof. in Jena. Seit 1921 lehrte er als Prof. der Tierzucht und Tierernährung an der Univ. Göttingen und folgte 1935 einem Ruf nach Berlin, w o er Direktor des Instituts für Tierzuchtund Haustiergenetik war. Zugleich wirkte er als Direktor des Instituts für Tierzuchtforschung der Kaiser-WilhelmGesellschaft zur Förderung der Wissenschaft in Dummersdorf. Seit 1946 lehrte S. als Prof. der Tierzucht und Tierernährung an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Hohenheim. Er veröffentlichte u . a . Züchtung, Ernährung und Haltung der landwirtschaftlichen Haustiere (2 Bde., 1939, 7 1 9 5 6 / 5 7 ) und Lehrbuch der Schweinezucht (mit Joachim Kliesch und Victor Goerttler, 1941, 3 1956). Seit 1950 war S. korrespondierendes Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Wissenschaften zu Berlin. S c h m i d t , Joost, Maler, Bildhauer, Typograph, * 5. 1. 1893 Wunstorf, t 3 . 1 2 . 1948 Nürnberg. S. studierte 1910-13 an der Hochschule für Bildende Künste in Weimar, 1919-32 am Bauhaus in Weimar bzw. Dessau und erhielt eine Ausbildung in Holzbildhauerei. 1925 wurde er Bauhausmeister und Leiter der plastischen Werkstatt, gab aber auch Kurse für Schriftzeichnen und seit 1929 im Aktzeichnen; seit 1929 stand er der Reklameabteilung und der Druckerei vor. 1 9 3 5 / 3 6 lehrte S. an der Berliner Schule „Kunst und Werk". Von den Nationalsozialisten mit Arbeitsverbot belegt, war er freischaffend bzw. als Landkartenzeichner in einem Verlag tätig. 1945 wurde S. an die Hochschule für Bildende Künste in Berlin-Charlottenburg berufen, w o er eine Professur und die Leitung des Vorkurses für Architekten innehatte. CD Lex Kunst
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Schmidt Schmidt,
Josefine, verh. Prochaska, österr. Sängerin, * 1837 Wien, t 9 . 1 0 . 1867 Prag. Die Tochter eines Fabrikanten erhielt ihre Gesangsausbildung in Wien, war 1 8 5 3 / 5 4 am Stadttheater in Regensburg, 1854 am Theater in Temesvar engagiert und trat 1 8 5 6 / 5 7 am Stadttheater in Brünn, dann am Stadttheater in Graz auf, bevor sie 1858 an das Ständetheater in Prag engagiert wurde. 1862-66 gehörte S. zum Ensemble des tschechischen Interimstheaters. Höhepunkte ihres Mezzosopranund Altpartienrepertoires waren die Nancy in Martha und die Irmentraud im Waffenschmied. CD Ö B L
Schmidt,
Joseph, auch Josef S., Sänger, Schauspieler, * 4 . 3 . 1904 Dawideny (Bukowina), t 16. 11. 1942 Girenbad bei Hinwil (Kt. Zürich). S., Sohn eines Landpächters, sang bereits als Kind im Chor der Synagoge von Czernowitz. Er erhielt seit 1915 Gesangsunterricht in Czernowitz und Wien, 1 9 2 5 / 2 6 an der Hochschule für Musik in Berlin, w o er 1929 in einer Rundf u n k a u f f ü h r u n g von Die Afrikanerin debütierte. S., dessen kleine Statur eine Bühnenlaufbahn verhinderte, wurde als Konzertsänger sowie durch R u n d f u n k , Schallplatte und Tonfilm bekannt. Populär wurden u. a. die Titel Ein Lied geht um die Welt (1933, 1937 verboten) und Ein Stern fällt vom Himmel (1934). 1931 spielte S. in seinem ersten Musikfilm mit (Der Liebesexpress). 1933 wegen seiner jüdischen Herkunft mit Aufführungsverbot belegt, unternahm er erfolgreiche Konzerttourneen durch die Niederlande, Belgien, die Schweiz, 1 9 3 6 / 3 7 nach Nordamerika, M e x i k o und Kuba und lebte seit 1935 in Wien. 1938 ging er nach Brüssel, 1940 nach Frankreich und flüchtete 1942 in die Schweiz, wo er im selben Jahr in das Internierungslager Girenbad eingewiesen wurde. CD N D B
Schmidt,
Joseph H e r m a n n , Geburtshelfer, * 1 4 . 6 . 1 8 0 4 Paderborn, t 1 5 . 5 . 1 8 5 2 Berlin. Der Sohn eines Kreisphysikus studierte seit 1821 Medizin in Göttingen, Heidelberg und Bonn und wurde 1825 in Berlin promoviert (De corporum heterogeneorum in plantis animalibusque Genest). 1826 ließ sich S. als praktischer Arzt in Paderborn nieder, übernahm 1834 die Leitung des dortigen Krankenhauses, war Lehrer am Paderborner Hebammeninstitut und seit 1838 Physikus. Seit 1843 Hilfsarbeiter im Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten in Berlin, wurde er zum Vortragenden Rat und Geheimen Medizinalrat ernannt. Seit 1844 war S. Prof. der Geburtshilfe und Direktor der Geburtsabteilung der Charite. Er veröffentlichte u. a. Zwölf Bücher über die Morphologie (2 Bde., 1831), Lehrbuch der Geburtskunde für die Hebammen in den kgl. preußischen Staaten (1839, 1 1866, rätoroman. 1850) und Tausend Aphorismen über die Geburt des Menschen (1844). CD A D B
Schmidt,
Jürgen, Mathematiker, * 5 . 8 . 1918 Berlin, t 1 4 . 1 0 . 1 9 8 0 Houston (Texas, USA). S. studierte 1946-50 Mathematik an der HumboldtUniversität zu Berlin und der Univ. F r a n k f u r t / M a i n , war Assistent an der Humboldt-Universität, wurde 1952 promoviert (Die Grundlagen der Theorie der halbgeordneten Mengen) und habilitierte sich 1956 (Lexikographische Operationen). 1962 wurde er Prof. in Köln, folgte 1963 einem Ruf an die Univ. B o n n und ging 1969 nach Houston. S. beschäftigte sich zunächst mit Mengenlehre und mengentheoretischer Topologie und wandte sich später Problemen der universellen Algebra zu. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Analytische Geometrie (2 Bde., 1965/66), Grundbegriffe der Algebra (1966) und Einführung in die Mathematik (1970).
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(Heinrich) Julian (Aurel), Redakteur, Literarhistoriker, * 7 . 3 . 1 8 1 8 Marienwerder (Ostpreußen), t 2 7 . 3 . 1886 Berlin. Das Studium der Philologie, Philosophie und Geschichte in Königsberg Schloß S., Sohn eines Kalkulators, 1840 mit der Promotion zum Dr. phil. ab, war 1843-47 als Lehrer in Berlin tätig und ging 1847 nach Leipzig, wo er Redakteur, seit 1848 gemeinsam mit Gustav —>Freytag Herausgeber der politisch-literarischen Zeitschrift „Die Grenzboten" war. 1862-64 war S. Redakteur der „Berliner Allgemeinen Zeitung", des Parteiorgans der Altliberalen, danach Mitarbeiter u. a. an den „Preußischen Jahrbüchern". Gegen ihn gerichtet war Ferdinand - * Lassalles Schrift Herr Julian Schmidt, der Literaturhistoriker (1862, 4 1886). Er veröffentlichte u. a. Geschichte der Romantik im Zeitalter der Reformation und Revolution (2 Bde., 1848), eine mehrfach aufgelegte Geschichte der deutschen Nationalliteratur im 19. Jahrhundert (2 Bde., 1853; später eingegangen in die umfassende Geschichte der deutschen Literatur von Leibniz bis auf unsere Zeit, 5 Bde., 1886-96), Geschichte der französischen Literatur seit der Revolution (2 Tie., 1858, 2 1 8 7 3 / 7 4 ) , Schiller und seine Zeitgenossen (1859), Bilder aus dem geistigen Leben unserer Zeit (4 Bde., 1870-75) und Porträts aus dem 19. Jahrhundert (1878). c n IGL
Schmidt,
(Johann) Julius, Mediziner, Pharmazeut, Altertumsforscher, * 21. 11. 1796 Kothen, t 2 1 . 5 . 1 8 7 2 Hohenleuben. S., Stiefsohn eines Amtschirurgen, begann 1814 das Medizinstudium, das er 1818 mit der Promotion abschloß. Seit 1821 Amtsarzt der Pflege Reichenfels in Hohenleuben, war er 1825 Mitbegründer und bis 1872 Direktor des Vogtländischen Altertumsforschenden Vereins zu Hohenleuben sowie Mitherausgeber der Vereinszeitschrift „Variscia" (5 Bde., 1829-55) und der Jahresberichte. S „ der seit 1830 mit Arzneimitteln handeln durfte und 1843 die Konzession zur Führung einer Apotheke erhielt, war Mitglied der Mineralogischen Gesellschaft in Jena. 1852 beteiligte er sich an der Gründung des Gesamtvereins der deutschen Geschichtsund Altertumsvereine. S. veröffentlichte u . a . Medicinischphysikalisch-statistische Topographie der Pflege Reichenfels (1827, Nachdr. 1990). CD Lebenswege Thür, 1. Slg.
Schmidt,
(Johann Friedrich) Julius, Astronom, Geophysiker, Geograph, * 2 6 . 1 0 . 1825 Eutin, t 7 . 2 . 1 8 8 4 Athen. S., Sohn eines Glasers, bildete sich seit 1842 bei Karl Ludwig Christian - » R ü m k e r in Hamburg zum Astronomen aus, kam 1845 an die Privatsternwarte Johann Friedrich —> Benzenbergs in Bilk bei Düsseldorf und war seit 1846 als Gehilfe Friedrich Wilhelm —> Argelanders an der B o n ner Sternwarte tätig. 1853-58 war er Observator der Sternwarte des Domkapitulars und Propstes Eduard von Unkrechtsberg in Olmütz und seit 1858 Direktor der Sternwarte in Athen. S. wurde vor allem durch seine 1878 in insgesamt 25 Blättern erschienene Mondkarte von 2 m Durchmesser bekannt, auf der u . a . über 3000 Krater verzeichnet sind (Karte der Gebirge des Mondes nach eigenen Beobachtungen 1840-1874). Er verfaßte u . a . Der Mond (1856), Das Zodiakallicht (1856), Astronomische Beobachtungen über Cometen (1863), Physikalische Geographie von Griechenland (1869) und Studien über Erdbeben (1875, 2 1879). 1868 wurde S. von der Univ. B o n n zum Dr. phil. h. c. promoviert; 1883 als korrespondierendes Mitglied in die A k a d e m i e der Wissenschaften in Wien a u f g e n o m m e n . DP S H B L , Bd 4
Schmidt,
Karl (Ernst Heinrich), Chemiker, Physiologe, * 1 . 6 . 1 8 2 2 Mitau (Kurland), t 2 7 . 2 . 1894 Dorpat. S., Sohn eines Apothekers, durchlief eine Apothekerlehre in Berlin, studierte seit 1841 Medizin und Naturwissenschaften in Dorpat, Berlin, Gießen und Göttingen und wurde 1844
Schmidt in Gießen zum Dr. phil. (lieber Pflanzenschleim und Bassorin), 1845 in Göttingen zum Dr. med. (Zur vergleichenden Physiologie der wirbellosen Thiere) promoviert. 1846 in Dorpat für Physiologische und Pathologische C h e m i e habilitiert (De microcrystallometria ejusque in chemia physiologica et pathologica momenta), lehrte er dort seit 1850 als a. o. Prof. der Pharmazie, seit 1852 als o. Prof. der C h e m i e und wurde 1891 als Wirklicher Staatsrat emeritiert. S. war Mitbegründer einer physiologischen Schule, der wichtige Beiträge zu Verdauung, Stoffwechsel, Lymphe und Blut zu verdanken sind. 1883 wurde er Mitglied der Petersburger A k a d e m i e der Wissenschaften. S. veröffentlichte u . a . Entwurfeiner allgemeinen Untersuchungsmethode der Säfte und Excrete des thierischen Organismus (1846), Die Diagnostik verdächtiger Flecke in Criminalfällen (1848) und Zur Kenntniss des vegetativen Lebens (1850); gemeinsam mit Heinrich —> Bidder verfaßte er das Buch Die Verdauungssäfte und der Stoffwechsel (1852, Nachdr. 2007), das u . a . die bis heute gültige Theorie der Gallenfunktion enthält. 2002 erschienen Tagebuchaufzeichnungen, Briefe und wissenschaftliche Reiseberichte des Dorpater Chemikers Carl Schmidt aus den Jahren 1842 bis 1881 (hrsg. von Rudolf Stefan Ross). m
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S c h m i d t , Karl, K a u f m a n n , Bankier, * 8 . 6 . 1 8 6 0 Wunsiedel, t 4 . 1 1 . 1949 Hof. S. war in Speditionsgeschäften im In- und Ausland tätig, bevor er 1892 in das von seinem Großvater in Wunsiedel gegründete Familienunternehmen eintrat. Dort steigerte S. den Großhandel mit Heilpflanzen und intensivierte das Bankgeschäft durch Kreditvergabe an klein- und mittelständische Unternehmen der Region. Zwischen 1893 und 1914 entstanden unter seiner Leitung 28 weitere Niederlassungen im nordöstlichen Oberfranken und in der Oberpfalz. 1905 erfolgte die Verlegung der Zentrale nach Hof. Seit 1923 gehörte S.s Sohn Wilhelm —»S. der Geschäftsleitung an. OD N D B
für Physik. Er veröffentlichte u . a . Taschenbuch der Elektrodiagnostik und Elektrotherapie (mit Konrad —»Alt, 1893), Experimental-Vorlesungen über Elektrotechnik (1898) und Strahlungen und magnetische Ablenkung der an scharfen Kanten hervorgerufenen Sekundärstrahlung des Radiums (1909). m Eberle S c h m i d t , Karl (Kamillo), seit 1938 Schmidt-Hellerau, Tischler, Holztechniker, Firmen- und Gartenstadtgründer, * 1.2. 1873 Zschopau (Sachsen), f 6 . 1 1 . 1948 Hellerau (heute zu Dresden). Der Sohn eines Webermeisters durchlief eine Tischlerlehre in Zschopau, war in Kopenhagen, Stockholm, London und Berlin tätig und gründete 1898 die Dresdner Werkstätten f ü r Handwerkskunst. S. unterhielt Beziehungen u . a . zu Johann Vinzenz —»Cissarz, August —>Endeil, Otto —> Fischer und Heinrich —» Vogeler, die er für Entwürfe seiner Möbel gewann; seit 1903 arbeitete er eng mit Richard —» Riemerschmid zusammen. Von der Lebensreformund der englischen Arts-and-Crafts-Bewegung beeinflußt, schuf S. auch selbst Möbel und Gebrauchsgegenstände. 1906 stellte er das von Riemerschmid entworfene Dresdner Hausgerät vor, das seit 1913 als Deutsches Hausgerät typisierte Möbel von 20 Künstlern umfaßte. 1907 wurden die M ü n c h ner Werkstätten für deutschen Hausrat in S.s Werkstätten integriert und ein Fabrikneubau in Dresden geplant. Für die Arbeiter schuf S. in Hellerau die erste deutsche Gartenstadt. An der Wohnsiedlung waren neben Riemerschmid u. a. die Architekten Hermann —»Muthesius, Georg —> Metzendorf und Heinrich —»Tessenow beteiligt, der in Hellerau das Festspielhaus für die Tanzschule von Emile - » Jaques-Dalcroze entwarf. 1927 veranlaßte S. die Produktion billiger Serienmöbel, u . a . die „Wachsende W o h n u n g " von Bruno —»Paul (1935). Nach 1939 beteiligte sich S. an Rüstungsaufträgen; 1946 wurde das Werk in Hellerau enteignet und demontiert, später neu aufgebaut. S. war einer der Initiatoren des 1907 gegründeten Deutschen Werkbunds. c d NDB
S c h m i d t , Karl, schweizer. Geologe, Mineraloge, * 2 3 . 6 . 1862 Brugg (Kt. Aargau), t 2 1 . 6 . 1 9 2 3 Basel. S., dessen Vater, ein Apotheker, 1848 aus Deutschland in die Schweiz geflohen war, Schloß das Studium der Geologie in Genf, Greifswald und Straßburg 1886 mit der Promotion ab (Geologisch-petrographische Mittheilungen über einige Porphyre der Centralalpen und die in Verbindung mit denselben auftretenden Gesteine), war 1886-89 Assistent am Geologischen Institut in Freiburg/Breisgau und habilitierte sich 1888 für Geologie in Basel. Seit 1890 lehrte er dort als a. o., seit 1891 als o. Prof. der Mineralogie und Geologie, 1918-23 der Mineralogie und Petrographie; 1906 war er Rektor der Universität. S. zählte zu den Begründern der Erdölgeologie und war 1899 bei Forschungen in Sumatra, Borneo und Java und 1903 nochmals in Borneo tätig. Er veröffentlichte u. a. Zur Geologie der Schweizeralpen (1889) und Die Geologie des Simplongebirges und des Simplontunnels (1908). S. war der Vater des Architekten Hans —>S. cd NDB
S c h m i d t , Karl, Sänger, * 1. 8 . 1 8 9 5 Wien, t 3. 8 . 1 9 5 0 München. Nach seiner Gesangsausbildung in Wien war S. seit 1921 am Stadttheater in Bamberg, 1922-25 am Landestheater in Altenburg (Thüringen), 1 9 2 5 / 2 6 am Landestheater in Dessau und 1926-28 wieder in Altenburg engagiert, sang 1928-30 am Stadttheater in Lübeck und trat seit 1930 am Landestheater in Braunschweig auf. 1935 wurde er an die Bayerische Staatsoper in München verpflichtet, der er bis zu seinem Tod angehörte, und wirkte hier 1938 in der Uraufführung der Oper Der Friedenstag von Richard —»Strauss mit. S. begann seine Karriere als lyrischer Bariton, nahm dann heldische Rollen in sein Repertoire auf und wechselte schließlich ins Charakterfach. Zu seinen erfolgreichsten Partien gehörten der Titelheld in Alban - » Bergs Wozzeck, der Ochs im Rosenkavalier und der Francesco in Max von —»Schillings Mona Lisa. DP Kutsch
S c h m i d t , Karl (Eduard Franz), Physiker, * 5 . 9 . 1 8 6 2 Hannover, t 14. 10. 1946 Gut Haiming (Post Schechen) bei Rosenheim. Der Sohn eines Offiziers studierte seit 1882 Physik in Göttingen und Berlin, wo er 1886 mit der Arbeit Untersuchung über die Reflexion an der Grenze krystallinisch elliptisch polarisirender „Media" und Vergleichung der experimentell festgestellten Thatsachen mit den Ergebnissen der neueren Theorie promoviert wurde, war seit 1887 Assistent an den physikalischen Instituten in Straßburg und Königsberg und habilitierte sich 1889 in Halle (Ueber die elliptische Polarisation des an Kalkspath reflectirten Lichtes). Seit 1895 a. o . P r o f . , Mitglied auch der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, lehrte S. dort 1912-27 als Ordinarius
S c h m i d t , Karl, Mediziner, * 2 5 . 1 0 . 1 8 9 9 Oberhausen, t 2 0 . 7 . 1980 Bad Brückenau (Oberfranken). S. studierte 1917-23 in Erlangen, Rostock und B o n n Medizin und wurde 1924 zum Dr. med. promoviert. 1928 habilitierte er sich dort f ü r Augenheilkunde und wurde 1935 a. o., 1937 o. Professor; 1936-39 war Rektor der Univ. Bonn. 1933 trat er in die N S D A P , 1934 in die S A ein. 1940-44 war S. o . P r o f . und Gründungsrektor der Reichsuniversität Straßburg. Er nahm anschließend am Zweiten Weltkrieg teil und kehrte 1947 aus der Gefangenschaft zurück. Seit 1949 als Augenarzt in Melle tätig, seit 1952 in Mülheim / R u h r , erhielt er 1959 die Rechtsstellung eines emeritierten o. Prof. an der Univ. Bonn. In seiner Forschungstätigkeit beschäftigte er sich vor allem mit d e m Glaukom. CD H ö p f n e r
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Schmidt S c h m i d t , Karl L u d w i g , e v a n g . T h e o l o g e , * 5 . 2 . 1891 F r a n k f u r t / M a i n , t 1 0 . 1 . 1 9 5 6 Basel. S., S o h n e i n e s S c h u h m a c h e r s , studierte seit 1909 T h e o l o gie und K l a s s i s c h e P h i l o l o g i e in M a r b u r g und Berlin, w u r d e 1913 Lizentiat der T h e o l o g i e u n d w a r bis 1921 A s s i s t e n t Adolf —»Deißmanns a m S e m i n a r f ü r N e u e s T e s t a m e n t der U n i v . Berlin, w o er sich 1918 habilitierte ( D e r Rahmen der Geschichte Jesu, g e d r u c k t 1919, N a c h d r . 1964, 1969). 1921 w u r d e S. o . P r o f . des N e u e n T e s t a m e n t s in G i e ß e n , 1925 in J e n a u n d 1929 in B o n n . A m 7 . 3 . 1 9 3 3 f ü r die S P D , der er seit 1924 angehörte, in d e n B o n n e r Stadtrat g e w ä h l t , k o n n t e er dieses A m t nicht antreten und verlor alsbald seine P r o f e s s u r . 1934 e m i g r i e r t e er in die S c h w e i z und lehrte 1935-53 als O r d i n a r i u s in B a s e l . S. w a r M i t b e g r ü n d e r der F o r m g e s c h i c h t l i c h e n M e t h o d e in d e r neutes t a m e n t l i c h e n W i s s e n s c h a f t . Später galt sein H a u p t i n t e r e s s e der B e z i e h u n g von Kirche und Staat im f r ü h e n C h r i s t e n t u m . Er w a r 1922-37 H e r a u s g e b e r der „ T h e o l o g i s c h e n B l ä t t e r " und g r ü n d e t e 1945 d i e „ T h e o l o g i s c h e Z e i t s c h r i f t " , die er bis 1952 h e r a u s g a b . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Die Jiidenfrage im Lichte der Kap. 9-11 des Römerbriefes ( 1 9 4 3 , 2 1 9 4 7 ) und Kanon und apokryphe Evangelien und Apostelgeschichten (1944). cn TRE S c h m i d t , Karl Otto, P s e u d . Hilarion, P h i l o s o p h , Bibliothekar, R e d a k t e u r , * 26. 1. 1904 L a b o e bei Kiel, t 2 1 . 1 2 . 1 9 7 7 Reutlingen. N a c h einer B u c h h ä n d l e r l e h r e w u r d e S. 1923-25 in der Stadtv e r w a l t u n g F l e n s b u r g ausgebildet, hielt bereits 1923 seinen ersten ö f f e n t l i c h e n Vortrag ü b e r T h e o s o p h i e und m a c h t e sich vor a l l e m m i t d e n K o n z e p t e n des „ N e w T h o u g h t " vertraut. Er w u r d e H a u p t s c h r i f t l e i t e r d e r i m J o h a n n e s - B a u m - V e r l a g e r s c h e i n e n d e n N e u g e i s t - Z e i t s c h r i f t „ D i e w e i ß e F a h n e " , 1925 G e n e r a l s e k r e t ä r d e s d e u t s c h e n N e u g e i s t - B u n d e s und w a r 1930-69 Distriktspräsident d e s Internationalen N e u g e i s t B u n d e s f ü r D e u t s c h l a n d , Osterreich und d i e S c h w e i z . Von 1925 bis zu d e s s e n S c h l i e ß u n g 1941 w a r S. in verschiedenen S t e l l u n g e n im B a u m - V e r l a g tätig, w u r d e 1941 verhaftet, w a r k u r z e Zeit im K o n z e n t r a t i o n s l a g e r W e l z h e i m u n d arbeitete d a n n bis K r i e g s e n d e in d e r städtischen E r n ä h r u n g s - und Wirtschaftsstelle in R e u t l i n g e n , w o er 1946-69 Stadtbibliot h e k a r war. E r b a u t e a u c h die E s p e r a n t o - A r b e i t in D e u t s c h land auf. m BBKL S c h m i d t , K l a m e r E b e r h a r d Karl, Lyriker, Ü b e r s e t z e r , H e r a u s g e b e r , * 2 9 . 1 2 . 1746 Halberstadt, t 12. 11. 1824 Halberstadt. S., S o h n eines B e a m t e n , studierte 1764-67 R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n in H a l l e und w a r n a c h seiner R ü c k k e h r n a c h Halberstadt zunächst u n b e s o l d e t e r Sekretär bei der Kriegsund D o m ä n e n k a m m e r , d a n n D o m k o m m i s s a r . Er zählte z u m Kreis u m J o h a n n W i l h e l m L u d w i g —> G l e i m , d e r ihn f r ü h förderte, stand u . a . in K o n t a k t m i t J o h a n n G e o r g - > J a c o b i und J o h a n n B e n j a m i n - » M i c h a e l i s und v e r ö f f e n t lichte 1769-76 zehn G e d i c h t b ä n d e , d a r u n t e r Fröhliche Gedichte (1769), Phantasien nach Petrarka's Manier (1772), Gesänge für Christen ( 1 7 7 3 ) u n d Elegien an meine Minna (1773). Später war S. v o r w i e g e n d als Ü b e r s e t z e r und Hera u s g e b e r tätig; 1810 edierte er a u s G l e i m s N a c h l a ß d i e z w e i b ä n d i g e B r i e f s a m m l u n g Klopstock und seine Freunde. c n Killy S c h m i d t , Kurt Dietrich, e v a n g . T h e o l o g e , * 2 5 . 1 0 . 1896 U t h l e d e (Kr. C u x h a v e n ) , t 2 7 . 7 . 1964 H a m b u r g . D a s T h e o l o g i e s t u d i u m in G ö t t i n g e n Schloß S., S o h n eines Pastors und B r u d e r von Heinrich —> S c h m i d t - B a r r i e n , 1923 mit d e r P r o m o t i o n z u m Lie. theol. als S c h ü l e r von Carl - > M i r b t ab. 1924 habilitiert (gedruckt z u s a m m e n mit der Dissertation unter d e m Titel Studien zur Geschichte des Konzils von Trient, 1925), w u r d e er 1929 auf einen L e h r s t u h l f ü r
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K i r c h e n g e s c h i c h t e in Kiel b e r u f e n und e n g a g i e r t e sich im C h r i s t l i c h - S o z i a l e n Volksdienst. N a c h 1933 arbeitete S. in der B e k e n n e n d e n K i r c h e S c h l e s w i g - H o l s t e i n s mit und beg a n n mit der publizistischen D o k u m e n t a t i o n des K i r c h e n k a m p f e s ( D i e Bekenntnisse und grundsätzlichen Äußerungen zur Kirchenfrage, 3 B d e . , 1933-36). G e g e n d i e kirchenhistorischen Vorstellungen des N a t i o n a l s o z i a l i s m u s w a n d t e er sich in d e m z w e i b ä n d i g e n Werk Die Bekehrung der Germanen zum Christentum ( 1 9 3 6 - 4 2 ) . 1935 an d e r U n i v . Kiel z w a n g s p e n s i o n i e r t u n d z e i t w e i s e mit R e d e v e r b o t belegt, w u r d e i h m seit 1936 e i n e D o z e n t e n t ä t i g k e i t a m M i s s i o n s s e m i n a r H e r m a n n s b u r g e r m ö g l i c h t , die er bis 1948 fortsetzte. Seither lehrte er als Prof. an der Kirchlichen H o c h s c h u l e in H a m b u r g und w i r k t e 1953-64 an der dort n e u g e g r ü n d e ten T h e o l o g i s c h e n Fakultät. S. war B e g r ü n d e r der K i r c h e n k a m p f f o r s c h u n g und g a b seit 1958 d i e R e i h e „Arbeiten zur G e s c h i c h t e des K i r c h e n k a m p f e s " heraus. Er v e r ö f f e n t l i c h te einen Grundriß der Kirchengeschichte (4 Tie., 1949-54, E r g . - B d . 1959; in 1 B d . seit 1954, ' 1 9 9 0 ) . t u NDB S c h m i d t , Leopold, Musikhistoriker, Musikkritiker, K o m p o n i s t , * 2 . 8 . 1860 Berlin, t 3 0 . 4 . 1927 Berlin. S. studierte an der H o c h s c h u l e f ü r M u s i k in Berlin, z u g l e i c h P h i l o s o p h i e an d e r d o r t i g e n Univ., w a r seit 1887 als Kapellmeister in Berlin, Z ü r i c h und H a l l e tätig und w u r d e 1895 in R o s t o c k mit d e r Arbeit Zur Geschichte der Märchenoper z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t . Seit 1897 M u s i k r e f e r e n t a m „Berliner Tageblatt", w u r d e er später a u c h M i t a r b e i t e r d e s „ M e r k e r " und des „ K u n s t w a r t " u n d war seit 1900 L e h rer f ü r M u s i k g e s c h i c h t e a m S t e r n s c h e n K o n s e r v a t o r i u m , seit 1912 a m K l i n d w o r t h - S c h a r w e n k a - K o n s e r v a t o r i u m . S. k o m ponierte zwei S i n g s p i e l e (u. a. Die Heimkehr des Odysseus), e i n e Violinsonate, C h ö r e und L i e d e r und schrieb u . a . die B i o g r a p h i e Haydn ( 1 8 9 8 , 3 1 9 1 4 ) . CD M G G S c h m i d t , L e o p o l d , österr. Volkskundler, * 1 5 . 3 . 1912 Wien, t 1 2 . 1 2 . 1 9 8 1 W i e n . S. studierte G e r m a n i s t i k , Volks- und V ö l k e r k u n d e s o w i e K l a s s i s c h e P h i l o l o g i e in Wien, w u r d e 1935 z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t und w a r d a n n bei R u d o l f —>Kriss' S a m m l u n g f ü r religiöse V o l k s k u n d e tätig. N a c h der T e i l n a h m e a m Z w e i t e n Weltkrieg habilitierte er sich 1946 f ü r Volkskunde. Seit d e m s e l b e n J a h r w a r er a m Ö s t e r r e i c h i s c h e n M u s e u m f ü r V o l k s k u n d e in W i e n tätig, 1960-78 als Direktor. 1952 w u r d e er a . o . , 1959 o . P r o f . der V o l k s k u n d e in W i e n . 1973 g r ü n d e t e S. das Institut f ü r G e g e n w a r t s v o l k s k u n d e der Österreichischen A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n und w a r 1947-81 C h e f r e d a k t e u r der „Österreichischen Z e i t s c h r i f t f ü r Volksk u n d e " . 1970 w u r d e er M i t g l i e d der Ö s t e r r e i c h i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Geschichte der österreichischen Volkskunde (1951), Masken in Mitteleuropa (1955), Das deutsche Volksschauspiel (1962), Die Volkserzählung (1963), Volksglaube und Volksbrauch (1966), Volkskunde von Niederösterreich (2 B d e . , 1966-72), Volksgesang und Volkslied ( 1 9 7 0 ) und Probleme der Gegenwartsvolkskunde (1974). CD D L L S c h m i d t , L u d w i g , Archivar, Historiker, * 1 8 . 7 . 1 8 6 2 Dresden, t 1 0 . 3 . 1 9 4 4 Dresden. S. studierte 1881-84 in L e i p z i g G e s c h i c h t e , w u r d e 1884 prom o v i e r t (Alteste Geschichte der Langobarden) und trat d a n n in die Kgl. Ö f f e n t l i c h e Bibliothek zu D r e s d e n ein. 1888 w u r d e er z u m B i b l i o t h e k a r , 1916 z u m O b e r b i b l i o t h e k a r ernannt; 1907 erhielt er d e n Titel P r o f e s s o r . S. b e f a ß t e sich vor a l l e m m i t der G e s c h i c h t e der g e r m a n i s c h e n S t ä m m e und v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Allgemeine Geschichte der germanischen Völker bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts (1909, N a c h d r . 1971), Die germanischen Reiche der Völkerwan2 derung (1913, 1 9 1 8 ) und Die Geschichte der deutschen Stämme bis zum Ausgange der Völkerwanderung (1915,
Schmidt 2
1941). Er war Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften und korrespondierendes Mitglied der Preuß. A k a d e m i e der Wissenschaften. S c h m i d t , Ludwig Friedrich von, evang. Theologe, * 2 4 . 1 . 1764 Königsbach bei Pforzheim, t 5 . 7 . 1857 München. Der Pfarrerssohn studierte 1782-84 Theologie in Jena, wurde 1786 Pfarrer in Brombach, 1790 in Birkenfeld und kam 1792 als Hofdiakon und Garnisonsprediger an die Hofkirche in Karlsruhe. Seit 1799 wirkte S. als Hof- und Kabinettsprediger der Kurfürstin —> Karoline von Bayern und war damit der erste in Altbayern zugelassene evang. Geistliche. 1799 hielt er seinen ersten evang. Gottesdienst in München, wurde 1800 erster außerordentlicher Oberkirchenrat und war 1818-25 Ministerialrat im Innenministerium f ü r die evang. Kirchenangelegenheiten. c n ADB S c h m i d t , Manfred, Zeichner, Schriftsteller, * 15.4. 1913 Bad Harzburg, t 2 7 . 7 . 1999 Wolfratshausen. S., Sohn eines Fabrikanten, wuchs seit 1919 mit seiner Mutter in Bremen auf und trat bereits als Jugendlicher als Zeichner von Bildgeschichten hervor. Er besuchte die Kunstgewerbeschule in Bremen und war seit 1933 als Kameraassistent, dann im Werbetrickstudio der U f a und als humoristischer Zeichner und Karikaturist u. a. für die „Berliner Illustrierte Zeitung" und die „Lustigen Blätter", später auch für Propagandafilme und Armeezeitungen tätig. Nach d e m Zweiten Weltkrieg zeichnete er u. a. für die Zeitschrift „Pinguin" und seit 1950 für die Illustrierte „Quick", f ü r die er die parodistische Detektivfigur des „Nick Knatterton" schuf (bis 1959 rund 6 0 0 Folgen); daneben betrieb er seit 1972 ein eigenes Trickfilmstudio. S. wurde auch durch Reisereportagen bekannt, die vor allem in den Sammlungen Mit Frau Meier in die Wüste (erstmals 1967) und Frau Meier reist weiter (erstmals 1970) weite Verbreitung fanden. CD Flemig S c h m i d t , Maria, Sängerin, Musikerin, * 8 . 1 1 . 1808 Weimar, t 12.3. 1875 Weimar. Die Tochter eines Weimarer H o f m u s i k u s erhielt ihre Gesangsausbildung bei Carl Melchior Jakob —»Moltke, debütierte 1825 als Ännchen im Freischütz am Hoftheater in Weimar und war bis 1858 Ensemblemitglied dieses Hauses. In den folgenden Jahren gastierte S. an den Hoftheatern in Hannover, Oldenburg und Dessau. Höhepunkte ihres Repertoires waren die großen Partien des Koloraturfaches, so die Zerline im Don Giovanni, die Konstanze in der Entführung aus dem Serail und die Rosina im Barbier von Sevilla. S. trat auch als Harfenvirtuosin hervor. CD Kutsch S c h m i d t , Marie, Pseud. M. Hartschmidt, Schriftstellerin, * 16.11. 1829 Idstein/Taunus, t 5 . 8 . 1 9 0 1 Wiesbaden. Nach ihrer Ausbildung zur Lehrerin unterrichtete S. am Magdeburgischen Mädcheninstitut und war später als Privatlehrerin in Wiesbaden, Kreuznach, Dillenburg, Idstein, Oberlahnstein, Meran und dann wieder in Wiesbaden tätig. Während ihres Aufenthalts in Meran 1870-77 lernte sie Paul —> Heyse und Oskar von —> Redwitz kennen, die sie zu literarischen Arbeiten ermutigten. S. schrieb Erzählungen, Novellen, Gedichte (u. a. Die Rosen von Meran, 1874, 2 1878; Die Perle von Königstein, 1885) sowie Literarische Charakterbilder (1898). S c h m i d t , Marie, geb. von Ekensteen, Pseud. Knut von Juliat, Elinor von Brenner, Schriftstellerin, * 25. 11.1847 Mainz, f 14. 8 . 1 9 2 0 München. S., Tochter eines preuß. Offiziers, erhielt ihre Schulbildung in Saarlouis, Metz und Trier, war seit 1874 mit einem bayerischen Offizier verheiratet und unternahm zahlreiche Reisen. Nach dem Tod ihres Mannes 1888 lebte sie in München und war schriftstellerisch tätig. 1890-92 leitete sie
das „Damen-Journal", eine Beilage zur „Münchener Stadtzeitung". S. schrieb u . a . Kosmopolitische Novellen (1899), den R o m a n Friede den Hütten (1902) und den Gedichtband Meine Welt (1904). S c h m i d t , Martin, Pseud. Emil, Fritz, Albrecht, Wirtschaftswissenschaftler, * 13.6. 1905 Köln, t 16.6. 1961 Berlin. Nach einer kaufmännischen Ausbildung studierte S., Sohn eines Sattlers und Beamten, Wirtschaftswissenschaften, war 1926-28 als Einkäufer, danach als Angestellter in Dresden und Düsseldorf tätig, wurde 1929 KPD-Mitglied und beteiligte sich nach 1933 am Widerstand gegen die Nationalsozialisten. Er wurde mehrfach verhaftet und 1935 zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt und war bis Kriegsende im Zuchthaus Brandenburg inhaftiert. Seit 1946 SED-Mitglied, wurde S. stellvertretender Leiter für Personalfragen und Verwaltung im Magistrat von Ost-Berlin und war zuständig für das Aufspüren von NS-Akten. 1949-53 war er Stadtkämmerer und arbeitete 1954-58 im Finanzministerium der DDR, 1956 als 1. Stellvertreter des Finanzministers. 1956 wurde er zum Dr. rer. oec. promoviert. 1958-61 war S. Präsident der Deutschen Notenbank der D D R . Seit 1955 lehrte er als Prof. des Finanzwesens an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin und war Direktor des Instituts für Finanzwesen. CD D D R S c h m i d t , Martin, evang. Theologe, * 2 8 . 4 . 1909 P o c k a u / Erzgebirge, t 2 0 . 5 . 1 9 8 2 Heidelberg. Das Studium der Theologie Schloß S. 1936 mit der Promotion zum Dr. theol. ab, war seit 1937 Pfarrer in Kleinröhrsdorf (Kr. Bischofswerda) und habilitierte sich 1942 in Leipzig für Kirchengeschichte. 1946 übernahm er einen Lehrauftrag an der Kirchlichen Hochschule in Berlin, war 1 9 4 8 / 4 9 Prof. in Rostock und lehrte seit 1959 als Ordinarius f ü r Kirchengeschichte in Mainz, seit 1967 in Heidelberg. Er veröffentlichte u . a . Reformation als Geschichtsmacht (1961) und Pietismus (1972, 3 1983). S c h m i d t , Martin Benno, Pathologe, * 23. 8 . 1 8 6 3 Leipzig, t 27. 11. 1949 Mittenwald. S., Bruder Georg B e n n o - > S . s , studierte seit 1882 Medizin in Freiburg/Breisgau und Leipzig, wo er 1887 promoviert wurde, arbeitete unter Carl Friedrich Wilhelm —> Ludwig am dortigen Physiologischen Institut, war 1887-89 Assistent am Pathologischen Institut in Heidelberg und anschließend an der Chirurgischen Klinik in Göttingen. Seit 1890 war S. Erster Assistent am Pathologischen Institut der Univ. Straßburg, habilitierte sich dort 1892 und wurde 1900 a. o. Prof. der Pathologie. 1906 ging er als o. Prof. und Direktor des Pathologischen Instituts an der Medizinischen Klinik nach Düsseldorf und lehrte seit 1907 in Zürich, seit 1911 in Marburg und von 1913 bis zu seiner Emeritierung 1934 in Würzburg (Rektor 1916/17). S. veröffentlichte u . a . Die Pyelonephritis in anatomischer und bakteriologischer Beziehung und die ursächliche Bedeutung des Bacterium coli commune für die Erkrankungen der Harnwege (mit Ludwig —> Aschoff, 1893), Die Verbreitungswege der Karzinome und die Beziehung generalisierter Sarkome zu den leukämischen Neubildungen (1903) und Der Einfluß eisenarmer und eisenreicher Nahrung auf Blut und Körper (1928) und war Mitherausgeber des „Zentralblatts für allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie". CD Cat Prof Marb S c h m i d t , Martin Johann, genannt Kremser-Schmidt, österr. Maler, Zeichner, Radierer, * 2 5 . 9 . 1718 Grafenwörth (Niederösterreich), t 2 8 . 6 . 1 8 0 1 Stein (heute zu Krems, Niederösterreich). Der Sohn eines Bildhauers lernte zunächst bei seinem Vater, dann bei dem Maler Johann Gottlieb Starmayr in Stein
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Schmidt und bildete sich auch autodidaktisch weiter. A u f g r u n d seiner Kontakte zur Wiener A k a d e m i e erhielt er erste große Aufträge für die Pfarrkirche in Stein, wo er seit 1 7 4 7 / 4 8 lebte; 1756 erwarb er dort das Bürgerrecht und wurde 1760 in den Äußeren, 1769 in den Inneren Rat gewählt und 1770 als Abgeordneter der Stadt für die Sitzungen des Niederösterreichischen Landtags bestimmt. Er schuf seit 1747 neben Freskoarbeiten (Krems, Stein, Dürnstein, Göttweig, St. Florian) ein umfangreiches Altarwerk, das bestimmend für die österr. Malerei der zweiten Hälfte des 18. Jh. war. S., der vor allem von der Malerei Rembrandts beeinflußt war, radierte selbst rund 30 Werke (u. a. Selbstbildnis, zwischen 1738 und 1740; Altarreproduktionen) und führte daneben viele Vorzeichnungen für Stecher aus. Zu seinen Hauptwerken gehören die Hochaltäre in Pöchlarn und in der Piaristenkirche in Krems (1756), die Szenen der Benediktinerlegende für Seitenstetten (1758), die Altäre für Roggendorf (1762) und Maria Piain bei Salzburg (1765). S. malte auch kleinere Tafelbilder mit mythologischen Szenen. 1768 wurde er Mitglied der Wiener Kunstakademie. DD N D B S c h m i d t , Matthias, Maler, Radierer, * 1.9. 1751 Mannheim, t 3 . 7 . 1824 München. S., Sohn eines Bäckers, war nach d e m Studium an den Akademien in M a n n h e i m und München ( u . a . bei Ferdinand und Franz —> Kobell) seit 1781 H o f m a l e r in Mannheim. 1784 zum Zweiten Galerieinspektor in München ernannt und 1788 mit der „Gemäldeunterhaltung" in M a n n h e i m beauftragt, brachte er die S a m m l u n g auf der Flucht vor französischen Truppen nach Nymphenburg, Linz und schließlich nach München. Seit 1798 war er Direktor des M ü n c h n e r Kupferstichkabinelts, an d e m er bis 1805 in Zusammenarbeit mit Georg von —»Dillis ein Inventar der Zeichnungen erstellte. S. trat auch mit Stichen nach Zeichnungen von Ferdinand Kobell und Rembrandt hervor. S c h m i d t , Max(imilian), Veterinärmediziner, Zoologe, * 1 9 . 1 0 . 1 8 3 4 F r a n k f u r t / M a i n , t 4 . 2 . 1888 Berlin. Nach einer Ausbildung im väterlichen Beruf war S., Sohn eines Schmieds, seit 1852 auf Wanderschaft, besuchte in Stuttgart einen Kursus für Tierheilkunde, studierte Tiermedizin in Stuttgart und Berlin und wurde 1855 in Gießen promoviert. Seit 1856 praktischer Tierarzt in F r a n k f u r t / M a i n , erhielt er 1858 eine Stelle im Zoologischen Garten und wurde 1859 dessen Direktor. Nach seinen Plänen entstand 1874 ein moderner Neubau des Tiergartens. 1879 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. 1885 wechselte er als Zoodirektor nach Berlin. S. gründete 1860 die Zeitschrift „Der zoologische Garten" und schrieb u . a . Das Skelett der Hausvögel (1867), Zoologische Klinik (2 Bde., 1870-72) und Die Thierwelt im Zoologischen Garten von Berlin (mit Heinrich —>Bodinus, ca. 1875, auch 1896). CD Frankf Biogr S c h m i d t , Max (Carl Ludwig), Geodät, Markscheider, * 17.3. 1850 Tambach (Oberfranken), t 2 0 . 2 . 1936 München. S., Sohn eines Arztes, studierte Ingenieurwissenschaften in München und trat in den Dienst der Generaldirektion der bayerischen Eisenbahnen, für die er Bauentwürfe und barometrische Höhenmessungen ausführte. 1875 in Jena promoviert (Über den praktischen Wert Naudet'scher Aneroide), wurde er Assistent am Geodätischen Institut der T H München und 1876 Privatdozent. 1877 folgte er einem Ruf als Prof. der Geodäsie und Markscheidekunde nach Freiberg (Sachsen). 1890 ging er als Prof. der Geodäsie und Topographie nach München. Nachdem sich S. zunächst der Verfeinerung bergmännischer Meßverfahren, insbesondere der Schachtlotung, gewidmet hatte, beobachtete er später in langjährigen Meßreihen das Erdmagnetfeld. Ziel seiner
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Erdmessungen war es, die Bewegungen der Plattentektonik zu bestimmen. Seit 1888 gehörte er der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina an, seit 1911 der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften. S. veröffentlichte u . a . Das bayerische Landesnivellement (1910) und Ergänzungsmessungen zum Bayerischen Präzisions-Nivellement (2 Tie., 1908-19). DD N D B S c h m i d t , Max, auch Miksa S., österr. Innenausstatter, Kunstsammler, * 11.3. 1861 Wien, t 1.4. 1935 Budapest. Der Sohn Carl Friedrich Heinrich —>S.s und Bruder Erich (August) —>S.s besuchte die Forstakademie in Schemnitz, wurde dann bei einem Pariser Innenarchitekten ausgebildet und war in leitender Stellung bei einer Kölner Innenausstattungsfirma tätig. 1889 trat S. in die väterliche Firma Friedrich Otto Schmidts technisches Atelier für Zimmerdekorationen ein, die er seit 1894 mit seinem Bruder führte und um eine Niederlassung in Budapest erweiterte. Angeregt durch Adolf —>Loos, war das Unternehmen, das auch international erfolgreich war, maßgeblich an der Verbreitung der von Arthur von - » S c a l a ausgehenden Reformideen beteiligt, die den Historismus durch detailgetreue Kopien oder durch N e u s c h ö p f u n g e n nach englischem Vorbild zu überwinden suchten. S. zählte zu den bedeutensten europäischen Antiquitätenhändlern, kaufte Schloßeinrichtungen zur Ausstattung von Kundenhäusern und erwarb selbst Schlösser in Wien und Budapest. DP Ö B L S c h m i d t , Max, Ethnologe, * 15. 12.1874 Altona (heute zu Hamburg), t 26. 10.1950 Asuncion (Paraguay). Der Sohn eines Juristen Schloß das Studium der Rechtswissenschaft in Tübingen, Berlin und Kiel 1899 in Erlangen mit der Promotion ab (Beiträge zur ratio juris im römischen Recht), hörte danach ethnologische Vorlesungen in Berlin und wurde 1916 in Leipzig mit Die Aruaken. Ein Beitrag zum Problem der Kulturverbreitung zum Dr. phil. promoviert. 1917 habilitierte er sich in Berlin. Seit 1899 war S. am M u s e u m für Völkerkunde tätig, seit 1919 als Leiter der Südamerika-Abteilung. 1929 wanderte er nach Südamerika aus und war in Asuncion (Paraguay) als Universitätsprofessor tätig. 1934 gründete er dort das Völkerkundemuseum. S. widmete sich der ethnologischen Rechtsforschung bei den Indigenas Südamerikas. Ein Großteil seiner Untersuchungen beruht auf eigenen Feldforschungen in Brasilien (Xingu-Gebiet, 1900 und 1926-28) und Paraguay (1910, 1935, 1940/41). Seine Werke, seit 1930 vorwiegend in portugiesischer Sprache verfaßt, bilden noch immer eine wichtige Quelle zur Kenntnis einiger Indianerstämme des Mato Grosso. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Indianerstudien in Zentralbrasilien. Erlebnisse und ethnologische Ergebnisse einer Reise in den Jahren 1900-1901 (1905), Die Bedeutung der vergleichenden Rechtswissenschaft für die Ethnologie (1919), Grundriß der ethnologischen Volkswirtschaftslehre (2 Bde., 1920/21), Völkerkunde (1924) und Kunst und Kultur von Peru (1929). S. starb verarmt nach Lepra-Krankheit. c n NDB
S c h m i d t , Max, Chemiker, * 13. 10. 1925 Vöhringen (Kr. Illertissen), t 2 2 . 4 . 2 0 0 2 Würzburg. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1945 in München C h e m i e und wurde 1951 mit der Arbeit Zur Kenntnis von Hydriden und Mischhydriden des Aluminiums, Galliums, Indiums und Thalliums promoviert. Nach einem Forschungsaufenthalt in Großbritannien Assistent am Institut für Anorganische C h e m i e der Univ. München, habilitierte er sich 1956 und wurde 1962 auf den neugeschaffenen Lehrstuhl für Anorganische C h e m i e nach Marburg, 1965 nach Würzburg berufen; 1971 wurde er zum Berater der Weltgesundheitsorganisation ernannt. Seit 1982 war S. Vizepräsident der Univ. Würzburg, seit 1985 Vorsitzender der Zentralen K o m -
Schmidt mission f ü r die Förderung des Wissenschaft. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Anorganische Chemie (2 Bde., 1967-69), Das Kolbenprojekt. Praktische Erfahrungen bei gasvolumetrischen Versuchen (mit Robert Böse, 1960, unter d e m Titel Quantitative Versuche mit dem Kolbenprober 2 1972) und Chemistry of sulphur, selenium, tellurium and polonium (mit Walter Siebert und Kenneth Winfield Bagnall, 1973). m NDB S c h m i d t , Maximilian, Maler, * 23. 8 . 1 8 1 8 Berlin, t 1.8. 1901 Königsberg (Preußen). S. wurde bei Karl —>Begas und Wilhelm —> Schirmer an der Kunstakademie in Berlin ausgebildet, unternahm Studienreisen, die ihn u . a . in den Orient, nach Griechenland, Italien und England führten, und unterrichtete seit 1868 Landschaftsmalerei an der Kunstschule in Weimar. Seit 1872 war er Prof. an der Kunstakademie in Königsberg, 1874-80 und seit 1890 stellvertretender Direktor. S. war an der A u s m a lung des Ägyptischen Hofes und des Griechischen Saales im Neuen M u s e u m in Berlin beteiligt und schuf u. a. Abendlandschaft aus der Provence (1850), Die vier Tageszeiten (1852) und Terracina (1863). S c h m i d t , Maximilian, genannt Waldschmidt, Schriftsteller, * 2 5 . 2 . 1832 E s c h l k a m / B a y e r i s c h e r Wald, t 8. 12. 1919 München. Der Sohn eines Hauptzollverwalters studierte seit 1848 am Polytechnikum in München, trat 1850 in den bayerischen Militärdienst ein und nahm 1874 aus gesundheitlichen Gründen als Hauptmann seinen Abschied. Danach lebte S., der seit den fünfziger Jahren auch als Verfasser von Lustspielen hervorgetreten war, als freier Schriftsteller in M ü n c h e n und veröffentlichte zu seiner Zeit populäre Volksschauspiele, Heimaterzählungen, Humoresken und Dialektgedichte, u. a. Volkserzählungen aus dem Bayerischen Walde (4 Bde., 1863-68), Hochwaldgeschichten aus dem bayerisch-böhmischen Grenzgebiet (1891) und Altboarisch (Gedichte, 1884). Als Hausautor des Münchner Volkstheaters und des Theaters am Gärtnerplatz war er vor allem mit Bauernstücken ( u . a . Das Austragsstliberl, 1882) erfolgreich. 1902 erschien seine zweibändige Autobiographie Meine Wanderung durch 70 Jahre. Cd N D B S c h m i d t , Maximilian Florian, österr. Mediziner, * 16.4. 1784 Brünn (Mähren), t 15. 11. 1846 Wien. S., Sohn eines Bedienten und späteren Wirts, studierte seit 1803 Medizin in Wien, wo er 1809 promoviert wurde, und arbeitete in verschiedenen Militärspitälern, bevor er eine eigene Praxis eröffnete. Er war Mitglied der Medizinischen Fakultät der Univ. Wien, hielt seit 1812 Vorlesungen und Übungen am Krankenbett f ü r das Pflegepersonal und wurde 1825 tit. a. ο. Professor. Besonders nach Ausbruch der Choleraepidemie 1831 hatten seine Vorlesungen großen Zulauf. S. gilt als Pionier einer geregelten Schulung des Pflegepersonals. Er veröffentlichte u. a. Neue Methode das Baadner-Bad zu gebrauchen (1816, 2 1834) und Unterricht für Krankenwae rter ( 1831). i n ÖBL S c h m i d t , Melie, Pseud. E v e Brion, Schriftstellerin, * 15. 11. 1900 Straßburg, t 1986 Straßburg. S. war Mitarbeiterin der „Editions Jaggi" in Gundershoffen (Elsaß), gehörte u . a . dem Dichterkreis und d e m Scheffelbund an und schrieb vor allem Hörspiele und Theaterstücke. Daneben bearbeitete und übersetzte sie deutsche Stücke für die elsässische Bühne. S. veröffentlichte u. a. Sankt Nikolaus und die Sorgenpäckchen. Ein heiter-besinnliches Spiel für die Vorweihnachtszeit (1963) und Wege und Umwege (1977).
S c h m i d t , Michael Ignaz, kath. Theologe, Historiker, * 3 0 . 1 . 1 7 3 6 Arnstein (Unterfranken), t 1 . 1 1 . 1 7 9 4 Wien. S., Sohn eines Zolleinnehmers, studierte seit 1753 Theologie in Würzburg und wurde zum Lizentiaten der Theologie promoviert. 1759 zum Priester geweiht, wirkte er kurze Zeit als Kaplan in Haßfurt und war seit 1761 als Hofmeister in Bamberg und Neuhausen auf den Fildern tätig. 1766 wurde er in Würzburg Verweser des Adligen Seminars, 1771 Universitätsbibliothekar und 1773 Prof. für deutsche Reichsgeschichte. Mit der 1769 vorgelegten Methodus tradendi prima elementa religionis, sive catechizandi (dt. 1772), einer Didaktik des Religionsunterrichts, leistete S. im kath. Deutschland Pionierarbeit. 1 7 7 2 / 7 3 wirkte er ferner an den von Placidus —»Sprenger herausgegebenen „Fränkischen Zuschauern", einer der ersten kritischen Zeitschriften des kath. Deutschlands, mit. 1774 wurde er zum geistlichen Rat ernannt. 1780 ging S. als Direktor des Haus-, Hof- und Staatsarchivs nach Wien. Er veröffentlichte u . a . eine Geschichte der Deutschen (Bd. 1-12, 1778-93; fortgeführt von Joseph —> Milbiller, Bd. 13-22, 1800-08), die ein überkonfessionelles Bild des mittelalterlichen Reichs als Grundlage für die R e f o r m des Reichs in der Gegenwart entwarf. Von der Philosophie der Aufklärung und besonders vom britischen Sensualismus beeinflußt ist seine Geschichte des Selbstgefühls (1772). DP N D B S c h m i d t , Nikolaus, Pseud. Georg Hakenschmid, Klaus Hammerschmidt, Schriftsteller, Journalist, * 2 5 . 9 . 1 8 7 4 Sigmundshausen bei Arad (Banat), t 2 1 . 9 . 1 9 3 0 Budapest. S., Sohn eines Müllergesellen, erlernte das Schreinerhandwerk, arbeitete 1892-96 in einer Fabrik in Arad und kam auf seiner Wanderschaft durch Österreich, England und Frankreich. Er lebte auch einige Zeit in Berlin, wo er sich f ü r die S P D politisch betätigte, und war nach seiner Rückkehr nach Arad Wirt und Krämer. Seit 1912 arbeitete er am „Budapester Tagblatt" mit. S., einer der ersten deutschsprachigen Arbeiterdichter Rumäniens, schrieb Gedichte, Humoresken und Theaterstücke, u . a . Sturmboten (1908), Dudelsacklieder eines Schreinergesellen (1909), Die braven Bauern. Dorfpolitische Komödie (1910) und Satanas. Komödie der Ideen (1922). m ÖBL S c h m i d t , Ole Jürgen, Architekt, * 13.7. 1793 Kopenhagen, t 2 7 . 2 . 1 8 4 8 Hamburg. S. studierte an der Kunstakademie in Kopenhagen, setzte seine Ausbildung 1824-27 in Italien fort, wo er sich längere Zeit in Pompeji, Herculaneum und Stabiae aufhielt, und lebte nach seiner Rückkehr als freischaffender Architekt in Altona, später in Hamburg. Er erbaute u. a. die Englische Kirche auf d e m Zeughausmarkt (1836-38) und die N e u e Synagoge in Altona sowie zahlreiche Privathäuser. S. veröffentlichte u. a. Conturen der antiken Fresco-Malerei, welche von dem im Jahre 79 n. Chr. durch Asche und Lava verschütteten Städte Pompeji, Herkulanum und Stabiae ausgegraben sind (2 Hefte, 1829). S c h m i d t , (Eduard) Oskar, Zoologe, * 2 1 . 2 . 1 8 2 3 Torgau, t 17. 1. 1886 Straßburg. S., Sohn eines Garnisonspredigers, studierte seit 1842 Mathematik und Physik in Halle und Berlin, wo er sich zunehmend mit Zoologie befaßte, und wurde 1846 in Halle promoviert (De scarabeo sacro). 1847 habilitierte er sich für Zoologie in Jena (Fragmenta morphologicä), wurde dort 1849 a. o . P r o f . und 1851 Direktor des Zoologischen M u seums. 1855 folgte er einem Ruf als Ordinarius für Zoologie und Vergleichende A n a t o m i e nach Krakau, lehrte seit 1857 in gleicher Stellung in Graz und übernahm hier 1863 die Leitung des Landschaftlichen Zoologischen Museums. 1872 wurde S. Ordinarius für Zoologie und Direktor des Instituts für Zoologie und Zootomie in Straßburg. Seit 1870 war
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Schmidt er korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien. Er veröffentlichte u. a. Neue Beiträge zur Naturgeschichte der Würmer (1848), Handbuch der vergleichenden Anatomie (1849, '1888-94), Lehrbuch der Zoologie (1854) und Descendenzlehre und Darwinismus (1873). Nach S. ist die Schmidtsche Larve benannt. Er war der Vater des Germanisten Erich —»S. m ÖBL S c h m i d t , Ottmar, Pharmazeut, * 8.5. 1835 Heimbach (heute zu Schwäbisch Hall), t 28.11.1903 Stuttgart. Nach einer pharmazeutischen Ausbildung studierte S., Sohn eines Gutsbesitzers, seit 1857 am Polytechnikum in Stuttgart sowie an den Universitäten Göttingen und Greifswald und wurde 1861 promoviert (lieber Traubenzucker, Salicin- und Amygdalinzucker). Im selben Jahr erwarb er eine Apotheke in Forchheim, übernahm 1872 die neugeschaffene Professur für Physik, Chemie und Pharmazie an der Tierarzneischule in Stuttgart und hatte daneben Lehraufträge an der dortigen TH. 1881 wurde S. zum außerordentlichen technischen Mitglied des württembergischen Medizinal-Kollegiums und 1895 zum Geheimen Hofrat ernannt. S c h m i d t , Otto d.Ä., Jurist, Verleger, * 18.4. 1866 Drinsahl (Oberbergisches Land), t 20.3. 1945 Lahr/Königswinter. Nach dem Abitur Justizanwärter beim Amtsgericht Barmen, legte S. die Prüfung als Gerichtsschreiber ab und arbeitete anschließend bei Gerichten in Solingen, Köln und Düsseldorf. Seit 1892 studierte er Volkswirtschaft, Statistik und öffentliches Recht an der Univ. Rostock, wurde 1895 in Leipzig promoviert und war bei den Handelskammern in Mannheim und Konstanz sowie nebenamtlich als Geschäftsführer des Fabrikanten-Verbandes tätig. In Köln gründete S. 1898 den Deutschen Inserentenverband eGmbH, 1900 die Annoncen-Expedition des Deutschen Inserenten-Verbandes GmbH und 1905 die Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt. Der daraus entwickelte rechtswissenschaftliche Fachverlag brachte vor allem gesellschafts- und steuerrechtliche Kommentare, Handbücher und Monographien sowie Sammelwerke heraus. Seit 1909 wurde die „GmbH-Rundschau" herausgegeben. S. war der Vater von Otto —>S. d. J. S c h m i d t , Otto, Kunsthistoriker, * 13. 12. 1890 Mainz, t 21.7. 1951 Ulm. Nach dem 1918 mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Kunstgeschichte habilitierte sich S. in Frankfurt/ Main und wurde 1925 Ordinarius in Greifswald, wo er sich besonders der Erforschung der Kunstdenkmäler Pommerns widmete. Seit 1935 lehrte er an der TH Stuttgart, deren Rektor er 1948/49 war. Bedeutung erlangten vor allem seine Forschungen zur Plastik der Münster in Straßburg und Freiburg, darunter Gotische Skulpturen des Straßburger Münsters (2 Bde., 1924). Seit 1933 gab S. das Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte heraus. OP Metzler Kunsthistoriker
des väterlichen Verlags Dr. Otto Schmidt KG in Köln, dessen Mitinhaber er seit 1940 war. 1930-46 als Rechtsanwalt beim Kölner Oberlandesgericht tätig, war er später beim Landund Amtsgericht Wuppertal zugelassen. 1932-44 redigierte er die Zeitschriften „Deutsches Steuerblatt" und „Rundschau für GmbH/Rechtsspiegel der Wirtschaft". Nach dem Zweiten Weltkrieg einer der Gründer der CDU in Wuppertal, war S. 1948/49 Oberbürgermeister der Stadt, 1950-53 Minister für Wiederaufbau und 1953/54 Minister für Arbeit, Soziales und Wiederaufbau in Nordrhein-Westfalen. 1954-58 gehörte er dem Nordrhein-Westfälischen Landtag an, 1957-72 dem Deutschen Bundestag. DP MdB S c h m i d t , Otto Eduard, Literatur- und Kulturkritiker, * 21.8. 1855 Reichenbach (Vogtland), t 14.2. 1945 Dresden. S., Sohn eines Lehrers und Kantors, Schloß das Studium der Geschichte und Klassischen Philologie in Leipzig 1877 mit der Promotion zum Dr. phil. ab, war Gymnasiallehrer in Meißen und Dresden und wurde 1891 Prof. an der Fürstenschule in Meißen; seit 1905 war er Gymnasialdirektor in Würzen, später in Freiberg (Sachsen). Daneben schriftstellerisch tätig, wurde S. vor allem durch seine Kursächsischen Streifzüge bekannt (7 Bde., 1902-30), in denen er nach dem Vorbild —»Fontanes seine Wandererlebnisse in Sachsen einfließen ließ. Ferner veröffentlichte er Heimatgeschichtliches (u.a. Schiedlo. Die Geschichte eines untergehenden deutschen Dorfes, 1908, erw. Neuausg. 2003) und gab u.a. Der Briefwechsel des M. Tullius Cicero von seinem Prokonsulat in Cicilien bis zu Caesars Ermordung (1893, Nachdr. 1987) und Zeitgenössische Berichte über die Leipziger Schlacht vom 16.-19. Oktober 1813 (1913, Neudr. 1995) heraus. 1936 erschienen seine Erinnerungen Wandern, o, wandern. Er starb bei dem Bombenangriff auf Dresden. Π3 DLL S c h m i d t , Otto Ernst
Ernst, Otto
S c h m i d t , Otto Theodor, Chemiker, * 24. 12. 1894 Karlsruhe, t 9.4.1972 Heidelberg. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg studierte der Sohn eines Architekten seit 1919 Chemie an d e r T H Karlsruhe und der Univ. München, wo er 1924 promoviert wurde (Synthesen von Benzopyriliumsalzen vom Typus der Anthocyanidine). Danach wieder an der TH Karlsruhe tätig, wechselte er 1926 als Assistent Karl -»Freudenbergs an die Univ. Heidelberg, an der er sich 1931 habilitierte. 1936 wurde er zum a. o. Prof. ernannt und übernahm die Leitung der Organischen Abteilung des dortigen Chemischen Instituts, die er mit Unterbrechung durch den Kriegsdienst 1939-42 - bis zu seiner Emeritierung 1963 innehatte. Auf dem Gebiet der Naturstoffchemie beschäftigte sich S. im Rahmen der Zuckerchemie vor allem mit den kristallierenden Gerbstoffen, deren Konstitution und Konfiguration er untersuchte (Gallotannine und einfache Substrate der Tannase, 1940). Er war seit 1957 Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. CD BWB, Bd 4
S c h m i d t , Otto, Jockey, * 6.2.1896 Gehren bei Luckau, t 12.4. 1964 Dortmund. S. war bis zum Beginn der fünfziger Jahre mit 2218 Siegen der erfolgreichste und populärste deutsche Jockey aller Zeiten. 1919-44 wurde er vierzehnmal deutscher Meister der Flachrennjockeys; er gewann mehrfach alle klassischen Rennen, siebenmal das deutsche und dreimal das österr. Derby. Seit 1953 war er als Trainer tätig. S c h m i d t , Otto (Anton Ferdinand) d. J., Jurist, Politiker, Verleger, * 1.8. 1902 Köln, t 12. 12.1984 Wuppertal. Der Sohn Otto -h>S. d.Ä. studierte seit 1921 Volkswirtschaft und Rechtswissenschaften in Rostock, Leipzig, München und Köln, wurde 1925 promoviert und legte 1928 das Assessorexamen ab. Anschließend war S. Syndikus, dann Leiter
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S c h m i d t , Patrick, Statistiker, * 4.2. 1907 Fecamp (Frankreich), t 25.7. 1974 Homburg/Saar. Nach dem Studium an der TH und der Handelshochschule in Berlin, das er 1932 als Diplomkaufmann abschloß, war S. 1933-41 dort zunächst wissenschaftlicher Referent, dann stellvertretender Leiter der Forschungsstelle für den Handel beim Reichskuratorium für Wirtschaftlichkeit. 1946 wurde er Referent und kommissarischer Leiter des Statistischen Landesamts in Bremen. Er war 1950-57 Leiter der Abteilung Handels- und Verkehrsstatistik im Statistischen Bundesamt, 1957-64 Referent für Statistik und Leiter der Unterabteilung Verkehrswirtschaft und Verkehrspolitik, zuletzt im Rang eines Ministerialdirigenten, und seit 1964 Präsident des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden. S. veröffentlichte u.a.
Schmidt Die Kosten des deutschen Einzelhandels, Entwicklung im Verhältnis zum Umsatz (mit Joachim —»Tiburtius, 1937).
ihr Gefüge und ihre von 1930 bis 1935
S c h m i d t , Paul, Erfinder, Unternehmer, * 1 1 . 5 . 1 8 6 8 Kothen, t 4 . 8 . 1 9 4 8 Berlin. S. durchlief eine Ausbildung zum Schlosser und ging 1896 nach Berlin, w o er die Elektrotechnische Anstalt von Paul Schmidt eröffnete. Im selben Jahr entwickelte er ein galvanisches Trockenelement mit Flüssigkeitsvorrat, das als erste Trockenbatterie der Welt gilt; 1906 erhielt er ein Patent auf die erste batteriebetriebene elektrische Taschenlampe. 1901 gründete S. die Elektrotechnische Fabrik Schmidt & Co., die seit 1904 unter dem N a m e n Daimon firmierte und der in den folgenden Jahren weitere Werke und Beteiligungen folgten; S. hielt zeitweise auch die Mehrheit an der Firma Ever Ready C o m p a n y in London. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Daimon-Niederlassung in Köln zum Hauptstandort; 1983 wurde das Werk von Duracell übernommen, 1986 geschlossen. S c h m i d t , (Karl) Paul, Hygieniker, Bakteriologe, * 2 3 . 1 1 . 1 8 7 2 Neustadt (Sachsen), f 1 7 . 3 . 1 9 5 0 Halle/Saale. S., Sohn eines Drahtwarenfabrikanten, studierte Medizin in Leipzig, WUrzburg, Berlin, München und Freiburg/Breisgau, wurde 1897 in München promoviert {Ueber comatose Zustände mit besonderer Berücksichtigung der Differentialdiagnose) und war dann als Schiffsarzt tätig. Er war Assistent an der Frauenklinik und am Pathologischen Institut in München, 1902 am Institut für Tropenhygiene in Hamburg, 1903 an der Bayerischen Bakteriologischen Untersuchungsstation in Landau und habilitierte sich 1907 f ü r Hygiene in Leipzig. 1913 wurde er a. o.Prof., folgte 1914 einem Ruf als o . P r o f . der Hygiene nach Gießen und lehrte von 1917 bis zu seiner Emeritierung 1939 in Halle. S. wurde 1922 in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Er veröffentlichte u. a. Ober den Mechanismus der Bakterienfiltration mit Berkefeldfiltern (1910) und Die Frühdiagnose der Bleivergiftung (mit Ludwig —>Teleky und Hermann Gerbis, 1919). DD Cat Prof Hai S c h m i d t , Paul, baptistischer Theologe, * 1 3 . 1 0 . 1 8 8 8 Kalkofen bei H o h e n s a a t e n / O d e r b r u c h , t 2 8 . 1 . 1970 Bergisch Gladbach. Der Sohn eines Landarbeiters besuchte nach kaufmännischer Lehre in Berlin und Teilnahme am Ersten Weltkrieg seit 1918 das Predigerseminar des baptistischen Gemeindebundes in Hamburg, übernahm danach Gemeindedienste, leitete seit 1930 die Redaktion der Zeitschriften des Verlagshauses der Baptisten in Kassel und war 1935-59 Bundesdirektor (Generalsekretär) in der zentralen Geschäftsstelle des baptistischen Gemeindebundes in Berlin. 1958-67 war S. Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz, gehörte zugleich dem Präsidium der Europäischen Evangelischen Allianz an, deren Vorsitz er 1961-67 innehatte, und wirkte 1954-59 als Generalsekretär der Europäischen Baptistischen Missionsgesellschaft. S. schrieb u.a. Unser Weg als Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden 1941-46 (1946). CD B B K L S c h m i d t , Paul, Techniker, Erfinder, * 2 6 . 3 . 1898 Hagen (Westfalen), t 1 8 . 1 0 . 1 9 7 6 M ü n c h e n . Der Sohn eines Metzgermeisters studierte Ingenieurwissenschaften in München und war nach der Promotion 1924 in einem Ingenieurbüro mit der Konstruktion von Kreiselpumpen befaßt. Seit 1928 entwickelte er einen Flugzeugantrieb in einem zylindrischen Stahlrohr, den er 1930 zum Patent anmeldete; die Versuche wurden seit 1931 bei Wunibald —> K a m m an der T H Stuttgart fortgeführt. Seit 1941 wurde das Triebwerk („Argus-Schmidtrohr") in Serie produziert und fand
u . a . für die V I , seit 1943 auch als Vorheizgerät für Flugmotoren und als Stoßbrenner für Omnibusse und Lastwagen Verwendung. S. entwickelte sein Antriebssystem seit 1950 in einem eigenen Ingenieurbüro in M ü n c h e n weiter, 1960-66 im Auftrag des Bundesverteidigungsministeriums. m NDB S c h m i d t , Paul Ferdinand, Kunsthistoriker, * 7 . 4 . 1 8 7 8 Goldap (Ostpreußen), t 16.10. 1955 Siegsdorf (Oberbayern). Der Sohn eines Amtsgerichtsrats studierte seit 1896 Rechtswissenschaften in Berlin und München und legte 1899 das Referendarexamen ab. Nach dem Ausscheiden aus dem Justizdienst begann er in M ü n c h e n das Studium der Kunstgeschichte, setzte es in Paris fort und wurde 1903 in Straßburg zum Dr. phil. promoviert. Zunächst freiberuflich tätig, trat S. 1906 in den Dienst der staatlichen Museen in Berlin, wurde 1908 Direktionalassistent am M u s e u m in Magdeburg und war 1913-15 bei der badischen Denkmalpflege in Offenburg tätig. 1919 wurde er erster Direktor der Städtischen Kunstsammlung in Dresden. S. veröffentlichte u. a. Deutsche Malerei um 1800 (2 Bde., 1922-28) sowie Künstlermonographien. DO D L L S c h m i d t , Paul K(arl), Pseud. Paul Carell, Journalist, Schriftsteller, Diplomat, * 2 . 1 1 . 1 9 1 1 Kelbra, t 2 0 . 6 . 1997 Rottach-Egern. S., Sohn eines Tischlers, studierte 1931-34 u . a . in Kiel Volkswirtschaft, Philosophie und Psychologie; 1936 wurde er zum Dr. phil. promoviert (Beiträge zur Lehre von der Bedeutungsbildung in den indogermanischen Sprachen). 1931-34 gehörte er der SA und seit 1932 der N S D A P an, wurde „Gauführer" des Nationalsozialistischen Studentenbunds und wechselte 1938 zur SS. Seit 1937 war S. Mitarbeiter Joachim von —> Ribbentrops, seit 1938 im Auswärtigen A m t ; 1939 wurde er stellvertretender Leiter, gab 1939-44 die Monatsschrift „Berlin-Rom-Tokio" heraus und wurde 1940 Leiter der Nachrichten- und Presseabteilung. Nach 1945 mehrere Jahre in Haft, trat er als Z e u g e in den Nürnberger Prozessen auf und arbeitete später unter Pseudonym als freier Journalist für den Verlag von Axel Cäsar —»Springer. S. verfaßte mehrere erfolgreiche, verharmlosende Darstellungen des deutschen Rußlandfeldzugs, darunter Stalingrad. Sieg und Untergang der 6. Armee (1992) sowie weitere Kriegsromane, u . a . Die Wüstenfüchse (1958, 1ίΊ 1974, Sonderausgabe 2003). CD Grüttner S c h m i d t , Paul Otto, Diplomat, * 2 3 . 6 . 1 8 9 9 Charlottenburg (heute zu Berlin), t 2 1 . 4 . 1970 München. Nach dem Studium der Germanistik in Berlin nahm S. an einem Dolmetscherkurs des Sprachendienstes im Auswärtigen A m t teil, wurde 1923 zum Dr. phil. promoviert und war dann wissenschaftlicher Hilfsarbeiter im Fremdsprachenamt der Reichsregierung. 1924 wurde er Dolmetscher, später Chefdolmetscher des Auswärtigen Amtes, 1935 Legationsrat, 1938 Vortragender Rat und 1940 Ministerialdirigent und Gesandter erster Klasse. Nach d e m Zweiten Weltkrieg war S. als Übersetzer, dann als freier Schriftsteller tätig und leitete seit 1952 das Sprachen- und Dolmetscherinstitut in München. Unter Gustav —»Stresemann nahm er an allen wichtigen Konferenzen teil und dolmetschte auch später bei wichtigen internationalen Verhandlungen, u . a . bei der M ü n c h n e r Konferenz 1938. 1949 erschien sein Erinnerungsbuch Statist auf diplomatischer Bühne 1923-45, dem 1951 ein zweiter Band unter d e m Titel Statist auf der Galerie 1945-50 folgte. S c h m i d t , Paul Wilhelm, evang. Theologe, * 25. 12.1845 Berlin, t 1 2 . 6 . 1 9 1 7 Riehen bei Basel. S. studierte Theologie und Philosophie in Berlin und Halle, wurde 1865 promoviert (Spinoza und Schleiermacher) und
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Schmidt habilitierte sich 1871 in Berlin für Neutestamentliche Theologie. Seit 1870 war er Redakteur der „Protestantischen Kirchenzeitung". 1876 folgte er einem Ruf als o. Prof. für Neues Testament nach Basel und war 1887/88 Rektor der Universität. 1880-1904 gehörte er dem dortigen Kirchenrat an, 1896-1905 dem Erziehungsrat. S., Vertreter der liberalprotestantischen Theologie, engagierte sich für eine kirchliche Verfassungsreform. Er veröffentlichte u . a . Was trennt die beiden Richtungen in der evang. Kirche? (1880) und Neutestamentliche Hyperkritik (1880) und gab mit Franz von Holtzendorff das Neue Testament kommentiert heraus (Protestantenbibel, 1872, '1879). S.s Hauptwerk ist eine Geschichte Jesu (2 Bde., 1899-1904). OD NDB S c h m i d t , Paul Wilhelm, Dermatologe, * 13. 1. 1896 Dülmen (Westfalen), t 18.1. 1950 Kiel. S. Schloß das Studium der Medizin 1923 mit der Promotion ab, war 1925-34 an der Universitäts-Hautklinik in Münster tätig und habilitierte sich dort 1929 für Dermatologie. 1934 wurde er a. o.Prof. in Freiburg/Breisgau, 1947 Ordinarius für Dermatologie und Direktor der Universitäts-Hautklinik in Kiel. In seinen Forschungen befaßte sich S. besonders mit Pilzerkrankungen, Hauttuberkulose und allergischen Erkrankungen. S c h m i d t , Peter Heinrich, Wirtschaftswissenschaftler, * 23.8. 1870 Trier, t 1 2 . 9 . 1 9 5 4 St. Gallen. S. studierte Wirtschaftswissenschaften in Bern, Zürich und Genf, wurde zum Dr. phil. promoviert und folgte 1900 einem Ruf als Prof. der Wirtschaftswissenschaften an die Handelshochschule St. Gallen. Er befaßte sich vor allem mit Geographie und Volkswirtschaft und veröffentlichte u. a. Die Schweiz und die europäische Handelspolitik (1914), Einführung in die allgemeine Geographie der Wirtschaft (1932), Philosophische Erdkunde (1937) und Auslandsforschung (1945). S c h m i d t , Philipp Anton, Jesuit, Theologe, Weihbischof von Speyer, * 3 1 . 5 . 1 7 3 4 Arnstein, t 13.9.1805 Speyer. Nach dem Studium in Würzburg trat S. 1751 in Mainz in die Gesellschaft Jesu ein. Seit 1754 lehrte er am Ordenskolleg in Bamberg Grammatik, Poetik und Rhetorik, studierte dort 1759-64 Kirchenrecht und Theologie, wurde in beiden Fächern promoviert und war 1769-76 Prof. des Kirchenrechts in Heidelberg. 1789 wurde S. zum Weihbischof von Speyer ernannt. Er gehörte zu den gemäßigten Episkopalisten und war kritisch gegen Nikolaus von —»Hontheim eingestellt. S. gab den Thesaurus juris ecclesiastici, potissimum Germanici [...] (7 Bde., 1771-79) heraus. DP LThK S c h m i d t , Reimer, Versicherungsjurist, Unternehmer, * 10.4.1916 Hamburg, t 14.11.2002 Aachen. S., Sohn eines Studienrats, studierte seit 1935 Rechtswissenschaften in Kiel, Königsberg, Berlin und Hamburg, wurde 1948 mit der Dissertation Die Neuordnung des Versicherungswesens in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands promoviert und habilitierte sich 1953 in Hamburg für Bürgerliches Recht, Handelsrecht und Versicherungsrecht (Die Obliegenheiten). Seit 1956 lehrte er an der Univ. Hamburg, 1961-67 als o.Prof. und seit 1967 als Honorarprofessor an der T H Aachen. Seit 1955 gehörte S. dem Vorstand der Deutschen Rückversicherungs AG in Hamburg an, war 1961-67 als deren Berater tätig und hatte 1968-81 den Vorsitz des Vorstands der Aachener und Münchner Versicherung AG (später Aachener und Münchener BeteiligungsAG) inne. 1981 wechselte er als Vorsitzender in die Aufsichtsräte der beiden Aktiengesellschaften. S. war Vorsitzender des Deutschen Vereins für Versicherungswissenschaft, Vizepräsident des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (1975-84) und Präsident der Association Internationale pour l'Etude de l'Economie de l'Assurance. Zu
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seinen Veröffentlichungen zählen Versicherungs-Alphabet (1955, 8 1991) und die Fortführung des von Erich —>Prölss begründeten Kommentars zum Versicherungsaufsichtsgesetz (Hrsg., "1997). ra NDB S c h m i d t , Reinhart, auch Schmidt-Elberfeld, Unternehmer, Politiker, * 1 4 . 6 . 1 8 3 8 Elberfeld (heute zu Wuppertal), t 21.10. 1909 Elberfeld. S., Sohn eines Kaufmanns und Abgeordneten des Preußischen Landtags, gründete nach einer technischen Ausbildung und dem Militärdienst 1869 in Elberfeld eine Briefumschlagfabrik mit einem Papierfachgeschäft. Er war 1873-84 und seit 1890 Stadtverordneter in Elberfeld und gehörte 1881-84 und seit 1887 dem Reichstag sowie 1890-93 und seit 1899 dem preuß. Abgeordnetenhaus an. Zunächst Mitglied der Deutschen Freisinnigen Partei, Schloß er sich 1893 der Freisinnigen Volkspartei an. S. wurde der Titel eines Kommerzienrats verliehen. CD N D B S c h m i d t , Richard (Karl Bernhard), Jurist, * 19. 1. 1862 Leipzig, t 31.3. 1944 Leipzig. Nach dem mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaften in Leipzig war S., Sohn eines Juristen, dort seit 1884 als Assessor und Hilfsrichter tätig und habilitierte sich 1887 für Prozeß- und Strafrecht. Seit 1890 a. o.Prof., folgte er 1891 einem Ruf als o.Prof. für Prozeß-, Straf- und Staatsrecht nach Freiburg/Breisgau ( 1 9 0 3 / 0 4 Rektor der Univ.), wurde 1903 zum Badischen Geheimen Hofrat ernannt und vertrat 1908-13 die Univ. in der Ersten Kammer des Badischen Landtags. 1913 kehrte S. als Ordinarius für Strafrecht, Staatsrecht, Rechts- und Staatslehre nach Leipzig zurück ( 1 9 2 0 / 2 1 Rektor), wurde Sächsischer Geheimer Hofrat und übernahm 1920 auch den Lehrstuhl für Zivilprozeß. Seit 1917 war er Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, seit 1925 Direktor des Instituts für politische Auslandskunde in Leipzig. S. veröffentlichte u.a. eine Allgemeine Staatslehre (3 Bde., 1900-03). 1907 gründete er mit Adolf ->Grabowsky die „Zeitschrift für Politik". t u NDB S c h m i d t , (Carl Otto) Robert, Sänger, * 6 . 5 . 1803 Dresden, f 8. 1. 1873 Riga. Der Sohn eines Dresdner Hofpredigers studierte Pharmazie in Leipzig, mußte sein Studium jedoch nach dem frühen Tod seines Vaters aus finanziellen Gründen aufgeben und wandte sich einer Gesangsausbildung in Drseden zu. 1827 debütierte S. als Tamino in der Zauberflöte am Theater in Erfurt, sang an den Theatern in Königsberg, Danzig und Stettin und wurde 1831 an das Theater in Riga verpflichtet, wo er Partien aus dem heldischen Fach, aber auch Buffound Schauspielrollen übernahm. 1835-40 in Königsberg engagiert, wirkte er 1840-63 wieder in Riga. Später war S. als Bibliothekar des Theaters in Riga tätig. DP Kutsch S c h m i d t , Robert, Politiker, * 15.5. 1864 Berlin, t 16.9. 1943 Berlin. Der Sohn eines Tischlers machte in Berlin und Weimar eine Klavierbauerlehre, stand 1890-93 dem freigewerkschaftlichen Verband der Klavierbauer in Berlin vor, war als Redakteur des „Vorwärts" tätig und wurde 1902 in die Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands gewählt. 1893-98 und 1903-18 war S. Mitglied des Reichstags, 1903-10 Leiter des Zentral-Arbeitersekretariats; er vertrat den reformistischen Flügel in der Sozialdemokratie. Während des Ersten Weltkriegs trat er als Fachmann für Ernährungsfragen hervor, wurde im Oktober 1918 Unterstaatssekretär im Kriegsernährungsamt und 1919 Ernährungsminister. Im selben Jahr wurde S. Reichswirtschaftsminister, wirkte unter Reichskanzler —>Stresemann vorübergehend als Vizekanzler und Wiederaufbauminister
Schmidt und war 1929 nochmals Wirtschaftsminister. Nach der Auflösung der Großen Koalition (1930) zog er sich aus der Politik zurück. DP Schröder S c h m i d t , Robert (Emanuel), Chemiker, * 23. 12.1864 Colmar (Elsaß), t 1 1 . 3 . 1 9 3 8 Zürich. S., Sohn eines Tischlers, studierte 1881-84 C h e m i e an der Ε Τ Η und der Univ. Zürich, an der er 1887 mit der Dissertation Ueber die Laccainsäure, den Farbstoff des La-dye promoviert wurde, und trat 1887 als Chemiker in die Farbenfabriken vorm. Friedrich Bayer & Co. in Elberfeld ein. Seit 1901 Prokurist, wurde er 1906 Direktor und war 1912-20 Vorstandsmitglied des Unternehmens. Seit 1921 saß er im Aufsichtsrat des Werks, seit 1926 im Aufsichtsrat der IG Farbenindustrie A G F r a n k f u r t / M a i n . Von S. stammen grundlegende Arbeiten und Erfindungen in der Anthrachinonchemie und auf dem Gebiet echter Alizarin- und Anthrachinonfarbstoffe. Er veröffentlichte u. a. Ueber den gegenwärtigen Stand der Chemie des Anthrachinons (1915). 1928 gründete S. die Robert E. Schmidt-Stiftung zur Förderung der deutschfranzösischen Beziehungen. CD N D B S c h m i d t , Robert, Verbandsdirektor, * 13. 12.1869 F r a n k f u r t / M a i n , t 19.5. 1934 Bad Münstereifel. Nach d e m Studium des Bauwesens an der T H Hannover wurde S. 1895 Regierungsbauführer bei der Rheinischen Bahngesellschaft und 1898 bei der Wasserbauinspektion Düsseldorf. 1901 trat er als Regierungsbaumeister bei der Wasserbauinspektion Ruhrort, dann als Stadtbauinspektor und Leiter des Stadterweiterungsamtes bei der Stadt Essen ein; seit 1906 war er besoldeter Beigeordneter. 1913 wurde er an der T H Aachen promoviert. S. legte eine Denkschrift für einen Generalsiedlungsplan des Regierungsbezirks Düsseldorf vor, der Grundlage des 1920 gegründeten Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk war, und wurde nach dem Ausscheiden aus d e m städtischen Dienst dessen Direktor. S. war Präsident der Freien deutschen A k a d e m i e des Städtebaus und Ehrenmitglied des British Town Planning Institute.
S c h m i d t , Robert, Kunsthistoriker, * 2.12. 1878 Bad Oeynhausen, f 6. 10. 1952 Mailand. S. studierte Kunstgeschichte in Berlin und Basel, wurde nach der Promotion Hilfsarbeiter am M u s e u m für Kunst und Gewerbe in Hamburg und war 1905-18 Assistent und Kustos am Kunstgewerbemuseum in Berlin. Bis 1927 Direktor des Kunstgewerbemuseums in F r a n k f u r t / M a i n , übernahm er 1928 die Leitung des Schloßmuseums in Berlin. 1947 wurde S. Direktor des Zonal Fine Art Repository in Celle. Er veröffentlichte u . a . Brandenburgische Gläser (1914) und Möbel. Handbuch für Sammler und Liebhaber (1913, 9 1965). S c h m i d t , (Christoph) Rudolf, Industrieller, * 2 9 . 3 . 1865 Ründeroth (heute zu Engelskirchen, Bergisches Land), t 2 4 . 1 1 . 1 9 2 8 Hinterbrühl (Niederösterreich). S., Sohn eines Wagenfabrikanten, war 1884-92 in der Firma Schmidt & Clemens, Stahlgroßhandlung und Hammerwerk in F r a n k f u r t / M a i n tätig, an der sein Bruder beteiligt war, und gründete 1892 gemeinsam mit H u g o Rosenthal eine Feilenhauerei in Wien. Seit 1902 stellte das erweiterte Unternehmen hochwertigen Werkzeuggußstahl her und firmierte seit 1924 als Österreichische Schmidtstahlwerke AG. S. war seit 1911 österr. Staatsbürger, erhielt den Titel kaiserlicher Rat und wurde 1923 Kommerzienrat. S. war der Vater von Rudolf —»S. m ÖBL S c h m i d t , Rudolf, österr. Internist, * 2 3 . 3 . 1873 Leoben (Steiermark), t 1 . 7 . 1 9 4 7 Prag. S., Sohn eines Eisenbahnbeamten, studierte seit 1890 Medizin in Graz und Wien, wurde 1895 promoviert und war dann Assistent an der II. Medizinischen Universitätsklinik unter
E d m u n d von —> Neusser, bei d e m er sich 1903 für spezielle Pathologie und Therapie der inneren Krankheiten habilitierte. Seit 1903 war S. Vorstand einer internen Abteilung im Kaiserin-Elisabeth-Spital, wurde 1911 Ordinarius für Innere Medizin in Innsbruck und wirkte 1913-39 in gleicher Stellung und als Vorstand der Medizinischen Klinik der Deutschen Univ. Prag. Schwerpunkte seiner Forschung waren die Erkrankungen des Stoffwechsels und des Magen-DarmTrakts sowie Konstitutionskrankheiten. Die Entwicklung der Proteinkörpertherapie ist mit seinem Namen verbunden. Seit 1937 war S. Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Prag. Er veröffentlichte u. a. Schmerzphänomene bei inneren Krankheiten, ihre Pathogenese und Differentialdiagnose (1906, 2 1910, engl. 1908), Merksätze zur Pathogenese, Diagnostik und Therapie innerer Krankheiten ( 1 9 3 9 , " 1941) und Therapie und Prophylaxe innerer Krankheiten mit Berücksichtigung von Pathogenese und Diagnostik (1943, 2 1948). m
ÖBL
S c h m i d t , Rudolf, Publizist, * 5 . 2 . 1875 Dillingen (Kr. Saarlouis), t 22. 10.1943 Bad Freienwalde. Der früh verwaiste S., Sohn eines Hüttenwerkmeisters, wuchs in einem Internat im Hunsrück auf, machte 1890-92 eine Buchhandelslehre in Neustadt/Weinstraße und war in verschiedenen Buchhandlungen und Verlagen tätig. 1903 übernahm er die Leitung der „Eberswalder Zeitung". S. war Herausgeber der „Eberswalder Heimatblätter" (seit 1904), des „Kreiskalenders für Eberswalde" und der Kreiskalender f ü r Angermünde, Templin und die Niederlausitz. Er verfaßte buchhandelsgeschichtliche, lokalhistorische und genealogische Werke, u. a. Deutsche Buchhändler - Deutsche Buchdrucker. Zur Geschichte des deutschen Buchgewerbes (6 Bde., 1902-08; Nachdr. 1979) und Die Herrschaft Eckardstein (2 Bde., 1926/27). OD D L L S c h m i d t , Rudolf, österr. Unternehmer, * 2 4 . 1 . 1894 Wien, f 19.4. 1955 Wien. S., Sohn (Christoph) Rudolf - » S . s , war nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg seit 1919 bei einer Erzimportfirma in Düsseldorf tätig, trat dann in das Familienunternehmen ein und wurde 1923 kaufmännischer Leiter von dessen deutschen Betriebsstätten in Berlin. 1928 übernahm er die kaufmännische Leitung der Österreichischen Schmidtstahlwerke A . G . in Wien. Nach Erfindung des TOR-Stahls, einen durch Torsion kalkverfestigten Bewehrungsstahl für Betonbauten, vor allem durch S.s K o m p a g n o n H u g o Christian Rosenthal war S. Vizepräsident derTor-Isteg Steel Corporation. m NDB S c h m i d t , Rudolf, österr. Bildhauer, * 1 9 . 4 . 1 8 9 4 Wien, t 7 . 3 . 1 9 8 0 Wien. Nach einer Lehre als Edelsteingraveur studierte S. 1918-23 als Schüler Otto —> Hofners an der A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien, w o er dann als freischaffender Künstler lebte. Seit 1923 Mitglied des Wiener Künstlerhauses, wurde er 1951 Prof. der Kunsterziehung an der Akademie. Zu seinen Werken gehören u. a. der Brunnen vor der Kirche Maria am Gestade in Wien, das Semmelweisdenkmal in Wien (1944) sowie die Skulptur Flußpferd mit Jungen (1963). S c h m i d t , Rüdiger, Militär, Beamter, Unternehmer, * 17.3. 1888 S i e g b u r g / L a h n , | 2 0 . 4 . 1 9 6 0 Essen. Der Sohn eines Oberzollrevisors trat 1907 in die preuß. A r m e e ein, in der er zum Chef des Stabes der Kriegsrohstoffabteilung aufstieg. Während der aktiven Dienstzeit studierte er Nationalökonomie an der Univ. Berlin, war 1918-20 Leiter des Ministerbüros des Reichsministeriums für die Durchführung der wirtschaftlichen Demobilmachung, dann Abteilungsdirektor beim Reichskommissar für die Kohlenverteilung und seit 1923 Leiter des Sekretariats der Finanzverwaltung des Stumm-Konzerns. 1931-42 gehörte er d e m
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Schmidt Vorstand der Harpener Bergbau A G an und wurde dann Vorstandsvorsitzender des Rheinisch-Westfälischen Kohlesyndikats. Nach 1945 zwei Jahre in britischen Lagern interniert, nahm S. eine beratende Tätigkeit im Ruhrbergbau auf und saß in zahlreichen Aufsichtsräten. ED Leb Industrie 4 S c h m i d t , Sebastian, luth. Theologe, * u m 6 . 1 . 1617 Lampertheim (Elsaß), t 9. 1.1696 Straßburg. S. studierte Theologie in Straßburg und Wittenberg sowie Orientalistik in Basel. Er war im Kirchen- und Schuldienst in Süddeutschland und Elsaß tätig, bevor er 1653 Prediger und Prof. für Theologie in Straßburg wurde. 1666 übernahm er auch das A m t des Kirchenpräsidenten. S. profilierte sich als Bibelexeget. Er war ein Lehrer —> Speners. DP R G G S c h m i d t , Theodor, Sänger, * 1.10. 1840 Altona (heute zu Hamburg), t 9. 12. 1912 Süderende (Föhr). S. erhielt seine Gesangsausbildung bei Josef —»Wurda in Hamburg und Fritz Rebling in Leipzig und wurde 1861 Mitglied einer deutschen Operngesellschaft, die unter Emil von der - » O s t e n eine Tournee durch Schweden und Norwegen unternahm. 1863 an das Stadttheater in Kiel verpflichtet, trat er anschließend in Dortmund und Neustrelitz auf, sang 1868-71 am Opernhaus in Leipzig und gehörte 1871-98 der Hofoper in Berlin an. Seit 1892 war S. dort auch als Regisseur tätig. Zu seinen erfolgreichsten Baritonpartien gehörten der Beckmesser in den Meistersingern, der Papageno in der Zauberflöte und der Don Giovanni. CP Kutsch S c h m i d t , Theodor, österr. Veterinärmediziner, * 1 2 . 1 1 . 1 8 6 8 Kralitz (Mähren), t 2 0 . 4 . 1 9 4 6 Wien. Der Sohn eines Försters studierte seit 1887 am MilitärTierarznei-Institut in Wien, wurde 1890 Diplom-Tierarzt und nach der P r ü f u n g für die Anstellung im öffentlichen Sanitätsdienst 1893 Amtstierarzt in Nikolsburg. 1892-97 war er Assistent bzw. A d j u n k t am Lehrstuhl für Veterinärchirurgie, Operationslehre und Chirurgische Klinik des MilitärTierarznei-Instituts, wo er seit 1894 auch die Apotheke leitete, war dann als praktischer Tierarzt in Wien tätig und Schloß das 1898 begonnene Medizinstudium an der Univ. Wien 1904 mit der Promotion ab. Anschließend kehrte er als Adjunkt an das zur Hochschule erhobene Institut zurück, habilitierte sich 1907 f ü r Veterinärchirurgie und Augenheilkunde und wurde im selben Jahr a. o., 1908 prov. o . P r o f . und war von 1912 bis zu seiner Emeritierung 1936 o . P r o f . der Veterinärchirurgie und chirurgischen Klinik. S. war Mitherausgeber der „Wiener Tierärztlichen Monatsschrift" (1914 ff.). CD Ö B L S c h m i d t , Trudeliese, Sängerin, * 7 . 1 1 . 1941 Saarbrücken, t 2 4 . 6 . 2 0 0 4 Saarbrücken. Die Tochter eines Tabakwarenhändlers durchlief zunächst eine kaufmännische Ausbildung und studierte dann Gesang in Saarbrücken und R o m . 1965 debütierte S. in Saarbrücken als Hänsel in —> Humperdincks Märchenoper Hänsel und Gretel. Seit 1969 an der Deutschen Oper am Rhein engagiert, führten sie Gastpiele u . a . nach Hamburg, München, Berlin, London, Zürich, Paris (Opera Comique), Mailand (Scala) und Brüssel sowie an die Wiener Staatsoper und zu den Salzburger Festspielen. Als Mezzosopran übernahm S. vorwiegend Hosenrollen (Cherubino in Le nozze di Figaro·, Idamante in ldomeneo), später zunehmend Frauenund Charakterrollen (Herodias in Salome). Bekannt wurde sie auch durch Auftritte in R u n d f u n k und Fernsehen sowie durch zahlreiche Schallplattenaufnahmen. CO N D B S c h m i d t , Ulrich, Chemiker, * 2 4 . 5 . 1924 Woldenberg (Kr. Neumark), t 19. 11.2004 Stuttgart. Der Sohn eines Zahnarztes begann 1942 das Studium der Chemie an der Univ. Berlin und nahm seit 1943 am Zweiten Weltkrieg teil. 1946-51 studierte er in Greifswald, Halle und
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Freiburg/Breisgau und wurde dort 1953 zum Dr. rer. nat. promoviert. 1957 habilitiert, wurde er 1964 zum apl.Prof. ernannt und war seit 1967 o . P r o f . und Vorstand des Instituts für Organische C h e m i e an der Univ. Wien; 1977 ging er als Ordinarius nach Stuttgart. 1974 wurde S. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n , 1977 zum korrespondierenden Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gewählt. Als herausragender Naturstoffchemiker beschäftigte er sich vor allem mit organischer Schwefelchemie und der C h e m i e der Aminosäuren und Peptide. International bekannt wurde er durch die Entwicklung neuer Synthesemethoden zum A u f b a u komplexer Cyclopeptide. DD Almanach Ost Akad, Jg. 155 S c h m i d t , Waldemar (Paul), Pseud. Heinrich Wilning, Alfred, Politiker, * 7 . 2 . 1909 Berlin, t 2 1 . 2 . 1975 Berlin. Von Beruf Maschinenschlosser, trat S., Sohn eines Arbeiters, 1928 in die K P D ein und besuchte 1932-34 die Internationale Lenin-Schule in Moskau. Nach der Rückkehr an illegaler kommunistischer Gewerkschaftsarbeit beteiligt, wurde er 1935 verhaftet und war bis Kriegsende im Zuchthaus Brandenburg inhaftiert. 1946-50 war S. Stadtverordneter von Groß-Berlin, bis 1948 Stadtrat für Arbeit, 1948-50 für Personal und Verwaltung, 1950-53 Polizeipräsident und 1953-63 erster stellvertretender Oberbürgermeister von Berlin. 1963-71 war er Abgeordneter der Volkskammer, 1963-65 Abteilungsleiter im Büro des Ministerrats und 1965-75 Sekretär der Zentralleitung des Komitees der Antifaschistischen Widerstandskämpfer. • • DDR S c h m i d t , Walter, österr. Mineraloge, Geologe, * 4 . 3 . 1 8 8 5 Wien, t 2 6 . 4 . 1 9 4 5 Berlin. S., Sohn eines Geographen und Gymnasialprofessors und Bruder des Meteorologen Wilhelm —>S., studierte seit 1903 Geologie und Zoologie in Wien, wurde 1907 promoviert und setzte sein Studium an der Montanistischen Hochschule in Leoben fort, das er 1912 als Dipl.-Ing. mont. abschloß. Anschließend war S. Assistent am dortigen Lehrstuhl für Geologie, Paläontologie und Lagerstättenlehre, wurde 1915 Dozent f ü r Geologie und 1918 tit. a. ο. Prof. der Mineralogie und Gesteinskunde. 1923 habilitierte er sich für theoretische Mineralogie und theoretische Geologie, vertrat die Lehrkanzel in Leoben, lehrte 1 9 2 6 / 2 7 in Göttingen und ging 1927 als a . o . P r o f . der Mineralogie und Petrographie nach Tübingen. Dort wurde S. 1928 Ordinarius und erhielt 1930 den Lehrstuhl f ü r Mineralogie und Petrographie an der T H Berlin-Charlottenburg. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs wurde er zum Volkssturm einberufen und fiel. S. war Mitbegründer der weltweit angewandten tektonischen G e f ü g e k u n d e und konnte als erster durch Einführung der statistischen M e t h o d e Gefügeregelungen quantitativ erfassen (Schmidtsches Netz). Er veröffentlichte u. a. Gesteinsumformung (1925) und ein Lehrbuch der Mineralogie (1935, 2 1955, mit Ernst Baier). t n ÖBL S c h m i d t , Walter (Peter Johann), Architekt, * 1 7 . 1 1 . 1 8 9 9 Hammelburg, t 2 4 . 4 . 1 9 9 3 München. Nach dem Studium an der T H München trat S. 1923 in den Dienst der Reichspost. In den Folgejahren baute er im Rahmen der international viel beachteten „Postbauschule" unter der Leitung von Robert —> Vorhoelzer zahlreiche Ämter und Wohnanlagen, hauptsächlich in München. 1951-63 war er Stadtbaurat von Augsburg. S. veröffentlichte u. a. Amtsbauten (1949). S c h m i d t , Werner (Eugen Heinrich), Forstwissenschaftler, * 18.4. 1896 Heilsberg (Ostpreußen), t 15.7. 1987 Hamburg. S., Sohn eines Apothekers, studierte Forstwissenschaften an der Forstlichen Hochschule Eberswalde und Naturwissenschaften, speziell Biologie, an der Univ. Königsberg und
Schmidt wurde 1925 promoviert ( Ü b e r Zeit und Licht als forstliche Ertragsfaktoren). 1926 wurde er Honorarprofessor an der Forstlichen Hochschule und Leiter der Waldsamen-Prüfanstalt unter gleichzeitiger Ernennung zum Preußischen Forstmeister, 1931 a. o. und 1935 o . P r o f . ; 1933 war er Rektor der Forstakademie. Seit 1931 gehörte er der N S D A P an. 1936-48 war S. Präsident der Internationalen Kommission für Forstsaatgut und klimatische Baumrassenfragen des Internationalen Verbands Forstlicher Forschungsanstalten. Nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst Gastprofessur an der Baltischen Univ. in Pinneberg, wurde er 1948 Präsident der Gesellschaft zur Förderung des Kongreßwesens in Hamburg und gründete im selben Jahr das Institut für Forstpflanzenzüchtung in Hamburg-Bergedorf. Daneben war er auch an der Univ. Hamburg tätig, an der er 1964 als o . P r o f . emeritiert wurde. S.s Spezialgebiete waren Holzzucht und Forstgenetik. Er veröffentlichte u. a. Unsere Kenntnis vom Forstsaatgut (1930) und Rüsselkäfer-Bilanz. Neue Wege des Forstschutzes (1934). CD Altpreuß Biogr. Bd 5 S c h m i d t , Werner, Mediziner, Schriftsteller, * 1 9 . 3 . 1 9 1 3 Langgöns, t 18. 1.2007 Hanau. S., Sohn eines Zigarrenfabrikanten, studierte seit 1932 in Gießen Medizin, wurde 1942 mit der Arbeit Über leukämische Reaktionen promoviert, war in Hamburger Krankenhäusern tätig und wurde 1945 zur medizinischen Betreuung der Bevölkerung und der Zwangsarbeiter eines Dorfes in der N ä h e von Dresden ζwangsverpflichtet. Nach Kriegsende entscheidend am Wiederaufbau der Medizinischen Klinik der Univ. Gießen beteiligt, wurde S. 1956 zum apl. Prof. und ärztlichen Direktor des Stadtkrankenhauses Hanau ernannt. Seine 1989 veröffentlichte Autobiographie Leben an Grenzen. Autobiographischer Bericht eines Mediziners aus dunkler Zeit (erneut 1993 und 2003) wurde 1990 mit d e m Literaturpreis der Bundesärztekammer ausgezeichnet. S. war der Vater der Schriftstellerin und Verlegerin Ulla Berkewicz. S c h m i d t , Wieland, Germanist, Bibliothekswissenschaftler, * 2 9 . 3 . 1904 Charlottenburg (heute zu Berlin), t 2 7 . 1 2 . 1 9 8 9 Berlin. S., Sohn von Ferdinand Jacob —>S., studierte seit 1922 Germanistik, Geschichte, Kunstgeschichte. Mittellatein, Philosophie und Bibliothekswissenschaft in Berlin, wurde 1933 mit einer Dissertation über das Handbuch Ottos von Passau, Die 24 Alten (gedruckt 1938, Nachdr. 1967), zum Dr. phil. promoviert, war seit 1934 Bibliothekar beim Gesamtkatalog der Wiegendrucke (GW) an der Preußischen Staatsbibliothek und wurde 1946 Direktor der Bibliothek der HumboldtUniversität. 1951-66 war er a . o . P r o f . und Gründungsdirektor der Universitätsbibliothek der Freien Univ. Berlin, seit 1966 Ordinarius für Germanistik und Bibliothekswissenschaft. S. war Mitherausgeber des „Zentralblatts für Bibliothekswesen" und der „Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie". Er veröffentlichte u. a. Die Manessische Handschrift. Etwa 1300-1340 (1960). S. war Vorstandsmitglied der Deutschen Kulturgemeinschaft Urania in Berlin. m
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S c h m i d t , Wilhelm, Kunsthistoriker, * 1 8 . 7 . 1 8 4 2 Birkenfeld, t 15.7. 1915 D i e s s e n / A m m e r s e e . S. Schloß das Studium bei Heinrich von —> Brunn in München 1873 mit der Dissertation Das Leben des Malers Adrian Brouwer. Kritische Beleuchtung der über ihn verbreiteten Sagen ab. Seit 1874 Konservator an der Kupferstichund Handzeichnungssammlung, wurde er 1890 Direktor des Kupferstichkabinetts und lehrte daneben als Prof. an der A k a d e m i e der bildenden Künste. S. beschäftigte sich vor allem mit altdeutschen Kunst sowie mit Giorgione und Piero della Francesca und gab Handzeichnungen alter Meister im Königlichen Kupferstich-Kabinett zu München (4 Bde., 1884-88) heraus.
S c h m i d t , Wilhelm, Ingenieur, * 18.2. 1858 Wegeleben, t 16.2. 1924 Bethel (heute zu Bielefeld). S., Sohn eines Boten und Getreidehändlers, arbeitete nach Schlosserlehre und Wanderschaft in Dresden, wo er sich autodidaktisch im Maschinenbau weiterbildete, sowie in Chemnitz und Wolfenbuttel. Eine von ihm entworfene rotierende Dampfmaschine, die ohne hin- und hergehende Massen auskam, wurde 1880 patentiert. Seit 1883 als Zivilingenieur selbständig, konstruierte er 1892 eine H e i ß d a m p f m a s c h i n e und begann 1897 mit der Einführung des Heißdampfes in den Lokomotivbau, der sich zunächst in Großbritannien durchsetzte. 1895 trat er in die Maschinenfabrik W. L. Schröder in Aschersleben ein und erweiterte sie 1898 zur Ascherslebener Maschinenfabrik AG vorm. Wilhelm Schmidt & Co. 1910 gründete er die Schmidtsche Heißdampf Ges.m.b.H. S., der insgesamt 1200 in- und ausländische Patente hielt, wurde 1908 mit der Ehrendoktorwürde der T H Karlsruhe aufgezeichnet und 1913 zum Baurat ernannt. CD N D B S c h m i d t , Wilhelm (Heinrich Arnold), kath. Theologe, Ethnologe, * 16.2. 1868 Hörde (heute zu Dortmund), t 10.2. 1954 Freiburg (Schweiz). S., Sohn eines Schlossers, lebte seit 1883 im Missionshaus in Steyl (Niederlande), wurde 1890 Mitglied der Societas Verbi Divini und empfing 1892 die Priesterweihe. 1893-95 studierte er Theologie, Philosophie und orientalische Sprachen in Berlin und Wien, lehrte seit 1895 Ethnologie und Linguistik am Missionshaus St. Gabriel in Mödling (Niederösterreich) und gründete 1906 die internationale Zeitschrift für Völker- und Sprachenkunde „Anthropos", deren Herausgeber er 1906-22 und 1937-49 war. 1921 habilitierte er sich für Völker- und Sprachenkunde in Wien, war hier zunächst Dozent, 1925-38 Ordinarius und entwickelte eine Wiener Schule der Ethnologie. Seit 1927 war S. Direktor des Museo Missionario-Etnologico Lateranense in R o m , gründete 1932 das Anthropos-Institut in St. Augustin und emigrierte 1938 in die Schweiz. Seit 1942 war er Ordinarius f ü r Völker- und Sprachenkunde in Freiburg (Schweiz) und lehrte 1946-48 als Gastprofessor in Wien. S. zählt zu den bedeutendsten Vertretern der Kulturkreislehre. In seinem Hauptwerk Der Ursprung der Gottesidee (12 Bde., 1912-55) versucht er anhand umfangreichen ethnologischen Materials nachzuweisen, daß die aus einem rationalen Kausalbedürfnis entstandene kultische Verehrung eines höchsten Wesens die Urform der Religion darstellt. Zu S.s Veröffentlichungen gehören ferner Die Sprachfamilien und Sprachkreise der Erde (1926), ein Handbuch der vergleichenden Religionsgeschichte (1930), Das Eigentum auf den ältesten Stufen der Menschheit (2 Bde., 1937-40) und ein Handbuch der Methode der kulturhistorischen Ethnologie (1937). CD N D B
S c h m i d t , Wilhelm, Möbeldesigner, Architekt, * 4 . 2 . 1880 Grulich (Böhmen), t nach 1928 Tschechoslowakei. S., Sohn eines Fachschuldirektors, besuchte 1 8 9 7 / 9 8 die Wiener Kunstgewerbeschule, studierte 1898-1901 Architektur bei Oskar Beyer und Josef —»Hoffmann und war 1901 Mitgründer der Wiener Kunst im Haus, deren Ziel eine Neugestaltung der Einrichtungsgegenstände war. Daneben arbeitete er für das Wiener Ausstattungsunternehmen von Friedrich Otto Schmidt, entwarf Korbmöbel und Modelle aus Holz und Rohrgeflecht für die Prag-Rudniker KorbwarenFabrication und richtete als selbständiger Architekt mehrere Wohnungen ein. Seit 1908 österr. Mitglied des Deutschen Werkbundes, gehörte er 1914 zu den Begründern des Österreichischen Werkbundes. S. war Prof. an der Zentralanstalt für Frauengewerbe in Wien und seit 1914 Leiter der Fachschule für Holzbearbeitung in K ö n i g s b e r g / E g e r . CD O B L
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Schmidt Schmidt,
Wilhelm (Matthäus), österr. Meteorologe, Physiker, * 2 1 . 1 . 1 8 8 3 Wien, t 27. 11.1936 Wien. Das Studium der Mathematik und Physik in Wien Schloß S., Bruder von Walter —»S., 1905 mit der Promotion ab, war Assistent an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik und wurde dort 1909 Abteilungsvorstand und Observator. 1911 habilitierte er sich in Wien für Physik der Erde, war 1919-30 Dozent an der T H und wurde 1919 a. ο., 1924 o. Prof. der Meteorologie und Klimatologie an der Hochschule für Bodenkultur. Seit 1930 war er Ordinarius f ü r Physik der Erde an der Univ. Wien und hatte gleichzeitig die Direktion der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik inne. Seit 1919 war er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, seit 1931 der Akademie der Wissenschaften in Wien. S. begründete die für die Ozeanographie und Landwirtschaft bedeutsame Austauschtheorie und machte sich um die Entwicklung der mikroklimatischen Forschung verdient. Er veröffentlichte u . a . Astronomische Erdkunde (= Die Erdkunde, Bd. 6, 1903), Der Massenaustausch in freier Luft und verwandte Erscheinungen (1925) und Das künstliche Klima in der Umgebung des Menschen (mit Ernst Brezina, 1937). c d ÖBL
Schmidt,
Wilhelm (Joseph Jakob), Zoologe, * 2 1 . 2 . 1884 Bonn, f 14.2. 1974 Langen. S., Sohn eines Stadtrentmeisters, studierte seit 1903 in Bonn, wurde 1908 promoviert (Beiträge zur Kenntnis des Weichkörpers und der Fortpflanzung der Castanelliden) und habilitierte sich 1910 für Zoologie und vergleichende Anatomie. Seit 1918 a. o . P r o f . , folgte er 1926 einem Ruf als o . P r o f . der Zoologie und vergleichenden Anatomie nach Gießen, wo er bis 1953 lehrte. 1934 erfolgte die A u f n a h m e in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Bekannt wurde er durch seine grundlegenden Untersuchungen tierischer Zellen und G e w e b e mit dem Polarisationsmikroskop. S. war Mitherausgeber der „Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie" und veröffentlichte u. a. Anleitung zu polarisationsmikroskopischen Untersuchungen für Biologen (1924), Die Bausteine des Tierkörpers in polarisiertem Licht (1924) und Die gesunden und die erkrankten Zahngewebe des Menschen und der Wirbeltiere im Polarisationsmikroskop (1958, mit Albert Keil). m NDB
Schmidt,
Wilhelm, Schauspieler, Schriftsteller, * 2 6 . 1 2 . 1891 Dresden, t 2 6 . 3 . 1963 Wien. S. nahm 1909-11 Schauspielunterricht in Dresden, wurde an die Vereinigten Städtischen Bühnen in Graz engagiert und gehörte 1914-63 dem Ensemble des Burgtheaters in Wien an. S. schrieb Lustspiele und Kindermärchen, u. a. Das Kuckucksmärchen, das 1950 am Wiener Akademie-Theater aufgeführt wurde.
Schmidt,
Wilhelm, Bankier, * 23. 10. 1892 Wunsiedel, t 8 . 7 . 1958 Bad Wiessee. Der Sohn von Karl Schloß das Studium der Rechtswissenschaft in München, Bordeaux und Würzburg 1919 mit der Promotion ab und arbeitete in verschiedenen Banken in München und Berlin, bevor er 1923 in das Familienunternehmen eintrat. 1936 übernahm er das Privatbankhaus Siml in Bruck (Oberpfalz) und erweiterte das Filialnetz der SchmidtBank auf 56 Niederlassungen. Unter S.s Sohn Karl Gerhard S., der seit 1962 mit der Geschäftsführung beauftragt war, stieg die SchmidtBank zur zweitgrößten unabhängigen Privatbank in Deutschland auf, bevor sie 2004 von der C o m merzbank übernommen wurde. d p NDB
Schmidt,
Willi (Erwin Georg), Bühnenbildner, Regisseur, * 19.1. 1910 Dresden, t 2 0 . 2 . 1994 Berlin. S. studierte 1929-33 Philosophie, Theaterwissenschaft, Germanistik und Kunstgeschichte in Berlin. 1931-33 war er Assistent des Bühnenbildners Rochus —>Gliese, danach bei
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Jürgen —»Fehling und Heinz —>Hilpert. 1934-38 war er in Berlin an der Volksbühne und am Deutschen Theater, 1940-44 am Staatstheater tätig. Nach d e m Zweiten Weltkrieg war er auch Regisseur an allen großen Theatern in Berlin, am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg sowie am Düsseldorfer Schauspielhaus. 1952-75 lehrte er als Prof. für Bühnenbild an der Hochschule der Künste in Berlin. CD Kosch: Theater
Schmidt,
Wolf, Kabarettist, Regisseur, Schriftsteller, * 19.2. 1913 Friedberg (Hessen), t 17. 1. 1977 Gelsenkirchen. Der Sohn eines Musikhistorikers studierte Rechtswissenschaften in Freiburg/Breisgau, hielt sich als Korrespondent verschiedener Tageszeitungen in Paris und R o m auf und lebte dann als Redakteur in Berlin. Seit 1939 nahm er am Zweiten Weltkrieg teil. 1945 gründete S. das Kabarett „Die Zeitgenossen", war seit 1946 vor allem als Sprecher und Verfasser, zum Teil auch als Regisseur von Hörspielserien tätig und arbeitete an zahlreichen deutschen Sendern mit. Später war er Filmproduzent, Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller eigener Stücke für das Fernsehen. Sein größter Erfolg waren die seit 1949 entstandenen Geschichten u m die Familie Hesselbach, die zunächst im R u n d f u n k ausgestrahlt wurde und dann auch im Kino und als Fernsehserie zu sehen war. DO Frankf Biogr
Schmidt,
Wolfgang, seit 1949 Schmidt-Hidding, Anglist, * 2 7 . 2 . 1903 Berlin, t 17. 10. 1967 Bonn. S., Sohn eines Oberlehrers, studierte 1921-27 an den Universitäten Berlin und Marburg Englisch, Deutsch, Philosophie, Geschichte und Kunstgeschichte, wurde 1927 an der Univ. Marburg promoviert (Beiträge zur Stilistik von Hölderlins „Tod des Empedokles") und habilitierte sich dort 1931 für Englische Philologie (Die Entwicklung der englisch-schottischen Volksballaden, gedruckt 1933). Seit 1937 a . o . P r o f . , vertrat er den Lehrstuhl für Anglistik in Bonn und erhielt 1941 das Ordinariat; 1 9 4 4 / 4 5 war er vorübergehend an den Universitäten Münster und Graz tätig. S„ Seit 1933 Mitglied der N S D A P und der SA, war führend am Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften („Aktion Ritterbusch") beteiligt. 1945 nicht wieder in sein Bonner Lehramt eingesetzt, erhielt er 1949 einen Lehrauftrag f ü r englische Grammatik und war 1963-67 erneut o . P r o f . für Anglistik in Bonn. S. veröffentlichte u. a. Neuphilologie als Auslandswissenschaft auf Grundlage des Sprachstudiums (1934), Stanley Baldwin und Lloyd George. Uber den Stil der politischen Rede (1938), Humor und Witz (1963) und Abriß der englischen Literaturgeschichte (mit Annemarie Schöne, 1965). t u Höpfner
Schmidt von Altenheim,
Konrad Frh., österr. Jurist, Politiker, * 1 0 . 7 . 1 8 1 0 Agnetheln (Siebenbürgen), t 6 . 2 . 1884 Wien. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften am reformierten Kollegium in Neumark war S. ν. Α., Sohn eines Predigers, seit 1833 als Rechtsanwalt tätig. 1848 war er Mitglied des Siebenbürgischen Landtags in Klausenburg, wurde im selben Jahr als Abgeordneter in den Reichstag nach Pest entsandt und war seit 1849 Polizeidirektor von Hermannstadt. Seit 1851 Finanzrat, wurde er 1861 erster Landeskirchenkurator. Seit 1860 Führer der konstitutionellen Gesamtstaatspartei der Siebenbürger Sachsen und R u m ä n e n , übernahm er 1863 das A m t des Sachsengrafen und war 1863-65 als entschiedener Anhänger der österr. Gesamtstaatsidee Mitglied des Abgeordnetenhauses im Reichsrat. 1868 seines Amtes enthoben, ging S. v. A. nach Wien und war seit 1875 Mitglied des Herrenhauses sowie Sektionschef im Unterrichtsministerium. 1878 wurde er in den Freiherrenstand erhoben. tu Ö B L
Schmidt-Elskop S c h m i d t a u f A l t e n s t a d t , Karl August, Pseud. Bergmann, Fabricius, Carl Stugau, Journalist, Schriftsteller, * 2 0 . 2 . 1816 Herren wies (Baden), t 2 2 . 4 . 1 8 9 0 Wien. Der aus einem alten preußisch-württembergischen Geschlecht stammende S. auf Α., Sohn eines Hauptmanns, studierte einige Semester Rechtswissenschaften in Tübingen und trat dann in den württembergischen Militärdienst ein. 1844 quittierte er den Dienst, gründete in Ödenburg eine Turnschule und unterrichtete an der dortigen Handelsschule. Seit 1848 war S. auf A. Korrespondent der Augsburger „Allgemeinen Zeitung", gründete 1850 den „Ödenburger Stadt- und Landboten" und lebte seit 1852 als Mitarbeiter bzw. Korrespondent verschiedener in- und ausländischer Zeitungen und Zeitschriften (u. a. „Die Presse", „Neue Freie Presse", „Die Gartenlaube") und freier Schriftsteller in Wien. S. auf A. veröffentlichte u . a . Philosophische Briefe an eine Frau (1879) sowie den zweibändigen Zeitroman Pius IX. und seine Zeit (1868-70). Er war der Vater von Maximilian - > S . auf A. CD Ö B L
Schmidt auf Altenstadt, Maximilian von, österr. Chemiker, * 15.5. 1853 Wien, t 1 0 . 9 . 1 9 2 0 Wien. Der Sohn von Karl August - > S . auf A. studierte 1873-76 an der Chemisch-Technischen Fachschule der T H Wien und seit 1874 auch an der dortigen Univ. und war hier 1876-78 Staatsstipendiat am I. Chemischen Laboratorium. 1880-86 war S. auf A. Assistent an der T H Wien, befaßte sich dann mit chemisch-technologischen Arbeiten an der Univ. und wurde 1891 Assistent am Institut f ü r C h e m i e an der Hochschule für Bodenkultur. 1892 habilitierte er sich dort für analytische Chemie, war seit 1897 Lehrbeauftragter für dieses Fach und wurde 1906 a. o . P r o f . und Vorstand des agrochemischen Laboratoriums. Seit 1912 war S. auf A. o . P r o f . ad personam. Er veröffentlichte u. a. Anleitung zur Ausführung agriculturchemischer Analysen (1892) und Einführung in die qualitative chemische Analyse (1896, "'1919). DO Ö B L S c h m i d t - B a r r i e n , Heinrich (Adolf), eigentl. Schmidt, Schriftsteller, Dramaturg, * 19. 1.1902 Uthlede (Kr. Cuxhaven), t 9. 12. 1996 Lilienthal bei Bremen. S.-B., Sohn eines Pastors und Bruder Kurt Dietrich —> Schmidts, war nach einer Großhandelslehre als K a u f m a n n in Bremen und Schlesien tätig und arbeitete in den zwanziger Jahren einige Zeit als Buchhändler in Breslau. 1932 wurde er Leiter der Kulturabteilung der Bremer Böttcherstraße. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg lebte er als freier Schriftsteller in der N ä h e von Bremen und war Dramaturg am Niederdeutschen Theater in Bremen. S.-B. schrieb überwiegend in niederdeutscher Sprache. Sein Werk umfaßt neben einigen Romanen vor allem Erzählungen, Novellen (De frömde Fro, 1952; De Spaassmaker, 1960; Lessing im Walde, 1964; De Moorkeerl, 1968), Theaterstücke und Hörspiele (u.a. Dat Rosenbeet, 1959; Ulenspegel 61, 1961; Snee, 1968). S.-B. gehörte der von Ludwig - > R o s e l i u s gegründeten „Niedersachsenrunde von 1900" an. Er erhielt u. a. 1954 den Rudolf-Alexander-Schröder-Preis von Bremen. CD Killy S c h m i d t - B e r g , Heinz, Maler, Zeichner, * 1 0 . 2 . 1 9 1 1 Berlin, t 2 3 . 9 . 1993 Berlin. Nach der Ausbildung bei Max —>Kaus, Hans Otto —»Orlowski und Nikolaus Sagrekow schuf S.-B. Zeichnungen für Blätter wie „Ulk", „Koralle", „Ente" und „Rote Post". Während der nationalsozialistischen Herrschaft als Gebrauchsgraphiker tätig, zeichnete er nach 1945 f ü r die Berliner Zeitungen „Kurier", „ T e l e g r a f und „BZ". S.-B. malte auch Aquarelle und Gouachen.
S c h m i d t - B o d e n s t e d t , Adolf (Wilhelm Waldemar), Lehrer, Politiker, * 9 . 4 . 1904 Fallersleben, t 18. 8.1981 Bad Harzburg. Der Sohn eines Lokomotivführers war nach dem Besuch des Lehrerseminars in Braunschweig 1925-28 Hilfslehrer in Meerburg bei Peine und in Braunschweig, bis 1930 Volksschullehrer in Bodenstedt und 1 9 3 1 / 3 2 Bürgerschullehrer in Braunschweig. S.-B. war seit 1926 Mitglied der N S D A P und gehörte seit 1930 dem Braunschweigischen Landtag an, 1933 als Fraktionsführer der N S D A P ; seit 1933 war er auch Mitglied des Reichstags. S.-B. war Leiter der Abteilungen „Landjahr" und „Lehrerbildung" im Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. 1935 wurde er Ministerialrat und Gebietsführer der Hitler-Jugend, 1943 Ministerialdirigent. Nach Kriegsende interniert, ließ er sich 1948 in Bad Harzburg nieder und betätigte sich k o m m u n a l politisch für die F D P . • • Braunschweig 2 S c h m i d t - B o e l c k e , Werner, Dirigent, * 2 8 . 7 . 1903 Berlin, t 6 . 1 1 . 1985 München. S.-B. besuchte das Sternsche Konservatorium in Berlin, dirigierte 1923-26 an den Meinhard-Bernauer-Bühnen in Berlin, 1926-28 im Phoebus-Palast in München und war 1928-30 Chefdirigent aller Emelka-Lichtspiel-Theater, in denen große Orchester die Begleitmusik zu Stummfilmen spielten. Seit 1928 arbeitete er auch für den Berliner R u n d f u n k , war 1934-44 Chefdirigent des Metropol-Theaters und des Admirals-Palast in Berlin und wurde nach d e m Zweiten Weltkrieg Director of Light Music bei Radio Hamburg. Seit 1947 war S.-B. Dirigent bei Radio München, seit 1949 beim Bayerischen R u n d f u n k und 1950-67 Chefdirigent des Rundfunkorchesters. Seit 1925 komponierte er Musik für S t u m m filme und Tonfilme, u. a. für Die Heilige und ihr Narr (1928) und Johannisnacht (1933). S c h m i d t - C a b a n i s , (Otto) Richard, Journalist, Schriftsteller, Schauspieler, * 2 2 . 6 . 1 8 3 8 Berlin, t 12.11. 1903 Berlin. S.-C. war Lehrling in einer Buchhandlung und Volontär in einer Berliner Bank, bevor er Schauspielunterricht nahm. Sein erstes Engagement erhielt er 1860 in Köln, spielte dann an verschiedenen deutschen Bühnen und war 1862-64 als Buchhändler tätig. Bis 1867 stand S.-C. wieder auf der Bühne, mußte dann die Schauspielerei aus gesundheitlichen Gründen aufgeben und wurde Mitarbeiter verschiedener Zeitungen. 1871-84 war S.-C. Chefredakteur der „Montagszeitung", seit 1885 Redakteur des „Ulk" und seit 1895 dessen Chefredakteur. Er schrieb u. a. das Lustspiel Nur aus Liebe (1870) und Wechselnde Lichter. Gesammelte Gedichte und poetische Vorträge (1881). CD D L L S c h m i d t - C a s s e l l a , Otto (Johann Friedrich Richard), Maler, Graphiker, * 10.9. 1876 Wiesbaden, t 18. 12. 1954 Wiesbaden. S.-C. studierte an den Kunstakademien in München, Karlsruhe und Dresden, wo er Meisterschüler Eugen - > B r a c h t s war. Nach Studienreisen durch die Niederlande, Frankreich und Großbritannien lebte er seit 1906 in Berlin und ging 1943 nach Wiesbaden. S.-C. war als Landschafts- und Architekturmaler tätig; er schuf u. a. die Gemälde Wintermorgen (1904), Sommerliche Fluten (1907) und Berliner Sonntagsfreuden (1927).
Schmidt-Elgers, Paul -»Elgers, Paul S c h m i d t - E l s k o p , Arthur, Diplomat, * 1 3 . 1 0 . 1 8 7 5 Elskop (Schleswig-Holstein), t 4. 11. 1952 Buenos Aires. Das Studium der Rechtswissenschaften Schloß S.-E. 1899 mit der Promotion ab und war seit 1905 im Auswärtigen A m t in Berlin tätig. 1907 wurde er Vizekonsul in Buenos Aires, übernahm hier die Verwaltung des Generalkonsulats,
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Schmidt-Futterer war seit 1911 bei der Botschaft in R o m tätig und kehrte im selben Jahr als Ständiger Hilfsarbeiter in das Auswärtige A m t in Berlin zurück. Seit 1912 Legationsrat, wurde S.-E. 1918 Vortragender Rat, 1919 Dirigent der Presseabteilung, 1923 Gesandter in Montevideo, 1932 in Rio de Janeiro und war dort 1 9 3 6 / 3 7 Botschafter.
Schmidt-Futterer,
Wolfgang, Jurist, * 4. 10.1927 Schlesien, t 2 . 4 . 1978 Mannheim. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg, in dem er durch Verbrennung auf beiden Augen erblindete, studierte S.-F. Rechtswissenschaften in Göttingen, trat als Assessor in M a n n h e i m in den baden-württembergischen Justizdienst ein und war dann als Zivilrichter am Landgericht Mannheim tätig. Er befaßte sich vor allem mit dem Mietrecht, als dessen bester Kenner er in den siebziger Jahren galt, und veröffentlichte u . a . Mietrecht (1969, "1977; seit ' 1 9 7 9 unter dem Titel Mietrecht von A-Z, bearb. von Hubert Blank, 13 1991) und als sein Hauptwerk den Standardkommentar zum Mietrecht Wohnraumschutzgesetze (1974, 3 1979; seit 4 1981 bearb. von H. Blank, s e i t 7 1 9 9 9 unter d e m Titel Mietrecht. Großkommentar des Wohn- und Gewerberaummietrechts, '2007). Seit 2003 wird vom Deutschen Mietgerichtstag der Schmidt-Futterer-Preis vergeben. Cxi Juristen
Schmidt-Garre,
Helmut, Musikschriftsteller, Komponist, * 2 3 . 6 . 1907 Düsseldorf, t 1 . 4 . 1 9 8 9 München. S.-G. studierte Musikwissenschaft in Wien und wurde 1930 mit der Arbeit Die Organa der Notre-Dame-Schuie zum Dr. phil. promoviert. Daneben erhielt er Kompositionsunterricht bei Alban - > B e r g und Instrumentationsunterricht bei Egon —>Wellesz. Seit 1932 lebte S.-G. in München und war seit 1947 Musikkritiker des „Münchner Merkur". Er schrieb u . a . Oper. Eine Kulturgeschichte (1964). Zu seinen K o m positionen gehören u . a . ein Klavier-Quintett (1936) und ein Konzert für Streichorchester (1939).
Schmidt-Gentner,
Willy, eigentl. Wilhelm S., Pseud. Will Fred, Komponist, Kapellmeister, Regisseur, * 6 . 4 . 1894 Neustadt am Rennsteig, t 1 2 . 2 . 1 9 6 4 Wien. S.-G. erhielt eine musikalische Ausbildung am Konservatorium in Berlin und als Kompositionsschüler bei Max —> Reger. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg zunächst als Steuerbeamter tätig, war er dann Kapellmeister bei Kinovorführungen und wurde später Generalmusikdirektor der Ufa. Er trat seit 1922 mit Filmkompositionen hervor und wurde, seit 1933 in Wien ansässig, zu einem bekanntesten Komponisten für die deutsche und österr. Filmindustrie. Zu seinen etwa 2 0 0 Spielfilmmusiken gehören die für Die weiße Hölle vom Piz Palü (1929), Hokuspokus (1930), Operette (1940) und Spionage (1955). In Die Pompadour (1935) und Prater (1936) führte er auch Regie. CP Ö M L
Schmidt-Gronau,
Luise, Sängerin, * 3 . 4 . 1 8 9 4 Rothenburg/Tauber, t 8.7. 1966 Hannover. Ihre Gesangsausbildung erhielt S.-G. bei Marie Altona und Gottfried —»Mahling in Coburg, wo sie 1913-18 ihr erstes Engagement am Hoftheater hatte, und war 1918-29 Ensemblemitglied des Landes- und späteren Staatstheaters Hannover. 1929-34 trat S.-G. nur gastierend auf und wirkte 1937-44 am Staatstheater von Oldenburg. Sie sang mehrmals bei den Bayreuther Festspielen, u . a . 1 9 3 0 / 3 1 die Roßweiße in der Walküre, war als Fricka im Ring des Nibelungen, als Venus im Tannhäuser und als C a r m e n erfolgreich und zuletzt als Pädagogin in Hannover tätig. c d Kutsch
Schmidt-Hellerau, Karl -> Schmidt, Karl
Schmidt-Heyder, (Johann) Adolph, bis 1870: Schmidt, Mediziner, Biologe, * 6. 12.1806 F r a n k f u r t / M a i n , t 8. 12. 1889 F r a n k f u r t / M a i n . Der aus einer K a u f m a n n s f a m i l i e stammende S.-H. studierte 1826 Medizin in Königsberg, 1827 in Heidelberg, wo er wegen politischer Aktivitäten relegiert wurde, und Schloß sein Studium in Halle mit der Promotion ab (Dissertatio de fungo medullari, 1830). Nach Reisen durch England und Frankreich ließ er sich 1831 als Arzt in Frankfurt nieder und bemühte sich um eine verbesserte Krankenversorgung der ländlichen bzw. ärmeren Frankfurter Bevölkerung; 1834 gründete er dort die Armenklinik. S.-H. gehörte ferner zu den Begründern des Ärztlichen Vereins (1845) und des Mikroskopischen Vereins (1855), denen er auch vorstand. Er war Sekretär der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft und arbeitete an der Erforschung und Bestimm u n g der Weichtiere und deren Schalen. Seine mikroskopischen Untersuchungen der menschlichen Eingeweidewürmer brachten wertvolle Erkenntnisse auf dem Gebiet der Lebensmittelhygiene. CD Frankf Biogr Schmidt-Horix,
Hans, Diplomat, * 2 0 . 9 . 1 9 0 9 Bekioen (Sumatra), t 3 0 . 1 1 . 1 9 7 0 Lissabon. Der Sohn eines Plantagenbesitzers studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Freiburg/Breisgau und Bonn, wurde 1933 promoviert und trat 1935 in den Auswärtigen Dienst ein. 1936 wurde S.-H. Attache in Paris, 1937 in Lissabon, 1941 Legationssekretär in Washington und leistete 1942-44 Kriegsdienst. 1946-48 war er Wirtschaftsberater, arbeitete 1948-52 im Deutschen A m t für Ein- und Ausreisegenehmigungen in Düsseldorf und wurde 1952 wieder in den Dienst des Auswärtigen Amtes übernommen. S.-H. ging als Gesandtschaftsrat nach Karachi, leitete seit 1955 das Referat Süd- und Südostasien in der Ostabteilung des Auswärtigen Amtes und wurde 1957 Vortragender Legationsrat. 1959 wurde er Botschafter in Kabul, 1963 in Bagdad, 1965 Botschafter zur besonderen Verwendung im Auswärtigen A m t und 1970 in Portugal.
Schmidt-Görg,
Joseph, bis 1930 Schmidt, Musikwissenschaftler, * 19.3. 1897 Rüdinghausen (heute zu Witten), t 3 . 4 . 1981 Bad Neuenahr. S.-G. studierte Musikwissenschaft, Philosophie, Pädagogik und Experimentalphysik in Bonn, wurde 1926 mit der Dissertation Die Messen des Clemens non Papa zum Dr. phil. promoviert und war seit 1927 Assistent am dortigen Beethoven-Archiv, 1945-72 dessen Direktor. 1930 habilitierte er sich in Bonn mit der Arbeit Die Mitteltontemperatur, wurde 1938 a. o . P r o f . und war 1948-66 Ordinarius für Musikwissenschaft. Schwerpunkte seiner Forschungen waren die liturgische Einstimmigkeit des Mittelalters, die Musik der Niederländer sowie das Werk Ludwig van —»Beethovens. S.-G. war Herausgeber der „Veröffentlichungen des Beethovenhauses in B o n n " (1952 ff.) und der Beethoven-Gesamtausgabe (1961 ff.). Er schrieb u . a . Beethoven. Die Geschichte seiner Familie (1964). CD M G G
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Schmidt-Isserstedt,
(Paul) Hans (Ernst), eigentl. Schmidt, Dirigent, Komponist, * 5 . 5 . 1 9 0 0 Berlin, t 2 8 . 5 . 1973 Holm (Kr. Pinneberg). Der Kaufmannssohn erhielt früh Violin- und Musikunterricht in Berlin, studierte Musik, Musikwissenschaft und Philosophie in Berlin, Heidelberg und Münster und wurde 1923 mit der Arbeit Die Einflüsse der Italiener auf die Instrumentierung der Mozartschen Jugendopern zum Dr. phil. promoviert. 1920-23 war er Kompositionsschüler Franz —>Schrekers in Berlin. 1923 wurde S.-I. Korrepetitor am Stadttheater in Barmen-Elberfeld, war bis 1928 Kapellmeister und ging im selben Jahr als Erster Kapellmeister nach Rostock. Seit 1931 war er in Darmstadt tätig, 1935-42 als Erster Kapellmeister an der Staatsoper in Hamburg und 1943-45 als Operndirektor am Deutschen Opernhaus Berlin, wo er 1944 zum Generalmusikdirektor ernannt wurde. 1945-72 war S.-I. Chefdirigent des Symphonieorchesters des
Schmidt-Metzler Nordwestdeutschen bzw. Norddeutschen R u n d f u n k s und leitete 1955-64 auch das Philharmonische Orchester Stockholm. Er war ein bekannter -»Mozart-Interpret, setzte sich aber auch f ü r die Neue Musik ein. S.-I. komponierte u . a . die Oper Hassan gewinnt (Uraufführung 1928 in Rostock), Bühnenmusik, Orchesterwerke, K a m m e r m u s i k und Lieder. CD M G G
Löschung aus d e m Handelsregister 1934 im Jahr 1961 aufgehoben wurde. Als Vorstand der Gruppe Sozialistischer Verleger, Buchhändler, Autoren und Bibliothekare gab S.-K. 1972 Bücher von heute sind die Taten von morgen. 1947-1971 eine Dokumentation über der Arbeit der Gruppe Sozialistischer Verleger, Buchhändler, Autoren und Bibliothekare heraus. CD M B L
Schmidt-Kolmer, Eva, Sozialhygienikerin, * 25.6. 1913
S c h m i d t - L o r e n z , Wilhelm, Biologe, * 6. 11. 1922 Hameln, t 22. 12. 1994 Müllheim (Kt. Thurgau). S.-L., Sohn eines Ingenieurs, studierte nach Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und Gefangenschaft, aus der er 1948 entlassen wurde, Biologie mit Schwerpunkt Botanik und wurde 1955 an der Univ. Göttingen promoviert (Untersuchungen über den anaeroben Kohlenhydrat-Stoffwechsel von Aspergillus niger van Tieghem). Er war zunächst Assistent in Götingen, seit 1957 Leiter der mikrobiologischen Abteilung der Bundesforschungsanstalt für Lebensmittelfrischhaltung in Karlsruhe, wo er sich 1968 habilitierte, und wurde nach kurzer Tätigkeit als Prof. der Mikrobiologie an der Univ. Hannover (1972) auf den Lehrstuhl für Mikrobiologie der Ε Τ Η Zürich berufen. Wegweisend waren vor allem allem seine Arbeiten zur Haltbarkeit von Tiefkühlkost und gekühlten Lebensmitteln. S.-L. war langjähriger Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Lebensmittelhygiene. Er veröffentlichte u . a . Die Myxobakterienzelle (1969) und Lebensmittel-Mikrobiologie (1977). CO N D B
Wien, t 2 9 . 8 . 1991 Berlin. S.-K., Tochter eines Arztes und Professors, studierte 1931-38 Medizin in Wien, Schloß sich 1930 der K P Ö an und war 1934 zeitweise inhaftiert. Nach dem „Anschluß" Österreichs 1938 emigrierte sie nach England, war 1939-45 Generalsekretärin des „Free Austrian M o v e m e n t " und kehrte nach Kriegsende nach Österreich zurück. 1946 ging S.-K. in die Sowjetische Besatzungszone und wurde SED-Mitglied. Seit 1950 leitete sie die Abteilung Gesundheitsschutz für Mutter und Kind im Ministerium für das Gesundheitswesen des Landes Mecklenburg. 1952 wurde sie zum Dr. med. promoviert (Gesundheitsschutz für Mutter und Kind). 1956-65 arbeitete sie am Institut für Sozialhygiene der Humboldt-Universität zu Berlin, wo sie sich 1958 habilitierte (Psychometrie bei Kindern von 0-3 Jahren und ihre Bedeutung für die Hygiene des Kindesalters), und wurde 1961 Prof. mit Lehrauftrag. Seit 1959 war sie Leiterin der Abteilung f ü r Hygiene des Kindesalters, 1966-74 Direktorin der Zentralstelle bzw. seit 1973 des Instituts für Hygiene des Kindes- und Jugendalters in Berlin. S.-K. war mit Heinz —> Schmidt verheiratet. Zu ihren Veröffentlichungen gehören Leitfaden für die Erziehung in Krippen und Heimen (mit Johanna R e u m a n n , 1957, 6 1965), Verhalten und Entwicklung des Kleinkindes (1959), Zum Einfluß von Familie und Krippe auf die Entwicklung von Kindern in der frühen Kindheit (1977) und Frühe Kindheit (1984, 2 1986). m DDR S c h m i d t - K ü n s e m ü l l e r , Friedrich Adolf, Bibliothekar, * 3 0 . 1 2 . 1 9 1 0 Hannover, t 9. 8. 1993 Kiel. S.-K. studierte Germanistik, Anglistik, Philosophie und Geschichte an der Univ. Göttingen, wurde 1936 promoviert, war 1936-38 Volontär an verschiedenen Bibliotheken und arbeitete 1938-42 an der Universitätsbibliothek Greifswald. 1952-55 im Bibliotheksreferat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und als Leiter der Wissenschaftlichen Bibliothek der Farbenfabriken Bayer tätig, war er 1955-59 Direktor der Stadtbibliothek Mainz und 1959-75 Direktor der Universitätsbibliothek Kiel. Seit 1965 lehrte er als Honorarprofessor an der Univ. Kiel Buch- und Bibliothekswesen. 1969-71 war er Vorsitzender des Vereins Deutscher Bibliothekare. S.-K. veröffentlichte u. a. Gutenberg und das Sandgußverfahren (1941), Die Erfindung des Buchdrucks als technisches Phänomen (1951), Die Geschichte des Bucheinbandes (1952) und Bibliographie zur Geschichte des Bucheinbandes (1987). Seit 1987 gehörte er zu den Herausgebern der 2. Auflage des Lexikons des gesamten Buchwesens. CD Habermann 2 S c h m i d t - K ü s t e r , Gustav, bis 1947 Schmidt, Verleger, * 2 5 . 3 . 1902 Hohenwarsleben, t 7 . 3 . 1988 Hannover. Z u m Buchhändler ausgebildet, wurde S.-K., Mitglied der SPD, Leiter der Buchhandlung der „Volksstimme" in Magdeburg und betrieb nach deren Schließung und kurzer Haft 1933 die Mittelelbe-Buchhandlung. Nach d e m Zweiten Weltkrieg gründete er den Börde-Verlag, wurde 1947 als Gegner der Vereinigung von S P D und K P D vorübergehend inhaftiert und ging dann nach Hannover, wo er Verlagsleiter der „Hannoverschen Presse" wurde. S.-K. gründete den Fackelträger-Verlag und den Verlag f ü r Literatur und Zeitgeschehen und setzte sich seit Mitte der fünfziger Jahre für eine Neugründung des J. H. W . Dietz Verlags ein, dessen
S c h m i d t - M a t t h i e s e n , Heinrich, Mediziner, * 2 8 . 3 . 1 9 2 3 Witten/Ruhr, t 4.5.2006 Frankfurt/Main. Nach Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und Gefangenschaft studierte S.-M., Sohn eines Steueranwalts und Wirtschaftsprüfers, 1946-52 an der Univ. Münster Medizin, wurde 1952 mit der Dissertation Neue Ergebnisse zur Lymphknotenfunktion promoviert und war danach Assistent an der Frauenklinik in Göttingen. 1954 ging er an das pathologische Institut Mannheim und kehrte im folgenden Jahr an die Universitäts-Frauenklinik Göttingen zurück, w o er bis 1960 als wissenschaftlicher Assistent tätig war. Er beschäftigte sich besonders mit Fragen der KarzinomBindegewebs-Beziehung und war u. a. an der Errichtung eines histochemischen Labors beteiligt. Weitere Schwerpunkte seiner Forschung waren Invasionsmechanismen beim Krebswachstum, die Strahlenreaktion des Gewebes sowie Arbeiten über Geburtsmechanik und Beckendiagnostik. 1961 habilitierte sich S.-M. an der Univ. Göttingen mit der Arbeit Histochemische Studien an normalen menschlichen Endometrium, wurde 1966 apl. Prof. und folgte 1969 einem Ruf als o . P r o f . an die Univ. F r a n k f u r t / M a i n . Seit 1972 war er geschäftsführender Direktor des dortigen Zentrums für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. 1981 Gründer und bis 1987 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft f ü r Gynäkologische Onkologie, wurde S.-M. 1982 zum Ehrenmitglied des Berufsverbandes der Frauenärzte ernannt. Seit 1970 gehörte er der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina an. Er veröffentlichte neben Erzählungen und Kriminalromanen u. a. Die fibrinolytische Aktivität in Endometrium und Myometrium, Dezidua und Plazenta, Kollum- und Korpuskarzinomen (1967), Prae-, intra- und postoperative Maßnahmen in Gynäkologie und Geburtshilfe (1974, 2 1978, poln. 1981), Das normale menschliche Endometrium (1963, engl. 1967), Gynäkologie und Geburtshilfe (1972, '"2004), Thymusaplastic nude mice and rats in clinical oncology (1981) und Gynäkologische Onkologie (1982, 7 2002). S c h m i d t - M e t z l e r , (Johann Friedrich) Moritz, eigentl. Schmidt, Laryngologe, * 15.3. 1838 F r a n k f u r t / M a i n , t 9 . 1 2 . 1907 F r a n k f u r t / M a i n . S.-M., Sohn eines Arztes, studierte Medizin in Göttingen und Berlin, wurde mit der Dissertation De renum structura
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Schmidt-Osten quaestiones (1860) promoviert und ließ sich nach einer Studienreise 1861 als praktischer Arzt in Frankfurt nieder. Seit 1886 widmete er sich ausschließlich der Laryngologie. 1887 gehörte er zum Expertengremium bei der Behandlung der Kehlkopferkrankung des späteren Kaisers —» Friedrich III. 1892 wurde er zum Prof., 1896 zum Geheimen Sanitätsrat, 1899 zum Geheimen Medizinalrat und nach der erfolgreichen Stimmbandoperation Kaiser —» Wilhelms II. zum Wirklichen Geheimen Rat ernannt. S.-M. war 1883-1907 Vorsitzender des Ärztlichen Vereins und der Senckenbergischen Stiftung. Sein Hauptwerk Die Krankheiten der oberen Luftwege (1894, 3 1903) wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Cd Frankf Biogr S c h m i d t - O s t e n , Hans, Jurist, * 2 7 . 4 . 1 9 0 3 Heidelberg, t 26. 1. 1993 Stuttgart. S.-O. studierte Jura in Heidelberg und Tübingen. Als Justitiar des Deutschen Journalisten-Verbandes und des Deutschen Pressereferats entwarf er das Konzept der ersten Tarifverträge für Journalisten in der Nachkriegszeit. Als Mitglied der Gremien des Versorgungswerks der Presse, stellvertretender Vorsitzender der Rentenkommission und des Hilfsvereins galt sein Engagement besonders der Altersversorgung seines Berufsstandes. Er veröffentlichte u . a . Arbeitsrecht der Presse und Steuerrecht der Presse. 1947-74 war er Mitglied der Redaktion der „Stuttgarter Nachrichten". S.-O. war Mitbegründer des Deutschen Journalisten-Verbandes in Β aden-Württemberg. S c h m i d t - O t t , Friedrich (Gustav Adolf Eduard Ludwig), bis 1920 Schmidt, Jurist, Politiker, * 4 . 6 . 1860 Potsdam, t 2 8 . 4 . 1956 Berlin. S.-O., Sohn eines Theologen und Geheimrats und Vetter des Chemikers Albrecht —» Schmidt, studierte seit 1878 Rechtswissenschaften in Berlin, Heidelberg, Leipzig und Göttingen und wurde 1883 in Berlin promoviert. 1882 trat er in den preuß. Staatsdienst ein, wo er nach einer Tätigkeit als Hilfsarbeiter im Reichsjustizamt 1888 in das preuß. Kultusministerium wechselte. Seit 1895 war er Geheimer Regierungsrat und Vortragender Rat, seit 1907 Ministerialdirektor und engster Mitarbeiter von Friedrich - » A l t h o f f . 1917 wurde S.-O. preuß. Staatsminister und übernahm das Ministerium der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten, schied jedoch im N o v e m b e r 1918 aus. 1919-37 war er zweiter Vizepräsident und Senator der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, 1920-34 Präsident der von ihm u . a . mit Fritz —»Haber begründeten Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft, deren Ehrenpräsident er nach dem Zweiten Weltkrieg (dann Deutsche Forschungsgemeinschaft) wurde, und 1948-56 Ehrensenator der Max-Planck-Gesellschaft. S.-O. war Ehrenmitglied der Akademien der Wissenschaften in Berlin, Göttingen, Heidelberg, Halle, Leipzig und Wien sowie der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. CD N D B S c h m i d t - P a u l i , Edgar (Fiath Florentin Richard) von, Publizist, * 3 . 3 . 1881 Hamburg, t 16.9. 1955 Tutzing (Oberbayern). Nach dem Besuch der Ritterakademie in Liegnitz studierte S.-P. Rechtswissenschaften in Cambridge, München, Göttingen und Leipzig, wo er promoviert wurde, und war seit 1910 Musik- und Theaterkritiker beim „Hamburger Fremdenblatt". 1912-14 arbeitete er als Regisseur am Hamburger Stadttheater und am Hoftheater in Wiesbaden, wurde 1914 zum Kriegsdienst eingezogen und war 1916-18 Chefredakteur des „Belgischen Kurier" in Brüssel. Nach dem Ersten Weltkrieg Pressedelegierter in Versailles, wurde S.-P. 1923 Chefredakteur der Nachrichtenagentur „Eca" in Berlin und später Chefredakteur der Zeitschriften „Der Roland von Berlin" und „Jugend". 1927-34 gab er die Monatszeitschrift „Politik und Gesellschaft" heraus und war später auch Pressechef beim Staatskommissar für öffentliche Ordnung. Nach
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dem Zweiten Weltkrieg gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der C D U in Holstein. Zuletzt war S.-P. Redaktionsmitglied der Zeitschrift „Echo der Woche" in München an. Er veröffentlichte u . a . Die Männer um Hitler (1932), Hitlers Kampf um die Macht (1933; 2., erw. Aufl. 1933) und Geschichte der Freikorps 1918-1924 (1939). S c h m i d t - P h i s e l d e c k , (Johann Heinrich) Christoph von, Jurist, Archivar, * 9 . 5 . 1740 Northeim, t 9 . 9 . 1801 Wolfenbüttel. Der Sohn eines Stadtkämmerers studierte seit 1757 Rechtswissenschaften in Göttingen, war 1759-62 Hauslehrer in St. Petersburg und setzte danach sein Studium in Göttingen fort, das er 1764 mit der Promotion abschloß. 1765 folgte S.-P. einem Ruf als Prof. der Rechtswissenschaften und Geschichte an das Collegium Carolinum in Braunschweig und war seit 1779 Archivar in Wolfenbüttel. 1784 wurde er zum Hofrat ernannt, 1789 nobilitiert. S.-P. veröffentlichte u . a . ein Repertorium der Geschichte und Staatsverfassung von Teutschland (8 Bde., 1789-94). Er war der Vater von Justus und Konrad Friedrich von —»S.-P. c n Braunschweig 2 S c h m i d t - P h i s e l d e c k , (Wilhelm) Justus (Eberhard) von, Archivar, * 8.4. 1769 Braunschweig, t 2 3 . 9 . 1 8 5 1 Wolfenbüttel. Der Sohn von Christoph von - » S . - P . und Bruder von Konrad Friedrich von —»S.-P. studierte 1787-90 Rechtswissenschaften in Helmstedt, war Sekretär des Berghauptmanns August Ferdinand von —»Veltheim zu Harbke und wurde 1795 Sekretär im Lehns- und Hauptarchiv in Wolfenbüttel. 1802 wurde er als Nachfolger seines Vaters erster Archivar und Vorstand, 1806 Hofrat und Geheimer Sekretär im Ministerium in Braunschweig und 1808 Appellationsrichter in Kassel. Seit 1809 Mitglied des kgl. westfälischen Staatsrats, wurde S.-P. 1810 Generaldirektor der Steuern in Kassel, 1813 Geheimer Regierungsrat in Braunschweig und Mitglied des dortigen Geheimen Ratskollegiums, 1814 Bevollmächtigter Braunschweigs auf dem Wiener Kongreß. Nach Auseinandersetzungen mit Herzog —»Karl II. ging er 1827 nach Hannover, wurde dort Mitglied des Geheimen Ratskollegiums und war 1832-40 Landdrost in Hildesheim. S. veröffentlichte u . a . eine Anleitung für Anfänger in der deutschen Diplomatik (1804, 2 1822). m Braunschweig 2 S c h m i d t - P h i s e l d e c k , Karl (Justus Wilhelm) von, Jurist, Archivar, * 4 . 4 . 1 8 3 5 Wolfenbuttel, t 11. 10.1895 Braunschweig. Der Enkel von Justus von —»S.-P. studierte 1853-56 Rechtswissenschaften in Göttingen, war seit 1861 im Landeshauptarchiv in Wolfenbüttel tätig, seit 1865 als Archivsekretär, wurde 1879 Vorstand und hatte die Leitung des Archivs bis 1890 inne. Seit 1867 war er nebenamtlicher Syndikus des ritterschaftlichen Creditvereins des Herzogtums Braunschweig. 1874 wurde S.-P. Stadtverordneter in Wolfenbüttel, 1875 Konsistorialrat und 1885 Konsistorialpräsident. ED Braunschweig 2 S c h m i d t - P h i s e l d e c k , Konrad (Georg) Friedrich (Elias) von, Jurist, Wirtschaftsfachmann, * 15. 11.1770 Braunschweig, t 15.11. 1832 Kopenhagen. Nach d e m Studium der Philosophie und Rechtswissenschaften in Helmstedt 1787-90 nahm S.-P., Bruder von Justus von —»S.-P., eine Hauslehrerstelle in Kopenhagen an, erwarb die dänische Staatsangehörigkeit und wurde 1794 in Kopenhagen promoviert. Er war dort Privatdozent für Philosophie, wandte sich vorwiegend staatsrechtlichen Fragen zu und trat 1797 als Assessor im Ökonomie- und Kommerzkollegium in den dänischen Staatsdienst ein. 1812 wurde S.-P. wirklicher Etatsrat und 1829 Konferenzrat. 1813-23 war er Mitdirektor der dänischen Reichsbank. S.-P. veröffentlichte u. a. Philosophiae criticae secundum Kantium exposito systematica
Schmidt-Rohr (2 Bde., 1796-98), Der Europäische Bund (1821) und Die Politik nach den Grundsätzen der heiligen Allianz (1822) und verfocht die Idee eines allgemeinen europäischen Friedens. Π3 Braunschweig 2 S c h m i d t - R e i n d a h l , Theo, Bildhauer, * 2 1 . 1 . 1 9 0 1 Wolmirsleben bei Magdeburg, f 1 3 . 2 . 1 9 7 2 Königslutter. Der Sohn eines Buchhalters begann um 1920 eine Lehre als Grabsteinbildhauer in Kassel, besuchte nach der Gesellenprüfung die dortige Kunstgewerbeschule und studierte nach Studienreisen, die ihn nach Italien, Serbien, Montenegro und Schweden führten, an den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst in Berlin-Charlottenburg. 1935 ging S.-R. als freischaffender Bildhauer nach Braunschweig, w o er u. a. den Schöninger Brunnen mit der Wasserträgerin und das Pferderelief am Gestüt in Bündheim schuf. 1941 ü b e r n a h m er die Leitung der SteinmetzBerufsfach- und Meisterschule in Königslutter. CD Braunschweig 2 S c h m i d t - R e n n e r , Franz, österr. Schauspieler, Regisseur, * 1.9. 1851 Braunseifen (Mähren), t 2 9 . 4 . 1 9 4 2 Linz. Von Beruf Sattler, war S.-R. seit Mitte der sechziger Jahre Mitglied fahrender Schauspielertruppen. Als Charakterkomiker 1 8 8 8 / 8 9 in Innsbruck erfolgreich, war er anschließend in Marburg, Salzburg und Ödenburg engagiert. 1893-97 spielte er am Stadttheater in Baden (Niederösterreich) und trat auch an Wiener Bühnen auf. 1898-1931 gehörte er zum Ensemble des Landestheaters in Linz, an dem er als Charakterkomiker in zahlreichen Operetten, aber auch als Rappelkopf in Ferdinand —»Raimunds Der Alpenkönig und der Menschenfeind und als Steinklopferhans in L u d w i g —> Anzengrubers Die Kreuzelschreiber brillierte. S.-R. war auch als Regisseur tätig. OD Ö B L S c h m i d t - R i m p l e r , Hermann, Ophthalmologe, * 30. 12. 1838 Berlin, t 2 3 . 9 . 1 9 1 5 H a l l e / S a a l e . S.-R., Sohn eines Kaufmanns, studierte Medizin am Friedrich-Wilhelm-Institut in Berlin, wurde 1861 promoviert und schlug die militärärztliche Laufbahn ein. Er nahm an den Feldzügen 1864 und 1866 teil, kam 1867 als Stabsarzt an das Friedrich-Wilhelm-Institut und wurde Assistent an der unter der Leitung Albrecht von —»Graefes stehenden Augenklinik der Charite. Nach Graefes Tod 1870 war S.-R. deren interimistischer Leiter, ging 1871 als a. o.Prof. der Augenheilkunde und Direktor der Universitäts-Augenklinik nach Marburg und wurde 1873 Ordinarius ( 1 8 8 0 / 8 1 Rektor). Seit 1890 wirkte er in gleicher Stellung in Göttingen, seit 1901 in Halle ( 1 9 0 5 / 0 6 Rektor). S.-R. war seit 1909 Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Er arbeitete über Augenerkrankungen und ihre Beziehungen zu anderen Krankheiten des Organismus. S.-R. konstruierte ein Refraktionsmeßgerät (Schmidt-Rimpler-Optometer) und veröffentlichte u. a. Augenheilkunde und Ophthalmoskopie (1885, r> 1894, russ. 1885, engl. 1889) und Schulkurzsichtigkeit und ihre Bekämpfung (1890). Er war der Vater Walter - » S . - R . CO Kreuter S c h m i d t - R i m p l e r , Walter, Jurist, * 2 5 . 1 1 . 1 8 8 5 Marburg, t 2 7 . 4 . 1975 Bonn. S., Sohn von Hermann —>S.-R., Schloß das Studium der Rechtswissenschaft in Heidelberg, München, Berlin und H a l l e / S a a l e 1911 mit der Promotion ab (Eigentum und Dienstbarkeit). 1914 habilitierte er sich in Halle mit einer Arbeit zur Geschichte des Kommissionsgeschäfts im Mittelalter, folgte 1919 einem Ruf als apl. Prof. nach Königsberg und war seit 1920 o . P r o f . in Rostock. 1922 übernahm er den Lehrstuhl f ü r Bürgerliches Recht in Breslau und wechselte 1937 an die Wirtschaftshochschule BerlinCharlottenburg. Seit 1933 gehörte S.-R. der A k a d e m i e für Deutsches Recht an. 1946 wurde er o . P r o f . für Deutsches
und Bürgerliches Recht sowie Handels- und Wirtschaftsrecht an der Univ. Bonn. S.-R. befaßte sich vor allem mit Wirtschaftsrecht und formulierte 1941 die These von der Richtigkeitsgewähr des Vertrags ( G r u n d f r a g e n einer Erneuerung des Vertragsrechts, Neuaufl. unter dem Titel Zum Vertragsproblem, 1974). Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Geschäfte der kaufmännischen Mittelspersonen (1928) und Die Gegenseitigkeit bei einseitig bedingten Verträgen (1968). m NDB S c h m i d t - R ö m h i l d , Georg, eigentl. Schmidt, Verleger, * 2 5 . 1 0 . 1883 Lübeck, t 28. 11. 1952 Lübeck. Nach der Ausbildung zum Buchdrucker wurde S.-R. 1910 von seinem Vater M a x Schmidt als Teilhaber in das Geschäft (Druckerei und Verlag) aufgenommen. Nach dessen Tod 1919 wurde er alleiniger Inhaber des Unternehmens. S.-R. wirkte maßgeblich an der Gründung der Vereinigung der Stadtadreßbuchverleger Deutschlands mit und war bis 1933 1. Vorsitzender der 1920 in Bad Oeynhausen gegründeten Adreßbuchverlegervereinigung. 1920 erwarb er den von Erich Retzlaff aufgebauten Verlag (Polizeihandbuch); 1925 wurde der „Deutsche Polizei-Verlag Georg Schmidt-Römhild" gegründet, in dem die neuen Polizeiverlagsobjekte zusammengefaßt wurden. Den Doppelnamen „Schmidt-Römhild" hatte sich S.-R. kurz zuvor in Erinnerung an den ersten Lübecker Ratsbuchdrucker Georg Franz Justus Römhild zugelegt. Nach Modernisierung der Druckerei konnte seit 1922 das Lübecker Adreßbuch ganz im eigenen Betrieb produziert werden; 1925 erschien das erste Örtliche Fernsprechbuch für Lübeck. 1929 wurde der Postlehrbücherverlag übernommen. Im Dezember 1945 zog die englische Besatzungsmacht die im September erteilte Lizenz wieder zurück und setzte bis 1947 Treuhänder zur Unternehmensführung ein. Im Frühjahr 1948 übernahm S.-R. wieder persönlich die Geschäftsführung. S c h m i d t - R o h r , Georg (Albert Johannes), eigentl. Schmidt, seit 1 9 3 7 / 3 9 Schmidt-Rohr, Pseud. Fritz Stein, Jörgen Quassel, A. Licht (?), Germanist, Sprachwissenschaftler, * 2 4 . 7 . 1890 F r a n k f u r t / O d e r , t 1945 (?) bei Meseritz (?; am 18.9. 1949 f ü r tot erklärt). S., Sohn seines Realschullehrers, Schloß sich der Wandervogelbewegung an, studierte seit 1910 Germanistik und Neuere Sprachen in Berlin und Jena (Promotion 1916, Die Aufgaben der militärischen Jugendpflege in pädagogischer Beleuchtung, gedruckt 1917) und nahm 1914-18 als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil. Seit 1920 Lehrer in F r a n k f u r t / O d e r , wurde S.-R. vor allem mit völkisch geprägten sprachwissenschaftlichen Schriften bekannt (u. a. Unsere Muttersprache als Waffe und Werkzeug des deutschen Gedankens, 1917; Die Sprache als Bildnerin der Völker, 1932, 2 1933 unter d e m Titel Mutter Sprache), die er auch mit nationalistischen geopolitischen Zielsetzungen verband. 1933 trat er in die N S D A P ein; nach einem Parteiausschlußverfahren wegen Kritik am Rassegedanken 1939 rehabilitiert, war er seit 1940 für den Sicherheitsdienst der S S tätig und leitete seit 1943 die Lehr- und Forschungsstätte für angewandte Sprachsoziologie im „Ahnenerbe" der SS. S.-R war zuletzt Führer eines „Volkssturm"-Bataillons und gilt seit 1945 als vermißt. Er war der Vater von Ulrich —»S.-R. t u IGL S c h m i d t - R o h r , Ulrich, Physiker, * 2 5 . 5 . 1926 F r a n k f u r t / Oder, f 2 1 . 4 . 2 0 0 6 Montafon (Vorarlberg). Das Studium der Physik Schloß S.-R., Sohn von Georg —»S.-R., 1953 mit der Promotion ab, wurde 1955 Assistent am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung und habilitierte sich 1960. Zunächst Abteilungsleiter am Max-Planck-Institut für Kernphysik, war er seit 1962 Direktor des Instituts für Kernphysik der Kernforschungsanlage Jülich und 1966-97 Direktor am Max-Planck-Institut
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Schmidt-Rottluff für Kernphysik in Heidelberg. 1967 wurde er zum Honorarprofessor ernannt. Sein wissenschaftliches Interesse galt der Kernstruktur, der Neutrinophysik und den Teilchenbeschleunigern. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Die deutschen Teilchenbeschleuniger. Von den dreißiger Jahren bis zum Ende des Jahrhunderts (2001) und Die deutschen kernphysikalischen Laboratorien (2 Bde., 2003-05). S c h m i d t - R o t t l u f f , Karl, eigentl. Schmidt, Maler, Graphiker, * 1. 12.1884 Rottluff bei Chemnitz, t 10.8. 1976 Berlin (West). S. studierte Architektur in Dresden, u . a . bei Wilhelm Heinrich —»Kreis, gründete dort 1905 zusammen mit Erich —> Heckel, Ernst Ludwig —»Kirchner und Fritz Bleyl die Künstlergruppe „Brücke" und nannte sich nun SchmidtRottluff. Seine frühen Gemälde sind stark an van Gogh und am Neoimpressionismus orientiert (Am Meer, 1906). 1910 gelang S.-R. der endgültige Durchbruch zu einem eigenständigen expressionistischen Stil. Die Farben wurden nun in leuchtender Flächigkeit aufgetragen, die F o r m g e b u n g vereinfacht. Bilder wie Deichdurchbruch (1910) und Bildnis Rosa Schapire (1911) sind Schlüsselwerke der Kunst des 20. Jahrhunderts. Das nicht unbeträchtliche, ebenfalls 1905 einsetzende Holzschnittschaffen zeigt eine vergleichbare Strenge und Knappheit der Form. Es erreichte mit den großformatigen Arbeiten von 1913 und 1914 seinen Höhepunkt. 1911 siedelte S.-R. nach Berlin über, 1912 verbrachte er den S o m m e r in Dangast an der Nordsee. 1913 war er in Nidden auf der Kurischen Nehrung, 1914 in Hohwacht an der Ostsee; Einflüsse von Futurismus, Kubismus und afrikanischer Plastik prägten damals seinen Stil. Die Definition der F o r m aus d e m Haptischen heraus wurde zum Hauptanliegen (Zwei Frauen, 1912; Badende, 1913). 1915 wurde S.-R. zum Kriegsdienst eingezogen. Nach dem Krieg entstanden Holzschnitte mit religiöser, Gemälde und Aquarelle mit sozialer Thematik (Handwerker am Haus, 1922). Die S o m m e r 1920 bis 1931 verbrachte S.-R. in Jershöft (Pommern). Mitte der zwanziger Jahre führte S.-R. den Expressionismus zu einer Synthese mit der Kunst der Neuen Sachlichkeit. 1930 war er Studiengast in der Villa M a s s i m o in Rom, wo er zu einem monumentalen Landschaftsstil fand (Römischer Park, 1930). Seit 1 9 3 0 / 3 1 durch die Nationalsozialisten diffamiert, trat er 19.33 aus der Preußischen A k a d e m i e der Künste aus. 1938 wurden 308 seiner Werke aus deutschen Museen beschlagnahmt; 1941 erhielt S.-R. Malverbot. Die S o m m e r 1932 bis 1943 verbrachte er zurückgezogen in R u m b k e am Lebasee in Ost-Pommern. Landschaften, Interieurs und Stilleben, von einer ganz persönlichen Ikonographie geprägt, bestimmten sein Schaffen (Entwurzelte Bäume, 1934; Das kleine Zimmer, 1939). Von 1943 bis 1946 lebte er in Rottluff. 1947 wurde S.-R. auf eine Professur an die Hochschule für Bildende Künste in Berlin berufen. Ein neuer künstlerischer Ansatz führte zur Intensivierung seines farbstarken expressiven Realismus. 1964 gab S.-R. die Malerei auf; bis 1973 entstand noch ein umfangreiches Aquarellund Tuschpinselwerk. 1967 wurde auf seine Initiative hin das Brücke-Museum in Berlin-Dahlem gegründet, das zahlreiche seiner Werke als Geschenk erhielt. Nach S.-R.s Tod gelangte als Leihgabe der Karl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung auch der Nachlaß in das M u s e u m , das heute die umfangreichste S a m m l u n g von Werken S.-R.s besitzt. WEITERE W E R K E : G u t s h o f in D a n g a s t ( 1 9 1 0 ) . -
(1911). - Mädchen vor dem Spiegel (1915).
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Oppedal
LITERATUR: Rosa Schapire: K. S.-R.s Graphisches Werk bis 1923. Berlin 1924. - Will G r o h m a n n : K. S.-R. Stuttgart 1956. - Gerhard Wietek: K. S.-R. Graphik. M ü n c h e n 1971. Karl Brix: K. S.-R. W i e n / M ü n c h e n 1972. - Magdalena M. Moeller (Hrsg.): K. S.-R., Aquarelle. Stuttgart 1991. Magdalena M. Moeller: K. S.-R. München 1997. - Dies. (Hrsg.): K. S.-R. - Druckgrafik. München 2001. - Dies./ Tay f u n Belgin (Hrsg.): K. S.-R. Ein Maler des 10. Jahrhunderts. Gemälde, Aquarelle und Zeichungen von 1905 bis 1972. München 2001. - Gerhard Wietek: K. S.-R. Plastik und Kunsthandwerk. Werkverzeichnis. München 2001. Gunther T h i e m (Hrsg.): „Ungemalte Bilder" von 1934 bis 1944 und Briefe an einen j u n g e n Freund. M ü n c h e n / B e r l i n 2002. - Magdalena M. Moeller: (Hrsg.): K. S.-R., Aquarelle. München 2004. - Dies. (Hrsg.): K. S.-R. - die Berliner Jahre 1946-1976. 100 Jahre Brücke, 1905-1913. M ü n c h e n 2005. Magdalena
M.
Moeller
S c h m i d t - T h o m s e n , Jörn-Peter, Architekt, * 1 3 . 9 . 1 9 3 6 Detmold, t 19. 12.2005 Berlin. S.-T. studierte Architektur an der T U Berlin, wurde 1966 mit der Arbeit Floreale und futuristische Architektur. Das Werk von Antonio Sant'Elia promoviert und habilitierte sich dort. Seit 1966 zunächst als wissenschaftlicher Assistent, später als Assistenzprofessor tätig, folgte er nach Aufenthalten in den U S A und Sri Lanka 1972 einem Ruf auf den Lehrstuhl für Gebäudekunde und Entwerfen; 2001 wurde er emeritiert. Mit seiner Frau Helga S.-T. gründete er 1966 ein Architekturbüro, das vor allem Schulbauten, Kindertagesstätten sowie Arbeiten im Sozial- und Städtebau verwirklichte. Ein letztes großes Werk war der H ö r f u n k k o m p l e x des Ostdeutschen R u n d f u n k s Brandenburg Potsdam-Babelsberg. 2002 wurde er zum Präsidenten der Architektenkammer Berlin gewählt. S.-T. veröffentlichte u . a . Räumliche Planungsgrundlagen für Sport und Freizeit (1976). S c h m i d t - W e i ß e n f e l s , Eduard, Pseud. Ernst Hellmuth, Journalist, Schriftsteller, * 1 . 9 . 1 8 3 3 Berlin, t 2 4 . 4 . 1 8 9 3 Bozen. S.-W. war 1848 Sekretär der Preußischen Nationalversammlung, ging 1851 zum Studium der französischen Sprache und Literatur nach Paris und war Berichterstatter für die Pariser Zeitung „La Republique". Verhaftet und dann des Landes verwiesen, war er als Hauslehrer in London tätig und kehrte 1852 nach Deutschland zurück. S.-W. studierte in Heidelberg, wurde in Rostock zum Dr. phil. promoviert und arbeitete anschließend als Redakteur in verschiedenen Städten. Er lebte später teils in Cannstatt, teils in Stuttgart und war seit 1873 Leiter des „Stuttgarter M u s e u m s " . S.-W. schrieb u . a . historische R o m a n e wie Der achtzehnte Brumaire (1869), Straßburg. Historischer Roman aus der Gegenwart (1871) und Die Söhne Barnevelt's (zwischen 1871 und 1876). tu
Schmidt von Werneuchen
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Schmidt, Friedrich
Wilhelm August S c h m i d t - W i t t m a c k , Karlfranz, Politiker, * 2 7 . 7 . 1 9 1 4 Berlin, t 23. 10. 1987 Woltersdorf. S.-W. studierte Staats- und Rechtswissenschaften, trat 1938 der N S D A P bei und leistete 1939-45 Kriegsdienst. Danach durchlief er eine kaufmännische Ausbildung und war bis 1954 Inhaber einer Kohlenhandlung in Hamburg. 1946-48 war S.-W. Vorsitzender der Jungen Union in Hamburg und gehörte 1949-53 der Hamburger Bürgerschaft an. 1953 in den Deutschen Bundestag gewählt, übersiedelte er 1954 in die D D R , nachdem er bis dahin in der Bundesrepublik geheimer Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit, Hauptverwaltung Aufklärung, gewesen war; 1955 wurde
Schmidtmüller ihm das Mandat aberkannt. 1955-76 war S.-W. Vizepräsident der K a m m e r für Außenhandel der D D R . 1964 wurde er Mitglied des Hauptvorstandes der Ost-CDU. cd MdB S c h m i d t b o n n , Wilhelm, eigentl. Schmidt, Schriftsteller, * 6 . 2 . 1876 Bonn, t 3 . 7 . 1 9 5 2 Bad Godesberg (heute zu Bonn). Der Sohn eines Pelzwarenhändlers arbeitete zunächst als Buchhändler, führte nach Studien in Bonn, Berlin und Göttingen ein Wanderleben in der Schweiz und in Tirol und war schriftstellerisch tätig. Sein erstes Drama Mutter Landstraße. Das Ende einer Jugend (1901) machte ihn 1904 mit der zweiten A u f f ü h r u n g durch M a x —»Reinhardt in Berlin bekannt. 1906-08 war er Dramaturg in Düsseldorf. Nach dem Ersten Weltkrieg, an dem er als Kriegsberichterstatter teilnahm, lebte er am Tegernsee, später in Bad Godesberg. Neben Dramen {Der Zorn des Achilles, 1909; Die Schauspieler, 1920), Märchen, Sagen und Anekdoten verfaßte S. Erzählungen (Uferleute. Geschichte vom untern Rhein, 1903) und zum Teil autobiographische R o m a n e (u. a. Der dreieckige Marktplatz, 1935; An einem Strom geboren, 1936). CD Killy S c h m i d t g e n , Johanna, geb. Wieland, Sängerin, * 1814 Stralsund, t 30. 3. 1850 Wiesbaden. Ihre Gesangsausbildung erhielt S. bei ihrem späteren Ehemann, dem Musikdirektor Carl Christian Leberecht S., in Stralsund und gab 1829 als Pamina in der Zauberflöte ihr Bühnendebüt am dortigen Stadttheater. 1830-40 war sie am Hoftheater in Schwerin, 1840-43 in Leipzig und 1843-46 am Hoftheater in Wiesbaden engagiert. Danach sang S. am Stadttheater in Bremen und 1848 am Hoftheater in Coburg. Gastspiele führten sie nach Wien, Hamburg und Breslau. Nach ihrem letzten Auftritt als Titelheldin in Donizettis Lucretia Borgia in Wiesbaden 1848 zog sie sich von der B ü h n e zurück. S. galt als eine der größten dramatischen Sopranistinnen ihrer Zeit in Deutschland. CD Kutsch S c h m i d t h ä s s l e r , Walter, bis 1909 Schmidt-Hässler, Schauspieler, Regisseur, Schriftsteller, * 1.7. 1864 Leipzig, t 4 . 1 2 . 1 9 2 3 Berlin. Der Sohn eines Papierfabrikanten debütierte nach seiner Schauspielausbildung in Amsterdam, erhielt 1885 ein Engagement als jugendlicher Liebhaber, Bonvivant und Naturbursche am Stadttheater in Magdeburg und trat in den folgenden Jahren u . a . in Meiningen, H a l l e / S a a l e , Budapest, Basel und Berlin auf. 1895-97 war S. am Deutschen Theater in München tätig, wo er erstmals auch als Regisseur hervortrat, wurde 1905 an das Hoftheater in Stuttgart, 1906 an das Schauspielhaus in Düsseldorf verpflichtet und arbeitete 1907-11 als Schauspieler und Regisseur am Neuen Theater in Berlin. S. schrieb u . a . das Schauspiel Herbst (1898). Während des Ersten Weltkriegs wurde er als Filmregisseur populär, u . a . mit dem zweiteiligen Melodram Liebe und Leben (1918). CD Cinegraph S c h m i d t l e i n , Joseph Eduard Martin Dominic, auch Schmittlein, Jurist, * 11.9. 1798 Würzburg, t 2 6 . 2 . 1875 München. S., Sohn eines Professors an der Univ. Wurzburg, studierte seit 1 8 1 6 / 1 7 Rechtswissenschaften in Würzburg, Berlin und Göttingen, w o er 1822 bei Johann Friedrich Ludwig —> Göschen mit der Arbeit De servitutibus per pactum constituendis promoviert wurde. 1823 ging er als Extraordinarius f ü r Römisches Recht und Kirchengeschichte an die Univ. Landshut, zog 1826 mit der Univ. nach München und las seit 1827 Kriminalrecht und Kriminalprozeßrecht, seit 1831 als Nachfolger von Johann Nepomuk von Wening-Ingenheim. Später übernahm er auch die Vorlesungen über Enzyklopädie und Methodologie der Rechtswissenschaft und über gemeines Kirchenrecht. 1835
setzte S. seine Lehrtätigkeit an der Univ. Erlangen fort, wo er 1839 auf den Lehrstuhl für Staats- und Völkerrecht berufen wurde. 1870 kehrte er nach München zurück. S. veröffentlichte u. a. Revidierter Entwurf des Strafgesetzbuches (für Bayern) (1827). DD L M U S c h m i d t m a n n , Adolf, Mediziner, Hygieniker, * 13.2. 1851 Wasmuthshausen (Bez. Kassel), t 2 1 . 5 . 1911 Marburg. Das Medizinstudium in Marburg und M ü n c h e n Schloß S. 1875 mit der Promotion ab, war Assistent an der Chirurgischen, Geburtshilflichen und Ophthalmologischen Universitätsklinik in Marburg und ließ sich 1880 als praktischer Arzt in Wilhelmshaven nieder. Seit 1880 Kreisphysikus, wurde er 1890 Regierungs- und Medizinalrat in Oppeln, 1894 in Breslau. Seit demselben Jahr in der Medizinalabteilung des Kultusministeriums tätig, wurde er 1904 Titularprofessor, 1909 Wirklicher Geheimer Ober-Medizinalrat und 1910 Kurator der Univ. Marburg. S. machte sich besonders um die Abwässerbeseitigung verdient und initiierte die Schaffung der Kaiserlichen Versuchs- und Prüfungsanstalt für Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung in Berlin, deren Leitung er übernahm. Er gab die 9. Auflage des Handbuchs der gerichtlichen Medizin (3 Bde., 1905-07) heraus. S c h m i d t m a n n , Paul, Sänger, * 1 . 9 . 1 9 0 4 Mönchengladbach, t 3 . 8 . 1967 Berlin. S. trat seit Mitte der zwanziger Jahre als Konzertsänger auf, gab 1929 sein Bühnendebüt am Stadttheater in Kiel und sang 1931-40 am Opernhaus in Breslau. 1 9 4 0 / 4 1 war er als Sänger und Regisseur am Opernhaus in Brünn, 1941-44 am Theater in Kattowitz tätig und war nach d e m Zweiten Weltkrieg bis 1953 Ensemblemitglied an der Staatsoper Berlin. Danach trat S. nur noch gastierend auf und übernahm später eine Professur an der Hochschule für Musik in Westberlin. An der Staatsoper Berlin war er 1951 Mitwirkender in der Uraufführung von Paul —»Dessaus Oper Die Verurteilung des Lukullus. Sein Repertoire umfaßte vorwiegend Buffound Charakterrollen, u. a. den Pedrillo in der Entführung aus dem Serail, den David in den Meistersingern und den M i m e n im Ring des Nibelungen. S c h m i d t m ü l l e r , Johann Anton, Mediziner, Geburtshelfer, * 28. 11.1776 Hohenfels (Oberpfalz), t 7 . 5 . 1 8 0 9 Landshut. S., Sohn eines Müllers, studierte Philosophie und Medizin in Erlangen, wurde 1801 mit der Dissertation De lympha z u m Dr. med. et chir. promoviert, habilitierte sich im selben Jahr (Conspectus politiae obstetriciae) und war seit 1802 Privatdozent und Prosektor an der Univ. Landshut. 1804 wurde er dort a. o. Prof. der Anatomie und erhielt 1805 das Ordinariat f ü r Geburtshilfe und Staatsarzneikunde. Daneben übte er als wirklicher Hofrat und Stadtgerichtsphysikus von Landshut die hebärztliche Praxis mit großem Erfolg aus. 1806 wurde das von ihm geforderte Gebärhaus errichtet, als dessen Direktor er wirkte. Schwerpunkte seiner Arbeit waren die Geburtshilfe, die Kinderpflege und das öffentliche Gesundheitswesen. Er war Mitglied der kgl. Societät f ü r Moral und schöne Wissenschaften in Erlangen und der mineralogischen Gesellschaft in Jena. S. starb an Typhus. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Taschenbuch für die physische Erziehung der Kinder, zunächst der Säuglinge (1802), Handbuch der Staatsarzneikunde zu Vorlesungen und zum Gebrauche für Bezirksärzte, Polizei- und Justizbeamte (1804), Handbuch für Mütter zur zweckmäßigen Behandlung der Kinder in den ersten Lebensjahren (1804) und Handbuch der medizinischen Geburtshilfe (2 Tie., 1809-12). CD L M U
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Schmied Schmied,
Wilhelm, Maler, Graphiker, * 1 3 . 4 . 1 9 1 0 Dresden, t 7 . 1 2 . 1984 Sangerhausen. S. erlernte in Riesa den Beruf des Dekorationsmalers und Lackierers, war 1928-34 Malergeselle und studierte an der Kunstschule in Nürnberg sowie an der Burg Giebichenstein in Halle. 1933 trat er in die N S D A P ein. Seit 1934 war er, mit Unterbrechung durch den Kriegsdienst 1940-45, als Malermeister in Sangerhausen tätig und arbeitete seit 1948 als freischaffender Künstler. S. beteiligte sich an allen zentralen Ausstellungen der D D R , unternahm Studienreisen nach Osteuropa und Korea und war seit 1970 Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Künste sowie Präsident des Verbandes Bildender Künstler der D D R . Zu seinen Werken gehören Im Hamburger Hafen (1957), Nie Atomwaffen (1958) und Mansfelder Land (1962). S. wurde u . a . mit d e m Kunstpreis der D D R (1968) und d e m Nationalpreis (1969) ausgezeichnet.
Schmied-Kowarzik,
Walther, österr. Philosoph, * 2 2 . 5 . 1 8 8 5 Mödling (Niederösterreich), t 2 4 . 7 . 1958 Mödling. S.-K. studierte Philosophie in Wien, Berlin und Jena ( u . a . bei Friedrich —>JodI, Wilhelm —>Dilthey und Rudolf —»Eucken), wurde 1908 in Wien zum Dr. phil. promoviert (Zeit und Raum) und habilitierte sich 1913. 1919 wurde er Dozent an der Lehrerakademie in Wien, 1921 Ordinarius für Philosophie in Dorpat und lehrte seit 1927 an der Pädagogischen A k a d e m i e in F r a n k f u r t / M a i n . Seit 1933 war S.-K. Privatdozent für Philosophie, Psychologie und Pädagogik in Gießen, seit 1 9 3 9 / 4 0 Universitätsdozent in Wien und wurde dort 1942 apl. Professor. Er war Mitherausgeber der „Blätter für deutsche Philosophie" und schrieb u . a . Umriß einer neuen analytischen Psychologie ( 1 9 1 2 , 2 1 9 2 8 ) , Gestaltungspsychologie und Ästhetik (1925) und Erziehung und völkischer Idealismus (1935). S.-K. war mit der Schriftstellerin Gertrud von den —»Brincken verheiratet.
Schmied von Ochsenfurt, auch Stock, Stöcklein, Pseudo-Konradin, * Ochsenfurt, 13. Jh. Der Sohn eines Schmieds war vermutlich Student oder Soldat. Für das Jahr 1269 ist sein erstes Auftauchen als Doppelgänger des Stauferkönigs —> Konradin in den stauferfreundlichen Städten Pisa und Pavia überliefert. Die älteste Berichterstattung hierüber findet sich in den Notae Weingartenses um 1273, darüber hinaus wurde S. v. O. in vielen spätmittelalterlichen Quellenwerken erwähnt, denen zufolge er gewaltsam in seine Rolle gedrängt worden war. G e m ä ß den Baseler Jahrbüchern war S. v. O. ein Betrüger. Die Figur des S. v. O. wurde bis in die Neuzeit tradiert, taucht u. a. bei Lorenz —> Fries und Johannes —>Aventinus auf und erfuhr in zahlreichen Epen, Dramen und Romanen ihre legendäre Aufbereitung und Ausschmückung.
Schmiedeberg,
(Johann Ernst) Oswald, Pharmakologe, Mediziner, * 1 1 . 1 0 . 1 8 3 8 Laidsen (Kurland), t 1 2 . 7 . 1 9 2 1 Baden-Baden. S., Sohn eines A m t m a n n s und späteren Oberförsters, studierte seit 1860 Medizin in Dorpat, wurde 1866 promoviert (Ueber die quantitative Bestimmung des Chloroforms im Blute und sein Verhalten gegen dasselbe) und habilitierte sich 1867 für Arzneimittellehre und Diätetik. Seit 1869 war er a. o., seit 1871 o . P r o f . der Pharmakologie in Dorpat und 1872-1918 o . P r o f . der Pharmakologie und Direktor des Pharmakologischen Instituts in Straßburg. In seinen Forschungen befaßte sich S. u . a . mit den pharmakologisch wirksamen Bestandteilen von Digitalis, der Bildung von Hippursäure in den Nieren und der chemischen Zusammensetzung des Knorpels. 1873 war er mit Edwin - > K l e b s und Bernhard —>Naunyn Gründer des „Archivs für experimentelle Pathologie und Pharmakologie". S., Mitglied der
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Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften, veröffentlichte u . a . Das Muscarin (1869), Grundriß der Arzneimittellehre (1883, ab 4 1902 unter dem Titel Grundriss der Pharmakologie in Bezug auf Arzneimittellehre und Toxikologie, "1921, niederländ. 1885) und Über die Pharmaka in der llias und Odyssee (1918). CP N D B
Schmiedel,
Paul Wilhelm, evang. Theologe, * 2 2 . 1 2 . 1851 Zaukeroda bei Dresden, t 10.4. 1935 Zürich. Der Sohn des Direktors eines Steinkohlenbergwerks studierte seit 1871 Theologie in Leipzig und Jena, wurde 1878 Lizentiat der Theologie und habilitierte sich 1879 für Neues Testament in Jena. Seit 1890 lehrte er hier als a. o. Prof. und wurde 1893 Ordinarius in Zürich. S. war Mitarbeiter am griechischen Neuen Testament von Eberhard —»Nestle und an der Neubearbeitung der „Zürcher Bibel" (1931). Er schrieb u . a . einen Kommentar zu den Thessalonicherund Korintherbriefen (1891, 2 1892), Die Person Jesu im Streit der Meinungen der Gegenwart (1906) und Die Johannesschriften des Neues Testaments (1906). CD B B K L
Schmiedel,
Roland (Paul Gerhard), Apotheker, Chemiker, Verleger, * 2 5 . 4 . 1888 Bad Cannstatt (heute zu Stuttgart), t 6 . 7 . 1967 Stuttgart. S., Sohn eines K a u f m a n n s , durchlief eine Apothekerlehre in Jena, studierte Pharmazie in Stuttgart, C h e m i e und Lebensmittelchemie in Tübingen und wurde 1912 zum Dr. rer. nat. promoviert (Beiträge zur Kenntnis des Bilirubins). 1913 gründete er ein Laboratorium und war im Ersten Weltkrieg Oberapotheker. Seit 1913 Schriftleiter, seit 1920 Eigentümer der „Süddeutschen Apotheker-Zeitung", gründete er 1921 die Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft und übernahm später u . a . die „Chemische R u n d s c h a u " und die „Krankenhaus-Apotheke". In Tübingen erhielt er einen Lehrauftrag für pharmazeutische Gesetzeskunde. 1927 wurde er Apothekenvisitator für Württemberg, 1930 pharmazeutischchemischer Berichterstatter im württembergischen Innenministerium. 1937 wurde S. aus politischen Gründen der Lehrauftrag, 1939 sein A m t entzogen. Nach dem Zweiten Weltkrieg mit einer Verlagslizenz f ü r Bücher und Zeitschriften ausgestattet, verlegte er seit 1946 u . a . „Universitas", die „Deutsche Lebensmittel-Rundschau" sowie erneut die „Süddeutsche Apotheker-Zeitung", die er 1950 mit der „Deutschen Apotheker-Zeitung" vereinigte. 1946 wurde S. Regierungsdirektor in der württembergischen Landesverwaltung, 1952 Honorarprofessor an der Univ. Tübingen. CP N D B
Schmieden,
Heino, eigentl. Johann Heinrich S„ Architekt, * 15.5. 1835 Soldin (Neumark), t 7 . 9 . 1913 Berlin. S. studierte seit 1854 an der Berliner Bauakademie, an der er 1866 die Baumeisterprüfung ablegte, und bildete sich auf Reisen nach Frankreich, Großbritannien und Italien fort. Danach in Berlin als Architekt tätig, arbeitete er 1865-80 mit Martin —»Gropius zusammen und trat vor allem mit Krankenhaus- und Museumsbauten, aber auch durch repräsentative Villen und Geschäftsgebäude hervor. Zu seinen Werken gehören in Berlin das Krankenhaus Friedrichshain (mit Gropius, 1868-74) und das Kunstgewerbemuseum (mit Gropius, 1877-81, heute Martin-Gropius-Bau) sowie in Leipzig das Gewandhaus (mit Gropius, 1882-84). 1887 wurde S. Mitglied der Preußischen Akademie der Künste. cn
Schmieden,
Th-B
Victor (Gottfried Otto), Chirurg, * 19.1. 1874 Berlin, t 11. 10. 1945 F r a n k f u r t / M a i n . Nach dem 1897 mit der Promotion ( U e b e r Magenchirurgie) abgeschlossenen Studium der Medizin in Freiburg/Breisgau, München, Berlin und Bonn war S„ Sohn eines Architekten, Assistent am Pathologischen Institut in Göttingen, an der
Schmieger Berliner Chirurgischen Klinik und an der Chirurgischen Klinik in Bonn, w o er sich 1903 für Chirurgie habilitierte. 1907 erfolgte seine Umhabilitierung nach Berlin, wo er Titularprofessor wurde. Seit 1913 lehrte S. als o . P r o f . in Halle und folgte 1919 einem Ruf als o. Prof. der Chirurgie und Direktor der Chirurgischen Klinik nach F r a n k f u r t / M a i n . 1916 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. 1937 trat er in die N S D A P ein. S. veröffentlichte u. a. Der chirurgische Operationskursus (1910, 1 2 1930, engl. 1912, erneut 1920), Lehrbuch für Kriegschirurgie (mit August —>Borchard, 1917, 3 1937) und Die Verletzungen der Wirbelsäule (1935, 2 1943). CD Frankf Biogr S c h m i e d e r , Heinrich Gottlieb, Schriftsteller, Theaterdirektor, * 3 . 6 . 1763 Dresden, f 1828 St. Petersburg. Bereits während des Studiums der Rechtswissenschaften, das er 1786 mit der Promotion abschloß, verfaßte S. kleinere dramatische und Prosawerke, von denen vor allem die Satire Kronhelm, oder Gleich ist der Werther fertig (1783) bekannt wurde. 1786 trat er in den sächsischen Militärdienst ein, aus d e m er 1788 wegen einer Anstellung als Theaterdichter in Mainz wieder ausschied, und ging nach Aufenthalten in M a n n h e i m und Stuttgart 1795 nach Altona. Dort war S. bis 1798 Regisseur und Theaterdichter des neuen Nationaltheaters und 1803 Direktor des neuen Theaters in der Hamburger Vorstadt St. Georg. 1804 ging er als Übersetzer und Regisseur an das Deutsche Theater in St. Petersburg. S. veröffentlichte u. a. das Lustspiel Gestorben und Entführt (1789) und den R o m a n Der Seelenverkäufer (1807). Er trat auch als Bearbeiter und Übersetzer von Singspielen und Opern sowie als Herausgeber von Theaterjournalen (u. a. „Allgemeines Theaterjournal", 1792; „Rheinische M u s e n " , 1794-97) hervor. CD Reinalter 1 S c h m i e d e r , Oskar, Geograph, * 27. 1. 1891 Bonn, t 12.2. 1980 Schleswig. Das Studium der Geographie in Bonn, Königsberg und Heidelberg Schloß S., Sohn eines Generalveterinärs, 1915 mit der Promotion ab (Die glazialen Formen der Sierra de Credos), habilitierte sich 1919 in Bonn und folgte 1920 einem Ruf als Ordinarius f ü r Geographie nach Cordoba (Argentinien). Seit 1925 lehrte er als Associate Professor in Berkeley (Kalifornien), Ubernahm 1930 eine Professur in Kiel, erhielt - seit 1941 Mitglied der N S D A P - 1944 einen Ruf nach Halle, wurde 1945 mit dem „Abderhaldentransport" deportiert und von der Univ. Halle entlassen. 1946-56 lehrte er als Ordinarius wieder in Kiel. 1940 erfolgte die Wahl in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. 1953-55 wirkte S. in Karachi (Pakistan), wurde 1956 emeritiert und nahm 1 9 5 8 / 5 9 einen Lehrauftrag in Santiago de Chile wahr. Er befaßte sich vorwiegend mit Länderkunde und veröffentlichte u . a . Länderkunde Südamerikas (1932), Länderkunde Nordamerikas (1933), Länderkunde Mittelamerikas (1934), Die Neue Welt (2 Bde., 1 9 6 2 / 6 3 , Neuaufl. 1 9 6 8 / 6 9 ) , Die Alte Welt (2 Bde., 1965-69) und Lebenserinnerungen und Tagebuchblätter eines Geographen (1972). S c h m i e d e r , Wolfgang, Musikwissenschaftler, Bibliothekar, * 2 9 . 5 . 1901 Bromberg, t 8. 11. 1990 Freiburg/ Breisgau. S. studierte Musikwissenschaft, Literatur- und Kunstgeschichte in Heidelberg, wo er 1927 mit der Arbeit Zur Melodiebildung in Liedern von Neidhart (von Reuental) (gedruckt 1930) zum Dr. phil. promoviert wurde und bis 1930 Assistent am Musikwissenschaftlichen Seminar war. 1931 legte er in Leipzig die bibliothekarische Fachprüfung ab. Anschließend war S. Bibliothekar an d e r T H Dresden, arbeitete 1933-42 als Archivar und Musikbibliothekar im Musikverlag Breitkopf & Härtel in Leipzig und wurde 1942 Bibliotheksrat an der Stadt- und Universitätsbibliothek F r a n k f u r t /
Main. 1946-63 war er Leiter der von ihm dort gegründeten Musikabteilung. S. verfaßte ein Thematisch-systematisches Verzeichnis der musikalischen Werke von J. S. Bach (1950, 7 1980, Abkürzung: B W V ) und war bis 1959 Herausgeber der Bibliographie des Musikschrifttums (1950 ff.). • P MGG S c h m i e d i n g , Walther, Journalist, * 12. 12.1928 Beuthen (Oberschlesien), t 16.5. 1980 Berlin. Nach dem Studium der Volkswirtschaft und Soziologie war S. Redakteur bei der „Recklinghäuser Zeitung" und wechselte 1959 zu den „Ruhrnachrichten" nach Dortmund, wo er den Bereich Kunst, Literatur und Feuilleton redaktionell betreute. Seit 1963 für das Fernsehen tätig, übernahm er die Leitung der Abteilung Literatur und Kunst beim Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) und moderierte u. a. die Sendereihe „Aspekte". 1969-73 war er Intendant der Berliner Festwochen und kehrte danach in die Abteilung Literatur und Kunst zum Z D F zurück. S. veröffentlichte u. a. Aufstand der Töchter. Russische Revolutionärinnen im 19. Jahrhundert (1980) und gab Schriften von Egon Erwin —>Kisch in zwei Bänden heraus. S c h m i e d i n g , (Karl) Wilhelm, Kommunalbeamter, * 2 0 . 7 . 1841 Bönen (Kr. Hamm), f 7 . 1 0 . 1910 Cappenberg. Der Pfarrersohn studierte seit 1861 in Heidelberg (Corps Guestphalia) und Berlin Jura und wurde 1871 Gerichtsassessor, 1872 Kreisrichter in Essen. 1878 wechselte S. in die Staatsverwaltung und übernahm 1879 den Landratsposten in Altena, 1883 in B o c h u m . Seit 1886 Oberbürgermeister von Dortmund, war S. 1904-10 Vizevorsitzender des Provinziallandtags und gehörte 1886-1910 dem preuß. Herrenhaus an. Er war Mitglied des Aufsichtsrats der Harpener Bergbau AG. CD Westf Pari S c h m i e d l , Adolph Abraham, Rabbiner, * 2 6 . 1 . 1 8 2 1 Eibenschitz (Mähren), t 7 . 1 1 . 1913 Wien. Nach seinem vermutlich mit der Promotion abgeschlossenen Studium war S. seit 1846 Rabbiner in Gewitsch, wurde 1849 Kreisrabbiner in Teschen, 1852 in Proßnitz und publizierte in hebräischen und deutschen Fachzeitschriften (u.a. „Der Orient"). Seit 1869 war er Rabbiner in Sechshaus (heute zu Wien), betrieb Studien zur jüdischen und arabischen Philosophie und setzte sich mit Rudolf von —> Iherings Werk Kampf ums Recht auseinander (u. a. in Die Lehre vom Kampf ums Recht im Verhältnis zu dem Judenthum und dem ältesten Christenthum, 1875). Mit 73 Jahren wurde S. als Prediger an den großen Leopoldstädter Tempel in Wien berufen, an dem er bis zu seinem Tod wirkte. DP Ö B L S c h m i e d l , Georg, österr. Politiker, Pädagoge, * 11.9. 1855 Proßnitz (Mähren), t 2 4 . 2 . 1929 Wien. Der früh verwaiste Lehrerssohn besuchte bis 1876 das Lehrerseminar in Wien und war seit 1882 an Wiener Volksschulen tätig. S. kam mit der Arbeiterbewegung in Berührung, Schloß sich 1884 den Radikalen an und lernte Victor —> Adler kennen, der ihn 1887 zu Verhandlungen mit der deutschen Sozialdemokratie nach Zürich schickte. Er war Mitarbeiter der „Gleichheit" und der „Arbeiter-Zeitung" sowie Mitbegründer des Vereins „Volkstümliche Presse", des Zentralvereins der Wiener Lehrerschaft und 1908 der Wiener Pädagogischen Gesellschaft. S., seit 1919 Pädagogischer Inspektor der Stadt Wien, gilt als einer der Pioniere der sozialdemokratischen Erziehungs-, Bildungs- und Lebensreformbewegung. c d ÖBL S c h m i e g e r , Wilhelm, auch Willy S., österr. Sportreporter, Fußballspieler, * 2 7 . 4 . 1 8 8 7 Wien, t 10.10. 1950 Wien. Vor d e m Ersten Weltkrieg wiederholt Mitglied der österr. Fußballnationalmannschaft, war S., Sohn eines K a u f m a n n s ,
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Schmieher internationaler Schiedsrichter, studierte 1907-12 Klassische Philologie in Wien und unterrichtete Latein und Griechisch an einem Wiener Gymnasium. S. war der populärste Sportreporter seiner Zeit und ein Pionier der kommentierten Sportübertragungen im R u n d f u n k . Seit 1909 redigierte er die Zeitschrift „Sport im Wort", trat 1937 in die Redaktion der „Illustrierten Kronenzeitung" ein, war während des Zweiten Weltkriegs Sportredakteur der „Kleinen Kriegszeitung" und seit 1945 des „Kleinen Volksblatts". S. veröffentlichte u . a . Der Fußball in Österreich (1925). CD Ö B L
Schmieher,
Peter, auch Schmiher, Smieher, Schmier, Schmecher, Dichter, zwischen 1424 und 1430 urkundlich bezeugt. S., dessen N a m e sich vermutlich von dem südlich von Augsburg liegenden Schmiechen ableitet, stammte aus dem niederen Stadtbürgertum ab. 1424-30 ist er in den Augsburger Steuerlisten als Präzeptor verzeichnet. Die ihm zugeschriebenen Mähren, u. a. die Schwankmärchen Die Nonne im Bad und Der Student von Prag sowie Die Wolfsklage, entstanden in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, auch andere unter den N a m e n „der Teichner" und „Hans Rosenplüt" überlieferte Texte werden S. zugeschrieben. Zwei seiner Mähren wurden schon 1454 in das Augsburger Liederbuch aufgen o m m e n . S. ist auch Verfasser der weltlich-didaktischen Reden Vom Würfelspiel und Von Neidhart. Seine Reimpaardichtungen sind sowohl durch didaktische als auch erzählende, deutlich erotische Elemente gekennzeichnet; geistliche Texte fehlen im Werk. DP N D B S c h m i e l , Martin, Agrarwissenschaftler, * 19.5. 1913 Berlin, t 20. 12.2001 Hoffnungsthal. S. Schloß das Studium 1941 mit der Promotion ab ( Ü b e r den Einfluß kulturtechnischer Maßnahmen auf die Eiweißleistung unserer Kulturpflanzen), war seit 1951 Dozent an der Pädagogischen Hochschule in Wilhelmshaven und habilitierte sich mit der Studie Die Landwirtschaftsschule. Eine Untersuchung über die geschichtliche Entwicklung der Bedingungen und der weiteren Aufgaben ihres Unterrichts (1963) in Gießen. Er wurde 1966 als o . P r o f . nach Köln berufen und war 1966-80 Direktor des Forschungsinstituts für Berufsbildung im Handwerk. Sein besonderes Interesse galt der Berufsausbildung und Weiterbildung in seinem Fach. S. veröffentlichte u . a . Die Naturwissenschaften im Unterricht an landwirtschaftlichen Berufs- und Fachschulen (1961), Fachschulen im Handwerk (1970), Das Beraten (1972, 2 1979) und Einführung in fachdidaktisches Denken (1978).
Schmier,
(Johannes) Franz, Benediktiner, Theologe, Kanonist, * 3 1 . 1 0 . 1679 Grönenbach bei M e m m i n g e n , f 22. 11.1728 Salzburg. S., Sohn eines Fuggerschen Hausgüterverwalters, trat in die Klosterschule in Ottobeuren ein, legte 1696 die Ordensgelübde ab und empfing 1703 die Priesterweihe. Er studierte Philosophie und Theologie an der Univ. Salzburg und wurde dort 1706 zum Dr. jur. promoviert und im selben Jahr zum Prof. für Kanonisches Recht ernannt. 1713-28 war er Rektor der Universität. 1714 wurde auf seine Anregung hin eine Lehrkanzel f ü r Natur- und Völkerrecht eingerichtet, die er übernahm. 1717 wurde S. Geheimrat, 1728 päpstlicher Protonotarius. Als kath. Naturrechtler setzte er sich mit Grotius und —> Pufendorf auseinander und vertrat eine aristotelischthomistische Linie. Sein kanonistisches Hauptwerk ist Jurisprudentia publica universalis [...] (1722). S. verfaßte ferner Jurisprudentia canonica civilis [...] (3 Bde., 1716), Consultationes canonicae de coadjutoribus et coadjutoriis ecclesiarum perpetuis pro ecclesiis Cermaniae electivis potissimum conscriptae (1724) und Scholasticum personae ecclesiasticae [...] (1733, 2 1737). CD N D B
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Schmierer,
(Gottfried Christian) Albert, Apotheker, Verbandsfunktionär, * 28. 11. 1899 E s s l i n g e n / N e c k a r , t 14.7. 1974 Freudenstadt/Schwarzwald. Der Sohn eines Realschullehrers nahm 1 9 1 7 / 1 8 als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil, durchlief eine pharmazeutische Lehre in Schweigern, studierte 1921-23 in Tübingen Pharmazie und war Apotheker in Stuttgart und Assistent am Botanischen Institut der dortigen Univ., dann Apotheker in Heldburg (Thüringen). 1930 übernahm er eine Apotheke in Freudenstadt. S. trat 1929 in die N S D A P und die SA ein, war seit 1933 Kommissar f ü r das württembergische Apothekenwesen und Geschäftsführer der Standesgemeinschaft Deutscher Apotheker und wurde „Reichsapothekerführer", 1937 Leiter der Reichsapothekerkammer. 1947 aus amerikanischer Gefangenschaft entlassen, arbeitete S. als Apotheker in Ratingen und Duisburg, bevor er 1 9 4 7 / 4 8 von einem Militärgericht zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt wurde. 1950 eröffnete er die Apotheke in Freudenstadt wieder. Auf S. geht das gotische „ A " als Apothekenzeichen zurück. CD N D B
Schmincke,
Johann Hermann, Historiker, * 2 3 . 8 . 1684 Kassel, f 1 8 . 7 . 1 7 4 3 Kassel. Der Pfarrerssohn studierte seit 1700 in Marburg, Franeker, Utrecht und Leiden klassische Sprachen, Philosophie und Theologie. Er war seit 1708 Hauslehrer und erhielt 1715 die Professur f ü r Geschichte und Beredsamkeit an der Univ. Marburg. Seit 1722 Bibliothekar in Kassel, hatte er die A u f sicht über die landgräflichen Kunstsammlungen in Hessen inne und inventarisierte 1730 den Nachlaß des Landgrafen —>Karl von Hessen-Kassel. S. konzipierte mit Christoph Friedrich Ayermann eine hessische Geschichte, die durch kritische Quellenüberprüfung und Quellenkritik als eines der ersten Beispiele frühaufklärerischer Geschichtsschreibung gilt. 1711 veröffentlichte er eine Edition der Vita Karoli Magni —>Einhards. S., der u . a . mit Gottfried Wilhelm —> Leibniz und Johann Georg —> Eccard im Briefwechsel stand, veröffentlichte ferner De urnis sepulchralibus et armis lapideis veterum Cattorum (1714); postum wurden seine Monimenta Hassiaca (4 Bde., 1747-65) herausgegeben. CD N D B
Schmincke,
Werner, Mediziner, * 1 9 . 1 2 . 1 9 2 0 Bad Elster, t 1 3 . 4 . 2 0 0 3 Dresden. S., Sohn eines Arztes, studierte seit 1939 mit Unterbrechung durch den Kriegsdienst Medizin in Marburg, Leipzig, Frankf u r t / M a i n und Jena und leistete 1 9 4 6 / 4 7 sein Assistenzjahr an der Univ. Leipzig. 1 9 4 7 / 4 8 Referent in der Deutschen Zentralverwaltung des Gesundheitswesens in Berlin, war er anschließend Assistenzarzt an einer Freiberger Klinik und 1949-56 Kreis- bzw. Bezirksarzl in Freiberg, Chemnitz, Zittau, Löbau und Dresden. Nach der Promotion 1955 (Die Typhus-Epidemie im Kreise Löbau im Spätsommer 1953) übernahm er 1956 kommissarisch das A m t des Direktors des Instituts für Sozialhygiene an der Medizinischen Akademie Dresden und wurde 1957 kommissarischer Prorektor für den Nachwuchs. 1958 erwarb er die Facharztanerkennung f ü r Sozialhygiene und wurde Direktor des Instituts für Sozialhygiene an der Carus-Akademie in Dresden, wo er sich 1960 über Die Statistik der Behandlungsfälle stationärer Einrichtungen als Mittel der Grundlagenforschung für die Organisation des Gesundheitsschutzes habilitierte. 1961 Prof. mit Lehrauftrag, 1963 Prof. mit vollem Lehrauftrag und 1964 Prof. mit Lehrstuhl für Sozialhygiene an der Carus-Akademie, war er zugleich bis 1967 Lehrstuhlinhaber für Organisation des Gesundheitswesens an der A k a d e m i e für Ärztliche Fortbildung. 1964-66 übernahm S. nebenamtlich das A m t des Direktors für Planung und Organisation des Gesundheitsschutzes des Ministeriums für Gesundheitswesen und war 1968-74 Rektor der Medizinischen Akade-
Schmithüsen mie Dresden. 1964-70 und 1981-84 war er Vizepräsident, 1984 Präsident der Gesellschaft für Hygiene in der D D R ; im selben Jahr Mitbegründer der Gesellschaft für Krankenhauswesen, wurde er auch deren Vorsitzender. S. veröffentlichte u . a . Das stationäre und ambulante Gesundheitswesen (mit Herbert Erler, 1965, 3 1967), Beitrag zur Erforschung der allgemeinen Morbidität (hrsg. mit Alexander Lengwinat und Helga Gautsch, 1968) und Patient und Krankenhaus (1984). m Heidel/Lienert S c h m i r g e r , Johann, auch Schmierger, österr. Forstwissenschaftler, * 25. 12.1829 Gruberau (Wienerwald, Niederösterreich), t 1.3. 1888 Graz. Nach d e m Besuch der Forstlehranstalt Mariabrunn trat S., Sohn eines Sägmeisters, 1853 als Forstpraktikant in den Dienst der niederösterreichischen Forstdirektion, wurde 1855 Zweiter, 1858 Erster Assistent an der Forstlehranstalt Mariabrunn und übernahm 1865 die neuerrichtete Professur für Forstwesen an der T H am Joanneum in Graz, die später in eine staatliche Anstalt umgewandelt wurde. Im Auftrag der Landwirtschaftsgesellschaft in der Steiermark bereitete er die Gründung des Alp- und forstwirtschaftlichen Vereins für die Steiermark (1872) vor, dessen stellvertretender Direktor er wurde. S. veröffentlichte u . a . Die Landund Forstwirthschafts-Schule der technischen Hochschule in Graz (mit Gunther Wilhelm, 1872). m ÖBL S c h m i t , (Johann Christoph) Friedrich, auch Schmid, Schmidt, Schmitt, Pädagoge, Übersetzer, * 7 . 7 . 1744 Nürnberg, f 6. 11.1814 Liegnitz. Der Sohn eines Advokaten studierte seit 1761 in Altdorf und Leipzig, arbeitete als Sekretär und Hofmeister in Göttingen und Laublingen, war 1772-74 Lehrer im Kloster Bergen bei Magdeburg und kehrte danach nach Nürnberg zurück. 1775 wurde er Prof. der schönen Wissenschaften an der Ritterakademie in Liegnitz. S. übersetzte aus dem Englischen, Italienischen und Französischen, schrieb Gedichte, verfaßte zahlreiche Beiträge f ü r den „Wandsbecker B o t h e n " und etliche Musenalmanache (u. a. für das „Taschenbuch für Dichter und Dichterfreunde") und war f ü r die Wochenschrift „Der Kranke oder die Geschichte einer guten Familie" sowie für die „Schlesischen Provinzialblätter" tätig. 1770/71 gab er „Das Wochenblatt ohne Titel" heraus. tu
Leb Liegnitz, Bd 2
S c h m i t , Tomas, Künstler, * 13.7. 1943 Wipperfürth, t 4. 10.2006 Berlin. S. war Assistent von George Maciunas, lernte bei N a m June Paik und Arthur Kopeke und nahm seit 1962 an Performances, Happenings und Ausstellungen teil. Zunächst einer der führenden deutschen Vertreter der Fluxusbewegung, zog er sich früh aus dieser B e w e g u n g zurück und schuf in den folgenden Jahrzehnten ein Werk, das Zeichnungen, Lyrik und theoretische Schriften umfaßte. Die wichtigsten T h e m e n seiner Arbeit waren Logik, Paradoxie, Kybernetik, Gehirnforschung und Wahrnehmungstheorie. 1977 nahm S. an der documenta 6 teil; 1986 erhielt er den Kurt-Schwitters-Preis. S c h m i t - N e u e r b u r g , Klaus-Peter, Unfallchirurg, * 13.9. 1932 Braunschweig, t 2 1 . 9 . 2 0 0 3 Essen. S.-N., Sohn eines Drogeriebesitzers, Schloß das Medizinstudium in Göttingen, M ü n c h e n und Freiburg/Breisgau mit der Promotion 1957 über Die Beeinflussung bestimmter Hirnfunktionen durch Hydergin, Pendiomid und Regitin unter kompletter Ischämie am Kaninchen ab, durchlief 1962-68 eine Facharztausbildung zum Chirurgen an der Universitätsklinik in F r a n k f u r t / M a i n , 1968-70 an der Chirurgischen Klinik der Medizinischen Hochschule in Hannover und habilitierte sich 1971 in Hannover mit der Arbeit Defektüberbrückung an den langen Röhrenknochen. Experimentelle Untersuchungen zur Einheilung massiver Cortica-
listransplantate. Seit 1970 am Aufbau einer unfallchirurgischen Klinik in Hannover beteiligt, wurde er 1975 zum Ordinarius und Direktor der Klinik für Unfallchirurgie in Essen ernannt. Sein besonderes Engagement lag im Aufund Ausbau der Klinik sowie der Einrichtung eines modernen Rettungssystems vom Unfallort über die klinische Versorgung bis zur Rehabilitation. 1989 wurde S.-N. zum Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie und 1997 zu ihrem Ehrenpräsidenten ernannt. Er veröffentlichte u. a. Thromboseprophylaxe bei ambulanten Patienten mit Gipsimmobilisation (mit Hans-Jürgen Kock, 1998) und Ellenbogen, Unterarm, Hand (Hrsg., 2 Bde., 2001). S c h m i t v o n T a v e r a , Anton, österr. Mediziner, Homöopath, * 2 6 . 5 . 1793 Klein-Reinprechtsdorf (Röschitz, Niederösterreich), t 2 . 6 . 1 8 6 2 Wien. Der Sohn eines Kleinhäuslers war seit 1813 Unterarzt in einem Kürassierregiment, besuchte seit 1818 den medizinischen Lehrkurs an der Josephsakademie in Wien und wurde 1820 promoviert. Anschließend war S. v. T. Oberarzt, wurde 1825 Leibarzt bei Feldmarschall —»Ferdinand August Friedrichs von Württemberg und 1829 Regimentsarzt. Im selben Jahr als Leibarzt des Herzogs von Lucca mit der Errichtung und Leitung eines homöopathischen Spitals betraut, stand er bis 1859 in herzoglichem Dienst. 1839-41 hielt sich S. v. T . in Wien auf, wo er 1840 in die Medizinische Fakultät aufgen o m m e n wurde. 1850 erfolgte seine Nobilitierung. S. v. T. war Mitbegründer der kath. Gesellenvereine in Wien und förderte Adolph —»Kolping. Er war der Vater von Ernst - > S . v. T. Cd Ö B L S c h m i t v o n T a v e r a , Ernst, österr. Diplomat, * 1 . 1 . 1 8 3 9 Wien, t 5. 11.1904 Wien. Der Sohn von Anton - > S . v. T. studierte 1857-60 Rechtswissenschaften in Wien, legte 1861 die Diplomatenprüfung ab und war seit 1862 als Attache in Bern tätig. Seit 1864 Attache der österr. Gesandtschaft in Mexiko, wurde er noch vor der Erschießung Kaiser —»Maximilians ausgewiesen. Seit 1867 war er Legationssekretär in Kopenhagen, Stockholm, Athen und Washington, Legationsrat in R o m und Berlin und seit 1887 a. o. Gesandter in Washington, seit 1894 in Rio de Janeiro. Er veröffentlichte u. a. Die mexikanische Kaisertragödie. Die letzten sechs Monate meines Aufenthaltes in Mexiko im Jahre 1867 (1903) und Geschichte der Regierung des Kaiser Maximilians I. und die französische Intervention in Mexiko 1861-67 (2 Bde., 1903). CD Ö B L S c h m i t h ü s e n , (Gerhard Franz) Josef, Geograph, * 3 0 . 1 . 1909 Aachen, t 2 . 9 . 1 9 8 4 F r a n k f u r t / M a i n . S., Sohn eines Kaufmanns, studierte in Aachen und Bonn Chemie, Geologie, Botanik und Geographie, u.a. bei Leo —»Waibel und Carl —»Troll, und war nach der Promotion 1934 (Der Niederwald des linksrheinischen Schiefergebirges) Mitarbeiter bei der Zentralstelle f ü r Vegetationskartierung. 1939 habilitierte er sich in Bonn für Geographie (Das Luxemburger Land, Landesnatur, Volkstum und bäuerliche Wirtschaft), war 1940 Berater bei der Besetzung Luxemburgs, 1 9 4 1 / 4 2 Mitarbeiter des Reichsamts für Landesaufnahme und leitete seit 1943 die Koordination der Fernerkundung und Luftbildauswertung. Nach Rückkehr aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft 1947 baute er das geographische Institut an der T H Karlsruhe auf, wo er 1951 apl., 1959 a. o. und 1961 o . P r o f . wurde. S. führte zahlreiche Forschungsreisen durch, u. a. nach Südamerika und Neuseeland, Australien, Japan, Sibirien und Zentralasien. 1962 übernahm er die Professur für Kultur- und Wirtschaftsgeographie an der Univ. des Saarlandes, w o er 1970 eine biogeographische Abteilung einrichtete. S. gilt als Begründer der modernen Pflanzengeographie. 1972 begründete er die Monographienreihe Biogeograpica. Zu seinen Veröffentlichungen zählen
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Schmitson Allgemeine Vegetationsgeographie (1959, 3 1968 unter dem Titel Lehrbuch der Allgemeinen Vegetationsgeographie) und Atlas zur Biogeographie (1976). 1979 erschien Von der Heimat zur Welt. Rückblick auf Studium, Forschung und Lehre. CD N D B S c h m i t s o n , Teutwart, österr. Maler, * 1 8 . 4 . 1 8 3 0 F r a n k f u r t / M a i n , t 2.9. 1863 Wien. Der Sohn des österr. Bevollmächtigten beim Deutschen Bundestag in F r a n k f u r t / M a i n studierte Architektur, bildete sich dann bis 1865 in F r a n k f u r t / M a i n autodidaktisch in der Malerei aus und war in Düsseldorf, Karlsruhe, Berlin und Italien tätig, bevor er sich 1861 als freischaffender Maler in Wien niederließ. S. spezialisierte sich auf Tiermalerei und schuf u. a. Durchgehendes Ochsengespann, Scheuende Pferde in der Puszta und Kühe auf der Weide. Cd Ö B L S c h m i t t , Alfons, Volkswirtschaftler, * 2 1 . 7 . 1903 Lorch (Württemberg), t 5 . 3 . 1960 Freiburg/Breisgau. Nach einer Banklehre studierte S. Staats- und Rechtswissenschaften in Tübingen und München, wo er 1927 zum Dr. rer. pol. promoviert wurde, war dann Assistent am Staatswissenschaftlichen Seminar in München und habilitierte sich 1931. Seit 1935 vertrat S., Mitglied der SA und der N S D A P , den Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre in Jena, wurde 1937 a. o., 1939 o. Prof. der Volkswirtschaftslehre und ging 1939 als Ordinarius und Direktor des Instituts für Verkehrswissenschaften nach Münster. Seit 1952 war er Direktor des Instituts für Verkehrswissenschaften in Freiburg/ Breisgau. S. veröffentlichte u . a . Kreditpolitik und Konjunkturpolitik in Theorie und Praxis (1932). S c h m i t t , Alfred, Sprachwissenschaftler, Schriftforscher, * 1.4. 1888 Rixdorf (heute zu Berlin), t 1. 1. 1976 München. S. wurde 1922 in Rostock mit der Dissertation Untersuchungen zur allgemeinen Akzentlehre mit einer Anwendung auf den Akzent des Griechischen und Lateinischen promoviert und habilitierte sich dort 1931 (Akzent und Diphthongierung). Seit 1935 war er Prof. in Erlangen, 1941-56 Ordinarius für vergleichende Sprachwissenschaft in Münster. S. verfaßte wichtige Studien zu allgemeinen Problemen des Akzents und beschäftigte sich mit modernen Schriftschöpfungen des 19. und 20. Jahrhunderts. Er veröffentlichte u. a. Untersuchungen zur Geschichte der Schrift. Eine Schriftentwicklung um 1900 in Alaska (2 Bde., 1940, unter Mitarbeit von John Hinz; revidierter Nachdr. 1981), Die Alaska-Schrift und ihre schriftgeschichtliche Bedeutung (1951) und Die Bamum-Schrift (3 Bde., 1963). S c h m i t t , Aloys, Musiker, Musikpädagoge, Komponist, * 2 6 . 8 . 1788 Erlenbach/Main, t 25.7. 1866 Frankfurt/ Main. Der Sohn eines Organisten wurde von seinem Vater in Orgel, Violine und Klavier unterrichtet, setzte seine musikalische Ausbildung dann bei Johann Anton —> Andre und Georg Johann Vollweiler fort und lebte seit 1806 in F r a n k f u r t / M a i n , wo er 1810 erfolgreich als Pianist auftrat. Seit 1814 unternahm S. Konzertreisen im In- und Ausland, konzertierte und unterrichtete u . a . 1 8 2 5 / 2 6 am Hof in Berlin und war bis 1829 Hoforganist und Kammermusikus in Hannover. Danach lebte er als Musiklehrer, Dirigent und Komponist in F r a n k f u r t / M a i n . Sein kompositorisches Werk umfaßt Klavierwerke, Kammermusik, Symphonien, Opern und Lieder. S. schrieb ferner klavierpädagogische Werke. CD M G G S c h m i t t , Balthasar, Bildhauer, Maler, * 2 9 . 5 . 1 8 5 8 Ansbach, t 1.5. 1942 München. Der Sohn eines Ökonomen besuchte die Kunstgewerbeschule Nürnberg und war 1 8 7 6 / 7 7 Schüler von Michael Arnold. 1880-88 studierte er an der Münchner Akademie
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bei Syrius —>Eberle und hielt sich dann als Stipendiat in Rom auf. Er war seit 1903 a. o. und 1906-23 o.Prof. für religiöse Skulptur an der Münchner Akademie. S. schuf neben Grab- und Denkmälern hauptsächlich Altäre und Skulpturen in bayerischen und fränkischen Kirchen, u. a. 1897 einen Altar in St. Ursula (Schwabing) und 1902 den Hochaltar für St. Maximilian (München). CD Fränk Leb, Bd 19 S c h m i t t , Carl, Staatsrechtler, * 11.7. 1888 Plettenberg/ Sauerland, t 7 . 4 . 1985 Plettenberg. Der wohl umstrittenste deutsche Staatsrechtler des 20. Jh. wuchs als Sohn eines Kirchenkassenverwalters in katholischkleinbürgerlichen Verhältnissen auf. Seit 1907 studierte er Rechtswissenschaften in Berlin, München und Straßburg, wo er 1910 promoviert wurde (Über Schuld und Schuldarten). Anfang 1915 legte er sein Assessorexamen ab, kurz darauf heiratete er Pawla Dorotic, eine angebliche serbische Gräfin. 1916 habilitierte sich S. in Straßburg für Staats-, Verwaltungs- und Völkerrecht sowie Staatstheorie. Nach kurzer Lehrtätigkeit an der Handelshochschule in München folgte er 1921 einem Ruf nach Greifswald, von wo er 1922 nach Bonn wechselte. Dort unterhielt S. enge Kontakte zum Jungkatholizismus, die sich in frühen Publikationen spiegelten (u. a. Politische Theologie, 1922). Diese Beziehungen brachen jedoch weitgehend ab, nachdem seine Ehe mit Pawla Dorotic, die als Hochstaplerin mit zweifelhafter Vergangenheit enttarnt worden war, vom Landgericht Bonn 1924 f ü r nichtig erklärt worden war und S., trotz des Scheiterns des von ihm betriebenen Verfahrens auf kirchliche Nichtigerklärung der Ehe, seine Assistentin Duska Todorovic geheiratet hatte. 1928 ging S. an die Handelshochschule in Berlin. Hier erschienen seine bekanntesten Schriften Der Begriff des Politischen (1927) und die Verfassungslehre (1928, 3. unveränd. Aufl. 1954), in der er entgegen der herrschenden Meinung die Theorie vom unantastbaren Wesenskern der Verfassung entwickelte. Seine Kritik an Parlamentarismus und Pluralismus wie auch seine engen Kontakte zu Regierungskreisen (Kurt von —»Schleicher, Johannes —>Popitz) ließen S. seit 1930 zu einem Vordenker der Präsidialdiktatur werden, als der er auch im Preußenschlag-Prozeß vor dem Staatsgerichtshof 1932 die Reichsregierung vertrat (Der Hüter der Verfassung, 1931). Mit dem Ende der Weimarer Republik verlor S. an politischem Einfluß, weshalb er 1933 nach Köln auswich, wo sich innerhalb weniger Wochen sein Wandel zum Staatsrechtler des frühen nationalsozialistischen Staats vollzog. S. hatte maßgeblichen Anteil an der Abfassung des Reichsstatthaltergesetzes, trat am 1 . 5 . 1 9 3 3 der N S D A P bei, wurde Preußischer Staatsrat, Herausgeber der „Deutschen JuristenZeitung", Mitglied der Akademie für Deutsches Recht und Leiter der Gruppe Universitätslehrer im NS-Juristenbund. Vor allem lieferte er der nationalsozialistischen Führung den erwünschten legalen Schein, indem er die Gesetzmäßigkeit der nationalsozialistischen Revolution betonte, das Ermächtigungsgesetz als vorläufige Verfassung des neuen Staats feierte, bei der Justiz für eine Gesetzesauslegung im nationalsozialistischen Sinn warb und schließlich selbst die Morde im Zusammenhang mit dem Röhm-Putsch, denen auch sein früherer Freund von Schleicher zum Oper fiel, als „höchste Form administrativer Justiz" billigte (Der Führer schützt das Recht, 1934). Im Herbst 1933 wechselte S. an die Berliner Universität, wo er durch die Veröffentlichung von Staat, Bewegung, Volk (1933) und Über die drei Arten rechtswissenschaftlichen Denkens (1934), worin er seine Lehre vom konkreten Ordnungsdenken entwickelte, seinen Ruf festigte. Nunmehr übernahm S., der noch die Verfassungslehre seinem jüdischen Freund Fritz —> Eisler gewidmet hatte, auch den nationalsozialistischen Antisemitismus
Schmitt und f o r d e r t e auf einer T a g u n g i m O k t o b e r 1936, in der j u ristischen Literatur j ü d i s c h e A u t o r e n nicht o d e r z u m i n d e s t nur n o c h als s o l c h e g e k e n n z e i c h n e t zu zitieren. W e n i g später geriet S. in d i e Kritik d e r S S , d i e ihm v o r allem seine f r ü h e r e n K o n t a k t e zu F r a n z von —>Papen, z u m K a t h o lizismus und zu einzelnen J u d e n v o r w a r f . S. verlor d a r a u f h i n 1936 alle s e i n e Ä m t e r außer der P r o f e s s u r u n d d e m Staatsratstitel. In d e n v e r b l e i b e n d e n Jahren der nationalsozialistischen H e r r s c h a f t w a n d t e er sich unter U m g e h u n g der Tagespolitik d e m V ö l k e r r e c h t und g e s c h i c h t s p h i l o s o p h i s c h e n Fragen zu, so e t w a in Völkerrechtliche Großraumordnung mit Interventionsverbot für raumfremde Mächte (1939). N a c h d e m Krieg v e r b r a c h t e der aller Ä m t e r e n t h o b e n e S. längere Zeit in U n t e r s u c h u n g s h a f t (Ex Captivitate Salus. Erfahrungen in derZeit 1945-47, 1950). A n s c h l i e ß e n d lebte er z u r ü c k g e z o g e n in s e i n e m G e b u r t s o r t Plettenberg. Dort e n t s t a n d e n Der Nomos der Erde im Völkerrecht des lus Publicum Europaeum (1950) und Politische Theologie. Band 2 (1970). D i e B e w e r t u n g von S. nach 1945 e r w i e s sich als f a s t s o w e c h s e l h a f t w i e dieser selbst: W ä h r e n d S. zunächst g e r a d e z u tabuisiert und zu d e m K r o n j u r i s t e n der nationalsozialistischen B e w e g u n g schlechthin stilisiert w u r d e , erlebten seine a n t i p a r l a m e n t a r i s c h e n T h e o r i e n in d e n sechziger Jahren e i n e e u r o p a w e i t e R e n a i s s a n c e d u r c h E x t r e m i s t e n von R e c h t s und L i n k s . D i e F a s z i n a t i o n d u r c h den Z w i e s p a l t zwischen O p p o r t u n i s m u s und intellektueller Brillanz, d e n S. w i e kein a n d e r e r verkörperte, sorgte f ü r das Fortleben der u m ihn g e f ü h r t e n intensiven w i s s e n s c h a f t l i c h e n D i s k u s s i o n , w o b e i sich in den letzten Jahren ein z u n e h m e n d e s B e m ü h e n u m e i n e d i f f e r e n z i e r t e r e S i c h t w e i s e abzeichnet. WEITERE WERKE: Politische R o m a n t i k . M ü n c h e n 1919. D i e Diktatur. M ü n c h e n 1921. - D i e D i k t a t u r des R e i c h s p r ä s i d e n t e n . 1924. - D i e K e r n f r a g e d e s V ö l k e r b u n d e s . Berlin 1926. - Volksentscheid und V o l k s b e g e h r e n . B e r l i n / L e i p zig 1927. - D a s R e i c h s g e r i c h t als H ü t e r der Verfassung. 1929. - Legalität und Legitimität. M ü n c h e n / L e i p z i g 1932. G e s p r ä c h über M a c h t u n d d e n Z u g a n g z u m M a c h t h a b e r . P f u l l i n g e n 1954. - G l o s s a r i u m . A u f z e i c h n u n g e n der J a h r e 1 9 4 7 - 1 9 5 1 . Hrsg. v. E b e r h a r d von M e d e m . Berlin 1991. T a g e b ü c h e r . O k t o b e r 1912 bis F e b r u a r 1915. H r s g . v. Ernst H ü s m e r t . Berlin 2 0 0 3 . - B r i e f w e c h s e l H a n s B l u m e n b e r g / C. S. Hrsg. v. A l e x a n d e r S c h m i t z und M a r c e l L e p p e r . F r a n k f u r t / M a i n 2 0 0 7 . - B r i e f w e c h s e l E r n s t F o r s t h o f f / C . S. ( 1 9 2 6 - 1 9 7 4 ) . Hrsg. v. D o r o t h e e M u ß g n u g u n d R e i n h a r d M u ß g n u g . Berlin 2 0 0 7 . - B r i e f w e c h s e l G r e t h a J ü n g e r und C. S. ( 1 9 3 4 - 1 9 5 3 ) . Hrsg. v. I n g e b o r g Villinger u n d A l e x a n der Jaser. Berlin 2 0 0 7 . LITERATUR: B i b l i o g r a p h i e bei: Piet T o m m i s s e n . In: Festschrift f ü r C. S. z u m 70. G e b u r t s t a g . H r s g . v. H a n s B a rion u . a . Berlin 1959, S. 2 7 3 - 3 3 0 . - Piet T o m m i s s e n : E r g ä n z u n g s l i s t e zur C . - S . - B i b l i o g r a p h i e v o m J a h r e 1959. In: Epirrhosis. F e s t g a b e f ü r C. S. Hrsg. v. H a n s B a r i o n u . a . 2 Bde., Berlin 1968, S. 7 3 9 - 7 7 8 . - A l a i n d e B e n o i s t : C . S. B i b l i o g r a p h i e seiner Schriften und K o r r e s p o n d e n z e n . B e r lin 2 0 0 3 . - Klaus H a n s e n / H a n s L i e t z m a n n (Hrsg.): C . S. und d i e L i b e r a l i s m u s k r i t i k . O p l a d e n 1988. - B e r n d R ü t h e r s : C. S. im Dritten Reich. M ü n c h e n 2 1 9 9 0 . - A r m i n A d a m : R e k o n s t r u k t i o n d e s Politischen. C. S. und d i e K r i s e der Staatlichkeit 1912-1933. Berlin 1992. - D i r k van L a a k : Gespräche in der Sicherheit d e s S c h w e i g e n s . C . S. in der politischen G e i s t e s g e s c h i c h t e der f r ü h e n B u n d e s r e p u b l i k . 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Berlin 1 1 9 9 5 . - Friedrich B a l k e : D e r Staat nach s e i n e m E n d e . D i e V e r s u c h u n g C. S.s. M ü n c h e n 1996. - B e r n d R ü t h e r s : Altes und N e u e s von u n d ü b e r C. S. In: N e u e Juristische W o c h e n s c h r i f t 4 9 (1996) S. 8 9 6 - 9 0 4 . - Dirk Blasius: C . S. P r e u ß i s c h e r Staatsrat in Hitlers Reich. G ö t t i n g e n 2 0 0 1 . Gabriel Seiberth: A n w a l t des R e i c h e s . C. S. u n d d e r P r o z e ß „ P r e u ß e n c o n t r a R e i c h " vor d e m Staatsgerichtshof. Berlin 2 0 0 1 . - Jürgen M a n e m a n n : C. S. u n d d i e politische T h e o logie. Politischer A n t i - M o n o t h e i s m u s . M ü n s t e r 2 0 0 2 . - JanW e r n e r Müller: A d a n g e r o u s m i n d . C . S. in p o s t - w a r E u r o pean t h o u g h t . N e w H a v e n / L o n d o n 2 0 0 3 . Dt.: Ein g e f ä h r l i cher Geist. C . S.s W i r k u n g in E u r o p a . D a r m s t a d t 2 0 0 7 . N o r b e r t C a m p a g n a : C . S. E i n e E i n f ü h r u n g . Berlin 2 0 0 4 . Harald K l e i n s c h m i d t : C . S. als T h e o r e t i k e r der internationalen B e z i e h u n g e n . H a m b u r g 2 0 0 4 . - D a v i d C u m i n : C. S. B i o g r a p h i e p o l i t i q u e et intellectuelle. Paris 2 0 0 5 . - R a p h a e l G r o s s : C. S. a n d the J e w s . T h e „ J e w i s h Q u e s t i o n " , t h e H o l o caust a n d G e r m a n Legal T h e o r y . M a d i s o n 2 2 0 0 6 . - R e i n h a r d M e h r i n g : C. S. zur E i n f ü h r u n g . H a m b u r g 3 2006. Ina Ebert
S c h m i t t , Christian, Schriftsteller, * 2 8 . 3 . 1865 G e u d e r t h e i m bei B r u m a t h (Elsaß), t 2 8 . 4 . 1 9 2 8 Karlsruhe. S. b e s u c h t e seit 1882 d a s L e h r e r s e m i n a r in S t r a ß b u r g , w a r seit 1885 L e h r e r in N e u d o r f und seit 1892 in Straßburg. 1893 g e h ö r t e er zu d e n B e g r ü n d e r n des literarischen Alsab u n d e s , dessen O r g a n „ E r w i n i a " er bis 1902 redigierte. 1896 trat er als B ü r o h i l f s a r b e i t e r in die kaiserliche Universitätsund L a n d e s b i b l i o t h e k S t r a ß b u r g ein, w u r d e 1898 z u m R e g i e r u n g s s e k r e t ä r e r n a n n t und w a r nach d e m Ersten Weltkrieg O b e r s e k r e t ä r d e r B a d i s c h e n L a n d e s b i b l i o t h e k in Karlsruhe. S. schrieb u . a . Alsalieder. Gedichte eines Elsäßers (1891, 3 1 9 1 4 ) und Aus Höhen und Tiefen. Dritte Liedersammlung (1907). m DLL S c h m i t t , E d u a r d , a u c h S c h m i d t , Ingenieur, * 7 . 5 . 1842 Prag, t 1 6 . 3 . 1 9 1 3 D a r m s t a d t . S., S o h n eines Lehrers, studierte M a t h e m a t i k , P h y s i k und B a u k u n s t an den P o l y t e c h n i s c h e n Instituten in P r a g und Wien, w a r seit 1861 praktisch tätig und w u r d e 1867 A s sistent des Straßen- und W a s s e r b a u s a m P o l y t e c h n i s c h e n Institut in Prag. 1870 habilitierte er sich dort f ü r H o c h s t r a ß e n und W a s s e r b a u k u n d e (Der neue Kettensteg über die Moldau in Prag), w u r d e 1872 o. Prof. der B a u - und I n g e n i e u r w i s s e n s c h a f t e n in G i e ß e n u n d lehrte i n f o l g e der Verlegung des L e h r s t u h l s von 1874 bis zu seiner E m e r i t i e r u n g 1912 als o. Prof. der I n g e n i e u r w i s s e n s c h a f t e n an d e r T H D a r m s t a d t . 1886 w u r d e er z u m g r o ß h e r z o g l i c h hessischen G e h e i m e n B a u r a t e r n a n n t . S. g r ü n d e t e d i e Zeitschrift „ D e r städtische T i e f b a u " , w a r M i t h e r a u s g e b e r d e s Handbuchs der Architektur (4 Tie., 1 8 8 0 f f . ) u n d v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Vorträge Uber Bahnhöfe und Hochbauten auf Locomotiv-Eisenbahnen (2 Tie., 1873-82), Dächer, Dachformen und Dachstuhlkonstruktionen ( 1 8 9 7 , N e u d r . 2 0 0 2 ) und Maurer- und Steinbauarbeiten (3 Tie., 1909-11). cd ÖBL S c h m i t t , E m i l , S ä n g e r , * 1838 D e t t e l b a c h ( U n t e r f r a n k e n ) , t 2 6 . 9 . 1885 W ü r z b u r g . S., der bereits w ä h r e n d d e s S t u d i u m s der R e c h t s w i s s e n s c h a f ten in W ü r z b u r g in v e r s c h i e d e n e n C h ö r e n m i t w i r k t e , war bis 1868 als Jurist in W ü r z b u r g tätig. 1868 erhielt er ein E n g a g e m e n t als lyrischer T e n o r an d a s H o f t h e a t e r in Neustrelitz und w i r k t e d a n n elf J a h r e lang als erster T e n o r a m H o f t h e a ter von Kassel. Z u s e i n e m R e p e r t o i r e gehörten der M a n r i c o im Troubadour, der D o n O t t a v i o im Don Giovanni und der Titelheld in G o u n o d s Faust. N a c h s e i n e m A b s c h i e d von der B ü h n e w u r d e S. D i r i g e n t d e s W ü r z b u r g e r D o m c h o r s und hatte eine P r o f e s s u r f ü r G e s a n g s k u n s t an der Kgl. M u s i k schule in W ü r z b u r g inne.
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Schmitt S c h m i t t , Erich, Karikaturist, Comiczeichner, * 11.3. 1924 Berlin, f 29. 12. 1984 Berlin. Der Sohn eines Postschaffners erlernte den Beruf des Maschinenschlossers. Nach Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und Gefangenschaft war er in Berlin als Schlosser tätig und bildete sich nebenher bei der Pressezeichnerschule in Halensee aus. Anschließend war er als Karikaturist für verschiedene Zeitungen in Ost-Berlin tätig, zeichnete u . a . seit 1948 die Tageskarikatur der „Berliner Zeitung", seit 1950 auch Comics für „Frischer W i n d " / „ E u l e n s p i e g e l " und die „Wochenpost". Zu seinen bekanntesten Serien gehören „Schwester Monika", „Ede der Tierparklehrling" und „Die Reise zu den Proximanen", die den Höhepunkt der DDR-ComicstripGeschichte bilden. Seine Comics erschienen in Das dicke Schmitt-Buch (1968, '"1998). CD D D R S c h m i t t , Eugen Heinrich, auch Jenö Henrik S., Philosoph, * 5. 11. 1851 Znaim (Mähren), t 14.9. 1916 Schmargendorf (heute zu Berlin). Der Sohn eines Hauptmanns arbeitete zunächst als Kanzleischreiber in Zombor, studierte dann Philosophie in Budapest und wurde 1888 zum Dr. phil. promoviert. 1 8 8 8 / 8 9 setzte er seine Studien in Berlin fort, war seit 1890 Bibliothekar im Justizministerium in Budapest und lebte dort seit 1896 als Privatgelehrter, seit 1908 in Berlin. In der von ihm 1894 in Leipzig gegründeten Zeitung „Die Religion des Geistes", zu deren Mitarbeitern auch der mit ihm befreundete Leo Tolstoj gehörte, propagierte S. seine philosophisch-anarchistischen Ideen, leitete in Berlin die „Gnostischen A b e n d e " und wurde 1903 zum Ausschußmitglied des Giordano-Bruno-Bundes gewählt. Anfänglich unter dem Einfluß —> Hegels und Ludwig —>Feuerbachs, entwickelte S. bald ein eigenes Gedankensystem, die sogenannte Neugnosis, die idealistischen Pantheismus mit christlichem Gedankengut verband. Er veröffentlichte u. a. Das Geheimnis der Hegeischen Dialektik, beleuchtet vom concret-sinnlichen Standpunkte (1888), Friedrich Nietzsche an der Grenzscheide zweier Weltalter (1898, 2 1902), Leo Tolstoi und seine Bedeutung für unsere Kultur (1901), Die Gnosis. Grundlagen der Weltanschauung einer edleren Kultur (2 Bde., 1903-07), Ibsen als Prophet. Grundgedanken zu einer neuen Ästhetik (1903), Der Idealstaat (1904) und Kritik der Philosophie vom Standpunkt der intuitiven Erkenntnis (1908). CD Ö B L
S c h m i t t , Franz, österr. Jurist, Politiker, * 2 . 7 . 1 8 0 2 Freudenthal (Österr.-Schlesien), t 7 . 6 . 1874 Wien. S., Sohn eines Oberbeamten und Güterinspektors des Hochund Deutschmeisters, studierte seit 1821 Rechtswissenschaften am Lyzeum in Olmütz und an der Univ. Wien (Promotion 1828) und wurde S. 1833 als Hof- und Gerichtsadvokat in Wien vereidigt. 1840 in den Verein der Ersten österreichischen Spar-Casse a u f g e n o m m e n , wurde er 1844 Kurator und später Direktor. 1848 zum Präsidenten des österr. Reichstags gewählt, trat S. noch im selben Jahr zurück, war 1850-55 Mitglied des Wiener Gemeinderats und gehörte 1850-69 dem Kammerausschuß an; 1865-69 war er Vizepräsident der Kammer. CD Ö B L S c h m i t t , Franz X. Robert, auch Schmid, österr. Industrieller, * 16. 12.1815 Krems-Stein (Niederösterreich), t 1 9 . 1 0 . 1 8 8 2 Rehberg (heute zu Krems, Niederösterreich). Gemeinsam mit seinem Bruder Adolf baute S. nach Wanderjahren durch Deutschland und die Schweiz eine 1843 in Rehberg erworbene H a m m e r s c h m i e d e zu einer Lederfabrik aus und errichtete 1860 eine Sohlledergerberei nach rheinischem System. Die beiden Brüder besaßen damit die erste und einzige derartige Fabrik in Österreich, die S. seit 1866 allein führte und 1881 an seine Söhne übergab. CD Ö B L
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S c h m i t t , Friedrich, Sänger, Gesangspädagoge, * 18.9. 1812 F r a n k f u r t / M a i n , t 17. 1. 1884 Berlin. In Darmstadt und München im Gesang ausgebildet, debütierte S. 1833 an der Hofoper in München, an die er im selben Jahr verpflichtet wurde. Seit 1834 trat er in Magdeburg, Leipzig und Dresden auf und war nach dem Verlust seiner S t i m m e Gesanglehrer in München, Wien und Berlin. 1864 wurde er von Richard —> Wagner nach München geholt, um mit Peter —»Cornelius die Organisation der geplanten Musikschule vorzubereiten. S. unterrichtete hier u . a . Julius —> Hey, kehrte jedoch nach Berlin zurück, als ihm Wagner sein Vertrauen entzog. Er veröffentlichte u . a . eine Große Gesangsschule für Deutschland (1854). CD Kutsch S c h m i t t , Fritz, Alpinschriftsteller, Redakteur, Verleger, * 2 0 . 9 . 1905 Reichersdorf bei Landau (Niederbayern), t 2 0 . 7 . 1986 München. Von Beruf Elektromonteur und seit 1929 Mitarbeiter bei der Reichsbahn, wurde S., der als einer der ersten Arbeiter als Alpinist bekannt wurde, 1933 aus politischen Gründen entlassen. Seit 1927 schrieb er für alpine Zeitschriften, wurde 1933 hauptberuflicher Alpinpublizist und redigierte 1939-44 die „Deutsche Alpenzeitung" und den „Winter". 1 9 4 4 / 4 5 war er an der Gebirgssanitätsschule St. Johann nahe des Wilden Kaisers stationiert. 1946 erhielt S. eine Verlagslizenz und gründete in M ü n c h e n den Alpinen Verlag Fritz Schmitt. Seit 1948 veröffentlichte er die „Mitteilungen des Alpenvereins", seit 1951 das „Alpenvereins-Jahrbuch" und seit 1955 „Jugend am Berg". Zu seinen Veröffentlichungen zählen ferner das Porträt Grill, genannt Kederbacher (1935, 13 1959), Der Bergsteiger von heute (1937), die Novellen Mensch, Berg und Tod (1937), Der Berg ist Trumpf (1938), das Buch vom Wilden Kaiser (1942, 4 1966, Nachdr. 1982) und die Alpinmonografie Wetterstein (1979). CD N D B S c h m i t t , Georg Philipp, Maler, * 2 8 . 1 0 . 1808 Spesbach (heute zu Hütschenhausen, Kr. Kaiserslautern), t 19.1. 1873 Heidelberg. S., Sohn eines Steuerbeamten, studierte in Heidelberg und 1825-29 an der Kunstakademie in M ü n c h e n bei Peter von —»Cornelius und Julius - ^ S c h n o r r von Carolsfeld. Er war ein Vertreter der Heidelberger Romantik und malte religiöse Bilder im Sinne der Nazarener sowie meist als Aquarell ausgeführte Bildnisse, Landschaften, Stadtansichten und Porträts. Q3 T h - B S c h m i t t , Gottfried, Jurist, * 3 0 . 9 . 1827 H o f h e i m bei Haßfurt (Unterfranken), t 2 5 . 8 . 1908 Ebern (Unterfranken). S., Sohn eines Gastwirts, studierte seit 1847 in Würzburg Rechts- und Kameralwissenschaften und wurde 1856 zum Dr. jur. promoviert. Nach Tätigkeiten in Augsburg, Kempten, Nürnberg und Bamberg wurde er 1869 Rat am Appellationsgericht und 1872 am Obersten Gerichtshof in München. 1869-83 war er im Bayerischen Staatsministerium der Justiz tätig, seit 1874 als Ministerrat. 1889 wurde er Präsident des Oberlandesgerichts Nürnberg, 1891 des Obersten Landesgerichts. S. war 1863-69 für die Liberale Mittelpartei Mitglied der K a m m e r der Abgeordneten und seit 1897 Mitglied des Reichsrats. 1897 wurde er in den bayerischen Ritterstand erhoben. Als sein Hauptwerk gilt der Vorentwurf z u m Erbrecht des B G B und dessen Begründungen von 1879 und 1886. S., der die deutsche Vereinheitlichungsgesetzgebung mitprägte, veröffentlichte ferner Der bayerische Civilprozess (2 Bde., 1870-72) und Bayerische
Justizgesetze
(1905).
CD N D B
S c h m i t t , Günther, Agrarpolitiker, * 2 3 . 1 2 . 1 9 2 8 Frankenthal, f 2 3 . 2 . 2 0 0 6 Göttingen. S. wurde nach dem Studium 1958 in Göttingen promoviert (Die Handels- und Verarbeitungsspannen bei Nahrungsmitteln), wurde 1966 zum Prof. in Kiel ernannt und folgte 1970
Schmitt einem Ruf nach Göttingen. Er trat vor allem mit Arbeiten zur Agrarpolitik hervor und veröffentlichte u. a. Methoden und Möglichkeiten der langfristigen Vorausschätzung der Agrarproduktion (1961), Agrarpolitik für Europa (mit HansBroder Krohn, 1962), Zur Neuorientierung der Agrarpolitik (mit Theodor —> Heidhues, 1969) und Ziel- und. Mittelkonflikte sektorspezifischer Systeme sozialer Sicherung (mit Harald von Witzke, 1975). S c h m i t t , Hans, österr. Musiker, Musikpädagoge, K o m p o nist, * 14. 1. 1835 Koken (Böhmen), t 15. 1.1907 Wien. S., Sohn eines Lehrers, studierte 1846-50 Oboe am Konservatorium in Prag, war 1850-55 Oboist am Operntheater in Bukarest und wurde 1856 Mitglied des Orchesters des Hofburgtheaters in Wien. Seit 1860 studierte er Klavier und Komposition am Konservatorium der Gesellschaft der M u sikfreunde in Wien, an d e m er seit 1862 unterrichtete und 1875-1900 eine Klavierausbildungsklasse leitete. 1876-85 war er Mitglied der Wiener Hofmusikkapelle, 1900-03 Lehrer für Sologesang am Mozarteum in Salzburg. S. verfaßte zahlreiche methodische und technische Studienwerke (u. a. Über die Kunst des Anschlages, 1894) und komponierte Lieder, Werke für Violine und Klavier sowie die Oper Bruna. Er war der Vater von Robert Hans —>S. CD Ö B L S c h m i t t , Heinrich, Politiker, * 6. 10. 1895 Waldbüttelbrunn (Unterfranken), t 13.8. 1951 München. Von Beruf Werkzeugdreher, war S., Sohn eines Arbeiters, seit 1913 Mitglied des Deutschen Metallarbeiterverbandes und Soziademokrat. Seit 1917 arbeitete er im Leuna-Werk in Dresden, dessen Betriebsratsvorsitzender er später war, und wechselte im selben Jahr zur U S P D . 1920 Schloß sich S. der K P D an und gehörte 1928-30 d e m Reichstag an. 1 9 3 0 / 3 1 als Facharbeiter in der Sowjetunion tätig, wurde er danach Generalsekretär des Internationalen Komitees der Chemiearbeiter. 1935-45 war er in Haft. 1 9 4 5 / 4 6 war S. Staatsminister für Entnazifizierung in Bayern im ersten Kabinett Wilhelm —>Hoegners. 1947 trat er aus der K P D aus. CD Dt Kommunisten S c h m i t t , Hermann Joseph, kath. Theologe, * 1 . 7 . 1 8 9 6 Köln, t 2 3 . 4 . 1 9 6 4 Köln. S. studierte Philosophie, Theologie und Wirtschaftswissenschaften, wurde zum Dr. theol. promoviert, empfing die Priesterweihe, war Kaplan in Elberfeld und wurde 1928 Generalsekretär des Reichsverbandes der katholischen Arbeiter und Arbeiterinnen. Im März 1933 wurde er für das Zentrum in den Reichstag gewählt. Nach der Auflösung der kath. Arbeiterbewegung durch die Nationalsozialisten seit 1933 politisch verfolgt, wurde S. 1944 verhaftet und trotz Freispruchs im Konzentrationslager Dachau interniert. 1948-62 war er Verbandspräses der kath. Arbeiter- und Knappenvereine Westdeutschlands. CD Haunfelder, Zentrumspartei S c h m i t t , Jakob, kath. Theologe, * 1 0 . 9 . 1 8 3 4 Tauberbischofsheim, t 17.9. 1915 Freiburg/Breisgau. S. studierte Philosophie und Theologie in F r e i b u r g / B r e i s gau, wurde 1857 zum Priester geweiht und im folgenden Jahr Repetitor für Katechetik und Homiletik am dortigen Priesterseminar. Seit 1886 war er Mitglied des Freiburger Domkapitels, leitete 1 8 8 7 / 8 8 das Diözesanpriesterseminar St. Peter im Schwarzwald und wurde 1902 zum Päpstlichen Hausprälaten ernannt. S. war einer der führenden Vertreter der textanalytischen M e t h o d e in der Katechetik. Er veröffentlichte u . a . Manna quotidianum sacerdotum (3 Bde., 1863 / 6 4 , 5 1 9 2 4 ) , Erklärung des mittleren Deharbeschen Katechismus (3 Bde., 1870-76, l o 1903) und Katholische Sonn-
und Festtagspredigten
(2 Bde., 1877-81,
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1899-1909). CD B B K L
S c h m i t t , Josef (Franz), Jurist, Politiker, * 2 . 4 . 1 8 7 4 Lauda (heute zu Lauda-Königshofen), t 1 6 . 1 2 . 1 9 3 9 Lauda. S., Sohn eines Schmiedemeisters und Landwirts, studierte 1892-96 Rechtswissenschaften in Heidelberg und Berlin (Promotion 1913), wurde 1900 Amtsrichter und war seit 1901 als Jurist für den kath. Oberstiftungsrat in Karlsruhe tätig, seit 1924 als dessen Präsident. 1921-33 gehörte er für die Zentrumspartei d e m Badischen Landtag an und war 1927-31 badischer Finanzminister, 1931-33 Justizminister sowie 1928-30 und 1931-33 badischer Staatspräsident. 1933 klagte S. gegen die nationalsozialistische „Gleichschaltung" vor d e m Reichsgerichtshof. In „Schutzhaft" genommen, wurde S. nach der Entlassung juristischer Berater der deutschen Bischöfe. Er veröffentlichte u. a. Das Simultankirchenrecht im Großherzogtum Baden (einschließlich des Altkatholikenrechts) unter der Herrschaft des bürgerlichen Gesetzbuchs (1909) und Staat und Kirche (1919). m
NDB
S c h m i t t , Joseph Damian, Bischof von Fulda, * 2 2 . 4 . 1858 Marbach, t 10.4. 1939 Fulda. S. studierte Theologie und Philosophie in Würzburg und am Collegium G e r m a n i c u m in R o m , w o er zum Dr. theol. et phil. promoviert wurde und 1882 die Priesterweihe empfing. Nach seiner Rückkehr in der Seelsorge tätig, wirkte er 1885-87 als Aumönier in B a u f f e (Belgien) und kam dann als Stadtkaplan nach Fulda. 1889 wurde er Prof. am dortigen Priesterseminar, 1890 Dompräbendat, 1894 Subregens, 1895 Regens des Seminars und 1899 Domkapitular. 1906-39 hatte er den Fuldaer Bischofsstuhl inne. 1890-1907 war S. Mitherausgeber und Redakteur des „Philosophischen Jahrbuches" der Görres-Gesellschaft. CD Gatz 4 S c h m i t t , Kurt (Paul), Jurist, Unternehmer, Politiker, * 7 . 1 0 . 1886 Heidelberg, t 2 2 . 1 1 . 1950 Heidelberg. Nach d e m 1911 mit der Promotion (Die kaufmännische Auskunftei, insbesondere der Auskunfts vertrag) abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaften trat S., Sohn eines Arztes, 1913 in die M ü n c h n e r Zweigniederlassung der Allianz Versicherungs-AG ein und war nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg seit 1917 stellvertretendes Vorstandsmitglied, seit 1921 Generaldirektor der Allianz, die sich unter ihm zum größten deutschen Versicherungskonzern entwickelte. 1931 wurde er Vorsitzender des Reichsverbands der Privatversicherung. Seit 1933 Mitglied der N S D A P und der SS, wurde S., der seit 1930 mit Hermann —> Göring bekannt war, am 2 9 . 6 . 1 9 3 3 als Nachfolger Alfred —»Hugenbergs zum Reichswirtschaftsminister ernannt, 1935 jedoch durch Hjalmar —> Schacht abgelöst. Ferner war er Mitglied des Freundeskreises Reichsführer SS. Er verfügte über Aufsichtsratsposten u . a . bei der A E G und der Deutschen Continental Gasgesellschaft. Seit 1938 Generaldirektor der M ü n c h n e r Rückversicherungs-Aktiengesellschaft, wurde er 1945 entlassen und vorübergehend interniert. Zunächst als „Hauptschuldiger" angeklagt, wurde er 1949 als „Mitläufer" eingestuft. Er nahm seine Tätigkeit bei der Münchner Rückversicherung wieder auf und wurde Vorsitzender des Aufsichtsrats. CD N D B S c h m i t t , Ludwig, österr. Kunsttischler, Fabrikant, * 1 9 . 5 . 1 8 4 9 Wien, t 29. 12. 1906 Wien. S. erlernte das Tischlerhandwerk, erwarb 1875 das Gewerberecht und übernahm die väterliche Tischlerwerkstatt in Wien, die 1880 unter d e m Namen Ludwig Schmitt, Anton Schmitts Sohn, Kunst- und Möbeltischlerei firmierte. 1898 wurde er zum k. u. k. Hoftischler und Möbelfabrikanten ernannt. Seit der Jahrhundertwende stellte S. Möbel im Jugendstil her und
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Schmitt arbeitete mit zahlreichen bekannten Architekten und Möbeldesignern zusammen, u . a . mit Joseph —»Olbrich und Hans Vollmer. Der mit ihm befreundete Gustav —> Klimt entwarf Möbelstoffe für ihn. Das Unternehmen wurde von S.s gleichnamigen Sohn weitergeführt. CD Ö B L S c h m i t t , Ludwig, Agrikulturchemiker, * 3 0 . 6 . 1900 O h m e s (Kr. Alsfeld), t 30. 1. 1978 Darmstadt. S., Sohn eines Lehrers, studierte seit 1918 C h e m i e an der T H Darmstadt, wurde 1924 zum Dr.-Ing. promoviert {Ueber die spezifischen Wärmen von Kupferoxyd, Kupferoxydul, Iridium und Iridiumdioxyd bei hohen Temperaturen, gedruckt 1931) und trat 1925 in den Dienst der Landwirtschaftlichen Versuchsanstalt Darmstadt; seit 1933 leitete er die Station, zunächst als geschäftsführender, seit 1938 als planmäßiger Direktor. 1932 habilitierte sich S. für Agrikulturchemie (Der Einfiuß der Handelsdünger auf das Pflanzenwachstum und auf verschiedene Eigenschaften kalkarmer Mineralböden) und wurde 1940 apl. Prof. an der T H Darmstadt. 1943-45 war er Präsident des Reichsverbands der Landwirtschaftlichen Untersuchungsämter und Versuchsanstalten und 1948-67 der Nachfolgeorganisation Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten. S. beschäftigte sich vor allem mit Fragen der Düngung; er veröffentlichte u . a . Die Kalkdüngung (1937,41943;51950 unter d e m Titel Wegweiser für die Kalkdüngung), Methoden zur chemischen und biologischen Qualitätsbestimmung von gärtnerischen und landwirtschaftlichen Erzeugnissen (1941, 2 1953) und Vom Segen der richtigen Düngung ( 1 9 5 4 , 2 1 9 5 8 ) . 1950 war er Mitbegründer der Zeitschrift „Landwirtschaftliche Forschung", deren Schriftleitung er bis zu seinem Tod innehatte. CD N D B S c h m i t t , L u d w i g (August) Erich, Germanist, Sprachwissenschaftler, * 1 0 . 2 . 1 9 0 8 Lennep (heute zu Remscheid), t 3. 1. 1994 M a r b u r g / L a h n . Der Sohn eines Bergarbeiters und Eisenbahnschaffners Schloß das Studium der Germanischen Philologie, Indoeuropäischen und Allgemeinen Sprachwissenschaft, Geschichte, Philosophie, Pädagogik, Volkskunde und Kunstwissenschaft in Gießen, Berlin und Leipzig 1936 mit der Promotion ab (Zum Stil der Urkundensprache in der Kanzlei Kaiser Karls IV.). 1937 wurde er Mitglied der N S D A P . Seit 1939 Assistent an der Univ. Groningen, habilitierte er sich 1941 in Leipzig (Sprachgeschichte des thüringischobersächsischen Raumes im ausgehenden Mittelalter) und wurde im selben Jahr o. Prof. für Germanische und Deutsche Philologie, 1945 a. o . P r o f . für Deutsche und Niederländische Philologie an der Univ. Leipzig. 1953 erhielt er Lehrverbot und ging als Lehrbeauftragter für Niederländisch an die Univ. Köln. 1955 wurde er o . P r o f . für Deutsche Philologie, 1956 als Nachfolger von Walther —>Mitzka o . P r o f . für Germanische und Deutsche Philologie an der Univ. Marburg, wo er 1956-76 Leiter des Forschungsinstituts f ü r Deutsche Sprache „Deutscher Sprachatlas" und seit 1965 Mitbegründer und Mitglied der Zentralredaktion des Europäischen Sprachatlas war. 1962-66 war er Vorsitzender der Germanisch-Historischen Gesellschaft und 1965 Präsident des Zweiten Internationalen Dialektologenkongresses. Zu seinen Veröffentlichungen gehört der Deutsche Wortatlas (mit Walther Mitzka, Bd. 5-22, 1957-80). S. gab mit weiteren Gelehrten die Forschungsausgabe der Sämtlichen Werke der Brüder —»Grimm sowie mit Gilbert de Smet u . a . die Reihe Documenta Linguistica. Quellen zur deutschen Sprache des 15. bis 20. Jahrhunderts und die 15. Auflage der Mittelhochdeutschen Grammatik von Hermann —>Paul heraus. CD IGL
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S c h m i t t , Nikolaus Eduard, Jurist, * 2 1 . 1 . 1806 Kaiserslautern, t 1 3 . 2 . 1 8 6 0 Philadelphia (USA). S., Sohn eines Advokaten, studierte in Würzburg, Heidelberg, München und Jena, wurde als Freisinniger und Burschenschafter nicht zum Staatsdienst zugelassen und war als Rechtskonsulent in Kaiserslautern tätig. Er gab den „Boten für Stadt und L a n d " heraus, gehörte 1 8 4 8 / 4 9 als Vertreter der äußersten Linken der Verfassunggebenden Versammlung in Frankfurt an und war Mitglied des pfälzischen Landesverteidigungsausschusses sowie der provisorischen Reichsregierung. Nach dem Scheitern der Revolution floh S. über die Schweiz in die U S A und ließ sich als Rechtsanwalt und Publizist in Philadelphia nieder, wo er sich f ü r die Republikanische Partei engagierte. CD Reinalter 2,1 S c h m i t t , Otto, Kunsthistoriker, * 13.12. 1890 Weisenau (heute zu Mainz), t 2 1 . 7 . 1951 Ulm. Das Studium der Klassischen Archäologie, Geschichte und Kunstgeschichte in Freiburg/Breisgau, Straßburg und Gießen Schloß S., Sohn eines Oberlehrers, 1914 mit der Promotion zum Dr. phil. ab. Er habilitierte sich nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1919 in F r a n k f u r t / M a i n und war dort als Privatdozent, seit 1924 als a . o . P r o f . und als Direktorialassistent am Städelschen Kunstinstitut tätig. 1925 folgte er einem Ruf als Ordinarius für Kunstgeschichte nach Greifswald und lehrte seit 1935 an der T H Stuttgart, deren Rektor er 1948-50 war. S. befaßte sich besonders mit der Erforschung der hochgotischen Plastik am Mittel- und Oberrhein, vor allem im Elsaß, und gab seit 1933 das Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte heraus. CD N D B S c h m i t t , Robert Hans, österr. Bergsteiger, Forschungsreisender, Maler, * 7. 1.1870 Wien, t 1 0 . 5 . 1 8 9 9 Mangali in Ukehe (Deutsch-Ostafrika, heute Tansania). Der Sohn des Musikpädagogen und Komponisten Hans —>S. besuchte 1885-87 die allgemeine Malerschule der Akademie der bildenden Künste in Wien und 1 8 8 7 / 8 8 die Spezialschule für Landschaftsmalerei bei Eduard —> Peithner von Lichtenfels. Seit 1887 Mitglied des Österreichischen Alpenklubs, zählte S. 1888-93 zu den besten Kletterern Wiens und unternahm zahlreiche Erstbesteigungen (u. a. Eiskarspitze, Dachstein, 1893; Roter Turm, Lienzer Dolomiten, 1888). 1894 nahm er an der Expedition „Freiland" nach Britisch Ostafrika teil, einem Kolonisationsprojekt, dessen praktische Durchführung sich bald als unmöglich erwies. 1895 trat S. der Geographischen Gesellschaft bei. 1896 vom deutschen Gouvernement in Ostafrika angestellt, erforschte er südlich von Dar-es-Salaam das Mündungsgebiet des Rufidschi-Flusses bis zu den Panganifällen und rüstete 1898 eine größere Expedition zum Nordostufer des Nyassasees (heute Malawi-See), starb jedoch zuvor am Schwarzwasserfieber. CD Ö B L S c h m i t t , Rudolf (Wilhelm), Chemiker, * 5 . 8 . 1830 Wippershain bei Hersfeld (Hessen), t 18.2. 1898 Radebeul bei Dresden. Der Pfarrerssohn studierte Theologie und Naturwissenschaften mit Schwerpunkt C h e m i e in Marburg und war 1857 Assistent an der Polytechnischen Schule in Stuttgart und seit 1858 in Marburg bei Hermann —> Kolbe, zu d e m er freundschaftliche Beziehungen unterhielt. 1861 mit der Arbeit Beitrag zur Kenntnis der Sulfanilidsäure und der Amidophenylschwefelsäure promoviert, habilitierte sich S. 1864 (Ueber einige neue Derivate der Salicylsäure) und folgte 1865 einem Ruf als Prof. an die Höhere Gewerbeschule in Kassel. 1869 ging er an die Industrieschule in Nürnberg und wurde 1870 Prof. für Allgemeine C h e m i e und Chemische Technologie am Polytechnikum in Dresden. 1860 wies S. die Verwandtschaft von Wein-, Apfel- und Bernsteinsäure nach; die Beschäftigung mit Diazoverbindungen führte 1870
Schmitt-Walter zur Darstellung der ersten aromatischen Fluorverbindungen. S. trat vor allem durch seine gemeinsam mit Kolbe 1860 veröffentlichte Untersuchung zur Synthese der Ameisensäure hervor, die er 1885 noch verbesserte (Beitrag zur Kenntnis der Kolbe'schen Salicylsäure-Synthese) und die als KolbeSchmitt-Synthese bekannt wurde. CD N D B S c h m i t t , Saladin, Regisseur, Intendant, * 18.9. 1883 B i n g e n / R h e i n , t 14.3. 1951 Bochum. Nach dem 1905 mit der Promotion zum Dr. phil. abgeschlossenen Studium der Germanistik in Bonn und Berlin war S., Sohn eines Weingutsbesitzers und Weinhändlers, als Theaterkritiker tätig, besuchte die Kölner Schauspielschule und war dann Schauspieler und Dramaturg in Elberfeld. 1914 wurde er Oberspielleiter in Freiburg/Breisgau, leitete 1916-18 das Deutsche Theater in Brüssel und war 1919-49 Intendant des Schauspielhauses in Bochum, das sich unter seiner Leitung zu einer der führenden deutschen Bühnen entwickelte. 1921-34 war S. gleichzeitig Intendant der Vereinigten Stadttheater Bochum-Duisburg. 1938 wurde er zum Prof. ernannt. Höhepunkte seiner Spielplangestaltung waren Dichterzyklen, u.a. 1927 die Shakespeare-Woche mit den Königsdramen und die Kleist-Woche 1936. OD Westf Autoren, Bd 3 S c h m i t t , Viktor Christian, Sänger, * 2 4 . 1 1 . 1844 F r a n k f u r t / M a i n , t 2 4 . 2 . 1900 Wien. Seine Gesangsausbildung erhielt S. bei Louis Baumann in F r a n k f u r t / M a i n , debütierte 1865 als G o m e z im Nachtlager von Granada am Stadttheater in Freiburg/Breisgau und trat dann an den Bühnen in Dessau, Lübeck, Mainz, Bremen, Hamburg und Breslau auf. Von 1875 bis zu seinem Tod am Hoftheater in Wien engagiert, war er vor allem im Buffound Charakterfach tätig, u.a. als David in den Meistersingern und als M i m e im Rheingold. CD Kutsch S c h m i t t , Walther, Gynäkologe, * 25.9. 1888 Ludwigsh a f e n / R h e i n , t 11.12.1931 Essen. S. studierte Medizin in Würzburg und München, wurde 1913 in Würzburg promoviert (Über die Histologie der Salpingitis chronica) und war nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg Assistenzarzt an der dortigen UniversitätsFrauenklinik. 1922 habilitierte er sich für Geburtshilfe und Gynäkologie in Würzburg (Untersuchungen über die Physiologie der Plazentargefäße), wurde 1925 a. o. Prof. und war seit 1929 Chefarzt an der Geburtshilflich-Gynäkologischen Abteilung des Elisabeth-Krankenhauses in Essen. Er schrieb u. a. Biologische Grundlagen der gynäkologischen Strahlentherapie (1929). S. starb an den Folgen einer während seiner ärztlichen Tätigkeit erfolgten Infektion. S c h m i t t , Wilhelm Joseph, Gynäkologe, getauft 1 0 . 8 . 1 7 6 0 Lorch (Rheinland), f 3 . 6 . 1827 Oberdöbling (heute zu Wien). S., Sohn eines früh verstorbenen Juristen und Landwirts, studierte Philosophie in Mainz, erwarb 1779 den Grad eines Magisters, begann das Studium der Medizin, das er 1780 in Würzburg und 1783 in Wien fortsetzte, und trat 1785 als Praktikant in die österr. A r m e e ein. Nach dem Besuch der medizinisch-chirurgischen Josephsakademie wurde er 1791 zum Dr. med. et chir. promoviert und war 1788-93 Sekretär Johann Alexander von —> Brambillas. 1795 gewann er als Chefarzt des k. k. Bombardierkorps in Wien den ersten Preis bei der wissenschaftlichen Ausschreibung zur Verbesserung des österr. Militär-Sanitätswesens. S. wurde Prosektor und Lehrer an der Josephsakademie, 1798 externer, 1800 interner Prof. und Stabsarzt, 1802 a. o. und 1804 o.Prof. der Geburtshilfe und Arzneikunde. 1801 beschrieb S. erstmals die sogenannte interstitielle Gravidität als Sonderform
der außerhalb der Gebärmutter vorkommenden Schwangerschaftslokalisationen. Er veröffentlichte u . a . Geburtshülfliche Fragmente (1804), Neue Versuche und Erfahrungen über die Ploucquetsche und hydrostatische Lungenprobe (1806), Sammlung zweifelhafter Schwangerschaftsfälle (1818, frz. 1829) und Gesammelte obstetricische Schriften (1820). • P ÖBL S c h m i t t - C a r l , Fritz, Verleger, Literarhistoriker, * 5.12. 1904 Neu-Isenburg, f 1 6 . 8 . 1 9 6 9 Feldafing/ Starnberger See. S.-C. studierte in München Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte und wurde 1930 mit der Arbeit Heinrich Heine als Gegenstand der literarischen Kritik promoviert. Er veröffentlichte u. a. Tabellen zur deutschen Literaturgeschichte (1935) und Deutsche Literaturgeschichte in Tabellen (unter Mitarbeit von Gerhard —> Fricke, 3 Tie., 1949-52). Als Mitinhaber und Leiter des Verlags Hans Carl führte S.-C. sowohl die 1861 gegründete technisch-wissenschaftliche Abteilung mit den Spezialgebieten Brauereiwesen und Milchwirtschaft als auch die 1912 von seinem Schwiegervater Hans Carl gegründete geistesgeschichtlich-literarische Abteilung (u.a. mit den Autoren Alexander von —>Bernus, Rudolf —> Pannwitz, Fritz von —> Unruh sowie mit Klassikerausgaben und Kunstbüchern). Seit 1948 war er drei Jahre Vorstandsmitglied im Fachverband Bayerischer Verleger; seit 1949 gehörte er zugleich dem Bayerischen Verleger- und Buchhändlerverband an, dessen Vorsitzender er 1956-58 war. S c h m i t t - S u l z t h a l , Rudolf, Schriftsteller, * 2 4 . 8 . 1903 Sulzthal (Unterfranken), t 7 . 3 . 1 9 7 1 München. S.-S. studierte Philosophie und Literaturgeschichte in München, gründete 1930 die literarische Gesellschaft „Der Tukankreis" in München, dessen Leitung er übernahm, und arbeitete 1946-49 als Verlagslektor. Anschließend lebte er als freischaffender Schriftsteller in München. Er gab „Tukan, der Musenvogel", die „Tukanreihe" (1932-35), die „Tukanbühne" (1930-34) sowie die Schriftenreihe „De humanitate" heraus und war Mitherausgeber des „Ausblick. Jahrbuch neuer deutscher Dichtung" (1934). S.-S. veröffentlichte mehrere Lyrikbände, u . a . Sternkorn ist ausgesät (1963). 1963 wurde er mit dem Schwabinger Literaturpreis und 1966 mit dem Tukan-Preis ausgezeichnet. CD D L L S c h m i t t - V o c k e n h a u s e n , Hermann, Jurist, Verleger, Politiker, * 31. 1.1923 Vockenhausen/Taunus, t 2. 8.1979 Koblenz. S.-V. war nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg 1945-48 Referent im Hessischen Innenministerium, studierte seit 1947 Rechtswissenschaften in F r a n k f u r t / M a i n und wurde 1969 an der Freien Univ. Berlin promoviert. 1949 wurde er Dozent am Verwaltungsseminar Wiesbaden, übernahm 1950 die Leitung des Verlags Dr. Max Gehlen (Bad Homburg, Berlin, Bonn, Zürich) und war Inhaber und Verleger der Norddeutschen Verlagsanstalt O. Goedel in Hannover sowie des Verlags für Bürotechnik in F r a n k f u r t / M a i n . Seit 1946 Mitglied der SPD, gehörte S.-V. seit 1953 dem Deutschen Bundestag an, leitete 1961-69 den Innenausschuß und wurde 1969 Vizepräsident des Deutschen Bundestags. Seit 1971 war er Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. 1973 wurde S.-V. Präsident des Deutschen Städteund Gemeindebundes. CD M d B S c h m i t t - W a l t e r , Karl, eigentl. K. Schmitt, Sänger, * 23. 12. 1900 G e r m e r s h e i m / R h e i n , f 14. 1.1985 Kreuth (Oberbayern). Seine Gesangsausbildung erhielt S.-W., Sohn eines Steuerinspekteurs, am Konservatorium in Nürnberg, debütierte 1921 am dortigen Stadttheater und setzte sein Studium
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Schmittbaur 1 9 2 3 / 2 4 bei Richard - » T r u n k in München fort. Anschließend sang er in Oberhausen, am Landestheater in Saarbrücken und am Stadttheater in Dortmund, war 1929-35 am Staatstheater in Wiesbaden engagiert und wurde 1935 an das Deutsche Opernhaus in Berlin verpflichtet, d e m er bis 1944 und wieder 1 9 4 9 / 5 0 angehörte; er hatte dort u . a . als Danilo in Franz —»Lehärs Lustiger Witwe Erfolg. Gleichzeitig war er 1941-44 Mitglied des Staatstheaters Hannover und 1946-50 der Staatsoper Berlin und gehörte 1942-44 sowie 1950-67 d e m Ensemble der Bayerischen Staatsoper in München an. Er gastierte u. a. an den Staatsopern in Wien und Hamburg, an der Grand Opera in Paris, an der Covent Garden Opera in London und an der N e w York City Center Opera und wirkte 1956-61 als Beckmesser in den Meistersingern bei den Festspielen in Bayreuth mit. Seit 1957 hatte S.-W. eine Professur an der Münchner Musikhochschule inne und wirkte seit 1962 als Pädagoge in Kopenhagen. 1963 nahm er am Staatstheater in Wiesbaden mit seiner Glanzrolle, dem Beckmesser, Abschied von der Bühne. S.-W. wurde besonders als —» Mozart- und —> Wagner-Interpret sowie als Oratorien- und Liedersänger bekannt. Cd N D B S c h m i t t b a u r , Joseph Aloys, Musiker, Kapellmeister, Komponist, * 8. 11.1718 Bamberg, t 2 4 . 1 0 . 1 8 0 9 Karlsruhe. S. war Schüler des Hoforgelmachers Johann Philipp —»Seuffert in Würzburg. Er war seit 1759 Konzertmeister, seit 1766 Kapellmeister am Hof in Rastatt, seit 1772 Konzertmeister in Karlsruhe, 1775-77 Domkapellmeister in Köln und 1776 Kapellmeister in Karlsruhe. S. wurde als Virtuose auf der Glasharmonika bekannt, deren Tonumfang er von zwei auf vier Oktaven erweiterte. Marianne —> Kirchgeßner war seine berühmteste Schülerin. S.s kompositorisches Werk umfaßt u. a. Klavier-, Orgel- und Cembalostücke, Stücke f ü r Glasharmonika, K a m m e r m u s i k für Blas- und Streichinstrumente, Symphonien und Konzerte sowie Lieder, Chöre und Messen. c d MGG
Schmitthenner,
Friedrich (Jakob), Germanist, Historiker, Staatswissenschaftler, * 17.3. 1796 Oberdreis bei W i e d / Rhein, t 19.6. 1850 Gießen. S., Sohn eines Pfarrers, studierte seit 1813 Medizin, dann Theologie und Philosophie in Marburg und Gießen. 1815 wurde er Rektor in Dierdorf, 1817 Pfarrer in Dreifelden und war 1819-26 Prorektor am Pädagogium Dillenburg, 1827 in Wiesbaden sowie 1828 Seminardirektor und Schulinspektor in Idstein. Im selben Jahr wurde er aufgrund seiner wissenschaftlichen Leistungen ohne Dissertation promoviert und zum Prof. der Geschichte an der Univ. Gießen ernannt. 1832-35 war er als Direktor eines G y m n a s i u m s und als Oberschulrat in Darmstadt tätig. Seit 1835 lehrte S. als o . P r o f . für Staats- und Kameralwissenschaften in Gießen und war 1 8 3 6 / 3 7 Rektor der Universität. Neben sprachwissenschaftlichen Schriften, darunter Ursprachenlehre (1826, Nachdr. 1977), Methodik des Sprachunterrichts. Nebst Vorschlägen zur Verbesserung der teutschen und lateinischen Grammatik und Stilistik (1828), Teutonia. Ausführliche teutsche Sprachlehre [...] (1828, Nachdr. 1984) und Kurzes teutsches Wörterbuch für Entymologie, Synonymik und Orthographie (1834), veröffentlichte S. Zwölf Bücher vom Staate oder Systematische der Staatswissenschaften (3 Bde., 1839-43, Nachdr. 1967). 1835 wurde er zum Geheimen Regierungsrat ernannt und gehörte 1841-47 d e m Landtag des Großherzogtums Hessen an. CD IGL
Schmitthenner,
Friedrich, Chemiker, * 2 5 . 5 . 1876 Bad Bergzabern (Pfalz), t 7 . 9 . 1945 Bad Kreuznach. Nach d e m Studium der Pharmazie in Karlsruhe und Straßburg war S., Sohn eines Gerichtsvollziehers und Halbbruder des Architekten Paul —>S„ 1901-05 Assistent am
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Botanischen Institut der T H Karlsruhe, 1905-07 am Botanischen Institut der Univ. Würzburg und wurde 1907 promoviert (Über die Histologischen Vorgänge beim Veredeln, insbesondere bei Kopulationen und Ceißfußpfropfungen). 1907-13 Assistent an der wissenschaftlichen Abteilung der Preußischen Rebenveredelungsstation in Geisenheim, leitete er seit 1913 die Entwicklungsabteilung mit weinchemischem und bakteriologischem Labor der Seitz-Werke in Bad Kreuznach. S. machte sich vor allem durch die Entwicklung eines Entkeimungsfilters zur Kaltsterileinfüllung verdient. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Der Wein. Weinbau und Weinbereitung, Chemie und Untersuchung des Weines (mit Carl von der -> Heide, 1922).
Schmitthenner,
Hansjörg, Journalist, Schriftsteller, * 2 0 . 1 1 . 1908 Colmar, t 2 0 . 5 . 1 9 9 3 München. Der Sohn des Architekten Paul —>S. war nach d e m Abschluß seines Studiums der Naturwissenschaften und Medizin 1932-37 Schauspieler in Berlin und München. A m Zweiten Weltkrieg nahm er als Feldunterarzt teil. 1950-74 war er Dramaturg und Leiter der Hörspielabteilung am Bayerischen R u n d f u n k , seit 1974 freier Mitarbeiter bei R u n d f u n k und Fernsehanstalten. Zu seinen bekanntesten Hörspielen gehören Präzision und Reinigkeit, Im Ballon, Djati Luwih Schönes Land und Welthören. Sein zusammen mit Helmut - ^ H e i ß e n b ü t t e l und Heinz Hostnig produziertes Hörspiel Zwei oder drei Porträts wurde mit d e m Hörspielpreis der Kriegsblinden ausgezeichnet. S. schrieb auch R o m a n e (u. a. Nagelfluh, 1986) und war Verfasser zahlreicher Sachbücher, darunter über die Ballonfahrt (Die Luftfahrer, 1956) und die Romantik (Blume der Nacht, 1968). 1950 wurde er mit dem Welt-Story-Preis des „Herald Tribune" New York ausgezeichnet. Seit 1962 war S. Mitglied der Akademie der darstellenden Künste in F r a n k f u r t / M a i n . c n DLL
Schmitthenner,
Heinrich (Wilhelm), Geograph, Naturforscher, * 3 . 5 . 1887 Neckarbischofsheim (Kraichgau), t 18.2. 1957 M a r b u r g / L a h n . Das Studium der Naturwissenschaften in Heidelberg und Berlin Schloß S., Sohn eines Pfarrers und Bruder des Politikers Paul —>S., 1912 mit der Promotion zum Dr. rer. nat. ab (Die Oberflächengestaltung des nördlichen Schwarzwaldes, gedruckt 1913), habilitierte sich 1919 in Heidelberg für Geographie und war seit 1920 Assistent am dortigen Geophysikalischen Seminar. Seit 1923 a . o . P r o f . in Heidelberg, ging er 1928 als a. o. Prof. der Kolonialgeographie nach Leipzig, wurde dort im selben Jahr persönlicher Ordinarius und lehrte 1936-45 als Ordinarius für Geographie in Leipzig; seit 1946 wirkte er in gleicher Stellung in Marburg. 1939 wurde er in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. S. unternahm, zum Teil mit seinem Lehrer Alfred —> Hettner, Forschungsreisen nach Nordafrika, Ost- und Südostasien. Er veröffentlichte vorwiegend Arbeiten zur Geomorphologie, besonders zur Schichtstufenlandschaft, und zur Länderkunde, u. a. Die Oberflächenformen der Stufenlandschaft zwischen Maas und Mosel (1923), Tunesien und Algerien (1924), Chinesische Landschaften und Städte (1925), Lebensräume im Kampf der Kulturen (1938, 2 1951), Studien über Carl Ritter (1951) und Probleme der Schichtstufenlandschaft (1956). m NDB
Schmitthenner,
(Ludwig Wilhelm Martin) Paul, Politiker, Historiker, * 2. 12. 1884 Neckarbischofsheim (Kraichgau), f 12.4. 1963 Heidelberg. Der Bruder Heinrich —»S.s trat in den Militärdienst ein, besuchte die Kriegsschule in Potsdam, nahm am Ersten Weltkrieg teil und wurde 1920 als M a j o r verabschiedet. Nach dem Studium der Geschichte in Heidelberg wurde er 1923 zum Dr. phil. promoviert (Die Ansprüche des Adels und Volks der Stadt Rom auf Vergebung der Kaiserkrone während
Schmitz des Interregnums). 1928 habilitierte er sich in Heidelberg für Geschichte des Kriegswesens, wurde 1933 a. o . P r o f . für Geschichte und folgte 1937 einem Ruf als o. Prof. f ü r Wehrpolitik und Wehrwissenschaft an der Univ. Heidelberg, deren Rektor er 1938-45 war. Seit 1925 war S. für die Deutschnationale Volkspartei Mitglied des Badischen Landtags (seit 1933 für die N S D A P ) ; 1933 wurde er Staatskommissar, Staatsrat und badischer Staatsminister ohne Geschäftsbereich. 1940-45 nahm S. die Geschäfte des badischen Ministers des Kultus und Unterrichts wahr und war Leiter der Abteilung Erziehung, Unterricht und Volksbildung des Chefs der Zivilverwaltung in Elsaß. 1945 entlassen, war er bis 1947 in amerikanischer und französischer Internierungshaft und wurde 1952 als a. o. Prof. zur R u h e gesetzt. S. veröffentlichte u. a. Politik und Kriegführung in der neueren Geschichte (1937). OP Bad Bio N.F., Bd 3 S c h m i t t h e n n e r , Paul, Architekt, * 15. 12.1884 Lauterburg (Elsaß), t 11. 11. 1972 München. S., Sohn eines Gerichtsvollziehers und Halbbruder des Chemikers Friedrich - > S . , studierte 1902-07 als Schüler Karl —> Schäfers an der T H Karlsruhe und bei Theodor —> Fischer an der T H München, war dann Stadtbaumeister in Colmar und arbeitete 1909-11 bei Richard - > R i e m e r s c h m i d in München. 1912-17 war er Siedlungsarchitekt am Reichsamt des Innern in Berlin und 1918-45 Ordinarius an der T H Stuttgart, wo er mit Paul - » Bonatz die „Stuttgarter Schule" prägte. Mit seiner von Paul —»Schultze-Naumburg beeinflußten, an traditionellen Formen orientierten, aber auch Typisierung und industrielle Vorfertigung befürwortenden Architekturauffassung vertrat S. zunächst die Linie der Nationalsozialisten und trat 1931 in den „ K a m p f b u n d für deutsche Kultur" und 1933 in die N S D A P ein. Später wandte er sich gegen den Monumentalismus der Planungen von Albert —»Speer (Das sanfte Gesetz der Kunst, 1943, Neuaufl. 1954). Zu seinen Werken zählen die Gartenstädte BerlinStaaken (1914-17) und Plaue (1915-17) sowie zahlreiche Verwaltungsbauten. 1 9 3 5 / 3 6 leitete er den Wiederaufbau des Stuttgarter Schlosses. S. veröffentlichte Das deutsche Wohnhaus (1932, 2 1940) und Die Baukunst im Neuen Reich (1934). 1927 wurde er Mitglied der Preußischen A k a d e m i e der Künste, 1949 der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. S. war der Vater von Hansjörg - > S . m B W B , Bd 1 S c h m i t t h e n n e r , Walter, Althistoriker, * 11.7. 1916 Mannheim, t 8 . 9 . 1997 Freiburg/Breisgau. S., dessen Vater Pfarrer, dann Gymnasialprofessor war, studierte Geschichte, Klassische Philologie und Archäologie in Karlsruhe, Berlin, Heidelberg und Basel, wurde 1949 promoviert (Oktavian und das Testament Caesars. Untersuchungen zu den politischen Anfängen des späteren Augustus, als 2 Buch erschienen 1952, 1973), erwarb 1958 bei d e m Oxforder Althistoriker Ronald S y m e mit einer Arbeit über die A r m e e n der Zeit zwischen Caesar und Augustus einen zweiten Doktorgrad und habilitierte sich 1959 in Heidelberg mit einer Untersuchung über Augustus' frühe auswärtige Unternehmungen. Seit 1961 war S. zunächst o . P r o f . an der Univ. Saarbrücken, 1967-74 in Freiburg. Er gab den Sammelband Augustus (1969) heraus und war 1979-95 Mitherausgeber der Zeitschrift „ G n o m o n " . m B W B , Bd 4 S c h m i t t h o f f , Clive Macmillan, auch Clive M a x S., eigentl. Maximilian S „ Jurist, * 2 4 . 3 . 1 9 0 3 Berlin, f 1990. S., Sohn eines Rechtsanwalts und Notars, studierte seit 1921 Jura in Berlin und Freiburg/Breisgau, wurde 1927 promoviert und war seit 1929 als Rechtsanwalt tätig. 1933 emigrierte er nach Großbritannien, erwarb 1936 den Master of L a w an der London School of Economics und erhielt im selben Jahr die Zulassung als Barrister. 1940-45 nahm er in
der britischen A r m e e am Zweiten Weltkrieg teil und wurde 1946 britischer Staatsbürger. Seit 1948 lehrte S. am City of London College (später City of London Polytechnic), seit 1958 als Senior Lecturer, 1963-71 als Principal Lecturer und 1971-82 als Professor. 1968 wurde er von der Univ. Bochum zum Honorarprofessor ernannt, 1978 von der University of Kent. S. beschäftigte sich vor allem mit Internationalem Handelsrecht. Zu seinen Veröffentlichungen zählen The English conflict of laws (1945, 3 1954), The export trade. The law and practice of international trade (1948, 8 1 9 8 6 unter dem Titel Schmitthoff's export trade) und Commercial law in a changing economic climate (1988). 1957 gründete er „The Journal of Business Law". DP Kim S c h m i t t m a n n , Benedikt, Sozialwissenschaftler, * 4 . 8 . 1 8 7 2 Düsseldorf, t 13.9. 1939 Konzentrationslager Sachsenhausen. Nach dem mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaften in Freiburg/Breisgau, Leipzig, München, Bonn und Erlangen war der aus einer wohlhabenden Unternehmerfamilie s t a m m e n d e S., Bruder von Heinrich —>S., bei Landgerichten tätig und wurde 1906 Landesassessor, 1909 Landesrat bei der Rheinischen Provinzialverwaltung. 1919-33 lehrte er als Ordinarius f ü r Sozial Wissenschaften in Köln. 1919-22 war er Mitglied der Verfassunggebenden Preußischen Landesversammlung bzw. des Preußischen Landtags, Schloß sich nach dem Austritt aus der Zentrumspartei (1922) dem Reichs- und Heimatbund deutscher Katholiken an und wurde 1933 als Vorkämpfer eines christlichen Föderalismus in „Schutzhaft" genommen. Nach seiner Zwangsemeritierung lebte S. in Düsseldorf. Er wurde 1939 erneut verhaftet und im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert, wo er wenige Tage später ermordet wurde. Er veröffentlichte u. a. einen Führer durch die deutsche Sozialversicherung in ihrer Gestaltung nach dem Kriege (1920, 4 1926). c d NDB S c h m i t t m a n n , Heinrich, Jurist, Finanzfachmann, * 2 . 1 2 . 1878 Düsseldorf, t 2 . 6 . 1 9 5 6 München. S., Bruder von Benedikt —>S., studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg, Leipzig und Bonn, wurde 1903 promoviert (Die rechtliche Natur der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften) und war seit 1907 Gerichtsassessor. 1910 wechselte er in den preuß. Verwaltungsdienst, kam 1919 zur Reichsfinanzverwaltung, war seit 1922 als Finanzgerichtspräsident und zuletzt bis 1933 als Oberfinanzpräsident in Düsseldorf tätig. Im selben Jahr wurde er als Senatspräsident an den Reichsfinanzhof in M ü n c h e n versetzt. Seit 1945 war S. Präsident des Obersten Finanzgerichtshofs in München, der gleichzeitig Oberstes Steuergericht für die amerikanische Besatzungszone war, und 1 9 5 0 / 5 1 Präsident des Bundesfinanzhofs. S c h m i t z , (Franz) Arnold, Musikwissenschaftler, * 11.7. 1893 Sablon (heute zu Metz), f 1. 11. 1980 Mainz. S. studierte seit 1912 Geschichte, Philosophie, Musik und Musikwissenschaft in München, Berlin und Bonn, wo er 1919 mit der Arbeit Die Untersuchungen über des jungen R. Schumanns Anschauungen vom musikalischen Schaffen zum Dr. phil. promoviert wurde und sich 1921 mit der Studie Kölner Jesuiten-Musik im 17. Jahrhundert habilitierte. Seit 1923 Lehrbeauftragter, wurde er dort 1928 a . o . P r o f . , lehrte 1925-29 auch am Konservatorium in Dortmund, folgte 1929 einem Ruf als Ordinarius für Musikwissenschaften nach Breslau und wirkte 1946-61 in gleicher Stellung an der Univ. Mainz, an der er das Musikwissenschaftliche Institut aufbaute. 1965-67 vertrat er den Lehrstuhl für M u sikwissenschaft in Basel. S. befaßte sich besonders mit der - > Beethoven-Forschung und -rezeptionsgeschichte. Zu seinen Veröffentlichungen gehören u . a . Beethovens „Zwei
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Schmitz Prinzipe" (1923), Das romantische Beethovenbild (1927), Die oratorische Kunst J. S. Bachs (1950) und Die Bildlichkeit der wortgebundenen Musik J. S. Bachs (1950). S. war seit 1954 Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften und Literatur in M a i n z und seit 1957 korrespondierendes Mitglied der Österreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften. c n MGG S c h m i t z , Bruno (Georg), Architekt, * 21. 11. 1858 Düsseldorf, t 2 7 . 4 . 1916 Charlottenburg (heute zu Berlin). Nach d e m Besuch der Düsseldorfer Kunstakademie 1874-78 setzte S., Sohn eines Tuchmachers, seine Ausbildung im Atelier Hermann Riffarts fort und ließ sich nach einem Aufenthalt in Leipzig 1886 als freischaffender Architekt in Berlin nieder. Seit 1894 war er Mitglied der Berliner und später auch der Dresdner A k a d e m i e der Künste. Bekannt wurde S. durch seine monumentalen Denkmalanlagen für Kaiser —»Wilhelm I. (u.a. auf dem Kyffhäuser, 1891-96, und am Deutschen Eck in Koblenz, 1894-97) sowie vor allem durch das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig (1898-1913; Plastiken von Franz —»Metzner). CD N D B S c h m i t z , Carl August, Ethnologe, * 4. 8 . 1 9 2 0 Düsseldorf, t 17. 11. 1966 F r a n k f u r t / M a i n . S. wurde 1955 an der Univ. Köln zum Dr. phil. promoviert (Der Tanz- und Kultplatz in Neu-Guinea und Melanesien. Materialien zur Monographie eines conditionalen Kulturelements) und habilitierte sich dort 1958 mit der Schrift Historische Probleme in Nordost-Neuguinea. Huon-Halbinsel. Seit 1963 war er Museumskonservator und Prof. in Basel, seit 1965 in F r a n k f u r t / M a i n . S. veröffentlichte u . a . Grundformen der Verwandtschaft (1964). S c h m i t z , Christoph (Maria Josef), Techniker, Bergingenieur, * 21. 1.1796 Bonn, t 1 5 . 6 . 1 8 6 6 M ü n c h e n . S., Sohn eines Bergrats, besuchte das Bergeleveninstitut in München und arbeitete nach Tätigkeit in Bodenwöhr, Fichtelberg und A m b e r g in der Porzellanmanufaktur N y m p h e n burg, seit 1816 als stellvertretender Betriebsleiter. Anschließend Buchhalter bei der General-Bergwerks-Administration in München, verwaltete er 1818 vorübergehend das Bergund Hüttenamt B o d e n w ö h r und trat 1824 als Kassierer und Rechnungsführer erneut in die Porzellanmanufaktur N y m phenburg ein; dort wurde er 1826 Betriebsbeamter, 1829 Inspektor. S. verbesserte u . a . die Maschinen zur Aufbereitung der Porzellanmassen und des feuerfesten Tons. 1836 wurde er zum Oberberg- und Salinenrat befördert. 1843 veröffentlichte er Über die für die Fabriken und die Gewerbe, die Baukunst und den Handel dienlichen Mineralien des bayerischen Alpengebirges mit der ersten rohstoffgeologischen Karte, die nutzbare Massenrohstoffe verzeichnete. Seit 1851 leitete S. mit Friedrich von Schenk die geologische Kartierung Bayerns durch Wilhelm von —>Gümbel. m
NDB
S c h m i t z , Eugen (Alfons), Musikwissenschaftler, * 12.7. 1882 N e u b u r g / D o n a u , t 1 0 . 7 . 1 9 5 9 Leipzig. S., Ururenkel von Louis —>Spohr, studierte zunächst Jura und Philosophie, dann Musik und Musikwissenschaften in München und wurde 1905 zum Dr. phil. promoviert ( D e r Nürnberger Organist Johann Staden. Beiträge zur Würdigung seiner musikgeschichtlichen Stellung). Er war als M u sikkritiker der „Allgemeinen Zeitung" und der „Münchner Zeitung" in M ü n c h e n tätig und habilitierte sich dort 1909 mit der Arbeit Beiträge zur Geschichte der italienischen Kammerkantate im 17. Jahrhundert). 1 9 1 4 / 1 5 war er Direktor des Mozarteums in Salzburg, wurde 1915 Musikredakteur der „Dresdner Nachrichten" und lehrte seit 1916 als Dozent, seit 1918 als Prof. der Musikwissenschaft an der T H Dresden. Seit 1924 unterrichtete er auch am Dresdner Konservatorium. 1939-55 leitete S„ seit 1933 Mitglied der N S D A P ,
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die Musikbibliothek Peters in Leipzig. Er veröffentlichte u. a. Richard Wagner (1909, 2 1918), Harmonielehre als Theorie, Ästhetik und Geschichte der musikalischen Harmonik (1911, 2 1917), Geschichte der Kantate und des geistlichen Konzerts ( 1 9 1 4 , 2 1 9 5 4 ) und Schuberts A uswirkungen auf die deutsche Musik (1954). tu MGG S c h m i t z , Friedrich, Botaniker, * 8 . 3 . 1 8 5 0 Saarbrücken, t 24. 1.1895 Greifswald. S. studierte seit 1867 in Bonn Mathematik und Naturwissenschaften und veröffentlichte bereits als Student mit seinem Lehrer Johannes von —> Hanstein die Arbeit Ueber die Entwicklungsgeschichte der Blüthen einiger Piperaceen (1871). 1870 setzte er das Studium in Würzburg fort und wurde nach der Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg in Bonn mit der Dissertation Fibrovasalsystem im Bliithenkolben der Piperaceen promoviert. Nach wissenschaftlichen Tätigkeiten in Halle und Straßburg habilitierte sich S. 1874 in Halle f ü r Botanik und Pharmazie. 1878 folgte er einem Ruf als a. o. Prof. nach Bonn, war 1878-84 Kustos des Botanischen Gartens und wurde 1884 nach Greifswald berufen, wo er den Botanischen Garten neu einrichtete. S. beschäftigte sich vor allem mit den Kryptogamen, speziell den Algen. Mit seinen Untersuchungen an Süßwasser- und Meeresalgen konnte er zeigen, daß die Chloroplasten autonome Zellorganellen darstellen, die durch Teilung auseinander hervorgehen. S., auf den die Bezeichnung Chromatophor zurückgeht, wandte erstmals in der Botanik Färbemethoden an, die in der Zoologie bereits benutzt wurden. Er veröffentlichte u . a . Die Chromatophoren der Algen. Vergleichende Untersuchungen über Bau und Entwicklung der Chlorophyllkörner und analogen Farbkörper der Algen (1883) und Beiträge zur Kenntnis der Chromatophoren (1884). DD A D B S c h m i t z , Hermann (Harry), Schriftsteller, * 1 2 . 7 . 1 8 8 0 Düsseldorf, t 8 . 8 . 1 9 1 3 Bad Münster am Stein. Der Sohn eines Fabrikdirektors verließ das Realgymnasium, um 1 8 9 7 / 9 8 eine ausbrechende Tuberkulose auf Korsika auszukurieren, und schlug dann auf Wunsch des Vaters die kaufmännische Laufbahn ein. Seit 1906 veröffentlichte S. Grotesken, zunächst im „Simplicissimus", seit 1907 im „Düsseldorfer General-Anzeiger", trat daneben als Conferencier auf und war außerordentliches Mitglied des Künstlervereins Α. V. Laetitia, für den er skurrile, zeitkritische Einakter schrieb. Seit seiner erfolgreichen ersten Buchveröffentlichung Der Säugling und andere Tragikomödien (1911, , 5 1943) lebte S. als freier Schriftsteller in Düsseldorf. Als sich seine Krankheit trotz wiederholter Sanatorienund Krankenhausaufenthalte ständig verschlimmerte, beging S. Selbstmord. m Killy S c h m i t z , (Heinrich Gustav) Hermann, Industrieller, * 1 . 1 . 1 8 8 1 Essen, t 8. 10.1960 Heidelberg. Nach einer kaufmännischen Lehre bei der Arenbergschen A G für Bergbau- und Huttenbetriebe besuchte S., Sohn eines Fabrikarbeiters, die Handelshochschule in Frankf u r t / M a i n und war 1906-14 Prokurist, erster Revisor und seit 1910 Leiter der Auslandsgeschäfte und stellvertretendes Vorstandsmitglied bei der Berg- und Metallbank und der Metallurgischen Gesellschaft von Wilhelm —> Merton. Nach Verwundung im Ersten Weltkrieg 1915 zunächst K o m m i s sar des Kriegsministeriums, dann wirtschaftlicher Beirat des Reichsschatzministers, wurde er 1919 Sachverständiger für Nitrate und Düngemittel der Reichsregierung bei der Friedensdelegation. Dort lernte er Carl —»Bosch kennen und wechselte im selben Jahr als Leiter der Finanz- und Auslandsabteilung sowie als Vorstandsmitglied zur Badischen Anilin- & Soda-Fabrik Ludwigshafen (BASF), die 1925 in der I. G. Farbenindustrie aufging. Im selben Jahr erwarb
Schmitz er die Rechte des Patents zur Kohleverflüssigung (BergiusPatent) für die B A S F . 1927 wurde er in den Zentralausschuß der Reichsbank und 1929 in den Verwaltungsrat der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft gewählt. Seit 1926 war er Vorstandsmitglied und Finanzchef der I . G . Farben und gestaltete die internationalen Verflechtungen des Unternehmens durch die Gründung von Holding-Gesellschaften, in deren Geschäftsführung zahlreiche Verwandte S.' eintraten. 1935 wurde er erster Vorstandsvorsitzender der I . G . Farbenindustrie in F r a n k f u r t / M a i n ; daneben war er Aufsichtsratsvorsitzender anderer deutscher Unternehmen. 1933 Abgeordneter des Reichstags, trat er später der N S D A P bei und wurde 1938 zum Wehrwirtschaftsführer ernannt. 1948 wurde er im I. G.-Farben-Prozeß wegen „Plünderung und R a u b " zu vier Jahren H a f t verurteilt. 1950 entlassen, wurde S. 1952 Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank Berlin, 1956 Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats der Rheinischen Stahlwerke. • • Heine S c h m i t z , Hermann-Joseph, Pseud. Fabricius, kath. Theologe, Weihbischof von Köln, * 16.5. 1841 Köln, t 2 1 . 8 . 1899 Köln. S. empfing 1866 die Priesterweihe, studierte 1866-68 Kanonistik an der Sapienza in R o m und war danach Kaplan in Düsseldorf. Seit 1886 Oberpfarrer in Krefeld, wurde er 1893 Weihbischof von Köln. S. förderte karitative und soziale Einrichtungen und wandte sich gegen Liberalismus und Sozialismus. Mit Eduard - » H u i s g e n und Karl Wilhelm Zeck war er an der Gründung des „Augustinusvereins zur Pflege der katholischen Presse" beteiligt. S. veröffentlichte u. a. Cola di Rienzi (1879), Das Volksschulwesen im Mittelalter (1881), Die Bussbücher und die Bussdisciplin der Kirche (2 Bde., 1883-98) und Die acht Seligkeiten des Christentums und die Versprechungen der Sozialdemokratie (1891, 4 1911). CD Gatz 4 S c h m i t z , Johann Hubert, kath. Theologe, Heimatforscher, * 2 7 . 8 . 1807 Manderscheid, t 1 1 . 1 0 . 1 8 8 2 Wittlich. S. studierte Theologie in Trier, empfing 1834 die Priesterweihe und war Kaplan in Wittlich, seit 1838 Pfarrer in Gillenfeld. Seit 1857 wirkte er als Pfarrer in Zell, seit 1858 als Dechant und wurde 1857 zum Dr. theol. promoviert. S. erforschte das Eifeler Brauchtum und veröffentlichte u . a . Sitten und Sagen, Lieder, Sprichwörter und Räthsel des Elfter Volkes nebst einem Idiotikon (2 Bde., 1856-58). 1845 gründete er die Zeitschrift „Der Schulfreund", CD B B K L S c h m i t z , Ludwig (Joseph), auch Jupp S., Schauspieler, * 2 8 . 1 . 1884 Köln, t 2 9 . 6 . 1954 Hannover. S., Sohn eines Kappenmachermeisters, nahm Schauspielunterricht, erhielt sein erstes Engagement am Stadttheater in Nordhausen und spielte einige Jahre am Nationaltheater in Mannheim. 1927-29 war er am Schauspielhaus in Düsseldorf, 1930-33 am Stadttheater in Münster verpflichtet, trat dann am Schauspielhaus in München auf und wirkte seit 1937 am Renaissance-Theater, am Theater Unter den Linden und am Theater am S c h i f f b a u e r d a m m in Berlin. S. war vor allem als Komiker und Spezialist für rheinische Originale bekannt. Er trat vorwiegend in volkstümlichen Schwänken und in musikalischen Heimatfilmen auf. CD Cinegraph S c h m i t z , Maria (Johanna), Pädagogin, Politikerin, * 5 . 2 . 1875 Aachen, t 9 . 7 . 1962 Essen. Nach d e m Besuch der städtischen Lehrerinnen-Bildungsanstalt in Aachen unterrichtete S., Tochter eines Architekten, 1893-1900 an der höheren Mädchenschule in Trier. Sie studierte 1900-02 in Münster, legte das Oberlehrerinnenexamen ab und war 1903-10 an der Studienanstalt der Ursulinen in Aachen, später an der dortigen Studienanstalt St. Leonhard tätig. S „ die f ü r die allgemeine Zulassung eines vollgültigen Frauenstudiums eintrat, war seit 1911 Geschäftsführerin
des Vereins katholischer deutscher Lehrerinnen (VkdL), von 1916 bis zu dessen Auflösung 1937 erste Vorsitzende. Nach 1945 war sie am Wiederaufbau des V k d L beteiligt und wurde 1953 erneut dessen Vorsitzende. 1919 wurde S. für die Zentrumspartei in die Nationalversammlung gewählt. CD N D B S c h m i t z , Oskar A(dolf) H(ermann), Schriftsteller, * 16.4. 1873 H o m b u r g v . d . H . , t 17. 12.1931 Frankfurt/Main. Der Sohn eines Eisenbahndirektors studierte seit 1892 zunächst Rechtswissenschaften, dann Nationalökonomie und Geisteswissenschaften in Heidelberg, Leipzig und München, wo er durch Karl H> Wolfskehl mit d e m George-Kreis und den „Kosmikern" in Berührung kam und engen Kontakt mit Schwabinger Autoren wie Franziska zu —»Reventlow und Franz —»Hessel pflegte; sein Schlüsselroman Wenn wir Frauen erwachen (1913, ab 7 1918 unter d e m Titel Bürgerliche Boheme, Nachdr. 1998) ergänzte Reventlows R o m a n Herrn Dames Aufzeichnungen. Nach zwei gescheiterten Dissertationsversuchen brach S. das Studium ab, lebte dann auf Reisen oder in Paris, ließ sich 1907 in Berlin nieder und ging 1915 nach Salzburg, 1931 nach F r a n k f u r t / M a i n . In seinen Aphorismen und Essays (u. a. Brevier für Weltleute, 1911; Kunst der Politik, 1911, ' 1 9 1 6 unter dem Titel Englands politisches Vermächtnis an Deutschland) befaßte er sich mit Fragen der Politik und Gesellschaft sowie mit Psychoanalyse und Astrologie. 1921 veröffentlichte er den R o m a n Das dionysische Geheimnis. Erlebnisse und Erkenntnisse eines Fahnenflüchtigen (1921), der die eigene Entwicklung im Ersten Weltkrieg widerspiegelt. S. trat auch als Dramatiker hervor (u.a. Ein deutscher Don Juan, 1918) und veröffentlichte Märchen aus dem Unbewußten (1932) sowie drei autobiographische Bücher: Die Geister des Hauses, Dämon Welt und Ergo Sum (alle 1926). Mit d e m von seinem Schwager Alfred —> Kubin illustrierten Erzählungsband Haschisch (1902, 2 1913, Nachdr. 2002) gilt S. als Wegbereiter der modernen phantastischen Literatur. DP Killy
Schmitz, Paul -» Müller, Dominik S c h m i t z , Richard, österr. Journalist, Politiker, * 14. 12.1885 Muglitz (Mähren), t 2 7 . 4 . 1 9 5 4 Wien. Der aus bäuerlicher Familie s t a m m e n d e S. studierte Rechtswissenschaften und Nationalökonomie in Wien und Innsbruck, war Redakteur der „Christlichsozialen Arbeiterzeitung", seit 1908 Chefredakteur des „Christlichen Tiroler Anzeigers", seit 1910 Redakteur der „Reichspost" und wurde 1911 Direktor der Zentralstelle des Volksbundes der Katholiken Österreichs in Wien. 1918-23 saß er als Vertreter der Christlichsozialen Partei im Wiener Gemeinderat, war 1920-34 Abgeordneter zum Nationalrat, 1922-24, 1930 und 1 9 3 3 / 3 4 Bundesminister für soziale Verwaltung, 1926-29 für Unterricht, 1930 Vizekanzler und vom 16.2. bis zum 1 0 . 7 . 1 9 3 4 Bundesminister im Bundeskanzleramt (ohne Portefeuille) 1934-38 war er Mitglied des Länderrats und des Bundestags. Nach dem Februaraufstand 1934 zum Bürgermeister von Wien ernannt, bemühte sich S., einen „ständischen" A u f b a u der Gesellschaft in der Stadt zu verwirklichen. Im Z u g e des „Anschlusses" Österreichs 1938 verhaftet, wurde er in das Konzentrationslager Dachau verbracht, später in das Konzentrationslager Flossenbürg und im April 1945 in das Lager Reichenau bei Innsbruck verlegt. Seit 1946 war S. Generaldirektor des Herold-Verlags, wo er den Buchverlag aufbaute. Er gehörte dem Präsidium der Österreichischen Zeitungsverleger an und war Vorsitzender der kath. Buchhändlervereinigung Österreichs. S. schrieb u . a . Das christlichsoziale Programm (1932) und Die berufsständische Neuordnung in Österreich (1935). CD Czeike
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Schmitz Schmitz,
(Johann) Rudolf, Pharmaziehistoriker, * 17.2. 1918 Siegburg, t 1 4 . 5 . 1 9 9 2 Mittenaar-Bicken (Lahn-Dill-Kreis). S., Sohn eines Sonderschulrektors, durchlief nach der Teiln a h m e am Zweiten Weltkrieg ein Apothekerpraktikum in Bicken und studierte seit 1947 in Marburg Pharmazie und Geschichte. 1952 zum Dr. phil. promoviert (Über Acylhypochlorite und ihre Umsetzungsprodukte mit Cyclohexen), habilitierte er sich in Marburg für Geschichte der Pharmazie (Das Apothekenwesen von Stadt- und Kurtrier, 1960). Seit 1965 war er dort a. o . P r o f . und erhielt 1967 das Ordinariat für Geschichte der Pharmazie. S. widmete sich dem wissenschaftlichen und institutionellen Ausbau der erstmals in dieser F o r m in Deutschland etablierten Disziplin der Pharmaziegeschichte. Er war Präsident bzw. Vorsitzender der Gesellschaft f ü r Wissenschaftsgeschichte und der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft und gehörte 1981-89 dem Bundesgesundheitsrat an. Zu seinen Werken zählen Mörser, Kolben und Phiolen. Aus der Welt der Pharmazie (1966, 2 1978), Die deutschen pharmazeutisch-chemischen Hochschulinstitute. Ihre Entstehung und Entwicklung in Vergangenheit und Gegenwart (1969) und 100 Jahre Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft (1990). Von einer geplanten Gesamtdarstellung der Geschichte der Pharmazie konnte S. nur den ersten Band Von den Anfängen bis zum Ausgang des Mittelalters vollenden (postum 1998). m NDB
Schmitz,
Siegfried, Pseud. E. G. Fried, Journalist, Übersetzer, * 2 7 . 1 2 . 1886 Neutitschein (Mähren), t 16.3. 1941 Jerusalem. S., Sohn eines Agenten, studierte 1905-10 Klassische Philologie und 1 9 1 5 / 1 6 Römisches Recht in Wien, wurde zum Dr. phil. promoviert und veröffentlichte seine ersten literarischen Arbeiten in der Wiener zionistischen Monatsschrift für Schüler „Unsere H o f f n u n g " . 1919-27 arbeitete er in der Redaktion der „Wiener Morgenzeitung", war seit 1928 verantwortlicher Redakteur des neugegründeten Wochenblatts „Die S t i m m e " und veröffentlichte auch Beiträge zur jüdischen Kulturgeschichte, Literatur und Folklore in anderen Journalen. S. war in der zionistischen B e w e g u n g der Tschechoslowakei aktiv, lebte seit 1934 vorwiegend in MährischOstrau und war 1 9 3 6 / 3 7 für den Palästina-Gründungsfonds in der Tschechoslowakei tätig. Seit 1910 übersetzte er aus dem Jiddischen ins Deutsche, u. a. Werke Schalom Aschs, Scholem Alechems und Jizchak Leib Perez. 1939 emigrierte S. nach Jerusalem. Er beging Selbstmord. c n ÖBL
Schmitz,
Sybille (Maria Christine), Schauspielerin, * 2. 12.1909 DUren/Rheinland, t 1 3 . 4 . 1 9 5 5 München. Die Tochter eines Konditors besuchte die Kölner Schauspielschule, wurde 1927 an das Deutsche Theater in Berlin verpflichtet und spielte 1930 am Hessischen Landestheater. 1931 kehrte S. nach Berlin zurück, erhielt in dem SPDParteifilm Freie Fahrt ihre erste Filmrolle, wirkte dann in dem surrealistischen Tonfilm Vampyr (1932) mit und hatte ihren ersten großen Filmerfolg in F. P. 1 antwortet nicht (1932). Sie entwickelte sich zu einer bekannten Charakterdarstellerin des deutschen Films der dreißiger Jahre, erhielt jedoch nach Meinungsverschiedenheiten mit Joseph Goebbels 1937 Spielverbot und lebte bis Kriegsende zurückgezogen in einem österr. Dorf. Nach 1945 erhielt S. kaum noch Engagements. Sie beging Selbstmord. 1982 drehte Rainer Werner - > Fassbinder in Anlehnung an S.' letzte Lebensjahre den Film Die Sehnsucht der Veronika Voss. c n Cinegraph
Schmitz,
Viktor A(ugust), Germanist, * 9 . 1 1 . 1900 Essen, t 2 8 . 1 2 . 1 9 8 1 Heidelberg. S. studierte als Schüler Friedrich - > Gundolfs Germanistik in Heidelberg, wurde zum Dr. phil. promoviert und gehörte
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zum Kreis u m Stefan —> George. Nach d e m Zweiten Weltkrieg war er zunächst Lektor an verschiedenen Universitäten, dann Lehrbeauftragter für skandinavische Sprachen in Heidelberg und lehrte als Gastprofessor an der Northwestern University in Evanston (USA). 1966-79 war S. Lehrer für deutsche Literatur am Schiller College in Heidelberg. Er veröffentlichte u. a. Bilder und Motive in der Dichtung Stefan Georges (1971). c n DLL
Schmitz-Kallenberg,
Ludwig, Archivar, * 1 0 . 6 . 1 8 6 7 Rheydt (heute zu Mönchengladbach), t 2 2 . 4 . 1937 Münster. Das Studium der Geschichte in Freiburg/Breisgau, Münster und Leipzig Schloß S.-K. 1891 mit der Promotion zum Dr. phil. ab (Conrad von Soltau), hielt sich 1893 als Stipendiat der Görres-Gesellschaft in R o m auf und war 1896 Mitarbeiter der Historischen Kommission f ü r Westfalen bei der Inventarisierung der nichtstaatlichen Archive Westfalens. Seit 1899 Privatdozent, wurde er 1907 a. o. Honorarprofessor, 1918 o. Honorarprofessor an der Akademie bzw. der Univ. Münster und war 1921-32 Staatsarchivdirektor in Münster. 1909-25 war er Redakteur der Zeitschrift „Westfalen", 1923-25 der „Westfälischen Zeitschrift". S.-K. gab die Geschichtlichen Darstellungen und Quellen (8 Bde., 1915-26) heraus. S c h m i t z - M o o r m a n n , Karl (Maria Anton), kath. Theologe, Philosoph, * 14.3. 1928 Freiburg/Breisgau, t 3 0 . 1 0 . 1996 Princeton (New Jersey, USA). S.-M., Sohn eines Augenarztes, studierte seit 1946 Philosophie und kath. Theologie in Münster und München und wurde nach einer Tätigkeit im Schuldienst (u.a. in Großbritannien und Frankreich) 1957 in München zum Dr. phil. (Die Ideenlehre Piatons im Lichte des Sonnengleichnisses des sechsten Buches des Staates), 1969 in Bochum zum Dr. theol. promoviert (Erbsünde und Evolution. Die Erbsündenproblematik in der Sicht Teilhard de Chardins). Seit 1975 war er Prof. an der Fachhochschule Dortmund. Unter dem Einfluß Teilhard de Chardins stehend, dessen Werke er zusammen mit seiner Frau Nicole herausgab (L'aeuvre scientifique, 10 Bde. und Kartenband, 1971; Journal', 3 Bde., 1975-77), galt sein besonderes Interesse der Naturphilosophie, der Ethik, der Fundamentaltheologie sowie Grenzfragen von Theologie und Naturwissenschaft. Auch mit Gerontologie und Suchtfragen beschäftigte er sich. Zu seinen Arbeiten zählen Das Weltbild Teilhard de Chardins (1966), Menschenwürde. Anspruch und Wirklichkeit (1979) und Materie - Leben - Geist. Evolution als Schöpfung Gottes (postum 1997). c n BBKL
Schmitzhausen,
Marie, verh. von Egger, Pseud. Paul Maria Lacroma, österr. Schriftstellerin, * 2 1 . 7 . 1851 Triest, t 2 9 . 1 1 . 1929 Görz. Die Tochter eines Finanzrats wuchs in Venedig, Esseg, Wien, Pest, Prag und Görz auf, heiratete 1871 den Präsidenten des Landeshypothekarinstituts, Camillo von Egger, und lebte vorwiegend in Görz, später auch in Mödling. S. schrieb Romane, Erzählungen und Skizzen (u.a. Stürme, 3 Bde., 1883). 1888 erschien die Novellensammlung Kleeblatt. CD Ö B L
Schmöger,
Carl Erhard, Redemptorist, Theologe, * 2 4 . 2 . 1819 Ehingen, t 14.8. 1883 G a r s / I n n . S., Sohn eines Chordirektors, studierte 1837-41 Theologie in Tübingen, empfing 1842 die Priesterweihe und war seit 1845 Stadtpfarrer in Weißenstein. Daneben widmete er sich einer kirchenpolitischen und publizistischen Tätigkeit im Dienste des ultramontanen Katholizismus. 1850 trat S. in Altötting in die Redemptoristenkongregation ein, lehrte seit 1853 Dogmatik, biblische Hermeneutik und Exegese an der ordenseigenen Lehranstalt und wurde 1859 Privatsekretär
Schmölz d e s P r o v i n z i a l o b e r e n , 1862 als C o n s u l t o r secretarius dessen e n g s t e r Berater. 1865 w u r d e er z u m R e k t o r des Klosters Gars, 1868 z u m Provinzial der s ü d d e u t s c h e n O r d e n s p r o v i n z e r n a n n t . In seinen Schriften b e f a ß t e sich S. b e s o n d e r s mit m y s t i s c h e r T h e o l o g i e . E r v e r ö f f e n t l i c h t e das vielfach übersetzte Werk Das Leben der gottseligen Anna Katharina Emmerich (2 B d e . , 1867-70). B e k a n n t w u r d e er v o r allem d u r c h d i e von i h m erbaulich umstilisierten S c h a u u n g e n A n n a Katharina —> E m m e r i c k s nach 1881 e r s c h i e n e n e n A u f z e i c h n u n g e n C l e m e n s —> B r e n t a n o s . CD N D B
Schmöger,
Ferdinand von, Astronom, Physiker, * 8. 1. 1792 M ü n c h e n , t 4 . 3 . 1864 R e g e n s b u r g . N a c h d e m S t u d i u m d e r N a t u r w i s s e n s c h a f t e n in M ü n c h e n w a r S. A s s i s t e n t von A d o l p h F e r d i n a n d —> G e h l e n und Johann N e p o m u k von —> F u c h s und w u r d e 1815 S e m i n a r l e h rer an der S t u d i e n a n s t a l t in R e g e n s b u r g . Seit 1824 lehrte er als Prof. der M a t h e m a t i k , P h y s i k und C h e m i e a m dortigen L y z e u m und arbeitete mit Placidus —> Heinrich z u s a m m e n . Seit 1832 w a r S. a k a d e m i s c h e r O b s e r v a t o r a m R e g e n s b u r ger m e t e o r o l o g i s c h e n O b s e r v a t o r i u m . 1837 w u r d e er z u m k o r r e s p o n d i e r e n d e n M i t g l i e d d e r B a y e r i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n e r n a n n t . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. ein Lehrbuch der Kosmographie (1817, unter d e m Titel Lehrbuch der Kos2 mographie oder Weltbeschreibung, 1 8 2 0 ) , Die ersten Elemente der Astronomie und Chronologie (1830), Meteorologische Beobachtungen zu Regensburg von 1774-1834 (1835), Mathematische und physikalische Geographie nebst Chronologie (mit A u g u s t W i e g a n d und Karl Sebastian C o r n e l i u s , 3 Tie., 1854; Teil 1, " 1 8 8 7 ; Teil 2, 2 1 8 5 6 ; Teil 3, 2 1 8 5 4 ) .
Schmölders,
(Franz Hermann) Günter, Nationalökonom, * 2 9 . 9 . 1903 Berlin, t 7. 11. 1991 M ü n c h e n . D e r S o h n eines O b e r v e r w a l tungsgerichtsrats und E n k e l d e s B r e s l a u e r Orientalisten A u g u s t F r a n z S. w u r d e in Berlin mit der Dissertation Prohibition im Norden (1926) p r o m o v i e r t und habilitierte sich dort bei Heinrich —>Herkner mit d e r Arbeit Die Ertragsfähigkeit der Getränkesteuern (1932). 1934 ü b e r n a h m er als N a c h f o l g e r von Karl —»Bräuer e i n e Prof e s s u r in Breslau und von 1940 bis zu seiner E m e r i t i e r u n g 1971 den L e h r s t u h l E r w i n von —> B e c k e r a t h s mit d e m F i n a n z w i s s e n s c h a f t l i c h e n S e m i n a r und d e m von Fritz Karl —>Mann 1927 g e g r ü n d e t e n F i n a n z w i s s e n s c h a f t l i c h e n F o r s c h u n g s i n s t i t u t an der U n i v . Köln. 1 9 6 5 / 6 6 w a r er R e k t o r dieser Universität. D i e E h r e n d o k t o r w ü r d e verliehen i h m d i e U n i v e r s i t ä t e n I n n s b r u c k (1968) und G e n t (1973). Von der G r ü n d u n g 1950 bis z u m J a h r 1975 war er M i t g l i e d d e s W i s s e n s c h a f t l i c h e n Beirats b e i m B u n d e s m i n i s t e r i u m d e r F i n a n z e n . Seit 1959 w a r er ordentliches Mitglied der A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n und der Literatur in M a i n z . 1969 erhielt er d a s G r o ß e B u n d e s v e r d i e n s t k r e u z . D a s w i s s e n s c h a f t l i c h e W e r k von S. konzentriert sich auf d i e beiden E r k e n n t n i s o b j e k t e der ö f f e n t l i c h e n F i n a n z e n und des P h ä n o m e n s Geld. D i e B e s o n d e r h e i t liegt in der a n g e w e n d e ten M e t h o d e und d e n d a m i t erzielten E r g e b n i s s e n . Es wird nicht m o d e l l t h e o r e t i s c h gearbeitet, v i e l m e h r auf d i e tatsächlichen E i n s t e l l u n g e n und tatsächlichen Verhaltensweisen der einzelnen W i r t s c h a f t s s u b j e k t e - nicht d i e eines h o m o oecon o m i c u s - abgestellt. In solcher „ s o z i a l ö k o n o m i s c h e n Verh a l t e n s f o r s c h u n g " , d i e stark auf M e t h o d e n der e m p i r i s c h e n S o z i a l f o r s c h u n g beruht, w e r d e n a u c h politische M e c h a n i s m e n untersucht und die E i n s t e l l u n g e n der im politischen R a u m T ä t i g e n e i n b e z o g e n . D a m i t ist die N ä h e zur N e u e n Politischen Ö k o n o m i e b z w . zur Public C h o i c e - S c h u l e und den
constitutional e c o n o m i c s g e g e b e n . Von der P u b l i c C h o i c e R i c h t u n g trennt S. allerdings, d a ß er als L i b e r a l e r d e m Staat z w a r kritisch, aber nicht ü b e r w i e g e n d a b l e h n e n d g e g e n ü b e r stand. In der F i n a n z w i s s e n s c h a f t w e r d e n mit dieser auf Individ u e n b e z o g e n e n M e t h o d e u . a . d i e S t e u e r w i r k u n g e n untersucht. Dabei w e r d e n , mit a b n e h m e n d e m Freiheitsgrad f ü r das W i r t s c h a f t s s u b j e k t , S i g n a l w i r k u n g e n , M a r k t - und Preisw i r k u n g e n und schließlich E i n k o m m e n s w i r k u n g e n unterschieden. M i t H i l f e der von ihm e n t w i c k e l t e n „ F i n a n z p s y c h o l o g i e " analysierte S. d i e E i n s t e l l u n g e n der W i r t s c h a f t s s u b j e k t e zur Steuer, zu d e n ö f f e n t l i c h e n A u s g a b e n und z u m Staat a l l g e m e i n . A u c h die V e r h a l t e n s w e i s e n im Staatssektor w e r d e n berücksichtigt und zur E r k l ä r u n g der w a c h s e n den Staatstätigkeit h e r a n g e z o g e n ; hier sind A n s ä t z e zu den T h e o r i e n z u m „politischen K o n j u n k t u r z y k l u s " zu sehen. A u c h i m B e r e i c h der G e l d t h e o r i e und -politik g i n g S. mit v e r h a l t e n s w i s s e n s c h a f t l i c h e n A n s ä t z e n vor. S e i n e K e r n a u s sage lautete: Von der „Quantitätstheorie" zur „Liquiditätstheorie" des Geldes (1961). Im Z e n t r u m steht die „ s u b j e k tive Liquidität, das G e f ü h l finanzieller B e w e g u n g s f r e i h e i t " , die „sich ü b e r das M a ß der o b j e k t i v v o r h a n d e n e n liquiden Mittel a u s w e i t e n " k a n n . D i e G e l d m e n g e als Teil der objektiven Liquidität interessiert n u r im G e s a m t z u s a m m e n h a n g der weiter g e f a ß t e n Liquidität. Von d i e s e m E r g e b n i s aus w u r d e n die b e s t e h e n d e n W i r k u n g s t h e o r i e n und d i e A u s s a g e n zu den g e l d p o l i t i s c h e n I n s t r u m e n t e n relativiert. D i e politischen W i r k u n g e n des W e r k s von S. erfolgten z u m g r o ß e n Teil über seine S t u d e n t e n und d e r e n s p ä t e r e Tätigkeit in W i r t s c h a f t und Staat. U n m i t t e l b a r e W i r k u n g e n hatten die Vorschläge zur U m w a n d l u n g der U m s a t z s t e u e r in e i n e M e h r w e r t s t e u e r ( O r g a n i s c h e Steuerreform, 1953, und vorangegangene Aufsätze). WEITERE WERKE: A l l g e m e i n e Steuerlehre. W i e n / S t u t t gart 1951. Berlin 5 1 9 8 0 (mit Karl-Heinrich H a n s m e y e r ) . Finanzpolitik. B e r l i n / G ö t t i n g e n / H e i d e l b e r g 1955. B e r l i n / H e i d e l b e r g / N e w York 9 7 0 . - K o n j u n k t u r e n und Krisen. H a m b u r g 1955. H a m b u r g 2 1 9 6 5 . - D i e Politiker und die W ä h r u n g . F r a n k f u r t / M a i n 1959. - D a s Irrationale in der ö f f e n t l i c h e n F i n a n z w i r t s c h a f t . H a m b u r g 1960. H a m b u r g 1 1 9 7 0 (als „ F i n a n z - und S t e u e r p s y c h o l o g i e " ) . - G e s c h i c h t e der Volkswirtschaftslehre. W i e s b a d e n 1961. - G e l d p o l i t i k . T ü b i n g e n / Z ü r i c h 1962. T ü b i n g e n / Z ü r i c h 2 1 9 6 8 . - P s y c h o logie des G e l d e s . R e i n b e k bei H a m b u r g 1966. - G u t e s und schlechtes G e l d . F r a n k f u r t / M a i n 1968. - D e r verlorene U n tertan. D ü s s e l d o r f / W i e n 1971. - S o z i a l ö k o n o m i s c h e Verhalt e n s f o r s c h u n g . A u s g e w ä h l t e A u f s ä t z e . Z u m 70. G e b u r t s t a g hrsg. v. G e r h a r d B r i n k m a n n / B u r k h a r d S t r ü m p e l / H o r s t Z i m m e r m a n n . Berlin 1973. - „Gut d u r c h g e k o m m e n ? " - L e b e n s e r i n n e r u n g e n . Berlin 1988. LITERATUR: G e l d t h e o r i e und G e l d p o l i t i k . G. S. z u m 65. G e burtstag. Hrsg. v. C l e m e n s A u g u s t A n d r e a e / K a r l - H e i n r i c h H a n s m e y e r / G e r h a r d S c h e r h o r n . Berlin 1968. - G u y Kirsch: G e d e n k r e d e auf G . S. K ö l n e r Universitätsreden. H e f t 73. K ö l n 1993. Horst Zimmermann
Schmölz,
( T h e o d o r ) H u g o , P h o t o g r a p h , * 21. 1.1879 S o n t h o f e n , f 2 7 . 4 . 1938 K ö l n . D e r S o h n eines K a u f m a n n s durchlief 1893-96 e i n e P h o t o g r a p h e n l e h r e , w a r bis 1901 auf W a n d e r s c h a f t und arbeitete als R e t u s c h e u r und G e h i l f e u . a . in M ü n c h e n , F r a n k f u r t / M a i n , M a n n h e i m u n d Berlin. 1910-14 g e h ö r t e er der S P D an; seit 1914 w a r er M i t g l i e d des D e u t s c h e n W e r k b u n d s , seit 1934 der G e s e l l s c h a f t D e u t s c h e r L i c h t b i l d n e r . 1911 e r ö f f n e t e er mit e i n e m K o m p a g n o n in K ö l n ein Atelier und spezialisierte sich auf A r c h i t e k t u r p h o t o g r a p h i e . I m Ersten Weltkrieg w a r er an p h o t o g r a p h i s c h e r F r o n t d o k u m e n t a t i o n beteiligt. S., dessen von der Ä s t h e t i k der N e u e n S a c h l i c h k e i t b e e i n f l u ß t e d o k u m e n t a r i s c h e P h o t o g r a p h i e v o n A r c h i t e k t e n w i e von Industriellen g e s c h ä t z t wurde, war bis zu s e i n e m T o d einer der
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Schmölz meistbeschäftigten Architekturphotographen in Deutschland. 1972 erschien von ihm Fotografierte Architektur 1924-1937 (hrsg. von Solf Sachse), 1995 das zusammen mit seinem Sohn Karl Hugo —>S. gestaltete Buch Köln lebt. Fotografien [...] 1926 bis 1969 (hrsg. von Reinhold Mißelbeck). CD Ν DB S c h m ö l z , Karl Hugo, Photograph, * 6. 10. 1917 Weißenhorn-Grafertshofen, t 22. 10. 1986 Lahnstein. S. wurde in Stuttgart zum Photographen ausgebildet und Ubernahm nach d e m Tod seines Vaters H u g o —>S. die Leitung von dessen Atelier. Im Zweiten Weltkrieg vor allem in der Dokumentation von Denkmälern eingesetzt, legte er 1948 in Köln die Meisterprüfung ab und wandte sich zunehmend der Werbephotographie zu. 1958 gründete er die Arbeitsgemeinschaft „schmolz + huth fotografen gdl", die bis zu seinem Tod zu den führenden Photoateliers der Werbebranche zählte. c a NDB
Schmölzer,
Jakob Eduard, österr. Komponist, Musiker, Chorleiter, * 9 . 3 . 1 8 1 2 Graz, t 9. 1.1886 Kindberg (Steiermark). S. erhielt eine umfassende musikalische Ausbildung und gab 1825 sein erstes Konzert als Flötist im Musikverein für Steiermark, wurde jedoch aus finanziellen Gründen Kanzleipraktikant und war seit 1835 Amtsschreiber bzw. Steuereinnehmer in der Steiermark. 1839 unternahm er eine Konzertreise durch die deutschen Staaten sowie nach Wien. Seit 1845 arbeitete S. bei der ständischen Buchhaltung in Graz, übernahm das Musikreferat der Zeitung „Stiria", war in verschiedenen Orten der Steiermark tätig und hatte maßgeblichen Anteil an der Entwicklung des dortigen Männerchorwesens. Er komponierte Opern, Singspiele, Männerchöre, Lieder und Stücke für Flöte. CD M G G
veröffentlichte 1704 seine erste, mehrfach erweiterte Liedersammlung unter d e m Titel Heilige Flammen der himmlischgesinnten Seele. Einige seiner rund 1200 Lieder sind noch in heutigen Gesangbüchern zu finden (u. a. Tut mir auf die schöne Pforte, 1734). CD Leb Liegnitz, Bd 2 S c h m o l l gen. Eisenwerth, Fritz, Bildhauer, * 25. 8 . 1 8 8 3 Wien, t 17.7. 1963 München. Nach d e m Studium an der Karlsruher Kunstgewerbeschule übernahm S. 1906 als Innenarchitekt einen Lehrauftrag an der Debschitzschule in München, deren Direktor er 1910-14 war. Er schuf Entwürfe für Schmuck und Silberarbeiten, die von Peter —> Bruckmann ausgeführt wurden, und stellte auf der Werkbund-Ausstellung 1914 in Köln aus. Nach d e m Ersten Weltkrieg wandte sich S. der Bildhauerei zu. Er schuf vorwiegend Grabsteine für Kriegsgräber in ganz Europa. S c h m o l l von Eisenwerth, Karl, Maler, Graphiker, Designer, * 1 8 . 5 . 1 8 7 9 Wien, t 7 . 7 . 1948 Gut Osternberg bei B r a u n a u / I n n . Der Sohn eines deutschen Ingenieurs und einer Wiener Hotelierstochter lebte seit 1895 in Darmstadt, wo er seinen ersten Malunterricht bei Richard —> Hoelscher erhielt, und studierte 1898-1902 bei Paul Hoecker und Ludwig Herterich an der A k a d e m i e der bildenden Künste in München. S. knüpfte Kontakte zu den Künstlerkolonien in Dachau und Osternberg, entwarf Kunstgläser für die Glashütte Poschinger in Buchenau sowie Schmuck und Plakate und beteiligte sich seit 1899 mit Gemälden und Graphiken an Ausstellungen. Seit 1903 arbeitete er in einem eigenen Atelier in Schwabing, unterrichtete seit 1905 an der Debschitz-Schule in München und war 1907-46 Ordinarius für dekoratives Entwerfen an der T H Stuttgart. Seine sieben Fresken zur Nibelungensage im Cornelianum in W o r m s (1913-15) wurden 1945 zerstört.
Schmoller,
S c h m o h l , Johann Christian, Pädagoge, Schriftsteller, * 12.8. 1756 Pülzig bei Coswig (Anhalt), t 1783 Bermudas. Der Bauernsohn studierte in Wittenberg, war 1777 am Dessauer Philanthropin tätig und lehrte dann vermutlich an der Univ. Halle. 1781 veröffentlichte S. die Sammlung von Aufsätzen verschiedener Verfasser, besonders für Freunde der Kameralswissenschaften und der Staatswirtschaft, deren Beiträge wahrscheinlich alle von ihm stammen. In ihnen wird die absolutistische Willkür in Anhalt-Zerbst heftig angegriffen. Dem drohenden Prozeß entzog sich S. vermutlich durch Flucht nach England. 1782 hielt er sich in Königsberg auf, wo er Kontakt mit Johann Georg —> H a m a n n hatte, und publizierte im selben Jahr anonym die Schrift Ueber Nordamerika und Demokratie. Ein Brief aus England, in der er für die amerikanische Revolution Partei ergriff. Als er nach Amerika auswandern wollte, um am Unabhängigkeitskrieg teilzunehmen, ertrank er während eines Aufenthalts auf den Bermudas. CD Killy S c h m o l c k , Benjamin, auch Schmolcke, luth. Theologe, Kirchenlieddichter, * 21. 12.1672 Brauchitschdorf (Kr. Lüben, Schlesien), t 10.2. 1737 Schweidnitz (Schlesien). Mit Hilfe wohlhabender Gönner erhielt der Pfarrerssohn eine umfassende Ausbildung in Liegnitz und Lauban und studierte 1693-97 Medizin, Poesie und Theologie in Leipzig, wo er als Student zahlreiche Gelegenheitsgedichte veröffentlichte und zum poeta laureatus gekrönt wurde. 1697 kehrte er als A d j u n k t seines Vaters nach Schlesien zurück, wurde 1702 Diakon an der Friedenskirche in Schweidnitz und war dort seit 1714 Pastor primarius und Inspektor der Schulen. Seit 1710 förderte er Johann Christian - ^ G ü n t h e r . S., der lange zu den beliebtesten Liederdichtern der evang. Kirche zählte,
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Gustav (Friedrich) von, Nationalökonom, * 2 4 . 6 . 1836 Heilbronn, t 2 7 . 6 . 1 9 1 7 Bad Harzburg. S. war der Sohn eines württembergischen Kameralverwalters, studierte in Tübingen Kameralwissenschaften und wurde 1861 promoviert. 1864 wurde er ohne Habilitation aufgrund seiner gewerbestatistischen Studien an die Univ. Halle berufen. 1872 ging er an die neugegründete Univ. Straßburg und 1882 nach Berlin, w o er bis zu seiner E m e ritierung 1913 als einer der wissenschaftlich und administrativ (durch seine Freundschaft mit Friedrich —»Althoff) einflußreichsten Professoren lehrte. 1897 wurde er Rektor der Universität. Er war das uneingeschränkte Haupt der jüngeren Historischen Schule, wobei er sich große Verdienste um Wirtschafts- und Verwaltungsgeschichte, Sozialpolitik (er war eine der Leitfiguren im Verein f ü r Socialpolitik, dessen Mitbegründer und Vorsitzender er seit 1890 war) und theoretische und methodische Fragen der Volkswirtschaftslehre erwarb. S. wurde 1908 geadelt, nachdem er schon 1872 Mitglied des Preußischen Staatsrats, 1887 der Preußischen Akademie der Wissenschaften und 1899 des Preußischen Herrenhauses als Vertreter der Univ. Berlin geworden war. 1871 übernahm er das neugegründete „Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich" (später: „Schmollers Jahrbuch"). Unter seiner Leitung und Mitarbeit entstand die bedeutende Quellenedition der „Acta Borussica". S. war lange umstritten; er wurde der Theorielosigkeit bezichtigt und für den Niedergang der deutschen Volkswirtschaftslehre und ihre Unfähigkeit, das Inflationsproblem analytisch zu verstehen und zu lösen, verantwortlich gemacht. In den letzten zehn Jahren dagegen hat sich die Wissenschaft wieder mit S.s Hauptwerken (Zur Literaturgeschichte der Staats- und Sozialwissenschaften, 1888; Über einige Grundfragen der Sozialpolitik und Volkswirtschaftslehre, 1898; Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschafts-
Schmucker lehre, 2 B d e . , 1900-04; Volkswirtschaft, Volkswirtschaftslehre und -methode, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 1911; Preußische Verfassungs-, Verwaltungsund Finanzgeschichte, 1921) b e f a ß t und neue, ihn w e i t g e h e n d rehabilitierende E r g e b n i s s e g e w o n n e n . K e r n p u n k t von S.s P r o g r a m m w a r sein G e r e c h t i g k e i t s s i n n , der ihn a n s p o r n t e , w i s s e n s c h a f t l i c h , m i t H i l f e seiner „ h i s t o r i s c h - e t h i s c h e n " M e t h o d e zur L ö s u n g der sozialen F r a g e beizutragen. D a z u schien ihm d i e abstrakte T h e o r i e d e r Klassik u n b r a u c h b a r . Er h o b d e s h a l b d i e E n t w i c k l u n g s o z i a l ö k o n o m i s c h e r Institutionen, einschließlich Sitte, R e c h t und Religion, hervor, w o b e i der Nationalstaat u n d a n d e r e p o l i t i s c h e E i n h e i t e n e i n e strategische R o l l e spielten. S.s B e t o n u n g der sozialen institutionellen Verflechtung, i n s b e s o n d e r e von ö f f e n t l i c h e r Verwaltung, R e c h t s o r d n u n g u n d Volkswirtschaft, m a c h t ihn heute ü b e r a u s aktuell hinsichtlich der N e u e n I n s t i t u t i o n e n ö k o n o mie. WEITERE WERKE: Z u r G e s c h i c h t e d e s d e u t s c h e n Kleing e w e r b e s im 19. J a h r h u n d e r t . H a l l e 1870. - U m r i s s e und U n t e r s u c h u n g e n zur V e r f a s s u n g s - , V e r w a l t u n g s - und Wirts c h a f t s g e s c h i c h t e b e s o n d e r s d e s P r e u ß i s c h e n Staates im 17. und 18. J a h r h u n d e r t . L e i p z i g 1898. - D i e soziale Frage. Berlin 1918. - Historisch-ethische N a t i o n a l ö k o n o m i e als K u l t u r w i s s e n s c h a f t . A u s g e w ä h l t e m e t h o d o l o g i s c h e Schriften. H r s g . v. H e i n o Heinrich N a u . M a r b u r g 1998. LITERATUR: J o s e p h S c h u m p e t e r : G . v. S. u n d d i e P r o b l e m e von heute. In: S c h m o l l e r s J a h r b u c h 5 0 ( 1 9 2 6 ) S. 3 3 7 - 3 8 8 . G e r h a r d Ritzel: S. versus M e n g e r . F r a n k f u r t / M a i n 1948. M i c h a e l B o c k / H a r a l d H o m a n n / P i e r a n g e l o Schiera (Hrsg.): G. S. heute. B o l o g n a / B e r l i n 1989. - Horst C . R e c k t e n wald (Hrsg.): V a d e m e c u m zu e i n e m K l a s s i k e r der historischen M e t h o d e in der ö k o n o m i s c h e n W i s s e n s c h a f t . D ü s s e l dorf 1989. - P i e r a n g e l o S c h i e r a / F r i e d r i c h T e n b r u c k (Hrsg.): G. S. in s e i n e r z e i t . B o l o g n a / B e r l i n 1989. - J ü r g e n G. B a c k haus: G . v. S. u n d die P r o b l e m e von heute. Berlin 1993. B i r g e r P. Priddat: D i e a n d e r e Ö k o n o m i e . M a r b u r g 1995. M i c h a e l B u s s : Von S.s w i s s e n s c h a f t l i c h e m D e n k e n zu sein e m sozialpolitischen E n g a g e m e n t . Z u r R o l l e der Volkswirts c h a f t s l e h r e w ä h r e n d der Industrialisierung und staatlichen N e u o r d n u n g in D e u t s c h l a n d . F r a n k f u r t / M a i n u . a . 2 0 0 1 . H i n n e r k B r u h n s (Hrsg.): Histoire et e c o n o m i e politique en A l l e m a g n e d e G . S. ä M a x Weber. N o u v e l l e s p e r s p e c t i v e s sur l ' e c o l e historique d e l ' e c o n o m i e . Paris 2 0 0 4 . Horst Betz S c h m o l l e r , H a n s (Peter), D e s i g n e r , T y p o g r a p h , * 9 . 4 . 1916 Berlin, t 2 5 . 9 . 1 9 8 5 L o n d o n . N a c h S c h r i f t s e t z e r l e h r e und B e s u c h der H ö h e r e n G r a p h i sche F a c h s c h u l e 1933-37 in Berlin e m i g r i e r t e S., S o h n eines Kinderarztes und einer D e s i g n e r i n , nach G r o ß b r i t a n n i e n und w u r d e 1938 britischer Staatsbürger. 1938-46 stellvertretender Leiter einer Druckerei in L e s o t h o , g i n g er 1947 nach L o n d o n , arbeitete z u n ä c h s t bei C u r w e n Press und w a r d a n n als T y p o g r a p h , P r o d u k t i o n s l e i t e r und 1960-76 als Direktor und N a c h f o l g e r von Jan —»Tschichold s o w i e 1976-80 als Berater f ü r P e n g u i n B o o k s tätig. B e k a n n t w u r d e S. v o r allem d u r c h die G e s t a l t u n g von N a c h s c h l a g e w e r k e n und kritischen E d i t i o n e n , u. a. The Complete Pelican Shakespeare (1960). F e r n e r v e r ö f f e n t l i c h t e er S c h r i f t e n zur G e s c h i c h t e der T y p o g r a p h i e , d a r u n t e r Die Officina Bodoni. Das Werk einer Handpresse 1923-1977 (Hrsg., 1979) u n d Two titans: Madersteig and Tschichold (1990). CD B H d E , B d 2 S c h m o r a n z , Franz, a u c h F r a n t i s e k S., Architekt, * 19. 11. 1845 Slatinan ( B ö h m e n ) , t 11. 1. 1892 Prag. D e r S o h n eines B a u m e i s t e r s und K o n s e r v a t o r s studierte seit 1866 a m P o l y t e c h n i s c h e n Institut in Prag, u n t e r n a h m Studienreisen, die ihn u . a . nach D e u t s c h l a n d , Ä g y p t e n , Syrien und d i e T ü r k e i f ü h r t e n , u n d arbeitete d a n n bei d e m A r c h i tekten Karl von Diebitsch in H a m b u r g , d e s s e n F i r m a a u c h
in Ä g y p t e n tätig war. Hier w a r S. seit 1869 a m B a u des Palastes des K h e d i v e n in Ismailijja beteiligt, d e n er n a c h d e m Tod Diebitschs selbständig beendete, e n t w a r f 1873 d i e ä g y p tische B a u g r u p p e f ü r d i e Weltausstellung in Wien u n d lebte hier 1874-85 als selbständiger A r c h i t e k t . Seit 1882 artistischer I n s p e k t o r d e r Textilschulen, w a r S. 1885 G r ü n d e r und erster D i r e k t o r der P r a g e r K u n s t g e w e r b e s c h u l e . Seit 1872 w a r er ordentliches M i t g l i e d d e s W i e n e r K ü n s t l e r h a u s e s . m ÖBL S c h m o r e l l , Alexander, Widerstandskämpfer, * 16.9.1917 O r e n b u r g ( R u ß l a n d ) , t 1 3 . 7 . 1943 M ü n c h e n - S t a d e l h e i m . S., S o h n eines d e u t s c h e n A r z t e s und einer russischen M u t ter, w u c h s seit 1921 in M ü n c h e n auf. N a c h d e m Arbeitsund W e h r d i e n s t b e g a n n er 1939 in H a m b u r g das S t u d i u m der M e d i z i n , d a s er nach k u r z e m K r i e g s d i e n s t in F r a n k reich in M ü n c h e n fortsetzte. Hier lernte er H a n s —> Scholl und später a u c h Willi —»Graf k e n n e n , v e r f a ß t e g e m e i n s a m mit Scholl die ersten vier F l u g b l ä t t e r der W i d e r s t a n d s g r u p p e „Die W e i ß e R o s e " und w u r d e mit Graf n a c h R u ß l a n d abk o m m a n d i e r t . N a c h seiner R ü c k k e h r beteiligte er sich an der Vervielfältigung d e s f ü n f t e n und sechsten F l u g b l a t t s der „Weißen R o s e " , versuchte, n a c h d e r V e r h a f t u n g der G e s c h w i s t e r Scholl in e i n e m K r i e g s g e f a n g e n e n l a g e r bei Innsbruck als russischer Soldat u n t e r z u t a u c h e n , und w u r d e im F e b r u a r 1943 verhaftet. S. w u r d e a m 19. April v o m Volksgerichtshof z u m Tod verurteilt und e i n i g e M o n a t e später hingerichtet. DO N D B S c h m o r l , (Christian) G e o r g , P a t h o l o g e , * 2 . 5 . 1861 M ü g e l n ( S a c h s e n ) , t 14. 8 . 1 9 3 2 D r e s d e n . S., S o h n e i n e s R e c h t s a n w a l t s , b e s u c h t e d i e F ü r s t e n s c h u l e in M e i ß e n , studierte 1881 M a t h e m a t i k und N a t u r w i s s e n s c h a f ten, seit 1882 M e d i z i n in F r e i b u r g / B r e i s g a u und L e i p z i g , w u r d e 1887 in L e i p z i g p r o m o v i e r t (Ein Fall von Hermaphroditismus) und habilitierte sich 1893 f ü r P a t h o l o g i s c h e A n a t o m i e (Pathologisch-anatomische Untersuchungen Uber Puerperal-Eklampsie). 1894 w u r d e er z u m Vorstand des Pat h o l o g i s c h e n Instituts a m Friedrichstädter K r a n k e n h a u s in D r e s d e n e r n a n n t und erhielt 1903 den Professorentitel. S., der als h e r a u s r a g e n d e r K n o c h e n p a t h o l o g e galt, w a r 1921-23 Vorsitzender der D e u t s c h e n P a t h o l o g i s c h e n G e s e l l s c h a f t und seit 1923 M i t g l i e d der D e u t s c h e n A k a d e m i e der N a t u r f o r scher L e o p o l d i n a . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Atlas der pathologischen Gewebelehre (hrsg. mit Carl Karg, 1893), Die pathologisch-histologischen Untersuchungsmethoden (= A n hang zur 5. Aufl. d e s Lehrbuchs der pathologischen Anatomie, B d . 1.1, Allgemeine pathologische Anatomie, 1896, als s e l b s t ä n d i g e P u b l i k a t i o n 1897, l ( i l 9 3 4 , italien. 1911, N e u ausg. 1930) und Die gesunde und kranke Wirbelsäule im Röntgenbild (mit H e r b e r t J u n g h a n n s , 1 9 3 2 , 5 1 9 6 8 , frz. 1956, engl. 1959, 2 1971, span. 1959). A l s S c h m o r i s c h e K n ö t c h e n w e r d e n k n o r p e l i g e V e r ä n d e r u n g e n an der W i r b e l s ä u l e bezeichnet. S. starb an einer S e k t i o n s v e r l e t z u n g . Seit 1959 wird von der D e u t s c h e n G e s e l l s c h a f t f ü r W i r b e l s ä u l e n f o r s c h u n g der G e o r g - S c h m o r l - P r e i s v e r g e b e n . CD N D B S c h m u c k e r , J o h a n n Leberecht, Militärchirurg, * 1712 M a g d e b u r g , t 5 . 3 . 1786 Berlin. S. w u r d e a m C o l l e g i u m M e d i c o C h i r u r g i c u m und der C h a rite in B e r l i n ausgebildet und arbeitete n a c h d e r P r ü f u n g als R e g i m e n t s f e l d s c h e r . 1737 w u r d e er von —»Friedrich W i l h e l m I. zur weiteren A u s b i l d u n g an d e r A c a d e m i e R o y a l e d e C h i r u r g i e nach Paris geschickt. S. e n t w i c k e l t e nach der R ü c k k e h r ein bereits in F r a n k r e i c h e r f u n d e n e s E r n ä h r u n g s p u l v e r ( P o u d r e d ' A l i m e n t ) weiter, w u r d e z u m ersten General C h i r u r g u s der A r m e e e r n a n n t e und leitete im S i e b e n j ä h r i g e n Krieg das preuß. M e d i z i n a l w e s e n . Für die B e h a n d l u n g e n t z ü n d e t e r W u n d e n b e n u t z t e S., ein G e g ner voreiliger A m p u t a t i o n e n , K a l t w a s s e r u m s c h l ä g e (For-
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Schmucker mentia frigida), getränkt mit Weinessig, Salpeter und Salmiak, und verfeinerte das Operationsbesteck. Er nahm an fast allen Schlachten der drei Schlesischen Kriege und auch am Bayerischen Erbfolgekrieg teil, war Leibarzt —»Friedrichs II. und behandelte Immanuel —>Kant. 1774 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina aufgen o m m e n . Er unterhielt in Berlin eine große Praxis und war bis zu seinem Tod Leiter der Charite. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Chirurgische Wahrnehmungen (2 Bde., 1774-84, niederländ. 1775), Vermischte chirurgische Schrif2 ten (Hrsg., 1776-82, 1784-88) und Wahrnehmungen aus der Wundarzneykunst (2 Bde., 1784). CD Ärzte 1
Schmucker,
Theodor, Forstbotaniker, * 5 . 5 . 1 8 9 4 München, t 2 7 . 5 . 1971 Göttingen. S. studierte Botantik und wurde 1923 an der Univ. München promoviert (Zur Biologie und Morphologie geophiler Pflanzen). Seit 1927 war er Privatdozent an der Univ. Göttingen, 1937-63 o . P r o f . und Direktor des Instituts für Forstbotanik und Forstgenetik an der Forstlichen Fakultät der Univ. Göttingen in Hannoversch Münden. S. führte die genetische Richtung in die Forstbotanik in Deutschland ein. Er veröffentlichte u. a. eine Geschichte der Biologie. Forschung und Lehre (1936) und Die Baumarten der nördlichen gemischten Zone (1942).
Schmücker,
Kurt, Politiker, * 10.11. 1919 Löningen (Kr. Cloppenburg), t 6 . 1 . 1 9 9 6 Löningen. Der Sohn eines Verlegers machte nach d e m Besuch einer Handelsschule eine Buchdrucker- und Schriftleiterlehre im elterlichen Betrieb und war 1938-40 bei den „Oldenburgischen Nachrichten" tätig. Nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft übernahm S. 1947 die Buch- und Offsetdruckerei seiner Eltern, deren Inhaber er 1954 wurde. Er trat 1946 in die C D U ein und gehörte 1947-54 d e m Gemeinderat in Löningen und dem Kreistag in Cloppenburg an. 1949-72 war er Mitglied des Deutschen Bundestags, 1961 -63 als stellvertretender Vorsitzender der C D U / C S U - F r a k t i o n . 1956-66 hatte er das A m t des Vorsitzenden des von ihm mitbegründeten Bundesarbeitskreises Mittelstand der C D U / C S U inne und wurde 1956 auch Mitglied des Bundesvorstands der C D U . 1963-66 war er Bundeswirtschaftsminister und 1966-69 Bundesschatzminister. 1972-86 hatte er das A m t des Bürgermeisters in Löningen inne. CD N D B
S c h m ü c k e r , Toni, Industriemanager, * 23.4. 1921 Frechen, t 6 . 1 1 . 1996 Bergisch Gladbach. S., der einer Arbeiterfamilie entstammte, wurde nach kaufmännischer Lehre und Teilnahme am Zweiten Weltkrieg bei den Fordwerken in Köln 1950 Abteilungsleiter, 1956 Einkaufschef und 1961 Mitglied des Vorstandes; 1967 wurde ihm das Ressort Verkauf übertragen. 1968 wechselte er zu den Rheinischen Stahlwerken in Essen und wurde im selben l a h r Vorstandsvorsitzender des Konzerns, den er in den Konzernverbund August-Thyssen-Hütte A G integrierte und in dessen Vorstand er 1974 eintrat. 1975-81 war S. Vorstandsvorsitzender der Volkswagen A G , 1975-82 Vorsitzender des Aufsichtsrats der Audi A G und 1982-87 Mitglied des Aufsichtsrats der Volkswagen A G . Zeitweise gehörte S. auch dem Vorstand des Verbands der Automobilindustrie und dem Präsidium des Bundesverbands der Deutschen Industrie an. ••
Schmückert,
Munzinger
(Gottlob) Heinrich, Beamter, Politiker, * 1 2 . 1 1 . 1 7 9 0 Greifenberg (Pommern), t 4 . 2 . 1 8 6 2 Berlin. S., Sohn eines Knopfmachers, trat 1807 in den preuß. Staatsdienst ein, nahm 1 8 1 3 / 1 4 an den Befreiungskriegen teil, wurde 1815 Postmeister in Bernau und wechselte 1816 als Hilfsarbeiter in das preuß. Generalpostamt. Als Geheimer Postrat war er für den Ausbau der Postbeziehungen Preußens zu den deutschen und europäischen Staaten zuständig. 1840
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wurde S. Geheimer Oberpostrat, 1846 Direktor des preuß. Generalpostamtes und 1849 Generalpostdirektor. 1849-52 war er Mitglied der Ersten Preußischen Kammer, 1852-61 des preuß. Abgeordnetenhauses und 1854-62 des Staatsrats. Als Großmeister gehörte er der Großen L o g e zu den drei Weltkugeln in Berlin an. CD Leb P o m m e r n , Bd 4
Schmückle,
Georg, lurist, Schriftsteller, * 1 8 . 8 . 1 8 8 0 Esslingen, t 8 . 9 . 1 9 4 8 Stötten (Württemberg). Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen und Berlin, das er 1907 in Heidelberg mit der Promotion abschloß (Die Haftung der öffentlich-rechtlichen Körperschaften gemäss B.G.B. § 89/31 in Verbindung mit Art. 77 E. G. ζ· B. G. B. nach dem Standpunkt des Reichsgerichts), trat S., Sohn eines Hoteliers, in den Staatsdienst ein und war als Richter und Staatsanwalt tätig. Seit 1931 Mitglied der N S D A P , war er nach 1933 u . a . Landesleiter der Reichsschrifttumskammer und Direktor des Schiller-Nationalmuseums in M a r b a c h / N e c k a r . S. war als Erzähler, Dramatiker (Dämonen über uns, 1933; Heinrich IV., 1940) und Lyriker tätig und gab die „Schwäbische K u n d e " (1918-20) und die Monatsschrift „Schwäbischer B u n d " (später „Ober-Deutschland", 1919-23) heraus. Er veröffentlichte u . a . den historischen R o m a n Engel Hiltensberger (1930, 92.-101. Tsd. 1942). 1936 erschien seine Autobiographie Mein Leben. S. war der Vater von HansUlrich —»S. CD Hillesheim
Schmückle,
Hans-Ulrich, Bühnenbildner, * 15.8. 1916 Ulm, t 2 . 6 . 1993 Augsburg. S., Sohn von Georg —>S., war 1932-36 Volontär und Assistent am Württembergischen Staatstheater in Stuttgart und begann ein Studium bei Adolf —»Holzel an der dortigen Kunstakademie, das er 1936-39 an der Akademie der bildenden Künste in München (u.a. bei Karl —>Caspar) fortsetzte. 1940 exmatrikultiert, nahm er nach kurzer Assistenz als Ausstatter und Bühnenbildner seit 1941 am Zweiten Weltkrieg teil. 1946-48 war er Bühnenbildner am Schauspielhaus in Stuttgart, danach Gast an verschiedenen Bühnen, 1954-83 Ausstattungsleiter der Städtischen Bühnen Augsburg und 1961-66 in derselben Funktion auch an der Freien Volksbühne Berlin. Er schuf auch Bühnenausstattungen für die Festspiele in Edinburgh und in Salzburg, für das Wiener Burgtheater, für die Komische Oper Berlin und für die Scottish Opera in Glasgow. S. arbeitete bei in- und ausländischen Inszenierungen mit Regisseuren wie Walter —> Felsenstein, Fritz —>Kortner und Erwin —»Piscator zusammen und war entscheidend an der Neugestaltung der zeitgenössischen B ü h n e n r ä u m e des modernen Theaters beteiligt. Er wurde u . a . 1977 mit d e m Werner-Egk-Preis ausgezeichnet. S. veröffentlichte Theaterarbeit. Eine Dokumentation (1975, mit Sylta Busse). CD N D B
Schmügel,
Johann Christoph, auch Schmigel, Schmiegel, Musiker, Komponist, getauft 1 3 . 1 . 1 7 2 7 Pritzier (Mecklenburg), t 2 1 . 1 0 . 1798 Mölln (Lauenburg). Der Sohn eines Organisten wurde zunächst vermutlich von seinem Vater unterrichtet, bevor er in Hamburg Schüler von Georg Philipp —»Telemann wurde. 1748 erhielt S. die Organistenstelle an St. Johannis in Lüneburg, 1766 die an St. Nikolai in Mölln, w o er 1784 zusätzlich das Kantorenamt übernahm. S. komponierte Lieder, Choräle und Symphonien. •D MGG
Schmutzer,
Alice, auch Liesl S., geb. Schnabel, österr. Schriftstellerin, Journalistin, * 11.12. 1884 Wien, t 2 4 . 4 . 1949 Wien. Die Tochter des Industriellen Theodor Schnabel war seit 1908 mit Ferdinand —> S. verheiratet. Ihr Haus war ein Treffpunkt des kulturellen Wien, in d e m u. a. Arthur —> Schnitzler,
Schnaase Felix —> Saiten, Stefan —» Zweig und Hermann —> Broch verkehrten. 1920-37 schrieb S. für die „Neue Freie Presse" Feuilletons zu literarischen und gesellschaftlichen Themen, Rezensionen sowie Ausstellungs- und Theaterkritiken. Ihre autobiographische Kurzprosa blieb zum großen Teil unveröffentlicht. c p ÖBL
Schmutzer,
Ferdinand, österr. Maler, Radierer, * 2 1 . 5 . 1870 Wien, t 26. 10. 1928 Wien. Der Sohn eines Tierbildhauers besuchte 1 8 8 5 / 8 6 die Wiener Kunstgewerbeschule, erlernte die Bildhauerei bei August Kühne und studierte 1886-93 Malerei bei Josef Matthias - » T r e n k w a l d an der A k a d e m i e der bildenden Künste. Daneben durchlief S. eine Ausbildung als Radierer bei William —»Unger. Er unternahm Studienreisen nach Deutschland, in die Niederlande und nach Paris, gehörte seit 1901 der Secession an, deren Präsident er 1914-17 war, und wurde 1905 Mitglied des Wiener KUnstlerhauses. 1908 trat er die Nachfolge Ungers als Prof. der Radierkunst an der Akademie der bildenden Künste an, deren Rektor er 1922-24 war. S. war vorwiegend als Radierer tätig (nahezu 300 Platten) und schuf Bildnisse ( u . a . von Sigmund —»Freud und Arthur —> Schnitzler) in „Vernis-mou"-Technik. Zu seinem Werk gehören auch Genredarstellungen, Landschaften und Buchillustrationen ( u . a . zu A. Schnitzlers Novelle Die Hirtenflöte, 1912). S. war mit Alice - > S . verheiratet, und Vater von Susanne —»Peschke-Schmutzer. CD Ö B L
Schmutzer,
Jakob Matthias, österr. Maler, Kupferstecher, * 6 . 4 . 1733 Wien, t 2. 12. 1811 Wien. Der aus einer Kupferstecherfamilie stammende S. erhielt nach d e m Tod seiner Eltern mit Hilfe von Joseph Wenzel Fürst von - » Liechtenstein und Matthäus —> Donner eine Ausbildung an der Wiener Kunstakademie. 1762 wurde er Schüler von Johann Georg —> Wille in Paris, der ihn mit der Leitung einer dort für deutsche Schüler eingerichteten Zeichenschule betraute. 1766 kehrte S. nach Wien zurück, wurde Direktor der Kupferstichsammlung und beauftragt, eine Schule für Kupferstechen und Zeichnen zu errichten, die im selben Jahr eröffnet und 1768 unter seiner Leitung zur selbständigen Akademie erhoben wurde. Seit 1767 Hofkupferstecher, wurde S. 1771 Oberdirektor sämtlicher k . k . Normalzeichenschulen. 1772 erfolgte die Vereinigung der Kupferstecherakademie mit der Maler-, Bildhauer- und Architekturakademie. Neben einigen Altarbildern schuf S. vor allem Stiche nach Werken von Peter Paul Rubens und Franz Anton —>Maulbertsch. OP Th-B
Schmutzler,
Leopold, Maler, * 2 9 . 3 . 1864 Mies (Böhmen), t 2 0 . 6 . 1 9 4 0 München. S., Sohn eines Sattlermeisters und Gastwirts, war 1880-82 Schüler von Christian —> Griepenkerl an der Akademie der bildenden Künste in Wien, setzte sein Studium 1882 bei Otto —>Seitz an der M ü n c h n e r Kunstakademie fort und arbeitete seit 1885 als freischaffender Künstler, u. a. für die Zeitschrift „Über Land und Meer". Neben Porträts von Schauspielerinnen und spanischen Tänzerinnen schuf er u. a. Bildnisse von Mitgliedern des bayerischen Königshauses. Bekannt wurde er vor allem mit seinem Bild der Schauspielerin Lili - » M a r b e r g als Salome. S. war Mitglied der Münchner Künstlergenossenschaft. CD Ö B L
Schmuz-Baudiss,
Theo, Maler, Porzellanmaler und -gestalter, * 4 . 8 . 1859 Herrnhut, t 2 0 . 6 . 1 9 4 2 GarmischPartenkirchen. S.-B. war Schüler von Wilhelm von Lindenschmit an der Münchner Kunstakademie und erlernte 1896 in Dießen am Ammersee das Töpferhandwerk. Seit 1902 war er an der Berliner Porzellan-Manufaktur tätig, 1908-26 als künstlerischer Direktor. S.-B. führte die alte Sgraffitotechnik in die Kunsttöpferei wieder ein. CD Lex Kunst
Schmuzer,
Franz, auch Schmutzer, Stukkator, Baumeister, getauft 10.10. 1676 Wessobrunn (Oberbayern), t 2 1 . 4 . 1741 Wessobrunn. S., Bruder Joseph - » S . s , war Schüler seines Vaters Johann —>S., übernahm nach dessen Tod die Leitung der „ C o m p a g n i e " und widmete sich neben der Stuckkunst der Gestaltung von Altären und Kanzeln. Zu seinen Werken gehören die Stukkaturen der Klosterkichen in Weingarten (1717-21), Weißenau (1719-23) und der von ihm nach Plänen Franz —> Beers 1717-20 errichteten Kirche Heiligenkreuz in Donauwörth (1720-24). CD N D B
Schmuzer,
Franz Xaver, auch Schmutzer, Stukkator, Baumeister, * 2 7 . 1 1 . 1 7 1 3 Wessobrunn (Oberbayern), t 2 4 . 4 . 1775 Wessobrunn. Der Sohn Joseph —>S.s war seit etwa 1737 Mitarbeiter seines Vaters, u. a. bei der Stuckierung der Rottenbucher Stiftskirche und der Pfarrkirche in Oberammergau. Nach dem kurfürstlichen Mandat gegen „Zieraten" 1770 schuf er keine Stukkaturen mehr. CD N D B
Schmuzer,
Johann, auch Schmutzer, Stukkator, Baumeister, getauft 13.5. 1642 Wessobrunn (Oberbayern), t 12.5. 1701 Wessobrunn. Der aus einer Stukkatorenfamilie stammende S. war einer der Stammväter der Wessobrunner Schule in der für die Wessobrunner bezeichnenden Verbindung des StukkatorBaumeisters und ein wichtiger Vertreter der Dekorationskunst im ausgehenden 17. Jh. in Bayern. Nach der vermutlich bei seinem Vater durchlaufenen Ausbildung war er als Stukkateur und Architekt tätig. Neben einigen schwäbischen und oberbayerischen Barockkirchen stuckierte er die von ihm erbaute Wallfahrtskirche in Vilgertshofen (1686-92) sowie u . a . die Klosterkirche Obermarchtal (1689-92) und den Tassilosaal des Klosters Wessobrunn (um 1700). S. war der Vater von Franz und Joseph —»S. CD N D B
Schmuzer,
Joseph, auch Schmutzer, Stukkator, Baumeister, getauft 13. 12. 1683 Wessobrunn (Oberbayern), t 19.3. 1752 Wessobrunn. Der Sohn Johann —> S.s und Bruder Franz -> S.s war Schüler seines Vaters und wirkte als Stiftsbaumeister von Wessobrunn, Rottenbuch, Weingarten und Ettal. In seinen Kirchenbauten, die u. a. durch Johann Jakob Herkomer angeregt wurden, sind häufig mehrere Achsen zu einem Hauptjoch unter einer mächtigen gedrückten Halbkugel zusammengefaßt. Zu seinen Werken zählen die spätbarocke Neugestaltung der Klosterkirche in Ettal (1744-52), der Entwurf für die Ausstattung der Stiftskirche Rottenbuch (1737-42) und die Pfarrkirche von Oberammergau (1736-42). S. war der Vater von Franz Xaver —>S. OD N D B
Schnaase,
Carl (Julius Ferdinand), Jurist, Kunsthistoriker, * 7 . 9 . 1 7 9 8 Danzig, t 2 0 . 5 . 1875 Wiesbaden. Nach d e m Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg und Berlin trat S. in den preuß. Staatsdienst ein, wurde 1826 Assessor in Königsberg, 1829 Oberlandesgerichtsrat in Marienwerder und war dann Prokurator beim Landgericht in Düsseldorf. 1848-57 wirkte er als Obertribunalrat in Berlin und war dann als Privatgelehrter tätig. S., der bereits während seiner Gerichtslaufbahn als Kunsthistoriker und -kritiker hervorgetreten war, setzte sich besonders mit d e m Verhältnis Kunst und Religion auseinander. Unter seinen Veröffentlichungen ist das Monumentalwerk Geschichte der bildenden Künste (7 Bde., 1843-64; 2 1866-79 in 8 Bänden), das die Weltkunstgeschichte von der Antike bis in das 15. Jh. behandelt, hervorzuheben. S. veröffentlichte ferner Niederländische Briefe (1834) und Über das Verhältnis von Kunst zum Christenthume (1852). CD Metzler Kunsthistoriker
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Schnabel Schnabel,
Artur, Musiker, Musiktheoretiker, Komponist, * 1 7 . 4 . 1882 L i p n i k bei Bielitz (Schlesien), t 1 5 . 8 . 1 9 5 1 A x e n s t e i n (Kt. S c h w y z ) . D e r S o h n eines K a u f m a n n s k a m als K i n d mit seiner Familie nach Wien, erhielt dort 1889-91 Klavierunterricht bei H a n s —> S c h m i t t und studierte bis 1897 bei T h e o d o r —> L e s c h e t i z k y K l a v i e r und bei E u s e b i u s —> M a n d y c z e w s k i M u s i k t h e o r i e . Seit 1900 in Berlin ansässig, w a r S. als K o n zertpianist ü b e r a u s erfolgreich, i n s b e s o n d e r e als B e e t h o v e n Interpret und Begleiter der Altistin T h e r e s e Behr, seiner späteren Frau (—»Schnabel-Behr). A u ß e r d e m arbeitete er mit d e n Violinisten A l f r e d Wittenberg u n d Carl —¥ Flesch k a m m e r m u s i k a l i s c h z u s a m m e n ( „ S c h n a b e l - T r i o " ) . N a c h d e m Ersten Weltkrieg u n t e r n a h m S. m e h r e r e A u s l a n d s t o u r n e e n . Seit 1925 Prof. an der B e r l i n e r M u s i k h o c h s c h u l e , e m i g r i e r t e er 1933 nach Italien, w o er u. a. L e h r e r bei S o m m e r k u r s e n in T r e m e z z o war. 1939 ging S. in d i e U S A , w a r L e k t o r an der U n i v . C h i c a g o u n d seit 1942 an der U n i v e r sity of M i c h i g a n . A l s Solist trat er mit g r o ß e n a m e r i k a n i schen O r c h e s t e r n auf. S. k o m p o n i e r t e S y m p h o n i e n , C h o r und K a m m e r m u s i k w e r k e s o w i e Klavierstücke, schrieb Reflections on music (1933), Music and the line of most resistance ( 1 9 4 2 ) und My life and music ( p o s t u m 1961, dt. Aus dir wird nie ein Pianist, 1991) und edierte d i e K l a v i e r s o n a ten von —>Beethoven, —>Mozart und —»Brahms. CD M G G
Schnabel,
Carl, M e t a l l h ü t t e n k u n d l e r , * 3 . 3 . 1 8 4 3 S i e g e n , t 23. 11. 1914 Berlin. S., S o h n eines Oberlehrers, studierte an den Universitäten B o n n und Berlin s o w i e an der B e r g a k a d e m i e in Berlin. Seit 1867 w a r er als B e r g r e f e r e n d a r u n d seit 1869 als B e r g a s s e s sor i m O b e r b e r g a m t s b e z i r k B o n n tätig. N a c h d e m er 1871-76 im K a u k a s u s f ü r d i e F i r m a S i e m e n s & H a l s k e tätig g e w e sen war, kehrte er in d e n preuß. Staatsdienst z u r ü c k und w u r d e H ü t t e n i n s p e k t o r b e i m H u t t e n a m t L a u t e n t h a l . 1879 w u r d e er in J e n a p r o m o v i e r t (Geschichtliche Darlegung und wissenschaftliche Begründung der metallurgischen Processe der Silber-Gewinnung aus silberhaltigem Blei mit Hülfe von Zink unter besonderer Berücksichtigung dieser Processe auf den Hüttenwerken des Oberharzes). Seit 1882 B e r g m e i s t e r und B e r g r e v i e r b e a m t e r in Goslar, w u r d e S. 1885 Bergrat und D o z e n t f ü r M e t a l l h ü t t e n k u n d e u n d c h e m i s c h e T e c h n o logie an d e r B e r g a k a d e m i e und B e r g s c h u l e Clausthal. 1892 w u r d e er z u m Prof., 1894 z u m O b e r b e r g r a t e r n a n n t . 1897-99 war er M i t a r b e i t e r der „ B e r g - und h ü t t e n m ä n n i s c h e n Zeit u n g " . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . ein Lehrbuch der allgemeinen Hüttenkunde ( 1 8 9 0 , 2 1 9 0 3 , f r z . 1904) und ein Handbuch der Metallhüttenkunde (2 Bde., 1894-96, 2 1 9 0 1 - 0 4 , engl. 1898, 3 1 9 2 1 , frz. 1896-98, B d . 1 2 1 9 0 7 ) s o w i e die E r i n n e r u n g e n Unter grünen Tannen des Oberharzes (1907). CD N D B
Schnabel,
( G e o r g ) Ernst, R u n d f u n k i n t e n d a n t , Schriftsteller, * 2 6 . 9 . 1 9 1 3 Zittau ( S a c h s e n ) , t 25. 1 . 1 9 8 6 Berlin. D e r S o h n eines K a u f m a n n s b e s u c h t e bis zur P r i m a d i e F ü r s t e n s c h u l e St. A f r a in M e i ß e n u n d f u h r d a n n zur See, im Z w e i t e n Weltkrieg als O f f i z i e r der K r i e g s m a r i n e . S., der seit 1936 auch als Schriftsteller hervortrat, war 1946-49 C h e f dramaturg des Nordwestdeutschen Rundfunks ( N W D R ) , wo er 1947 das erste kulturelle N a c h t p r o g r a m m produzierte. 1 9 4 9 / 5 0 bei B B C in L o n d o n tätig, kehrte er 1951 als Intendant z u m N W D R nach H a m b u r g zurück, arbeitete seit 1955 als freier Schriftsteller und ü b e r n a h m 1961 die L e i t u n g der Dritten H ö r f u n k p r o g r a m m e des N o r d d e u t s c h e n R u n d f u n k s und des S e n d e r s Freies Berlin ( S F B ) . 1965-68 p r o d u z i e r t e er die „Literarische Illustrierte" im Dritten F e r n s e h p r o g r a m m des S F B . S.s f r ü h e P r o s a beruht auf seinen Erlebnissen als S e e m a n n ( u . a . Schiffe und Sterne, 1943), so w i e a u c h seine späteren R o m a n e und E r z ä h l u n g e n , teils antike M y t h e n a u f g r e i f e n d , S e e f a h r t und R e i s e a b e n t e u e r z u m T h e m a h a b e n
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(u. a. Der sechste Gesang, 1956; Ich und die Könige, 1958). A l s H ö r f u n k d r a m a t u r g und -autor w a r S. m a ß g e b l i c h an der E n t w i c k l u n g des K u l t u r r a d i o s beteiligt ( u . a . G r ü n d u n g der ersten R a d i o f e a t u r e r e d a k t i o n ) und erarbeitete n e u e F o r m e n der D o k u m e n t a t i o n ( u . a . Der 29. Januar 1947, 1947; ein tag wie morgen, 1952). F ü r seinen Bericht Anne Frank. Spur eines Kindes (1958) w u r d e er m i t d e m H u m a n R i g h t s Prize der U N E S C O a u s g e z e i c h n e t . S. schrieb auch Libretti und übersetzte a m e r i k a n i s c h e Literatur (u. a. E r n e s t H e m i n g w a y ) . Seit 1963 w a r er D i r e k t o r der A b t e i l u n g D i c h t u n g der A k a d e m i e der K ü n s t e in Berlin. CD Killy
Schnabel,
F r a n z ( B e r n h a r d G e r h a r d ) , Historiker, * 1 8 . 1 2 . 1 8 8 7 M a n n h e i m , t 2 5 . 2 . 1966 M ü n c h e n . Einer gemischtkonfessionellen Kaufmannsfamilie entstamm e n d , studierte S. in H e i d e l b e r g und Berlin G e s c h i c h t e , Germanistik, F r a n z ö s i s c h und Latein. N a c h der P r o m o t i o n bei H e r m a n n —> O n c k e n 1910 ü b e r den Zusammenschluß des politischen Katholizismus in Deutschland im Jahre 1848 w a r S. L e h r e r an G y m n a s i e n in M a n n h e i m und K a r l s r u h e sow i e M i t a r b e i t e r bei der B a d i s c h e n Historischen K o m m i s sion bis zu seiner E i n b e r u f u n g z u m K r i e g s d i e n s t (1915). Seiner Habilitation über d i e Geschichte der Ministerverantwortlichkeit in Baden und d e r E r n e n n u n g z u m Privatdozenten (1920) f o l g t e 1922 der R u f auf den L e h r s t u h l f ü r G e s c h i c h t e an der T H Karlsruhe. Von 1924 bis 1927 im N e b e n a m t a u c h z u m Leiter d e s K a r l s r u h e r G e n e r a l l a n d e s archivs bestellt, versah der ü b e r z e u g t e R e p u b l i k a n e r S., der 1932 ö f f e n t l i c h g e g e n d e n „ P r e u ß e n s c h l a g " der R e g i e r u n g —> P a p e n protestierte, seine K a r l s r u h e r P r o f e s s u r bis zu seiner Z w a n g s e n t p f l i c h t u n g 1936. Von 1937 bis 1945 arbeitete er als A u t o r historischer E s s a y s v o r n e h m l i c h f ü r die „ F r a n k f u r t e r Z e i t u n g " . N a c h K r i e g s e n d e sofort rehabilitiert, amtierte S. als L a n d e s d i r e k t o r f ü r U n t e r r i c h t und K u l t u s im a m e r i k a n i s c h besetzten N o r d b a d e n ; 1947 f o l g t e er ein e m R u f an d i e U n i v . M ü n c h e n , w o er mit g r o ß e r Wirk u n g bis zu seiner E m e r i t i e r u n g 1962 das Fach N e u e r e G e s c h i c h t e vertrat. I m Z e n t r u m von S.s u m f a n g r e i c h e m w i s s e n s c h a f t l i c h e n CEuvre steht d a s b e d e u t e n d e u n v o l l e n d e t e v i e r b ä n d i g e Werk Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert ( 1 9 2 9 - 3 7 ) , in d e m er d e n Versuch einer u m f a s s e n d e n historischen Interpretation der Krise der m o d e r n e n Welt untern i m m t . A u f g r u n d dieses A n s a t z e s , mit d e m sich S. von einer traditionellen, n a t i o n a l p o l i t i s c h e n G e s c h i c h t s s c h r e i b u n g abw e n d e t , stellt S. die g e s a m t e politische, kulturelle, technischw i s s e n s c h a f t l i c h e u n d religiöse E n t w i c k l u n g des f r ü h e n 19. Jh. in einen D e u t u n g s z u s a m m e n h a n g . B e e i n f l u ß t von neo-idealistischen und vitalistischen S t r ö m u n g e n der Jahrh u n d e r t w e n d e , zeichnet S. ein a m b i v a l e n t e s Bild der nap o l e o n i s c h e n und v o r m ä r z l i c h e n Zeit, i n d e m er den positiven L e i s t u n g e n des B ü r g e r t u m s - der E n t w i c k l u n g des R e c h t s - u n d Verfassungsstaats, d e n E r r u n g e n s c h a f t e n in Wiss e n s c h a f t , T e c h n i k und I n d u s t r i e - d i e A u f l ö s u n g eines ü b e r Tradition, Religion und h u m a n i t ä r e V e r n u n f t gesicherten Normenkanons gegenüberstellt. Im napoleonischen Empire, der —> H e g e i s c h e n S t a a t s p h i l o s o p h i e und der r o m a n t i s c h e n B e w e g u n g sieht S. K r i s e n e r s c h e i n u n g e n des 20. Jh. prototypisch vorgeprägt; kulturelle U n i f o r m i t ä t , politischen Totalitarismus und soziale E n t w u r z e l u n g s e r f a h r u n g . Vorgetragen auf h o h e m literarisch-stilistischem N i v e a u , k a m d i e s e Sicht d e s 19. Jh. d e r kulturkritischen Z e i t s t i m m u n g der W e i m a r e r R e p u b l i k e n t g e g e n , so d a ß S. nicht n u r als einer der p r o d u k tivsten, s o n d e r n auch als einer der a m meisten g e l e s e n e n Historiker seiner Zeit gelten darf, d e s s e n Werk auch heute noch von B e d e u t u n g ist. WEITERE WERKE: D e u t s c h l a n d in den weltgeschichtlic h e n W a n d l u n g e n des letzten J a h r h u n d e r t s . L e i p z i g / B e r l i n 1925. - L u d w i g von L i e b e n s t e i n . K a r l s r u h e 1927. - Sigism u n d von Reitzenstein. H e i d e l b e r g 1927. - D e u t s c h l a n d s
Schnabel geschichtliche Quellen und Darstellungen in der Neuzeit. 1. Teil: Das Zeitalter der Reformation, 1500-1550. L e i p z i g / Berlin 1931. - Freiherr vom Stein. L e i p z i g / B e r l i n 1931. Das humanistische Bildungsgut im Wandel von Staat und Gesellschaft. München 1956. LITERATUR: Karl-Egon Lonne: F. S. In: Deutsche Historiker. Hrsg. v. Hans-Ulrich Wehler. Bd. 9, Göttingen 1982, S. 81-101. - Lothar Gall: F. S. In: Ders. (Hrsg.): Die großen Deutschen unserer Epoche. Berlin 1985, S. 143-155. - Erich Angermann: „sapientia et eloquentia". In: F. S. Zu Leben und Werk. Hrsg. v. der Historischen Kommission bei der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften. München 1988, S. 41-92. - T h o m a s Hertfelder: F. S. und die deutsche Geschichtswissenschaft. Geschichtsschreibung zwischen Historismus und Kulturkritik (1910-1945). Göttingen 1998 (mit Werkbibliographie). - C l e m e n s R e h m (Hrsg.): F. S. - eine andere Geschichte: Historiker, Demokrat, Pädagoge. Freib u r g / B a s e l / W i e n 2002. - Peter Herde: Kontinuitäten und Diskontinuitäten im Übergang von Nationalsozialismus zum demokratischen Neubeginn. M ü n c h e n 2007. Thomas Hertfelder
Schnabel,
Georg Norbert, österr. Jurist, Statistiker, * 3 1 . 3 . 1791 Weseritz (Böhmen), t 2 2 . 1 0 . 1 8 5 7 Prag. S., Sohn eines Steuereinnehmers, betrieb 1808-11 philosophische, bis 1815 juristisch-politische Studien an der Univ. Prag und wurde 1816 in Wien zum Dr. jur. promoviert. 1817 wurde er als Ordinarius für europäische und österr. Statistik an die Univ. Prag berufen. Dort erhielt er 1835 eine o. Professur der rechts- und staatswissenschaftlichen Enzyklopädie, des Natur- und praktischen Völkerrechts, dann des österr. Strafrechts. S. veröffentlichte u . a . Die europäische Staatenwelt (2 Tie., 1819), Statistische Darstellung von Böhmen (1826), Geographisch-Statistisches Tableau der Europäischen Staaten (1826; 2 Bde., 2 1833, erw. 1941), Geschichte der juristischen Fakultät an der Vereinigten CarlFerdinandeischen Hochschule zu Prag (3 Tie., 1827) und Das natürliche Privatrecht (1842, Nachdr. 1970). Er verfaßte ferner rechtsphilosophische Schriften und eine historische Abhandlung über die Prager Juristische Fakultät. S. wurde 1846 zum Gubernialrat ernannt. CD O B L
Hofrat ernannt wurde, veröffentlichte u. a. Ueber staphyloma posticum, Conus und Myopie (mit Isidor —> Herrnheiser, 1895). m ÖBL
Schnabel,
Johann Gottfried, Pseud. Gisander, Gysander, Ε. v. H„ Schriftsteller, * 7. 11. 1692 Sandersdorf bei Bitterfeld, t zwischen 1751 und 1758(7). Seit 1694 verwaist, wuchs S., Sohn eines Pfarrers, bei Verwandten und Bekannten auf und besuchte die von August Hermann —»Francke gegründete Lateinschule in Halle. Er nahm als Feldscher am Spanischen Erbfolgekrieg teil, war Barbiermeister in Querfurt und Reisebegleiter des Reichsgrafen Christoph Friedrich zu Stolberg-Stolberg und erwarb 1724 das Bürgerrecht in Stolberg/Harz. Dort war er gräflicher Kammerdiener und Hofbarbier; er wird auch als „Chirurgus" erwähnt. S. betätigte sich zudem als Lotterieeinnehmer und betrieb ein Bucherkommissionsgeschäft. In den Jahren 1731-43 gab er die Zeitung „Stolbergische S a m m l u n g Neuer und Merckwürdiger Welt-Geschichte" heraus, deren Artikel er größtenteils selbst schrieb. Sein erstes belletristisches Werk ist auch sein bekanntestes: Der R o m a n Wunderliche Fata einiger See-Fahrer, 1731-43 in vier Bänden erschienen, erlebte zahlreiche Auflagen und gehörte zu den meistgelesenen Werken des 18. Jahrhunderts (Neudr. 1973 und 1997). Die Robinsonade - bekannter unter dem Titel der Bearbeitung von L u d w i g —»Tieck, Die Insel Felsenburg (6 Bde., 1828) - entwirft eine pietistisch geprägte Gesellschaftsutopie im Kontrast zur sozialen Realität der Zeit, in der das Motiv des Schiffbruchs nicht den Beginn eines erzwungenen Exils, sondern einer Idylle darstellt, in der das Böse fehlt. Zwei weitere R o m a n e sind S. mit Sicherheit zuzuschreiben: Der im Irr-Garten der Liebe herum taumelnde Cavalier (1738, 2 1746, Neudr. 1968) und Der aus dem Monde gefallene und nachhero zur Sonne des Glücks gestiegene Printz (1750). Zu seinen Werken gehört ferner eine Biographie des Prinzen —» Eugen, in der er seine Erlebnisse aus dem Spanischen Erbfolgekrieg verarbeitete. S. verließ Stolberg um 1745; über sein weiteres Leben ist nichts bekannt. m Killy
Schnabel,
Heinrich, Landrat, * 1 2 . 2 . 1 7 7 8 Elberfeld (heute zu Wuppertal), f 2 9 . 9 . 1853 Dusseldorf. Nach d e m Studium der Rechte 1794-97 an den Universitäten Heidelberg und Göttingen war S. zunächst als Praktikant tätig. Seit 1802 wirkte er als Ratsreferendar beim Geheimen Rat Berg, wechselte 1809 als Assessor zur Stadtdirektion Düsseldorf und wurde dort später Maire. 1813 wurde er als Polizeidirektor an das Generalgouvernement des Großherzogtums Berg berufen. 1816 auf Wartegeld gesetzt, war S. 1820 interimistisch Landrat des Kreises M ü l h e i m / R h e i n ; 1821 definitiv berufen, nahm er das A m t bis 1851 wahr. 1 8 3 1 / 3 2 wurde ihm zwischenzeitlich die Polizeidirektion von Aachen übertragen; daneben war er bis 1834 Zivilkommissar des VII. Armee-Korps an der belgischen Grenze. 1852 trat S. in den Ruhestand. CD R o m e y k
Joseph Ignaz, Musiker, Komponist, Kapellmeister, * 2 4 . 5 . 1 7 6 7 N a u m b u r g / Q u e i s (Schlesien), t 1 6 . 6 . 1 8 3 1 Breslau. Der Sohn eines Kantors erhielt nach der Lehrerausbildung um 1790 eine Stelle als Schulmeister und Gerichtsschreiber in Paritz. 1797 wurde S. Organist am Klarenstift in Breslau, 1798 auch Konzertmeister des Theaterorchesters und 1805 Domkapellmeister. Seit 1812 versah er zusätzlich den Musikunterricht am kath. Lehrerseminar und betätigte sich als künstlerischer Leiter des kgl. akademischen Instituts für Kirchenmusik. S., der sich als Dirigent besonders Werken zeitgenössischer Komponisten wie Joseph —> Haydn, Carl Maria von —> Weber, Louis —>Spohr widmete, komponierte selbst Kirchenmusik sowie weltliche Lieder und Instrumentalwerke. A m bekanntesten wurde die von ihm arrangierte Weihnachtspastorella Transeamus usque Bethlehem. CD M G G
Schnabel,
Schnabel,
Schnabel,
(Joseph) Isidor, österr. Ophthalmologe, * 14. 11. 1842 N e u b y d z o w (Böhmen), t 4. 12. 1908 Wien. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte Medizin in Wien und Prag, wurde 1865 zum Dr. med. et chir. promoviert und war Assistent an der von Eduard —»Jäger von Jaxtthal geleiteten ophthalmologischen Abteilung des Wiener Allgemeinen Krankenhauses. 1871 habilitierte er sich in Wien f ü r Augenheilkunde, wurde 1877 als Ordinarius an die Univ. Innsbruck berufen, lehrte seit 1887 in Graz und seit 1891 an der Deutschen Univ. Prag. Als Nachfolger von Karl —> Stellwag von Carion kehrte er 1895 an die I. Universitäts-Augenklinik im Allgemeinen Krankenhaus Wien zurück. S., der 1898 zum
Til(e)mann, evang. Theologe, * um 1475 Alsfeld (?), t 2 7 . 9 . 1559 Alsfeld. S., über dessen Herkunft und Eintritt in das Alsfelder Augustinerkloster nichts bekannt ist, absolvierte das Studium generale bei den Augustinern in Erfurt. Seit 1506 war er im Alsfelder Augustinerkloster als Beichtvater und Lesemeister sowie in der Gemeindeseelsorge tätig. 1512 bezog er die Univ. Wittenberg, w o er 1515 durch —»Luther zum Dr. theol. promoviert wurde. Nach Alsfeld zurückgekehrt, wurde er dort Prior und 1520 Provinzial der thüringischsächsischen Ordensprovinz. Wegen seiner reformatorischen Predigten mit Predigtverbot belegt, trat S. aus d e m Orden aus
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Schnabel-Behr und wurde auf Luthers Rat Pfarrer in Leisnig an der Mulde. Bei der Einführung der Reformation in Hessen berief Landgraf —»Philipp S. 1526 als Stadtpfarrer nach Alsfeld zurück. 1531 wurde S. erster Superintendent der Diözese Alsfeld. m BBKL
Schnabel-Behr,
Therese, Sängerin, * 14.9. 1876 Stuttgart, t 30. 1.1959 Sorengo (Tessin). S.-B. studierte 1893-95 bei Julius —» Stockhausen in Frankf u r t / M a i n , dann bei Rudolf —»Schulz-Dornburg am Konservatorium in Köln und seit 1898 bei Etelka —»GersterGardini in Berlin. S.-B., die 1898 ihre Laufbahn als Konzertsängerin (Altistin) begann, heiratete 1905 den Pianisten Artur —»Schnabel. Von ihm am Flügel begleitet, gab sie Liederabende u . a . in ganz Deutschland, den Niederlanden und Belgien und unternahm mehrere erfolgreiche Tourneen durch die U S A . Seit 1925 Gesangspädagogin in Berlin, emigrierte sie 1933 nach Großbritannien, lebte seit 1939 in New York und zuletzt in der Schweiz. CD Kutsch
Schnack,
Anton, Journalist, Schriftsteller, * 2 1 . 7 . 1892 Rieneck (Unterfranken), t 2 6 . 9 . 1 9 7 3 K a h l / M a i n . Der Bruder Friedrich —»S.s studierte einige Semester Philosophie an der Univ. München und ging 1911 als Journalist nach Emmerich, 1912 nach Halberstadt und 1914 nach Bozen. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg setzte er seine journalistische Tätigkeit bei der „Darmstädter Zeitung" fort und wechselte 1920 als Feuilletonchef und Theaterkritiker zur „Neuen Badischen Zeitung" nach M a n n h e i m , wo er bis 1925 und erneut 1927-29 wirkte. Zwischenzeitlich unternahm er Studienreisen nach Italien, Dalmatien, auf den Balkan, durch Deutschland und nach Frankreich. 1 9 4 2 / 4 3 arbeitete S. als Redakteur beim Societätsverlag in Frankf u r t / M a i n und wurde dann zum Kriegsdienst eingezogen. 1945 aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, ließ er sich als freier Schriftsteller in K a h l / M a i n nieder. S., der bereits 1917 erste expressionistische Gedichte ( u . a . Strophen der Gier, 1917), später auch Erzählungen und den R o m a n Der finstere Franz (1937) veröffentlicht hatte, wurde nach 1945 insbesondere durch seine Kurzprosa (Das Fränkische Jahr, 1951) und feuilletonistischen Betrachtungen über alltägliche Gegenstände bekannt (u.a. Arabesken um das ABC, 1946; unter d e m Titel Buchstabenspiel, 1954). Er trat auch als R u n d f u n k a u t o r hervor. Autobiographische Z ü g e trägt der Gedichtband Die Flaschenpost (1936). S. war seit 1950 Mitglied der Deutschen A k a d e m i e für Sprache und Dichtung. CD Killy
Schnack,
Elisabeth, geb. Schüler, Übersetzerin, Schriftstellerin, * 2 3 . 1 2 . 1899 Joachimsthal (Uckermark), t 1 4 . 2 . 1 9 9 2 Zürich. S., Tochter eines Botanikers, ging nach der Ausbildung als Lehrerin für Höhere Schulen 1925 nach China und gründete in M u k d e n (Mandschurei) eine Privatschule. Sie heiratete dort einen deutschen Kaufmann, kehrte 1938 nach Europa zurück und begann in Genf das Studium der englischen Literatur. Seit 1950 war sie als Übersetzerin und Herausgeberin vor allem englischer, irischer und amerikanischer Literatur tätig. S. übersetzte u . a . Willa Cather, Sean O'Faoläin, William Faulkner, D. H. Lawrence, Katherine Mansfield und William Makepeace Thackeray; sie trat auch als Essayistin, Erzählerin und Lyrikerin hervor. Zu ihren Werken gehören Die Zauberlaterne. Erinnerungsbilder (1983), Spiegelungen (1984), Die Welt meiner Autoren (1975) und Blick aus dem Zug. 42 Gedichte (1977). DP D L L
Schnack,
Friedrich, Pseud. Charles Ferdinand, Schriftsteller, Journalist, * 5 . 3 . 1888 Rieneck (Unterfranken), t 6 . 3 . 1977 München. Nach einer kaufmännischen Lehre arbeitete S., Bruder Anton —»S.s, seit 1910 im Bankfach und im Handel, u . a . bei
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einem Berchtesgadener Handelshaus und einer Genossenschaft in Breslau. An den Universitäten Breslau und Würzburg betrieb er Studien der Botanik, Entomologie, Geologie und Kunstgeschichte. Im Ersten Weltkrieg Soldat in der Türkei, wurde er 1 9 1 8 / 1 9 auf der Insel Prinkipo (Marmarameer) gefangengehalten. Nach seiner Rückkehr Angestellter in Breslau und Mannheim, wurde er 1923 Feuilletonredakteur der „Dresdner Neuesten Nachrichten" und später der „Neuen Badischen Landeszeitung" in Mannheim. Seit 1926 lebte er als freier Schriftsteller und Mitarbeiter von Presse und R u n d f u n k u. a. in Nürnberg, Breslau, Hellerau, Heidelberg, Ü b e r l i n g e n / B o d e n s e e , Baden-Baden und München. S. schrieb zunächst expressionistisch beeinflußte Naturlyrik aus der Welt des Orients (u. a. Das kommende Reich, 1920), danach Gedichte, in denen die heimatliche mainfränkische Landschaft den thematischen Hintergrund bildet (u.a. Vogel Zeitvorbei, 1922). Erfolgreicher als mit seiner Lyrik war S. mit seinen zahlreichen Erzählungen und Romanen ( u . a . „Romantrilogie der drei Lebens-Alter": Sebastian im Wald, 1926; Beatus und Sabine, 1927; Die Orgel des Himmels, 1927; überarbeitet und zusammengefaßt unter dem Titel Die brennende Liebe, 1935) und - nach dem Zweiten Weltkrieg mit naturkundlich-poetischen Sachbüchern. S. war Mitglied der Bayerischen A k a d e m i e der Schönen Künste und Mitbegründer der A k a d e m i e für Sprache und Dichtung in D a r m stadt. m Killy
Schnack,
Ingeborg, Bibliothekarin, Historikerin, Germanistin, * 9 . 7 . 1 8 9 6 Hanikenfähr (Kr. Lingen-Ems, Niedersachsen), f 3. 11.1997 Marburg. Nach geistes- und naturwissenschaftlichen Studien wurde S., Tochter eines Regierungs- und Baurats, 1920 in Marburg mit einer kirchengeschichtlichen Arbeit promoviert. Danach an der dortigen Universitätsbibliothek tätig, wurde sie 1923 als erste Frau in den Höheren Bibliotheksdienst a u f g e n o m m e n und war seit 1935 Bibliotheksrätin und 1956-61 stellvertretende Direktorin. Sie betrieb organisatorische Neuerungen und veranlaßte den Erwerb der bedeutenden Handschriften aus d e m Nachlaß Friedrich Carl von —» Savignys; ihre Edition des Briefwechsels zwischen Savigny und Stephan August —» Winkelmann erschien 1984. Die B e g e g n u n g mit dem Verlegerehepaar Anton und Katharina —»Kippenberg, die mit ihren —»Goethe- und —»Rilke-Sammlungen seit 1945 in Marburg ansässig waren, wurde entscheidend f ü r S.s Beschäftigung mit Leben und Werk Rainer Maria Rilkes. Sie organisierte Ausstellungen, gab vier B ä n d e der Reihe Aus Rainer Maria Rilkes Nachlaß (1950) heraus, betreute den Bildband Rilkes Leben und Werk im Bild (1956, 2. verm. Aufl. 1966), erarbeitete mustergültige Editionen, u . a . der Briefwechsel Rilkes mit H u g o von —»Hofmannsthal (1978, mit Rudolf —»Hirsch) und mit Anton —»Kippenberg (2 Bde., 1995, mit Renate Scharffenberg), und verfaßte u . a . Rainer Maria Rilke. Chronik seines Lebens und seines Werkes (1975, 2 1996). t u NDB
Schnackenberg,
Walter, Maler, Graphiker, * 2 . 5 . 1880 Lauterberg/Harz, t 1 0 . 1 . 1 9 6 1 Wasserburg/Inn. S. kam 1898 nach München und wurde an der Knirr-Schule und bei Franz —»Stuck an der Akademie der bildenden Künste ausgebildet. Studienreisen führten ihn nach Frankreich, Belgien, in die Niederlande, nach Italien, Spanien und Marokko. Seit 1905 nahm S. an den Jahresausstellungen der Sezession teil; 1911 wurde er Mitglied der „LuitpoldGruppe". 1943-52 lebte er in Schlattau bei Partenkirchen, dann wieder in München. Neben figürlichen Bildnissen schuf S. Plakate und Entwürfe für Kostüme, Theater- und Festdekorationen und war als Zeichner für die Zeitschrift „Jugend" tätig. m Vollmer
Schnarf Schnackenburg, Bernhard, Politiker, * 5 . 7 . 1 8 6 7 Schwetz (Kr. Graudenz, Westpreußen), t 27. 1. 1924 Altona (heute zu Hamburg). S., Sohn eines Mühlengutsbesitzers, schlug nach d e m Studium der Rechtswissenschaft die Verwaltungslaufbahn ein. 1896 wurde er Stadtrat in Posen, 1899 in H a l l e / S a a l e und 1903 Vorsteher („Bürgermeister") der Landgemeinde Friedenau bei Berlin. 1909 wurde er Bürgermeister, 1910 Oberbürgermeister von Altona. 1916 vertrat er die Auffassung, daß ein Anschluß an Hamburg zu empfehlen sei. In Altona beurlaubt, war S. von März bis August 1919 letzter Oberpräsident der Provinz Westpreußen in Danzig. Im selben Jahr wurde er Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei. CD Hamburg Biogr, Bd 2
Schnackenburg, Rudolf, kath. Theologe, * 5. 1. 1914 Kattowitz (Schlesien), t 2 8 . 8 . 2 0 0 2 Erlabrunn (Kr. Würzburg). Nach d e m Studium der Philosophie und Theologie, der Promotion zum Dr. theol. 1937 ( D e r Glaube im vierten Evangelium) und der Priesterweihe im selben Jahr lebte S. als Priester in Breslau und Goldberg. 1947 habilitierte er sich in München mit der Arbeit Das Heilsgeschehen bei der Taufe nach dem Apostel Paulus (gedruckt 1950). Seit 1951 war er Prof. in Dillingen, seit 1955 in Bamberg und 1957-82 in Würzburg. Daneben übernahm er Beratertätigkeiten für die päpstliche Bibelkommission, für das päpstliche Sekretariat für die Einheit der Christen sowie, für den deutschen Episkopat, für Glaubens- und Sittenfragen. Er war Mitglied der päpstlichen Theologenkommission und Präsident der Society for N e w Testament Studies. Seit 1969 war er neben Eduard - > Schweizer Begründer und Herausgeber des EvangelischKatholischen Kommentars zum Neuen Testament und seit 1971 Mitherausgeber der „Forschungen zur Bibel". S. veröffentlichte u. a. Gottes Herrschaft und Reich. Eine biblischtheologische Studie ( 1 9 5 9 , 4 1 9 6 5 ) , Das Johannesevangelium (3 Bde., 1964-75, Erg.-Bd. 1984), Die Geburt Christi ohne Mythos und Legende ( 1 4 1 9 6 9 ) und Jesus Christus im Spiegel der vier Evangelien (1998). CP N D B
Schnadel, Georg, Schiffbauingenieur, * 9. 12.1891 Rechtis bei K e m p t e n / A l l g ä u , t 2 6 . 4 . 1 9 8 0 Hamburg. S., Sohn eines Volksschullehrers, Schloß das Schiffbaustudium an den Technischen Hochschulen München und Danzig 1920 als Diplomingenieur ab, arbeitete als Konstrukteur und Betriebsingenieur auf der Danziger Werft und bei den Deutschen Werken in Wilhelmshaven-Rüstringen. 1923-26 war er Assistent an der T H Danzig, w o er 1925 mit der Dissertation Die Spannungsverteilung in den Flanschen dünnwandiger Kastenträger promoviert wurde. 1926 habilitierte er sich und war nach einer zweijährigen Tätigkeit als Statiker und Forschungsingenieur bei der Firma Rohrbach-Metallflugzeugbau bis 1946 o . P r o f . der Statik der Schiffe und Schiffselemente an der T H Berlin, danach Vorsitzender des Germanischen Lloyd, B e r l i n / H a m b u r g . S. war Mitbegründer und Mitherausgeber der Zeitschrift „Schiff und H a f e n " und 1940-60 Vorsitzender der Schiffbautechnischen Gesellschaft, Hamburg. Durch eine 1934 unternommene Hochseemeßfahrt und seine statischen Arbeiten trug er zur Verbesserung der Schiffbaukonstruktionen bei. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Forschungsaufgaben zur Untersuchung der Festigkeitsprobleme im Schiffbau (1957) und Lexikon der Fahrzeugtechnik (hrsg. mit Paul Koeßler und Julius Krauß, 1967, unter dem Titel Fahrzeugtechnik, 5 Bde., 1971). m Altpreuß Biogr, Bd 4
Schnakenbeck, Werner, Zoologe, * 4 . 6 . 1887 Sandesneben, f 3 . 4 . 1971 Hamburg. S., Sohn eines K a u f m a n n s , studierte an der Univ. Freiburg/ Breisgau, war 1919 Direktionsassistent beim Zoologischen
Garten in H a l l e / S a a l e und wurde 1920 promoviert (Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl und Die Entstehung und das Schicksal der epidermalen Pigmentträger). Seit 1921 war er Assistent der Deutschen Wissenschaftlichen Kommission für Meeresforschung an der Biologischen Anstalt Helgoland, seit 1923 in der Fischereibiologischen Abteilung des Zoologischen M u s e u m s in Hamburg, aus der 1939 das Institut f ü r Seefischerei der Zentralanstalt für Fischerei hervorging. S. war dort seit 1926 Kustos, seit 1931 Leiter des Instituts und wurde 1939 zum Oberregierungsrat ernannt. Als Prof. nahm er 1936-45 einen Lehrauftrag für Fischereiwissenschaft an der Univ. Hamburg wahr. 1957 trat er in den Ruhestand. S. veröffentlichte u . a . Die Nordseefischerei (1929), Tiere und Pflanzen des Salz- und Süßwassers (3 Lfg., 1947) und Deutsche Fischerei in Nordsee und Nordmeer (1953). S c h n a p p e r - A r n d t , Gottlieb, Statistiker, Nationalökonom, * 2 . 1 0 . 1846 F r a n k f u r t / M a i n , f 2 . 3 . 1 9 0 4 Halberstadt. S. trat 1877 als Volontär in das Preußische statistische Bureau in Berlin ein; dort sowie in Straßburg bei Gustav —» Schmoller und in Tübingen betrieb er sozialwissenschaftliche und statistische Studien. 1882 promoviert, lebte er nach Studienreisen in F r a n k f u r t / M a i n und wurde 1901 Dozent für Statistik an der dortigen A k a d e m i e f ü r Sozial- und Handelswissenschaften. S. veröffentlichte Schriften zur Wirtschaftsstatistik (u. a. Zur Theorie und Geschichte der Privatwirtschaftsstatistik, 1903) sowie historische Arbeiten.
Schnapper, Mayer (Salomon) Arthur von, Bankier, * 7 . 1 . 1 8 2 2 F r a n k f u r t / M a i n , t 2 7 . 6 . 1 8 8 6 Mödling (Niederösterreich). S., Sohn eines nach Wien übersiedelten Wechselmaklers und Bankiers, durchlief eine Handelsausbildung und eröffnete 1841 das Handlungshaus M. Schnapper. 1850 erhielt er die österr. Staatsbürgerschaft und übernahm 1851 die Wechselstube von Franz Schnaup, die er seit 1852 gemeinsam mit seinem Bruder Moritz S. betrieb. Als Gründer und Präsident der Wiener Effektenassozietät hatte er großen Einfluß auf den Wertpapierhandel in Österreich. S. wurde vom kaiserlichen Hof sowie von der Staatsverwaltung mit der Abwicklung von Geldgeschäften (u.a. Situierung von Staatsanleihen) betraut. Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 gründete er eine Stiftung für invalide Soldaten. S., der 1865 nobilitiert wurde, erwarb das Gut Tajkowitz in Mähren. •P
ÖBL
Schnappinger, Bonifaz Martin, auch Bonifacius S., kath. Theologe, * 5 . 1 0 . 1 7 6 2 N e u b u r g / D o n a u , t 6 . 1 2 . 1832 Freiburg/Breisgau. S. trat 1782 in den Karmeliterorden ein, empfing 1785 die Priesterweihe und wurde im selben Jahr Lektor im Karmeliterkloster Würzburg. Seit 1792 war er Prof. der Dogmatik und Exegese an der Univ. Heidelberg, seit 1807 Prof. der Dogmatik an der Univ. Freiburg/Breisgau. 1821 wurde S. zum Pfarrer in Bräunlingen ernannt, lebte aber weiterhin in Freiburg. Er verfaßte eine Übersetzung des Neuen Testaments, die 1797-99 erstmals erschien und mehrfach aufgelegt wurde. Zu seinen Werken gehören mehrere Abhandlungen zur Dogmatik und Dogmengeschichte (u. a. Entwurf der Religions- und Dogmengeschichte, 1807). CD A D B Schnarf, Karl, österr. Botaniker, * 12. 12.1879 Wien, t 18.6. 1947 Wien. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1898 in Wien Medizin und seit 1900 Naturwissenschaften, insbesondere Botanik, an der Univ. Wien, w o Richard —> Wettstein zu seinen Lehrern gehörte. 1904 legte er das Lehramtsexamen für Naturgeschichte, Mathematik und Physik ab und wurde promoviert. Seit 1904 Supplent am Staatsgymnasium WienMariahilf, war S. seit 1906 Lehrer am Staatsgymnasium
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Schnarrenberger Iglau, bis er 1912 an d a s S t a a t s g y m n a s i u m W i e n - M a r i a h i l f z u r ü c k k e h r t e . 1923 habilitierte er sich in W i e n f ü r system a t i s c h e B o t a n i k . 1931 z u m tit. a.o. Prof. und 1939 z u m a. o . P r o f . e r n a n n t , leitete er seit 1946 d a s P f l a n z e n p h y s i o l o g i s c h e Institut der U n i v . W i e n . S. leistete b a h n b r e c h e n d e F o r s c h u n g s b e i t r ä g e auf d e m Gebiet der E m b r y o l o g i e der P f l a n z e n , d e r P f l a n z e n a n a t o m i e und S y s t e m a t i k . Z u seinen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n g e h ö r e n Embryologie der Angiospermen (= Handbuch der Pflanzenanatomie, B d . 10.2, 1929), Vergleichende Embryologie der Angiospermen (1931), Anatomie der Gymnospermen-Samen (= Handbuch der Pflanzenanatomie, B d . 10.1, 1937) und Vergleichende Cytologie des Geschlechtsapparates der Kormophyten (\94l). CD O B L
c h e T h e o l o g i s c h e S e m i n a r . A l s B a c c a l a u r e u s brach er seine geistliche A u s b i l d u n g ab u n d ging 1776 z u m J u r a s t u d i u m nach G i e ß e n , w o er 1780 z u m D o k t o r b e i d e r R e c h t e p r o m o viert w u r d e und 1783 e i n e a . o . P r o f e s s u r erhielt. 1784 ging er als o . P r o f . n a c h H e l m s t e d t , 1785 nach J e n a . S. w a r erster a k a d e m i s c h e r Rat b e i m dortigen O b e r a p p e l l a t i o n s g e r i c h t und w u r d e z u m G e h e i m e n Justizrat e r n a n n t . Zu den S c h w e r p u n k t e n seiner F o r s c h u n g gehörten Staats- u n d L e h n s r e c h t s o w i e kath. und e v a n g . K i r c h e n r e c h t ( u . a . Über Kirche und Kirchengewalt in Ansehung des kirchlichen öffentlichen Religionsbegriffes nach natürlichem und protestantischem Kirchenrecht, 1789; Erläuterung des in Deutschland üblichen Lehnrechts, 1784 3 1 7 9 9 ; 2 F o r t s e t z u n g e n , 1786-88, 2 1794/95). CD A D B
Schnarrenberger,
Wilhelm (Theodor), Maler, G r a p h i k e r , * 3 0 . 6 . 1892 B u c h e n / O d e n w a l d , t 1 4 . 4 . 1 9 6 6 Karlsruhe. S., S o h n eines G y m n a s i a l p r o f e s s o r s , b e s u c h t e d i e K u n s t g e w e r b e s c h u l e in M ü n c h e n , w o Fritz H e l m u t h —>Ehmcke zu seinen L e h r e r n gehörte. Von 1920 bis zu seiner E n t l a s s u n g durch d i e Nationalsozialisten w a r er Prof. an der L a n d e s k u n s t s c h u l e in Karlsruhe. 1 9 3 4 / 3 5 hielt er sich als Studiengast der D e u t s c h e n A k a d e m i e in R o m auf und lebte 1938-47 in L e n z k i r c h . 1947 kehrte er als P r o f . an die K a r l s r u h e r A k a d e m i e z u r ü c k . S. w a r als L a n d s c h a f t s m a l e r , G r a p h i k e r und Illustrator tätig. Z u seinen Werken gehört u. a. das M a p p e n werk Die Jungfrau als Ritter (1925). CD B W B , B d 3
Schnars-Alquist,
(Carl W i l h e l m ) H u g o , M a l e r , * 2 9 . 1 0 . 1 8 5 5 Hamburg, f 2 0 . 8 . 1 9 3 9 Hamburg. D e r S o h n einer H a m b u r g e r K a u f m a n n s f a m i l i e betätigte sich z u n ä c h s t selbst als K a u f m a n n und w a r 1886-89 M e i s t e r schüler von H a n s —>Gude in Berlin. A n s c h l i e ß e n d untern a h m er e i n e erste Weltreise. 1 8 8 8 / 8 9 reiste S. als Delegierter der A l l g e m e i n e n D e u t s c h e n K u n s t g e n o s s e n s c h a f t zur Weltausstellung n a c h M e l b o u r n e und 1 8 9 2 / 9 3 als Stellvertreter des R e i c h s k o m m i s s a r s zur Internationalen A u s s t e l l u n g nach C h i c a g o . N a c h seiner R ü c k k e h r e r ö f f n e t e S., der 1896 z u m Prof. e r n a n n t w u r d e , e i n e Atelier in Berlin; 1898 übersiedelte er n a c h H a m b u r g . S t u d i e n r e i s e n f ü h r t e n ihn u. a. in die U S A , nach W e s t i n d i e n , A f r i k a , Australien, N e u s e e l a n d , Mittel- und S ü d a m e r i k a , C h i l e u n d C e y l o n . S. m a l t e f a s t ausschließlich M e e r e s b i l d e r und S z e n e n aus der S e e f a h r t ( u . a . Nach dem Taifun). E r w a r M i t g l i e d der G e o g r a p h i s c h e n G e sellschaft in H a m b u r g u n d k o r r e s p o n d i e r e n d e s M i t g l i e d d e s Instituts f ü r M e e r e s k u n d e der U n i v . Berlin. DP T h - B
Schnath,
G e o r g , Archivar, Historiker, * 6 . 1 1 . 1 8 9 8 H a n n o v e r , f 27. 1 0 . 1 9 8 9 H a n n o v e r . S. studierte in M a r b u r g und G ö t t i n g e n G e s c h i c h t e , G e r m a nistik, G e o g r a p h i e u n d Latein und w u r d e 1922 in G ö t t i n g e n p r o m o v i e r t . Seit 1922 im preuß. A r c h i v d i e n s t , seit 1928 im Staatsarchiv H a n n o v e r , w u r d e er 1938 dessen Direktor. Seit 1942 lehrte S. als H o n o r a r p r o f e s s o r an der U n i v . G ö t t i n g e n , 1959-67 als o. Prof. der mittleren u n d n e u e r e n G e s c h i c h t e sow i e der n i e d e r s ä c h s i s c h e n L a n d e s g e s c h i c h t e . Er publizierte zahlreiche Studien zur G e s c h i c h t e N i e d e r s a c h s e n s (u. a. Geschichte Hannovers im Zeitalter der neunten Kur und der englischen Sukzession 1674-1717, 4 B d e . , 1938-89) und g a b das „ N i e d e r s ä c h s i s c h e J a h r b u c h f ü r L a n d e s g e s c h i c h t e " heraus. 1938 ü b e r n a h m S. d e n Vorsitz der H i s t o r i s c h e n K o m mission f ü r N i e d e r s a c h s e n und 1949 a u c h den d e s Historischen Vereins f ü r N i e d e r s a c h s e n . 1938 w u r d e er korres p o n d i e r e n d e s M i t g l i e d d e r A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n in G ö t t i n g e n . CD W e b e r S c h n a u b e r t , A n d r e a s J o s e p h , Jurist, * 30. 11. 1750 B i n g e n / R h e i n , t 1 0 . 7 . 1825 Jena. S. studierte seit 1765 in M a i n z P h i l o s o p h i e und G e s c h i c h t e und b e s u c h t e , f ü r den geistlichen S t a n d b e s t i m m t , nach d e m E r w e r b des G r a d e s eines M a g i s t e r s ( 1 7 6 7 ) d a s kurfürstli-
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S c h n a u d i g e l , Otto (Franz August), Ophthalmologe, * 1 6 . 1 1 . 1869 S p e y e r , t 6 . 1 0 . 1 9 4 5 H a h n / O d e n w a l d . S., S o h n eines Sattlermeisters, studierte seit 1889 M e d i zin in Heidelberg, R o s t o c k und M ü n c h e n , w u r d e 1894 prom o v i e r t (Meta-jod-orthooxychinolin-ana-sulfonsäure [Loretin]. Ein neues Antiseptikum), hielt sich 1 8 9 4 / 9 5 in Paris auf und w a r 1 8 9 5 / 9 6 Assistenzarzt an der A u g e n k l i nik des V i n z e n z i u s k r a n k e n h a u s e s in Karlsruhe. 1898 ließ er sich als A u g e n a r z t in F r a n k f u r t n i e d e r und w u r d e 1910 Direktor der S t ä d t i s c h e n A u g e n k l i n i k , 1914 o. Prof. und Leiter der U n i v e r s i t ä t s - A u g e n k l i n i k . S. b e k ä m p f t e den G r ü n e n Star und d i e „ Ä g y p t i s c h e A u g e n k r a n k h e i t " , n a h m f r ü h H o r n h a u t v e r p f l a n z u n g e n v o r und hatte in Z u s a m m e n a r b e i t mit Paul —> E h r l i c h m i t c h e m o t h e r a p e u t i s c h e n M i t t e l n Heilerf o l g e bei t u b e r k u l ö s e n und luetischen A u g e n k r a n k h e i t e n . N a c h der E m e r i t i e r u n g 1935 f ü h r t e S. seine Privatpraxis weiter. S. war M i t g l i e d der S e n c k e n b e r g i s c h e n N a t u r f o r s c h e n d e n G e s e l l s c h a f t , 1913 M i t b e g r ü n d e r d e r Vereinigung H e s s e n - N a s s a u i s c h e r A u g e n ä r z t e u n d seit 1919 M i t h e r a u s g e b e r der „ K l i n i s c h e n M o n a t s b l ä t t e r " . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Die Sehorgane der Wirbeltiere (1903). CD Frankf B i o g r
Schnauffer,
Karl H e i n r i c h , Publizist, Schriftsteller, * 4 . 7 . 1823 H e i m s h e i m ( W ü r t t e m b e r g ) , t 4 . 9 . 1 8 5 4 Baltimore (USA). N a c h einer K a u f m a n n s l e h r e und e i n e m a b g e b r o c h e n e n Stud i u m in H e i d e l b e r g w u r d e R. M i t a r b e i t e r d e r „ A b e n d Z e i t u n g " in M a n n h e i m u n d des von Friedrich —> H e c k e r hera u s g e g e b e n e n „ V o l k s f r e u n d " . I m Z u g e der R e v o l u t i o n von 1848 n a h m er als A n h ä n g e r d e r T r u p p e n b e w e g u n g an e i n e m G e f e c h t in F r e i b u r g / B r e i s g a u teil, flüchtete in die S c h w e i z , kehrte 1849 z u r ü c k und m u ß t e a b e r m a l s fliehen. 1850 von der S c h w e i z e r B u n d e s r e g i e r u n g n a c h F r a n k r e i c h a b g e s c h o ben, e m i g r i e r t e er 1851 nach B a l t i m o r e , w o er die deutschsprachige republikanische Tageszeitung „Baltimore Wecker" g r ü n d e t e . S. trat auch als D r a m a t i k e r und Lyriker h e r v o r ( u . a . Neue Lieder für das teutsche Volk, 1847). CD D L L S c h n a u f f e r , Kurt, I n g e n i e u r , * 4 . 6 . 1899 Waltershausen (Thüringen), f 4 . 1 . 1 9 8 1 München. D e r S o h n eines B u c h h a l t e r s b e s u c h t e nach S c h l o s s e r l e h r e und K r i e g s d i e n s t ( 1 9 1 7 / 1 8 ) das P o l y t e c h n i s c h e Institut in A r n s t a d t und w a r 1921-23 als M a s c h i n e n i n g e n i e u r in Berlin tätig. D a s a n s c h l i e ß e n d e S t u d i u m des M a s c h i n e n b a u s Schloß S. 1931 mit der P r o m o t i o n a b (Verbrennungsgeschwindigkeiten von Benzin-Benzol-Luftgemischen in raschlaufenden Zündermotoren). B i s 1935 w a r er V e r s u c h s i n g e n i e u r bei W u nibald —»Kamm in der M o t o r e n a b t e i l u n g d e r D e u t s c h e n Versuchsanstalt f ü r L u f t f a h r t in B e r l i n - A d l e r s h o f , f o l g t e 1936 e i n e m R u f als o. Prof. f ü r F l u g m o t o r e n - und T r i e b w e r k s l e h r e an d i e T H M ü n c h e n und w a r dort 1943 Direktor des Forschungsinstituts f ü r F l u g - und K r a f t m o t o r e n . S. e n t w i c k e l t e u. a. e i n e M e ß m e t h o d e zur Indizierung schnell l a u f e n d e r M o toren s o w i e d a s S c h n a u f f e r s c h e I o n i s a t i o n s v e r f a h r e n . N a c h der T e i l n a h m e a m Z w e i t e n Weltkrieg als Pilot der L u f t w a f f e seines A m t e s e n t h o b e n , w i r k t e er als selbständiger
Schnee Ingenieur u . a . am Bau der Flughäfen Kopenhagen (1973) und M ü n c h e n (1974-79) mit. Ferner befaßte er sich mit der Dokumentation der Geschichte des Verbrennungsmotorbaus (63 Bde. im Nachlaß, im Deutschen M u s e u m , München). c a NDB
Schneck,
(Gustav) Adolf (Friedrich), Architekt, * 7 . 6 . 1883 E s s l i n g e n / N e c k a r , t 2 7 . 3 . 1 9 7 1 Fellbach. S. studierte 1907-17 Möbelbau an der Kunstgewerbeschule in Stuttgart bei Bernhard —»Pankok und war 1921 dessen Assistent; 1922-24 leitete er die dortige Abteilung für Innenarchitektur und Möbelbau. 1912-18 durchlief er zudem ein Architekturstudium an der T H Stuttgart bei Paul —> Bonatz. S. schuf u. a. die Einrichtungen der Ausstellungen „Die F o r m " in Stuttgart 1924 und der Internationalen Kunstausstellung in M o n z a 1925. Zu seinen bedeutendsten Werken gehören die Musterhäuser (1927) f ü r die Weißenhofsiedlung in Stuttgart sowie Möbelentwürfe. Nach 1933 paßte sich S. einer konservativ-nationalistischen Architekturauffassung an. Im Auftrag des türkischen Unterrichtsministeriums baute er die erste türkische Hochschule f ü r angewandte Kunst in Istanbul auf, die 1957 eröffnet wurde. S. veröffentlichte u. a. Das Möbel als Gebrauchsgegenstand (1928), Der Stuhl (1928), Fenster aus Holz und Metall (1932) und Türen aus Holz und Metall (1933). DP Vollmer
Geschäftsreise nach England und Frankreich. Seit 1841 lebte er in Burgdorf, wo er Teilhaber einer Erzgießerei war. S. schrieb patriotische Lyrik, u. a. das Gedicht Die Wacht am Rhein, das, zur Zeit der Rheinkrise 1840 entstanden, 1854 von Karl - » Wilhelm vertont und als Kriegshymne der deutschen Truppen im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 bekannt wurde. 1870 gab Karl —»Gerok S.s Gedichte unter dem Titel Deutsche Lieder heraus. CD N D B S c h n e e , (Karl) Emil, Mediziner, Kurarzt, Baineologe, * 5 . 5 . 1 8 3 6 Popen bei Mitau, t 2 6 . 1 . 1906 F r a n k f u r t / Main. S., Sohn eines Gutsbesitzers, studierte Medizin in Zürich und wurde 1860 zum Dr. med. et chir. promoviert (Zwei Fälle als Beitrag zur Kenntnis der Reflexepilepsie mit mikroskopischer Untersuchung der erregenden Nervenparthie). 1863 in Prag erneut zum Dr. med. promoviert, ließ er sich als Arzt in Karlsbad nieder. S., der sich u . a . der Erforschung der Zuckerkrankheit widmete, wurde insbesondere durch seine Trink- und Badekuren bekannt. Er entwickelte um 1896 das „Elektrische Vier-Zellen-Bad", mit dessen Hilfe er die Heilwirkung des Karlsbader Wassers und der Elektrotherapie kombinierte (Meine Erfahrungen mit dem „Elektrischen Vier-Zellen-Bad"). Zu seinen Veröffentlichungen gehört Die Zuckerharnruhr, ihre Ursache und dauernde Heilung (1888, 2 1890, engl. 1889, frz. 1890). CD Ö B L
Schneckenburger,
Erhard, Pädagoge, Beamter, * 15.11. 1894 Stuttgart, t 2 7 . 6 . 1 9 5 9 Stuttgart. S., Sohn eines Handwerkers, besuchte das Lehrerseminar in Backnang und wurde nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1919 Lehrer in Neuenhaus bei Nürtingen, später in Stuttgart-Botnang. S., der 1919 zunächst in die K P D , dann in die S P D eintrat, beteiligte sich an der Gründung der Deutschen Kinderfreundebewegung und baute das erste süddeutsche Ferienzeltlager am Bodensee mit auf. 1 9 3 2 / 3 3 gehörte er dem Württembergischen Landtag an. 1933 entlassen, war er bis 1945 als kaufmännischer Angestellter tätig. Nach dem Zweiten Weltkrieg im Kultusministerium von WürttembergBaden mit der Leitung der Abteilung f ü r die Volks-, Mittelund Sonderschulen betraut, wurde er 1951 Ministerialdirektor und 1959 Ministerialdirigent. 1946 war S. Mitglied der Verfassunggebenden Landesversammlung für WürttembergBaden, 1946-50 des Landtags von Württemberg-Baden. • D Raberg
Schneckenburger,
Matthias, evang. Theologe, * 17.1. 1804 Talheim bei Tuttlingen, t 3 . 6 . 1848 Bern. S., Sohn eines Landwirts und K a u f m a n n s und Bruder von M a x —>S., besuchte das niedere Seminar in Bad Urach, studierte an den Universitäten Tübingen und Berlin, wurde 1827 Repetent am Tübinger Stift und erhielt 1831 eine Pfarrstelle in Herrenberg. 1834 folgte er einem Ruf an die Berner Akademie, an der er nach deren Erhebung zur Univ. zum Prof. der systematischen Theologie ernannt wurde. S. lehrte auch Kirchengeschichte und Neues Testament. Zu seinen Forschungsgebieten gehörten die neutestamentliche Zeitgeschichte und die vergleichende Konfessionsgeschichte und -künde des Protestantismus. Er griff in die Auseinandersetzung um die Kirchenpolitik —»Friedrich Wilhelms IV. ein und nahm mehrfach gegen den Plan eines anglo-preußischen Bistums in Jerusalem Stellung. S. schrieb u . a . Zur kirchlichen Christologie (1848, 2 1861). Sein Hauptwerk ist die Vergleichende Darstellung des lutherischen und reformirten Lehrbegriffs (postum hrsg. von Eduard Güder, 2 Bde., 1855). CD B B K L
Schneckenburger,
Max, K a u f m a n n , Lyriker, * 17.2. 1819 Talheim bei Tuttlingen, t 3 . 5 . 1849 Burgdorf bei Bern. S., Bruder von Matthias - > S „ durchlief seit 1833 eine kaufmännische Lehre in Bern und unternahm 1838 eine
S c h n e e , Gotthilf Heinrich, evang. Theologe, landwirtschaftlicher Schriftsteller, * 6 . 8 . 1761 Siersleben bei Mansfeld, t 12. 1. 1830 Schartau bei Magdeburg. S., Sohn eines Gutsbesitzers und Gastwirts, studierte in Halle (1778-80) und Leipzig ( 1 7 8 0 / 8 1 ) Theologie und arbeitete nach dem Pfarrerexamen als Hauslehrer. 1790 erhielt er die Pfarrei in Groß-Oerner bei Mansfeld, 1809 die in Schartau, Niegripp und Heinrichsberg bei Magdeburg. Schriftstellerisch trat S. zunächst mit Gedichten sowie mit drei Romanen hervor, die 1782 in der zweibändigen Ausgabe Neue Original-Romane der Deutschen erschienen. Später setzte er sich für landwirtschaftliche R e f o r m e n ein, wurde Ehrenmitglied verschiedener landwirtschaftlicher Vereine und veröffentlichte erfolgreiche Fachbücher, u. a. Lehrbuch des Ackerbaues und der Viehzucht für Landschulen ( 1 8 1 5 , 2 1 8 2 1 , 3 1 8 3 8 ) , Der angehende Pächter ( 1 8 1 7 / 1 8 9 2 ) und Allgemeines Handbuch für Land- und Hauswirtschaft in alphabetischer Ordnung, oder naturhistorisch-ökonomischtechnologisches Handwörterbuch für Land- und Hauswirthe (1819; Neuausg. unter d e m Titel Enzyklopädie der Landwirtschaft, 1860). Bis 1829 gab S. ferner die „Landwirtschaftliche Zeitung" in Halle heraus. CD N D B S c h n e e , Heinrich (Albert Hermann), Kolonialpolitiker, * 4 . 2 . 1 8 7 1 Neuhaidensieben, t 2 3 . 6 . 1 9 4 9 Berlin. Der Sohn eines Kreisgerichtsrats Schloß das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Heidelberg, Kiel und Berlin 1893 mit der Promotion zum Dr. j u r ab. und studierte dann Kolonialwissenschaften und Suaheli am Orientalischen Seminar in Berlin. 1897 trat er in die Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes ein und wurde 1898 Richter und stellvertretender Gouverneur in Deutsch-Neu-Guinea, 1900 Bezirksamtmann und 1902 stellvertretender Gouverneur in Samoa. 1904 in die Kolonialabteilung zurückberufen und 1905 nach London entsandt, wirkte er seit 1906 im Reichskolonialamt in Berlin. 1912 zum Gouverneur von DeutschOstafrika ernannt, gelang es ihm mit Paul von - » L e t t o w Vorbeck, die deutsche Kolonialherrschaft während des Ersten Weltkriegs aufrechtzuerhalten. 1924-32 war S. Abgeordneter der Deutschen Volkspartei im Reichstag; nach seinem Beitritt zur N S D A P gehörte er 1933-45 erneut d e m Reichtag an. Als Präsident der Deutschen Kolonialgesellschaft (1930-36) setzte er sich für die Rückgabe der Kolonien ein (Die koloniale Schuldlüge, 1924, , 2 1940). Zu seinen
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Schnee weiteren Veröffentlichungen zählen Bilder aus der Südsee. Unter den kannibalischen Stämmen des Bismarck-Archipels (1904), Deutsch-Ostafrika (1919) und Deutsches Koloniallexikon (3 Bde., 1920, Nachdr. 1996). 1964 erschienen seine Erinnerungen Als letzter Gouverneur in Deutsch-Ostfarika. S. starb an den Folgen eines Autounfalls. DP N D B S c h n e e , Heinrich, Historiker, Lehrer, * 7 . 1 2 . 1895 Reisen bei Lissa, t 11. 1.1968 Bonn. S. studierte in Posen, Breslau, Münster, Cambridge, Paris und Bonn Philosophie, Geschichte, Germanistik, neuere Sprachen, öffentliches Recht und Staatswissenschaften. 1923 wurde er in Breslau mit einer historischen Arbeit promoviert. S. war fast vierzig Jahre lang im Schuldienst in Preußen und Nordrhein-Westfalen tätig, zuletzt als Oberstudienrat und stellvertretender Gymnasialdirektor. Nebenberuflich widmete er sich d e m Journalismus, trat als Theaterkritiker hervor und engagierte sich als Volkshochschuldozent in der Erwachsenenbildung. S. publizierte zahlreiche Abhandlungen zur Geschichte, Literatur und Pädagogik, u. a. Die Hoffinanz und der moderne Staat. Geschichte und System der Hoffaktoren an deutschen Fürstenhöfen im Zeitalter des Absolutismus (6 Bde., 1953-62). Er war Mitarbeiter des Pädagogischen Lexikons (seit 1952), der Neuen Deutschen Biographie (seit 1953) und des Handbuchs der Deutschen Geschichte (seit 1956). CD Munzinger S c h n e e , Walter, Mathematiker, * 8 . 8 . 1 8 8 5 Rawitsch (Prov. Posen), t 1 0 . 6 . 1 9 5 8 Leipzig. S. studierte Mathematik an der Univ. Berlin, wurde 1908 mit der Arbeit Über irregulaere Potenzreihen und Dirichletsche Reihen promoviert und habilitierte sich 1909 mit der Studie Über Mittelwertformeln in der Theorie der Dirichletschen Reihen. 1909 war er Lehrer an einem Berliner G y m n a s i u m , dann bis 1916 Privatdozent und 1 9 1 6 / 1 7 a. o . P r o f . an der Univ. Breslau, 1910-13 auch Assistent an der T H Breslau. 1917-54 wirkte er als a . o . P r o f . an der Univ. Leipzig. Seine Arbeitsgebiete waren vor allem die Reihenlehre und die analytische Zahlentheorie. Es gelangen ihm fundamentale Entdeckungen wie der Identitätsnachweis des Cesäroschen und Hölderschen Grenzwerts bei Limitierungsverfahren divergenter Reihen. Seine jahrelangen Versuche zum Beweis der Riemannschen Vermutung blieben allerdings erfolglos. S. veröffentlichte u. a. Über magische Quadrate und lineare Gitterpunktprobleme (1951).
Schneeberger,
Franz Julius, Pseud. Arthur Storch, österr. Schriftsteller, Ingenieur, * 7 . 9 . 1827 Wien, t 2 5 . 7 . 1 8 9 2 Graz. S., Sohn eines Offiziers, begann das Studium der Philosophie an der Univ. Wien und besuchte 1 8 4 7 / 4 8 das Polytechnische Institut. Während der Revolution 1848 engagierte er sich u . a . als Herausgeber der „Deutschen Debatten-Zeitung". 1850 amnestiert, arbeitete er im Dienst der k. k. TelegraphenAnstalt zunächst in Italien und seit 1854 in Dalmatien, zuletzt als dirigierender Telegrapheningenieur. 1860 wechselte er zum Telegraphendienst der Südbahngesellschaft, für die er bis 1866 in Ungarn und Nordtirol wirkte. Anschließend ließ sich S. als freier Schriftsteller in Wien nieder. Seine illustrierten „Lehrromane", erschienen in Lieferungen und erreichten hohe Auflagen (u. a. Die Katakomben von Wien, 4 Bde., 1870). Seit 1868 Mitglied der Freimaurerloge „Zur Einigkeit im Vaterlande" in Pest, initiierte S. 1869 in Wien die Gründung des freimaurerischen Vereins „Humanitas" zur U m g e h u n g der behördlichen Ablehnung. Später war er Meister vom Stuhl verschiedener Logen. 1873-75 redigierte er die 1871 von ihm begründete Zeitschrift „Der Zirkel". CD Ö B L
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Schneeberger,
Hans, österr. Kameramann, Sportler, * 7 . 6 . 1 8 9 5 Brandberg (Tirol), t 1971 Aßling (Oberbayern). S. studierte an der T H München Architektur. 1922 war er österr. Skimeister. Seine Laufbahn als Kameramann begann er bei der Berg- und Sportfilmgesellschaft und wurde dann zweiter Kameramann bei der Ufa. S. drehte fast sämtliche —»Wessely-Filme bei der Wien-Filmgesellschaft und war u. a. in Afrika, Grönland, Großbritannien und Indien tätig. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er mit den Regisseuren Geza von —>Cziffra, Gustav —>Ucicky und Eduard von —>Borsody und drehte den ersten Film der WesselyProduktion. S. führte insgesamt bei annährend 100 Filmen (u.a. Bei Dir war es immer so schön, 1954) die Kamera.
Schneeberger,
Konrad, österr. Braumeister, Unternehmer, Verbandsfunktionär, * 2 7 . 9 . 1 8 6 6 Wien, t 2 9 . 4 . 1936 Wien. S. besuchte die Brauakademie Weihenstephan (Oberbayern) und betätigte sich anschließend als Braumeister. 1892 wurde er Teilhaber der Brauerei in Mürzzuschlag (Steiermark) und 1900 Direktor der Hütteldorfer Bierbrauerei A G (Wien). 1926 übernahm er als Generaldirektor die Leitung der Vereinigten Brauereien Schwechat, St. Marx, Simmering (Dreher, Mautner, Meichl AG) in Wien. Unter S. wurden die vorhandenen Betriebe modernisiert und neue Unternehmen angegliedert, u . a . 1927 die Hütteldorfer Bierbrauerei A G und 1928 die Brauerei Jedlesee Rudolf Dengler A G . 1935 erfolgte die Fusionierung mit der Mautner-Markhofschen Brauerei in Wien-Floridsdorf. S. war Präsident des Österreichischen Brauerbundes und gehörte dem Vorstand des Wiener Industriellen-Verbandes und des Hauptverbandes der Industrie an. CD Ö B L
Schneegans, (Karl) August, Pseud. S. Bruiere, Alsaticus, Journalist, * 8 . 3 . 1 8 3 5 Straßburg (Elsaß), t 1.3. 1898 Genua. S., Sohn eines Kurzwarenhändlers, studierte Philosophie und Literatur in Straßburg, war 1 8 5 7 / 5 8 Sekretär und Übersetzer in Galatz und wandte sich dann d e m Journalismus zu. In Straßburg, Bern und Lyon tätig, kehrte S., der seit 1871 der französischen Nationalversammlung angehörte, 1873 nach Straßburg zurück und wurde Chefredakteur des „Elsässer Journals". 1877-80 setzte er sich als Mitglied des Reichstags für die E i n f ü h r u n g einer autonomen Regierung in ElsaßLothringen ein. 1880 wurde er Konsul in Messina, 1887 in Genua. S. publizierte historisch-politische Schriften Uber das Elsaß, Novellen und den R o m a n Kallia Kypris (1893). Seine Memoiren wurden postum 1904 von seinem Sohn Heinrich —>S. herausgegeben. CD N D B Schneegans,
Heinrich (Alfred), Romanist, * 1 1 . 9 . 1 8 6 3 Straßburg, t 6. 10.1914 Bonn. S., Sohn von August —>S., Schloß das Studium der neueren Sprachen in Straßburg und Bonn 1888 mit der Promotion ab (Laute und Lautentwicklung des sicilianischen Dialektes) und war 1888-90 wissenschaftlicher Hilfslehrer am protestantischen G y m n a s i u m in Straßburg. 1890 wurde er Lektor f ü r italienische Sprache und 1892 Privatdozent für Romanische Philologie an der Univ. Straßburg. 1897 zum a. o. Prof. ernannt, folgte S. 1898 einem Ruf nach Erlangen und übernahm 1900 den neugeschaffenen Lehrstuhl für Romanistik in Würzburg. Seit 1909 lehrte er in Bonn, bis er 1913 aus gesundheitlichen Gründen beurlaubt wurde. S., der als herausragender Kenner süditalienischer und sizilianischer Mundarten galt, war Vizepräsident der Societe des Etudes Rabelaisiennes in Paris. Er veröffentlichte u. a. Geschichte der grotesken Satire (1894), Moliere (1902) und Studium und Unterricht der romanischen Philologie (1912). CD L e b Franken, Bd 2
Schnegg Schneegans,
Ludwig, Schriftsteller, * 16.12.1842 Straßburg, f 12.8. 1922 Wien. Der Sohn des Juristen und Straßburger Stadtarchivars Ludwig S. studierte in seiner Heimatstadt sowie in Jena (1862) und Berlin ( 1 8 6 2 / 6 3 ) Literatur. Nach dem Staatsexamen in Paris arbeitete er als Deutschlehrer in Le Mans und Rennes. 1865 ging S. nach München, wo er Paul - » H e y s e kennenlernte, und 1867 nach Wien, wo er von Gelegenheitsdichtungen, Übersetzungen und Französischunterricht lebte. 1870 wurde er Hofdichter bei König —»Ludwig II. in München. S. übersetzte und bearbeitete vor allem französische Klassiker für den König und schrieb Stücke f ü r die Hofbühne. Er war Mitglied der Münchner Dichtergesellschaft „Bund der Krokodile". 1884 ging S. nach Roschach (Schweiz); seit 1888 lebte er als freier Schriftsteller und Übersetzer in Wien. Die meisten Werke des Dramatikers und Lyrikers blieben ungedruckt, so auch die Volkstragödie Terror (1910), die S. selbst als sein Hauptwerk bezeichnete. CD Ö B L
Schneegass, Cyriacus, auch Schneegaß, Snegassio, evang. Theologe, Dichter, Musiktheoretiker, Komponist, * 5. 10. 1546 Bufleben, t 2 3 . 1 0 . 1 5 9 7 Friedrichroda (Thüringen). S. studierte seit 1565 Theologie an der Univ. Jena und wurde 1568 zum Magister promoviert. Seit 1568 oder 1569 war er Pfarrer in Tambach, seit 1573 in Friedrichroda und Adjunkt der Superintendentur Weimar. S. trat sowohl als Musiktheoretiker als auch als Komponist hervor. Besonders seine Schrift Nova et exquisita monochordi dimensio (1590) erregte unter musikalischen Mathematikern Aufsehen. Neben weiteren lateinischen Theoriewerken verfaßte er ein deutschsprachiges Elementarbuch der Musiklehre. Von seinen Kompositionen sind Gemeindelieder (u. a. In dir ist Freude in allem Leide), Gradualien, Psalmen sowie Weihnachts- und Neujahrsmotetten erhalten. CD M G G
sichere Heilung der Scharlachkrankheit, durch eine neue, völlig gefahrlose Heilmethode (1848). S. starb an Tuberkulose. CD Ärzte 1
Schneemelcher,
Wilhelm (Viktor Gustav Adolf), evang. Theologe, Kirchenhistoriker, * 2 1 . 8 . 1914 Berlin, t 6 . 8 . 2 0 0 3 Bad Honnef. S., Sohn eines Pfarrers, studierte 1933-38 in Berlin evang. Theologie, wurde 1938 zum Lie. theol. promoviert und durchlief 1939-41 eine Buchhändlerlehre. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg seit 1942 war er 1947-49 als Pastor tätig und habilitierte sich 1949 an der Univ. Göttingen (Urkunden zur Geschichte des arianischen Streites von der Inthronisation des Athanasius bis zum Tode Konstantins). Dort lehrte er zunächst als Privatdozent, später als apl. Prof. und wechselte 1954 als a. o.Prof. an die Univ. Bonn. Seit 1956 hatte S. dort eine o. Professur f ü r Kirchengeschichte und Neues Testament inne, 1967/68 war er Rektor der Universität. Zu seinen wissenschaftlichen Schwerpunkten zählten Alte Kirchengeschichte, Patristik und die Frage nach der frühen Entwicklung des Christentums innerhalb seines kulturellen und geistigen Umfeldes. S. veröffentlichte u.a. Das Urchristentum (1981), gab Ne utestamentliche Apokryphen in deutscher Übersetzung (begründet durch Edgar Hennecke, 1865-1951, 2 1959) heraus und war Mitherausgeber des Evangelischen Staatslexikons (1966, 2 1975) und der „Zeitschrift für Kirchengeschichte" (seit 1956). S. war 1957-63 Präsident des Fakultätentags der Evangelisch-Theologischen Fakultäten in Deutschland, Vorsitzender der Theologentage 1958 und 1960 und Mitbegründer des Evangelischen Theologenkongresses (Wien 1963). Seit 1973 gehörte er der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften an, deren Präsident er 1982-85 war. CD N D B
Schneevogel, Paul
Niavis, Paul
Schneeweiß, Schneemann,
Gerhard, Jesuit, Theologe, Philosoph, Publizist, * 12.2. 1829 Wesel, t 2 0 . 1 1 . 1885 Kerkrade (Niederlande). S. studierte Rechtswissenschaften und Theologie in Bonn und trat 1849 in das Priesterseminar in Münster ein. 1850 zum Diakon geweiht, setzte er seine Studien am Collegium Germanicum in R o m fort und trat 1851 in die Gesellschaft Jesu ein. Nach der Priesterweihe 1856 wirkte er als Seelsorger in Köln, übernahm 1858 eine Lehrstelle für Philosophie in Bonn und Aachen und lehrte 1863-69 als Prof. der Kirchengeschichte und des Kirchenrechts in Maria Laach, wo er auch als Bibliothekar tätig war. S. gab zusammen mit Florian —»Rieß zwei Schriftenreihen heraus, aus denen die Zeitschrift „Stimmen aus Maria-Laach" hervorging, die S. seit 1879 mitherausgab. Durch den Kulturkampf 1872 aus Maria Laach vertrieben, ging er nach Exaten (Niederlande), wo er die Herausgabe der Acta et decreta sacra conciliorum recentiorum. Collectio Lacensis (7 Bde., 1870-90) vollendete. S. schrieb u.a. Der Jesuitenorden (1872, 2 1872) und Die Entstehung der thomistisch-molinistischen Kontroverse (1879). m BBKL
Schneemann,
Karl, Internist, * 4 . 7 . 1 8 1 2 Bamberg, t 7 . 4 . 1850 München. S., Sohn eines Apothekers, studierte in Würzburg und München Medizin, wurde 1836 promoviert (De medorrhoea). Er unternahm Studienreisen durch Deutschland, Frankreich und Italien und wurde 1841 in München zum Privatdozenten ernannt. S. initiierte die Gründung der Münchner Universitäts-Poliklinik (1843), deren Leiter er wurde. Seit 1843 war er a. o., seit 1848 o. Professor. Er veröffentlichte u. a. Tractatus de contagiorum venereorum differentia (1839), Entstehen und Wirken der Poliklinik (1840) und Die
Franz, österr. Radrennfahrer, * 2 8 . 6 . 1 8 7 7 Wien, f 28.2. 1917 Wien. Beruflich arbeitete S. in einer Gemischtwarenhandlung, die ihm sein Vater, ein Gemischtwarenhändler und Wiener Gemeinderat, eingerichtet hatte. Er war Mitglied des Wiener Radklubs „Stahlrad" und trat erstmals 1896 bei einem Bahnrennen in Wien als Radrennfahrer hervor. Nachdem er 1897 die österr. Bergmeisterschaft auf dem Semmering gewonnen hatte, nahm er 1898 an den Weltmeisterschaften in Wien teil. Im selben Jahr wurde er österr. Meister und 1899 niederösterreichischer Meister über 1000 Meter. S. errang 85 Siege, bis er 1900 seine Sportlerkarriere aus gesundheitlichen Gründen beendete. ED Ö B L S c h n e e w e i ß , Martin, österr. Motorradrennfahrer, * 2 6 . 6 . 1907 Wien, t 7. 10. 1947 Graz. S., Sohn eines Radrennfahrers, wurde 1927 österr. Meister im Sandbahnfahren in der 175-ccm-Klasse und 1928 „Landesmeister für Österreich". Er nahm auch an Straßenwettbewerben und Bergrennen teil; internationale Erfolge errang er 1937 und 1939 in München, in Stockholm, Kopenhagen, Hamburg und Zagreb. 1937 gewann er die Europameisterschaft in Prag, die in diesem Jahr erstmals mit 500-ccm-Maschinen ausgetragen wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte er seine Motorsportkarriere fort. Bei einem Rennen auf der Grazer Trabrennbahn verunglückte er tödlich. S., der seine Motorräder zum Teil selbst konstruierte, errang mehr als 200 Siege. CD Ö B L
Schnegg,
Johann, Bildhauer, * 2 7 . 5 . 1724 Imsterberg (Tirol), t 19. 11. 1784 Arzl bei Imst (Tirol). S. erhielt seine künstlerische Ausbildung bei Josef Jais in Imst und Andreas Kölle in Fendels. Auf Wanderschaft kam er um 1745 nach Bayreuth, heiratete dort 1749 die Tochter des Bildhauers Johann Georg Ziegler und übernahm dessen
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Schnehen Werkstätte. 1756 wurde S. Hofbildhauer und Lehrer an der Bayreuther Kunstakademie. 1761-69 stand er in Berlin in den Diensten —> Friedrichs des Großen und kehrte dann nach Tirol zurück. Zu seinen Werken gehören Arbeiten in Stein, Elfenbein und Holz. S. schuf u . a . Kruzifixe und Statuen für die Wallfahrtskirche Gößweinstein (Oberfranken) und f ü r Kirchen in Tirol sowie Statuengruppen für das Potsdamer Neue Palais und das Schloß Sanssouci. m Th-B
ernannt. S., der die „Rundschau auf d e m Gebiete der Tiermedizin" (später „Tiermedizinische Rundschau") herausgab, veröffentlichte u. a. Repertorium der Muskellehre bei den Haussäugetieren (1884), Das tierärztliche Unterrichtswesen Deutschlands (1890, 2 1894), Lehrbuch der vergleichenden Pathologie und Therapie des Menschen und der Tiere (1905) und Die animalischen Nahrungsmittel (1903). CD Arzte 2
Schneider, Schnehen,
Rudolf Frh. von, österr. Schriftsteller, Forstexperte, * 2 . 2 . 1 8 6 8 Aigen (heute zu Salzburg), t 3 0 . 1 . 1932 Graz. Nach d e m Studium der Forstwirtschaft 1 8 8 9 / 9 0 an der Hochschule für Bodenkultur in Wien war S„ Sohn eines Offiziers, Staatsforstbeamter und Hofjagdverwalter, u . a . 1910-14 im Salzburger Blühnbachtal bei Werfen als Oberförster des Erzherzogs —> Franz Ferdinand. Nach dem Ersten Weltkrieg betätigte sich S. als freier Forstexperte und als Schriftsteller in Graz. Von Peter und Hans Ludwig —»Rosegger gefördert, veröffentlichte er Erzählungen, Novellen, Skizzen, Feuilletons und Fortsetzungsromane im „Salzburger Volksblatt", in der „Salzburger C h r o n i k " und im „Heimgarten". Bekannt wurde er insbesondere durch seine historischen Erzählungen und R o m a n e mit Stoffen aus der Salzburger Vergangenheit (u.a. Unter dem Salzburger Krummstab, 1925). CD Ö B L
Schneid,
Mathias, kath. Theologe, Philosoph, * 3 1 . 7 . 1840 Wemding, t 12. 12. 1893 Eichstätt. Nach dem Studium der Theologie und Philosophie am bischöflichen Lyzeum in Eichstätt und dem E m p f a n g der Priesterweihe (1865) war S. 1867-88 Sekretär des Eichstätter Bischofs Franz Leopold von —> Leonrod. 1869 übernahm er zugleich eine Dozentur für Philosophie am Lyzeum, wurde 1871 zum Prof. ernannt und 1875 zum Dr. phil. promoviert. Seit 1885 war S. Rektor des Lyzeums und Seminarregens, seit 1891 auch Domkapitular. In seinem wissenschaftlichen Werk beschäftigte er sich vor allem mit der Scholastik und veröffentlichte u. a. Die scholastische Lehre von Materie und Form und ihre Harmonie mit den Thatsachen der Naturwissenschaft (1873, 2 1877), Aristoteles in der Scholastik. Ein Beitrag zur Geschichte der Philosophie des Mittelalters (1875), Die philosophische Lehre von Zeit und Raum (1886), Naturphilosophie im Geiste des hl. Thomas von Aquin (1890) und Specielle Metaphysik im Geiste des hl. Thomas von Aquin (Bd. 2: Psychologie, Teil 1: Leben der Seele, 1892). m
BBKL
Albert, schweizer. Jurist, * 11. 12. 1836 Riesbach (heute zu Zürich), f 2 1 . 4 . 1904 Zürich. S., Sohn eines Notariatspraktikanten, studierte seit 1855 an den Universitäten Berlin und Zürich Jura, wurde 1858 mit der Dissertation Das konkludente Stillschweigen nach römischem Recht promoviert und hielt sich dann zu Sprachstudien in London und Paris auf. 1860 ließ er sich in Zürich als Anwalt nieder, habilitierte sich im selben Jahr und war Richter am Ober- und Handelsgericht. 1878 übernahm S. eine o. Professur für Römisches Recht an der Univ. Zürich, deren Rektor er 1890-92 war. Er wirkte an der Schaffung kantonaler und eidgenössischer privatrechtlicher Gesetze mit und gehörte für die Liberalen dem Kantonsrat an, d e m er 1890 präsidierte. Als bedeutend gelten seine K o m m e n t a r e zum schweizer. Obligationenrecht und zum zürcherischen privatrechtlichen Gesetzbuch. S. veröffentlichte u . a . Römische Personennamen (1874). Er war der Vater von Ida —>S. m
Schneider,
Alfons (Maria), kath. Theologe, Archäologe, * 16.6. 1896 St. Blasien, t 4. 10. 1952 Aleppo. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1916-18 studierte S., Sohn eines Gendarmen, in Freiburg/Breisgau Theologie, Vergleichende Religionswissenschaft, orientalische Sprachen und Kunstgeschichte, empfing die Priesterweihe und wurde 1926 zum Dr. theol. promoviert. Seit 1927 nahm er an zahlreichen Grabungen und Bauaufnahmen in Griechenland, Palästina und der Türkei teil. Er habilitierte sich 1 9 3 7 / 3 8 für Christliche Archäologie an der Univ. Freiburg/Breisgau und war dann Dozent für byzantinische und frühislamische Architektur und Kunstgeschichte an der Univ. Göttingen. 1942 wechselte S. auf die Vertretung eines Ordinariats an der Univ. Prag, 1943 an das Deutsche Archäologische Institut in Istanbul. 1945 wurde er apl. Prof. in Göttingen und 1948 ordentliches Mitglied der dortigen A k a d e m i e der Wissenschaften. S. war ein bedeutender Kenner der historischen Topographie Konstantinopels (u. a. Konstantinopel. Gesicht und Gestalt einer geschichtlichen Weltmetropole, postum 1956). Er starb auf einer Reise. CP N D B
Schneidawind,
Franz Josef (Adolph), Historiker, * 2 5 . 8 . 1799 Bamberg, t 2 6 . 7 . 1857 Marienbad. S. studierte in Würzburg Philosophie und Geschichte, wurde 1822 promoviert und ging nach Archivstudien 1827 als Prof. der Geschichte an das Kgl. Lyzeum in Aschaffenburg. 1856 wechselte er als Prof. an das Lyzeum in Bamberg. S., einer der Wegbereiter der nationalen Geschichtsschreibung, beschäftigte sich mit der Französischen Revolution, mit Erzherzog —>Karl von Österreich und d e m Siebenjährigen Krieg. Er schrieb u. a. Der Krieg Österreich gegen Frankreich, dessen Alliierte und den Rheinbund im Jahre 1809 (4 Bde., 1842-50). DD D L L
Schneidemühl,
Georg, Veterinärmediziner, * 15. 12.1853 Elbing bei Danzig, t 3 . 1 1 . 1928 Elbing. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte Naturwissenschaften und Medizin in Berlin, Halle und Kiel und wurde 1883 in Erlangen promoviert (Vergleichend-anatomische Untersuchungen über den feineren Bau der Cowper'sehen Düse). Er war Assistent an der Tierklinik in Halle, dann Hilfslehrer an der Tierärztlichen Hochschule in Hannover, habilitierte sich dort 1891, erneut 1896 in Kiel für Tiermedizin und Vergleichende Pathologie und wurde 1905 zum a. o . P r o f .
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NDB
Schneider,
Alfred, genannt „Kapitän Schneider", Dompteur, Zirkusdirektor, * 2 3 . 6 . 1876, t 27. 12. 1941 Berlin. Der aus Sachsen gebürtige S. f u h r nach d e m E n d e seiner Schulzeit von Hamburg aus zur See, legte 1896 das Baumeisterexamen ab und wandte sich im selben Jahr d e m Radrennsport zu. Er trat als einer der ersten Radrennartisten Deutschlands mit L o o p i n g n u m m e r n in Zirkussen auf. Nach Beendigung dieser Tätigkeit spezialisierte sich S. auf die Dressur von Löwen und wurde als Löwendompteur weltweit bekannt. Seit 1932 wurden mehrere seiner Zirkusunternehmen liquidiert. S. starb an den Folgen eines Angriffs eines seiner Löwen. ED Munzinger
Schneider,
Arthur (Carl August), Philosoph, * 15.11. 1876 Neustadt (Schlesien), t 1 0 . 1 0 . 1 9 4 5 . Der Sohn eines K a u f m a n n s studierte in Breslau Philosophie, wurde mit der Arbeit Die aristotelischen Elemente in der Psychologie Alberts des Großen (1900) promoviert und habilitierte sich 1902 in Bonn. 1903 ging er nach München, las dort z u m Teil für den Philosophen Georg von —> Hertling und erhielt 1908 eine a . o . Professur. 1911 wurde S. o . P r o f .
Schneider in Freiburg/Breisgau, 1913 in Straßburg, 1919 in Frankfurt und lehrte 1920-42 an der Univ. Köln, deren Rektorat er 1926 übernahm. 1 9 3 3 / 3 4 war er Leiter des Amtes für Erziehung der N S D A P . S. beschäftigte sich besonders mit der Philosophie des Mittelalters und mit philosophischer Pädagogik. Er veröffentlichte u. a. Die Psychologie Alberts des Großen (2 Bde., 1903-06), Die abendländische Spekulation des 12. Jahrhunderts in ihrem Verhältnis zur aristotelischen und jüdisch-arabischen Philosophie (1915) und Einführung in die Philosophie unter Berücksichtigung ihrer Beziehung zur Pädagogik (2 Bde., 1927-31; Bd. 1, 2 1934). S c h n e i d e r , August (Johann Augustin), österr. Weingroßhändler, * 1 3 . 1 . 1 8 1 4 Würzburg, f 8 . 7 . 1897 Bad Vöslau (Niederösterreich). S., Sohn eines Schreiners, erlernte in seiner Heimat die Weiß- und Rotküferei, kam 1833 nach Wien, w o er zunächst als Bindergeselle und seit 1834 im Hotel- und Gaststättengewerbe arbeitete. Nach dem Erwerb des Bürgerrechts 1841 machte er sich als Gastwirt und Weinhändler selbständig, eröffnete 1844 einen Weinausschank und konzentrierte sich zunehmend auf den Weinhandel. Durch neue Importgesetze begünstigt, begann er 1850 mit d e m Import von südungarischen Weinen sowie mit dem Export nach Deutschland, Finnland, Rußland und in die Schweiz, erwarb weitere Weinkeller und eröffnete Weinstuben im In- und Ausland. S., österr. und preuß. Hoflieferant, beriet u . a . die niederösterreichische Industrie- und Handelskammer und legte in Vöslau einen Musterweingarten an. CD Ö B L S c h n e i d e r , Burkhart, Jesuit, Kirchenhistoriker, * 1.3. 1917 K a p p e l / S c h w a r z w a l d , f 7 . 5 . 1 9 7 6 Waldkirch. S., Sohn eines im Ersten Weltkrieg gefallenen Rechtsanwaltes, trat 1936 in die Gesellschaft Jesu ein, studierte 1938-50 Philosophie und Theologie in München und Innsbruck und nahm am Zweiten Weltkrieg teil. 1948 zum Priester geweiht, studierte er 1950-55 Kirchengeschichte in R o m und Innsbruck. 1956 wurde er in R o m mit der Arbeit P. Hoffaeus und die Gesellschaft Jesu in Deutschland promoviert. 1955-75 lehrte er als Prof. f ü r Kirchengeschichte in R o m . S. war Mitbegründer und seit 1963 Herausgeber des „Archivum Historiae Pontificiae", arbeitete seit 1965 an den Actes et documents du Saint-Siege mit und edierte die Briefe Pius' XII. an die deutschen Bischöfe (1966). Er verfaßte u . a . Der heilige P. Canisius (1947) und Friede, das Werk der Gerechtigkeit (1968). DD B W B , Bd 1 S c h n e i d e r , Carl, Psychiater, * 19. 12. 1891 Gembitz (Posen), t 1 1 . 1 2 . 1 9 4 6 F r a n k f u r t / M a i n . Nach d e m Studium der Medizin (seit 1911) in Würzburg und Leipzig 1919 mit der Arbeit Über Zoanthropie promoviert, wurde S., Sohn eines Pfarrers und Musikers, Assistent bei Paul Emil —> Flechsig an den Nervenkliniken in Leipzig und Breslau, erhielt 1922 an der Heil- und Pflegeanstalt Arnsdorf bei Dresden eine Stelle als leitender Arzt und war seit 1930 ärztlicher Leiter der von Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel bei Bielefeld. 1932 trat er in die N S D A P ein. 1933 wurde er zum Obermedizinalrat und Direktor der Sächsischen Heil- und Pflegeanstalt Untergöltzsch ernannt und als Nachfolger des aus politischen Gründen aus d e m A m t entlassenen Karl —>Wilmanns auf den Lehrstuhl der Psychiatrie und Neurologie in Heidelberg berufen. 1935-37 war S. Hauptherausgeber der „Allgemeinen Zeitschrift für Psychiatrie", 1937-40 Leiter des Rassenpolitischen Amtes der N S D A P im Gau Baden. Neben der Schizophrenie (Die Psychologie der Schizophrenen und ihre Bedeutung für die Klinik der Schizophrenie, 1930; Behandlung und Verhütung der Geisteskrankheiten, 1939) und der Epilepsie beschäftigte sich S., der die Arbeitstherapie
in die Psychiatrie einführte, mit der Möglichkeit frühzeitiger Idiotiediagnose im Blick auf einen Schwangerschaftsabbruch; er setzte sich auch für die „Euthanasie" ein (Gutachter in der „Euthanasie"-Kommission; seit 1940 Gutachter der „Aktion T4"). Er wurde 1945 von der Militärregierung entlassen und kam wegen Beteiligung am „Euthanasie"P r o g r a m m in Untersuchungshaft. S. beging Selbstmord. • 3 Grüttner S c h n e i d e r , Carl, Religionshistoriker, * 6. 12. 1900 Zwickau, t 16.5. 1977 Speyer. S. studierte in Marburg und Leipzig und wurde 1925 zum Dr. phil. promoviert. Er lehrte seit 1926 in Springfield (Ohio, USA), wurde 1929 Ordinarius f ü r Neues Testament und hellenistische Religionsgeschichte am Herder-Institut in Riga, habilitierte sich 1930 in Leipzig und war seit 1934 o. Prof. der Religions- und Kulturgeschichte an der Univ. Königsberg, später an der Univ. Mainz. S. war Herausgeber der Zeitschrift „Einheit des Geistes" (1963 ff.), Mitherausgeber der Zeitschrift „Christentum und Wissenschaft" (1926-34) und schrieb u . a . Die Erlebnisechtheit der Apokalypse des Johannes (1930) und Kulturgeschichte des Hellenismus (2 Bde., 1967-69). CD D L L S c h n e i d e r , Carl Samuel, evang. Theologe, Politiker, * 2 2 . 9 . 1801 Bielitz (Österr.-Schlesien), t 2 5 . 7 . 1 8 8 2 Bielitz. Der Sohn eines Tuchmachers wirkte nach d e m Besuch des Theologischen Lyzeums in Preßburg 1821-25 als Lehrer in Bielitz, w o er 1824 Vikar wurde. 1825-28 studierte S. an der Protestantisch-Theologischen Lehranstalt in Wien, kehrte als Rektor der evang. Schule nach Bielitz zurück und übernahm 1832 das Pastorenamt. 1858 wurde S. Schuldistriktaufseher der schlesischen Gemeinden, 1864 mährisch-schlesischer Superintendent und war mehrmals Präsident der Wiener Generalsynode. Als einziger evang. Geistlicher in dem von Wien nach Kremsier verlegten österr. Reichstag ( 1 8 4 8 / 4 9 ) setzte sich S. für konfessionelle Gleichberechtigung ein; er hatte maßgebend Anteil an der Realisierung des provisorischen Protestantengesetzes (1849). 1861-70 gehörte er d e m Schlesischen Landtag, 1861-71 dem österr. Reichsrat an. S., einer der führenden evang. Politiker seiner Zeit, förderte das evang. Schulwesen und evang. Sozialeinrichtungen. Er veröffentlichte u. a. die autobiographischen Erzählungen eines alten Pastors aus seinem Leben (1880). • • NDB S c h n e i d e r , Ceslaus Maria, Taufname: Richard Florian Alexander, Dominikaner, Theologe, Philosoph, * 5 . 5 . 1 8 4 0 Brieg/Oder, t 18.3.1908 Floisdorf/Eifel. S. begann mit dem Studium der Theologie in Breslau, gehörte seit 1861 d e m Collegium Germanicum-Hungaricum in R o m an und wurde 1864 an der Gregoriana zum Dr. phil. promoviert. 1865 trat er in das Noviziat des Dominikanerordens bei Santa Sabina ein, ging 1867 nach Düsseldorf, empfing 1868 die Priesterweihe und wurde 1870 in Löwen zum Dr. theol. promoviert. Nach dem Ausscheiden aus d e m Orden im selben Jahr wurde er Priester des Erzbistums Köln und Vikar in Malmedy. Seit 1889 war er Pfarrer in Floisdorf. S. war ein bedeutender Thomas-Interpret zu Beginn der Neuscholastik und Verfasser philosophischer, dogmatischer, soziologischer, kirchengeschichtlicher, katechetischer und erbaulicher Werke. Zu seinen Veröffentlichungen zählen u . a . Die Katholische Wahrheit (12 Bde., 1886-92; die erste deutsche Übersetzung der Summa Theologiae des Thomas von Aquin), Natur, Vernunft, Gott. Abhandlung über die natürliche Erkenntnis Gottes nach der Lehre des hl. Thomas von Aquin dargestellt (1883), Das Wissen Gottes nach der Lehre des hl. Thomas von Aquin (4 Abteilungen, 1884-86) und Das Apostolische Jahrhundert (2 Bde., 1888-90). OD B B K L
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Schneider Schneider,
Constantin, österr. Musikwissenschaftler, Bibliothekar, * 2 2 . 9 . 1889 B r a u n a u / I n n , t 2 5 . 1 2 . 1 9 4 5 Mödling (Niederösterreich). S., Sohn eines Offiziers, studierte seit 1906 an der Technischen Militärakademie in Mödling, wurde 1909 Leutnant und 1916 Hauptmann. 1920 schied er als M a j o r aus d e m aktiven Dienst aus, studierte an der Univ. Wien Musikwissenschaft (u. a. bei Guido —> Adler), wurde 1923 mit der Arbeit Die Oratorien und Schuldramen Anton Cajetan Adlgassers zum Dr. phil. promoviert und war seit 1925 Bibliothekar an der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. 1935 wurde er Staatsbibliothekar. 1 9 3 8 / 3 9 unterrichtete S. zudem Musikgeschichte an der Staatsakademie f ü r Musik und darstellende Kunst in Wien. Nach Kriegsende arbeitete er ehrenamtlich in der M u s i k s a m m l u n g der Stadt- und Landesbibliothek in Wien. S. beschäftigte sich vorwiegend mit Musikbibliographie und Salzburger Musikgeschichte. CD Ö B L
Schneider,
E d m u n d , Konstrukteur, Unternehmer, * 2 6 . 7 . 1901 Ravensburg (Württemberg), t 5 . 7 . 1 9 6 8 Rottach /Tegernsee. S., Sohn eines Eisengießers, durchlief eine Modelltischlerlehre und erlernte 1918 in M ü n c h e n den Flugzeugbau. Seit 1921 im Gleit- und Segelflugzeugbau tätig, ging er 1923 nach Grunau im Riesengebirge, w o 1928 sein erstes Segelflugzeug entstand. 1929 entwickelte S. den Schulgleiter E S G 29 („Grunau 9") und errang 1931 den größten Erfolg mit dem Übungssegler „Grunau Baby", der in mehreren Baureihen bis 1945 über 5000 Mal hergestellt wurde und, nach 1951 erneut in Serie gefertigt, zu den meistgebauten Segelflugzeugen in Deutschland gehört. Nach Kriegsende ging S. nach Mühlhofen am Bodensee, w o er Boote und Kinderwagen baute. 1951 wanderte er nach Australien aus, wo er weitere Segelflugzeuge entwarf (u.a. ES 4 9 B „Kangaroo"). 1960-64 war er in K i r c h h e i m / T e c k an der Entwicklung eines Motorseglers beteiligt und kehrte anschließend nach Australien zurück. S. verstarb während eines Kuraufenthalts. m NDB
Schneider,
Emilie, Taufname: Julie, kath. Ordensfrau, Mystikerin, * 6 . 9 . 1820 Haaren bei Aachen, t 2 1 . 3 . 1859 Düsseldorf. S., viertes von zehn Kindern eines Grenzbeamten, übernahm 1844 eine Anstellung als Erzieherin in einem adligen Haushalt in Lüttich und trat E n d e desselben Jahres als Postulantin in die 1833 gegründete Ordensgemeinschaft der „Töchter vom Heiligen Kreuz" ein. 1845 wurde sie Novizin jenes Ordens, legte 1847 die ersten Gelübde ab und ging 1851 als erste deutsche Novizenmeisterin in das Haus Aspel (bei Rees/Niederrhein). 1852 übernahm sie das A m t der Oberin des heutigen Theresienkrankenhauses in Düsseldorf. S. wirkte reformatorisch in ihrer Ordensgemeinschaft. Sie gilt als bedeutende Mystikerin. Seit 1926 läuft f ü r sie ein von dem Kölner Erzbischof Kardinal —> Schulte veranlaßtes Seligsprechungsverfahren. Postum erschienen die Geistlichen Briefe der ehrwürdigen Schwester Emilie, Oberin des Klosters der Töchter vom Heiligen Kreuz in Düsseldorf, nebst einem kurzen Bericht über ihre Leiden und ihren Tod (1860, Neudr. 1987). m BBKL
Schneider,
Erich, Nationalökonom, * 14. 12. 1900 Siegen, t 5 . 1 2 . 1970 Kiel. Nach dem Studium der Nationalökonomie (Promotion zum Dr. rer. pol. 1922, Der Kalkül der Schuldverhältnisse angewandt auf solche mit mehreren Geldsorten, insbesondere die Geldarbitrage, gedruckt 1923) in Gießen, F r a n k f u r t / M a i n , Göttingen und Münster war S., Sohn eines Rektors, seit 1925 als Lehrer in Münster tätig. 1933 trat er in die N S D A P ein. 1932 an der Univ. Bonn (Reine Theorie monopolistischer
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Wirtschaftsformen) habilitiert, ging er 1936 als o. Prof. an die Univ. Arhus. 1946-68 lehrte er als Ordinarius f ü r wirtschaftliche Staatswissenschaften an der Univ. Kiel. Er war Direktor des Seminars für theoretische Volkswirtschaftslehre, 1961-68 des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel und 1962-66 Vorsitzender der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. S. gehörte in Deutschland zu den bedeutendsten Vertretern einer mathematisch orientierten Volkswirtschaftslehre und des Keynesianismus und setzte sich bereits in den dreißiger Jahren für eine Annäherung der volksund betriebswirtschaftichen Lehre ein. Er war u. a. Mitglied der Dänischen Akademie der technischen Wissenschaften. S. veröffentlichte u. a. Einführung in die Wirtschaftstheorie (4 Bde., 1947-62), Wirtschaftlichkeitsrechnung (1951), Volkswirtschaft und Betriebswirtschaft (1964) und Joseph A. Schumpeter (1970). CO N D B
Schneider,
Ern(e)st, österr. Mechaniker, Politiker, * 19.10. 1850 Wien, t 17.7. 1913 Wien. Der Sohn eines Telegrapheninspekteurs erlernte das Mechanikerhandwerk und besuchte vermutlich zugleich das Polytechnikum in Wien. Seit 1872 stellte er als selbständiger Mechanikermeister in Wien astronomische, geodätische und physikalische Präzisionsinstrumente her, konstruierte 1878 einen „Kometensucher" und wirkte in führender Position in der Mechanikergenossenschaft in Wien. Daneben engagierte sich S. seit 1880 mit antisemitischen Parolen gegen die liberale Gewerbeordnung, gehörte 1881 zu den Begründern der „Gesellschaft zum Schutz des Handwerks" und war 1 8 8 5 / 8 6 Vorsitzender des 1882 gegründeten „Österreichischen Reformvereins". Seit 1890 gehörte er für die Christlichsoziale Partei d e m Niederösterreichischen Landtag an, 1891-1907 dem Reichsrat. S. veröffentlichte u . a . Der Distanzmesser (1877). DP Ö B L
Schneider,
Ernst (Georg), Industrieller, * 6 . 1 0 . 1 9 0 0 Heldenberg (heute zu Nidderau, Hessen), t 2 2 . 9 . 1 9 7 7 Oberschleißheim. Der Sohn eines Landwirts studierte Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft und Rechtswissenschaften in F r a n k f u r t / Main und wurde 1922 zum Dr. rer. pol. promoviert. Seit demselben Jahr Deutschlandreferent einer schweizer. Finanzgruppe, wurde S. Direktionssekretär, später Juniorpartner des Handelsgerichtsrats Siegfried Arndt und übernahm 1933 dessen Beteiligungen in der Kohlensäureindustrie und im Stahlbau. Nach 1945 erneut mit Arndt führend in der Kohlensäure-Industrie A G tätig, war er bis 1966 Vorstandsvorsitzender, dann Aufsichtsratsvorsitzender des Unternehmens sowie 1949-68 Präsident der Industrieund Handelskammer in Düsseldorf und 1963-69 Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstags in Bonn. S. betätigte sich auch als Kunstsammler und war Mitgründer der Gesellschaft der Freunde der Kunstsammlung NRW. Seine S a m m l u n g Meißener Porzellan stiftete er d e m Bayerischen Nationalmuseum (Schloß Lustheim). CD N D B
Schneider,
Erwin Eugen, österr. evang. Theologe, * 2 5 . 3 . 1 8 9 2 Brünn, t 9 . 9 . 1 9 6 9 Wien. S. studierte an den Universitäten Wien, Marburg und Halle Philosophie und Theologie sowie Malerei an der Akademie der bildenden Künste. 1914 z u m Dr. phil. promoviert, erwarb er mit der Schrift Religion als Erfahrung am „ Worte Gottes " nach Luther (1917) den Grad eines Lizentiaten der Theologie. 1918 wurde S. Pfarrer in Laibach, 1921 in Belgrad und 1923 in Wien-Hietzing. Dort ließ er 1931 nach eigenen Plänen die Kreuzkirche erbauen, leitete 1935-38 die von ihm gegründete Evangelische Volkshochschule und wurde 1945 außerordentlicher geistlicher Oberkirchenrat in der Kirchenleitung. 1948 übernahm S. eine o . P r o f e s s u r für systematische Theologie an der Univ. Wien, deren Rektor er 1958 wurde. CD B B K L
Schneider S c h n e i d e r , Eulogius, Taufname: Johann Georg, Franziskaner, Religionsphilosoph, Staatsmann, * 20. 10. 1756 W i p f e l d / M a i n bei Würzburg, t 1.4. 1794 Paris. Der Sohn eines Weinbauern trat nach abgebrochenem Jurastudium 1777 in Bamberg als Novize in den Franziskanerorden ein und studierte Philosophie in Augsburg und 1778-80 Theologie in Salzburg. 1780 zum Priester geweiht, war S. seit 1784 Lektor f ü r Philosophie und geistliche Beredsamkeit in Augsburg. Nach anakreontischen Gedichten und einer Predigt gegen den „fanatischen Pfaffengeist" m u ß t e er das Kloster verlassen und erhielt am Hof Herzog —»Karl Eugens von Württemberg eine Anstellung als Prediger. Wegen seines Eintretens f ü r die Rechte der Untertanen geriet er in Opposition zu Hofkreisen und ging 1789 als Prof. der schönen Wissenschaften an die Univ. Bonn. Als Jakobiner amtsenthoben, ging er 1791 in das Elsaß, lehrte in Straßburg Kirchengeschichte und geistliche Beredsamkeit und wirkte als Vikar des Bischofs Franz Anton —> Brendel. S. wurde bald zum Haupt der deutschsprachigen Jakobiner im Elsaß und gab zweimal wöchentlich die Zeitschrift „Argos, oder der M a n n mit hundert A u g e n " heraus (Nachdr. 1976). 1793 legte er sein Vikariat nieder, war vorübergehend Bürgermeister von Hagenau und wurde dann öffentlicher Ankläger des Revolutionstribunals. Im Dezember 1793 kam er in H a f t und wurde als konterrevolutionärer Verschwörer hingerichtet. Zu seinem umfangreichen literarischen Werk gehören Predigt Uber die christliche Toleranz (1785), Gedichte (1790) und Katechetischer Unterricht in den allgemeinen Grundsätzen des praktischen Christenthums (1790). S. war der erste Übersetzer der Marseillaise ins Deutsche. Ed N D B
S c h n e i d e r , Fedor, Historiker, * 2 4 . 7 . 1 8 7 9 H a u s d o r f / Eulengebirge, f 2 7 . 2 . 1932 F r a n k f u r t / M a i n . S. studierte Geschichte, Klassische Philologie, Philosophie und Nationalökonomie in Berlin, München und Freiburg/ Breisgau und wurde 1902 zum Dr. phil. promoviert. 1904-14 war er Assistent am Preußischen Historischen Institut in R o m , habilitierte sich 1914 f ü r mittlere und neuere Geschichte in F r a n k f u r t / M a i n , wurde dort im selben Jahr Privatdozent, 1918 a. o. Prof., 1920 persönlicher Ordinarius und hatte seit 1923 den Lehrstuhl für mittlere Geschichte an der Univ. Frankfurt inne. Schwerpunkt seiner Arbeiten war die mittelalterliche Geschichte Italiens. S. schrieb u. a. Reichsverwaltung in Toscana von der Gründung des Langobardenreichs bis zum Ausgang der Staufer (568-1268) (1914), Die Entstehung von Burg und Landgemeinde in Italien (1924) und Rom und Romgedanke im Mittelalter (1926). OD Weber S c h n e i d e r , Ferdinand, Uhrmacher, Erfinder, * 1 0 . 1 0 . 1 8 6 6 Fulda, t 2 7 . 3 . 1955 Fulda. Der Sohn eines Zahntechnikers durchlief eine feinmechanische Lehre bei einem Uhrmacher, war als Gehilfe in verschiedenen deutschen Städten tätig und betrieb seit 1890 eine Werkstatt für Uhren, Feinmechanik und Elektrotechnik in Fulda. Als Erfinder vor allem auf den Gebieten der Telegraphie und drahtlosen Fernsteuerung tätig, hielt S. 117 deutsche und 64 ausländische Patente. Bereits 1895 gelang es ihm vor Guglielmo Marconi, über mehrere Meter drahtlos zu telegraphieren. Später entwickelte er ein System der drahtlosen Steuerung von Uhren, für das er 1910 das Patent erhielt (Die drahtlose Zeitzentrale, 1922). Während des Ersten Weltkriegs wurden S.s ferngesteuerte Systeme u. a. als Magnetzünder für Torpedos und Minen sowie als Ortungsgeräte und Störsender verwendet. Nach Kriegsende baute S. eines seiner hochempfindlichen Empfangsgeräte zu einem Detektor-Rundfunkgerät aus. Wirtschaftlicher Erfolg blieb seinen Erfindungen bis zuletzt versagt. CD N D B
S c h n e i d e r , Ferdinand Josef, Germanist, * 6. 12. 1879 Mariaschein (Böhmen), t 4 . 1 1 . 1 9 5 4 Halle/Saale. S., Sohn eines K a u f m a n n s , studierte seit 1898 Germanistik und Philosophie an der Deutschen Univ. Prag und wurde 1902 mit der Dissertation Jean Pauls Altersdichtung promoviert (gedruckt 1901). 1906 habilitierte er sich dort für Neuere deutsche Sprache und Literatur (Jean Pauls Jugend und erstes Auftreten in der Literatur, gedruckt 1905), erhielt 1920 eine a. o. Professur und ging 1921 als Ordinarius an die Univ. Halle. S. war korrespondierendes Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Wissenschaften in Prag sowie ordentliches Mitglied der Sächsischen A k a d e m i e der Wissenschaften in Leipzig. Er veröffentlichte u. a. Theodor Gottlob von Hippel in den Jahren von 1741 bis 1781 [...] (1911), Die deutsche Dichtung vom Ausgang des Barock bis zum Beginn des Klassizismus 1700-1785 ( 1 9 2 4 , 2 1 9 4 8 unter d e m Titel Die deutsche Dichtung der Aufklärungszeit), Die deutsche Dichtung der Geniezeit (1952) und Stilkritische Interpretationen [...] (1954). CD I G L S c h n e i d e r , Franz, Verleger, * 12.3. 1875 Wolfenbüttel, t 13. 1. 1946 Wittenberg. Als Mitbegründer des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes lernte S. Friedrich N a u m a n n kennen, der ihn bat, die kaufmännische Leitung seines „Hilfe-Verlags" zu übernehmen. 1913 gründete S. in Berlin den Franz Schneider Verlag. Im Ersten Weltkrieg kriegsdienstverpflichtet, begann er 1919 wieder mit der Verlagsarbeit. S. war der erste Verleger von L u d w i g —> Marcuse (Die Welt der Tragödie). Seine erste Jugendbuchautorin war Sophie Reinheimer. 1927 zog er mit d e m Verlag nach Leipzig und verlegte nur noch Kinderbücher. 1936 kehrte S. nach Berlin zurück. Nach S.s Tod wurde der Verlag von seiner Frau Luise —»S. und seinem Sohn Franz S. weitergeführt und 1953 nach München verlegt. S c h n e i d e r , Franz Anton, österr. Freiheitskämpfer, Jurist, * 13. 10. 1777 Weiler-Simmerberg (Bayern), t 1 6 . 7 . 1 8 2 0 Fideris (Kt. Graubünden). Der Sohn eines Wundarztes studierte an der Univ. Innsbruck Philosophie und Rechtswissenschaften, wurde 1802 zum Dr. jur. promoviert und war seit 1806 Anwalt in Bregenz und Hofgerichtsadvokat in M e m m i n g e n . 1807 von den Bayern vorübergehend unter d e m Verdacht der Agententätigkeit für Österreich verhaftet, heiratete er 1808 die Tochter des Bregenzer Bürgermeisters, wurde 1809 von den Vorarlberger Ständen zum Chef der zivilen und militärischen Verwaltung ernannt und stellte eine A r m e e von 2 0 0 0 0 Mann auf. Nach d e m Waffenstillstand von Znaim geriet er in Gefangenschaft. 1810 entlassen, wirkte er als Appellationsrat in Wien und k a m 1813 aufgrund des Verdachts der Mitarbeit im „Alpenbund" Josef von —>Hormayrs erneut für ein Jahr in Haft. c p ÖBL S c h n e i d e r , Franz Cölestin Ritter von, österr. Chemiker, Chirurg, * 2 8 . 9 . 1812 Krems (Niederösterreich), t 29. 11.1897 Wien. Der Sohn eines Schneidermeisters besuchte die Philosophische Lehranstalt in Krems und hielt sich seit 1831 im Benediktinerstift Göttweig auf, das er jedoch 1835 verließ. Seit 1836 studierte S. Medizin an der Univ. Wien und wurde 1842 zum Dr. med. (De morbo venereo apud antiques) und Magister obstet., 1843 zum Dr. chir. promoviert. Er ließ sich als praktischer Arzt in Herzogenburg (Niederösterreich) nieder, kam 1846 als Assistent der Botanik an die Univ. Wien zurück und wechselte später in das Fach Chemie. 1848 wirkte S. unter Joseph —> Redtenbacher an der Univ. Prag, kehrte mit diesem nach Wien zurück und habilitierte sich 1850 für spezielle anorganische und organische Chemie. 1852 erhielt er einen Ruf als Prof. der chirurgischen Vorbereitungswissenschaften an das Feldärztliche Institut, das
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Schneider spätere Josephinum in Wien. 1854 wurde S. dort o . P r o f . der Chemie, 1870 Prof. der allgemeinen und medizinischen Chemie an der Univ. Wien. Nach einer Augenverletzung 1871 war er 1876-88 Ministerialrat und Sanitätsreferent im Ministerium des Innern. S. wurde 1888 nobilitiert. Er veröffentlichte u. a. Grundzüge der allgemeinen Chemie, mit besonderer Rücksicht auf die Bedürfnisse des ärztlichen Studiums bearbeitet (1851), Die gerichtliche Chemie, für Gerichtsärzte und Juristen (1852) und Commentar zur neuen österreichischen Pharmakopoe (2 Bde., 1855, unter dem Titel Commentar zur österreichischen Pharmakopoe, 3 Bde., 3 1 8 8 0 / 8 1 , unter dem Titel Commentar zur siebenten Ausgabe der österreichischen Pharmacopoe, 3 Bde., 1889-92). S. war der Vater von Robert von —>S. CD NDB
Schneider,
Franz Joseph, Journalist, Werbetexter, * 1 3 . 3 . 1 9 1 2 Aschaffenburg, t 3 . 3 . 1 9 8 4 F r a n k f u r t / M a i n . S. ging nach d e m Abitur 1934 nach F r a n k f u r t / M a i n , wo er für die „Frankfurter Zeitung" und die „Neue R u n d s c h a u " schrieb. Später war er als Korrektor für die „Frankfurter Zeitung" und als Werbetexter tätig. Nach Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und Gefangenschaft wurde S. 1945 mit dem Aufbau der Frankfurter Redaktion der „Neuen Zeitung" betraut, die in München erschien. Daneben betätigte er sich als Pressesprecher der „Gruppe 4 7 " und war freier Mitarbeiter der „Gegenwart". 1974 initiierte er den Literaturpreis „Stadtschreiber von Bergen". CD Frankf Biogr S c h n e i d e r , Franz Paul, Staatswissenschaftler, * 3 0 . 6 . 1902 Poing (Oberbayern), t 2 3 . 6 . 1970 Würzburg. S., Sohn eines Reichsbahnbeamten, Schloß das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften mit der Promotion zum Dr. oec. publ. ab, war 1926-29 Handelsredakteur am Zentralarchiv für Wirtschaft in M ü n c h e n und 1932-37 Assistent am Seminar für Statistik und Versicherungswissenschaft der Univ. München. 1937 habilitierte er sich in Berlin und arbeitete bei der Internationalen Landwirtschaftskonferenz und der Reichsverkehrsgruppe Binnenschiffahrt mit. Seit 1946 las S. an der Univ. München über Volkswirtschaft, Finanzwissenschaft und Statistik und ging 1947 als a . o . P r o f . nach Würzburg, wo er seit 1948 den Lehrstuhl für Staatswissenschaften innehatte. Er schrieb u. a. Zur Theorie der Goldwährung (1939). Einer breiteren Öffentlichkeit wurde S. durch sein Engagement gegen die Wiederaufrüstung und sein Eintreten für den Konföderationsplan Walter —> Ulbrichts in der Vereinigungsfrage der beiden deutschen Staaten bekannt. C D Munzinger S c h n e i d e r , Franz Xaver, österr. Jurist, * 11.8. 1805 Tepl (Böhmen), t 1 . 7 . 1 8 8 2 Prag. Der früh verwaiste Sohn eines Schmieds studierte seit 1823 an der Univ. Prag Philosophie und Jura, nahm noch während des Studiums eine Anstellung als Erzieher bei dem Fürsten Karl Anselm von T h u m und Taxis an und wurde 1838 Oberster Verwalter der fürstlichen Domänen. 1828 zum Dr. jur. promoviert, legte S. 1837 die Advokaten- und die Bergrechtsprüfung ab und las 1837-42 an der Univ. Prag. 1843 zum o. Prof. des Bergrechts ernannt, vertrat er 1847-49 die Lehrkanzel des Römischen und Kanonischen Rechts und wurde 1850 o . P r o f . des Österr. Allgemeinen Zivilrechts. S. war 1863-73 Präses der rechtshistorischen Staatsprüfungskommission und 1 8 6 4 / 6 5 Rektor der Universität. Er veröffentlichte u. a. ein Lehrbuch des Bergrechtes für die gesummten Länder der österreichischen Monarchie (1848). S. war der Großvater des Juristen Rudolf von Laun. CD ÖBL
Schneider,
(Johann Christian) Friedrich, Komponist, Dirigent, Musikpädagoge, * 3. 1.1786 Altwaltersdorf (heute Waltersdorf) bei Zittau, t 2 3 . 1 1 . 1 8 5 3 Dessau. S„ Sohn von Johann Gottlob - > S . und Bruder von Gottlieb und Johann —»S., erhielt früh Klavier- und Orgelunterricht,
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komponierte zwölfjährig seine erste S y m p h o n i e und studierte seit 1805 an der Univ. Leipzig. 1807 wurde er Organist an St. Pauli in Leipzig, 1810 Kapellmeister der Operntruppe Sekonda, 1812 Organist an St. Thomas, 1816 Dirigent an der Singakademie und 1817 Musikdirektor am Stadttheater. Seit 1821 Herzoglich-Anhalt-Dessauischer Hofkapellmeister in Dessau, schulte S. das Hoforchester und begründete 1829 eine Musikschule. Sein kompositorisches Schaffen umfaßt Opern, Symphonien, Messen, Kantaten sowie zu seiner Zeit vielbeachtete Oratorien (u. a. Höllenfahrt des Messias, 1810; Das Weltgericht, 1819). S. schrieb ein Elementarbuch der Harmonie und Tonsetzkunst (1820). CD MGG
Schneider,
Friedrich, Verleger, * 1 0 . 1 0 . 1 8 1 5 Leipzig, t 9 . 4 . 1864 München. Nach einer kaufmännischen Ausbildung erlernte S. den Beruf eines Buchhändlers in Regensburg und Augsburg und trat 1843 in die 1839 gegründete Xylographische Kunstanstalt Braun & Dessauer in München ein. In Verbindung mit d e m Graphiker Kaspar —> Braun entstand der Verlag Braun & Schneider. S. brachte die „Münchener Bilderbogen" und seit 1844 die „Fliegenden Blätter" heraus, f ü r die er auch zahlreiche Texte verfaßte. S. war der Vater des Malers Hermann - > S . CD ADB
Schneider,
Friedrich (Karl Wilhelm), kath. Theologe, Kunsthistoriker, * 7 . 8 . 1 8 3 6 Mainz, t 2 1 . 9 . 1 9 0 7 Mainz. Der zum Dr. phil. promovierte S. wurde 1860 Prof. am Priesterseminar, 1869 Dompräbendar und 1892 Domkapitular in Mainz. S., der sich autodidaktisch zum Kunsthistoriker ausgebildet hatte, galt als einer der hervorragendsten Kenner, Erforscher und Förderer der Kunstgeschichte und Archäologie seiner Zeit. Er stand mit einer Vielzahl von Gelehrten in Briefwechsel. S. verfaßte rund 300 Schriften, u . a . eine Biographie des Mainzer Domherrn Wennemar von Bodelschwingh (1907). C D LThK
Schneider,
Friedrich, Erziehungswissenschaftler, * 28. 10. 1881 Köln, t 14.3. 1974 München. S., Sohn eines Lokführers, war nach einer Lehrerausbildung seit 1901 als Grundschullehrer tätig. Er holte 1913 das Abitur nach, studierte Deutsch, Geschichte und Philosophie in Bonn und Münster und wurde 1918 promoviert. 1923 habilitierte er sich für Pädagogik an der Univ. Köln und wurde 1928 Prof. an der Pädagogischen Akademie in Bonn. 1934 zwangspensioniert, lehrte S. seit 1946 als Prof. der Pädagogik an der Theologischen Fakultät der Univ. Salzburg, 1 9 4 7 / 4 8 zugleich an der Univ. Innsbruck und wechselte 1949 als Ordinarius f ü r Erziehungswissenschaften an die Univ. München. S., einer der Begründer und führenden Vertreter der vergleichenden Erziehungswissenschaft in Deutschland, war Herausgeber u . a . der „Handbücherei der Erziehungswissenschaft" (1922-29), der „Neuen Beiträge zur Erziehungswissenschaft" (1926-34), der von ihm gegründeten „Internationalen Zeitschrift für Erziehungswissenschaft" (1931-34, 1949-53) sowie der „Pädagogischen H a n d b ü c h e r " (1955). Er veröffentlichte u . a . Erzieher und Lehrer (1928), Katholische Familienerziehung (1935, 7 1961), Deine Kinder und Du (1937, 7 1960), Praxis der Selbsterziehung (1940, 6 1961), Triebkräfte der Pädagogik der Völker (1946, 2 1947), Vergleichende Erziehungswissenschaft (1961) und Ein halbes Jahrhundert erlebter und mitgestalteter vergleichender Erziehungswissenschaft (1970). CD
NDB
S c h n e i d e r , Friedrich, schweizer. Politiker, * 2 3 . 9 . 1886 Solothurn, t 3 0 . 1 . 1966 S a m e n . Nach einer Glasmalerlehre war S. u. a. in Leipzig, Straßburg, Basel, Weimar, Luzern, Erfurt, Zürich und Biel tätig. Früh in der Gewerkschaftsbewegung engagiert, wurde er 1912 in Basel Sekretär des „Verbandes der Handels-, Transport-
Schneider und Lebensmittelarbeiter", 1916 des Basler Arbeiterbundes. Seit 1917 war er Redakteur des „Basler Vorwärts", 1923-27 der „Arbeiterzeitung". 1917-20 und 1923-53 gehörte S. dem Basler Großen Rat an, 1919-51 d e m Nationalrat und 1920-23 dem Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt. Er veröffentlichte u. a. Die proletarische Weltrevolution (1919), Der Parlamentarismus als Mittel des Klassenkampfes (1919) und Erinnerungen eines 80jährigen Gewerkschafters (1966).
cn CH 91 Schneider,
Friedrich Anton, Zoologe, * 1 3 . 7 . 1 8 3 1 Zeitz, t 3 0 . 5 . 1890 Breslau. S., Sohn eines Kauf- und Handelsherrn, studierte in Bonn zunächst Mathematik und Naturwissenschaften, konzentrierte sich dann auf Zoologie und ging 1851 nach Berlin, wo er 1854 mit der Arbeit Symbolae ad infusoriorum historiam naturalem promoviert wurde. 1855 begleitete er seinen Lehrer Johannes Peter —> Müller auf einer Exkursion nach Norwegen, reiste 1 8 5 6 / 5 7 nach Italien und trieb in Neapel und Messina meeresbiologische Studien. 1859 habilitierte sich S. an der Univ. Berlin und wurde 1869 Prof. an der Univ. Gießen, deren Rektor er 1 8 8 0 / 8 1 war. 1881 wurde er Prof. der Zoologie und vergleichenden A n a t o m i e an der Univ. Breslau, 1886 deren Rektor. S.s zoologische Interessen lagen vor allem auf dem Gebiet der Morphologie und der Systematisierung. 1873 veröffentlichte er einen Bericht mit der ersten Beschreibung des Zellteilungsprozesses der Plathelminthen (Plattwürmer) und der sichtbaren Veränderungen während der nachfolgenden Phasen. Nach dieser Entdeckung wurde in voneinander unabhängigen Untersuchungen ebenfalls die Zellteilung beobachtet und von Hermann Fol und Otto —> Bütschli darüber berichtet. Zu S.s Veröffentlichungen gehören Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Wirbelthiere (1879), Neue Beiträge zur Kenntniss der Plathelminthen (1883), Das Ei und seine Befruchtung (1883) und Monographie der Nematoden (1866, Nachdr. 1968). c n DSB
Schneider,
Friedrich Konrad Leopold, Klassischer Philologe, * 1 0 . 1 2 . 1 7 8 6 Berlin, f 1 4 . 6 . 1 8 2 1 Berlin. S. war nach dem Studium und der Promotion 1807 als Lehrer tätig. Seit 1809 wirkte er am Kgl. Joachimsthalschen G y m n a s i u m in Berlin, w o er Prof. der alten Sprachen und des Hebräischen wurde und zugleich die Bibliothek verwaltete. Als einer der ersten verfaßte er eine lateinische Grammatik, die auf selbständigen Forschungen, insbesondere auf dem Gebiet der Laut- und Formenlehre, basierte. Das großangelegte Werk Ausführliche, mit möglichst sorgfältiger Benutzung der vorhandenen Hülfsmittel und nach neuen Untersuchungen verbesserte Grammatik der lateinischen Sprache (3 Bde., 1819-21) blieb aufgrund seines frühen Todes unvollendet. c n ADB S c h n e i d e r , Fritz, schweizer. Entomologe, * 13.9. 1911 Wädenswil (Kt. Zürich), t 2 . 9 . 1 9 8 5 Wädenswil. Der Sohn Otto —> Schneider-Orellis studierte Naturwissenschaften an der Ε Τ Η Zürich (Promotion 1940, Schadinsekten und ihre Bekämpfung in ostindischen Gambirkulturen) und war 1942-76 an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädenswil tätig, an der er seit 1961 die Sektion Pflanzenschutz leitete. 1946-75 war S. Redakteur der „Mitteilungen der Schweizerischen Entomologischen Gesellschaft", arbeitete auch mehrfach im Ausland, u. a. in Gambirplantagen auf Sumatra und als Experte der Food and Agriculture Organisation der United Nations in Syrien, und gehörte Gremien internationaler Organisationen für biologischen Pflanzenschutz an. Er veröffentlichte u. a. Cyclamen (mit Richard Maatsch, 1942, 1 1950) und lieferte wichtige Beiträge zur Sinnesphysiologie der Insekten und zur Methodik des umweltschonenden Pflanzenschutz.
Schneider,
(Edmund) Georg, Bibliothekar, Bibliograph, * 12.10. 1876 Görlitz, t 14. 1. 1960 Göttingen. S., Sohn eines Gymnasialprofessors, studierte in Breslau Geschichte und m o d e r n e Sprachen und wurde 1899 promoviert (Die finanziellen Beziehungen der Florentiner Bankiers zur Kirche 1285-1304). Seit 1900 Volontär der Kgl. und Universitätsbibliothek Breslau, wurde er 1904 Hilfsbibliothekar in Berlin, 1906 Bibliothekar, 1918 Oberbibliothekar und 1919 Erster Bibliotheksrat. 1 9 4 5 / 4 6 an der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen tätig, hatte S. großen Anteil an der Entwicklung der allgemeinen Bibliographie zur Teildisziplin der Bibliothekswissenschaft und führte seit 1907 in Berlin Kurse zu Bibliothekslehre und Bibliographie durch. 1923 erschien sein Hauptwerk Handbuch der Bibliographie (4., stark verm. Aufl. 1930; 6., völlig neu bearb. Aufl. 1999), aus der die ersten Kapitel als Einfahrung in die Bibliographie 1936 getrennt veröffentlicht wurden (Neubearb. durch Friedrich Nestler, 2005). S. schrieb ferner Die Schlüsselliteratur (3 Bde., 1951-53). CD N D B
Schneider,
Georg, Gewerkschafter, Versicherungsmanager, Politiker, * 26. 1.1892 Oberheiduk (Oberschlesien), t 1 . 6 . 1 9 7 7 Hamburg. Nach einer kaufmännischen Ausbildung war S. seit 1919 kaufmännischer Angestellter, Sekretär des Angestelltenverbandes, 1926-33 Provinzial-Verwaltungsrat in Ratibor und anschließend Filialleiter des Gerling-Versicherungskonzerns in Leipzig. Nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligte er sich an der Gründung der C D U in Leipzig. 1 9 4 6 / 4 7 war S. Generalsekretär der C D U Thüringen und ging dann in den Westen, w o er 1948 Mitglied des Hauptvorstandes der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft und 1951 stellvertretender Bundesvorsitzender wurde. 1953-61 gehörte er dem Deutschen Bundestag an. DP M d B
Schneider,
Georg, Pseud. Erno R. Scheidegg, Schriftsteller, * 1 5 . 4 . 1 9 0 2 Coburg, t 2 3 . 1 1 . 1972 München. Der Sohn eines Gastwirts unterrichtete nach dem Lehrerstudium seit 1922 an Schulen in seiner Heimatstadt. 1933 wurde S. von den Nationalsozialisten mit Publikationsverbot belegt, 1939 zum Kriegsdienst eingezogen. 1945-50 gehörte er der Verfassunggebenden Landesversammlung bzw. als F D P Abgeordneter dem Ersten Bayerischen Landtag an. 1955 wurde S. Rektor einer Schule in M ü n c h n e r Stadtteil Schwabing. Von Oskar —»Loerke und Wilhelm - » L e h m a n n beeinflußt, erlangte er in den fünfziger Jahren Bekanntheit mit moderner, formstrenger Lyrik ( u . a . Die Fensterrose, 1946; Das Blumengärtlein, 1949; Signaturen, 1962). S. übersetzte englische, französische und chinesische Literatur. DD Killy
Schneider,
Georg, Zoologe, * 2 5 . 3 . 1 9 0 9 Saarbrücken, t 6 . 6 . 1 9 7 0 Jena. S., Sohn eines Zuschneiders, studierte 1928-31 in Jena Pädagogik und Biologie und betrieb Studien bei Julius —»Schaxel. 1930 trat er in die K P D ein, unterrichtete seit 1931 in M a r x s t a d t / W o l g a und Moskau und war seit 1936 Mitarbeiter Schaxels am Severcov-Institut für Evolutionsmorphologie in M o s k a u . Während des Zweiten Weltkriegs als Sanitätsarzt tätig und zeitweise in Arbeitslagern im Ural interniert, wurde S. nach Kriegsende Sekretär der Landesleitung Thüringen der K P D und 1946 Lehrer an der Parteihochschule der S E D in Liebenwalde bei Berlin. 1945 promoviert, war er seit 1947 kommissarischer Leiter des ErnstHaeckel-Hauses in Jena und wurde 1951 Prof. für Theoretische Biologie an der dortigen Universität. 1947 erneuerte er die Zeitschrift „Urania", die er bis 1959 herausgab. 1959-62 war er Kulturattache der D D R in Moskau. S. veröffentlichte u . a . Die Evolutionstheorie, das Grundproblem der modernen Biologie (1950, ' 1 9 5 2 ) und 25 Versuche zum Verständnis der Lehre Mitschurins und Lyssenkos (1951). c n NDB
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Schneider Schneider,
Georg Abraham, Musiker, Kapellmeister, Komponist, * 1 9 . 4 . 1 7 7 0 Darmstadt, t 1 9 . 1 . 1 8 3 9 Berlin. S., Sohn eines Schneiders, erhielt ersten musikalischen Unterricht bei Johann Wilhelm Mangold und studierte dann Theorie und Komposition bei dem Kantor Johann Gottlieb Portmann, dessen Tochter Caroline er später heiratete. Zunächst Oboist im Musikchor eines hessischen Regiments, trat er 1787 als K a m m e r m u s i k e r in die Hofkapelle ein und wurde 1795 Hornist in der Kapelle des Prinzen —»Heinrich von Preußen in Rheinsberg. Nach dessen Tod 1802 wechselte S. in die Kgl. Kapelle in Berlin, wurde 1812 Musikdirektor am Theater in Reval, kehrte 1816 nach Berlin zurück und war seit 1820 Kapellmeister der Hofoper und Musikmeister der Garderegimenter. 1825 zum Kgl. preuß. Kapellmeister ernannt, gehörte S. seit 1833 der Musiksektion der Preußischen Akademie der Künste an, seit 1834 als Lehrer für freie Instrumentalkomposition. Er komponierte Opern (u. a. Der Orakelspruch, 1813), Ballett-, Schauspiel- und Instrumentalmusik. S. war der Vater von Louis —»S. und von Maschinka - > S c h u b e r t . m MGG
in Der weiße Rausch (1931). Ende der dreißiger Jahre emigrierte er in die U S A , wo er bis zu seinem Tod eine Skischule in North C o n w a y leitete. c n NDB
Schneider,
Hans, Spruchdichter, * um 1450, t nach 1513. S. trat als Dichter erstmals in Augsburg in Erscheinung; sein literarisches Schaffen reicht von den siebziger Jahren des 15. Jh. bis 1513. Von Beruf Herold, diente er 1488-93 Herzog —»Christoph von Bayern, seit 1492 auch Kaiser —»Friedrich III. und seit 1498 König —»Maximilian I. 1501 kam S. nach Nürnberg, wo er im selben Jahr das Bürgerrecht erhielt. Sein literarisches Schaffen umfaßt Mären, Minnereden, Lehrreden sowie Reimreden über aktuelle, meist politische Ereignisse. S., der sich als „küngklicher Mayestatt poet" und als „kuncklich mäyestat Sprecher" bezeichnete und von dem 21 Reimpaargedichte und ein Lied erhalten sind, äußerte in seinen Texten (u. a. Ermahnung wider die Türken, um 1476) reichstreue Gesinnung. In Nürnberg geriet er mehrfach mit der städtischen Zensur in Konflikt.
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Schneider,
(Johann) Gottlieb, Musiker, * 19.7. 1797 Altgersdorf (heute zu Neugersdorf), f 4. 8. 1856 Hirschberg (Schlesien). Der Sohn von Johann Gottlob —>S. und Bruder von Friedrich und Johann Gottlob —»S. studierte an der Univ. Leipzig und war seit 1815 Musiklehrer in Bautzen. 1817 wurde S. Stadtorganist in Sorau, 1825 Organist an die Kreuzkirche in Hirschberg (Schlesien). Er schrieb einige Kompositionen für Orgel und Klavier.
Schneider,
Gustav, Zoologe, * 2 8 . 7 . 1834 Michelbach, t 14.5. 1900 Basel. Der Lehrerssohn wurde am Naturhistorischen M u s e u m in Wiesbaden zum Präparator ausgebildet, war seit 1857 als Präparator in Stuttgart tätig und ging 1859 nach Basel, wo er bis 1875 Konservator der Naturhistorischen S a m m l u n g war. S. gründete ein Zoologisches Comptoir, das zahlreiche europäische Museen mit zoologischen Objekten belieferte. Er war ein bekannter M u s e u m s f a c h m a n n und Taxidermist. Zu seinen Veröffentlichungen gehört Historiae amphibiorum naturalis et literariae (2 Bde., 1799-1801).
Schneider,
Gustav, Gewerkschafter, Politiker, * 11.7. 1877 Breslau, t 16.10. 1935 Berlin. Nach einer kaufmännischen Ausbildung studierte S. Volkswirtschaft an der Handelshochschule Königsberg. 1900 wurde er in den Beirat und den Aufsichtsrat des Verbandes deutscher Handlungsgehilfen in Leipzig gewählt und war seit 1912 Vorstandsmitglied. Während des Ersten Weltkriegs war er Mitglied des Kriegsausschusses für Konsumenteninteressen und Kriegsspeisung. 1919 wurde S. Mitglied der Deutschen Nationalversammlung, 1924 des Reichstags. 1920 wurde er Vorsitzender des Gewerkschaftsbundes der Angestellten und zweiter Vorsitzender des Gewerkschaftsrings deutscher Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenverbände, 1925 Präsident des Internationalen Bundes neutraler Angestelltenorganisationen und 1928 Vorstand des Internationalen Bundes neutraler Gewerkschaften. DP Reichshandbuch
Schneider, Hannes, eigentl. Johannes S., österr. Skifahrer, * 2 4 . 6 . 1890 Stuben am Arlberg (Vorarlberg), t 2 6 . 4 . 1955 North C o n w a y (New Hampshire, USA). Der Bergbauernsohn war einer der ersten Schüler des Skiclubs Arlberg, wurde 1907 Skilehrer und Bergführer in St. Anton, nahm am Ersten Weltkrieg u. a. in einer Hochgebirgseinheit teil und gründete später in St. Anton eine Skischule. S. gewann zahlreiche alpine Wettrennen und trug zur Entwicklung des alpinen Skirennsports bei. 1928 initiierte er mit Sir Arnold Lunn das Arlberg-KandaharRennen. S. wirkte als Schauspieler in Bergfilmen mit, u . a .
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Schneider,
Hans (Karl Wilhelm), Ingenieur, * 3 . 8 . 1909 Walsum (Rheinland), t 10. 1. 1990 Bremen. Der Sohn eines Maschinenbauingenieurs studierte Maschinenbau an der T H Berlin-Charlottenburg und wurde 1934 Diplomingenieur. Zunächst bei der A E G als Konstrukteur für Dieselmotoren tätig, entwickelte S. seit 1939 F l u g m o toren und Raketentriebwerke bei B M W in Spandau-Zühlsdorf. 1943 zum Bevollmächtigten für die Entwicklung von Raketenmotoren ernannt, war er bis Kriegsende Entwicklungsleiter f ü r Raketen bei B M W in München. Unter seiner Leitung entstanden zahlreiche Raketentriebwerke f ü r den Einsatz im Zweiten Weltkrieg (u.a. für Flakgeschosse und Raketenjäger). 1946 wurde S. in Frankreich Entwicklungsingenieur für Flugmotoren und Raketen, 1954 Werkleiter und 1959 Chefingenieur des Raketenzentrums Villaroche. Er entwickelte neun Prototypen für Triebwerke, mit denen Flugzeugtypen wie die Trident und das Militärflugzeug Mirage ausgestattet wurden. 1962 wurde S. Leiter der Raumfahrtabteilung, 1964 Prokurist und 1967 Geschäftsführer der E R N O Raumfahrttechnik G m b H in Bremen. Dort wurden unter seiner Leitung Teile der Trägerrakete Ariane und Komponenten für das Weltraumlabor Spacelab entwickelt. CD N D B
Schneider, Hans, Hydrologe, Hydrogeologe, * 17.7. 1914 Bielefeld, t 3 . 2 . 1999 Bielefeld. S., der als Halbwaise aufwuchs, studierte Physik, Mathematik und Naturwissenschaften an den Universitäten München und Münster, wo er 1938 mit der Arbeit Die geologischen Verhältnisse im Gebiet der Baumberge promoviert wurde. Nach Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und Gefangenschaft, gründete er 1946 in Bielefeld eine Geohydrologische Beratungsagentur, die sich mit Belangen der Grundwasserökonomie und Wasserversorgung beschäftigte. Beratertätigkeiten führten S. in verschiedene Länder Südeuropas und Afrikas. Er veröffentlichte u . a . Die Wassererschließung (1952, 3 1988), Geohydrologie Nordwestfalens (1964) und Geohydrologie des Eiftgebietes (1965). 1951 war S. Mitbegründer der International Hydrological Association. 1972 ernannte ihn die Univ. Münster zum Honorarprofessor. Schneider,
Hans Ernst, auch Hans (Werner) Schwerte, Germanist, * 15.12. 1909 Königsberg, f 1 8 . 1 2 . 1 9 9 9 Marquartstein (Oberbayern). Der Sohn eines Versicherungsbeamten studierte nach eigenen Angaben seit 1928 in Königsberg, Berlin und Wien u . a . Germanistik, Theaterwissenschaft und Volkskunde, wurde angeblich 1935 bei Paul - » H a n k a m e r promoviert und war dann als Tanzlehrer und Publizist tätig. 1933 wurde er Mitglied der SA, 1937 der SS und der N S D A P , im Februar
Schneider 1938 Referent im SS-Rasse- und Siedlungshauptamt und arbeitete seit Oktober 1938 für das „Ahnenerbe" des SSHauptamtes in Berlin. 1940-42 war er Verbindungsführer des „Ahnenerbes" zum Höheren SS- und Polizeiführer der Niederlande und leitete 1942-45 die Dienststelle Germanischer Wissenschaftseinsatz des „Ahnenerbe" in Berlin. 1945 nahm S. den N a m e n Hans Schwerte an, ließ sich für tot erklären und heiratete seine „Witwe". Ein anschließendes Studium der Germanistik in Hamburg ( 1 9 4 5 / 4 6 ) und Erlangen Schloß er 1948 mit der Promotion ab (Studien über den Zeitbegriff bei Rilke), war dann als wissenschaftlicher Assistent tätig und habilitierte sich 1958 mit der Studie Faust und das Faustische. Ein Kapitel deutscher Ideologie (1962), die sich als eine der ersten ideologiekritischen Arbeiten der deutschen Germanistik gegen den „faustischen Menschen" als nationalen Typus und germanisches Schicksal wandte. S. wurde 1964 apl. Prof. an der Univ. Erlangen und war 1965-78 o.Prof. für Neuere Deutsche Literatur an der Rheinisch-Westfälischen T H Aachen, 1970-73 deren Rektor. Seit 1982 lebte er in Aschau. S. beschäftigte sich besonders mit —> Rilke, —> Hofmannsthal, —> Goethes Faust und der Literatur des Wilhelminischen Zeitalters. 1976-81 war S., der sich in der Öffentlichkeit f ü r die kritische Aufarbeitung des Nationalsozialismus und die europäische Versöhnung einsetzte, Beauftragter für die Pflege und Förderung der Beziehungen des Landes Nordrhein-Westfalen z u m Königreich der Niederlande und dem Königreich Belgien. Nach Recherchen des niederländischen Fernsehens gab S. 1995 seinen ursprünglichen Namen bekannt. Ermittlungen gegen S. wegen Beihilfe zum Mord und Fälschung von Personalien wurden eingestellt, die Länder Bayern und Nordrhein-Westfalen nahmen die Ernennung zum Prof. zurück und entzogen S. Beamtenstatus und Pension. Er veröffentlichte u . a . die Erzählung Königliches Gespräch (1936) und gab mit Wilhelm —¥ Spengler Gestalter unserer Zeit. Europäische Köpfe (4 Bde., 1954), mit Helmut Schanze die Indices zur deutschen Literatur (29 Bde., 1968) und seit 1983 mit Günther Mahal die Publikationen des Faust-Archivs und der FaustGesellschaft heraus. CD I G L
Schneider,
Heinrich, Bibliothekar, * 3 0 . 4 . 1 8 8 9 O f f e n b a c h / M a i n , t 3 . 6 . 1 9 7 2 Kalifornien. Nach dem Studium der Theologie, Germanistik und Geschichte an den Universitäten Tübingen, Leipzig und Gießen wurde S., Sohn eines Lehrers, mit der Arbeit Gebrauch des attributiven Beiworts in Schillers und Goethes Versdramen (1911) zum Dr. phil. promoviert. 1912 habilitierte er sich, war 1914-21 Bibliothekar an der Universitätsbibliothek Gießen und hielt Vorlesungen im Fach Geschichte. 1921 wechselte S. an die Landesbibliothek Wolfenbüttel und wurde 1923 Direktor. 1926 folgte er d e m Ruf als Oberbibliothekar und erster Bibliotheksrat an die Stadtbibliothek Lübeck. 1933 als Mitglied der S P D entlassen, emigrierte S. zunächst nach Sofia (Bulgarien) und 1936 in die U S A . Dort untenrichtete er bis zu seiner Emeritierung 1955 u . a . an der Harvard University in Cambridge; seit 1943 war er amerikanischer Staatsbürger. S. widmete sich vor allem der —»Lessing-Forschung (u. a. Lessing. Zwölf biographische Studien, 1950). CD IGL
Schneider,
Heinrich, Politiker, * 9. 11. 1905 Dorlar, t 2 2 . 1 . 1980 Wiesbaden. Der Sohn eines Kleinbauern arbeitete nach einer Maurerlehre auf d e m Bau. Er engagierte sich in der S P D und war 1930-33 Vorsitzender der Baugewerkschaft Gießen-Wetzlar im Deutschen Baugewerkschaftsbund. Seit 1929 journalistisch tätig, erhielt er 1933 als Sozialdemokrat Berufsverbot und wurde unter Polizeiaufsicht gestellt. 1945 gründete er die S P D in Marburg Stadt und Land. 1946-71 gehörte S. dem Hessischen Landtag an, war 1948-54 Geschäftsführer
der SPD-Fraktion und 1 9 5 4 / 5 5 deren Vorsitzender, 1955-69 hessischer Minister des Innern und seit 1959 stellvertretender Ministerpräsident. CD Munzinger
Schneider,
Heinrich, Politiker, * 2 2 . 2 . 1907 Saarbrücken, t 12. 1. 1974 Stuttgart. Der Sohn eines Schreinermeisters studierte in Heidelberg, München, Berlin und Marburg Rechts- und Staatswissenschaften und wurde 1930 mit der Schrift Die Aktie nach englischem, amerikanischem und französischem Recht promoviert. 1930-37 g e h ö r t e s , der N S D A P an. 1934 ließ er sich nach kurzer Tätigkeit im Saarreferat des preuß. Innenministeriums als Rechtsanwalt in Saarbrücken nieder. 1942-45 arbeitete er in der Rechtsabteilung des Auswärtigen A m t e s in Berlin, kehrte nach Saarbrücken zurück und ließ sich dort 1950 als Anwalt nieder. 1955-62 war S. Vorsitzender der Demokratischen Partei Saar, Mitglied des Saarländischen Landtags und 1957-59 saarländischer Minister für Wirtschaft, Verkehr, Ernährung und Landwirtschaft sowie stellvertretender Ministerpräsident. Seit 1957 gehörte er dem Deutschen Bundestag an. CD Munzinger
Schneider,
Heinrich Justus, Maler, * 2 0 . 7 . 1811 Coburg, t 2 6 . 7 . 1884 Gotha. S. erhielt seine künstlerische Ausbildung zunächst bei Julius —> Schnorr von Carolsfeld, 1833-40 an der Kunstakademie in München und dann in Antwerpen. 1843-45 hielt er sich in R o m auf, anschließend in M ü n c h e n . 1849 wurde er Prof., später herzoglich sächsischer Hofrat in Gotha, wo er auch Vorstand der herzoglichen Gemäldegalerie und des Kupferstichkabinetts war. S. schuf vorwiegend historische Gemälde (u. a. Friedrichs des Großmütigen Abschied von seinen Eltern), ferner Bleistift-Illustrationen zum Leben —> E m s t s des F r o m m e n . CD T h - B
Schneider,
H e r m a n n , Maler, Illustrator, * 15.6. 1847 München, f 2 4 . 7 . 1918 München. Der Sohn des Verlegers Friedrich —>S.s erhielt ersten Zeichenunterricht an der Kunstgewerbeschule unter Hermann —»Dyck, dann an der A k a d e m i e der bildenden Künste unter Moritz von —> Schwind und Karl von —»Piloty. U m 1877 übernahm S. die künstlerische Leitung der „Fliegenden Blätter". Er wurde zum Kgl. Prof. ernannt. 1884 vollendete einen zwölfteiligen Bacchus-Zyklus f ü r das Weinzimmer der Drachenburg bei K ö n i g s w i n t e r / R h e i n . Nach 1890 war S. stark beeinflußt von Hans —»Makart und A l m a Tadema. CD T h - B
Schneider, H e r m a n n , Germanist, * 1 2 . 8 . 1 8 8 6 Zweibrücken, t 9 . 4 . 1961 Tübingen. S., Sohn eines Oberlandesgerichtspräsidenten, studierte seit 1904 Deutsche Philologie in M ü n c h e n und Berlin (u. a. bei Wilhelm —»Scherer und Gustav —>Roethe) und wurde 1909 zum Dr. phil. promoviert (Friedrich Halm und das spanische Drama). Seit 1912 Privatdozent in Bonn (Habilitationsschrift: Die Gedichte und die Sage von Wolfdietrich, gedruckt 1913), ging er 1915 als a . o . P r o f . an die Univ. Berlin und war 1921-54 o . P r o f . der Deutschen Sprache und Literatur in Tübingen, 1 9 4 5 / 4 6 Rektor der Universität. S. widmete sich in zahlreichen Untersuchungen und Literaturgeschichten der deutschen und nordischen Literatur des Mittelalters und der Dichtung der deutschen Klassik und Romantik. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Studien zu Heinrich von Kleist (1915), Uhland. Leben, Dichtung, Forschung (1920), Heldendichtung, Geistlichendichtung, Ritterdichtung (1925, 2 1943), Germanische Heldensage (3 Bde., 1928-34, 2 1942), Schiller. Werk und Erbe (1934), Geschichte der norwegischen und isländischen Literatur (1948) und Geschichte der deutschen Dichtung (2 Bde., 1949/50). S. war Mitherausgeber der - » Schiller-Nationalausgabe und Herausgeber der „Bibliothek des Literarischen Vereins" (seit 1925)
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Schneider in Stuttgart und der „ T ü b i n g e r G e r m a n i s t i s c h e n A r b e i t e n " (seit 1926). Seit 1936 w a r er k o r r e s p o n d i e r e n d e s M i t g l i e d der B a y e r i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n , seit 1949 der A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n u n d der Literatur zu M a i n z . m
IGL
S c h n e i d e r , H e r m a n n , s c h w e i z e r . Schriftsteller, * 2 4 . 7 . 1901 Basel, t 31. 1 . 1 9 7 3 B a s e l . S. studierte o h n e A b s c h l u ß G e r m a n i s t i k , K u n s t g e s c h i c h t e und P h i l o s o p h i e in B a s e l , arbeitete d a n n als f r e i e r Schriftsteller und w a r 1940-67 R e d a k t e u r d e s „ S c h w e i z e r i s c h e n B e o b achter". Sein literarisches W e r k u m f a ß t zahlreiche H ö r s p i e l e und D r a m e n ( u . a . D'r Bammert, 1937, in B a s l e r M u n d a r t ; Buchhalter Müller, 1937; Rhygass Ballade. Ein Totentanzspiel, 1939; Die neue Stadt, 1946). U n t e r seinen R o m a n e n sind vor allem Wenn die Stadt dunkel wird (1942) und Schiffe fahren nach dem Meer ( 1 9 4 4 ) h e r v o r z u h e b e n . S. w u r d e 1968 mit d e m J o h a n n - P e t e r - H e b e l - P r e i s d e s L a n d e s B a d e n - W ü r t t e m b e r g ausgezeichnet. CD D L L S c h n e i d e r , H u g o , Architekt, * 1 2 . 3 . 1841 Kassel, t 2 4 . 1 2 . 1 9 2 5 Kassel. S. b e s u c h t e 1855-60 die P o l y t e c h n i s c h e S c h u l e in Kassel und w a r 1861-64 unter d e m D o m b a u m e i s t e r R i c h a r d —> Voigtei a m A u s b a u d e s K ö l n e r D o m s tätig. Z u r weiteren A u s b i l d u n g hielt er sich in Wien, 1865-67 bei Gilbert Scott in L o n d o n auf u n d arbeitete a n s c h l i e ß e n d als Privatarchitekt in A a c h e n , 1874-79 in D ü s s e l d o r f . 1 8 7 9 - 1 9 1 0 lehrte S. als Prof. an der Kgl. A k a d e m i e in Kassel. Z u seinen A r b e i t e n zählen vor a l l e m B r u n n e n (u. a. M a r k t b r u n n e n in M e i n i n g e n , 1872; M a r k t b r u n n e n in L ü b e c k , 1873) und K i r c h e n b a u t e n ; seine b e d e u t e n d s t e L e i s t u n g ist der n e u g o t i s c h e A u s b a u des G l o c k e n t u r m s des A a c h e n e r M ü n s t e r s ( 1 8 7 9 - 8 4 ) . CD T h - B S c h n e i d e r , Ida, s c h w e i z e r . K r a n k e n s c h w e s t e r , * 1 0 . 4 . 1869 Zürich, t 2 . 2 . 1968 Z ü r i c h . N a c h d e m B e s u c h des L e h r e r i n n e n s e m i n a r s in Zürich ließ sich S., T o c h t e r von Albert —»S., in Zürich und H a m b u r g zur K r a n k e n s c h w e s t e r a u s b i l d e n . Sie Schloß sich d e n Ä r z tinnen A n n a —>Heer und M a r i e —> H e i m - V ö g t l i n an, welc h e 1899 d i e S t i f t u n g und 1901 die „ S c h w e i z e r i s c h e Pfleg e r i n n e n s c h u l e " in Z ü r i c h g r ü n d e t e n . 1901-14 stand S. dieser S c h u l e als O b e r i n vor. S i e hatte g r o ß e n Anteil an der A u s b i l d u n g und H e b u n g des S t a n d e s der weltlichen S c h w e s t e r n s c h a f t in d e r S c h w e i z . S c h n e i d e r , J o h a n n (Gottlob), M u s i k e r , G e s a n g s p ä d a g o g e , * 2 8 . 1 0 . 1789 A l t g e r s d o r f (heute zu N e u g e r s d o r f ) , t 1 3 . 4 . 1864 D r e s d e n . D e r S o h n J o h a n n G o t t l o b —»S.s erhielt e b e n s o w i e seine B r ü d e r Friedrich und J o h a n n Gottlieb - > S . f r ü h Unterricht im Klavier- und Orgelspiel. D a s in L e i p z i g b e g o n n e n e Stud i u m der R e c h t e g a b S. bald z u g u n s t e n der O r g a n i s t e n l a u f bahn auf. 1811 w u r d e er Universitätsorganist u n d G e s a n g lehrer der R a t s f r e i s c h u l e in Leipzig, 1812 Organist an St. Peter und Paul in Görlitz, 1825 an St. S o p h i e n , der e v a n g . H o f k i r c h e in D r e s d e n , w o er 1830 z u d e m die Direktion d e r D r e y ß i g s c h e n S i n g a k a d e m i e ü b e r n a h m . A l s a n g e s e h e n e r Org e l v i r t u o s e spielte er u. a. in L o n d o n . CD M G G S c h n e i d e r , J o h a n n Gottlob, M u s i k e r , * 1.8. 1753 A l t w a l t e r s d o r f ( h e u t e W a l t e r s d o r f ) bei Zittau, t 3 . 5 . 1840 Gersdorf. Als W e b e r tätig, lernte S. K l a v i e r und Violine und w a r S c h ü l e r d e s Zittauer O r g a n i s t e n . 1774 w u r d e S. Organist, d a n n U n t e r s c h u l m e i s t e r in Waltersdorf und 1787 H a u p t l e h rer und O r g a n i s t in Alt- u n d N e u g e r s d o r f . Er w a r der Vater von Friedrich, Gottlieb und J o h a n n —> S. CD A D B
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S c h n e i d e r , Johann Gottlob Saxo, Philologe, Lexikog r a p h , B i b l i o t h e k a r , * 1 8 . 1 . 1 7 5 0 K o l l m e n (Sachsen), t 12. 1. 1822 B r e s l a u . D e r S o h n eines M a u r e r s studierte in L e i p z i g P h i l o l o g i e , w e c h s e l t e u m 1772 an die U n i v . G ö t t i n g e n u n d k a m 1774 als M i t a r b e i t e r d e s P h i l o l o g e n R i c h a r d Frangois P h i l i p p B r u n c k n a c h S t r a ß b u r g . 1776 g i n g S. als Prof. der E l o q u e n z und P h i lologie an die U n i v . F r a n k f u r t / O d e r , w o er seit 1805 a u c h U n i v e r s i t ä t s b i b l i o t h e k a r war. N a c h der S c h l i e ß u n g der U n i v . F r a n k f u r t / O d e r 1811 w a r S. Prof. an d e r U n i v . B r e s l a u , D i r e k t o r d e s P h i l o l o g i s c h e n S e m i n a r s und seit 1814 O b e r bibliothekar an der dortigen U n i v e r s i t ä t s b i b l i o t h e k . Er verö f f e n t l i c h t e u. a. e i n e Sammlung von Elementar-Kenntnissen aus der Naturgeschichte und der Naturlehre der Alten, insbesondere der Griechen (1801) und ein Kritisches griechischdeutsches Handwörterbuch (2 B d e . , 1 7 9 7 / 9 8 ) , d a s von F r a n z —>Passow w e i t e r g e f ü h r t w u r d e . CD B B H S S c h n e i d e r , Johann Joseph, Mediziner, * 1 5 . 1 0 . 1 7 7 7 F u l d a , t 1855 F u l d a . D e r S o h n eines H o f c h i r u r g e n studierte an d e r U n i v . Fulda, lehrte zwei J a h r e lang als K o r r e p e t i t o r P h y s i o l o g i e und g i n g zur F o r t s e t z u n g seiner S t u d i e n nach W ü r z b u r g . Dort absolvierte S. 1801 das m e d i z i n i s c h - c h i r u r g i s c h e E x a m e n , ließ sich in F u l d a als A r z t nieder und w u r d e 1805 z u m Dr. m e d . p r o m o v i e r t . Seit 1813 w i r k t e er mit d e m Titel eines M e d i zinalrats als Sekretär des M e d i z i n a l - C o l l e g i u m s u n d als P h y sikus des A m t e s G r o s s e n l ü d e r , seit 1817 als P h y s i k u s d e s L a n d g e r i c h t s F u l d a . Seit 1822 bekleidete S. die Ä m t e r d e s Stadt-, L a n d g e r i c h t s - und K r e i s p h y s i k u s , war M i t g l i e d der m e d i z i n i s c h e n D e p u t a t i o n und P o l i z e i k o m m i s s i o n , später O b e r m e d i z i n a l r a t und M e d i z i n a l r e f e r e n t bei der R e g i e r u n g und seit 1844 G e h e i m e r Medizinalrat. Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Handbuch über die Krankheiten des mannbaren Alters (mit Carl B e r n h a r d Fleisch, = Handbuch über die Krankheiten der Kinder, B d . 4, Teil 1 und 2, 1808-12), Neues Alphabet der Giftpflanzen ( 1 8 3 7 ) und Die Neuralgien in der Zeit der Pubertäts-Entwickelung oder des mannbaren Alters (2 Bde., 1842/43). CD Kreuter S c h n e i d e r , Johann Rudolf, schweizer. Mediziner, A p o t h e k e r , Politiker, * 2 3 . 1 0 . 1 8 0 4 M e i e n r i e d (Kt. B e r n ) , t 14. 1. 1880 B e r n . N a c h d e m S t u d i u m der M e d i z i n in B e r n , G ö t t i n g e n , Paris und Berlin ließ sich S., S o h n eines G a s t - und L a n d w i r t s , 1828 als Arzt und A p o t h e k e r in N i d a u nieder. B e k a n n t h e i t erlangte er d u r c h das E n g a g e m e n t f ü r die J u r a w a s s e r k o r rektion zur V e r h i n d e r u n g von Ü b e r s c h w e m m u n g e n und daraus resultierenden E p i d e m i e n . S. v e r ö f f e n t l i c h t e Gespräche über die Überschwemmungen im Seelande der westlichen Schweiz [...] (1835). 1833-35 und seit 1837 g e h ö r t e er d e m G r o ß e n Rat an. 1837 w u r d e er in d e n R e g i e r u n g s r a t , w o er seit 1846 das D e p a r t e m e n t d e s I n n e r n u n d das Sanitätsw e s e n leitete, u n d 1848 in den Nationalrat g e w ä h l t . N a c h d e m R ü c k z u g aus d e m politischen L e b e n w a r S. 1850-79 als Arzt a m Inselspital in B e r n tätig. Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Versuch einer Erläuterung der Fragen, welche nach bernerischen Gesetzen dem Arzte bei gerichtlichen Obduktionen vorgelegt werden (1835). CD B e r n Bio, B d 5 S c h n e i d e r , J o h a n n e s , e v a n g . T h e o l o g e , * 7 . 7 . 1857 Höxter/Weser, t 12.8.1930 Höxter/Weser. S. w u r d e 1882 P f a r r e r in Warburg, 1883 in L i c h t e n a u , 1891 in E l b e r f e l d und 1918 R e f e r e n t im E v a n g e l i s c h e n O b e r kirchenrat Berlin. Seit 1922 war er H o n o r a r p r o f e s s o r mit L e h r a u f t r a g f ü r K i r c h e n k u n d e an der U n i v . Berlin, seit 1923 Leiter des Kirchenstatistischen A m t e s im D e u t s c h e n E v a n g e l i s c h e n K i r c h e n a u s s c h u ß und seit 1924 O b e r k o n s i s t o r i a l rat i m K i r c h e n b u n d e s a m t . Seit 1894 g a b er d a s von sein e m Vater 1873 g e g r ü n d e t e „ K i r c h l i c h e J a h r b u c h " heraus.
Schneider S. schrieb u. a. Die Säkularisation von 1810 und die Dotationsansprüche der Kirche (1910), Was leistet die Kirche dem Staat und dem Volk? (1918, 3 1919) und Die kirchliche Statistik in ihrer apologetischen Bedeutung(\929). CD R G G
von der Bundesregierung berufenen Mitglieds des Vorstandes der Bundesanstalt f ü r Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenfürsorge versah. 1954-68 war S. Präsident des Bundessozialgerichtshofs in Kassel. OD Munzinger
S c h n e i d e r , Johannes Ferdinand, evang. Theologe, * 2 3 . 9 . 1895 Stadtoldendorf (Kr. Holzminden), t 2 2 . 5 . 1970 Berlin. Der Sohn eines Baptistenpredigers studierte Philosophie, Theologie, Geschichte und Staatswissenschaften, wurde 1922 zum Dr. rer. pol. und mit der Arbeit Die Passionsmystik des Paulus (1927) zum Dr. theol. promoviert. Nach der Habilitation 1930 lehrte S. als Privatdozent, seit 1935 als a. o. Prof. des Neuen Testaments an der HumboldtUniversität zu Berlin. 1937-39 hatte er in Breslau eine o. Professur inne, wurde dort aus politischen Gründen jedoch nicht bestätigt und nahm 1 9 3 9 / 4 0 eine Gastprofessur in den U S A wahr. Seit 1941 wirkte S. wiederum als a. o . P r o f . der Theologie in Berlin, w o er 1950 eine o. Professur erhielt. Zu seinem umfangreichen wissenschaftlichen Werk gehören u . a . Die Gemeinde nach dem Neuen Testament (1939) und Taufe und Gemeinde im Neuen Testament (1952).
S c h n e i d e r , (Johann) Julius, Musiker, Komponist, * 6 . 7 . 1805 Berlin, t 3 . 4 . 1 8 8 5 Berlin. Der Sohn eines Klavierfabrikanten erhielt seine musikalische Ausbildung bei August Wilhelm - > Bach, L u d w i g - > Berger und Bernhard —> Klein. 1829 wurde S. Organist und Kantor der Friedrichswerderschen Kirche, war 1835-58 Gesanglehrer der Städtischen Musikschule und führte seit 1837 den Titel eines Kgl. Musikdirektors. Seit 1854 fungierte er als Lehrer für Orgel, Gesang und Komposition am Kgl. Institut f ü r Kirchenmusik und gehörte sei 1875 dem Senat der Akademie an. S. war seit 1836 Musikdirektor der Großloge Royal York und leitete 1844-47 den Verein f ü r klassische K a m m e r m u s i k in Potsdam. Er komponierte kirchliche Gesangswerke, Opern, Oratorien, Männerquartette und Instrumentalwerke. • • ADB
DP B B K L S c h n e i d e r , Josef, kath. Theologe, Erzbischof von Bamberg, * 5 . 2 . 1906 Nürnberg, f 18. 1.1998 Bamberg. S. studierte kath. Theologie an der Univ. M ü n c h e n und an der Gregoriana in R o m und wurde 1928 zum Dr. theol. und 1932 zum Dr. phil. promoviert. 1931 zum Priester geweiht, war er 1934-36 Kaplan, u . a . in Wallenfels und in Trunstadt bei Bamberg, und 1936-45 Subregens des Erzbischöflichen Klerikalseminars in Bamberg. 1945 wurde er a . o . P r o f . der Moraltheologie und Pastoraltheologie an der dortigen Philosophisch-Theologischen Hochschule, an der er 1953-55 als o . ö . P r o f . einen Lehrstuhl innehatte. 1955-76 war S. Erzbischof von Bamberg, 1964-73 Konsultor der Päpstlichen Kommission zur Revision der kirchlichen Gesetzbücher. Mit der Berufung in die Konsistorialkongregation 1968 erhielt er ein Kurienamt. S. veröffentlichte u . a . Die Grundlagen der Sittlichkeit in philosophischer und theologischer Sicht (1947, mit Adolf Eberle) und Zwei Wege der Lebensführung. Epiktet und Thomas von Kempen (1952). OD Gatz 5 S c h n e i d e r , Joseph, Jesuit, Theologe, * 5 . 9 . 1824 Friesheim (Rheinland), t 7. I. 1884 Rom. Nach dem Studium der Theologie und der Priesterweihe (1850) war S. Kaplan in Aachen und trat 1852 in die Gesellschaft Jesu ein. Er war in der Seelsorge tätig, wurde 1859 Präses der Männerkongregation in Köln und später Mitglied der Ablaß- und Ritenkongregation. Seit 1872 lebte er in Frankreich. S. verfaßte das mehrfach aufgelegte Regel- und Gebetbuch für die Mitglieder der Marianischen Congregationen (1861), außerdem Erbauungsbücher. A m bekanntesten wurde die nach einem Buch des Jesuiten Antonin Maurel bearbeitete Schrift Die Ablässe, ihr Wesen und ihr Gebrauch (1860). OD A D B S c h n e i d e r , Joseph, Jurist, * 2 6 . 1 0 . 1900 Diedenhofen (Lothringen), t 7 . 6 . 1986 Bonn. S. studierte an den Universitäten Bonn, Würzburg und München Philosophie, Theologie, Rechts- und Staatswissenschaften und war seit 1922 im rheinischen Justiz- und Verwaltungsdienst tätig. 1927 wurde er Regierungsassessor beim Landratsamt Köln und arbeitete 1929-31 als Referent im Oberpräsidium in Koblenz, seit 1931 im preuß. Ministerium des Innern und seit 1936 im Reichsversicherungsamt in Berlin. Seit 1939 leitete er die Überwachung des Sozialversicherungswesens im Protektorat Böhmen und Mähren. Nach Kriegsende in verschiedenen kommunalen Unternehmen tätig, übernahm er 1950 eine leitende Position im Bundesarbeitsministerium in Bonn, w o er seit 1952 das A m t des
S c h n e i d e r , Karl (Rudolf), Architekt, * 15.5. 1892 Mainz, t 11. 12.1945 Chicago (Illinois, USA). Nach dem Studium an der Hochschule für Kunst und Gewerbe in Mainz (1909-11) arbeitete S., Sohn eines Tischlers, in verschiedenen Architekturbüros, u . a . bei William —> Lossow und Max Hans —> Kühne in Dresden und 1912-14 im Büro Walter —>Gropius in Berlin. 1 9 1 5 / 1 6 gehörte er dem Büro von Peter —»Behrens an, nahm dann am Ersten Weltkrieg teil und kam nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft zu Heinrich —»Straumer. 1921-23 gestaltete S. gemeinsam mit Fritz —> Höger in Hamburg die Arbeitersiedlung Neumünster. Anschließend machte er sich mit einem eigenen Architekturbüro selbständig. In den zwanziger Jahren ein führender Vertreter des Neuen Bauens, trat S. mit d e m Bau von Einzelhäusern, Siedlungen, Fabriken und Großwohnanlagen hervor und entwarf u. a. in Hamburg das ehemalige Haus R ö m e r ( 1 9 2 7 / 2 8 ) sowie Bauten des Wohnviertels Jarrestadt (1926-30). Zu seinen wichtigsten Bauten in Hamburg zählt das für die Bildhauerin Elise Michaelsen entworfene Landhaus Michaelsen (1922). Seit 1930 war S „ 1930-32 Mitglied der SPD, 1933 der Deutschnationalen Volkspartei, Prof. der Architektur und Leiter der Designklasse an der Landeskunstschule in Hamburg. 1933 von den Nationalsozialsiten entlassen, emigrierte er 1938 in die U S A . OD B H d E , Bd 2 S c h n e i d e r , Karl Camillo, österr. Zoologe, * 2 8 . 8 . 1867 Pomßen (Sachsen), t März 1943 (?) Eichenhof bei Oels (Schlesien). Der Sohn eines Teich- und späteren Rittergutspächters studierte Naturwissenschaften in Leipzig und München, wurde 1890 mit der Arbeit Histologie von „hydra fusca", mit besonderer Berücksichtigung der Nervensystems der Hydropolypen promoviert und war Assistent am II. Zoologischen Institut der Univ. Wien. 1891-97 arbeitete er, mit Unterbrechung durch eine Tätigkeit als Assistent an der Univ. Gießen 1 8 9 5 / 9 6 , an den zoologischen Stationen in Neapel und Rovigno und habilitierte sich 1897 an der Univ. Wien für Zoologie. Seit 1905 unbesoldeter, seit 1911 a . o . P r o f . , wurde er 1932 wegen eines versuchten Mordanschlags auf den Dekan Othenio —>Abel zwangspensioniert. S. widmete sich zunächst vor allem histologisch-anatomischen Forschungen, dann zunehmend der Tierpsychologie und der Parapsychologie. Er veröffentlichte u. a. Lehrbuch der vergleichenden Histologie der Tiere (1902), Einführung in die Deszendenztheorie (1906, 2 1911), Euvitalistische Biologie. Zur Grundlegung der Kultur (1906), Vorlesungen über Tierpsychologie (1909), Die Stellung der heutigen Wissenschaft zu den parapsychischen Phänomenen (1924) und Die Periodizität des Lebens und der Kultur (1926). OD Ö B L
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Schneider S c h n e i d e r , Karl Ernst Christoph, Philologe, Übersetzer, * 1 6 . 1 1 . 1 7 8 6 Wiehe (Thüringen), t 1 6 . 5 . 1 8 5 9 Breslau. S. Schloß das Studium der Theologie und Philologie an der Univ. Leipzig mit der Promotion zum Dr. phil. ab und wurde 1816 a. o . P r o f . der Philologie an der Univ. Breslau. Von 1818 bis zu seinem Tod lehrte er dort als o. Professor. S. war mit Franz —>Passow Begründer der Zeitschrift „Museum Vratislaviense" (1820). Er veröffentlichte u . a . Übersetzungen aus Thucydides, Plato, Cicero und Seneca (1855). DP D L L
Schneider,
Karl Ludwig, Pseud. Tobias Runkel, G e r m a nist, * 2 5 . 9 . 1919 Hamburg, t 9 . 7 . 1981 Hamburg. S., Sohn eines Küchenchefs, nahm 1939-41 am Zweiten Weltkrieg teil und begann dann das Studium der Germanistik, Anglistik, Romanistik, Philosophie und Zeitungswissenschaft in Hamburg und Freiburg/Breisgau. 1943 als Mitglied der „Weißen Rose H a m b u r g " verhaftet, war er bis 1945 inhaftiert, setzte anschließend das Studium in H a m burg und Zürich fort und wurde 1950 mit der Arbeit Der bildhafte Ausdruck in den Dichtungen Georg Heyms, Georg Trakts und Ernst Stadlers promoviert (gedruckt 1954, 3 1968). 1946-50 gab er die „Hamburger akademische Rundschau" heraus (Nachdr. 1991). 1958 habilitierte sich S. in Hamburg (Klopstock und die Erneuerung der deutschen Dichtersprache im 18. Jahrhundert, gedruckt 1960, 2 1965), wurde 1960 an der Univ. Munster zum a. o. Prof. ernannt und war 1960-81 Ordinarius für Deutsche Philologie und Literaturwissenschaft an der Univ. Hamburg. 1963-81 gehörte er dem Vorstand der Stiftung Neues Europa-Kolleg Hamburg, 1970-81 d e m Kuratorium der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung an. S. beschäftigte sich vor allem mit —> Klopstock und der Lyrik des Expressionismus (Zerbrochene Formen. Wort und Bild im Expressionismus, 1967) und gab u . a . Werke von Georg —»Heym heraus. Ferner veröffentlichte er Disteln und Dornen. Gedanken und Gedichte aus der Zeit der politischen Haft (1946) und Bumke-Gedichte (1957). Mit Adolf —>Beck und Hermann Tiemann begründete er die historisch-kritische KlopstockAusgabe. CD IGL S c h n e i d e r , Karl Max, Zoodirektor, * 13.3. 1887 Callnberg (heute zu Lichtenstein, Sachsen), t 26. 10. 1955 Leipzig. S., Sohn eines Kaufmanns, war nach d e m Besuch des Fürstlich-Schönburgischen Lehrerseminars in Waldenburg Hilfslehrer in Meerane, studierte seit 1910 an der Univ. Leipzig Pädagogik und Philosophie und wurde 1918 zum Dr. phil. promoviert (Die erkenntnistheoretischen Grundlagen in Rickerts Lehre von der Transzendenz)', seit 1914 nahm er am Ersten Weltkrieg teil. Danach am Zoologischen Institut der Univ. Frankfurt, seit 1919 als Volontär am Psychologischen Institut der Univ. Leipzig tätig, wurde er 1920 Assistent des Direktors des Leipziger Zoologischen Gartens, Johannes —»Gebbing, dessen Nachfolger S. 1934 wurde. 1935 wurde er zum Honorarprofessor ernannt. Er veröffentlichte u . a . Mit Löwen und Tigern unter einem Dach (1935, l ü l 9 7 1 hrsg. von Ingeborg von Einsiedel), Mutterliebe bei Tieren (mit I. von Einsiedel, 1956, 7 1963) und Tiere haben das Wort (mit ders., 1957, l; 1967). S. wurde 1952 in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n und 1953 zum Präsidenten des Verbands der deutschen Zoodirektoren gewählt. 1953 erhielt er den Nationalpreis der DDR.
Schneider,
Konrad Victor, Mediziner, * 1614 Bitterfeld, t 10.8. 1680 Wittenberg. Nach dem Studium der Medizin in Wittenberg wurde S., Sohn eines Amtsschössers, 1639 dort zum Prof. ernannt; er war mehrfach Rektor der Univ. und wurde Leibarzt des
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Kurfürsten von Sachsen sowie des Fürsten von Anhalt. Seine Studie De catarrhis (5 Bde., 1660-62), in der die alte Auffassung von der Herkunft des Nasenschleims aus d e m Gehirn aus empirischen Gründen widerlegt wurde, fand internationale Beachtung; die Bezeichnung Schneidersche M e m b r a n für die Nasenschleimhaut geht auf ihn zurück. Zu weiteren Veröffentlichungen von S. gehören Liber de osse cribriformi et sensu ac organo odoratus et morbis ad utrumque spectantibus, de coryza, haemorraghia narium, polypo etc. (1655), Liber de spasmorum natura et subjecto (1678) und Liber de morbis capitis seu cephalicis Ulis ut vocant soporosis atque horum de curatione conditus (1669). Cd Arzte 1
Schneider,
Kurt, Psychiater, * 7 . 1 . 1 8 8 7 Crailsheim (Württemberg), t 27. 10.1967 Heidelberg. S., Sohn eines Landgerichtspräsidenten, studierte Medizin in Tübingen und Berlin und wurde 1912 zum Dr. med. promoviert (Uber einige klinisch-psychologische Untersuchungsmethoden und ihre Ergebnisse). 1913 kam er als Assistent zu Gustav —> Aschaffenburg an die Psychiatrische und Nervenklinik in Köln, nahm 1914-18 am Ersten Weltkrieg teil, habilitierte sich 1919 für Psychiatrie und Neurologie und übernahm 1922 eine a. o. Professur an der Univ. Köln. 1921 wurde S. zum Dr. phil. promoviert (Pathopsychologische Beiträge zur psychologischen Phänomenologie von Liebe und Mitgefühlen). 1931 wurde S. Leiter des Klinischen Instituts der Deutschen Forschungsanstalt für Psychiatrie in München und der Psychiatrischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses München-Schwabing, 1934 Honorarprofessor der Psychiatrie und Neurologie an der Univ. München; R u f e an andere Universitäten nahm S., der dem Nationalsozialismus ablehnend gegenüberstand, nicht an. 1945 wurde er o . P r o f . der Psychiatrie und Direktor der PsychiatrischNeurologischen Klinik in Heidelberg, wo er bis zu seiner Emeritierung 1955 lehrte; 1 9 5 1 / 5 2 war er Rektor (Rede: Psychiatrie heute, 1952, 3 1960, auch 1966, japan. 1961). S. widmete sich vor allem der klinischen Psychopathologie und d e m psychiatrischen Krankheitsbegriff und gab Karl —> Jaspers wichtige Anregungen f ü r die späteren Auflagen seiner Allgemeinen Psychopathologie (1913, '1973). Er veröffentlichte u . a . Studien über Persönlichkeit und Schicksal eingeschriebener Prostituierter ( 1 9 2 1 , 2 1 9 2 6 ) , Der Dichter und der Psychopathologe (1922), Die psychopathischen Persönlichkeiten ( 1 9 2 3 , 9 1 9 6 0 , niederländ. 1941, span. 194.3, 9 1962, Nachdr. 1968, frz. 1955, engl. 1958, japan. 1964), Beiträge zur Psychiatrie (1946, 2 1948, unter d e m Titel Kli3 nische Psychopathologie, 1950, 15 2007, span. 1951, 4 1975, Neuausg. 1997, italien. 1954, 4 2004, Neuausg. 2005, frz. 1957, 4 1976, engl. 1959, Nachdr. 1993, japan. 1963, russ. 1999) und Die Psychiatrie und die Fakultäten (1947). CD N D B
Schneider,
Lambert, Verleger, * 1 8 . 4 . 1 9 0 0 Köln, t 2 6 . 5 . 1970 Heidelberg. Der Sohn eines K a u f m a n n s studierte 1918-24 Germanistik und Philosophie und gründete 1925 in Berlin den Verlag Lambert Schneider, in dem im selben Jahr die ersten B ä n d e der von ihm selbst angeregten Übersetzung des Alten Testaments durch Martin —> Buber und Franz —> Rosenzweig erschienen. 1926-30 verlegte er die von Buber, Viktor von —> Weizsäcker und Joseph —> Wittig herausgegebene Zeitschrift „Die Kreatur". Seit 1931 hatte S. auch die Geschäftsführung des —> Schocken-Verlags inne, der 1932 die Judaica des Lambert Schneider Verlags übernahm und bis zur Schließung 1938 über 4 0 0 Titel produzierte. 1940 kaufte S. den Salzburger Otto Müller Verlag, als dieser Publikationsverbot erhielt, und gab ihn nach Kriegsende an Otto —> Müller zurück; sein eigener Verlag wurde 1944 geschlossen. 1945 begann S. mit d e m N e u a u f b a u des Verlags in Heidelberg, wo bald das erste Heft seiner neuen Zeitschrift „Die
Schneider Wandlung" erschien (bis 1949); später folgte die „Süddeutsche Juristenzeitung", „Psyche" und die „Hefte für Baukunst und Werkform". Die ersten Bücher des neuen Verlags waren Die Schuldfrage von Karl —»Jaspers und Erfülltes Leben von Marianne —» Weber; 1950 erschien, erstmals in einer deutschen Ausgabe, das Tagebuch der Anne Frank. Schwerpunkte des Programms waren neben Judaica Werke der Weltliteratur, Philosophie und Religion - mit den Hauptautoren Buber, Gustav —»Landauer, Albert —»Schweitzer, Eugen —»Rosenstock-Huessy und Walther —»Rathenau. Beim Aufbau des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels nach 1945 wirkte S. entscheidend mit. 1965 veröffentlichte er Rechenschaft über vierzig Jahre Verlagsarbeit 1925-1965. m NDB S c h n e i d e r , Louis, eigentl. Ludwig Wilhelm, Pseud. Sir John Retcliff, L. W. Both, Schauspieler, Sänger, Schriftsteller, * 2 9 . 4 . 1 8 0 5 Berlin, t 1 6 . 1 2 . 1 8 7 8 Behlertsbrück bei Potsdam. Der Sohn Georg Abraham —»S.s und Bruder Maschinka —»Schuberts debütierte als Neunjähriger in Reval und sang 1820-24 an der Hofoper in Berlin, u . a . die Rolle des Knaben Alamir in der Oper Axur von Antonio —»Salieri. 1824-26 gehörte S. dem Schauspielhaus in Düsseldorf an, 1827-48 d e m Kgl. Schauspielhaus in Berlin. 1827 war er Mitbegründer des „Berliner Sonntagsvereins". Aufgrund seiner royalistischen Einstellung mußte er 1848 seine Bühnenlaufbahn aufgeben. S. wurde Vorleser und Begleiter König —»Friedrich Wilhelms IV. sowie Bibliothekar der kgl. Privatbibliothek. 1866-70 war er Kriegsberichterstatter für den „Staatsanzeiger". S. schrieb Theaterstücke, mit Herrmann —»Goedsche unter d e m gemeinsamen Pseud. Sir John Retcliff rund 4 0 Abenteuerromane und gab unter d e m Pseudonym L. W . Both das Bühnenrepertoire Frankreichs, Englands und Italiens in Verdeutschungen (37 Bde., 1830ff.) heraus. CD D L L S c h n e i d e r , Ludwig, Politiker, * 2 0 . 9 . 1 8 9 8 Erdhausen, t 2 3 . 4 . 1978 Lollar. Nach einer kaufmännischen Lehre holte S. das Abitur nach, studierte 1920-23 Volkswirtschaft und Rechtswissenschaften an der Univ. Gießen und wurde zum Dr. jur. promoviert. Er war als Gerichtsassessor, Anwalt und seit 1945 als Notar tätig, Schloß sich der F D P an, war seit 1949 Abgeordneter im Deutschen Bundestag und seit 1953 einer der Vizepräsidenten. 1956 trat er gemeinsam mit 15 weiteren Abgeordneten aus der F D P aus und führte die Fraktion „Arbeitsgemeinschaft Freier Demokraten", die 1957 in der Deutschen Partei aufging. 1961 trat S. in die C D U ein, o h n e jedoch weiter d e m Bundestag anzugehören. CD Munzinger S c h n e i d e r , Luise, geb. Meier, Verlegerin, * 2 0 . 8 . 1 8 9 4 Berlin, f 3 0 . 1 0 . 1964 München. S. war die Tochter eines dänischen Kunsttischlers, der in einer Berliner Klavierfabrik arbeitete. Nach einer kaufmännischen Lehre war sie Sekretärin von Hermann Tietz (Hertie). 1924 heiratete sie den Verleger Franz —»Schneider, wurde seine Mitarbeiterin und nach seinem Tod seine Nachfolgerin und Neubegründerin des Verlags. 1947 erhielt S. die britische Verlagslizenz. Sie verlegte ausschließlich Kinder- und Jugendbücher und machte das „Schneiderbuch" wohl als erste deutsche Verlegerin zu einem „Markenartikel". Nach ihrem Tod wurde ihre Arbeit durch ihren Sohn Franz S. fortgeführt. S c h n e i d e r , Magda, eigentl. Magdalena Maria, Schauspielerin, * 17.5. 1909 Augsburg, t 3 0 . 7 . 1996 Schönau am Königssee. S., Tochter eines Installateurs, war Stenotypistin, bevor sie eine Gesangsausbildung am Konservatorium für Musik und Theater in Augsburg erhielt. Nach einem ersten Engagement
als zweite Soubrette am Theater in Ingolstadt trat sie in Augsburg, am Gärtnerplatztheater in München, am Theater an der Wien und am Theater in der Josefstadt auf. 1931 nahm S. an Probeaufnahmen der Ufa teil und wirkte im selben Jahr in d e m Film Zwei in einem Auto mit. Als Schauspielerin und Sängerin spielte sie in insgesamt rund 70 Filmen mit. Als bedeutendster Auftritt gilt ihre Darstellung der Christine in M a x —»Ophüls' Filmversion von Arthur —»Schnitzlers Liebelei ( 1 9 3 2 / 3 3 ) . Darüber hinaus betreute S., die in erster Ehe mit dem Schauspieler Wolf —»Albach-Retty verheiratet war, die Karriere ihrer Tochter R o m y - » S . , mit der sie in d e m Film Wenn der weiße Flieder wieder blüht (1953) erstmals gemeinsam vor der Kamera stand. 1969 entstand ihr letzter Fernsehfilm, Vier Frauen im Haus. Ihre Erinnerungen erschienen unter d e m Titel Wenn ich zurückschau... (1990). m Cinegraph S c h n e i d e r , Marius (Karl Alfons), Musikethnologe, * 1.7. 1903 Hagenau (Elsaß), t 10.7. 1982 München. Der Sohn eines Hoteliers erhielt seine Klavierausbildung an den Konservatorien in Straßburg und Paris und studierte Musikwissenschaft in Paris und Berlin. 1930 wurde S. mit Die Ars Nova des 14. Jh. in Frankreich und Italien promoviert. Er war Assistent bei Curt —»Sachs und Erich von —»Hornbostel, den er seit 1934 als Leiter des Berliner Phonogramm-Archivs vertrat; nach Auseinandersetzungen, insbesondere mit Herbert —»Gerigk, wurde seine Habilitation (Geschichte der Mehrstimmigkeit, 2 Tie., 1 9 3 4 / 3 5 , 2 1969) vereitelt. 1 9 4 3 / 4 4 ging S„ der seit 1939 auch im Dienst der A b w e h r stand, nach Barcelona, wo er die Sektion „Folklore" am Institute Espanol de Musicologia aufbaute und leitete. Seit Mitte der fünfziger Jahre wieder in Deutschland, war er 1966-68 Prof. für Musikethnologie in Köln. Zuletzt lebte er in Marquartsein (Chiemgau). S. beschäftigte sich mit der historischen und vergleichenden Musikwissenschaft und gründete seine Forschungen auf Ansätze der kulturhistorischen Ethnologie und der Kulturkreislehre. Teile seiner Theorie über die Entschlüsselung von in Tiersymbolen verborgenen H y m n e n in den katalanischen Klöstern Sant Cugat und Girona wurden 1955 auf deutsch veröffentlicht (Singende Steine, Nachdr. 1978) und führten zu einer anhaltend kontroversen Diskussion seiner Werke, zu denen auch Außereuropäische Folklore und Kunstmusik (1972, 2 1980) und Klangsymbolik in fremden Kulturen (1979) zählten. CO M G G
Schneider, Max, Musikwissenschaftler, * 20.7. 1875 Eisleben, t 5 . 5 . 1 9 6 7 H a l l e / S a a l e . Nach dem Studium der Musikwissenschaften und der Musiktheorie in Leipzig war S., Sohn eines Buchdruckereibesitzers und Verlegers, 1897-1901 Theaterkapellmeister in Halle/ Saale. Er setzte seine musikwissenschaftlichen Studien in Leipzig fort, war 1907-14 Assistent an der Kgl. Bibliothek in Berlin und unterrichtete seit 1909 (seit 1913 als Professor) Instrumentation und Partiturspiel am Akademischen Institut für Kirchenmusik. Seit 1915 war S. a. o . P r o f . der Musikwissenschaft an der Univ. Breslau und Lehrer am dortigen Kgl. Institut für Kirchenmusik. 1917 wurde er in Berlin mit der Arbeit Untersuchungen zur Entstehungsgeschichte des Basso continue und seiner Bezifferung zum Dr. phil. promoviert. 1928-60 lehrte er als Ordinarius an der Univ. Halle, wo er 1938 das A m t des Dekans der Philosophischen Fakultät aus politischen Gründen niederlegte. Schwerpunkte seiner musikwissenschaftlichen Forschung bildeten die Musik des 17. und 18. Jh. sowie die Werke Johann Sebastian —»Bachs. S. veröffentlichte u. a. eine Bach-Genealogie (1915) und Die Anfänge des Basso continue und seiner Bezifferung (1918). Er war Mitherausgeber der „Zeitschrift für Musikwissenschaft", des „Bach-Jahrbuchs" und der Zeitschrift „Die M u sikforschung". CD M G G
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Schneider Schneider,
Michael, evang. Theologe, Philosoph, Lyriker, Übersetzer, * 2 0 . 9 . 1612 Bitterfeld, t 18.4. 1639 Wittenberg. Nach privaten Studien erwarb S. siebzehnjährig den Grad eines Magister artium an der Univ. Wittenberg, studierte in Jena Theologie unter Johann —» Gerhard und absolvierte 1633 die akademischen Disputationen, u . a . mit Theses de veritate unicae religionis Christianae. Die anschließend unt e r n o m m e n e akademische Reise führte ihn durch die Niederlande, Großbritannien und Frankreich. Nach Wittenberg zurückgekehrt, gab S. Privatunterricht für m o d e r n e Fremdsprachen und wurde 1638 Prof. der Moralphilosophie. Neben theologischen und philosophischen Schriften in lateinischer Sprache verfaßte er auch deutsche Dichtungen, darunter Die Histori des Leidens und Sterbens unseres einigen Erlösers (1629) und Lobgesang Jesu Christi (1636). S. übersetzte u. a. in Prosaform Torquato Tassos Amintas oder Waldt-Cedichte (1639) und sprach sich in der Vorrede für den Vorrang der modernen vor den klassischen Sprachen aus. c d Killy
Schneider,
Michael, Musiker, * 4 . 3 . 1 9 0 9 Weimar, 1 - 2 6 . 1 1 . 1 9 9 4 Köln. S. studierte 1 9 3 0 / 3 1 in Leipzig bei Kurt —»Thomas und Karl —»Straube. 1941 wurde er bei Karl Gustav —»Feilerer in Köln mit der Arbeit Orgeltechnik des frühen 19. Jahrhunderts in Deutschland promoviert. Z u m Repertoire des Orgelvirtuosen gehörten neben M a x —»Reger, dessen sämtliche Werke er bis ins hohe Alter immer wieder interpretierte, Dietrich —»Buxtehude, Wolfgang A m a deus —»Mozart, Johann Sebastian —»Bach und Johannes —»Brahms; er interpretierte auch Werke von Johann Nepom u k —> David, Arnold - » Schönberg und Olivier Messiaen. Als Pädagoge war S. in Weimar, M ü n c h e n , Berlin, Detmold und Köln tätig; häufig unterrichtete er auch in den USA. • a MGG
Schneider,
Oswald Oscar Richard, Wirtschaftswissenschaftler, * 2 . 2 . 1 8 8 5 Liegnitz, t 10.2. 1965 Honnef. Nach einer Tätigkeit als Telegraphenarbeiter studierte S., Sohn eines Gärtnereibesitzers, seit 1906 Geschichte, Philosophie und Staatswissenschaften an der Univ. Berlin, wo er 1910 bei Gustav von —»Schmoller promoviert wurde (Bismarck und die preußisch-deutsche Freihandelspolitik) und Volontärassistent war. 1913 trat er in das Reichsschatzamt ein, wechselte 1916 in das Wirtschaftsreferat der Presseabteilung des Auswärtigen Amtes, in dem er 1926 zum Ministerialdirektor und Leiter der Abteilung Personalwesen und Budget aufstieg. Z u d e m lehrte er seit 1921 an der Univ. Kiel, wurde dort 1922 o . H o n o r a r p r o f e s s o r für Finanzwissenschaft, Handelspolitik und Geschichte des Welthandels und war seit 1928 o . P r o f . für Staatswissenschaften an der Univ. Königsberg. Im selben Jahr erhielt S. eine Stelle als Honorarprofessor an der Univ. Berlin, u m weiterhin im Auswärtigen A m t zu arbeiten. Nach d e m Tod Gustav - » S t r e s e m a n n s 1929 schied S. aus d e m Auswärtigen A m t aus, wurde erneut o. Prof. in Königsberg und leitete daneben als geschäftsführenden Direktor das Institut für Ostdeutsche Wirtschaft. 1933 beurlaubt und inhaftiert, dann pensioniert, lebte er bis Kriegsende zurückgezogen in Berlin. 1945 wurde er o. Prof. der Wirtschaftshochschule im Ostsektor Berlins, 1946 Ordinarius der Volkswirtschaftslehre an der HumboldtUniversität zu Berlin und Direktor des Instituts für Finanzwesen. Seit 1950 in der Bundesrepublik, war er bis 1962 Gastprofessor für Finanzwirtschaft fremder Staaten an der Univ. Bonn. Seine Arbeitsgebiete waren die öffentlichen Finanzen und die Wirtschaftspolitik, später mit Schwerpunkt auf den Ländern Osteuropas. S. veröffentlichte u . a . Bismarcks Wirtschafts- und Finanzpolitik (1912), Die Frage der wirtschaftichen Unabhängigkeit Polens (1933) und Osteuropa und der deutsche Osten (1953). CD Hagemann
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Schneider,
Otto, Geologe, * 1 3 . 1 . 1 8 7 4 Köln, t 19.12. 1955 Regensburg. S., Sohn eines Gas- und Wasserwerkdirektors, studierte Geologie in Zürich und Berlin, absolvierte eine praktische Ausbildung im Berg- und Hüttenwesen in Königshütte (Oberschlesien) und in Berlin, setzte an der dortigen Geologischen Landesanstalt sein Studium fort und wurde 1904 mit der Arbeit Das Gestein des Seebachfelsens bei Friedrichroda im Thüringer Walde promoviert. 1918 wurde er zum Prof. und Landesgeologen ernannt. S. war an der Kartierung Norddeutschlands beteiligt und baute das M u s e u m f ü r angewandte Geologie in Berlin auf. Seit 1950 war er Lehrbeauftragter für regionale und angewandte Geologie an der Hochschule in Regensburg. S. veröffentlichte u. a. Methodische Einführung in die Grundbegriffe der Geologie (1928, unter d e m Titel Grundbegriffe der Geologie. Eine methodische Einführung, ' 1 9 4 1 ) und Gesteinskunde (1939).
Schneider,
Paul (Robert), reformierter Theologe, Widerstandskämpfer, * 2 9 . 8 . 1897 Pferdsfeld (heute zu Sobernheim), f 1 8 . 7 . 1 9 3 9 Konzentrationslager Buchenwald. S., Sohn eines reformierten Pfarrers, nahm am Ersten Weltkrieg teil und studierte seit 1918 in Gießen, Marburg und Tübingen Theologie. 1922 am Predigerseminar in Soest ausgebildet, war er 1 9 2 3 / 2 4 in der Stadtmission in Berlin tätig und seit 1926 Pfarrer in Hochelheim (Kr. Wetzlar). 1934 wurde er wegen kritischer Äußerungen gegen den Nationalsozialismus nach D i c k e n s c h i e d / H u n s r ü c k zwangsversetzt und war mehrfach in „Schutzhafz". Als S. 1937 der Ausweisung aus d e m Rheinland nicht nachkam, wurde er im Konzentrationslager Buchenwald interniert. Dort hielt er, „Prediger von Buchenwald" genannt, jeden Morgen von seiner Zelle aus eine Andacht für die Mitgefangenen. S. starb an den Folgen einer Prügelstrafe und einer bewußt überdosierten Strophantinspritze. CD N D B
Schneider, Paul, Musiker, Musikpädagoge, * 2 . 1 2 . 1920 Alfter bei Bonn, t 3 0 . 6 . 2 0 0 2 Saarbrücken. Der einer Organistenfamilie entstammende S. studierte an der Staatlichen Hochschule für Musik in Köln. 1946-90 war er Organist an der Pfarrkirche Christ König in Saarbrücken, 1947-92 Orgellehrer an der dortigen Staatlichen Hochschule für Musik. S. spielte die Orgel im Geist des Gregorianischen Chorais und wandte sich früh der französischen Orgelmusik zu. Zu seinen Schülern zählen u . a . Klaus Fischbach, Andreas Rothkopf und Helmut Deutsch. Schneider,
Reinhold, Schriftsteller, Geschichtsphilosoph, * 13.5. 1903 Baden-Baden, t 6 . 4 . 1 9 5 8 Freiburg/Breisgau. Der Sohn eines Hotelbesitzers verbrachte die von Krieg und Inflation überschattete Jugendund Schulzeit in Baden-Baden. Beruflich orientierungslos, beging S. 1922 einen Selbstmordversuch. Aus der Depression fand er durch die 22 Jahre ältere Lebensgefährtin Anna Maria Baumgarten. Zunächst in der Landwirtschaft, dann in Dresden als kaufmännischer Übersetzer tätig, war er seit 1928 freier Journalist und unternahm Reisen nach Portugal, Spanien, Frankreich, Italien und England. Stark geprägt von der Lektüre Arthur —»Schopenhauers, Friedrich —»Nietzsches und S0ren Kierkegaards, vor allem aber von den Schriften des spanischen Existenzphilosophen Miguel de U n a m u n o , fand S. in der Iberia das historische Modell (Das Leiden des Camoes oder Untergang und Vollendung der portugiesischen Macht, 1930, Neuausg. 1977), das ihm erlaubte, Welt
Schneider im M e d i u m einer ästhetisierenden G e s c h i c h t s d i c h t u n g ausz u d r ü c k e n , die als zeittypisch a n g e s e h e n w e r d e n k a n n und E n t s p r e c h u n g e n ζ. B. in den Werken Heinrich —> M a n n s , Joseph —»Roths, Stefan - » Z w e i g s u n d der F r e u n d e W e r n e r —> B e r g e n g r u e n und J o c h e n —> K l e p p e r hatte. E i n e epitap h i s i e r e n d e Ü b e r s c h ä t z u n g von „ G r ö ß e " und „ S c h ö n h e i t " f r ü h e r e r G e s c h i c h t s h e r o e n v e r d r ä n g t e z u s a m m e n mit einer a u s g e p r ä g t e n T o d e s - und N i c h t i g k e i t s s c h w e r m u t d i e G e g e n wart z u g u n s t e n einer v i s i o n ä r - m y s t i s c h e n Sicht auf die Verg a n g e n h e i t ( P h i l i p p der Zweite oder Religion und Macht, 1932), d i e S. schließlich in d i e S a c k g a s s e nationalistisch v e r e n g t e r D a r s t e l l u n g f ü h r t e (Fichte. Der Weg zur Nation, 1932). A u c h d a s Werk Die Hohenzollern. Tragik und Königtum (1932) zeigt S p u r e n einer nationalistischen M o n u m e n t a l historie, weist aber, i n d e m es d e n u n a u f h e b b a r e n G e g e n satz von Geist und M a c h t in d e n Blick rückt, schon auf S.s radikale W e n d u n g z u m E t h i s c h e n voraus, zu der i h m die Kraft aus einer seit 1928 in j a h r e l a n g e m R i n g e n z u r ü c k g e w o n n e n e n kath. G l ä u b i g k e i t e r w u c h s . Das Inselreich. Gesetz und Größe der britischen Macht ( 1 9 3 6 ) läßt den Wandel zur G e s c h i c h t s d e u t u n g „von d e r H ö h e des G l a u b e n s " e r k e n n e n ; christlicher H u m a n i s m u s prägt den R o m a n Las Casas vor Karl V. Szenen aus der Konquistadorenzeit (1938) und die S a m m l u n g Macht und Gnade (1940, N e u a u s g . 1977). M i t diesen E s s a y s stärkte S. die s t u d e n t i s c h e W i d e r s t a n d s b e w e g u n g d e r „ W e i ß e n R o s e " ; seine in zahlreichen K l e i n d r u c k e n von kath. Geistlichen verbreiteten G e d i c h t e , d a r u n t e r das Sonett Der Antichrist, wirkten unter d e n Soldaten an der Front g e g e n d i e nationalsozialistische Ideologie. In d e m als D r a m a m i ß g l ü c k t e n W e r k Der große Verzicht ( 1 9 4 8 ) stellte S. d e n „ P r o z e ß der S a t a n i s i e r u n g der M a c h t " dar. 1 9 5 0 / 5 1 s t e m m t e er sich v e r z w e i f e l t g e g e n die W i e d e r b e w a f f n u n g der j u n g e n B u n d e s r e p u b l i k , in der er einen A b f a l l v o m Weg der L ä u t e r u n g sah. S.s k o n s e q u e n t nach der B e r g p r e d i g t gelebtes C h r i s t e n t u m isolierte ihn von m a n c h e n W e g g e f ä h r t e n . K ö r p e r l i c h e K r a n k h e i t trug dazu bei, d a ß M e l a n c h o l i e und T o d e s s e h n s u c h t d i e J a h r e von 1952 bis 1958 z u n e h m e n d überschatteten, auch w e n n sie S. h o h e öffentlic h e A n e r k e n n u n g brachten. S., der seit 1938 in F r e i b u r g / Breisgau w o h n t e , v e r ö f f e n t l i c h t e ein u m f a n g r e i c h e s autob i o g r a p h i s c h e s S p ä t w e r k (Verhüllter Tag, 1954; Der Balkon. Aufzeichnungen eines Mäßiggängers in Baden-Baden, 1957; Winter in Wien. Aus meinen Notizbüchern 1957/58, 1958), dessen wichtigstes T h e m a d i e sittliche B e h e r r s c h u n g von T e c h n i k und W i s s e n s c h a f t ist. S. pflegte zahlreiche intensive F r e u n d s c h a f t e n , d i e z u m Teil auch in v e r ö f f e n t l i c h t e n B r i e f w e c h s e l n d o k u m e n t i e r t sind: u . a . mit d e m P h i l o s o p h e n L e o p o l d —»Ziegler, d e n Schriftstellern B e r n t von Heiseler und O t t o H e u s c h e i e und d e n M u s i k e r n Elly —»Ney und L u d w i g —>Hoelscher. S. starb an d e n F o l g e n eines Sturzes. WEITERE WERKE: A u s g e w ä h l t e Werke. 4 Bde., K ö l n / O l t e n 1953. - G e s a m m e l t e W e r k e in 10 B ä n d e n . Hrsg. v. E d w i n M a r i a L a n d a u . F r a n k f u r t / M a i n 1977-81. - D e r F r i e d e der Welt. F r a n k f u r t / M a i n 1983. - T a g e b ü c h e r . Hrsg. v. Josef Rast. F r a n k f u r t / M a i n 1983. - R. S . / E r i c h P r z y w a r a : B r i e f w e c h s e l . M i t G e d e n k w o r t e n von T h e o d o r H e u s s , W e r n e r B e r g e n g r u e n . . . Z ü r i c h 1963. - R. S. in Essen. F r e u n d s c h a f t mit Paul M a h n e r t . [Hrsg.] v. Leni M a h n e r t . Essen 1973 [ B r i e f w e c h s e l ] . LITERATUR: B r u n o S. Scherer: B i b l i o g r a p h i e [R. S.]. Ölten 1969. - J o c h e n K l e p p e r - R. S. E i n e B e g e g n u n g . Stuttgart 1956. - P i r m i n A. Meier: F o r m und D i s s o n a n z . R. S. als his t o r i o g r a p h i s c h e r Schriftsteller. B e r n , F r a n k f u r t / M a i n u . a . 1978. - F r a n z A n s e l m S c h m i t t / B r u n o Scherer: R . S. Leben und W e r k in D o k u m e n t e n . K a r l s r u h e 1973. - I n g o Z i m m e r m a n n : D e r s p ä t e R . S. F r e i b u r g / B r e i s g a u 1973. - R. S. L e b e n und Werk in S e l b s t z e u g n i s s e n und W o r t e n der M i t -
erlebenden. F r a n k f u r t / M a i n 21989. - Ekkehard Blattmann/ Klaus M ö n i g (Hrsg.): Ü b e r d e n „Fall R. S . " M ü n c h e n 1990. C o r d u l a K o e p c k e : R . S. E i n e B i o g r a p h i e . W ü r z b u r g 1993. - Beatrix A e b i - S u r b e r : R. S. und sein Mittelalter. B e r n , B e r lin u . a . 1998. Hans-Albrecht Koch
Schneider,
Richard L u d w i g , M u s i k p ä d a g o g e , K o m p o n i s t , * 8 . 4 . 1 8 5 7 D r e s d e n , t 20. 1. 1913 D r e s d e n . S., S o h n eines Steindruckereibesitzers, studierte a m Kgl. K o n s e r v a t o r i u m in D r e s d e n Klavier, K o m p o s i t i o n und P ä d a g o g i k und wirkte dort seit 1879 als Lehrer. 1890 g r ü n d e t e er d i e „ D r e s d n e r M u s i k - S c h u l e . " 1908 w u r d e S. z u m Kgl. Prof. e r n a n n t . E r g a b zahlreiche, weit verbreitete instruktive K l a v i e r w e r k e heraus (u. a. Spannungsetüden, op. 11), k o m p o n i e r t e L i e d e r und C h o r w e r k e und schrieb Die musikalische Metrik als Grundlage der Rhythmik, Philosophische Bruchstücke und Aphorismen.
Schneider,
R o b e r t von, österr. A r c h ä o l o g e , M u s e u m s beamter, * 1 7 . 1 1 . 1 8 5 4 W i e n , t 24. 10. 1909 W i e n . S., S o h n von F r a n z Cölestin von —>S. studierte an der U n i v . W i e n 1 8 7 1 / 7 2 N a t u r w i s s e n s c h a f t e n , 1872-74 M e d i zin, d a n n bis 1878 G e s c h i c h t e , K u n s t g e s c h i c h t e und Klassische Philologie, vor a l l e m a b e r A r c h ä o l o g i e und w u r d e 1880 mit der Arbeit Die Geburt der Athena promoviert. Seit 1876 Volontär a m M ü n z - und A n t i k e n k a b i n e t t , w u r d e er 1880 K u s t o s a d j u n k t , 1883 K u s t o s , 1900 D i r e k t o r der A n t i k e n s a m m l u n g d e s K u n s t h i s t o r i s c h e n H o f m u s e u m s in W i e n . 1894 habilitierte er sich f ü r K l a s s i s c h e A r c h ä o l o g i e und w u r d e 1895 a. ο., 1898 o. P r o f e s s o r . Seit d e m s e l b e n J a h r w a r er a u c h Vizedirektor, seit 1907 D i r e k t o r des Ö s t e r r e i c h i s c h e n A r c h ä o l o g i s c h e n Instituts. Zu seinen Verdiensten zählen die P l a n u n g und D u r c h f ü h r u n g der N e u o r d n u n g und A u f s t e l l u n g der A n t i k e n s a m m l u n g im 1891 e r ö f f n e t e n K u n s t h i s t o r i s c h e n H o f m u s e u m . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Album auserlesener Gegenstände der Antiken-Sammlung des Allerhöchsten Kaiserhauses (\%95). CD Ö B L
Schneider,
R o m y , eigentl. R o s e m a r i e M a g d a l e n a A l b a c h , Schauspielerin, * 2 3 . 9 . 1938 W i e n , t 28. / 2 9 . 5 . 1 9 8 2 Paris. S., T o c h t e r d e s S c h a u s p i e l e r e h e p a a r e s M a g d a —»S. und Wolf - > A l b a c h - R e t t y , stand als V i e r z e h n j ä h r i g e an der Seite ihrer M u t t e r vor der K a m e r a . N a c h weiteren F i l m r o l l e n lernte E r n s t —»Marischka sie kennen, d e r sie f ü r seinen F i l m Mädchenjahre einer Königin ( 1 9 5 4 ) e n g a g i e r t e und mit ihr das Leben der Kaiserin —> Elisabeth von Österreich („Sissi") verfilmte (1955). D e r F i l m f a n d begeisterte A u f n a h m e und brach alle B e s u c h e r r e k o r d e . E s folgten zwei weitere S u s i - F i l m e ( 1 9 5 6 und 1957). D e r F i l m Monpti (1957) w u r d e f ü r S. e i n e E n t t ä u s c h u n g . D a s K i n o p u b l i k u m n a h m ihr d i e f ü r die d a m a l i g e Zeit f r e i z ü g i g e n erotischen S z e n e n übel. A n e r k e n n e n d äußerte sich d i e Kritik zu ihrem Spiel in Mädchen in Uniform (1958). Ihr nächster F i l m , Christine (1958), änderte ihr L e b e n : D a s L i e b e s p a a r d e s F i l m s , S. und Alain D e l o n , w u r d e ein reales L i e b e s p a a r . Dieser und der f o l g e n d e F i l m Die Halbzarte ( 1 9 5 8 ) w u r d e n von der Kritik allerdings g e n a u s o w e n i g goutiert w i e ihre B e z i e h u n g zu Delon. Trotz h e f t i g e r publizistischer A t t a c k e n ging S. 1958 nach Paris. A u c h hier bot m a n ihr fast nur F i l m r o l l e n an, d i e d e m Bild e n t s p r a c h e n , w e l c h e s das P u b l i k u m von ihr hatte. O b g l e i c h sie keine B ü h n e n e r f a h r u n g hatte, g a b ihr d e r R e g i s s e u r L u c h i n o Visconti 1961 d i e H a u p t r o l l e in d e r f r a n z ö s i s c h e n Fassung des D r a m a s 'Tis pity she 's a whore von J o h n F o r d . I m
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Schneider Prozeß (1962) nach Franz —> Kafka in der Regie von Orson Welles spielte sie eine der markantesten Rollen ihrer Filmkarriere. S. filmte auch in Hollywood, u . a . The Cardinal (1963); der erhoffte Erfolg blieb jedoch aus, und die Trennung von Delon stürzte sie in eine persönliche Krise. 1965 lernte S. in Berlin den Regisseur Harry —> Kleyen (eigentl. Haubenstock) kennen. Nach der Geburt ihres Sohnes David 1966 war ihr erster Erfolg La Piscine (1968), in dem sie sich wieder an der Seite von Delon zeigte. Entscheidend wurde f ü r S. die Begegnung mit d e m Regisseur Claude Sautet. Ihre Zusammenarbeit begann 1969 mit Les Choses de la Vie und führte mit weiteren Filmen zu Höhepunkten ihrer Karriere. Obgleich die Filme meist zwiespältig a u f g e n o m m e n wurden, erhielt sie zahlreiche Ehrungen, u. a. das Filmband in Gold f ü r die Rolle der Leni in der Verfilmung von Heinrich —»Bolls R o m a n Gruppenbild mit Dame (1976). 1981 war für S. ein tragisches Jahr: Die Ehe mit ihrem Sekretär Daniel Biasini wurde geschieden, S. litt unter Depressionen, mußte sich einer schweren Operation unterziehen, und im Juli starb ihr Sohn David. Ihr letzter Film war La Passante du Sans-Souci (1982). LITERATUR: Pierre J.-B. B e n i c h o u / S y l v i a n e Pommier: R. S. Paris 1977 (dt.: R. S. Ihre Filme - ihr Leben. München 1981). - Frauke H a n c k / A l f r e d N e m e c z e k / P i t Schröder: R. S. und ihre Filme. München 1980. - Catherine HermanyVielle: R o m y . Paris 1986 (dt.: Düsseldorf 1987). - Ich, R o m y . Tagebuch eines Lebens. Hrsg. v. Renate Seydel. München 1988. - Fran^oise Arnold/Franijoise Gerber: R. S. Bergisch Gladbach 1988. - Michael Jürgs. Der Fall R. S. Biographie. M ü n c h e n / L e i p z i g 1991. Erw. Neuausg. München 2003. - Alice Schwarzer: R. S. M y t h o s und Leben. Köln 1998. - Emmanuel Bonini: La veritable R. S. Paris 2001. - Adieu R o m y . Photographische Erinnerungen an R. S. Mit einem Text von Klaus-Jürgen Sembach München 2002. - R. S. Das große Album. Fotografien von 1952 bis 1959. Hrsg. v. Michael Petzel und Billy Kocian. Berlin 2004. - R. S. Das private A l b u m von Isabelle Giordano. In Zusammenarbeit mit Daniel Biasini. Leipzig 2006. - Johannes Thiele: R. S. Ihre Filme, ihr Leben, ihre Seele. Wien 2007. - Günter Krenn: R. S. Die Biographie. Berlin 2008. Thilo Wydra: R. S. F r a n k f u r t / M a i n 2008. Ingrid Bigler-Marschall
Schneider,
Siegmar, Schauspieler, Regisseur, * 1 0 . 1 2 . 1 9 1 6 Berlin, t 8 . 2 . 1995 München. Der Kaufmannssohn besuchte seit 1935 die Schauspielschule Ackermann in Berlin, debütierte 1937 am Staatstheater in Bremen und spielte anschließend in Augsburg und Stuttgart. 1942 erhielt er ein Engagement am Burgtheater in Wien und gehörte 1947-49 d e m Ensemble des Deutschen Theaters in Berlin, 1950-74 d e m des Schillertheaters an. Zwischenzeitlich stand S. auch auf der Bühne des Theatre des Nations in Paris, des Thalia-Theaters und der Kammerspiele in Hamburg. Seit 1975 war er als freiberuflicher Schauspieler und Regisseur tätig und inszenierte u. a. in Bern, Braunschweig, Baden-Baden, Hamburg und Berlin. S.s Bühnenrepertoire reichte von der Figur des Karl in —> Schillers Räubern bis zu der des Bodo in Dürrenmatts Ehe des Herrn Mississippi. S. wurde auch als Fernseh- und Filmschauspieler bekannt. c d Munzinger
Schneider,
Theodor (Adam), Mathematiker, * 7 . 5 . 1 9 1 1 F r a n k f u r t / M a i n , t 3 1 . 1 0 . 1988 Freiburg/Breisgau. S., Sohn eines K a u f m a n n s , studierte in F r a n k f u r t / M a i n Mathematik, Physik und C h e m i e und löste 1934 in seiner Dissertation Transzendenzuntersuchungen periodischer Funktionen das siebte Hilbertsche Problem zu Irrationalität und Transzendenz bestimmter Zahlen. 1935 wurde er Assistent am Mathematischen Seminar in Frankfurt, 1938 in Göttingen, wo er sich 1939 habilitierte (Zur Theorie der Abelschen
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Funktionen und Integrale). Während des Zweiten Weltkriegs im meteorologischen Dienst eingesetzt, war S. seit 1945 wieder Assistent (1951 Oberassistent) und Dozent in Göttingen. 1953 wurde er o . P r o f . f ü r Mathematik in Erlangen, 1959 in Freiburg/Breisgau und zugleich Leiter des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach (bis 1963). S. arbeitete auf dem Gebiet der analytischen Zahlentheorie, insbesondere der transzendenten Zahlen und diophantischen Approximationen, sowie der Geometrie der Zahlen. Sein Hauptwerk Einführung in die transzendenten Zahlen erschien 1957. cn
NDB
Schneider,
Wilhelm, kath. Theologe, Philosoph, Bischof von Paderborn, * 4 . 9 . 1847 Gerlingen bei O l p e / S a u e r l a n d , t 3 1 . 8 . 1909 Paderborn. Der Sohn eines Landwirts studierte seit 1863 an der Theologischen A k a d e m i e in Paderborn und empfing 1872 die Priesterweihe. Er wurde promoviert und lehrte seit 1887 als Prof. der Moraltheologie in Paderborn, wo er auch Präses des Theologenkonvikts war. 1892 wurde S. Domkapitular, 1893 Dompropst und 1900 Bischof von Paderborn und Apostolischer Vikar von Anhalt. S. widersetzte sich insbesondere d e m biologistisch-materialistischen Weltbild und dem ethnologisch-soziologistischen Evolutionismus. Er schrieb u . a . Das Wiedersehen im anderen Leben (1879, ab der 3. Aufl. Das andere Leben, 16 1923), Der neue Geisterglaube (1882, 3 1913), Die Naturvölker (2 Tie., 1 8 8 5 / 8 6 ) und Göttliche Weltordnung und religionslose Sittlichkeit (1900). m
BBKL
Schneider,
Wilhelm (Friedrich), Germanist, * 12.2. 1885 Köln, t 11. 1.1979 Bornheim (Rheinland). Der Sohn eines Lokomotivführers studierte 1904-08 Deutsch, Französisch und Philosophie an der Univ. Bonn, war als Lehrer tätig und nahm 1914-18 am Ersten Weltkrieg teil. Nach der Promotion 1925 hatte S. 1926-39 einen Lehrauftrag f ü r Stilkunde der deutschen Sprache an der Univ. Bonn inne, an der er sich 1929 habilitierte; 1937 wurde er zum a. o. Prof. ernannt und war 1939-61 apl. Prof. für Neuere deutsche Sprach und Literaturgeschichte. Zu seinen zahlreichen stilkundlichen Veröffentlichungen gehören Ausdruckswerte der deutschen Sprache (1931, 3 1974), Ehrfurcht vor dem deutschen Wort (1938, 7 1962) und Stilistische deutsche Grammatik (1959, 5 1969). m IGL
Schneider,
Willy, Sänger, * 5 . 9 . 1905 Köln, t 1 2 . 1 . 1 9 8 9 Köln. Der Sohn eines Metzgermeisters erlernte den väterlichen Beruf, erhielt dann eine Gesangsausbildung am Konservatorium in Köln und debütierte 1930 als Chorbassist beim Westdeutschen R u n d f u n k in Köln. Durch die Hörfunksendung „Der f r o h e Samstagnachmittag" erlangte S. im Bereich Unterhaltungsmusik große Popularität. 1935 nahm er seine erste Schallplatte, das Schwalbenlied auf. Insgesamt besang er annähernd 800 Schallplatten, die in rund 18 Millionen Exemplaren weltweit verkauft wurden. Zu seinen bekanntesten Wein- und Rheinliedern gehören Wenn das Wasser im Rhein gold'ner Wein war' und Schutt' die Sorgen in ein Gläschen Wein. CD Kutsch
Schneider-Duncker,
Paul, Schauspieler, Kabarettist, * 2 . 1 1 . 1883 Krefeld, f 2 2 . 2 . 1 9 5 6 Hamburg. S.-D. wuchs in Berlin auf, wo er 1900 am Berliner Theater debütierte, erhielt Schauspielengagements an norddeutschen Provinzbühnen, in St. Gallen und Breslau und war am Thalia-Theater und am Trianon-Theater in Berlin tätig. 1904 gründete er mit Rudolf Nelson das Kabarett „Roland von Berlin", das er nach der Trennung von Nelson 1907 mit Walter —> Kollo als Komponisten und Begleiter
Schneiderhan und Claire —> Waldoff als Chansonniere einige Zeit weiterführte. 1915-24 betrieb S.-D. seine „Bonbonniere" in Berlin, 1921-25 ein gleichnamiges Unternehmen in Zürich. 1924 gründete er den „Roland von Berlin - Künstlerbühne Admiralspalast", d e m er 1926 die in Konkurs gegangene „Rakete" als „Roland des Westens" anschloß. 1934-36 betrieb S.-D. seine „Künstlerspiele Uhlandeck". Nach d e m Zweiten Weltkrieg lebte er in Hamburg, w o er in der von Heinz Strohkark und Lothar —»Olias gegründeten „Bonbonniere" auftrat. S.-D. starb bei einem Verkehrsunfall. c n NDB S c h n e i d e r - E s l e b e n , Paul, eigentl. Paul Maximilian Heinrich Schneider von Esleben, Architekt, * 2 3 . 8 . 1915 Düsseldorf, t 1 9 . 5 . 2 0 0 5 Hausham (Oberbayern). Der Sohn eines Architekten und Denkmalpflegers begann 1937 das Studium der Architektur an der T H Darmstadt, nahm seit 1939 am Zweiten Weltkrieg teil und studierte 1946-48 an der T H Stuttgart. 1947 vorübergehend bei Rudolf —> Schwarz tätig, übernahm er 1948 das auf Restaurierung von alten Baudenkmälern spezialisierte Architekturbüro seines Vaters auf Schloß Lembeck und wandte sich einer an der M o d e r n e und d e m International Style orientierten Bauweise zu. 1961-72 lehrte er als Prof. an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg. Bekannt wurde S.-E. mit dem Bau einer gläsernen Hochgarage in Düsseldorf („Haniel-Garage", 1950-52); in Düsseldorf erbaute er auch das von —>Mies van der R o h e beeinflußte Mannesmann-Verwaltungsgebäude (1954-57) als erstes Stahlskelett-Hochhaus in Europa und das Punkthochhaus der C o m m e r z b a n k (1959-62). Zu seinen Werken zählen ferner der Flughafen Köln-Bonn (1962), der für den Flughafenbau wegweisend wurde, und der Neubau der St. Rochus-Kirche in Düsseldorf ( 1 9 5 3 / 5 4 ) . S.-E. veröffentlichte auch Reiseskizzen (1988); 1996 erschien von ihm Entwürfe und Bauten. c n NDB S c h n e i d e r - L e n g y e l , Ilse (Marie), Lyrikerin, Kunstkritikerin, Photographin, * 10. I. 1903 München, t 3 . 1 2 . 1972 R e i c h e n a u / B o d e n s e e . S.-L., Tochter eines Oberforstmeisters, studierte in München, Paris und Berlin Ethnologie und Kunstgeschichte und wurde an der Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie sowie bei Läszlo —> Moholy-Nagy zur Photographin ausgebildet. Seit 1920 lebte sie wiederholt in Paris, wo sie, vom Surrealismus beeinflußt, als Kunstkritikerin und Photographin mit dem Buch Die Welt der Maske (1934) debütierte. 1 9 3 4 / 3 5 emigrierte sie über Ungarn und Rumänien nach Frankreich und kehrte nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland zurück. 1947 fand in S.-L.s Haus am Bannwaldsee bei Füssen die erste Tagung der Gruppe 47 statt, der sie bis 1950 angehörte. Zu ihrem engsten Freundeskreis gehörte Wolfdietrich —>Schnurre. S.-L. schrieb u . a . für die Zeitschriften „Der Ruf", „Der Skorpion" und „Neues Europa". In ihren Lyrikbänden ( u . a . Septemberphase, 1952) verband sie ethnographische und surrealistische Motive. Nach 1952 veröffentlichte S.-L. keine literarischen Werke mehr. 1969 wurde sie in verwirrtem Zustand in das Landeskrankenhaus Reichenau eingeliefert. c n NDB S c h n e i d e r - L e n n e , Ellen-Ruth, Bankmanagerin, * 2 8 . 5 . 1942 Berlin, t 25. 12.1996 Königstein/Taunus. Nach dem Studium der Betriebwirtschaft an den Universitäten München und Köln war S.-L. Sachbearbeiterin in der Filiale H a m m der Deutschen Bank. 1971 wurde sie Assistant Treasurer, 1972 Assistant Vice President der European Bank & Trust Co. in N e w York. 1973-75 war sie persönliche Mitarbeiterin des Vorstandssprechers der Deutschen Bank und arbeitete 1975-80 bei der Filiale London, w o sie 1975 Mitglied des Managements, 1978 Assistant General Manager wurde. 1980 Mitglied der Leitung der Zentralstelle Ausland,
wurde sie 1984 Direktorin der Deutschen Bank in Düsseldorf, wechselte 1985 in die Zentrale in F r a n k f u r t / M a i n und übernahm dort in der Internationalen Abteilung als Dezernentin das Ressort Internationale Handelsfinanzierung. Seit 1988 gehörte sie als stellvertretendes Mitglied dem Vorstand der Deutschen Bank AG an. D3 Munzinger S c h n e i d e r - M a n z e l l , Toni, Bildhauer, * 2 2 . 2 . 1 9 1 1 Friedrichshafen, f 8 . 1 1 . 1996 Manzell bei Stephanskirchen (Oberbayern). S.-M., Sohn eines Landwirts und kgl. Gutsverwalters, studierte nach dem Noviziat bei den Servilen zunächst Philosophie und Theologie in Wien und Innsbruck. 1934 wandte er sich dem Studium der Bildhauerei an der A k a d e m i e für angewandte Kunst in M ü n c h e n zu und hielt sich dann längere Zeit in Ascona (Tessin) auf, wo er entscheidend vom Expressionismus beeinflußt wurde. Seit 1937 Assistent an der Münchner Akademie, wurde S. 1940 zum Prof. ernannt. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg seit 1941 ließ er sich 1944 in Oberndorf bei Salzburg nieder, wurde Mitarbeiter des Senders „Rot-Weiß-Rot" und der „Salzburger Nachrichten" und war Mitbegründer der Volkhochschule in Salzburg. Beeinflußt von Adolf von —> Hildenbrand und Willibrord Verkade, schuf S.-M. vor allem sakrale Arbeiten, eine Christusstatue in der St. Canisiuskirche in Friedrichshafen und Bronzereliefs für das Südportal der Franziskanerkirche in Salzburg und für das Portal des dortigen Doms. Von ihm stammt auch die Büste Wilhelm —»Furtwänglers im Festspielhaus in Salzburg. • • NDB S c h n e i d e r - O r e l l i , Otto, schweizer. Entomologe, * 10.8. 1880 Münchenbuchsee (Kt. Bern), t 3 1 . 1 0 . 1 9 6 5 Zürich. Das Studium der Botanik in Bern Schloß S.-O. 1905 mit der Promotion ab (Experimentelle Untersuchungen über Schweizerische Weidenmelampsoren) und wurde Assistent an der Eidgenössischen Versuchsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädenswil, wo er seit 1913 als Entomologe tätig war. 1917 wurde er Konservator der Entomologischen S a m m l u n g der Ε Τ Η Zürich und war 1928-50 a. o . P r o f . der Entomologie und Direktor des neugegründeten Entomologischen Instituts. S.-O. befaßte sich besonders mit land- und forstwirtschaftlicher Entomologie. Er veröffentlichte u . a . Entomologische Publikationen (3 Bde., 1909-15), Die Reblaus und unser Weinbau (1923) und Entomologisches Praktikum. Einführung in die land- und forstwirtschaftliche In2 sektenkunde (1945, 1947). S.-O. war der Vater von Fritz —> Schneider. S c h n e i d e r - S c h e i d e , Rudolf, eigentl. Rudolf Schneider, Schriftsteller, * 8 . 3 . 1 8 9 0 Antwerpen, t 1 8 . 5 . 1 9 5 6 München. S.-S. lebte nach Schulbesuch und Studium in Deutschland seit 1917 als freier Schriftsteller in Berlin, dann in M ü n c h e n . 1945-47 war er Präsident des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller in München, 1949-51 stellvertretender Intendant und Programmdirektor des Bayerischen R u n d f u n k s . Er verfaßte Kurzgeschichten, Novellen, R o m a n e (u.a. Kies bekennt Farbe, 1930; Ein Mann im schönsten Alter, 1955), Theaterstücke und Hörspiele. Bekannt wurde der R o m a n In jenen Jahren (1935), in d e m er die M ü n c h n e r Schriftsteller vor d e m Hintergrund von Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit porträtierte. S.-S. war 1945-47 Herausgeber der Reihe „Europäische Dokumente". CD D L L S c h n e i d e r h a n , Franz, österr. Intendant, Industrieller, * 9 . 1 0 . 1863 Meidling (heute zu Wien), t 2 0 . 9 . 1 9 3 8 auf einer Bergwanderung in der Gemeinde Kaprun (Salzburg). S., Sohn eines Bäckermeisters, studierte 1882-85 an der Hochschule für Bodenkultur in Wien, anschließend in Paris Philosophie und Völkswirtschaft. Nach Wien zurück-
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Schneiderhan gekehrt, nahm er Gesangunterricht und arbeitete in der Firma „P. Ladstätter & Söhne", deren Chef er 1901 wurde. 1899-1907 stand er dem Wiener Männergesangverein vor und setzte sich als Direktionsmitglied der Konzerthausgesellschaft und der Gesellschaft der M u s i k f r e u n d e für den Bau des Konzerthauses in Wien ein. 1907 ging S. als Strohund Filzhutfabrikant nach Breslau. Er war dort auch Präsident der Gesellschaft der Opernfreunde, des Orchestervereins und des schlesischen Landesorchesters. 1926-33 war S. Generaldirektor der österr. Bundestheater in Wien und 1935-38 Präsident des Mozarteums in Salzburg. DP Ö B L
Schneiderhan,
Walther, österr. Musiker, * 9 . 4 . 1 9 0 1 Wien, t 2 1 . 1 2 . 1 9 7 8 Wien. S., Sohn eines Schauspielers, Bruder von Wolfgang —> S. und Großneffe Franz —>S.s, erhielt ersten Geigenunterricht bei seiner Mutter E m m a Schneider-Fallmann und wurde 1905 Schüler von Arnold Josef —> Rose, anschließend von Otakar Sevcfk, dessen Meisterklasse an der Staatsakademie in Wien er 1914-18 angehörte. Seit 1919 unternahm S. Konzertreisen im In- und Ausland. 1929 wurde er erster Konzertmeister am Westdeutschen R u n d f u n k ( W D R ) in Köln, 1936 an der Oper in Stuttgart und danach an der Oper in Graz. 1936 erhielt S. den Professorentitel. Seit 1948 war er erster Konzertmeister bei den Wiener Symphonikern. Er trat auch als Solist, Pädagoge, Komponist und Dirigent hervor. CD M G G
Schneiderhan, Wolfgang (Eduard), österr. Musiker, Musikpädagoge, * 2 8 . 5 . 1915 Wien, t 1 8 . 5 . 2 0 0 2 Wien. S., Bruder von Walther —>S., erhielt als Dreijähriger ersten Geigenunterricht von seiner Mutter und trat im Alter von fünf Jahren erstmals öffentlich in Wien auf. Er war Violinschüler von Otakar Sevcik, später von Julius Winkler. 1933 wurde S. Erster Konzertmeister der Wiener Symphoniker; 1937-51 war er Konzertmeister der Wiener Philharmoniker, deren Ehrenmitglied er später wurde. 1940 trat er in die N S D A P ein. 1937 gründete er das nach ihm benannte Schneiderhan-Quartett, das er bis 1951 leitete, und bildete 1949-60 mit Edwin —> Fischer und Enrico Mainardi ein Trio. Als Solist wurde S. vor allem durch die Interpretation von Werken Wolfgang A m a d e u s —> Mozarts und Ludwig van Beethovens bekannt. 1938-56 lehrte er am Mozarteum in Salzburg, 1939-50 an der Staatsakademie in Wien, leitete seit 1949 Meisterklassen am Konservatorium in Luzern und war 1975-85 Ordinarius an der Hochschule f ü r Musik in Wien. 1956 rief er mit Rudolf —> Baumgartner das Festival Strings Lucerne ins Leben. S. war mit der Sopranistin Irmgard —> Seefried verheiratet. CD N D B Schneiderhöhn, Hans, Mineraloge, Geologe, * 2 . 6 . 1887 Mainz, f 6. 8 . 1 9 6 2 S ö l d e n / B r e i s g a u . S., Sohn eines Bezirkssparkassendirektors, studierte seit 1906 an den Universitäten Freiburg /Breisgau, München und Gießen (Promotion 1909, Die nichtbasaltischen Eruptivgesteine zwischen Wirges, Boden und Ettinghausen im südwestlichen Westerwald) und war anschließend Assistent in Gießen und Berlin. Nach einem Forschungsaufenthalt in Südwestafrika (1913-18) wurde er 1919 Privatdozent in F r a n k f u r t / M a i n , dann a. o. und 1919 o. Prof. der Mineralogie an der Univ. Gießen. 1924 wechselte er in gleicher Funktion an die T H Aachen, 1926 an die Univ. Freiburg/Breisgau (bis 1955). 1936 wurde S. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. S., der sich insbesondere um die mineralogisch-mikroskopische und geologische Untersuchung von Erzlagerstätten verdient machte, veröffentlichte u. a. Lehrbuch der Erzmikroskopie (2 Tie., 1931-34, mit Paul —> Ramdohr), Lehrbuch der Erzlagerstättenkunde (1941), Erzlagerstätten (1944, 4 1962, poln. 1962, russ. 1958), Erzmikroskopisches Praktikum (1952) und Die Erzlagerstätten der Erde (2 Bde., 1958-61). CD Bad Bio N.F., Bd 1
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Schneiders,
Toni, eigentl. Anton S., Photograph, * 13.5. 1920 Urbar bei Koblenz, t 4 . 8 . 2 0 0 6 L i n d a u / B o densee. S. wurde 1936-39 in Koblenz zum Photographen ausgebildet und war nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg seit 1945 als Photoreporter, Reise- und Werbephotograph sowie selbständig tätig; seit 1947 lebte er am Bodensee, nach einer Tätigkeit 1 9 5 0 / 5 1 in Hamburg dauerhaft in Lindau. 1949 gründete er u. a. mit Peter —> Keetmann, Siegfried —»Lauterwasser und Otto —> Steinert die Gruppe „fotoform". S. schuf vor allem Porträts, Landschafts- und Städtebilder (u.a. Augsburg, 1953, 5 1966, Text: Norbert - ^ L i e b ; Bodensee, Herz Europas, 1 9 6 9 , 9 1 9 9 2 , Text: M a x —»Rieple) sowie A u f n a h m e n von Kunstwerken und Photoessays (Der Mann aus Assisi, 1975, 1 7 1989; Tilmann Riemenschneider, 2004, Text: Hanswernfried Muth).
Schneidewin,
Friedrich Wilhelm, Klassischer Philologe, * 6 . 6 . 1810 Helmstedt, t 10. 1. 1856 Göttingen. S. studierte seit 1829 in Göttingen Klassische Philologie und wurde 1832 bei Otfried —»Müller promoviert. Seit 1833 unterrichtete er an einem G y m n a s i u m in Braunschweig, habilitierte sich 1836 in Göttingen und wurde dort 1837 a. o., 1842 o.Professor. S. widmete sich vor allem der griechischen Lyrik und der griechischen Tragödie und veröffentlichte Textbände und kommentierte Schulausgaben, u. a. zu Sophokles. Daneben zeichnete er verantwortlich für die Herausgabe weiterer Texte griechischer wie römischer Autoren und gab seit 1846 die Zeitschrift „Philologus" heraus. CD Braunschweig 2
Schneidewind,
(Friedrich) Wilhelm, Agrikulturchemiker, * 2 2 . 6 . 1860 Osterweddingen bei Magdeburg, t 2 0 . 4 . 1931 Halle/Saale. Der Sohn eines Gutsbesitzers studierte seit 1882 Naturwissenschaften, insbesondere Chemie, an den Universitäten Halle, Freiburg/Breisgau, Rostock und Göttingen, war nach der Promotion ( Ü b e r die negative Natur organischer Radicale) 1888-1902 Assistent bzw. Abteilungsvorsteher der Agrikulturchemischen Versuchsstation in Halle und wurde dann als Nachfolger Max —>Maerckers Direktor der Station. 1902-25 hatte er den Lehrstuhl für Agrikulturchemie an der Univ. Halle inne. Auf der Versuchswirtschaft Lauchstädt führte S. 1902 einen Düngeversuch durch, um die langfristige Wirkung von organischer und mineralischer Düngung auf die Erträge der Kulturpflanzen, die Qualität der Ernte und die Bodenfruchtbarkeit zu erforschen („Statischer Düngungsversuch Lauchstädt"). S. veröffentlichte u . a . Die Kalidüngung (1905, 4 1922), Die Stickstoffquellen und die Stickstoffdüngung (1908) und Die Ernährung der landwirtf, schaftlichen Kulturpflanzen (1915, 1928). U3 N D B
Schneidler,
F(riedrich) H(ermann) Ernst, Buch- und Schriftkünstler, Pressendrucker, * 1 4 . 2 . 1 8 8 2 Berlin, t 7. 1. 1956 G u n d e l f i n g e n / D o n a u . S., Sohn eines Kunstschlossers, besuchte die Kunstgewerbeschule in Düsseldorf, w o neben Peter —> Behrens vor allem Fritz Helmuth —> E h m c k e zu seinen Lehrern zählte, und unterrichtete seit 1905 an der Fachschule in Solingen, seit 1909 in Barmen. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg ging er 1919 als Leiter der Graphischen Abteilung an die Kunstgewerbeschule nach Stuttgart und war dort 1921-49 Prof. (seit 1946 A k a d e m i e der Bildenden Künste). Daneben betrieb er 1921 -25 die „Juniperus-Presse". S. entwickelte zahlreiche, weit verbreitete Schriften, u . a . die „Amalthea", die „Legende", die „Deutsch-Römisch", die „SchneidlerMediaeval", die „Zentenar-Fraktur" und die „SchneidlerInitialen". Er schuf handgeschriebene Bücher, Kalligraphien, Signets und Entwürfe zu Einbandpapieren und gab das Mappen werk Der Wassermann. Lehrbuch für Büchermacher (1952) heraus.
Schnell S c h n e i d m a d l , Heinrich, österr. Politiker, Journalist, * 20.2. 1886 Gutenstein (Niederösterreich), + 3 1 . 1 0 . 1 9 6 5 Wien. S., Sohn eines Müllermeisters, durchlief eine Schriftsetzerlehre und belegte staatswissenschaftliche und volkswirtschaftliche Kurse an der Universität. Nach der Teiln a h m e am Ersten Weltkrieg war er, seit 1904 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, 1918-34 Herausgeber und Chefredakteur des Wochenblatts „Volkswacht" (St. Pölten). 1 9 1 9 / 2 0 gehörte S. der Konstituierenden Nationalversammlung, 1920-27 dem Nationalrat und 1927-34 der Niederösterreichischen Landesregierung an. 1934 im Lager Wollersdorf interniert, arbeitete er nach der Entlassung als Versicherungsvertreter. 1945 war S. Unterstaatssekretär im Staatsamt für öffentliche Bauten der ersten provisorischen Staatsregierung und 1946-49 als Landrat für Soziales wieder Mitglied der Niederösterreichischen Landesregierung. 1945 hatte er vorübergehend die Chefredaktion der „Arbeiter-Zeitung" inne. 1946 wurde er Chefredakteur der „Volkstribüne" (Organ der SPÖ-Niederösterreich), später der „Sozialistischen H e f t e " (bis 1965). Seit 1949 war S. Vizepräsident der Landeselektrizitätsgesellschaft N E W A G . Er veröffentlichte u . a . Über Dotlfuß zu Hitler. Ein Beitrag zur Geschichte des 12. Februar 1934 (1964). CD Hausjell S c h n e i d t , Karl, Pseud. Karl Klarenthal, Journalist, * 13.5. 1854 Rußhütte (heute zu Saarbrücken), t 2 . 1 1 . 1 9 4 5 Eggersdorf (heute Petershagen/Eggersdorf, Kr. Märkisch Oderland). Nach dem Studium in Bonn und Heidelberg zunächst Lehrer, Schloß sich S. der Sozialdemokratie an und war als Journalist tätig. 1880 emigrierte er über Brüssel und Paris nach London, wo er u. a. mit Kropotkin bekannt wurde, war Redakteur der „Freiheit" und übernahm als Nachfolger von Johann - > M o s t 1882 die Leitung des Blatts. 1883 kehrte er nach Deutschland zurück. Er wurde vorübergehend inhaftiert, gab 1885 in Magdeburg die anarchistischen „Deutschen Volksblätter" heraus und gehörte 1891 zu den Gründern des Vereins der Unabhängigen Sozialisten. Nach A u f h e b u n g des Sozialistengesetzes trat er in Berlin als linkssozialistischer Journalist und Herausgeber u. a. von „Die Schmach des Jahrhunderts. Halbmonatsschrift zur B e k ä m p f u n g des Antisemitismus" und „Die Tribüne. Wochenschrift für Aufklärung, Belehrung und Unterhaltung" hervor. In den zwanziger Jahren gehörte er d e m Zentralvorstand der Roten Hilfe an. Zu S.s Veröffentlichungen gehören Die Hintermänner der Socialdemokratie (1890), Die Eiserne Maske. Das enthüllte Geheimnis der Socialdemokratie (1892), Das KellnerinnenElend in Berlin (1893) sowie das Schauspiel Das Urtheil der Welt (1895) und der R o m a n Freudvoll und leidvoll (1898). CD M B L S c h n e l b ö g l , Fritz, Historiker, * 2 6 . 1 . 1905 Schnaittach, t 10.9. 1977 Nürnberg. S. studierte Germanistik und Geschichte in Heidelberg und München. 1929 wurde er mit einer Arbeit über die Heidelberger Handschriften des „Parzival" und „Lohengrin" promoviert. Nach d e m Besuch der Archivschule in München begann er 1934 seine Tätigkeit am Staatsarchiv Nürnberg. Seit 1939 nahm er am Zweiten Weltkrieg teil und kehrte 1949 aus sowjetischer Gefangenschaft zurück. 1954 wurde er Leiter des Staatsarchivs. S.s Spezialgebiet war die historische Geographie; daneben arbeitete er zur Stadtgeschichte Nürnbergs und Auerbachs. 1952 gehörte S. zu den Gründern des Vereins „Altnürnberger Landschaft"; 1969-75 führte er den stellvertretenden Vorsitz im „Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg". Zu seinen Veröffentlichungen zählen LaufSchnaittach. Eine Heimatgeschichte (1941), Dokumente zur Nürnberger Kartographie (1966), Schnaittach und seine Landschaft (1971) und Auerbach in der Oberpfalz (1976).
S c h n e l l , Hermann, Chemiker, * 8 . 9 . 1 9 1 6 G a i e n h o f e n / Bodensee, t 7 . 9 . 1 9 9 9 Gaienhofen. S., Sohn eines Handwerkers und Landwirts, studierte Chemie in Freiburg/Breisgau und war seit 1944 Privatassistent von Hermann —> Staudinger. Nach der Promotion im selben Jahr (Untersuchungen über die Konstitution der Polyamide und über die Zusammenhänge zwischen der Kettenlänge und der Festigkeit der Faser) wurde S. 1946 Mitarbeiter im Hauptlabor der Farbenfabriken Bayer A G in Leverkusen und 1953 Leiter des Hauptlabors in Krefeld-Uerdingen. 1972-76 leitete er die zentrale Forschung der Bayer A G . S. befaßte sich vor allem mit der systematischen Untersuchung von Polyestern und erfand 1953 die Synthese von thermoplastischen aromatischen Polycarbonaten; das 1958 entwickelte Makroion fand u . a . bei den Visieren für Polizeihelme und als Basismaterial f ü r C D s Verwendung. S. gab auch der Polyamidforschung neue Impulse und erwarb etwa 4 0 0 Patente. 1964 erschien Chemistry and physics of polycarbonates. DO N D B S c h n e l l , Hugo (Karl Maria), Kunsthistoriker, Verleger, * 15.3. 1904 München, t 29. 12.1981 L i n d e n b e r g / A l l g ä u . Nach d e m 1931 mit der Promotion zum Dr. phil. abgeschlossenen Studium an der Univ. und der Kunstakademie in M ü n c h e n war S., Sohn eines Oberlehrers, als Redakteur tätig und wurde Mitglied des Wehrverbandes „Bayernwacht" der Bayerischen Volkspartei. 1933 vorübergehend verhaftet, gründete S. im selben Jahr mit Johannes Steiner in München den Dreifaltigkeitsverlag (seit 1934 den Verlag Dr. Schnell & Dr. Steiner, seit 1947 Verlag Schnell & Steiner), der vor allem Kunst- und Kirchenführer herausbrachte. 1938 ließ sich S. in S c h e i d e g g / A l l g ä u nieder. 1947 gründete er „das münster. Zeitschrift für christliche Kunst und Kunstwissenschaft". Ferner war er Herausgeber und Mitverfasser der Kleinen deutschen Kunst- und Kirchenführer (1934-78) sowie der Großen Führer (1968-72). Zu seinen Veröffentlichungen gehören Ottobeuren. Basilika und Benediktinerabteikirche (1935, l 2 1977) und Ottobeuren. Kloster und Kirche (1936, seit 1955 mit dem Untertitel Kirche, Kloster und Museum, 7 1979). OD N D B S c h n e l l , Johann, auch Hans S., schweizer. Mediziner, Naturforscher, Politiker, getauft 2 8 . 4 . 1 7 9 3 Burgdorf (Kt. Bern), t 27. 8 . 1 8 6 5 Burgdorf. S., Sohn eines Juristen und Stadtschreibers, studierte Medizin in Tübingen, unternahm 1813 eine Studienreise nach Paris, wo er u . a . Alexander von —>Humboldt kennenlernte, und eröffnete nach seiner Rückkehr eine Arztpraxis. 1815 wurde er mit der Dissertatio inauguralis medicophysiologica sistens historiam veneni upas antiar, nec non experimenta et ratiocinia quaedam de effectibus illius promoviert. Seit 1827 lehrte S. als Prof. der Naturgeschichte und Botanik an der A k a d e m i e in Bern. Gemeinsam mit seinem Bruder Karl —>S. war er 1830/31 maßgeblich am liberalen Umsturz in Bern beteiligt und wurde 1832 Mitglied des Großen Rats. Nach der Gründung der Univ. Bern 1834 verzichtete S. auf seine Professur und wurde 1837 zum Landa m m a n n gewählt. Nach dem Rückzug aus der Politik ließ er sich 1838 in Burgdorf nieder und gründete eine chemische Fabrik. Er veröffentlichte u. a. Meine Erlebnisse unter dem Berner-Freischaaren-Regiment (1850). DD A D B S c h n e l l , Johann Rudolf, schweizer. Jurist, * 7. 10.1767 Basel, t 2 1 . 3 . 1829 Basel. Der Sohn eines Eisenhändlers studierte in Basel, erwarb den Grad eines Magisters der Philosophie und wurde zum Dr. jur. promoviert. 1 7 9 5 / 9 6 lehrte er als Prof. der Geschichte in Basel. 1796-98 war er Schultheiß von Basel, 1798-1803 Mitglied und Präsident des obersten Gerichtshofs der Helve-
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Schnell tischen Republik in Aarau, 1803-19 Präsident des Basler Zivilgerichts und 1803-29 auch des Strafgerichts. 1819-29 lehrte S. als Prof. der Rechte an der Univ. Basel und war Mitglied des Großen Rats. CD Reinalter 1 S c h n e l l , Karl, schweizer. Jurist, Politiker, getauft 1 4 . 6 . 1 7 8 6 Burgdorf (Kt. Bern), f 6 . 2 . 1 8 4 4 Aarau. S. studierte Rechtswissenschaften in Yverdon und Heidelberg (Promotion 1809), erwarb 1811 das Notarspatent und war 1816 vorübergehend Regierungssekretär in Aarau, wo er mit Albrecht —»Rengger bekannt wurde. Danach vor allem publizistisch tätig (u.a. im „Berner Volksfreund"), nahm er 1 8 3 0 / 3 1 gemeinsam mit seinem Bruder Johann - > S . führend am liberalen Umsturz in Bern teil, war 1831-38 Großrat und wirkte 1 8 3 4 / 3 5 und 1 8 3 7 / 3 8 im Regierungsrat. 1838 von der radikalen Gruppe um Johann Karl Friedrich —>Neuhaus gestürzt, übernahm S. verschiedene k o m m u n a l e Ämter in Burgdorf. CD C H 91 S c h n e l l , Karl (Ernst), Politiker, * 30. 1. 1866 Kronstadt (Siebenbürgen), f 2 1 . 4 . 1939 Kronstadt. S., Sohn eines Polizeiaktuars, studierte 1884-88 Rechtswissenschaften in Graz und Budapest, wurde 1897 in Klausenburg promoviert und war 1897-1911 erst Leiter, dann Inhaber einer Anwaltskanzlei in Kronstadt. 1 8 8 8 / 8 9 war er Mitarbeiter der „Kronstädter Zeitung", 1894-1900 Lehrer für Wechselwirtschaft und Nationalökonomie an der deutschen Gremial-Handelsschule und 1911-26 Bürgermeister von Kronstadt. Seit 1890 war er in der Partei der „ G r ü n e n " tätig und 1928-33 Vorsitzender des Deutsch-Sächsischen Volksrats. CD N D B S c h n e l l , Ludwig Franz Seraph von, österr. Schriftsteller, * 9. 12.1827 Innsbruck, t 1 4 . 4 . 1 8 8 6 Burnet (Texas, USA). S. studierte Rechtswissenschaften in Innsbruck, stand seit 1848 auf der Seite der Liberalen und hielt sich u. a. in München auf. 1848 veröffentlichte er die Dorfgeschichte Die Stechpalmliese in den „Fliegenden Blättern" und 1851 Schweizer Reisebriefe in der „Allgemeinen Zeitung". S. war auch für die „Inn-Zeitung", die „Neue deutsche Zeitung" (Frankfurt) und die „Leuchtkugeln" tätig. 1854 schrieb er das Β lank versdrama Der letzte Mensch. Im selben Jahr wanderte S. in die U S A aus und lebte als Farmer in Texas. C D
DLL
S c h n e l l , Robert Wolfgang, Schriftsteller, Maler, Schauspieler, * 8 . 3 . 1916 B a r m e n (heute zu Wuppertal), t 1.8. 1986 Berlin. Nach einer abgebrochenen Schulausbildung betrieb S„ Sohn eines Prokuristen, private Studien in Musik, Theater und Malerei, arbeitete in verschiedenen Berufen und war im Zweiten Weltkrieg kurze Zeit Soldat. 1946 gründete er mit Freunden die Ruhr-Kammerspiele in Witten, wurde dann Regisseur am Deutschen Theater in Berlin und war nach 1949 als Maler, Zeichner und Publizist sowie als Schauspieler in Berlin tätig. 1959 gründete S. mit Günter Anlauf und Günter Bruno —> Fuchs die Hinterhofgalerie „zinke" im Berliner Stadtteil Kreuzberg; sie wurde 1961 geschlossen. S. war Mitbegründer der Neuen Gesellschaft für Literatur in Berlin. In seinen Erzählungen (Der Weg einer Pastorin ins Bordell, 1984) und Romanen (Erziehung durch Dienstmädchen, 1968) schilderte er skurrile Lebensgeschichten von Aussteigern und Abgestiegenen. S. wurde u . a . 1970 mit d e m Vonder-Heydt-Preis der Stadt Wuppertal ausgezeichnet. c d
KLG
S c h n e l l , Samuel (Ludwig), schweizer. Jurist, * 7 . 5 . 1775 Burgdorf (Kt. Bern), t 3 . 1 . 1849 Bern. S„ Sohn eines Händlers und Vetter von Johann und Karl —>S., studierte Jura in Tübingen, legte 1795 das Notariatsexamen in Bern ab, w o er Kontakt mit Johann Caspar
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—>Lavater pflegte, und wurde 1796 zum Dr. jur. promoviert. 1798-1803 gehörte S. d e m Obersten Gerichtshof der Helvetischen Republik an und lehrte seit 1805 als Prof. für Vaterländisches Recht und Allgemeine Rechtslehre an der A k a d e m i e in Bern. 1819 wurde er Mitglied des Großen Rats. S. war u. a. an der Revision des Prozeßrechts und an der Ausarbeitung des ersten einheitlichen bernischen Zivilrechts beteiligt. t u NDB
Schneller,
Hans, österr. Musiker, Musikpädagoge, * 2 5 . 9 . 1865 Kloster (Böhmen), t 1 2 . 8 . 1 9 4 5 Wien. Der früh verwaiste S. diente 1879-83 in mehreren Infanterieregimentern als Tambour, war anschließend Paukist in verschiedenen Kur- und Stadtkapellen (u. a. in Marienbad, Winterthur und Bad Reichenhall), und spielte 1889 im TonhalleOrchester in Zürich. 1 8 9 1 / 9 2 als Zither- und Xylophonvirtuose auf Konzertreisen, war er 1 8 9 2 / 9 3 in der Stadtkapelle von Würzburg, 1893 in Bad Kissingen engagiert und kam 1893 zum Concertgebouw-Orchester in Amsterdam. 1894-1932 gehörte S. d e m Wiener Hofopernorchester und den Wiener Philharmonikern, 1901-34 auch der Wiener Hofmusikkapelle an. 1908-32 lehrte er Pauke und Schlagwerk am Konservatorium der Gesellschaft der M u s i k f r e u n d e bzw. an der Akademie für Musik und darstellende Kunst. 1920 wurde S. zum Prof. ernannt. CD O B L
Schnelle, Fritz, Agrarmeteorologe, * 12. 12. 1900 Halle/Saale, t 2 9 . 7 . 1 9 9 0 Merzhausen/Breisgau. S., Sohn eines Lehrers, durchlief eine Landwirtschaftslehre, studierte seit 1924 Landwirtschaft an der Univ. Halle, wurde 1929 promoviert (Studien Uber die Backqualität von Weizensorten) und war mehrere Jahre Assistent am Institut für Pflanzenbau und -Züchtung der Univ. Halle. 1935 erhielt er eine Anstellung beim Reichswetterdienst mit d e m A u f trag, ein phänologisches Beobachtungsnetz im Deutschen Reich aufzubauen. Nach d e m Zweiten Weltkrieg zunächst in der Landwirtschaft tätig, war er 1949-65 Leiter der Abteilung Agrarmeteorologie beim Deutschen Wetterdienst in Offenbach, seit 1953 in Bad Kitzingen. S. erwarb sich Verdienste auf dem Gebiet der Agrarklimatologie, baute einen auch für viele andere Länder vorbildlichen agrarmeteorologischen Dienst auf und gründete „Internationale Phänologische Gärten", in denen klimatische Einflüsse auf B a u m - und Straucharten untersucht wurden. Er veröffentlichte u . a . Einführung in die Probleme der Agrarmeteorologie (1948), Pflanzen-Phänologie (1955, russ. 1961), Frostschutz im Pflanzenbau (Hrsg., 2 Bde., 1963-65) und Klimagrundlagen natürlicher Waldstufen und ihrer Waldgesellschaften in deutschen Mittelgebirgen (mit Friedrich-Karl Hartmann, 1970) und gab 1958-88 die Zeitschrift „Arboreta Phenologica" heraus. CD N D B
Schneller,
Christian, österr. Schriftsteller, Volkskundler, * 5 . 1 1 . 1831 Holzgau (Tirol), f 5 . 8 . 1908 Gut Cornacalda bei Rovereto. S., Sohn eines Müllers und Färbers, studierte seit 1851 Philosophie in Innsbruck, 1 8 5 2 / 5 3 Medizin in Wien und 1853-55 Naturwissenschaften in Innsbruck, legte 1855 und 1857 die Lehramtsprüfungen ab und unterrichtete seit 1856 in Rovereto und seit 1868 als Gymnasialprofessor in Innsbruck. Seit 1869 war er Landesschulinspektor für die deutschen Volksschulen Tirols, 1891-97 für sämtliche Tiroler Mittelschulen. S. befaßte sich vor allem mit der Volks- und M u n d artkunde Südtirols. Zu seinen Werken gehören Die romanischen Volksmundarten in Südtirol (1870, Neudr. 1970), Landeskunde von Tirol (1872), Tirolische Namenforschung (1890) und Südtiroler Landschaften (2 Bde., 1 8 9 9 / 1 9 0 0 ) . S. veröffentlichte ferner Gedichte (Blüthen und Garben, 1897) und die von der Romantik geprägten epischen Dichtungen Sankt Valentin (1880) und Der Einsiedler von Fleims (1893). CD Ö B L
Schnepf S c h n e l l e r , Ernst, Lehrer, Politiker, * 8. 11. 1890 Leipzig, t 1 1 . 1 0 . 1 9 4 4 Konzentrationslager Sachsenhausen. Von Beruf Lehrer, n a h m S. a m Ersten Weltkrieg teil. Er Schloß sich z u n ä c h s t der S o z i a l d e m o k r a t i e , d a n n der K o m m u n i s t i s c h e n Partei an und w a r als deren A b g e o r d n e t e r 1921-24 M i t g l i e d d e s S ä c h s i s c h e n L a n d t a g s und 1924-31 d e s R e i c h s t a g s . N a c h der nationalsozialistischen M a c h t ü b e r n a h m e w u r d e er im F e b r u a r 1933 in Berlin verhaftet, im N o v e m b e r d e s s e l b e n Jahres w e g e n A u f f o r d e r u n g z u m H o c h v e r rat zu sechs J a h r e n Z u c h t h a u s verurteilt u n d in das Z u c h t haus W a l d h e i m überstellt. 1939 ü b e r f ü h r t e m a n S. in das K o n z e n t r a t i o n s l a g e r S a c h s e n h a u s e n , w o er 1944 e r s c h o s s e n wurde. DP M d R S c h n e l l e r , F r a n z (Richard), D r a m a t u r g , R e g i s s e u r , Schriftsteller, * 18. 1 . 1 8 8 9 F r e i b u r g / B r e i s g a u , t 23.11.1968 Freiburg/Breisgau. S., S o h n eines B u c h b i n d e r m e i s t e r s , w a r z u n ä c h s t D r a m a t u r g a m Stadttheater in Freiburg / B r e i s g a u und ü b e r n a h m später d i e L e i t u n g der dortigen S t a d t b ü c h e r e i . In s e i n e m literarischen Werk b e f a ß t e er sich b e s o n d e r s mit d e r L a n d s c h a f t d e s S c h w a r z w a l d s und d e s H o c h r h e i n s und d e r e n B e w o h nern. E r v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. d i e E r z ä h l u n g Land am Oberrhein (1925) s o w i e d i e R o m a n e Segel vor Wind (1934) und Blaubuch eines Herzens (1935). 1947 w u r d e S. mit d e m H e b b e l - P r e i s , 1962 mit d e m K u l t u r p r e i s d e r Stadt F r e i b u r g / B r e i s g a u ausgezeichnet. CD B W B , B d 1 S c h n e l l e r , Georg, Taufname: Joseph, Benediktiner, Theologe, * 2 5 . 2 . 1746 P f a f f e n b e r g , f 3 1 . 3 . 1 8 0 4 K o n z e l l . S., S o h n eines S c h m i e d s , trat 1766 in d a s B e n e d i k t i n e r k l o ster Oberaltaich ein und w u r d e 1788 v o m G e n e r a l s t u d i e n d i r e k t o r i u m der Prälaten als Prof. und S t u d i e n p r ä f e k t an das L y z e u m in A m b e r g entsandt. Z u m M a g i s t e r der P h i l o s o p h i e und z u m Dr. theol. p r o m o v i e r t , ü b e r n a h m S. 1790 d i e Prof e s s u r f ü r Pastoral- und M o r a l t h e o l o g i e an der U n i v . Ingolstadt; 1796 w u r d e er R e k t o r der Universität. 1798 kehrte er ins Kloster zurück, wirkte als P r o p s t in G o s s e r s d o r f und seit 1801 als P f a r r v i k a r in K o n z e l l . Z u seinen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n zählen A r b e i t e n zur f r ü h e n u n d mittelalterlichen K i r c h e n g e schichte, u. a. Prima octo saecula α Christo nato ad leges historiae ecclesiasticae deducta (1777) u n d Historia ecclesiastica a saeculo IX post Christum usque ad saecula XVIII (1778). CD L M U S c h n e l l e r , J o h a n n L u d w i g , e v a n g . Missionar, * 15.1. 1820 E r p f i n g e n ( h e u t e zu S o n n e n b ü h l , Kr. R e u t l i n g e n ) , t 1 8 . 1 0 . 1896 J e r u s a l e m . D e r aus einer B a u e r n - und W e b e r f a m i l i e s t a m m e n d e S. w a r seit 1838 als L e h r e r in v e r s c h i e d e n e n Orten W ü r t t e m b e r g s tätig, trat in V e r b i n d u n g mit der P i l g e r m i s s i o n auf St. C h r i s c h o n a (Kt. B a s e l - S t a d t ) und w u r d e 1847 Leiter u n d H a u s vater der B r u d e r s c h a f t . N a c h seiner Heirat 1854 g i n g er im A u f t r a g der P i l g e r m i s s i o n n a c h J e r u s a l e m , um das dortige B r ü d e r h a u s neu zu b e g r ü n d e n und als Vorsteher zu leiten, und w a r seit 1855 als s e l b s t ä n d i g e r M i s s i o n a r tätig. 1860 g r ü n d e t e S. d a s „ S y r i s c h e W a i s e n h a u s " , aus d e m später im L i b a n o n und in J o r d a n i e n d i e „ S c h n e l l e r s c h e n A n s t a l t e n " (Internatshäuser, S c h u l e n und L e h r w e r k s t ä t t e n f ü r a r a b i s c h e Kinder) entstanden. CD B B K L S c h n e l l e r , J o s e p h von, österr. H y g i e n i k e r , * 9 . 5 . 1 8 1 4 Wien, t 2 0 . 1 2 . 1885 W i e n . S., S o h n eines G r o ß h a n d l u n g s d i r e k t o r s , studierte seit 1834 M e d i z i n in W i e n , w u r d e 1840 z u m Dr. m e d . (De combinatione et exclusione morborum), 1841 z u m Dr. chir. p r o m o v i e r t (De neuromate) und w a r seit 1840 Mitglied d e s W i e n e r m e d i z i n i s c h e n D o c t o r e n - C o l l e g i u m s . Seit 1857 u n t e r n a h m er in offiziellem A u f t r a g R e i s e n in zahlreiche e u r o p ä i s c h e L ä n d e r s o w i e n a c h Kleinasien und Ä g y p t e n z u m S t u d i u m der dortigen sanitären Verhältnisse, trat f ü r
e i n e a l l g e m e i n e I m p f p f l i c h t ein und erarbeitete im A u f trag d e s O b e r s t e n Sanitätsrats einen e n t s p r e c h e n d e n Ges e t z e s e n t w u r f . 1851-53 w a r S. D e k a n d e s W i e n e r m e d i zinischen D o c t o r e n - C o l l e g i u m s . 1857 w u r d e er z u m M e dizinalrat e r n a n n t . S. initiierte die S e k t i o n f ü r ö f f e n t l i c h e G e s u n d h e i t s p f l e g e (1880). Seit 1870 w a r er M i t g l i e d d e s O b e r s t e n Sanitätsrats, seit 1879 d e s s e n Vizepräsident. 1883 w u r d e S. nobilitiert. Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Entwurf einer Apotheker-Ordnung für den österreichischen Kaiserstaat (1849), Historische Darstellung der Entwickelung der medicinischen Facultät zu Wien (1856) u n d Arzneimittellehre in ihrer Anwendung auf die Krankheiten des kindlichen Alters (1857). CO Ö B L S c h n e l l e r , Julius F r a n z B o r g i a s , auch Schnöller, T a u f n a m e : F r a n z L u d w i g B o r g i a s S., P s e u d . Friedrich H a i n , Julius Velox, Historiker, Dichter, * 3 . 3 . 1777 S t r a ß b u r g , t 1 2 . 5 . 1833 F r e i b u r g / B r e i s g a u . D e r S o h n eines Juristen studierte seit 1791 M a t h e m a t i k , G e schichte, K l a s s i s c h e P h i l o l o g i e und R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n in F r e i b u r g / B r e i s g a u u n d W i e n , w o er a n s c h l i e ß e n d als Erzieher und L e h r e r tätig war. Als R e i s e b e g l e i t e r k a m S. n a c h Paris, L o n d o n , Venedig und B e l g r a d , unterrichtete seit 1805 als Prof. der W e l t g e s c h i c h t e und östeiT. G e s c h i c h t e a m Lyz e u m in L i n z , seit 1806 a m L y z e u m in G r a z und w u r d e dort 1823 z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t . I m selben J a h r ging er als Prof. der P h i l o s o p h i e u n d G e s c h i c h t e n a c h F r e i b u r g / B r e i s gau und w u r d e 1830 z u m g r o ß h e r z o g l i c h b a d i s c h e n H o f r a t e r n a n n t . S. schrieb u . a . Weltgeschichte (4 B d e . , 1808-13) u n d Staatengeschichte des Kaiserthums Österreich von der Geburt Christi bis zum Sturz Napoleons (4 Bde., 1817-19; 2. Aufl., 4 B d e . in 3 Tin., 1837-41). CD Ö B L S c h n e l l e r , Karl, P s e u d . H a n s R u d o r f f , österr. Militär, Schriftsteller, * 1 9 . 4 . 1 8 7 8 Wien, t 2 4 . 4 . 1942 W i e n . S., S o h n eines F e l d m a r s c h a l l e u t n a n t s , b e s u c h t e seit 1895 die T e c h n i s c h e M i l i t ä r a k a d e m i e , 1901-03 d i e K r i e g s s c h u l e in W i e n und w u r d e 1903 d e m G e n e r a l s t a b , 1908 d e m R e i c h s k r i e g s m i n i s t e r i u m zugeteilt. Seit 1914 g e h ö r t e er der O p e r a t i o n s a b t e i l u n g des A r m e e o b e r k o m m a n d o s an und w a r bis 1915 V e r b i n d u n g s o f f i z i e r b e i m A u ß e n m i n i s t e r i u m s o w i e C h e f des P r e s s e d i e n s t e s b e i m A r m e e o b e r k o m m a n d o . Seit 1917 O b e r s t , w u r d e S. im selben J a h r C h e f d e s G e n e r a l stabs eines K o r p s und g e h ö r t e 1919 der österr. D e l e g a t i o n bei d e n F r i e d e n s v e r h a n d l u n g e n in S t . - G e r m a i n - e n - L a y e an. Seit 1923 w a r er S e k t i o n s c h e f im S t a a t s a m t f ü r H e e r w e sen, w u r d e 1925 z u m G e n e r a l b e f ö r d e r t und trat 1926 in den R u h e s t a n d . I m selben J a h r w u r d e S., d e r u . a . mit T h e o d o r —> K ö r n e r b e f r e u n d e t war, M i t g l i e d der S o z i a l d e m o k r a t i schen Partei. 1934 w a r er acht M o n a t e inhaftiert. N e b e n Lyrik ( G e d i c h t e , 1920; Gesichte und Gestalten, 1925) schrieb er D r a m e n und F a b e l n . S. starb an d e n F o l g e n eines M o t o r r a d u n f a l l s . 1978 erschien von i h m Gefangenschaft. Ein Buch Sonette (hrsg. von Karl R. Stadler). CD Ö B L S c h n e p f , Erhard, auch S c h n e p f f , R e f o r m a t o r , * 1 . 1 1 . 1 4 9 5 Heilbronn, t 1 . 1 1 . 1 5 5 8 Jena. S. studierte R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n , d a n n T h e o l o g i e in E r f u r t u n d Heidelberg, w a n d t e sich f r ü h der R e f o r m a t i o n zu und w u r d e 1520 e v a n g . P r e d i g e r in Weinsberg. N a c h seiner Vertreibung 1522 w i r k t e er in G u t t e n b e r g , W i m p f e n und Weilb u r g und f o l g t e 1527 e i n e m R u f L a n d g r a f —> Philipps von H e s s e n als Prof. d e r T h e o l o g i e an die n e u g e g r ü n d e t e U n i v . M a r b u r g . 1534 w u r d e S. R e f o r m a t o r d e s nördlichen W ü r t t e m b e r g , n a h m 1541 und 1546 an d e n R e l i g i o n s g e s p r ä c h e n in H a g e n a u , W o r m s und R e g e n s b u r g teil u n d lehrte seit 1544 als Prof. der T h e o l o g i e in T ü b i n g e n . N a c h der E i n f ü h r u n g des Interim m u ß t e er W ü r t t e m b e r g 1548 verlassen, ging als Prof. d e s H e b r ä i s c h e n an d i e n e u g e g r ü n d e t e U n i v . J e n a und
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Schneppenhorst näherte sich hier den entschiedenen Lutheranern um Matthias —»Flacius. S. schrieb Konfession etlicher der fürnehmsten streitigen Artikel des Glaubens (1545), Confessio de eucharistia (1555) und Refutatio Majorismi (1555). t u BBKL
Schneppenhorst,
Ernst, Politiker, * 19.4. 1881 Krefeld, t 2 4 . 4 . 1945 Berlin. S. erlernte das Schreinerhandwerk, lebte nach der Wanderschaft in Nürnberg und war seit 1906 im Holzarbeiterverband tätig. 1912-20 war er für die S P D Mitglied des Bayerischen Landtags, leitete im N o v e m b e r 1918 das K o m m a n d o des III. Bayerischen Armeekorps und war 1919 bayerischer Minister f ü r militärische Angelegenheiten. Anschließend widmete sich S. d e m Aufbau eines optischen Instituts, das 1933 von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurde. 1 9 3 2 / 3 3 war er Reichstagsmitglied. S., der 1938 vorübergehend in H a f t war, wurde nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 verhaftet und kurz vor Kriegsende im Berliner Gestapo-Gefängnis erschossen. CD N D B
Schnerich,
Alfred, österr. Musikwissenschaftler, Kunsthistoriker, * 22. 10. 1859 Tarvis (Kärnten, heute Italien), t 2 9 . 4 . 1944 Wien. S., Sohn eines Bezirksvorstehers, studierte seit 1881 Theologie in Graz, seit 1883 Kunstgeschichte und Archäologie in Wien und wurde 1888 mit der Arbeit Studien über den Dom in Gurk und dessen Vorbilder zum Dr. phil. promoviert. Seit 1889 Volontär an der Wiener Universitätsbibliothek, wurde er 1907 Kustos und war 1911-22 Oberbibliothekar; er betreute die Referate Kunstgeschichte und Musikwissenschaft. 1922 wurde S. zum Regierungsrat ernannt. Er veröffentlichte zahlreiche kunsthistorische und musikwissenschaftliche Schriften, u. a. Wiens Kirchen und Kapellen in kunst- und kulturgeschichtlicher Darstellung (1921) und Joseph Haydn und seine Sendung (1921). t u ÖBL S c h n e t z l e r , Johann Ulrich, schweizer. Maler, Stukkateur, * 2 8 . 8 . 1704 Schaffhausen, t 2 6 . 5 . 1763 Langwiesen (Kt. Zürich). Nach einer Lehre bei Johann Jakob Schärer in Schaffhausen setzte S., Sohn eines Obermüllers, seine Ausbildung bei Jacob van - » S c h u p p e n an der A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien fort und war 1747-50 als Maler und Stukkateur in Bern tätig. 1750 kehrte er nach Schaffhausen zurück. S. schuf zahlreiche Porträts und Historiengemälde sowie Stuckdecken und Deckengemälde in Bürgerhäusern der Stadt Schaffhausen. c n Schweiz Kunst
Schneuber,
Johannes Matthias, Pädagoge, Schriftsteller, * 2 . 2 . 1614 Müllheim (Baden), t 26. 12. 1665 Straßburg. S. studierte seit 1634 in Straßburg, erwarb neben der W ü r d e eines Poeta laureatus 1635 den Magistergrad und war seit 1637 Lehrer am G y m n a s i u m in Straßburg, später auch Schulinspektor und Gymnasiarch. Seit 1642 lehrte er zudem als Prof. an der dortigen Univ. und hielt Vorlesungen über Logik, Rhetorik und Poetik. Seit 1633 war er Mitglied der Tannengesellschaft und wurde 1648 als „Der Riechende" in die Fruchtbringende Gesellschaft a u f g e n o m m e n . S. schrieb lateinische und deutsche Kasualgedichte (u.a. Teutscher Gedichten Anderer Theil, 1656) sowie astronomische Abhandlungen (u.a. Umständliche Beschreibung deß grossen Cometen [.. J , 1665). CD Killy
Schniewind,
Julius (Daniel), evang. Theologe, * 2 8 . 5 . 1883 Elberfeld (heute zu Wuppertal), t 7 . 9 . 1948 Halle/Saale. Der Kaufmannssohn studierte 1901-06 Theologie in Bonn, Halle, Berlin und Marburg, erwarb 1910 in Halle den Grad eines Lizentiaten und lehrte dort seit 1914 als Privatdozent für Neues Testament. Nach einer Tätigkeit als Feldprediger
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im Ersten Weltkrieg wurde S. 1921 a. o . P r o f . in Halle, wo er 1925 zum Dr. theol. promoviert wurde, folgte 1927 einem Ruf als Ordinarius nach Greifswald und lehrte seit 1929 in Königsberg. 1935 wurde er als führendes Mitglied der Bekennenden Kirche Ostpreußens nach Kiel zwangsversetzt, kehrte 1936 nach Halle zurück, wurde 1937 erneut abgesetzt und nahm dort nach Kriegsende seine Professur wieder auf. 1946-48 war er Propst von Halle-Merseburg. S. war Mitbegründer der Gesellschaft f ü r evangelische Theologie. Er veröffentlichte u . a . Euangelion. Ursprung und erste Gestalt des Begriffs Evangelium (2 Bde., 1927-31), Das Evangelium nach Markus (1933, '"1963) und Das Evangelium nach Matthäus (1937, 12 1968). m Altpreuß Biogr, Bd 5
Schniewind,
(Hermann Hubert) Otto (Maria), Bankier, Beamter, * 1 5 . 8 . 1 8 8 7 Köln, t 2 6 . 2 . 1 9 7 0 Starnberg (Oberbayern). Nach dem 1912 in Heidelberg mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaften wurde S., Sohn eines Anwalts und Aufsichtsrats, 1913 Gerichtsassessor und nahm 1914-18 am Ersten Weltkrieg teil. Seit 1919 im Reichsschatzamt tätig, ließ er sich 1922 in den einstweiligen Ruhestand versetzen, um eine Tätigkeit als Dezernent im Chefkabinett der Disconto-Gesellschaft anzunehmen, trat 1925 in das preuß. Handelsministerium ein und wurde 1927 Ministerialrat. Seit 1928 war S. Finanzberater der Persischen Regierung, kehrte 1931 in das preuß. Handelsministerium zurück und wurde 1933 Staats- und Reichskommissar an der Berliner Börse. Seit 1935 Ministerialdirektor im Reichswirtschaftsministerium, wurde er 1937 aus politischen Gründen entlassen und war dann bis 1938 Direktoriumsmitglied der Reichsbank. Seit 1939 Gesellschafter und Treuhänder des „arisierten" Bankhauses von Siegfried - » A u f h ä u s e r in München, wurde er 1944 verhaftet und in das Konzentrationslager Ravensbrück verbracht; A n f a n g 1945 wurde S., der seit 1939 schwedischer Staatsbürger war, entlassen. 1948 übernahm er die Leitung des Büros für die Koordinierung der verschiedenen Verwaltungen in den Angelegenheiten des Marshall-Plans und wirkte maßgebend am A u f b a u der Kreditanstalt für Wiederaufbau mit. Seit 1952 war er zudem persönlich haftender Gesellschafter des Bankhauses Neuvians, Reuschel & Co. in München. CD N D B
Schnippenkötter,
Josef (Andre), Pädagoge, * 19.4. 1886 Duisburg, t 2 0 . 6 . 1 9 5 9 Bonn. S. studierte Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften an den Universitäten München, Göttingen und Münster, war Studienrat in Recklinghausen und wurde nach dem Kriegsdienst 1919 in Würzburg promoviert. Seit 1922 war er Direktor der Krupp-Oberrealschule in Essen. 1933 von den Nationalsozialisten seines Amtes enthoben, wurde er dann als Studienrat in Köln wiederverwendet. 1945 wurde er Referent für Schulwesen beim Oberpräsidenten der NordRheinprovinz; 1946-52 war er Leitender Regierungsdirektor und Leiter des Schulkollegiums Düsseldorf. S. war Mitglied des Generalvorstandes des Katholischen Akademikerverbandes, des Kuratoriums des Deutschen Instituts für wissenschaftliche Pädagogik und Beirat der Görres-Gesellschaft. Er veröffentlichte u. a. Der anthropologische Gottesbeweis (1920) und Lehrbuch der Physik für höhere Lehranstalten (1930). S. war der Vater von Swidbert - > S .
Schnippenkötter,
Swidbert, Diplomat, * 9. 8 . 1 9 1 5 Recklinghausen, t 30. 12. 1972 Freiburg/Breisgau. Der Sohn Josef - > S . s begann das Studium der Rechtswissenschaften in München, das er nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft seit 1947 in Bonn, London und in den U S A fortsetzte und 1951 mit der Promotion abschloß. S. trat in den auswärtigen Dienst ein, wurde 1952 Gesandtschaftsrat an der Botschaft in Mexiko und war seit 1956
Schnittke persönlicher Referent Walter —> Hallsteins, als dessen Kabinettschef er 1958 zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft nach Brüssel ging. 1960 wurde S. Leiter der politischen Abteilung bei der Botschaft in Washington, war seit 1963 im Planungsstab des Auswärtigen Amtes tätig und wurde, inzwischen zum Ministerialdirigenten befördert, 1965 unter Ernennung zum Botschafter Beauftragter der Bundesregierung f ü r Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle. 1962 wurde er Beobachter der Bundesregierung bei den Vereinten Nationen in Genf, 1969 Chef der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik bei den dortigen internationalen Organisationen und Botschafter. Ed N D B
sich in Stade, 1682 in Hamburg nieder. S., der als der bedeutendste Vertreter des norddeutschen Orgelbaus gilt, schuf etwa 160 Werke, vorwiegend in Norddeutschland, Berlin, Magdeburg und den Niederlanden sowie in Skandinavien, England, Rußland, Spanien und Portugal. Sein größtes, jedoch nicht erhaltenes, Werk war die Orgel von St. Nikolai in Hamburg (1682-88). Die noch fast vollständig erhaltene Orgel von St. Jacobi in Hamburg (1689-93) wurde mit ihrer in den Mixturen silbern ausgelichteten Klangtransparenz zum Ausgangspunkt der in den zwanziger Jahren des 20. Jh. einsetzenden Orgelbewegung um Hans Henny —»Jahnn und Christhard Mahrenholz. CD M G G
S c h n i r c h , (Franz) Friedrich, österr. Ingenieur, * 7 . 6 . 1 7 9 1 Patek (Böhmen), t 25. 11.1868 Wien. Nach dem Studium der höheren Mathematik, praktischen Geometrie, Land- und Wasserbaukunst sowie der Maschinenlehre am Polytechnischen Institut in Wien 1819-21 war S., Sohn eines Verwalters, gräflich Magnischer Privatingenieur und trat 1827 als Straßenkommissär in den Staatsdienst ein. Seit 1839 provisorischer Amtsingenieur, wurde er 1842 provisorischer Oberingenieur und war als solcher bei der Generaldirektion für die Österreichischen Staatsbahnen tätig. Seit 1850 Oberinspektor, wurde er 1852 in die Zentraldirektion versetzt und war 1860-63 in der Ministerialkommission für ältere Staatseisenbahnangelegenheiten tätig. 1842 schuf S. bei Straßnitz (Mähren) die erste Kettenbrücke auf d e m europäischen Kontinent, erbaute danach zwei Kettenbrücken über die Moldau und erhielt 1858 ein Privileg für ein von ihm entwickeltes System, das er 1 8 5 9 / 6 0 mit der ersten Kettenbrücke für den Eisenbahn- bzw. Lokomotivbetrieb für die Wiener Verbindungsbahn realisieren konnte. Er veröffentlichte u . a . Beytrag für den Kettenbrückenbau (mit Joseph Schnirch, 1832) und Kettenbrücken für Eisenbahnen nach dem neusten Systeme (1859). CP Ö B L
S c h n i t g e r , Gerhard, Architekt, * 3 . 9 . 1 8 4 1 Eversten (Oldenburg), t 2 5 . 2 . 1917 Berlin. Nach einer Maurerlehre studierte S. seit 1861 an der Baugewerkschule in Holzminden und war 1863-65 als Architekt für ein Berliner Bauunternehmen tätig. Seit 1866 arbeitete er im Atelier des Kieler Stadtbaumeisters, hatte seit 1868 ein eigenes Büro in Oldenburg und baute vorwiegend großbürgerliche Villen. 1876-79 errichtete S. das Naturkundemuseum, 1879-81 das Oldenburger Hoftheater im Stil des pallandianisierenden Historismus, 1883 das Groninger Stadttheater und 1 8 8 7 / 8 8 das Walhallatheater im Berliner Theater an der Charlottenstraße.
S c h n i r e r , Moritz Tobias, Zionist, Mediziner, * 2 3 . 9 . 1 8 6 0 Bukarest, t 1 5 . 3 . 1 9 4 1 Wien. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte Medizin in Bukarest und Wien, wurde 1887 promoviert und und eröffnete 1888 eine Privatpraxis in Wien-Döbling. Seit 1882 engagierte er sich f ü r den Zionismus, spielte eine f ü h r e n d e Rolle bei der Gründung des ersten zionistischen Studentenvereins Westeuropas („Kadima") und war 1889-93 Präsident des Kolonisationsvereins „Admath Jeschurun", den er zum Organisationszentrum des österr. Kolonisationszionismus ausbaute. Gemeinsam mit Theodor —»Herzl wirkte S. an der Vorbereitung des ersten Zionistenkongresses in Basel 1897 mit, war an der Gründung des zionistischen Zentralorgans „Die Welt" und an der Errichtung des Nationalfonds beteiligt und begleitete Herzl 1898 auf seiner Palästinareise. Nach Differenzen mit radikalen Jungzionisten seit 1906 zog er sich zurück. S. veröffentlichte u. a. Diagnostisches Lexikon (mit Anton - > B u m , 4 Bde., 1893-95), Medizinal-Index (1898, 4 0 1938), Taschenbuch der Therapie (1903, 1 4 1938) und Enzyklopädie der praktischen Medizin (hrsg. mit Hermann —>Vierordt, 4 Bde., 1906-09, russ. 1907-10). Als nach d e m „Anschluß" Österreichs 1938 seine B e m ü h u n g e n um ein Einreisevisum nach Palästina scheiterten, beging S. mit seiner Frau Selbstmord. m ÖBL S c h n i t g e r , Arp, auch Schnitker, Orgelbauer, getauft 2 . 7 . 1 6 4 8 Schmalenfleth (heute zu Ovelgönne, Kr. Wesermarsch), beerdigt 2 8 . 7 . 1 7 1 9 Neuenfelde (heute zu Hamburg). S. erlernte das Tischlerhandwerk bei seinem Vater, wurde 1666-76 bei seinem Vetter Berendt Huess in Glückstadt zum Orgelbauer ausgebildet und arbeitete während seiner Gesellenzeit u. a. beim Bau der Orgel von St. C o s m a e mit, die er nach d e m Tod von Huess 1676 vollendete. Danach ließ er
S c h n i t t e r , Gerold, schweizer. Ingenieur, * 2 5 . 1 0 . 1900 Basel, t 2 2 . 7 . 1987 Küsnacht. S., Sohn eines Arztes, studierte Bauingenieurwesen an der Ε Τ Η Zürich, legte 1923 das Diplom ab und war als Ingenieur in Italien und Jugoslawien tätig. Seit 1941 Berater des Bauunternehmens C. Zschokke A G , wurde er 1952 dessen Direktor. 1952-70 war er Prof. des Grund- und Wasserbaus sowie Direktor der Versuchsanstalt f ü r Wasserbau, Erdbau und Hydrologie an der Ε Τ Η Zürich. S. war an zahlreichen großen Bauvorhaben im In- und Ausland beteiligt und betrieb eine ausgedehnte Beratertätigkeit. Er veröffentlichte u . a . Die Deflektion von Strassendecken unter einer Radlast (mit Fritz Müller, 1962) und Neuere Entwicklungen im Bau von Staudämmen und der Mattmark-Damm (1965). • 3 Schweizer Pioniere, Bd 53 S c h n i t t k e , Alfred (Garrijewitsch), A l ' f r e d Garrievic Snitke, Komponist, * 2 4 . 1 1 . 1934 Engels (UdSSR), t 3 . 8 . 1 9 9 8 Hamburg. Der in der Hauptstadt der ehemaligen Autonomen Sowjetrepublik der Wolgadeutschen geborene S. kam 1946 mit seinen Eltern nach Wien, wo sein Vater, ein aus Frankf u r t / M a i n stammender, 1926 in die Sowjetunion emigrierter Journalist und Übersetzer, bei der „Österreichischen Zeitung" arbeitete; seine Mutter war Deutschlehrerin, später Mitarbeiterin einer deutschsprachigen Zeitung. S. erhielt in Wien Akkordeonunterricht und war Klavierschuler von Charlotte Ruber, lebte nach der Rückkehr in die Sowjetunion 1948 in Valentinowka bei Moskau und wurde 1949 in die Abteilung Chordirigieren der Moskauer Musikfachschule a u f g e n o m m e n ; den Klavierunterricht setzte er bei Wassili Schaternikow fort. 1953-58 studierte er am Moskauer Konservatorium Komposition und Kontrapunkt bei Jewgeni Golubew, Formenlehre bei Juri Fortunatow, Instrumentation bei Nikolai Rakow und erhielt wesentliche Anregungen durch den Webern-Schüler Filip Herschkowitsch, der ihn mit Kompositionen von Arnold —> Schönberg, Anton von —> Webern und Alban —» Berg
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Schnitzer vertraut m a c h t e . 1958-61 w a r S. A s p i r a n t bei G o l u b e w a m K o n s e r v a t o r i u m in M o s k a u , an d e m er selbst 1961-72 I n s t r u m e n t a t i o n lehrte. Seit 1972 w a r er als f r e i s c h a f f e n d e r K o m p o n i s t tätig. 1980 n a h m S. e i n e G a s t p r o f e s sur an der W i e n e r H o c h s c h u l e f ü r M u s i k und Darstellende K u n s t w a h r u n d g i n g 1989 nach Berlin, w o er als F e l l o w des W i s s e n s c h a f t s k o l l e g s und als C o m p o s e r in-residence des Berliner P h i l h a r m o n i s c h e n O r c h e s t e r s bis Juli 1990 arbeitete. D a n a c h leitete er als N a c h f o l g e r von G y ö r g y S ä n d o r —»Ligeti e i n e K o m p o s i t i o n s k l a s s e an der H a m b u r g e r M u s i k h o c h s c h u l e . 1990 erhielt S. d i e d e u t s c h e Staatsbürgerschaft. F ü r seine k o m p o s i t o r i s c h e E n t w i c k l u n g w a r neben d e n K o m ponisten der N e u e n W i e n e r S c h u l e d i e A u s e i n a n d e r s e t z u n g mit der russischen klassischen M o d e r n e (Igor S t r a w i n s k y , S e r g e j P r o k o f j e w , vor allem D m i t r i S c h o s t a k o w i t s c h ) wichtig. Seit A n f a n g der sechziger J a h r e schrieb S. zahlreiche F i l m m u s i k e n (für Spiel-, D o k u m e n t ä r - und Z e i c h e n t r i c k filme), e i n e Tätigkeit, d i e wesentlich z u m L e b e n s u n t e r h a l t beitrug. Er setzte sich z u n ä c h s t mit verschiedenen R i c h t u n gen der m u s i k a l i s c h e n A v a n t g a r d e , mit D o d e k a p h o n i e und den F o r m p r i n z i p i e n der Serialität und A l e a t o r i k a u s e i n a n der; n a c h einer P h a s e , in der er - u . a . unter d e m E i n f l u ß Luigi N o n o s - streng serielle O r c h e s t e r - und K a m m e r m u s i k w e r k e schrieb, d a r u n t e r das Konzert Nr. 2 für Violine und Kammerorchester (1966), der Dialog (1967) f ü r V i o l o n c e l l o und sieben Instrumentalisten und Pianissimo (1968), bildete er e i n e eigene, 1968 e r s t m a l s als „Polystilistik" b e n a n n t e T o n s p r a c h e aus, mit der er unter „Verzicht auf S t i l d o g m e n " Stile v e r s c h i e d e n e r E p o c h e n m i t e i n a n d e r v e r b a n d und Stilu n t e r s c h i e d e b e w u ß t n e b e n e i n a n d e r einsetzte. Er probierte diese S c h r e i b w e i s e z u m ersten M a l bei der Sonata Nr. 2 „Quasi una sonata" (1968) f ü r Violine und Klavier aus. D i e auf v e r s c h i e d e n e M u s i k e p o c h e n z u r ü c k g r e i f e n d e 1. Sinfonie ( 1 9 6 9 - 7 2 ) - mit A n l e i h e n bei —>Haydn, —> B e e t h o v e n , Grieg, C h o p i n und T s c h a i k o w s k i und unter E i n b e z i e h u n g der G e b r a u c h s m u s i k e b e n e —> M a h l e r und S c h o s t a k o w i t s c h f o l g e n d - ist als S.s S c h l ü s s e l w e r k seiner Polystilistik a n z u sehen. D i e S i n f o n i e w u r d e n a c h ihrer U r a u f f ü h r u n g ( 1 9 7 4 in G o r k i ) als d e s t r u k t i v e „ A n t i - S i n f o n i e " scharf attackiert. Seit d e m Concerto grosso Nr. 1 (1977), s e i n e m ersten g r o ß e n internationalen E r f o l g , e n t w i c k e l t e S. seine Polystilistik, d i e er später als A u s d r u c k der „ W e c h s e l b e z i e h u n g z w i s c h e n Z e n t r u m und P e r i p h e r i e " ansah, von e i n e m o f t u n v e r m i t t e l t e n N e b e n e i n a n d e r u n t e r s c h i e d l i c h e r m u s i k a l i s c h e r S p r a c h e n zu einem dialogischen Miteinander. Die wesentlichen Spann u n g s e f f e k t e e r z e u g t e er d u r c h d a s A u f e i n a n d e r t r e f f e n historischer M u s i k t r a d i t i o n e n , vor allem aus der Zeit d e s B a r o c k , von „freitonaler C h r o m a t i k u n d M i k r o i n t e r v a l l e n " und von E l e m e n t e n „vulgärer G e b r a u c h s m u s i k banaler P r ä g u n g " , der F o l k l o r e und sakraler M u s i k . N a c h e i n e m S c h l a g a n f a l l 1985, der d i e G r e n z e zu S.s S p ä t w e r k darstellt, e n t s t a n d e n das a b e n d f ü l l e n d e Ballett Peer Cynt (1988, Libretto von J o h n N e u m e i e r n a c h H e n rik Ibsen), drei O p e r n (Leben mit einem Idioten, 1991, 1992 A m s t e r d a m , nach Viktor J e r o f e j e w s g l e i c h n a n i g e r N o v e l l e ; Historia von D. Johann Fausten, 1991-94, 1995 H a m b u r g , Libretto: Jörg M o r g e n e r und S. n a c h d e m Volksbuch von 1587; Gesualdo, 1993, 1995 Wien, Libretto: R i c h a r d Bletschacher), m e h r als z w a n z i g O r c h e s t e r w e r k e u n d I n s t r u m e n talkonzerte, C o n c e r t i grossi und vielfältige K a m m e r m u s i k . S. starb w ä h r e n d der Arbeit an seiner 9. S i n f o n i e . S. w u r d e u . a . mit d e m Preis d e s Verbands der F i l m s c h a f f e n d e n d e r U d S S R (1988), d e m Ö s t e r r e i c h i s c h e n Staatspreis (1991), d e m P r e m i u m I m p e r i a l e (Tokio, 1992), d e m B a c h - P r e i s d e r H a n s e s t a d t H a m b u r g (1992) und d e m russischen K u l t u r p r e i s „ T r i u m f " ( 1 9 9 3 ) ausgezeichnet. Er w a r M i t g l i e d der (West-)Berliner A k a d e m i e der K ü n s t e (1981), der B a y e r i s c h e n A k a d e m i e der S c h ö n e n K ü n s t e ( 1 9 8 6 ) , der
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A k a d e m i e der K ü n s t e der D D R ( 1 9 8 6 ) und d e r K ö n i g l i c h e n S c h w e d i s c h e n A k a d e m i e f ü r M u s i k , S t o c k h o l m (1987); als E h r e n m i t g l i e d g e h ö r t e er der Freien A k a d e m i e der K ü n s t e , H a m b u r g , (1989) und der R o y a l A c a d e m y of M u s i c , L o n d o n , (1993) an. WEITERE WERKE: Vokalmusik: R e q u i e m (1975). - M i n n e s a n g (1981). - Seid n ü c h t e r n und w a c h e t . . . (1983). - F ü n f F r a g m e n t e zu B i l d e r n von H i e r o n y m u s B o s c h (1994). Ballettmusik: L a b y r i n t h e (1971, Libretto: W l a d i m i r Wassiljew). - D e r g e l b e K l a n g ( 1 9 7 4 , Libretto: Wassily K a n dinsky). - S k i z z e n ( 1 9 8 5 , Libretto: A n d r e j P e t r o w ) . - Instrumentalmusik: 8 S i n f o n i e n (1972, 1979, 1981, 1984, 1988, 1992, 1993, 1994). - 7 Concerti grossi ( 1 9 7 7 , 1982, 1985, 1988, 1991, 1993, 1994). - 4 V i o l i n k o n z e r t e ( 1 9 6 3 , 1966, 1978, 1984), 2 V i o l a k o n z e r t e ( 1 9 8 5 , 1989). - 2 C e l l o k o n z e r t e (1986, 1990). - Kammermusik: 4 Streichquartette ( 1 9 6 6 , 1980, 1983, 1989), 3 Violinsonaten (1963, 1968, 1994), 2 C e l l o s o n a t e n ( 1 9 7 8 , 1994). LITERATUR: T a m a r a B ü r d e : Z u m L e b e n und S c h a f f e n d e s K o m p o n i s t e n A . S. K l u d e n b a c h 1993. - A. S. z u m 60. G e burtstag. E i n e Festschrift. Hrsg. von d e n Internationalen M u s i k v e r l a g e n H a n s Sikorski. H a m b u r g 1994. - A l e x a n d e r I v a s h k i n : A . S. L o n d o n 1996. - A. S. Ü b e r das L e b e n und die Musik. Gespräche mit Alexander Iwaschkin. M ü n c h e n / D ü s s e l d o r f 1998. - W a l t e r - W o l f g a n g Sparrer: S „ A . In: K o m p o n i s t e n d e r G e g e n w a r t . H r s g . v. H a n s - W e r n e r Heister. M ü n c h e n 1998. - M a r i a K o s t a k e v a : Im S t r o m der Zeiten und der Welten. D a s S p ä t w e r k von A . S. S a a r b r ü c k e n 2 0 0 5 . - Friederike W i s s m a n n : S., A . In: M G G 2 , P e r s o n e n teil, B d . 14, 2 0 0 5 , S p . 1534-1539. - Victoria A d a m e n k o : N e o - m y t h o l o g i c i s m in M u s i c . F r o m Scriabin a n d S c h o e n berg to S. a n d C r u m b . Hillsdale, N Y 2 0 0 7 . Bruno Jahn S c h n i t z e r , A d o l f (Friedrich), Jurist, * 3 0 . 7 . 1 8 8 9 Berlin, t 12. 1 . 1 9 8 9 Genf. S. studierte seit 1907 R e c h t s - und S t a a t s w i s s e n s c h a f t e n in Berlin und F r e i b u r g / B r e i s g a u , w u r d e 1910 in J e n a z u m Dr. j u r . p r o m o v i e r t , w a r seit 1914 A s s e s s o r und arbeitete 1918-33 als R e c h t s a n w a l t , seit 1928 auch als N o t a r in Berlin. 1933 e m i g r i e r t e er in d i e S c h w e i z und w u r d e nach weiteren S t u d i e n in G e n f und in Lyon 1935 in G e n f e r n e u t p r o m o viert (Staat und Gebietshoheit). Seit 1948 w a r er Privatdozent in G e n f und lehrte 1960-66 an der U n i v . L u x e m b u r g . D a n e b e n w i r k t e er 1948-52 als R e c h t s b e r a t e r d e r Internationalen O r g a n i s a t i o n f ü r F l ü c h t l i n g e und w a r 1953-73 C h e f d e s B u r e a u international d e s d e c l a r a t i o n s d e deces d e s pers o n n e s d i s p a r u e s . S., der m a ß g e b l i c h an der E n t w i c k l u n g eines internationalen Privatrechts beitrug, v e r ö f f e n t l i c h t e ein Handbuch des Internationalen Privatrechts (1937, 4. A u f l . 1 9 5 6 / 5 7 in zwei B d e n . ) , ein Handbuch des Internationalen Handels-, Wechsel- und Checkrechts ( 1 9 3 8 ) u n d Vergleichende Rechtslehre ( 1 9 4 5 ; 2 Bde., 2 1 9 6 1 ) . DP N D B S c h n i t z e r , Adolph, Mediziner, * 1 8 . 2 . 1 8 0 2 Oppeln, t 1 7 . 3 . 1883 Berlin. S. studierte seit 1819 in B r e s l a u und Berlin M e d i z i n , w u r d e 1823 p r o m o v i e r t und praktizierte in Berlin, später B r e s l a u . 1830 w u r d e er mit d e m S t u d i u m d e r C h o l e r a in Galizien und in O b e r s c h l e s i e n betraut und ließ sich a n s c h l i e ß e n d in Berlin nieder. 1840 w u r d e S. z u m fürstlich W a l d e c k s c h e n H o f r a t , später z u m p r e u ß . G e h e i m e n Sanitätsrat e r n a n n t . Er w a r einer der M i t b e g r ü n d e r der in Berlin n e u e r ö f f n e t e n Kinderklinik, an d e r er als A r z t tätig war. S., der Z e i t s c h r i f t e n und H a n d b ü c h e r h e r a u s g a b und w i s s e n s c h a f t l i c h e W e r k e ins D e u t s c h e übersetzte, v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. d e n m e h r f a c h a u f g e l e g t e n Rathgeber für Alle, welche sich gegen die Cholera morbus schützen wollen (1831), Die Lehre von der Zurechnungsfähigkeit bei zweifelhaften Cemiithszuständen (1840) und Die Hausmutter als Krankenpflegerin in allen Fällen (1845). m Kreuter
Schnitzler Schnitzer, Eduard (Carl Oscar Theodor) - > E m i n Pascha, Mehmed Schnitzer, Joseph, kath. Theologe, * 15.6.1859 Lauingen/Donau, f 1. 12.1939 München. Der einer Handwerkerfamilie entstammende S. studierte seit 1880 Philosophie und Theologie in Augsburg und München, empfing 1884 die Priesterweihe und setzte sein Studium nach kurzer seelsorgerischer Tätigkeit in München und Wien fort. 1890 wurde er in München zum Dr. theol. promoviert (Berengar von Tours, seine Leben und seine Lehre), war Stipendiat in Rom und erhielt 1892 eine Dozentur, 1893 eine a. o. Professur für Kirchenrecht und Kirchengeschichte am Lyzeum in Dillingen. Seit 1902 lehrte S. als Ordinarius für Dogmengeschichte, Symbolik und Pädagogik an der Univ. München. 1907 widersetzte er sich im Streit um Reformkatholizismus und Modernismus der päpstlichen Verurteilung des Modernismus und wurde suspendiert. 1909 wurde S. in Tübingen mit den ersten drei Bänden der Quellen und Forschungen zur Geschichte Savonarolas zum Dr. phil. promoviert (Bd. 4 erschien 1910). Seit 1913 war er Honorarprofessor an der Philosophischen Fakultät in München. S. veröffentlichte u.a. Der katholische Modernismus (1912), Savonarola (2 Bde., 1924) und Der Tod Alexanders VI. (1929). m BBKL Schnitzler, Arthur, österr. Mediziner, Schriftsteller, * 15.5. 1862 Wien, f 21. 10. 1931 Wien. Als ältester Sohn des Laryngologen Johann - > S . und Bruder von Julius —»S. wuchs S. im großbürgerlichen Wohlstand einer assimilierten jüdischen Familie auf. Nach dem Abitur am Wiener Akademischen Gymnasium studierte er Medizin, Schloß 1885 das Studium ab und war in den folgenden Jahren an verschiedenen Stellen als Arzt tätig. Er interessierte sich vor allem für die Tiefenpsychologie, hielt jedoch Distanz zu der Lehre Sigmund - » Freuds. Zugleich veröffentlichte S. seine ersten literarischen Arbeiten: 1889 eine Reihe kurzer Erzählungen sowie die ersten Episoden des Zyklus um Anatol, der 1891 vollständig erschien. Als Freund Hugo von —> Hofmannsthals, Hermann —> Bahrs und Richard —> Beer-Hofmanns Schloß sich S. der Dichtergruppe an, die später als „Jung Wien" berühmt wurde. In den neunziger Jahren erlangte er einen großen Theatererfolg mit dem Stück Liebelei (1895), dem Aufführungen verschiedener weiterer Einakter folgten, u. a. Paracelsus, Der grüne Kakadu, Die Gefährtin. Da inzwischen auch seine Prosaarbeiten (u. a. die Novellen Die drei Elixiere, Sterben, Der Witwer) breitere Resonanz fanden, entschied sich S., seinen Beruf als Arzt aufzugeben, um sich ganz der Literatur zu widmen. Sein privates Leben war unruhig; er hatte Affären mit zahlreichen Frauen aus allen Gesellschaftsschichten; das Kind, das Marie Reinhardt von ihm erwartete, kam tot zur Welt, und bald danach starb auch die Mutter. 1900 veröffentlichte S. zwei bedeutende Prosaarbeiten: Frau Berta Garlan, ein Werk, das Autobiographisches verarbeitet, und den „inneren Monolog" Leutnant Gustl, in dem durch die losen Assoziationen der Titelfigur das „Wert-Vacuum" (Η. Broch) beleuchtet wird, in dem S. das Ehrgefühl der österr. Offiziere begründet sah. Die Novelle erregte einen Skandal, der noch weit übertroffen wurde, nachdem 1903 das heikle Stück Reigen als Buch erschienen war. Es besteht aus einer Kette erotischer Begegnungen und wurde von einer scheinheiligen Kritik im Verein mit der Zensur
(1920 ging die preuß. Zensur gegen eine Aufführung in Max —> Reinhardts Kleinem Schauspielhaus in Berlin vor) als pornographisch bekämpft. Mit zunehmendem Erfolg - sowohl auf dem Theater (u.a. Lebendige Stunden, 1902; Der einsame Weg, 1904; Der Ruf des Lebens, 1906; Das weite Land, 1911) als auch in der Prosa (u. a. dem Roman Der Weg ins Freie, 1908) - kristallisierte sich um S. eine „Legende", die in ihm den Verkünder der freien Liebe und der lockeren „liaisons" sah. Dies führte lange Zeit zum Mißverständnis seines Werks, das sich - trotz der scheinbaren Leichtigkeit um die Unergründlichkeit des Ichs dreht und die Verlogenheit menschlicher Beziehungen bloßstellt. Zu S.s fünfzigstem Geburtstag verlegte Fischer die Gesammelten Werke (1912), die auch Professor Bernhardt (1912) enthielten, das Stück mit dem der jüdische Autor den längst nicht mehr nur latenten Antisemitismus seiner Landsleute am klarsten anprangerte. Der Erste Weltkrieg bedeutete für den pazifistisch gesinnten S. eine tiefe Zäsur. Zu der schwierigen politischen Situation kamen negative persönliche Erfahrungen hinzu. Sein Ruhm als Schriftsteller wurde geringer, da er sich zu keiner Avantgarde bekennen wollte. In den ausgeprägt filmischen Zügen vieler seiner Texte spiegelt sich S.s große Vorliebe für dieses Medium, deren Ausmaß erst durch die Publikation der Tagebücher sichtbar geworden ist. 1918 wurde die Novelle Casanovas Heimfahrt veröffentlicht, 1927 erschienen drei seiner berühmtesten Prosaarbeiten: Traumnovelle, Spiel im Morgengrauen und Fräulein Else, die Erzählung, in der S.s Technik des „inneren Monologs" ihren künstlerischen Höhepunkt erreichte. Obgleich ein Teil der Kritiker ihn inzwischen für den Autor einer versunkenen Welt hielt, blieb S. seiner Poetik treu und behandelte in immer neuen Varianten seine bevorzugten Themen, bei denen es um das Spiel von Schein und Sein geht, das die menschliche Existenz vergiftet und das Individuum zu unüberwindbarer Einsamkeit verdammt. Seine Ansichten zu Literatur, Kritik, Politik, Krieg und Religion faßte S. in zwei Bänden zusammen: Der Geist im Wort und der Geist in der Tat und Das Buch der Sprüche und Bedenken. Beide Werke, 1927 erschienen, sind ein Spiegel seiner Gedankenwelt, die er hier bewußt unsystematisch darbietet. 1928 ereilte S. ein schweres Unglück: Die neunzehnjährige Tochter Lili, mit einem italienischen Offizier erst kurz verheiratet, nahm sich das Leben. Die letzten Werke (wie der Roman Therese, 1928, und das Theaterstück Im Spiel der Sommerlüfte, 1929) zeigen wachsenden Pessimismus, der nicht zuletzt durch eine lästige Ohrenkrankheit gesteigert wurde. WEITERE WERKE; Gesammelte Werke. 6 Bde., Frankfurt/ Main: Die erzählenden Schriften. 2 Bde., 1961. Die dramatischen Schriften. 2 Bde., 1961. Aphorismen und Betrachtungen. Hrsg. v. Robert O. Weiss, 1967. Entworfenes und Verworfenes. Aus dem Nachlaß. Hrsg. v. Reinhard Urbach. 1977. - Jugend in Wien. Eine Autobiographie. Hrsg. v. Therese Nicki/Heinrich Schnitzler. Wien/München/Zürich 1968. Neuausg. 1981. - Ein Liebesreigen. Die Urfassung des „Reigen". Hrsg. v. Gabriella Rovagnati. Frankfurt/Main 2004. Briefe 1875-1912. Hrsg. v. Heinrich Schnitzler/Therese Nicki. Frankfurt/Main 1981. - Briefe 1913-1931. Hrsg. v. Peter M. Braunwarth/Richard Miklin/Susanne Pertlik. Frankfurt/Main 1984. - Tagebücher. Hrsg. v. Werner Welzig. Bd. 1 ff. Wien 1981 ff. LITERATUR: Richard H. Allen: An Annotated A. S. Bibliography. Editions and Criticism in German, French and English. 1879-1965. Chapel Hill 1966. - Jeffrey B. Berlin: An Annotated A. S. Bibliography. 1965-1977. München 1978. - Reinhard Urbach: S.-Kommentar zu den erzählenden Schriften und dramatischen Werken. München 1974. Hartmut Scheible: A. S. in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek 1976. - Heinrich Schnitzler/Chri-
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Schnitzler stian Brandstätter/Reinhard Urbach: A. S. Sein Leben. Sein Werk. Seine Zeit. F r a n k f u r t / M a i n 1981. - Renate Wagner: A. S. Eine Biographie. F r a n k f u r t / M a i n 1981. - Ellen Butzko: A. S. und die zeitgenössische Kritik. F r a n k f u r t / Main 1991. - Wolfram Kiwit: ,Sehnsucht nach meinem Rom a n ' . A. S. als Romancier. Bochum 1991. - Irene Lindgren: A. S. im Lichte seiner Briefe und Tagebücher. Heidelberg 1993. - Ulrich Weinzierl: A. S. Lieben - Träumen - Sterben. F r a n k f u r t / M a i n 1994. - Konstanze Fliedl: A. S. Poetik der Erinnerung. Wien 1997. - A. S. Hrsg. v. Heinz Ludwig Arnold. München 1998 (Text + Kritik. Heft. 1 3 8 / 1 3 9 ) [mit Bibliographie]. - Giuseppe Farese: A. S. Ein Leben in Wien 1862-1931. München 1999. - Bettina Riedmann: „Ich bin Jude, Österreicher, Deutscher". Judentum in A. S.s Tagebüchern und Briefen. Tübingen 2002. - Konstanze Fliedl: A. S. Stuttgart 2005. - Renate Wagner: Wie ein weites Land. A. S. und seine Zeit. Wien 2006. - Jacques Le Rider: A. S. oder die Wiener Belle Epoque. Wien 2007. Gabrlella
Rovagnati
S c h n i t z l e r , (Carl) August, K a u f m a n n , * 18. 11. 1794 Gräfrath (heute zu Solingen), f 1 1 . 6 . 1 8 6 1 Wiesbaden. S. wurde in Solingen und Brüssel kaufmännisch ausgebildet und trat 1816 in das väterliche Handels- und Produktionshaus Schnitzler & Kirschbaum ein; 1823 wurde er mit seinem jüngeren Bruder Albert Teilhaber der Firma, die mit Solinger und bergisch-märkischen Industriewaren handelte. Mit der Zollvereinsgründung 1835 trennten sich die Gesellschafter; die Firma wurde in August & Albert Schnitzler umbenannt. S. setzte sich in Solingen für die Errichtung der Handelskammer und des Fabrikengerichts ein; er wurde jeweils zum ersten Präsidenten gewählt (1840). Nach Auseinandersetzungen um die B e k ä m p f u n g des Trucksystems trat er 1845 von seinen Ehrenämtern zurück. 1 8 5 0 / 5 1 war S. erneut Präsident der Handelskammer. 1848 wurde er zum stellvertretenden Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung gewählt. Nach U m z u g nach Bonn 1851 und Austritt aus der Firma zog er 1859 aus gesundheitlichen Gründen nach Wiesbaden. m Rhein-Westf Wirt, Bd 18 S c h n i t z l e r , Carl Eduard, K a u f m a n n , * 15. 10. 1792 Gräfrath (heute zu Solingen), t 6 . 2 . 1 8 6 4 Köln. Der Sohn eines Kaufmanns übernahm nach d e m Tod des Vaters 1811 dessen Geschäft und trat nach der Heirat mit einer Tochter von Johann Heinrich Stein 1822 als Teilhaber in die Firma J. H. Stein in Köln ein. 1825-64 Seniorchef, vollzog er deren U m w a n d l u n g in ein Bankhaus und beteiligte sich an rheinischen Bahnunternehmen und Versicherungsgesellschaften. 1826-51 war S. Mitglied des Kölner Gemeinderats und 1837-39 Vorsitzender der dortigen Handelskammer. • D Rhein-Westf Wirt, Bd 5 S c h n i t z l e r , Ernst Wilhelm, Industrieller, * 1.5. 1877 Viersen (Rheinland), t 2 . 6 . 1962 Düsseldorf. Nach dem Besuch der Berliner Handelshochschule erhielt S. eine kaufmännische und technische Ausbildung in der Textil-, Maschinen- und chemischen Industrie und übernahm 1904 die Leitung der Deutsch-Chinesischen SeidenIndustrie-Gesellschaft in Tsingtau. 1912 wurde er Direktor der Rheinischen Kampferfabrik in Düsseldorf und 1932 Alleininhaber der Firmen van den Kerkhoff und Cie., Dr. Höhn & Cie., Chemische Fabrik in Neuss. Daneben leitete S. die Maschinenfabrik seines verstorbenen Schwiegervaters Felix Tonnar in Dülken und war Aufsichtsratsmitglied verschiedener Firmen. c n Haunfelder, Zentrumspartei S c h n i t z l e r , Georg (August Eduard) von, Unternehmer, * 2 9 . 1 0 . 1 8 8 4 Köln, t 2 4 . 5 . 1962 Basel. Das Studium der Rechtswissenschaften in Bonn, Leipzig und Berlin Schloß S„ Vetter von Karl Eduard von - > S„ 1907 mit der Promotion zum Dr. jur. in Leipzig ab und begann eine
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Ausbildung im Kölner Bankhaus J. H. Stein, dessen Teilhaber sein Vater war. 1912 trat er in die Verkaufsabteilung der Firma Hoechst ein und wurde nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1919 Prokurist, 1920 stellvertretendes Vorstandsmitglied sowie Leiter des Farbenverkaufs und 1924 ordentliches Vorstandsmitglied. 1925 wirkte er an der Gestaltung der Fusionsverträge der I. G. Farbenindustrie A G mit und wurde 1926 in deren Vorstand berufen. Seit 1927 war er Leiter der V G Farben und Färbereihilfsprodukte und Vorsitzender des Farbenausschusses, seit 1928 Mitglied und seit 1935 Vorsitzender des kaufmännischen Ausschusses. Seit 1934 war er Mitglied der SA. 1938 trat S. in die N S D A P ein. Im selben Jahr wurde er Betriebsführer des I. G. Verwaltungsgebäudes in F r a n k f u r t / M a i n . 1942 zum Wehrwirtschaftsführer ernannt, war er seit 1943 Leiter der V G Chemikalien und Vorsitzender des Chemikalienausschusses der I. G. 1945 wurde er verhaftet und im I. G.-Farben-Prozeß 1948 wegen „Plünderung und R a u b " zu fünf Jahren Haft verurteilt. Nach der Entlassung 1949 wurde S. Präsident der Deutsch-Ibero-Amerikanischen Gesellschaft. Er war mit Lilly von —>S. verheiratet. c n Heine S c h n i t z l e r , Heinrich, österr. Schauspieler, Regisseur, * 9 . 8 . 1902 Hinterbrühl (Niederösterreich), t 12.7. 1982 Wien. Der Sohn Arthur —>S.s studierte Kunstgeschichte und Germanistik in Wien, nahm Schauspielunterricht bei Franz —»Hetterich und debütierte 1921 in Wien. 1922-24 spielte S. hier am Raimundtheater, ging 1924 nach Berlin, wo er am Staatstheater und am Deutschen Theater engagiert war, und trat seit 1932 am Deutschen Volkstheater in Wien auf, an dem er auch als Dramaturg und Regisseur tätig war. Nach dem „Anschluß" Österreichs 1938 emigrierte S. in die USA, war in Berkeley, Seattle und Vancouver Lektor, später Prof. der Schauspielkunst, Regie und Theatergeschichte und wirkte an verschiedenen Bühnen als Regisseur. Nach seiner Rückkehr 1957 war er Regisseur am Wiener Theater in der Josefstadt, 1959-72 dessen Vizedirektor und setzte seine Arbeit als Gastregisseur europaweit fort. S. verwaltete den Nachlaß seines Vaters und betreute die Neuausgabe der Gesammelten Werke. Gemeinsam mit T. Nicki gab er das Buch Jugend in Wien. Eine Autobiographie (1968, 3 1981) heraus. S c h n i t z l e r , H e r m a n n , Kunsthistoriker, * 13. 1.1905 M o n s c h a u / E i f e l , f 15. 12.1976 Köln. S., Sohn eines Textilfabrikanten, studierte seit 1925 Musik in Stuttgart, dann Kunstgeschichte in Berlin und wurde 1934 bei Paul —> Clemen mit der Arbeit Die Goldschmiedeplastik der Aachener Schreinswerkstatt promoviert. 1936 Assistent, seit 1937 Kustos am Schnütgen-Museum in Köln, war er 1953-70 dessen Direktor. Sein Hauptarbeitsgebiet war die früh- und hochmittelalterliche Schatzkunst des RheinMaas-Gebietes. Z u s a m m e n mit Peter Bloch veröffentlichte er das Corpus Die ottonische Kölner Malerschule (2 Bde., 1967-70). CO N D B S c h n i t z l e r , Johann, auch Johannes S., österr. Laryngologe, * 1 0 . 4 . 1 8 3 5 N a g y b a j o m (Komitat S o m o g y , Ungarn), t 2 . 5 . 1893 Wien. S., Sohn eines Tischlermeisters, Schloß das Medizinstudium in Pest und Wien 1860 mit der Promotion ab und setzte seine internistische Ausbildung an den beiden medizinischen Universitätskliniken im Allgemeinen Krankenhaus unter Josef —> Skoda und Johann von —»Oppolzer fort. Auf Anregung Oppolzers, dessen Assistent er seit 1863 war, wandte sich S. der Laryngologie zu, habilitierte sich 1864 für Perkussion und Auskultation sowie für Krankheiten der Atmungs- und Kreislauforgane und wurde 1878 tit. a. ο., 1880 unbesoldeter a. ο. Prof. in Wien. 1874-78 war er Dozent f ü r Physiologie
Schnizlein und Pathologie der S t i m m e am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde. Von 1872 bis zu seinem Tod leitete er die Laryngologische Abteilung der Wiener Allgemeinen Poliklinik, an deren Gründung er maßgeblich beteiligt war, und wurde 1884 deren Direktor. S. wurde vor allem als Kehlkopfspezialist bekannt. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Pneumatische Behandlung der Lungenund Herzkrankheiten (1875, 2 1877), Die Lungensyphilis und ihr Verhältnis zur Lungenschwindsucht (1880), Über Lungentuberkulose im Kindesalter. Ihre Symptomatologie, Diagnose und Therapie (1888) und Klinischer Atlas der Laryngologie (mit Markus Hajek u.a., 1895). S. war der Vater von Arthur und Julius —> S. CD Ö B L
S c h n i t z l e r , Julius, österr. Chirurg, * 13.7. 1865 Wien, t 2 9 . 6 . 1939 Wien. Der Bruder Arthur —>S.s studierte Medizin in Wien, wo er 1888 promoviert wurde; er arbeitete bereits während seines Studiums an der I. Medizinischen Universitätsklinik unter Hermann —»Nothnagel. Seit 1889 war S. Assistent Eduard —> Alberts an der I. Chirurgischen Universitätsklinik, bei dem er sich 1896 für Chirurgie habilitierte, war anschließend chirurgischer Primarius am Kaiser-Franz-Joseph-Spital und leitete 1902-34 die Chirurgische Abteilung des Wiedner Krankenhauses in Wien. Seit 1928 war S. a. o. Professor. 1929 wurde er zum Hofrat ernannt. S. befaßte sich vorwiegend mit Abdominalchirurgie. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Beiträge zur Casuistik der branchiogenen Fisteln und Cysten (1890), Zur Aetiologie der Cystitis (1892) und Die Indikationen zu chirurgischen Eingriffen bei inneren Erkrankungen (mit Hermann —»Schlesinger, 1905, 2 1910, italien. 1905). c n ÖBL
S c h n i t z l e r , Karl Eduard von, Journalist, Publizist, * 2 8 . 4 . 1918 Berlin, t 2 0 . 9 . 2 0 0 1 Berlin. S., Sohn eines 1913 geadelten Legationsrats, Urenkel von Carl Eduard —»S. und Vetter von Georg von —»S. und Kurt von —»Schroeder, wurde 1932 Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend und war 1933 vorübergehend inhaftiert. Nach d e m Abitur 1937 in Köln begann er das Studium der Medizin in Freiburg/Breisgau, wurde jedoch aus politischen Gründen relegiert. Er durchlief seit 1938 eine kaufmännische Ausbildung, betätigte sich daneben als Fluchthelfer und nahm dann am Zweiten Weltkrieg teil; als Besatzungssoldat in Frankreich geriet er 1944 in britische Gefangenschaft und war f ü r die B B C tätig. 1946 wurde er Leiter der Politischen Abteilung des Nordwestdeutschen R u n d f u n k s in Köln und ging nach der Entlassung wegen seiner kommunistischen Überzeugung 1947 nach Berlin, wo er für den Berliner R u n d f u n k und als Drehbuchautor arbeitete. Nach dem Besuch der Parteihochschule 1951 wurde S., Mitglied der S E D seit 1948, 1952 Leiter der Kommentatorengruppe des Staatlichen R u n d f u n k k o m i t e e s der D D R und war u. a. als Kritiker tätig ( M e i n e Filmkritiken 1955-60. Eine Auswahl, 1999). 1960-89 betrieb er, seit 1968 C h e f k o m m e n tator des DDR-Fernsehen, in der Sendung „Der schwarze Kanal" die propagandistische Auseinandersetzung mit der Bundesrepublik. Auch nach 1990 hielt S., heftigen Anfeindungen ausgesetzt, an seiner apologetischen Darstellung der D D R fest und polemisierte auf der Basis eines kommunistischen Weltbildes gegen gesellschaftliche Entwicklungen und ihre Darstellung in den Medien (u. a. Der Rote Kanal. Armes Deutschland, 1992, 3 1993; Provokation, 1993, 2 1994). Seine Autobiographie erschien 1989 unter d e m Titel Meine Schlösser oder Wie ich mein Vaterland fand ( 2 1995). CD N D B
S c h n i t z l e r , Lilly (Bertha Dorothea), geb. von Mallinckrodt, Kunstsammlerin, Mäzenin, * 2 5 . 6 . 1889 Köln, t 2 6 . 6 . 1981 Murnau. S., Tochter eines Bankiers, kam 1920 mit ihrem Ehemann Georg von —»S. nach F r a n k f u r t / M a i n . Ihr Haus war Treffpunkt bekannter Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Kultur. Durch Wilhelm —> Hausenstein lernte sie 1924 M a x —> Beckmann kennen, förderte ihn und bereitete die Beckmann-Ausstellung 1931 in Paris vor. S. war 1924 Mitbegründerin und Redakteurin der literarischen Monatsschrift „Europäische Revue". Nach 1933 bemühte sie sich um Vermittlung zwischen den neuen Machthabern und kulturellen Kreisen und besuchte Beckmann im Exil. Auf sozialem Gebiet engagierte sich S. in der „Heussenstammschen Stiftung" und der angeschlossenen „Künstlerküche". Nach d e m Krieg gründete sie die Max-Beckmann-Gesellschaft und beteiligte sich am Wiederaufbau des Frankfurter Städels. Teile ihrer B e c k m a n n - S a m m l u n g gingen 1979 als Legat an das WallrafRichartz-Museum in Köln. OD Frankf Biogr S c h n i t z l e r , Theodor (Simon), kath. Theologe, * 1 . 4 . 1 9 1 0 Düsseldorf, t 2 9 . 8 . 1982 Meerbusch. Der aus einer Familie von Kaufleuten stammende S. studierte seit 1928 Theologie in Freiburg und R o m , wurde nach der Promotion zum Dr. phil. (Piatons Staat und die Verfassung der katholischen Kirche, 1931) 1934 zum Priester geweiht und war Kaplan in Düsseldorf und Köln-Nippes. 1936 wurde er zum Dr. theol. promoviert (Im Kampf um Chalcedon. Geschichte und Inhalt des Codex Encyclius von 458, gedruckt 1938). 1941 ging S. als Rektor an das Alexianerkrankenhaus in Porz-Ensen und war 1943-60 Seminarprofessor für Liturgik, Ritus und Rubrizistik sowie seit 1947 Konsultor der Liturgischen Kommission der Fuldaer Bischofskonferenz. 1960-77 Pfarrer an St. Aposteln in Köln und Volksschulvisitator im Kreis Köln, wirkte S. an der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils maßgeblich mit. Er war Konsultor der Vorbereitenden Kommission für Liturgie und Sekretär der Unterkommission für die R e f o r m der Hl. Messe sowie 1963-75 Konsultor des Rats für die A u s f ü h r u n g des Liturgiedekrets. Als Relator arbeitete er an der Erneuerung des Caeremoniale Episcoporum mit und führte seit 1977 die Erzbischöfliche Liturgieschule. 1962-70 lehrte er am Priesterseminar Essen-Werden, 1974-81 am Studienhaus St. L a m b e r t / B u r g Lantershofen und 1980 an der T H Aachen. S. veröffentlichte u. a. Die Messe in der Betrachtung (2 Bde., 1955-57, ' 1 9 6 1 ) , Die Eucharistie in der Geschichte (1959), Was die Messe bedeutet (1976, " 1 9 9 0 ) und Was die Sakramente bedeuten (1982, 2 1983). 1958 wurde er zum Päpstlichen Hausprälaten und 1980 zum Kölner Ehrendomherrn ernannt. CD N D B S c h n i z l e i n , Adalbert (Carl Friedrich Hellwig Konrad), Pharmazeut, Botaniker, * 15.4. 1814 Feuchtwangen, t 24. 10. 1868 Erlangen. Nach einer Apothekerlehre in Ansbach war S., Sohn eines Botanikers und Arztes, seit 1833 als Apothekergehilfe in Nördlingen tätig, studierte seit 1834 C h e m i e und Botanik in München und wurde 1836 in Erlangen promoviert. Er unternahm botanische Forschungsreisen nach Genf, Paris und Le Havre, lebte 1840-42 wieder in München und war seit 1843 Apotheker in Erlangen, w o er sich 1845 f ü r Botanik habilitierte (Dissertatio botanica de typhacearum familia naturali). Seit 1850 lehrte er als a. o. Prof. der Botanik in Erlangen und war Leiter des dortigen Botanischen Gartens. 1843 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. 1843-70 erschien seine vierbändige Iconographia familiarum naturalium regni vegetabilis, die Blütenund Fruchtanalysen sämtlicher damals bekannter Pflanzen enthält. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Encyclopädie der Naturwissenschaften als Hilfslehren der Phar-
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Schnöller macie ( 1 8 4 6 , 2 1 8 5 3 ) , Die Flora von Bayern nebst angrenzenden Gebieten [...] (1847, Nachdr. 2007), Analysen zu den natürlichen Ordnungen der Gewächse und deren sämmtlichen Familien in Europa (1858, Neuausg. 1863) und Botanik als Gegenstand der allgemeinen Bildung (1868). m NDB
Schnöller,
Etienne, schweizer. Journalist, * 14. 10. 1897 Davos, t 1 4 . 3 . 1 9 6 8 Chur. Nach d e m mit der Promotion zum Dr. rer. pol. (Die Städtische Strassenbahn Zürich, ihre geschichtliche Entwicklung und volkswirtschaftliche Bedeutung) abgeschlossenen Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in Lausanne, Leipzig, Würzburg und Zürich war S. im Verlagsund Bankwesen tätig, ehe er sich dem Journalismus zuwandte. 1933-52 war er Chefredakteur der Wochenzeitung „Die Nation", deren Ausrichtung als radikaldemokratisches Blatt er in der Zeit des Nationalsozialismus entscheidend bestimmte. 1953 wurde S. Chefredakteur der „Schweizer Wochen-Zeitung" und übernahm 1958 das Kulturressort der „Neuen Bündner Zeitung". S c h n o g , Karl, Pseud. Carl Coblentz, Anton Emerenzer, Ernst Huth, Kornschlag, Tom Palmer, Charlie vom T h u r m , Schriftsteller, * 14.6. 1897 Köln, t 2 3 . 8 . 1964 Berlin. Der Sohn eines Handwerkers nahm nach einer kaufmännischen Lehre am Ersten Weltkrieg teil, erhielt dann Sprachund Schauspielunterricht und war in den zwanziger Jahren als Conferencier, Schauspieler und Regisseur an verschiedenen Theatern und Kabaretts meist in Berlin tätig; u . a . mit Erich —> Weinert gründete er das Kabarett „Die Wespen". Er arbeitete seit 1927 für den R u n d f u n k und war Mitarbeiter der satirischen Zeitschrift „Lachen links". 1933 emigrierte er in die Schweiz, 1940 nach Luxemburg. Im selben Jahr dort verhaftet, wurde er bis Kriegsende in den Konzentrationslagern Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald interniert. Seit 1946 war S. Chefredakteur der satirischen Zeitschrift „Ulenspiegel", 1948-51 Rundfunkredakteur und lebte danach als freier Schriftsteller in Berlin. S. zählte zu den Pionieren des Hörspiels ( u . a . Das Gewitter, 1930), schrieb satirisch-humorvolle m o d e r n e Volksstücke (u.a. Die Perle von Savoyen, 1929) und verfaßte den autobiographischen Bericht Unbekanntes KZ (1945). Er veröffentlichte ferner eine von Paul —»Hindemith vertonte Kantate (Sechs KnabenChorlieder, 1930), den Roman La Grande Compagnie de Colonisation in französischer Sprache (1939) und Zeitgedichte - Zeitgeschichte 1925-1950 (1949). m NDB S c h n o o r , Hans, Musikwissenschaftler, * 4 . 1 0 . 1893 Neumünster, t 1 5 . 1 . 1 9 7 6 Bielefeld. S. studierte Musikwissenschaft in Genf und Leipzig, wurde 1919 mit der Arbeit Das Buxheimer Orgelbuch. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Orgelmusik im 15. Jahrhundert zum Dr. phil. promoviert und war als Musikreferent in Leipzig tätig. Bis 1945 war er Dozent an der Musikhochschule Dresden und Musikkritiker am „Dresdner Anzeiger". Seit 1950 lebte er als Musikreferent, freischaffender Schriftsteller und Musikkritiker in Bielefeld. S. war Mitglied der Gesellschaft für Musikforschung. Er veröffentlichte u. a. Weber auf dem Welttheater. Ein Freischützbuch (1942) und eine Geschichte der Musik (1953). CD N G r o v e D
Schnopfhagen,
Hans, eigentl. Johann Ev. S., österr. Psychiater, * 1 9 . 6 . 1 8 7 0 Niederwaldkirchen (Oberösterreich), t 1 2 . 1 . 1 9 3 7 Wien. S., Sohn eines Lehrers, studierte seit 1891 Medizin in Graz, wurde 1897 promoviert und trat 1898 in den Dienst des Landes Niederösterreich. Zunächst Sekundararzt an der Landesirrenanstalt in Wien, wurde er 1907 Ordinarius an der Landes-Irrenanstalt in Klosterneuburg, wirkte 1912-19 an der Landes-Heil- und Pflegeanstalt A m Steinhof in Wien
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und hatte bis 1936 die Leitung der Landes-Irrenanstalt in Gugging (Klosterneuburg) inne. 1931 wurde S. zum Hofrat ernannt. cn ÖBL
Schnorr von Carolsfeld, Franz, Bibliothekar, * 11.4. 1842 München, t 8 . 2 . 1 9 1 5 Dresden. Der Sohn von Julius —>S. v. C. und Bruder von L u d w i g —>S. v. C. Schloß das Studium der Philologie in Göttingen und Berlin 1864 mit der Promotion zum Dr. phil. ab (Verborum collocatio Homerica quas habeat leges et qua utatur libertate) und war seit 1877 Bibliothekar an der kgl. Bibliothek in Dresden, zu deren Direktor er 1887 ernannt wurde. Seit 1882 Prof., wurde S. v. C. 1901 Geheimer Hofrat. Er edierte u . a . Bd. 3-15 des Archivs für Literaturgeschichte (1874-87) und gab 1886 Julius Schnorrs Briefe aus Italien heraus.
Schnorr von Carolsfeld, Hans, Bibliothekar, * 2 1 . 8 . 1862 München, t 1 6 . 5 . 1 9 3 3 München. S. v. C. studierte Klassische und Deutsche Philologie in München, wo er 1886 promoviert wurde ( Ü b e r die Reden und Briefe bei Sallust), war seit 1887 Sekretär an der dortigen Hof- und Staatsbibliothek und seit 1892 Oberbibliothekar an der Münchner Universitätsbibliothek, die bis dahin von Professoren im Nebenamt verwaltete wurde. S. v. C. baute die Universitätsbibliothek zu einer modernen Gebrauchsbibliothek aus. 1908 wurde er Oberbibliothekar an der kgl. Hof- und Staatsbibliothek in München, 1909 Direktor und war 1920-29 Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek. Er trug den Titel Geheimer Regierungsrat. S. v. C. modernisierte Geschäftsgang und Katalogisierung. Dank der Förderung durch die Notgemeinschaft f ü r die Wissenschaft konnte er die Erwerbung auf Gebiete ausdehnen, die bislang vernachlässigt worden waren. Unter S. v. C. wurden die ersten Frauen im mittleren Dienst eingestellt. Er war 1908-19 Vorsitzender des Vereins Deutscher Bibliothekare. ••
Habermann 1
S c h n o r r von Carolsfeld, Hans Veit Friedrich, Maler, * 11.5. 1764 Schneeberg (Sachsen), t 3 0 . 4 . 1841 Leipzig. S. v. C., Urenkel von Hans Veit Friedrich —>S. v. C., studierte zunächst Rechtswissenschaften in Leipzig und erhielt seit 1788 eine künstlerische Ausbildung in Königsberg, Magdeburg und Leipzig, wo er Schüler A d a m Friedrich —»Oesers war. S. v. C. schuf u . a . Radierungen für die Prachtausgaben von —»Wielands Werken und —»Klopstocks Oden und malte 1799 den Vorhang für das Theater in Leipzig. 1816 wurde er Direktor der Leipziger Kunstakademie. S. v. C. war der Vater von Julius und L u d w i g Ferdinand -^>S. v. C.
S c h n o r r von Carolsfeld, Julius (Veit Hans), Maler, Graphiker, * 2 6 . 3 . 1 7 9 4 Leipzig, t 2 4 . 5 . 1 8 7 2 Dresden. Nach dem ersten Kunstunterricht bei seinem Vater, dem Maler Hans Veit - > S . v. C., studierte S. v. C. seit 1811 an der von Heinrich —»Füger geleiteten Wiener Kunstakademie. Durch die Freundschaft mit Ferdinand —> Olivier und die Kontakte zum Wiener Kreis der Romantiker u m Friedrich - » Schlegel löste er sich bald von den akademischen Idealen und wandte sich der nazarenischen Kunstkonzeption zu. Frühe künstlerische Reife beweisen bereits die altmeisterlich filigranen Zeichnungen sowie das malerische Hauptwerk dieser Jahre, Der heilige Rochus verteilt Almosen (1817). E n d e 1817 reiste S. v. C. nach Italien, w o er sich in R o m der Lukasbruderschaft anschloß.
Schnürer Nach Vollendung weiterer Ölgemälde freskierte er von 1822 bis 1827 einen Raum im Casino Massimo mit Szenen aus Ariosts Orlando Furioso, die den wachsenden Einfluß der Raffaelsfresken in den Stanzen des Vatikans widerspiegeln. In diesen römischen Jahren entstand ein Konvolut an Zeichnungen mit landschaftlichen und figürlichen Motiven, unter denen die Bildnisse des sog. Römischen Porträtbuches herausragen. 1825 wurde S. v. C. von König —> Ludwig I. nach München berufen und 1827 zum Prof. der Historienmalerei an der Kunstakademie ernannt. Er war maßgeblich an der Ausgestaltung der Neubauten der Münchner Residenz beteiligt. In fünf Räumen des Königsbaus malte S. v. C. seit 1831 mit Gehilfen einen großen Nibelungenzyklus. Diese Arbeiten mußte er 1835 auf Weisung des Königs unterbrechen und die Ausschmückung der drei Kaisersäle im Festsaalbau der Residenz übernehmen. Nachdem die Wandbilder mit Szenen aus dem Leben —> Karls des Großen, —> Friedrich Barbarossas und - » Rudolfs von Habsburg 1842 vollendet waren (1944 zerstört), arbeitete er mit Unterbrechungen bis 1867 an der Nibelungenfolge weiter. 1846 wurde S. v. C. als Direktor der Gemäldegalerie und Prof. der Akademie nach Dresden berufen. In seinen letzten Lebensjahren widmete er sich vor allem der Bibel in Bildern, die 1860 mit 240 Illustrationen erschien. S. v. C. zählt zu den bekanntesten und vielseitigsten Nazarenern, der neben Johann Friedrich —> Overbeck und Peter von —> Cornelius in Wandmalerei, Ölmalerei und Graphik zu einer eigenständigen Formensprache fand. W E I T E R E W E R K E : Der Sechskampf auf der Insel Lipadusa (1816). - Die Familie Johannes des Täufers besucht die Heilige Familie ( 1 8 1 7 ) . - Hochzeit zu Kana ( 1 8 1 9 ) . - Maria mit dem Kinde (1820). - Domine, Quo Vadis? (1843). - Luther auf dem Reichstag zu Worms (1869). L I T E R A T U R : J. S. v. C.: Briefe aus Italien, geschrieben in den Jahren 1817-1827. Gotha 1886. - Franz Schnorr von Carolsfeld (Hrsg.): Künstlerische Wege und Ziele. Schriftstücke aus der Feder des Malers J. S. v. C. Leipzig 1909. - Hans Wolfgang Singer: J. S. v. C. Bielefeld 1 9 1 1 . - Adolf Schahl: Geschichte der Bilderbibel von J. S. v. C. Diss. Leipzig 1936. - I n k e n Nowald: Die Nibelungenfresken von J. S. v. C. im Königsbau der Münchner Residenz. Kiel 1978. - Die Nazarener in R o m . Ausstellungskatalog. Rom 1981. - Petra Trenkmann: J. S. v. C. Zeichnungen bis 1827. Diss. Greifswald 1985. - J. S. v. C. (1794-1872). Ausstellungskatalog. Leipzig 1994. - Gerd-Helge Vogel (Hrsg.): J. S. v. C. und die Kunst der Romantik. Greifswald 1996. - J. S. v. C.: aus dem Leben Karls des Großen. Ausstellungskatalog. Dresden 1999. - Sigrid Nagy: J. S. v. C.s „Bibel in Bildern" und ihre Popularisierung. Würzburg 1999. - „ . . . ein Land der Verheißung". J. S. v. C. zeichnet Italien. Ausstellungskatalog. Dresden 2000. - Sabine Fastert: Die Entdeckung des Mittelalters. Geschichtsrezeption in der nazarenischen Malerei des frühen 19. Jahrhunderts. München 2000. - Michael Teichmann: J. S. v. C. (1794-1872) und seine Ölgemälde. Monographie und Werkverzeichnis. F r a n k f u r t / M a i n 2001. Sabine
mit seiner Frau Malwina —> S. v. C. die Titelpartien bei der Uraufführung von Tristan und Isolde 1865 in München. m MGG
Schnorr von Carolsfeld, Ludwig Ferdinand, Maler, Radierer, Lithograph, * 11.10. 1788 Königsberg (Preußen), t 13.4. 1853 Wien. Der Sohn von Hans Veit Friedrich —> S. v. C. und Bruder von Julius —>S. v. C. war Schüler seines Vaters, setzte sein Studium 1804 an der Akademie der bildenden Künste in Wien fort und fand in Herzog —> Albert Kasimir von SachsenTeschen einen Förderer. S. v. C. stand unter dem Einfluß der kath. Wiener Romantik, knüpfte Beziehungen zu Friedrich von —> Schlegel und Zacharias —> Werner und trat 1821 zum Katholizismus über. Nach ausgedehnten Studienreisen durch Süddeutschland, die Schweiz, nach Paris und Norddeutschland wurde er 1841 Kustos an der Galerie im Belvedere in Wien. Seit 1835 war S. v. C. Mitglied der Wiener Akademie der bildenden Künste. Neben romantischen Landschaften, Porträts und Historienbildern schuf er vorwiegend Werke mit religiösen Darstellungen (u. a. Petrus im Gefängnis,, 1836; Speisung der Fünftausend, 1839). S. illustrierte auch romantische Dichtungen und Sagen, wodurch er großen Einfluß auf seinen Schüler Moritz von —> Schwind hatte. CD Ö B L
Schnorr von Carolsfeld, Malwina (Eugenia), geb. Garrigues, Sängerin, * 7. 12.1825 Kopenhagen, t 8 . 2 . 1 9 0 4 Karlsruhe. Die Tochter eines portugiesischen Generalkonsuls in Kopenhagen begann ihre Karriere am Opernhaus in Breslau, trat in Coburg und Hamburg auf und wirkte seit 1854 in Karlsruhe. Gemeinsam mit ihrem Mann Ludwig —> S. v. C. sang sie in der Uraufführung von Richard —> Wagners Oper Tristan und Isolde 1865 in München. S. v. C. lebte zuletzt in Karlsruhe und war auch schriftstellerisch tätig. CD M G G
S c h n o r r von Carolsfeld, Veit Hans, geb. Schorr, Kaufmann, Fabrikant, * 15.3. 1644 Schneeberg/Erzgebirge, t 26. 1. 1715 Schneeberg. Der Sohn eines Bergwerksbesitzers, Kaufmanns und Fabrikanten wurde zunächst durch Hauslehrer erzogen und unternahm seit 1663 eine mehrjährige Studienreise u . a . in die Niederlande und nach Großbritannien. 1666 übernahm er die Leitung der väterlichen Unternehmungen, die er u. a. um das Hammerwerk Carlsfeld (heute zu Eibenstock) erweiterte (gegründet 1677), und wurde 1678 Vorstand der Erzgebirgischen Blechkompagnie. 1676-1704 gehörte er dem Stadtrat von Schneeberg an. 1687 wurde S. v. C. in den Adelsstand erhoben. Die von ihm in Carlsfeld gestiftete Kirche (1684-88, Wolf Caspar von - » K l e n g e l zugeschrieben) gilt als Vorbild f ü r zahlreiche weitere sächsische Barockkirchen. Er war der Urgroßvater von Hans Veit Friedrich - > S . v. C. m Leb Sachsen, Bd 4
Schnüffis,
Laurentius von
Laurentius
von Schnüffis
Fastert
Schnürer, Schnorr von Carolsfeld, Ludwig, Sänger, * 2.7.1836 München, t 2 1 . 7 . 1 8 6 5 Dresden. Der Sohn von Julius —»S. v. C. und Bruder von Franz —»S. v. C. studierte an der Kreuzschule in Dresden sowie am Konservatorium in Leipzig, setzte seine Ausbildung bei Eduard Devrient in Karlsruhe fort und debütierte 1854 am dortigen Hoftheater. In Karlsruhe hatte er seinen ersten großen Erfolg als Titelheld in —> Meyerbeers Robert le diable, war dann am Opernhaus von F r a n k f u r t / M a i n , in Mainz und Düsseldorf engagiert und ging 1860 als erster Tenor an die Hofoper in Dresden, an der er bis zu seinem Tod wirkte. S. v. C. gab Gastspiele in München und Karlsruhe, trat besonders als —> Wagner-Interpret hervor und sang gemeinsam
Franz, österr. Bibliothekar, Redakteur, Schriftsteller, * 10.2. 1859 Wien, t 7 . 6 . 1 9 4 2 Klosterneuburg (Niederösterreich). S., Sohn eines Tapezierers, studierte seit 1877 Geschichte, Klassische und Deutsche Philologie sowie Kunstgeschichte in Wien und Innsbruck, wurde 1884 zum Dr. phil. promoviert und trat im selben Jahr als Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter in die Allerhöchste Privat- und Familienbibliothek des Kaiserhauses (seit 1889 Familien-Fideikomiß-Bibliothek) ein. Seit 1887 Skriptor, wurde er 1906 Kustos und im selben Jahr Bibliothekar und Vorstand und trat 1918 in den Ruhestand. Daneben war S. publizistisch tätig, arbeitete 1 8 7 8 / 7 9 als Redakteur der „Grazer Tagespost" und war 1899-1919 Redakteur der Wissenschafts-, Literatur- und
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Schnürer Kunstzeitschrift „Die Kultur". 1892 gründete er das „Österreichische Litteraturblatt", das literarisch-kritische Organ der von ihm mitbegründeten Österreichischen Leo-Gesellschaft, das er bis 1920 redigierte. CD Fellner
Schnürer,
Gustav, Historiker, * 3 0 . 6 . 1860 Jätzdorf (Schlesien), t 14. 12. 1941 Freiburg (Schweiz). S. studierte seit 1878 Geschichte, Geographie und Philologie in Berlin, Breslau und Münster, wo er 1883 zum Dr. phil. promoviert wurde, und war seit 1885 Assistent beim „Historischen Jahrbuch der Görres-Gesellschaft", dessen Mitherausgeber S. 1891-1940 war. 1889 folgte er einem Ruf als Ordinarius für mittelalterliche Geschichte an die Univ. Freiburg (Schweiz). S. war Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst (1893) und der „Zeitschrift für schweizerische Kunstgeschichte" (1907). Er schrieb u . a . Die Verfasser der sog. Fredegarchronik (1900), Kirche und Kultur im Mittelalter (3 Bde., 1924-29), Katholische Kirche und Kultur in der Barockzeit (1937) und Katholische Kirche und Kultur im 18. Jahrhundert (1941). t u BBKL
Schnürer,
Josef, österr. Veterinärmediziner, * 19.5. 1873 Wien, t 5 . 2 . 1937 Wien. Nach d e m 1898 in Wien mit der Promotion abgeschlossenen Medizinstudium und einer klinischen und praktischen Tätigkeit wandte sich S., Sohn eines Beamten, der Veterinärmedizin zu, studierte seit 1901 an der Tierärztlichen Hochschule in Wien und wurde 1902 zum Dr. med. vet. promoviert. 1904 erhielt er die venia legendi für Schutzimpfung und Serumtherapie, 1909 auch f ü r bakteriologische Hygiene und wurde 1911 a. o. Prof. und Leiter des Instituts für Bakteriologische Hygiene. Seit 1913 Ordinarius für Bakteriologie und Tierhygiene, wurde er 1933 aus gesundheitlichen Gründen emeritiert. S. befaßte sich vor allem mit der Diagnostik und B e k ä m p f u n g der Tierseuchen, iniitierte die Errichtung von tierärztlichen Beratungsstellen (seit 1924) und gründete die „Wiener Tierärztliche Monatsschrift". Zu seinen Veröffentlichungen gehören Bakteriologisch-hygienische Uebungen (1919) und Die Schutzimpfung der Hunde gegen Wut (mit Hans David, 1930). Cd Ö B L
lung in der Berliner Zigarettenfabrik Karmitri und trug seit Beginn der zwanziger Jahre zum Aufstieg des ReemtsmaZigarettenkonzerns in Erfurt und später in Hamburg-Altona bei. Seit 1920 war S. f ü r den Tabakeinkauf und die Zusammenstellung der Tabakmischungen zuständig, beteiligte sich seit 1921 auch finanziell an diesem Unternehmen und wurde gleichzeitig Aufsichtsratsmitglied. Seine eigene Firma wurde zwischen 1924 und 1927 mit R e e m t s m a fusioniert. Als Tabakexperte unternahm er zahlreiche Reisen zu den führenden Märkten auf d e m Balkan und konnte hier auch Kontakte zu Regierungskreisen knüpfen. 1935 emigrierte S. wegen seiner jüdischen Herkunft nach Frankreich und 1939 in die U S A , w o er im Zigaretten-Import-ExportGeschäft tätig war. DO Ö B L
Schnurbein,
Balthasar (II.), K a u f m a n n , * 1 8 . 2 . 1 6 0 9 Augsburg, t 1 8 . 2 . 1 6 6 1 Augsburg. Nach d e m Tod seines Vaters 1635 übernahm S. die von diesem zuletzt als Alleininhaber geführte ehemalige Handelsfirma Stierlin, die sich unter seiner Leitung zu einem erfolgreichen Unternehmen entwickelte. Die Schwerpunkte der Firma, die vor allem mit Seide handelte, lagen in Bozen, Leipzig und Naumburg. S., der eigentliche Gründer der Firma Balthasar Schnurbein und Mitverwandte, war der Vater von Balthasar (III.) von - > S.
Schnurbein
von und zu Meitingen, Balthasar (III.), Kaufmann, * 1645 Augsburg, t 1711 Augsburg. Der Sohn Balthasar (II.) —»S.s machte seit 1659 eine Lehre bei der Handelsfirma Jäger, H a m m e r m ü l l e r und Henning in Leipzig, besuchte 1660 die Messe in Bozen, reiste weiter nach Lucca und kehrte 1661 nach Augsburg zurück, wo er Alleininhaber der Firma Schnurbein wurde. Seine Handelsgeschäfte mit Gold und Silber wickelte S. vor allem über die Märkte von Bozen, F r a n k f u r t / M a i n und Leipzig ab, gründete ein eigenes Handelshaus in Leipzig und war Inhaber verschiedener Ratsämter. 1697 wurde er geadelt. S. war der Vater von Markus (II.) —»S.
Schnurbein,
Schnütgen,
(Johann Wilhelm) Alexander, kath. Theologe, Kunstgelehrter, Kunstsammler, * 2 2 . 4 . 1 8 4 3 Steele (heute zu Essen), t 23. 11.1918 Listernohl (heute zu Attendorn). S., Sohn eines K a u f m a n n s , studierte seit 1860 Theologie in Münster, Tübingen und Löwen sowie an den Seminaren in Mainz und Köln, empfing 1866 die Priesterweihe und wurde Domvikar in Köln, 1887 Domkapitular. Er befaßte sich als Autodidakt mit Kunstgeschichte, vor allem mit kölnischer und rheinischer Kunst des Mittelalters, gründete 1887 die „Zeitschrift für Christliche Kunst" und betätigte sich als Sammler mittelalterlicher Kunst. 1889 in die Erzbischöfliche Kunstkommission berufen, wurde er 1891 Präsident des „Christlichen Kunstvereins für das Erzbistum Köln" und leitete 1891-96 und 1900-06 das Erzbischöfliche Diözesanm u s e u m . Seit 1903 war er Honorarprofessor an der Theologischen Fakultät der Univ. Bonn. 1878 verkaufte S. bedeutende Teile seiner Textiliensammlung an das Berliner Kunstgewerbemuseum und schenkte 1906 seine umfangreiche S a m m l u n g christlicher Kunstwerke der Stadt Köln. 1910 wurde d a f ü r ein Anbau an das dortige Kunstgewerbemuseum eröffnet; 1931 wurde sie als Schnütgen-Museum in der ehemaligen Benediktinerabtei Deutz untergebracht und fortgeführt und befindet sich seit 1956 in der romanischen Basilika des ehemaligen Cäcilienklosters in Köln. 1919 erschienen seine Kölner Erinnerungen. DP N D B S c h n u r , David, Industrieller, * 9 . 4 . 1882 Baranow (Galizien), t 16.3. 1948 N e w York. Der Kaufmannssohn, der seit Beginn der neunziger Jahre meist in Preußen lebte, übernahm 1903 eine leitende Stel-
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Markus (II.), K a u f m a n n , * 1671, f 1746. S., Sohn von Balthasar (III.) von - ^ S . , gründete vor 1717 gemeinsam mit seinem Bruder Balthasar (VI.) eine Niederlassung seines Unternehmens in Leipzig. Seit 1718 war er Finanzier der Innsbrucker Regierung und seit 1724 des Bischofs von Augsburg. Seit diesem Jahr betrieb er auch eine Gold- und Silberwarenmanufaktur in Kothen sowie Bergwerke im Harz. S.s Handels- und Bankhaus zählte zu den größten in Augsburg.
Schnurbusch,
(Johann Heinrich Friedrich) Diedrich, K a u f m a n n , * 15.9. 1879 Bremen, t 21. 1. 1941 London. Der Sohn eines Schuhmachers war nach einer Banklehre seit 1899 als kaufmännischer Angestellter tätig, wurde 1908 Prokurist und 1914 Teilhaber und kaufmännischer Leiter der Maschinenfabrik Carl Francke in Bremen. 1930 schied S. aus der Francke-Werke A G aus, gründete das Bankkommissionsgeschäft Diedrich Schnurbusch & Co. in Berlin und ließ sich in Karlsbad nieder. 1939 emigrierte er nach Großbritannien.
Schnurr, Balthasar, Pseud. Lazarus Sandrub, evang. Theologe, Schriftsteller, * 2 5 . 2 . 1 5 7 2 Lendsiedel (heute zu Kirchberg/Jagst), t N o v e m b e r 1644 Hengstfeld bei Crailsheim. Nach d e m Studium in Tübingen (?) und Jena (1589) wirkte S. seit 1592 als Pfarrer in Fröhstockheim (bei Kitzingen), dann in Hornberg, seit 1604 in Amlishagen (Hohenlohe) und seit 1619 in Hengstfeld. Er verfaßte Kasualgedichte, Kirchenlieder und lehrhafte Dramen. 1618 erschienen seine unter Pseudonym herausgegebenen Delitiae historicae et poeticae, das ist: Historische unnd Poetische Kurtzweil [...]
Schnyder (Nachdr. 1878), 1619 sein meistgedrucktes Werk Calendariolum Oeconomicum et perpetuum: Das ist, Ein immerwährendes sehr nützliches auch nötiges Calenderlein und Haußbuch. S. war auch als Übersetzer tätig und übertrug u. a. Teofilo Folengos Moscheis unter dem Titel Ein schönes Gedicht Der Ameisen unnd Mucken-Krieg (1612). CD Killy
Schnurre, Wolfdietrich, Schriftsteller, * 2 2 . 8 . 1920 F r a n k f u r t / M a i n , f 9 . 6 . 1989 Kiel. Der Sohn eines Bibliothekars und Naturwissenschaftlers wuchs in Berlin auf, wurde nach dem Abitur (1938) zum Kriegsdienst eingezogen, war mehrfach inhaftiert und wurde wegen Fluchtversuchs in eine Strafkompanie versetzt. 1946 war S. vorübergehend Redaktionsvolontär bei Ullstein in Berlin, dann Mitarbeiter verschiedener Zeitschriften (seit 1948 in Westberlin), für die er Buchrezensionen, Film- und Theaterkritiken schrieb. Seit 1950 lebte er als freier Schriftsteller in Berlin, Italien und seit 1981 in Schleswig-Holstein. S. gehörte zu den Begründern der Gruppe 47. 1962 trat er aus Protest gegen die abwartende Haltung des PEN-Zentrums der Bundesrepublik wegen des Mauerbaus aus dem P E N aus. Neben seinen Kurzgeschichten (u.a. Die Rohrdommel ruft jeden Tag, 1950; Eine Rechnung, die nicht aufgeht, 1958; Man sollte dagegen sein, 1960), die vor allem die jüngste deutsche Geschichte reflektieren und mit den Werken Wolfgang —»Borcherts, Heinrich —> Bolls und Wolfgang —> Weyrauchs die antimilitaristisch-realistische Nachkriegsliteratur prägten, schrieb er Lyrik (Kassiber und neue Gedichte, 1979), Aphorismen (Sternstaub und Sänfte, 1953), Satiren, Essays, Hörspiele, Kinderbücher sowie den Roman Ein Unglücksfall (1981). Stark autobiographisch sind die Sammlungen von Geschichten, Aphorismen und Notizen Als Vaters Bart noch rot war (1958) und Der Schattenfotograf (1978). 1959 wurde S. in die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung a u f g e n o m m e n und 1983 mit d e m Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. 1972 gehörte er u. a. mit Kurt —> Mühlenhaupt zu den Gründern der „Berliner Malerpoeten". CD KLG
der Krankheiten in den verschiedenen Gegenden der Erde (1815), Die Krankheiten des Menschen-Geschlechts, historisch und geographisch betrachtet (2 Bde., 1823-25) und Allgemeine Krankheitslehre, gegründet auf die Erfahrung und die Fortschritte des 19. Jahrhunderts (1831). CD Ärzte 1
Schnuse,
Christian Heinrich, Mathematiker, Naturforscher, * 1808 H o h e g e i ß / H a r z , t u m 1878. S. studierte 1828-31 am Collegium Carolinum in Braunschweig, 1831-34 an der Univ. Göttingen vor allem Mathematik und Naturwissenschaften und wurde 1835 in Marburg promoviert (Determincitio momentorum inertiae singulorum quinque corporum regularium respectu axis cujuslibet per centrum transeuntis). 1 8 3 5 / 3 6 Lehrer am Collegium Carolinum, war er danach als Rezensent, Übersetzer und Verfasser von mathematisch-naturwissenschaftlichen Lehrbüchern tätig und trug vor allem als Übersetzer englischer und französischer mathematischer Literatur z u m A u f schwung der mathematischen Wissenschaften und ihrer Unterrichtung in der Schule bei. Seit 1848 war er in Heidelberg, seit 1858 in München ansässig. S. veröffentlichte u . a . Die Theorie und Auflösung der höhern algebraischen und der transcendental Gleichungen, theoretisch und praktisch bearbeitet (1850) und Die Grundlehren der Statik fester Körper (1851). Zu seinen Übersetzungen gehören das Lehrbuch der Physik für höhere polytechnische Lehranstalten (3 Bde., 1838) von Gabriel Lame und Die Grundlehren der endlichen Differenzen- und Summenrechnung (1867) von George Boole.
Schnyder,
Albert, schweizer. Maler, Graphiker, * 9 . 9 . 1 8 9 8 Delsberg (Kt. Bern), f 2 8 . 5 . 1 9 8 9 Delsberg. S. machte eine Lehre als Lithograph, besuchte daneben Malund Zeichenkurse und studierte an der Kunstgewerbeschule in Basel. Nach Studienreisen kehrte er 1930 nach Delsberg zurück. Die zwei bestimmenden Themen seines Werks sind die menschliche Gestalt und die Landschaft, besonders des Jura. CD Vollmer
Schnyder,
Schnurrer,
Arnold, schweizer. Agrarwissenschaftler, * 17.7. 1890 Uttewil (Bösingen, Kt. Freiburg), t 4. 8. 1953 Solothurn. S. studierte Landwirtschaft an der Ε Τ Η Zürich und erwarb 1913 das Diplom als Ingenieur-Agronom. 1915-50 war er Lehrer an der Landwirtschaftlichen Winterschule in Solothurn und Redakteur des „Bauernblatts der Nordwestschweiz". 1921-43 war er auch Geschäftsführer und dann bis 1953 Präsident des Schweizerischen Saatzuchtverbandes. S„ dessen Interessen vorwiegend d e m Pflanzenbau galten, schrieb u. a. eine Anleitung für den Getreidebau in der Schweiz (1936), Kartoffelbau und Rübenbau. Kurzgefaßte Ratschläge ( 1 9 3 8 , 2 1 9 4 0 , mit Friedrich Traugott - » W a h l e n ) und das Lehrbuch Acker- und Futterbau (mit Alfred Kauter, 1943, 5 1956). CP B ö h m
Schnurrer,
Schnyder,
Christian Friedrich, evang. Theologe, Philologe, * 28. 10. 1742 Cannstatt (heute zu Stuttgart), t 1 0 . 1 1 . 1 8 2 2 Stuttgart. S., Sohn eines K a u f m a n n s , beschäftigte sich nach d e m Theologiestudium an der Univ. Tübingen mit der Geschichte des Alten Testaments und erlernte u. a. bei Johann Jacob —»Reiske in Leipzig die arabische Sprache. Seit 1772 war er a. o . P r o f . und 1775-1817 o . P r o f . für griechische und orientalische Sprachen, 1806-16 auch Kanzler der Univ. Tübingen; seit 1777 leitete er das Theologische Stift. S. veröffentlichte u . a . Erläuterungen der Würtembergischen Kirchen-, Reformations- und Gelehrten-Geschichte (1798) und Biographische und litterarische Nachrichten von ehemaligen Lehrern der hebräischen Litteratur in Tübingen (1792). Er war der Vater von Friedrich S. CD B B H S Friedrich, Mediziner, * 6 . 6 . 1 7 8 4 Tübingen, t 9 . 4 . 1833 B i e b r i c h / R h e i n . Nach erstem Unterricht bei seinem Vater Christian Friedrich —>S. studierte S. Medizin in Tübingen, wurde 1805 promoviert (Observata de materiarum oxydatarum quarundam in germinationem efßcienta, pro diversa seminum rerumque externarum indole), setzte seine Ausbildung in Würzburg, Bamberg, Göttingen und Berlin fort und unternahm eine Studienreise nach Paris. Seit 1811 Physikatsverweser in Herrenberg, wurde er 1814 Oberamtsarzt in Vaihingen/ E n z und war von 1830 bis zu seinem Tod Leibarzt Herzog Wilhelms von Nassau in Biebrich. 1832 wurde S. zum Geheimen Hofrat ernannt. Er veröffentlichte u . a . Geographische Nosologie oder die Lehre von den Veränderungen
Felix, schweizer. Diplomat, * 5 . 3 . 1 9 1 0 Burgdorf (Kt. Bern), t 8. 11.1992 Zürich. Nach d e m Studium der Rechtswissenschaften war der Zwillingsbruder von Franz —»S., Sohn eines Ingenieurs und Lehrers, bis 1940 in der schweizer. Privatindustrie tätig, trat dann in den diplomatischen Dienst und war Attache, dann Gesandtschaftsrat im Politischen Departement in Bern. Seit 1947 war er Mitarbeiter der Eidgenössischen Gesandtschaft in Moskau und Geschäftsträger. 1949 kehrte er nach Bern zurück und wurde im selben Jahr mit der Leitung der schweizer. Delegation in Berlin betraut. 1954-57 war S. Erster Gesandtschaftsrat in Washington, dann Gesandter in Israel und seit 1958 ständiger Beobachter bei den Vereinten Nationen. 1961 wurde er zum Hochkommissar der Vereinten Nationen
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Schnyder für Flüchtlinge gewählt. 1966-76 war S. Botschafter in Washington, 1976-80 Präsident der Schweizerischen U N E S C O Kommission und bis 1984 Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Außenpolitik.
Schnyder,
Franz, schweizer. Regisseur, * 5 . 3 . 1910 Burgdorf (Kt. Bern), t 8 . 2 . 1 9 9 3 Münsingen (Kt. Bern). Der Zwillingsbruder von Felix —> S.s wurde in Köln, Düsseldorf und Berlin ausgebildet und debütierte 1936 am Studio des Deutschen Theaters in Berlin. 1937-39 war Schauspieler und Regisseur am Deutschen Theater in Berlin und gleichzeitig Regisseur an den Kammerspielen in München, 1939-41 Regisseur in Zürich, 1940/41 in Basel, 1 9 4 1 / 4 2 am Stadttheater in Bern und 1944-46 Schauspieldirektor des Stadttheaters in Basel. 1 9 4 0 / 4 1 entstand sein erster Film Gilberte de Courgenay (1941). Zu seinen weiteren Filmen zählen Wilder Urlaub (1943), Uli der Knecht (1954), Uli der Pächter (1955) und Geld und Geist (1964). Seit 1957 war S. auch als Produzent tätig. c n Cinegraph
Schnyder von Wartensee,
Charles, schweizer. Bankier, * 16.1. 1874 Luzern, t 2 5 . 1 1 . 1957 Lugano. Nach einer kaufmännischen Ausbildung in verschiedenen Firmen und Banken in Basel, Marseille, Barcelona und London wurde S. v. W. 1900 Direktor der Bank Vonwiller in Mailand, übernahm 1907 die Leitung der Societä Bancaria Italiana Genova und war 1 9 1 1 / 1 2 Direktor der B a n q u e Frangaise et Italienne pour l ' A m e r i q u e du Sud in Rio und Säo Paulo. 1913 wurde er von der Regierung des Kantons Freiburg mit der Führung ihrer Staatsbank betraut und 1920 vom Bundesrat in das Direktorium der Schweizerischen Nationalbank nach Bern berufen, wo er bis 1938 als Vizepräsident wirkte.
Schnyder von Wartensee,
Franz Xaver Joseph Peter, schweizer. Komponist, * 18.4. 1786 Luzern, t 2 7 . 8 . 1 8 6 8 Frankfurt/Main. S. v. W., Sohn eines ehemaligen Offiziers in französischen Diensten und späteren Großrats in Luzern, war für eine höhere Beamtenlaufbahn bestimmt, wandte sich nach kurzer Verwaltungstätigkeit jedoch ganz der Musik zu und widmete sich nach Klavier- und Kompositionsstudien in Wien seit 1812 auf Schloß Wartensee in Luzern vorwiegend dem Komponieren. Wegen finanzieller Schwierigkeiten mußte er sein Schloß 1815 verkaufen, war dann Gesanglehrer am Pestalozzi-Institut in Yverdon und übersiedelte 1817 nach F r a n k f u r t / M a i n . Dort war S. v. W . als Komponist, Pianist und Lehrer tätig und gründete 1828 den Frankfurter Liederkranz. 1847 gründete er die Schnyder von WartenseeStiftung (mit Sitz in Zürich) zur Förderung wissenschaftlicher und künstlerische Publikationen. S. v. W . komponierte Opern (u.a. die Zauberoper Fortunat, 1831), das Oratorium Zeit und Ewigkeit (1837), vier Symphonien Kammermusik (u.a. Der durch Musik überwundene Wüterich f ü r Glasharmonika und Streichquartett) und Klavierwerke. Bekannt wurde er auch als Glasharmonika-Virtuose. S. v. W. verfaßte zahlreiche musikwissenschaftliche Abhandlungen und Aufsätze. 1887 wurden von der Stiftung seine Lebenserinnerungen. Nebst musikalischen Beilagen und einem Gesamtverzeichnis seiner Werke herausgegeben. CD M G G S c h o b , Franz, Neurologe, Psychiater, * 15. 1. 1877 Meerane (Sachsen), t 2 0 . 8 . 1 9 4 2 Dresden. Der Pfarrerssohn studierte in Leipzig und Tübingen Medizin und wurde 1907 promoviert (Ein Beitrag zur pathologischen Anatomie der multiplen Sklerose). 1908 erhielt er eine Stelle als Assistenzarzt an der Städtischen Heil- und Pflegeanstalt Dresden, wo er seit 1911 Anstaltsarzt und OberarztStellvertreter war. S. wurde zum Stadt-Medizinalrat ernannt. Seit 1921 war er an der Deutschen Forschungsanstalt f ü r Psychiatrie in München tätig, wurde 1923 Direktor der
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III. Abteilung der Städtischen Heil- und Pflegeanstalt Dresden und habilitierte sich 1925 an der T H Dresden für Psychopathologie des Kindesalters. 1928 übernahm er als Chefarzt die Leitung der II. Abteilung der Dresdner Anstalt, wurde 1930 apl. a. o . P r o f . an der T H Dresden und 1936 stellvertretender Direktor des gesamten Stadt-Krankenhauses Dresden-Löbtauerstraße. S., der sich u . a . mit der Histopathologic organischer Nervenkrankheiten und den anatomischen Voraussetzungen des Schwachsinns und der Idiotie beschäftigte, veröffentlichte neben zahlreichen Arbeiten in Zeitschriften im Handbuch der speziellen Pathologie und Therapie innerer Krankheiten das Kapitel Congenitale, früh erworbene und heredofamiliäre organische Nervenkrankheiten (Bd. 10.3, 1924). CD Kreuter
Schober,
Arnold, österr. Archäologe, * 16.4. 1886 Windisch-Landsberg (Slowenien), t 15.8. 1959 Graz. Der Sohn eines Gutsinspektors studierte Klassische Archäologie und Neuere Kunstgeschichte an den Universitäten Graz, Berlin, M ü n c h e n und Wien und wurde 1909 promoviert (Antike Pferdedarstellung). Studienreisen führten ihn nach Italien, Deutschland, Frankreich, Sizilien, Nordafrika, Ägypten, Kreta und Dalmatien. 1910-12 hielt er sich als Stipendiat in Griechenland auf und nahm dort an Ausgrabungen in Elis und Ephesos teil. Nach der Habilitation 1923 (Die römischen Grabsteine von Noricum und Pannonien) seit 1927 a . o . P r o f . an der Univ. Wien, lehrte S. seit 1935 an der Univ. Graz und wurde 1940 zum o. Prof. ernannt. Seit 1940 war er korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien. S. veröffentlichte u . a . Archäologische Forschungen in Albanien und Montenegro (mit Camillo - » P r a s c h n i k e r , 1919, Nachdr. 1979), Der Fries des Hekateions von Lagina (1933), Die Römerzeit in Osterreich, an den Bau- und Kunstdenkmälern dargestellt (1935) und Die Kunst von Pergamon (1951). CP Lullies
Schober,
Franz (Adolf Friedrich) von, Schriftsteller, * 17.5. 1796 Schloß Torup bei M a l m ö (Schweden), t 13.9. 1882 Dresden. Der Sohn eines früh verstorbenen Güterverwalters lebte seit etwa 1808 in Wien, der Heimat seiner Mutter, und begann dort 1816 das Studium der Rechtswissenschaften, das er jedoch abbrach. Sein dichterisches und zeichnerisches Talent führte ihn in den Kreis des „Silbernen Kaffeehauses" ein, dem auch Moritz von —> Schwind und Franz —> Schubert angehörten. Schubert vertonte einige seiner in Zeitschriften und Almanachen veröffentlichten Gedichte, u. a. An die Musik. Nach Vermögensverlusten ging S. 1823 als Schauspieler nach Breslau, führte ein unstetes Wanderleben (u. a. als Erzieher) und war 1839-47 Privatsekretär Franz - » L i s z t s . Er lebte dann als Privatier in Wien, Prag, Weimar und Dresden und schrieb Gedankenlyrik sowie Rollenlieder, Romanzen und empfindsam-religiöse Sonette, u. a. Aus den heiligen Büchern des Alten Bundes (1826). CD Ö B L
Schober,
Gottlob, Mediziner, * 3 . 4 . 1672 Leipzig, t 3 . 1 1 . 1739 Moskau. S. studierte Medizin in Leipzig und Utrecht, wo er 1696 promoviert wurde (De cholera). In den folgenden Jahren praktizierte er in Lübeck, Narwa, Reval und seit 1706 in Dresden und Leipzig, wurde von Zar Peter I. als Leibarzt seiner Schwester nach Petersburg berufen, unternahm eine Forschungsreise zu den Mineralquellen am Flusse Terek (Kaukasus) und Sergiewsk am Sok (Wolga) und war Stadtarzt in Moskau, zuletzt Leibarzt des Zaren von Georgien. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Pharmacopoea portatilis oder kleine, doch wohlversehene Haus-, Feld- und Reiseapotheke (1707); das umfangreiche Manuskript Memorabilia rossicaasiatica wurde bislang nicht gedruckt. CD Ärzte 1
Schobert S c h o b e r , Herbert (August Walter), Physiker, Physiologe, * 14.3. 1905 Innsbruck, t 15.6.1975 München. S., Sohn eines Rechtsanwalts, studierte 1923-28 Physik und Medizin in Innsbruck, an der Deutschen Univ. Prag und in Wien und wurde 1928 in Wien zum Dr. phil. promoviert (Ueber die ultravioletten Spektren der Wehneltentladungen). Danach Assistent an der TH Wien, habilitierte er sich dort 1933 für Physik (Die Spektren des Rheniums), 1937 auch an der Univ. Wien und wurde 1940 a. o. Prof. für Lichttechnik und Spektroskopie. 1945 aus dem Staatsdienst entlassen, begann S. nach der Rückkehr aus britischer Gefangenschaft 1946 das Studium der Medizin, war 1949-54 Abteilungsleiter am Tuberkuloseforschungsinstitut in Borstel, wurde 1950 an der Univ. Hamburg zum Dr. med. promoviert (Physiologisch-optische Betrachtungen über die Möglichkeit einer stereoskopischen Röntgendurchleuchtung) und habilitierte sich 1953 dorthin um. Seit 1955 war er apl. Prof. an der Univ. Hamburg, seit 1957 o.Prof. der Medizinischen Optik an der Univ. München; 1973 wurde er emeritiert, vertrat aber bis zu seinem Tod weiterhin den Lehrstuhl für Medizinische Optik. S. arbeitete über physiologische, psychologische und ophthalmologische Optik sowie über Arbeitsund Verkehrsophthalmologie. Er veröffentlichte u. a. Das Sehen (2 Bde., 1950-54, '1960-64), Photographie und Kinematographie in der Wissenschaft (1956) und Das Bild als Schein der Wirklichkeit. Optische Täuschungen in Wissenschaft und Kunst (mit Ingo Rentschier, 1972, Neuausg. 1988, niederländ. 1973, 3 1984). CD Grüttner S c h o b e r , Hugo Emil, Agrarwissenschaftler, * 3.7. 1820 Waldau (Oberlausitz), t 21.2.1882 Tharandt. S. studierte an der Landwirtschaftlichen Akademie Eldena bei Greifswald und war nach der Promotion vermutlich an der Univ. Greifswald einige Jahre als Dozent in Eldena tätig. Er war seit 1847 Prof. der Landwirtschaft an der Akademie für Forst- und Landwirte in Tharandt, 1852-70 gleichzeitig Direktor der dortigen landwirtschaftlichen Abteilung. 1848/49 war er Herausgeber der „Landwirtschaftlichen Zeitschrift", 1850-54 der „Zeitschrift für deutsche Landwirthe". Zu seinen Veröffentlichungen gehören Die Akademie Eldena. Ein Beitrag zur Geschichte des landwirthschaftlichen Unterrichtswesens (1843), Grundriss der landwirtschaftlichen Betriebslehre (1846), das nicht vollständig erschienene Lehrbuch der Landwirthschaft für Land- und Staatswirthe (1848 ff.) und eine Encyclopädie der Landwirthschaftswissenschaft (1856). CD Böhm S c h o b e r , Johannes, österr. Jurist, Beamter, Politiker, * 14.11.1874 Perg (Oberösterreich), t 19. 8.1932 Baden (Niederösterreich). S., zehntes Kind eines Amtsdieners, studierte seit 1894 Rechtswissenschaften in Wien und trat 1898 in die Wiener Polizeidirektion ein. 1913 übernahm er die Leitung der Staatspolizei und wurde 1918 Polizeipräsident von Wien, als der er 1919 die Bestrebungen zur Errichtung einer Räterepublik niederschlagen ließ. 1921/22 Bundeskanzler, hatte S. 1922-29 erneut das Amt des Polizeipräsidenten inne und wurde 1923 Leiter der neugegründeten Interpol in Wien. 1929/30 war er wieder Bundeskanzler und Außenminister und gehörte 1930-32 für die Großdeutsche Volkspartei dem Nationalrat an. Im Vertrag von Lana 1921 bemühte er sich um eine Verbesserung des österreichischtschechoslowakischen Verhältnisses, war mitverantwortlich für die blutige Niederschlagung der Julirevolte 1927, führte die Verfassungsreform 1929 zu Ende und erreichte im selben Jahr auf der Haager Friedenskonferenz die Aufhebung der Verpflichtung zu österr. Reparationszahlungen. Sein Plan einer österreichisch-deutschen Zollunion 1931 scheiterte an internationalen Protesten. CD OBL
S c h o b e r l e c h n e r , Franz (de Paula Jakob), österr. Musiker, Komponist, * 21.7. 1797 Wien, t 7.1.1843 Berlin. Seine musikalische Ausbildung erhielt S„ Sohn eines Hemdmachers und Vetter von Johann Karl —>S., u.a. bei Johann Nepomuk —»Hummel, arbeitete im Weißwarengeschäft seines Vaters und widmete sich seit 1814 ausschließlich der Musik. Im selben Jahr unternahm er seine erste selbständige Konzertreise als Pianist, die ihn nach Graz, Triest, Bologna und Florenz führte, wo 1817 sein Requiem und die Opera buffa I Virtuosi teatrali aufgeführt wurden, und war nach Konzerten in Rom und Neapel Hofkapellmeister der Herzogin —> Marie Louise in Lucca. In Wien, wohin S. 1820 zurückkehrte, wurde u.a. seine Operette Der junge Onkel 1823 am Kärntnertortheater aufgeführt. Im selben Jahr begab er sich erneut auf Konzertreise, hielt sich 1824 in St. Petersburg auf und heiratete dort die italienische Sängerin Sophie Dall'Occa. Gemeinsam unternahmen sie Konzertreisen. Seit 1830 lebte S. in Italien. S. komponierte eine Symphonie, Kammer- und Klaviermusik, Opern und Operetten. Er war der Vater von Sophie -H>S. m MGG S c h o b e r l e c h n e r , Johann Karl, eigentl. Joseph Johannes S., Pseud. Schober, österr. Sänger, Regisseur, getauft 30.5. 1800 Wien, f 26.4. 1879 Wien. S., Sohn eines Weiß- und Kurzwarenhändlers und Vetter von Franz —»S., arbeitete seit 1813 im väterlichen Geschäft in Wien, für das er 1826-40 auch firmierte. Nach einer Gesangsausbildung bei Joseph Mozatti trat er als Konzertsänger auf, u. a. bei Erstaufführungen von Liedern Franz —> Schuberts (Lied des gefangenen Jägers, 1827; Der Lindenbaum, 1829). 1836-45 war er Mitglied der Hofoper in Wien, an der er 1851-70 als Oberregisseur tätig war. S. galt zu seiner Zeit als einer der besten Interpreten der großen Baritonpartien der Opern von Rossini, Bellini und Donizetti. CD
MGG
S c h o b e r l e c h n e r , Sophie, Pseud. Cittadini, österr. Sängerin, * 20.4.1825 Moskau, t 8.8.1892 Wien. Die Tochter von Franz - > S . und Sophie Dall'Occa erhielt Gesangsunterricht bei ihrer Mutter und der Sängerin Maria-Felicia Malibran, heiratete 1841 in Wien einen Vetter ihres Vaters und debütierte 1845 als Alice in Giacomo —»Meyerbeers Robert le diable an der Hofoper in Wien. 1846/47 trat S. am Landestheater in Innsbruck, 1847/48 am Grazer Ständischen Theater auf, war 1849 und 1850 in Viterbo und Perugia engagiert und sang auch in Mailand und Florenz. Nach Auftritten an der Hofoper in Wien, wo sie u. a. die Adalgisa in Norma sang, nahm S. 1850 Abschied von der Bühne. CD MGG S c h o b e r t , Johann, auch Jean S., Musiker, Komponist, * um 1735 wahrscheinlich in Schlesien, t 28.8. 1767 Paris. S. war möglicherweise Musiklehrer in Straßburg, bevor er 1760 oder 1761 nach Paris übersiedelte und als Kammercembalist in den Dienst des Prinzen de Conti trat. S. gehörte bald zu den gesuchtesten Pianisten der Pariser Salons. Er war, ausgehend von der Mannheimer und Wiener Schule, einer der bedeutendsten Komponisten der Frühklassik. Sein kompositorisches Werk umfaßt ausschließlich Werke für Cembalo, u. a. Sonaten, Symphonien für Cembalo, Violine und Hörner sowie Concerti für Cembalo, Streicher und Hörner. —> Mozart wurde bei seinem ersten Aufenthalt in Paris 1763/64 von S.s ausdrucksvollem, melodisch und harmonisch progressivem Klavier- und Kammermusikstil stark beeindruckt. Er überarbeitete einen Satz aus S.s op. 17 für das Klavierkonzert KV 39.
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Schobinger Schobinger,
Schobser,
S c h o b i n g e r , Josef Anton, schweizer. Politiker, * 30. 1. 1849 Luzern, t 2 7 . 1 1 . 1 9 1 1 Bern. Nach dem Studium der Architektur am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich war S., Sohn eines Spitalverwalters, kurze Zeit als Architekt tätig und wurde Kantonsbaumeister. 1872-74 war er konservativer Großrat und 1874-1908 Regierungsrat. Seit 1894 Verwaltungsrat der Centraibahn, 1896-1907 der Gotthardbahn, gehörte er 1902-08 als kantonaler Vertreter dem Verwaltungsrat der Schweizerischen Bundesbahnen an. 1888-1908 war S. Nationalrat, 1895-1902 Präsident der katholisch-konservativen Fraktion der Bundesversammlung und Präsident der Schweizerischen Katholischen Volkspartei und 1908-11 Mitglied des Bundesrats, als welches er nacheinander dem Justiz- und Polizeidepartement, d e m Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartement, dem Finanzdepartement und dem Departement des Inneren vorstand. DD Schweiz Bundesräte
S c h o c h , Johann Georg, Dichter, * 2 8 . 2 . 1627 Leipzig, t u m 1690. Der Sohn eines Juweliers begann 1644 das Studium der Rechtswissenschaften in Leipzig, das er 1646 mit seinem Freund und literarischen Vorbild David —»Schirmer in Wittenberg fortsetzte, und war spätestens seit 1659 als Advokat in Naumburg tätig. 1668 war S. höchstwahrscheinlich A m t m a n n in Westerburg; 1678 ist er in C ö l l n / Spree nachweisbar. 1688 trat er in den Dienst des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg. S. schrieb das im 17. Jh. mehrfach aufgelegte Stück Comoedia vom Studentenleben (1657) und veröffentlichte 1660 die S a m m l u n g schäferlichpetrarkistischer Liebeslieder Neu-erbaueter Poetischer Lustund Blumen-Garten/hundert Schäffer- Hirten- Liebes- und Tugend-Liedern/Wie auch Zwey Hundert Lieb- Lob- und Ehren- Sonnetten [...] Nebst Vier Hundert Denck-Spriichen.
Bartholome, schweizer. K a u f m a n n , * 14.1. 1500 St. Gallen, t 16.7. 1585 St. Gallen. Als Metallhändler und Bergwerksbesitzer in Polen erwarb sich S., Sohn eines Vogts, eines der größten Vermögen der alten Eidgenossenschaft. Er setzte sich für die Reformation ein und stand seit 1531 in Verbindung mit —»Paracelsus. S. verfaßte einige lateinische und deutsche Schriften zur Chemie, u . a . Angaben zur Herstellung eines Kunstharzes aus Magerkäse (Duroplast). 1550-82 war er Mitglied des St. Galler Rats.
Hans, auch Schobsser, Schopsser, Drucker, * u m 1460 wahrscheinlich München, t (wahrscheinlich November) 1530. S. war 1485-98 als Buchdrucker in Augsburg tätig. Sein erster bekannter Druck war Der teutsche Kalender von 1488. Wohl Ende des Jahres 1498 zog S. nach München, wo er die erste dauerhafte Druckerei gründete. Er war eng mit d e m Hof verbunden, der ihn mit bedeutenden Aufträgen betraute. S. druckte 1501 die erste S a m m l u n g von Reichstagsabschieden, nach 1519 auch einige Schriften —»Luthers, vor allem aber Schriften von Johannes —»Aventinus, Johann von - » Staupitz und - » Berthold von Chiemsee. DD LThK
tu S c h o b i n g e r , Karl (Friedrich), schweizer. Maler, * 1 4 . 1 2 . 1 8 7 9 Luzern, t 9 . 7 . 1 9 5 1 Luzern. Der N e f f e Josef Anton —»S.s besuchte seit 1899 die Kunstgewerbeschule in Luzern, w a r d a n n Schüler Hans —»Thomas und Wilhelm —»Trübners an der A k a d e m i e der bildenden Künste in Karlsruhe und setzte seine Ausbildung 1 9 0 5 / 0 6 bei Ferdinand —»Hodler in Genf fort. 1911-14 war S. Zeichenlehrer an der Kunstgewerbeschule in Breslau und lebte danach als freischaffender Künstler in Luzern. Stark vom Stil Hodlers beeinflußt, trat er in den zwanziger Jahren vor allem als Porträtist und Landschaftsmaler hervor. S. schuf auch historische, allegorische und religiöse Kompositionen, seit 1937 außerdem zahlreiche Federzeichnungen. 1917 entstand ein Selbstbildnis. S c h o b i n g e r , Sebastian, schweizer. Mediziner, * 5 . 4 . 1579 St. Gallen, t 10.1. 1652 St. Gallen. Das Studium der Sprachen, Philosophie und Medizin in Basel Schloß S., Sohn eines Mathematikers und Architekten, 1601 mit der Promotion ab (De paralysi), unternahm dann Studienreisen durch Deutschland, Frankreich und Italien und wurde 1611 Stadtarzt in St. Gallen. 1614-32 war er Ratsherr und von 1632 bis zu seinem Tod Bürgermeister von St. Gallen. S. stand mit zahlreichen Gelehrten seiner Zeit in Briefkontakt. Seine umfangreiche private Büchersammlung vermachte er der Kantonsbibliothek St. Gallen.
Schoblik,
Friedrich, Mathematiker, * 14.7. 1901 Stallek (Mähren), vermißt seit 4 . 7 . 1 9 4 4 bei Räkow (Polen). S., Sohn eines Schulleiters, studierte seit 1920 Mathematik und Physik in Wien und Prag, wo er 1935 zum Dr. rer. nat. promoviert wurde, und war seit 1934 Assistent an der T H Brünn, an der er sich für Mathematik habilitierte. Seit 1940 war S. hier Dozent der Mathematik für Vermessungswesen, wurde 1942 zum Kriegsdienst eingezogen und k ä m p f t e zuletzt an der Ostfront. In seinen Forschungen befaßte er sich mit analytischer Zahlentheorie und Mechanik. Er veröffentlichte u. a. Uber eine Funktionalbeziehung Hermitescher Polynome (1939). CD Ö B L
126
Killy
S c h o c h , Johann George (Gottlieb), Gartenkünstler, * 1.3. 1758 Großkühnau bei Dessau, t 11.7. 1826 Wörlitz. S. durchlief die gärtnerische Ausbildung und Gesellenzeit bei seinem Vater Johann Leopold —»S. in Wörlitz und war als Landschaftsgärtner seit 1778 in Dieskau bei Halle/ Saale tätig. Seit 1784 hielt er sich auf Anraten von Fürst - » Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau zum Studium von Landschaftsgärten in England und Frankreich auf; in Paris war er zwei Jahre lang als botanischer Zeichner im Jardin des Plantes angestellt. 1788 zurückbeordert, setzte S. die Arbeiten seines Vaters im Dessau-Wörlitzer Gartenreich fort (Wörlitzer Floragarten, romantische Partie) und erweiterte die Baumschulen. Er wirkte ferner im Kühnauer Landschaftspark und im Dessauer Georgengarten und schuf Gartenpläne f ü r Braunschweig, Hohenprießnitz und Halle/ Saale. S. veröffentlichte Versuch einer Anleitung zur Anlegung eines Gartens im englischen Geschmack (1794) sowie Aufsätze, u. a. im „Gartenmagazin" und in den „Mitteilungen der dendrologischen Gesellschaft". t u NDB S c h o c h , Johann Leopold (Ludwig), Gartenkünstler, * 6 . 1 2 . 1728 Dessau, t 11.7. 1793 Wörlitz. Der Sohn eines Gärtners war zunächst in Großkühnau tätig und wirkte seit 1764 an der Gestaltung der Elbaue in Wörlitz mit, wobei er die Ideen von Fürst —»Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau und Friedrich Wilhelm von —»Erdmannsdorff gärtnerisch umsetzte. S., der bei der Gestaltung des Dessau-Wörlitzer Gartenreichs auf keinerlei gärtnerische Vorbilder zurückgreifen konnte, wirkte vor allem im Schoch-Garten, d e m Schloßgarten, in Neumarks Garten und in den umfangreichen Baumschulen. Als einer der ersten in Deutschland setzte er eine freie Gartenkunst im Sinne der Aufklärung um. S. war der Vater von Johann George -H> S. e n NDB S c h o c h , Johannes, auch Hans S., Baumeister, * um 1550 Königsbach (heute zu Königsbach-Stein, Enzkreis), t Dezember 1631 Straßburg. S. erlernte das Zimmerhandwerk, wurde 1572 Bürger von Straßburg und war spätestens seit 1575 städtischer
Schocken Mühlenmeister. 1577-83 arbeitete er als Werkmeister auf d e m städtischen Z i m m e r h o f , war 1 5 8 3 / 8 4 Durlacher H o f baumeister, 1590-97 Stadtbaumeister in Straßburg und 1601-19 kurpfälzischer Hofbaumeister. Im Auftrag Kurfürst —»Friedrichs IV. von der Pfalz schuf er den Friedrichsbau des Heidelberger Schlosses (1601-07). Weitere Bauten waren der Neue Bau (1582-85) in Straßburg, der damals als Rathaus genutzt wurde, und die dortige Große Metzig (1582-88); für - ^ P h i l i p p Christoph von Sötern wirkte er am Wiederaufbau von Stadt und Festung Philippsburg mit ( 1 5 2 5 / 2 6 ) . S. war der Schwiegervater von Georg - » Ridinger. t u NDB S c h o c k , Rudolf (Johann), Sänger, * 4 . 9 . 1915 Duisburg, t 13.11. 1986 Düren-Gürzenich. Der Sohn eines Hafenarbeiters wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und erlernte das Friseurhandwerk. Bereits als Sechsjähriger wirkte er im Duisburger Kinderchor mit, wurde 1934 Chorsänger a m Stadttheater in Duisburg und erhielt dann eine Ausbildung zum lyrischen Tenor in Köln, Berlin und Hannover. 1937-40 war er in Braunschweig engagiert und nahm dann am Zweiten Weltkrieg teil. 1945 am Opernhaus in Hannover tätig, kam S. 1946 an die Berliner Staatsoper und war 1947-56 Ensemblemitglied der Hamburger Staatsoper. Seit 1948 wirkte er bei den Salzburger Festspielen mit und war 1 9 4 9 / 5 0 Erster lyrischer Tenor an der Covent Garden Opera in London. 1951 wurde S. an die Wiener Staatsoper verpflichtet, hatte Gastspielverträge mit der Deutschen Oper am Rhein und den Staatsopern von München und Hamburg, trat mehrfach bei den Edinburgher Festspielen auf und brillierte 1959 als Stolzing in den Meistersingern bei den Bayreuther Festspielen. Er trat auch in Operetten auf, häufig mit Margit - > Schramm, hatte große Filmerfolge (u. a. in Die Stimme der Sehnsucht, 1956, und Schön ist die Welt, 1957) und erreichte mit seinen Schallplatten Millionenauflagen. 1985 erschienen seine Erinnerungen Ach, ich hab' in meinem Herzen. CD N D B
Schocke,
Johannes, Sänger, * 5. 10.1903 Oberhausen, t 2 8 . 1 0 . 1 9 7 6 Hannover. Nach einer Gesangsausbildung bei Richard Senff in Düsseldorf sowie an der Berliner Musikhochschule erhielt S. 1925 sein erstes Engagement am Stadttheater in Würzburg und sang 1927-30 am Opernhaus in Düsseldorf. 1930-32 war er am Landestheater in Darmstadt und 1 9 3 2 / 3 3 am Stadttheater in Magdeburg engagiert und wurde 1933 Mitglied des Opernhauses in Köln, dem er bis zu dessen Schließung 1944 angehörte. Hier sang er u . a . den M a x im Freischütz, den Erik im Fliegenden Holländer und den R o d o l f o in La Boheme. Nach Kriegsende lebte S. in Hamburg, trat bis 1953 regelmäßig an der Staatsoper und 1 9 5 4 / 5 5 am Operettenhaus auf und war nach seinem Abschied von der Bühne als Pädagoge tätig. CD Kutsch
Schocken,
Gershom (Gustav), Journalist, Verleger, Politiker, * 2 9 . 9 . 1 9 1 2 Zwickau (Sachsen), t 22. 12. 1990 Tel Aviv (Israel). Der Sohn Salman —»S.s studierte 1 9 3 2 / 3 3 an der Univ. Heidelberg Wirtschaftswissenschaften, emigrierte 1933 nach Palästina und setzte 1 9 3 5 / 3 6 sein Studium an der London School of Economics fort. 1939 wurde er Direktor des von seinem Vater gegründeten Schocken Publishing House und Chef vom Dienst der durch seinen Vater 1935 erworbenen Tageszeitung „Haaretz", die er zu einem weltweit angesehenen Organ gestaltete. Zu der von ihm geschaffenen HaaretzGruppe gehörte eine Reihe lokaler und regionaler Blätter. 1950-55 und 1960-62 war S. Vorsitzender der Nachrichtenagentur Itim. 1955-59 gehörte er für die durch ihn mitgegründeten Fortschritts-Partei der Knesseth an. CD B H d E , Bd 1
Schocken,
Salman, auch Sally, S h l o m o S., Unternehmer, Verleger, Politiker, * 2 9 . 1 0 . 1 8 7 7 Margonin (Prov. Posen), t 6 . 8 . 1959 Pontresina (Schweiz). Das jüngste von sechs Kindern eines Kleinhändlers begann mit 14 Jahren eine kaufmännische Lehre und befaßte sich während der Wanderjahre in Berlin und Leipzig auch mit deutscher Literatur und Philosophie, u . a . mit —»Hegel und —» Goethe, auf die sich S. immer wieder berief. 1901 folgte S. d e m Angebot seines Bruders Simon, der in die Familie der Kaufhausbesitzer Ury einheiratete, mit ihm gemeinsam einen Warenhauskonzern aufzubauen, zunächst in Zwickau und anderen Städten Sachsens. Die Firma expandierte nach d e m Weltkrieg auch in den süddeutschen Raum, hatte 1933 mehr als 6000 Mitarbeiter in 19 Filialen und galt als fünftgrößtes Kaufhausunternehmen im Reich (nach —»Karstadt, beiden —»Tietz und —»Wertheim). Besonders bekannt wurde die Zusammenarbeit mit dem Architekten Erich —» Mendelsohn, der für S. in Stuttgart (1928, Abriß 1960) und Chemnitz (1930) neue Gebäude mit charakteristischen Fensterbändern an den Fassaden errichtete. Inneneinrichtung, Werbung und Warenangebot (mit eigenen Buchabteilungen) waren betont sachlich und im Bauhaus-Design gehalten. Der seit dem Unfalltod des Bruders 1929 von S. allein geleitete Konzern wurde nach den Grundsätzen der „wissenschaftlichen Betriebsführung" straff und einheitlich organisiert. Er verstand sich als Interessenvertretung der Konsumenten gegenüber den Produzenten; der zentrale Einkauf unter Vermeidung des Großhandels und ein Prüfungslaboratorium garantierten die Qualität, ständige Bilanzierung des Absatzes sorgte f ü r stabile Preise des bedarfsorientierten Sortiments. Ein komplexes System von Statistiken, psychologischer Mitarbeiterschulung und Sozialeinrichtungen sicherte die innere Unabhängigkeit des Unternehmens. Planungen und Entscheidungen erfolgten am Schreibtisch ohne direkte Berührung mit Lieferanten und Kunden, von denen Barzahlung verlangt wurde, und ohne Inanspruchnahme von Bankkrediten. 1938 wurde der Konzern mit Hilfe niederländischer Banken „arisiert" und unter d e m N a m e n Merkur weitergeführt. Die internen Strukturen blieben erhalten und viele Angestellte d e m Gründer verbunden; so wirkte S. nach der Rückgabe der westlichen Teile 1945 am Wiederaufbau des Konzerns durch Helmut —»Horten mit, bevor er sich 1953 endgültig aus dem Unternehmen zurückzog. S. engagierte sich in den Verbänden des Kaufhaus- und Einzelhandels. Seinen Gewinn investierte er in eine säkulare Vision, die kulturellen Grundlagen des Zionismus, an dessen Gremien und Kongressen er ebenfalls mitarbeitete. In seiner Makkabäer-Rede (Chemnitz 1913) forderte er eine neue „Renaissance" des jüdischen Nationalbewußteins, die so wie einst der Assimilation ins Griechentum nun der Oberflächlichkeit der „verstellten J u d e n " der Gegenwart begegnen müsse. Dazu förderte S. in einer ersten Phase die Veröffentlichung jüdischer Themen in deutscher Sprache. 1916 wurde ein Kulturausschuß geschaffen und die Zeitschrift „Der J u d e " mit Martin —»Buber als Herausgeber gegründet. 1931 folgte in Berlin unter Ü b e r n a h m e von Projekten Lambert —»Schneiders wie der Bibelübertragung von Buber und —»Rosenzweig, die Gründung des SchockenVerlags, dessen Typographie auch optisch dem Zeitgeist widerstand. Die geplanten Editionen zahlreicher deutschjüdischer Autoren wie —»Heine und —»Freud betrachtete S. selbst als „Gastgeschenk an das deutsche Volk" (Gershom S.). Einen Höhepunkt bildete die von M a x —»Brod publizierte Gesamtausgabe der Werke Franz —»Kafkas. Nach 1933 zunächst als Alibi geduldet, wurde der Verlag E n d e 1938 liquidiert, konnte seine Arbeit aber in Palästina fortsetzen; er existiert in Israel und den U S A weiter. Seit der Lektüre von Bubers Nacherzählung der Legenden des Rabbi Nachman war S. auch bestrebt, hebräische Literatur
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Schodelor in der O r i g i n a l s p r a c h e zu publizieren. S c h o n f r ü h hatte er den späteren N o b e l p r e i s t r ä g e r S a m u e l J o s e p h A g n o n entdeckt und 1930 durch e i n e erste W e r k a u s g a b e g e f ö r d e r t . In Tel Aviv g r ü n d e t e er ein Institut zur Edition h e b r ä i s c h e r Literatur, deren I n k u n a b e l n S. w e l t w e i t e r w o r b e n hatte; weitere S c h w e r p u n k t e waren d i e E r f o r s c h u n g der M i d d r a s h (Bib e l k o m m e n t a r e ) , der M y s t i k und d e s C h a s s i d i s m u s s o w i e G e r s h o m —»Scholems K a b b a l a - S t u d i e n . N a c h einer ersten P a l ä s t i n a - R e i s e hatte S. f ü r d i e strategische E n t s c h e i d u n g d e s A n k a u f s der B u c h t von H a i f a (1928) g e s o r g t und sich f ü r d i e G r ü n d u n g der H e b r ä i s c h e n Universität (1925) in J e r u s a l e m engagiert, deren Verwaltungsleiter er 1935-45 war. S e i n e m S o h n G e r s h o m ü b e r g a b er als H o c h z e i t s g e s c h e n k „ H a a r e t z " die g r ö ß t e h e b r ä i s c h e T a g e s z e i t u n g Palästinas. S. f ö r d e r t e den B a u des H a d a s s a h - H o s p i t a l s , des a r c h ä o l o g i s c h e n M u s e u m s und a n d e r e r Projekte. F ü r ihn selbst errichtete M e n d e l s o h n e i n e Villa und d i e S c h o c k e n - L i b r a r y , in d e r bis h e u t e die B i b l i o t h e k , „seine A u t o b i o g r a p h i e " (Elon), erhalten ist. D e r Historiker A r n o l d —»Berney hat 1940 S. in d e m R o m a n Das Urteil ein D e n k m a l gesetzt. S.s W i r k s a m k e i t als M ä z e n erreichte ihren H ö h e p u n k t , als er u n m i t t e l b a r nach der E m i g r a t i o n aus D e u t s c h l a n d s e i n e organisatorischen F ä h i g k e i t e n und kulturellen Interessen k o m binierte, u m den A u f b a u vor Ort in Palästina zu unterstützen. D i e K o n z e n t r a t i o n auf d a s e i n e Ziel, die intellektuelle Starth i l f e des j ü d i s c h e n G e m e i n w e s e n s , m ü n d e t e allerdings in M e l a n c h o l i e , sobald es erreicht war, und f ü h r t e z u m spektakulären A b f l u g im O k t o b e r 1940 ü b e r S ü d a f r i k a und N e u seeland in d i e U S A . A b e r a u c h dort w u r d e S. nicht m e h r h e i m i s c h ; er reiste mit g r o ß e m A u f w a n d z w i s c h e n den K o n tinenten u m h e r . M i t seiner M i s c h u n g aus streng kalkulier e n d e m G e s c h ä f t s s i n n , preuß. Disziplin u n d v e r t r ä u m t e r R o m a n t i k , f a n d S „ d e r auf politische B e o b a c h t e r w i e ein „jüdischer B i s m a r c k " ( H a n n a h —»Arendt) wirkte, nicht m e h r die R u h e , d i e V o l l e n d u n g seiner W e r k e zu g e n i e ß e n ; d e m „ A u t o d i d a k t e n " ( M o s e s ) blieb n u r d i e R o l l e als „ m o d e r n e r N o m a d e " ( D a v i d ) und Vorläufer d e s globalen M a n a g e m e n t s . LITERATUR: S i e g f r i e d M o s e s : S. S. - W i r t s c h a f t s f ü h r e r und Zionist. In: R o b e r t Weltsch (Hrsg.): D e u t s c h e s J u d e n t u m . A u f s t i e g und Krise. Stuttgart 1963, S. 145-184. - Gers h o m S c h o c k e n : Ich w e r d e seinesgleichen nicht m e h r sehen. in: D e r M o n a t 2 0 ( 1 9 6 8 ) S. 13-30. - K o n r a d F u c h s : Ein K o n z e r n a u s S a c h s e n . Stuttgart 1990. - Volker D a h m : D a s j ü d i s c h e B u c h im Dritten Reich. M ü n c h e n 2 1 9 9 3 . - Saskia S c h r e u d e r (Hrsg.): D e r S c h o c k e n Verlag Berlin. B e r lin 1994. - R e n a t e P a l m e r : D e r Stuttgarter S c h o c k e n - B a u von Erich M e n d e l s o h n . T ü b i n g e n 1995. - Tilo Richter: Erich M e n d e l s o h n s K a u f h a u s S c h o c k e n , L e i p z i g 1998. A n t h o n y D a v i d [Skinner]: T h e Patron. A L i f e of S. S., 1877-1959. N e w York 2 0 0 3 . - A r n o s Elon: K a u f h a u s k ö n i g S. S. E i n e j ü d i s c h e H e l d e n s a g a . In: L e M o n d e d i p l o m a t i q u e , 14.1.2005. Michael Matthiesen
Schodelor,
W e r n ( h ) e r d . Ä . , a u c h S c h o d e l e r , Schodler, fälschlich a u c h Schedeler, s c h w e i z e r . C h r o n i s t , * u m 1490 B r e m g a r t e n (Kt. A a r g a u ) , t 1 5 4 0 / 4 1 B r e m g a r t e n . S. s t a m m t e aus einer B r e m g a r t n e r S c h u l t h e i ß e n f a m i l i e , w a r 1503-08 K a n z l e i g e h i l f e in B e r n , seit 1509 S t a d t s c h r e i b e r von B r e m g a r t e n und R a t s h e r r und versah seit 1520 alternierend das S c h u l t h e i ß e n a m t . Er n a h m an der Schlacht von M a r i g n a n o (1515) teil und w u r d e n a c h der zweiten Schlacht von K a p p e l ( 1 5 3 1 ) V e r t r a u e n s m a n n d e r f ü n f Orte. S. v e r f a ß t e e i n e teilweise von i h m selbst illustrierte Eidgenössische Chronik, d i e bis 1525 reicht; sie w u r d e von s e i n e m S o h n W e r n h e r S. d. J. fortgesetzt. A l s H ö h e p u n k t d e r C h r o n i k gilt die S c h i l d e r u n g der S c h l a c h t von M a r i g n a n o . S. starb an der Pest. m DLL
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Schoder,
A d o l f , Jurist, Politiker, * 2. 12. 1817 Stuttgart, t 1 2 . 1 1 . 1852 Stuttgart. D e r S o h n e i n e s R e g i e r u n g s r e g i s t r a t o r s studierte n a c h ein e m Notariats- und V e r w a l t u n g s p r a k t i k u m ( 1 8 3 4 / 3 5 ) J u r a in T ü b i n g e n u n d legte 1 8 3 9 / 4 0 b e i d e S t a a t s e x a m e n ab. S. w a r d a n a c h Praktikant in E s s l i n g e n und L u d w i g s b u r g , 1840-42 A k t u a r a m O b e r a m t s g e r i c h t in T ü b i n g e n und 1 8 4 2 / 4 3 Hilfsarbeiter a m kgl. G e r i c h t s h o f in E s s l i n g e n . 1843 w u r d e er O b e r j u s t i z a s s e s s o r a m G e r i c h t s h o f f ü r den N e c k a r k r e i s in Stuttgart und 1845 K a n z l e i d i r e k t o r und R e g i e r u n g s r a t im w ü r t t e m b e r g i s c h e n I n n e n m i n i s t e r i u m . 1 8 4 8 / 4 9 w a r er M i t g l i e d der F r a n k f u r t e r N a t i o n a l v e r s a m m l u n g , 1849 deren 1. Vizepräsident und g e h ö r t e zu den B e g r ü n d e r n des K l u b s Westendhall. D a n e b e n war S. M i t g l i e d der württ e m b e r g i s c h e n S t ä n d e v e r s a m m l u n g . 1849 quittierte er den Staatsdienst u n d praktizierte als R e c h t s a n w a l t in Stuttgart. 1 8 4 9 / 5 0 w a r S. M i t g l i e d und Präsident der ersten bis dritten v e r f a s s u n g s r e v i d i e r e n d e n L a n d e s v e r s a m m l u n g e n des K ö n i g reichs W ü r t t e m b e r g , 1851 / 5 2 M i t g l i e d der w ü r t t e m b e r g i schen K a m m e r der A b g e o r d n e t e n . A l s g e m ä ß i g t e r L i n k e r b e f ü r w o r t e t e er z u n ä c h s t eine Präsidenten- statt einer Kaiserwahl, w ä h l t e d a n n aber d o c h —> Friedrich W i l h e l m IV. tu
Raberg
Schoder, ( J o h a n n ) J o s e p h , österr. M e d i z i n e r , Kurarzt, M e s m e r i s t , * 7 . 1 2 . 1818 V a n d a n s (Vorarlberg), t 1 2 . 1 2 . 1884 W i e n . D e r S o h n eines B a u e r n und K a u f m a n n s studierte M e d i z i n in Wien, w u r d e 1849 p r o m o v i e r t , w a r seit d e m s e l b e n J a h r M i t glied d e s W i e n e r m e d i z i n i s c h e n D o c t o r e n - C o l l e g i u m s und w a r d a n n als praktischer Arzt in W i e n tätig. 1858 errichtete er e i n e K a l t w a s s e r a n s t a l t in V i e h o f e n (St. Pölten), die er j e d o c h 1867 v e r k a u f t e , und praktizierte w i e d e r in W i e n . S., der an sich m a g n e t i s c h e F ä h i g k e i t e n entdeckt h a b e n soll, setzte d e n a n i m a l i s c h e n M a g n e t i s m u s u. a. g e g e n N e r v e n l e i den, s o n s t i g e S c h m e r z z u s t ä n d e s o w i e g e g e n E n t z ü n d u n g e n ein. Er zählte zahlreiche h o c h g e s t e l l t e Persönlichkeiten zu seinen Patienten. D3 Ö B L Schoder,
Marie
->Gutheil-Schoder,
Marie
Schoder,
T h i l o , Architekt, * 1 2 . 2 . 1 8 8 8 W e i m a r , t 8 . 7 . 1 9 7 9 Kristiansand (Norwegen). D e r S o h n eines G a s t w i r t s u n d B r u d e r von M a r i e —»GutheilS c h o d e r w a r 1 9 0 6 / 0 7 Privatschüler H e n r y van d e —»Veldes, b e s u c h t e 1907-11 d i e G r o ß h e r z o g l i c h - S ä c h s i s c h e K u n s t g e w e r b e s c h u l e in W e i m a r und w u r d e 1910 M e i s t e r s c h ü l e r van d e Veldes. 1 9 1 1 / 1 2 zu S t u d i e n z w e c k e n in W i e n ( u . a . bei Josef - > H o f f m a n n und E d u a r d Josef —> W i m m e r - W i s g r i l l ) , w a r er 1912-14 Assistent im Atelier van d e Veldes, b a u t e 1914 ein eigenes „Atelier f ü r Architektur, I n n e n d e k o r a t i o n und K u n s t g e w e r b e " auf und w u r d e 1915 k ü n s t l e r i s c h e r B e rater und C h e f d e s i g n e r der T r a u g o t t G o l d e A G in Gera. N a c h der T e i l n a h m e a m Ersten Weltkrieg 1 9 1 7 / 1 8 w a n d t e sich S. z u n e h m e n d der A r c h i t e k t u r zu, w u r d e 1919 M i t g l i e d d e s D e u t s c h e n W e r k b u n d e s u n d g e h ö r t e 1922-27 d e m B u n d D e u t s c h e r A r c h i t e k t e n an. B i s M i t t e der z w a n z i g e r J a h r e als A r c h i t e k t etabliert, leistete er 1926-31 mit S i e d l u n g s b a u t e n und - p r o j e k t e n in T h ü r i n g e n und S a c h s e n einen eigenständigen Beitrag z u m sozialen W o h n b a u in der W e i m a r e r R e p u blik. 1932 g i n g S. n a c h N o r w e g e n , w o er 1936 in Kristia n s a n d ein A r c h i t e k t u r b ü r o g r ü n d e t e , das in den s e c h z i g e r J a h r e n sein S o h n B j 0 r n ü b e r n a h m . 1938 erhielt S. d i e norw e g i s c h e S t a a t s b ü r g e r s c h a f t ; nach der d e u t s c h e n B e s e t z u n g N o r w e g e n s w a r er 1940 v o r ü b e r g e h e n d inhaftiert.
Schodrok,
Karl (Paul A n t o n ) , bis 1939 S c z o d r o k , Lehrer, Publizist, Kulturpolitiker, * 2. 1. 1890 N e i s s e ( O b e r s c h l e sien), t 2 4 . 2 . 1 9 7 8 W ü r z b u r g . D e r S o h n eines I n s p e k t o r s eines A r m e n a r b e i t s h a u s e s w a r nach d e r L e h r a m t s p r ü f u n g 1910 Volksschullehrer in Bolatitz
Schoeck (Kr. Ratibor), seit 1914 Lehrer in Gleiwitz, später in Oppeln und seit 1923 Schuldirektor in Kollonowska (Kr. Groß Strehlitz). 1919-21 gab er die Wochenschrift „Der Schwarze Adler" heraus; 1923 übernahm er die Herausgabe der Monatsschrift „Der Oberschlesier", die als führende Kulturzeitschrift Oberschlesiens galt. 1931 gründete er in Neisse die Eichendorf-Stiftung, vier Jahre später das EichendorfMuseum, für das er die Sammlung Carl von Eichendorffs, des Enkels Joseph von —> Eichendorff, gewinnen konnte. 1947-57 war S. Bezirksschulrat in Neumarkt (Oberpfalz). 1952 beteiligte er sich maßgeblich an der Gründung des Kulturwerks Schlesien, das er bis 1965 leitete. m NDB Schöbel, Emmanuel Johann, Kreuzherr, Bischof von Leitmeritz, * 12.2. 1824 Radowenz (Böhmen), t 28.11.1909 Leitmeritz. S., Sohn eines Müllers, trat 1844 in den Prager Orden der Kreuzherren mit dem roten Stern ein, empfing 1848 die Priesterweihe und studierte Theologie in München und Prag, wo er 1852 zum Dr. theol. promoviert wurde. 1856-65 war er Katechet und 1866-75 Prof. der Religionslehre an der Prager Deutschen Handelsschule bzw. Handelsakademie. 1866 wurde er Sekretär des Generalgroßmeisters seines Ordens, 1877 Subprior und Ordenskonsultor und 1879 Generalgroßmeister. 1882 übernahm S. das Amt des Bischofs von Leitmeritz. tri ÖBL Schöbel, Heinz, Verleger, Sportfunktionär, * 14.10.1913 Leipzig, t 26.4.1980 Leipzig. Der aus einer Arbeiterfamilie stammende S. besuchte 1928-31 die Deutsche Buchhändler-Lehranstalt in Leipzig und war 1938/39 Abteilungsleiter und Prokurist im Leipziger Paul-List-Verlag. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg war er Treuhänder, Lizenzträger und Leiter des PaulList-Verlags, wurde 1946 SED-Mitglied und gründete 1949 den Fachbuchverlag Leipzig. 1968-78 war S. Direktor des Deutschen Verlags für Grundstoffindustrie, 1953-58 Präsident des Deutschen Fußballverbands, 1955-73 Präsident des Nationalen Olympischen Komitees der DDR und 1966-80 Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees. Schöbel v o n R o s e n f e l d , Georg, Pseud. Der Fröhliche, Der Himmlisch Gesinnte, Jurist, Schriftsteller, * 15.7. 1640 Breslau, t 17.11. 1680 Magdeburg. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und Philosophie in Leipzig unternahm S. ausgedehnte Reisen durch Europa und war seit 1666 Inspektor der städtischen Bibliotheken in Breslau. Seit 1672 Domherr in Magdeburg, wurde er Schatzmeister und später Kanonikus an St. Peter und Paul. 1668 wurde S. in die Deutschgesinnte Genossenschaft, 1669 in die Fruchtbringende Gesellschaft aufgenommen und 1670 in den Adelsstand erhoben. 1671 erhielt er den Titel eines kaiserlichen Rats. 1667 erschien sein bekanntestes Werk, Germanus Vratislaviae, das lateinische Verse auf öffentliche Gebäude sowie zu Bildnissen der Breslauer Ratsherren enthält. S. verfaßte auch historische Berichte (Sinn-reiche Reden und Merckwiirdige Thaten der Funffzehen Römischen Kaiser, 1671) sowie geistliche Lyrik und Prosa (Himmlische Gedancken, Frucht-bringende erwogen, 1672). CO Killy Schöberl, Alfons, Chemiker, * 12.7.1903 Würzburg, t 11.8. 1994 Hannover. S., Sohn eines Schutzmanns, wurde 1929 in Würzburg promoviert (Versuche zur Spaltung asymmetrischer Kohlenwasserstoffe mit Hilfe von Molekülverbindungen) und habilitierte sich dort 1933 (Modellversuche zum oxydativen Abbau biologisch wichtiger organischer Schwefelverbindungen). Seit 1942 war er apl. Prof. an der Univ. Würzburg und 1950-71 o. Prof. der Chemie an der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Seine Arbeiten, insbesondere auf dem Gebiet der or-
ganischen Schwefelverbindungen, fanden vielfach Eingang in die Standards der Veterinärmedizin, so bei der Entwicklung des Wirkstoffes Xylazin. S. war auch Honorarprofessor der physiologischen Chemie an der TU Hannover. Neben Beiträgen in Sammelwerken und rund 200 Aufsätzen in Fachzeitschriften veröffentlichte S. u.a. Stationen auf dem Wege eines Hochschullehrers (1933-1971) (1972). S c h ö b e r l e i n , Ludwig Friedrich, evang. Theologe, Liturgiker, * 6.9.1813 Colmberg bei Ansbach, t 8.7. 1881 Göttingen. Der Sohn eines kgl. bayerischen Rechnungsbeamten studierte Philosophie in München, dann Theologie in Erlangen, wurde Hauslehrer in Bonn, dann Hilfsprediger in München und Kissingen und war seit 1871 Repetent der systematischen Theologie in Erlangen, wo er sich 1849 habilitierte. 1850 wurde S. a. o.Prof. in Heidelberg, 1855 Ordinarius für Liturgik und systematische Theologie in Göttingen. Seit 1872 war er Konsistorialrat. 1876 war S. Mitbegründer der Monatsschrift für Liturgie und Kirchenmusik „Siona" und übte als führendes Mitglied der liturgischen Kommission und der Gesangbuchkommission maßgeblichen Einfluß auf die liturgischen Verhältnisse der Hannoverschen Landeskirche aus. 1878 wurde er ehrenhalber Abt von Bursfelde. S. veröffentlichte u. a. Der evangelische Gottesdienst der Reformation (1854), Schatz des liturgischen Chor- und Gemeindegesangs nebst den Altarweisen in der deutschen evangelischen Kirche, aus den Quellen vornehmlich des 16. und 17. Jahrhunderts geschöpft (3 Bde., 1865-72, Neudr. 1928/29) und Musica sacra für Höhere Lehranstalten, Kirchenchöre usw. (1869, 5 1905). DP BBKL Schöbl, Joseph, auch Schöbel, Ophthalmologe, * 16.8. 1837 Pilsen (Böhmen), t 6.4. 1902 Prag. S., Sohn eines Beamten, studierte seit 1856 Zoologie und vergleichende Anatomie, seit 1857 Medizin in Prag, wurde 1861 promoviert und war 1862-65 Assistent Josef —> Hasners von Artha. Seit 1866 Landesaugenarzt in Böhmen, wurde er 1883 Ordinarius für Ophthalmologie an der Tschechischen Univ. in Prag. S. befaßte sich in seinen Forschungen besonders mit der Anatomie des Auges. Er veröffentlichte u. a. Über die Blutgefäße der Hornhaut im normalen und pathologischen Zustande (1886). CD OBL S c h o e c k , Helmut (Max), österr. Soziologe, * 3.7. 1922 Graz, t 2.2. 1993 Niedernhausen. S. studierte seit 1941 Medizin, Psychologie, Philosophie, Ökonomie und Soziologie in München und Tübingen, wo er 1948 bei Eduard —»Spranger zum Dr. phil. promoviert wurde (Karl Mannheim als Wissenssoziologe). 1950-53 war er Prof. der Sozialwissenschaften und Direktor der Abteilung Philosophie und Psychologie am Fairmont State College in West Virginia, 1953/54 Visiting Research Fellow an der Yale University, 1954-65 Prof. der Soziologie an der Emory University in Atlanta (Georgia), 1965-91 an der Univ. Mainz. S., in den USA Vertreter des Conservative Movement, setzte sich kritisch mit zum Relativismus führenden wissenssoziologischen Positionen auseinander und wandte sich dem amerikanischen kulturvergleichenden Funktionalismus zu. Er vertrat eine anthropologisch und sozialpsychologisch orientierte Kritik sowohl der gesellschaftskritischen als auch der empirisch-quantifizierenden Strömungen der Soziologie. S. veröffentlichte u. a. Soziologie. Geschichte ihrer Probleme (1952, 2 1964 unter dem Titel Die Soziologie und die Gesellschaften), Der Neid. Eine Theorie der Gesellschaft (1966; weitere Auflagen unter dem Titel Der Neid und die Gesellschaft, 5 1977), Kleines soziologisches Wörterbuch (1969) und Das Recht auf Ungleichheit (1979). CD NDB
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Schoeck Schoeck,
Othmar, schweizer. Komponist, * 1.9.1886 Brunnen (Kt. Schwyz), t 8 . 3 . 1 9 5 7 Zürich. Der Sohn eines Malers und Bruder Paul —»S.s befaßte sich zunächst ebenfalls mit Malerei, begann 1904 ein Musikstudium am Konservatorium in Zürich, das er 1907 bei Max —» Reger in Leipzig fortsetzte, und kehrte 1908 nach Zürich zurück. 1909-17 war er Chorleiter in Zürich und leitete 1917-44 die Symphoniekonzerte des Konzertvereins St. Gallen. S., der sich seit den zwanziger Jahren zunehmend einer spätromantischen Tonsprache zuwandte, wurde vor allem durch sein umfangreiches Liedschaffen bekannt. Er komponierte über 500 Lieder, die teilweise zu Liederzyklen zusammengefaßt sind und u . a . nach Texten von —»Goethe, Joseph von —» Eichendorff, Ludwig - » U h l a n d , Gottfried - » K e l l e r und Hermann —»Hesse entstanden. Zu S.s Werk gehören ferner Opern (Penthesilea, 1923-25, nach Heinrich von —»Kleist; Massimilla Doni, 1 9 3 4 / 3 5 ; Das Schloß Dürande, 1937-41), die dramatische Kantate Vom Fischer un syner Fru (1928-30), Chorwerke, Orchester-, Kammerund Klaviermusik. 1937 erhielt S. den Erwin-von-SteinbachPreis, 1943 den Musikpreis der Stadt Zürich. 1945 wurde er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen A k a d e m i e der Schönen Künste. CD M G G
Johann, auch Hans S., österr. Militärarzt, Hygieniker, Bakteriologe, * 7 . 7 . 1 8 4 6 Weine (Österr.-Schlesien), t 12.4. 1916 Graz. Der Bauernsohn studierte an der Medizinisch-chirurgischen Josephs-Akademie in Wien, wurde 1872 promoviert und war seit 1878 Regimentsarzt, seit 1895 Stabsarzt und seit 1901 Oberstabsarzt. 1909 trat er mit dem Titel eines Generalstabsarztes in den Ruhestand. S. beschäftigte sich besonders mit Chemie und Mikroskopie, arbeitete vor allem im chemischen Laboratorium des Militärsanitätskomitees in Wien und hielt seit 1889 Kurse über Hygiene und Ernährungslehre an den beiden Wiener Garnisonsspitälern ab. S., ein Pionier der Ernährungswissenschaften, veröffentlichte u. a. Landesübliche Menagen und Kriegsverpflegung der k. k Truppen (1889), Über die Verbesserung der Mannschaftskost (1893), Grundzüge der Militär-Hygiene (1898, unter d e m Titel Leitfaden der Militär-Hygiene,21900) und Militärkochbuch (1903). m ÖBL
Schoeck,
Schöfer,
Paul, schweizer. Architekt, Schriftsteller, * 3 0 . 9 . 1882 Brunnen (Kt. Schwyz), t 3 0 . 6 . 1952 Gümlingen (Kt. Bern). S., Sohn eines Malers, studierte Architektur an der Ε Τ Η Zürich, bildete sich dann bei Richard —> Riemerschmid in München weiter und war anschließend in Berlin und St. Petersburg tätig. 1914 kehrte er in seine Heimat zurück und führte ein Architekturbüro in Brunnen. S. schrieb Dramen in Schwyzer Mundart (u.a. Teil, Uraufführung 1920 in Zürich) und Gedichte, von denen einige von seinem Bruder O t h m a r —»S. vertont wurden. • • Schweiz Theater S c h ö d l , Max, österr. Maler, * 2 . 2 . 1834 Wien, t 2 3 . 3 . 1921 Wien. S., Sohn eines Hausbesitzers, besuchte 1 8 5 3 / 5 4 die Akademie der bildenden Künste in Wien, war Privatschüler von Friedrich von —» Friedländer-Malheim und wurde 1869 Mitglied des Wiener Künstlerhauses. Studienreisen führten ihn nach London, Paris und Italien. S. schuf vorwiegend Stilleben mit orientalischen Requisiten. t u ÖBL
Schödlberger,
Johann Nepomuk, auch Schödelberger, österr. Maler, * 2 2 . 5 . 1779 Wien, f 26. I. 1853 Wien. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend, erhielt S. zunächst eine Ausbildung zum Lehrer, war seit 1797 Hilfslehrer an der Zeichenschule von St. A n n a und unterrichtete seit 1799 Zeichnen an der Zollerschen Hauptschule in Wien. Seit 1801 studierte er an der dortigen Akademie der bildenden Künste, wurde 1815 deren Mitglied und hielt seit 1816 eine Vorlesung über Landschaftsmalerei. 1 8 1 7 / 1 8 unternahm er eine Studienreise nach Italien. S. schuf vorwiegend ideale Landschaften, u. a. Der Traunfall bei Gmunden und Wasserfall bei Tivoli. Zu seinen Auftraggebern gehörten Kaiser —» Franz II. und König —» Ludwig I. von Bayern. DP Ö B L
Schöfer,
Eugen, österr. Photograph, * 22. 11.1862 Oderberg (Österr.-Schlesien), f 2 6 . 7 . 1 9 1 2 Wien. S. machte eine Lehre als Photograph, wurde 1883 erster Retuscheur im Atelier Adele in Wien und 1891 bei dem Hof- und Kammerphotographen Karl Pietzner, der das damals vermutlich größte Porträtgeschäft Wiens besaß. 1897 wurde S. als Direktor mit der technischen und künstlerischen Leitung des Geschäfts betraut, erwarb die neuesten technischen Errungenschaften und beeinflußte die Photographie in ihrer künstlerischen Entwicklung maßgeblich. Er unternahm zahlreiche Studienreisen nach Deutschland, Frankreich und England, eröffnete 1905 ein eigenes Atelier in Wien und
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zählte Kaiser —»Franz Joseph, Kaiser —»Wilhelm II. und den Schah von Persien zu seinen Kunden. Später erweiterte S. sein Geschäft u m eine Filiale in Baden bei Wien und ein weiteres Atelier in Wien. c n ÖBL
Schöfer,
R e n e von, Architekt, * 2 1 . 4 . 1 8 8 3 Teheran (Persien), t 6 . 7 . 1 9 5 4 Aachen. S. studierte 1902-08 Rechtswissenschaften in Bonn und Budapest, 1908-10 sowie 1912-14 Architektur an der T H München und war dort seit 1919 als Assistent tätig. 1925 wurde er an der T H M ü n c h e n zum Dr.-Ing. promoviert, habilitierte sich 1926 und folgte 1934 einem Ruf als Ordinarius für antike und frühmittelalterliche B a u f o r m e n sowie Städtebau und Baugestaltung an die T H Aachen.
Schöffel,
Josef, Sänger, * 1881 Hof (Bayern), t 2 7 . 9 . 1952 Hof. S. debütierte 1907 als Walther von der Vogel weide im Tannhäuser an der Hofoper in Dresden, sang 1909-12 an der Hofoper in Berlin und war 1912-15 am Stadttheater in Lübeck engagiert. Seit 1915 trat er am Hoftheater in Karlsruhe auf, wurde 1921 an das Stadttheater in ElberfeldB a r m e n , 1923 an das Opernhaus in Brünn verpflichtet und kehrte 1924 nach Hof zurück. Von dort aus unternahm S. Gastspiel- und Konzertreisen. Höhepunkte seines umfangreichen Repertoires waren der Tamino in der Zauberflöte, der Florestan im Fidelio und —»Wagner-Heroen wie der Tannhäuser, der Tristan und der Parsifal. CD Kutsch
Schöffel, Rudolf (Friedrich Klephas), Montanist, Chemiker, * 2 1 . 2 . 1 8 3 9 Pribram (Böhmen), t 1 0 . 6 . 1 9 1 6 Turn bei Teplitz (Böhmen). Nach d e m Besuch der Bergakademie Pribram war S., Sohn eines Bergrats, Bergwerkspraktikant und seit 1862 Assistent am Lehrstuhl für Probier- und Hüttenkunde an der Bergakademie Leoben. 1870 wurde er dort Dozent, 1872 a. o.Prof., 1875 o. Prof. der C h e m i e und Physik; 1881 -83 war er Direktor, 1897-99 Rektor der Anstalt. 1905 wurde er zum Hofrat ernannt. S. entwickelte Methoden für die Laborkontrolle der damals beginnenden Edelstahlerzeugung. Er veröffentlichte u . a . Die Kohlenreviere von Ostrau, Rossitz, Fünfkirchen, Kladno, Pilsen und Miröschau und ihre Leistungsfähigkeit in Bezug auf die Erzeugung von für den Hochofenbetrieb tauglichen Coaks (mit Franz —»Kupelwieser, 1870) und Über die volumetrische Bestimmung des Mangans (mit Eduard —»Donath, 1887). c n ÖBL Schöffel,
(Johann) Simon, evang. Theologe, Bischof von Hamburg, * 22. 10. 1880 Nürnberg, t 2 8 . 5 . 1959 Hamburg. Der Sohn eines Gerichtsschreibers studierte Theologie in Erlangen und Leipzig. Seit 1904 war er Hofkaplan des Fürsten Gustav Ernst zu Erbach-Schönberg, seit 1906 Katechet in
Schöffler Nürnberg, seit 1909 Pfarrer in Schweinfurt und seit 1921 Dekan. 1917 wurde er in Erlangen mit der Dissertation Die Kirchenhoheit der Reichsstadt Schweinfurt. Ihre Entstehung und Entwicklung bis zum Beginne der Reformation zum Dr. phil., 1918 mit der Fortsetzung der Kirchengeschichte Schweinfurts im Zeitalter der Reformation bis z u m Augsburger Religionsfrieden von 1555 zum Dr. theol. promoviert. 1922 ging er als Hauptpastor an St. Michaelis nach Hamburg und wurde 1929 Synodalpräsident. 1933 wurde er zum Landesbischof von Hamburg gewählt und erlangte eine Zeitlang als gemäßigter Anhänger der „Deutschen Christen" Einfluß auch in der Reichskirche, wo er im Herbst für wenige Wochen im „Geistlichen Ministerium" des Reichsbischofs Ludwig —> Müller die Lutheraner repräsentierte. A m 5 . 3 . 1 9 3 4 trat S., von radikalen Deutschen Christen gestürzt, von seinem Bischofsamt zurück und hielt sich in der Folge zur kirchlichen Opposition. Nach der Absetzung seines Nachfolgers Franz —>Tügel kehrte er 1946 an die Spitze der Hamburger Kirche zurück. 1950-54 war er Ordinarius für systematische Theologie an der Kirchlichen Hochschule in Hamburg. S. verfaßte u . a . eine Kirchengeschichte Hamburgs (Bd. 1, 1929). m NDB
Schöffer,
Peter d . Ä . , Drucker, Verleger, * um 1435 Gernsheim, t zwischen 20. 12. 1502 und 8 . 5 . 1 5 0 3 Mainz. S. studierte in Paris und war dort als Schönschreiber tätig, bevor er um 1450 Mitarbeiter Johannes —> Gutenbergs in M a i n z wurde. Er war maßgeblich an der Entwicklung und Verbesserung der Druckkunst beteiligt und gründete nach Gutenbergs verlorenem Prozeß mit dessen ehemaligem Teilhaber, S.s Schwiegervater Johann —> Fust, eine Druckerei in Mainz, aus d e m u . a . 1457 der Mainzer Psalter, 1459 das Psalterium Benedictum und die achtundvierzigzeilige Bibel (1462) hervorgingen. S., seit 1466 Alleininhaber, verlegte später auch bebilderte Werke, teilweise in Volkssprache, darunter Gart der gesuntheit (1485). Er war der Vater von Peter —>S. d. J. t u NDB
Schöffer,
Peter d.J., Drucker, * u m 1480 Mainz, t Januar 1547 Basel. Der Sohn Peter —>S.s d . Ä . erlernte den Beruf eines Stempelschneiders und Schriftgießers, war Schüler seines Vaters und veröffentlichte in dessen Druckereibetrieb seinen ersten selbständigen Druck. 1512 mußte S. den Betrieb wegen finanzieller Schwierigkeiten verkaufen, errichtete 1518 in Worms eine neue Druckerei und war 1529-39 in Straßburg tätig, wo er 1534-37 mit Mathias - » A p i a r i u s zusammenarbeitete. Seit 1539 war S. Buchstabengießer in Basel. Er übernahm das Notendruckverfahren von Ottaviano Petrucci und gehörte zu den ersten Musikdruckern Deutschlands. m
NDB
Schöfferlin, Bernhard, Jurist, Historiograph, * 1 4 3 6 / 3 8 E s s l i n g e n / N e c k a r , t vor 1 6 . 1 2 . ( 2 2 . 9 . ? ) 1501 Esslingen. Der Patriziersohn erwarb vermutlich 1461 in Heidelberg den Grad eines Magister artium, Schloß das Studium der Rechtswissenschaften in Pavia und Ferrara 1468 mit der Promotion zum Dr. jur. civilis ab und stand seit 1466 im Dienst des Grafen Heinrich von Württemberg, den er auf Reisen durch Italien und Frankreich begleitete. Seit 1472 war S. Rat des Grafen —> Eberhard im Bart von Württemberg, seit 1476 Prokurator und 1478-82 Kanzler der Erzherzogin —> Mechthild in Rottenburg. 1495-99 war er Beisitzer am Reichskammergericht, nahm 1495 und 1497 an den Reichsversammlungen in Worms teil und wurde 1499 Rat Herzog —»Ulrichs von Württemberg. 1500 entsandten ihn die Städte als ihren Vertreter in das Bundesgericht des Schwäbischen Bundes. Sein einziges bekanntes Werk ist die im Auftrag Eberhards entstandene Römische Historie (1505), eine in deutscher Sprache verfaßte Darstellung der frühen römischen Geschichte, die zahlreiche Auflagen erlebte. c n NDB
Schöffler,
Heinz, Lektor, Schriftsteller, * 9 . 2 . 1921 N e u s t a d t / H a a r d t , t 3 0 . 4 . 1973 N e u s t a d t / H a a r d t . S. studierte Germanistik und Kunstgeschichte an den Universitäten Erlangen, Wien, Leipzig und Münster, wo er 1948 aufgrund der Arbeit Grundmotive und Grundproblematik der Jahrhundertwende in der Dichtung von Friedrich Huch und Thomas Mann zum Dr. phil. promoviert wurde. Seit 1945 war er als Journalist in der Rheinpfalz und in Heidelberg tätig. 1956-60 war er Cheflektor des Luchterhand-Verlags in Neuwied und wurde 1961 Mitglied der Literarischen Leitung der Deutschen Buchgemeinschaft und des Modernen BuchClubs in Darmstadt. S. war Literatur- und Kunstkritiker und Essayist und schrieb zahlreiche Hörspiele und Hörfolgen. DP D L L
Schöffler,
Herbert, Anglist, * 30. 8 . 1 8 8 8 Leipzig, t 18.4. 1946 Göttingen. S., Sohn eines K a u f m a n n s und Postassistenten, studierte seit 1908 Germanistik, Geschichte und Neuphilologie in Paris und Leipzig, wurde 1911 in Leipzig zum Dr. phil. promoviert (Die Stellung Huysmans im französischen Roman) und habilitierte sich dort 1918 (Lexikographische Studien zur mittelenglischen Medizin, gedruckt 1919). 1923 wurde er Ordinarius für Anglistik in Bern, 1926 in Köln. 1941 auf Betreiben des Gauleiters Josef —>Grohe abgesetzt, erhielt er im selben Jahr einen Ruf nach Göttingen. Unter dem Einfluß von Ernst ->Troeltsch, Max Weber und Levin —»Schücking wandte sich S. Fragen der historischen Religionssoziologie zu. Er gab die „Kölner Anglistischen Arbeiten" (1927 ff.), die „Hefte zur Englandk u n d e " (1929 ff.) und „Das Abendland. Forschungen zur Geschichte europäischen Geisteslebens" (1936 ff.) heraus. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Protestantismus und Literatur. Neue Wege zur englischen Literatur des 18. Jahrhunderts (1922, 2 1958), Die Anfänge des Puritanismus (1932), Die Reformation (1936), Abendland und Altes Testament (1937) und Wirkungen der Reformation. Religionssoziologische Folgerungen für England und Deutschland (postum 1960). Weit über die Fachwelt hinaus bekannt wurde er mit d e m Buch Kleine Geographie des deutschen Witzes (hrsg. von Helmuth Plessner, 1955, '"1995), das als Artikelserie 1941 den Anlaß zu seiner Entlassung gegeben hatte. 1943 wurde S. Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften zu Göttingen. Er beging Selbstmord. t u NDB
Schöffler,
Paul, Sänger, * 15.9. 1897 Dresden, t 21. 11. 1977 A m e r s h a m (Buckinghamshire, Großbritannien). S., Sohn eines Lokführers, wurde zum Lehrer ausgebildet und nahm am Ersten Weltkrieg teil. Danach in seinem Beruf tätig, studierte er daneben Gesang, Klavier, Violine und M u siktheorie am Dresdner Konservatorium, setzte seine Ausbildung bei Mario Sammarco in Mailand fort und wurde 1924 an die Staatsoper in Dresden engagiert, wo er als Heerrufer im Lohengrin debütierte und in den Uraufführungen von Ferruccio —»Busonis Doktor Faust (1925) und Paul —»Hindemiths Cardillac (1926) mitwirkte. 1937 kam S. an die Wiener Staatsoper, deren Mitglied er bis 1965 war. Er sang bei den Bayreuther und fast alljährlich bei Salzburger Festspielen, gastierte u . a . an der Covent Garden Opera in London, an der Mailänder Scala, am Teatro Colon in Buenos Aires sowie 1949-51, 1954-56 und 1962-64 an der Metropolitan Opera in N e w York. Zuletzt lebte S. in England. Höhepunkte seines umfangreichen Repertoires, das Rollen zwischen lyrischen Tenor und Baß umfaßte, waren Partien von —> Mozart, Verdi, Richard —> Wagner und Richard - » Strauss. m
NDB
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Schößling Schöler,
S c h ö f f l i n g , Karl, Endokrinologe, * 4. 12. 1921 Sobernheim/Nahe, t 6.7.1991 Frankfurt/Main. Das während des Zweiten Weltkriegs in Heidelberg begonnene Studium der Medizin Schloß S. 1950 in F r a n k f u r t / M a i n mit der Promotion ab (Essentielle Hypertonie und Depressan), wurde 1952 Leiter der Diabetikerambulanz der dortigen Universitätsklinik und habilitierte sich 1959 ( D e r Hypogonadisms des männlichen Zuckerkranken). Nach Studienaufenthalten in Kanada und den U S A wurde er 1964 apl. Prof., nach kurzer Tätigkeit an der Univ. Ulm 1968 a. o., dann o. Prof. der Inneren Medizin und Klinischen Endokrinologie an der Univ. Frankfurt; 1990 wurde er emeritiert. Als Mitbegründer und Direktor (1977-81) des Zentrums f ü r Innere Medizin und Leiter der Abteilung Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechselkrankheiten wurde S. zum führenden Spezialisten auf d e m Gebiet des Diabetes. Er war Präsident der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, Mitherausgeber der Fachzeitschriften „Diabetologia", „Diabetes Journal" und „Aktuelle Ernährungsmedizin" und veröffentlichte u. a. Störungen der Keimdrüsenfunktion bei männlichen Zuckerkranken (1960), Der große Ratgeber für Diabetiker (mit Rüdiger Petzoldt und Annemarie Fröhlich-Krauel, 1971, erneut 1973, span. 1975, auch 1980, niederländ. 1980, portugies. 1981) und Diabetologie in Klinik und Praxis (hrsg. mit Hellmut Mehnert, 6 Bde., 1974; 5., vollst. Überarb. und erw. Ausg. 2003).
Heinrich (Leopold), Ophthalmologe, * 5 . 8 . 1844 Fellin (Livland), f 24. 11. 1918 Berlin. Nach dem Medizinstudium in Dorpat, das er 1869 mit der Promotion abschloß (Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Irisbewegung), setzte S., Sohn eines Bürgermeisters, seine Ausbildung in Berlin fort und wurde hier 1870 Assistent an der Augenklinik unter Ewers, deren Vorstand er 1874 wurde. Im selben Jahr habilitierte er sich in Berlin für Augenheilkunde, wurde 1879 a. o. Prof. und erhielt 1896 den Titel eines Geheimen Medizinalrats. S. veröffentlichte u. a. Beiträge zur Pathologie der Sehnerven und der Netzhaut (1884), Zur operativen Behandlung und Heilung der Netzhautablösung (1889) und Experimentelle Studie über galvanolytische-kataphorische Einwirkungen auf das Auge (1894).
Schöffmann,
Maria, österr. Malerin, * 8 . 1 2 . 1 8 5 9 Wien, t 1.7. 1941 Wien. Die Tochter eines Historienmalers war Schülerin ihres Vaters, widmete sich schon früh dem Kopieren großer Meister und arbeitete 1880-1936 als Kopistin in der Wiener Gemäldegalerie. S. erhielt u. a. Aufträge von Mitgliedern des Kaiserhauses. Sie restaurierte auch und schuf eigene Werke, wobei sie sich auf das Gebiet der religiösen Malerei spezialisierte. DP Ö B L
Schöler,
Schoefft,
S c h ö l l , (Gustav) Adolf, Klassischer Philologe, Literarhistoriker, Bibliothekar, * 2 . 9 . 1 8 0 5 Brünn, t 2 6 . 5 . 1882 Jena. Der Sohn eines Fabrikanten studierte seit 1823 Theologie, dann Klassische Philologie in Tübingen, wo er 1828 promoviert wurde und mit Eduard —> Mörike in Kontakt stand. 1833 habilitierte er sich für Altertumswissenschaften in Berlin. Seit 1835 war S. Lektor f ü r Mythologie und Kunstgeschichte an der dortigen A k a d e m i e der Künste und unternahm 1 8 3 9 / 4 0 Studienreisen nach Italien und Griechenland. Er wurde Mitglied der Mittwochsgesellschaft und war Mitarbeiter an dem von Adelbert von —»Chamisso herausgegebenen „Musenalmanach". S. stand Joseph von —> Eichendorff nahe und veröffentlichte 1836 u . a . eine Abhandlung zu dessen Schriften in den „Jahrbüchern der Litteratur". 1842 folgte er einem Ruf als a. o.Prof. der Archäologie nach Halle, war seit 1853 Hofrat und Direktor der Kunstgalerie in Weimar und wurde hier 1861 Oberbibliothekar. S. war Gründungsmitglied der Shakespeare-Gesellschaft. Zu seinen Werken gehören Briefe und Aufsätze von Goethe aus den Jahren 1766 bis 1786 (1846) und Goethe's Briefe an Frau von Stein aus den Jahren 1776 bis 1826 (3 Bde., 1848-51). Daneben übersetzte S. Werke des Sophokles. Er war der Vater von Rudolf —»S. m Killy
August Theodor, auch Schöfft, Maler, * 1809 Pest (heute zu Budapest), f 1888 London. S. erhielt seinen ersten Zeichenunterricht bei seinem Vater, einem Maler, studierte seit 1828 an der Wiener und der Münchner Kunstakademie und kehrte 1835 nach Pest zurück. 1836 reiste er Uber Bukarest und Odessa nach Konstantinopel, war hier als Porträtmaler tätig und hielt sich dann in Indien auf, w o er mehrere Jahre am Hof des Maharadschas von Lahore arbeitete. Nach Aufenthalten in R o m (1844-46), Venedig (1845), Wien (1855) und Budapest ging er nach London und bereiste 1864-66 Nordamerika und Mexiko. S. starb mittellos und in geistiger Umnachtung. Zu seinen Werken zählen Sappho, Ansicht von Calcutta und Hof von Lahore. m ÖBL
Schöfmann,
Karl, österr. Musiker, Komponist, Musikpädagoge, * 9 . 3 . 1886 Wien, t 17. 10. 1945 Freistadt (Oberösterreich). Der Sohn eines Klarinettisten des Wiener Hofopernorchesters besuchte 1902-05 die Orgelschule der KirchenmusikLehranstalt des Wiener Cäcilien-Vereins, studierte 1906-12 am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde, 1924-26 an der Fachhochschule für Musik in Wien und war 1910-19 Domorganist an St. Stephan. S. wirkte daneben als Organist an zahlreichen anderen Wiener Kirchen, war 1919-44 Mitglied der Bundestheater und spielte in deren Orchestern am Burg- und am Akademietheater, an der Staatsoper Orgel, Klavier, Kontrabaß und Schlagzeug. Zeitweise unterrichtete er Gesang an Wiener Mittelschulen und lehrte Orgel, Klavier, Kontrabaß und Musiktheorie an verschiedenen Wiener Musiklehranstalten. S. komponierte Messen, geistliche Chorwerke, Lieder, Orgelwerke und Kammermusik. CD Ö B L
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Christian Ernst, Orgelbauer, * 14.11. 1756 Bad Ems, | 2 5 . 6 . 1 8 3 2 Bad E m s . S., Sohn von Johann Wilhelm —»S., erlernte den väterlichen Beruf und übernahm den Familienbetrieb nach Tod seines Vaters 1793. Er schuf Orgeln von Rang, so in den nassauischen Orten Braubach, Essershausen, Geisenheim, Marienrachdorf, Maxsain, N a s s a u / L a h n und Niedershausen, die zwischen 1808 und 1820 entstanden. S.s Orgelbauerwerkschaft wurde von Philipp Gottlieb —»Heil ü b e r n o m m e n . m Renkhoff
Schoeler,
Johann Wilhelm, Orgelbauer, * um 1723 Schemmerhausen (Bergisches Land), f 6. 11. 1793 Bad Ems. S., Sohn eines Gerichtsschöffen, wirkte seit etwa 1748 als Orgelbauer in Bad Ems. Zwischen 1752 und 1789 baute er Orgeln von hervorragender Qualität f ü r Kirchen des Westerwaldes, des Taunus sowie des rheinischen und pfälzischen Raumes. S. war der Vater von Christian Ernst —>S. m Renkhoff
S c h ö l l , Rudolf, Klassischer Philologe, * 1 . 9 . 1 8 4 4 Weimar, f 10.6. 1893 München. S., Sohn des Klassischen Philologen und Bibliothekars Adolf —>S., studierte seit 1862 in Göttingen vor allem bei Ernst - » C u r t i u s , seit 1864 in Bonn bei Otto —»Jahn Klassische Philologie, Germanistik und Geschichte. Nach der Promotion zum Dr. phil. 1865 an der Univ. B o n n unternahm er 1867-70 Forschungsreisen nach Italien und Griechenland
Schoeller und arbeitete u . a . bei Theodor —>Mommsen an der Erschließung von Inschriften und Handschriften mit. Nach der Habilitation für Klassische Philologie in Berlin 1871 wurde er 1873 o.Prof. in Greifswald, 1874 in Jena und 1875 in Straßburg. Seit 1885 war er als Nachfolger Konrad —> Bursians o. Prof. in München. Der Schwerpunkt seiner Forschungstätigkeit lag in der griechischen und römischen Rechtsgeschichte sowie in der Auswertung der auf seinen Forschungsreisen gesammelten Materialien zu griechischen Autoren. Er gab u . a . Bruchstücke des Zwölftafelgesetzes sowie die Novellen Justinians heraus ( C o r p u s iuris civilis. Novellae, 1895, " 1 9 9 3 ) . m NDB
Schoeller,
(Wilhelm) Alexander von, österr. Industrieller, * 12.6. 1805 Düren, t 11. 11.1886 Wien. Nach der Ausbildung im väterlichen Betrieb war S., Sohn eines Tuchfabrikanten und N e f f e von Leopold - > S . , in der Brünner Tuchfabrik der „Gebr. Schoeller" tätig. 1833 gründete er eine eigene Großhandlung, 1843 mit Hermann —> Krupp die Metallwarenfabrik in Berndorf, betätigte sich im Bankgeschäft und erwarb 1862 ein Walzwerk in Ternitz, das zu einem Bessemer-Stahlwerke ausgebaut wurde (seit 1924 Schoeller-Bleckmann). Daneben war er Vorsteher der evang. Gemeinde in Wien und Gründungsmitglied der Österreichischen Creditanstalt für Handel und Gewerbe. Seit 1868 gehörte S., der seine Neffen Philipp Wilhelm und Paul Eduard von —>S. zu Universalerben einsetzte, dem Herrenhaus des österr. Reichsrats an. CD Ö B L
Schoeller,
(Julius) Alexander, Bankier, * 2 4 . 3 . 1 8 5 2 Elberfeld (heute zu Wuppertal), t 22. 11.1911 Berlin. S., Sohn eines Besitzers einer Garnfärberei in Düren, wurde nach einer Lehre beim Elberfelder Bankhaus Arthur Blanck und Lehrjahren in Brüssel und London 1877 stellvertretender Direktor der Deutschen Bank Filiale Hamburg. 1880 trat er in die Leitung der „Preußischen Seehandlung". 1884 wurde er von Adolph von - » H a n s e m a n n in die Direktion der Disconto-Gesellschaft nach Berlin berufen und übernahm nach dessen Tod die Leitung des sog. Chefkabinetts der Disconto-Gesellschaft. S. löste die zentralisierte Organisation der Gesellschaft auf, baute die Beteiligung an Regionalbanken aus und trieb die Gründung von Filialen u . a . in London, F r a n k f u r t / M a i n und Bremen voran. m NDB
Schoeller,
Felix (Hermann Maria), Fabrikant, * 8 . 3 . 1 8 5 5 Düren, t 16.5. 1907 Osnabrück. Der Sohn eines Papierfabrikanten war zunächst in Papierfabriken in England, Sachsen und Mecklenburg tätig und investierte danach in die O f f e n e Handelsgesellschaft Zellstoffabrik Düren Hermann Maria Schoeller & Co. Nach dem Tod des Vaters schied er 1893 aus dem Unternehmen aus, blieb jedoch Gesellschafter. 1895 kaufte er die Papierfabrik C. S. Gruner & Sohn in Burg Gretsch bei Osnabrück. Unter dem Namen Felix Schoeller jr. führte die neue Firma 1896 die erste Papiermaschine ein und betrieb seit 1897 die ersten Produktionsversuche für Photorohkarton. Unter den späteren Erben von S. wurde die Felix Schoeller Gruppe im 20. Jh. zum Weltmarktführer bei der Produktion von Photopapieren. CD N D B
Schöller, Ferdinand (Franz Xaver) von, österr. Mediziner, Zoologe, * 2 6 . 5 . 1793 Hartberg (Steiermark), f 2 3 . 9 . 1854 Graz. Der Sohn Joseph von —»S.s studierte seit 1813 Medizin in Wien, wurde 1816 promoviert (De menstruo fluxu physiologico), war als substituierter Armenphysikus und seit 1818 auch als Gerichtsarzt in Graz tätig. 1818 erhielt er den neuerrichteten Lehrstuhl der Zoologie am Joanneum, den er bis 1825 innehatte, übernahm 1821 den Lehrstuhl für Spezielle Pathologie, Therapie und Medizinische Klinik und leitete
seit 1834 die Grazer Versorgungsanstalten. S. veröffentlichte u . a . Die innerlichen Krankheiten des Menschen (1839). CD Ö B L
Schoeller,
Heinrich August, Fabrikant, * 14. 12. 1788 Düren bei Jülich (Rheinland), t 2 6 . 5 . 1863 Krauthausen bei Düren. Der Sohn eines Tuchfabrikanten und Papiermachers und Vetter von Philipp —>S. erbte 1815 gemeinsam mit seinem Bruder Jakob L u d w i g und seiner Schwester Sara Gertrud die Papiermühle in Krauthausen bei Düren. 1824 verkauften die Geschwister ihre Anteile an S.; in der Folge firmierte das Werk unter d e m Namen Heinrich August Schoeller. 1841 f ü h r t e S. die maschinelle Papierfabrikation ein, 1847 stellte er die erste D a m p f m a s c h i n e auf. Seit 1854 wurde die Herstellung hochwertiger Feinpapiere mit Hilfe einer englischen Rollenleimmaschine möglich. Das Unternehmen wurde von S.s Erben weitergeführt. DP N D B
Schoeller,
Johann Christian, Maler, Zeichner, * 4. 12. 1782 Rappoltsweiler (Elsaß), t 10.11. 1851 Wien. Der Sohn eines Sattlers und späteren Ratsherrn arbeitete zunächst als Buchhalter in einem kaufmännischen Unternehmen in Augsburg, wandte sich dann der Malerei zu und studierte seit 1809 an der A k a d e m i e der bildenden Künste in München. Studienreisen führten ihn nach Zürich, Bern, Lausanne und Paris. Seit 1815 lebte S. in Wien, w o er Bildnisminiaturen von Adligen und wohlhabenden Künstlern schuf. Seit etwa 1826 lieferte er humorvoll-satirische, häufig auch zeitkritische Aquarelle und Zeichnungen f ü r Adolf - > B ä u e r les „Wiener Theaterzeitung" und dessen Serien, u. a. Theatralische Bilder-Gallerie. Nach seinem Ausscheiden aus der „Theaterzeitung" 1841 lebte S. von Gelegenheitsarbeiten. m ÖBL
Schöller,
(Franz) Joseph Edler von, österr. Mediziner, * 8 . 9 . 1 7 5 7 Windischgrätz (Steiermark, heute Slowenien), t 8 . 9 . 1 8 3 6 Graz. S., Sohn eines Syndikus, studierte Medizin in Wien, wurde 1784 promoviert und war dann als Arzt in Graz tätig. 1787 wurde er zunächst Distriktsphysikus in Irdning, dann Kreisphysikus in Hartberg und 1795 Physikus und Armenarzt in Graz. 1805-28 war S. Protomedikus für die Steiermark und Kärnten und hatte auch das Direktorat der medizinisch-chirurgischen Studien in Graz inne. 1813-18 war er zudem Leibarzt des damals in Graz ansässigen ehemaligen Königs von Holland, Louis Bonaparte. 1816 wurde S. nobilitiert. Er veröffentlichte u . a . Krankheitsconstitution in Steiermark während des Jahres 1817 (1828). S. war der Vater von Ferdinand von —»S. CD Ö B L
Schoeller,
Julius Victor, Geburtshelfer, * 14. 1. 1811 Düren, t 3 . 2 . 1883 Berlin. S., Sohn eines Tuch- und Papierfabrikanten, studierte seit 1830 Medizin in Bonn, Heidelberg und Berlin, wo er 1835 promoviert wurde (Dissertatio sistens duas morbi historias exquisitas, alteram uteri gravidi retroversi, alteram eclampsiae parturientium), und war anschließend Assistenzarzt an der Geburtshilflichen Klinik unter Dietrich Wilhelm Heinrich - » Busch in Berlin. Nach einer Studienreise durch Deutschland, Österreich, Italien und Frankreich ( 1 8 3 8 / 3 9 ) war er Sekundararzt an der Geburtshilflichen Klinik, habilitierte sich 1841 f ü r Geburtshilfe und übernahm 1852 einen Lehrauftrag für Zöglinge der militärärztlichen Bildungsanstalten an der Charite. Bis 1877 lehrte S., der zahlreiche geburtshilfliche Instrumente erfand, zudem als a. o. Prof. an der medizinisch-chirurgischen A k a d e m i e f ü r das Militär. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Die künstliche Frühgeburt, bewirkt durch den Tampon (1842).
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Schoeller Schoeller,
(Heinrich) Leopold, Unternehmer, * 10.6. 1792 Burg Schleiden (Rheinland), t 18. 12. 1884 Düren. S., Sohn eines Eisenproduzenten und späteren Tuchfabrikanten, wuchs seit 1800 in Düren auf, besuchte die Höhere Lehranstalt in Köln und trat 1807 in das väterliche Unternehmen ein. 1810 und 1812 bereiste er Frankreich, Belgien und die Niederlande und war 1 8 1 3 / 1 4 als Tuchhändler in Amsterdam tätig. 1815 gründete er mit einem Bruder die Firma Friedrich & Leopold Schöller. Seit 1837 gehörte er dem Verwaltungsrat der Rheinischen Eisenbahngesellschaft an. Nach der Trennung von seinem Bruder errichtete S. 1842 eine Tuchfabrik, 1854 eine Teppichfabrik in Düren und erwarb neben Grundbesitz auch eine Kammgarnfabrik und eine Zuckerfabrik in Schlesien. 1 8 4 7 / 4 8 war er Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses. 1856 wurde er zum Geheimen Kommerzienrat ernannt. S. war der Vater von Leopold—>S. • • Haunfelder, Preuß Abg
Schoeller,
Leopold, Unternehmer, * 8 . 1 . 1 8 3 0 Düren, t 31. 12.1896 Breslau. S., Sohn von Leopold —>S., studierte zwei Semester an der Univ. Bonn und trat neunzehnjährig in die väterliche Tuchfabrik in Düren ein. Nach Bildungs- und Geschäftsreisen durch Deutschland, Italien und Österreich übernahm er die Leitung der von seinem Vater gegründeten Teppichfabrik in Düren. 1867 wurde er mit der Verwaltung der väterlichen K a m m garnspinnerei in Breslau betraut. Zu einer Zuckerfabrik in Klettendorf, die der Familie Schoeller bereits gehörte, erwarb er die Zuckerfabriken zu Weltende bei Hirschberg und in Mühldorf, ferner eine Cellulosefabrik in Wartha sowie mehrere Rittergüter. 1881 gründete S. den Schlesischen Provinzialverleih für Fluß- und Kanalschiffahrt und engagierte sich für die Realisierung des Mittellandkanalprojekts. S. veröffentlichte u . a . Erörterungen über eine gesetzliche Regelung der Fürsorge für die von Unfällen betroffenen Arbeiter (1881) und Erörterung Uber die Gütertarife in Preußen (1890). m Leb Schlesien, Bd 1
Schoeller,
Sir Paul Eduard von, österr. Industrieller, * 15.6. 1853 Wien, t 2 . 1 1 . 1 9 2 0 Wien. Nach dem Studium am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich trat S., dessen Vater Mitinhaber der Großhandlung Schoeller & Co. war, 1874 in die F i r m a seines Onkels Alexander von —>S„ der ihn zusammen mit seinem Bruder Philipp Wilhelm von S. zum Universalerben einsetzte. Unter S.s Führung erreichte die Firma Schoeller & Co. ihre größte Ausdehnung und Bedeutung; neben Mühlenbetrieben, Zuckerfabriken und Brauereien war die Expansion auf dem Stahlsektor ein Schwerpunkt seiner Unternehmensstrategie. Er konzentrierte 1889 die Montanaktivitäten in Ternitz (Ternitzer Stahl- und Eisenwerke von Schoeller & Co.) und erwarb zusätzlich 1906 die fürstlich-schwarzenbergischen Hammer- und Walzwerke und Hochöfen in der Obersteiermark (1923 wurden sie endgültig eingestellt). Er betrieb die Hütteldorfer Brauerei, errichtete u . a . 1888 die Zellulosefabrik in Hirschwang und erwarb 1915 den Grünbacher Steinkohlenbergbau. 1895-1916 war S. Präsident der Börse für landwirtschaftliche Produkte, 1903-09 Präsident des Zentralverbands der Industriellen Österreichs und Mitbegründer des Technischen M u s e u m s für Industrie und Gewerbe. Als Kuratoriumsmitglied des Österreichischen M u seums für Kunst und Industrie sowie der Kaiser Franz Joseph I.-Jubiläumsstiftung für Volkswohnungen und Wohlfahrtseinrichtungen engagierte er sich auch auf künstlerischem und sozialen Gebiet. Seit 1902 war S. für die Verfassungspartei Mitglied des Herrenhauses. CD Ö B L
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Schöller,
Pauline, österr. Sängerin, * 10.3. 1862 Wien, t 16.8. 1941 München. S., Tochter eines K a u f m a n n s und begabten Violinisten, begann als Neunjährige ein Klavierstudium, wandte sich später dem Gesang zu und wurde bei Otto U f f m a n n in Wien ausgebildet. 1880 debütierte sie in Bad Ischl als Marguerite im Faust, wurde dann an die Wiener Hofoper engagiert und kam nach einer kurzen Tätigkeit am Nürnberger Stadttheater 1884 an die Hofoper in Dresden, der sie bis 1887 angehörte. Anschließend wurde sie Mitglied der Hofoper in München, sang 1 8 9 0 / 9 1 an der Metropolitan Opera in N e w York und war bis 1901 wieder Ensemblemitglied der Hofoper in München, wo sie nochmals 1 9 0 4 / 0 5 gastierte. Später wirkte sie als Pädagogin in M ü n c h e n . S. trat vor allem als Wagner-Interpretin hervor, zählte aber auch Partien wie die Aida, die Leonore und die C a r m e n zu ihrem Repertoire. OD Ö B L
Schöller,
Peter, Geograph, * 5. 12. 1923 Berlin, t 16.3. 1988 Münster. S., Sohn eines Ingenieurs, wurde 1942 zur Wehrmacht eingezogen und geriet bei Kriegsende in russische Gefangenschaft, aus der er im Herbst 1945 entlassen wurde. Er besuchte zunächst einen Lehrerausbildungskursus, unterrichtete in Potsdam seit 1946 Deutsch und Erdkunde und studierte zugleich an der Humboldt-Universität zu Berlin Geographie, Geschichte, Germanistik und Geologie. 1949 ging er zunächst nach Westberlin, setzte dann sein Studium in Bonn fort und wurde 1951 mit der Dissertation Die rheinisch-westfälische Grenze zwischen Ruhr und Ebbegebirge promoviert. Seit 1952 war S. im Provinzialinstitut für westfälische Landes- und Volkskunde in Münster tätig, zuletzt als dessen Direktor. 1964 wurde er Prof. der Kulturgeographie in B o c h u m . 1975-80 leitete er die Landesarbeitsgemeinschaft Nordrhein-Westfalen der A k a d e m i e für Raumforschung und Landesplanung. S. beschäftigte sich vor allem mit Fragen der allgemeinen Kulturgeographie, besonders mit Stadt-, politischer und historischer Geographie, sowie mit Ostasien und kulturgeographischer Landeskunde Deutschlands. Er veröffentlichte u. a. Neugliederung (1965), Die deutschen Städte (1967), Ostasien (1978, mit Heiner Dürr und Eckart Dege) und Städtepolitik, Stadtumbau und Stadterhaltung in der DDR (1986).
Schoeller,
Philipp (Wilhelm) Ritter von, Industrieller, * 2 0 . 2 . 1797 Düren bei Jülich (Rheinland), t 1 4 . 5 . 1 8 7 7 Brünn (Mähren). S., Sohn eines Tuchfabrikanten und Vetter von Heinrich August —>S., erwarb im väterlichen Betrieb und auf Reisen in Belgien, Frankreich und England Fachkenntnisse im Tuchhandel und übernahm 1823 die Leitung der ν 1820 von Verwandten gegründeten Gebrüder Schoeller k . k . priv. Feintuch- und Schafwollwarenfabrik in Brünn. S. war auch am Großhandelskaufhaus Schoeller & Co. in Wien und an Zuckerfabriken in Groß-Cakowitz und Wrdy beteiligt und leitete als Direktor die Wechselseitige Mährische Feuerversicherungsanstalt und die Brünn-Rossitzer Eisenbahn AG. 1863 erhielt S. den österr. Ritterorden. Seine Söhne führten das Unternehmen fort. 0 3 NDB
Schoeller,
Richard, österr. Industrieller, * 1 3 . 8 . 1 8 7 1 Groß-Cakowitz (Böhmen), t 2 2 . 6 . 1 9 5 0 Wien. Nach der Ausbildung an der Ackerbauschule in Halle arbeitete S., Enkel von Philipp Wilhelm —>S., in der böhmischmährischen Zuckerindustrie und übernahm 1900 als Mitinhaber des Bank- und Großhandelshauses Schoeller & Co. den industriellen Bereich und die Leitung des Stahlwerks Ternitz. Nach dem Tod Paul Eduard von - > S . s wurde er Chef des Firmenimperiums. t u ÖBL
Schöllkopf S c h ö l l e r , Theo, Unternehmer, * 18.6. 1917 Nürnberg, t 2 3 . 6 . 2 0 0 4 Nürnberg. S., Sohn eines Möbelfabrikanten, betrieb nach Abschluß der Nürnberger Städtischen Höheren Handelsschule zusammen mit seinem Bruder Karl eine Agentur für Kinowerbung. 1937 erwarben sie von der Münchner Speiseeisfabrik Josef Pankofer (Jopa) die Lizenz zur Herstellung und zum Vertrieb von Speiseeis und gründeten die Karl Schöller Jopa-Eiskremfabrik, die seit 1939 vor allem Tiefkühlkost für die Wehrmacht herstellte. Nach 1945 baute S. zusammen mit seinem Bruder in Nürnberg die Produktion von Speiseeis und Gefrierkonserven neu auf und wurde 1955 Alleininhaber des Unternehmens, das seit 1960 unter d e m N a m e n Schöller-Eiskrem firmierte. Seit den siebziger Jahren zunehmend international tätig, entwickelte sich das Unternehmen u . a . durch den Erwerb von Lizenzen, etwa der Firma „Mövenpick", und die Ü b e r n a h m e zahlreicher Eisspezialisten und Backwarenhersteller zu Beginn der neunziger Jahre zum zweitgrößten Speiseeishersteller in Europa. Die 1995 gegründete Schöller-Holding G m b H & Co. KG wurde 2001 durch den Schweizer Nestle-Konzern gekauft. m NDB S c h o e l l e r , Walter (Julius Viktor), Chemiker, * 17.11. 1880 Berlin, t 2 5 . 7 . 1965 Konstanz. S., Sohn eines Justizrats und Enkel von Julius Victor —»S., studierte C h e m i e an den Universitäten Bonn und Berlin, wurde 1906 promoviert (Über die Spaltung des Phenylalanin in seine optisch aktiven Komponenten mittels der Formylverbindung) und habilitierte sich 1914 an der Univ. Berlin. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg wurde er 1919 a. o. Prof. der Medizinischen C h e m i e an der Univ. Freiburg/Breisgau. 1923 trat S. als Leiter der wissenschaftliche Laboratorien in den Vorstand der Schering-Kahlbaum A G ein. Er war Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina (seit 1938), der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften und des Vorstandes der Deutschen Chemischen Gesellschaft. S. gehörte der N S D A P an und war mit Philipp —»Bouhler verschwägert. 1946-56 leitete er ein privates Forschungsinstitut f ü r Medizin und C h e m i e in Heiligenberg/Bodensee. S., der eng mit Adolf —>Butenandt zusammenarbeitete, befaßte sich vor allem mit H o r m o n f o r schung, der Arzneimittelsynthese und der Entwicklung von Diagnostica. m NDB S c h ö l l g e n , Werner, kath. Theologe, * 2 3 . 9 . 1893 Düsseldorf, t 9. 3. 1985 Bonn. S. studierte in Bonn, Köln, Freiburg/Breisgau und R o m und wurde 1927 zum Dr. phil. (Das Problem der Willensfreiheit bei Heinrich von Gent und Herveus Natalis) und 1931 zum Dr. theol. (Soziologie und Ethik des religiösen Ärgernisses) promoviert. 1932 habilitierte er sich für kath. Moraltheologie in Bonn, vertrat seit 1939 den Lehrstuhl für Moraltheologie an der dortigen Univ. und übernahm 1945 das Ordinariat. S. arbeitete an der philosophischen, soziologischen und medizinisch-biologischen Grundlegung der Moraltheologie. Er war ein bedeutender Theoretiker der „Grenzmoral". S. schrieb u . a . Soziologie und Ethik des religiösen Ärgernisses (1931), Christliche Tapferkeit in Krankheit und Tod (1940; seit 2 1940 unter dem Titel Arzt, Seelsorger und Kurpfuscher), Grenzmoral. Soziale Krisis und neuer Aufbau (1946), Die soziologischen Grundlagen der katholischen Sittenlehre (1953), Aktuelle Moralprobleme (1955) und Konkrete Ethik (1961). c n ISZ S c h o e l l h o r n , Fritz, schweizer. Brauereibesitzer, * 19. 10. 1863 Oberurbach (Württemberg), t 2 . 2 . 1933 Winterthur. S., der in Weihenstephan das Brauereiwesen erlernte, trat 1887 in das Brauereiunternehmen seines Vaters, Johann
Georg —>S., ein, und wurde 1888 zum Direktor der neu eingerichteten Aktiengesellschaft Vereinigter Schweizer Brauereien bestellt. 1904 wandelte er diese in die Aktiengesellschaft Brauerei Haldengut um, die sich zu einer der größten Brauereien in der Schweiz entwickelte. 1928 erhielt S. die Ehrendoktorwürde der Ε Τ Η Zürich; 1932 wurde er Ehrenmitglied des Schweizerischen Bierbrauervereins. S. trat auch publizistisch hervor und veröffentlichte u. a. Bausteine zu einer Familiengeschichte der Schelhorn, Schellhorn und Schöllhorn (1923) und Das schweizerische Braugewerbe, seine Krise infolge des Weltkriegs und ihre Überwindung (1929). Er war der Vater von Hans - ^ S . CD Schweizer Pioniere, Bd 57 S c h o e l l h o r n , Hans (Karl), schweizer. Maler, Illustrator, Lithograph, * 1 0 . 2 . 1 8 9 2 Winterthur, f 5 . 3 . 1 9 8 2 Winterthur. Der Sohn von Fritz —> S. besuchte die kunstgewerbliche Abteilung des Technikums in Winterthur, setzte seine Ausbildung 1912-14 bei Hermann —> Gröber in München, anschließend an den Ecoles des Beaux-Arts in Genf und Paris fort und arbeitete in Ateliers in Dresden und Leipzig. Seit 1916 hatte S. ein eigenes Atelier in Genf und lebte später abwechselnd dort und in Winterthur. Studienreisen führten ihn nach Spanien, Nordafrika und Korsika. S. schuf vorwiegend Illustrationen und Lithographien, u. a. eine M a p p e mit Lithographien von Paris. • • Brun S c h o e l l h o r n , Johann Georg, schweizer. Brauereibesitzer, * 23. 11. 1837 Oberurbach (Württemberg), t 2 2 . 1 . 1890 Winterthur. S., Sohn eines Kaufmanns, handelte u . a . mit Gerste und Malz, lernte 1873 den Besitzer der Brauerei Haldengut, Ferdinand - > Ernst, kennen und übernahm 1875 nach E m s t s Tod zusammen mit dessen Sohn die Leitung des Unternehmens. Nach dem Kauf zweier weiterer, anschließend in Brauerei Bavaria und Brasserie Tivoli umbenannter Brauereien gründete S., seit 1880 Bürger von Winterthur, 1888 die Aktiengesellschaft Vereinigter Schweizer Brauereien mit Haldengut in Winterthur, Bavaria in St. Gallen und Tivoli in Genf. Sein Sohn Fritz —> S. wurde Direktor der neuen A G ; S. selbst hatte das A m t des Vizepräsidenten im Verwaltungsrat inne. c n Schweizer Pioniere, Bd 57 S c h ö l l k o p f , Jakob (Friedrich), Unternehmer, * 1 5 . 1 1 . 1 8 1 9 K i r c h h e i m / T e c k , t 15.9. 1899 B u f f a l o (New York, USA). Nach einer Ausbildung zum Rotgerber 1834-39 im väterlichen Betrieb und einer kaufmännischen Lehre wanderte S. 1841 in die U S A aus, w o er zunächst in N e w York als Rotgerber arbeitete. 1844 gründete er in B u f f a l o ein Ledergeschäft, betätigte sich daneben im Getreidehandel und übernahm zahlreiche Direktorenposten im Eisenbahn- und Bankwesen. Bekannt wurde S. vor allem als Pionier der Elektrizität; 1877 kaufte er die Kraftausnutzungsrechte der Niagara-Fälle auf amerikanischer Seite und bot mit seiner Firma Niagara Falls Hydraulic P o w e r C o m p a n y Elektrizität an. Seine Söhne führten die Firma, die seit den achtziger Jahren unter dem N a m e n B u f f a l o Niagara and Eastern Power Co. firmierte, nach seinem Tod weiter. CD N D B S c h ö l l k o p f , Ulrich, Chemiker, * 1 1 . 1 0 . 1 9 2 7 Ebersbach/ Fils, t 6. 11.1998 Bovenden. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und der Rückkehr aus der Gefangenschaft studierte S. seit 1948 in Tübingen Chemie, gehörte seit 1953 zur Arbeitsgruppe von Georg —»Wittig und wurde 1956 promoviert (Über Triphenylphosphin-methylene als olefinbildende Reagenzien). Nach einem Aufenthalt an der Univ. Los Angeles (USA) habilitierte
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Schölly er sich 1961 in H e i d e l b e r g ( S t e r e o c h e m i e und Reaktionsmechanismus der intra-anionischen Atherisomerisation) und w i r k t e seit 1964 in G ö t t i n g e n , 1968-91 als O r d i n a r i u s f ü r Organische Chemie. CD J b G A W 2 0 0 0
Schölly,
Karl, schweizer. Schriftsteller, * 1 2 . 4 . 1902 St. Gallen, t 8 . 4 . 1987 St. Gallen. D e r K a u f m a n n s s o h n übte nach einer L e h r e in einer E i s e n w a r e n h a n d l u n g v e r s c h i e d e n e B e r u f e aus, b e v o r er von 1943 bis zu s e i n e m Tod als B e a m t e r der k a n t o n a l e n Verwaltung in St. Gallen tätig war. Seit s e i n e m 16. L e b e n s j a h r b e f a ß t e er sich mit —>Goethe. S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . 1938 den urs p r ü n g l i c h f ü r d a s G o e t h e - J a h r 1932 v o r g e s e h e n e n a u t o b i o g r a p h i s c h g e p r ä g t e n R o m a n Neuweimar ( 2 1 9 5 0 ) und 1941 den B r i e f r o m a n Der Bund von St. Martin. Beide Werke h a n d e l n von idealistisch g e s i n n t e n F r e u n d e s k r e i s e n , d i e v o m W i e d e r e r s t e h e n einer an G o e t h e s W e i m a r orientierten idealistischen Welt t r ä u m e n . M i t A u s n a h m e der limitierten A u s g a b e n Der ewige Wächter ( 1 9 4 6 ) und Stab und Stern ( 1 9 6 0 ) blieben S.s zahlreiche E r z ä h l u n g e n u n g e d r u c k t , CD Killy
Schölzig,
Amandus, Taufname: Ferdinand, Augustinerchorherr, d a n n Trappist, M i s s i o n a r , * 3 . 5 . 1 8 3 6 J a u e r n i g (Österr.-Schlesien), t 28. 1. 1900 P i e t e r m a r i t z b u r g (Prov. Natal, S ü d a f r i k a ) . S., S o h n eines B a u e r n , trat 1858 in das A u g u s t i n e r C h o r h e r r e n s t i f t K l o s t e r n e u b u r g (Niederösterreich) ein und e m p f i n g 1863 die P r i e s t e r w e i h e . 1 8 6 3 / 6 4 studierte er h ö h e r e E x e g e s e u n d s e m i t i s c h e D i a l e k t e in W i e n und w a r 1865-88 Prof. d e s N e u e n T e s t a m e n t s und d e r orientalischen S p r a c h e n an der t h e o l o g i s c h e n Hauslehranstalt d e s Stifts. 1888 verließ S. das Stift und trat im selben J a h r in das 1882 von F r a n z Pfanner gegründete Trappisten-Missionskloster Mariannhill ( S ü d a f r i k a ) ein, w o er 1891 d i e P r o f e ß ablegte. 1894 w u r d e S. zweiter A b t von M a r i a n n h i l l , f ü h r t e die M i s s i o n s m e t h o d e P f a n n e r s k o n s e q u e n t weiter und baute Mariannhill z u m g r ö ß t e n und e r f o l g r e i c h s t e n kath. M i s s i o n s z e n t r u m in S ü d a f r i k a aus. DP Ö B L
Schümann,
G e o r g Friedrich, K l a s s i s c h e r P h i l o l o g e , * 2 8 . 6 . 1793 Stralsund, f 2 5 . 3 . 1 8 7 9 G r e i f s w a l d . S. studierte seit 1809 K l a s s i s c h e P h i l o l o g i e in G r e i f s w a l d und Jena, w a r seit 1813 K o n r e k t o r in A n k l a m , seit 1814 a m G y m n a s i u m in G r e i f s w a l d und habilitierte sich hier 1820. 1823 w u r d e er Prof. der klassischen Literatur an der U n i v . G r e i f s w a l d , w o er seit 1844 zugleich als Erster Universitätsb i b l i o t h e k a r tätig war. Seit 1824 w a r S. k o r r e s p o n d i e r e n d e s Mitglied der P r e u ß i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n . E r schrieb u . a . Griechische Alterthümer (1855).
Schümann,
I g n a z F r a n z X a v e r , M e d i z i n e r , * 9 . 5 . 1807 Wetzlar, t 1 6 . 9 . 1 8 6 4 K ö l n . D a s M e d i z i n s t u d i u m in J e n a Schloß S., S o h n eines J u r a p r o f e s s o r s , 1832 mit der P r o m o t i o n a b (De tumore cranii recens natorum sanguineo), w a r Hilfsarzt bei d e r dortigen L a n d e s heilanstalt und habilitierte sich 1835. E r hielt Vorlesungen über A r z n e i m i t t e l l e h r e , R e z e p t i e r k u n s t und gerichtliche M e dizin, w u r d e 1837 a. o . P r o f . und hielt nach einer w i s s e n s c h a f t l i c h e n R e i s e d u r c h S ü d d e u t s c h l a n d u n d Österreich seit 1838 Vorlesungen ü b e r C h i r u r g i e und Verbandlehre, später auch ü b e r O p h t h a l m o l o g i e . 1838 w u r d e S. Stadt- und A r m e n p h y s i k u s in Jena, 1846 o. H o n o r a r p r o f e s s o r und 1858 Direktor der J e n a e r Irrenanstalt und Psychiatrischen Klinik. 1857 w u r d e S. in die D e u t s c h e A k a d e m i e der N a t u r f o r s c h e r L e o p o l d i n a a u f g e n o m m e n . E r v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Commentatio de lithotomia Celsiana critico-chirurgia (1841), Das Malum coxae senile ( 1 8 5 1 ) und Lehrbuch der allgemeinen und speciellen Arzneimittellehre (1854, 862). CD Kreuter
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Schön, E r h a r d , Maler, Z e i c h n e r , * nicht vor 1491 N ü r n b e r g , t z w i s c h e n 6. 10. und 16. 12. 1542 N ü r n b e r g . S., S o h n eines M a l e r s , w a r längere Zeit unter H a n s —»Springinklee tätig und schuf 1532 im A u f t r a g des Kardinals —»Bernhard von C l e s in Trient e i n e B r u n n e n v i s i e r u n g f ü r P a n k r a z —>Labenwolf. S. w a r in erster L i n i e Z e i c h n e r f ü r H o l z s c h n i t t e und e n t w a r f ü b e r 1200 Z e i c h n u n g e n , die als E n t w ü r f e f ü r H o l z s c h n i t t e vor a l l e m in Buchillustrationen V e r w e n d u n g f a n d e n . CD N D B S c h o e n , E r n s t (Fritz Erich), R u n d f u n k p i o n i e r , M u s i k schriftsteller, * 1 4 . 4 . 1894 C h a r l o t t e n b u r g (heute zu Berlin), t 10. 12. 1960 Berlin. S. erhielt Unterricht in Klavier bei F e r r u c c i o - » B u s o n i und in K o m p o s i t i o n s l e h r e bei E d g a r Varese, studierte 1911-14 P h i l o s o p h i e , K u n s t g e s c h i c h t e u n d G e s c h i c h t e in Berlin, M a r burg und B e r n , w u r d e B i b l i o t h e k s a s s i s t e n t in Berlin und w a r im Ersten Weltkrieg D o l m e t s c h e r in G e f a n g e n e n l a g e r n . Nach Kriegsende Redakteur des Wolffschen Telegraphenbureaus, w u r d e er 1924 Erster künstlerischer Assistent bei der S ü d w e s t d e u t s c h e n R u n d f u n k A G u n d 1929 v e r a n t w o r t l i c h e r P r o g r a m m l e i t e r . S. förderte d i e z e i t g e n ö s s i s c h e M u s i k , erp r o b t e n e u e F o r m e n der Z u s a m m e n a r b e i t z w i s c h e n H ö r f u n k und M u s i k t h e a t e r und schrieb selbst zwei R u n d f u n k k a n t a t e n (Die kleine Tagesserenade, 1930; Der Tag des Herrn Karl, 1932). E r g e w a n n Bertolt —> Brecht, T h e o d o r W . —> A d o r n o und Walter —> B e n j a m i n f ü r d i e Mitarbeit a m F r a n k f u r t e r Sender. 1933 m e h r f a c h verhaftet, e m i g r i e r t e S. im selben J a h r nach L o n d o n , g r ü n d e t e 19.36 „ T h e O p e r a G r o u p " zur Pflege der K a m m e r - und S p i e l o p e r und w a r 1940-52 Übersetzer in der d e u t s c h e n A b t e i l u n g der B B C . N a c h Berlin z u r ü c k g e k e h r t , arbeitete er als Ü b e r s e t z e r und L e k t o r f ü r v e r s c h i e d e n e Verlage und w a r bis 1957 A r c h i v a r a m D e u t schen T h e a t e r .
Schön,
Friedrich, T h e o l o g e , * z w i s c h e n 1395 und 1400 Nürnberg, t 12.10.1464 Nürnberg. S. studierte seit 1415 in W i e n an der A r t i s t e n f a k u l t ä t , nach s e i n e m M a g i s t e r e x a m e n v e r m u t l i c h a u c h T h e o l o g i e , und hielt dort 1421-26 Vorlesungen, u . a . ü b e r die S c h r i f t e n des Aristoteles. 1426 setzte er das S t u d i u m an der U n i v . Erf u r t fort, w u r d e 1431 z u m Lie. theol. u n d Dr. theol. p r o m o viert und ü b e r n a h m nach 1440 e i n e m i t einer P f r ü n d e a m E r f u r t e r M a r i e n s t i f t v e r b u n d e n e P r o f e s s u r an der T h e o l o g i schen Fakultät. 1441 ν w a r er R e k t o r d e r Universität. N a c h N i e d e r l e g u n g der P r o f e s s u r 1457 kehrte S. n a c h N ü r n b e r g z u r ü c k und leitete seit 1464 das B e n e f i z i u m a m M a r i e n a l tar der D o m i n i k a n e r i n n e n k i r c h e St. Katharina. Von seinen S c h r i f t e n h a b e n sich K o m m e n t a r e zu den P a u l u s b r i e f e n sow i e m e h r e r e t h e o l o g i s c h e A b h a n d l u n g e n erhalten. D i e Titel seiner u m f a n g r e i c h e n B ü c h e r s a m m l u n g weisen auf S.s N ä h e z u m N o m i n a l i s m u s hin. Teile dieser S a m m l u n g erhielt die B i b l i o t h e k des E r f u r t e r C o l l e g i u m m a i u s n a c h s e i n e m Tod als G e s c h e n k . CD N D B S c h ö n , Friedrich, eigentl. P h i l i p p (Fülöp), österr. Architekt, * 26. 8. 1857 L o v a s b e r e n y ( K o m i t a t F e j e r , U n g a r n ) , t v o r d e m 8 . 5 . 1945. S. studierte 1 8 7 8 - 8 0 als a u ß e r o r d e n t l i c h e r H ö r e r an der B a u s c h u l e der T H W i e n s o w i e an d e r T H B u d a p e s t , b e s u c h t e 1880-83 d i e A k a d e m i e der bildenden K ü n s t e in Wien und arbeitete 1 8 8 3 / 8 4 unter d e m Architekten N i k o l a u s von Ybl in B u d a p e s t . 1885 ließ er sich als selbständiger A r c h i t e k t in W i e n nieder, b a u t e W a r e n h ä u s e r u n d F a b r i k g e b ä u d e und spezialisierte sich n a c h d e m Ersten Weltkrieg auf den B a u von k o m m u n a l e n W o h n h a u s a n l a g e n in W i e n . Studienreisen f ü h r t e n ihn u. a. nach Italien, Frankreich, G r o ß b r i t a n n i e n und D e u t s c h l a n d . Seit 1893 war S. M i t g l i e d d e s W i e n e r K ü n s t lerhauses. Er zählte zu den b e d e u t e n d s t e n W i e n e r IndustrieA r c h i t e k t e n des a u s g e h e n d e n 19. J a h r h u n d e r t s . CD Ö B L
Schoen Schön,
Heinrich, Baumeister, t 2 1 . 7 . 1 6 4 0 München. S. war seit 1591 für den M ü n c h n e r Hof tätig, wirkte an der Ausstattung der Michaelskirche mit und arbeitete häufig für den Münchner Magistrat. 1608-20 war er neben Hanns —> Reiffenstuel Hofbauamtsverwalter, leitete 1610 den Neubau der Westfassade der M ü n c h n e r Residenz und arbeitete nach Skizzen Peter —»Candids die Werkpläne für den Bau des Kaiserhofes der Residenz aus. 1615 erbaute S. den Hofgartentempel in München. Später war er auch Festungsbaumeister in Ingolstadt. S c h o e n , Heinrich August, Chirurg, Militärarzt, * 17.3. 1774 Dresden, t 16.1. 1828 Dresden. Der aus ärmlichen Verhältnissen stammende S. durchlief seit 1786 eine Ausbildung bei einem Wundarzt in Waldheim, nahm an den Rheinfeldzügen teil und war 1793-95 Unterchirurg in den Feldspitälern. Seit 1796 Kompaniechirurg, studierte er seit 1800 am medizinisch-chirurgischen Kolleg in Dresden, seit 1801 in Jena, wurde 1804 in Wittenberg zum Dr. med. promoviert {De hydrope) und war seit 1805 als Feldmedikus tätig. Seit 1809 Stabsmedikus, machte er in den folgenden Jahren die Feldzüge gegen Österreich, Rußland und Frankreich mit, praktizierte seit 1818 in Dresden und wurde 1819 Mitglied der Medizinal-Direktion der Armee. 1825 wurde S. zum kgl. sächsischen Generalstabsmedikus ernannt. CD Arzte 1
und veröffentlichte Teile der Bibel auf Hausa (1857-59), eine Hausa-Grammatik ( G r a m m a r of the Hausa language, 1862) sowie ein umfangreiches Hausa-Wörterbuch (Dictionary of the Hausa language, 1876). S. gilt als Begründer der Hausaistik. DD A D B
Schön,
Johann, kath. Theologe, Mathematiker, Meteorologe, * 2 2 . 6 . 1 7 7 1 auf der Salzburg bei N e u s t a d t / S a a l e , t 18.4. 1839 Würzburg. Nach dem Studium in Würzburg, das er 1791 mit der Promotion abschloß (Theses selectae ex philosophia universa), studierte S., Sohn eines Bauern, Theologie und trat in das Würzburger Geistliche Seminar ein. 1795 empfing er die Priesterweihe, war als Kaplan in Arnstein tätig und lehrte seit 1797 als o . P r o f . der Philosophie in Würzburg. 1802 wurde S. Mitglied des Senats, erhielt 1804 zudem eine a. o. Professur f ü r Mathematik und unterrichtete mehrere Jahre Mathematik und Physik am Würzburger Gymnasium. 1809-39 wirkte er ausschließlich als Ordinarius f ü r Mathematik in Würzburg. S. verfaßte weit verbreitete mathematische Lehrbücher (u. a. Die Buchstabenrechnung und niedere Algebra, 1806, 2 1825; Lehrbuch der reinen niedern Geometrie in Verbindung mit der Anleitung zur Feldmeßkunst, 1808), führte als einer der ersten die Kettenbrüche ein und unternahm auch meteorologische Forschungen (u. a. Die Witterungskunde in ihrer Grundlage, 1818). DD Leb Franken, Bd 3
Schön,
Helmut, Fußballspieler und -trainer, * 15.9. 1915 Dresden, t 2 3 . 2 . 1996 Wiesbaden. Der Sohn eines Kunsthändlers machte seit 1935 eine Banklehre und arbeitete danach in der pharmazeutischen Fabrik von Dr. Madaus. Mit d e m Fußballverein Dresdner SC 1898 wurde S. 1940 und 1941 Pokalsieger, 1943 und 1944 Deutscher Meister. 1937-41 spielte er in der deutschen Nationalmannschaft (16 Länderspiele). Nach dem Zweiten Weltkrieg bei der S G Dresden-Friedrichstadt unter Vertrag, ging er nach dessen Auflösung 1950 nach WestBerlin und beendete 1951 seine aktive Laufbahn. S. besuchte die Sporthochschule in Köln und wurde 1952 Trainer des saarländischen Fußballverbandes, 1956 Jugendtrainer des Deutschen Fußballbundes (DFB) und 1964 Nachfolger Josef —»Herbergers als Bundestrainer. Unter S. wurde die Nationalmannschaft der Bundesrepublik Deutschland 1966 Zweiter, 1970 Dritter der Fußball Weltmeisterschaft, 1972 Europameister und 1974 Weltmeister. Nach d e m frühzeitigen Scheitern bei der Weltmeisterschaft 1978 trat S. zurück. Er veröffentlichte Immer am Ball (1970) und Fußball (1978). m
NDB
Schön, Horst, Diplomat, * 2 2 . 9 . 1931, t 11.6. 1986 Berlin (Ost). Zunächst Bergmann, studierte S. 1951-55 Rechtswissenschaften in Jena. 1955 trat er in den diplomatischen Dienst der DDR, arbeitete in der Rechtsabteilung im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten und war 1964-70 Botschaftsrat in Polen. 1 9 7 2 / 7 3 war S. amtierender Leiter der Abteilung Benachbarte Länder, 1973-77 Leiter der Abteilung Südosteuropa im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, 1978-81 Botschafter in Angola, 1983-85 stellvertretender Leiter der Abteilung Benachbarte Länder und 1986 Leiter der Abteilung Kulturelle Auslandsbeziehungen. Schön, Jacob Friedrich, auch James Frederick S., Missionar, Sprachwissenschaftler, * 28. 12. 1803 Oberweiler (heute zu Badenweiler), t 3 0 . 3 . 1 8 8 9 Chatham (Großbritannien). S. war Missionszögling in Basel und Islington (heute zu London), stand 1833-39 und 1843-47 im Dienst der Church Missionary Society in Sierra Leone und wurde 1848 Chaplain im Melvillehospital in Chatham. Während seines Aufenthalts in Afrika widmete er sich Sprachstudien, vor allem dem Hausa,
S c h ö n , Johann, Pseud. Heinrich Seelen, Staatswissenschaftler, Schriftsteller, * 26. 11. 1802 Langendorf (Mähren), t 13.3. 1839 Breslau. S., Sohn eines Erbrichters, studierte Rechtswissenschaften in Wien, Breslau und Königsberg, wurde 1828 in Königsberg zum Dr. jur., 1829 in Breslau zum Dr. phil. promoviert ( N o v a e quaedam in rem numariam antiquae Rossiae observationes) und habilitierte sich dort im selben Jahr f ü r Staatswissenschaften (Oeconomia politica juri publico et private concors). Seit 1831 lehrte er als a. o., seit 1836 als o . P r o f . der Staatswissenschaften in Breslau. 1831 erschien sein Werk Die Staatswissenschaft geschichtlichphilosophisch begründet ( 2 1840). 1825-32 arbeitete S. an verschiedenen Taschenbüchern ( u . a . „Fortuna", „Taschenbuch für die Geschichte Mährens und Schlesiens") mit, in denen er Lieder und historische Balladen veröffentlichte. Zeitweise war er auch Chefredakteur der „Schlesischen Zeitung". DP Ö B L S c h o e n , Johann Georg von, auch Schön, österr. Bauingenieur, Architekt, * 7 . 9 . 1838 Venedig, t 11.7. 1914 Wien. S., Sohn eines Ingenieurs, studierte 1856-61 an der technischen Abteilung des Polytechnischen Instituts in Wien, 1860-63 Architektur an der dortigen A k a d e m i e der bildenden Künste und erlernte das Maurerhandwerk. Seit 1861 war er Assistent am Lehrstuhl für Straßen- und Wasserbau, vertrat 1863-66 diese Fächer und trat 1868 als Ingenieur in den Dienst der k. k. privaten Südbahngesellschaft, dessen Trassierungsbüro der ottomanischen Eisenbahn er seit 1869 vorstand. Seit 1871 war S. o . P r o f . des Wasser-, Straßenund Eisenbahnbaus am Technischen Institut in Brünn und 1882-1909 o . P r o f . des Wasser- und Straßenbaus an der T H Wien. 1883-1911 hielt er daneben Vorlesungen an der Hochschule f ü r Bodenkultur, seit 1896 als Honorardozent für allgemeinen Wasserbau. S. veröffentlichte u. a. Der Tunnelbau (1866, 2., verm Aufl. 1874). DP Ö B L S c h o e n , Johann Matthias Albrecht, Mediziner, * 2 9 . 8 . 1800 Hamburg, t 7 . 4 . 1870 Stuttgart. S. studierte seit 1819 Medizin in Halle und Berlin, wurde 1823 in Halle promoviert (De nonnullarum arteriarum ortu et decursu abnormi) und kehrte dann als praktischer Arzt
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Schön nach Hamburg zurück. Hier war er später als Gehilfsarzt am Allgemeinen Krankenhaus, später als Arzt beim Bürgermilitär tätig und wirkte bis 1869 als Arzt des Gast- und Krankenhauses. S. veröffentlichte u . a . Handbuch der pathologischen Anatomie des menschlichen Auges (1828), Erinnerungen (1837), Nosologisch-therapeutische Darstellung gonorrhoischen Augenentzündung (1837) und Beiträge zur praktischen Augenheilkunde (1861). CD Arzte 1 S c h ö n , Josef, österr. Stempelschneider, Medailleur, * 15.8. 1809 Wien, t 5 . 3 . 1843 Wien. S., Sohn eines Zimmerpoliers, besuchte 1822-30 die Graveurschule, die Bildhauerei- und die Landschaftsschule der Wiener A k a d e m i e der bildenden Künste und wurde 1832 Praktikant bei der hauptmünzamtlichen Graveurie. Er schuf Wachsbossierungen und Medaillen, u. a. ein Porträt —»Schillers in Wachs (1832), Stahlschnitte der Kaiser —»Joseph II. und —»Franz II. (1834) sowie eine Medaille mit der Schauspielerin Sophie —»Schröder. DP Ö B L S c h ö n , Karl, österr. Musikkritiker, Musikpädagoge, Komponist, * 24. 10.1855 Bielitz (Österr.-Schlesien), t 2 9 . 5 . 1929 Wien. Nach dem Studium der Klassischen Philologie und Musikgeschichte 1874-78 erteilte S., Sohn eines Wund- und Geburtsarztes, zunächst Klavierunterricht in Wien, war dann als Korrepetitor tätig und trat zeitweise auch als Dirigent (u.a. an der Wiener Singakademie) in Erscheinung. Er war als Musikkritiker tätig, arbeitete an der „Deutschen Zeitung", der „Musikalischen R u n d s c h a u " und der Kunstzeitung „Die Lyra" mit und komponierte Chöre und Lieder. DP Ö B L
Schön,
Lorenz, österr. Maler, Radierer, Lithograph, * 8 . 9 . 1817 Pest (heute zu Budapest), t 8 . 9 . 1 8 8 9 Wien. Der Sohn eines Tischlers besuchte 1838-42 die Akademie der bildenden Künste in Wien und leitete dann eine Professionisten-Zeichenschule f ü r Graveure und Goldarbeiter. 1847-50 beteiligte sich S. an den Ausstellungen der Akademie bei St. Anna; er zeigte u. a. die Gemälde Waldgegend, Landschaft bei Abendbeleuchtung und Am Plattensee. Seit 1861 war er Mitglied des Wiener Künstlerhauses. m ÖBL
Schön,
Michael, Physiker, * 18.3. 1903 Wiesbaden, t 2 4 . 9 . 1960 München. S. studierte seit 1925 Theologie in Fulda, Innsbruck und Rom, dann Physik in München und wurde 1929 promoviert ( U b e r Totalreflexion langwelliger Röntgenstrahlung). Anschließend war er Assistent am dortigen Physikalischen Institut, 1931 / 32 an der Univ. F r a n k f u r t / M a i n und 1 9 3 4 / 3 5 an der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin. Seit 1947 Privatdozent in Heidelberg, wurde er hier 1951 apl. Prof. und leitete 1946-54 die Forschungsstelle Mosbach der Osram G m b H . Seit 1955 lehrte S. als apl. Prof. an der T H München. Er veröffentlichte u . a . Biophysik (hrsg. mit Boris Rajewsky, 2 Bde., 1948/49). S c h o e n , Paul (Otto), Jurist, * 16.5. 1867 Königsberg (Preußen), f 2 1 . 9 . 1941 Göttingen. S., Sohn eines Bezirksfeldwebels und späteren Regierungskanzleiinspektors, studierte seit 1886 Rechtswissenschaften und Nationalökonomie in Königsberg und Leipzig, wurde 1889 in Königsberg promoviert (Vergleichende Darstellung der Rechtsverhältnisse der Kommandit-Gesellschaft und der stillen Gesellschaft nach dem Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch), war dort Regierungsreferendar und Assessor und habilitierte sich 1894. 1896 wurde er a. o. Prof. in Jena und 1900 o . P r o f . für Staats-, Verwaltungs-, Kirchenund Völkerrecht in Göttingen. S. veröffentlichte u . a . Das Recht der Kommunalverbände in Preußen (1897), Das evan-
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gelische Kirchenrecht in Preußen (2 Bde., 1903-10, Neudr. 1967) und Das neue Verfassungsrecht der evangelischen Landeskirchen in Preußen (1929). CD N D B S c h o e n , Rudolf, Internist, * 31. 1. 1892 Kaiserslautern, t 11.3. 1979 Göttingen. S. studierte Medizin in München, Straßburg und Heidelberg, wurde 1920 promoviert (Lymphosarkomatose mit Beteiligung der Brüste bei einem Gynäkomasten) und habilitierte sich 1925 in Würzburg f ü r Innere Medizin (Experimentelle Untersuchungen über Meteorismus). Seit 1929 apl. Prof. in Leipzig, wurde er 1931 Ordinarius und Direktor der dortigen medizinischen Universitäts-Poliklinik und ging 1939 in gleicher Stellung nach Göttingen. 1959 erfolgte die Wahl in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. S. veröffentlichte u. a. Klinische Pathologie der Blutkrankheiten (1950, mit Walter Tischendorf), Die Ernährung. Physiologie, Pathologie, Therapie (mit Konrad —»Lang, 1952, span. 1957), Experiment und Erfahrung als Grundlagen der Therapie (Rektoratsrede 1959), Biochemische Befunde in der Differentialdiagnose innerer Krankheiten (mit Heinrich Südhof, 1960, 3 1975, italien. 1962, engl. 1963) und Klinik der rheumatischen Erkrankungen (hrsg. mit Albert Böni und Klaus Miehlke, 1970).
Schön,
(Heinrich) Theodor von, Staatsmann, * 2 0 . 1 . 1 7 7 3 Schreitlaugken (Preuß.-Litauen), t 2 3 . 7 . 1 8 5 6 Arnau bei Königsberg (Preußen). S., Sohn eines 1792 nobilitierten Amtsrats und Domänenpächters, studierte seit 1788 in Königsberg Rechts- und Staatswissenschaften, unter —»Kant Philosophie und trat 1793 in den preuß. Staatsdienst ein. Nach dem Assessorexamen 1796 bereiste er Sachsen und Schlesien sowie England und Schottland und wurde 1799 Kriegs- und Domänenrat in Bialystok und 1802 Geheimer Finanzrat im Generaldirektorium in Berlin. 1806 begleitete er König —> Friedrich Wilhelm III. nach Königsberg, w o er als Geheimer Staatsrat Abteilungsdirektor im Ministerium und wichtigster Mitarbeiter des Freiherrn vom —»Stein wurde. Seit Juli 1807 war S. Mitglied der Immediat-Kommission, welche die innere Verwaltung Preußens leitete. S.s Gutachten über die A u f h e b u n g der Erbuntertänigkeit bildete die Grundlage für das Oktoberedikt 1807; auch Steins Politisches Testament beruht auf einem Entwurf S.s. Nach Steins Entlassung wurde S. in dem neugebildeten Ministerium Leiter des staatswirtschaftlichen Departements, aber bald Regierungspräsident in Gumbinnen. Als 1813 die Erhebung Preußens gegen Napoleon begann, trug S. dazu bei, daß die ostpreußischen Stände eine Landwehr aufstellten, die vorbildlich f ü r ganz Preußen wurde, und war nach dem A b z u g der Franzosen für kurze Zeit Zivil-Gouverneur von Preußen, dann preuß. Vertreter im deutschen Zentralverwaltungsrat in Dresden. Im September 1813 kehrte er nach Gumbinnen zurück und wurde 1816 Oberpräsident von Westpreußen in Danzig, 1824 der Vereinigten Preußischen Provinz in Königsberg; bei den seit 1824 einberufenen Provinziallandtagen übte er das A m t des Kgl. Kommissars aus. Nach dem Regierungsantritt —»Friedrich Wilhelms IV. 1840 wurde S. mit dem Titel eines Staatsministers ausgezeichnet. In einer aufsehenerregenden Denkschrift mit d e m Titel Woher und Wohin? trat er für die Repräsentatividee ein und forderte die Berufung von „Generalständen*'. 1842 wurde S., Gegner der Restauration und Vorkämpfer einer gemäßigten preuß. Verfassung, als Oberpräsident entlassen. Z u m Burggrafen von Marienburg ernannt, lebte er seitdem auf seinem Gut Arnau. 1848 eröffnete er als Alterspräsident die Preußische Verfassunggebende Versammlung. S.s Sohn gab Aus den Papieren des Ministers und Burggrafen von Marienburg Theodor von Schön (6 Bde., 1875-88) heraus. Ergänzungen dazu
Schönaich-Carolath bilden: Studienreisen eines jungen Staatswirths in Deutschland (1879), Weitere Beiträge und Nachträge zu den Papieren des Ministers von Schön (1881) und Studienreisen eines jungen Staatsmannes in England (1891). 2005 erschien der Briefwechsel zwischen S. und seiner zweiten Frau Amalie aus dem Befreiungskrieg (1813) unter dem Titel „Sehnlich erwarte ich die morgende Post" (hrsg. von Gustava Alice Klausa). m NDB Schoen, Wilhelm, Ophthalmologe, * 29.3.1848 Minden, t 29.4. 1917 Leipzig. S. studierte Medizin in Bonn, Zürich, Prag und Berlin, wurde 1870 promoviert (Ueber Verkümmerung des Zwischenkiefers mit gleichzeitiger Missbildung des Gehirns) und war mehrere Jahre Assistent an der Augenklinik in Zürich. 1874 habilitierte er sich in Leipzig für Augenheilkunde und lehrte hier seit 1896 als a. o. Professor. S. veröffentlichte u. a. Beiträge zur Dioptrik des Auges (1884), Die Lehre vom Gesichtsfelde und seinen Anomalien (1874), Die geschichtliche Entwicklung unserer Kenntnisse der Starkrankheit (1897), Die Functionskrankheiten des Auges (1893, 2 1895) und Das Schielen (1903). Schoen, Wilhelm (Eduard) Frh. von, Diplomat, * 3.6. 1851 Worms, t 24.4. 1933 Berchtesgaden. Zunächst Offizier, wählte der Sohn eines Fabrikanten die diplomatische Laufbahn, wurde 1896 Oberhofmarschall des Herzogs von Sachsen-Coburg-Gotha, des Sohnes der Königin Viktoria von England, und war nach dessen Tod wieder im Dienst des Auswärtigen Amtes tätig. S. wurde preuß. Botschaftsrat in Paris, 1900 Gesandter in Kopenhagen, 1906 Botschafter in St. Petersburg, 1907 Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, 1910 Botschafter in Paris (bis 1914). 1909 wurde S. in den Freiherrenstand erhoben. 1921 erschienen seine Erinnerungen Erlebtes. Beiträge zur Geschichte der neuesten Zeit. Er war der Vater von Wilhelm Albrecht von —>S. Schoen, Wilhelm Albrecht Frh. von, Diplomat, * 29.8. 1886 Den Haag (Niederlande), t 12.4.1960 Großschwaig bei Miesbach. Der Sohn Wilhelm von —¥ S.s studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg, Berlin, München und Straßburg, wurde 1908 in WUrzburg promoviert, trat in den preuß. diplomatischen Dienst ein. Seit 1910 beim Generalkonsulat in Antwerpen und der Gesandtschaft in Brüssel tätig, kam er 1911 an die Botschaft in Paris und war seit 1913 Legationssekretär in Tokio, Washington und Mexiko. 1921 wurde S. Gesandtschaftsrat in Rom, 1925 in Peking, ging 1928 nach Tokio und war 1929-32 Leiter der ostasiatischen Abteilung im Auswärtigen Amt in Berlin. 1932 wurde er Gesandter in Addis Abeba, 1935 in Santiago, wo er 1936-43 als Botschafter fungierte. 1944 war S. wieder im Auswärtigen Amt in Berlin tätig. S c h ö n a c h , Alois, österr. Orgelbauer, * 12.7.1811 Flirsch (Tirol), t 30. 10.1899 Meran. Der Bauernsohn erlernte das Tischlerhandwerk, war als Orgelbauer- und Instrumentenmachergeselle in Linz, Wels, Troppau, Pest, Graz, Wien und Innsbruck tätig und gründete 1842 eine eigene Werkstatt in Meran. Stilistisch der klassizistisch gefärbten Barocktradition des österr. Orgelbaus verpflichtet, erbaute S. u.a. die Orgeln in St. Valentin an der Haid (1846), Schlins (1858) und Hittisau (1868). m ÖBL Schönaich, Christoph Otto Frh. von, Schriftsteller, * 11.6. 1725 Arntitz bei Guben (Niederlausitz), t 15. 11. 1807 Arntitz. S., der sich vorwiegend autodidaktisch bildete, war 1745-47 Hauptmann in sächsischen Diensten und lebte danach vorwiegend auf dem Familiengut Arntitz. Beeinflußt von der
Literaturtheorie Johann Christoph —»Gottscheds, schrieb er Epen (Hermann oder das befreite Deutschland, 1751; Heinrich der Vogler, 1757) und Trauerspiele. 1752 wurde er in Leipzig von Gottsched zum Dichter gekrönt. Bekannt wurde S. vor allem durch seine Auseinandersetzungen mit Friedrich Gottlieb —> Klopstock und —> Lessing, die er in der Schrift Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch (1754, Neudr. 1900 und 1968) im Sinne der Gottschedschen Poetologie attackierte. CD BBHS Schönaich, Franz (Xaver) Frh. von, österr. Militär, Politiker, * 27.2. 1844 Wien, f 26. 1.1916 Wien. S., Stiefsohn eines erzherzoglichen Leibarztes, wurde nach einer militärischen Ausbildung 1876 Major. An den Feldzügen 1864 und 1866 war er als Truppenoffizier beteiligt; 1887-95 war er persönlicher Vertrauter von Erzherzog —> Albrecht von Österreich. Seit 1899 Sektionschef im k. u. k. Reichskriegsministerium, wurde er 1905 österr. Minister für Landesverteidigung und war 1906-11 Reichskriegsminister. Nach der Versetzung in den Ruhestand widmete sich S. sozialen Aufgaben. Od NDB Schönaich, Gustav, österr. Journalist, Beamter, * 24.11. 1840 Wien, t 8.4. 1906 Wien. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften 1859-63 in Wien und einigen Jahren Gerichtspraxis trat S., Sohn eines Generalienreferenten der Studienhofkommission, 1869 in die Österreichische Boden-Creditanstalt ein und wurde 1873 Beamter. Früh fand er Zugang zum Wiener Musikleben, war mit Richard —> Wagner, Peter —> Cornelius und Felix —>Mottl befreundet und zählte zu den Förderern von Hugo —»Wolf. S. war Musikkritiker der „Österreichischen Constitutionellen Zeitung", der „Debatte" und der „Österreichischen Revue". Er schrieb außerdem Kritiken, Rezensionen und Feuilletons über zahlreiche kulturelle Ereignisse für das „Neue Wiener Tagblatt", die „Extrapost", die „Neue musikalische Presse" und die „Wiener Allgemeine Zeitung". • P ÖBL Schönaich, Paul Frh. von Hoverbeck genannt von S., Militär, Publizist, * 16.2. 1866 Klein-Tromnau bei Rosenberg (Westpreußen), f 7.1. 1954 Reinfeld (Holstein). S., Sohn eines Gutsbesitzers, trat in den preuß. Militärdienst ein und war im Ersten Weltkrieg Kommandeur eines Husarenregiments. Nach Kriegsende befehligte er ein Reichswehr-Reiterregiment in Berlin, nahm nach Auseinandersetzungen mit Walther von —»Lüttwitz 1920 als Generalmajor seinen Abschied und ließ sich auf seinem Gut in Reinfeld nieder. S., der 1918-28 der Deutschen Demokratischen Partei angehörte, trat 1922 der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG) bei und übernahm 1929 gemeinsam mit dem Verleger Friedrich Küster deren Führung. S. war auch Mitglied der Deutschen Liga für Menschenrechte und des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold". 1933 wurde er vorübergehend inhaftiert. 1946 gründeten S. und Küster die DFG neu. Er veröffentlichte u. a. Vom vorigen zum nächsten Krieg (1924, 2 1925), Mein Damaskus. Erlebnisse und Erkenntnisse (1926, 2 1929) und Mein Finale. Mit dem geheimen Tagebuch 1933-1945 (1947). CO NDB Schönaich-Carolath, Emil Prinz von, Schriftsteller, * 8.4. 1852 Breslau, t 30.4. 1908 Haseldorf (Holstein). Der einzige Sohn des Prinzen Karl von S.-C. wuchs in Schlesien, Italien und Wiesbaden auf, studierte 1870/71 in Zürich und trat 1872 in das Dragonerregiment in Colmar ein. 1875 unternahm S.-C. eine Reise nach Italien, auf den Balkan und in den Vorderen Orient und lebte nach seiner Heirat mit Katharina von Knorring 1887 auf seinen Schlössern Palsgaard (Dänemark) und Haseldorf. Von Ludwig -»Uhland und Ferdinand —> Freiligrath beeinflußt, schrieb er Gedichte
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Schönaich-Carolath und Erzählungen im Stil der Neuromantik. Zu seinen Werken gehören u . a . der Zyklus Lieder an eine Verlerne (1878), die Versepen Angelina, Sphinx und Juans Tod (in: Dichtungen, 1883, l> 1905) und die Novellensammlung Der Freiherr. Regulus. Der Heiland der Tiere (1896). S.-C. war ein Förderer Rainer Maria —»Rilkes. CD Killy
Schönaich-Carolath,
Fabian von, Militär, * 1 9 . 2 . 1 5 0 9 Linderode (Kr. Sorau), t 2 3 . 9 . 1591 Beuthen (Oberschlesien). S.-C., Sohn eines Pfandherrn, war seit 1522 Edelknabe am Hof König Sigismunds I. von Polen in Krakau, k ä m p f t e in dessen Dienst u . a . 1535 mit seinem Vater gegen Dänemark, trat 1542 in die Dienste —> Moritz' von Sachsen und zeichnete sich als kaiserlicher Befehlshaber im Schmalkaldischen Krieg aus; nach der Schlacht bei Mühlberg 1547 wurde er in den Freiherrenstand erhoben. 1551 warb er f ü r Kaiser - > K a r l V. in Siebenbürgen Truppen für den Türkenkrieg. S.-C. konnte seinen Besitz durch P f a n d n a h m e n und Kauf erheblich erweitern und galt bald als der reichste Adlige Schlesiens. CD A D B
Schönau,
Johann, österr. Schauspieler, Schriftsteller, * 1816 Wien, t 2 8 . 3 . 1876 Budapest. S. arbeitete nach einem nicht nachweisbaren Studium angeblich in einer Wiener Anwaltskanzlei, wandte sich in den vierziger Jahren d e m Theater zu und spielte an verschiedenen Bühnen in Wien, Preßburg und Tyrnau. 1844-49 war er in Graz engagiert, trat 1850 am Theater in der Josefstadt (Wien) auf und wurde 1851 an das Deutsche Theater in Pest verpflichtet, w o er bis zu seinem Tod als Lokalund Gesangskomiker wirkte und erklärter Publikumsliebling war. Höhepunkte seines Repertoires waren der Landgraf Purzl in Johann —> Nestroys Tannhäuser-Parodie, der Valentin in Ferdinand —»Raimunds Verschwender und der Jupiter in Jacques —> Offenbachs Orpheus in der Unterwelt. S. schrieb mehrere Lokalpossen, die in Wien und Budapest aufgeführt wurden, u. a. Die drei Buckligen. CD O B L S c h o e n a w a , Anton Magnus, Industrieller, * 1 8 . 3 . 1 8 1 0 Koschentin bei Lublinitz (Oberschlesien), t 3 . 3 . 1 8 8 8 Räuden (Oberschlesien). S., Sohn eines Beamten in den Diensten des Grafen von Sobek, wuchs nach dem frühen Tod seiner Eltern in Räuden auf. Er besuchte die Herrnhuter Schule in Gnadenfeld, studierte Eisenhüttentechnik, trat in den Dienst des Landgrafen von Hessen-Rotenburg, vervollkommnete seine Kenntnisse in technischen und kaufmännischen Fragen und übernahm die Leitung der Frischefeuer und Nagelschmieden des Landgrafen. 1845 machte er sich mit der Gründung einer Nagelschmiede in Ratibor selbständig (Hoffnungshütte). Zunächst stellte S. nur Eisenbahnobermaterial her. 1866 wurden ein Puddel- und ein Walzwerk errichtet, später eine Achsenschmiede und eine Gießerei. Sein Sohn Kolmar S. führte die Hoffnungshütte weiter, die nach dessen Tod 1907 an die Maschinenfabrik Hegenscheidt verkauft wurde. S. wurde 1883 zum Kgl. Kommerzienrat ernannt. CD Perlick
Schönbach,
Anton (Emanuel), österr. Germanist, Kulturhistoriker, * 2 9 . 5 . 1 8 4 8 R u m b u r g (Nordböhmen), t 2 5 . 8 . 1911 Schruns (Vorarlberg). Der Sohn Josef —»S.s studierte Geschichte, dann Germanistik, Klassische Philologie, Romanistik und Anglistik in Wien, wo er 1871 zum Dr. phil. promoviert wurde. 1 8 7 1 / 7 2 hörte er germanistische Vorlesungen in Berlin und habilitierte sich 1872 für deutsche Sprache und Literaturgeschichte in Wien. Seit 1873 a. o. Prof. in Graz, arbeitete S. im selben Jahr die Statuten für das zu errichtende Seminar für Deutsche Philologie aus (es war das erste der österreichisch-ungarischen Monarchie) und war dort von 1876 bis zu seinem Tod Ordinarius. 1900 wurde er zum
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Hofrat, 1903 zum wirklichen Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien und 1906 zum korrespondierenden Mitglied der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften ernannt. 1895-1900 war er Mitherausgeber der „Grazer Studien zur deutschen Philologie". S. beschäftigte sich mit christlicher Kulturgeschichte, besonders mit d e m altdeutschen und mittelalterlichen Bildungswesen. Er veröffentlichte u . a . Über Lesen und Bildung (1888, s 1 9 1 3 ) und Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt (7 Tie., 1896-1906, Nachdr. 1968) und gab Altdeutsche Predigten (3 Bde., 1886-91, Nachdr. 1964) heraus. CD I G L
Schönbach,
Josef, österr. Telegraphenfachmann, * 2 . 1 1 . 1818 Peterswald (Böhmen), t 17.3. 1900 Wien. S., Sohn eines Bauern, erlernte das Uhrmacher- und Mechanikerhandwerk, übte diese Berufe als Meister aus und belegte 1850 den ersten Telegraphenkurs beim Handelsministerium in Wien. Im selben Jahr wurde er bei der Staatstelegraphenanstalt angestellt, 1858 zum Obertelegraphisten erster Klasse ernannt und war seit 1859 Telegrapheningenieur bei der Kaiserin Elisabethbahn. 1879 trat S. als Oberingenieur in den Ruhestand. Er erwarb sich Verdienste um den Aufbau des Telegraphenwesens der Kaiserin Elisabethbahn, entwickelte technische Neuerungen für die Morseschen Telegraphenapparate und befaßte sich besonders mit d e m Signalwesen. Sein 1859 patentierter Glockensignalapparat wurde jahrzehntelang bei den österreichisch-ungarischen Eisenbahnen verwendet. S. war der Vater von Anton —»S. CD Ö B L S c h ö n b a u e r , Ernst, österr. Jurist, Politiker, * 29. 12.1886 Windigsteig (Niederösterreich), t 3 . 5 . 1966 Eichberg (Niederösterreich). Das Studium der Philosophie in Prag Schloß S. 1911 mit der Promotion zum Dr. phil, das Studium der Rechtswissenschaften in Wien 1915 mit der Promotion zum Dr. jur. ab, betrieb medizinische Studien in Berlin und studierte einige Semester an der Hochschule für Bodenkultur in Wien. 1919 habilitierte er an der Univ. Wien für Rechtswissenschaften, wurde 1924 a. o. Prof. und lehrte dort 1929-48 als Ordinarius für Römisches und Bürgerliches Recht sowie Antike Rechtsgeschichte. S. war Mitglied der österr. Delegation bei den Friedensverhandlungen in St. Germain. 1 9 1 9 / 2 0 gehörte er für die Großdeutsche Vereinigung bzw. Volkspartei der Konstituierenden Nationalversammlung an. 1920-30 war S. Abgeordneter zum Nationalrat, zunächst f ü r die Deutsch-österreichische Bauernpartei und seit 1924 f ü r den Landbund für Österreich. Er veröffentlichte u. a. Beiträge zur Geschichte des Liegenschaftsrechtes im Altertum (1924), Beiträge zur Geschichte des Bergbaurechts (1929) und Die Res gestae Divi Augusti in rechtsgeschichtlicher Beleuchtung (1946). CD Almanach Öst Akad, Jg. 116
Schönbauer, Leopold, österr. Chirurg, * 13.11. 1888 Thaya (Niederösterreich), t 1 1 . 9 . 1 9 6 3 Wien. Das 1908 begonnene Medizinstudium an der Deutschen Univ. Prag Schloß S., Sohn eines Wundarztes, 1914 mit der Promotion ab, wurde nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg Assistent Anton von —> Eiseisbergs an der I. Chirurgischen Universitätsklinik in Wien und habilitierte sich 1924 für Chirurgie {Experimentelles und Klinisches zur Peritonitisfrage). Anschließend unternahm er eine Studienreise in die U S A und zu Ferdinand —> Sauerbruch nach München, war seit 1930 Leiter der Chirurgischen Abteilung des Lainzer Krankenhauses in Wien und übernahm 1930 die Leitung des Strahlentherapeutischen Instituts. Seit 1933 a. o. Prof., wurde er 1939 Ordinarius und Vorstand der I. Chirurgischen Klinik am Allgemeinen Krankenhaus, dessen Direktor er seit 1946 war. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs war er als Oberarzt in Polen und Neapel eingesetzt. 1944 wurde S. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Seit
Schönberg 1945 leitete er das Institut für Geschichte der Medizin; 1 9 5 3 / 5 4 war er Rektor der Univ. Wien. 1959-62 gehörte er für die Ö V P d e m Nationalrat an. S. befaßte sich besonders mit Schilddrüsenchirurgie und Neurochirurgie sowie mit der Karzinomforschung. Er veröffentlichte u . a . Konservative Frakturenbehandlung (1928), Hirnchirurgie. Erfahrungen und Resultate (mit Hans —»Hoff, 1933), Das medizinische Wien (1944, 2 1947), Beiträge zur Geschichte der Medizin (1948), Lehrbuch der Chirurgie (2 Bde., 1 9 4 9 / 5 0 ) und Das österreichische Spital (1959). c n NDB
Schönbeck,
Christoph, brandenburgischer Rat, Archivar, Domherr zu Havelberg, * 1 3 . 6 . 1 6 0 1 Stendal, t 2 9 . 9 . 1662 Berlin. Der Sohn eines G r o ß k a u f m a n n s und Bürgermeisters studierte seit 1617 in Wittenberg und Leipzig und unternahm 1623-27 eine Bildungsreise nach Leiden, Köln, England und Frankreich. Nach einem Aufenthalt in Berlin wurde er durch Kurfürst —> Georg Wilhelm als Registrator des Geheimen Archivs bestellt und 1653 zum Archivar und Rat ernannt. Seit 1656 war er zudem Domherr in Havelberg. S. wurde vor allem durch die Gründung der Schönbeckschen Bibliothek bekannt, die als Ergänzung der von seinen Eltern errichteten Studienstiftung (seit etwa 1752 in der Marienkirche in Stendal) bis ins 20. Jh. hinein beträchtlich vermehrt wurde. m NDB
Schönbein,
Christian Friedrich, Physikochemiker, * 1 8 . 1 0 . 1 7 9 9 Metzingen bei Reutlingen (Württemberg), t 2 9 . 8 . 1868 Sauersberg bei Baden-Baden. S., Sohn eines Färbers und späteren Buchhalters, war nach einer Lehre in einer chemischen Fabrik in Böblingen u. a. bei Gottfried —> Dingler in Augsburg tätig, studierte seit 1820 C h e m i e in Erlangen und Tübingen und war 1823-26 Lehrer für Physik, C h e m i e und Mineralogie an der Erziehungsanstalt in Keilhau bei Rudolstadt und in E p s o m (England). Nach weiteren Studien in Paris wurde er 1830 in Basel promoviert und lehrte dort seit 1835 als Ordinarius für Chemie. 1839 entdeckte er durch seine Arbeit auf d e m Gebiet der Elektrochemie das Ozon und erfand u. a. 1845 die Schießbaumwolle und die Kollodiumwolle. S. gilt als Mitbegründer der Geochemie. Er veröffentlichte u. a. Beobachtungen Uber die elektrischen Wirkungen des ZitterAales (1841), Über die Häufigkeit der Berührungswirkungen auf dem Gebiet der Chemie (1843), Über die Erzeugung des Ozons auf chemischem Wege (1844, frz. 1845) und Beiträge zur physikalischen Chemie (1844). 1900 erschien sein Briefwechsel 1853-1868 mit Justus von -> Liebig (hrsg. von Georg - ^ K a l h b a u m , Nachdr. 1970). Seit 1856 war S. korrespondierendes Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften, seit 1858 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. m NDB S c h ö n b e r g , Abraham, Bergbeamter, * 11.3. 1640 Freiberg (Sachsen), t 4 . 1 1 . 1711 Freiberg. Der Sohn eines kurfürstlich-sächsischen Rittmeisters und Kanzlers studierte seit 1656 in Jena und Wittenberg Philosophie, Staats- und Rechtswissenschaften und erlernte 1 6 6 2 / 6 3 im Erzgebirge den Bergbauberuf. 1663 wurde S. Kommissionsrat in der Bergverwaltung, 1670 Berghauptmann, 1676 Oberberghauptmann und 1681 Kreishauptmann des Erzgebirgischen Kreises. Er setzte Kommissionen zur Analyse der dortigen Bergreviere ein und führte das sächsische Montanwesen nach dem Dreißigjährigen Krieg zu neuer Blüte. Zahlreiche technische Neuerungen, u . a . Kehrräder (1668), gehen auf S. zurück. Seine Reformbestrebungen legte er 1674 in einer sächsischen Bergordnung nieder, die zwar nicht verabschiedet, jedoch 1693 als Ausführliche Berginformation ( 2 1698) veröffentlicht wurde. S., der im Briefwechsel mit —> Tschirnhaus und —> Leibniz stand, eröffnete
1702 eine Stipendienkasse und eine Anstalt zur Ausbildung im Berg- und Hüttenwesen, aus der 1765 die Freiberger Bergakademie als weltweit erste montanistische Hochschule hervorging. DP N D B
Schönberg,
Alexander (Julius Wilhelm), Chemiker, * 28. 10. 1892 Berlin, t 10.1. 1985 Berlin. Der Sohn eines Juristen studierte seit 1912 in Freiburg/ Breisgau, Bonn und Berlin Chemie, nahm als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil und Schloß das Studium in Berlin 1919 mit der Promotion ab (Beiträge zur Kenntnis der Chromone). 1922 habilitierte sich S. an d e r T H Berlin, wo er 1924 zum a. o . P r o f . ernannt wurde. 1934 entlassen, übernahm er eine Gastprofessur in Edinburgh, wo er Max —>Born kennenlernte, und erhielt 1937 einen Ruf als o . P r o f . für Organische C h e m i e an die Univ. Kairo. 1958 kehrte er als o. Prof. nach Berlin zurück. S. widmete sich vorwiegend der Photochemie organischer Verbindungen (Präparative organische Photochemie, 1958) und untersuchte thermochrome Systeme und synthetische Östrogene. S. war maßgeblich an der Gründung neuer Universitäten in Ägypten sowie an der Entwicklung der organischen C h e m i e im gesamten arabischen R a u m beteiligt. DP N D B
Schönberg,
Arnold (Franz Walter), auch Schoenberg, österr. Komponist, * 1 3 . 9 . 1 8 7 4 Wien, t 13.7. 1951 Los Angeles (Kalifornien, USA). Im Jahr 1895 brach S., der dem Wiener jüdischen Kleinbürgertum entstammte, die begonnene Banklehre ab und versuchte sich, auf musikalischem Gebiet Autodidakt, als Dirigent in der Wiener Arbeiterchorbewegung und seit 1901 an Ernst von —>Wolzogens literarischem Kabarett „Überbrettl" in Berlin. Als Freund und Schwager, später auch als privater Kompositionslehrer, wurde seit 1891 der K o m ponist und Dirigent Alexander - » Z e m l i n s k y zum einflußreichen Gesprächspartner. Unter dem Einfluß der Kompositionen Johannes —»Brahms', bald auch Richard —»Wagners, zugleich jedoch auch der zeitgenössischen Literatur und ihres ästhetischen Kontextes (u. a. Richard —»Dehmel und Stefan —> George) entstanden Werke in einer stark chromatisierten, romantisch-ausufernden Musiksprache, so das Streichsextett Verklärte Nacht op. 4 (1899), die symphonische Dichtung Pelläas und Melisande op. 5 ( 1 9 0 2 / 0 3 ) und die Gurrelieder (1900-11). 1903 kehrte S. nach Wien zurück, um an der Reformschule von Eugenie —»Schwarzwald zu unterrichten. In dieser Zeit, in der auch die Harmonielehre (1911) entstand, brachte die A b w e n d u n g von der Tonalität in S.s eigenen Werken sowie denen seiner bedeutendsten Schüler Alban —»Berg und Anton —> Webern eine fortschreitende „Emanzipation der Dissonanz" mit sich. Die reifen Werke dieser Übergangszeit wie das I. Streichquartett d-Moll op. 7 ( 1 9 0 4 / 0 5 ) und die 1. Kammersymphonie op. 9 (1906) hatten jedoch nur geringen Erfolg in öffentlichen Konzerten. Anerkennung fanden erst die Fünf Orchesterstücke op. 16 (1909) und Pierrot Lunaire op. 21 (1912), ein Melodramenzyklus nach Albert Giraud. In dieser Phase kam es in d e m unvollendet gebliebenen Oratorium Die Jakobsleiter (nach eigenem Text, begonnen 1915) zu ersten Experimenten mit Zwölftonreihen. 1915-18 leistete S. Kriegsdienst. Nach Kriegsende gründete er in Wien den „Verein für musikalische Privataufführungen", der A u f f ü h r u n g e n aktueller Kompositionen ermöglichte, darunter eigener Werke. Zu S.s Schülerkreis gehörten
141
Schönberg in dieser Zeit Rudolf —> Kolisch und Hanns —> Eisler. Die Methode der „Komposition mit zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen" (Zwölftontechnik, Dodekaphonie) wurde 1920-23 erstmals in Teilen der Fünf Klavierstücke op. 23, der Serenade op. 24 und der Suite op. 25 konsequent angewandt und blieb von nun an bestimmendes Konstruktionsprinzip der meisten Kompositionen S.s. 1926 folgte S. einem Ruf als Kompositionslehrer an die Preußische Akademie der Künste in Berlin. Hier versuchte er mit Von heute auf morgen (1928/29) und Moses und Aaron (1930-32) ohne Erfolg einen Anschluß an die Opernrenaissance der Weimarer Republik. Unmittelbar nach —> Hitlers Machtergreifung verließ S. Deutschland, rekonvertierte 1933 zum jüdischen Glauben und ging noch im selben Jahr in die USA. 1934 ließ er sich in Los Angeles nieder. S.s Exil war bestimmt von den Versuchen, als Lehrer und Komponist Fuß zu fassen. In dieser Zeit fand er zu einem freieren Umgang mit der Dodekaphonie, komponierte bisweilen auch wieder tonal (Suite in G-Dur für Streichorchester, 1934). Intensiv beschäftigte er sich mit dem politischen Geschehen in Deutschland und dem Schicksal der Juden und engagierte sich in erschütternden Kompositionen wie der Ode to Napoleon op. 41 (1942) und A Survivor from Warsaw op. 46 (1947). Er unterrichtete 1935/36 an der University of Southern California, 1936-44 an der University of California, danach bis zu seinem Tod als Privatlehrer. 1931 maßte sich S. „das Verdienst" an, „eine wahrhaft neue Musik geschrieben zu haben, welche, wie sie auf der Tradition beruht, zur Tradition zu werden bestimmt ist", womit er eine Position in Anspruch nahm, die zwar von ihm aufgebaut war, sich jedoch in der Rezeption bereits verselbständigt hatte und von der Musikästhetik und -Wissenschaft bis in die jüngste Gegenwart teilweise unkritisch übernommen wird. In der Tat fehlt den Kategorien Tradition und Fortschritt die theoretische Tiefe, um die Neue Musik historisch transparent werden zu lassen. So sieht sich heute eine Musikhistoriographie, die sich von einer strengen Traditions- und Kanonbildung distanziert und geschichtliche Entwicklung nicht aus ästhetischen Vorentscheidungen, sondern aus ihren Kontexten erklärt, vor die Aufgabe einer unbefangenen Neubewertung S.s gestellt. WERKE: Sämtliche Werke. Hrsg. v. Josef Rufer. Mainz 1968 ff. - Schriften: Stil und Gedanke. Aufsätze zur Musik. Gesammelte Schriften 1. Hrsg. v. Ivan Vojtech. Frankfurt/ Main 1976. - Harmonielehre. Wien 1911. Neuausg. Leipzig 1977. - Briefwechsel der Wiener Schule. Hrsg. v. Thomas Ertelt. Darmstadt 1995 ff. LITERATUR: Josef Rufer: Das Werk A. S.s. Kassel 1959. Publikationen der Internationalen Schönberg-Gesellschaft, 1974ff. - T e t s u o Satoh: A bibliographic catalog with discography and a comprehensive bibliography of A. S. Kunitachi 1978. - R. Wayne Shoaf: The S. discography. Berkeley, Calif. 1986. - Egon Wellesz: A. S. London 1925. Neuausg. Wilhelmshaven 1985. - A. S. Hrsg. v. Heinz-Klaus Metzger/ Rainer Riehn. München 1980. - Walter Frisch: The early works of A. S. 1893-1908. Berkeley, Calif. 1993. - Mathias Hansen: A. S., ein Konzept der Moderne. Kassel 1993. Constructive dissonance: A. S. and the transformations of twentieth-century culture. Hrsg. v. Juliane Brand/Christopher Hailey. Berkeley, Calif. 1997. - S. and his world. Hrsg. v. Walter Frisch. Princeton, New Jersey 1999. - Manuel Gervink: A. S. und seine Zeit. Laaber 2000. - Matthias Henke: A. S. München 2001. - Autorschaft als historische Konstruktion. A. S. Vorgänger, Zeitgenossen, Nachfolger und Interpreten. Hrsg. v. Andreas Meyer u.a. Stuttgart/Weimar 2001. - A. S. in Amerika. Hrsg. v. Christian Meyer. Wien 2002. - Gerold W. Gruber (Hrsg.); A. S. Interpretationen
142
seiner Werke. 2 Bde., Laaber 2002. - Alexander L. Ringer: A. S. Das Leben im Werk. Stuttgart u. a. 2002. - Hartmut Krones: A. S. Werk und Leben. Wien 2005. - Christian Meyer/Therese Muxeneder (Hrsg.): A. S. - catalogue raisonne. 2 Bde., Wien 2005. - Constantin Grun: A. S. und Richard Wagner. 2 Bde., Göttingen 2006. - Bibliographie, Werkverzeichnis, Informationen zum Nachlaß u.a. siehe www.schoenberg.at. Nils Grosch S c h ö n b e r g , Artur, österr. Ingenieur, * 5. 3.1874 Wien, t 20.2. 1943 Theresienstadt. Das Studium des Maschinenbaus und der Elektrizitätslehre in Wien Schloß S. als Diplomingenieur ab, ging 1898 zur AEG nach Berlin und wechselte 1900 zu Oskar von —> Miller nach München. Bald Millers wichtigster Mitarbeiter, später auch Prokurist und Gesellschafter, war S. an der Planung zahlreicher Elektrizitätswerke im In- und Ausland beteiligt (Pfalzwerke, Thüringenwerk, Karpatenwerke, Walchenseekraftwerk). Gemeinsam mit Miller konzipierte er erstmals eine deutschlandweite Elektrizitätsversorgung, u. a. in Millers Gutachten Uber die Reichselektrizitätsversorgung (1930). S. unterstützte Miller auch bei der Gründung des Deutschen Museums 1903, dessen Wissenschaftliche Abteilung er 1903-07 leitete, und verfaßte zum großen Teil die Chronik des Deutschen Museums (1927). Mitte der dreißiger Jahre entlassen, wurden S. und seine Frau nach erfolglosen Versuchen zu emigrieren 1942 nach Theresienstadt verbracht. c n NDB S c h ö n b e r g , Dietrich von, Rat des Hochmeister des Deutschen Ordens, * 22.9.1484, t 24.2.1525 Pavia. Der Sohn des Hofmeisters Herzog Albrechts von Sachsen studierte seit 1510 in Leipzig, stand in Beziehung zu den Weifen und trat 1515 in die Dienste des Hochmeisters —»Albrecht, dessen Politik er entscheidend mitbestimmte. Seine Politik zielte auf die Rückgewinnung des 1466 vom Deutschen Orden an Polen abgetretenen Westpreußen; zu diesem Zweck brachte S. 1517 ein Bündnis mit Moskau zustande. Er unternahm Gesandtschaftsreisen zu den deutschen Fürsten und nach Dänemark und bemühte sich, Beziehungen zu Westeuropa, insbesondere zu Frankreich, herzustellen. 1524 begleitete er das französische Heer nach Oberitalien und fiel in der Schlacht bei Pavia. m Altpreuß Biogr, Bd 2 S c h o e n b e r g , Erich (Karl Wilhelm), Astronom, * 27.12.1882 Warschau, t 23. 1.1965 Brannenburg (Oberbayern). Das Studium der Astronomie und Physik in Dorpat, Straßburg, Berlin und Kiel Schloß S., Sohn eines Germanisten, 1912 mit der Promotion ab (Untersuchungen über die Polhöhenschwankung ausgeführt am Zenitteleskop der Jurjewer [Dorpater] Sternwarte in der Zeit 1907.7-1909.7). 1913 wurde er Dozent in Dorpat, war auch Observator und seit 1918 Direktor der Sternwarte. 1925 habilitierte er sich in Greifswald für Astronomie, ging 1926 als a. o. Prof. und Direktor der Universitäts-Sternwarte nach Breslau, wo er 1934 Ordinarius wurde, und lehrte seit 1946 in München. Seit 1947 war S. ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Er veröffentlichte u.a. Photometrische Untersuchungen über Jupiter und das Saturnsystem (1821) und Untersuchungen zur Theorie der Beleuchtung des Mondes auf Grund photometrischer Messungen (1925). CD Jb BAW 1965 S c h ö n b e r g , Gustav (Friedrich) von, Jurist, Nationalökonom, * 21.7. 1839 Stettin (Pommern), f 3. 1. 1908 Tübingen. S., Sohn eines Zimmermeisters und Bauunternehmers, studierte seit 1857 Rechts- und Staatswissenschaften in Bonn
Schönberger und Berlin, wurde 1860 zum Dr. jur. utr. promoviert und gehörte als Gerichtsassessor 1 8 6 5 / 6 6 dem Kgl. preuß. Statistischen Büro an. 1867 in Halle zum Dr. phil. promoviert, wurde er im selben Jahr Prof. für Nationalökonomie und Landwirtschaftsrecht an der Landwirtschaftlichen A k a d e m i e in Proskau und war 1 8 6 9 / 7 0 o . P r o f . der Nationalökonomie und Statistik an der Univ. Basel, 1870-73 o. Prof. der Kameralistik an der Univ. Freiburg/Breisgau. Wegen seiner akademischen Antrittsrede 1871 (Arbeitsämter. Eine Aufgabe des deutschen Reiches) wurde S., der u . a . mit Ferdinand —»Lassalle befreundet war, heftig angegriffen. (Heinrich Bernhard —> Oppenheim prägte bei dieser Gelegenheit den Begriff „Kathedersozialismus".) 1873-1908 war S. o.Prof. der Nationalökonomie, bis 1874 auch der Politik, Polizeiwissenschaft und Enzyklopädie der Staatswissenschaften an der Univ. Tübingen sowie 1 8 8 5 / 8 6 Rektor, 1900-08 Kanzler. 1873 wurde er Gründungsmitglied des Vereins f ü r Socialpolitik. S. veröffentlichte u . a . Zur wirtschaftlichen Bedeutung des deutschen Zunftwesens (1868), Die Landwirthschaft der Gegenwart und das Cenossenschaftsprincip (1869), Die Volkswirtschaftslehre (1873), Die sittlich-religiöse Bedeutung der socialen Frage (1876, 2 1877) und Die Finanzverhältnisse der Stadt Basel im XIV. und XV. Jahrhundert (1879). Er war Mitherausgeber des Handbuchs der Politischen Oekonomie (2 Bde., 1882; 3 Bde., "1896-98). m
NDB
Schönberg,
Heinrich, Unternehmer, * 20. 11. 1818 Dresden, t 7 . 6 . 1850 Gröba (heute zu Riesa). S., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1834 Montanwissenschaften an der Bergakademie Freiberg und machte sich auf Studienreisen nach Berlin, Oberschlesien, Belgien, Paris, England und Osterreich mit modernen Verhüttungsmethoden vertraut. 1842 trat S. als Betriebsingenieur in die neugegründete Marienhütte in Cainsdorf ein und errichtete 1843 - mit seinem Bruder als zusätzlichem Kapitalgeber - in Gröba bei Riesa ein Eisenhüttenwerk nach englischem Vorbild. Der Betrieb entwickelte sich zu einem der modernsten Hüttenwerke in Sachsen.
Schönberg,
Johann Nepomuk, österr. Maler, Illustrator, * 1844 Wien, t Dezember 1913 Beckenham bei London. S., Sohn eines Kupferstechers und Lithographen, studierte 1858-60 an der Akademie der bildenden Künste in Wien, setzte seine Ausbildung bei H e r m a n n —»Anschütz an der Akademie in M ü n c h e n fort und kehrte um 1862 nach Wien zurück. Als Illustrator und Zeichner war er u . a . für die „(Leipziger) Illustrirte Zeitung", für „ D a h e i m " und die „Illustrirte Welt" tätig, besuchte 1865-67 erneut die Akademie in Wien und wurde 1872 Mitglied des Wiener Künstlerhauses. Später ging S. nach England, war 1877 Kriegsberichterstatter über den Russisch-Türkischen Krieg für „The Illustrated London N e w s " und hielt sich 1899 während des Burenkriegs als Zeichner für die Zeitung „The Sphere" in Südafrika auf. DD Ö B L
Schönberg,
Johannes von, Bischof von Naumburg, * vor 1480, t 2 6 . 9 . 1 5 1 7 Zeitz. Der einem meißnischen Rittergeschlecht entstammende S. studierte in Leipzig und wurde 1483 Koadjutor des mit ihm verwandten Naumburger Bischofs Dietrich von S., dem er 1492 als Bischof von Naumburg nachfolgte. Unter S.s Pontifikat setzte sich der Ubergang von der Reichsunmittelbarkeit des Bischofs zur Landsässigkeit gegenüber den wettinischen Fürsten fort; seit 1496 wurde S. von d e m regierenden Kurfürsten gegenüber Reich und Kaiser vertreten. CD Gatz 2
Schönberg,
Nikolaus von, auch Schömberg, Scomber, Dominikaner, Theologe, Kardinal, * 1 1 . 8 . 1 4 7 2 Meißen, t zwischen 7. und 10. 8 . 1 5 3 7 R o m . S. studierte Rechtswissenschaften in Pisa, trat 1497 im Kloster San Marco in Florenz in den Dominikanerorden ein und war nach der Priesterweihe Prior der Klöster seines Ordens in Lucca, Siena und Florenz. 1 5 0 7 / 0 8 war er Socius in Rom, 1508-15 Generalprokurator und lehrte seit 1510 auch als Prof. an der Sapienza. Seit 1512 war er Vikar der deutschen Ordensprovinzen, 1520-36 Erzbischof von Capua und wurde 1535 als Kardinalpresbyter in das Kardinalskollegium a u f g e n o m m e n . S. war unter vier Päpsten Vertreter deutscher Belange an der Kurie, wiederholt päpstlicher Gesandter in Polen, Ungarn, Frankreich, Spanien und England, hatte Anteil am Zustandekommen des Friedens von Cambrai (1529) und wurde 1530 Gouverneur von Florenz. Er veröffentlichte u. a. Orationes quinque sacrae de admiranda Christi pugna cum diabolo in deserto coram lulio II habitae (1511). CD B B K L
Schönberg,
Salomon, schweizer. Gerichtsmediziner, * 2 . 5 . 1879 Basel, t 12.5. 1958 Basel. Das Medizinstudium in Wien, München und Basel Schloß S. 1907 mit der Promotion ab ( Ü b e r Veränderungen im Sinusgebiet des Herzens bei chronischer Arrhythmie). 1914 habilitierte er sich in Basel für pathologische Anatomie, war bis 1917 Prosektor am Kantonsspital St. Gallen und erhielt anschließend einen Lehrauftrag für gerichtliche Medizin. 1918 wurde S. a . o . , 1937 o . P r o f . und Vorstand des Gerichtsmedizinischen Instituts in Basel. 1924-44 war er Mitglied des Großen Rats des Kantons Basel-Stadt. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Zur Frage des hypophysärischen Infantilismus (1941), Die Bedeutung der Zähne in der gerichtlichen Medizin (1949) und Lehrbuch der gerichtlichen Medizin (mit Joseph - » D e t t l i n g und Fritz Schwarz, 1951).
Schönberger, Arno, Kunsthistoriker, * 19. 11. 1915 Schönberg, t 13. 11. 1993 Nürnberg. S. studierte Kunstgeschichte in München, wurde 1944 promoviert und war seit 1945 Referent beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. 1948 holte ihn Theodor Müller an das Bayerische Nationalmuseum. 1959 wurde S. erster Direktor am Kunstgewerbemuseum in Berlin, das 1963 eröffnet wurde. 1969-80 war er Generaldirektor des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg. S. veröffentlichte u . a . Deutsches Porzellan (1949), Die Welt des Rokoko (1959, 2 1963, mit Halldor - > S o e h n e r ) und Deutsche Plastik des Barock (1963, mit Helga Schmidt-Glassner).
Schönberger,
Benno, österr. Musiker, * 1 2 . 9 . 1 8 6 3 Wien, t 9 . 3 . 1930 Wisborough Green (Sussex, Großbritannien). S. besuchte 1872-80 u . a . als Schüler Anton —»Bruckners und Robert Volkmanns das Konservatorium der Gesellschaft der M u s i k f r e u n d e in Wien und setzte seine Ausbildung später bei Franz —»Liszt fort. Bereits als Elfjähriger spielte er mit dem Hellmesberger-Quartett, unternahm 1878 eine Tournee durch Rußland, Deutschland, Osterreich und Belgien und lehrte 1880-85 in Wien. 1886 gastierte er in Schweden und in London, wo er seit 1887 lebte. S. zählte bald zu den angesehenen Londoner Pianisten, unterrichtete an der Royal Academy of Music und gab Konzerte in Nordamerika und Europa. c d ÖBL S c h ö n b e r g e r , Eugen, Fabrikant, * 5. 11.1871 Schierstein/Rhein, t 5 . 3 . 1 9 7 0 San Francisco. Nach einer kaufmännischen Ausbildung arbeitete S. seit 1892 in der elterlichen Weingroßhandlung Gebr. Schönberger in Mainz und wurde 1902 Teilhaber der Firma. 1922 erfolgte die Umstellung auf Sektherstellung und die Umbenen-
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Schoenberger nung des Unternehmens in Schönberger Cabinet-Sektfabrik AG. S. wurde Aufsichtsratsmitglied der französischen Sektfabrik Heidsieck & Co. und der M o n o p o l e A G . Nach der Beschlagnahmung der deutschen Firma durch die Nationalsozialisten 1938 emigrierte S. 1939 nach Frankreich, 1941 in die U S A und war dort in verschiedenen Sektherstellungsbetrieben tätig. 1943-53 war er Vizepräsident der American Wine Co. in St. Louis.
Schoenberger,
Guido Leopold, Kunsthistoriker, * 2 6 . 2 . 1891 F r a n k f u r t / M a i n , t 20. 8 . 1 9 7 4 N e w York. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte Geschichte und Kunstgeschichte an den Universitäten Freiburg/Breisgau und Berlin und wurde 1917 promoviert. Seit 1922 war er Verwalter des M u s e u m s jüdischer Altertümer in Frankfurt. 1926 habilitierte er sich an der dortigen Univ. für Kunstgeschichte (Beiträge zur Baugeschichte des Frankfurter Doms) und wurde im selben Jahr Privatdozent. 1928-35 war S. Kustos am Historischen M u s e u m in Frankfurt. 1935 wurde ihm die Lehrbefugnis entzogen. 1938 inhaftiert, emigrierte er 1939 in die U S A und wurde Lecturer an der Univ. N e w York und Mitarbeiter des dortigen Jewish M u s e u m . S. schrieb u . a . The Drawings of Mathis Gothart Nithart, called Gruenewald (1948). DD H e u e r / W o l f
Schönberger,
Johanna, Sängerin, * 1 8 . 9 . 1 8 7 4 Wien, t September 1952 Stuttgart. S. studierte am Konservatorium der Stadt Wien, war Schülerin Gustav —»Walters und gab 1894 ihr Debüt als Azucena in Verdis Troubadour am Opernhaus in Olmütz. Seit 1895 trat sie an der Oper in Düsseldorf, seit 1896 am Stadttheater in Bremen auf und war 1898-1928 Ensemblemitglied der Hofoper in Stuttgart. Hier übernahm sie sowohl dramatische Sopranpartien als auch Partien für Mezzosopran ( u . a . die Gräfin in Die Hochzeit des Figaro, den Titelhelden in Orpheus und die Ortrud im Lohengrin) und wirkte bei einer Reihe von Uraufführungen mit, so in Türe Rangströms Die Kronbraut und in Siegfried —»Wagners An allem ist Hütchen schuld. Gastspiele führten S. an die Opernhäuser von Hamburg, F r a n k f u r t / M a i n und Leipzig sowie an die Hoftheater in Dresden, Hannover und Wiesbaden. CD Kutsch
Schönberger,
Lorenz (Adolf), österr. Maler, Zeichner, Radierer, * 4 . 3 . 1 7 6 8 Vöslau (Niederösterreich), t 10.8. 1846 Mainz. Der Sohn eines Herrschaftskochs besuchte seit 1782 die A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien, wurde von Michael —»Wutky beeinflußt und unternahm zahlreiche Studienreisen nach B ö h m e n , in die Schweiz und nach Konstanz, wo er kurz mit Marianna —> Schönberger-Marconi verheiratet war. Dann reiste er nach Italien und Paris und kehrte 1806 nach Wien zurück. Seit 1817 hielt er sich in R o m auf, 1826 in Belgien und den Niederlanden und wurde Mitglied der A k a d e m i e in Amsterdam. 1830 kehrte er nach Wien zurück, stellte in St. A n n a aus und bereiste anschließend England. S. schuf vorwiegend ideale Landschaften mit mythologischen Themen. Zu seinen Werken gehören Sonnenuntergang, Die vier Tageszeiten und Golf von Livorno. DD Ö B L
des Ausbildungsprogrammes f ü r Kinderanalyse in Philadelphia. 1956 gründete S.-M. mit Manuel Furer einen Kindergarten f ü r psychotische Kinder am Einstein College. Anders als Anna Freud verstand S.-M. die Interaktion zwischen Mutter und Kind als grundlegend für die Entwicklung des Kindes. Sie schrieb u . a . Symbiose und Individuation Psychosen im frühen Kindesalter (mit Fred Pine und Anni Bergman, 1972) und The psychological birth of the human infant (1975, Nachdr. 1985, Neuausg. 2000, dt. Die psychische Geburt des Menschen. Symbiose und Individuation 1978, , s 2003, Neuausg. 2005, schwed. 1984, norweg. 1988, frz. 1990, italien. 1978, 6 1992). DO Dick
Schönberger-Marconi,
Marianna, geb. Marconi, Sängerin, * 22. 10.1785 M a n n h e i m , t 9. 10. 1882 Darmstadt. Die Tochter eines italienischen Kontrabassisten und Mitglieds der M a n n h e i m e r Hofkapelle stand bereits als Neunjährige auf der B ü h n e und übernahm bald Altpartien am Mannheimer Hoftheater. Antonio —> Salieri engagierte sie an die Wiener Oper, wo sie drei Jahre lang wirkte. Anschließend gab S.-M. erfolgreiche Gastspiele an den großen deutschen Opernbühnen und nahm 1834, auf dem Höhepunkt ihrer Laufbahn, in M a n n h e i m Abschied von der Bühne. Bis 1842 lebte sie in Amsterdam, dann in M a i n z und ließ sich 1847 in Darmstadt nieder. S.-M. übernahm auch Tenorpartien, so den Tamino in der Zauberflöte und den Belmonte in der Entführung aus dem Serail. Sie war kurze Zeit mit dem Maler Lorenz —> Schönberger verheiratet. DO Kutsch
Schoenberner,
Franz, Journalist, Essayist, * 1 8 . 1 2 . 1 8 9 2 Berlin, t 11.4. 1970 Teaneck (New Jersey, USA). Der Pfarrerssohn studierte 1911-14 Literatur- und Kunstgeschichte in Berlin und München, wo er Kontakt mit seiner Großcousine Lou -> Andreas-Salome hatte, nahm dann am Ersten Weltkrieg teil und arbeitete 1919-27 als Lektor beim Musarion Verlag und als Redakteur der Wochenschrift „Süddeutscher R u n d f u n k " , der „Auslandspost" und der literarischen Beilage der „Allgemeinen Zeitung". 1927-29 war S. Redakteur der , J u g e n d " und seit 1929 Chefredakteur des „Simplicissimus", d e m er gemeinsam mit T h o m a s Theodor —> Heine eine stark antinationalsozialistische Ausrichtung gab. 1933 emigrierte er nach Frankreich, nach vorübergehender Internierung 1941 weiter in die U S A und war als Vortragsredner und Journalist, 1 9 4 4 / 4 5 als Redakteur im Office of War Information tätig. Später lebte er als freier Schriftsteller in N e w York. Seil einem Schlaganfall 1951 war er fast völlig gelähmt. S. schrieb die dreibändige Autobiographie Confessions of α European Intellectual (1946; dt. Bekenntnisse eines europäischen Intellektuellen, 1964), The Inside Story of an Outsider (1949; dt. Innenansichten eines Außenseiters, 1965), You Still Have Your Head. Excursions from Immobility (1957; dt. Ausflüge aus der Unbeweglichkeit, 1966). 2004 erschien Die Wahrheit ist oft unwahrscheinlich. Thomas Theodor Heines Briefe an Franz Schoenberner aus dem Exil (hrsg. von T h o m a s Raffte n Spalek 2,1
Schönberger-Mahler,
Margarethe, geb. Schönberger, Medizinerin, Psychoanalytikerin, * 10.5. 1897 Ödenburg (Sopron), t 2 . 1 0 . 1 9 8 5 N e w York. S.-M., Tochter eines Arztes, begann 1916 das Studium der Medizin in Budapest, ging 1919 nach München, 1920 nach Jena, dann nach Heidelberg und wurde 1922 in Jena promoviert. Seit 1926 ließ sie sich bei Helene —»Deutsch und August Aichhorn in Wien zur Psychoanalytikerin ausbilden und gründete die erste psychoanalytische Säuglingsklinik in Wien. 1938 emigrierte S.-M. mit ihrem M a n n , d e m Chemiker Paul Mahler, in die U S A , lehrte seit 1940 Psychiatrie an der Columbia University und hatte seit 1950 den Vorsitz
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Schönböck,
Karl (Ludwig Joseph Maria), österr. Schauspieler, * 4 . 2 . 1909 Wien, f 2 4 . 3 . 2 0 0 1 M ü n c h e n . S., Sohn eines Kapitäns und „nautischen C h e f s " der DonauDampfschiffahrtsgesellschaft, studierte 1927-30 an der Akademie für Musik und Darstellende Kunst in Wien, debütierte am Stadttheater Meißen (Sachsen) und nahm Theaterengagements u. a. in Hannover, Bonn und Berlin an. Meistens trat er in Komödien und musikalischen Lustspielen auf. Unter der Regie von Reinhold —»Schünzel war S. 1936 in seiner ersten Filmrolle zu sehen (Das Mädchen Irene, mit Lil —> Dagover), der bald weitere folgten (u. a. Casanova heiratet, 1940; Die
Schönborn Titanic, 1943). Berlin, München, wo er das Theater „Die Kleine Freiheit" mitbegründete, und Wien gehörten zu den Orten, in denen S. Theater spielte. Zu den nach 1945 entstandenen Filmen zählen Träum' nicht, Annette ( 1 9 4 8 / 4 9 , mit Jenny —>Jugo), Der Zigeunerbaron (1954), Feuerwerk (1954, mit Lilli Palmer) und Schtonk (1991). S. trat auch in Operetten wie Emmerich —> Kaimans Die Czardasfürstin (1971) auf. Er wurde u . a . mit d e m Ufa-Ehrenpreis (1993) ausgezeichnet. Seine Memoiren erschienen 1988 unter dem Titel Wie es war durch achtzig Jahr. CO Cinegraph
Schönborn,
Damian H u g o Philipp Reichsfreiherr (seit 1701 Reichsgraf) von, Bischof von Speyer und Konstanz, Kardinal, * 1 9 . 9 . 1 6 7 6 Mainz, t 19.8. 1743 Bruchsal. Der Sohn von Melchior Friedrich von —>S. und Bruder von Johann Philipp Franz, Friedrich Karl, Rudolf Franz Erwein und Franz Georg von —>S., studierte an den Universitäten Würzburg und Mainz, war 1693-95 A l u m n e des Collegium Germanicum in R o m und studierte 1 6 9 8 / 9 9 Staats- und Völkerrecht in Leiden und Löwen. 1699 trat S. in den Deutschen Orden ein. Seit 1703 Komtur der Bailei Hessen, kam er 1706 als Gesandter an den Hof in Wien und wurde 1708 von Kaiser —> Joseph I. zum Vertreter des Reiches im niedersächsischen Kreis bestimmt. Seit 1713 Mitglied des Kardinalskollegiums, wurde S. 1716 Koadjutor des Bischofs von Speyer, Heinrich Hartart von —> Rollingen, und trat nach dessen Tod 1719 die Regierung an. 1720 ließ er sich zum Priester weihen und übte das A m t des Bischofs von Speyer bis 1743 aus. 1723-40 war S. zudem Koadjutor des Bischofs von Konstanz, 1740-43 Bischof von Konstanz. Er förderte Wirtschaft und Bildungswesen und ließ als Speyerer Residenz Schloß Bruchsal erbauen. DP Gatz 3
Schönborn,
Franz de Paula von, kath. Theologe, Bischof von Budweis, Erzbischof von Prag, Kardinal, * 24. 1. 1844 Prag, t 2 5 . 6 . 1 8 9 9 Falkenau (Böhmen). S., Sohn eines Fideikommißherrn und k. u. k. Kämmerers und Bruder von Friedrich von —>S., studierte bis 1863-68 Rechtswissenschaften in Prag, entschied sich nach der Teiln a h m e am Deutschen Krieg 1866 für den geistlichen Stand und studierte 1 8 6 9 / 7 0 als Jesuitenschüler in R o m und 1870-74 in Innsbruck Theologie. 1873 empfing er die Priesterweihe, wurde 1875 an der Gregoriana z u m Dr. theol. promoviert und war bis 1879 Kaplan und Katechet in Plan, dann Vizerektor am erzbischöflichen Priesterseminar in Prag. 1883 wurde S. zum Bischof von Budweis ernannt, eröffnete 1884 das Studienseminar Collegium B o h e m i c u m in R o m und wurde 1885 Erzbischof von Prag. 1889 wurde er zum Kardinal ernannt. CD Ö B L
Schönborn,
Franz Georg Reichsfreiherr (seit 1701 Reichsgraf) von, Kurfürst und Erzbischof von Trier, Bischof von Worms, Fürstpropst von Ellwangen, * 15.6. 1682 Mainz, t 1 8 . 1 . 1 7 5 6 Ehrenbreitstein (heute zu Koblenz). S., Bruder von Johann Philipp Franz, Friedrich Karl, Damian H u g o Philipp und Rudolf Franz Erwein von —»S., wurde 1695 tonsuriert und 1697 zum Domizellar in Triest ernannt. 1701 erhielt er die Propstei von St. Moritz in Augsburg, studierte 1702-05 in Salzburg, Siena und Leiden und unternahm Studienreisen nach R o m und London. Im diplomatischen Auftrag seines Oheims Lothar Franz von —>S. weilte S. in R o m und Spanien, wurde 1711 kaiserlicher Kammerherr, 1712 Reichshofrat und 1717 kaiserlicher Geheimrat. 1729 wurde er zum Kurfürst-Erzbischof von Trier gewählt. 1732-56 war S. auch Fürstbischof von Worms und Fürstpropst von Ellwangen. Politisch war er den Habsburgern eng verbunden. CD Gatz 3
Schönborn,
Friedrich (Erwein Maria Carl Franz) Graf, österr. Jurist, Politiker, * 1 1 . 9 . 1 8 4 1 Dlaschkowitz (Böhmen), t 21. 12. 1907 Wien. S., Bruder von Franz de Paula von —»S., studierte seit 1864 Rechtswissenschaften an der Univ. Prag und wurde 1872 promoviert. Nach Studienreisen im Prager Verwaltungswesen tätig, wurde er 1880 an den Staatsgerichtshof berufen und war seit 1881 Mitglied des Herrenhauses. 1881-88 war S. Statthalter von Mähren und wurde 1884 in den Mährischen Landtag gewählt, legte aber nach Anfechtung des Votums sein Mandat nieder. 1883 wurde S. zum Geheimen Rat ernannt. 1888-95 war er österr. Justizminister, 1890 maßgebend am Zustandekommen des deutsch-tschechischen Ausgleichs beteiligt, zu dessen Durchführung er die sog. Schönbornschen Sprachenverordnungen erließ. 1895 wurde er Präsident des Verwaltungsgerichtshofs. 1901-07 war S. Mitglied der Direktion der Gesellschaft der Musikfreunde und seit 1905 Präsident des Kuratoriums des k. k. Österreichischen M u s e u m s für Kunst und Industrie. CD Ö B L
Schönborn,
Friedrich Karl Reichsfreiherr (seit 1701 Reichsgraf) von, Bischof von Bamberg und Würzburg, * 3 . 3 . 1 6 7 4 Mainz, t 2 6 . 7 . 1 7 4 6 Würzburg. S., Bruder von Johann Philipp Franz, Damian H u g o Philipp, Rudolf Franz Erwein und Franz Georg von —>S., erhielt 1681 die Tonsur, wurde 1683 Domizellar in Würzburg und 1685 in Bamberg. 1687-90 studierte er in Würzburg und Mainz, war zusammen mit seinem Bruder Johann Philipp Franz 1690-93 A l u m n e des Collegium G e r m a n i c u m in R o m und trat wie seine Brüder nach der E r n e n n u n g seines Oheims Lothar Franz von —>S. zum Fürstbischof von Bamberg und zum Kurfürsten und Erzbischof von Mainz in eine glänzende kirchenpolitische Karriere ein. 1697 unternahm S. Studienreisen in die Niederlande, nach London und Paris und hielt sich 1698-1701 als Gesandter in Lothringen, Würzburg, Sachsen, Trier und Köln auf. 1701 empfing er die niederen Weihen, wurde 1704 in das Würzburger, 1705 in das Bamberger Domkapitel a u f g e n o m m e n und übernahm im selben Jahr auf Wunsch des Mainzer Kurfürsten das A m t des Reichsvizekanzlers in Wien, das er fast dreißig Jahre innehatte. Seit 1710 Koadjutor des Bischofs von Bamberg, folgte er 1729 seinem O h e i m als Bischof von Bamberg und wurde im selben Jahr auch zum Bischof von Würzburg gewählt. CD Gatz 5
Schönborn,
Gottlob Friedrich Ernst, Diplomat, Schriftsteller, * 1 5 . 9 . 1 7 3 7 Stolberg/Harz, t 29. 1. 1817 Emkendorf (Holstein). Der Pfarrerssohn studierte seit 1758 Theologie, dann Philosophie, Mathematik und Altertumswissenschaft in Halle. Er war 1761-64 Hauslehrer auf Gut Trenthorst bei Lübeck und 1764 Privatlehrer in Kopenhagen, w o er zum Kreis deutscher Literaten u m Friedrich Gottlieb —> Klopstock und Heinrich Wilhelm von —> Gerstenberg zählte. 1768-71 war S. Hofmeister im Haus des dänischen Diplomaten Graf Johann Hartwig Ernst von Bernstorff, lebte seit 1771 in Hamburg und wurde 1774 dänischer Konsulatssekretär in Algier. Seit 1777 Gesandtschaftssekretär in London, wurde er 1802 als Legationsrat pensioniert und lebte bis 1806 in Hamburg, dann gemeinsam mit Katharina Gräfin zu —> StolbergStolberg in Emkendorf, w o er zum Zirkel der Gräfin Julia zu —>Reventlow gehörte. S. verfaßte Gedichte, Reiseerinnerungen und philosophische Studien (Abriß einer Geschichte des Spinozismus, 1836). DO S H B L , Bd 1
Schönborn,
Johann Philipp Reichsfreiherr von, Bischof von Würzburg und Worms, Erzbischof von Mainz, * 6 . 8 . 1 6 0 5 Burg E s c h b a c h / T a u n u s , t 1 2 . 2 . 1 6 7 3 Würzburg. Der Sohn eines kurmainzischen A m t m a n n s studierte 1623-29 in Orleans, Mainz, Würzburg und Siena, wurde
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Schönborn 1621 Domizellar in Würzburg, 1625 in Mainz und empfing 1626 die niederen Weihen. 1629 wurde er in das Würzburger Domkapitel a u f g e n o m m e n . Nach seiner Flucht vor den Schweden lebte S. 1631-43 in Köln und wurde 1642 zum Bischof von Würzburg gewählt. 1647 erfolgte seine Wahl zum Erzbischof von Mainz, die 1649 vom Papst bestätigt wurde. 1663 übernahm S. zudem das A m t des Bischofs von Worms. Er vertrat auf d e m Westfälischen Friedenskongreß mit Nachdruck eine Friedens- und Neutralitätspolitik und ließ als einer der ersten deutschen Fürsten unter d e m Einfluß Friedrich von —> Spees die Hexenprozesse einstellen. Cd Gatz 3
Schönborn,
Johann Philipp Franz Reichsfreiherr (seit 1701 Reichsgraf) von, Bischof von Würzburg, * 15.2. 1673 Würzburg, t IB. 8. 1724 Löffelstelzen (heute zu Bad Mergentheim). S., Bruder von Friedrich Karl, Damian H u g o Philipp, Rudolf Franz Erwein und Franz Georg von —>S., wurde 1682 in das Würzburger, 1687 in das Bamberger Domkapitel als Domizellar a u f g e n o m m e n , studierte 1687-90 in Würzburg und Mainz und war 1690-93 A l u m n e des Collegium Germanicum in R o m . Seit 1695 wurde er von seinem Oheim Lothar Franz von —>S. zu diplomatischen Geschäften herangezogen, unternahm 1 6 9 7 / 9 8 eine Kavalierstour in die Niederlande, nach England und Paris und hielt sich dann in diplomatischer Mission in Wien, 1 7 0 3 / 0 4 und 1708 an der Kurie und an fränkischen und rheinischen Höfen auf. Seil 1699 Domkapitular in Würzburg und Propst des kaiserlichen Stifts St. Bartholomäus in Frankfurt, wurde er 1704 Würzburger, 1714 Mainzer Dompropst und 1719 zum Bischof von Würzburg gewählt. S. setzte sich besonders für die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation seines Bistums ein. c n Gatz 3
Schönborn,
Lothar Franz Reichsfreiherr (seit 1701 Reichsgraf) von, Bischof von Bamberg, Kurfürst und Erzbischof von Mainz, * 4 . 1 0 . 1655 S t e i n h e i m / M a i n , t 3 0 . 1 . 1 7 2 9 Mainz. Der N e f f e von Johann Philipp von —>S. erhielt 1665 die Tonsur in Mainz, wurde Domizellar in Würzburg und Bamberg und trat 1674 in das Mainzer Domkapitel ein. Nach einer Kavalierstour durch Holland, Frankreich und Italien studierte S. 1673-75 Theologie und Rechtswissenschaften in Wien, wurde 1683 Domkapitular in M a i n z und Würzburg, 1689 Präsident der H o f k a m m e r in Bamberg und 1693 dort Bischof. Seit 1694 war er Koadjutor des Erzbischofs von Mainz, 1695-1729 Kurfürst-Erzbischof von Mainz. Seine Politik war kaiserlich ausgerichtet; er spielte eine maßgebliche Rolle bei der Kaiserwahl —»Karls VI. 1711. Mit zielbewußter Familienpolitik, die seinen Neffen kirchenpolitische Karrieren verschaffte, legte er den Grundstein f ü r die Ausweitung des Einflusses der Schönborns auf den Südwesten der Germania Sacra. S. trat als großer Bauherr hervor, holte Künstler wie Leonhard und Johann —>Dientzenhofer, Balthasar —»Neumann und Maximilian von —> Welsch an seinen Hof und ließ die neue Bamberger Residenz, die Schlösser Seehof und Jägersburg bei Forchheim, die Sommerresidenz Favorite in Mainz und Schloß Weißenstein ob Pommersfelden als Höhepunkte barocker Architektur erbauen. DD Gatz 3
Schönborn,
Melchior Friedrich von, Reichshofrat, * 16.3. 1644 S t e i n h e i m / M a i n , t 9 . 5 . 1 7 1 7 F r a n k f u r t / Main. Der Sohn eines kurmainzischen Oberamtmanns und Geheimrats war 1667-69 kurmainzischer Gesandter in Lüttich, Den Haag, Königsberg und Dresden. 1672-1700 hatte er das Vizedomant Aschaffenburg inne, wo er den Schönborner Hof erbauen ließ. 1672 wurde er Reichshofrat, 1695 Ge-
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heimrat im Dienst Bambergs, 1697 kaiserlicher Geheimrat und zuletzt kurmainzischer Geheimrat und Obermarschall. 1701 wurde er in den Reichsgrafenstand erhoben.
Schönborn,
Rudolf Franz Erwein von, Diplomat, * 2 3 . 1 0 . 1677 Mainz(?), t 2 2 . 9 . 1754 Gaibach. S., Bruder von Johann Philipp Franz, Friedrich Karl, Damian Hugo Philipp und Franz Georg von —>S., studierte 1693-95 am Collegium G e r m a n i c u m in Rom, 1696-98 in Leiden, 1699 Rechtswissenschaften in Paris. 1699 hielt er sich in diplomatischer Mission in R o m und 1 7 0 0 / 0 1 am kaiserlichen Hof in Wien auf. Seit 1701 kaiserlicher Kämmerer, war er 1700-33 kurmainzischer Vizedom in Aschaffenburg und 1713-32 kaiserlicher K o m m i s s a r bei der Schlichtung der Auseinandersetzungen von Rat und Bürgerschaft in Frankf u r t / M a i n . 1704 wurde S. Herr von Wiesentheid, wo er eine umfangreiche Bautätigkeit begann.
Schoenborn-Anspach,
Lili, Schauspielerin, * 3 1 . 3 . 1898 Berlin, t 4 . 5 . 1987 Berlin. Die Tochter eines Justizrats erhielt nach ihrer Schauspielausbildung 1918 ein Engagement an der Berliner Volksbühne, wo sie als Armgard in Wilhelm Teil debütierte. 1924-27 spielte sie am Stadttheater in Eisenach, 1 9 2 8 / 2 9 am Stadttheater in Riga und war 1 9 2 9 / 3 0 erneut an der Berliner Volksbühne zu sehen. 1930/31 war S.-A. Mitglied der Piscator-Bühne und der Gruppe Junger Schauspieler. 1924 gab sie ihr Filmdebüt in den Stummfilm Namenlose Helden und wirkte 1931 als Mutter Bönicke in d e m Film Kuhle Wampe mit. 1946-49 war S.-A. am Hebbeltheater in Berlin engagiert, gehörte 1949-51 zum E n s e m b l e des Deutschen Theaters und trat dann als Gast u. a. am Theater am Kurfürstendamm, am Hebbeltheater, am Forumtheater und an der Freien Volksbühne auf.
Schönborn-Wiesentheid,
Erwein Clemens Chlodwig Graf von, Mediziner, * 6. 10. 1877 Wiesentheid, t 12.11. 1942 München. Nach d e m 1903 mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaften in Berlin und Heidelberg studierte S.-W., Sohn eines Majors, Medizin in Kiel, Heidelberg und München und wurde 1909 zum Dr. med. promoviert (Ueber den Nachweis des urotryptischen Ferments bezw. des Urotrypsinogens). Anschließend war er an der Zoologischen Station in Neapel, am Tropeninstitut in Hamburg und am Krebsinstitut in London tätig. Seit 1915 war S.-W. Standesherr und Reichsrat. 1923-42 fungierte er als erster Vorsitzender der Gesellschaft für Fränkische Geschichte und machte sich als Musikmäzen einen Namen. Er war Vorsitzender der Internationalen Gesellschaft zur Erneuerung der katholischen Kirchenmusik. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Untersuchungen Uber den nervösen Mechanismus der Wärmeregulation (1911). c n Leb Franken, Bd 6 S c h ö n b o r n - W i e s e n t h e i d , Franz Erwein Graf von, Kunstmäzen, * 7 . 4 . 1 7 7 6 Mainz, t 5 . 1 2 . 1840 F r a n k f u r t / Main. S.-W., Sohn eines k. k. Kammerherrn und Wirklichen Geheimen Rats, studierte seit 1792 Rechtswissenschaften in Würzburg, erbte 1802 die Familienbesitzungen im Reich und übergab 1806 die Herrschaft Wiesentheid der bayerischen Krone. Er übernahm 1807 das F i d e i k o m m i ß der Wiesentheider Linie des Hauses Schönborn in den Rheinbundstaaten, ließ sich 1811 in M ü n c h e n nieder und widmete sich seit 1812 dem Aufbau einer Kunstsammlung, zu deren Erweiterung er ausgedehnte Reisen nach England, Frankreich, Italien, Holland, Belgien unternahm und Kontakte zu zeitgenössichen Künstlern pflegte; auf Schloß Gaibach ließ er 1821-28 von Leo von —> Klenze die Konstituionssäle erbauen. S.-W.
Schönchen engagierte sich in der bayerischen und nassauischen Ständekammer; 1836 zog er sich aus d e m politischen Leben zurück. t u NDB S c h ö n b o r n e r , Georg Herr von und zu S. und Ziesendorf, Jurist, * 29. 1. 1579 Hartmannsdorf (Schlesien), t 2 3 . 1 2 . 1 6 3 7 Glogau. S. studierte Rechtswissenschaften in F r a n k f u r t / O d e r , Leipzig, Helmstedt, Jena, Marburg, Altdorf und Heidelberg, wurde 1608 in Basel promoviert und lebte in Tübingen und Straßburg. 1609 wurde er von - » J o h a n n Georg, d e m späteren Fürsten zu Hohenzollern-Hechingen, zum Hofkanzler ernannt. Später war er Kanzler bei Graf Hans Ulrich von —> Schaffgotsch, amtierte daneben als Syndikus in Glogau und wurde 1629 als kgl. Fiskal in Niederschlesien und Lausitz von Kaiser —»Ferdinand II. zum Wirklichen Rat ernannt und in den Ritterstand erhoben. S. gehörte zu den Landständen im Fürstentum Glogau; 1633 wurde er kaiserlicher Pfalzgraf. CD A D B
Schönbrunner,
Ignaz Johann, österr. Maler, * 1 . 5 . 1 8 3 5 Wien, t 1 3 . 2 . 1 9 2 1 Wien. S., Sohn eines Zimmermalers und Bruder von Josef und Karl —»S.s, studierte 1852-58 an der Akademie der bildenden Künste in Wien, war 1858-64 Schüler Joseph von —»Führichs und spezialisierte sich auf Wandmalerei. 1866 übernahm er mehrere A u f t r ä g e für die Ausstattung der Hofoper in Wien und schuf u. a. ornamentale Malereien für den Kaisersaal, den Salon der Erzherzöge und die Galerietreppen. Seit 1870 arbeitete S. an der Ausstattung der Vöslauer Pfarrkirche. 1869 wurde er Mitglied des Wiener Künstlerhauses. CP Ö B L
Schönbrunner,
Josef von, österr. Restaurator, Illustrator, * 14.2. 1831 Wien, f 2. 12.1905 Wien. Seine künstlerische Ausbildung erhielt S., Bruder von Ignaz Johann und Karl - > S . , 1844-46 und 1847-50 bei Joseph von —»Führich, Leopold —»Kupelwieser und Johann - » E n d e r an der A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien. 1864 wurde er Offizial, 1884 Inspektor an der Wiener Albertina, deren Direktor er von 1896 bis zu seinem Tod war. Zu den bedeutendsten Leistungen des 1904 in den Adelsstand erhobenen S. zählt die Herausgabe der Handzeichnungen alter Meister aus der Albertina und anderer Sammlungen (mit Josef - » Meder). c n ÖBL
Schönbrunner,
Karl, österr. Maler, * 4 . 1 0 . 1 8 3 2 Wien, t 2 1 . 2 . 1877 Hirschstetten (Niederösterreich). S., Bruder von Ignaz Johann und Josef von —>S., besuchte 1849-60 u . a . als Schüler Joseph von - » F ü h r i c h s die Akademie der bildenden Künste in Wien, hielt sich 1859 zu Studienzwecken in Venedig auf und war 1862-72 österr. Staatspensionär in R o m . 1861 wurde er Mitglied des Wiener Künstlerhauses. S. spezialisierte sich vor allem auf religiöse Themen, schuf u. a. Kuppelfresken und Fresken über den Kapelleneingängen der Pfarrkirche Maria vom Siege in Wien, 14 Stationsbilder nach Kartons von Johann Friedrich —> Overbeck in den Arkaden des Friedhofs C a m p o Santo Teutonico in R o m und das Deckenbild im Kaiserpavillon für die Wiener Weltausstellung 1873. CD Ö B L
Schönburg-Hartenstein, (Josef) Alexander Fürst von, österr. Diplomat, Politiker, * 5 . 3 . 1826 Wien, t 1.10. 1896 Wien. Der Sohn von Eduard Fürst von —»S.-H. trat in den diplomatischen Dienst ein und war seit 1847 in Den Haag, London und Berlin tätig. Seit 1852 in Paris, kam S. 1855 nach Karlsruhe, wo er wenige Monate später zum Gesandten befördert wurde. 1859-63 leitete er die Gesandtschaft in
München, zog sich aus dem aktiven Dienst zurück und widmete sich der Bewirtschaftung seiner böhmischen und mährischen Güter. 1872-82 gehörte S.-H. dem Böhmischen Landtag an, wurde 1872 Mitglied des Herrenhauses und amtierte von 1879 bis zu seinem Tod als dessen Vizepräsident. Er war der Vater von Alois Fürst von —»S.-H. und von Johannes Prinz von —»S.-H. m ÖBL
Schönburg-Hartenstein,
(Eduard) Alois Fürst von, österr. Militär, Politiker, * 2 1 . 1 1 . 1 8 5 8 Karlsruhe, t 2 0 . 9 . 1944 Hartenstein (Sachsen). Der Sohn von Alexander Fürst von - » S . - H . und Bruder Johannes Prinz von —»S.-H. trat nach d e m Besuch der Kadettenschule in Dresden 1877 in den österr. Militärdienst ein und nahm 1878 an der Okkupation Bosniens und der Herzegowina teil. 1884-86 besuchte S.-H. die Kriegsschule in Wien, war seit 1886 Generalstabsoffizier und wurde 1895 Militärbevollmächtigter in Berlin. Nach d e m Tod seines Vaters 1896 widmete er sich der Verwaltung der Familiengüter. Im Ersten Weltkrieg war S.-H. als Feldmarschalleutnant, seit 1916 als General an der Südfront. Seit 1897 war er Mitglied des Herrenhauses, 1903-18 dessen Präsident. 1933 übernahm er das ihm von Engelbert —»Dollfuß angebotene und im März 1934 in ein Ministerium umgewandelte Staatssekretriat für Landesverteidigung, trat aber im Juli 1934 von seinen Funktionen zurück. c d ÖBL S c h ö n b u r g - H a r t e n s t e i n , (Heinrich) Eduard Fürst von, * 11. 10.1787 Waldenburg (Sachsen), t 1 6 . 1 1 . 1 8 7 2 Wien. S.-H. war Besitzer mehrerer Herrschaften in B ö h m e n und Mähren, begründete die standesherrlich-fürstliche Linie Schönburg-Hartenstein in Österreich und erweiterte systematisch den Familienbesitz in B ö h m e n . Seit 1835 Geheimer Rat, wurde er 1861 erbliches Mitglied des Herrenhauses und war 1867-69 böhmischer Landtagsabgeordneter. Er gehörte der Partei der Verfassungstreuen an. Seine zweite Frau Aloisia unterhielt in Wien einen der exklusivsten Salons des Hochadels. S.-H. war der Vater von Alexander Fürst von - » S . - H . DD Ö B L
Schönburg-Hartenstein,
Johannes Prinz von, österr. Diplomat, * 12.9. 1864 Enzersfeld (Niederösterreich), t 3 0 . 3 . 1937 Wien. Der Bruder von Alois Fürst von —»S.-H. studierte 1882-86 Rechtswissenschaften in Wien, trat 1887 in den diplomatischen Dienst ein und war bei den Gesandtschaften in Paris, London und St. Petersburg tätig. 1895 kurze Zeit Geschäftsträger in Stockholm, wurde er im selben Jahr nach Konstantinopel, 1898 nach Bukarest versetzt. Seit 1901 in R o m , seit 1904 in London tätig, wurde er 1906 mit der diplomatischen Vertretung in Bukarest betraut und war seit 1911 Geheimer Rat und Botschafter beim Hl. Stuhl. Nach der Kriegserklärung Italiens führte S.-H. die Geschäfte von Lugano bzw. Bern aus weiter und wurde 1918 zur Disposition gestellt. CD Ö B L
Schönchen,
Amalie, Sängerin, * 26. 8 . 1 8 3 6 München, t 2 3 . 5 . 1905 München. Die Tochter eines kgl. bayerischen Hof- und Kammermusikus erhielt ihre musikalische Ausbildung bei ihrem Vater, nahm seit 1854 Gesangsunterricht bei Eduard —» Mantius in Berlin und wurde von der preuß. Königin an die kgl. Familie in Hannover empfohlen. 1855 debütierte S. am dortigen Hoftheater und war 1859-64 am Hoftheater in Wiesbaden engagiert, wo sie u. a. die Martha sowie die Zerline im Don Giovanni sang. Seit 1864 wirkte sie am Stadttheater in Nürnberg, wandte sich der musikalischen K o m ö d i e zu und war bis 1893 am M ü n c h n e r Theater am Gärtnerplatz tätig. Von hier aus unternahm sie zahlreiche Tourneen durch Deutsch-
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Schöndörffer land, Österreich, Holland, Rußland und Nordamerika, kam 1893 an das Wiener Raimundtheater und spielte dort vorwiegend in Volksstücken. Später trat S. auch am Hofburgtheater in Wien auf. CD Kutsch
Schöndörffer,
Otto (Konrad), Pädagoge, Philosoph, * 10. 10. 1860 Labiau, t 1. 10. 1926 Rom. S., Sohn eines Justizrats, war Schüler Emil —> Arnoidts in Königsberg, der ihn in die Philosophie —> Kants einführte, studierte dann klassische Sprachen in Königsberg und Bonn und wurde 1885 zum Dr. phil. promoviert. Anschließend lehrte er bis 1926 am Königsberger Friedrichskolleg. Daneben widmete sich S. philosophischen Forschungen und leitete zeitweise die Königsberger Goethe-Gesellschaft. Er veröffentlichte u . a . Kants Leben und Lehre (1924). S. gab Kants Anthropologie (1922, als Bd. 8 der Kantausgabe —»Cassirers) sowie dessen Briefwechsel (2 Bde., 1924) heraus.
Schöndorf,
(Max) Friedrich (Hermann Adolf), Geologe, * 3. 1. 1884 Sonnenberg, f 2 0 . 4 . 1941 Hildesheim. S. studierte Geologie und Mineralogie in Berlin, wurde 1906 promoviert (Die Organisation und systematische Stellung der Sphaeriteri) und war Assistent am Geologisch-Mineralogischen Institut in Greifswald, seit 1908 an der T H Hannover und habilitierte sich hier 1909 für Geologie und Mineralogie. Seit 1921 lehrte er als a. o . P r o f . an der T H Hannover und wurde 1925 Direktor des R ö m e r - M u s e u m s in Hildesheim. S. veröffentlichte u . a . Die echten Asteriden der rheinischen Grauwacke (1909), Praktische Auswertung geologischer Karten (1915, 3 1939) und Grundzüge der Geologie ( 4 1926, 6 1928, frühere Auflagen in Karl Anton Henninger, Lehrbuch der Chemie).
Schöndorff,
H e r m a n n , K a u f m a n n , Manager, * 7 . 1 0 . 1 8 6 8 Westheim (Kr. Büren, Westfalen), t 23. 10. 1936 Zürich. S., Sohn eines Pferdehändlers, war nach der Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann in seinem Beruf tätig und gründete 1890 mit seinem Bruder Albert die Firma Gebr. Schöndorff in Düsseldorf, die Betten, später Ladeneinrichtungen herstellte. Seit 1910 gehörte er dem finanziellen Beirat des Warenunternehmens von T h e o d o r —»Althoff und regte 1912 die Errichtung des größten westdeutschen „Provinzialwarenhauses", des Althoff-Hauses, in Essen an. 1920 führend an der Fusion der T h e o d o r Althoff KG mit der Rudolph Karstadt A G beteiligt, wurde er Mitglied in deren Vorstand und trieb als Generaldirektor die Expansion des Unternehmens voran. Seit 1926 baute er zudem die Einheitspreis A G auf. A u f grund der vorwiegend fremdfinanzierten Unternehmensentwicklung führte die Weltwirtschaftskrise z u m weitgehenden Vermögensverlust von Althoff, Rudolph —»Karstadt und S., der 1931 ausschied und dann f ü r andere europäische Einheitspreisunternerhmen arbeitete. 1933 emigrierte S. in die Schweiz. CD N D B S c h ö n e , Alfred, Pseud. A. Roland, Klassischer Philologe, * 1 6 . 1 0 . 1 8 3 6 Dresden, t 8 . 1 . 1918 Kiel. S., Sohn eines Schuldirektors und Bruder von Richard —>S., studierte Klassische Philologie in Leipzig, wurde 1859 zum Dr. phil. promoviert und habilitierte sich hier 1864 (Quaestionum Hieronymianarum capita selecta). Seit 1867 a . o . P r o f . der Klassischen Philologie, lehrte er 1869-74 als o . P r o f . in Erlangen und war nach einer wissenschaftlichen Tätigkeit in Paris seit 1884 Bibliothekar an der Universitätsbibliothek in Göttingen. 1887 wurde S. o . P r o f . in Königsberg und 1892 in Kiel. Er veröffentlichte u. a. Die Weltchronik des Eusebius in ihrer Bearbeitung durch Hieronymus (1900). CD D L L
148
S c h ö n e , Friedrich, Jurist, * 2 4 . 4 . 1882 Berlin, t 11.11. 1963 Lübeck. Der Sohn Richard —>S.s und Bruder des Klassischen Philologen Hermann - » S . studierte Rechtswissenschaften in Freib u r g / B r e i s g a u und Bonn, wurde 1904 promoviert. Nach einer Studienreise durch Australien und einer Tätigkeit am Landratsamt Lüdenscheid wurde er 1913 Studienleiter beim Regierungspräsidenten in Düsseldorf. Kurz vor Kriegsende 1918 aus d e m aktiven Militärdienst entlassen, übernahm er die Verwaltung des Landkreises Essen. 1923 von den Franzosen verhaftet, wurde er 1924 aus dem besetzten Gebiet ausgewiesen und entlassen. Danach Landrat von R a n d o w bei Stettin, war er 1936-45 Beigeordneter des Deutschen Gemeindetags. S. erwarb sich Verdienste um den Ausbau der kommunalen Selbstverwaltung und ihren Erhalt während des „Dritten Reiches". S c h ö n e , Günter, Dramaturg, Regisseur, * 1 9 . 6 . 1 9 0 4 Magdeburg, t 6 . 2 . 1986 München. Das Studium der Germanistik, Romanistik, Kunst- und Theatergeschichte in Göttingen und München Schloß S. 1931 mit der Promotion zum Dr. phil. ab, war bis 1935 Dramaturg und Regisseur der Städtischen Bühnen Magdeburg und Lübeck und wurde 1935 wissenschaftlicher Assistent des T h e a t e r m u s e u m s (Clara-Ziegler-Stiftung) in München, dessen Direktor er 1937-71 war. S. veröffentlichte u . a . Tausend Jahre deutsches Theater 914-1914 (1962). S c h ö n e , Hermann, Schauspieler, Schriftsteller, * 2 . 1 0 . 1836 Dresden, t 9. 12. 1902 Wien. Der Sohn eines Choristen am Sächsischen Hoftheater debütierte 1853 am Sommertheater in Reisewitz bei Dresden und kam noch im selben Jahr nach Chemnitz. In den folgenden Jahren spielte S. an den Bühnen in Halberstadt, Erfurt, Rostock, Bremen und Mainz, war seit 1863 Ensemblemitglied des Hofburgtheaters in Wien und wurde 1868 zum Hofschauspieler ernannt. 1899 nahm er aus gesundheitlichen Gründen Abschied von der Bühne. S. wirkte vorwiegend als Episoden- und Charakterdarsteller. Nach seiner Pensionierung war er schriftstellerisch tätig und verfaßte neben Erinnerungen (Aus den Lehr- und Flegeljahren eines alten Schauspielers) eine Reihe von humoristischen Erzählungen (Welt und Scheinwelt) und einen Roman. CD Ö B L S c h ö n e , Hermann, Klassischer Philologe, * 18.4. 1870 H a l l e / S a a l e , t 2 0 . 5 . 1 9 4 1 Berlin. Der Bruder Friedrich —»S.s studierte seit 1888 Klassische Philologie in Bonn, wo er 1894 zum Dr. phil. promoviert wurde, habilitierte sich 1898 in Berlin und lehrte seit 1903 als a. o. Prof. in Königsberg. 1906 wurde S. o. Prof. der Klassischen Philologie in Basel, 1909 in Greifswald und 1916 in Münster. Er schrieb u. a. Herons Vermessungslehre und Dioptra (1903). S c h ö n e , Lotte, geb. Charlotte Bodenstein, verh. Flandrak, österr. Sängerin, * 15. 12.1891 Wien, t 22. 12. 1977 Paris. Ihre Gesangsausbildung erhielt S. bei Johannes —»Ress und Maria Brossement in Wien, gab 1912 als Brautjungfer im Freischütz an der Wiener Volksoper ihr Debüt und wurde 1917 an die Wiener Hofoper, der späteren Staatsoper, engagiert, der sie bis 1926 als erfolgreiches Ensemblemitglied angehörte. 1922-25, 1928 und 1930-35 wirkte S. u . a . als Cherubino in Die Hochzeit des Figaro bei den Salzburger Festspielen mit, sang seit 1927 an der Städtischen Oper Berlin und gastierte im selben Jahr an der Covent Garden Opera in London. Wegen ihrer jüdischen Herkunft m u ß t e sie Deutschland 1933 verlassen, sang 1 9 3 3 / 3 4 während einer Saison in Wien und unternahm dann Konzertreisen durch Frankreich, Belgien, Holland und die Schweiz. Seit 1938 gab S. fast ausschließlich Konzerte, vor allem Liederabende, nahm ihre
Schönemann Karriere nach Kriegsende wieder auf und gab glänzende Konzerte, u . a . in Paris und Genf. Seit 1953 wirkte sie als Pädagogin in Paris. t u MGG S c h ö n e , Ludwig, Architekt, * 19.6. 1845 Leipzig, t 8 . 6 . 1935 Wien. S. erhielt seine Ausbildung in Leipzig und Hannover, lebte seit 1871 in Wien und wurde 1879 Mitglied des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins. Er baute vorwiegend im ostösterreichischen und westungarischen Gebiet, u. a. zahlreiche Wohnhäuser in Wien und Ödenburg, kath. und evang. Kirchen sowie Synagogen in späthistoristischem Stil. CP Ö B L S c h ö n e , Otto (Robert Alwin), Ingenieur, * 21. 12.1888 Grube Ilse bei Senftenberg, f 2 2 . 3 . 1962 Berlin. Nach einer Schlosserlehre und dem Besuch der höheren Maschinenbauschule in Breslau 1908-10 arbeitete S., Sohn eines Buchhalters, bei der Gasmotorenfabrik Deutz. 1918-34 war er zunächst Ingenieur, dann Oberingenieur und Leiter der Abteilung für Kraft- und Wärmewirtschaft bei der Ilse-Bergbau A G . 1925-28 studierte er an der T H BerlinCharlottenburg, wurde 1930 promoviert (Grundlagen für den Entwurf von Braunkohlenbrikettfabriken und Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Energieerzeugung, Wärmewirtschaft und Leistungsfähigkeit) und habilitierte sich 1931 für Maschinenbau. 1934 wurde S. Ordinarius für W ä r m e lehre und Dampfkraftanlagen, außerdem Direktor des Maschinenlabors und des Kraft- und Fernheizwerks der T H bzw. seit 1949 der T U Berlin. Er veröffentlichte u . a . Kesselspeiseeinrichtungen (1951) und Rohrleitungen in neuzeitlichen Wärmekraftanlagen (mit Erich Schwenk, 1961). S c h ö n e , Richard, Archäologe, * 5 . 2 . 1 8 4 0 Dresden, t 5 . 3 . 1922 Berlin. S., Bruder von Alfred - > S . , studierte seit 1858 Klassische Philologie, Geschichte, Philosophie und Archäologie in Leipzig und wurde 1861 promoviert (Piatons Protagoras, gedruckt 1862). Danach begann er eine Ausbildung bei Friedrich —»Preller d. Ä., unternahm 1864-68 Studienreisen nach Italien und Griechenland, habilitierte sich 1868 für Archäologie in Berlin (Quaestiones Pompeianarum specimen [...]) und ging 1869 als a . o . P r o f . nach Halle. Seit 1873 war S. Vortragender Rat f ü r Kunstangelegenheiten im preuß. Kultusministerium und 1880-1905 Direktor der Kgl. Museen in Berlin. S. war Mitglied der Zentraldirektion des Deutschen Archäologischen Instituts sowie Ehrenmitglied der Preußischen A k a d e m i e der Künste und der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften. Er veröffentlichte u. a. Friedrich Prellers Odyssee-Landschaften (1863) und Griechische Reliefs aus athenischen Sammlungen (1872) und gab De obsidione toleranda commentarius des Aeneas Tacitus heraus (1911). S. war der Vater von Hermann und Friedrich —»S.
(1938) promoviert und habilitierte sich 1941 in Freiburg (Albert van Ouwater. Ein Beitrag zur Geschichte der holländischen Malerei des 15. Jahrhunderts). Seit 1943 Universitätsdozent in Freiburg, ging er 1945 nach Hamburg, wo er seit 1947 als o . P r o f . der Kunstgeschichte lehrte. S. schrieb u. a. Die großen Meister der niederländischen Malerei des !5. Jahrhunderts (1938) und Über das Licht in der Malerei (1954).
Schönefeld,
Helmut, Militär, * 2 7 . 3 . 1916 Erlangen, t 15.4. 1997 Bonn. Der Sohn eines Theologen und Klassischen Philologen trat 1934 als Fahnenjunker in den Militärdienst ein. 1942 wurde er Generalstabsoffizier. Nach Kriegsende Maurer und Ziegeleiarbeiter in Westfalen, studierte er Bautechnik an der T H Hannover, war seit 1949 Diplomingenieur, 1950-55 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut f ü r Bauforschung in Hannover und wurde 1953 mit einer Arbeit über die arbeitstechnische und arbeitsphysiologische Rationalisierung herkömmlicher Bauarten promoviert. 1956 als Oberstleutnant in die Bundeswehr eingetreten, war S. in ihrem Führungsstab und im K o m m a n d o der Territorialen Verteidigung tätig. 1959-63 war er K o m m a n d e u r eines Pionierregiments, danach Referent für Rüstungsangelegenheiten im Führungsstab des Heeres und leitete seit 1966 die Unterabteilung Wehrtechnik Land im Bundesverteidigungsministerium. Seit 1966 Brigadegeneral, übernahm S. 1968 das K o m m a n d o über eine Panzergrenadier-Division, wurde 1968 Generalmajor, 1970 Generalleutnant und war bis 1976 Kommandierender General des II. Korps in Ulm.
Schönemann,
Daniel, Pseud. Sincere, Prediger, Liederdichter, * 1695 Greifswald, t 1737 Koppen bei Glogau. S. studierte in Rostock und war dann als Lehrer in Güstrow und Strelitz tätig. 1721 wurde er von —> Friedrich Wilhelm I. als Prediger nach Geltow bei Potsdam, 1725 als Pastor nach St. Georg in Berlin berufen, w o er Mitglied der Kgl. Akademie der Wissenschaften wurde. S. verfaßte zwei Sammlungen vorwiegend weltlicher Gedichte (Der Grünenden Jugend erste Früchte [...], 1718; Poetische Ergötzlichkeiten [...], 1718) und veröffentlichte seit 1721 ausschließlich geistliche Lieder. 1736 erschien Das so wichtige als heilsame Andencken des für aller Menschen Sünde leidenden und sterbenden Jesu [...], das mit 724 Strophen das längste geistliche Lied darstellt. CD Killy
S c h ö n e m a n n , Friedrich, Amerikanist, * 30.5. 1886
S c h ö n e , Walter (Paul), Zeitungswissenschaftler, * 5 . 6 . 1885 Dresden, f 2 7 . 4 . 1943 Leipzig. Nach dem mit der Promotion (Die Anfänge des Dresdner Zeitungswesens im 18. Jahrhundert) abgeschlossenen Studium des Zeitungswesens, der Statistik und Soziologie in Tübingen und Leipzig arbeitete S. beim Statistischen A m t in Leipzig, an der Handelskammer in Plauen und beim Presseamt in Leipzig, dessen Leiter er wurde. Er war Privatdozent für Zeitungskunde in Leipzig und 1924 Begründer und Herausgeber der Monatsschrift „Leipzig. Illustrierte Zeitschrift für Kultur, Wirtschaft und Verkehr". S. veröffentlichte u . a . Die Zeitung und ihre Wissenschaft (1928).
Cottbus, t 2 3 . 4 . 1 9 5 6 Husum. Nach Maurerlehre und Germanistikstudium seit 1905 in Berlin und Marburg wurde S „ Sohn eines Malermeisters, 1911 zum Dr. phil. promoviert (Achim von Arnims geistige Entwicklung [...]), lehrte 1912-20 an der Wesleyan und an der Harvard University in den U S A und war 1921-26 Lektor für Englisch in Münster, w o er sich 1923 für Amerikanistik habilitierte (Mark Twains literarische Persönlichkeit). 1926 wurde S. Dozent und Leiter der Amerika-Abteilung des Englischen Seminars der Univ. Berlin, 1930 a . o . P r o f . , lehrte 1936-45 als o . P r o f . der Amerikanistik und war seit 1933 auch Dozent an der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin. 1933 trat er in die N S D A P ein. Nach d e m Zweiten Weltkrieg ließ er sich als Privatgelehrter in Husum nieder. 1950-54 gehörte er für die F D P dem Landtag von Schleswig-Holstein an. S. veröffentlichte u . a . Die Kunst der Massenbeeinflussung in den Vereinigten Staaten (1924, 2 1926), Die Vereinigten Staaten von Amerika (2 Bde., 1932) und England gegen Amerika (1940). CD N D B
Schöne, Wolfgang, Kunsthistoriker, * 11.2. 1910
Schöneinann,
CD N D B
M a r b u r g / L a h n , t 17. 8 . 1 9 8 9 Hamburg. S., Vetter von Ernst —>Zinn, wurde 1938 in F r a n k f u r t / Main mit der Dissertation Dieric Bouts und seine Schule
Horst, Regisseur, * 19. 1. 1927 Elberfeld (heute zu Wuppertal), t 1 4 . 6 . 2 0 0 2 Dresden. S., Sohn eines Graphikers, wandte sich nach Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und Gefangenschaft dem Schauspieler-
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Schönemann beruf zu und spielte 1 9 4 7 / 4 8 am Stadttheater in Wernigerode. 1 9 4 8 / 4 9 ging er zur weiteren Ausbildung an die Schauspielschule des Deutschen Theaters in Berlin und war dort 1949-54 als Schauspieler und Regieassistent tätig; zu seinen Lehrern gehörte Wolfgang —> Langhoff. 1954-59 war er Oberspielleiter des Theaters der Bergarbeiter in Senftenberg, führte 1959-63 Regie am Maxim-Gorki-Theater in Berlin und hatte 1963-66 Oberspielleitung der vereinigten Bühnen Maxim-Gorki-Theater und Volksbühne in Berlin (Ost) inne. Seit 1966 Schauspieldirektor und stellvertretender Intendant des Landestheaters in Halle, wurde S. durch seine A u f f ü h r u n g e n sowohl von Klassikern als auch von Gegenwartsstücken bekannt, darunter zahlreiche Ur- und Erstaufführungen (u. a. Die neuen Leiden des jungen W. von Ulrich Plenzdorf). 1972 nahm er eine Stelle als Oberspielleiter am Deutschen Theater in Berlin an, wechselte 1979 als Schauspieldirektor an das Staatsschauspiel in Dresden und war dort 1983-93 Chefregisseur. Seit 1993 führte er freischaffend Regie, u. a. am Nationaltheater Weimar. S. wurde mit dem Kunstpreis der D D R (1959), d e m Kunstpreis der Stadt Halle (1967) und d e m Händel-Preis (1967) ausgezeichnet. Seit 1969 war er außerordentliches Mitglied der A k a d e m i e der Künste in Berlin.
Schönemann,
Johann Friedrich, Schauspieler, Theaterdirektor, * 2 1 . 1 0 . 1 7 0 4 C r o s s e n / O d e r , t 1 6 . 3 . 1 7 8 2 Schwerin. S. war seit 1725 Mitglied der Schauspieltruppe Förster und gehörte 1730-39 der Neuberschen Truppe an. 1739 gründete er in Lüneburg ein eigenes Ensemble, die Schönemannsche Schaubühne, mit der er Tourneen unternahm; sie wurde später von Conrad —>Ekhof geleitet. 1750-56 war S. Hofkomödiendirektor in Schwerin und zuletzt Rüstmeister beim Prinzen Ludwig von Mecklenburg-Schwerin. Seine Theaterstücke erschienen in der Neuen Sammlung von Schauspielen (2 Bde., 1754-57). CD Kosch: Theater
Schönemann,
Lili, eigentl. A n n a Elisabeth S., verh. Freifrau von Türckheim, Verlobte Goethes, * 2 3 . 6 . 1758 F r a n k f u r t / M a i n , t 6 . 5 . 1817 Krautergersheim bei Straßburg. —»Goethe lernte die Bankierstochter A n f a n g Januar 1775 bei einem Hauskonzert im Haus ihrer Mutter kennen, verlobte sich E n d e April inoffiziell und formlos mit ihr und löste das Verlöbnis bereits im Oktober. 1778 heiratete S. den Straßburger Bankier Bernhard Friedrich von Türckheim. Sie erscheint in dichterischer Verklärung in Goethes LiliGedichten (u. a. Neue Liebe, neues Leben, An Belinden, Litis Park, Wonne der Wehmut). Die frühen Weimarer Singspiele und Dramen Goethes (Erwin und Elmire, Claudine und Villa Bella, Stella) verarbeiten vermutlich Erlebnisse mit S. CO Frankf Biogr S c h ö n e n b e r g , Georg von, auch Schönenburg, Bischof von Worms, * 1 5 2 9 / 3 0 in der Diözese Trier, t 1 1 . 8 . 1 5 9 5 Speyer. S., Bruder von Johann von —»S., studierte seit 1543 in Heidelberg und seit 1546 in Freiburg. 1553 wurde er Domizellar am Mainzer Domstift, 1555 Domkanoniker, 1564 Dekan und 1582 Propst. 1543 war er Domherr und 1557-80 Dompropst in Worms und besaß weitere Pfründen u . a . in Speyer, Trier und Mainz. 1567-95 war er Domkapitular in Speyer, seit 1581 Bischof von Worms. Seine Amtszeit in Worms war geprägt von konfessionellen Streitigkeiten mit dem luth. Wormser Rat und der calvinistischen Kurpfalz. S. starb 1595 in Speyer als Stellvertreter Rudolfs II. auf dem dorthin ausgeschriebenen Reichsdeputationstag. CD Gatz 2
150
S c h ö n e n b e r g , Johann von, auch Schönenburg, Kurfürst und Erzbischof von Trier, * 1525 Burg Hartelstein (Eifel), t 1.5. 1599 Koblenz. S., Bruder von Georg von —>S., stammte väterlicherseits aus einer Ministerialenfamilie. 1538 wurde er Domizellar in Trier, 1548 Kapitular, 1567 Kustos und 1570 Propst des Trierer Domkapitels, 1561 Domherr in Münster. Mehrfach übte er das A m t des Rektors an der Univ. Trier aus. 1580 wurde S. zum ersten kurfürstlichen Statthalter von Trier ernannt und 1581 zum Erzbischof von Trier gewählt. Im selben Jahr ließ er sich zum Priester weihen. 1582 erhielt er die päpstliche Bestätigung als Erzbischof und als Administrator von Prüm. S.s Hauptanliegen war die R e f o r m von Kirche und Klerus, deren Höhepunkt die R e f o r m des Trierer Domkapitels in tridentinischem Sinne (1595) war. CD Gatz 2
Schöner,
Anton, Maler, * 14.3. 1866 Nürnberg, t 15.4. 1930 Berchtesgaden. Der Sohn eines Schneidermeisters besuchte die Kunstakademien in München und Berlin und wandte sich auf Anregung Franz von —»Lenbachs der Bildnismalerei zu. Nach Studienreisen, die ihn durch Deutschland, Österreich, Holland, Belgien, England und Frankreich führten, ließ sich S. als freischaffender Maler 1891 in Berlin nieder und lebte später in München. Er schuf u . a . Porträts von Adolph von —> Menzel, Lenbach und L u d w i g Ganghofer.
Schöner,
Georg Friedrich Adolph, Maler, Lithograph, * 2 4 . 1 2 . 1 7 7 4 Mansbach bei Hersfeld, t 1 0 . 3 . 1 8 4 1 Bremen. S. erhielt Unterricht bei seinem Onkel Conrad —> Geiger in Schweinfurt, setzte seine Ausbildung bei Anton —> Graff und Jacques-Louis David in Paris fort und lebte 1803-10 in der Schweiz, wo er 1804 ein Porträt - » P e s t a l o z z i s schuf. 1 8 1 0 / 1 1 hielt sich S. in Frankfurt und Straßburg auf, ging 1816 nach Halberstadt, 1820 nach Braunschweig und 1837 nach Bremen. Er war vorwiegend als Bildnismaler tätig. CD Lex Kunst
Schoener,
Johann, auch Schonerus, Mediziner, Militärarzt, Mathematiker, * 2 . 7 . 1597 Edinburgh, t 19.4. 1657 Stralsund. Der Sohn des aus Thüringen stammenden Leibarztes der Königin A n n a studierte Medizin und Mathematik in Edinburgh, Wittenberg und Frankfurt, wurde 1622 in Greifswald promoviert und im selben Jahr Prof. der Philosophischen, 1625 der Medizinischen Fakultät. Seit 1628 lehrte S. als Ordinarius für Mathematik in Greifswald, wurde 1630 auch Stellvertreter des Ordinarius f ü r Medizin und war seit 1633 Ordinarius für Medizin. 1637 ging er nach Stralsund und wurde General-Archiater der schwedischen Kriegsvölker in West-Pommern. S. veröffentlichte u. a. Disputatio medica de natura et cura pestilentiae (mit Michael Ludecus, 1633).
Schöner,
Johann Gottfried, luth. Theologe, Liederdichter, * 15.4. 1749 Rügheim bei Schweinfurt, t 2 8 . 6 . 1 8 1 8 Nürnberg. Der Pfarrerssohn studierte Theologie in Leipzig und Erlangen, war vorübergehend als Hauslehrer und Hofmeister tätig und wurde in Nürnberg 1773 Frühprediger an der Margarethenkapelle, 1776 Diakonus an der Marienkirche und 1785 an St. Lorenz, wo er seit 1809 als Stadtpfarrer amtierte. 1 7 7 6 / 7 7 erlebte S. eine Erweckung, übernahm 1780 die Leitung der ersten „Partikulargesellschaft" der Deutschen Christentumsgesellschaft und gründete zusammen mit Johann Tobias Kießling 1804 eine Bibelgesellschaft, aus der 1823 der Zentralbibelverein in Bayern hervorging. S. schrieb zahlreiche Lieder und veröffentlichte neben Predigt- und Liedersammlungen Kinder- und Erbauungsschriften, CD B B K L
Schönfeld Schöner, Johannes, auch Carolostadius, Carolopolitanus, Astronom, Geograph, Mathematiker, * 16. 1.1477 Karls t a d t / M a i n , t 16.1. 1547 Nürnberg. S. studierte seit 1494 Medizin, Philosophie und Theologie in Erfurt, wurde 1498 Baccalaureus und war nach der Priesterweihe 1500 seit 1504 Kaplan in Bamberg, wo er eine kleine Druckerei besaß. 1526-46 war S. Prof. der Mathematik am Egidien-Gymnasium in Nürnberg. Er wurde vor allem bekannt durch mehrere Erd- und Himmelsgloben, die er seit 1515 herstellte und die als erste Globen „Amerika" zeigten. 1531-44 gab S. nachgelassene Schriften des Johannes —> Regiomontanus heraus. Zu seinen eigenen Veröffentlichungen gehören Equatorii Astronomici (1522) und Opusculum Astrologicum (1539). ED N D B Schönerer, Alexandrine von, Künstlername: von Alexander, österr. Schauspielerin, Theaterdirektorin, Regisseurin, * 15.6. 1850 Wien, t 28. 11. 1919 Wien. Nach ihrer Schauspielausbildung bei August —»Förster debütierte S., Sohn eines Eisenbahnunternehmers und Schwester Georg von —> S.s, 1875 als Orsina in Emilia Galotti am Stadttheater in Baden, spielte dann als jugendliche Liebhaberin, Heroine und Salondame an verschiedenen deutschen und österr. Bühnen (u. a. in Hamburg, Bremen, Berlin und Graz) und erwarb 1884 von ihrem ererbten Vermögen das Theater an der Wien, das sie bis 1889 an den Librettisten Camillo —»Walzel verpachtete und dann selbst führte. Es wurde bald die führende Wiener Operettenbühne, an der u. a. Werke von Johann —> Strauß Sohn (Der Zigeunerbaron, 1885), Carl - > M i l l ö c k e r ( D e r arme Jonathan, 1890) und Carl —»Zeller (Der Vogelhändler, 1891) uraufgeführt wurden. Hervorzuheben sind auch die Wiener Erstaufführungen von Arthur Seymour Sullivans Der Mikado (1888), Bedrich Smetanas Die verkaufte Braut und die A u f f ü h r u n g von La Boheme (1897), mit der S. G i a c o m o Puccini in Wien einführte. 1900 verkaufte sie das Theater und zog sich ins Privatleben zurück. CD Ö B L Schönerer,
Georg Ritter von, österr. Landwirt, Politiker, * 17.7. 1842 Wien, f 14. 12. 1921 Schloß Rosenau bei Zwettl (Niederösterreich). S. Bruder von Alexandrine von —»S., betrieb seit 1861 landwirtschaftliche Studien in Tübingen und besuchte 1861-63 die Landwirtschaftliche A k a d e m i e in Hohenheim, 1863-65 die Höhere Landwirtschaftliche Schule in UngarischAltenburg. Seit 1869 verwaltete er das väterliche Landgut in Rosenau bei Zwettl, wo er einen landwirtschaftlichen Musterbetrieb aufbaute. 1873 wurde er für die deutsche Fortschrittspartei in das Abgeordnetenhaus des Reichsrats gewählt, trat 1876 aus dieser Partei aus und war seit 1879 Führer der deutschnationalen B e w e g u n g (der Alldeutschen) in Österreich. 1882 gründete er zusammen mit Franz Friedrich —»Masaidek und anderen den „Deutschnationalen Verein". 1878-83 gehörte er auch d e m Niederösterreichischen Landtag an. S. war heftiger Gegner des habsburgisch-österreichischen Patriotismus („Volksrecht bricht Staatsrecht"), der kath. Kirche und des Liberalismus; er vertrat eine völkisch-germanische Ideologie und einen radikalen Antisemitismus, k ä m p f t e für engen Anschluß an das Deutsche Reich, war ein Vorkämpfer der L o s - v o n - R o m - B e w e g u n g und trat selbst 1900 zum Protestantismus über. Seine Ideen haben später den jungen —> Hitler beeinflußt. 1882 bestimmte S. das deutschnationale, aber auch soziale und demokratische „Linzer P r o g r a m m " maßgeblich mit. Nach einem Überfall auf die Redaktion des „Neuen Wiener Tagblatts" 1888 zu einer viermonatigen Kerkerstrafe verurteilt sowie des Abgeordnetenmandats für fünf Jahre und des Adelstitels verlustig erklärt, mußte er die Führung der erstarkenden deutschnationalen B e w e g u n g anderen überlassen. 1897-1907 gehörte S. als einflußloser Außenseiter wieder dem Reichsrat an.
Seine politischen Organe waren die 1881 gegründete Zeitschrift „Deutsche Worte" (seit 1883 „Unverfälschte Deutsche Worte") und die Zeitungen „Alldeutsches Tagblatt" (1903 gegründet) und „Grazer Wochenblatt". 1917 erhielt S. durch eine Amnestie Kaiser —>Karl I.s sein Adelsprädikat zurück. Auf seinen Wunsch hin wurde er, ein Verehrer —»Bismarcks, der ihn jedoch schroff ablehnte, 1922 in der Nähe Bismarcks im Sachsenwald bei Hamburg beigesetzt. CD Ö B L
Schönewolf, Karl, Musikkritiker, * 12. 12. 1894 F r a n k f u r t / M a i n , t 2 8 . 8 . 1962 Berlin. Seine musikalische Ausbildung erhielt S. in Wiesbaden und am Konservatorium in Köln, studierte nach dem Ersten Weltkrieg Germanistik, Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie in Freiburg/Breisgau, Göttingen, München und Marburg und wurde 1923 mit der Arbeit Ludwig Tieck und die Musik. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Romantik zum Dr. phil. promoviert. Anschließend war er als Musikkritiker im Ruhrgebiet, Dresden, Hamburg und Breslau tätig, nahm am Zweiten Weltkrieg teil und kehrte 1947 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft nach Deutschland zurück. S. lebte als Musikkritiker und -Schriftsteller in Berlin und schrieb u. a. für das „Neue Deutschland", die „Berliner Zeitung", den „Sonntag" und den „ A u f b a u " . 1955 erschien sein zweibändiges Werk Beethoven in der Zeitenwende.
Schöney,
Lazarus, auch Schoeney, Shöney, Shoney, Pathologe, Militärarzt, * 18.10. 1838 Budapest, t 18.2. 1914 New York. S. studierte zunächst Philosophie und Theologie, dann Naturwissenschaften in Prag, wurde 1857 zum Dr. phil. promoviert und wanderte 1860 in die U S A aus, wo er 1861 ein Medizinstudium an der University of Pennsylvania begann, das er 1864 mit der Promotion abschloß. 1862-65 war S. während des Sezessionkriegs als Militärarzt tätig, kehrte nach Europa zurück, um sein Studium in Paris und Berlin fortzusetzen, und ließ sich dann endgültig in den U S A nieder. Er wirkte als Prof. der Pathologie und klinischen Mikroskopie am New York Eclectic Medical College und veröffentlichte vor allem histologische Abhandlungen. DP Ö B L
Schönfeld,
Alfred, Pseud. Alfred Feld, Theaterdirektor, Schriftsteller, * 3 0 . 3 . 1 8 5 9 Breslau, t 9. 12. 1916 Berlin. S. war seit 1879 als Schauspieler tätig, zuletzt in Berlin, wandte sich 1882 dem Journalismus zu und arbeitete u. a. für das „Berliner Tageblatt", das „Kleine Journal" und den „Berliner Lokal-Anzeiger". Als Dramaturg wirkte er am Zentralund Thomastheater sowie am Metropoltheater. 1899 übernahm S. mit Jean —»Kren die Direktion des Thalia-Theaters in Berlin, an d e m er auch als Dramaturg tätig war. Gemeinsam mit Kren schrieb er mehrere Possen, u. a. Papas Sommerreise (1896). CD D L L
Schönfeld,
Anton (Maria Emmerich Wilhelm) Frh. von, österr. Militär, * 3 . 7 . 1 8 2 7 Prag, t 7. I. 1898 Wien. S. trat 1838 in die Theresianische Militärakademie in Wiener Neustadt ein, nahm an den Feldzügen in Italien teil und wurde 1861 Generalstabschef eines Korps in Padua. Seit 1863 interimistischer Leiter der Zentralkanzlei des Reichskriegsministeriums, wurde er 1870 Generalmajor. Seit 1875 Feldmarschalleutnant, wurde S. 1876 Chef des Generalstabs und erarbeitete erste Aufmarschpläne gegen Rußland und Italien. Wegen Differenzen mit Erzherzog —> Albrecht wurde er 1881 seines Postens enthoben und als Militärkommandant nach Triest versetzt. Seit 1888 war er K o m m a n d a n t des 3. Korps in Graz, seit 1889 des 2. Wiener Korps. Seit 1886 Feldzeugmeister, wurde S. nach dem Tod Erzherzog Albrechts 1895 erster General-Truppeninspektor der k. u. k. Armee. CD Ö B L
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Schönfeld Schönfeld, A u g u s t , österr. R ö n t g e n o l o g e , * 4. 1. 1874 W i e n , t 2 9 . 5 . 1936 W i e n . D e r S o h n eines B u c h b i n d e r s Schloß d a s M e d i z i n s t u d i u m in Wien 1902 mit der P r o m o t i o n ab, w u r d e Distriktsarzt in N i e d e r ö s t e r r e i c h und arbeitete seit 1907 als S e k u n d a r arzt an der C h i r u r g i s c h e n A b t e i l u n g d e s V e r s o r g u n g s h e i m s d e r Stadt W i e n in Lainz, w o er d i e Leitung des 1909 eingerichteten s o g e n a n n t e n R ö n t g e n z i m m e r s ü b e r n a h m . 1910 w u r d e S. P r i m a r i u s und Vorstand d e s R ö n t g e n i n s t i t u t s a m noch im B a u befindlichen K a i s e r - J u b i l ä u m s - S p i t a l in W i e n L a i n z und w i r k t e hier bis 1933. E r v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Die Erkrankungen der Harnblase im Röntgenbilde (1925), Die Erkrankungen der Niere und des Ureters im Röntgenbilde (1926), Elektromedizin für Schwestern ( 1 9 2 9 ) und Ökonomie des Röntgenbildes (1929). DD O B L Schönfeld,
Carl (Emil), S c h a u s p i e l e r , Schriftsteller, * 4 . 2 . 1854 Pest (heute zu B u d a p e s t ) , t 1 7 . 4 . 1 9 3 4 Hübingen/Hunsrück. S. trat f r ü h an kleineren österr. u n d u n g a r i s c h e n B ü h n e n auf, w u r d e 1873 von Heinrich —»Laube an d a s W i e n e r Stadttheater e n g a g i e r t und spielte d a n n a m H o f t h e a t e r in H a n n o v e r s o w i e an d e n Stadttheatern in H a m b u r g und B r e s l a u . Seit 1879 w a r er a m n e u g e g r ü n d e t e n T h a l i a - T h e a t e r in N e w York zu sehen, kehrte d a n n nach E u r o p a z u r ü c k und w u r d e nach E n g a g e m e n t s a m Stadttheater in L e i p z i g ( 1 8 8 2 - 8 4 ) und a m D e u t s c h e n T h e a t e r in P r a g ( 1 8 8 5 / 8 6 ) 1887 als E r s t e r L i e b h a b e r und B o n v i v a n t an d a s Stadttheater in F r a n k f u r t / M a i n verpflichtet, w o er bis 1895 tätig war, zuletzt a u c h als R e g i s s e u r u n d D r a m a t u r g . Z w i s c h e n 1895 und 1900 w a r er an v e r s c h i e d e n e n B ü h n e n S c h a u s p i e l e r und, meist n u r f ü r kurze Zeit, Direktor. 1900 w a r S. einige M o n a t e Direktor d e s St. G e o r g e ' s - H a l l - T h e a t r e in L o n d o n , seit 1903 a m T r i a n o n - T h e a t e r in Berlin. Er schrieb B ü h n e n s t ü c k e , u. a. d a s Lustspiel Mit fremden Federn ( 1 8 8 8 ) und den S c h w a n k Das Hochzeitsrennen (1900). HL K o s c h : T h e a t e r
und w a r hier 1 8 8 7 / 8 8 a m Kgl. S c h a u s p i e l h a u s , 1 8 8 8 - 1 9 0 4 a m L e s s i n g t h e a t e r , später a m L u s t s p i e l h a u s u n d a m T r i a n o n T h e a t e r verpflichtet. 1922-24 g e h ö r t e er d e m E n s e m b l e des L a n d e s t h e a t e r s in G o t h a an und w a r zuletzt a u c h als R e g i s s e u r tätig. CD K o s c h : T h e a t e r
Schönfeld,
G r e g o r , luth. T h e o l o g e , * 1559 Z a h n a bei Wittenberg, t 24. 11. 1628 Kassel. N a c h d e m B e s u c h der F ü r s t e n s c h u l e in M e i ß e n studierte S. T h e o l o g i e in Wittenberg, w u r d e Prediger in Delitzsch u n d w a r d a n n S u p e r i n t e n d e n t und H o f p r e d i g e r K u r f ü r s t —> C h r i stians I. von S a c h s e n in D r e s d e n . D o r t galt er w e g e n seiner V e r b i n d u n g zu N i k o l a u s —> Crell als K r y p t o c a l v i n i s t und m u ß t e die Stadt nach d e m T o d d e s K u r f ü r s t e n 1591 verlassen. S. w u r d e H o f p r e d i g e r des L a n d g r a f e n —> W i l h e l m I V . von H e s s e n - K a s s e l , lehrte nach dessen Tod als Prof. der T h e o l o g i e a m N e u e n C o l l e g i u m M a u r i t i a n u m in Kassel, w o er auch S u p e r i n t e n d e n t war, und vermittelte in d e n K o n f l i k ten z w i s c h e n R e f o r m i e r t e n und L u t h e r a n e r n in O b e r h e s s e n . M i t der S y n o d e von 1607 f ü h r t e er d i e r e f o r m i e r t e L e h r e in H e s s e n - K a s s e l ein und w i r k t e seit 1608 als Erster Prof. der T h e o l o g i e in M a r b u r g . 1611 w u r d e S. z u m Konsistorialpräsidenten e r n a n n t . • • ADB
Schoenfeld,
G u s t a v ( A d o l f ) , M e d i z i n e r , * 1839 T h o r n , t 1 2 . 3 . 1895 Berlin. S. studierte seit 1858 M e d i z i n in L e i p z i g u n d Berlin, w o er 1862 p r o m o v i e r t w u r d e (De paralysibus hystericis) und e i n i g e Zeit als praktischer A r z t tätig war. 1872 w u r d e er K r e i s p h y s i k u s in Z ü l l i c h a u , 1882 R e g i e r u n g s m e d i z i n a l rat in A r n s b e r g . Seit 1886 i m preuß. K u l t u s m i n i s t e r i u m tätig, w u r d e er M i t g l i e d der w i s s e n s c h a f t l i c h e n D e p u t a t i o n f ü r d a s M e d i z i n a l w e s e n und Vorsitzender der p h a r m a z e u t i schen P r ü f u n g s k o m m i s s i o n . S., der z u m G e h e i m e n M e d i zinalrat e r n a n n t w u r d e , war H e r a u s g e b e r des „ K l i n i s c h e n Jahrbuchs".
Schönfeld,
E d u a r d , A s t r o n o m , * 22. 12. 1828 H i l d b u r g h a u s e n ( T h ü r i n g e n ) , t 1.5. 1891 B o n n . S., S o h n eines Hausierers, studierte seit 1847 B a u w e s e n in Kassel, w u r d e 1849 von der T H H a n n o v e r w e g e n seiner B e t e i l i g u n g an den politischen U n r u h e n 1848 v e r w i e sen und studierte seit 1849 an d e r U n i v . M a r b u r g M a t h e matik, P h y s i k und A s t r o n o m i e . 1852 g i n g er nach B o n n , w a r seit 1853 Assistent Friedrich W i l h e l m Argelanders und w u r d e 1854 p r o m o v i e r t ( N o v a elementa Thetidis deducta ex observationibus annorum 1852 et 1853). 1857 habilitiert, war S. seit 1859 Prof. der A s t r o n o m i e und L e i t e r der S t e r n w a r t e in M a n n h e i m , seit 1875 in B o n n . Er w a r an der von A r g e l a n d e r b e g o n n e n e n B o n n e r D u r c h m u s t e r u n g beteiligt und erweiterte sie u m S t e r n e der südlichen E r d h e m i s p h ä r e ( S c h ö n f e l d - D u r c h m u s t e r u n g ) . S. b e s c h ä f t i g t e sich a u ß e r d e m mit d e r P o s i t i o n s b e s t i m m u n g von S t e r n e n und N e b e l n . Seit 1887 w a r er k o r r e s p o n d i e r e n d e s Mitglied der P r e u ß i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n . Z u seinen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n g e h ö r e n Astronomische Beobachtungen auf der Sternwarte der Königlichen Rheinischen FriedrichWilhelms-Universität zu Bonn (8 Bde., 1846-86, N a c h d r . 1980) und Atlas des nördlichen gestirnten Himmels für den Anfang des Jahres 1855 (mit F. W . A r g e l a n d e r und A d a l b e r t 4 Krüger, 1863, 1 9 6 6 ) . c n L e b e n s w e g e T h ü r , 3. Slg.
Schönfeld,
Franz Julius, S c h a u s p i e l e r , * 6 . 1 1 . 1851 K a r l s r u h e , t 1 1 . 6 . 1932 Berlin. D e r S o h n d e s S c h a u s p i e l e r e h e p a a r s L o u i s e und Karl - > S . w a r B a n k b e a m t e r in W i e n , b e v o r er 1874 von H e i n rich —»Laube f ü r d i e B ü h n e entdeckt w u r d e . Er spielte seit 1876 a m H o f t h e a t e r in Dresden, 1877-79 a m Wallnertheater in Berlin und 1 8 7 9 / 8 0 a m T h a l i a - T h e a t e r in H a m b u r g . 1880 erhielt S. ein E n g a g e m e n t a m H o f t h e a t e r in M a n n h e i m , trat seit 1884 a m D e u t s c h e n T h e a t e r in Berlin auf
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Schönfeld,
Herbert, Pädiater, Schriftsteller, * 1 1 . 1 0 . 1 8 9 4 Z w i c k a u , f 4 . 2 . 1979 T u t z i n g ( O b e r b a y e r n ) . S. studierte M e d i z i n in Jena, M ü n c h e n , H e i d e l b e r g und L e i p z i g , w u r d e 1920 p r o m o v i e r t ( U e b e r den Einfluß von Magnesiumchlorid auf die örtlich betäubende Wirkung des Novokains) und habilitierte sich 1930 in L e i p z i g f ü r Pädiatrie (Über den Einfluß der Ernährung auf die Blutmilchsäure und den Blutzucker des Säuglings). 1936 g i n g er als a. o. Prof. der K i n d e r h e i l k u n d e n a c h Berlin und w i r k t e seit 1951 als apl. Prof. an der Freien Universität. N a c h seiner P e n s i o n i e r u n g lebte S. in S e e s h a u p t u n d T u t z i n g a m S t a r n b e r g e r S e e und w a r schriftstellerisch tätig. Er v e r f a ß t e E r z ä h l u n g e n , E s s a y s und p h i l o s o p h i s c h e S c h r i f t e n , d a r u n t e r Erfahrung und Ganzheit (1962).
Schönfeld,
J o h a n n (Heinrich), Maler, Radierer, * vor 2 3 . 3 . 1 6 0 9 B i b e r a c h / R i ß , t 1 2 . 7 . 1684 A u g s b u r g . D e r S o h n eines G o l d s c h m i e d s w u r d e in M e m m i n g e n z u m M a l e r ausgebildet, u n t e r n a h m W a n d e r u n g e n nach Stuttgart und Basel u n d hielt sich 1 6 3 3 - 3 7 / 3 8 zu S t u d i e n z w e c k e n in R o m und e t w a bis 1649 in N e a p e l auf. N a c h Tätigkeiten in D r e s d e n und U l m lebte er seit 1652 in A u g s b u r g und entwickelte sich zu e i n e m d e r b e d e u t e n d s t e n Vertreter d e r M a l e rei des s ü d d e u t s c h e n B a r o c k . Er schuf Altarbilder, G e m ä l d e mit biblischen und m y t h o l o g i s c h e n T h e m e n , G e n r e s z e n e n , R a d i e r u n g e n u n d Z e i c h n u n g e n . Z u seinen W e r k e n g e h ö r e n u. a. d i e G e m ä l d e Gideon prüft sein Heer am Jordan, Der Raub der Sabinerinnen (um 1640), Der Triumph der Venus ( f r ü h e vierziger Jahre), Ecco homo und Josef bewirtet seine Brüder in Ägypten (gegen 1670) s o w i e d e r Altar mit d e n K i r c h e n v ä t e r n G r e g o r und H i e r o n y m u s , hl. B i s c h ö f e n und M ö n c h e n (1669, Salzburg, D o m ) . t u NDB
Schönfelder Schönfeld, Karl, Schauspieler, Regisseur, * 15.12. 1819 Augsburg, t 6 . 1 0 . 1885 Wien. Der aus einer Schauspielerfamilie stammende S. debütierte 1837 in Augsburg, w o sein Vater Theaterdirektor war, spielte seit 1844 am Hoftheater in Karlsruhe und wurde 1872 gemeinsam mit seiner Frau Louise —»S. von Heinrich —» Laube an das Wiener Stadttheater engagiert. Seit 1873 wirkte er dort vorwiegend als Regisseur und war 1 8 7 9 / 8 0 Mitglied des Regiekollegiums. 1880 zog sich S. von der Bühne zurück. Er war der Vater von Franz Julius —» S. Schönfeld,
Louise, geb. Krauth, Schauspielerin, * 19.9. 1826 Karlsruhe, t 16.5. 1903 Tulln (Niederösterreich). S. spielte seit 1843 am Hoftheater in Karlsruhe, dessen Ensemblemitglied sie bis 1872 war, und hatte besonders im klassischen Rollenfach Erfolge, u. a. als Gretchen im Faust, als Amalie in den Räubern und als Käthchen von Heilbronn. 1872 kam sie an das Stadttheater in Wien, brillierte hier u. a. als Frau Tjälde in Bj0rnstjerne Bj0rnsons Ein Fallissement und wurde 1880 an das Burgtheater verpflichtet, an dem sie bis zu ihrem Abschied von der B ü h n e 1896 auftrat. S. war seit 1847 mit Karl —>S. verheiratet und Mutter von Franz Julius —>S. DO Ö B L
Schönfeld,
Luise Gräfin von, geb. Neumann, Schauspielerin, * 7. 12. 1818 Karlsruhe, t 17. 10.1905 Rabensburg (Niederösterreich). Die Tochter des Schauspielerehepaars Karl N e u m a n n und Amalie —»Haizinger erhielt Schauspielunterricht bei ihrer Mutter und spielte seit 1835 am Hoftheater in Karlsruhe. Nach einem Gastspiel am Hofburgtheater in Wien 1838 wurde sie dorthin verpflichtet und war seit 1840 Hofschauspielerin. S., die vor allem in Lustspielen brillierte, zählte zu den Lieblingen des Wiener Publikums und hatte ihre großen Erfolge u . a . als Beatrice in Viel Lärm um Nichts und als Titelheldin in Minna von Barnhelm. Seit ihrer Heirat 1856 trat sie nicht mehr auf, lebte in Graz, seit 1869 vorwiegend in Wien und Kremsmünster. In ihrem Haus verkehrten u . a . Anastasius —»Grün, Karl von —»Holtei und Clara —»Schumann. DO Kosch: Theater
Schönfeld, Stephan von, auch Stephanus a Schonevelde, Arzt, Ichthyologe, * um 1560 Hamburg, t 1 1 . 3 . 1 6 3 2 . S., Sohn eines Arztes, begann 1581 das Studium der Medizin in Rostock, das er 1591 mit der Dissertation De scorbuto bei Heinrich van den Brock abschloß. Er ließ sich dann in Hamburg als Arzt nieder und unternahm später mit dem Hamburger Bürgermeister Hieronymus Vogeler eine Reise nach Italien, Österreich, Ungarn und B ö h m e n , die etwa 1595 endete. 1597 ging er nach Schleswig und wurde 1603 Leibarzt bei Herzog —»Johann Adolf von Schleswig-HolsteinGottorf, der ihn zur Erforschung der heimischen Fischwelt bewegte. Nach d e m Tod des Herzogs 1616 kehrte S. nach Hamburg zurück. 1624 veröffentlichte er seine Ergebnisse in dem Werk lchthyologia et nomenclaturae animalium marinorum, fluviatilium, lacustrium [...], das eine systematische deutsche Namensgebung sowie eine der ersten Zuordnungen des Wales zu den Säugetieren enthält und mit ihren Erstbeschreibungen verschiedener Arten einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Ichthyologie darstellt.
Schönfeld,
Walther (Heinrich Paul), Dermatologe, Venerologe, Medizinhistoriker, * 15.5. 1888 G e r s f e l d / R h ö n , t 2 6 . 3 . 1977 Heidelberg. Der Sohn eines Rechnungsrats studierte seit 1906 Medizin in Breslau, Würzburg, Rostock und München, wurde 1912 in Würzburg promoviert (Rhinitis hyperplastica oedematosa) und war bis 1920 Assistenzarzt an der dortigen Universitätsklinik. 1917 habilitierte er sich in Würzburg für Hautkrankheiten (Die Untersuchung der Rückenmarksflüssigkeit, ihre Methoden und ihre Ergebnisse mit besonderer Berücksichtigung der Syphilis), ging 1920 als a. o. Prof. nach Greifswald und wurde 1922 Ordinarius und Direktor der UniversitätsHautklinik. Seit 1935 lehrte er als Ordinarius f ü r Haut- und Geschlechtskrankheiten in Heidelberg. 1956 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Er veröffentlichte u . a . ein Lehrbuch der Haut- und Geschlechtskrankheiten (1938, '"1969, italien. 1955), Frauen in der abendländischen Heilkunde (1947), Atlas der Hautund Geschlechtskrankheiten (mit Walter —»Frieboes, 1949, 3 1966, engl. 1966, italien. 1967), Kurze Geschichte der Dermatologie und Venerologie und ihre kulturgeschichtliche Spiegelung (1954) und Körperbemalen, Brandmarken, Tätowieren (1960). CD N D B
Schönfeld,
Walther, Jurist, Rechtsphilosoph, * 19.5. 1888 Ober-Baumgarten (Schlesien), t 2 4 . 2 . 1 9 5 8 Tübingen. S., Sohn eines Pastors und späteren Lehrers, studierte Rechtswissenschaften in Göttingen, Leipzig und Breslau, wurde 1911 promoviert (Die Teilnahme von Zivil- und Militärpersonen an gemeinen und militärischen Delikten in strafrechtlicher und prozessualer Bedeutung) und legte 1914 in Berlin das Assessorexamen ab. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg war er 1919-21 Assistent von Ulrich —»Stutz in Berlin und habilitierte sich 1921 in Breslau für Deutsches Recht, Kirchenrecht und Rechtsphilosophie. 1922 wurde er o . P r o f . in Königsberg, 1925 in Greifswald und 1929 in Tübingen. S. gehörte 1927-33 der Deutschnationalen Volkspartei und seit 1932 dem „Stahlhelm" an (seit 1933 Reiter-SA) und trat 1933 in die N S D A P ein. 1945 suspendiert, studierte er bis 1947 Theologie und war dann als Pfarrer tätig, ehe er 1949 wieder in seine Professur eingesetzt wurde. S. war Mitherausgeber des „Archivs f ü r zivilistische Praxis" und veröffentlichte u. a. Die logische Struktur der Rechtsordnung (1927), Von der Rechtserkenntnis (1931), Das Rechtsbewußtsein der Langobarden auf Grund ihres Edikts (1934) und Die Geschichte der Rechtswissenschaft im Spiegel der Metaphysik (1943, unter dem Titel Grundle2 gung der Rechtswissenschaft, 1951). cd NDB S c h ö n f e l d e r , Adolph, Politiker, * 5 . 4 . 1 8 7 5 Hamburg, t 3 . 5 . 1 9 6 6 Hamburg. Der Sohn eines Polizeibeamten erlernte das Zimmererhandwerk und übte diesen Beruf bis 1905 aus. 1902 schloß sich S. der S P D an und wurde 1905 Vorsitzender des Zentralverbands der Zimmerer Deutschlands. 1919-33 war er Mitglied der Hamburger Bürgerschaft, 1925-33 Senator und 1926-33 Präses der Hamburger Polizeibehörde. 1 9 4 5 / 4 6 war S. Zweiter Bürgermeister von Hamburg und 1946-60 Präsident der Bürgerschaft; 1 9 4 8 / 4 9 war er Alters- und Vizepräsident des Parlamentarischen Rats. m Hamburg Biogr, Bd 2
Schönfeld,
Victorin, Mathematiker, Mediziner, Astrologe, * 1525 Bautzen, t 13.6. 1591 M a r b u r g / L a h n . S. studierte Mathematik, dann Medizin in Wittenberg, wo er 1554 Baccalaureus, 1557 Magister wurde, und lehrte seit 1557 als Prof. der Mathematik in Marburg und seit 1566 als Prof. der Medizin. Er veröffentlichte u . a . Ein kurtz und heylsams Regiment, wie sich ein jeder in zeit regierender Pestilentz halten und sich dafür [...] bewahren soll (1584, auch 1586).
S c h ö n f e l d e r , Heinrich (Ernst), Jurist, * 16.7. 1902 Nossen (Sachsen), t 3 . 7 . 1944 bei Canossa (Prov. MassaCarrara). S., Sohn eines Wäschefabrikanten, bezog 1916 die Fürstenschule St. A f r a in Meißen und studierte seit 1922 Rechtswissenschaften in Tübingen und Leipzig, wo er 1927 mit der Dissertation Die Veredelung der Diktatur. Die italienische Wahlreform vom Jahre 1923 promoviert wurde. 1930
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Schoenflies trat er als Gerichtsassessor in den sächsische Justizdienst ein und wurde 1934 Amtsgerichtsrat in Dresden. Seit 1933 war er Mitglied der N S D A P . 1940 eingezogen, war er seit 1943 als Kriegsgerichtsrat in Italien eingesetzt. S. wurde vor allem mit selbstentwickelter Ausbildungsliteratur für Jurastudenten und mit Werken für die juristische Praxis bekannt. 1929-33 veröffentlichte er in 12 Heften die bis heute fortgeführte Reihe Prüfe Dein Wissen. Rechtsfälle und Fragen mit Antworten·, bis 1933 legte er sechs Hefte der Reihe, die an der Judikatur des Reichsgerichts ausgerichtet war, in zweiter, umgearbeiteter oder neubearbeiteter Auflage vor. 1931 gab S. Deutsche Reichsgesetze. Sammlung des Zivil-, Straf-, Verfahrens- und Staatsrechts für den täglichen Gebrauch heraus, die für Studium und Rechtspflege maßgeblich wurde („der Schönfelder"); ab der 4. Auflage 1935 erschien das Werk als Loseblattausgabe. Die letzte von S. betreute 17. Auflage erschien 1943. erschien. 1944 wurde S. bei einer Dienstfahrt von Partisanen erschossen. CD N D B
Schoenflies,
Arthur (Moritz), Mathematiker, Kristallograph, * 17.4. 1853 Landsberg/Warthe, f 2 7 . 5 . 1928 Frankfurt/Main. Nach d e m 1877 mit der Promotion (Synthetisch-geometrische Untersuchungen über Flächen zweiten Grades und eine aus ihnen abgeleitete Regelfläche) abgeschlossenen Studium der Mathematik in Berlin war S., Sohn eines Zigarrenfabrikanten, dort und in Colmar als Gymnasiallehrer tätig, habilitierte sich 1884 in Göttingen und lehrte dort seit 1892 als a. o. Professor. 1896 wurde S. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Seit 1899 war er o. Prof. in Königsberg, 1914-22 in F r a n k f u r t / M a i n , wo er an der Gründung der Univ. beteiligt war ( 1 9 2 0 / 2 1 Rektor). S. lieferte wichtige Arbeiten zur Mengenlehre, zu deren Axiomatik er beitrug, sowie zur mengentheoretischen Topologie und zur Geometrie. Er befaßte sich auch mit kristallographischen Fragen, konnte fast alle Raumgruppentypen herleiten und veröffentlichte u. a. Kristallsysteme und Krystallstructur (1891, Nachdr. 1984) und Theorie der Kristallstruktur. Ein Lehrbuch (1923). Weite Verbreitung fand seine Einführung in die mathematische Behandlung der Naturwissenschaften (1895, " 1 9 3 1 , mit Walther - > N e r n s t ) . Nach S. wurden die Schoenflies-Symbole zur Kennzeichnung der 32 kristallographischen Punktgruppen (Kristallklassen) und 230 R a u m gruppen benannt. 1908 formulierte S. den „Satz von Schoenflies". m NDB
Schöngarth,
Eberhard, Politiker, * 2 2 . 3 1903 Leipzig, t 11.2. 1946 Hameln. S., Sohn eines Brauers, nahm 1920 in einem Freikorps am Kapp-Putsch teil, trat nach d e m Abitur 1922 der N S D A P (bis 1923) und der SA bei und war zunächst Bankangestellter in Erfurt. Seit 1924 studierte er Rechts- und Staatswissenschaften in Leipzig, wurde 1929 zum Dr. jur. promoviert und war seit 1932 Gerichtsassessor in Magdeburg, Erfurt und Torgau. Seit 1933 Mitglied der SS und erneut der N S D A P , kam er nach einer Tätigkeit bei der Reichspostdirektion in Erfurt 1935 zur Presseabteilung des Geheimen Staatspolizeiamtes und leitete seit 1936 die Staatspolizeistellen in Dortmund, Bielefeld und Münster. Seit 1939 Inspekteur der Sicherheitspolizei und des S D in Dresden, seit 1940 zusätzlich im Sudetenland, wurde S. 1941 Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des S D im „Generalgouvernement", 1944 in den Niederlanden. 1946 wurde er von einem britischen Militärgericht wegen der Hinrichtung eines alliierten Soldaten zum Tod verurteilt und hingerichtet. tap Holocaust
Schoenhals,
Albrecht (Moritz James Karl), Schauspieler, Mediziner, * 7 . 3 . 1888 Mannheim, t 5 . 1 2 . 1978 BadenBaden. Der Sohn eines Stabsarztes studierte an der Kaiser-WilhelmAkademie für das militärärztliche Bildungswesen und an der
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Charite in Berlin, wurde im Ersten Weltkrieg als Militärarzt eingesetzt und 1918 promoviert (Die Dupuytrensche Fingerkontraktur). Wegen einer schweren Armverletzung konnte er nicht Chirurg werden. S. nahm Schauspielunterricht bei Eduard von —> Winterstein, debütierte 1920 als Orest in Iphigenie aufTauris in Freiburg/Breisgau, war als Jugendlicher Held am Stadttheater in Halberstadt engagiert und spielte 1921-24 wieder in Freiburg. 1925 trat er am Neuen Theater in F r a n k f u r t / M a i n , 1926-28 am Stadttheater in Dortmund auf und war seit 1928 an den Hamburger Kammerspielen, später am dortigen Thalia-Theater tätig. 1934 begann er seine Filmkarriere als Fürst Woronzeff in dem gleichnamigen Ufa-Film und spielte dann u . a . in Arzt aus Leidenschaft (1936) und Frau ohne Vergangenheit (1939) mit. Als sich S. 1941 weigerte, in dem Propagandafilm Jud Süß mitzuwirken, endete seine Filmkarriere im „Dritten Reich". Nach Kriegsende wieder als Schauspieler tätig, gab er Gastspiele in Zürich, Basel und Stockholm und übernahm Film- und Fernsehrollen. S. übersetzte französische Stücke, u . a . Jean Giraudoux' Undine (1949). Seine Memoiren, die er gemeinsam mit seiner Frau, der Schauspielerin Anneliese Born geschrieben hatte, erschienen 1970 unter d e m Titel Immer zu zweit C1977). c n Cinegraph S c h ö n h e i m e r , Rudolf, Pathologe, Biochemiker, * 10.5. 1898 Berlin, t 11.9. 1941 N e w York. Nach dem 1922 in Berlin mit der Promotion ( Ü b e r die experimentelle Cholesterinkrankheit der Kaninchen) abgeschlossenen Studium der Medizin war S., Sohn eines Gynäkologen, Assistent an den Pathologischen Instituten in Berlin ( 1 9 2 2 / 2 3 ) , Leipzig (1923-25) und Freiburg/Breisgau (1926-33), wo er sich 1928 für Biochemie habilitierte (Chemische und experimentelle Untersuchungen über die Atherosklerose). 1930/31 arbeitete er an der Univ. Chicago. 1933 emigrierte er in die U S A und war zunächst Assistant, dann Associate Professor der Biochemie an der C o l u m b i a University. In seinen Forschungen befaßte sich S. mit Cholesterin und entwickelte 1935 die Methode der radioaktiven Isotopenmarkierung von Molekülen zum Nachweis der Stoffwechselwege von organischen Substanzen im Organismus. Zu seinen Veröffentlichungen gehört The dynamic state of body constituents (1942, Μ 949, Nachdr. York 1964). S. beging Selbstmord. m NDB
Schönherr, Johann Heinrich, Theosoph, * 3 0 . 1 1 . 1 7 7 0 Memel, t 15. 11.1826 Spittelhof bei Königsberg. Das Studium der Rechtswissenschaft und Philosophie in Rinteln, Leipzig und Königsberg brach S., Sohn eines Unteroffiziers, vorzeitig ab, wandte sich der Theosophie zu und entwarf ein System, das sich von —> Kants Rationalismus abgrenzen sollte. Obgleich eine direkte Beeinflussung nicht nachgewiesen werden kann, weist S.s System Gedanken von Jacob —> B ö h m e , Johann Albrecht —> Bengel, Friedrich Christoph - > O e t i n g e r und Emanuel Swedenborg auf. 1826 zog sich S. nach Spittelhof zurück. Er schrieb u . a . Der Sieg der göttlichen Offenbarung, vorbereitet zum ersten Male (1803). OP B B K L Schönherr,
Johannes, Pseud. Hanns Sirod, Schriftsteller, Lektor, * 2. 1.1894 Dresden, t 27. 10. 1961 Leipzig. S., Sohn eines Handwerksmeisters, nahm nach einer Ausbildung zum Volksschullehrer am Ersten Weltkrieg teil und war dann Hilfs-, später Volksschullehrer in Leipzig. Seit 1925 veröffentlichte er literarische und journalistische Texte, u. a. im „Vorwärts" und in der Zeitschrift „Die Büchergilde". 1927 wurde er verantwortlicher Lektor der Büchergilde Gutenberg und Redakteur ihrer Zeitschrift; nach einem Dienstentlassungsverfahren aus politischen Gründen (1933) war er seit 1934 wieder als Lehrer tätig. 1947-49 war S. Lektor der Abteilung „Künstlerisches Wort" beim Mitteldeutschen
Schönhöfer R u n d f u n k , 1949-54 erneut Lehrer im Schuldienst. Er veröffentlichte u . a . den Gedichtband Herz der Zeit (1924) und den Antikriegsroman Der große Befehl (1933). A u f m e r k samkeit erregte der autobiographische R o m a n Befreiung. Geschichte eines jungen Mannes (1927, mit Illustrationen von Max —> Schwimmer). m Lex Sozialist Lit
Schönherr,
Joseph (Maximilian), österr. Maler, Kupferstecher, Radierer, * 7 . 2 . 1 8 0 9 Bozen, t 16.6. 1833 Wien. S. studierte 1827-29 bei Anton —»Petter und Joseph —»Redl an der Akademie der bildenden Künste in Wien, arbeitete bei Johann Georg —> Schedler in Innsbruck, bei dem er vor seinem Studium eine kostenlose zweijährige Lehre gemacht hatte, und brachte mit diesem eine M a p p e mit den Darstellungen der 2 3 kleinen Bronzestatuen der Hofkirche heraus. S. schuf zahlreiche topographische Blätter, u . a . Ansichten von Tirol in Aquatinta und ein Panorama von Innsbruck. Er starb während eines Aufenthalts in Wien zum Erlernen der Lithographie an den Schwarzen Blattern. CP Ö B L
Schönherr,
Karl, österr. Schriftsteller, Mediziner, * 2 4 . 2 . 1867 A x a m s (Tirol), t 1 5 . 3 . 1 9 4 3 Wien. Der Sohn eines Dorfschullehrers studierte seit 1886 Germanistik und Klassische Philologie, seit 1887 Medizin in Innsbruck und Wien, wurde 1896 zum Dr. med. promoviert und war dann als Hilfsarzt in St. Pölten tätig. Später eröffnete S. eine Praxis in Wien, die er jedoch 1905 aufgab, um sich einer schriftstellerischen Tätigkeit zu widmen. Bereits als Student Schloß sich S. der B e w e g u n g „Jung Tirol" an, veröffentlichte mundartliche Gedichte und Geschichten aus den Tiroler Alpen (u.a. Allerhand Kreuzköpf, 1895), hatte 1900 mit dem Einakter Die Bildschnitzer einen ersten Bühnenerfolg und verfaßte bis zum E n d e des Ersten Weltkriegs mehrere, zum Teil sozialkritische Dramen mit Themen aus dem Volkstum und der Geschichte Tirols (u.a. Erde, 1907; Glaube und Heimat, 1910; Der Weibsteufel, 1915; Frau Suitner, 1916; Volk in Not, 1916). Neben Franz —> Kranewitter, Peter - » R o s e g g e r , Paula - » G r o g g e r und Franz - » N a b l zählte S. im frühen 20. Jh. in Österreich zu den erfolgreichsten Vertretern von zumeist im bäuerlichen Milieu angesiedelter Heimatliteratur. Seine größten Erfolge feierte er am Wiener Burgtheater, in dessen Auftrag zahlreiche Werke entstanden. S. veröffentlichte ferner Die Hungerblockade (1925) und Der Armendoktor (1927); sein letztes Stück erschien 1937 unter d e m Titel Die Fahne weht. 1911 und 1917 wurde S. mit dem Grillparzer-Preis ausgezeichnet. DP Killy
Schönherr, Karl Gottlob, Maler, * 1 5 . 8 . 1 8 2 4 L e n g e f e l d / Erzgebirge, t 9 . 7 . 1 9 0 6 Dresden. S. studierte 1839-41 an der Kunstakademie in Dresden, war 1841-51 Schüler in den Meisterateliers Julius —»Hübners und Eduard Julius Friedrich - » B e n d e m a n n und erhielt 1851 den Rompreis. 1852-54 setzte er seine Ausbildung in R o m fort, kehrte 1854 nach Dresden zurück und unterrichtete 1857-1900 an der dortigen Kunstakademie, seit 1864 als Professor. S. war Mitglied der kgl. Sächsischen Akademie der Künste. Er schuf u. a. Auferweckung der Tabea durch Petrus und Anbetung der Hirten, vier Friese im Altarraum in der Stadtkirche in Borna, Wandgemälde in der Kirche in Limbach, außerdem zahlreiche Altar- und Kanzelbilder und Kartons für Glasgemälde. c d Th-B Schönherr,
Louis (Ferdinand), Maschinenbauer, Fabrikant, * 2 2 . 2 . 1 8 1 7 Plauen/Vogtland, t 8 . 1 . 1 9 1 1 T h o ß f e l l / Vogtland. S., Bruder Wilhelm —»S.s, erlernte das Weberhandwerk, arbeitete als Drehjunge und besuchte 1 8 3 3 / 3 4 das Polytechnikum in Dresden. Seit 1836 mit seinem Bruder in einer Werkstatt an der Entwicklung von Webstühlen beteiligt, bereiste er 1837-39 Großbritannien und trat 1841 in die Sächsischen Maschinenbau-Kompagnie in Chemnitz ein. Seit 1844 im
Eisenwerk Erla tätig, produzierte S. dort erstmals auch Tuchwebstühle und wechselte 1849 zur Maschinenfabrik von Richard —> Hartmann. 1851 gründete er eine eigene Fabrik, die neuartige Webstühle herstellte und rasch expandierte. 1872 verkaufte S. das Unternehmen an die Sächsische Webstuhlfabrik AG, deren Aufsichtsratsvorsitz er übernahm. m NDB
Schönherr,
Max, österr. Komponist, Dirigent, * 23. 11. 1903 M a r b u r g / D r a u , t 13.12. 1984 Baden (Niederösterreich). Nach dem Studium am Konservatorium in Graz war S. Kontrabassist, dann Korrepetitor und Kapellmeister am dortigen Opernhaus, kam 1929 nach Wien und war bis 1931 Kapellmeister am Theater an der Wien, dann am Stadttheater und 1933-38 an der Volksoper. 1931 übernahm er die Leitung des Großen Wiener Rundfunkorchesters, dirigierte auch Orchester anderer Rundfunkanstalten und die Wiener Symphoniker. S. spielte zahlreiche Schallplattenaufnahmen ein, vor allem klassische Wiener Unterhaltungsmusik, aber auch Opern und Symphonien. Nach seiner Pensionierung studierte er Musikwissenschaft in Wien und wurde 1973 mit der Arbeit Carl Michael Ziehrer zum Dr. phil. promoviert. Er komponierte K a m m e r m u s i k , Orchesterwerke, Klavierstücke, Lieder und eine Oper. Bekannt wurde S. mit seinem Ballett Hotel Sacher (1957). c d Czeike
Schönherr,
(Christian) Wilhelm, Maschinenbauer, Fabrikant, 51 3 . 4 . 1802 Plauen/Vogtland, t 14. 10. 1876 Chemnitz. S., Sohn eines Webers, war nach einer Weberlehre (bis 1823), der Wanderschaft und einer Studienreise nach Großbritannien seit 1827 bei der Sächsischen Bobinetmanufaktur in Chemnitz tätig und entwarf u. a. einen Bobinetstuhl, den er 1836 zum Patent anmeldete. 1830 aus dem Unternehmen ausgeschieden, arbeitete er anschließend in der Sächsischen Maschinenbau-Compagnie bei Gottlieb —»Haubold und wurde mit der Entwicklung einer Universalmaschine zur Bearbeitung von Holz- und Metall zu einem Wegbereiter des Werkzeugmaschinenbaus. 1836 gründete er mit seinem Bruder Louis —>S. eine Maschinenbauwerkstatt in Niederschlema bei Schneeberg, mit der sie sich zunächst auf die Herstellung von fuß- und handgetriebenen Webstühlen spezialisierten. Z u s a m m e n mit seinem Bruder trat S. 1841 erneut in die Sächsische Maschinenbau-Compagnie ein und übernahm die Leitung einer Abteilung zur Herstellung mechanischer Webstühle. 1851 folgte er seinem Bruder in dessen Maschinenbauwerkstatt nach Chemnitz und beschäftigte sich mit technischen Verbesserungen der von ihnen entworfenen Maschinen sowie u. a. mit der Gründung von 200 Werkstätten in Sachsen zum Bau von „Fundamentalmaschinen".
Schönhöfer,
Robert, Bauingenieur, * 2 7 . 2 . 1 8 7 8 Böhmisch-Leipa, f 18. 1.1954 München. Nach dem mit der Promotion zum Dr.-Ing. abgeschlossenen Studium war S. 1899-1902 Assistent am Lehrstuhl für Wasserbau an der Deutschen T H Prag, hielt 1 9 0 1 / 0 2 Vorlesungen über Brückenbau und war anschließend als Ingenieur der Österreichischen Staatsbahnen tätig. 1908 wurde er zum Bau-Oberkommissär befördert und als Oberingenieur in die Brückenbauabteilung des Österreichischen Eisenbahnministeriums berufen, habilitierte sich im selben Jahr an der Hochschule f ü r Bodenkultur in Wien und war 1911-42 Ordinarius f ü r Brückenbau an der T H Hannover. S. veröffentlichte u. a. Die Haupt-, Neben- und Hilfsgerüste im Brückenbau (1911), Wirtschaftliche Stützung von Traggebilden (1931), Die Unterlagen für das Entwerfen von Brücken insbesondere für die wirtschaftliche Stützung (1948) und Neugestaltungen auf dem Gebiet des Auflagerbaues und auf verwandten Gebieten (1952).
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Schönhof Schönhof, Egon, österr. Jurist, Politiker, * 9 . 4 . 1 8 8 0 Wien, t 19. (?) 10.1942 Konzentrationslager Auschwitz. Das Studium der Rechtswissenschaften in Wien Schloß S. 1904 mit der Promotion ab, eröffnete 1911 eine eigene Kanzlei in Wien und Schloß sich nach der Rückkehr aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft 1920 der K P Ö an. Er wurde vor allem als Verteidiger von Strafprozessen mit politischem Hintergrund bekannt und engagierte sich stark für die KPÖ, u. a. in der Leitung des Vereins Österreichische Arbeiterhilfe, als Gründer des Bundes der Freunde des Sowjetunion und als Gründer und Leitungsmitglied der Österreichischen Roten Hilfe. Nach dem „Anschluß" Österreichs 1938 von den Nationalsozialisten verhaftet und in den Konzentrationslagern Dachau und Buchenwald interniert, wurde er 1942 kurz nach seiner Deportation nach Auschwitz ermordet. DP ÖBL
Schönhoff, Leopold, Journalist, * 1853 Wischau (Mähren), t 2 . 5 . 1 9 0 8 Wiesbaden. S. besuchte zunächst das Priesterseminar, wandte sich dann dem Journalismus zu und lebte als politischer Publizist sozialdemokratischer Gesinnung in Teplitz. In der zweiten Hälfte der achtziger Jahre ging er nach Berlin, wo er als Theater- und Kunstkritiker und Buchrezensent (u.a. für den „Vorwärts", den „Tag", die „Frankfurter Zeitung", die „Freisinnige Zeitung" sowie für die Zeitschrift „Der Kunstwart") tätig war. 1900 erschien eine Auswahl seiner 1889-99 in der „Frankfurter Zeitung" veröffentlichten Theaterkritiken unter dem Titel Kritische Theaterbriefe. CD ÖBL
Schönholz, Friedrich Anton von, Pseud. Dün(n)emann, Bellegno, österr. Schriftsteller, * 2 3 . 1 . 1 8 0 1 Wien, t 2 6 . 1 1 . 1 8 4 5 Leipzig. Der uneheliche Sohn eines Hofkriegsrats und der Witwe eines Sekretärs der ungarischen Hofkammer erhielt eine sorgfältige Erziehung im Hause seines Vaters und wurde Praktikant am Wiener, dann Fourier am Prager Militärinvalidenhaus. Nach vergeblichen Anstellungsversuchen (u. a. bei der Baudirektion in Pest) wandte sich der inzwischen verarmte S. einer schriftstellerischen Tätigkeit zu und ging 1830 mit seiner Frau, der Schauspielerin Wilhelmine Dün(n)emann, nach Deutschland. 1832-34 gab er in Berlin die „Universalzeitschrift" heraus, schrieb u.a. für das „Morgenblatt für gebildete Leser", die „(Neuen) Schlesischen Blätter" und den „Freihafen" und wurde 1837 Redaktionsmitglied des „Berliner Modenspiegels". Sein 1844 anonym in zwei Bänden erschienenes Werk Traditionen zur Charakteristik Oesterreichs, seines Staats und Volkslebens, unter Franz dem Ersten gilt als hervorragende kulturhistorische Quelle. DP ÖBL S c h ö n h u b e r , Franz, Journalist, Politiker, * 1 0 . 1 . 1 9 2 3 Trostberg (Oberbayern), t 27. 11.2005 Rottach-Egern. Nach dem Abitur 1942 trat S., Sohn eines Metzgers und Viehhändlers, in die Waffen-SS ein und nahm am Zweiten Weltkrieg teil. Nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft als Journalist tätig, wurde er später Chefredakteur der Münchner „tz", moderierte Fernsehsendungen im Bayerischen Rundfunk („Jetzt red i") und war zeitweise dessen stellvertretender Chefredakteur; 1975-81 saß er dem Bayerischen Journalisten-Verband vor. Nach Erscheinen seiner Autobiographie Ich war dabei (1982), die S. u.a. wegen der Darstellung der Waffen-SS Vorwürfe des Rechtsextremismus einbrachten, wurde er entlassen und mußte den Ehrenvorsitz des Bayerischen Journalisten-Verbandes abgeben; seine Sicht auf die Reaktionen auf das Buch schilderte er in Freunde in der Not (1983). 1983 war S. maßgeblich an der Gründung der Partei „Die Republikaner" beteiligt, deren Bundesvorsitzender er 1985 wurde; 1989-94 gehörte er dem Europaparlament an. 1990 als Parteivorsitzender zurückge-
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treten, wurde er im selben Jahr erneut in das Amt gewählt und nach weiteren innerparteilichen Streitigkeiten 1994 abgesetzt; 1995 trat S. aus der Partei aus und war danach vor allem als Publizist für rechtsgerichtete Organe tätig. Zu seinen weiteren Veröffentlichungen zählen Macht. Roman eines Freistaats (1985), LePen, der Rebell. Front National, Modell für Deutschland (1997), Welche Chance hat die Rechte ? Lehren aus Aufstieg und Niedergang der Republikaner (2002) und Die Volksverdummer. Persönliche Erfahrungen mit deutschen Medienleuten (2005).
Schönhuth, Ottmar Friedrich Heinrich, Pseud. Ottmar Heimlieb, F. H. Ottmar, Schriftsteller, * 6 . 4 . 1806 Sindelfingen, f 6.2. 1864 Edelfingen. Nach dem Besuch des Tübinger Stifts war S. seit 1829 Vikar in Pliezhausen, wurde 1830 Pfarramtsverweser in Hohentwiel und übernahm 1837 die Pfarrstelle in Dörzbach/ Jagst. 1842 wurde er Pfarrer in Wachbach, 1854 in Edelfingen. 1847-57 war S. Mitherausgeber der „Zeitschrift des historischen Vereins für die württembergischen Franken". Er betätigte sich als Erzähler und Lyriker, schrieb u.a. Der Erzähler vom Berge. Eine Sammlung unterhaltender und lehrreicher Geschichten der Vorzeit, für das Volk neu erzählt (2 Bde., 1834) und bearbeitete zahlreiche Volksbücher. CD DLL S c h o e n i c h e n , Walther, Biologe, * 18.7. 1876 Köln, t 22.11. 1956 Göttingen. S., Sohn eines Lehrers, studierte Naturwissenschaften in Halle, wurde 1898 promoviert (Der Darmkanal der Onisciden und Aselliden) und war bis 1913 im höheren Schuldienst tätig, zunächst an den Franckeschen Stiftungen in Halle, seit 1901 in Berlin. Seit 1913 war er Dozent für Biologie an der Akademie in Posen, 1915-22 stellvertretender Leiter des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht in Berlin und 1922-38 Direktor der Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen, später der Reichsstelle für Naturschutz. Daneben wirkte S. seit 1936 als Honorarprofessor an der Univ. Berlin und seit 1949 als Lehrbeauftragter an der TH Braunschweig. Durch die Einführung von Lehrgängen in Pflanzenphysiologie und die Herausgabe mehrerer Zeitschriften förderte er den Naturschutzgedanken. S. befaßte sich besonders mit Insekten, Samenpflanzen und Pflanzensoziologie. Er veröffentlichte u. a. Praktikum der Insektenkunde (1918, 3 1930), Deutsche Waldbäume und Waldtypen (1933), Biologie der geschützten Pflanzen Deutschlands (1940) und Natur als Volksgut und Menschheitsgut (1950).
Schönicke, Wilhelm, auch Schönick, Musiker, Musikpädagoge, * 1 1 . 1 1 . 1 8 5 0 Friesack (Mark Brandenburg), t 13.7. 1917 Berlin. Seine musikalische Ausbildung erhielt S. bei seinem Vater und am Kullakschen Konservatorium in Berlin; nach der Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 studierte er an der Kgl. Hochschule für Musik in Berlin. Seit 1878 war er an der Kgl. Hofoper tätig, 1878-1909 als Kammermusiker. Als Flötenvirtuose unternahm er Konzertreisen durch Deutschland, die Niederlande und Belgien. Später war S. ein geschätzter Musikpädagoge in Berlin. Er komponierte Werke für Flöte.
Schöniger, Wolfgang, Chemiker, * 4 . 8 . 1920 Karlsbad, t 24.2. 1971 Basel. S., Sohn eines Lehrers, studierte seit 1939 an der Univ. Prag Chemie, nahm 1940-42 am Zweiten Weltkrieg teil und wurde 1945 zum Dr. rer. nat. promoviert. Seit 1946 war er am Pregl-Laboratorium der Univ. Graz tätig und hielt sich 1951/52 zu Forschungszwecken in Schweden und den U S A auf. 1953 trat S., seit 1949 österr. Staatsbürger, in die
Schönkopf pharmazeutisch-chemische Abteilung der Sandoz A. G. und erhielt 1959 Prokura. Bekannt wurde er durch die Entwicklung einer nach ihm benannten Verbrennungsmethode mit Sauerstoff im geschlossenen System, die zur Messung radioaktiver Isotope in organischen Verbindungen verwendet wird. Er veröffentlichte u. a. Anleitung zur Darstellung organischer Präparate mit kleinen Substanzmengen (mit Hans —»Lieb, 1950, 2 1961, frz. 1953, poln. 1958, ungar. 1965). 1945 erhielt er den Fritz-Feigl-Preis der Österreichischen Gesellschaft für Mikrochemie. S. starb bei einem Unfall.
Schöning, Hans Adam von, Militär, * 1. 10.1641 Tamsel bei Küstrin, t 2 8 . 8 . 1 6 9 6 Dresden. Nach Studien in Wittenberg, Straßburg und Paris unternahm S. eine ausgedehnte Kavalierstour durch Europa, widmete sich seit 1665 der Verwaltung des väterlichen Guts Tamsel und trat 1667 in den Dienst des Kurfürsten —»Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Er kämpfte am Oberrhein gegen die Franzosen, wurde 1677 Generalmajor und zeichnete sich im Feldzug 1679 gegen die Schweden aus. 1684 wurde S. Generalleutnant und Gouverneur von Berlin, 1685 Geheimer Staats- und Kriegsrat und kommandierte 1686 das brandenburgische Hilfskontingent im Türkenkrieg Kaiser —> Leopolds I. Seit 1688 befehligte er als Feldmarschalleutnant die brandenburgische A r m e e am Oberrhein, wurde jedoch nach erbitterten Meinungsverschiedenheiten mit General Hans Albrecht von —>Barfus 1690 in Ungnaden entlassen und trat 1691 als Feldmarschall in die Dienste Kursachsens. 1692 wurde S. als mutmaßlicher Anhänger eines Bündnisses Kursachsen-Frankreich von kaiserlichen Soldaten in Teplitz entführt, zwei Jahre auf der Festung Spiegelberg bei Brünn festgehalten und erst nach dem Regierungsantritt Kurfürst -»Friedrichs August I. von Sachsen auf dessen Forderung freigelassen. S c h ö n i n g e r , Franz Xaver Leopold (Nikolaus), auch Schönninger, österr. Buchbinder, Globenbauer und -Verleger, getauft 27. 10.1790 Wien, t 2 9 . 1 . 1 8 7 7 Wien. S. erlernte bei seinem Vater, einem Kabinettsbuchbinder am Wiener Hof, das Buchbinderhandwerk und trat 1808 in das väterliche Geschäft ein, das er nach der Ablegung der Meisterprüfung 1823 übernahm. Er wandte sich der Herstellung von Globen zu, war vermutlich bereits an dem 1812 herausgebenenen ersten Wiener Serien-Erdglobus beteiligt und lieferte seit 1838 neuartige, aus Papierstoff gefertigte Hohlkugeln für die großen Erdkugeln Joseph —> Jüttners. Bis zur Mitte der fünfziger Jahre erweiterte S. das Produktionsprogramm u. a. um Himmels- und Mondgloben, Armillarsphären und Telluro-Lunarien. Er gilt als Initiator der serienmäßigen Globenerzeugung in Österreich. c d ÖBL
Schöningh, Eduard, Pseud. Anterson, F. A. Rixius, Durade, Verleger, * 1.11. 1888 Paderborn, t 21.8. 1966 Paderborn. Der Sohn von Ferdinand —>S. übernahm 1925 die Leitung des Schöningh Verlags, der bis 1933 zu den bedeutendsten Verlagen Deutschlands zählte. 1943 stellte S. die verlegerische Tätigkeit ein. Nach 1945 baute er das Unternehmen wieder auf und legte den Schwerpunkt auf das Schulbuchprogramm. Das 1936 abgegebene „Westfälische Volksblatt" wurde nach der Rückerstattung 1949 verkauft. c n NDB
Schöningh, Ferdinand (Friedrich Joseph), Verleger, * 16.4. 1815 Meppen, f 18.8. 1883 Paderborn. Der Sohn eines Justizamtmanns trat 1831 als Lehrling in den Verlag seines Großvaters Joseph Heinrich Coppenrath in Münster ein und arbeitete dort als Gehilfe, bis er 1842 die Leitung der Nasseschen Buchhandlung und Buchdruckerei in Soest übernahm, die er bald erwerben konnte. 1847
gründete S. in Paderborn eine Buch- und Kunsthandlung, 1850 eine Druckerei und einen Verlag mit einem Programm, das u. a. Schulbücher, pädagogische Werke und wissenschaftliche Werke verschiedener Bereiche umfaßte. S., der sich für die Verbreitung der kath. Volksbildung einsetzte, gründete das „Westfälische Volksblatt" (1849) als Stimme der Zentrumspartei, das bald überregionale Bedeutung erlangte. Er brachte u. a. die auf seine Bitte von Joseph von —> Eichendorff verfaßte Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands (2 Bde., 1857) und die Schriften Adolph —»Kolpings heraus. 1876 wurde die Sortimentsbuchhandlung an den Buchhändler Josef Esser verkauft. Der Verlag wurde von seinem Sohn Ferdinand (1856-1925) weitergeführt. CD Schulte
Schöningh, Ferdinand (Prosper Bernhard), Verleger, * 29. 10. 1923 Paderborn, t 2 4 . 5 . 2 0 0 0 Paderborn. S., Urenkel von Ferdinand —»S., wurde 1960 als Nachfolger seines Vaters Eduard —>S. Leiter des Verlags Ferdinand Schöningh in Paderborn und übernahm 1973 auch den Wilhelm Fink Verlag in München. Er baute vor allem den theologischen Schwerpunkt des Schöningh Verlags aus und unternahm die Herausgabe einer historisch-kritischen Ausgabe der Werke von Friedrich —>Schlegel. 1989 übertrug S. die Leitung des Paderborner Verlags an seinen Sohn, führte aber weiter den Wilhelm Fink Verlag.
Schöningh, Franz Joseph, Verleger, * 2 5 . 7 . 1 9 0 2 Paderborn, f 8. 12.1960 München. Der Enkel Ferdinand —>S.s studierte Wirtschaftswissenschaften in Freiburg/Breisgau, Berlin und München, wo er 1926 zum Dr. oec. publ. promoviert wurde (Die Rehlinger von Augsburg), war 1929-32 Assistent am Seminar für Wirtschaftsgeschichte der Univ. München und trat 1935 unter Carl —>Muth als stellvertretender Chefredakteur in die Redaktion der Zeitschrift „Hochland" ein, die 1941 ihr Erscheinen einstellen mußte. Danach war er stellvertretender Kreishauptmann in Tarnopol in der Zivilverwaltung des Generalgouvernements. 1945 wurde S. Mitherausgeber der „Süddeutschen Zeitung" in München, 1946 außerdem Herausgeber und Chefredakteur des wiederbegründeten „Hochland". DP Hachmeister
Schönke, Adolf, Jurist, * 20.8. 1908 Weißwasser (Niederschlesien), t 1.5. 1953 Freiburg/Breisgau. Das Studium der Rechtswissenschaften Schloß S., Sohn eines Tapeziermeisters, 1932 in Berlin mit der Promotion ab (Die Bindungs des Berufungsgerichts an das Urteil des Revisionsgerichts gemäß § 565 II ZPO) und habilitierte sich dort 1937 für Straf- und Zivilprozeßrecht. 1938 wurde er Ordinarius in Freiburg/Breisgau, wo er Straf- und Zivilprozeßrecht sowie ausländisches Recht lehrte. S. war Gründer des Freiburger Instituts für Ausländisches und Internationales Strafrecht, das seit 1966 als Max-Planck-Institut fortgeführt wurde. Er veröffentlichte u.a. Lehrbuch des Zivilprozeßrechts (1938), Zwangsvollstreckungsrecht (1940) und Strafgesetzbuch. Kommentar (1942; seit 1953 fortgeführt von Horst —> Schröder). m B W B , Bd 1
Schönkopf, Anna Katharina, genannt Käthchen und Annette, Jugendfreundin Goethes, * 22. 8.1746 Leipzig, t 20.5. 1810 Leipzig. S. war die Tochter eines Weinhändlers und Gastwirts, in die sich —> Goethe als Student in Leipzig verliebte. Das Verhältnis wurde im April 1768 freundschaftlich gelöst. Goethes erste größere Liebe (zwischen dem nur aus Dichtung und Wahrheit bekannten Gretchen und Friederike —»Brion) fand literarischen Niederschlag in dem nach S. benannten Liederbuch Annette (1767) und in dem Schäferspiel Die Laune
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Schönlank des Verliebten ( 1 7 6 7 / 6 8 ) . S. heiratete 1770 Christian Karl K a n n e , den späteren R a t s h e r r n und V i z e b ü r g e r m e i s t e r von Leipzig. m Wilpert: G o e t h e
Schönlank,
B r u n o , Journalist, Politiker, * 1 6 . 5 . 1 8 5 9 M ü h l h a u s e n ( T h ü r i n g e n ) , t 30. 1 0 . 1 9 0 1 L e i p z i g . S., S o h n eines Religionslehrers und K a n t o r s , studierte seit 1878 N a t i o n a l ö k o n o m i e , G e s c h i c h t e u n d P h i l o s o p h i e in B e r lin, Leipzig, Kiel und Halle, war n a c h der P r o m o t i o n z u m Dr. phil. 1882 (Hartley und Priestley, die Begründer des Associationismus in England) als H a u s l e h r e r tätig u n d Schloß sich 1883 der S o z i a l d e m o k r a t i e an. Er war d a n n R e d a k t e u r bei der „ F r ä n k i s c h e n T a g e s p o s t " , w u r d e 1892 Stellvertreter W i l h e l m —> L i e b k n e c h t s b e i m „Vorwärts" und 1893 C h e f r e d a k t e u r der „ L e i p z i g e r Volkszeitung", d i e sich unter seiner L e i t u n g zur b e d e u t e n d s t e n s o z i a l d e m o k r a t i s c h e n T a g e s z e i tung entwickelte. 1893-1901 war S. M i t g l i e d des R e i c h s tags. Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Zur Lage der arbeitenden Klasse in Bayern (1887), Grundsätze und Forderungen der Sozialdemokratie (mit Karl - > K a u t s k y , 1893, 4 1 9 0 7 ) und Sociale Kämpfe vor dreihundert Jahren ( 1 8 9 4 , 2 1 9 0 7 ) . S. w a r der Vater des Schriftstellers B r u n o - > S . CD N D B
Schönlank,
B r u n o (Franz G e o r g Paul Kurt), Schriftsteller, * 3 1 . 7 . 1 8 9 1 Berlin, f 1.4. 1965 Z ü r i c h . D e r S o h n des J o u r n l i s t e n und Politikers B r u n o —»S. b e s u c h t e e i n e L a n d w i r t s c h a f t s s c h u l e , war als H a n d w e r k s b u r s c h e und F a b r i k a r b e i t e r tätig und w u r d e in Stuttgart z u m B u c h h ä n d l e r ausgebildet. N a c h V e r w u n d u n g im Ersten Weltkrieg w a r er Mitarbeiter v e r s c h i e d e n e r s o z i a l d e m o k r a t i s c h e r Z e i t u n g e n in Berlin und schrieb zahlreiche G e d i c h t e (u. a. In diesen Nächten, 1917, 2 1918), R o m a n e und vor allem S p r e c h c h o r w e r k e ( u . a . Erlösung, 1919, 5 1 9 3 5 ; Großstadt, 1923, 4 1 9 2 9 ; Ein Frühlings-Mysterium, 1925). 1917-22 g e h ö r t e er der U S P D , d a n a c h w i e d e r der S P D an. N a c h der M a c h t ü b e r n a h m e d u r c h d i e Nationalsozialisten e m i g r i e r t e er in d i e S c h w e i z , w o er sich als freier Schriftsteller in Z ü r i c h niederließ. 1929 erschien sein R o m a n Agnes. DP N D B
Schönlaub,
(Johann) Fidelis, österr. B i l d h a u e r , * 2 4 . 2 . 1805 W i e n , t 20. 12. 1883 M ü n c h e n . Z u n ä c h s t bei s e i n e m Vater, e i n e m H o f b i l d h a u e r , a u s g e b i l det, studierte S. 1819-29 an d e r A k a d e m i e d e r b i l d e n d e n K ü n s t e in W i e n und w a r seit 1830 S c h ü l e r L u d w i g von —»Schwanthalers an der K u n s t a k a d e m i e in M ü n c h e n . G e m e i n s a m mit d i e s e m schuf S. d i e F i g u r e n g r u p p e n Österreich und Preußen f ü r die Walhalla bei R e g e n s b u r g . 1832 u n t e r n a h m er e i n e S t u d i e n r e i s e n a c h R o m , arbeitete 1833-35 i m Atelier S c h w a n t h a l e r s in M ü n c h e n und w a r u . a . an der plastischen A u s s t a t t u n g der P i n a k o t h e k und des T h r o n s a a l s der M ü n c h n e r R e s i d e n z beteiligt. 1835 g r ü n d e t e S. ein eigenes Atelier, w a n d t e sich b e s o n d e r s der K i r c h e n k u n s t zu und schuf u. a. d i e g e s a m t e s k u l p t u r a l e E i n r i c h t u n g von St. B o n i f a z in M ü n c h e n ( 1 8 4 6 - 4 8 ) s o w i e Plastiken f ü r d i e D o m e in R e g e n s b u r g u n d P a s s a u . 1839-49 vertrat er S c h w a n t h a l e r als Leiter d e r B i l d h a u e r k l a s s e an der A k a d e m i e in M ü n c h e n . CD Ö B L S c h ö n l e b e r , Gustav, Maler, * 3 . 1 2 . 1 8 5 1 Bietigheim ( W ü r t t e m b e r g ) , t 1 . 2 . 1 9 1 7 Karlsruhe. N a c h d e m B e s u c h des P o l y t e c h n i k u m s in Stuttgart w a n d t e sich S., S o h n eines K a u f m a n n s , 1870 der M a l e r e i zu, w a r bis 1873 S c h ü l e r A d o l f —> Liers in M ü n c h e n und u n t e r n a h m Studienreisen nach H o l l a n d , Italien und E n g l a n d . 1880 w u r d e er Prof. der L a n d s c h a f t s m a l e r e i an d e r A k a d e m i e der b i l d e n d e n K ü n s t e in Karlsruhe. S. w a r M i t g l i e d der A k a d e m i e n der K ü n s t e in Berlin, M ü n c h e n und D r e s d e n . Zu seinen Werken zählen u . a . Punta Madonetta, Herbsttage in Rapallo und Nordsee. CD B a d B i o N.F., B d 2
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S c h ö n l e i n , J o h a n n L u k a s , M e d i z i n e r , * 3 0 . 1 1 . 1793 B a m b e r g , t 22. 1. 1864 B a m b e r g . Der S o h n eines Seilermeisters studierte seit 1811 M e dizin in L a n d s h u t und W u r z burg und w u r d e 1816 mit der Arbeit Von der Hirnmetamorphose p r o m o v i e r t . N a c h zwei p r a k t i s c h e n Jahren in B a m b e r g , Jena, G ö t t i n g e n und M ü n c h e n w u r d e S. 1817 P r i v a t d o z e n t in W ü r z b u r g . Seit 1819 hielt er z u n ä c h s t stellvertretend den k l i n i s c h e n Unterricht f ü r M e d i z i n s t u d e n t e n an der U n i v . W ü r z b u r g a b und w u r d e 1824 o. Prof. u n d ärztlicher Leiter des Juliusspitals. A u s politischen G r ü n d e n 1832 seiner Ä m t e r e n t h o b e n , e m i g r i e r t e S. n a c h Z ü r i c h , w o er die P r o f e s s u r f ü r k l i n i s c h e M e d i z i n an der n e u g e g r ü n d e t e n U n i v . erhielt. 1840 f o l g t e er e i n e m R u f als O r d i n a r i u s an d i e U n i v . Berlin; zugleich w u r d e S. z u m Leibarzt von K ö n i g —> Friedrich W i l h e l m IV. e r n a n n t . Bald n a c h dessen T h r o n v e r z i c h t 1858 trat a u c h S. 1859 in d e n R u h e s t a n d und z o g in s e i n e H e i m a t s t a d t B a m b e r g , w o er 1864 verstarb. S.s A u s b i l d u n g e r f o l g t e in einer Zeit, als in der d e u t s c h e n M e d i z i n d i e s p e k u l a t i v e N a t u r p h i l o s o p h i e —> S c h e l l i n g s dominierte. S.s 1816 e n t s t a n d e n e Dissertation, eine Arbeit ü b e r v e r g l e i c h e n d e e m b r y o n a l e G e h i r n e n t w i c k l u n g bei S ä u g e tieren und M e n s c h e n , zeigte den d r e i u n d z w a n z i g j ä h r i g e n A r z t j e d o c h bereits als einen e h e r „ n a t u r h i s t o r i s c h " orientierten E m p i r i k e r (Von der Hirnmetamorphose). In s e i n e m 1 8 1 8 / 1 9 e n t s t a n d e n e n M a n u s k r i p t über den K e u c h h u s t e n b e s c h r i e b S. seine I d e e einer „ n a t u r h i s t o r i s c h e n " P a t h o l o gie, w o n a c h d i e k a u s a l e A n a l y s e k r a n k h a f t e r P r o z e s s e auf e i n e g e n a u e , a n a t o m i s c h und p h y s i o l o g i s c h f u n d i e r t e B e s c h r e i b u n g d e s zeitlichen und r ä u m l i c h e n K r a n k h e i t s v e r l a u fes zu g r ü n d e n sei. S . s schließlich nicht realisiertes Ziel sollte ein „natürliches K r a n k h e i t s s y s t e m " ä h n l i c h der b o t a n i s c h e n und z o o l o g i s c h e n Klassifizierung sein. S e i n e F o r s c h u n g s m e t h o d e war induktiv v e r a l l g e m e i n e r n d , j e d o c h nicht rein e m pirisch, d a er von E i n z e l f ä l l e n a u s g e h e n d „ i d e a l t y p i s c h e " K r a n k h e i t s v e r l ä u f e unter E i n b e z i e h u n g p a t h o a n a t o m i s c h e r B e f u n d e zu (re)konstruieren versuchte. Bereits seit 1826 n u t z t e er d i e n e u e n p h y s i k a l i s c h e n und k l i n i s c h - c h e m i s c h e n Untersuchungsverfahren wie Perkussion und Auskultation b z w . B l u t - und U r i n a n a l y s e n . S. gilt als d e r B e g r ü n d e r der zeitweise in der d e u t s c h e n M e dizin der dreißiger J a h r e des 19. Jh. t o n a n g e b e n d e n naturhistorischen S c h u l e , zu d e r e n Verdiensten d i e s y s t e m a t i s c h e E i n f ü h r u n g der exakten K r a n k e n b e o b a c h t u n g in den klinischen Unterricht u n d in die ärztliche D i a g n o s t i k s o w i e d i e A u f f a s s u n g d e r Krankheit als z u s a m m e n h ä n g e n d e r P r o z e ß g e h ö r t e n . B e d e u t s a m waren a u c h S.s D i f f e r e n z i e r u n g von T y p h u s a b d o m i n a l i s u n d F l e c k f i e b e r s o w i e seine 1839 verö f f e n t l i c h t e E n t d e c k u n g eines p a t h o g e n e n H a u t p i l z e s ( A c h o rion Schoenleinii). WERKE: Von der H i r n m e t a m o r p h o s e . W ü r z b u r g 1816. U e b e r Crystalle i m D a r m c a n a l bei T y p h u s a b d o m i n a l i s . In: M ü l l e r s A r c h i v ( 1 8 3 6 ) S. 2 5 8 - 2 6 1 . - Z u r P a t h o g e n i e der I m p e t i g i n e s . In: M ü l l e r s A r c h i v ( 1 8 3 9 ) S. 82. - J. L. S.s u n v e r ö f f e n t l i c h t e s M a n u s k r i p t über den „ K e i c h h u s t e n " . H u s u m 1986. LITERATUR: R u d o l f V i r c h o w : G e d ä c h t n i s s r e d e auf J. L. S. Berlin 1865. - J o h a n n a Bleker: D i e n a t u r h i s t o r i s c h e S c h u l e 1825-1845. Stuttgart 1981. - J o h a n n a Bleker: J. L. S. In: B e r l i n i s c h e L e b e n s b i l d e r . B d . 2: M e d i z i n e r . H r s g . v. Wilh e l m T r e u e / R o l f W i n a u . Berlin 1987, S. 51-69. - J o h a n n a B l e k e r : J. L . S. In: K l a s s i k e r der M e d i z i n . Hrsg. v. Dietrich von E n g e l h a r d t / F r i t z H a r t m a n n . M ü n c h e n 1991, Bd. 2,
Schönsperger S. 81-94. - J. L. S. und die Bibliotheca Schoenleiniana. Hrsg. v. Gottfried Mälzer. Würzburg 1994. - Johanna Bleker: S., J. L. In: Ärztelexikon. Hrsg. v. Wolfgang U. E c k a r t / Christoph Gradmann. München 1995, 322-324. Axel W. Bauer
Schönleutner,
Max, auch Schönleitner, Schönleithner, Schönleuthner, eigentl. Maximilian Joseph A d a m S., Agrarwissenschaftler, * 2 5 . 3 . 1 7 7 7 Prüfening (heute zu Regensburg), t 19.7. 1831 Schleißheim bei München. Der Sohn eines Warenbeschauers studierte 1797-1800 Rechtswissenschaften in Ingolstadt und Landshut, war Privatsekretär des bayerischen Bundestagsabgeordneten Johann A d a m von —»Aretin und wurde 1802 auf Veranlassung des Kurfürsten —»Maximilian IV. Joseph von Bayern zur landwirtschaftlichen Fachausbildung zu Albrecht Daniel —»Thaer nach Celle geschickt. 1803 wurde S. mit der Leitung des säkularisierten Klosterguts Weihenstephan betraut und war dort Lehrer an der forst- und landwirtschaftlichen Schule, die 1807 aufgelöst wurde. Seit 1811 war er für die Güter Schleißheim und Fürstenried verantwortlich. 1819 wurden die ihm übertragenen Staatsgüter als Musterwirtschaften anerkannt. 1824 wurde er Leiter der 1822 errichteten landwirtschaftlichen Lehranstalt in Schleißheim. S. gilt als der Begründer der wissenschaftlichen Schule der bayerischen Landwirtschaft. Er führte die Fruchtwechselwirtschaft ein und veröffentlichte u. a. Theorie des Ackerbaues nach physikalischen, durch vieljährige Erfahrungen geprüften Grundsätzen (1828). In Die landwirthschaftlichen Musterwirthschaften im Königreiche Bayern und ihre Gegner (1830) setzte sich S. vor allem gegen Vorwürfe von Maximilian —» Speck von Sternberg zur Wehr. HJ N D B
Schönmann,
Joseph, auch Schoenmann, österr. Maler, * 19.4. 1799 Wien, t 2 6 . 5 . 1 8 7 9 Wien. Seine künstlerische Ausbildung erhielt S., Sohn eines Krämers, an der A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien, erhielt 1819 und 1826 Hofpreise für Historienmalerei und lebte 1830-48 als kaiserlicher Pensionär in R o m , wo er sich unter dem Einfluß von Johann Friedrich —»Overbeck und Peter von —> Cornelius vom Klassizisten der Wiener FügerSchule zum romantischen Maler der spätnazarenischen Epoche entwickelte. 1848 kehrte S. nach Wien zurück, wurde im selben Jahr ordentliches Mitglied der Akademie der bildenden Künste und gehörte seit 1868 d e m Wiener Künstlerhaus an. Er schuf vorwiegend religiöse Werke, u . a . die Hochaltarbilder Bekehrung des hl. Paulus auf dem Wege nach Damaskus (1829) für die Döblinger Kirche und Hl. Joseph (1866) für die Laimgrubenkirche in Wien. 1879 erschienen seine Erinnerungen an Italien. D3 O B L
Schönmetzer,
Adolf, Jesuit, Theologe, * 2 0 . 4 . 1910 Kempten, f 23. 10.1997 Unterhaching. Seit 1930 Mitglied der Gesellschaft Jesu, war S. 1935-38 als Erzieher in St. Blasien tätig. Seine theologischen Studien machte er von 1938-43 in Innsbruck und Wien. Zu seinen Lehrern zählten Johann Baptist —»Umberg und Karl —»Rahner. 1940 wurde er z u m Priester geweiht, war Bibliothekar in M ü n c h e n und seit 1950 Mitarbeiter von Alois —»Grillmeier an der philosophisch-theologischen Hochschule der Jesuiten St. Georgen in F r a n k f u r t / M a i n . Seit 1960 war S. technischer Mitarbeiter der wissenschaftlichen Veröffentlichungen an der päpstlichen Univ. Gregoriana in Rom. 1957-60 erarbeitete er die 32.-36. Auflage von Heinrich —> Denzingers Enchiridion symbolorum, definitionum et declarationum de rebus fidei et morum (1963-76). Seit seiner Erblindung 1973 lebte S. in München. t u LThK
S c h ö n n , Alois, österr. Maler, Radierer, * 1 1 . 3 . 1 8 2 6 Wien, t 16.9. 1897 Krumpendorf (Kärnten). S., Sohn eines Kontrolleurs bei der Cameral-Verwaltung, war zunächst als Diurnist im Finanzministerium tätig, wo er mit kalligraphischen Arbeiten betraut wurde. 1 8 4 1 / 4 2 studierte er Gravur, 1845-48 Historienmalerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien und war u. a. Schüler Joseph von —»Führichs und Eduard van der —»Nülls. 1849 reiste S. nach Ungarn, hielt sich 1 8 5 0 / 5 1 in Paris auf, wo er von Horace Vernet beeinflußt wurde, und unternahm 1852 eine Reise in die Türkei, nach Ägypten und Tunis. Später folgten Studienreisen nach Sizilien und Holland. Seit 1861 war er Mitglied des Wiener Künstlerhauses, seit 1866 der Wiener Akademie der bildenden Künste und seit 1877 dort ehrenhalber a. o. Professor. S. trat vor allem als Veduten- und Genremaler hervor, u . a . mit Markt in Krakau und Das Theater in Chioggia. DO O B L
Schönnenbeck,
(Carl) Adolf, Maler, * 1 0 . 5 . 1 8 6 9 Stenkenberg bei Halver (Westfalen), t 30. 1. 1965 Waldbröl. Der Landwirtssohn besuchte 1886-93 die Düsseldorfer Kunstakademie, w o er Schüler Peter —»Janssens war, reiste 1902 mit einem Stipendium nach Italien und unternahm auch Reisen nach England, Holland, Belgien und Paris. S. lebte seit 1903 als freischaffender Künstler in Düsseldorf, erhielt 1918 den Professorentitel und wurde 1919 Mitglied der Düsseldorfer Akademie. Er schuf Genrebilder, Porträts und Lithographien, u. a. Bauern im Winter, Bohnenspieler und Mädchenkopf. c d Th-B S c h ö n p f l u g , Fritz, österr. Graphiker, Maler, Karikaturist, * 15.6. 1873 Wien, f 1 8 . 2 . 1 9 5 1 Wien. Zunächst Beamter, wandte sich S. im wesentlichen als Autodidakt der Malerei zu und pflegte besonders die Militärkarikatur und die Darstellung von Wiener Typen. 1905-41 war er Mitarbeiter an der von ihm begründeten satirischhumoristischen Wochenschrift „Muskete", daneben auch an den „Wiener Fliegenden Blätter", der „Bombe", d e m „Wiener Figaro" und dem Londoner „Sketch". Er war auch als Gebrauchsgraphiker tätig. 1906-36 war S. Mitglied des Wiener Künstlerhauses. 1949 wurde er zum Prof. ernannt. m Th-B/Vollmer
Schönsperger,
Johann d. Ä., Drucker, Verleger, * u m 1455 Augsburg, t 2 5 . 2 . 1521 Augsburg. Der einer K a u f m a n n s f a m i l i e entstammende S. lebte als Druckerverleger in Augsburg und war mit seiner 1481 gegründeten Druckerei vor allem auf den Nachdruck gut verkäuflicher, bebilderter deutscher Werke spezialisiert, u . a . des Narrenschiffs (1495) und der beiden Ausgaben der Schedeischen Weltchronik (1496). 1508 trat er in die Dienste Kaiser —»Maximilians I., der ihn mit d e m Druck der von ihm veranlaßten Veröffentlichungen betraute, darunter des von Melchior —»Pfinzing von Heusenfeid nach Entwürfen des Kaisers in Verse gesetzten Theuerdanks (1517 und 1519). S. war der Vater von Johann —»S. d . J . CD N D B
Schönsperger,
Johann d.J., auch Hans S., Drucker, Verleger, Schriftgießer, * um 1480 Augsburg, t 1543 Inningen bei Augsburg. Die Äusbildung zum Buchhändler und Buchdrucker erhielt S. vermutlich bei seinem Vater Johann —»S. d. Ä. in Augsburg. Seit 1502 als Verleger, seit 1510 auch als eigenständiger Drucker nachgewiesen, verlegte er bis 1522 vor allem Erbauungsliteratur, Wetter- und Arzneibücher sowie Schriften von —»Erasmus von Rotterdam. Danach druckte er hauptsächlich reformatorische Flugschriften, die er von Leipzig aus veröffentlichte. Aufgrund der hohen Ver-
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Schönstedt schuldung durch eine Betriebsgründung in Zwickau wurde S. 1525 während der Frankfurter M e s s e verhaftet. 1526 floh er vor seinen Gläubigern nach Augsburg, w o er die Schuldenkrise jedoch nicht mehr überwinden konnte. CD N D B
scher Architekten. 1938-45 lebte er im Exil in der Schweiz und in Jugoslawien und betrieb nach der Rückkehr erneut ein Architekturbüro in Wien. S. war der Vater von Wolfgang - > S . m Czeike
S c h ö n s t e d t , Karl (Heinrich) von, Politiker, * 6. 1. 1833 Broich beim M ü l h e i m / R u h r , t 31. 1. 1924 Berlin. S., Sohn eines Juristen, wurde nach dem Jurastudium in Bonn 1859 Assessor in Schwelm. Seit 1879 Direktor des Landgerichts F r a n k f u r t / M a i n , wurde er 1886 Chefpräsident des Oberlandesgerichts Celle und war seit 1894 preuß. Justizminister; in seiner Amtszeit wurde 1900 das Bürgerliche Gesetzbuch eingeführt. Nach d e m Königsberger Hochverratsprozeß starker sozialdemokratischer und linksliberaler Kritik ausgesetzt, trat S. 1905 zurück. DD N D B
Schönthal,
Schönstedt,
Walter, Pseud. Walter, Schriftsteller, * 14.2. 1909 Berlin, t nach 1952. Nach einer Bildhauerlehre war S. als Land- und Bauarbeiter in Berlin tätig, Schloß sich dem Kommunistischen Jugendverband und der Roten Jungfront an und war Mitarbeiter linksgerichteter Zeitungen und Zeitschriften. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten emigrierte er in die Schweiz, dann nach Frankreich, wo er zu den Begründern des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller im Exil gehörte und sich von der K P D abwandte. 1935 ging S. in die U S A , begann englische Kurzgeschichten zu schreiben und trat 1941 in die U S - A r m e e ein. 1945 war er Mitherausgeber der Buchreihe f ü r Kriegsgefangene „Neue Welt" und beteiligte sich an der Gründung der von Alfred —»Andersch und Hans Werner - ^ R i c h t e r herausgegebenen Zeitschrift „Der R u f . S. veröffentlichte Erzählungen ( u . a . Jugend befreit sich, 1931; Jungarbeiter Fritz Stein, 1933) und Romane, darunter Kämpfende Jugend (1932), Motiv unbekannt (1933) und Auf der Flucht erschossen. Ein SA-Roman (1934, Nachdr. 1981). 1950 unternahm S. eine Europareise und ist seit etwa 1952 verschollen; seine letzte bekannte Veröffentlichung erschien 1940 unter dem Titel The Cradle Builder. CO Spalek 2,1
Schönstein,
Karl Frh. von, österr. Sänger, Beamter, * 2 7 . 6 . 1 7 9 6 Ofen (heute zu Budapest), f 19.7. 1876 Aussee (Steiermark). Der Sohn eines Hofrats der ungarischen H o f k a m m e r schlug 1813 die Beamtenlaufbahn ein, war dann Konzeptspraktikant bei der ungarischen Statthalterei, seit 1816 bei der allgemeinen H o f k a m m e r in Wien und wurde nach einer Tätigkeit als Hofkonzipist 1826 Staatsratsoffizial, 1831 Hofsekretär. Seit 1839 niederösterreichischer Regierungsrat, trat S. 1856 als Ministerialrat im Finanzministerium in den Ruhestand. Als Mitglied des musikalischen Kreises im Hause seines Freundes Johann Karl Graf Esterhäzy wurde er mit seiner Tenorbaritonstimme eine Berühmtheit der Wiener Gesellschaft, lernte 1818 im Hause Esterhäzy —> Schubert kennen und widmete sich seither fast ausschließlich dessen Liedern, die S. auch in den Kreisen der Aristokratie bekannt machte. Schubert widmete ihm den Zyklus Die schöne Müllerin. Od M G G
Schönthal,
Otto, österr. Architekt, * 10. 8 . 1 8 7 8 Wien, t 3 1 . 1 2 . 1 9 6 1 Wien. S. studierte 1898-1901 als Schüler Otto - ^ W a g n e r s an der Akademie der bildenden Künste in Wien, war anschließend dessen Assistent und Mitarbeiter und gab seit 1908 die Zeitschrift „Der Architekt" heraus. Seit 1909 arbeitete er vorwiegend mit Emil Hoppe zusammen, mit d e m er 1926 die Friedensbrücke erbaute, lieferte selbständig den Entwurf zum 1900-05 errichteten Mozartbrunnen und war am Bau der Wohnhausanlage in Sandleiten (Ottakring) beteiligt. 1923-25 war S. Präsident der Wiener Künstlergenossenschaft, 1930-32 der Zentralvereinigung österreichi-
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Wolfgang, österr. Maler, Graphiker, * 2 3 . 5 . 1905 Wien, t 1 4 . 5 . 1 9 6 3 Wien. Der Sohn Otto —>S.s war Schüler Rudolf —»Bachers an der Akademie der bildenden Künste in Wien und unternahm Studienreisen nach Italien, Deutschland und in die Schweiz. 1946 wurde er Mitglied des Künstlerhauses, an dessen Ausstellungen er sich beteiligte. S. schuf Landschaften, Veduten, Architekturzeichnungen und Porträts. Er wurde u . a . 1950 mit dem Österreichischen Staatspreis f ü r Graphik und 1953 mit der Goldenen Medaille des Künstlerhauses ausgezeichnet. S c h ö n t h a l e r , Franz, österr. Bildhauer, Innenarchitekt, * 2 1 . 1 . 1821 Neusiedl bei Pernitz (Niederösterreich), t 26. 12. 1904 Gutenstein (Niederösterreich). S. machte eine bildhauerische, dann eine Kunsttischlerlehre in Wien, besuchte 1837-42 die Graveurschule an der Akademie der bildenden Künste in Wien und setzte seine Ausbildung 1845 in Prag und 1847 in Paris fort. Er wurde der angesehenste Dekorationsbildhauer der Ringstraßenära. S. war auch als Designer und Innenarchitekt tätig. 1861 wurde er Mitglied des Wiener Künstlerhauses, 1869 Hofbildhauer. Seine Firma F. Schönthaler & Söhne entwickelte sich z u m Großbetrieb und war an der Ausstattung fast aller bedeutender öffentlicher und privater Bauten in Wien beteiligt. S. wirkte u . a . an der Ausstattung des Stephansdoms, des Burgtheaters, des Arsenals, der Börse und der Hermesvilla mit. ED Ö B L
Schönthan von Pernwaldt,
Franz, Künstlername: Franz von Schönthan, österr. Schauspieler, Schriftsteller, * 2 0 . 6 . 1849 Wien, f 2 . 1 2 . 1 9 1 3 Wien. Der Sohn eines Eisenhändlers und N e f f e von Franz Seraph Simon —»S. v. P. besuchte die Marineschule und war 1867-71 Berufsoffizier. In den siebziger Jahren trat S. v. P. als jugendlicher Held und Bonvivant an den Bühnen in Dessau, Zerbst, Köslin und Wesel auf und wirkte teilweise auch als Regisseur. Seit 1878 war er in Berlin am ResidenzTheater, dann am Wallner-Theater engagiert, wo er aufgrund des Erfolgs seines 1879 in Hamburg uraufgeführten Lustspiels Das Mädchen aus der Fremde auch als Theaterdichter engagiert wurde. Er gab daraufhin die Schauspielerei auf, um sich fast ausschließlich der Bühnenschriftstellerei zu widmen (u.a. Krieg im Frieden, 1880; Der Zugvogel, 1880), war 1 8 8 3 / 8 4 Oberregisseur am Wiener Stadttheater und lebte dann als freier Schriftsteller in Berlin und seit 1888 in Blasewitz bei Dresden. 1896 kehrte S. nach Wien zurück. Von seinen zahlreichen Lustspielen und Schwänken war der gemeinsam mit seinem Bruder Paul —»S. v. P. verfaßte Schwank Der Raub der Sabinerinnen (Uraufführung 1884) am erfolgreichsten. n a ÖBL
Schönthan von Pernwaldt,
Franz Seraph Simon, österr. K a u f m a n n , Gewerke, * 2 9 . 1 1 . 1811 Steyr (Oberösterreich), t 6 . 9 . 1874 Steyr. Der aus einer seit Jahrhunderten im oberösterreichischen Stahl- und Eisenwesen tätigen, 1650 in den Adelsstand erhobenen Familie stammende S. v. P. trat in die 1793 von seinem Vater gegründete Eisengroßhandlung in Steyr ein und übernahm nach dessen Tod 1839 die Leitung des Geschäfts, das weitreichende Verbindungen in Europa und Übersee unterhielt. Er war Mitglied des Verwaltungsrats der Österreichischen Waffenfabriksgesellschaft sowie des Verwaltungsrats der Bank für Oberösterreich und Salzburg in Linz, bei deren Gründung 1869 er maßgeblich beteiligt war. t u ÖBL
Schöpf Schönthan von Pernwaldt,
Paul, Künstlername: Paul von Schönthan, österr. Journalist, Schriftsteller, * 19.3. 1853 Wien, f 4. 8. 1905 Wien. Ursprünglich f ü r die militärische Laufbahn bestimmt, wandte sich S. v. P., N e f f e von Franz Seraph Simon —>S. v. P., aus gesundheitlichen Gründen dem Journalismus zu, arbeitete zunächst in Wien und war 1887-90 Mitredakteur der Berliner „Lustigen Blätter". Nach seiner Rückkehr nach Wien wurde er 1892 Redakteur des „Wiener Tagblatts", an d e m er später die Leitung der Feuilletonredaktion übernahm. Von 1902 bis zu seinem Tod war er bei der „Wiener Zeitung" tätig. S. schrieb u . a . Humoresken (Welt- und Kleinstadtgeschehen, 1889; Ringstraßenzauber, 1894) und gemeinsam mit seinem Bruder Franz —>S. v. P. das Erfolgsstück Der Raub der Sabinerinnen (Uraufführung 1884). c n ÖBL
Schönwerth,
Franz Xaver von, Beamter, Volkskundler, * 16.7. 1810 Amberg (Oberpfalz), t 2 4 . 5 . 1 8 8 6 München. Der Sohn eines Zeichenlehrers studierte 1832-34 Bauwesen, Kameralistik und Mathematik an der Königlichen Bauakademie in München, anschließend Jura an der dortigen Universität. Seit 1840 als Rechtspraktikant für die Regierung von Oberbayern tätig, wurde S. 1845 Privatsekretär und Vermögensverwalter von Kronprinz —»Maximilian, 1848 dessen Hofsekretär und Vorstand der Kabinettskasse. 1851 -80 war er Ministerialrat und Generalsekretär im bayerischen Finanzministerium. S. machte volkskundliche Erhebungen in der Oberpfalz und gab 1857-59 die S a m m l u n g Aus der Oberpfalz. Sitten und Sagen (3 Tie., Nachdr. 1977 und 2007) heraus. Seinerseits von Jacob —> G r i m m beeinflußt, gilt S. heute als Begründer der oberpfälzischen Volkskunde. Er führte 1868-75 den Vorstand des Historischen Vereins von Oberbayern. 1859 wurde er in den Adelsstand erhoben. CD N D B
Schönwiese,
Ernst, österr. Schriftsteller, * 6.1.1905 Wien, t 4 . 4 . 1991 Wien. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften, Philosophie und Germanistik, das er 1930 mit der Promotion zum Dr. phil. abschloß, war S., Sohn eines Schuldirektors, als Redakteur und Dozent an Volkshochschulen tätig. 1938 emigrierte er nach Ungarn, kehrte nach Kriegsende nach Österreich zurück und übernahm die Leitung der literarischen Abteilung des Senders „Rot-Weiß-Rot" in Salzburg. 1954-71 leitete er die Abteilung Literatur und Hörspiel beim Österreichischen R u n d f u n k . 1972-78 war er Präsident des österr. PEN-Clubs. Als Herausgeber der Zeitschrift „das silberboot" ( 1 9 3 5 / 3 6 und 1946-52) und Essayist setzte sich S. für Autoren der klassischen M o d e r n e und des Exils ein, gab literarische Anthologien heraus und schrieb neben Hörspielen und Erzählungen vor allem mystisch bestimmte, traditionelle, später aber auch formal freiere Lyrik, u. a. Der siebenfarbige Bogen (1947), Das unverlorene Paradies (1951) und Versunken in den Traum (1984). Er übersetzte auch indische, japanische und chinesische Lyrik. CD N D B S c h ö p f , Clemens (Josef), Chemiker, * 12.8. 1899 Gersf e l d / R h ö n , t 17. 12.1970 Darmstadt. S., Sohn eines Rentamtmanns, studierte seit 1917 C h e m i e an der T H München und an der Univ. Freiburg/Breisgau, wurde 1923 in München zum Dr.-Ing. promoviert und habilitierte sich dort 1927. 1929 folgte er einem Ruf als Ordinarius f ü r organische C h e m i e an die T H Darmstadt, an der er bis zu seinem Tod wirkte. S. trat vor allem mit Arbeiten zur Konstitutionsermittlung von Alkaloiden hervor, die ihn zu einem Wegbereiter der Biochemie machten. Er gab seit 1947 die Zeitschrift „Chemische Berichte" heraus. Seit 1942 war S. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und seit 1944 korrespondierendes Mitglied der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften. CD N D B
S c h ö p f , Ignaz, österr. kath. Theologe, Publizist, * 7 . 3 . 1 8 1 9 Arzl (Tirol), t 2 5 . 7 . 1 8 8 2 Heiligenkreuz (Tirol). S., Sohn eines Tischlers, studierte seit 1839 Philosophie in Innsbruck, dann Theologie in Brixen, empfing 1845 die Priesterweihe und war als Seelsorger in A x a m s und Brixen tätig. Er schrieb für die „Katholischen Blätter aus Tirol" und die „Kirchen-politische Tiroler Zeitung", wirkte seit 1865 in der Diözese Gurk und kehrte 1868 in die Diözese Brixen zurück. Nach heftigen Kontroversen mit seiner Pfarrgemeinde Telfes wegen seiner liberalen Haltung legte S. 1870 sein A m t nieder. Er veröffentlichte eine Reihe von Zeitungsaufsätzen ( u . a . Offene Briefe an das Tiroler Volk), in denen er auch das päpstliche Unfehlbarkeitsdogma kritisierte. S. trat zum Altkatholizismus über, kehrte schließlich aber wieder zur römisch-katholischen Kirche zurück. Er schrieb u. a. Die kirchlichen Zustände in Oesterreich und das allgemeine Konzil in Rom (1869). CD Ö B L S c h ö p f , Johann A d a m , Maler, Radierer, getauft 2 4 . 1 2 . 1 7 0 2 Stadtamhof, t 10. 1.1772 Egenburg. Seine künstlerische Ausbildung erhielt S. vermutlich bei Josef Anton M e r z in Straubing. Seit 1724 war er in Prag ansässig, wo er 1729 das Bürgerrecht erhielt. 1742 wegen ungebührlicher Reden über Kaiserin —»Maria Theresia ausgewiesen, hielt er sich meist in München auf. S. war als kurkölnischer H o f m a l e r und geadelter Truchseß auch im kurkölnischen (um 1750 in Bonn) und münsterischen Stiftsgebiet tätig. Er schuf u . a . die Ausmalung der Wallfahrtskirche zur Mutter Gottes am Weißen Berg in Prag, Wandund Deckengemälde in den Kapellen der Pfarrkirche St. Jakob in Straubing und zwei Seitenaltarblätter für die dortige Schloßkapelle. Er war der Vater von Johann N e p o m u k —>S. m Th-B S c h ö p f , Johann David, Mediziner, Naturforscher, Schriftsteller, * 8 . 3 . 1 7 5 2 Wunsiedel, t 1 0 . 9 . 1 8 0 0 Bayreuth. S., Sohn eines markgräflich brandenburg-ansbachischen und -kulmbachischen Kammerrats, studierte seit 1770 Naturwissenschaften und Medizin in Erlangen, Berlin, Prag und Wien, unternahm Studienreisen durch Österreich, Italien und die Schweiz und wurde 1776 in Erlangen zum Dr. med. promoviert (Dissertatio inauguralis medica de medicamentorum mutatione in corpore humano praecipue a fluidis). Er praktizierte in Ansbach, war 1777-83 Feldarzt der in britischem Sold stehenden markgräflichen Truppen in Nordamerika und kehrte nach einer Forschungsreise, u . a . durch Florida und die Bahamas (Reise durch einige der mittleren und südlichen vereinigten nordamerikanischen Staaten nach Ost-Florida und den Bahama-Inseln, 2 Bde., 1788), 1785 als Militärarzt nach Ansbach zurück. Als Leibarzt des Markgrafen war S. bis 1791 dessen ständiger Reisebegleiter. 1785 wurde er Präsident des Medizinalkollegiums, 1789 Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. S. veröffentlichte u . a . Materia medica Americana [...] (1787, Nachdr. 1903 und 1974), Reise durch einige der mittlem und südlichen vereinigten nordamerikanischen Staaten nach Ost-Florida und den Bahama-Inseln unternommen in den Jahren 1783 und 1784 (2 Bde., 1788, engl. 1911 und 1968), Naturgeschichte der Schildkröten (6 Hefte, 1792-1801) und Über den Einfluss des Medicinalwesens auf den Staat (1799). CD N D B S c h ö p f , Johann N e p o m u k , Maler, Radierer, * um 1735 Prag, t nach 1785. Der Sohn Johann A d a m —>S.s wurde von seinem Vater unterrichtet und war seit 1765 kurfürstlicher H o f m a l e r in München. 1770 wurde er Mitglied der Münchner Akademie der bildenden Künste. S. war auch in Ungarn und Siebenbürgen tätig. Er schuf u.a. Altar- und Deckenbilder
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Schöpf für St. Georg in Amberg, das Hochaltarbild Himmelfahrt Mariä in der Klosterkirche in Fürstenfeld und das Hochaltarbild Taufe Christi für die St. Johanniskirche in Regensburg. DD Th-B S c h ö p f , Josef, österr. Maler, * 2 . 2 . 1745 Telfs (Tirol), t 15.9. 1822 Innsbruck. Der Gastwirtssohn war nach dem Schulunterricht im Zisterzienserstift Z a m s seit 1756 Schüler Philipp —»Hallers in Innsbruck, kam auf der Wanderschaft über Salzburg und Wien nach Passau und kehrte 1765 nach Innsbruck zurück. Seit 1766 arbeitete er in Stams, wo 1 7 6 7 / 6 8 sein erstes selbständig gemaltes Fresko für die Krankenkapelle des Stifts entstand, und war 1768-75 als Gehilfe Martin —»Knollers in Ettal, Neresheim, Gries bei Bozen und München tätig. Mit dessen Hilfe erhielt S. 1775 ein kaiserliches Stipendium f ü r R o m , studierte an der Accademia di San Luca und wurde von Anton Raphael —>Mengs beeinflußt. 1783 kehrte er nach Tirol zurück und schuf zahlreiche Fresken und Altarbilder f ü r dortige Kirchen, u . a . einen Hochaltar in St. Johann in Ahrn (1787), einen Altar in der Pfarrkirche von Brixen im Tal (1796) und ein Allerheiligenbild für den Brixener Dom (1817). In seinem Stil verbinden sich spätbarocke mit klassizistischen F o r m e n . c n ÖBL S c h ö p f , Joseph Anton, österr. kath. Theologe, * 3 . 2 . 1822 Umhausen (Ötztal, Tirol), t 2 1 . 1 1 . 1 8 9 9 Guggenthai. S., Sohn eines wohlhabenden Bauern, studierte Theologie in Innsbruck, Graz und Salzburg, empfing 1845 die Priesterweihe, war Hilfspriester in S t u m m / Z i l l e r t a l und wurde 1848 mit der Supplentur für Kirchengeschichte, 1849 auch für Kirchenrecht an der Salzburger Theologischen Studienanstalt betraut. 1848-51 redigierte er die „Salzburger Constitutionelle Zeitung". 1851 zum Dr. theol. promoviert, lehrte S. 1852-85 als o . P r o f . der Kirchengeschichte und des Kirchenrechts an der Salzburger Theologischen Fakultät. 1 8 6 1 / 6 2 war er Salzburger Gemeinderat. S. schrieb u . a . ein Handbuch des katholischen Kirchenrechts mit besonderer Rücksicht auf die kirchenrechtlichen Verhältnisse Oesterreichs (4 Bde., 1854-58, 3 1863-66). c n ÖBL S c h ö p f , Lorenz, Zeichner, * 1793 München, t 3 1 . 1 0 . 1 8 7 1 München. Der Sohn Peter Paul —>S.s und Bruder Peter —»S.s war Schüler seines Vater und Hermann Joseph —»Mitterers und studierte dann Architektur bei Karl von —»Fischer an der Kunstakademie in München. 1809 wurde er Adjunkt, 1829 Prof. an der dortigen Feiertags- und Elementarzeichenschule. Nach dem Tod Mitterers 1829 übernahm S. auch die Leitung von dessen lithographischer Anstalt, 1833 die des gesamten Unterrichts für Ornament- und Linearzeichnen an der kgl. Landwirtschafts- und Gewerbeschule in München. DP Th-B S c h ö p f , Peter, Bildhauer, * 6 . 5 . 1 8 0 5 M ü n c h e n , t 13.9. 1875 R o m . S., Bruder Lorenz —> S.s, erhielt von seinem Vater Peter Paul —>S. ersten Unterricht in der Holzschnitzkunst, studierte seit 1818 an der Kunstakademie in München und ging 1832 gemeinsam mit Ludwig von —»Schwanthaler nach R o m , w o er seine Ausbildung u . a . bei Bertel —»Thorvaldsen fortsetzte. Seit 1838 lebte S. in München, von 1841 bis zu seinem Tod in R o m . Er beteiligte sich an der Ausführung des M a r m o r frieses von Martin von —> Wagner für die Walhalla bei Regensburg und gestaltete die Bekehrung der Deutschen durch Bonifatius (1838). Zu seinen Werken zählen ferner die Statue eines Faustkämpfers (1823) und Dädalus und Ikarus (1826). CD Th-B
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S c h ö p f , Peter Paul, österr. Bildhauer, * 3 0 . 6 . 1757 Imst (Tirol), t 2 7 . 4 . 1 8 4 1 M ü n c h e n . S. wurde bei Josef Anton Renn in Imst ausgebildet, arbeitete zwölf Jahre in dessen Werkstatt und ging 1788 als Geselle nach München, w o er 1790 Meister wurde und das Bürgerrecht erhielt. Anschließend in Augsburg ansässig, führte er Dekorationsarbeiten für kirchliche und weltliche Auftraggeber aus und verzierte 1792 den Kapitelsaal des Malteserordens und die damalige kurfürstliche Bildergalerie mit Stuckarbeiten. Seit 1793 lebte S. ständig in München, arbeitete gemeinsam mit Franz —> Schwanthaler an der Ausgestaltung der Hofgartenzimmer der Münchner Residenz und schuf später Figuren und Figurengruppen für verschiedene Kirchen und Privatsammler. Er war der Vater von Lorenz und Peter - » S . m ÖBL S c h ö p f , T h o m a s , auch Schoepf, Schepf, Mediziner, * u m 1520 Breisach, t vor 4 . 1 1 . 1577 Bern. S. studierte seit 1541 Artes liberales in Basel und Wittenberg, wo er 1547 den Grad eines Magisters erwarb, und war anschließend vermutlich Lehrer in Basel. 1552 ging er zum Studium der Medizin nach Montpellier und wurde 1565 Stadtarzt in Bern. Durch seine erste Spezialkarte des damaligen Berner Gebiets machte er sich um die Kartographie und Topographie der Schweiz verdient.
Schöpfel,
Johann Wolfgang Andreas, auch Jean Pierre S„ Schriftsteller, * 3. 12.1752 N e u s t a d t / A i s c h , t um 1827 vermutlich Bayreuth. Der Sohn eines brandenburgischen Hofrats studierte 1769-73 Rechtswissenschaften in Erlangen und Leipzig, wurde Regierungsadvokat in Neustadt und war seit 1777 Sekretär beim dortigen Oberforstamt. 1784 ging S. als Jagdrat nach Bayreuth und wurde 1796 zum Kriegsrat ernannt. Seit den siebziger Jahren veröffentlichte er anonym eine Reihe von den Zeitströmungen angepaßten Romanen (u. a. Martin Flachs, eine Geschichte des achtzehnten Jahrhunderts, 2 Tie., 1 7 7 5 / 7 6 ; Thomas Ingarten, eine wahre Geschichte, 1777; Hirum Harum, 1789), Dramen ( u . a . Der Hauptmann von Breisach, 1784; Die Putzmacherin, 1790) und Erzählungen (Der Seifensieder Achilles, 1827). c n DLL
Schoepfer, Aemilian (Alois Ignaz), österr. kath. Theologe, Politiker, * 2 9 . 4 . 1 8 5 8 Brixen (Südtirol), t 2 4 . 3 . 1936 Innsbruck. Der früh verwaiste Sohn eines Oberfinanzkommissärs besuchte das Brixener Priesterseminar, empfing 1880 die Priesterweihe und studierte seit 1879 Theologie in Wien, wo er 1883 zum Dr. theol. promoviert wurde. Anschließend Hofkaplan in Brixen und Kooperator Virgen, lehrte er seit 1887 als Prof. der Bibelwissenschaften am dortigen Diözesanseminar und begründete mit seinem Lehrbuch Geschichte des Alten Testaments (1893, 6 1923) eine neue Schule der Exegese, die kath. Lehre mit Naturwissenschaft zu verbinden suchte (Bibel und Wissenschaft, 1896, 2 1932; Der heilige Thomas von Aquin als Bahnbrecher der Wissenschaft, 1925). 1890 begründete S. den Katholischen Preßverein Tirols, 1892 die Tageszeitung „Tiroler Volksbote" und 1907 die Verlagsanstalt Tyrolia. Seit 1895 Landtagsabgeordneter, seit 1897 Reichstagsabgeordneter der Katholischen Volkspartei, veranlaßte er 1898 die Gründung der Christlichsozialen Partei Tirols, gehörte 1908-10 und 1914-18 dem Tiroler Landesausschuß an und übernahm 1916 provisorisch die Leitung der Landesregierung. 1 9 1 8 / 1 9 war er Mitglied der Provisorischen, 1 9 1 9 / 2 0 der Konstituierenden Nationalversammlung und bis 1927 Nationalratsabgeordneter. S. schrieb zahlreiche Beiträge f ü r die von ihm 1918 mitbegründete Wochenschrift „Das Neue Reich". 1914 wurde er zum päpstlichen Hausprälaten und 1917 zum Hofrat ernannt. t u ÖBL
Schoepper Schöpfer, Franz Xaver, österr. Pharmazeut, Mediziner, Naturforscher, getauft 3 . 1 2 . 1778 Innsbruck, t 1 1 . 1 0 . 1 8 5 5 Innsbruck. Der Sohn Matthäus Michael —>S.s studierte seit 1797 Medizin in Innsbruck, wurde 1801 promoviert und bildete sich in Chemie, Naturgeschichte und Botanik weiter. S. war in der Hofapotheke seines Vaters in Innsbruck tätig, lehrte an der dortigen Univ. seit 1805 als dessen Supplent, seit 1806 als a. o . P r o f . der C h e m i e und Botanik, seit 1807 auch der physikalischen und pharmazeutischen C h e m i e für Wundärzte; seit 1809 vertrat er auch den Lehrstuhl der Naturgeschichte. Nach der U m w a n d l u n g der Univ. in ein Lyzeum 1810 hielt S. Vorlesungen über spezielle Naturgeschichte, C h e m i e und Landwirtschaftslehre. 1822 wurde er M a g . pharm, an der Univ. Padua. Später übernahm S. von seinem Vater die Hofapotheke in Innsbruck. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Flora Oenipontana (1805) und Flora Tyrolensis (1805). DP Ö B L Schöpfer, Franziska, Malerin, Kupferstecherin, Lithographin, * 1763 M a n n h e i m , t 12.6. 1836 München. Nach dem Besuch der Mannheimer Kunstakademie arbeitete S. in M a n n h e i m , Bamberg und München, wo sie als H o f m a lerin tätig war. Sie schuf vorwiegend Miniaturen, u. a. das Bildnis eines bayerischen Staatsmannes (1800) und ein Kinderbildnis (\S04). Cd Th-B Schöpfer,
Jakob, österr. Sänger, Gastwirt, * 16.12. 1835 Uttenheim (Südtirol), t 2 8 . 2 . 1 8 9 4 Telfs (Tirol). Der Sohn eines Tischlermeisters wurde - ohne musikalische Ausbildung und des Notenlesens unkundig - als Leiter der Tiroler Alpensänger des Gesellenvereins Salzburg 1 8 6 0 / 6 1 durch Auftritte in Salzburg und Wien bekannt. 1862-86 unternahm er an der Spitze einer Tiroler Sängergesellschaft Konzertreisen durch Deutschland, danach u . a . durch die U S A (1869-71), Italien, Norwegen, die Niederlande, Dänemark und Rußland; er trat auch an Königs- und Fürstenhöfen auf. Seit 1886 führte er den Gasthof „Zur B r ü c k e " in Telfs. OO Ö B L
Schöpfer, Matthäus Michael, auch Matthias M. S., Apotheker, Pharmazeut, Mediziner, Naturforscher, * 2 1 . 9 . 1 7 3 9 Landshut, t 4 . 1 . 1 8 2 1 Innsbruck. S. kam um 1752 als Lehrling an die Innsbrucker Hofapotheke, war als Gehilfe in Straubing, Passau, Linz und Esseg (Slawonien) tätig und kehrte an die Hofapotheke nach Innsbruck zurück, w o er auch Vorlesungen besuchte. 1771 legte S. die für Apotheker vorgesehenen Prüfungen und den vorgeschriebenen Eid an der Medizinischen Fakultät ab, erwarb im selben Jahr die Hofapotheke und wurde 1792 zum Dr. med. promoviert. Er übernahm den Lehrstuhl f ü r Chemie, Botanik und Naturgeschichte an der Medizinischen Fakultät in Innsbruck und war wesentlich am Aufbau einer geregelten Ausbildung der Pharmazeuten beteiligt. Die Leitung der Hofapotheke übernahm später sein Sohn Franz Xaver —> S. m
ÖBL
S c h o e p f l i n , Adolf, Sänger, * 9 . 7 . 1884 Appenweier (Baden), f 3-4. 1956 Malsch bei Karlsruhe. Seine Gesangsausbildung erhielt S. in Karlsruhe, gab 1909 sein Debüt am Stadttheater in Olmütz und sang 1910-12 am Stadttheater in Posen, 1912-17 am Deutschen Theater in Prag. 1917 wurde er an das Stadttheater in Essen engagiert, trat 1919-23 an der Städtischen Oper Berlin auf und war 1925-29 Mitglied der Staatsoper in Dresden, wo er 1916 in der Uraufführung von Paul —»Hindemiths Oper Cardillac mitwirkte. 1929-31 unternahm er mit der German Opera C o m p a n y eine Tournee durch Nordamerika und wurde nach seiner Rückkehr an das Staatstheater in Karlsruhe verpflich-
tet, d e m er bis 1945 angehörte. 1924 sang er den Pogner in den Meistersingern und den Gurnemanz im Parsifal bei den Bayreuther Festspielen. Ed Kutsch
Schöpflin,
(Johann) Georg, Politiker, Redakteur, * 5 . 4 . 1869 Titisee, t 24. 11. 1954 Schöneiche bei Berlin. Der Bauernsohn erlernte den Beruf eines Bürstenmachers, ging 1885 auf Wanderschaft und leistete 1889-91 Militärdienst. 1891 Schloß er sich der S P D und d e m Deutschen Holzarbeiter-Verband an und war 1895-97 Chefredakteur der „Märkischen Volksstimme" in F r a n k f u r t / O d e r . Seit 1902 war S. Redakteur der „Volkszeitung für das Muldenthal" und Mitarbeiter der „Leipziger Volkszeitung", 1914-18 Redakteur der „Sozialdemokratischen Partei-Korrespondenz" in Berlin und 1919-33 Chefredakteur des „Volksfreunds" in Karlsruhe. 1903-06 und 1909-32 gehörte er dem Reichstag und der Nationalversammlung an. 1919 wurde er Militärgouverneur von Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg Schloß er sich der S E D an und wurde Mitglied des Deutschen Volksrats, später der Volkskammer der D D R . S. war Mitglied des Landtags von Brandenburg und dessen Alterspräsident. DD B W B , Bd 2
Schöpflin,
Johann Daniel, Historiker, * 6 . 9 . 1694 Sulzburg (Baden), t 7 . 8 . 1771 Straßburg. Der Sohn eines badischen Beamten und einer Elsässerin und Vetter von Jacob Christoph —»Iselin studierte seit 1707 Geschichte in Basel, seit 1711 evang. Theologie in Straßburg und wurde dort 1720 Prof. der Geschichte und Rhetorik. S. unternahm ausgedehnte Reisen, auf denen er Kontakte zur europäischen Gelehrtenwelt knüpfte, hielt sich 1726 in Paris auf, reiste anschließend nach Italien und, in diplomatischer Mission, weiter nach England. S. wurde Mitglied der Academie des Inscriptions et Beiles Lettres und der Royal Society und besuchte 1738 zahlreiche deutsche Fürstenhöfe und Universitäten; dabei lernte er u. a. Johann Christoph —»Gottsched kennen. 1741 erhielt S. den Titel eines Historiograph et Conseiller du Roy. 1752 gründete er eine Diplomatenschule an der Univ. Straßburg, die von seinem Schüler Christoph Wilhelm von —> Koch weitergeführt und Anziehungspunkt für den europäischen Adel wurde. Auch die Gründung der Kurpfälzischen A k a d e m i e der Wissenschaften 1763 geht auf S. zurück. Er gilt als Begründer der wissenschaftlichen Landesgeschichtsschreibung im südwestlichen Deutschland. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Alsatia illustrata [...] (2 Bde., 1751-61), Historia ZaringoBadensis (7 Bde., 1763-66) und Alsatia [...] diplomatica (2 Bde., 1772-75). m NDB S c h ö p l , Gustav, österr. Journalist, Schriftsteller, Schauspieler, * 1 3 . 6 . 1 8 5 2 Wien, f 2 1 . 2 . 1939 Wien. S. trat seit 1871 als Verfasser von Schwänken, Soloszenen, Possen, zahlreicher Lied- und Couplettexte f ü r bekannte Wiener Volkssänger und Volksschauspieler hervor. Zu seinen populärsten Liedern gehörten Der Mensch ist kein Krawat! und Mir ist heut' so mollig. Er war bis A n f a n g der achtziger Jahre als Regisseur und Schauspieler an verschiedenen Provinzbühnen tätig und langjähriger Redakteur humoristischer Zeitungen (u. a. „Styx", Budapest; „Die Wespen", Wien). S. gehörte zu den Gründern des Ersten österreichischen Artisten- und Künstlerverbandes, dessen Präsident er lange Zeit war. CD Ö B L
Schoepper, Jacob, auch Jacobus a Tremonia, kath. Theologe, Humanist, Dramatiker, * 1 5 1 2 / 1 6 Dortmund, t 11.6. 1554 Dortmund. S. studierte u . a . in Löwen, war in Dortmund einflußreicher Prediger an den Kirchen St. Peter (seit 1544 nachweisbar) und St. Marien und unterrichtete auch am dortigen Archigymnasium. Für seine Schüler schrieb er sechs biblische
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Schoeppl Schuldramen, die lateinisch und später deutsch in Köln gedruckt wurden (u. a. Voluptatis ac virtutis pugna, 1546; Tentatus Abrahamus, 1551). S., Vertreter eines reformorientierten Katholizismus, der sich um konfessionellen Ausgleich bemühte, verfaßte ferner einen Catechismus brevis et catholicus (1548, wahrscheinlich e i n g e z o g e n ; 2 1 5 4 9 ; dt. 1562) und das lexikalische Werk Synonyma, d. i. mancherley gattungen Deutscher Wörter (1550). Seine Predigten wurden nach S.s Tod in vier Bänden herausgegeben (1557-61); ein Teil seiner Schriften kam zeitweise auf den Index. CD N D B
Schoeppl,
Hugo, Pseud. S. Hugo, Thonhofer, österr. Schriftsteller, * 2 6 . 6 . 1867 Wels (Oberösterreich), t 1 7 . 1 2 . 1 9 2 8 Wien. Der Lehrerssohn studierte seit 1887 Rechtswissenschaften, dann Philosophie und Kunstgeschichte in Wien, verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Erzieher und war seit 1891 als Rezitator tätig. Seit 1892 erteilte S. auch Deklamationsund Schauspielunterricht, trat 1895 als Rechnungspraktikant in den Staatsdienst ein und war zuletzt Rechnungsdirektor im Finanzministerium. Seit 1887 war er Mitarbeiter am „Welser Wochenblatt" und schrieb Dramen, Gedichte und Erzählungen, die vor allen in Zeitungen und Zeitschriften und 1 9 0 3 / 0 4 in den von ihm mitbegründeten „Hören" veröffentlicht wurden. 1918 gründete S. die Adalbert-StifterGesellschaft in Wien. Zu seinen Schriften gehören u . a . Der Geisterseher Emanuel Swedenborg. Eine objektive Darstellung seines Lebens, seiner Werke und seiner Lehre (1928). c d ÖBL
Schöppner, Alexander, eigentl. Johannes S „ Pseud. Johannes Einsiedel, Sagensammler, Herausgeber, * 1.4. 1820 Fulda, t 3 . 8 . 1 8 6 0 München. S., Sohn eines Schneiders, trat 1838 in das Augustinereremitenkloster Münnerstadt ein, studierte 1839-43 Theologie und Philologie in Würzburg und war nach der Priesterweihe 1843-48 Lehrer an der Lateinschule in Münnerstadt. 1848 verließ er den Orden, war als Weltpriester am G y m n a s i u m in N e u b u r g / D o n a u tätig und bis 1850 Mitherausgeber der „Gymnasialblätter. Ein Archiv für die wichtigsten Interessen deutscher Gelehrtenschulen". 1850-56 lehrte er an der Lateinschule des Münchner Maximiliansgymnasiums. S. gab ein Sagenbuch der Bayerischen Lande (3 Bde., 1852-54, Neuausg. 1979) heraus und verfaßte eine Reihe von Schriften pädagogischen und theologischen Inhalts. c d Killy Schoeps,
Hans-Joachim, Pseud. Joachim Frank, Historiker, Religionswissenschaftler, * 30. 1.1909 Berlin, t 8 . 7 . 1980 Erlangen. Der Sohn eines Sanitätsrats studierte seit 1928 Germanistik, Geschichte, Philosophie und jüdische Theologie in Heidelberg, Berlin, Marburg und Leipzig und wurde 1932 zum Dr. phil. promoviert. 1933 gründete er den „Deutschen Vortrupp, Gefolgschaft Deutscher Juden", 1934 den VortruppVerlag in Berlin (später F r a n k f u r t / M a i n ) und stand mit nationalkonservativen Kreisen in Kontakt. 1 9 3 7 / 3 8 unterrichtete S. am G y m n a s i u m der jüdischen G e m e i n d e BerlinGrunewald, emigrierte 1938 nach Schweden und lebte seit 1941 in Uppsala, wo er sich religionsgeschichtlichen Studien widmete. 1946 kehrte S. nach Deutschland zurück, habilitierte sich 1947 in Marburg und wurde im selben Jahr a. o. Prof. der Religions- und Geistesgeschichte in Erlangen, w o er 1950-76 als Ordinarius lehrte. S. war Mitbegründer der „Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte" (1948 ff.). S. vertrat ein konservatives Programm der „Geistesgeschichte" („Zeitgeistforschung") und wurde u. a. als Apologet der Hohenzollern-Monarchie bekannt, der Preußen als übernationalen und überkonfessionellen Rechtsstaat zu vermitteln suchte. Seine neokonservativen Positionen (u.a. Elternwahlrecht, Wiedereinführung der M o n -
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archie) wurden zum Teil vehement angegriffen. Er veröffentlichte u . a . Jüdisch-christliches Religionsgespräch in 19 Jahrhunderten (1936; 3., rev. Aufl. unter d e m Titel Israel und Christenheit, 1961), Theologie und Geschichte des Judenchristentums (1949, Nachdr. 1998 und 2007), Das andere Preußen (1952; 4., stark erw. Aufl 1974; 5., neu bearb. Aufl. 1981), Jüdische Geisteswelt (1953), Konservative Erneuerung (1958), Preußen (1966) und Deutsche Geistesgeschichte der Neuzeit (5 Bde., 1977-80). 1974 erschienen seine Erinnerungen unter d e m Titel Ja, nein und trotzdem, 1985 sein Briefwechsel mit Max —»Brod (Im Streit um Kafka und das Judentum, hrsg. von Julius H. Schoeps). c d D L L S c h ö r g , Franz, Musiker, * 1 5 . 1 1 . 1 8 7 1 M ü n c h e n , t 5 . 4 . 1923 Würzburg. Seine Ausbildung zum Violinvirtuosen erhielt S. an der M ü n c h n e r Musikschule sowie am Konservatorium in Brüssel. 1901 gründete er das Brüsseler Streichquartett, das er bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs leitete. Seit 1916 unterrichtete S. am Würzburger Konservatorium und stellte hier wieder ein Quartett zusammen.
Schörghuber,
Josef, Unternehmer, * 1 4 . 4 . 1 9 2 0 Mitterham bei Mühldorf, t 18.5. 1995 München. Nach einer Zimmererlehre studierte S. Bauingenieurwesen in M ü n c h e n . A u s amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, übernahm er den väterlichen Betrieb, den er zu einem wichtigen Zulieferer des Baugewerbes machte. 1954 gründete S. die Bayerische Hausbau K G in München. In den sechziger Jahren stieg er in das Charterfluggeschäft ein, kaufte 1968 die Bavaria Fluggesellschaft und 1970 die Germanair. 1979 erwarb S. die Aktienmehrheit der HackerPschorr-Bräu A G und kaufte die Paulaner-Salvator-ThomasBräu A G auf. Seit 1980 baute er seine Bau- und Brauinteressen zu einem in zwei Holdings gegliederten Konzern aus. t u Munzinger S c h ö r l , Margarethe (Maria Leopoldine), Mater Margarete, Ordensfrau, Pädagogin, * 2 7 . 1 . 1912 Wien, t 4. 12.1991 St. Pölten. S., Tochter eines Juweliers, besuchte 1929-32 die Höhere Lehranstalt f ü r Frauenberufe am Institut der Englischen Fräulein in Krems, trat 1933 selbst in den Orden ein und legte 1940 die Ewigen Gelübde ab. Nach Ausbildung zur Kindergärtnerin war sie als Privaterzieherin tätig und baute nach 1945 in den R ä u m e n des Kremser Instituts einen Kindergarten auf. Mit Margarete —»Schmaus entwickelte sie das auf Ideen von Friedrich —»Fröbel und Maria Montessori zurückgehende sozialpädagogische Konzept des „Raumteilverfahrens", das den Kindern weitgehende physische und psychische Bewegungsfreiheit ermöglichen sollte. Die gemeinsam mit S c h m a u s verfaßten Bücher Bildungarbeit der Kindergärtnerin (1958, 5 1985), Die sozialpädagogische Arbeit der Kindergärtnerin (1964, f '1986) und Erneuerung der Glaubenserziehung im Kindergarten (1968) wurden zu Standardwerken der Kindergartenpädagogik. c d NDB
Schörner, (Johann) Ferdinand, Militär, * 12.6. 1892 München, f 2 . 7 . 1 9 7 3 München. Der Sohn eines Polizeibeamten studierte seit 1911 Philosophie und Romanistik in München, Lausanne und Grenoble sowie in Italien, nahm am Ersten Weltkrieg teil und wurde 1920 in die Reichswehr ü b e r n o m m e n . 1937 wurde er Oberstleutnant, erhielt 1940 den Befehl über eine Gebirgsjägerdivision und nahm u. a. 1941 am Griechenlandfeldzug teil; seit 1942 war er General der Gebirgstruppen. Seit 1943 K o m mandeur eines Panzerkorps, war S. danach überwiegend an den A b w e h r k ä m p f e n an der Ostfront eingesetzt; als Führer der Heeresgruppe Süd, dann Nord und seit 1945 Mitte wurde er beim deutschen Rückzug durch seine Brutalität bekannt,
Schöttler konnte durch seine gegen den Willen —> Hitlers durchgeführten Rückzüge aber auch Truppen retten. A n f a n g 1944 war er vorübergehend Chef des NS-Führungsstabs des Heeres, wurde 1945 noch zum Generalfeldmarschall befördert und war im „politischen Testament" Hitlers zum Oberbefehlshaber des Heeres bestimmt. Nach Kriegsende wurde S. von der U S - A r m e e an die Sowjetunion ausgeliefert, w o er zunächst zu 25, dann zu zwölfeinhalb Jahren H a f t verurteilt wurde. Nach seiner Entlassung 1957 wurde er in München wegen Totschlags (an Soldaten in der Endphase des Kriegs) erneut zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, jedoch 1960 wegen Krankheit entlassen. CD N D B
Schoetensack,
Otto (Karl Friedrich), Chemiker, Anthropologe, * 1 2 . 7 . 1 8 5 0 Stendal (Altmark), t 2 3 . 1 2 . 1 9 1 2 Ospedaletti bei San R e m o (Italien). S., Sohn eines Gymnasiallehrers, durchlief 1868-70 eine Drogistenlehre, war kaufmännischer Angestellter in Hamburg und trat 1873 als Teilhaber in die Firma Saame & Co. in Göttingen ein. 1877 gründete er eine Firma in Mannheim und Ludwigshafen, die er 1883 verkaufte, und ließ sich dann als Privatier in Freiburg/Breisgau nieder. Nach einem Studium der Geologie, Mineralogie, Anatomie, Paläontologie und Anthropologie 1885 promoviert (Die Nephritoide des Mineralogischen und Ethnographisch-Prähistorischen Museums der Univ. Freiburg i. Br.), wurde er 1886 Leiter dieses M u s e u m s . 1888 zog S. nach Heidelberg und habilitierte sich 1904 für Urgeschichte des Menschen (Beiträge zur Kenntnis der neolithischen Fauna Mitteleuropas mit besonderer Berücksichtigung der Funde am Mittelrhein). 1907 wurde in der Sandgrube Grafenrain bei Mauer, die S. überwachte, der Unterkiefer des ältesten bekannten Hominiden in Mitteleuropa ( 6 0 0 0 0 0 Jahre alt) entdeckt. S. übergab diesen Fund der Univ. Heidelberg und beschrieb ihn in der bis heute maßgeblichen Monographie Der Unterkiefer des Homo heidelbergensis aus den Sanden von Mauer/Elsenz bei Heidelberg. Ein Beitrag zur Paläontologie des Menschen (1908, Nachdr. 2006). S. ordnete den Fund dabei einer eigenen Spezies zu, die sich von anderen Menschengattungen unterschied und die er „ H o m o heidelbergensis" benannte. m
NDB
Schöttgen,
Johann Christian, Pädagoge, Historiker, Lexikograph, * 14.3. 1687 Würzen (Sachsen), t 1 5 . 1 2 . 1 7 5 1 Dresden. S., Sohn eines Schuhmachers begann 1707 theologisch ausgerichtete Sprachstudien in Leipzig, arbeitete als Herausgeber mit den Leipziger Buchhändlern T h o m a s —»Fritsch und Johann Friedrich —»Gleditsch zusammen und verfaßte Beiträge für die „Acta eruditorum" sowie für die „Teutsche acta eruditorum". 1709 erwarb er den Grad eines Magisters, wurde 1716 Rektor des städtischen Lyzeums in F r a n k f u r t / Oder und war seit 1719 Rektor der Stadtschule und Prof. am Collegium Groeninigianum in Stargard (Pommern). 1728 wurde S. Rektor der Kreuzschule in Dresden. Er war Mitherausgeber der Ausführlichen Berichte von Allerhand Neuen Büchern und Anderen Dingen so zur heutigen Historie der Beiehrsamkeit gehörig (1708-10). Er verfaßte ferner u . a . De sectaflagellantium commentatio (1711), eine Historie derer Buchhändler wie solche in alten und mitleren Zeiten gewesen (1722), das Quellenrepertorium Inventarium diplomaticum historiae Saxoniae superioris (1747) und die Horae Hebraicae et Talmudicae in universum Novum Testamentum (2 Bde., 1733-42). Postum erschienen S.s Opuscula minora, historiam Saxonicam illustrantia (1767). CO B B H S
sten Weltkrieg 1 9 1 9 / 2 0 die Stuttgarter Kunstgewerbeschule. 1921 wurde er Landesvorsitzender der Sozialistischen Arbeiterjugend Deutschlands und begann, bei der sozialdemokratischen „Schwäbischen Tagwacht" zu arbeiten. Seit 1928 war er Mitglied des Landesvorstands der S P D und Journalist der „Esslinger Volkszeitung", seit 1931 Parteisekretär in Stuttgart, wo er mit Kurt —»Schumacher zusammenarbeitete. 1933 emigrierte er in die Schweiz, wo er sich der Organisation „Neu-Beginnen" anschloß. 1939 kam er nach London, arbeitete für die B B C und kehrte 1946 nach Deutschland zurück. Er wurde Herausgeber der „Sozialistischen M o n a t s h e f t e " und Geschäftsführer und Gesellschafter der „Stuttgarter Nachrichten". 1946-49 war er Mitglied des Landtags Württemberg-Baden, 1947-49 Fraktionsvorsitzender und Vorsitzender des Hauptausschusses im BizonenWirtschaftsrat und 1947-62 Landesvorsitzender der S P D von Württemberg-Baden bzw. Baden-Württemberg. 1949-72 gehörte S. d e m Deutschen Bundestag an, dessen Vizepräsident er 1961-69 war. m B W B , Bd 2
Schöttler,
(Friedrich) Lorenz, Ingenieur, Unternehmer, * 18. 1. 1801 Göttingen, t 23. 3 . 1 8 6 4 Braunschweig. S. erlernte das Bäckerhandwerk, wurde durch Heirat Gastwirt und betätigte sich daneben als Mechaniker in der Reparatur von Textilmaschinen. Nach einer Ausbildung im Mühlenbau in den Niederlanden übernahm er eine mechanische Werkstatt in Oderfeld bei Bad Lauterberg und ging 1840 nach Magdeburg, wo er Inspektor einer gräflichstolbergschen Maschinenfabrik wurde. 1846 gründete er mit seinem Sohn Wilhelm —»S. die Eisengießerei und Maschinenfabrik Schöttler & Co. in Sudenburg (bei Magdeburg). 1852 schied er aus dem Unternehmen aus, ließ sich in Braunschweig nieder und beteiligte sich 1 8 5 2 / 5 3 an der Gründung der Maschinen- und Wagenbauanstalt Fr. Seele & Co.; 1856 zog er sich aus gesundheitlichen Gründen aus dem Geschäft zurück. CD M B L
Schöttler,
(Friedrich) Rudolf (August), Maschinenbauer, * 4 . 6 . 1 8 5 0 Domersleben (Kr. Wanzleben), t 17. 12. 1924 Braunschweig. Nach d e m Studium an der T H Hannover war S., Sohn eines Maschinenfabrikanten, in verschiedenen Maschinenfabriken tätig, unterrichtete 1876-78 als Hauptlehrer an der Höheren Fachschule für Maschinentechniker in Einbeck und habilitierte sich 1879 für Maschinenbau an der T H Hannover. 1885-1920 war er o . P r o f . der Mechanik und theoretischen Maschinenlehre an der T H Braunschweig, 1898-1900 deren Rektor. 1906 wurde S. z u m Geheimen Hofrat ernannt. Er veröffentlichte u . a . Die Gasmaschine (1882, 5 1909), Skizzen von Gas- und Ölmaschinen ( 1 9 2 0 , 4 1 9 2 4 , unter dem Titel 5 Konstruktionen aus dem Öl- und Gasmaschinenbau 1929, ή 1934) und Die Entwicklung der Dieselmaschine (1925).
Schöttler,
Walter, Maler, * 26. 12. 1904 Schwerte, t 9 . 1 1 . 1978 Hattingen. S. studierte an der Kunstgewerbeschule in Dortmund und der Kunstakademie in Düsseldorf, hielt sich zu Studienzwecken in Worpswede auf, unternahm Auslandsreisen und besuchte 1926-29 mehrere Akademien in Paris. Er schuf vor allem Landschaften und Bildnisse. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung mußte S. sein Atelier in Soest aufgeben und erhielt eine Anstellung als Werbegraphiker bei einem Essener Unternehmen, w o er nach Kriegsdienst und -gefangenschaft Werbeleiter für Europa, Nordafrika und Nahost mit Sitz in Brüssel wurde.
Schoettle,
Erwin (Karl), Politiker, Verleger, * 18. 10. 1899 Leonberg bei Stuttgart, f 2 5 . 1 . 1976 Bühlerhöhe bei Baden-Baden. Der Sohn eines Schuhmachers durchlief 1914-17 eine Schriftsetzerlehre und besuchte nach der Teilnahme am Er-
Schöttler,
(Friedrich) Wilhelm, Ingenieur, Unternehmer, * 8 . 4 . 1 8 2 3 O s t e r o d e / H a r z , t 2 0 . 6 . 1 8 9 5 Braunschweig. Der Sohn von Lorenz - > S . wurde zum Mühlenbauer ausgebildet, betrieb um 1843 eine selbstkonstruierte Mühle in
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Schofer M a g d e b u r g - V o g e l s a n g und g r ü n d e t e 1846 mit s e i n e m Vater d i e E i s e n g i e ß e r e i u n d M a s c h i n e n f a b r i k Schüttler & C o . in S u d e n b u r g (bei M a g d e b u r g ) . N a c h deren Verkauf 1856 w a r er M i t g r ü n d e r einer D a m p f m ü h l e und w u r d e Teilhaber der M a s c h i n e n - und W a g e n b a u a n s t a l t Fr. S e e l e & C o . Seit 1864 in B r a u n s c h w e i g ansässig, w u r d e S. technischer Leiter des U n t e r n e h m e n s , das 1870 als B r a u n s c h w e i g i s c h e M a s c h i n e n b a u - A n s t a l t in e i n e A k t i e n g e s e l l s c h a f t u m g e w a n delt w u r d e . 1874-76 g e h ö r t e er d e m L a n d t a g von B r a u n s c h w e i g an u n d war 1879-91 M i t g l i e d des B r a u n s c h w e i ger Stadtrats. S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Die Entstehung und Entwicklung der Braunschweigischen Maschinenbau-Anstalt (1878). m MBL
Schofer,
J o s e p h , kath. T h e o l o g e , Politiker, * 31.1. 1866 O b e r b ü h l e r t a l (Baden), t 3 0 . 1 0 . 1 9 3 0 F r e i b u r g / B r e i s g a u . D e r S o h n eines Waldarbeiters studierte 1888-92 T h e o l o g i e in F r e i b u r g / B r e i s g a u , e m p f i n g 1892 d i e P r i e s t e r w e i h e und w a r bis 1894 P r ä f e k t des K o n v i k t s in T a u b e r b i s c h o f s h e i m . Seit 1894 R e p e t i t o r a m Freiburger T h e o l o g i s c h e n K o n v i k t , w u r d e S. 1903 z u m Dr. theol. p r o m o v i e r t . 1905-30 w a r er f ü r die Z e n t r u m s p a r t e i M i t g l i e d des B a d i s c h e n L a n d t a g s , seit 1919 als F r a k t i o n s v o r s i t z e n d e r , als der er d i e badische W a h l r e c h t s r e f o r m 1927 m a ß g e b l i c h mitgestaltete. Seit 1919 w a r er Vorsitzender der B a d i s c h e n Z e n t r u m s p a r t e i und M i t g l i e d d e s P a r t e i v o r s t a n d e s der D e u t s c h e n Z e n t r u m s p a r tei, deren Z u s a m m e n a r b e i t mit d e r S P D u n d r e p u b l i k a n i s c h d e m o k r a t i s c h e A u s r i c h t u n g er b e f ü r w o r t e t e . 1921 w u r d e er z u m Päpstlichen H a u s p r ä l a t e n e r n a n n t . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Erinnerungen an Theodor Wacker (1922), Mit der alten Fahne in die neue Zeit. Politische Plaudereien aus dem „Musterländle" ( 1 9 2 6 ) und Vom jungen Waldarbeiter auf der Badenerhöh zum Abiturienten in Sasbach (1930). m B a d B i o N.F., B d 3
Schoiswohl,
J o s e f , B i s c h o f von G r a z - S e c k a u , * 3 . 1 . 1 9 0 1 G u n t r a m s d o r f (Niederösterreich), t 2 6 . 2 . 1991 W i e n . Der aus einer A r b e i t e r f a m i l i e s t a m m e n d e S., S o h n eines S c h m e l z m e i s t e r s , studierte 1919-24 T h e o l o g i e in Wien, e m p f i n g 1924 die P r i e s t e r w e i h e und w a r d a n n u . a . P r ä f e k t a m E r z b i s c h ö f l i c h e n S e m i n a r in H o l l a b r u n n . 1931 z u m Dr. theol. p r o m o v i e r t , w u r d e er 1932 D o m k u r a t an St. Step h a n in Wien, leitete seit 1939 die E r z b i s c h ö f l i c h e F i n a n z k a m m e r und w a r w ä h r e n d des Z w e i t e n Weltkriegs P f a r r e r in W i e n - M a u e r . 1949 z u m A p o s t o l i s c h e n A d m i n i s t r a t o r d e s B u r g e n l a n d e s e r n a n n t , leistete er w i c h t i g e Vorarbeiten f ü r den A u f b a u einer e i g e n s t ä n d i g e n D i ö z e s e Eisenstadt. Seit 1951 w a r S. Titularbischof von P h y t e a , 1954-68 B i s c h o f von G r a z - S e c k a u . 1969 w u r d e er Titularerzbischof von M o n t e verde. S. setzte sich n a c h d r ü c k l i c h f ü r den D i a l o g z w i s c h e n Kirche u n d G e s e l l s c h a f t ein und f ö r d e r t e in seiner D i ö z e s e das L a i e n e l e m e n t . N a c h s e i n e m R ü c k t r i t t aus A l t e r s g r ü n d e n w i r k t e er als S e e l s o r g e r in der Zisterzienserabtei N e u k l o s t e r in W i e n e r Neustadt, d a n a c h in G u n t r a m s d o r f , CD G a t z 5 S c h o k l i t s c h , A r m i n (Karl Kurt), österr. B a u i n g e n i e u r , * 2 3 . 4 . 1 8 8 8 W o l f a u ( B u r g e n l a n d ) , t 1 9 . 3 . 1969 San J u a n (Argentinien). S., S o h n eines Gutsbesitzers, Schloß d a s S t u d i u m an d e r T H G r a z 1913 mit der P r o m o t i o n z u m D r . techn. a b ( Ü b e r Schleppkraft und Geschiebebetrieb), habilitierte sich nach der T e i l n a h m e a m Ersten Weltkrieg 1921 f ü r B a u i n g e n i e u r w e s e n und w a r 1920-34 als Z i v i l i n g e n i e u r f ü r B a u w e s e n tätig. Seit 1926 w a r er o. Prof. d e s Wasser- und G r u n d baus an der D e u t s c h e n T H B r ü n n und 1940-45 an der T H Graz; 1 9 4 2 / 4 3 w a r er D e k a n der Fakultät f ü r B a u w e s e n , 1 9 4 4 / 4 5 R e k t o r d e r Universität. Seit 1938 w a r er Mitglied der N S D A P , seit 1939 V - M a n n d e s S D in B r ü n n u n d seit 1941 M i t g l i e d der SS. 1945 w u r d e S. verhaftet und entlassen. 1949-69 w a r er Prof. f ü r W a s s e r b a u an d e r U n i v e r s i d a d
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N a c i o n a l d e T u c u m ä n (Argentinien), 1953-58 an der Universidad N a c i o n a l de C u y o (Argentinien). Er v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Graphische Hydraulik (1923), Der Wasserbau (2 B d e . 1930, 2 1 9 5 0 - 5 2 ) und Der Grundbau ( 1 9 3 2 , 2 1 9 5 0 ) . • 3 Grüttner S c h o k o t n i g g , J o s e p h , österr. B i l d h a u e r , g e t a u f t 1 1 . 2 . 1 7 0 0 G r a z , beerdigt 2 . 8 . 1 7 5 5 Graz. S e i n e künstlerische A u s b i l d u n g erhielt S. als S c h ü l e r seines Vaters M a r x —»S. in Graz, u n t e r n a h m v e r m u t l i c h eine Studienreise nach Italien und ü b e r n a h m nach d e m T o d seines Vaters d e s s e n Werkstatt. 1745 wird er als M i t g l i e d , 1750 als Patron der steirischen M a l e r - u n d B i l d h a u e r - C o n f r a t e r n i t ä t e r w ä h n t . S. schuf u . a . den H o c h a l t a r der D e k a n a t s k i r c h e in B i r k f e l d (1731), F a s s a d e n s t a t u e n f ü r d i e Grazer Stadtp f a r r k i r c h e ( 1 7 4 1 / 4 2 ) und d e n H o c h a l t a r f ü r d i e K i r c h e der B a r m h e r z i g e n B r ü d e r in G r a z (1753). DD T h - B S c h o k o t n i g g , M a r x , eigentl. M a r c u s S., österr. B i l d h a u e r , g e t a u f t 2 5 . 4 . 1 6 6 1 O b e r b u r g ( S ü d s t e i e r m a r k ) , beerdigt 2 4 . 8 . 1 7 3 1 Graz. S. hielt sich u m 1682-91 in Italien, v o r allem in R o m , auf. U m 1792 w u r d e er von J o h a n n B e r n h a r d —»Fischer von Erlach zur A u s s c h m ü c k u n g d e s M a u s o l e u m s K a i s e r —»Ferdinands II. n a c h G r a z b e r u f e n , f ü r das er d e n H o c h a l t a r nach e i n e m E n t w u r f von F i s c h e r von Erlach, d e n Seitenaltar mit zahlreichen E n g e l f i g u r e n s o w i e a l l e g o r i s c h e F r a u e n s t a tuen f ü r den g r o ß e n K u p p e l r a u m schuf. Zu s e i n e m Werk g e h ö r e n zahlreiche A l t ä r e f ü r K i r c h e n in der S t e i e r m a r k . S. w a r der Vater von J o s e p h —»S. c u Th-B
Scholder,
K l a u s , e v a n g . T h e o l o g e , * 12. 1. 1930 E r l a n g e n , t 1 0 . 4 . 1985 T ü b i n g e n . D e r S o h n von R u d o l f - > S . studierte seit 1949 T h e o l o gie, G e r m a n i s t i k u n d G e s c h i c h t e in T ü b i n g e n und Göttingen und w u r d e 1956 in T ü b i n g e n z u m Dr. phil. p r o m o viert und im selben J a h r ordiniert. 1956-58 w a r S. Kulturreferent der F D P - F r a k t i o n i m D e u t s c h e n B u n d e s t a g , als der er 1958 die F r i e d r i c h - N a u m a n n - S t i f t u n g m i t b e g r ü n d e t e , w u r d e d a n n P f a r r v e r w e s e r in B a d U b e r k i n g e n und w i r k t e seit 1959 als R e p e t e n t a m E v a n g e l i s c h e n Stift in T ü b i n g e n . 1965 habilitierte er sich f ü r T h e o l o g i e - und K i r c h e n g e s c h i c h t e in T ü b i n g e n ( U r s p r ü n g e und Probleme der Bibelkritik im 17. Jahrhundert, g e d r u c k t 1966) und lehrte dort seit 1969 als O r d i n a r i u s f ü r K i r c h e n o r d n u n g und kirchliche Zeitgeschichte. Seit 1970 w a r S. M i t g l i e d d e r S y n o d e der E v a n g e l i s c h e n K i r c h e in D e u t s c h l a n d und D e l e g i e r t e r in deren R e c h t s a u s s c h u ß . E r w a r M i t h e r a u s g e b e r der „Zeitschrift f ü r K i r c h e n g e s c h i c h t e " s o w i e der Z e i t s c h r i f t e n „Evangelische T h e o l o g i e " , „ V e r k ü n d i g u n g und F o r s c h u n g " und „liberal". S. v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Die Zukunft des Liberalismus (1970) und g a b Protestantische Profile. Lebensbilder aus fünf Jahrhunderten ( 1 9 8 3 , mit Dieter K l e i n m a n n ) heraus. A l s sein b e d e u t e n d s t e s Werk gilt Die Kirchen und das Dritte Reich (Bd. 1, 1977; Bd. 2, p o s t u m 1985, hrsg. von G e r h a r d Besier). 1982 g a b S. Die Mittwochs-Gesellschaft. Protokolle aus dem geistigen Deutschland 1932 bis 1944 heraus. •3
Scholder,
NDB
R u d o l f , C h e m i k e r , * 1 5 . 6 . 1896 W i n t e r l i n g e n ( W ü r t t e m b e r g ) , t 20. 1 2 . 1 9 7 3 P f o r z h e i m . S., S o h n eines Pfarrers, b e s u c h t e S. die e v a n g . S e m i n a r e in S c h ö n t a l u n d U r a c h , b e v o r er 1914 in das E v a n g e l i sche Stift in T ü b i n g e n eintrat. N a c h der T e i l n a h m e a m Ersten Weltkrieg studierte er seit 1919 C h e m i e an der U n i v . T ü b i n g e n und w u r d e 1922 p r o m o v i e r t (lieber AntimonsäureBrenzkatechinverbindungen). A n s c h l i e ß e n d in der c h e m i schen Industrie tätig, erhielt er 1924 e i n e Assistentenstelle in G r e i f s w a l d bei R u d o l f - » P u m m e r e r , d e m er an d i e U n i v . E r l a n g e n folgte, u n d habilitierte sich 1927 mit der Arbeit Über Oxalat-Komplexe. N a c h der U m h a b i l i t a t i o n nach Halle
1932 wurden ihm nacheinander die kommissarische Leitung der chemischen Institute in Halle, Königsberg und Karlsruhe übertragen, w o er von 1937 bis zu seiner Emeritierung den Lehrstuhl für C h e m i e an der T H innehatte; 1 9 5 4 / 5 5 war er Rektor (Rede, Über die chemischen Elemente, 1955). 1933 trat er in die N S D A P ein. Das wissenschaftliche Interesse S.s galt vor allem der Komplexchemie; bei der Untersuchung der Reaktionen von Oxo-Salzen bei 400-1400°C gelang ihm die Synthese zahlreicher neuer Oxo-Komplexe. Daneben widmete er sich der präparativen Darstellung schön kristallisierender Verbindungen. S. war seit 1961 Mitglied der Heidelberger A k a d e m i e der Wissenschaften. Er war der Vater von Klaus —>S. S c h o l d e r e r , (Franz) Otto, Maler, * 25. 1. 1834 F r a n k f u r t / Main, t 2 2 . 1 . 1902 F r a n k f u r t / M a i n . Seine künstlerische Ausbildung erhielt S., Sohn eines Schulrektors, 1849-57 am Städelschen Institut in F r a n k f u r t / M a i n , wo er sich nach einem Aufenthalt in Paris 1 8 5 7 / 5 8 (Bekanntschaft u. a. mit Henri Fantin-Latour) als freischaffender Maler niederließ. 1866 ging er nach Düsseldorf, hielt sich 1868 mit Hans —»Thoma erneut in Paris (ebenso 1869 und 1870) auf und lebte 1871-99 in London, wo er 1884 eine Malschule gründete. Zunächst vom Realismus Gustave Courbets beeinflußt, näherte sich S. in seinen Porträts und Stilleben d e m frühen Impressionismus an. Zu seinen Werken gehören Kinderbildnis Karl Striebel (1859) und Der Geiger am Fenster (1861). DP N D B
Scholem,
Gershom, urspr. Gerhard S., Religionshistoriker, Begründer der wissenschaftlichen Erforschung der jüdischen Mystik (Kabbala), * 5 . 1 2 . 1 8 9 7 Berlin, t 2 1 . 2 . 1982 Jerusalem. S., Sohn des Druckereibesitzers Arthur S. und seiner Frau Betty, geb. Hirsch, und Bruder Werner —>S.s, entstammte einer assimilierten jüdischen Familie. Er wandte sich bereits als Schüler einem „bewußten" Judentum zu, lernte Hebräisch und nahm Talmudunterricht bei einem orthodoxen Rabbiner, Schloß sich der Jugendbewegung „Jung Juda" an und wurde entschiedener Zionist - anfangs im Gefolge, später als Kritiker Martin —»Bubers. Daneben neigte er dem anarchistischen Sozialismus Gustav —> Landauers und dessen Pazifismus zu. 1915 begann S. in Berlin das Studium der Mathematik, im Nebenfach der Philosophie. Im Juni 1917 zum Militärdienst einberufen, wurde er nach zwei Monaten als „Psychopath" unter der Kategorie „zeitweise dienstuntauglich" entlassen. Die Fortsetzung des Studiums mit Verlagerung des Schwerpunkts auf Philosophie, Religionswissenschaft und Semitistik führte S. über Jena ( 1 9 1 7 / 1 8 ) und Bern ( 1 9 1 8 / 1 9 ) nach München (1919-22), wo er bei Fritz —»Hommel und Clemens - » B a e u m k e r mit einer Arbeit (Übersetzung und Kommentar) über den von ihm als kabbalistisches Frühwerk eingestuften Sefer ha-bahir zum Dr. phil. promoviert wurde. Danach vorübergehend als Lehrer an der jüdischen Volkshochschule in Berlin und d e m Freien jüdischen Lehrhaus in F r a n k f u r t / M a i n tätig, wanderte S. E n d e 1923 nach Palästina aus, wo er sich am Aufbau jüdischer Wissenschaftsinstitutionen beteiligte und zu einer der maßsetzenden Gestalten des geistigen Lebens wurde. 1923-27 leitete er die hebräische und judaistische Abteilung der Jüdischen Nationalbibliothek in Jerusalem, wurde nach der Eröffnung der Hebräischen Univ. im April 1925 Dozent am Institut für Judaistik und
war 1933-65 o.Prof. für jüdische Mystik und Kabbala sowie 1968-74 Präsident der israelischen A k a d e m i e für Naturund Geisteswissenschaften. O h n e j e ein öffentliches politisches A m t innezuhaben, mischte sich S. auch in politische Tagesfragen ein, stets seiner pazifistischen Überzeugung verpflichtet, die ihn bereits in der Jerusalemer Frühzeit dazu veranlaßt hatte, sich d e m Brith Schalom, einer kleinen Gruppe zionistischer Intellektueller, anzuschließen, die sich für friedliche Beziehungen zwischen der jüdischen und arabischen Bevölkerung im Land einsetzten. Nach d e m Zweiten Weltkrieg, unter dem Eindruck der Schoah, war S. entscheidend daran beteiligt, den Verbleib der von den NS-Behörden in Deutschland und anderen europäischen Staaten beschlagnahmten jüdischen Bibliotheken und Kunstsammlungen zu erkunden und ihre Rettung zu organisieren. Zu diesem Zweck hat er mehrfach auch deutschen Boden betreten, aber Kontakte zunächst nur begrenzt wieder geknüpft. Die in Nachkriegsdeutschland gerade auch in akademischen Kreisen bestehende Neigung, sich über den Ernst des „zwischen d e m deutschen und dem jüdischen Volk . . . in den Jahren der Katastrophe und Vernichtung" entstandenen Abgrunds hinwegzutäuschen, hat ihn mit großer Skepsis erfüllt. Die viel beschworene „deutsch-jüdische S y m b i o s e " war in seinen Augen eine Illusion. Öffentlichen Einladungen ist er nur zögerlich gefolgt, erstmals 1969 zur Verleihung des Reuchlinpreises und 1973 zu einem Vortrag am Institut für Zeitgeschichte in München. Zu einem längeren Aufenthalt kam es erst 1981 in Berlin. S.s Interesse als Gelehrter galt in erster Linie der Erforschung der jüdischen Mystik, insbesondere der Kabbala, als eigenständiger wissenschaftlicher Disziplin. Neben der bibliographischen Erfassung und einer S a m m l u n g kabbalistischer Handschriften und Druckausgaben (heute in einem eigenen Lesesaal der National- und Universitätsbibliothek Jerusalem untergebracht) bearbeitete er dieses Arbeitsfeld in zahlreichen philologischen, systemorientierten und historischen Einzeluntersuchungen sowie darauf aufbauend in grundlegenden Gesamtdarstellungen ( U r s p r u n g und Anfänge der Kabbala, hebr. 1948, dt. 1962; Die jüdische Mystik in ihren Hauptströmungen, engl. 1941, dt. 1957). Ein Glanzstück stellt die Darstellung des mystischen Messias „Sabbatai Z w i " und seiner B e w e g u n g (hebr. 1957; dt. 1992) dar, in der die Z u s a m m e n h ä n g e von Mystik und Messianismus paradigmatisch zur Sprache k o m m e n . Dabei tritt auch die für das gelehrte Profil S.s bezeichnende Einbindung in die allgemeine Geistesgeschichte in Erscheinung. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde S. als Mitverwalter des Nachlasses von Walter —»Benjamin bekannt, mit d e m ihn seit 1915 eine enge Freundschaft (Walter Benjamin die Geschichte einer Freundschaft, 1975) verband und dessen Sprachtheorien ihn bei seinen eigenen Übersetzungen und Dichtungen stark bestimmt haben. Mit Theodor W. —> A d o r n o trug er entscheidend dazu bei, daß Benjamins literarisches Werk zugänglich gemacht wurde. S. erhielt den Israel Prize (Jerusalem 1958) und den Harvey Preis (Technion Haifa, 1974) sowie mehrere Ehrendoktorate (Univ. Zürich, 1968; Jewish Theological Seminary N e w York, 1973; Yale University N e w Haven, 1978; Univ. Tel Aviv, 1980). 1974 wurde er mit d e m Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ausgezeichnet und 1981 in den Orden Pour le merite, Berlin, a u f g e n o m m e n ; 1981 war er Fellow am Wissenschaftskolleg Berlin. Bis ins hohe Alter blieb S. ein unbequemer Geist. Die in seinem hellsichtigen Zeitbewußtsein ebenso scharfsinnig wie scharfzüngig, zum Teil erbittert geführten Kontroversen ( u . a . mit Martin Buber und Franz - » R o s e n z w e i g sowie mit Hannah —»Arendt) um die Grundlagen jüdischer
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Scholem Identität und westlicher Kultur stehen nach wie vor auf der „Tagesordnung." Mit der Breite und Tiefe seines kritischen Denkens gehört S. zu den herausragenden Gestalten der intellektuellen Welt des 20. Jahrhunderts. WEITERE WERKE: ZU Kabbaki und Mystik: Das Buch Bahir. Leipzig 1923. Nachdr. Darmstadt 1969, 4 1989. - Die jüdische Mystik in ihren Hauptströmungen. Frankfurt/Main 1957, 7 2000. - Ursprung und Anfänge der Kabbala. Berlin 1962. - Zur Kabbala und ihrer Symbolik. Frankfurt/Main 1998. - Sabbatai Zwi. Der mystische Messias. Frankfurt/ Main 1992. - Gesammelte Aufsätze: Judaica 1-6. Frankf u r t / M a i n 1968-97. - On Jews and Judaism in Crisis. New York 1976. - Biographisches: Von Berlin nach Jerusalem. Jugenderinnerungen. Frankfurt/Main 1977. Erw. Fassung. Frankfurt/Main 1994. - Tagebücher. Nebst Aufsätzen und Entwürfen bis 1923. Hrsg. v. Karlfried Gründer und Friedrich Niewöhner. 2 Bde., Frankfurt/Main 1995-2000. Briefe. Hrsg. v. Itta Shedletzky. 3 Bde., München 1 9 9 4 - 9 9 . Briefe an Werner Kraft. Frankfurt/Main 1986. - Mutter und Sohn im Briefwechsel 1917-1946. Hrsg. v. Itta Shedletzky. München 1989.
S c h o l l , Emil, bis 1907 Jolles, österr. Schriftsteller, Beamter, * 4. 1. 1875 Wien, f zwischen 1941 und 1943 bei Mezieres (?) (Frankreich). S., Sohn eines Branntweinschänkers, erlernte in Wien die Porzellanmalerei, war nach dem Besuch einer Wiener Handelsschule Hilfsassistent am Technologischen Gewerbemuseum, trat 1899 als provisorischer Werkführer für das chemische Laboratorium bei der Kriegsmarine in Pola in den Militärdienst ein und wurde 1900 effektiver Werkführer. 1906 trat er aus gesundheitlichen Gründen als Oberwerkführer in den Ruhestand, studierte 1905-10 Naturwissenschaften in Wien und war hier nach der Promotion (1909) als freier Schriftsteller tätig. 1908 veröffentlichte S. den zweibändigen Entwicklungsroman Arnold Bach, dem mehrere historische Romane (u. a. Der Roßtäuscher, 2 Bde., 1920) folgten. 1927 erhielt er für sein 1921 am Salzburger Stadttheater aufgeführtes Drama Die silberne Hochzeit den Volkstheaterpreis. Nach dem „Anschluß" Österreichs 1938 emigrierte S. wegen seiner jüdischen Herkunft nach Belgien; er starb auf seiner Flucht vor den Deutschen in Frankreich.
LITERATUR: Bibliographie: Moshe Catane: Bibliografijah shel kitve G. S./Bibliography of the writings of G. G. S. Jerusalem 1977. - Gesamtdarstellungen: David Biale: G. S. Kabbalah and Counter-History. Cambridge, Mass. 1979, 2 1982. - Paul R. Mendes-Flohr (Hrsg.): G. S. The Man and his Work. Albany/Jerusalem 1994. - Peter Schäfer/Gary Smith (Hrsg.): G. S. Zwischen den Disziplinen. Frankfurt/ Main 1995. - Stephane Moses/Sigrid Weigel (Hrsg.): G. S. Literatur und Rhetorik. Köln 2000. - Monographien: Joseph Dan: G. S. and the Mystical Dimension in Jewish History. New York 1987. - Peter Schäfer/Joseph Dan (Hrsg.): G. S.'s Major Trends in Jewish Mysticism. 50 Years after . . . Tübingen 1993. - Joseph D a n / E s t e r Liebes: The Library of G. S. on Jewish Mysticism. Jerusalem 1999. - Klaus Samuel Davidowicz: G. S. und Martin Buber. Die Geschichte eines Mißverständnisses. Neukirchen-Vlyn 1995. - Elisabeth Hamacher: G. S. und die allgemeine Religionsgeschichle. Berlin 1999. Berndt Schaller
Scholl, berg), t Scholl, t 22.2.
S c h o l e m , Werner, Redakteur, Politiker, * 2 9 . 1 2 . 1 8 9 5 Berlin, f 1 7 . 7 . 1 9 4 0 Konzentrationslager Buchenwald. S., Bruder Gershom —»S.s, sympathisierte mit dem Zionismus, Schloß sich vor dem Ersten Weltkrieg der sozialistischen Arbeiterjugend an und war seit 1911 als Redakteur tätig. 1917 wurde er Mitglied der USPD, 1920 der KPD. Seit 1919 war er Redakteur des „Volksblatts" in Halle/Saale (USPD), seit 1921 der „Roten Fahne". 1921 wurde S. Mitglied des Preußischen Landtags. Er war Organisationsleiter der Berliner K P D und neben Ruth —> Fischer Führer der linken Parteiopposition, 1924 Reichsorganisationsleiter und Mitglied des Politischen Büros der KPD. 1924-28 war S. Mitglied des Reichstags. 1925 Führer der „Ultralinken", wurde er 1926 aus der Partei ausgeschlossen und war einer der Gründer des Leninbundes. 1933 wurde S. verhaftet, im Konzentrationslager Buchenwald interniert und dort 1940 ermordet. CD MdR S c h o l i n u s , Gustav, Psychiater, * 15.12. 1863 Stettin, t 30.6. 1922 Berlin. Das Medizinstudium Schloß S., Sohn eines Restaurators, 1890 in Greifswald mit der Promotion ab (Über primäre und secundäre Paranoia) und war Assistent von Rudolf Gottfried —> Arndt, danach von Karl Ludwig —> Kahl bäum in Görlitz. 1895 erwarb er die Mendelsche Privatheilanstalt für Nervenund Gemütskranke in Pankow bei Berlin, die 1868 eröffnet worden war. 1913 wurde S. zum Sanitätsrat ernannt.
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Dα Ö B L (Fritz) Hans, * 2 2 . 9 . 1 9 1 8 Ingersheim (Württem22.2. 1943 München. Sophie, * 9 . 5 . 1921 Forchtenberg (Württemberg), 1943 München.
Mitglieder der Widerstandsgruppe „Weiße Rose". Im Kreise von weiteren drei Geschwistern wuchsen Hans und Sophie an verschiedenen Orten in Württemberg heran. Seit 1932 in Ulm ansässig, erlebten sie dort die Herausformung der nationalsozialistischen Diktatur. Die Eltern Robert und Magdalena, selbst erklärte Regimegegner, ließen ihre Kinder in einer von Liberalismus und Pazifismus geprägten Atmosphäre aufwachsen. Dennoch trat Hans bereits 1933 in die Hitler-Jugend ein und brachte es zunächst bis zum Fähnleinführer; Sophie folgte 1934 und übernahm Führungsaufgaben in der Jungmädelschaft. Dem Engagement folgte bald die Enttäuschung über das wahre Gesicht des Nationalsozialismus. Hans wandte sich nun der verbotenen bündischen Jugendarbeit zu und kam 1937 vorübergehend in Haft. Sophie gab 1939 ihr Amt auf, legte 1940 das Abitur ab und absolvierte eine Kindergärtnerinnenausbildung. Ihre dann folgenden Erfahrungen beim Reichsarbeitsdienst ließen die Verachtung für die nationalsozialistische Diktatur nur noch wachsen. 1939 begann Hans das Medizinstudium an der Univ. München und nahm mit einer Studentenkompanie am Frankreichfeldzug teil. Über befreundete Gleichgesinnte (vor allem Christoph —»Probst, Alexander —»Schmoreil, Willi —»Graf und zuletzt auch Kurt —> Huber) lernte er u. a. die kath. Regimegegner Carl —> Muth und Theodor —»Haecker persönlich kennen. Seit Mai 1942, nun ebenfalls zum Studium (Biologie und Philosophie) in München, gehörte auch Sophie zu diesem Zirkel. Aus Distanz und Kritik wurde Widerstand: 1942 riefen Hans und einige Freunde mit den ersten „Flugblätter der Weißen Rose" zum passiven Wider-
Scholl stand g e g e n d a s sittlich v e r k o m m e n e R e g i m e der N a t i o n a l sozialisten auf und k n ü p f t e n K o n t a k t e zu weiteren W i d e r s t a n d s g r u p p e n in U l m , H a m b u r g u n d im Saarland. D i e Agitation der G e s c h w i s t e r Scholl und der „ W e i ß e n R o s e " erreichte mit der S t a l i n g r a d - K a t a s t r o p h e , teils g e f ö r d e r t d u r c h e i g e n e E r f a h r u n g e n an der O s t f r o n t , ihren H ö h e p u n k t . A m 1 8 . 2 . 1 9 4 3 w u r d e n H a n s und S o p h i e verhaftet, als sie in der M ü n c h n e r U n i v . n e u e F l u g b l ä t t e r auslegten. A u c h C h r i stoph P r o b s t w u r d e g e f a ß t . Bereits a m 2 2 . 2 . f a n d der P r o z e ß unter Vorsitz d e s t o b e n d e n Volksgerichtspräsidenten R o l a n d —»Freister statt, der nach n u r vier S t u n d e n mit d e m Todesurteil f ü r die drei j u n g e n M e n s c h e n endete. D a s Urteil w u r d e n o c h a m A b e n d mit d e m Fallbeil in S t a d e l h e i m vollstreckt. In der Folgezeit w u r d e n w e i t e r e F r e u n d e der S c h ö l l s v e r h a f tet u n d z u m Teil hingerichtet. M i t ihrem G l a u b e n , ihrer S t a n d h a f t i g k e i t , ihrer Ü b e r z e u g u n g von der Sittlichkeit ihres T u n s b e e i n d r u c k t e n H a n s und Sop h i e in den letzten T a g e n ihres j u n g e n L e b e n s nicht nur G l e i c h g e s i n n t e . A l s ein „ S y m b o l m e n s c h l i c h e n A d e l s " (Rom a n o —»Guardini 1945) w u r d e n die G e s c h w i s t e r schnell zu e i n e m der w e n i g e n L i c h t p u n k t e in der Vergangenheitsb e w ä l t i g u n g der d e u t s c h e n N a c h k r i e g s g e s e l l s c h a f t . D i e geg e n w ä r t i g e F o r s c h u n g b e m ü h t sich verstärkt, j e n s e i t s aller M y t h e n - u n d L e g e n d e n b i l d u n g ein n o c h differenzierteres Bild v o m W e s e n u n d der Vielschichtigkeit des v e r z w e i g ten P e r s o n e n g e f l e c h t s u m die G e s c h w i s t e r Scholl und s o m i t v o m W i d e r s t a n d in der Zeit d e s N a t i o n a l s o z i a l i s m u s zu gewinnen. Seit 1980 wird in M ü n c h e n v o m Verband B a y e r i s c h e r Verlage u n d B u c h h a n d l u n g e n (seit 2 0 0 3 L a n d e s v e r b a n d B a y e r n d e s B ö r s e n v e r e i n s des D e u t s c h e n B u c h h a n d e l s ) und der L a n d e s h a u p t s t a d t M ü n c h e n der G e s c h w i s t e r - S c h o l l - P r e i s verliehen. LITERATUR: I n g e J e n s (Hrsg): H a n s S. S o p h i e S. B r i e f e und A u f z e i c h n u n g e n . F r a n k f u r t / M a i n 1984. - Inge A i c h e r Scholl (Hrsg): S i p p e n h a f t . N a c h r i c h t e n und B o t s c h a f t e n der F a m i l i e in der G e s t a p o - H a f t n a c h der H i n r i c h t u n g von H a n s und S o p h i e S. F r a n k f u r t / M a i n 1993. - H i n r i c h S i e f k e n (Hrsg): D i e Weiße R o s e und ihre Flugblätter. D o k u m e n t e , Texte, L e b e n s b i l d e r , E r l ä u t e r u n g e n . M a n c h e s t e r / N e w York 1993. - R u d o l f Lill (Hrsg): H o c h v e r r a t ? D i e „ W e i ß e R o s e " und ihr U m f e l d . K o n s t a n z 1993. Veränderte N e u a u f l . unter d e m Titel: H o c h v e r r a t ? N e u e F o r s c h u n g e n zur „ W e i ß e n R o s e " . K o n s t a n z 1999. - B a r b a r a Leisner: „Ich w ü r d e es g e n a u s o w i e d e r m a c h e n " - S o p h i e S. M ü n c h e n 2 0 0 0 . M i c h a e l K i ß e n e r / B e r n h a r d S c h ä f e r s (Hrsg): „ W e i t e r t r a g e n " . S t u d i e n zur „Weißen R o s e " . K o n s t a n z 2 0 0 1 . - G u d r u n V . L a n g (Hrsg): H e l d e n der M e n s c h e n w ü r d e ( S y m p o s i u m z u m 60. Todestag). M ü n c h e n 2 0 0 3 . - Detlev B a l d (Hrsg.): „ W i d e r die K r i e g s m a s c h i n e r i e " . K r i e g s e r f a h r u n g e n und M o t i v e des W i d e r s t a n d e s der „Weißen R o s e " . E s s e n 2 0 0 5 . - F r e d Breinersdorf (Hrsg.): S. S. D i e letzten Tage. D a s B u c h z u m F i l m . F r a n k f u r t / M a i n 2 0 0 5 . - T h o m a s Hartnagel (Hrsg.): S. S „ Fritz H a r t n a g e l - D a m i t w i r uns nicht verlieren. B r i e f w e c h sel 1937-1943. F r a n k f u r t / M a i n 2 0 0 6 . - S ö n k e Z a n k e l : M i t Flugblättern g e g e n Hitler. D e r W i d e r s t a n d s k r e i s u m H . S. und A l e x a n d e r S c h m o r e i l . K ö l n 2 0 0 7 . Wolfgang Smolka S c h o l l , J o h a n n Baptist d . Ä . , B i l d h a u e r , g e t a u f t 4 . 1 . 1784 B a m b e r g , f 6 . 7 . 1854 D a r m s t a d t . S e i n e k ü n s t l e r i s c h e A u s b i l d u n g erhielt S. bei J o h a n n W . Wurzer, lebte v e r m u t l i c h 1809-13 in A s c h a f f e n b u r g , d a n n in M a i n z u n d w u r d e 1817 H o f b i l d h a u e r in D a r m s t a d t . A l s ständiger M i t a r b e i t e r G e o r g —> M o l l e r s schuf er o r n a m e n t a l e und figürliche B i l d w e r k e f ü r dessen Bauten, u. a. f ü r T h e a t e r n e u b a u t e n in D a r m s t a d t ( 1 8 1 9 / 2 0 ) u n d M a i n z (1833), f ü r St. L u d w i g in D a r m s t a d t ( 1 8 2 2 - 2 6 ) und f ü r das S c h l o ß in W i e s b a d e n ( 1 8 3 7 - 4 0 ) . S. war der Vater von J o h a n n B a p t i s t —>S. d. J. t u Th-B
S c h o l l , J o h a n n B a p t i s t d. J., B i l d h a u e r , M a l e r , * 2 4 . 7 . 1818 M a i n z , t 2 6 . 9 . 1 8 8 1 L i m b u r g / L a h n . D e r S o h n J o h a n n Baptist —»S.s d . Ä . lebte seit 1832 in M ü n c h e n , studierte seit 1834 an d e r dortigen A k a d e m i e u n d ging 1842 nach M a i n z , w o er d i e Werkstatt seines Vetters J o s e p h F r a n z —>S. ü b e r n a h m . Z w e i t w e i s e arbeitete S. a u c h im väterlichen Atelier in D a r m s t a d t ; 1845 ließ er sich als s e l b s t ä n d i g e r B i l d h a u e r in F r a n k f u r t / M a i n nieder. Seit 1854 w a r er als h e s s i s c h - d a r m s t ä d t i s c h e r H o f b i l d h a u e r in R ö d e l h e i m , seit 1860 in D a r m s t a d t tätig u n d unterrichtete seit 1863 als Z e i c h e n l e h r e r an d e r dortigen T H . S. schuf u. a bildhauerische Arbeiten f ü r das S c h l o ß in W i e s b a d e n . OD T h - B S c h o l l , J o s e p h Franz, B i l d h a u e r , * 4 . 1 2 . 1796 M a i n z , t 7 . 4 . 1 8 4 2 Mainz. S. e r l e r n t e bei s e i n e m Vater d a s B i l d h a u e r h a n d w e r k und hielt sich 1 8 2 9 / 3 0 in R o m auf, w o er im Kreis J o h a n n Friedrich —> O v e r b e c k s verkehrte. N a c h seiner R ü c k k e h r g e h ö r t e er bald zu den m e i s t b e s c h ä f t i g t e n B i l d h a u e r n in M a i n z im ersten Drittel des 19. J a h r h u n d e r t s . Er schuf u . a . das Veteran e n d e n k m a l auf d e m M a i n z e r F r i e d h o f ( 1 8 3 4 ) und das dortige D e n k m a l f ü r B i s c h o f J o s e p h L u d w i g —»Colmar (nach 1834). N a c h S.s Tod ü b e r n a h m sein N e f f e J o h a n n B a p t i s t —»S. d . J . seine Werkstatt in M a i n z . Dp T h - B S c h o l l , Karl, Prediger, Schriftsteller, * 1 7 . 8 . 1 8 2 0 Karlsruhe, t 2 7 . 3 . 1 9 0 7 München. N a c h d e m T h e o l o g i e s t u d i u m in T ü b i n g e n und H e i d e l b e r g 1838-42 w a r S. in der S e e l s o r g e tätig, w u r d e 1846 erster P r e d i g e r der d e u t s c h - k a t h o l i s c h e n G e m e i n d e in M a n n h e i m und lebte 1848 als Erzieher in H a m b u r g . N a c h d e m A u s bruch der R e v o l u t i o n g i n g er als freichristlicher P r e d i g e r n a c h G r a z , 1850 n a c h L o n d o n , 1851 n a c h Paris, 1852 nach Z ü r i c h und w i r k t e seit 1858 als P r e d i g e r in F r e i b u r g / B r e i s gau, M a n n h e i m , H e i d e l b e r g und N ü r n b e r g . S. w a r H e r a u s geber der R e i h e „ E s w e r d e L i c h t " u n d der „Freireligiösen Vorträge, B e t r a c h t u n g e n und A b h a n d l u n g e n zur F ö r d e r u n g der R e l i g i o n und H u m a n i t ä t " ( 1 8 7 0 - 1 9 0 2 ) . Er schrieb u . a . Die Entstehung der geistlichen und weltlichen Macht des Papstthums (1857). DP D L L S c h o l l , R o b e r t , Politiker, * 1 3 . 4 . 1 8 9 1 S t e i n b r ü c k ( G e m e i n d e G e i ß e l h a r d t , L a n d k r e i s S c h w ä b i s c h Hall), t 25. 1 0 . 1 9 7 3 Stuttgart. D e r S o h n eines K l e i n b a u e r n trat nach d e m S t u d i u m der R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n in d e n V e r w a l t u n g s d i e n s t ein und w a r B ü r g e r m e i s t e r in I n g e r s h e i m bei C r a i l s h e i m ( 1 9 1 7 - 2 0 ) und in F o r c h t e n b e r g ( 1 9 2 0 - 3 0 ) . 1930-32 w a r er S y n d i k u s des w ü r t t e m b e r g i s c h e n M a l e r b u n d e s in L u d w i g s b u r g bei Stuttgart und 1932-42 W i r t s c h a f t s b e r a t e r in U l m . A l s Vater von H a n s und S o p h i e —»S. w u r d e S. in S i p p e n h a f t g e n o m m e n . N a c h der B e f r e i u n g aus d e m G e f ä n g n i s 1945 w u r d e er von der f r a n z ö s i s c h e n M i l i t ä r r e g i e r u n g als O b e r b ü r g e r m e i ster der Stadt U l m eingesetzt und hatte dieses A m t bis 1948 inne. S c h o l l , R o l a n d (Heinrich), C h e m i k e r , * 3 0 . 9 . 1865 Z ü r i c h , t 2 2 . 8 . 1945 Mörtitz. D e r S o h n eines b a d i s c h e n K a u f m a n n s studierte seit 1883 C h e m i e und P h y s i k in W ü r z b u r g und a m E i d g e n ö s s i s c h e n P o l y t e c h n i k u m in Z ü r i c h und w u r d e 1890 in Basel prom o v i e r t (Ueber die Einwirkung von Stickstofftetroxyd auf Oxime). Seit 1893 P r i v a t d o z e n t f ü r C h e m i e a m P o l y t e c h n i k u m und an der U n i v . Zürich ( E n t w i c k l u n g s g e s c h i c h t e und kritisch-experimenteller Vergleich der Theorien über die Natur der sogenannten Knallsäure und ihrer Derivate), erhielt er 1895 z u d e m einen L e h r a u f t r a g f ü r C h e m i e an der dortigen T i e r a r z n e i s c h u l e und unterrichtete auch an d e r S c h w e i zer H a n d e l s a k a d e m i e . Seit 1897 S u p p l e n t f ü r a n o r g a n i s c h e C h e m i e und stellvertretender Leiter d e s c h e m i s c h e n L a b o r s an d e r T H Karlsruhe, w u r d e er 1902 leitender Assistent f ü r
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Scholl organische C h e m i e und 1904 a. o. Professor. Seit 1907 war er o . P r o f . in Graz, 1916-34 o . P r o f . und Direktor des Instituts für organische und organisch-technische Chemie in Dresden. 1916 wurde S. korrespondierendes Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften in Wien, 1920 ordentliches Mitglied der Sächsischen A k a d e m i e der Wissenschaften. In seinen Forschungen befaßte sich S. besonders mit der C h e m i e der Farbstoffe; er arbeitete eng mit der Badischen Anilin- und Sodafabrik zusammen. Zu seinen Veröffentlichungen gehört Uber die Tautomerie der Anthrachinon-alpha-carbonsciurechloride und die Konstitution der sog. Aroyl-oxanthronyle (1927). DP Ö B L
Scholl,
Sophie
-»Schöll,
Hans
Scholliner,
Hermann, Taufname: Sebastian Anton, Benediktiner, Historiker, * 1 5 . 1 . 1 7 2 2 Freising, t 16.7. 1795 Welchenberg. S., Sohn eines Lehrers, trat 1737 in das Benediktinerkloster Oberaltaich ein und studierte dort und 1744-46 an der Benediktineruniversität Salzburg Philosophie und Theologie. 1745 empfing er die Priesterweihe, vertiefte seine Kenntnisse in Theologie, Mathematik und orientalischen Sprachen an der Univ. Erfurt und studierte 1747-50 kanonisches und Zivilrecht in Salzburg. Seit 1750 lehrte S. in Oberaltaich Kirchenrecht, leitete seit 1752 in Rott am Inn und dann in Prüfening das Studium C o m m u n e der bayerischen Benediktinerkongregation, wurde 1759 o.Prof. der dogmatischen Theologie in Salzburg, kehrte 1766 nach Oberaltaich zurück und übernahm von hier aus f ü r die Bayerische A k a d e m i e der Wissenschaften, deren Mitglied er seit 1759 war, die weitere Edition der „ M o n u m e n t a Boica" (Bd. 11-16, 1779-95). 1772 wurde er Prior seines Klosters, 1773 Prof. der Dogmatik an der Univ. Ingolstadt, 1776 Rector magnificus. 1777 legte S. sein Lehramt nieder und zog sich nach Oberaltaich zurück. 1780 wurde er Propst von Welchenberg. S. vertrat einen moderaten theologischen Rationalismus. Als entschiedener Gegner der Jesuiten bekämpfte er vor allem den Probabilismus und den Molinismus. Er schrieb u. a. Praelectiones theologicae (12 Bde., 1769). t u LMU
Scholium,
Robert, österr. Musikpädagoge, Musikschriftsteller, Komponist, * 2 2 . 8 . 1 9 1 3 Wien, t 3 0 . 9 . 1 9 8 7 Wien. S. studierte in Wien Klavier, Orgel und Komposition bei Joseph —»Marx und war 1932-38 als Lehrer, Konzertorganist und Pianist tätig. Nach Kriegsteilnahme und schwerer Verwundung ließ er sich 1945 in Linz nieder und wurde D o m organist und Städtischer Musikdirektor. 1955 begründete er die Musikalische Jugend Oberösterreichs. 1959 wurde S. Prof. an der Wiener A k a d e m i e für Musik und Leiter der Gesellschaft für Musikforschung; 1965-69 leitete er den Österreichischen Komponistenbund. Sein musikalisches Schaffen ging vom Neoklassizismus aus und bezog seit den fünfziger Jahren die Zwölftontechnik ein. S. komponierte Klavier-, Orgel- und Vokalwerke ( u . a . die 1983 uraufgeführte Markus-Passion), Symphonien und Kammeropern (Nacht der Verwandlung, 1952). Er veröffentlichte Die Wiener Schule (1969) und Das österreichische Lied des 20. Jahrhunderts (1977). DP M G G
Schollwer,
Edith, eigentl. E. Scholl, Sängerin, * 12. 12.1905 Berlin, f 1. 10.2002 Berlin. S. erhielt ihre Ausbildung in Berlin und debütierte 1924 am dortigen Deutschen Künstlertheater. Als Operettensoubrette war sie an Berliner Bühnen erfolgreich (Theater des Westens, Theater im Admiralspalast, 1936-40 Theater am Nollendorfplatz, 1940-44 Berliner Theater des Volkes) und wirkte in mehreren Uraufführungen mit, so 1931 in Die Dubarry von T h e o —> Mackeben (nach Carl Millöcker), 1933 in Der Page des Königs von Walter W . - » G o e t z e und im selben Jahr in Die lockende Flamme von Eduard —»Künneke.
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Auch nach dem Zweiten Weltkrieg trat S. bis in die fünfziger Jahre in Operetten auf, wandte sich dann d e m Kabarett und dem Schauspiel zu und wurde vor allem als Mitglied von Günter —»Neumanns „Club der Insulaner" bekannt. Sie gastierte an Berliner und M ü n c h n e r Boulevardtheatern, seit 1955 auch am Hebbel-Theater in Berlin. Bis 1988 trat sie in R u n d f u n k - und Fernsehsendungen auf. S. war mit d e m Tenor Karl —»Jöken verheiratet. c n NDB
Scholtis,
August, Pseud. Alexander Bogen, Schriftsteller, * 7 . 8 . 1901 Bolatitz (Oberschlesien), t 2 6 . 4 . 1969 Berlin. Der Sohn eines Bauern und Bäckers war zunächst Maurergehilfe und Schreiber, betätigte sich daneben schriftstellerisch und ging 1922 in den bei Deutschland verbliebenen Teil Oberschlesiens. 1927 mit der Novelle Nachruf hervorgetreten, ließ er sich 1929 als freier Schriftsteller in Berlin nieder. 1932 veröffentlichte er den in seiner bildreichen Sprache und stakkatohaften Diktion deutlich vom Expressionismus beeinflußten R o m a n Ostwind. Roman der oberschlesischen Katastrophe (Nachdr. 1970, 1986 neu hrsg. von Horst —»Bienek), der das Ausbrechen sozialer, konfessioneller und vor allem nationaler Konflikte in der heterogenen Gesellschaft Oberschlesiens vor d e m zeitgeschichtlichen Hintergrund schildert; ihm folgten u . a . die R o m a n e Baba und ihre Kinder (1934, Neuaufl. 1952), eine Fortsetzung von Ostwind, und Jas, der Flieger (1935, Neuaufl. 1987, mit einem Nachwort von Wolfgang —»Koeppen) mit stark autobiographischen Zügen. Nach 1945 veröffentlichte er u. a. die Autobiographie Ein Herr aus Bolatitz (1959) und den Reisebericht Reise nach Polen ( 1 9 6 2 , 2 1 9 6 3 ) , in denen er wie in Ostwind für eine Versöhnung der oberschlesischen Volksgruppen eintrat. Aus dem Nachlaß wurde 1987 Schloß Fiirstenkron von H. Bienek herausgegeben. 1 9 9 1 / 9 2 erschienen S.s Briefe (hrsg. von Joachim J. Scholz) in zwei Bänden. CD N D B
Scholtissek,
Herbert, Jurist, * 1 9 . 9 . 1 9 0 0 Kreuzburg (Oberschlesien), t 9. 11. 1979 Baden-Baden. S. studierte Rechtswissenschaften, Staatswissenschaften und Volkswirtschaft in Breslau und Heidelberg, ließ sich 1925 als Rechtsanwalt in Dortmund nieder und wurde 1926 zum Dr. jur. promoviert. Politisch tat er sich in den kath. Westfälischen Windthorstbünden hervor, deren Provinzvorsitzender er 1926-29 war. Z u d e m gehörte er dem Gauvorstand Westfalen-Süd des „Reichsbanners Schwarz-RotG o l d " an. Nach dem Zweiten Weltkrieg war S. vorübergehend Oberbürgermeister von Dortmund, Schloß sich der C D U an und wurde 1947 in den Landtag von NordrheinWestfalen gewählt. 1951-67 war er Richter am Bundesverfassungsgericht.
Scholtys,
Hans Heinz, österr. Dirigent, Komponist, Sänger, * 8 . 3 . 1900 Wien, t 12. 10.1945 Enzenbach (Eisbach, Steiermark). S., Sohn eines Hofrechnungsrats, war 1910-13 Sängerknabe der Wiener Hofmusikkapelle, erhielt dann eine musikalische Ausbildung und wurde 1924 Mitglied des Wiener Staatsopernchors. Seit 1922 war er Chormeister des Deutschen Volksliedvereins in Wien und übernahm 1934 die musikalische Leitung des Wiener Trompetenchors, für den er Werke aller Epochen bearbeitete. S. komponierte Chormusik. m ÖBL
Scholtz,
(Otto Wilhelm) Arthur, Politiker, * 29. 1.1871 By thin (Bez. Posen), f 14.5. 1935 Berlin. Der Sohn eines Domänenrats studierte Rechts- und Staatswissenschaften in München und Berlin, trat nach d e m Assessorexamen 1897 in den Kommunaldienst von Posen ein und wurde 1898 Magistratsassessor, 1900 Stadtrat und K ä m m e rer. 1910-20 Mitglied des Preußischen Landtags, war S. seit 1903 Stadtrat und Kämmerer in Charlottenburg, seit 1921 Bezirksbürgermeister und wurde 1924 zum Bürgermeister
Scholz von Berlin gewählt. 1929-31 führte er die Geschäfte des abwesenden Oberbürgermeisters Gustav —>Böß. S. sorgte für die Aufklärung des „Sklarekskandals" und für den Beginn einer Neuordnung der städtischen Finanzen. • D Leb Berlin 7 S c h o l t z , Herrmann, Musiker, Komponist, * 9 . 6 . 1845 Breslau, t 1 3 . 7 . 1 9 1 8 Dresden. S. studierte Klavier und Komposition am Konservatorium in Leipzig und seit 1867 an der Kgl. Hochschule für Musik in München, wo er nach Beendigung seiner Ausbildung sechs Jahre lang als Lehrer tätig war. Seit 1875 in Dresden ansässig, wurde er 1880 zum Kgl. Sächsischen Kammervirtuosen und 1910 zum Prof. ernannt. S. komponierte u . a . ein Klavierkonzert, ein Trio sowie zahlreiche Charakterstücke für Klavier und Lieder. Er war der Vater von Robert - » S . S c h o l t z , Robert, Maler, Graphiker, * 14.4. 1877 Dresden, t 2 9 . 5 . 1956 Berlin. Der Sohn von Herrmann —» S. war zunächst im Atelier seines Onkels Robert Nadler in Budapest tätig, setzte seine Ausbildung an den Kunstakademien in Dresden und München fort und unternahm Studienreisen nach Paris, Spanien, Marokko, England, Irland, Ägypten und Italien. 1907 ging S. nach Berlin und war vor allem als Bildnismaler tätig. Er schuf u. a. die Werke Selbstporträt mit Keiler, Dame im Reitkleid sowie Landschaften in Aquarell und Öl, Radierungen und Lithographien. S c h o l t z , Rudolf von, Rundfunkintendant, * 2 2 . 9 . 1 8 9 0 Wiesbaden, t 9 . 3 . 1 9 5 6 München. S., Sohn eines Leibarztes und Leibaccoucheurs der Zarin, wuchs in St. Petersburg und seit 1905 in Weimar auf, studierte Germanistik, Philosophie und Volkswirtschaft in Leipzig, Jena und M ü n c h e n und nahm seit 1914 am Ersten Weltkrieg teil. Seit 1918 Sekretär der Heidelberger Vereinigung um —> Max Prinz von Baden, ließ er sich 1920 als Schriftsteller in R i e d e r a u / A m m e r s e e nieder und war dann als Verlagslektor, Redakteur und Gutsverwalter tätig. 1926 wurde er Mitglied der Programmdirektion, dann Leiter der Nachrichtenabteilung der Deutschen Stunde Bayern beim Bayerischen R u n d f u n k und war bis zu seinem freiwilligen Ausscheiden 1933 am A u f b a u des bayerischen R u n d f u n k w e s e n s beteiligt. Während des „Dritten Reiches" lebte S. als freier Schriftsteller in N e u b u r g / I n n und übersetzte vorwiegend amerikanische Literatur. Nach Kriegsende 1945 Oberbürgermeister von Passau, kehrte er 1946 als Sendeleiter von Radio München zum Bayerischen R u n d f u n k zurück und wurde 1947 Intendant; 1950/51 und 1 9 5 3 / 5 4 war er Vorsitzender der A R D . ED N D B S c h o l t z , (Moritz Wilhelm) Walther, Dermatologe, * 13.4. 1871 Elberfeld, t 1 7 . 8 . 1 9 4 7 L i n d a u / B o d e n s e e . S., Sohn eines Oberregierungsrats und Vizepräsidenten der Eisenbahndirektion Erfurt, studierte Medizin in Heidelberg, München und Halle, wurde 1895 promoviert ( Ü b e r Sinusverletzungen und deren Behandlung) und war Assistent am Hygienischen Institut in Halle und an der Dermatologischen Universitätsklinik in Breslau. 1901 wurde er Oberarzt an der Universitäts-Poliklinik in Königsberg, wo er sich im selben Jahr für Dermatologie habilitierte. 1905 wurde S. a. o . P r o f . und Direktor der Universitäts-Poliklinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten in Königsberg, errichtete 1906 eine eigene Klinik, die als Universitätsinstitut anerkannt wurde, und leitete 1920-36 als Ordinarius die nach seinen Plänen neuerbaute Königsberger Hautklinik. Er veröffentlichte u . a . Vorlesungen über die Pathologie und Therapie der Gonorrhoe des Mannes (1904) und Lehrbuch der Haut- und Geschlechtskrankheiten (1913). CD Altpreuß Biogr, Bd 2
S c h o l t z - K l i n k , Gertrud, geb. Treusch, NS-Reichsfrauenführerin, * 9 . 2 . 1 9 0 2 Adelsheim (Kr. Mosbach), t 2 4 . 3 . 1 9 9 9 Bebenhausen (heute zu Tübingen). Die Tochter eines Bezirksgeometers kam über ihren Ehemann zur N S D A P und baute seit 1930 die nationalsozialistische Frauenorganisation in Baden auf. 1933 wurde sie Frauenreferentin im badischen Innenministerium und übernahm 1934 als „Reichsfrauenführerin" die Leitung der nationalsozialistischen Frauenverbände. 1945 zunächst mit ihrem Ehemann August —> Heißmeyer mit falscher Identität untergetaucht, wurde S. 1948 zu 18 Monaten H a f t verurteilt, 1949 jedoch entlassen. Später erhielt sie politisches Betätigungsverbot. 1978 veröffentlichte sie ihre Erinnerungen Die Frau im Dritten Reich ( 2 1998). CD B W B , Bd 4 S c h o l z , Adolf von, Politiker, * 1.11. 1833 Schweidnitz (Schlesien), t 2 0 . 3 . 1924 Schloß Seeheim (Konstanz). Nach d e m Studium der Rechts- und Staatswissenschaften seit 1851 in Berlin und Bonn trat S., Sohn eines Geheimen Sanitätsrats, 1860 als Regierungsassessor in den Verwaltungsdienst ein und war bis 1864 bei den Regierungen in Danzig, Oppeln und Breslau sowie beim schlesischen Oberpräsidium tätig. Anschließend war er Hilfsarbeiter im preuß. Kultusministerium, wechselte 1871 in das preuß. Finanzministerium, wurde zum Vortragenden Rat ernannt, stand seit 1879 an der Spitze des Reichsschatzamtes und war 1882-90 preuß. Finanzminister. 1870-73 war S. konservatives Mitglied des Preußischen Landtags. Er war der Vater des Schriftstellers Wilhelm von - > S . m NDB S c h o l z , Adolf (Franz Ludwig), Mineraloge, Fabrikant, * 3 . 1 . 1 8 9 4 Vilshofen (Niederbayern), t 8 . 7 . 1 9 5 0 Regensburg. S., Sohn eines Kommerzienrats, studierte nach Verwundung im Ersten Weltkrieg seit 1915 Maschinenbau an der T H München, wechselte nach erneuter Kriegsteilnahme 1920 an die T H Aachen, wurde 1924 in München zum Dr.-Ing. promoviert (Zur Kenntnis der bayerischen Pegmatite) und trat im selben Jahr in die von seinem Vater geleitete Regensburger Maschinenfabrik F. J. Schlageter ein; 1931 wurde er Alleininhaber des Unternehmens. Daneben widmete sich S. mineralogischen Forschungen; er galt in Fachkreisen als bester Mineralienkenner Deutschlands. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er maßgeblich am Wiederaufbau des Museums des Naturwissenschaftlichen Vereins in Regensburg beteiligt. S., nach d e m das Scholzit und das Parascholzit benannt sind, besaß eine umfangreiche Mineraliensammlung. Er veröffentlichte u. a. Untersuchungen Uber Mineralfiihrung und Mineralgenese der bayerischen Pegmatite (1925). DP N D B S c h o l z , Anton von, kath. Theologe, * 2 5 . 2 . 1 8 2 9 Schmachtenberg bei O b e r n b u r g / M a i n , t 3 0 . 9 . 1908 Würzburg. Der Sohn eines Schmieds studierte Philosophie und Theologie in Aschaffenburg, München und Würzburg, w o er 1853 die Priesterweihe empfing, und wurde 1856 zum Dr. theol. promoviert (De inhabitatione Spiritus Sancti). Seit 1861 war S. Pfarrvikar in Eisingen und Würzburg, 1872-1903 o . P r o f . der alttestamentlichen Exegese und biblisch-orientalischen Sprachen in Würzburg. Seine allegorisch-mystische Deutung des Alten Testaments stellte er in seiner Rektoratsrede von 1893 (Zeit und Ort der Entstehung der Bücher des Alten Testaments) dar. S. leistete beachtliche Arbeiten zur Septuaginta. Er veröffentlichte mehrere K o m m e n t a r e zu Büchern des Alten Testaments, u. a. einen Kommentar zum Buche des Jeremias (1880). CD B B K L
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Scholz Scholz,
Arno, Verleger, Publizist, * 2 2 . 2 . 1 9 0 4 Berlin, t 3 0 . 7 . 1971 Berlin. S. studierte an der Hochschule für Politik, an der Handelshochschule und an der Univ. Berlin, absolvierte eine Ausbildung zum Mechaniker und Verlagskaufmann und war seit 1923 Leiter einer Druckerei. Seit 1922 SPD-Mitglied, arbeitete er seit 1925 als Journalist beim „Vorwärts", wurde 1930 Redakteur beim „Volkswillen" in Hannover und erhielt nach der M a c h t ü b e r n a h m e durch die Nationalsozialisten 1933 Berufsverbot. Während des „Dritten Reiches" als Werbeberater tätig, wurde S. nach Kriegsende Leiter des Nachrichtenblatts der Britischen Militärregierung „Der Berliner" und erhielt 1946 mit Paul —>Löbe und Annedore —> Leber die Lizenz zur Herausgabe der Tageszeitung „ T e l e g r a f , deren Chefredakteur er war. S. gründete den arani-Verlag und schrieb u. a. die Bücher Insel Berlin (1955) und Amerikaner in Berlin (1963).
Scholz,
Auguste, Schauspielerin, * 2 9 . 8 . 1863 Wien, t 12.9. 1945 Bad Salzungen. Die Tochter eines Porträtmalers nahm als Fünfzehnjährige Schauspielunterricht bei Eduard —»Leuchert, gab 1880 in Znaim ihr Bühnendebüt und war 1881 am Theater an der Wien, 1882-84 in Brünn engagiert. In den folgenden Jahren spielte S. am Stadttheater in Hamburg, 1886-92 am Deutschen Landestheater in Prag, eine Spielzeit am Hofburgtheater in Wien und 1893-1900 am Hoftheater in Wiesbaden. Anschließend wurde sie nach Weimar verpflichtet und gehörte 1906-28 d e m Ensemble des Hoftheaters in Kassel an, wo sie vor allem Mütterrollen übernahm. DD Ö B L
Scholz,
(Johann Martin) Augustin, kath. Theologe, Orientalist, * 8 . 2 . 1794 Kapsdorf bei Breslau, t 2 0 . 1 0 . 1 8 5 2 Bonn. S. studierte seit 1812 Theologie in Breslau, unternahm 1818-21 Studienreisen durch Europa und in den Orient und erwarb 1816 in Freiburg/Breisgau den Grad eines Lizentiaten der Theologie. 1820 veröffentlichte er seine Dissertation Curae criticae in historiam textus Evangeliorum. 1821 wurde S. a. o . P r o f . in Bonn, empfing im selben Jahr die Priesterweihe und ging 1823 als o . P r o f . des Alten Testaments und der Kirchengeschichte nach Bonn. Er schrieb u. a. Biblisch-kritische Reise in Frankreich, der Schweiz, Italien, Palästina und im Archipel in den Jahren 1818, 1819, 1820, 1821 (1823), Handbuch der biblischen Archäologie (1834) und Einleitung in das Alte Testament (3 Bde., 1845-48) und besorgte eine kritische A u s g a b e des Neuen Testaments (2 Bde., 1830-36). DD LThK
Scholz,
Bernhard (Wilhelm), Redakteur, Schriftsteller, * 1 6 . 9 . 1 8 3 1 Wiesbaden, f 11. 12. 1871 Wiesbaden. Der Kaufmannssohn studierte zunächst Naturwissenschaften in Bonn und Marburg, seit 1853 Kunst- und Literaturwissenschaft in M ü n c h e n und war 1 8 5 6 / 5 7 Redakteur der „Nassauischen Allgemeinen Zeitung". 1857 ging S. nach Wien, arbeitete u. a. für die „Presse" und war 1862 Berichterstatter der Londoner Weltausstellung. Nach kurzem Aufenthalt in Wiesbaden 1863 war er bis 1866 Leiter des „Fremdenblatts" in Wien, kehrte im selben Jahr nach Wiesbaden zurück und gründete den „Rheinischen Kurier", dessen Leitung er übernahm. S. trat auch als Erzähler, Lyriker und Dramatiker (u. a. Eine moderne Million, 1870) hervor. DP D L L
Scholz,
Bernhard (Ernst), Komponist, Dirigent, * 3 0 . 3 . 1 8 3 5 Mainz, t 2 6 . 1 2 . 1916 M ü n c h e n . S. erlernte die Lithographie in Paris, wandte sich dann der Musik zu und war seit 1853 Schüler Siegfried —>Dehns in Berlin. 1856 wurde er Lehrer an der Münchner Musikschule, 1858 Theaterkapellmeister in Zürich, 1859 zweiter Hofkapellmeister in Hannover und war 1 8 6 5 / 6 6 Dirigent der Societä Cherubini in Florenz. Anschließend ließ sich
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S. in Berlin nieder, wurde 1871 Dirigent des Orchestervereins in Breslau und war 1883-1908 Direktor des Hochschen Konservatoriums in F r a n k f u r t / M a i n . Sein kompositorisches Werk umfaßt u. a. Opern, Chorwerke, eine Symphonie, ein Requiem und Quartette. Zu seinen Schriften zählen die Erinnerungen Musikalisches und Persönliches (1899) und Lehre vom Kontrapunkt und den Nachahmungen (1904). •3
MGG
Scholz,
Dieter, Geograph, * 12. 11.1934 Leipzig, t 9. 1.2006 Leipzig. S. studierte 1953-57 an der Univ. Leipzig Geographie, Geologie und Pädagogik und wurde 1962 mit der Arbeit Torgau. Eine stadtgeographische Studie promoviert. Nach der Habilitation für Geographie 1966 (Die Industrie des Ballungsgebietes Halle, Leipzig) war er 1977-99 o. Prof. für die Geographie der D D R an der Univ. Halle-Wittenberg (seit 1992 o . P r o f . für Wirtschaftsgeographie) und 1991-93 Direktor des Geographischen Instituts. 1991 wurde er ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften; 1992 war er Mitglied des Gründungskomitees des Instituts für Länderkunde (Leipzig). S. beschäftigte sich vor allem mit Stadt- und Industriegeographie der D D R , nach 1990 mit den wirtschaftsräumlichen Strukturveränderungen in den neuen Bundesländern. Er veröffentlichte u . a . Arbeitsmethoden in der ökonomischen Geographie (mit Gerold Kind, 3 1973, 1981).
Scholz,
Ernst (August Gustav), Politiker, * 3 . 5 . 1874 Wiesbaden, t 2 6 . 6 . 1932 Berlin. Das Studium der Rechtswissenschaften (seit 1892) in Freib u r g / B r e i s g a u und Marburg Schloß S., Sohn eines Justizrats und Versicherungsdirektors, 1895 in Heidelberg mit der Promotion ab. Er war seit 1899 als Gerichtsassessor in Berlin tätig und wurde 1900 Sekretär des Allgemeinen Verbands deutscher Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in Charlottenburg. 1901 ging er als Magistratsassessor nach F r a n k f u r t / M a i n , wurde 1902 Beigeordneter und K ä m m e rer in Wiesbaden, 1909 in Düsseldorf und war seit 1912 Oberbürgermeister von Kassel und Mitglied des preuß. Herrenhauses. 1 9 1 3 / 1 4 und 1917-20 war S. Oberbürgermeister von C h a r l o t t e n b u r g u n d 1 9 2 0 / 2 1 Reichswirtschaftsminister. 1921 wurde er für die Deutsche Volkspartei Mitglied des Reichstags. Z u s a m m e n mit Ernst —> Kleiner setzte er sich für den Ausbau des Sparkassenwesens im Deutschland ein und war 1916 an der Gründung des Deutschen ZentralGiroverbands beteiligt. • • NDB
Scholz,
Ernst, Diplomat, Politiker, * 19.7. 1913 Berlin, t 12.6. 1986 Berlin. S., Sohn eines Angestellten und einer Verkäuferin, studierte 1 9 3 2 / 3 3 Architektur an der TH Berlin sowie an der Univ. Rostock und war bis 1934 in Berlin tätig. Im selben Jahr Schloß er sich der K P D an, emigrierte 1937 nach Spanien, nahm bis 1939 als Angehöriger der Internationalen Brigaden am Spanischen Bürgerkrieg teil und war von 1939 bis Kriegsende Mitglied der französischen Widerstandsbewegung sowie französischer Offizier. 1946 wurde er SED-Mitglied und war u . a . Abteilungsleiter im Wirtschaftsministerium des Landes Brandenburg, Leiter der Hauptverwaltung Bauindustrie und Leiter der Abteilung Bauwesen im Zentralkomitee der SED. 1954-56 studierte er an der Univ. Rostock, legte das Examen als DiplomÖ k o n o m ab und wurde 1963 zum Dr. rer. pol. promoviert. 1956-58 war er Bevollmächtigter der DDR-Regierung für die arabischen Staaten in Kairo, 1958-63 Minister f ü r Bauwesen der D D R , 1963-68 Botschafter der D D R in Kairo, 1968-74 Staatssekretär und stellvertretender Minister für Auswärtige Angelegenheiten und 1974-76 Botschafter der D D R in Frankreich. 1958-63 gehörte S. der Volkskammer an. CD Munzinger
Scholz S c h o l z , Ernst Paul Erich, methodistischer Theologe, * 1.7. 1894 Berlin, t 1 0 . 4 . 1 9 7 2 Berlin. Nach einer Ausbildung im graphischen Gewerbe trat S. 1914 in den hauptamtlichen Dienst der Methodistenkirche, leistete während des Ersten Weltkriegs Sanitätsdienst und studierte 1919-21 am Predigerseminar der Methodistenkirche in F r a n k f u r t / M a i n . 1921-24 war er Pastor in Schneidemühl, wirkte 1924-33 in Wien, wo er Theologie und Philosophie an der Univ. studierte, und kehrte 1933 als Pastor nach Berlin zurück. 1948-56 und 1961-68 war er Superintendent in Westberlin und gehörte zu den Gründern des Berliner Ökumenischen Dienstes und des Ökumenisch-missionarischen Instituts. S. war Herausgeber bzw. Redakteur von „Dienst am Kinde" (1939-41) und „Der Evangelist. Sonntagsblatt der Methodistenkirche in Deutschland" (1959-67). Seit 1957 war er Mitherausgeber der „Ökumenischen Profile". Er schrieb u. a. Die protestantischen Freikirchen und Gemeinschaften in Deutschland und Österreich (1930). S. war mit Luise Emilie —»S. verheiratet. CD B B K L S c h o l z , Franz, österr. Mediziner, * 20. 8 . 1 8 1 9 Moldau (Böhmen), t 1 9 . 5 . 1 9 0 2 Wien. Das Studium der Medizin in Prag und Wien Schloß S., Sohn eines Zollbeamten, 1845 mit der Promotion ab und war nach einer chirurgischen Fachausbildung am Provinzialstrafhaus in Wien und seit 1856 am Filialspital des Allgemeinen Krankenhauses in Wien II tätig. Seit 1858 war er Primarius der IV. Medizinischen Abteilung am Allgemeinen Krankenhaus. S. machte sich um die A n w e n d u n g der 1853 in Schottland entwickelten Subkutanspritze zur E i n f ü h r u n g von Medikamenten bei der Schmerzbehandlung verdient und befaßte sich schon früh mit d e m Einfluß der Haft auf die Entstehung von Geistesstörungen bei Häftlingen. Sigmund Freud, 1882-85 Aspirant bzw. Sekundararzt am Allgemeinen Krankenhaus, begann sich unter S. u. a. mit Neuropathologie zu befassen. Er veröffentlichte u. a. Ueber Geisteskrankheiten bei Sträflingen und ihre Beziehung zur Einzelhaft (1856) und Erfahrungen Uber das Wechselfieber (1857). CP Ö B L S c h o l z , Franz (Josef), kath. Theologe, Kirchenhistoriker, * 10.12. 1909 Breslau, t 1.9. 1989 Groß-Umstadt. Der Sohn eines kaufmännischen Direktors studierte seit 1929 kath. Theologie und Caritaswissenschaft in Breslau und Freiburg/Breisgau sowie Polnisch in Krakau und Lublin. 1934 z u m Priester geweiht und 1940 zum Dr. theol. promoviert (Die Lehre von der Einsetzung der Sakramente nach Alexander von Haies), wirkte S. als Kaplan in Oberglogau und Breslau. Seit 1940 Kurat in Görlitz, wechselte er 1946 als Flüchtlingsseelsorger in die Sowjetische Besatzungszone und lehrte seit 1949 Moraltheologie an der Hochschule Königstein. 1955 habilitierte er sich in Freiburg/ Breisgau (Benedikt Sattler und die Grundzüge seiner Sittlichkeitslehre unter besonderer Berücksichtigung der Doktrin von der philosophischen Sünde, gedruckt 1957), war seit 1956 Prof. für Moraltheologie in Fulda, hatte daneben Lehraufträge an den Universitäten Marburg und F r a n k f u r t / Main und lehrte seit 1972 in Augsburg. Bis 1985 war er als Pfarrverwalter in Klein Z i m m e r n bei Darmstadt tätig. S. trat als Moraltheologe hervor (Schuld, Siinde, Fehlhaltung, 1971, 2 1973; Wege, Umwege und Auswege der Moraltheologie, 1976) und beschäftigte sich mit den Beziehungen zwischen Deutschen und Polen und d e m Problem der Vertreibung. In seinen autobiographisch geprägten Schriften engagierte er sich für die Aussöhnung (u. a. „ Wächter, wie tief ist die Nacht?" Görlitzer Tagebuch 1945/46, 1975, 2 1986, Neudr. 1990, erw. 1993, 2 2005; Kollektivschuld und Vertreibung, 1995). Bekannt wurde S., als er öffentlich dem Verfahren zur Seligsprechung Kardinals Augstyn Hlond wi-
dersprach (Zwischen Staatsräson und Evangelium. Kardinal Hlond und die Tragödie der ostdeutschen Diözesen, 1988, 3 1989; Das Hlondheft, 1996, 2 1997). m NDB S c h o l z , (Jean Paul) Friedrich, Mediziner, * 18.10. 1831 Buchwald/Riesengebirge, t 2 5 . 4 . 1 9 0 7 Bremen. Zunächst Schiffsjunge, studierte S., Sohn eines Pfarrers, seit 1851 mit Hilfe eines Bremer Reeders in Breslau Medizin und wurde 1855 promoviert (De enchondromate). Er war praktischer Arzt in Guhrau, dann Kreisphysikus in Steinau und übernahm 1868 die Leitung des Städtischen Krankenhauses in Bremen, wo er sich besonders um die Reorganisation der Irrenanstalt verdient machte. Nach Unstimmigkeiten 1885 seines Amtes enthoben, wirkte er bis 1896 als praktischer Arzt in Bremen. S. veröffentlichte u . a . Naturgemässe Gesundheitslehre auf Physiologischer Grundlage (1884), Die Diätetik des Geistes (1887, 2 1890), Die Charakterfehler des Kindes (1891, "1832, niederländ. 1902), Lehrbuch der Irrenheilkunde (1892), Über Fortschritte in der Irrenpflege (1894), Werden und Wachsen - Erinnerungen eines Arztes (2 Tie., 1895-99, Teil 1 , 2 1 8 9 9 ) und Die verschiedenen Methoden in der Behandlung Geisteskranker (1901). CD Kreuter S c h o l z , (Walter Hans) Georg, Maler, Graphiker, * 10. 10. 1890 Wolfenbüttel, t 2 7 . 1 1 . 1945 Waldkirch (Baden-Württemberg). Der früh verwaiste S., Sohn eines Privatlehrers, wuchs seit dem achten Lebensjahr im Haus Julius - > E l s t e r s in Wolfenbüttel auf, besuchte die Gewerbschule in Braunschweig und studierte seit 1908 u . a . als Schüler Wilhelm —»Trübners an der Badischen Akademie der bildenden Künste in Karlsruhe. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg Schloß er sich der K P D und der Novembergruppe an und unterhielt auch nach der Rückkehr nach Karlsruhe Kontakt zum Kreis um George —>Grosz und Otto —>Dix. Zunächst vom Impressionismus und Symbolismus beeinflußt, schuf er seit den zwanziger Jahren als Vertreter des Verismus und der Neuen Sachlichkeit vorwiegend Bildnisse, Akte, Stilleben und Landschaftsbilder sowie druckgraphische Arbeiten und Aquarelle, in denen er sozialkritische Themen behandelte. 1920 entstand das Bild Industriebauern. 1923-33 lehrte S. als Prof. an der Karlsruher Akademie. 1927 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der badischen Sezession. Nach 1933 trat S. vor allem mit Ausstattungs- und sakralen Auftragsarbeiten hervor. Sein Spätwerk läßt Einflüsse von Pablo Picasso und Andre Derain erkennen. CD N D B S c h o l z , Gerhard, Literaturwissenschaftler, * 1 . 1 0 . 1 9 0 3 Liegnitz (Schlesien), t 3 1 . 8 . 1989 Berlin. S., Sohn eines Volksschullehrers, studierte seit 1924 G e r m a nistik, Geschichte, Kunst- und Religionsgeschichte in Tübingen, Heidelberg, Berlin und Breslau und war 1 9 3 2 / 3 3 als Referendar im höheren Schuldienst tätig. Seit 1924 Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend, 1925-31 der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands, wurde er 1933 aus dem Schuldienst entlassen, war Assistent an der Univ. Breslau und emigrierte 1936 nach Prag, wo er bis 1938 als Sprachlehrer tätig war und f ü r die Zeitschrift „Mass und Wert" arbeitete. 1938 floh er über Warschau und Riga nach Schweden und war Publizist und Dozent am Sozialwissenschaftlichen Institut der Univ. Stockholm. 1944 zählte er zu den Gründern des Freien Deutschen Kulturbundes in Schweden. 1946 zurückgekehrt, wurde S., Mitglied der S E D und 1947 Mitarbeiter der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung und war 1949-53 Direktor des Goethe- und SchillerArchivs in Weimar. Nach der Amtsniederlegung zunächst wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am M u s e u m f ü r deutsche Geschichte in Berlin, lehrte er seit 1958 an der HumboldtUniversität zu Berlin und war 1959-62 Prof. für Neuere und
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Scholz neueste deutsche und nordische Literatur (seit 1969 o. Prof.). 1958 wurde er mit der Dissertation Der Dramenstil des „Sturm und Drang" im Lichte der dramaturgischen Arbeiten des jungen Schiller [...] in Rostock zum Dr. phil. promoviert. S. befaßte sich vor allem mit —»Goethe und —»Schiller sowie mit der Literatur des deutschen und skandinavischen Naturalismus und Expressionismus. Bedeutung erlangte er als Mitbegründer einer deutschen marxistischen Literaturwissenschaft. c n IGL S c h o l z , Gustav, genannt Bubi S., Boxer, Inhaber einer Werbeagentur, * 1 2 . 4 . 1 9 3 0 Berlin, t 2 1 . 8 . 2 0 0 0 Berlin. S., Sohn eines Arbeiters und einer Näherin, begann 1946 eine Ausbildung zum Koch, die er 1949 abbrach. Seit 1948 als Boxer aktiv, wurde er 1951 Deutscher Meister im Weltergewicht. Nach einer Erkrankung an Tbc gelang ihm 1957 das C o m e b a c k als Deutscher Meister im Mittelgewicht. 1958-61 war er Europameister im Mittelgewicht, 1964 im Halbschwergewicht, verlor jedoch 1962 den Kampf u m die Weltmeisterschaft im Halbschwergewicht. 1964 gründete er die Gustav Scholz Werbegesellschaft m b H und Co. KG und wurde 1968 Manager der Werbeagentur Zühlke & Scholz KG. S., einer der populärsten Sportler der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik, sang auch Schlager, moderierte 1965 eine Fernsehshow („Faust aufs Auge, Hand aufs Herz") und veröffentlichte 1980 seine Autobiographie unter d e m Titel Der Weg aus dem Nichts. 1984 wurde er wegen fahrlässiger Tötung seiner Frau zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. CD N D B S c h o l z , Hans (Rudolf Wilhelm), Maler, Schriftsteller, * 2 0 . 2 . 1911 Berlin, t 29. 11.1988 Berlin. S. studierte 1930-35 Kunstgeschichte, Geschichte und Malerei in Berlin, besuchte daneben die Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst, wurde 1939 Mitglied der Meisterklasse Ferdinand Spiegels an der Preußischen Akademie der Künste und war neben seiner Tätigkeit als freischaffender Maler seit 1937 Lehrer an der Privaten Kunstschule des Westens. 1946 kehrte er aus der Kriegsgefangenschaft zurück. 1950-54 war S. Volkshochschuldozent f ü r Kunstgeschichte, anschließend Drehbuchautor und Texter für Werbefilme und 1963-76 Feuilletonchef der Westberliner Tageszeitung „Der Tagesspiegel". Er schrieb Essays, Hör- und Fernsehspiele und hatte besonderen Erfolg mit d e m R o m a n Am grünen Strand der Spree (1955). Zu seinen Werken gehören ferner das kultur- und zeitkritische Stadtporträt Berlin, jetzt freue dich! (1960) und Wanderungen und Fahrten in der Mark Brandenburg (10 Bde., 1973-84). 1963 wurde er Mitglied der Akademie der Künste Berlin. CD Killy S c h o l z , Heinrich, evang. Theologe, Philosoph, * 1 7 . 1 2 . 1 8 8 4 Berlin, t 3 0 . 1 2 . 1 9 5 6 Münster (Westfalen). S., Sohn von Hermann —»S„ studierte seit 1903 Theologie und Philosophie in Berlin und Erlangen, erwarb 1909 in Berlin den Grad eines Lizentiaten der Theologie und habilitierte sich 1911 (als Schüler Adolf von —»Harnacks) für Religionsphilosophie und Systematische Theologie in Berlin (Glaube und Unglaube in der Weltgeschichte. Ein Kommentar zu Augustins de civitate dei, 2 1922, Nachdr. 1967). 1913 wurde er in Erlangen mit der Dissertation Schleiermacher und Goethe. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Geistes z u m Dr. phil. promoviert. Seit 1917 war er o . P r o f . der Religionsphilosophie in Breslau, seit 1919 in Kiel und seit 1928 in Münster. Angeregt von Bertrand Russell und Alfred N. Whitehead, studierte S. 1924-28 neben seiner Lehr- und Forschungstätigkeit exakte Wissenschaften und Logik und baute nach seinem Wechsel an die Univ. Münster einen Schwerpunkt für mathematische Logik und Grundlagenforschung auf, der als „Schule von Münster" bekannt wurde. 1943 erhielt er dort den ersten deutschen Lehrstuhl für mathematische Logik und Grundlagenforschung,
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den er bis 1952 innehatte. S. erwarb 1935 den Nachlaß des Logikers Gottlob —»Frege, dessen Werk er einem weiteren Kreis zugänglich machte. Er veröffentlichte u. a. Christentum und Wissenschaft in Schleiermachers Glaubenslehre (1909, 2 1911), Der Unsterblichkeitsgedanke als philosophisches Problem (1920, 2 1922), Religionsphilosophie (1921, 2 1922, Nachdr. 1974), Geschichte der Logik (1931, 2 1 9 5 9 unter dem Titel Abriß der Geschichte der Logik,31967, engl. 1961, poln. 1965, italien. 1967, frz. 1968, chines. 1977), Metaphysik als strenge Wissenschaft (1941, Nachdr. 1965) und Grundzüge der mathematischen Logik (mit Gisbert Hasenjaeger, 1961). 1934-43 war S. Herausgeber der Reihe „Forschungen zur Logistik und zur Grundlegung der exakten Wissenschaften". 1961 erschien von ihm Mathesis universalis. Abhandlungen zur Philosophie als strenger Wissenschaft (hrsg. von Hans Hermes, Friedrich Kambartel und Joachim - » Ritter). CD N D B S c h o l z , Heinrich Karl, österr. Bildhauer, * 16. 10. 1880 Mildenau (Böhmen), t 12.6. 1937 Wien. S., Sohn eines Schuhmachers, erlernte 1896-1900 die Porzellanmalerei, besuchte die Staatsgewerbeschule in Reichenberg und studierte seit 1905 als Gasthörer an der Wiener A k a d e m i e der bildenden Künste, seit 1906 als ordentlicher Hörer bei Hans —»Bitterlich an der Allgemeinen Bildhauerschule in Wien. 1909-12 setzte er seine Ausbildung bei E d m u n d von —»Hellmer fort, unternahm Studienreisen nach Italien, Frankreich, Belgien und Deutschland und lebte nach d e m Ersten Weltkrieg als freischaffender Bildhauer in Wien. Seit 1920 Mitglied des Wiener Künstlerhauses, wurde S. 1936 deren Vizepräsident und erhielt im selben Jahr den Professorentitel. Neben zahlreichen Denkmälern ( u . a . überlebensgroße Bronzestatue Kaiser —»Franz Josephs in Friedland, Schubertdenkmal in Wiener Neustadt und Denkmal Edmund von -> Neussers an der Univ. Wien) schuf er kleine Statuetten und Medaillen. 1925 wurde S. mit dem Großen Kunstpreis der Stadt Wien ausgezeichnet. CD Ö B L S c h o l z , Herbert, Arbeitswissenschaftler, * 11.7. 1912 Spandau (heute zu Berlin), t 12.5. 1999 Dortmund. S. war 1944-64 Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Arbeitsphysiologie in Dortmund und wurde 1951 mit der Arbeit Über die Arbeitsverminderung durch Blendung zum Dr. phil. promoviert. 1959-76 war er Prof. f ü r Arbeitswissenschaft an der Sozialakademie Dortmund (heute eingegliedert in das Zentrum für Weiterbildung der Univ. Dortmund), die er 1967-69 und 1 9 7 5 / 7 6 leitete. S. veröffentlichte u . a . Beleuchtung im Betrieb (1962, 2 1970) und Arbeitswissenschaft in der Gesellschaftspolitik (hrsg. mit Hans Pornschlegel, 1978). S c h o l z , H e r m a n n , evang. Theologe, Verbandsfunktionär, * 8 . 8 . 1853 Oberpeilau bei Gnadenfrei (Schlesien), t 2 8 . 1 2 . 1929 Berlin. Der aus einer Herrnhuter Familie stammende S. studierte seit 1871 Theologie am Seminar der Gemeine in Gnadenfeld und wurde 1874 Lehrer an der Knabenschule in Niesky, später Hauslehrer in Rosenberg (Livland). Seit 1880 Diakon an der Maximin-Kirche zu Merseburg, wurde er 1882 Religionslehrer am Joachimsthalschen G y m n a s i u m in Berlin. 1885 trat S. in die preuß. Landeskirche ein und wurde 1886 Pfarrer der Marienkirche in Berlin. Mit d e m Berliner Schulrat Leopold Hermann Fischer verfaßte er Konzepte für den Religionsunterricht, u. a. Siebenundzwanzig biblische Geschichten für die beiden ersten Schuljahre (1903, 4 1912) und Biblisches Geschichtsbuch für höhere Schulen (1904, 2 6 1914). S. war der Vater von Heinrich - » S . CD N D B
Scholz S c h o l z , Hugo, Pseud. Hans Balderbauer, Urli Hofer, H. Roggenberger, Schriftsteller, Landwirt, * 2 7 . 7 . 1 8 9 6 Ottendorf (Böhmen), t 15. 10. 1987 S e e g / A l l g ä u . Nach dem Besuch der Landwirtschaftsschule bewirtschaftete S. 1920-45 seinen Hof in Ottendorf und widmete sich daneben einer journalistischen und schriftstellerischen Tätigkeit. Bis 1938 war er Herausgeber und Chefredakteur der Zeitung „Die Scholle" und der Monatsschrift „Das neue D o r f ' . Nach dem Zweiten Weltkrieg mußte S. Böhmen verlassen, lebte zeitweise in München und war bis 1968 Landwirt auf Goimenen ob Seeg. Er schrieb u . a . den R o m a n Der versunkene Pflug (1927) und Heiliger Brand. Ein sudetendeutsches Schauspiel (1938). Seine Erinnerungen erschienen 1975 unter d e m Titel Wie's einst war bei uns daheim. Ein Hof in Böhmen ( 3 1984). CD D L L
Scholz, Josefa, geb. Haller, österr. Schauspielerin, Theaterdirektorin, * 1765(7), t 1 8 . 8 . 1 8 3 2 Bremen. S. debütierte 1778 in Innsbruck, trat dann als Soubrette, Naive und Liebhaberin in Augsburg, Innsbruck und Linz auf und wurde 1790 an das Ständische Theater in Graz engagiert. Seit 1792 spielte sie in Regensburg, war 1 8 0 0 / 0 1 Mitglied der Schauspielergesellschaft Frasel in Laibach und 1807-10 künstlerische Leiterin des Ständischen Theaters in Klagenfurt, wo sie u . a . —>Lessings Minna von Barnhelm, —»Schillers Die Braut von Messina und —»Mozarts Zauberflöte zum erstenmal aufführte. 1 8 0 9 / 1 0 mußte S. die Spielleitung aufgeben, war jedoch bis 1816 als Schauspielerin populäres Ensemblemitglied dieses Hauses und hatte 1 8 2 9 / 3 0 ein Engagement in Bremen. Sie war die Mutter von Wenzel —> S. CD Ö B L S c h o l z , Karl, österr. Maler, * 9. 10.1879 Horn (Niederösterreich), t 2 2 . 2 . 1 9 5 7 Horn. Seine künstlerische Ausbildung erhielt S. an der Wiener A k a d e m i e der bildenden Künste, studierte Kunstgeschichte an der dortigen Univ. und legte 1914 die Lehramtsprüfung fUr Mittelschulen ab. 1919 erhielt er den Förderpreis des Künstlerhauses, dessen Mitglied er war. Später wurde er zum Prof. ernannt. S. lebte als freischaffender Maler in Wien und Horn; er war vor allem als Porträt- und Genremaler tätig. S c h o l z , Luise Emilie, geb. Junker, Präsidentin des Weltbundes Methodistischer Frauen, * 2 2 . 5 . 1 8 9 0 Bremen, t 6 . 4 . 1972 Berlin. Die Tochter eines methodistischen Pastors und Publizisten war nach der Ausbildung zur Krankenschwester in der hauswirtschaftlichen Leitung des Predigerseminars der Methodistenkirche in F r a n k f u r t / M a i n tätig. 1922 heiratete sie den methodistischen Pastor Ernst Paul Erich - > S „ unterstützte ihn zunächst in Schneidemühl, 1924-33 in Wien und engagierte sich besonders in der Weltmission. 1936-46 war S. von Berlin aus Leiterin des Methodistischen Frauendienstes in P o m m e r n , Ostpreußen und Brandenburg, 1948-66 Vertreterin der deutschen Frauen in der World Federation of Methodist Women und 1956-61 Präsidentin des Weltbundes Methodistischer Frauen. 1948-68 betreute sie redaktionell die Frauenzeitschrift „Du und ich". CD B B K L S c h o l z , Marie, geb. Stonawski, Pseud. Maria Stona, Schriftstellerin, Gustbesitzerin, * 1.12. 1861 Strzebowitz (Österr.-Schlesien), t 3 0 . 3 . 1944 Strzebowitz. Die Tochter eines Guts- und Fabrikbesitzers heiratete 1881 einen Juristen, von dem sie 1899 geschieden wurde, und verwaltete nach d e m Tod ihres Vaters die Güter Strzebowitz und Martinau. S. machte ihr Schloß zu einer Begegnungsstätte bedeutender Persönlichkeiten, zählte u. a. Marie von —> Ebner-Eschenbach, Bertha von —»Suttner, Theodor - > H e r z l , Georg Brandes und Oskar Kokoschka zu ihren Gästen und förderte als Mäzenin j u n g e Künstler. Unter ihrem Pseudonym veröffentlichte sie seit der zweiten Hälfte
der achtziger Jahre Erzählungen, R o m a n e und Lyrik, u . a . Der Rabenschrei. Roman einer Scheidung (1907). S. war die Mutter von Helene —»Scholz-Zelezny. CD Ö B L S c h o l z , Maximilian, Schauspieler, Theaterleiter, Regisseur, Schriftsteller, * 2 3 . 6 . 1 7 4 4 (oder 1743) Prag, t 2 . 9 . 1 8 3 4 Pankow (heute zu Berlin). S. soll der Sohn des preuß. Adligen Wenzel von P l ü m e k e gewesen sein, der wegen privater Schwierigkeiten nach Prag geflohen war und dort den N a m e n Scholz a n g e n o m m e n hatte. S. debütierte 1760 bei der Theatergesellschaft von Joseph Felix von —> Kurz, genannt Bernardon, in Prag und kam 1772 an das sogenannte Wassertheater nach Linz, an dessen Leitung er beteiligt war. 1774-79 spielte S. am Kotzentheater in Prag, w o er auch Regie führte, gastierte dann in Preßburg, Wien und Hamburg und erhielt 1781 ein Engagement bei der Doebbelinischen Gesellschaft am Theater in der Behrenstraße in Berlin. Hier war S. u. a. bei der Berliner Erstaufführung von —> Schiller s Die Räuber als Karl M o o r erfolgreich. Nach Gastspielen in Wien, St. Petersburg und Hamburg wirkte er von 1790 bis zu seinem Abschied von der Bühne 1820 in Breslau, seit 1798 auch als Regisseur. CD Ö B L
Scholz,
Paul, österr. Maler, Zeichner, * 1. 10.1859 Wien, t 16. 12. 1940 Graz. S., Sohn eines Spielwarenerzeugers, besuchte 1875-80 die Wiener Kunstgewerbeschule, arbeitete als Zeichner und Kompositeur im Kunstgewerbeatelier Ferdinand Liebs, dann in einem Budapester Atelier, wo er sich auf Entwürfe für malerische Innen- und Außendekorationen von Neubauten und Palästen spezialisierte, und war seit 1882 in Wien und Triest tätig. 1884-1915 unterrichtete S. an der Staatsgewerbeschule in Graz; er schuf hier u. a. die Fresken am Spiegelgewölbe der Aula der T H (1889) sowie die neugotischen Wandmalereien und die vier Evangelisten in den Kuppelzwickeln der Zentralfriedhofskirche (1898). Er führte auch Textilentwürfe für Möbel-, Seiden- und Samtstoffe aus. CD Ö B L S c h o l z , Paul, Politiker, * 2. 10.1902 Braunau (Schlesien), t 2 3 . 6 . 1995 Zeuthen bei Berlin. S., Sohn eines Kleinbauern, war Land- und Fabrikarbeiter, wurde 1925 Mitglied der K P D und übte verschiedene Funktionen in der Partei aus. Nach 1933 im Widerstand tätig, wurde er mehrfach inhaftiert, 1936 zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt und 1940 f ü r das Strafbataillon 999 zwangsrekrutiert. 1945 trat er wieder der K P D bei, 1946 der SED. 1948 war er stellvertretender Chefredakteur der Wochenzeitung „Der freie Bauer", 1948 Mitbegründer der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands (DBD), 1948-51 deren Hauptgeschäftsführer bzw. Generalsekretär, 1949-89 Mitglied des Parteivorstandes und 1950-89 stellvertretender Vorsitzender. 1949-90 gehörte S. der Volkskammer an; 1950-52 und 1953-55 war er Minister für Land- und Forstwirtschaft und 1952-67 stellvertretender Vorsitzender des Zentralen Beirats für Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften beim Ministerrat der D D R . 1950 wurde er Mitglied des Nationalrats der Nationalen Front, dessen Präsidium er 1968-90 angehörte. 1963-89 war er Präsident der DeutschArabischen Gesellschaft bzw. der Freundschaftsgesellschaft DDR-Arabische Länder. cn SBZ/DDR
Scholz,
Robert, Kunstkritiker, Schriftsteller, * 1902 Olmütz, f 15. I. 1981 Fürstenfeldbruck. S. studierte an der Kunsthochschule Berlin und war Meisterschüler von Arthur von —»Kampf an der Preußischen Akademie der Künste. Seit 1927 war er als Kunstkritiker tätig, zunächst bei der „Deutschen Tageszeitung" und beim „Steglitzer Anzeiger", seit 1933 beim „Völkischen Beobachter", wo er die Stelle des Kunstschriftleiters übernahm.
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Scholz Er war Hauptschriftleiter der Zeitschriften „Die völkische Kunst" und „Die Kunst im Dritten Reich". S. schrieb u . a . Meisterwerke der Form und Farbe (1977) und Architektur und bildende Kunst 1933-45 (1977). S c h o l z , R o m a n , Taufname: Karl, Augustinerchorherr, Schriftsteller, Widerstandskämpfer, * 16.1. 1912 Mährisch Schönberg (Mähren), t 1 0 . 5 . 1 9 4 4 Wien. Der aus ärmlichen Verhältnissen stammende S. trat 1930 in das Augustiner-Chorherrenstift Klosterneuburg ein, e m p fing 1936 die Priesterweihe und war bis 1938 Kaplan in Wien-Heiligenstadt. 1939 war er Dozent für christliche Philosophie an der Theologischen Hauslehranstalt des Stifts und wurde nach Beginn des Zweiten Weltkriegs MilitärStandortpfarrer in Klosterneuburg. Zunächst Anhänger und Mitglied der N S D A P , wandte sich S. später vom Nationalsozialismus ab und gründete 1938 eine Widerstandsgruppe, die sich seit 1940 Freiheitsbewegung Österreich nannte und zuletzt etwa 300 Mitglieder, vorwiegend aus dem katholischkonservativen Lager, umfaßte. Im Juli 1940 verhaftet, wurde er 1944 vom Volksgerichtshof in Wien wegen Hochverrats zum Tod verurteilt und hingerichtet. Während seiner Gefangenschaft schrieb S. zahlreiche Gedichte und Dramen mit teilweise autobiographischen Zügen, die postum veröffentlicht wurden (u. a. die Gedichtsammlung Ich werde immer bei euch sein, 1994). CD N D B S c h o l z , Wenzel (Johann), österr. Schauspieler, * 2 8 . 3 . 1787 Innsbruck, t 5 . 1 0 . 1 8 5 7 Wien. S„ Sohn eines Schauspielerehepaars, trat seit 1804 als Mitglied der von seiner Mutter Josefa - > S . geleiteten Theatergruppe in Laibach und Klagenfurt auf. Er erhielt 1815 ein Engagement am Hofburgtheater in Wien und debütierte dort als Traugott in August von —»Kotzebues Bruderzwist, verließ das Theater jedoch nach wenigen Monaten und spielte am Theater in der Leopoldstadt, in Klagenfurt und seit 1819 am Ständischen Theater in Graz, an d e m er vor allem im Lokalstück und in der Posse eingesetzt wurde. Seit 1826 bildete S. gemeinsam mit Johann —> Nestroy das populärste Komikerduo Wiens am Theater in der Josefstadt. Nestroy schrieb für ihn zahlreiche Rollen, u . a . den Zwirn in Lumpazivagabundus, den Melchior in Einen Jux will er sich machen und den Gluthammer in Der Zerissene. S. nahm 1857 Abschied von der Bühne. DP Ö B L S c h o l z , Werner, eigentl. Werner Ferdinand Ehrenfried Schulz, Maler, Graphiker, * 23. 10. 1898 Berlin, t 5 . 9 . 1982 Schwaz (Tirol). S. studierte an der A k a d e m i e für bildende Künste in Berlin. Im Ersten Weltkrieg verlor er seinen linken A r m . Beeinflußt von Emil - > N o l d e und Karl - > Schmidt-Rottluff, schilderte er in den zwanziger Jahren mit expressionistischen Stilmitteln Not und Elend des Kleinbürgertums der Kriegs- und Nachkriegszeit. Als „entarteter" Künstler verfemt, ging S. 1940 nach Alpbach (Tirol). Nach 1945 bilden biblische und mythologische T h e m e n den Mittelpunkt seines Schaffens. So entstand in seinen späten Jahren j e ein großer Pastellzyklus zum Alten Testament und zur griechischen Mythologie. S c h o l z , Wilhelm, Zeichner, * 2 3 . 1 . 1 8 2 4 Berlin, t 2 0 . 6 . 1893 Berlin. S. studierte Malerei bei Wilhelm —>Wach an der Kunstakademie in Berlin. Er begann mit Illustrationen für die „Rütli-Zeitung", arbeitete an Adolf —»Glaßbrenners Periodika „Freie Blätter", „Berliner Krakehler" und das „Berliner G r o ß m a u l " mit und entwarf verschiedene Revolutionsplakate. 1848 veröffentlichte er Berliner Randzeichnungen zur Geschichte der Gegenwart, wurde Mitarbeiter des „Kladderadatsch", entwarf die Figur des Titels „ B u m m l e r "
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und war fast vierzig Jahre Hauptzeichner des Blatts. Bekannt wurde S. vor allem durch seine —> Bismarck- und Napoleon-Karikaturen. CD Flemig S c h o l z , Wilhelm, österr. Internist, * 2 0 . 1 . 1 8 6 4 Prag, t 3 0 . 1 1 . 1 9 3 3 Graz. S., Sohn eines Geographen, studierte seit 1880 C h e m i e an der T H Prag, dann Medizin an der dortigen Deutschen Univ. und wurde 1894 promoviert. Anschließend war er Assistent von Friedrich —> Kraus am Wiener Rudolfspital, folgte diesem im selben Jahr nach Graz und habilitierte sich hier 1902 für Innere Medizin. Seit 1906 tit. a. ο. Prof. und Direktor des Allgemeinen Krankenhauses sowie des Gebär- und Findelhauses in Graz, wurde S. Zentraldirektor des neuen Landeskrankenhauses und 1927 tit. o . P r o f e s s o r . Er war maßgeblich an der Gründung der chemisch-pharmazeutischen Werke des Landes Steiermark beteiligt. 1906 wurde S. in den Obersten Sanitätsrat berufen und 1921 zum Hofrat ernannt. Er veröffentlichte u . a . Klinische und anatomische Untersuchungen über den Cretinismus (1906) und Erkrankungen des Stoff wechsels (mit Theodor —> Brugsch, 1919). cd ÖBL S c h o l z , (Franz Johann) Wilhelm von, Schriftsteller, Dramaturg, * 15.7. 1874 Berlin, t 2 9 . 5 . 1969 Gut Seeheim bei Konstanz. S., Sohn des preuß. Finanzministers Adolf von —»S., studierte Philosophie und Literaturgeschichte in Berlin, Kiel, Lausanne und München, wo er 1897 mit einer Arbeit über Annette von —»Droste-Hülshoff zum Dr. phil. promoviert wurde. Er lebte dann als freier Schriftsteller auf seinem Gut Seeheim bei Konstanz. 1916-22 war er Dramaturg und Erster Spielleiter am Hoftheater in Stuttgart und 1926-28 Präsident der Sektion für Dichtung der Preußischen A k a d e m i e der Künste. S. schrieb zunächst Lyrik in der Nachfolge Detlev von —> Liliencrons (Frühlingsfahrt, 1896) und wandte sich unter dem Einfluß Paul - » E m s t s d e m Neuklassizismus zu, wobei Friedrich —»Hebbel sein Vorbild war. A m bekanntesten waren seine Dramen Der Jude von Konstanz (1905) und Der Wettlauf mit dem Schatten (Uraufführung 1920, gedruckt 1922). Auch sein wichtigster R o m a n , Perpetua (1926, Neuausg. 1949), erzielte hohe Auflagen. S. trat engagiert für den Nationalsozialismus ein; ein 1959 nach ihm benannter Preis der Stadt Konstanz wurde 1989 wegen seiner antisemitischen Äußerungen von 1933 bis 1945 abgeschafft. c d Killy S c h o l z , Willibald (Oscar), Neuropathologe, Psychiater, * 15.12. 1889 Greiz (Thüringen), t 7 . 8 . 1971 München. Das Medizinstudium seit 1909 in Tübingen, München und Jena Schloß der aus einer K a u f m a n n s f a m i l i e stammende S. 1914 mit der Promotion ab (Klinische und pathologisch-anatomische Befunde bei der Untersuchung von 109 Tränensäcken mit besonderer Berücksichtigung der Tuberkulose). Er nahm am Ersten Weltkrieg teil und war seit 1919 Assistenzarzt an der Universitätsklinik für Gemüts- und Nervenkrankheiten in Tübingen. 1925 habilitierte er sich für Psychiatrie und Neurologie in Tübingen, wurde 1926 Oberarzt an der Psychiatrischen und Nervenklinik in Leipzig und war dort seit 1930 a. o. Professor. Seit 1932 in München, übernahm S. 1936 die Leitung des dortigen Hirnpathologischen Instituts und wurde 1945 Direktor der Deutschen Forschungsanstalt für Psychiatrie (Max-Planck-Institut). 1956 wurde S. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Die Krampfschädigungen des Gehirns (1951), Nervensystem (= Handbuch der speziellen pathologischen Anatomie und Histologie, Bd. 13, 1955) und 50 Jahre Neuropathologie in Deutschland. 1885-1935 (Hrsg., 1961). S. war Mitherausgeber des „Archivs f ü r Psychiatrie" und des „Zentralblatts für die gesamte Neurologie und Psychiatrie". c d NDB
Schomburgk S c h o l z , Willy, österr. Parteifunktionär, Publizist, * 1 9 . 1 0 . 1 9 0 6 Graz, t 2 8 . 2 . 1979 Graz. Der gelernte Maschinenschlosser, Sohn eines Schriftsetzers, gehörte der Sozialistischen Arbeiterpartei Österreichs an und war in Graz in der Jugendarbeit und kommunalpolitisch aktiv. Nach den Februarkämpfen 1934 flüchtete er nach Wien und Schloß sich der K P Ö an. Nach mehrmonatiger Haft emigrierte er E n d e 1935 in die Tschechoslowakei, besuchte bis 1938 die Lenin-Schule in Moskau und arbeitete seit Dezember 1938 im englischen Exil in der Parteigruppe der K P Ö in Großbritannien, f ü r Zeitschriften und die B B C . Nach Kriegsende wurde S. Mitglied des Zentralkomitees der K P Ö und war bis 1953 Chefredakteur der „Wahrheit". 1957 verließ er die Partei und war bis 1972 Prokurist der Merkur Versicherung Graz. m B H d E , Bd 1
Scholz-Zelezny,
Helene, geb. Scholz, Bildhauerin, * 16.8. 1882 Strzebowitz (Österr.-Schlesien), t 18.2. 1974 Rom. Die Tochter von Marie Scholz studierte in Brüssel Bildhauerei, war dann vorwiegend in Florenz tätig und arbeitete während des Ersten Weltkriegs in Wien, wo sie zahlreiche Auftrage, auch aus d e m Kaiserhaus, erhielt. 1922 richtete sich S.-Z. ein Atelier in R o m ein. 1947-49 nahm sie einen Lehrauftrag für Bildhauerei in Philadelphia wahr. Sie schuf u. a. Porträtbüsten von Kaiserin —»Zita und Papst Paul VI.
Scholze, Johann Sigismund, auch Sperontes, Liederdichter, * 2 0 . 3 . 1705 Lobendau bei Liegnitz (Schlesien), t 2 8 . 9 . 1 7 5 0 Leipzig. Der Sohn eines Amtsschreibers studierte vermutlich Rechtswissenschaften in Leipzig und bezeichnete sich später als juris practicus, war also vielleicht Anwaltsgehilfe. Berühmt wurde S. durch seine mehrfach aufgelegte und fortgesetzte L i e d s a m m l u n g Singende Muse an der Pleisse in zweimal 50 Oden, der neuesten und besten musikalischen Stucke mit den dazu gehörigen Melodien zu beliebter Klavierübung [...] (1736). Er sammelte mehr als 2 0 0 ältere M u sikstücke und verfaßte zu ihnen Texte nach spätbarocken und klassizistisch-galanten Mustern im damals üblichen, sogenannten parodistischen Verfahren. Besonders bekannt wurden seine Lieder Burgunder her, Edle Freiheit und Ihr Schönen höret an. CD Killy Schömberg,
Friedrich Hermann Graf von, eigentl. Schönberg, Militär, * Ende Dezember 1615 Heidelberg, t 11.7. 1690 Boyne (Irland). Der Sohn eines kurpfalzischen und brandenburgischen Feldobristen studierte in Sedan und Leiden, diente seit 1633 unter Friedrich Heinrich von Oranien und k ä m p f t e im Dreißigjährigen Krieg bis 1637 gegen die Kaiserlichen und 1639-51 erneut für Oranien gegen Spanien. 1651 trat S. in französische Dienste, focht 1661 für die Portugiesen gegen die Spanier und kommandierte 1673 eine französische Deckungsarmee gegen das Reich und Spanien. Seit 1674 Due, wurde er 1675 Marechal de France und k ä m p f t e auf d e m flandrischen und d e m katalonischen Kriegsschauplatz. Nach der A u f h e b u n g des Edikts von Nantes kam S., ein Calvinist, nach Brandenburg, erhielt 1687 vom Großen Kurfürsten das Generalat über die Armee, wurde zum geheimen Staats- und Kriegsrat und Statthalter des Herzogtums Preußen ernannt und mit einem eigenen Dragonerregiment betraut. 1688 begleitete S. Wilhelm III. von Oranien nach England, wurde von diesem zum D u k e ernannt und fiel im Kampf in Irland.
Schömberg,
Hermann, Schauspieler, * 12. 8 . 1 9 0 7 Unna, t 16.11. 1975 Hamburg. S. studierte 1925-27 an der von Luise - > D u m o n t geführten Hochschule für Bühnenkunst in Düsseldorf, wo er auch sein Debüt gab, spielte dann in Osnabrück, Dortmund, Wien
und Aachen und war 1934-44 in F r a n k f u r t / M a i n engagiert. 1945-49 trat er an den Kammerspielen, 1 9 4 9 / 5 0 am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg auf, gastierte 1951-53 am B o c h u m e r Schauspielhaus und wurde anschließend an das Düsseldorfer Schauspielhaus verpflichtet. Seit 1955 gehörte er wieder d e m E n s e m b l e des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg an. 1960 war S. am Burgtheater in Wien als Falstaff erfolgreich und gab u . a . Heinrich IV., Tartuffe und den Dorfrichter Adam. Er wurde auch als Film- und Fernsehschauspieler bekannt, u. a. in Türme des Schweigens und Die Buddenbrooks.
Schomburgk,
Hans, Afrikaforscher, Schriftsteller, * 2 8 . 1 0 . 1880 Hamburg, t 2 7 . 7 . 1967 Berlin. Der Großneffe Robert —>S.s wurde 1898 von seinen Eltern auf eine Farm nach Südafrika geschickt, trat in die englische Natal Mounted Police ein und nahm am Burenkrieg und am Griqua-Aufstand teil. Anschließend war S. Polizeioffizier in Nordwestrhodesien, Großwildjäger und Forschungsreisender, unternahm 1906 seine erste selbständige Expedition und war später im Rang eines Majors Chef des Geographischen Stabes der Republik Liberia. Er wurde zum Militärattache an der Liberianischen Botschaft in London ernannt, unternahm 1913 im Auftrag Carl —> Hagenbecks eine Filmforschungsexpedition durch Liberia und lebte längere Zeit unter den Gola-Stämmen. S. schrieb populäre Reiseberichte ( u . a . Wild und Wilde im Herzen Afrikas. 12 Jahre Jagd- und Forschungsreisen, 1910, Neuaufl. 1926; Zelte in Afrika, 1930; In Afrikas Wildkammern. Mit Kamera und Büchse in Urwald und Busch, 1934; Fahrten und Fährten, 1959, 5 1960; Pulsschlag der Wildnis, 1952, 5 1956, ungar. 1956, ' 1 9 6 1 , poln. 1957, russ. 1960, lit. 1963) und drehte u . a . die Afrikafilme Das letzte Paradies und Die Wildnis stirbt. CD D L L
Schomburgk,
(Moritz) Richard, Botaniker, * 5 . 1 0 . 1811 F r e y b u r g / U n s t r u t , t 2 5 . 3 . 1891 Adelaide. S., Sohn eines Superintendenten, war der Bruder von Sir Robert - > S . , mit dem er in britischem Auftrag 1840-44 eine Expedition nach Britisch-Guyana unternahm, deren Beschreibung wertvolle Mitteilungen über Fauna, Flora und B e w o h n e r dieses Landes enthält (Reisen in Britisch-Guiana in den Jahren 1840-44, 3 Bde., 1847/48). 1844 wurde S. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1849 ging er nach Australien und wurde 1865 Direktor des Botanischen Gartens in Adelaide. Dort veröffentlichte er u. a. The flora of South Australia (1875), Cataloque of the Plants under Cultivation in the Government Botanic Garden, Adelaide, South Australia (1878) und On the naturalised woods and other plants in South Australia (1879). S c h o m b u r g k , Sir Robert (Hermann), Forschungsreisender, * 5 . 6 . 1804 Freyburg/Unstrut, f 11.3. 1865 Schöneberg (heute zu Berlin). S. lernte als K a u f m a n n in Naumburg, ging 1829 in die U S A und von da 1830 nach Westindien, wo er sich geographischen Studien zuwandte. 1835 begann er, von der Londoner Geographischen Gesellschaft unterstützt, eine wissenschaftliche Expedition nach Britisch-Guyana, von der er 1839 zurückkehrte. 1840 stellte ihn die britische Regierung an die Spitze einer Kommission zur Vermessung der Grenze zwischen Guayana und Brasilien (sog. Schomburgk-Linie, 1841-95 anerkannt). Nach kurzer Rückkehr in seine Heimat schiffte er sich Ende 1840 gemeinsam mit seinem Bruder Richard —»S. erneut nach Südamerika ein, erforschte das Gebiet von Guayana geographisch, botanisch und zoologisch und kehrte 1844 nach England zurück, worauf er von Königin Viktoria zum Ritter geschlagen wurde. 1845 erfolgte die Wahl in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1848 wurde S. Konsul und Geschäftsträger bei der Dominikanischen Republik, 1850 englischer Generalkonsul
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Schomerus in Bangkok. 1864 kehrte er krank nach Europa zurück. Die Ergebnisse seiner Forschungen legte er in Description of British Guiana, geographical and statistical' (1840, Neuausg. 1970, dt. von Otto S., 1841), Twelve views in the interior of Guiana (1840) und The history of Barbados (1848, Nachdr. 1971 und 2001) sowie in Berichten an die Geographische Gesellschaft in London nieder, die von seinem Bruder Otto unter dem Titel Reisen in Guiana und am Orinoco 1835-39 (1841) herausgegeben wurden. Nach S. wurde eine ursprünglich in sumpfigen Gebieten Thailands verbreitete, 1938 ausgestorbene Hirschart benannt.
Schomerus,
Hilko Wiardo, Missionswissenschaftler, * 7. 1. 1879 Marienhafe (Ostfriesland), t 13. 11. 1945 Halle/Saale. Bis 1901 am Missionsseminar und der Univ. Leipzig ausgebildet. war S. Sohn eines Sanitätsrats, für die Leipziger Missiongesellschaft 1902-12 in Indien tätig, studierte danach erneut in Kiel und Leipzig und wurde 1914 Pfarrer in Rendsburg. Seit 1918 Wissenschaftlicher Assistent in Leipzig, habilitierte er sich dort 1923, wurde 1925 a. o.Prof. und folgte 1926 einem Ruf als o. Prof. für Missionswissenschaft nach Halle. 1 9 2 9 / 3 0 bereiste er Indien, Sri Lanka, Indonesien, China und Japan. S. trat mit Übersetzungen hinduistischer und tamilischer Quellentexte hervor und veröffentlichte u. a. Missions- Wissenschaft (1912), Indien und das Abendland (1925), Politik und Religion in Indien (1928), Buddha und Christus (1931) und Ist die Bibel von Indien abhängig? (1932). 1919 gehörte er f ü r die Deutsche Volkspartei der Nationalversammlung an. CD N D B
Schondorff,
Joachim, Verleger, Publizist, * 15.11. 1912 Magdeburg, f 2 5 . 2 . 1987 München. Das Studium in Graz, Wien, Hamburg und Berlin Schloß S. mit der Promotion zum Dr. phil. ab, war 1935-38 Redakteur beim Bibliographischen Institut in Leipzig und 1938-40 Abteilungsleiter der dortigen Gutenberg-Reichsanstalt. Seit 1940 lebte er als Verlagsleiter in Bamberg, war 1947-52 in gleicher Stellung im Christian Wegner-Verlag in Hamburg tätig und wurde 1952 Geschäftsführer des Langen-MüllerVerlags in München. Seit 1966 lebte S. als Publizist in Salzburg und München. Er gab vorwiegend klassische Dramen und theatergeschichtliche Werke heraus, u . a . Französisches Theater des 20. Jahrhunderts (2 Bde., 1960). DP D L L S c h o n g a u e r , Martin, Kupferstecher, Maler, * um 1 4 4 5 / 5 0 Colmar, t 2 . 2 . 1 4 9 1 Breisach. S. hat als Maler und Kupferstecher die mittelalterlichen Traditionen zur Völlendung gebracht. Über sein Leben sind wenige Daten gesichert. Vermutlich wurde er um 1450 oder einige Jahre früher in Colmar im Elsaß geboren, wo sich sein Vater, ein Goldschmied aus Augsburg, gegen 1440 niedergelassen hatte. Die erste Lehrzeit verbrachte er wahrscheinlich in der väterlichen Werkstatt. 1465 war er für ein Semester an der Leipziger Univ. immatrikuliert. Spätestens um 1 4 6 9 / 7 0 trat er die obligatorische Wanderschaft an; sie führte ihn nach Burgund und in die Niederlande: Sein Werk zeigt Einflüsse der Kunst Roger van der Weydens, dessen Weltgerichtsaltar in Beaune er sicher gesehen hat, sowie von Dieric Bouts und Jan van Eyck. 1470 soll er sich in Colmar niedergelassen haben. Von wem er das Malerhandwerk erlernte, weiß man nicht, doch war er zu seinen Lebzeiten vor allem als Maler berühmt. Er gelangte offenbar zu einigem Wohlstand, war mehrfacher
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Hausbesitzer und blieb anscheinend unverheiratet. Daß er anläßlich einer Reise nach Basel im Juni 1489 als „Bürger von Breisach" bezeichnet wird, beweist, daß er zu dieser Zeit bereits wegen eines großen Auftrags f ü r Wandmalereien im dortigen Münster nach Breisach umgezogen war. Den Quellenüberlieferungen zufolge starb S. höchstwahrscheinlich am 2 . 2 . 1491 in Breisach. Vermutlich seiner delikaten Malerei wegen wurde S. von seinen Zeitgenossen „Martin Schön" oder „Hübsch Martin" genannt. Erhalten haben sich von seinen Gemälden nur sehr wenige. Aus dem Jahr 1473 stammt sein malerisches Hauptwerk, die Madonna im Rosenhag (Colmar, St. Martin), sein einziges (nicht eigenhändig) datiertes Gemälde, dessen ursprünglicher Standort nicht bekannt ist. Dieses Meisterwerk spätgotischer Madonnenbilder zeichnet sich durch große Klarheit in Komposition und Ausführung aus. Außer einem Paar Altarflügel, gestiftet von dem Präzeptor Jean d'Orlier für das Antoniterkloster und -hospital in Isenheim (Colmar, Musee d'Unterlinden), dem von Werkstattmitarbeitern ausgeführten ehemaligen Hauptaltar der Dominikaner in Colmar (Colmar, M u s e e d'Unterlinden) sowie einigen kleineren Tafelbildern, die ebenfalls nicht alle eigenhändig ausgeführt sind, haben sich nur noch die Weltgerichts-Fresken an der inneren Westwand des Breisacher Münsters erhalten, die er möglicherweise wegen seines plötzlichen Todes nicht mehr selbst fertigstellen konnte. Nicht nur wegen der technischen und künstlerischen Qualität seiner Kupferstiche, die die Möglichkeiten dieser Technik zur Vollendung bringen, gilt S. als einer der bedeutendsten Graphiker vor Albrecht —> Dürer, den er entscheidend beeinflußte. Wohl als erster stellte er Druckgraphik in größerer Zahl her und betrieb ihre kommerzielle Verbreitung. Als erster Stecher hat er seine Werke signiert: Alle 116 erhaltenen Blätter tragen seine Initialen zu Seiten eines Kreuzes mit einem halbmondförmigen Häkchen. Die Forschung streitet sich weniger um ihre Zuschreibung als um ihre Datierung und Chronologie. Im ganzen verläuft die stilistische Entwicklung von breit erzählendem Detailreichtum zu größerer, ernsterer und repräsentativerer Form. Neben zahlreichen religiösen Themen umfaßt sein (Euvre auch einige profane Darstellungen. Als die bekanntesten Kupferstiche gelten Delhi. Antonius, von Dämonen gepeinigt, Die Verkündigung an Maria und die Große Kreuztragung. LITERATUR: M. S. Das Kupferstichwerk. Bearb. v. Tilman F a l k / T h o m a s Hirthe. Ausstellungskatalog Staatliche Graphische Sammlung München. 1991. - Le Beau Martin. Etudes et Mises au Point. Akten des Kolloquiums im Musee d'Unterlinden in Colmar, 30. S e p t . - 2 . Okt. 1991. Colmar 1994. - T h e illustrated Bartsch. Bd. 8: Early German artists. Μ. S., Ludwig Schongauer and copyists. Bearb. v. Jane Campbell Hutchinson. New York 1996. - Fritz Koreny: M. S. as a draftsman: a reassessment. In: Master drawings 3 4 / 2 (1996) S. 123-147. - Stephan Kemperdick: Μ. S. Petersberg 2004. - Lothar Schmitt: Μ. S. und seine Kupferstiche. Materialien und Anregungen zur Erforschung früher Druckgraphik. Weimar 2004. Doris Kutschbach
Schonthal, Ruth, geb. Schönthal, Komponistin, Musikerin, * 2 7 . 6 . 1 9 2 4 Hamburg, t 1 0 . 7 . 2 0 0 6 Scarsdale (New York, USA). Seit 1930 am Sternschen Konservatorium in Berlin ausgebildet, wurde S. 1935 wegen ihrer jüdischen Herkunft entlassen und emigrierte 1939 mit ihrer Familie nach Schweden. Sie besuchte die Hochschule für Musik in Stockholm, kam 1941 über die Sowjetunion nach Mexico City, wo sie u . a . bei Manuel Ponce Kompositionsunterricht erhielt, und studierte 1946-48 bei Paul - » H i n d e m i t h an der Yale University in New Haven. Danach war sie als Komponistin und Pianistin tätig und lehrte später auch als Prof. f ü r Komposition an der New York University und am Westchester Conservatory
Schopenhauer of Music. In ihren Kompositionen, in denen sie auch zeitgeschichtliche T h e m e n verarbeitete (u.a. in den k a m m e r m u sikalischen Werken The Wall Before and After, 1994; Beils of Sarajevo, 1997), verband sie meist unterschiedliche musikalische Traditionen wie die europäische Romantik, mexikanische Volksmusik oder Minimal Music. Ferner schuf sie Orchesterwerke, Ballettmusik, Klaviermusik und Lieder sowie die Opern The Courtship of Camilla (1979), Princess Maleen (1989) und Jocasta (1997). 1994 wurde S. mit d e m Internationalen Künstlerinnenpreis der Stadt Heidelberg ausgezeichnet. S c h o o f , Heinrich, österr. Musiker, Chorleiter, Komponist, Musikredakteur, * 2 3 . 1 0 . 1 8 6 5 Wien, t 18.7. 1939 Wien. S., Sohn eines Nadlermeisters, studierte 1880-84 Posaune am Konservatorium der Gesellschaft der M u s i k f r e u n d e in Wien, besuchte 1 8 8 2 / 8 3 die Harmonielehreklasse Anton —>Bruckners und war dann als Orchestermusiker u . a . am Stadttheater in Klagenfurt und in St. Petersburg tätig. Er gründete eine eigene Kapelle und wurde musikalischer Leiter des Thalia-Theaters im Arbeiterheim Wien-Ottakring. S. widmete sich vor allem der Leitung von Arbeiterchören und setzte sich für die A u f f ü h r u n g anspruchsvoller Orchesterwerke ein. 1904-09 war er Bundeschormeister und 1908-34 Gauchormeister für den Gau Wien des Reichsverbandes der Arbeitergesangvereine Österreichs. Daneben war S. Redakteur der „Arbeiter-Sängerzeitung" und der „Musikerzeitung", des Organs des Wiener Musikbundes, dessen Vorstand er 1894-1934 angehörte. Er komponierte einige Chorwerke. DP Ö B L S c h o o n , Greta, Lyrikerin, * 1 1 . 7 . 1 9 0 9 Spetzerfehn (Ostfriesland), t 7 . 3 . 1991 Leer. S. besuchte das sozialpädagogische Seminar in Bremen und arbeitete dann bis zu ihrer Pensionierung als Kindergärtnerin vor allem in Ostfriesland. 1934-36 hielt sie sich in einer brasilianischen Missionsstation auf. 1977 erschien ihre erste selbständige Veröffentlichung, der niederdeutsche Lyrikband Kuckuckssömmer, dem 1983 die Anthologie Dat wi överleven folgte. S. wurde 1980 mit dem Freudenthal-Preis für niederdeutsche Literatur und 1981 mit dem Klaus-GrothPreis ausgezeichnet. DP Killy S c h o o p , Hedi, Tänzerin, Schauspielerin, Kabarettistin, Malerin, * 3 . 4 . 1906 Zürich, t 14.4. 1995 Hollywood. S., Tochter eines Journalisten, erhielt bereits als Jugendliche Schauspielunterricht und trat in den zwanziger Jahren als Solistin und gemeinsam mit ihrer Schwester Trudi —>S. als Tänzerin auf, u . a . in Werner —>Fincks Kabarett „Die Katakombe"; 1931 wechselte sie zum „Tingel-TangelTheater" und lernte dort ihren späteren Ehemann Friedrich —>Hollaender kennen. 1933 emigrierten beide über Paris in die USA, wo S. nach einem vergeblichen Versuch, ein Exilkabarett zu etablieren, eine Karriere als Keramikkünstlerin begann und zu einer bekannten Vertreterin der „California Pottery" wurde. m NDB S c h o o p , Hermann, schweizer. Germanist, Publizist, * 2 7 . 2 . 1875 Dozwil (Kt. Thurgau), t 15.8. 1950 Dozwil. Nach d e m mit der Promotion zum Dr. phil. abgeschlossenen Studium der Germanistik in Basel und Berlin setzte S. seine Studien in Frankreich und England fort und war nach seiner Rückkehr Gymnasiallehrer in Chur und Burgdorf. 1907-14 war er Redakteur der „Süddeutschen M o natshefte" und außenpolitischer Mitarbeiter der „Münchner Neuesten Nachrichten", wurde dann Privatdozent an der Ε Τ Η Zürich und 1924 Prof. der deutschen Sprache und Literatur an der Univ. Neuenburg. S. war Mitbegründer und Leiter der „Neuen Schweizer Zeitung" (1918-24) sowie langjähriger Mitarbeiter der „Basler Nachrichten". CD D L L
S c h o o p , M a x Ulrich, schweizer. Physiker, Erfinder, * 10.4. 1870 Frauenfeld (Kt. Thurgau), t 2 9 . 2 . 1 9 5 6 Zürich. Nach Reisen in Rußland, auf denen er u. a. Lev Ν. Tolstoj kennengelernt hatte, studierte S., Sohn eines Zeichenlehrers, an der Ε Τ Η Zürich Physik und Elektrochemie und arbeitete auf d e m Gebiet der elektrischen Akkumulatoren. 1902 erfand er die industrielle Wasserelektrolyse zur Herstellung von Wasser- und Sauerstoff, 1906 ein Verfahren zur autogenen Schweißung von Aluminium durch A n w e n dung von Flußmitteln und 1909 das Metallspritzverfahren mittels gas- und elektrobeheizter Pulver- und Drahtspritzpistolen. 1908-44 war S. Inhaber der Werke für Metallisierung in Zürich. Er veröffentlichte u. a. Die industrielle Elektrolyse des Wassers und die Verwendungsgebiete von Wasserstoff und Sauerstoff (1901) und Handbuch der MetallspritzTechnik (1935, mit C. H. Daeschle). S c h o o p , Trudi, eigentl. Gertrude, schweizer. Tänzerin, Choreographin, Tanztherapeutin, * 9 . 1 0 . 1903 Zürich, t 14.7. 1999 Van Nuys (Kalifornien, USA). Die Schwester Hedi —>S.s erhielt Schauspielunterricht, wandte sich als Autodidaktin d e m Ausdruckstanz zu und trat seit 1920 mit eigenen Tanznummern auf. 1928 war sie am Zürcher Kabarett „Krater" und 1929 mit ihrer Schwester am Berliner Kabarett „Die K a t a k o m b e " engagiert und hatte auch Auftritte mit —>Grock. 1931 gründete sie in Zürich eine Tanzschule. Mit der „Fridolin"-Figur gelang ihr international der Durchbruch (Tanzkomödie Fridolin en route, 1932). Zahlreiche Gastspielreisen führten S. in die U S A und durch Europa. 1939 löste sie ihre Gruppe auf und kehrte nach Zürich zurück. Mit Werner —>Finck leitete sie 1947 das Kabarett „Nebelhorn" in Zürich, 1948 die „Mausefalle" in Stuttgart. 1951 zog sie zu ihrer Schwester nach Hollywood, wo sie als eine der ersten Tanz- und Bewegungstherapeutinnen tätig wurde (Won't you join the dance?, 1972, dt. 1981 unter dem Titel Komm und tanz mit mir, 1981). c d N D B S c h o p , Johann, Musiker, Komponist, * u m 1590 Hamburg, t S o m m e r 1667 Hamburg. S., Sohn eines Ratsmusikers, war seit 1615 Mitglied der Hofkapelle von Wolfenbüttel, wurde im selben Jahr in die Hofkapelle König -> Christians IV. in Kopenhagen aufgenommen und war hier bis zum Ausbruch der Pest 1619 tätig. 1621 wurde er als Ratsviolinist nach Hamburg berufen, übernahm die Leitung der Ratsmusik und war später auch Organist an der Jakobikirche. S. erwarb sich mit seinen Kirchenkonzerten und auf Kunstreisen an deutsche und ausländische Höfe hohes Ansehen. Er komponierte Instrumental- und geistliche Vokalmusik und schuf zahlreiche Liedweisen (u. a. zu Johann —>Rists Himmlischen Liedern, 2 Bde., 1641/42). Mehrere seiner Choralmelodien werden bis heute gesungen. CD M G G
Schopenhauer,
(Luise) Adel(aid)e (Lavinia), Pseud. A. van der Venne, Schriftstellerin, * 1 2 . 6 . 1 7 9 7 Hamburg, t 2 5 . 8 . 1849 Bonn. Die Tochter Johanna —>S.s und Schwester Arthur —>S.s übersiedelte nach d e m Tod des Vaters (1805) mit ihrer Mutter nach Weimar und beschäftigte sich unter deren Einfluß früh mit Literatur und Malerei. Im Salon ihrer Mutter kam S. mit d e m Goethe-Kreis in Berührung, verkehrte auch in —»Goethes Haus und war u. a. eng mit dessen späterer Schwiegertochter Ottilie von Pogwisch (—»Goethe) befreundet. Bekannt war S. vor allem für ihre kunstvollen Scherenschnitte. Seit 1829 lebte sie im Haus ihrer Freundin Sibylle Mertens-Schaaffhausen in U n k e l / R h e i n , trat in Verbindung zu Annette von Droste-Hülshoff und Karl Leberecht —> I m m e r m a n n und veröffentlichte 1835 unter
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Schopenhauer ihrem P s e u d o n y m ihre erste Novelle Die lothringischen Geschwister. Erst nach dem Tod ihrer Mutter (1838) publizierte S. unter ihrem eigenen Namen, u . a . den R o m a n Anna (2 Bde., 1845), und gab die Lebenserinnerungen ihrer Mutter unter d e m Titel Jugendleben und Wanderbilder (2 Bde., 1829) heraus. Aus gesundheitlichen Gründen lebte sie seit 1844 vorwiegend in Italien. 1849 kehrte S. schwerkrank nach Deutschland zurück. • • Lebenswege Thür, 2. Slg.
Schopenhauer,
Arthur, Philosoph, * 2 2 . 2 . 1788 Danzig, t 2 1 . 9 . 1860 F r a n k f u r t / M a i n . Der Sohn des K a u f m a n n s Heinrich Floris S. und der späteren Schriftstellerin Johanna —>S., geb. Trosiener, verbrachte seine Kindheit zunächst in Danzig, dann in Hamburg, wohin die Familie wegen der Vereinnahmung Danzigs durch Preußen 1793 übersiedelte. Vom Vater zum Kaufmannsberuf bestimmt, lernte S. früh andere europäische Länder kennen. Die Wahrnehmung vielfachen Leides hat nach eigenem Zeugnis seine Lebensanschauung früh beeinflußt. Nach dem Tod des Vaters 1805 verließ S.s Mutter 1806 Hamburg und nahm Wohnung in Weimar. Ermutigt durch die Mutter, fühlte sich S. frei, den Kaufmannsberuf aufzugeben. Er holte in Gotha und Weimar das Pensum des G y m n a s i u m s nach. S. studierte 1809-11 in Göttingen (Einfluß des Skeptikers Gottlob Ernst —» Schulze, der ihm —¥ Kant und Piaton empfahl) und 1811-13 in Berlin (u.a. bei J. G. - > F i c h t e ; S.s anfängliche Verehrung schlug bald in Geringschätzung um). 1813 wurde S. an der Univ. Jena mit der Schrift Über die vielfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde promoviert, die er später als Ausgangspunkt seines Systems ansah. Er vereinfachte bestehende Erkenntnistheorien (vor allem die Kants), indem er Kausalität, logische Begründung, R a u m / Z e i t sowie Motivation als vier Gestalten des „Satzes vom G r u n d e " (vgl. Leibniz) auffaßte. In Weimar führte er intensive Gespräche mit —»Goethe über dessen Farbenlehre und entwarf dazu eine eigene Position (Über das Sehn und die Farben, 1816), die Goethe wegen ihres Gegensatzes zu seiner eigenen Auffassung mißfiel. In den Jahren 1814 bis 1818 arbeitete S., vor allem in Dresden lebend, sein Hauptwerk aus: Die Welt als Wille und Vorstellung (publiziert 1819). Das niemals erscheinende, für Menschen in einem strikten Sinn unerkennbare An-sich der Welt, für das Kant den Ausdruck „Ding an sich" gebrauchte, deutete S. als Wille. Diesem Willen schrieb er die Eigenschaft blinden, nie vollk o m m e n zu befriedigenden Strebens zu und interpretierte die für Menschen zugängliche Welt (die „Welt als Vorstellung") im Sinn einer Objektwerdung („Objektivation") jenes Willens, und zwar Objektwerdung für die - stets begrenzte - Erkenntnis menschlicher Subjekte. Als deren letzte Basis sah er jenen Willen selbst an. Die dem Willen eigene Tendenz zur Objektivation in Gestalt von Erscheinungen des Lebens lieferte S. den Grund dafür, den Willen überhaupt auch als „Wille zum L e b e n " anzusprechen. Da alle Erscheinungen der Welt für S. Objektivationen des nie zur R u h e k o m m e n d e n Willens waren, und da er dessen immer unbefriedigt bleibende Verfassung als nie endendes Leiden deutete, folgerte er daraus die prinzipielle Leidensnatur allen Lebens. Seine Philosophie hat den Grundzug eines generellen Pessimismus. S. erklärte die gewöhnlichen Lebens-, d. h. Willensziele der Individuen für ebenso unver-
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meidlich wie illusionär, da es endgültige Erfüllung nie geben könne. Die einzige Möglichkeit, die eigene Triebnatur dauerhaft zur Ruhe zu bringen, sah S. in der Willensverneinung oder Askese, hielt diese jedoch für eine Grundhaltung, zu der eine Person sich nicht beliebig entschließen kann, vielmehr durch ihren intelligiblen Charakter (einen transzendenten Akt des Willens an sich) bestimmt sein muß. Die Forschung nimmt an, daß in den Thesen von der Leidensnatur allen Lebens und der Askese als einzig dauerhafter Erlösung Grundzüge altindischer Philosophie wiederkehren. S. war bereits 1814 durch den Orientalisten Friedrich M a j e r mit indischem Gedankengut bekannt geworden und benutzte die lateinische Übersetzung einer persischen Version der älteren Upanishaden („Oupnekhat") nach eigenem Zeugnis als Vademecum. Nach S. gibt es neben der (selten erreichten) Askese als dauerhafter Erlösung vom Leidensdruck der Willensnatur noch die Möglichkeit zeitweiliger Befreiung davon: im künstlerischen Erlebnis. Die Ursprungszustände von Kunst wie auch die Zustände gelingenden A u f n e h m e n s von Kunst werden als Kontemplations- oder Versenkungserfahrungen gedeutet, in denen das Subjekt keine Selbstwahrnehmung mehr hat, sondern ganz aufgeht in einer ästhetischen Vision. In ihr gibt es nach S. wegen der Selbstvergessenheit der erlebenden Person zeitweilig keine Willensziele mehr und kein diesen zugeordnetes Leid. S. deutete die künstlerische Vision als höchste F o r m menschlicher Erkenntnis und verglich ihre Gegenstände den Ideen Piatons. Der Musik wies er eine nochmals erhöhte Stellung zu durch die These, daß sie nicht einmal der Ideen bedürfe, sondern in einer höchst eigenen, nicht vernunftmäßigen und nicht übersetzbaren Sprache den Weltwillen selbst darstelle. Eine philosophische Ethik, soweit damit eine Sollens- oder Pflichtenlehre gemeint sei, erklärte S. für unbegründbar. Für möglich hielt er nur eine Ethik des Mitleids mit allem, was lebt. Die Basis einer solchen Ethik sah er in der (teils vernunftmäßigen, teils intuitiven) Erkenntnis der gemeinsamen Natur und des gemeinsamen Leidens aller Lebewesen, auch in der Erkenntnis, daß j e d e Lebenserscheinung zuletzt eine Erscheinungsgestalt eines und desselben Willens sei. Nach Vollendung der Welt als Wille und Vorstellung begab sich S. auf eine einjährige Italienreise ( 1 8 1 8 / 1 9 ) und begann danach Vorbereitungen für eine Universitätskarriere. Er habilitierte sich 1820 an der Berliner Universität; bei der Disputation nach dem Probevortrag kam es zu einer Konfrontation mit —»Hegel. S.s Vorlesungen im S o m m e r 1820 blieben ohne die erwartete Resonanz. Das Gleiche widerf u h r d e m 1819 erschienenen Hauptwerk, das kaum öffentliche Beachtung fand und sich extrem schlecht verkaufte. Es gelang S. nicht, als Dozent und Systemautor gegen die allgemeine Herrschaft der Philosophie Hegels a n z u k o m m e n . Im Winter 1 8 2 0 / 2 1 kam keine Vorlesung mehr zustande. Nach einer weiteren Italienreise, Depression, Krankheiten (u. a. Ertaubung des rechten Ohres) und Kuren unternahm S. 1825 nochmals einen Anlauf, in Berlin als Universitätslehrer Fuß zu fassen, jedoch wieder ohne Erfolg. In die zwanziger Jahre fielen auch die wenig glückliche Liebesbeziehung zu der Chorsängerin und Schauspielerin Caroline Richter und ein langwieriger Prozeß um Schadensersatz und Rente wegen einer Körperverletzung, die S. der Näherin Caroline Louise Marquet zugefügt haben sollte. 1831 floh S. aus Berlin, um der Cholera zu entgehen, und ließ sich nach einem längeren Aufenthalt in M a n n h e i m 1833 für den Rest seines Lebens in F r a n k f u r t / M a i n nieder. Von seinem Anteil des väterlichen Vermögens lebend, arbeitete er als Privatgelehrter an der Ergänzung und Verdeutlichung des früh entworfenen eigenen Systems. Veröffentlichte Schriften hierzu (Über den Willen in der Natur, 1836; Die beiden Grundprobleme der Ethik, 1841; die zweite Auflage von Die
Schöpf Welt als Wille und Vorstellung mit e i n e m e r g ä n z e n d e n Zweiten Band, 1844) f a n d e n s e h r w e n i g Interesse. D e r überras c h e n d e D u r c h b r u c h zu ö f f e n t l i c h e r W i r k u n g und anhaltend e m R u h m g e l a n g S. erst mit zwei d a s S y s t e m n o c h m a l s e r g ä n z e n d e n B ä n d e n Parerga und Paralipomena (1851), die auch d i e p o p u l ä r a b g e f a ß t e S c h r i f t Aphorismen zur Lebensweisheit enthielten. In d e n Jahren bis zu s e i n e m T o d erf u h r S. w a c h s e n d e B e a c h t u n g und B e w u n d e r u n g , u . a . d u r c h Friedrich —»Hebbel und Richard —>Wagner. D a d u r c h d a ß S. d i e Instanz, d i e in s e i n e m Weltbild das A b solute a u s m a c h t , d e n allem z u g r u n d e l i e g e n d e n Willen, als blind und außerrational ansah, trat seine P h i l o s o p h i e in einen krassen G e g e n s a t z z u m D e u t s c h e n I d e a l i s m u s , der das f r ü h e 19. Jh. w e i t g e h e n d d o m i n i e r t e . S.s E r f o l g l o s i g k e i t in d i e s e m Z e i t r a u m w a r nicht allein F o l g e seines s c h r o f f e n Naturells, s o n d e r n hatte als s y s t e m a t i s c h e U r s a c h e j e n e n G r u n d g e d a n ken, der seiner Zeit u n d ihren E r w a r t u n g e n e x t r e m f e r n l a g . Dies gilt trotz einer N ä h e S.s zur n a c h w i r k e n d e n R o m a n t i k ( i n s b e s o n d e r e zu W i l h e l m Heinrich —> W a c k e n r o d e r ) in A n g e l e g e n h e i t e n d e r K u n s t als höchster E r k e n n t n i s und der besonderen R o l l e der M u s i k . Erst nach d e m S c h e i t e r n d e s letzten g r o ß e n idealistischen S y s t e m s , der P h i l o s o p h i e H e g e l s , und der e b e n s o gescheiterten R e v o l u t i o n von 1848 scheinen d i e V o r a u s s e t z u n g e n f ü r d i e A u f n a h m e eines i m K e r n a u ß e r r a t i o n a l e n , o f t a u c h biologistisch a n m u t e n d e n Weltbild e s u n d einer d u r c h w e g p e s s i m i s t i s c h e n L e b e n s d e u t u n g hinr e i c h e n d g ü n s t i g g e w e s e n zu sein. D e r p h i l o s o p h i s c h wichtigste „ S c h ü l e r " S.s im 19. Jh. war, o h n e d a ß er S. persönlich g e k a n n t hätte, Friedrich —»Nietzsche. O b g l e i c h er sich von d e m P e s s i m i s m u s des z u n ä c h s t verehrten S. bald a b w a n d t e , blieben e i n z e l n e Form e l n und T h e m e n von S.s P h i l o s o p h i e f ü r N i e t z s c h e s gesamtes Denken mitbestimmend. Noch seine späte metaphysische T h e s e über einen allen L e b e n s e r s c h e i n u n g e n z u g r u n d e l i e g e n d e n „Willen zur M a c h t " lebt trotz völlig andersartiger B e g r ü n d u n g verbal von d e m b e w u ß t e n G e g e n s a t z zu S.s „Wille z u m L e b e n " . S.s E i n f l u ß auf d i e L e b e n s p h i l o s o p h i e bis hin zu Henri B e r g s o n ist unbestritten. N o c h w e n i g a u f geklärt ist d a s Verhältnis S.s zu S i g m u n d —> Freud. S.s A n n a h m e t r i e b h a f t e r S t e u e r u n g im S e e l e n l e b e n , d a s a u s d r ü c k liche A k z e p t i e r e n u n b e w u ß t e r S e e l e n z u s t ä n d e s o w i e d a s in d e n Parerga energisch v e r f o l g t e T h e m a des T r a u m e s suggerieren e i n e sachliche V e r w a n d t s c h a f t trotz b l e i b e n d e r D i f f e renzen. S.s g r o ß e s p ä t e r e W i r k u n g auf d a s S e l b s t v e r s t ä n d n i s von K ü n s t l e r n bis hin zu M a r c e l P r o u s t , T h o m a s —>Mann und S a m u e l B e c k e t t d ü r f t e teils auf d i e D e u t u n g künstlerischer Z u s t ä n d e als A u s n a h m e z u s t ä n d e mit d e m C h a r a k ter d e s F r e i w e r d e n s , teils auf ihre D e u t u n g als Z u s t ä n d e höchster, weitest reichender E r k e n n t n i s z u r ü c k g e h e n . D i e g r o ß e R e s o n a n z bei M u s i k e r n resultiert w a h r s c h e i n l i c h aus der von S. p r o k l a m i e r t e n S o n d e r s t e l l u n g d e r M u s i k als leistungsfähigster Kunst. AUSGABEN: W e r k e in f ü n f B ä n d e n , nach d e n A u s g a b e n letzter H a n d hrsg. v. L u d g e r L ü t k e h a u s . Zürich 1991. - S ä m t liche Werke. N e u bearbeitet und hrsg. v. A r t h u r H ü b s c h e r . 7 B d e . , W i e s b a d e n 3 1 9 7 2 . - S ä m t l i c h e Werke. Textkritisch bearb. und hrsg. v. W o l f g a n g Frhr. von L ö h n e y s e n . 5 Bde., S t u t t g a r t / F r a n k f u r t 1976. - D e r h a n d s c h r i f t l i c h e N a c h l a ß . Hrsg. v. A r t h u r H ü b s c h e r . 5 B d e . in 6. F r a n k f u r t / M a i n 1966-75. - P h i l o s o p h i s c h e Vorlesungen. H r s g . und eingel. v. Volker Spierling. 4 B d e . , M ü n c h e n 1984-86. - G e s a m m e l t e B r i e f e . Historisch-kritische A u s g a b e . Hrsg. v. A r t h u r Hübscher. Bonn 21987. LITERATUR: Bibliographie: A r t h u r H ü b s c h e r : S.-Bibliographie. Stuttgart 1981. - S t ä n d i g e A k t u a l i s i e r u n g in d e r Zeitschrift S c h o p e n h a u e r - J a h r b u c h , W ü r z b u r g . Biographien: W i l h e l m G w i n n e r : A. S. aus p e r s ö n l i c h e m U m g a n g e dargestellt. L e i p z i g 1862. - A r t h u r H ü b s c h e r : S. B i o g r a p h i e eines Weltbildes. Stuttgart 2 1 9 6 7 . - R ü d i g e r S a f r a n s k i : S. und D i e
w i l d e n J a h r e der P h i l o s o p h i e . M ü n c h e n 1987. - K a r l h e i n z M u s c h e l e r : D i e S . - M a r q u e t - P r o z e s s e und das p r e u ß i s c h e Recht. T ü b i n g e n 1996. - Gesamtdarstellungen: Thomas M a n n : S. S t o c k h o l m 1938. - A r t h u r H ü b s c h e r : D e n k e r gegen den S t r o m . S.: gestern - heute - m o r g e n . B o n n 1973. W o l f g a n g W e i m e r : S. D a r m s t a d t 1982. - B r y a n M a g e e : T h e P h i l o s o p h y of S. O x f o r d 1983. - C h r i s t o p h e r J a n a w a y : Seif and World in S . ' s P h i l o s o p h y . O x f o r d 1989. - Ders.: S. O x f o r d 1994. - W o l f g a n g K o r f m a c h e r : S. zur E i n f ü h r u n g . H a m b u r g 1994. - Volker Spierling: A . S., P h i l o s o p h i e als K u n s t u n d E r k e n n t n i s . Zürich 1994. - C. J a n a w a y (Hg.): T h e C a m b r i d g e C o m p a n i o n to S. C a m b r i d g e 1999. Ulrich Pothast
Schopenhauer,
J o h a n n a (Henriette), geb. Trosiener, Schriftstellerin, * 9 . 7 . 1 7 6 6 D a n z i g , t 1 6 . 4 . 1 8 3 8 J e n a . D i e S e n a t o r e n t o c h t e r heiratete 1785 d e n viel älteren H a n delsherrn H e i n r i c h Floris S., mit d e m sie 1 7 8 7 / 8 8 und 1803-05 a u s g e d e h n t e E u r o p a r e i s e n u n t e r n a h m , und lebte seit 1803 in H a m b u r g . N a c h d e m Tod ihres M a n n e s 1805 zog S. 1806 mit ihrer T o c h t e r A d e l e —>S. nach W e i m a r , w o sie M i t t e l p u n k t eines b e d e u t e n d e n S a l o n s war, in d e m Goethe u n d d a s kulturelle W e i m a r verkehrten. Sie trat als Reiseschriftstellerin ( E r i n n e r u n g e n von einer Reise in den Jahren 1803, 1804 und 1805, 3 B d e . , 1813-17) und Erzählerin h e r v o r und war nach d e m Verlust ihres V e r m ö g e n s 1819 auf d i e finanziellen Erträge ihrer Schriftstellerei a n g e w i e sen. S. v e r f a ß t e eine R e i h e von F r a u e n r o m a n e n (u. a. Gabriele, 3 B d e . , 1 8 1 9 / 2 0 , N e u a u s g . 1985; Sidonia, 3 Bde., 1 8 2 7 / 2 8 ) , den R o m a n Richard Wood (2 Bde., 1837) s o w i e L e b e n s e r i n n e r u n g e n , die 1839 von ihrer Tochter unter d e m Titel Jugendleben und Wanderbilder (2 B d e . ) h e r a u s g e b e n w u r d e n . 1828 übersiedelte S. nach B o n n , lebte zeitweise bei Sibylle M e r t e n s - S c h a a f f h a u s e n in U n k e l / R h e i n , k o n n t e aber n a c h d e r G e w ä h r u n g einer E h r e n p e n s i o n d u r c h G r o ß h e r z o g Karl Friedrich von S a c h s e n - W e i m a r - E i s e n a c h n a c h T h ü r i n gen z u r ü c k k e h r e n und v e r b r a c h t e ihre letzten L e b e n s j a h r e in Jena. Sie w a r d i e M u t t e r von A r t h u r —>S. cd NDB S c h ö p f , A n d r e a s , österr. S c h a u s p i e l e r , Theaterdirektor, * 1743 (1751 ?) Wien, f 1 9 . 9 . 1 8 1 3 Prag. D e r S o h n eines L e i b k u t s c h e r s der E r z h e r z o g i n —> M a r i a T h e resia d e b ü t i e r t e 1768 als S c h a u s p i e l e r , w a r 1 7 7 5 / 7 6 Prinzipal in I n n s b r u c k , 1 7 7 6 / 7 7 in A u g s b u r g und 1777 in Salzburg. N o c h i m selben J a h r zog er nach R e g e n s b u r g , w o er 1778-84 d a s d e u t s c h e H o f - und N a t i o n a l t h e a t e r d e s Fürsten Karl A n s e l m von —»Thum u n d Taxis leitete. N a c h e i n e m Gastspiel a m W i e n e r B u r g t h e a t e r gastierte er z w i s c h e n 1784 u n d 1792 mit seiner T r u p p e u. a. in A u g s b u r g , N ü r n b e r g , Erlangen und B a y r e u t h , b e v o r er 1792 z u m f ü r s t b i s c h ö f l i c h e n S c h a u s p i e l d i r e k t o r in P a s s a u e r n a n n t w u r d e . 1798 f o l g t e er d e m R u f d e s I m p r e s a r i o s D o m e n i c o G u a r d a s o n i an das S t ä n d e t h e a t e r in Prag. S c h ö p f , Franz, österr. C h i r u r g , * 25. 8 . 1 8 5 0 Wien, t 8 . 1 1 . 1917 Wien. D a s S t u d i u m der M e d i z i n in W i e n s c h l o ß S., S o h n eines M ö b e l h ä n d l e r s , 1875 mit d e r P r o m o t i o n ab, erhielt s e i n e F a c h a u s b i l d u n g an der II. C h i r u r g i s c h e n Universitätsklinik d e s A l l g e m e i n e n K r a n k e n h a u s e s in W i e n und w a r seit 1883 P r i m a r i u s der C h i r u r g i s c h e n A b t e i l u n g a m B e z i r k s k r a n k e n h a u s W i e n - S e c h s h a u s . 1887 ü b e r n a h m er dessen ärztliche L e i t u n g , nach S c h l i e ß u n g der Anstalt 1890 j e n e d e s als N a c h f o l g e i n s t i t u t i o n neu errichteten KaiserF r a n z - J o s e p h s - B e z i r k s k r a n k e n h a u s in R u d o l f s h e i m ( 1 8 9 2 in Kaiserin-Elisabeth-Spital u m b e n a n n t ) u n d wirkte hier bis zu seiner Versetzung in d e n R u h e s t a n d 1915 als chirurgischer P r i m a r i u s u n d ärztlicher Direktor. Er w a r auch m a ß g e b l i c h an der P l a n u n g und E i n r i c h t u n g d e s K a i s e r i n - E l i s a b e t h Spitals beteiligt. m ÖBL
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Schoppe Schoppe,
(Emerentia Catharina) Amalia (Sophia), geb. Weise, Pseud. Adalbert von Schonen, Schriftstellerin, * 9. 10. 1791 Burg (Fehmarn), t 1. 10. 1858 Schenectady (New York, USA). Die Arzttochter wuchs nach d e m Tod des Vaters 1798 in Hamburg bei Verwandten, seit 1803 bei ihrem Stiefvater auf und war seit 1806 Handelslehrerin. Sie heiratete 1814 einen Rechtsanwalt, von d e m sie sich 1821 wieder trennte, und gründete dann gemeinsam mit Fanny —»Tarnow eine Erziehungsanstalt für Mädchen in Hamburg. 1842-45 lebte S. in Jena, kehrte nach Hamburg zurück und übersiedelte 1851 zu ihrem Sohn nach Amerika, w o sie eine Schule für deutsche Kinder gründete. Seit 1822 veröffentlichte S., die u . a . mit Karl August von —»Varnhagen von Ense und Justinus —> Kerner bekannt war, Erzählungen (Christliche Erzählungen für die Jugend, 1839) und zahlreiche R o m a n e (Tycho Brahe, 1839; Die Jüdin, 1844) für ein breites Lesepublikum, vor allem für Jugendliche; besonders ihre Briefstellerin für Damen (1834, l , 1895) fand weite Verbreitung. 1827-46 war S. Redakteurin der „Pariser Modeblätter" und gab 1831-39 „Iduna. Zeitschrift für die Jugend beiderlei Geschlechts" heraus. Sie zählte zu den frühesten Förderinnen von Friedrich —> Hebbel. 1838 erschienen ihre Erinnerungen aus meinem Leben, in kleinen Bildern. CD S H B L , Bd 10 S c h o p p e , Julius, Maler, * 2 7 . 1 . 1795 Berlin, f 3 0 . 3 . 1868 Berlin. Der aus einer Goldschmiedefamilie stammende S. war 1810-17 Schüler Johann Gottlob Samuel —>Rösels an der Kunstakademie Berlin, unternahm 1816 eine Studienreise nach Wien und setzte seine Studien 1817-22 in R o m fort, wo er sich vor allem mit Raffael, Tizian und Correggio befaßte. Seit 1825 war S. Mitglied der A k a d e m i e in Berlin, an der er 1836 zum Prof. ernannt wurde. Er war als Bildnis-, Landschafts- und Historienmaler tätig. Zu seinen Werken zählen Phidias, der das Ideal des Jupiter schafft (1817), Königssee in Oberbayern und Die letzten Augenblicke Friedrich Wilhelms III. (1842). DD Th-B
Schoppe,
Kaspar
Scioppius,
Gaspar
Schopper,
Hartmann, auch Schopperus, Scoperus, Dichter, * 1542 Neumarkt (Oberpfalz), t nach 1595. S. kam um 1563 nach F r a n k f u r t / M a i n und machte hier die Bekanntschaft Sigmund —»Feyerabends, der in den folgenden Jahren seine Werke druckte. Seit dem Frühjahr 1566 nahm er am Krieg gegen die Türken in Ungarn teil und kehrte im Herbst desselben Jahres nach Frankfurt zurück. S. schrieb neulateinische und deutsche Gedichte ( u . a . Carminum Uber unus, 1568), die freundschaftliche Beziehungen zu Petrus —»Lotichius Secundus und Paulus —»Melissus bezeugen. A m bekanntesten wurde sein Opus poeticum de admirabili fallacia et astutia vulpeculae Reinikes (1567; weitere Auflagen unter d e m Titel Speculum vitae aulicae), eine lateinische Fassung des Reinike Fuchs in vierhebigen Jamben mit Kommentaren, die S.s Kritik an der kath. Kirche enthalten. CD Killy
Schopper,
Klemens Isidor, österr. Pathologe, * 1 1 . 1 1 . 1 8 7 8 Linz, t 2 2 . 2 . 1923 Linz. Der Kaufmannssohn studierte Medizin in Wien (Promotion 1904), wurde Oberarzt bei einem Tiroler Kaiserjägerregiment und 1907 Regimentsarzt. Seit 1910 Assistent Anton —> Weichselbaums am Pathologisch-Anatomischen Institut der Univ. Wien, habilitierte sich S. 1916 für pathologische Anatomie. Während des Ersten Weltkriegs leitete er als Regiments- bzw. Stabsarzt ein mobiles Epidemielabor am östlichen und südöstlichen Kriegsschauplatz und übernahm 1918 die Leitung der staatlich bakteriologischdiagnostischen Untersuchungsstelle in Linz. S. verfaßte meh-
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rere grundlegende Arbeiten über pathologisch-histologische und epidemologische Themen, u. a. Zur Therapie der tropischen Malaria (1917). CD Ö B L
Schoppius,
Andreas, auch A. Schoppe, luth. Theologe, Schriftsteller, * um 1538 Lebenstedt (heute SalzgitterLebenstedt), t 17.4. 1614 Wernigerode. S. studierte seit 1555 Theologie in Wittenberg, war seit 1558 Lateinschullehrer am Martineum in Braunschweig und setzte seit 1561 sein Studium in Rostock fort, wo er den Grad eines Magisters erwarb. Anschließend war er Schulrektor in Güstrow, seit 1568 Pfarrer und Verwalter der von Alvenslebenschen Bibliothek in Erxleben und seit 1589 Pfarrer, Schulaufseher und Lateinschullehrer in Wernigerode. S. verfaßte zahlreiche orthodox-lutherische theologische und erbauliche sowie historische Schriften, u. a. Kurzer Auszug der vornehmsten Historien und Geschichte der [...] Stadt Braunschweig (1561). DP Killy S c h o r , Bonaventura, österr. Maler, getauft 12.7. 1624 Innsbruck, t Januar 1692 Innsbruck. Der Sohn von Hans - > S . und Bruder von Johann Paul und Egid —>S. ist 1658 in R o m nachweisbar. 1662 kehrte er nach Tirol zurück und schuf u . a . die beiden Wandfresken Kreuzwunder des hl. Bernhard von Clairvaux (1662) und Erscheinung der Madonna vor dem hl. Bernhard (1667) für das Kloster Stams. CD T h - B S c h o r , Christoph, Architekt, Kupferstecher, * 1655 R o m , t 2 . 7 . 1701 R o m . Der Sohn Johann Paul —>S.s stand vermutlich vorübergehend in den Diensten des spanischen Vizekönigs Marchese del Carpio in Neapel und soll dann Spanien gegangen sein, wo er angeblich erster Architekt König Karls II. wurde. S. schuf u. a. einen Kupferstich mit der Ansicht des Festfeuerwerks, das der spanische Botschafter in R o m veranstaltete (1687), und einen Entwurf für eine Staatskarosse für Papst Innozenz XII. ( 1 6 9 2 / 9 3 ) . Ungeklärt ist sein Anteil am Bau von S. Antonio de' Portoghesi in R o m . S c h o r , Egid, österr. Maler, getauft 2 . 9 . 1627 Innsbruck, t 2 . 7 . 1 7 0 1 Innsbruck. Der Bruder von Johann Paul und Bonaventura —»S. gehörte zu den Begründern der barocken Deckenmalerei in Tirol. 1656-65 hielt er sich in R o m auf, wo er u . a . mit Bernini in Kontakt stand. Seit 1666 war er wieder in Tirol, meist in Innsbruck, tätig, u . a . als H o f m a l e r Herzog Karls von Lothringen. S. schuf u . a . die Fresken in der Pfarrkirche von Schahs bei Brixen (1687) und im Kloster Neustift bei Brixen sowie acht Bilder aus dem Leben des hl. Augustin für das Kloster Neustift bei Brixen. Er war der Vater von Johann Ferdinand - > S . CD N D B S c h o r , Hans, österr. Maler, beerdigt 6 . 3 . 1 6 7 4 Innsbruck. S. war das älteste als Maler tätige Mitglied der Familie Schor, die vermutlich aus Deutschland nach Tirol kam und 1570 von Kaiser —»Maximilian II. ein Wappen erhielt. Er erhielt seine Ausbildung wahrscheinlich in R o m und ließ sich dann in Wilten bei Innsbruck nieder. 1613 heiratete er eine Enkelin von Paul - > D a x . 1627 wurde S. vom Rat der Stadt als Bürger a u f g e n o m m e n , war von 1631 bis zu seinem Tod im Rat tätig, u. a. 1646 als Stadtrichter, und stand als Hofmaler in den Diensten —> Maximilians III. und —»Leopolds V. Er schuf Wappen, Festdekorationen sowie zahlreiche religiöse Tafelbilder, u . a . für die Jesuitenkirche und die Mariahilfkirche in Innsbruck. S. war der Vater von Johann Paul, Bonaventura und Egid —»S. CD N D B
Schor, Johann (Baptist) Ferdinand, österr. Maler, Ingenieur, getauft 2 4 . 6 . 1686 Innsbruck, ("4.1. 1767 Prag. Nach d e m Tod seines Vaters Egid —>S. 1701 setzte S. seine Ausbildung bei Johann Josef —> Waldmann fort und kam um
Schorlemmer 1705 nach R o m , wo er Schüler Michelangelo Riccolinis und vielleicht auch Carlo Marattas wurde. 1708 führte er gemeinsam mit seinem Onkel Johann Martin —»Gumpp d . J . das große Hl. Grab für die Stiftskirche in Wilten bei Innsbruck aus und richtete in der bischöflichen Burg in Brixen einen Saal für Opern- und Theateraufführungen ein. Seit 1713 ist S. als Maler und Dekorateur in Prag nachweisbar; seit 1726 war er dort als Lehrer am Polytechnikum und kaiserlicher Ingenieur tätig. Er entwarf eine Reihe von Festdekorationen, schuf Parkanlagen f ü r böhmische Adlige und trat auch als Wasser- und Festungsbaumeister hervor. DP N D B
Schor,
Johann Paul, genannt Giovanni Paolo Tedesco, österr. Maler, Dekorator, getauft 2 7 . 6 . 1 6 1 5 Innsbruck, t beerdigt 6 . 3 . 1674 Rom. Der Bruder von Bonaventura und Egid —>S. ist seit 1640 in R o m nachweisbar. 1654 wurde er Mitglied der Accademia di San Luca. Er schuf Entwürfe f ü r Architekturornamente, Festdekorationen, Prunkkarossen und Theaterszenerien sowie Muster für Stickereien für den päpstlichen Hofbedarf. S. war auch als Kupferstecher tätig. Er war der Vater von Christoph —>S. CD N D B S c h o r c h , Hieronymus (Friedrich Wilhelm), Jurist, * 2 3 . 1 0 . 1 6 9 2 Erfurt, t 9 . 5 . 1783 Erfurt. S. studierte seit 1708 Rechtswissenschaften in Erfurt und Leipzig und wurde 1719 Vormundschaftsbeamter im Rat, 1720 Obermarktherr und 1721 Beisitzer des evang. Ministeriums in Erfurt. 1722 wurde er zum Dr. jur. utr. promoviert, übernahm 1728 das A m t des Bürgermeisters und war seit 1732 a. o. Prof., seit 1735 o . P r o f . der Rechte. Seit 1741 kaiserlicher Hofpfalzgraf, wurde er 1744 Prof. des Staatsrechts, 1752 Prof. der Pandekten und 1753 Direktor der kurfürstlich Mainzischen A k a d e m i e nützlicher Wissenschaften in Erfurt. Seit 1759 war er Prof. des Codex, seit 1765 der Dekretalen. S. wurde zum kurfürstlich Mainzischen wirklichen Regierungsrat ernannt. S c h o r c h t , Kurt, K a u f m a n n , Filmverleiher, * 2 6 . 2 . 1 8 9 0 Erfurt, f 18.9. 1957 München. S., Sohn eines Büchsenmachers, war nach einer kaufmännischen Lehre u . a . als Expedient und Buchhalter tätig. 1919 wechselte er als Prokurist zur Firma Hegewald Film-Verleih und -Vertrieb in Leipzig, 1931 zur Märkischen Filmgesellschaft m b H , deren Mitinhaber er 1934 wurde. Im selben Jahr gründete er den Verleihring Märkische-Panorama-Schneider, 1939 die O H G Märkische Filmgesellschaft Schorcht und Kätzschner, die 1941 vom Zentral-Film-Verleih übernommen wurde. S. zog sich auf sein Gut Rengerslage (Osterb u r g / A l t m a r k ) zurück und wurde nach Kriegsende enteignet. Seit 1945 in München ansässig, baute er seit 1947 die Schorcht Filmgesellschaft m b H wieder auf, die neben der Gloria-Film und der Herzog-Film zu den größten Verleihern der fünfziger Jahre gehörte. Zu den von S. produzierten Filmen zählten Morituri (1948, Regie: Eugen —>York), Herz der Welt (1949, Regie: Harald —> Braun) und Nachtwache (1949, Regie: H. Braun). 1957 ging die F i r m a an die „Bavaria Filmkunst" über, deren Aktionär und Aufsichtsratsmitglied S. wurde. CD N D B S c h o r e r , Christoph, Pseud. Otho Frischer, Omophrius, Mediziner, Astronom, Schriftsteller, * 2. 12.1618 Memmingen, t 12.2.1671 Memmingen. Der aus einer M e m m i n g e r Patrizierfamilie stammende S. studierte seit 1639 in Straßburg, wo er bereits Traktate verfaßte (u. a. zur Sonnenfinsternis sowie Der Unartig Teutscher Sprach-Verderber, 1643, 2 1644), war 1643-47 als Hofmeister in Binningen tätig und studierte daneben Medizin in Basel, dann in Montpellier und Padua. Seit 1650 war S. Rat des Herzogs von Württemberg-Mömpelgard und
näherte sich der Reformorthodoxie, u. a. mit geistlicher Lieddichtung (Säufftzer bey der Auffahrt Christi, 1653). 1654 in Padua zum Dr. med. promoviert, wurde er Stadtphysikus in M e m m i n g e n . S. verfaßte u. a. eine Memminger Chronick (1660) und einen Kurzen Bericht von der Pestkrankheit (postum 1680). CD Killy
Schork,
Joseph von, Erzbischof von Bamberg, * 7 . 1 2 . 1829 K l e i n h e u b a c h / M a i n , t 25. 1.1905 Bamberg. Nach d e m Studium der Theologie in Würzburg empfing der Sohn eines Kutschers 1854 die Priesterweihe, war dann als Seelsorger tätig und wurde 1860 Domprediger und 1871 Dompfarrer und Domkapitular in Würzburg. 1891 wurde er zum Erzbischof von Bamberg ernannt. S. führte 1901 ein neues Diözesanritual in engem Anschluß an die römische Liturgie ein. OP Urban
Schorlemer
(-Vehr), Wilhelm (Rudolf Julius) Frh. von, auch Schorlemmer, Landrat, * 13. 10. 1821 Schloß Herringhausen bei Lippstadt, t 19.4. 1884 Vehr. Der aus westfälischem Uradel stammende S., Sohn eines Rittergutsbesitzers und Bruder von Burghard —»SchorlemerAlst, wurde 1838 Portepeefähnrich in einem Husarenregiment, 1854 Premierleutnant und beendete 1857 als Rittmeister seine militärische Laufbahn. Seit d e m selben Jahr Landrat von Lippstadt, trat er vor dem Hintergrund des Kulturkampfes 1875 auf eigenen Antrag in den Ruhestand. 1844 wurde S. in den preuß. Freiherrenstand erhoben, später zum Geheimen Regierungsrat und Kammerherrn ernannt. DD Wegmann S c h o r l e m e r - A 1st, Burghard (Franz Ludwig Johann Maria) Frh. von, Landwirt, Politiker, * 21. 10. 1825 Schloß Herringhausen bei Lippstadt, t 17.3. 1895 Haus Alst bei Horstmar. Der Bruder von Wilhelm von —» Schorlemmer war zunächst Ulanenoffizier, als der er 1849 an der Niederschlagung der Aufstände in Baden und der Pfalz beteiligt war, und bewirtschaftete seit 1852 das Rittergut Alst. 1863 wurde S.-A. Mitglied des preuß. Landesökonomiekollegiums und übernahm 1870 den Vorsitz des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für den Regierungsbezirk Münster und des Landwirtschaftlichen Provinzialvereins für Westfalen und Lippe. 1862 gründete er in Burgsteinfurt den ersten Bauernverein, 1871 den Westfälischen Bauernverein - als Vorbild späterer Bauernvereine. Für die Zentrumspartei war S.-A. 1870-89 Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses, seit 1890 des Herrenhauses, saß 1 8 7 0 / 7 1 , 1874-87 und 1890 im Reichstag; er war ein Vorkämpfer der Schutzzollpolitik. Er war der Vater von Clemens von —»Schorlemer-Lieser. CD N D B
Schorlemer-Lieser,
Clemens Frh. von, Politiker, * 2 9 . 9 . 1856 Haus Alst bei Horstmar, | 6 . 7 . 1 9 2 2 Berlin. Der Sohn von Burghard von —> Schorlemer-Alst studierte seit 1874 Rechtswissenschaften in Würzburg und Göttingen, wo er 1878 promoviert wurde. Nach d e m Assessorexamen 1884 arbeitete S.-L. bei der Staatsanwaltschaft in Bonn und Düsseldorf und war seit 1886 Regierungsassessor in Magdeburg. 1888 wurde er Landrat des Kreises Neuss, war seit 1898 Oberpräsidialrat in Breslau und schied 1900 aus dem Staatsdienst aus, in den er 1905 unter Ernennung zum Oberpräsidenten der Rheinprovinz zurückkehrte. 1910-17 war S.-L. preuß. Minister f ü r Landwirtschaft, Domänen und Forsten. 1918 wurde er Vorsitzender der Landwirtschaftskammer der Rheinprovinz und 1919 Präsident des Deutschen Landwirtschaftsrats. Seit 1901 gehörte S.-L. dem preuß. Herrenhaus an. Er starb auf einer Reise. CD N D B
Schorlemmer,
Carl, Chemiker, * 3 0 . 9 . 1 8 3 4 Darmstadt, t 2 7 . 6 . 1892 Manchester. Der Sohn eines Schreinermeisters durchlief eine Apothekerlehre und arbeitete dann als Gehilfe in einer Heidelberger
183
Schorn Apotheke. Im Sommersemester 1859 studierte S. Chemie in Gießen, ging im selben Jahr als Privatassistent Henry Enfield Roscoes nach Manchester und wurde 1873 Lecturer. Seit 1874 lehrte er als Prof. der organischen Chemie am Owens College in Manchester; 1879 wurde er britischer Staatsbürger. In seinen Forschungen beschäftigte sich S. vor allem mit aliphatischen Kohlenwasserstoffen und verfaßte seit 1861 für die heutige Petrolchemie bahnbrechende Arbeiten über Alkane, von denen er zahlreiche Vertreter rein darstellte. 1868 fand S. das Gesetz über die Abhängigkeit des Siedepunkts von der Anzahl der C-Atome im Molekül. Er bearbeitete Η. E. Roscoes Kurzes Lehrbuch der Chemie (1867, "1898), dessen 2. Band 1871 S.s erstes eigenständiges Lehrbuch war (Lehrbuch der Kohlenstoffverbindungen oder der organischen Chemie, engl. 1874). Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner A Treatise on chemistry (mit Η. Ε. Roscoe, 3 Bde., 1876-92, Neuausg. 1888-92; dt. Ausführliches Lehrbuch der Chemie, 9 Bde., 1877-1901) und The rise and development of organic chemistry (1879, Neuausg. 1894; dt. Der Ursprung und die Entwicklung der organischen Chemie, 1889, Neuausg. 1979, 2 1984). Mit Friedrich —»Engels und Karl —»Marx befreundet, war. S. u. a. an der Abfassung des Anti-Dühring beteiligt und trat 1889 in die SPD ein. Er wurde 1871 Fellow of the Royal Society, 1878 Mitglied der American Philosophical Society und 1887 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. CD NDB
Schorn, Adelheid von, Schriftstellerin, * 10. 1.1841 Weimar, t 7. 12. 1916 Weimar. S., Tochter von Henriette und Ludwig von —»S., wuchs nach dem frühen Tod ihres Vaters ganz unter dem Einfluß der Mutter auf. Sie stand dem Kreis um Franz —»Liszt, den Mitgliedern des Neu-Weimar-Vereins und dem Kreis „Neues Weimar" um Harry Graf —»Kessler und Henry van de —» Velde nahe. Ihre beiden Memoirenwerke, Zwei Menschenalter (1901) und Das nachklassische Weimar (2 Bde., 1911/12), zeugen von intimer Kenntnis der Hofgesellschaft. • • Lebenswege Thür, 1. Slg.
Schorn, Carl (Philipp Theodor), Jurist, Politiker, * 28. 11.1818 Essen, t 10.12. 1900 Bonn. S. studierte Rechtswissenschaften in Bonn und Berlin und wurde 1847 konsultativer Beisitzer der juristischen Abteilung des Bergamtes Essen. Als Mitglied des dortigen „Liberalen Clubs" beteiligte er sich 1848 an der Kandidatenaufstellung und Wahl Jacob —»Grimms für die Frankfurter Nationalversammlung. Nach der Niederlegung des Mandats durch Grimm wurde S. zu seinem Nachfolger gewählt. 1849 kehrte er in den Justizdienst zurück, wurde 1870 Präsident des Kriegsgerichts in Metz und später Landgerichtspräsident in Koblenz. S. gehörte zu den Neubegründern des Düsseldorfer „Malkastens", war ein begeisterter Musikliebhaber und machte die Bekanntschaft u. a von Felix - » M e n d e l s s o h n Bartholdy, Franz —»Liszt und Robert —»Schumann. Er veröffentlichte u. a. eine Geschichte der Klöster und geistlichen Stiftungen der Eifel (1888). OD Frankf Nationalvers
Schorn, Heinrich, Sänger, * 25.10. 1882 Trier, t 30.8. 1960 Wiesbaden. Seine Gesangsausbildung erhielt S. in Trier, wo er 1902 als Chorsänger erstmals auftrat. Nach Engagements als Chorist am Theater in Plauen und am Hoftheater in Darmstadt begann er seine Solistenlaufbahn 1907 am Stadttheater in Heidelberg. Danach war S. am Opernhaus in Breslau, an der Volksoper in Wien und am Wilhelm-Theater in Magdeburg engagiert, sang 1911-13 am Stadttheater in Lübeck, seit 1914 am Stadttheater in Nürnberg und setzte nach kurzem Kriegsdienst seine Karriere 1915 am Hoftheater in Kassel fort, dem er bis 1918 angehörte. 1918-50 war S. Ensemblemitglied des
184
Staatstheaters in Wiesbaden, später dessen Ehrenmitglied. Der Schwerpunkt seines Repertoires lag auf Buffo-Partien, u. a. dem Pedrillo in der Entführung aus dem Serail, dem Veit in Undine und dem Georg im Waffenschmied. S. übernahm auch zahlreiche Operettenpartien. Cd Kutsch
Schorn, Henriette von, geb. Freiin von Stein zu Nordund Ostheim, Pseud. Henriette Nordheim, Schriftstellerin, * 24.12. 1807 Nordheim/Main, t 1 7 . 5 . 1 8 6 9 Weimar. S. war seit 1831 Hoffräulein der Großfürstin Maria Pawlowna von Sachsen-Weimar und heiratete 1839 den Kunsthistoriker Ludwig von —»S. In der Mansardenwohnung im Bertuchhaus in Weimar führte sie einen anregenden Salon. Unter ihrem Pseudonym veröffentlichte sie Lieder und Sprüche (1854) und die Dorfgeschichten Ländliche Skizzen aus Franken (1854). Ihre Geschichten aus Franken (2 Bde.) wurden 1902 von ihrer Tochter Adelheid —>S. herausgegeben.
Schorn, Johann, österr. Politiker, * 18.2.1845 Bozen, t 23.7. 1914 Innsbruck. S., Sohn eines Gefängniswärters, studierte in Innsbruck und Wien Rechtswissenschaft und wurde 1874 zum Dr. jur. promoviert. Seit 1871 war er Konzeptbeamter bei der Tiroler Statthalterei, seit 1875 bei der Grundlasten-Ablösungsund Lokalkommission in Landeck, die er 1877-82 leitete. Seit 1882 Bezirkskommissär in Lienz, wurde er 1888 Statthaltereisekretär, 1890 Bezirkshauptmann in Cavalese und 1892 Statthaltereirat in Bludenz (Vorarlberg). 1885-89 gehörte er als Abgeordneter der Konservativen dem Tiroler Landtag an und war seit 1891 Mitglied des Reichsrats in Wien. S. leitete das Gemeinde-, Gewerbe-, Straßen- und Wasserbaureferat sowie seit 1908 das Finanzreferat des Landesausschusses. In der 1898 gegründeten Christlichsozialen Partei Tirols war S. bis 1908 erster Obmann. 1905 wurde er Vorstandsmitglied des Tiroler Volksbunds. OD O B L S c h o r n , Karl, Maler, * 16. 10.1803 Düsseldorf, t 7.10. 1850 München. S. war Schüler von Peter —»Cornelius und Wilhelm —»Wach und setzte seine Studien 1824 in Paris und 1827 in München fort. Nach Aufenthalten in Berlin und Reisen nach Italien ließ er sich in München nieder, wo er 1847 Prof. an der Akademie wurde. S. schuf u.a. allegorische Figuren über den Bogenpfeilern der Münchner Hofgartenarkaden sowie Die gefangenen Wiedertäufer vor dem Bischof von Münster (1843/45) und Cromwell im Lager von Dunbar. m ADB S c h o r n , (Johann Karl) Ludwig von, Kunsthistoriker, * 9 . 6 . 1793 Castell (Unterfranken), t 17.2. 1842 Niederbronn (Elsaß) (?). Der Sohn eines Domänenrats studierte 1811-14 Theologie in Erlangen, dann dort und in München Kunstgeschichte und Archäologie, hielt sich 1819 in Dresden auf und redigierte auf Vermittlung von Sulpiz —»Boisseree 1820-42 das Cottasche „Kunstblatt" in Stuttgart. 1822/23 unternahm S. Studienreisen nach Italien und Frankreich, 1826 nach England und in die Niederlande. Er lehrte seit 1826 als Prof. an der Akademie und der Univ. in München. 1832 wurde er Hofrat und Direktor der Kunstanstalten in Weimar. Er veröffentlichte u. a. Ueber die Studien der griechischen Künstler (1818) und Reisen in Italien seit 1822 (mit Friedrich —»Thiersch, Leo von - » K l e n z e und Eduard —»Gerhardt, 1826) und gab die erste deutsche Übersetzung von Giorgio Vasaris Leben der ausgezeichnetsten Maler, Bildhauer und Baumeister (6 Bde., 1832-49, seit 1842 fortgeführt von Ernst - ^ F ö r s t e r ) heraus. S. war Mitglied verschiedener gelehrter und künstlerischer Akademien und wurde 1839 nobilitiert. Er war seit 1839 mit Henriette von —»S. verheiratet; Adelheid von —»S. war seine Tochter. t u Lebenswege Thür, 2. Slg.
Schorta Schornbaum,
Karl, evang. Theologe, Archivar, * 7 . 3 . 1875 Thundorf bei Schweinfurt, t 18. 1.1953 Nürnberg. S. studierte seit 1893 Theologie in Erlangen, Kiel und Greifswald, wurde 1898 ordiniert und 1900 mit der Dissertation Die Stellung des Markgrafen Kasimir von Brandenburg zur reformatorischen Bewegung in den Jahren 1524-27 aufgrund archivalischer Forschungen zum Dr. theol. promoviert. Nach einer seelsorgerischen Tätigkeit in verschiedenen fränkischen Pfarreien leitete er 1931-47 das Landeskirchliche Archiv in Nürnberg, an dessen Aufbau er maßgeblich beteiligt war. Seit 1933 hielt S. Vorlesungen über Bayerische Kirchengeschichte an der Univ. Erlangen und wurde dort 1945 Honorarprofessor. Er verfaßte wichtige Arbeiten zur Reformationsgeschichte von Nürnberg und BrandenburgAnsbach-Bayreuth. CD B B K L
Schornböck,
Alois, österr. Maler, * 2 9 . 5 . 1 8 6 3 Hernais (heute zu Wien), t 9 . 8 . 1 9 2 6 Christofen (heute zu Neulengbach-St.-Christophen, Niederösterreich). Seine künstlerische Ausbildung erhielt S., Sohn eines Militärrechnungsrats, 1879-84 bei Christian —> Griepenkerl an der Akademie der bildenden Künste in Wien, setzte sein Studium 1884-91 bei Ludwig von —»Löfftz an der Münchner A k a d e m i e fort und unternahm eine Studienreise nach Italien. 1892 ließ er sich als Porträtmaler in Wien nieder. 1917 wurde S. Titularprofessor. Zu seinen Auftraggebern zählten Mitglieder des Kaiserhauses und adlige Familien. m ÖBL
Schornstein,
Johannes, Beamter, * 2 3 . 3 . 1 9 0 9 Trier, t 30. 1. 1976 Bonn. S. studierte Rechtswissenschaften in Berlin, Paris und Bonn, wurde 1933 promoviert und war 1937-45 Referent im Reichswirtschaftsministerium. 1946 wurde er Referent und Abteilungsleiter im nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium, 1947 Referent der Landesvertretung von Nordrhein-Westfalen im Länderrat in F r a n k f u r t / M a i n . Seit 1950 Leiter der Abteilung I im Bundeswohnungsbauministerium, wurde S. hier 1966 Staatssekretär und schied 1969 aus d e m aktiven Verwaltungsdienst aus. Seit 1950 C D U Mitglied, trat er 1972 in die S P D ein.
Schornstein, Max(imilian), jüdischer Theologe, Zoodirektor, * 6 . 2 . 1870 Tachau (Böhmen), t 28. 10.1949 Tel Aviv. Nach d e m Besuch der Talmudschule in Breslau und dem Studium der Philosophie in Breslau und Erlangen, das er 1893 mit der Promotion abschloß (Eduard Dillmanns „Neue Darstellung der Leibnizschen Monadenlehre" kritisch beleuchtet), war S., Sohn eines Posamentierers, seit 1894 als Rabbiner in Wagstadt und seit 1899 in Leitmeritz tätig. Seit 1906 war er Assistent-Rabbiner, seit 1910 Rabbiner in Kopenhagen, kehrte nach d e m Ersten Weltkrieg nach Deutschland zurück und lebte seit 1919 als Antiquitätenhändler in Dresden. Als überzeugter Zionist emigrierte S. 1935 nach Palästina. Als sich seine H o f f n u n g e n auf ein Rabbinat nicht erfüllten, eröffnete er eine Tierhandlung in Tel Aviv, begann dann, seine Tiere auszustellen, und legte damit den Grundstein für den ersten zoologischen Garten des Landes, den Tel Aviver Zoo; kurz nach seiner Ernennung zu dessen Direktor starb S. CD Ö B L S c h o r r , Friedrich, Sänger, * 2 . 9 . 1888 Nagyvaräd (Ungarn), t 14.8. 1953 Farmington (Connecticut, USA). S., Sohn eines Oberkantors und späteren Hauptkantors der Großen Wiener Synagoge, studierte Rechtswissenschaften in Wien und Graz und nahm daneben Gesangunterricht bei Adolf - > Robinson in Brünn. 1912 debütierte er als Wotan in der Walküre am Stadttheater in Graz, trat 1916-18 am Deut-
schen Theater in Prag auf und war 1918-23 am Opernhaus in Köln engagiert. Nach einer Tournee mit der German Opera C o m p a n y durch Nordamerika 1923 wurde S. 1924 an die Metropolitan Opera in N e w York verpflichtet, deren Ensemble er bis 1943 angehörte. 1923-33 gastierte S. alljährlich an der Berliner Staatsoper, trat auch regelmäßig an der Wiener Staatsoper sowie an der Covent Garden Opera in London auf und wirkte 1925-31 bei den Bayreuther Festspielen mit. 1933 erhielt er wegen seiner jüdischen Herkunft Auftrittsverbot in Deutschland. 1943 nahm S., der als Heldenbariton vor allem in —»Wagner-Opern international anerkannt war, als Wanderer im Siegfried Abschied von der Bühne, war aber weiterhin als Konzertsänger tätig und inszenierte an der New York City Center Opera Wagner-Opern. Seit 1943 war er Direktor der Manhattan School of Music und leitete ein Studio für Operngesang an der Hartt School in Hartford (Connecticut). CD N D B S c h o r r , Richard (Reinhard Emil), Astronom, * 20. 8 . 1 8 6 7 Kassel, t 2 1 . 9 . 1 9 5 1 Badgastein (Salzburg). Nach dem 1889 mit der Promotion (Untersuchungen über die Bewegungsverhältnisse in dem dreifachen Sternsysteme Scorpii) abgeschlossenen Studium in Berlin und München war S., Sohn eines Rechnungsrats, Assistent des Herausgebers der „Astronomischen Nachrichten" in Kiel. 1891 wurde er zunächst Assistent an der Sternwarte in Karlsruhe, dann am kgl. astronomischen Recheninstitut in Berlin. 1892 kam er als Observator an die Hamburger Sternwarte, war 1902-41 deren Direktor und wirkte 1919-35 als Ordinarius. 1920 wurde er in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. S. befaßte sich besonders mit Positionsastronomie und veröffentlichte u . a . Die Hamburgische Sonnenfinsternis-Expedition nach Souk-Ahras, Algerien, im August 1905 (2 Tie., 1905-15) und Zweiter Katalog der Astronomischen Gesellschaft für das Äquinoktium 1950 (mit Arnold Kohlschütter, 15 Bde., 1951-58). CD Poggendorff 4-6
Schorsch,
Johann, österr. Gewerkschafter, Politiker, * 29. 10. 1874 Wien, t 2 5 . 4 . 1952 Wien. S. trat 1890 d e m Gaudenzdorfer Bildungsverein, 1898 der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und d e m Metallarbeiterverband bei, dessen Generalsekretär er seit 1909 war. 1917 in den Wiener Gemeinderat gewählt, war er 1927-30 Mitglied des Bundesrats (1929 Vorsitzender) und gehörte 1930-34 d e m Nationalrat an. Seit 1924 war er Sekretär der Gewerkschaftskommission, nach der Ausschaltung des Parlaments 1933 Mitglied eines geheimen Aktionskomitees, das 1934 das Signal zum Generalstreik gab, und floh nach der Niederschlagung des Widerstandes der Republikanischen Schutzbundes im Februar 1934 über die Schweiz in die Tschechoslowakei. Nach dem „Anschluß" Österreichs 1938 wurde S. zweimal von den Nationalsozialisten verhaftet. 1945-48 war er Direktor der Wiener Gebietskrankenkasse. CD B H d E , Bd 1
Schorta, Andrea, schweizer. Rätoromanist, * 2 . 4 . 1 9 0 5 Zernez (Kt. Graubünden), f 12. 12. 1990 Chur. S. studierte Romanistik in Zürich, Paris und Siena, war seit 1935 Redakteur, 1939-75 Chefredakteur des „Dicziunari Rumantsch Grischun" in Chur und erweiterte das gleichnamige Institut zur wissenschaftlichen Forschungsstelle für bündnerromanische Sprache und alpine Kultur. 1950-64 nahm er Lehraufträge an der Ε Τ Η und der Univ. Zürich wahr. S. setzte sich für die Erhaltung des Rätoromanischen ein und war 1934-40 Sekretär der Lia Rumantscha. C D C H 91
185
Schosser Schosser,
Anton, österr. Mundartschriftsteller, * 7 . 6 . 1 8 0 1 Stiedelsbach (Losenstein, Oberösterreich), t 2 6 . 7 . 1849 Steyr (Oberösterreich). Der Sohn eines Nagelschmieds war 1824-28 Volksschullehrer in Kleinreifling/Enns, gab seinen Beruf jedoch auf und führte ein unstetes Wanderleben, vorwiegend als Grundvermesser in Oberösterreich. S. lebte einige Zeit in G m u n d e n , wo zahlreiche seiner Mundartlieder entstanden. Er starb an Tuberkulose. 1849 erschienen seine Naturbilder aus dem Leben der Gebirgsbewohner in den Gränz-Alpen zwischen Steyermark und dem Traunkreise. Nach dort üblichen Arien in Liedern und Declamatorien dargestellt. DP O B L
Schosser,
Johannes, genannt Thuringus oder Aemilianus, Dichter, * 1 1 . 1 0 . 1 5 3 4 Amalienruhe (Henneberg) (?), t 3 . 7 . 1585 F r a n k f u r t / O d e r . S. studierte in Königsberg, war dann Lehrer in Schmalkalden und ging 1559 nach Wittenberg, wo er den Grad eines Magisters erwarb. Seit 1560 lehrte er als Prof. der Rhetorik in F r a n k f u r t / O d e r . S. verfaßte Werke der Bibel- und Geschichtsepik sowie Verse auf Wappen berühmter Männer, Epithalamien brandenburgischer und anderer Fürsten, Totenklagen und Einzelstücke, die in seinen elf Bücher umfassenden Poemata (1585) veröffentlicht wurden. CD Killy S c h o t t , (Otto Karl) Albert, Altorientalist, * 23. 1. 1901 Reval (Estland), t 8 . 5 . 1945 vermißt bei Tabor (Böhmen). S., Sohn eines Architekten, studierte seit 1920 Sanskrit, Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaften in Hamburg und Marburg und wurde 1925 promoviert (Die Vergleiche in den akkadischen Königsinschriften, gedruckt 1926). 1926 habilitierte er sich an der Univ. B o n n (Die Rechtschreibung in den assyrischen Königsinschriften bis zum Ende des 14. Jahrhunderts) und war dort seit 1927 Privatdozent und seit 1939 apl. Prof. für Assyriologie. 1 9 2 8 / 2 9 nahm er an den Ausgrabungen in Uruk teil. 1933 trat S. in die N S D A P und die SA ein, aus denen er 1935 (SA) und 1937 ( N S D A P ) ausgeschlossen wurde. Seit 1941 nahm er am Zweiten Weltkrieg teil; seit 1945 gilt er als vermißt. S. befaßte sich vor allem mit dem Akkadischen und veröffentlichte u . a . Vorarbeiten zur Geschichte der Keilschriftliteratur. 1. Die assyrischen Königsinschriften vor 722 (1936). Bekannt wurde er auch als Übersetzer des Gilgamesch-Epos (1934, neu bearb. von Wolfram von ^ S o d e n , 1958). m NDB S c h o t t , Anselm, Taufname: Friedrich August, Benediktiner, Theologe, * 5 . 9 . 1843 Staufeneck (heute zu Salach, Kr. Göppingen), t 2 3 . 4 . 1896 Maria Laach. S., Sohn eines Gutspächters und Bruder von Anton —>S., studierte seit 1862 Theologie in Tübingen und München und empfing 1867 die Priesterweihe. 1868 trat er als Postulant in Beuron ein, legte 1870 die Profeß ab und lebte nach der Vertreibung im Kulturkampf 1876-81 im neugegründeten Kloster Maredsous (Belgien), wo er zunächst Oberer der Laienbrüder, dann Subprior war. 1881-83 hielt er sich in der Abtei Emaus in Prag, anschließend in Seckau (Steiermark) auf, lebte 1 8 9 1 / 9 2 nochmals in Beuron und übersiedelte schließlich nach Maria Laach. Durch sein lateinischdeutsches Meßbuch der hl. Kirche (1884, der „Schott"), das ständige Neuauflagen erfuhr, wurde S. einer der Begründer der liturgischen B e w e g u n g in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Er veröffentlichte auch ein lateinisch-deutsches Vesperbuch (1893, 4 1911). m Leb Schwaben, Bd 17 S c h o t t , Anton, Sänger, * 2 4 . 6 . 1 8 4 6 Staufeneck (heute zu Salach, Kr. Göppingen), t 6 . 1 . 1913 Stuttgart. S., Bruder von Anselm —> S., besuchte die Württembergische Militärakademie in Ludwigsburg, nahm am Krieg von 1866 teil, ließ dann seine S t i m m e ausbilden und debütierte 1870 am Opernhaus von F r a n k f u r t / M a i n als M a x im Freischütz. 1872 war er als lyrischer Tenor an der Hofoper in München
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engagiert, wurde im selben Jahr an die Hofoper in Berlin verpflichtet und trat 1 8 7 6 / 7 7 am Hoftheater von Schwerin auf, wo er in das Heldenfach wechselte und vor allem —» Wagner-Partien übernahm. 1877-81 war er Ensemblemitglied des Hoftheaters in Hannover, sang 1880 am Her Majesty's Theatre in London seine Glanzrolle, den Titelhelden in Wagners Rienzi, und nahm 1882 und 1889 an den Tourneen des wandernden Wagner-Theaters von Angelo —> N e u m a n n teil, die ihn durch zahlreiche europäische Länder führten. 1884 trat S. mit der Damrosch Opera C o m p a n y in Nordamerika auf, war 1 8 8 5 / 8 6 und 1 8 8 7 / 8 8 Mitglied der Metropolitan Opera in N e w York und gab bis 1891 Gastspiele an deutschen Opernhäusern. S. zählte zu den bedeutendsten Heldentenören seiner Generation. DP Kutsch S c h o t t , Anton, österr. Schriftsteller, * 8 . 2 . 1 8 6 6 Kohlheim (Böhmen), f 4 . 4 . 1 9 4 5 Mettmach-Hub (Oberösterreich). Der aus einer Weber- und Kleinhäuslerfamilie stammende S. legte nach Selbststudium die Lehrerbefähigungsprüfung an der Lehrerbildungsanstalt in Prag ab und war bis Mitte der neunziger Jahre als Volksschullehrer tätig. Dann lebte er als freier Schriftsteller in Hinterhäuser (Böhmen), später auf seinem Gut Bergham bei Linz und erwarb 1929 das A n w e sen H u b bei Meltmach. S. schrieb Erzählungen ( u . a . Das Glücksglas, 1902) und R o m a n e ( u . a . Notwebers Gabriel, 1910), in deren Mittelpunkt das bäuerliche Leben steht. •α
ÖBL
S c h o t t , August, Baineologe, * 3. 12.1839 Burggräfenroda bei Friedberg (Wetterau), t 2 7 . 2 . 1886 F r a n k f u r t / M a i n . S., Sohn eines Kaufmanns, studierte Medizin in Gießen und Marburg, wurde 1863 promoviert ( U e b e r die Krebse der Knochen) und praktizierte in F ü r t h / O d e n w a l d . Nach einer Fachausbildung für Innere Medizin und Geburtshilfe in Wien und Prag ließ er sich 1870 als praktischer Arzt in Friedberg (Wetterau) nieder, ging 1871 nach Bad Nauheim und lebte seit 1879 in F r a n k f u r t / M a i n . S., gemeinsam mit seinem Bruder Theodor —»S. maßgeblich am A u f s c h w u n g des Badeortes Bad Nauheim beteiligt, entwickelte durch die Verbindung der Badekur mit entsprechender Gymnastik eine eigene Methode. Er veröffentlichte u. a. Zur Therapie der chronischen Herzkrankheiten (1885). S c h o t t , (Peter) Bernhard, Musiker, Musikverleger, getauft 1 9 . 8 . 1 7 4 8 Eltville, t 2 7 . 8 . 1809 Heidesheim bei Mainz. Der Sohn eines Bäckers und Wirts durchlief 1762-64 eine Lehre als Kupferstecher und Buchdrucker in Straßburg, studierte dann in Mainz und erwarb 1769 den Grad eines Magister artium. Daneben erhielt er eine Ausbildung zum Klarinettisten und betrieb seit 1770 in Mainz den Verkauf von Musikalien. Später war S. Klarinettist in einer Straßburger Militärkapelle und gründete 1780, als Hofmusikstecher vom Kurfürsten privilegiert, einen Musikverlag in Mainz, der später als B. Schotts Söhne weltbekannt wurde. 1806 kaufte er den Sandhof, u m hier eine Papiermühle zu errichten. S. nutzte als erster Musikverleger 1799 die Lithographie für den Notendruck. CD M G G S c h o t t , Carl, Geograph, * 12.2. 1905 Jena, t 22. 12. 1990 Marburg/Lahn. S., Sohn eines Juraprofessors, wurde 1931 in Berlin mit der Dissertation Die Blockmeere in den deutschen Mittelgebirgen promoviert und habilitierte sich 1936 für Geographie in Kiel (Landnahme und Kolonisation in Canada am Beispiel Sudontarios). 1942 wurde er apl. Prof. in Kiel, 1954 a. o . P r o f . in Aachen, 1955 o . P r o f . in Marburg. S. veröffentlichte vor allem Arbeiten zur Landeskunde Deutschlands, Kanadas und der Mittelmeerländer, u . a . Die Naturlandschaften Schleswig-Holsteins (1955, Neudr. 1956) und Kanada. Wirtschafts- und sozialgeographische Entwicklungen und Probleme (1985).
Schott S c h o t t , Ehrhart, Chemiker, * 3 1 . 7 . 1 8 7 9 Heidelberg, t 19.4. 1968 Heidelberg. S., Sohn von Friedrich —>S., studierte seit 1899 Maschinenbau an der T H Braunschweig und C h e m i e an der Univ. Heidelberg, wurde 1908 promoviert (Beiträge zur Kenntnis des Hydroxylamins und Hydrazins) und war 1907-10 Direktor des Werks Lumin der Portland-Zementwerke Heidelberg A G . Seit 1916 war er Vorstandsmitglied dieses Unternehmens. S. hatte das A m t des Vizepräsidenten der Heidelberger Industrie- und Handelskammer inne. Er veröffentlichte u. a. Arbeiten über Zement und Zementverarbeitung (1953). S c h o t t , Erich, Chemiker, Physiker, * 2 9 . 3 . 1891 Jena, t 2 4 . 7 . 1989 Mainz. Der Sohn Otto —>S.s studierte Physik und C h e m i e in Cambridge (England), Freiburg/Breisgau, Prag und Jena und nahm 1914-16 am Ersten Weltkrieg teil. 1917 trat er in das von seinem Vater mitbegründete Jenaer Glaswerk Schott & Gen. ein, befaßte sich mit Glasforschung und wurde 1921 promoviert ( H o c h f r e q u e n z v e r l u s t e von Gläsern und einigen anderen Dielektricis). 1927 wurde S. Nachfolger seines Vaters in der Geschäftsführung des Unternehmens, das sich unter seiner wissenschaftlichen und seit 1933 auch kaufmännischen Leitung zu einem international anerkannten Großunternehmen entwickelte. 1938 trat er in die N S D A P ein und wurde 1939 zum Wehrwirtschaftsführer ernannt. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam er auf Befehl der amerikanischen Militärregeirung nach Westdeutschland und widmete sich dem Wiederaufbau des Jenaer Glaswerks in Landshut mit den Betrieben in Zwiesel und Mitterteich, das 1952 nach M a i n z verlegt wurde. Dort wurde ein neues Zentralwerk mit neuen Produktionsanlagen und Entwicklungslaboratorien errichtet, in dem S. bis 1968 als Vorstandsmitglied und Bevollmächtigter des Unternehmens wirkte. CD N D B S c h o t t , Ferdinand, österr. Anatom, * 2 9 . 1 . 1 8 3 0 Schönbrunn (?) (heute zu Wien), t 3 1 . 8 . 1887 Wilten (heute zu Innsbruck). Der Sohn Heinrich Wilhelm - > S . s studierte seit 1848 Medizin in Wien, wurde 1854 zum Dr. med. et chir. promoviert und war Sekundararzt am Allgemeinen Krankenhaus in Wien. 1855 wurde S. Assistent Carl von —> Rokitanskys, 1865 Prosektor am St. A n n a Kinderspital und ging 1869 als o. Prof. der pathologischen Anatomie und Histologie nach Innsbruck, wo er 1875-87 zudem Gerichtsmedizin und Staatsarzneikunde supplierte. 1884 wurde S. Regierungsrat. CD Ö B L S c h o t t , Franz Joseph von, kath. Theologe, * 4. 10.1804 Degmarn (Kr. Heilbronn), f 14. 10. 1881 Neuhausen. S. studierte 1823-28 Philosophie und Theologie in Tübingen, empfing 1829 die Priesterweihe und war Vikar in Neuhausen auf den Fildern und in Stuttgart. 1836 übernahm er die Pfarrei Reichenbach (Kr. Biberach) und wirkte 1839-48 als Konviktsdirektor des Wilhelmstifts und kath. Stadtpfarrer in Tübingen. S. war ein Vertreter der aufgeklärten und liberalen Theologie sowie eine Schlüsselfigur in den staatskirchlichen Auseinandersetzungen. 1843 wurde er zum Mitglied der Katholisch-Theologischen Fakultät und des Akademischen Senats unter Verleihung des Titels eines Oberkirchenrats ernannt. Seit 1848 war S. Pfarrer von Neuhausen. 1873 wurde ihm der württembergische Personaladel verliehen. •P
BBKL
S c h o t t , Georg Balthasar, Musiker, Kantor, * 22. 10. 1686 S c h ö n a u / H ö r s e i bei Eisenach, t 2 5 . 3 . 1 7 3 6 Gotha. Nach d e m Besuch des G y m n a s i u m illustre in Gotha studierte S., Sohn eines Schulmeisters, seit 1714 in Leipzig. 1720 wurde er dort Organist und Musikdirektor an der Neukir-
che sowie Leiter des 1702 von Georg Philipp —»Telemann gegründeten studentischen Collegium musicum. Seit 1729 war S. Stadtkantor in Gotha. ED M G G S c h o t t , Gerhard, auch Schotte, Jurist, Theatergründer, * 16.4. 1641 Hamburg, t 25. 10. 1702 Hamburg. S., Sohn eines Weinhändlers, studierte Rechtswissenschaften in Helmstedt und Heidelberg und wurde 1665 Lizentiat in Basel. Nach ausgedehnten Reisen ließ er sich als Advokat in Hamburg nieder, w o er 1682 Aktuar und 1693 Ratsherr wurde. S. gründete eine Aktiengesellschaft zum Bau des Hamburger Opernhauses am Gänsemarkt, das 1678 eröffnet wurde und dessen Leiter und Inhaber er bis zu seinem Tod war; viele Dekorationen und Maschinerien entwarf er selbst. DD N D B S c h o t t , (Paul) Gerhard, Ozeanograph, * 1 5 . 8 . 1 8 6 6 Tschirma bei Reuss (Thüringen), t 15. 1.1961 Hamburg. S., Sohn eines Kirchschullehrers, studierte seit 1885 Geographie und Geschichte in Jena und Berlin, wurde 1891 in Berlin promoviert (Oberflächen-Temperaturen und Strömungen in den ostasiatischen Gewässern) und unternahm Studienreisen nach Hinterindien, China und Japan. 1894-1931 war er an der Deutschen Seewarte in Hamburg tätig, seit 1903 als Abteilungsvorstand. 1 8 9 8 / 9 9 nahm er an der deutschen Tiefsee-Expedition zum Atlantischen und Indischen Ozean teil. 1921 wurde er Honorarprofessor der Meereskunde an der Univ. Hamburg und 1926 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. S. begründete die länderkundliche Betrachtung der Meere. Er veröffentlichte u . a . Physische Meereskunde (1903, '1924, russ. 1914, span. 1930, 2 1949), Geographie des Atlantischen Ozeans (1912, 3 1942, Neudr. 1944) und Geographie des Indischen und Stillen Ozeans (1935). DP N D B S c h o t t , Heinrich Wilhelm, österr. Gärtner, Botaniker, getauft 7. 1.1794 Brünn (Mähren), t 5 . 3 . 1865 Schönbrunn (heute zu Wien). S. besuchte Vorlesungen über Botanik, Landwirtschaft und C h e m i e an der Univ. Wien, war 1809-13 Zögling bzw. Assistent seines Vaters, des Obergärtners des Botanischen Gartens der Univ., und arbeitete seit 1815 bei der Flora austriaca im Oberen Belvedere. Später war er zudem Assistent der Botanischen Lehranstalt, nahm 1817-21 an einer Expedition nach Brasilien teil und wurde nach seiner Rückkehr Direktionsadjunkt am Botanischen und Zoologischen Garten von Schönbrunn. Seit 1828 Hofgärtner, übernahm er 1840 auch die Leitung der Flora austriaca im Oberen Belvedere und wurde 1845 Hofgarten- und Menageriedirektor. Seit 1848 war S. korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien und seit 1857 ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. S. war ein bedeutender Kenner der Aronstabgewächse. Er veröffentlichte u. a. Die Sippen der österreichischen Primeln (1851), Skizzen österreichischer Ranunkeln sectionis Allophanes (1852) und Analecta botanica (unter Mitarbeit von Carl Fredrik N y m a n und Theodor Kotschy, 1854). S. war der Vater von Ferdinand - » S . DP N D B S c h o t t , Johann, auch Hans S., Drucker, * 19.6. 1477 Straßburg, t nicht vor 1548 Straßburg. S., Sohn Martin —>S.s, wurde 1490 an der Univ. Freiburg/ Breisgau immatrikuliert und studierte dann in Heidelberg und Basel. Seit 1499 führte er die väterliche Druckerei. 1503 ist er auch in Freiburg/Breisgau und 1506 in Basel als Drucker nachgewiesen. S. druckte vor allem R e f o r m a tionsschriften; er hatte Beziehungen zu Ulrich von - » H u t t e n und Franz von —»Sickingen. CD A D B
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Schott S c h o t t , Kaspar, auch Schottus, Jesuit, Mathematiker, Naturforscher, * 5 . 2 . 1608 Königshofen (heute zu LaudaKönigshofen), t 2 2 . 5 . 1666 Würzburg. S. trat 1627 in die Gesellschaft Jesu ein, studierte Philosophie in Würzburg und floh 1631 nach dem Einmarsch der Schweden wie sein Lehrer Athanasius —> Kircher nach Italien, wo er das Studium der Theologie, Philosophie und Mathematik in Palermo beendete und dort dann als Prof. der Mathematik und Moraltheologie lehrte. 1652-55 war er Mitarbeiter Kirchers in R o m , lehrte danach in Mainz und ging schließlich als Prof. der Mathematik und Physik nach Würzburg. S. veröffentlichte u. a. Mechanica hydraulico-pneumatica (1657), Magia universalis naturae et artis (4 Bde., 1657-59, auch 1674-77), Cursus mathematicus ( 1 6 6 1 , 3 1 6 7 7 , auch 1699), Physica curiosa (2 Bde., 1662, ' 1 6 9 7 , Nachdr. 2003) und Technica curiosa (1664, Nachdr. 1977). c d DSB S c h o t t , Martin, Drucker, t 2 2 . 1 1 . 1499 Straßburg. S. war der Sohn des Straßburger Bildhauers Friedrich S., Vetter von Peter —>S. und Schwiegersohn Johann —»Mentelins. Er druckte seit 1481 neben theologischen und Schulschriften etwa ein Dutzend deutschsprachige, illustrierte Werke, u . a . zwei Schriften Jakob —> Wimpfelings. S. war der Vater von Johann —>S. CD A D B S c h o t t , (Friedrich) Otto, Chemiker, Industrieller, * 17. 12.1851 Witten, t 2 7 . 8 . 1 9 3 5 Jena. Der Sohn eines Glasmachers und späteren Glashuttenmitbesitzers studierte seit 1870 C h e m i e und Mineralogie an der T H Aachen sowie an den Universitäten Würzburg und Leipzig und wurde 1875 in Jena promoviert (Beiträge zur Theorie und Praxis der Glasfabrikation). Anschließend war S. in chemischen Fabriken (u. a. in Spanien) tätig und trat dann in das väterliche Unternehmen ein. Seit 1879 arbeitete er mit Ernst - > A b b e zusammen, ging 1882 nach Jena und gründete 1883 gemeinsam mit Abbe, Carl —> Zeiss und dessen Sohn Roderich ein glastechnisches Labor, 1884 die Glastechnische Versuchsanstalt, aus der das Jenaer Glaswerk Schott & Gen. wurde. S. schuf mit A b b e die wissenschaftlichen Grundlagen der Glasfabrikation und neuer optischer Gläser, darunter Lithium- und Borsilicatgläser, und entwickelte etwa 2 0 0 verschiedene technisch verwendbare Gläser. 1919 trat er, seit 1916 korrespondierendes Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften, die Rechte am Glaswerk an die Carl-Zeiss-Stiftung ab. Er war der Vater von Erich —>S. CD N D B S c h o t t , Peter, Theologe, Jurist, * 1 0 . 7 . 1 4 5 8 ( 1 4 6 0 ? ) Straßburg, t 12.9. 1490 Straßburg. Der aus einer Straßburger Patrizierfamilie stammende S., Vetter von Martin - > S . , studierte seit 1470 in Paris (1473 Baccalaureus) und Bologna und wurde 1480 zum Dr. jur. utr. promoviert. Seit 1481 wieder in Straßburg, wurde er im folgenden Jahr im Kapitel St. T h o m a s zum Priester geweiht und wirkte bis zu seinem Tod als Kanonikus an der Kirche Jung St. Peter. S. gilt als erster Vertreter des stark scholastisch geprägten Frühhumanismus im Elsaß; er stand in enger Verbindung mit humanistischen Zentren in Suddeutschland und war u. a. mit Johannes —> Geiler von Kaysersberg befreundet. Neben grammatischen, theologischen und juristischen Abhandlungen verfaßte er Elegien und E p i g r a m m e sowie ein Städtelob auf Straßburg. Er gab 1 4 8 8 / 8 9 die ersten drei Bände der Werke Jean Gersons und 1490 den Sentenzenkommentar des Augustiners T h o m a s von Straßburg heraus. Jakob —»Wimpfeling veröffentlichte 1498 fast das gesamte Werk S.s unter d e m Titel P. S. Argentinensis Patricii [...] Lucubraciunculae ornatissimae; postum folgte De mensuris syllabarum epithoma. S. starb an der Pest. CD N D B
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S c h o t t , Richard, Schriftsteller, * 26. 12. 1860 Oberschmon bei Querfurt, t 2 2 . 1 2 . 1921 Bad Thal (Thüringen). S. studierte Naturwissenschaften in Berlin, wandte sich dann dem Theater zu und spielte 1880-85 u . a . am Schauspielhaus in Berlin. Seit 1885 studierte er Philosophie und Germanistik, lebte seit 1887 als freier Schriftsteller in Berlin und arbeitete f ü r verschiedene Zeitungen. Daneben war er auch als Dramaturg tätig. S. veröffentlichte u . a . den Schwank Hero und Leander (um 1890) und die komische Spieloper Das kluge Felleisen (1909). CD D L L S c h o t t , Rolf, Graphiker, Schriftsteller, * 2 6 . 6 . 1891 Mainz, t 17. 1. 1977 R o m . Der Sohn eines Offiziers und einer Kammersängerin studierte Kunstgeschichte, Archäologie, Ägyptologie und Literaturwissenschaft in M ü n c h e n , wo er gleichzeitig eine Ausbildung zum Graphiker (u.a. als Schüler von Emil —> Preetorius) erhielt. 1933 emigrierte er nach Italien, lebte als freier Schriftsteller und Graphiker in R o m , war Mitarbeiter verschiedener Zeitungen und Zeitschriften und illustrierte zahlreiche Werke der Weltliteratur. S. schrieb Essays, Gedichte (Orbis pictus, 1946) sowie Erzählungen (Köre oder das Geheimnis des Kusses. Eine Erzählung aus zwei Zeitaltern, postum 1980) und war auch als Übersetzer tätig. •P
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S c h o t t , Siegfried (Hugo Erdmann), Ägyptologe, * 2 0 . 8 . 1 8 9 7 Berlin, t 29. 10. 1971 Innsbruck. S. nahm seit 1915 am Ersten Weltkrieg teil und kehrte 1920 aus französischer Gefangenschaft zurück. Er studierte Philosophie, Germanistik, Kunstgeschichte und Ägyptologie in Freiburg/Breisgau, Marburg und Heidelberg und wurde dort 1926 promoviert (Untersuchungen zur Schriftgeschichte der Pyramidentexte). Nach Forschungsaufenthalten in Wien, Berlin, Paris, London und Leiden war er 1930/31 in Kairo und 1931-37 als Epigraphiker für die University of Chicago in Luxor tätig. 1937 habilitierte er sich in Göttingen, übernahm 1938 eine Lehrstuhlvertretung in Heidelberg und lehrte dort 1943-45 als a p l . P r o f . der Ägyptologie. Seit 1950 Mitarbeiter der A k a d e m i e der Wissenschaften und der Literatur in Mainz, wurde er 1952 a. o.Prof. in Göttingen. S. war ordentliches Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts. Er befaßte sich vor allem mit altägyptischen Mythen, Bräuchen und Riten sowie mit der Astronomie und veröffentlichte u. a. Mythen und Mythenbildung im Alten Ägypten (1945) und Hieroglyphen. Untersuchungen zum Ursprung der Schrift (1950). Er gab ferner Altägyptische Liebeslieder (1950) heraus. m NDB S c h o t t , Sigmund, Statistiker, * 1 0 . 1 0 . 1 8 6 8 Leipzig, t 19. 11. 1953 Heidelberg. S., Sohn eines Fabrikdirektors, studierte in München und Leipzig, wurde 1890 zum Dr. phil. promoviert, war 1890-92 Volontärassistent im Statistischen A m t der Stadt Leipzig und 1892-97 Regierungsassessor im Oldenburgischen Statistischen Büro. 1897 wurde er Direktor des Statistischen Amtes der Stadt M a n n h e i m und lehrte seit 1907 als a. ο. Prof. in Heidelberg, seit 1928 als Ordinarius. Seit 1908 war S. auch Studiendirektor der M a n n h e i m e r Handelsschule. Er schrieb u. a. Statistik (1913, 3 1923). CD Bad Bio N.F., Bd 3 S c h o t t , Theodor, Baineologe, * 2 8 . 3 . 1 8 5 2 Burggräfenrode (Hessen), t 12.3. 1921 F r a n k f u r t / M a i n . Das Medizinstudium in Gießen Schloß S. 1877 mit der Promotion ab und praktizierte gemeinsam mit seinem Bruder August —»S. während der S o m m e r m o n a t e als Baineologe in Bad Nauheim. Durch die Einführung der sogenannten Schottschen Methode, der Behandlung chronischer Herzkrankheiten mittels aktiver und passiver Gymnastik, erwarben sich die Brüder Weltruf. S. wurde 1898 zum Titularprofessor ernannt. Er veröffentlichte u. a. Herzkrankheiten
Schottenloher (1890), Zur akuten Überanstrengung des Herzens und deren Behandlung (1890, 4 1908), Ueber chronische Herzmuskelerkrankungen (1898, 2 1904), Die Heilfactoren Bad Nauheims (1900) und Physikalische Behandlung der chronischen Herzkrankheiten (1916). S c h o t t , Thomas, Orgelbauer, * u m 1578 Urach (Württemberg), t 1634 Bremgarten (Schweiz). S. ist seit 1606 als selbständiger Orgelbaumeister f ü r die Stiftskirche Beromünster nachzuweisen, wo er bis 1611 tätig war. 1612-16 errichtete er eine neue Orgel f ü r die Stadtkirche von Bremgarten und erhielt dort 1616 das Bürgerrecht. 1619-30 entstand als sein Hauptwerk die große Orgel in der Klosterkirche von Muri. Seit 1631 arbeitete S. am Bau einer großen Orgel und eines Positivs f ü r die Pfarrkirche in Rapperswil. S c h o t t , Walter, Bildhauer, * 1 8 . 9 . 1 8 6 1 I l s e n b u r g / H a r z , t 3 . 9 . 1938 Berlin. Seine künstlerische Ausbildung erhielt S. seit 1879 an der Berliner Akademie und lebte dann als freischaffender Künstler in Berlin. Er knüpfte früh Beziehungen zum Berliner Hof und schuf u . a . eine Statue —»Wilhelms II. f ü r den Sitzungssaal der A k a d e m i e der Künste, eine Statue —»Albrechts des Bären sowie Büsten —»Ottos von Bamberg und —» Wiggers von Brandenburg für die Siegesallee. Sein Hauptwerk, die Figur der Kugelspielerin (1898), verbindet neubarocken Stil mit neuklassizistischen Elementen in der Nachfolge Adolf von —»Hildebrands. S c h o t t , Wilhelm (Christian), Orientalist, * 3 . 9 . 1 8 0 2 Mainz, f 12. 1. 1889 Berlin. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1819 Theologie und orientalische Sprachen in Gießen und Halle, wurde 1823 zum Dr. phil. promoviert und habilitierte sich nach einer Tätigkeit als Privatlehrer 1826 in Halle für Orientalische Sprachen und Literaturen (De indole linguae Sinicae). Seit 1830 in Berlin, habilitierte er sich dort 1832 erneut (De lingua Tschuwaschorum) und wurde 1838 a. o. Prof. der Orientalischen Sprachen. S., der sich auch mit Altaistik (Altaische Studien, 5 Bde., 1860-72), d e m Estnischen und Finnougristik befaßte, war seit 1841 ordentliches Mitglied der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften. Er veröffentlichte u . a . Vocabularium Sinicum (1844), Chinesische Sprachlehre (1857) und Zur Litteratur des chinesischen Buddhismus (1873). S.s Übersetzung des Lun yü (1826) von Konfuzius wurde von Heinrich Julius —» Klaproth kritisiert. CD N D B
Schott von Schottenstein,
Friedrich (Siegmund Johann Albert Karl) Frh., Forstwissenschaftler, * 2 5 . 5 . 1 8 1 2 Großsachsenheim (Württemberg), t 2 0 . 5 . 1895 Frankfurt/Main. Nach der Vorlehre im Forstrevier Maulbronn ( 1 8 2 9 / 3 0 ) studierte S., Sohn eines Oberforstmeisters, 1 8 3 0 / 3 1 Forstund Landbauwissenschaft sowie Kameralwissenschaft an der Univ. Tübingen und 1 8 3 2 / 3 3 an der Landwirtschaftlichen Akademie in Hohenheim. 1834-37 war er Forstamtsassistent beim Forstamt Schorndorf und wurde 1837 zum besoldeten Privatdozenten für Forst- und Landwirtschaft an der Univ. Tübingen ernannt; 1838-40 lehrte er dort als a. o. Professor und wurde 1839 mit der Arbeit Über die Verbindung des Feldbaues mit dem Waldbau zum Dr. oec. publ. promoviert. 1840-87 Forstmeister, später Oberforstmeister der Waldungen der Stadt F r a n k f u r t / M a i n , schuf er die Grundlagen für eine planvolle und rationelle Bewirtschaftung des Stadtwaldes nach den Erkenntnissen der modernen Forstwissenschaft. Daneben oblag ihm die Verwaltung des Waldbesitzes an der Hohen Mark im Taunus sowie des Fürstlich Isenburg-Birsteinischen Waldes. S. verfaßte u . a . eine Forststatistische Beschreibung des Frankfurter Stadtwaldes (1884). CD M a r c o n / S t r e c k e r
S c h o t t e l i u s , Justus Georg, Sprachwissenschaftler, Schriftsteller, * 2 3 . 6 . 1 6 1 2 Einbeck, t 2 5 . 1 0 . 1 6 7 6 Wolfenbüttel. Der Pfarrerssohn studierte seit 1628 Rechtswissenschaften in Helmstedt, Hamburg, Leiden und Wittenberg. 1638 floh er vor der schwedischen A r m e e aus Wittenberg, war zunächst als Erzieher von Herzog —»Anton Ulrich am Hof in Braunschweig bzw. Wolfenbüttel tätig und wurde 1642 Hofgerichtsassessor, 1646 Konsistorialrat und 1653 Hof- und Kammerrat. 1643 wurde S. in Helmstedt zum zum Lizentiaten, 1646 zum Dr. jur. utr. promoviert. Seit 1642 war er Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft, seit 1646 als „Fontano" auch des Pegnesischen Blumenordens. Mit der Forderung nach Sprachreinheit und Normierung der Grammatik setzte sich S. für eine deutsche Hochsprache und einen neuen literarischen Stil ein. Er verfaßte u . a . Teutsche Sprachkunst (1641, erw. 1651) und Ausführliche Arbeit Von der Teutschen HaubtSprache (1663, 2 1737; Neudr. hrsg. von Wolfgang Hecht, 1967, 2 1995). Neben zahlreichen Kasualgedichten schrieb er einige Bühnentexte (gesammelt in Fruchtbringender Lustgarte, 1647, Nachdr. 1967); seinen größten Erfolg hatte er mit Friedens-Sieg. Neu erfundenes Freudenspiel genandt (1642). S. veröffentlichte ferner Ethica (1669, Neudr. 1980) und die S a m m l u n g deutscher Rechtsaltertümer De Singularibus quibusdam & antiquis In Germania Juribus & Observatis (1671). DP N D B
Schottelius,
M a x (Bernhard Justus Georg), Hygieniker, * 15. 11. 1849 Braunschweig, t 2 1 . 1 0 . 1 9 1 9 Überlingen/ Bodensee. S. Schloß das Studium der Medizin 1874 in Würzburg mit der Promotion ab (Ein Fall von primärem Lungenkrebs) und habilitierte sich 1879 für Pathologische A n a t o m i e in Marburg (Untersuchungen ueber physiologische und pathologische Texturveraenderungen der Kehlkopf-Knorpel). Seit 1881 war er a. o. Prof., setzte seine bakteriologische Fachausbildung in Berlin, M ü n c h e n und Paris fort, erhielt 1885 die Venia legendi für Hygiene und lehrte 1889-1912 als o . P r o f . der Hygiene in Freiburg/Breisgau. 1889 wurde S. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Er veröffentlichte u . a . Die Kehlkopf-Knorpel (1879), Die Aufgaben der öffentlichen Gesundheitspflege und ihre geschichtliche Entwicklung (1890) und Bakterien, Infektionskrankheiten und deren Bekämpfung ( 1 9 0 4 , 2 1 9 0 9 , ungar. 1910, erneut 1928, engl. 1912) und Land- und Verkehrshygiene. Kurorte, Sanatorien, Gasthäuser (1913). S c h o t t e n i u s , Hermann, Beiname: Hessus, eigentl. H. Ortmann, Dramatiker, 1. Hälfte 16. Jh. vermutlich Schotten (Hessen). S. wurde 1517 an der Kölner Bursa Laurentiana immatrikuliert, war hier nach der Promotion 1520 Dozent und wurde 1530 zum Prof., 1531 zum Quodlibetar ernannt. 1 5 3 3 / 3 4 war er Dekan der Artistenfakultät der Univ. Köln. S. betätigte sich als Dramatiker und Autor didaktischer Schriften. Er verfaßte u. a. die politischen Stücke Ludus Martius sive bellicus (1526) und Ludus imperatorius sive caesarius (1527); seine Schülergespräche Confabulationes Tyronum literariorum (1526) wurden bis ins 17. Jh. mehr als dreißigmal aufgelegt. 1527 erschien seine Morallehre Vita honesta. t u DLL
Schottenloher,
Karl, Bibliothekar, * 1 1 . 1 . 1 8 7 8 Rodau (heute zu Lappersdorf, Kr. Regensburg), t 3 0 . 7 . 1954 München. Der Sohn eines Gutsbesitzers studierte seit 1897 Klassische Philologie, dann Geschichte und Germanistik in München und Berlin, wurde 1903 in München zum Dr. phil. promoviert (Jakob Ziegler und Adam Reissner. Eine quellenkritische Untersuchung über eine Streitschrift der Reformationszeit gegen das Papsttum) und trat als Volontär in
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Schottenmeister die Kgl. Hof- und Staatsbibliothek in München ein. Seit 1904 war S. Assistent an der Kgl. Bibliothek in Bamberg, 1908-38 Bibliothekar an der Bayerischen Staatsbibliothek in München; 1923 wurde er Oberbibliotheksrat, 1928 Direktor der Katalogabteilung. S. widmete sich der Erforschung und Katalogisierung der ältesten und wertvollsten Drucke der weltberühmten Inkunabelsammlung der Bayerischen Staatsbibliothek und arbeitete auch auf dem Gebiet des Buchdrucks. Er verfaßte u . a . Das alte Buch (1919, '1956), Flugblatt und Zeitung (1922) und Bücher bewegten die Welt (2 Bde., 1 9 5 1 / 5 2 ) und war Herausgeber einer Bibliographie zur deutschen Geschichte im Zeitalter der Glaubensspaltung 1517-1585 (6 Bde., 1 9 3 3 - 4 0 , 2 1 9 5 6 - 5 8 ; Bd. 7 hrsg. von Ulrich Thürauf, 1966). DP Habermann 1
schungslaboratorien Berlin, Pretzfeld (1943-55) und Erlangen (1955-58). Durch seine theoretischen Untersuchungen beeinflußte er maßgeblich die Entwicklung der Elektronenröhren. 1916 erfand S. die Schirmgitterröhre und entdeckte u . a . 1918 den Schroteffekt (Schrotrauschen) und 1935 den nach ihm benannten Schottky-Defekt (Fehlstellen in Kristallgittern). Er entwickelte die Theorie der Störbandleitung und die Kristall-Metall-Gleichrichtung, das SuperhetPrinzip und verschiedene Halbleiterbauelemente. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Physik der Glühelektroden (mit Horst Rothe, 1928) und Thermodynamik (mit Hermann - > U l i c h und Carl - ^ W a g n e r , 1929, Nachdr. 1973). CP N D B
Schottlaender, Schottenmeister -> Meister des Wiener Schottenstifts Schottky,
Friedrich (Hermann), Mathematiker, * 2 4 . 7 . 1851 Breslau, t 12. 8. 1935 Berlin. S., N e f f e von Julius Max - > S . , studierte seit 1870 Mathematik und Physik in Breslau und Berlin, wo er 1875 promoviert wurde ( U e b e r die conforme Abbildung mehrfach zusammenhängender ebener Flächen) und sich 1878 für Mathematik habilitierte (Abriss einer Theorie der Abel'sehen Functionen von drei Variablen, erneut 1880, Neuausg. 2007). 1882 folgte er einem Ruf als Prof. der Höheren Mathematik, besonders der Funktionentheorie, an das Eidgenössische Polytechnikum in Zürich, lehrte seit 1892 als Ordinarius in Marburg und wirkte 1902-22 in gleicher Stellung in Berlin. Seit 1902 war er ordentliches Mitglied der Kgl. Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften und seit 1911 korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. S. lieferte Beiträge zur Theorie der komplexen Funktionen und konformen Abbildungen. Er war der Vater von Walter —>S. CD D S B
Schottky,
Julius Max(imilian), Schriftsteller, Volkskundler, * 1 3 . 4 . 1 7 9 7 K u p p (Preuß.-Schlesien), + 9 . 4 . 1849 Trier. S. studierte Rechtswissenschaften und Germanistik in Breslau, befaßte sich seit 1817 als Stipendiat des preuß. Unterrichtsministeriums in Wiener Bibliotheken und Archiven mit alten Handschriften und publizierte u. a. in den „Jahrbüchern der Literatur" und im „Conversationsblatt". Er sammelte vorwiegend Lied- und Sagengut und war Mitherausgeber der S a m m l u n g Österreichische Volkslieder mit ihren Singweisen (1819). 1822-24 unterrichtete S. als Prof. der deutschen Sprache und Literatur am G y m n a s i u m in Posen, hielt sich in den folgenden Jahren in Breslau, Dresden, Leipzig und Weimar auf und betrieb 1828-31 in Prag Studien über das Mittelalter in B ö h m e n . Anschließend widmete er sich in München kunsthistorischen Studien, führte in den folgenden Jahren ein unstetes Wanderleben und war 1848 Redakteur der „Rheinischen Volkshalle" in Köln. Im selben Jahr wurde S. Redakteur der „Trierer Zeitung". Er schrieb u . a . Prag wie es war und wie es ist, nach Aktenstücken und den besten Quellenschriften geschildert (2 Bde., 1830-32). CP Ö B L
Schottky,
Walter (Hans), Physiker, * 2 3 . 7 . 1886 Zürich, t 4 . 3 . 1976 Forchheim. S., Sohn Friedrich —»S.s, studierte seit 1904 Physik an der Univ. Berlin und wurde 1912 promoviert ( Z u r relativtheoretischen Energetik und Dynamik). 1 9 1 2 / 1 3 in Jena und danach in Berlin experimentell tätig, trat er 1914 in die Siemens & Halske A G ein und ging 1919 an die Univ. Würzburg, w o er sich 1920 habilitierte. Seit 1923 lehrte er als a. o„ seit 1926 als o . P r o f . für Theoretische Physik in Rostock und wurde 1927 erneut wissenschaftlicher Mitarbeiter der Siemens & Halske A G in den For-
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Julius, Rittergutsbesitzer, * 2 2 . 3 . 1835 Münsterberg (Schlesien), t 1 . 1 . 1 9 1 1 Gut Hartlieb bei Breslau. S. war als Besitzer des Ritterguts Hartlieb der erste und einzige jüdische Majoratsherr in Deutschland und kam vor allem durch Lieferungen an das preuß. Militär zu großem Reichtum. Er war 1876-99 Repräsentant und seit 1900 Vorstandsmitglied der Breslauer Synagogengemeinde. Mit der Schottländer-Stiftung errichtete er ein jüdisches Altersheim in Breslau, das bis zu seiner zwangsweisen Schließung 1939 bestand. S. war der Vater von Paul —>S.
Schottlaender,
Julius (Gustav Adam), auch Schottländer, Gynäkologe, * 1 2 . 4 . 1 8 6 0 St. Petersburg, t 2 9 . 5 . 1 9 1 7 Kiel. Der aus einer deutsch-estländischen Familie s t a m m e n d e Sohn eines Fabrikdirektors studierte seit 1880 Medizin in Heidelberg und München, wurde 1888 promoviert (Über Kern- und Zelltheilungsvorgänge in dem Endothel der entzündeten Hornhaut) und war Assistent am Anatomischen Institut in Kiel und 1889 an der Privatanstalt für Frauenkrankheiten in Berlin. Nach Studienreisen habilitierte sich S. 1893 in Heidelberg für Gynäkologie ( U e b e r den Graafschen Follikel, seine Entstehung beim Menschen und seine Schicksale bei Mensch und Säugethieren), wurde 1897 a. o. Prof. und 1903 Leiter des Laboratoriums der Heidelberger Frauenklinik und übernahm 1908 die Leitung des Laboratoriums der II. Frauenklinik in Wien, wo er seit 1911 als tit. a. ο. Prof. lehrte. Während des Ersten Weltkriegs war S. als Oberstabsarzt in Kiel stationiert. In seinen Forschungen befaßte er sich vorwiegend mit pathologisch-histologischen Problemen und veröffentlichte u. a. Über Eierstocktuberkulose (1897) und Zur Kenntnis des Uteruskarzinoms (mit Fritz —> Kermauner, 1912). CP Ö B L
Schottlaender,
Paul, Rittergutsbesitzer, Bankier, Naturwissenschaftler, * 1 4 . 2 . 1 8 7 0 Breslau, t 1 8 . 3 . 1 9 3 8 Wessig bei Breslau. S., Sohn von Julius —>S., studierte Naturwissenschaften an den Universitäten Breslau, Leipzig, Heidelberg, Bonn und Halle und wurde 1892 promoviert. S. übernahm die Verwaltung der väterlichen Güter und saß als Bankier im Bezirksausschuß Breslau der Reichsbank und im Ausschuß für die schlesischen Niederlassungen der Deutschen Bank. Er unterstützte die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft finanziell und gehörte 1917-37 deren Senat an. Ferner war er Ehrensenator der Univ. Breslau sowie Mitbegründer und bis 1933 Vorsitzender des dortigen Universitäts-Bunds.
Schottlaender,
Rudolf (Julius), Philosoph, Klassischer Philologe, * 5 . 8 . 1 9 0 0 Berlin, t 1 . 4 . 1 9 8 8 Berlin. S., Sohn eines Textilkaufmanns, studierte seit 1918 Philosophie und Philologie in Berlin, Marburg, Freiburg/Breisgau und Heidelberg, wo er 1923 als Schüler von Ernst - » H o f f m a n n promoviert wurde (Die historische Bedingtheit des Gehaltes der Nikomachischen Ethik des Aristoteles), und war dann bis 1933 als Übersetzer und Publizist
Schouppe tätig. Danach war er Hilfspfleger im Israelitischen Krankenhaus und seit 1942 Arbeiter in einer Munitionsfabrik in Berlin. Nach dem Krieg arbeitete er zunächst als Lehrer, war 1947-49 o.Prof. der Philosophie an der TH Dresden und Ubersiedelte nach Konflikten mit der SED nach Westberlin, wo er Gymnasiallehrer für Latein und Griechisch wurde. Er Schloß sich der Notgemeinschaft für den Frieden Europas (Gustav —»Heinemann) an und gehörte 1951 zu den Gründern des Wochenblatts „SOS - Zeitung für weltweite Verständigung". 1959 wegen seines Auftretens gegen Wiederaufrüstung und Atombewaffnung aus dem Schuldienst entlassen, ging S. 1960 nach Ostberlin und war bis zu seiner Emeritierung 1965 Prof. für „Römische Literatur unter besonderer Berücksichtigung der Beziehungen zum Griechentum" an der Humboldt-Universität. Er veröffentlichte u.a. Der philosophische Heilsbegriff. Ein Beitrag zur Überwindung der Krise der Ethik als Wissenschaft (1952), Theorie des Vertrauens (1957), Früheste Grundsätze der Wissenschaft bei den Griechen (1964) und Römisches Gesellschaftsdenken. Die Zivilisierung einer Nation in der Sicht ihrer Schriftsteller (1969). 1986 erschienen seine Erinnerungen Trotz allem ein Deutscher. Mein Lebensweg seit Jahrhundertbeginn. CD NDB
Schottlaender, Salo, Verleger, * 19.6.1844 Münsterberg (Schlesien), f 2 . 4 . 1920 Breslau. S. erlernte den Verlagsbuchhandel in Leipzig, Stuttgart und Paris und beteiligte sich 1873 an der Gründung der „Schlesischen Presse" in Breslau, deren Leitung er 1876 allein übernahm. Er gründete außerdem einen Buchverlag, gliederte dem Unternehmen eine Druckerei an und brachte hier u. a. die Zeitschriften „Nord und Süd" und die „Schlesische Presse" heraus. 1889 wurde die Firma in die Schlesische Buchdruckerei, Kunst- und Verlagsanstalt S. Schottlaender AG umgewandelt, deren Leiter S. seit 1893 war. Neben zahlreichen Zeitschriften (u.a. „Die Heimat", „Berliner Sonntagsblatt", „Breslauer Sonntagsblatt", „Hausfreund") gehörte zum Verlagsprogramm vor allem Belletristik.
Schottmüller, Frida, Kunsthistorikerin, * 21.8. 1872 Berlin, t 12.6. 1936 Berlin. S. durchlief seit 1893 eine Ausbildung an der Königlichen Kunstschule und an der Zeichenschule des Vereins der Berliner Künstlerinnen in Berlin, arbeitete anschließend als Lehrerin und studierte seit 1899, u. a. bei Adolph —»Goldschmidt und Heinrich —> Wölfflin, Kunstgeschichte, Archäologie, Literatur und Philosophie an den Universitäten Berlin und Zürich, wo sie 1903 mit der Arbeit Die Gestalt des Menschen in Donatellos Werk (gedruckt 1904 als Donatello. Ein Beitrag zum Verständnis seiner künstlerischen Tat) promoviert wurde. 1904 von Wilhelm von - > B o d e an die Preußischen Museen zu Berlin geholt, war sie seit 1905 wissenschaftliche Hilfsarbeiterin und 1919-35 Assistentin und Kustodin in der Gemäldegalerie und der Skulpturensammlung. Daneben unterrichtete S. 1909-18 Kunstgeschichte an der Zeichen- und Malschule des Vereins der Berliner Künstlerinnen. 1919 wurde ihr der Professorentitel verliehen. S. arbeitete vor allem auf dem Gebiet der italienischen Renaissance und veröffentlichte u. a. Fra Angelico da Fiesole. Des Meisters Gemälde (1911, 2 1924), Die italienischen und spanischen Bildwerke der Renaissance und des Barocks in Marmor, Ton, Holz und Stuck (1913, 2 1933) und Wohnungskultur und Möbel der italienischen Renaissance (1921, 2 1928). Sie war die Tante von Oda —> S. CH Leb Berlin 9
Schottmüller, (Adolf Alfred Louis George) Hugo, Internist, * 2 2 . 9 . 1 8 6 7 Trebbin (Kr. Teltow), t 19.5. 1936 Hamburg. S., Sohn eines Bürgermeisters, studierte Medizin in Tübingen, Berlin und Greifswald, wo er 1893 mit der Dissertation Ein Fall von diffuser Lipombildung promoviert wurde.
Er war Assistent am dortigen Hygienischen Institut, am Krankenhaus St. Georg in Hamburg und am Krankenhaus Eppendorf-Hamburg. Dort wurde S. 1906 Oberarzt, erhielt 1914 den Professorentitel und war seit 1919 a . o . P r o f . und Direktor der Medizinischen Poliklinik der Univ. Hamburg; 1925 übernahm er den Lehrstuhl für Innere Medizin. S. baute die Lehre der bakteriologischen Sepsis aus und erforschte den Paratyphus. Er verfaßte u.a. einen Leitfaden zur Untersuchung der Zerebrospinalfiiissigkeit (mit Felix —»Plaut und Otto Rehm, 1913) und einen Leitfaden für die klinischbakteriologischen Kulturmethoden (1923, italien. 1924).
Schottmüller, Oda, Bildhauerin, Tänzerin, Widerstandskämpferin, * 9 . 2 . 1 9 0 5 Posen, f 5 . 8 . 1 9 4 3 BerlinPlötzensee. S. wuchs nach dem Tod des Vaters, eines Archivrats, seit 1919 unter der Vormundschaft ihrer Tante Frida —>S. auf. Nach dem Besuch der Fachschule für das Schmuck- und Edelmetallgewerbe in Pforzheim und der Kunstgewerbeschule in Frankfurt/Main studierte S. seit 1929 bei Milly —> Steger an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin. Gleichzeitig erhielt sie in der Tanzschule Wienecke eine Tanzausbildung. 1931/32 war sie Gruppentänzerin an der Volksbühne. S. fertigte kunsthandwerkliche Arbeiten an, porträtierte Künstler, entwickelte Choreographien und Masken für eigene Tanzmatineen und gab Tanzunterricht. 1940-42 nahm sie an Tourneen zur kulturellen Betreuung der Wehrmacht teil. S., die zum Widerstandskreis der „Roten Kapelle" gehörte, wurde 1942 verhaftet, 1943 zum Tod verurteilt und hingerichtet. CD N D B
Schottroff, Willy, evang. Theologe, * 25. 1. 1931 Frankfurt/Main, t 2 . 5 . 1997 Kassel. S. wurde 1961 in Mainz zum Dr. theol. promoviert, habilitierte sich 1968 und lehrte von 1971 bis zu seiner Emeritierung 1996 als Prof. des Alten Testaments in Frankfurt/ Main. Zusammen mit seiner Frau Luise S. verfocht er eine sozialgeschichtliche Bibelauslegung. S. veröffentlichte u.a. „Gedenken" im Alten Orient und im Alten Testament. Die Wurzel zäkar im semitischen Sprachkreis (1964, 2 1967), Der altisraelische Fluchspruch (1969) und Das Reich Gottes und der Menschen. Studien über das Verhältnis der christlichen Theologie zum Judentum (1991).
Schoultz von Ascheraden, Eugen (Alexander Max) Frh. von, genannt de Terra, Syndikus, * 10.2. 1864 Trier, t 31. 12.1925 Bielefeld. S. ν. Α., Sohn eines früh verstorbenen Berufsoffiziers, trat nach dem Besuch einer Kadettenanstalt in das Nassauische Feldartillerieregiment ein, begann 1885 jedoch das Studium der Philosophie, Anglistik, Germanistik und Physik in Marburg und wurde 1891 mit der Arbeit Über die Erkenntnislehre Spinozas bei Julius —> Bergmann promoviert. Nach einem Volontariat 1892 bei der Handelskammer Hanau trat er noch im selben Jahr eine Stelle als Syndikus der Handelskammer Düsseldorf an und wechselte 1899 als Geschäftsführer an die Handelskammer Bielefeld; 1922 trat er in den Ruhestand. CD Rhein-Westf Wirt, Bd 15
Schouppe, Alexander von, Geologe, Paläontologe, * 26.2. 1915 Baden (Niederösterreich), t 6 . 7 . 2 0 0 4 Münster (Westfalen). S., Sohn eines Veterinärmediziners, studierte in Graz Naturwissenschaften und wurde 1939 mit der Dissertation Die Coelenteratenfauna des e-gamma der Karnischen Alpen promoviert. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg seit 1940 kehrte er 1946 an die Univ. Graz zurück und habilitierte sich 1949 für Paläontologie (Die Thamnophyllen und ihre Beziehung zur Gruppe des „Cyathophyllum caespitosum") und 1953 für Geologie (Hydrogeologische Studien zur
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Schoy Genesis der Heilquellen von Gleichenberg). Seit 1953 Dozent am Geologisch-Paläontologischen Institut und am Museum der Univ. Münster, wurde er 1956 zum apl. Prof. und 1965 zum Wissenschaftlichen Rat und Prof. ernannt und war 1964-79 Leiter der Forschungsstelle für Korallenpaläozoologie. Schwerpunkt seiner Forschungen waren die Korallen des Erdaltertums, die Skelettbildung paläozoischer Korallen und die Entwicklung eines neuen Nomenklatursystems. S. veröffentlichte u.a. Revision der Tabulaten aus dem Palaeozoikum von Graz. Die Favositiden (1954) und Morphogenese und Bau des Skelettes der Pterocorallia (mit Paul Stacul, 1966).
Schoy, Carl, Mathematiker, Mathematikhistoriker, * 7 . 4 . 1877 Bittelschies bei Meßkirch, t 6 . 1 2 . 1 9 2 5 Frankfurt/Main. Nach dem Besuch der Lehrerseminars in Meersburg/Bodensee zunächst Volksschullehrer, studierte S., Sohn eines Lehrers, 1901-05 in München Mathematik und Astronomie, legte 1906 das preuß. Lehrerexamen ab und war 1908/09 wissenschaftlicher Hilfslehrer in M ü h l h e i m / R u h r . 1911 wurde er in München zum Dr.-Ing. (Die geschichtliche Entwickelung der Polhöhenbestimmungen bei den älteren Völkern) und 1913 in Heidelberg zum Dr. phil. promoviert (Arabische Gnomonik). Er habilitierte sich 1919 für Geschichte der Mathematik und Astronomie in Bonn, war Oberlehrer in Essen und erhielt 1925 in Frankfurt/Main einen Lehrauftrag für Geschichte der exakten Wissenschaften im Orient. S. widmete sich der Mathematik- und Astronomiegeschichte im arabisch-islamischen Raum, besonders der Gnomonik und den Methoden der geographischen Ortsbestimmung (Die trigonometrischen Lehren des persischen Astronomen Al-Biruni, postum 1927), und entdeckte die Abhandlung des Archimedes über das Siebeneck wieder. Zu seinen Werken zählen Die Geschichte der Zeitmessung und der Uhren (1923) und Über den Gnomonschatten und die Schattentafeln der arabischen Astronomie (1923). DP NDB
Schoy, Frida, geb. Ettwig, Buchbinderin, * 2 3 . 1 1 . 1 8 8 9 Duisburg, t 31.8. 1963 Essen. S. erhielt ihre Ausbildung zur Buchbinderin 1915-17 an der Essener Kunstgewerbeschule, arbeitete in den Düsseldorfer Buchwerkstätten und war zwei Jahre Gehilfin in der Graphischen Anstalt der Firma Fried. Krupp. 1924 bestand sie die Meisterprüfung und gründete 1927 in Essen eine Buchbinderwerkstatt. 1948-55 leitete sie die Buchbinderklasse der Folkwangschule. S. erhielt 1951 auf der Triennale in Mailand eine Goldmedaille und 1963 den nordrhein-westfälischen Staatspreis für das Kunsthandwerk.
Schoy, Johann Jakob, auch Shoy, österr. Bildhauer, getauft 2 0 . 7 . 1 6 8 6 Marburg/Drau, beerdigt 4 . 4 . 1 7 3 3 Graz. S. ist seit 1713 in Graz nachweisbar. 1724 wurde er landschaftlicher Bildhauer, später innerösterreichischer Hofkammerbildhauer. Er gilt als der bedeutendste Bildhauer der Steiermark im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts. Zu seinen Werken zählen die Dreifaltigkeitssäule in Leoben (1717), der Hochaltar für die Grazer Franziskanerkirche (1718) und ein Christus an der Geißelsäule für die Kalvarienbergkirche in Graz (1722). DP Th-B S c h o y e r , Adolf, Unternehmer, * 28. 8.1872 Berlin, f 15.6. 1961 Bad Kissingen. Nach einer kaufmännischen Ausbildung in der väterlichen Metallhandelsfirma in Berlin wurde S. Mitbesitzer des Unternehmens und war erster Vorsitzender des Vereins Deutscher Metallhändler. 1931-38 war er orthodoxer Vertreter im Vorstand der jüdischen Gemeinde Berlin und 1933-38 Leiter des Kulturdezernats. 1938 emigrierte S. nach Großbritannien, war dort als Kaufmann tätig, 1943
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Mitgründer und bis 1946 Mitglied des Council of Jews from Germany. Nach Kriegsende kehrte er nach Deutschland zurück und lebte seit 1946 wieder in Berlin.
S c h r a d e , Leo, Musikwissenschaftler, * 13.12.1903 Allenstein (Ostpreußen), t 21.9. 1964 Speracedes (Dep. Alpes-Maritimes, Frankreich). S. studierte in Heidelberg, München und Leipzig Musikwissenschaft, wurde 1927 an der Univ. Leipzig mit der Dissertation Die ältesten Denkmäler der Orgelmusik als Beitrag zu einer Geschichte der Toccata promoviert und habilitierte sich 1929 an der Univ. Königsberg. 1937 emigrierte er in die U S A und lehrte als Prof. für Musik (1938-48) und Musikgeschichte (1948-58) an der Yale University in New Haven (Connecticut). 1958 folgte S. einem Ruf als Ordinarius an die Univ. Basel; 1962/63 hatte er die NortonProfessur für Poetik an der Harvard University inne. S. war Begründer und Herausgeber mehrerer musikwissenschaftlicher Periodika (u. a. der „Yale Studies in the History of Musik") sowie Herausgeber der ersten vier Bände der Sammlung Polyphonic Music of the Fourteenth Century (1956-58). Er schrieb u.a. Monteverdi (1950, 2 1964) und Tragedy in the art of music (1964; dt. Vom Tragischen in der Musik, 1967). DO M G G S c h r ä d e r , Clemens, Jesuit, Theologe, * 22.12. 1820 Itzum bei Hildesheim, t 23.2. 1875 Poitiers (Frankreich). S. studierte seit 1840 Theologie und Philosophie am Collegium Germanicum in Rom, wurde 1846 zum Priester geweiht und trat 1848 in die Gesellschaft Jesu ein. Nach kurzer Lehrtätigkeit in Löwen und am Collegium Germanicum in Rom wurde er 1857 o. Prof. der Dogmatik an der Univ. Wien und 1867 Consultor in der Vorbereitung des Ersten Vatikanischen Konzils. 1870 mußte S. infolge seiner Ablehnung des neuen Staatsgrundgesetzes die Wiener Professur niederlegen; seit 1872 lehrte er als Prof. an der Theologischen Fakultät in Poitiers. S. wirkte an dem Werk De immaculato conceptu (3 Bde., 1854/55) seines Lehrers Carlo Passaglia mit und schrieb u.a. Theses theologicae (8 Serien, 1861-74). Als konservativer, praktisch orientierter Theologe war er mit Passaglia und Johann Baptist Franzelin Hauptvertreter der Römischen Schule. DP B B K L S c h r ä d e r , Eberhard, evang. Theologe, Assyriologe, * 5 . 1 . 1836 Braunschweig, t 3 . 7 . 1908 Berlin. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1854 Theologie und semitische Sprachen am Collegium Carolinum in Braunschweig und an der Univ. Göttingen und wurde 1860 zum Dr. phil. promoviert (De linguae Aethiopicae cum cognatis Unguis comparatae indole universa). 1863 wurde er o.Prof. des Alten Testaments an der Univ. Zürich, wo er sich erstmals mit der Keilschrift beschäftigte. S. war 1870-72 Prof. des Alten Testaments an der Univ. Gießen, 1872-75 in Jena, seit 1875 o.Prof. der semitischen Sprachen an der Univ. Berlin und ordentliches Mitglied der Kgl. Preußischen Akademie der Wissenschaften. 1892 erhielt er den Titel eines Geheimrats. S. führte die Assyriologie als Wissenschaft in Deutschland ein und machte sie für die alttestamentliche Wissenschaft fruchtbar. Er veröffentlichte u.a. Die assyrisch-babylonischen Keilinschriften (1872), Die Keilschriften und das Alte Testament (1872, 3 1903), Keilinschriften und Geschichtsforschung (1878). 1886 gehörte er zu den Gründern der „Zeitschrift für Assyriologie und verwandte Gebiete". Bedeutendster Schüler und Nachfolger (seit 1899) von S. war Friedrich -»Delitzsch. CD N D B S c h r ä d e r , Friedrich Otto, Indologe, * 16.3. 1876 Hamburg, t 3 . 1 1 . 1 9 6 1 Kiel. S. wurde 1902 in Straßburg mit einer Dissertation Über den Stand der indischen Philosophie zur Zeit Mahaviras und Buddhas zum Dr. theol. promoviert und war 1905-16 Leiter
Schräder der Bibliothek der Theosophischen Gesellschaft in Adyar. 1921 wurde er Prof. der Indologie in Kiel. S. beschäftigte sich mit indischer Philosophie, mit der Bhagawadgita und den drawidischen Sprachen. Grundlegend sind seine Forschungen zum Pantscharatra. Er veröffentlichte u.a. Die Fragen des Königs Menandros (1907), Introduction to the Päncarätra (1916) und The Kashmir recension of the BhagavadgTtä (1930). S c h r ä d e r , Georg Wilhelm, Veterinärmediziner, * 2 4 . 1 1 . 1 7 9 2 Hamburg, t 28.1. 1869 Hamburg. Nach dem Studium der Tierarzneikunde in Hannover und Berlin ließ sich S., Sohn eines Tierartzes, 1812 als Tierarzt in Hamburg nieder und wurde 1828 Polizei-Tierarzt. 1813 nahm er als Oberpferdearzt an den Befreiungskriegen teil. S. schrieb Die Unschädlichkeit der Schlempefütterung für die Gesundheit der Kühe und für die Milch derselben (1847). Zusammen mit Eduard von —> Hering verfaßte er ein Biographisch-literarisches Lexikon der Thierärzte aller Zeiten und Länder (1863, Nachdr. 1967). S c h r ä d e r , Hans, eigentl. Johann Hermann S., Archäologe, * 15.2. 1869 Stolp (Pommern), t 5. 11. 1948 Berlin. S., Sohn eines Kreisgerichtsrats, studierte Klassische Philologie und Geschichte an der Univ. Marburg, seit 1888 Altertumswissenschaft an der Univ. Berlin und wurde 1893 zum Dr. phil. promoviert. Als Stipendiat des Deutschen Archäologischen Instituts wirkte er bei der Bearbeitung der Skulpturen der Akropolis in Athen mit; zusammen mit Theodor —> Wiegand führte er die Ausgrabungen in Priene (Kleinasien) durch (Priene. Ergebnisse der Ausgrabungen und Untersuchungen in den Jahren 1895-1898, 1904). Nach Tätigkeiten am Preußischen Antikenmuseum in Berlin und am Deutschen Archäologischen Institut in Athen wurde S. 1905 o.Prof. der Klassischen Archäologie in Innsbruck, 1908 in Graz und 1910 Wien. 1914 ging er an die Univ. Frankfurt/ Main, an der er das Institut für Archäologie aufbaute und bis zu seiner Emeritierung 1931 wirkte. S. veröffentlichte u. a. Die Opferstätte des pergamenischen Altars (1899), Archaische Marmor-Skulpturen im Akropolis-Museum zu Athen (1909) und Die archaischen Mamorbildwerke der Akropolis (1939, Nachdr. 1969). DD N D B S c h r ä d e r , Heinrich Adolph, Botaniker, * 1 . 1 . 1 7 6 7 Alfeld/Leine, f 22. 10. 1836 Göttingen. S., Sohn eines Konsistoriumssekretärs, studierte Medizin an der Univ. Göttingen, wurde 1795 promoviert und 1797 zum Medizinalrat in Hildesheim ernannt. Im selben Jahr habilitierte er sich, lehrte dann als Privatdozent, seit 1803 als a . o . P r o f . an der Medizinischen Fakultät der Univ. Göttingen und übernahm zugleich die Leitung des Botanischen Gartens. 1809 wurde S. o. Prof. der Botanik, 1811 auch Direktor des ökonomischen Gartens. 1820 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. S. verfaßte zahlreiche, häufig unvollendete Werke zur systematischen Botanik (u. a. Flora germanica, 1806; Systematische Sammlung kryptogamischer Gewächse (2 Lfg., 1796-97) und war Herausgeber des „(Neuen) Journals für die Botanik" (1799-1803 und 1806-10). c d ADB S c h r ä d e r von Schliestedt, Heinrich Bernhard, Staatsmann, * 3.10. 1706 Braunschweig, t 19 7 . 1 7 7 3 Küblingen. S., Sproß einer angesehenen, wohlhabenden Bürgerfamilie, studierte Rechtswissenschaft, unternahm 1729 eine Bildungsreise nach Holland und England und wurde 1733 Sekretär des späteren Herzogs —>Karl I. von BraunschweigLüneburg in Wolfenbüttel. Nach Karls Regierungsantritt zählte er zu dessen engstem Beraterkreis, war seit 1754
Staatsminister und Wirklicher Geheimer Rat und seit 1770 Präsident der Kammer des Kriegsrats und des KlosterKollegs. S. war an der Gründung der Porzellanmanufaktur in Fürstenberg/Weser (1746) und der Durchführung von Reformen im Sozial- und Bildungsbereich beteiligt. Gegen Ende seiner Amtszeit wurde er für die Finanzprobleme des Herzogtums nach dem Siebenjährigen Krieg verantwortlich gemacht und wegen der daraufhin ergriffenen Sparmaßnahmen (u.a. von —>Lessing) heftig kritisiert. S. wurde 1736 durch den Kaiser nobilitiert. CD A D B S c h r ä d e r , Heinrich Eduard Siegfried, Jurist, * 31.3. 1779 Hildesheim, t 16.8. 1860 Tübingen. Nach dem Studium der Theologie und Rechtswissenschaft wurde S. 1803 an der Univ. Göttingen zum Dr. jur. promoviert und habilitierte sich im selben Jahr. 1804 erhielt er eine a. o. Professur an der Univ. Helmstedt, wurde 1808 zum Dr. phil. promoviert und zum o.Prof. ernannt. Nach der Auflösung der Univ. Helmstedt 1809 lehrte S. an der Univ. Marburg und folgte 1810 einem Ruf auf den Lehrstuhl für Römisches Recht der Univ. Tübingen. 1813-17 war er Obertribunalrat. S., der erste und lange Zeit einzige Vertreter der historischen Rechtsschule in Tübingen, war Lehrer u.a. von Carl Georg von —> Wächter und Robert von —>Mohl. Sein Versuch einer neuen Handausgabe des Justinianischen Gesetzbuches scheiterte; das von ihm zusammengetragene umfangreiche Material blieb unveröffentlicht. CD A D B S c h r ä d e r , (Johanne Juliane) Henriette, geb. Breymann, genannt Schrader-Breymann, Pädagogin, * 14.9. 1827 Mahlum bei Braunschweig, t 2 5 . 8 . 1 8 9 9 Schlachtensee (heute zu Berlin). Die Pastorentochter wurde seit 1848 bei ihrem Großonkel, dem Pädagogen Friedrich —>Fröbel, in Keilhau (Thüringen) ausgebildet und gründete 1854 nach den Grundsätzen Fröbels in Watzum eine Erziehungsanstalt für Mädchen, die 1864 nach Wolfenbüttel verlegt wurde. 1872 ging S. mit ihrem Mann, dem Juristen und Politiker Karl —> S., nach Berlin und gründete den „Berliner Verein für Volkskindergarten und Volkserziehung" und das „Pestalozzi-Fröbel-Haus" (1874), das u.a. einen Kindergarten, schulische Einrichtungen, ein Seminar zur Ausbildung von Kindergärtnerinnen und Erzieherinnen sowie eine Koch- und Haushaltsschule umfaßte. S.s Erziehungs- und Bildungskonzept für Frauen stellte praktische und soziale Kompetenz in den Vordergrund. Sie schrieb Zur Frauenfrage (1865), Die Grundzüge der Ideen F. Fröbels (1872), Der Volkskindergarten (1885) und Häusliche Beschäftigung und Gartenarbeit als Erziehungsmittel (1893). DP N D B S c h r ä d e r , Johann Gottlieb Friedrich, Physiker, * 17.9. 1763 Salzdahlum (heute zu Wolfenbüttel), t 1832 oder 1833 wahrscheinlich St. Petersburg. Nach dem Studium der Naturlehre, Chemie und Physik in Kiel und Göttingen wurde S., Sohn eines Bergfachmanns, 1790 in Kiel promoviert (Beschreibung einer neuen und vollkommenen Einrichtung der Luftpumpe), war dort seit 1792 a . o . P r o f . der Physik und Mathematik und wurde 1798 Aufseher und Opticus der physikalischen Sammlung der Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg. 1806-17 war er Gehilfe des Prof. der Physik am dortigen Pädagogischen Institut. S. entwickelte mehrere optische Instrumente, darunter ein sechsundzwanzigfüßiges Spiegelteleskop. Er veröffentlichte u.a. Versuch einer neuen Theorie der Elektricitaet, welche auf Grundsäzen des neuen Systems der Chemie beruhe (1796) und einen Grundriß der ExperimentalNaturlehre (1797), der 1804 von Ludwig Wilhelm - ^ G i l b e r t neu bearbeitet wurde. c d NDB
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Schräder Schräder,
(Anna Wilhelmine) Julie, verh. Niewerth, Schriftstellerin, * 9 . 1 2 . 1 8 8 1 Hannover, t 17. 11. 1939 Oelerse (heute zu Edemissen, Landkreis Peine). Obgleich S. tatsächlich gelebt hat und als Magd, Vorleserin und H a u s d a m e tätig war, sind alle anderen Daten zu ihrem Leben und literarischen Werk größtenteils die Erfindung ihres Großneffen Berndt W. —»Wessling, der seit 1968 als Herausgeber ihrer Werke auftrat. S. war angeblich Haus- und „konsularische Anstandsdame" in großbürgerlichen Familien in Norddeutschland und soll naiv-bekenntnishafte Gedichte, ein frivoles erotisches Tagebuch (Ich bin deine Pusteblume, 1971) und zwei Dramen ( u . a . die 1975 im Werkraumtheater der Münchner Kammerspiele uraufgeführte K o m ö d i e Genoveva oder: Die weiße Hirschkuh) geschrieben haben. Mittlerweile gilt als gesichert, daß sowohl das Werk als auch die Beziehungen zu kulturellen Größen der wilhelminischen Zeit fiktiv sind. Als authentisch gelten nur einige ihrer Briefe. S. starb durch Selbstmord. c d Killy
Schräder,
Karl (Wilhelm Franz Gabriel), Jurist, Politiker, * 4 . 4 . 1834 Wolfenbüttel, t 4 . 5 . 1913 Berlin. S., Sohn eines Arztes, studierte 1853-56 Rechts- und Staatswissenschaften in Güttingen und Berlin, gehörte seit 1861 der Braunschweiger Generaldirektion der Eisenbahnen an und war zugleich Justitiar der Kaiserlichen Oberpostdirektion. 1872-83 war er Mitglied des Direktoriums der BerlinAnhaltischen Eisenbahn. 1881-93 und 1898-1912 gehörte S. dem Reichstag an, zunächst für die Liberale Vereinigung, seit 1884 für die Deutsch-freisinnige Partei und seit 1893 für die Freisinnige Vereinigung. Er war seit 1905 Präsident des von ihm gegründeten Deutschen Protestantenvereins und gehörte 1895-1913 d e m Aufsichtsrat der Deutschen Bank an. S. war mit Henriette - > S . verheiratet. c n NDB
Schräder,
Otto, Indogermanist, Altertumskundler, * 2 8 . 3 . 1855 Weimar, t 2 1 . 3 . 1 9 1 9 Breslau. Nach dem Studium an den Universitäten Jena und Leipzig zum Dr. phil. promoviert, war S„ Sohn eines Ministerialrats, seit 1878 Gymnasiallehrer in Jena und habilitierte sich dort 1887. Nach Studienaufenthalten in Rußland (1902 und 1 9 0 7 / 0 8 ) wurde er 1909 o. Prof. der vergleichenden Sprachwissenschaft an der Univ. Breslau. S. erforschte vor allem die sprachlichen Ausdrucksformen kultureller Erscheinungen, insbesondere der Kultur der Indogermanen, durch eine Verbindung von Methoden der Sprachwissenschaft, der Vorund Frühgeschichte sowie der Volkskunde. Er veröffentlichte u . a . Sprachvergleichung und Urgeschichte (1883, 3 1907 in 3 Bdn., Nachdr. 1980) und Die Indogermanen (1911) und gab das Reallexikon der indogermanischen Altertumskunde (1901, 2 1917-29 in 2 Bänden, hrsg. von Alfons - ^ N e h r i n g ) heraus. m NDB
Schräder,
Paul Gerhard (Heinrich), Chemiker, * 2 5 . 2 . 1903 Bortfeld (heute zu Wendeburg, Niedersachsen), t 10.4. 1990 Wuppertal. S., Sohn eines Kantors und Lehrers, Schloß das Studium der C h e m i e in Braunschweig 1928 mit der Promotion zum Dr.-Ing. ab (Zur Chemie des Rutheniums und Osmiums) und trat in die Farbwerke Bayer in Leverkusen ein. 1930 ins Hauptlabor versetzt, arbeitete er vorwiegend über NaphtholFarbstoffe und erforschte seit 1934 Schädlingsbekämpfungsmittel, besonders Phosphorsäureester. 1936 erlitt er bei Versuchen mit d e m später als K a m p f g a s bekannten Tabun schwere Vergiftungen. S. erforschte auch andere Gifte, u . a . Sarin (1938) und Blandan (1942). 1945 vorübergehend in amerikanischer Gefangenschaft, wurde Anklage gegen ihn erhoben, später jedoch fallen gelassen. S. legte seine Forschungsergebnisse u . a . in Die Entwicklung neuer insektizider Phosphorsäure-Ester (1951, 31963) dar. 1952 wurde das von ihm entwickelte Schädlingsbekämpfungsmittel Systox erfolgreich auf den Markt gebracht. c n NDB
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Schräder,
Wilhelm, Pädagoge, * 5. 8 . 1 8 1 7 Harbke bei Helmstedt, t 2 . 1 1 . 1 9 0 7 Halle/Saale. S., Sohn eines Landschullehrers, studierte in Berlin und Halle Klassische Philologie und Philosophie und wurde 1843 zum Dr. phil. promoviert. Er war Lehrer in Berlin und Brandenburg und 1 8 4 8 / 4 9 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung. 1853 wurde er Direktor des G y m n a s i u m s in Sorau, 1856 Provinzialschulrat in Königsberg und 1883 Kurator der Univ. Halle. S. schrieb eine Erziehungsund Unterrichtslehre für Gymnasien (1868, 5 1893), Die Verfassung der höheren Schulen (1879, 3 1889) und Geschichte der Friedrichs-Universität zu Halle (2 Bde., 1894). Auch gab er die 2. Auflage der Encyklopädie des gesamten Erziehungsund Unterrichtswesens von Karl Adolf Schmid vom 7. Band an heraus, wovon der letzte (10.) Band 1887 erschien. Seine Autobiographie veröffentlichte S. unter d e m Titel Erfahrungen und Bekenntnisse (1900). CD Altpreuß Biogr, Bd 2
Schräder,
Wilhelm, Schriftsteller, * 12. 1.1848 Neuenstein bei Öhringen (Württemberg), t 3 1 . 1 0 . 1914 Ulm. Nach d e m Studium der Staats- und Finanzwissenschaft an der Univ. Tübingen trat S. in den württembergischen Staatsdienst ein und war von Mitte der achtziger Jahre bis 1896 als Rechnungsrat in Friedrichshafen, danach in Ulm tätig. Später stand er dem dortigen Hauptzollamt vor. S. schrieb heitere Erzählungen und Gedichte in hohenlohischer Mundart. Mit d e m Sammelband Bamm alte Gäwele (1895, Neuaufl. 1936) wurde er einem breiteren Leserpublikum in Württemberg bekannt. tri D L L Nik(o)laus, Chronist, t u m 1531 Luzern. S., ein gebürtiger Schwabe, war seit 1488 Kanzleigehilfe in Luzern und erhielt 1505 das Bürgerrecht. 1531 ist er als Gastwirt bezeugt. S. ist der Verfasser einer Reimchronik über den Krieg der Eidgenossen gegen Kaiser —> Maximilian I. und den Schwäbischen Bund von 1499. Sie erschien 1500 als erstes historiographisches Werk der Schweiz im Druck und stellt ein aufschlußreiches Zeugnis des eidgenössischen Geschichts- und Selbstbewußtseins dar. CD VL
Schradin,
Schräder, (Heinrich) Theodor (Elisabeth), Biologe, Limnologe, * 6 . 6 . 1904 Münster (Westfalen), t 16.7. 1975 Ilmwerk Dörnfeld bei Stadtilm. Der Kaufmannssohn studierte seit 1922 in Münster und M ü n c h e n Naturwissenschaften und Zoologie, war seit 1925 Assistent in Münster und wurde 1927 zum Dr. phil. promoviert (Das Hypopygium „circumversum" von Calliophora erythrocephala). Anschließend an der Preuß. Landesanstalt f ü r Fischerei in Berlin tätig, wurde S. 1934 LandesfischereiSachverständiger für Thüringen in Weimar. Nach Kriegsteiln a h m e (seit 1944) und Gefangenschaft war er seit 1950 Fischereibiologe der Fischwirtschaftsgenossenschaft Thüringen in Weimar, seit 1953 Assistent am Ernst-Haeckel-Haus der Univ. Jena, übernahm dort die Leitung der hydrobiologischen Abteilung und erhielt 1954 einen Lehrauftrag. 1958 habilitiert (Beiträge zur Limnologie und Abwasserbiologie der Saaletalsperren), wurde er 1959 Dozent für Zoologie in Jena und Leiter der Forschungsstelle f ü r Limnologie (Akademie der Wissenschaften) in Jena und Neuglobsow, deren Direktor er seit 1961 war. S. hatte großen Anteil an der Entwicklung einer Fließgewässerbiologie und Limnologie der Talsperren. 1962 begründete er die Schriftenreihe „Limnologica". c d NDB Schraffl, Joseph,
österr. Politiker, * 1 3 . 6 . 1 8 5 5 Sillian (Tirol), t 1 1 . 1 . 1 9 2 2 Innsbruck. Der Sohn eines Gastwirts und K a u f m a n n s übernahm 1874 die väterlichen Unternehmungen und betätigte sich seit 1887 als Landwirt. Seit 1884 Bürgermeister von Sillian, wurde er 1897 in den Tiroler Landtag gewählt und war im folgen-
Schräm den Jahr Mitbegründer der u . a . von Aemilian —»Schoepfer geförderten Christlichsozialen Partei Tirols, die seit 1908 die bestimmende politische Kraft in Tirol war. 1902-20 gab S. die „Tiroler Bauernzeitung" heraus; seit 1904 war er Obmann des Tiroler Bauernbundes. Von 1901 an war er Abgeordneter im österr. Reichsrat, 1917-21 Landeshauptmann von Tirol, 1918 Präsident des Tiroler Nationalrats sowie 1920-22 Mitglied des Bundesrats. 1918 wurde S. O b m a n n der aus Christlichsozialer und Katholisch-konservativer Partei entstandenen Tiroler Volkspartei. Cd Ö B L S c h r a f l , Anton, österr. Ingenieur, * 2 7 . 1 . 1841 Bozen, t 2 8 . 4 . 1916 Luzern. Nach dem Besuch der Polytechnischen Schule in Karlsruhe trat S. als Eisenbahningenieur in den badischen Staatsdienst ein und wurde 1872 von Robert - » G e r w i g zum Bau der tessinischen Talbahnen nach Bellinzona geholt. 1882-90 war er als Bahningenieur der Gotthardbahn bzw. als Oberingenieur in Luzern tätig, gehörte seit 1902 der Direktion der Gotthardbahn an und war 1 9 0 8 / 0 9 deren Vizepräsident. Unter seiner Leitung entstanden das zweite Gleis der Gotthardbahn (1887) sowie die Strecken Zug-Arth-Goldau und Luzern-Immensee. S. veröffentlichte u . a . Beziehungen zwischen Eisenbahn und Automobil (1927). • O Schweizer Pioniere, Bd 77
Schräm,
August, österr. Industrieller, * 1 1 . 8 . 1 8 4 3 Falkenau (Böhmen), t 5 . 8 . 1891 Marienbad (Böhmen). S., Bruder Adolf —»S.S., gründete 1868 in Prag die Firma „A. S c h r ä m " und baute diese innerhalb von zwei Jahrzehnten zu einem bedeutenden Großunternehmen der chemischen Industrie auf. Als Generalvertreter der Dynamit Nobel A G , Hamburg, für B ö h m e n führte er die Nobelschen Dynamite in Österreich ein und war maßgeblich an der Errichtung der ersten österr. Dynamitfabrik in Z ä m k y bei Prag beteiligt. In der 1871 gebauten Düngemittelfabrik in Lissek bei Rostock wurden erstmals Abfallprodukte der Nitroglycerinherstellung zur Erzeugung von Kunstdünger verwendet. •3
Schräm,
Franz (Leopold Matthias), österr. Lyriker, * 14.8. 1758 Wien, t 3. 1. 1834 Graz. S. reiste nach d e m frühen Tod seines Vaters, eines Bediensteten, als Begleiter junger Männer aus vornehmen Familien nach Paris (1775) und London (1778) und hielt sich 1786 in Bern, danach in Italien und Wien auf. Vermutlich seit 1789 lebte er in Graz, w o er von Johann Kalchegger von Kalchberg gefördert wurde. S. schrieb u. a. Gelegenheitsgedichte zu privaten und dynastischen Anlässen sowie erotische Poesie. Das Gedicht Seiner unehelichen Tochter zum Geburtstage (1787, veröffentlicht in Gedichte, 1792) gilt als sozialgeschichtlich bemerkenswertes dichterisches Dokument. m
Schräg,
Martha, Malerin, Graphikerin, * 2 9 . 8 . 1870 Borna bei Leipzig, t 10.2. 1957 Chemnitz. S. studierte 1898-1904 u . a . bei Wilhelm Claudius und Robert —> Sterl in Dresden und bildete sich 1908 bei Albert —> Weisgerber an der M ü n c h n e r Malschule f ü r D a m e n aus. 1907 Mitbegründerin der Künstlergruppe Chemnitz, wandte sie sich nach impressionistischen Anfängen seit etwa 1914 expressiven Formen zu. S. malte vor allem Landschaften (u. a. Landschaft aus Dunen, 1912; Erzgebirgslandschaft mit Bauer und Kuh, 1931) und Stilleben. In der Graphik herrschten soziale Themen und Arbeitsmotive vor. DP Lex Kunst S c h r ä m , Adolf, österr. Industrieller, * 2 3 . 9 . 1848 Falkenau (Böhmen), t 2 6 . 4 . 1927 Prag. Nach d e m Besuch der Technischen Hochschulen in Wien und Prag (1866-69) und einer Tätigkeit in einem Chemieunternehmen in K r a l u p / M o l d a u trat S., Sohn eines Kaufmanns, 1875 als leitender Chemiker und technischer Berater in die von seinem Bruder August —> S. gegründete Firma ein und trug durch seine Mitarbeit an der Errichtung großer Schwefelsäure· und Kunstdüngerfabriken maßgeblich zur Expansion des Unternehmens bei. Seit 1892 leitete S. das Unternehmen als alleiniger Inhaber. S. hatte zahlreiche Funktionen und Ehrenämter im Wirtschaftsleben B ö h m e n s inne; seit 1878 war er Mitglied, später Präsident der Österreichischen Gesellschaft zur Förderung der chemischen Industrie. D3 Ö B L
Schräm,
Alois Hans, österr. Maler, * 2 0 . 8 . 1 8 6 4 Wien, t 8 . 4 . 1919 Wien. Der Sohn eines Postrats studierte 1879-88 an der Wiener Akademie der bildenden Künste und hielt sich zu Studienzwecken u . a . in R o m ( 1 8 8 9 / 9 0 ) , den Niederlanden ( 1 8 9 3 / 9 4 ) , Frankreich (1893, 1899) und im Vorderen Orient auf. Seit Mitte der neunziger Jahre lebte er als Porträtist in Wien und war daneben als Dekorationsmaler ( u . a . für das Palais Vivante in Triest und das Justizgebäude in Salzburg) tätig. S. zählt zu den bedeutenden Repräsentanten der Spätphase des Neobarock in Östenreich. 1915 schuf er die Deckengemälde im Festsaal der Neuen H o f b u r g in Wien. S. beteiligte sich an zahlreichen Ausstellungen und wurde für sein Werk mehrfach ausgezeichnet. Seit 1917 führte er den Titel eines Professors. CD Ö B L
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Schräm,
Karl (Friedrich), auch Schramm, urspr. Koppelmann Schramm, österr. Schriftsteller, Journalist, * 12.6. 1827 Raudnitz (Böhmen), t 2 6 . 6 . 1905 Wien. S. studierte in Prag und Leipzig Philosophie, Geschichte und Literatur und war u . a . als Theaterkritiker für den „Humorist" und als Romanautor für mehrere Zeitungen und Zeitschriften (u. a. „Presse", „Neues Wiener Tagblatt") tätig. Er schrieb vorwiegend historische Unterhaltungsromane mit patriotischer und sittlich belehrender Zielsetzung. Zu erwähnen ist insbesondere sein R o m a n Der Kampf um den Namen (1870), eine humorvolle Intrigengeschichte aus der Zeit -> Metternichs. t u ÖBL
Schräm,
Robert Gustav, österr. Astronom, Geodät, * 18. 1. 1850 Lemberg, t 23. 12. 1923 Wien. Nach dem Studium der Astronomie, Physik, Mathematik, Psychologie, Philosophie und Alten Geschichte an der Univ. Wien wurde S., Sohn eines Juristen, 1872 Assistent, 1874 Observator am Österreichischen GradmessungsBureau und wirkte 1873-84 an zehn von dieser Einrichtung vorgenommenen Längenbestimmungen (u.a. Krakau-Wien und Lemberg-Czernowitz) mit. 1887 wurde er als Nachfolger Theodor von —»Oppolzers Leiter des Österreichischen Gradmessungs-Bureaus und blieb bis zu seiner Pensionierung 1917 in dieser Stellung. 1884 zum Dr. phil. promoviert, habilitierte sich S. im selben Jahr für astronomische Chronologie und lehrte seit 1885 als Privatdozent an der Univ. Wien. 1887 wurde S. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . Aus seinem umfangreichen wissenschaftlichen Werk sind vor allem seine Hilfstafeln für Chronologie (1882) und seine Arbeiten zur Theorie und Berechnung der Sonnenfinsternisse zu nennen; 1908 erschienen seine Kalendariographischen und chronologischen Tafeln. S. war Ehrenmitglied der American Metrological Society in N e w York. Besondere Verdienste erwarb er sich 1885-93 durch seinen publizistischen Einsatz f ü r die Durchsetzung der Zonenzeit. cd ÖBL
Schräm,
Stephan, auch Schramm, österr. Kapellmeister, * 26. 12. 1821 St. Michael im Lungau (Salzburg), t 14.(11.) 11.1874 Cork (Irland). S., Sohn eines Schuhmachermeisters, bildete sich hauptsächlich als Autodidakt zum Musiker aus, wurde 1841 Oboist
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Schräm bei der österr. A r m e e und war 1851-68 als Kapellmeister bei zwei Regimentern tätig. 1869 wurde er Kapellmeister der First K i n g ' s Dragoon Guards in England und 1870 mit seinem Regiment nach Irland verlegt. S., der alle Blasinstrumente beherrschte, arrangierte Werke u. a. von —> Mozart, —>Haydn, —>Beethoven und —»Schubert für Blasmusik, komponierte aber auch selbst Tanzmusik f ü r Streichorchester. m ÖBL S c h r ä m , Wilhelm Karl, auch Schramm, österr. Bibliothekar, Schriftsteller, * 2 4 . 4 . 1 8 5 0 Troppau, t 12. 12.1925 Brünn. Der Sohn eines Beamten studierte 1869-72 und 1 8 7 4 / 7 5 Geschichte, Klassische Philologie und Germanistik an der Univ. Wien und wurde 1885 an der Univ. Graz zum Dr. phil. promoviert. 1884 trat er in den Dienst des Franzensmuseums in Brünn, w o er 1895 Kustos, 1899 Bibliothekar und 1909 Direktor der ursprünglich mit d e m M u s e u m verbundenen Mährischen Landesbibliothek wurde. S., der 1886-95 als Schriftführer des Deutschen Vereins für die Geschichte Mährens und Schlesiens fungierte, verfaßte zahlreiche Abhandlungen zur Geschichte und Kunstgeschichte Mährens sowie ein Lehrbuch zur Mnemonik (1880, 2 1910). Er war Herausgeber der „Bilder aus mährischer Vergangenheit" und des „Mährischen Magazins für Biographie und Kulturgeschichte". CD Ö B L
Schrameier,
(Ludwig) Wilhelm, Diplomat, Verwaltungsbeamter, * 2 . 1 0 . 1 8 5 9 Essen, t 6. 1. 1926 Kanton (China). S., Sohn eines Geometers, studierte in Bonn, Leipzig und Berlin Theologie, Philologie und Jura und wurde 1881 an der Univ. Leipzig mit der Dissertation Über den Fatalismus der vorislamischen Araber promoviert. Nach längerem A u f enthalt in England und Frankreich wurde er 1885 Dolmetschereleve an der Deutschen Gesandtschaft in Peking und 1890 Dolmetscher beim Konsulat in Kanton. 1895 zum Generalkonsul in Shanghai ernannt, versah S. 1897-1900 die Stelle des Zivilkommissars von Kiautschou, wo er mit der gegen Spekulationsgewinne gerichteten Bodenordnung von Tsingtau (1898) die Grundlage f ü r Kiautschous wirtschaftliche Entwicklung schuf, und übernahm anschließend die Geschäfte des Kommissars für chinesische Angelegenheiten. 1905 wurde ihm der Titel eines Wirklichen AdmiralitätsRats verliehen. 1910 aus d e m Reichsdienst ausgeschieden, ging er 1924 zur Erarbeitung eines Bodensteuergesetzes nach Kanton, wo er bei einer Rikschafahrt tödlich verunglückte. S. veröffentlichte u . a . Die deutsche Bodenreform-Bewegung (1912) und Aus Kiautschous Verwaltung (1914).
Schramek,
Max(imilian), österr. Dermatologe, Radiologe, * 2 8 . 2 . 1 8 7 9 Wien, t 1 9 . 2 . 1 9 1 7 Wien. Der Sohn eines Kohlenhändlers studierte seit 1897 Medizin an der Univ. Wien und arbeitete nach der Promotion (1903) am Wiener Allgemeinen Krankenhaus. Seit 1907 wirkte er dort an der Klinik für Dermatologie und Syphilis und nach einem Studienaufenthalt bei Marie Curie in Paris (1910) seit 1912 auch an der neueingerichteten Radiumstation. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde S. als Militärarzt eingesetzt, jedoch bereits 1915 infolge einer schweren Erkrankung beurlaubt. Kurz vor seinem Tod wurde ihm die Dozentur verliehen. S. verfaßte gemeinsam mit Leopold —> Arzt die Studie Zur intratumoralen Radiumbestrahlung maligner Geschwülste (1914) und trug durch seine Forschungen über Pilzerkrankungen wesentlich zur Verbesserung der Frühdiagnose und Therapie der Mikrosporie bei (Lieber Mikrosporie, 1910). c n ÖBL
Lehrkanzel für Eisen-, Metall- und SudhUttenkunde an der Montanistischen Hochschule in Pribram (Böhmen), wo er sich 1906 für die Verarbeitung der Metalle habilitierte. 1907 wurde er zum a. o.Prof. der allgemeinen Metall- und Sudhüttenkunde (1920 der Feuerungs-, Metallhütten- und Salinenkunde) an der Montanistischen Hochschule Leoben und 1911 zum o . P r o f . ernannt; 1920/21, 1 9 2 1 / 2 2 und 1 9 2 9 / 3 0 war er Rektor. S. arbeitete vornehmlich auf d e m Gebiet der Feuerungskunde und der Wärmetechnik. Seine Erkenntnisse über die Bedingungen des Wärmeübergangs erlangten in den Zeiten der Brennstoffknappheit während des Ersten Weltkriegs und danach besondere Bedeutung. S. schrieb u. a. Zur sparsamen Verwendung der Kohle in industriellen Betrieben (1917). CD Ö B L
Schramm,
(Johann) Albert, Buch- und Schriftwissenschaftler, * 5. 8 . 1 8 8 0 Sindelfingen (Württemberg), t 2 6 . 1 0 . 1937 Tübingen. S. studierte Theologie und Orientalische Philologie an der Univ. Tübingen, war 1 9 0 3 / 0 4 als Hilfsgeistlicher tätig und wurde 1904 mit der Dissertation Die palästinensischen Ortsnamen im Alten Testament promoviert. 1904 wurde er Mitarbeiter des Stenographischen Landesamtes in Dresden, 1913 Direktor des Deutschen B u c h g e w e r b e m u s e u m s in Leipzig, 1918 Direktor des M u s e u m s für Buch und Schrift. 1915 begründete S. die Deutsche Bibliothekarsschule und leitete diese anfangs nebenamtlich, seit 1929 hauptamtlich. Seit 1915 war er Honorarprofessor an der Univ. Leipzig und seit 1917 Dozent an der Frauenhochschule Leipzig. S. war Gründer und erster Leiter des sächsischen Esperanto-Instituts. Er gab u . a . die „Zeitschrift des Deutschen Vereins für Buchwesen und Schrifttum", das „Taschenbuch für B ü c h e r f r e u n d e " und das „Taschenbuch für Exlibris-Sammler" heraus. S. veröffentlichte u . a . Deutsches Notgeld 1914-1919 (2 Bde., 1918-20), Der Bilderschmuck der Frühdrucke (20 Bde., 1921-36. Fortgeführt von der Kommission für den Gesamtkatalog der Wiegendrucke, Bd. 21-23, 1938-43. Nachdr. 1981-90), Schreib- und Buchwesen einst und jetzt (1922), Das Deutsche Buchmuseum zu Leipzig (1925), Deutschlands Verlagsbuchhandel, 1925) und Deutsche Kurzschrift (1936). DP Habermann 1
Schramm,
Anna, verh. Bürgler, österr. Schauspielerin, Sängerin, * 8.4. 1835 Reichenberg (Böhmen), t 1.6. 1916 Steglitz (heute zu Berlin). S. stammte aus einer Schauspielerfamilie und stand 1841 in Nürnberg erstmals auf der Bühne. Nach einer Ausbildung bei Roderich —»Benedix in Köln und Franz —> Abt in Braunschweig und Engagements an verschiedenen Bühnen wurde sie 1858 an das Thalia-Theater in Hamburg verpflichtet, von wo sie Franz —> Wallner 1861 an sein Theater in Berlin holte. 1867 wechselte S. an das Friedrich-Wilhelmstädtische Theater und gastierte seit 1870 in zahlreichen Städten. Nach ihrer Heirat mit d e m sächsischen Fabrikanten Ferdinand Conrad Bügler unterbrach sie ihre schauspielerische Laufbahn, kehrte jedoch nach der Scheidung (1882) auf die Bühne zurück. Seit 1888 war S. Ensemblemitglied des WallnerTheaters; 1891-1914 gehörte sie dem Kgl. Schauspiel in Berlin an. S. war eine bedeutende Soubrette und feierte sowohl in Possen als auch in Operetten Jacques —»Offenbachs (u. a. als Pauline in Pariser Leben) Erfolge. In späteren Jahren wechselte sie in das Fach der komischen Alten, spielte aber auch klassische und Mütterrollen. Eine ihrer bekanntesten Partien war die Hökerin Hanne in Karl N i e m a n n s Wie die Alten sungen. CD Ö B L
Schramm,
Schraml,
Franz, österr. Montanist, * 14.8. 1874 Wallern (Böhmen), t 2 . 4 . 1 9 4 6 Graz. Nach d e m Studium des Hütten- und Bergwesens an der Bergakademie Leoben (1894-98) wurde S. A d j u n k t an der
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Dominicus, Benediktiner, Theologe, * 2 4 . 1 0 . 1723 Bamberg, f 2 1 . 9 . 1 7 9 7 Kloster Banz. S. trat 1743 in das Benediktinerkloster Banz ein und war dort, 1748 zum Priester geweiht, seit 1760 Prof. des Kirchenrechts, später auch der Philosophie und Theologie. 1782-87
Schramm w a r er Prior der A b t e i M i c h e l s b e r g bei B a m b e r g . S. erlangte als G e l e h r t e r auf d e n G e b i e t e n der D o g m a t i k , M y stik u n d des Kirchenrechts B e d e u t u n g . Er v e r f a ß t e u. a. ein Compendium theologiae dogmaticae, scholasticae et moralis (3 B d e . , 1768, 3 1 8 3 7 - 3 9 ) und Institutiones theologiae mysticae ( 1 7 7 4 , N e u a u f l . 1868). Sein u m f a n g r e i c h s t e s Werk ist Analysis operum SS. Patrum et scriptorum ecclesiasticorum (18 Bde., 1780-96), e i n e S a m m l u n g d e r W e r k e der V ä t e r und Schriftsteller der ersten christlichen J a h r h u n d e r t e . m BBKL
und w i d m e t e sich nach der P r o m o t i o n z u m Dr. j u r . a u f g r u n d einer Arbeit ü b e r T h e a t e r r e c h t (1922) ausschließlich d e m T h e a t e r . N a c h E n g a g e m e n t s a m Stadttheater in B r e s lau und an der O p e r in D u i s b u r g w a r er 1 9 2 6 - 3 4 O b e r r e gisseur in D ü s s e l d o r f . 1934 e m i g r i e r t e S. n a c h Basel und n a c h kurzer Tätigkeit a m D e u t s c h e n T h e a t e r in P r a g 1939 nach F r a n k r e i c h . 1950-53 und 1963-68 w a r er Direktor des B a s l e r Stadttheaters, d a z w i s c h e n G e n e r a l i n t e n d a n t d e s hessischen Staatstheaters in W i e s b a d e n , w o er sich u m d i e M a i festspiele verdient machte. m Schweiz Theater
Schramm,
Schramm,
E d m u n d , R o m a n i s t , * 1 7 . 5 . 1902 W ü r z b u r g , t 2 8 . 5 . 1975 M a i n z . S. studierte in M ü n c h e n , F r e i b u r g und W ü r z b u r g und w u r d e 1927 an der Univ. W ü r z b u r g z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t . Seit 1926 w a r er A s s i s t e n t bei der D e u t s c h e n W i s s e n s c h a f t l i c h e n Vermittlungsstelle in M a d r i d , seit 1929 S t u d i e n r a t an der dortigen D e u t s c h e n Oberrealschule. 1932 habilitierte sich S. f ü r R o m a n i s c h e P h i l o l o g i e an der U n i v . G r e i f s w a l d , w o er 1938 a. o. Prof. w u r d e . 1946 g i n g er als o. Prof. an d i e U n i v . M a i n z . S. w a r B e g r ü n d e r und R e k t o r der Staatlichen Dolm e t s c h e r h o c h s c h u l e G e r m e r s h e i m ( 1 9 4 6 - 4 9 ) s o w i e Direktor d e s A u s l a n d s - und D o l m e t s c h e r i n s t i t u t s der U n i v . M a i n z in G e r m e r s h e i m . N e b e n Beiträgen zur s p a n i s c h e n und neueren f r a n z ö s i s c h e n G e i s t e s g e s c h i c h t e s o w i e zur s p a n i s c h e n Kulturpolitik schrieb er m e h r e r e B ü c h e r ü b e r J u a n D o n o s o C o r t e s (u. a. Donoso Cortes, Leben und Werk eines spanischen Antiliberalen, 1935).
Schramm,
E h r e n g a r d , g e b . von T h a d d e n , Schriftstellerin, Politikerin, * 5 . 1 0 . 1900 G r e i f e n b e r g ( P o m m e r n ) , t 3 0 . 6 . 1985 G ö t t i n g e n . S., S c h w e s t e r von R e i n o l d von —»Thadden-Trieglaff und Elisabeth von —»Thadden, w a r zu B e g i n n der z w a n z i g e r J a h r e Direktionssekretärin bei der H a m b u r g - A m e r i k a - L i n i e in H a m b u r g und studierte G e s c h i c h t e an der U n i v . Heidelberg. 1925 heiratete sie den Historiker Percy E r n s t - > S . , g a b ihr S t u d i u m auf und g i n g 1929 mit ihrem M a n n n a c h G ö t t i n g e n . N a c h d e m Z w e i t e n Weltkrieg politisch aktiv, w u r d e sie f ü r d i e F D P M i t g l i e d d e s Stadtrats von G ö t t i n g e n und d e s N i e d e r s ä c h s i s c h e n L a n d t a g s , w e c h s e l t e a u f g r u n d der L e o n a r d - S c h l ü t e r - A f f ä r e von der F D P zur S P D und g e h ö r t e 1966-68 e r n e u t d e m Stadtrat und 1959-67 d e m L a n d t a g an. S., die 1952 ein H i l f s w e r k f ü r g r i e c h i s c h e Waisen und O p fer der d e u t s c h e n B e s a t z u n g g r ü n d e t e , v e r ö f f e n t l i c h t e Griechenland und die großen Mächte 1913-1923 (1933), Griechenland und die Großmächte im Zweiten Weltkrieg (1955) und Ein Hilfswerk für Griechenland. Begegnungen und Erfahrungen mit Hinterbliebenen deutscher Gewalttaten der Jahre 1941-1944 ( p o s t u m 2 0 0 3 , hrsg. und erg. von Gottfried S c h r a m m und Irene Vasos). m Frauen L u t h e r t u m S c h r a m m , Friedrich, B i l d h a u e r , e r w ä h n t 1480-1515. S. w a r n a c h w e i s l i c h 1480-1515 als B i l d h a u e r in R a v e n s b u r g tätig, w o er als M e i s t e r d e s e h e m a l i g e n Hochaltars der Pfarrkirche u r k u n d l i c h b e z e u g t ist. Vermutlich g e h ö r t e zu d i e s e m Altar e i n e s p ä t g o t i s c h e S c h u t z m a n t e l m a d o n n a , d i e sich als h e r v o r r a g e n d e s Werk der d e u t s c h e n S p ä t g o t i k in der S k u l p turengalerie B e r l i n - D a h l e m befindet. S. w e r d e n a u ß e r d e m B i l d w e r k e in der P f a r r k i r c h e K a u f b e u r e n u n d in der D o m i n i k a n e r k i r c h e in B a d W i m p f e n z u g e s c h r i e b e n . Sein Stil läßt den E i n f l u ß der U l m e r und der o b e r r h e i n i s c h e n Plastik erkennen. ixi Th-B
Schramm,
Friedrich, T h e a t e r d i r e k t o r , * 26. 1 . 1 9 0 0 F r a n k f u r t / M a i n , t 25. 1. 1981 Basel. S., S o h n des S ä n g e r s H e r m a n n —»S. und einer S c h a u s p i e lerin, n a h m bereits w ä h r e n d seines J u r a s t u d i u m s in Frankf u r t / M a i n u n d H e i d e l b e r g ( 1 9 1 8 - 2 1 ) Schauspielunterricht, d e b ü t i e r t e 1921 a m H e s s i s c h e n L a n d e s t h e a t e r in D a r m s t a d t
G e r h a r d (Felix), B i o c h e m i k e r , * 2 7 . 6 . 1910 Y o k o h a m a (Japan), t 3 . 2 . 1969 T ü b i n g e n . S. Schloß das S t u d i u m 1936 in G ö t t i n g e n mit der P r o m o tion a b (Ueber die Synthese des I-Keto-7-oxy-l, 2, 3,4-tetrahydrophenanthrens) und w u r d e 1944 D o z e n t in Berlin, 1953 Prof. der B i o c h e m i e an der U n i v . T ü b i n g e n und 1956 Direktor des dortigen M a x - P l a n c k - I n s t i t u t s f ü r V i r u s f o r s c h u n g . Er b e s c h ä f t i g t e sich v o r allem mit E i w e i ß c h e m i e u n d Virusf o r s c h u n g . A m Beispiel des T a b a k m o s a i k v i r u s u n t e r s u c h t e er den A u f b a u und d e n V e r m e h r u n g s m e c h a n i s m u s von Viren; 1954 klärte er d i e S t r u k t u r dieses Virus und 1956 d i e in i h m e n t h a l t e n e n R i b o n u c l e i n s ä u r e n auf. Z u s a m m e n mit W o l f h a r d Weidel g e l a n g es ihm, d i e ersten e l e k t r o n e n m i k r o s k o p i s c h e n A u f n a h m e n v o m B e f a l l eines B a k t e r i u m s durch B a k t e r i o p h a g e n zu m a c h e n . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Die Biochemie der Viren (1954), Idee und Materie in der modernen Biologie (1963), Belebte Materie ( 1 9 6 5 ) und Baupläne des Lebens. Probleme und Ergebnisse der Biochemie (1971). 1959 w u r d e S. in d i e D e u t s c h e A k a d e m i e d e r N a t u r f o r s c h e r Leopoldina gewählt.
Schramm,
H a n n a , Schriftstellerin, * 7 . 4 . 1 8 9 6 Berlin, t 1 3 . 2 . 1978 Paris. S. war G e w e r b e o b e r l e h r e r i n an B e r u f s s c h u l e n f ü r arbeitslose M ä d c h e n in Berlin. 1934 a u s politischen G r ü n d e n entlassen, e m i g r i e r t e sie nach Paris, arbeitete a m S c h u l t p r o g r a m m des Verbandes d e u t s c h e r L e h r e r - E m i g r a n t e n mit und unterrichtete seit 1936 D e u t s c h in B e s a n g o n , w o sie 1938 verh a f t e t w u r d e . 1940 i m L a g e r G u r s interniert, 1941 entlassen, k e h r t e sie n a c h K r i e g s e n d e nach Paris zurück, arbeitete als Sekretärin b e i m U n i t e d Restitution O f f i c e und war d a n n schriftstellerisch u n d j o u r n a l i s t i s c h tätig. S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Verbond van dieren en kinderen ( 1 9 5 3 ) und Menschen in Gurs. Erinnergen an ein französischen Internierungslager (1940-1941) (1976, erw. A u s g . 1977). DP Wall 2
Schramm,
Hermann, Sänger, * 17.2.1871 Kossabude ( W e s t p r e u ß e n ) , f 1 1 . 1 2 . 1951 F r a n k f u r t / M a i n . D e r S o h n eines K a u f m a n n s hatte 1 8 9 5 / 9 6 ein erstes E n g a g e m e n t als lyrischer T e n o r in B r e s l a u , sang 1896-99 als T e n o r - B u f f o in K ö l n u n d w u r d e 1899 M i t g l i e d des F r a n k f u r t e r O p e r n e n s e m b l e s , d e m er bis zu s e i n e m w e g e n seiner j ü d i s c h e n H e r k u n f t e r z w u n g e n e n A b s c h i e d s angehörte. A u s s e i n e m R e p e r t o i r e von rund 2 5 0 Rollen ragten i n s b e s o n d e r e s e i n e Interpretation des D a v i d in den Meistersingern sowie heitere R o l l e n in —> M o z a r t - und —> L o r t z i n g - O p e r n heraus. 1920 g a b er in der U r a u f f ü h r u n g von F r a n z —»Schrekers O p e r Der Schatzgräber d e n Kanzler. S. g a b zahlreiche G a s t s p i e l e i m In- u n d A u s l a n d und trat seit 1898 bei den B a y r e u t h e r Festspielen auf. 1924 stiftete er d i e „ H e r m a n n S c h r a m m - K a s s e " zur U n t e r s t ü t z u n g b e d ü r f t i g e r B ü h n e n a n gehöriger. 1943 w a r S. v o r ü b e r g e h e n d inhaftiert. A n l ä ß l i c h seines 75. G e b u r t s t a g s trat er 1946 z u m letztenmal in seiner G l a n z r o l l e als Eisenstein in der Fledermaus auf. S. war der Vater d e s T h e a t e r d i r e k t o r s Friedrich —»S. t n Kutsch
Schramm,
Hieronymus, Kaufmann, * 7 . 7 . 1 7 0 1 Hamburg, t 3 0 . 4 . 1 7 5 1 H a m b u r g . D e r S o h n von J o b s t - > S . f ü h r t e d i e G e s c h ä f t e seines Vaters z u n ä c h s t als A l l e i n i n h a b e r fort, b a u t e d i e G e s c h ä f t s b e z i e -
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Schramm hungen nach Frankreich aus und erweiterte die Angebotspalette um Strümpfe, Borten und Litzen sowie um fertige Bekleidung. 1738 nahm er Peter Kerstens als stillen Teilhaber mit in das Geschäft, das sich fortan Schramm & Kerstens nannte. Im Jahr seines Todes trat S. das städtische Ehrenamt eines Provisors an. Da zum Zeitpunkt seines Todes noch keiner der S ö h n e volljährig war, führte zunächst die Witwe mit Hilfe von Peter Kerstens die Geschäfte weiter. S. war der Vater von Johann Gottfried —>S. S c h r a m m , Jobst, K a u f m a n n , * 28. 10.1655 Hameln, t 19.1. 1722 Hamburg. S. kam 1675 nach Hamburg und trat in die Tuchhandlung Matfeldt und Goldener ein. 1686 wechselte er zur Tuchund Seidenhandlung von Gebhard Lübcke, der auch Handel mit Skandinavien betrieb. Nach dreieinhalbjähriger Tätigkeit in Dänemark und Norwegen kehrte S. 1690 nach Hamburg zurück, wo er später eine Tuch- und Seidenwarenhandlung eröffnete. 1703 erwarb er das große Bürgerrecht. Bis zum Rezeß von 1712 engagierte er sich auch in der Stadtpolitik. S. war der Vater von Hieronymus - > S .
Schramm,
Johann Gottfried, K a u f m a n n , Bankier, * 1742 Hamburg, f März 1822 Hamburg. Nach einer Kontorausbildung und Lehraufenthalten in den Niederlanden, in England, Frankreich und Italien trat S. 1767 als Nachfolger seines Vaters Hieronymus —>S. bei Schramm & Kerstens ein und baute die bestehenden Geschäftszweige weiter aus. 1783 verlegte er den Firmensitz in ein größeres Haus, erwarb weitere Häuser und Grundstücke, trat in den Amerikahandel ein und wandte sich u m die Jahrhundertwende zunehmend Darlehensgeschäften zu. Nach Kerstens' Tod 1800 nahm er August Wilhelm Focke aus Leipzig als neuen Teilhaber in die Firma auf. S.s Engagement im Geldgeschäft war bei den Teilhabern umstritten und führte 1806 zur vorübergehenden Trennung dieses Geschäftszweigs vom Handelshaus. 1810 geriet die Firma aufgrund der Kontinentalsperre in Zahlungsschwierigkeiten. Seit 1814 gehörte S. d e m Oberaltenkolleg an.
Schramm, Johann Heinrich, österr. Maler, * 2 1 . 5 . 1810 Teschen (Österr.-Schlesien), f 7 . 3 . 1 8 6 5 Wien. Der Sohn eines Tischlermeisters studierte 1825-27 u . a . Blumen- und architektonisches Zeichnen am Polytechnischen Institut in Wien und 1 8 3 1 / 3 2 Historienzeichnung an der Wiener Akademie der bildenden Künste. Später bildete er sich als Autodidakt im Porträtieren aus. 1842 wurde er Prof. an der Kunstschule in Weimar und großherzoglicher Hofmaler. S. schuf zahlreiche Bleistift- und Aquarellporträts. Für sein geplantes Deutsches Album berühmter Zeitgenossen porträtierte er u . a . Joseph von —>Eichendorff, Friedrich —> R ü c k e n . Friedrich —> Dahlmann und Fürst - > Metternich. m
ÖBL
S c h r a m m , Josef, Geograph, * 14.10. 1919 Kula, t 1 8 . 3 . 2 0 0 1 Innsbruck. S. wurde nach dem Studium der Geographie in Innsbruck 1946 promoviert (Die Kulturlandschaftsgestaltung der Batschka), war 1956-57 Leiter des IFAN-Centre Cameroun und habilitierte sich 1968 in Salzburg. 1972 wurde er zum o. Prof. in Dakar ernannt und war zugleich Prof. am Institut für Geographie und Angewandte Geoinformatik in Salzburg. Seine Forschungen zur Geographie verschiedener Länder wurden vor allem von völkerkundlichen Methoden bestimmt. S., der seit 1970 die „Donauschwäbische Schriftenreihe" herausgab, veröffentlichte u . a . Chile (1947), Argentinien (1947), Geographie et Histoire du Cameroun (1953), Nordafrika (1960, 3 1974), Sozio-ökonomische Struktur der deutschen Bauern in Südosteuropa bis 45 (1969), Westafrika (1962, 3 1974), Zentralafrika (1971, 2 1973) und Frankophonie in der Karibik (1984).
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Schramm,
Karl, evang. Theologe, Schriftsteller, * 11.3. 1810 Hückeswagen (Bergisches Land), t 17.10. 1888 Nordhausen. S. studierte 1828-33 in Halle, Jena und Breslau Theologie und Philosophie und Schloß sich der Burschenschaftsbewegung an. Bereits kurz nach dem Antritt einer Stelle als Pfarrvikar in Gleiwitz (1833) wurde er als D e m a g o g e festgenommen und zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt, jedoch 1840 vorzeitig entlassen. Seit 1845 in Langensalza lebend, wurde S. 1848 in die preuß. Nationalversammlung gewählt, Schloß sich 1849 der revolutionären B e w e g u n g in der linksrheinischen Pfalz an und emigrierte nach deren Niederschlagung in die Schweiz, 1852 in die U S A , w o er als Prediger in einer freireligiösen G e m e i n d e wirkte. 1879 kehrte er nach Europa zurück und lebte als freier Schriftsteller und Prediger in Breslau und Nordhausen. S. schrieb das Epos Paulus (1842), Gedichte, darunter XVII Lieder als Anhang zu allen Commersbüchern von dem Alten im 104. Semester (1880), und das autobiographische Werk Rückblicke in's Burschenleben (IS65). m BBKL
Schramm, Karl Rudolf, Pseud. Eckart Warner, evang. Theologe, * 2 8 . 6 . 1837 B ü s s o w in der Mark, t 7 . 2 . 1890 Bremen. S., Sohn eines Pfarrers, studierte seit 1856 in Erlangen und Berlin Theologie und Philosophie, wurde 1863 ordiniert und war als Prediger in einem Waisenhaus in Rummelsburg, seit 1866 als Archidakon in Königsberg (Neumark) und seit 1869 als Konsistorialrat und Hofprediger in Arolsen tätig, ehe er 1875 an der Univ. Göttingen zum Dr. phil. promoviert wurde. Seit demselben Jahr wirkte er als Domprediger in Bremen. S. zählte zu den einflußreichsten liberalen, häufig auch stark antikatholischen Predigern seiner Zeit. Er war Mitglied des 1863 gegründeten Allgemeinen Deutschen Protestantenvereins und trat in den innerkirchlichen Auseinandersetzungen dezidiert f ü r einen kulturliberalen Bildungsprotestantismus ein. Neben Predigten, religiösen Texten und Schulbuchern verfaßte S. die Studie Die Erkennbarkeit Gottes in der Philosophie und in der Religion (1876) und (unter d e m Pseudonym Eckart Warner) die gegen die pietistische Erweckungslehre gerichtete Polemik Briefe moderner Dunkelmänner (2 Tie., 1883-85, 2 1886). Mehrfach aufgelegt wurde sein Reisebericht Italienische Skizzen (1881, "1890). c n NDB Schramm,
Margit, Sängerin, * 2 1 . 7 . 1935 Dortmund, t 12.5. 1996 München. S. wurde seit 1950 am Konservatorium in Dortmund ausgebildet, debütierte am Stadttheater in Saarbrücken und war 1 9 5 7 / 5 8 am Stadttheater in Koblenz, 1959-64 am Theater am Gärtnerplatz in München und 1 9 6 5 / 6 6 am Theater des Westens in Berlin engagiert. 1967 sang sie an den Städtischen Bühnen in Dortmund und gehörte seit 1968 d e m E n s e m b l e des Hessischen Staatstheaters in Wiesbaden an. S. war eine gefeierte Operettensängerin, die vor allem in Funk- und Fernsehauftritten mit Rudolf —> Schock bekannt wurde. Zu ihren bedeutendsten Rollen zählen die Gräfin Mariza und die M a d a m e P o m p a d o u r in den gleichnamigen Stücken sowie die Hanna Glawari in Franz —»Lehärs Operette Die lusitge Witwe. c n NDB
Schramm,
Matthias, Wissenschaftshistoriker, * 6 . 2 . 1 9 2 8 Meudon bei Paris, f 2 4 . 1 . 2 0 0 5 Mössingen (Kr. Tübingen). Der Sohn eines Künstlers studierte seit 1949 M a t h e m a tik, Klassische Philologie und Orientalistik in Marburg und F r a n k f u r t / M a i n . Nach der Promotion 1955 (Die Bedeutung der Bewegungslehre des Aristoteles für seine beiden Lösungen der zenonischen Paradoxie, gedruckt 1962) habilitierte sich S. 1960 über Ibn al-Haythams Weg zur Physik. Nach ei-
Schrank nem Forschungsaufenthalt in Oxford war er 1966-96 o. Prof. für Geschichte der Naturwissenschaften in Tübingen. 2002 erhielt er auch eine Honorarprofessur in Ulm. S. wurde 1966 korrespondierendes, 1971 ordentliches Mitglied der Internationalen Akademie für die Geschichte der Naturwissenschaften (Paris). Er war 1974-85 Redakteur des „Archive for History of Exact Science" und seit 1991 Mitherausgeber der „Historia mathematica". S. veröffentlichte u. a. Natur ohne Sinn? Das Ende des teleologischen Weltbildes (1985). S c h r a m m , Max, Jurist, Politiker, * 9. 10.1861 Maroim (Brasilien), t 21.5. 1928 Hamburg. Der aus einer großbürgerlichen Hamburger Kaufmannsfamilie stammende S., dessen Vater bis 1866 in Brasilien tätig war, studierte seit 1881 in Heidelberg und Berlin Jura, unternahm nach der Promotion eine Reise durch den Nahen Orient und den Balkan und trat 1889 in eine Hamburger Rechtsanwaltskanzlei ein, der er seit 1892 als Partner angehörte. Als Nationalliberaler wurde er 1904 in die Hamburger Bürgerschaft und 1912 in den Senat gewählt. 1925-28 versah S. das Amt des zweiten Bürgermeisters der Hansestadt. Er war der Vater von Percy Ernst —>S. OD DBJ, Bd 10 S c h r a m m , Melchior, Musiker, Komponist, * um 1553 Münsterberg (Schlesien), t 6. 9. 1619 Offenburg. S. gehörte seit 1565 als Sängerknabe der Hofkapelle Erzherzog —> Ferdinands von Tirol an und kam nach einer Orgelausbildung bei Servatius Rorif in Innsbruck vermutlich 1571/72 als Organist an das Haller Damenstift. 1574 wurde er Mitglied der Kapelle des Grafen Karl von Hohenzollern in Sigmaringen, wo er seit 1587 auch das Amt des herrschaftlichen Bauschreibers versah. Von 1605 bis zu seinem Tod war er Stadtorganist in der Offenburger Pfarrei Hl. Kreuz. Als Komponist zählte S. zu den bedeutendsten Vorläufern Hans Leo —> Häßlers auf dem Gebiet der deutschen Madrigalkunst. Er schuf u.a. fünf Bücher Motetten, die Liedersammlung Neue außerlesene Teutsche Gesang mit 4 Stimmen (1579) und ein Trauungsoffizium für Oktavian II. —> Fugger. Βα M G G S c h r a m m , Percy Ernst, Historiker, * 14.10. 1894 Hamburg, t 12. 11.1970 Göttingen. Der Sohn Max —>S.s studierte mit Unterbrechung durch die Teilnahme am Ersten Weltkrieg in Hamburg, München und Heidelberg Geschichte, Historische Hilfswissenschaften, Kunstgeschichte und Staatsrecht und wurde 1923 an der Univ. Heidelberg zum Dr. phil. promoviert. 1924 habilitierte er sich dort für Mittlere und Neuere Geschichte und wurde 1929 o. Prof. für Mittlere und Neuere Geschichte und Historische Hilfswissenschaften an der Univ. Göttingen, an der er, mit Unterbrechung durch Kriegsdienst im Zweiten Weltkrieg und ein Lehrverbot bis 1948, bis zu seiner Emeritierung 1963 lehrte. Sein mehr als 300 Publikationen zählendes, ungewöhnlich vielseitiges Werk umfaßt die Geschichte des Hochmittelalters (Kaiser, Rom und Renovatio, 1929, 4 1984, Nachdr. 1992), die Verfassungsgeschichte des Herrschertums (Der König von Frankreich, 2 Bde., 1939, 2 1960) und die Geschichte und Kultur des hanseatischen Bürgertums in der Neuzeit (Hamburg, Deutschland und die Welt, 1943, 2 1952). Als bahnbrechend gelten seine Arbeiten zur Deutung von Bilddenkmälern und Herrschaftszeichen als historische Quellen (u. a. Herrschaftszeichen und Staatssymbolik, 3 Bde., 1954-56). 1943 mit der verantwortlichen Führung des Kriegstagebuchs des Oberkommandos der Wehrmacht beauftragt, gab S. dieses 1961-63 in vier Bänden heraus. Seit 1956 gehörte er der Zentralredaktion der „Monumenta Germaniae Historica" an. 1963 wurde S. Kanzler der Ordens Pour le merite. Er war mit Ehrengard —>S. verheiratet. CD N D B
S c h r a m m - Z i t t a u , Rudolf, Maler, * 1.3.1874 Zittau (Sachsen), f 4 . 6 . 1 9 5 0 Ehrwald (Tirol). S.-Z., Sohn eines Tischlers, studierte Malerei in Dresden, Karlsruhe und München, war Schüler Heinrich von —»Zügels und wurde vor allem als Jagd- und Tiermaler bekannt. Für sein Bild Hahnenkampf wurde er auf der Internationalen Ausstellung in Venedig am Ende des 19. Jh. mit der goldenen Medaille ausgezeichnet. S.-Z. schuf aber auch bemerkenswerte Landschaftsgemälde, die meist Motive aus dem städtischen Leben darstellen. 1935 wurde er Lehrer an der Akademie der bildenden Künste in Dresden, wo er als Nachfolger Emanuel —> Hegenbarths die Klasse für Tiermalerei übernahm. Seit 1945 lebte er in Ehrwald in Tirol. DP Ö B L S c h r a m m e l , Johann, österr. Musiker, Komponist, * 22.5. 1850 Neulerchenfeld (heute zu Wien), t 1 7 . 6 . 1 8 9 3 Wien. S. wirkte ebenso wie sein Bruder Joseph —»S. bereits als Kind bei den Auftritten seines Vaters Kaspar S. als Geiger mit und besuchte 1862-66 das Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde, wo er u.a. von Karl Heißler und Joseph —> Hellmesberger d. Ä. unterrichtet wurde. Danach war er als Geiger im Wiener Harmonietheater und im Josefstädter Theater tätig, wandte sich dann der Volksmusik zu und wurde 1875 Mitglied der Salonkapelle Karl Margold. 1878 gründete S. zusammen mit seinem Bruder Joseph und dem Gitarristen Anton Strohmayer ein Terzett, das, 1884 zum Quartett erweitert, unter dem Namen „D'Schrammeln" zum Inbegriff der Wiener Volksmusik wurde. 1888/89 unternahm das Ensemble erfolgreiche Gastspielreisen durch Deutschland. S. komponierte Lieder, Duette, Walzer (u. a. Weana Gmttat), Polkas und Märsche (u. a. Wien bleibt Wien, 1886). Er gab die Sammlung Alte österreichische Volksmelodien aus der Zeit 1800-1860 [...] (3 Hefte, 1888) heraus. m MGG S c h r a m m e l , Joseph, österr. Musiker, Komponist, * 3 . 3 . 1 8 5 2 Ottakring (heute zu Wien), t 24.11. 1895 Wien. Zunächst Begleitmusiker seines Vaters Kaspar S., studierte S. 1865-67 Violine am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde bei Joseph —> Hellmesberger d. Ä. Nach einer Reise durch den Orient (1869-71) spielte er in mehreren Wiener Ensembles und wurde dann Leiter einer eigenen Musikgruppe. 1878 begründete S. zusammen mit seinem Bruder Johann - > S . und dem Gitarristen Anton Strohmayer ein Terzett, das nach seiner Erweiterung zum Quartett unter dem Namen „D'Schrammeln" das bedeutendste Wiener Volksmusikensemble wurde und sich auch außerhalb Wiens großer Popularität erfreute. S. komponierte u.a. das Walzerlied Vindobona, du herrliche Stadt. ED M G G S c h r a n k , Franz de Paula von, auch Schranck, Jesuit, Theologe, Naturforscher, * 21.8. 1747 Vornbach/Inn, t 23. 12. 1835 München. S., Sohn eines Klosterrichters, späteren Landgutverwalters, dann Advokaten, trat 1762 in die Gesellschaft Jesu ein, studierte 1765-69 in Raab, Tyrnau und Wien, wurde nach einer Tätigkeit als Lehrer an der Jesuitenschule in Linz 1774 zum Priester geweiht und wandte sich dann zunehmend naturkundlichen Forschungen zu. Nach der Promotion zum Dr. theol. (1776) war er Prof. der Mathematik und Physik in Amberg und seit 1779 Prof. der Rhetorik am Gymnasium in Burghausen. 1784 wurde S. Prof. der Land-, Berg- und Forstwirtschaft an der Univ. Ingolstadt und wirkte nach deren Verlegung nach Landshut (1800) dort als Prof. der Botanik. 1809 wurde er Direktor des von ihm angelegten Botanischen Gartens in München. S„ ein erklärter Gegner der Aufklärung und Anhänger des Kreises um Johann Michael von —> Sailer
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Schrank und Friedrich Carl von —> Savigny, verfaßte mehr als 200 naturwissenschaftliche Schriften (u. a. das Standardwerk Baierische Flora, 2 Bde., 1789, auch 1793, Nachdr. 1964), theologische Abhandlungen und biographische Skizzen. Seine Berichte über Studienreisen durch Bayern (u. a. Baiersche Reise, 1786) sind bis heute eine wichtige kulturgeschichtliche Quelle. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Vom Pflanzenschlafe und von unverwandten Erscheinungen bey Pflanzen (1792), Grundriß der allgemeinen Naturgeschichte und Zoologie (1801) und Briefe naturhistorischen, physikalischen und ökonomischen Inhaltes (1802). S. war seit 1778 außerordentliches, seit 1809 ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, seit 1816 der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina und wurde 1808 nobilitiert. DP N D B
Schrank,
Johann Ferdinand von, österr. Politiker, Pädagoge, * 1 . 9 . 1 8 3 0 Wien, t 2 8 . 1 2 . 1 8 8 1 Wien. S., Sohn eines Advokaturkonzipienten und Bruder Josef von —»S.s, studierte 1852-56 Jura an der Univ. Wien, wurde 1857 in Graz promoviert und studierte 1858-65 in Wien Medizin. 1866 wurde er in den Wiener Gemeinderat gewählt, wo er sich der Äußersten Linken anschloß. 1878 gründete S. die Fraktion der Vereinigten Linken, deren Vorsitzender er bis 1879 war. 1880 erfolgte seine Wahl zum zweiten Vizebürgermeister. S., der 1870-81 Mitglied des Niederösterreichischen Landtags und 1873-79 Reichsratsabgeordneter war, setzte sich für die Gründung von Schulen, die Entwicklung des kaufmännischen Fachunterrichts und die Mädchenausbildung ein. 1871-77 unterrichtete er Nationalökonomie an der Wiener Handelsakademie und leitete seit 1879 die Gremial-Handelsschule in Wien. 1881 wurde S. in den Adelsstand erhoben. DP Ö B L
Schrank,
Josef (Karl), österr. Mediziner, Sozialmediziner, * 3 1 . 1 . 1838 Wien, t 1 5 . 5 . 1 9 0 7 Wien. Der Bruder Johann Ferdinand von —>S.s studierte 1856-61 am Polytechnischen Institut in Wien und seit 1862 Medizin an der dortigen Universität. 1868 zum Dr. med. promoviert, ließ er sich im folgenden Jahr als praktischer Arzt in Wien nieder und wirkte daneben als A r m e n - und Polizeiarzt. 1891 wurde S. Leiter des Laboratoriums der bakteriologischen Versuchsanstalt des Allgemeinen österreichischen Apotheker-Vereins, die er zu einem bedeutenden wissenschaftlichen Institut ausbaute. Er verfaßte zahlreiche bakteriologische, allgemein-medizinische und medizinischsittenpolizeiliche Abhandlungen, darunter Das Stotterübel. Eine corticate Erkrankung des Grosshirnes (1877) und Anleitung zur Ausführung bacteriologischer Untersuchungen (1894). Durch seine grundlegenden Untersuchungen über Prostitution und Mädchenhandel (u.a. Prostitution in Wien in historischer, administrativer und hygienischer Beziehung, 1 Bde., 1886; Der Mädchenhandel und seine Bekämpfung, 1904) machte er sich u m ihre B e k ä m p f u n g besonders verdient. c d ÖBL
Schrantz,
Alfred, österr. Unternehmer, * 2 3 . 9 . 1 8 6 7 Wien, t 14.8. 1914 Wien. S. erhielt eine handwerkliche Ausbildung und trat nach dem Tod seines Vaters 1902 als Gesellschafter in das von seinem Großvater gegründete Unternehmen Hutter & Schrantz ein, das auf die Herstellung von Siebwaren, Metall- und Filztüchern spezialisiert war. 1905 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, in d e m S. das Präsidium des Verwaltungsrats übernahm. Unter seiner Leitung konnte die Hutter & Schrantz AG, begünstigt durch die Vorkriegskonjunktur, beträchtlich erweitert werden, u. a. durch die Errichtung einer Zweigniederlassung zur Herstellung von Drahtgeflechten in Budapest. Die Erzeugnisse wurden u. a. nach Deutschland, Rußland, Italien und Frankreich
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exportiert. S., der Vorstands- und Direktionsmitglied einiger Wirtschaftsunternehmen in Wien und Budapest war, beging Selbstmord. CD Ö B L
Schratt,
(Maria) Katharina, verh. Kiss von Ittebe, österr. Schauspielerin, * 11.9. 1853 Baden (Niederösterreich), t 17.4. 1940 Wien. Die Tochter eines Kaufmanns, Gemeinderats und Stadthauptmanns wurde an der Kierschnerschen Theaterakademie in Wien ausgebildet und debütierte 1872 am Hoftheater in Berlin in der Titelrolle von Sigmund —> Schlesingers Lustspiel Die Gustel von Blasewitz. 1873 wurde sie von Heinrich —> Laube an das Wiener Stadttheater engagiert. 1879 heiratete S. den ungarischen Diplomaten Miklos Baron von Kiss von It(t)ebe, trennte sich aber kurz nach der Geburt ihres Sohnes (1880) von ihrem M a n n und wandte sich wieder der B ü h n e zu. Nach Gastspielen (u.a. am Deutschen Theater in N e w York) trat sie 1883-1900 am Wiener Burgtheater auf, zu dessen lebenslänglichem Mitglied sie 1893 ernannt wurde. S. begann ihre Bühnenkarriere als Jugendliche Naive und entwickelte sich über die sentimentale Liebhaberin zur Salondame, spielte aber auch Dialektrollen. Zu ihren bedeutendsten Partien zählen die Katharina in Shakespeares Der Widerspenstigen Zähmung, die Elise in Molieres Der Geizige und die Horlacherlies in L u d w i g —> Anzengrubers Der G'wissenswurm. Mitte der achtziger Jahre wurde S. Vorleserin der Kaiserin —> Elisabeth; seitdem verband sie eine enge freundschaftliche Beziehung mit Kaiser —> Franz Joseph I. tu
ÖBL
Schrattenbach,
Vinzenz Joseph Franz Sal. Graf von, Fürstbischof von Lavant und Brünn, * 18.6. 1744 Brünn (Mähren), f 2 5 . 5 . 1816 Brünn. Der Sohn eines Landeshauptmanns von Mähren und N e f f e des Fürsterzbischofs von Salzburg, Siegmund Christoph Graf von S., wurde 1762 Domherr in Salzburg und empfing 1768 die Priesterweihe. 1777 ernannte ihn Hieronymus Graf von —>Colloredo-Waldsee zum Bischof des Salzburger Eigenbistums Lavant, mit dem auch der Reichsfürstentitel verbunden war. 1788 wurde S. dieser Titel ad personam verliehen. Im selben Jahr zum Dompropst von Salzburg gewählt, trat er 1790 von seinem Bistum zurück, regierte jedoch unter Beibehaltung seiner Salzburger Würde 1795-1800 erneut als Fürstbischof von Lavant. 1800 wurde S. zum Bischof von Brünn ernannt, wo er ein Priesterseminar errichtete (1807) und sich während der französischen Besetzung f ü r die Bevölkerung einsetzte (1805 und 1809). 1808 wurde er C o m m a n d e u r des Leopoldsordens. CP Ö B L
Schraudolph,
Claudius d . Ä . , Maler, * 2 . 1 0 . 1 8 1 3 O b e r s t d o r f / A l l g ä u , t 1 2 . / 1 3 . 11.1891 Oberstdorf. S., Bruder Matthias —>S.s, kam 1831 nach München und wurde von Josef —> Schlotthauer und an der A k a d e m i e der bildenden Künste zum Maler ausgebildet. Anschließend unternahm er mit Ernst F. —> Förster eine Studienreise nach Italien. 1833 nach M ü n c h e n zurückgekehrt, wirkte S. als Mitarbeiter von Heinrich Maria —»Hess an den Fresken in der Allerheiligen-Hofkirche und in der Basilika St. Bonifaz mit und assistierte 1846-53 seinem Bruder Johann von —»S. bei der Anfertigung der Fresken im Dom zu Speyer. Nach Johanns Tod (1879) übersiedelte S. in die elterliche Heimat, wo er Fresken und Altarbilder für zahlreiche Kirchen schuf. DP B B K L S c h r a u d o l p h , Claudius von, d . J . , Maler, * 4 . 2 . 1 8 4 3 München, t 4 . 1 . 1 9 0 2 Eppan (Südtirol). Der Sohn Johann von —»S.s war Schüler seines Vaters sowie von Hermann —> Anschütz und Georg —> Hiltensperger an der M ü n c h n e r A k a d e m i e der bildenden Künste, unternahm eine Studienreise durch Belgien, Frankreich und Italien und
Schrauth stellte seit 1867 regelmäßig eigene Werke im Münchner Kunstverein aus. O h n e j e Schüler Karl von —> Pilotys gewesen zu sein, Schloß er sich der Künstlergesellschaft „Allotria" an. 1883-94 war S. Direktor der Kunstschule in Stuttgart. Danach lebte er zurückgezogen in Thalegg bei Eppan (Südtirol). S. schuf die Fresken am Hotel Bellevue in München und in der Garnisonskirche in Stuttgart sowie Aquarelle und Zeichnungen. m Biogr Jahrb, Bd 7 S c h r a u d o l p h , Johann (Baptist) von, Maler, * 13.6. 1808 O b e r s t d o r f / A l l g ä u , t 3 1 . 5 . 1879 München. Nach erster Ausbildung bei seinem Vater, einem Kunstschreiner und Maler, seit 1825 in München lebend, erlernte S. bei Josef —> Schlotthauer die Freskenmalerei und war nach einer Italienreise seit 1832 Mitarbeiter von Heinrich Maria —> Hess bei der Ausmalung der Allerheiligen-Hofkirche und der Basilika St. Bonifaz in M ü n c h e n . 1844 erhielt er von König —> Ludwig I. den Auftrag, die Fresken im D o m zu Speyer zu malen, die er nach mehrmonatiger Vorbereitungsreise nach Italien gemeinsam mit seinem Bruder Claudius - > S . d . Ä . 1846-53 anfertigte. 1849 übernahm er eine Professur an der Münchner A k a d e m i e der bildenden Künste, an der er bis zu seiner Pensionierung 1878 wirkte. 1862 wurde S. mit d e m bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet und in den Adelsstand erhoben. Er war der Vater des Malers Claudius von ^ S . d . J . CD N D B S c h r a u d o l p h , Matthias, Ordensname: Lukas, Benediktiner, Maler, * 2 4 . 2 . 1812 O b e r s t d o r f / A l l g ä u , t 6 . 2 . 1863 Metten (Niederbayern). S., Bruder Claudius - > S . s d . Ä . , trat 1840 in das Benediktinerkloster Metten (Niederbayern) ein, legte 1843 die Profeß ab und führte den Ordensnamen Frater Lukas. Von seinem Bruder Johann von —»S. in der Historienmalerei unterwiesen, betätigte er sich als religiöser Maler und schuf die Altarbilder in der Studien- und Stiftskirche Metten sowie für zahlreiche Landkirchen in Niederbayern. Viele seiner Werke wurden von Georg Joseph —> M a n z in Regensburg durch Stahlstich vervielfältigt. DP A D B S c h r a u f , (Johann) Albrecht, österr. Mineraloge, * 14.12. 1837 Wieden (heute zu Wien), t 2 9 . 1 1 . 1897 Wien. S., Vetter Karl —>S.s, trat 1853 in den Piaristenorden ein, den er 1 8 5 6 / 5 7 verließ, studierte dann Physik, Mathematik, Mineralogie und Botanik an der Univ. Wien und wurde 1862 an der Univ. Tübingen promoviert. Seit 1861 Mitarbeiter am Wiener Hofmineralienkabinett, habilitierte er sich 1863 an der Univ. Wien für physikalische Mineralogie und wurde 1874 o. Prof. der Mineralogie sowie Leiter des Mineralogischen M u s e u m s an der Universität. Als Schüler Joseph —»Grailichs wandte sich S. früh der Kristallographie zu und führte die in England entwickelte Flächenbezeichnung sowie die Miller-Neumannsche M e t h o d e der Kristallberechnung ein. Gegen heftige Widerstände trat er für die Anwendung der kristallographischen Indizes nach William H. Miller ein, die später zum unentbehrlichen Hilfsmittel in der Röntgenkristallographie wurden. S. veröffentlichte u . a . ein Lehrbuch der physikalischen Mineralogie (2 Bde., 1866-68), Physikalische Studien (1867), Handbuch der Edelsteinkunde (1869) und Atlas der Κrystall-Formen des Mineralreiches (5 Lfg., 1864-77). Er war seit 1884 korrespondierendes, seit 1893 ordentliches Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften in Wien und seit 1888 der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. m NDB S c h r a u f , Karl, Piarist, Archivar, Historiker, * 1 1 . 1 . 1 8 3 5 Wieden (heute zu Wien), t 9. 10.1904 Wien. S., Sohn eines Stadt- und Hofsteinmetzen und Vetter von Albrecht —»S., trat 1855 in das Kremser Piaristenkolleg ein,
legte 1859 im Horner Konvent die Profeß ab und lehrte anschließend an den Ordensschulen in Krems, Wien, Horn und Freistadt. Daneben studierte er 1858-61 an der Univ. Wien Theologie, wurde 1860 zum Priester geweiht und betrieb 1869-72 historisch-philologische Studien. Noch vor deren Abschluß trat S. in den Dienst des Haus-, Hof- und Staatsarchivs, leitete seit 1886 die Abteilung Staatsratsarchiv und wurde 1893 zum Sektionsrat ernannt. Schon vorher mit der Reorganisation und Neuordnung des Archivs der Univ. Wien befaßt, wurde er 1895 dessen Leiter. S.s wissenschaftliches Werk umfaßt Studien zur mittelalterlichen und neueren Universitäts- und Studentengeschichte (u. a. Geschichte der Wiener Universität in ihren Grundzügen, 1901), zum Erziehungs- und Schulwesen sowie zur Genealogie und Heraldik. Er war Herausgeber bedeutender Quelleneditionen, u . a . der Acta facultatis medicinae universitatis Vindobonensis (3 Bde., 1894-1904). DO Ö B L S c h r a u t e n b a c h , Balthasar, Beamter, f 2 0 . 5 . 1 5 2 9 Ziegenhain. Der aus Würzburg s t a m m e n d e S. wurde 1481 an der Univ. Heidelberg immatrikuliert und ist später als kaiserlicher Notar bezeugt. 1491-1508 war er Rentmeister, seit 1510 A m t m a n n in hessischen Diensten in Gießen und seit 1507 Rat am Hof Landgraf Wilhelms II. von Hessen. 1523 nahm S., der seit 1515 den Namen „von Weitolshausen, genannt Schrautenbach" führte, am Feldzug gegen Franz von —> Sickingen teil und war 1525 Befehlshaber im Bauernkrieg. S. verfaßte eine Reisekostenabrechnung über eine 1498 im Auftrag Landgraf Wilhelms III. von Hessen untern o m m e n e diplomatische Mission nach R o m ( h m a m e unnd ußgieft uf dem wege gein Rome unnd herwieder anno etc. xcviii), die für die historische Straßenforschung und die Kenntnis der Organisation des Reisewesens im Spätmittelalter Bedeutung erlangte. Q3 V L S c h r a u t e n b a c h , Ludwig (Louis) Carl Frh. von, genannt Weiteishausen, evang. Theologe, Schriftsteller, * 18.2. 1728 Darmstadt, t 12.8. 1783 Stade bei L i n d h e i m / Wetterau. Der Sproß einer seit dem 15. Jh. in hessischen Diensten stehenden nobilitierten Beamtenfamilie wurde seit 1737 gemeinsam mit dem Sohn des Grafen Nikolaus Ludwig von —»Zinzendorf in Jena und am Brüderkolleg in Marienborn erzogen und stand seit 1747 im Dienst der Brüdergemeine, für die er eine Reihe wichtiger Missionen (u.a. als Deputierter bei den Verhandlungen mit d e m britischen Parlament über die Anerkennung der Brüdergemeine) wahrnahm. Seit 1752 lebte er auf seinem Erbsitz Lindheim in der Wetterau. S. genoß die Achtung der aufgeklärten Regenten Europas und stand mit zahlreichen Gelehrten in Briefkontakt. S. veröffentlichte u. a. Der Graf von Zinzendorf und die Brüdergemeine seiner Zeit (im Auszug hrsg. 1828, vollständig 1851, 2 1871) und Religionsideen eines Ungelehrten (1876). DP R G G S c h r a u t h , Johann Baptist, Militärarzt, Kurarzt, Politiker, * 1807 Mitwitz (Oberfranken), t 18.8. 1886 München. Nach dem Studium in Würzburg und M ü n c h e n (Promotion 1830, De cutis functionibus et colore) und einem längeren Studienaufenthalt in Wien war S. bayerischer Militärarzt und wurde 1835 Badearzt in Neumarkt (Oberpfalz). 1856 ging er nach M ü n c h e n und wurde dort zum Mitglid des Bayerischen Landtags und zum Vorstand des Münchner ärztlichen Vereins gewählt. S. schrieb u . a . Resectio ossis navicularis (1843). Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner zahlreiche populärmedizinische und landwirtschaftliche Aufsätze. CD Ärzte 1
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Schrauth Schrauth,
(Heinrich Adolph) Walther, Chemiker, Fabrikant, * 2 0 . 2 . 1881 Magdeburg, t 1.5. 1939 Berlin. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1902 in München und Berlin C h e m i e und Physik und wurde 1906 an der Univ. Berlin mit der Dissertation Über das Verhalten einiger Diketopiperazine gegen Alkali promoviert. Danach Privatdozent am dortigen Chemischen Institut, wurde er 1916 vom Reichsmarineamt mit dem Bau und der Leitung des Betriebs der Tetralin-Werke in Rodleben bei Roßlau (Anhalt) betraut. Seit 1922 Vorstandsmitglied der J. D. Riedel A G in Berlin, übernahm S. 1927 den Vorstandsvorsitz der Deutschen Hydrierwerke A G in Berlin, die sich mit der Hydrierung organischer Stoffe, insbesondere von Steinkohlenteerprodukten, beschäftigte. 1924 wurde er zum a. o. Prof. an der Univ. Berlin, 1933 zum Honorarprofessor an der T H Berlin ernannt. S. veröffentlichte zahlreiche Arbeiten auf dem Gebiet der chemischen Technologie und der pharmazeutischen Chemie, darunter Die medikamentösen Seifen (1914), und gab das Handbuch der Seifenfabrikation (nach d e m Handbuch von Carl Deite völlig umgearbeitet, 4 1917, f '1926, span. 1923, frz. 1925) heraus. CD M B L
atque usu) und war dann als Leibarzt eines russischen Adligen in Deutschland und Rußland tätig. 1836 ließ er sich als praktischer Arzt in Leipzig nieder und leitete 1844-59 die orthopädische Heilanstalt. Von der T u r n b e w e g u n g beeinflußt, setzte sich S. f ü r eine R e f o r m der Jugenderziehung und die Bewegungsschulung vor allem wirbelsäulengeschädigter Kinder ein und förderte die Einrichtung öffentlicher Spielplätze für Jugendliche. Er veröffentlichte u . a . Das Buch der Gesundheit (1839, 2 1861), Kinesiatrik oder die gymnastische Heilmethode (1852), Arztliche ZimmerGymnastik (1855, 3 2 1909, engl. 1856, frz. 1856, Nachdr. 1981, niederländ. 1857, " 1 9 2 3 , span. 1861, 14 1891, Nachdr. 1996, poln. 1893, 3 1909), Kallipädie, oder Erziehung zur Schönheit durch naturgetreue und gleichmässige Förderung normaler Körperbildung, lebenstüchtiger Gesundheit und geistiger Veredelung (1858, Nachdr. 1984), Über Volkserziehung (1860) und Das Pangymnastikon oder das ganze Turnsystem an einem einzigen Geräthe (postum 1862, 2 1875, engl. 1866). 1846-51 gehörte S. d e m Leipziger Magistrat an. Sein Sohn Daniel Paul —»S. ist der von Sigmund —»Freud beschriebene „Fall Schreber". • • NDB
Schreber,
Daniel Paul, Jurist, Schriftsteller, * 2 5 . 7 . 1842 Leipzig, t 1 4 . 4 . 1 9 1 1 Leipzig. Der Sohn von Moritz —>S. studierte Rechtswissenschaften und war dann in seinem Beruf tätig, seit 1893 als Senatspräsident am Kgl. Oberlandesgericht Dresden. Bekannt wurde S. vor allem durch die nach einem Aufenthalt 1894-1902 in der Anstalt Sonnenstein bei Pirna veröffentlichten Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken. Nebst Nachträgen und einem Anhang Uber die Frage: „ Unter welchen Voraussetzungen darf eine für geisteskrank erachtete Person gegen ihren erklärten Willen in einer Heilanstalt festgehalten werden?" (1903; Nach- bzw. Neudrucke 1973, 1995 und 2003). Nach der ersten Rezeption durch Sigmund —> Freud erfuhr der „Fall Schreber" zahlreiche weitere Interpretationen, u . a . durch Elias —>Canetti.
Schreck,
A d a m , Augustinerchorherr, * 17.12. 1796 Margareten (heute zu Wien), t 2 9 . 3 . 1871 Wien. Der Sohn eines Sackträgers absolvierte die philosophischen Jahrgänge an der Univ. Wien und trat 1816 in das Augustiner-Chorherrenstift Klosterneuburg (Niederösterreich) ein. 1821 zum Priester geweiht, lehrte er 1825-37 als Prof. der Kirchengeschichte und des Kirchenrechts an der theologischen Hauslehranstalt des Stifts und war Novizenmeister (seit 1829), Kanzleidirektor (seit 1837) und Stiftsarchivar (seit 1852). 1853 wurde S. zum Propst von Klosterneuburg gewählt. Unter seiner A m t s f ü h r u n g wurden die Finanzen saniert, Güter in Ungarn erworben und die alten Trakte des Stifts baulich restauriert. S. gründete eine Obstund Weinbauschule in Klosterneuburg, die bald zu einem der führenden Institute in Europa wurde. CD Ö B L
Schreber,
Schreck,
Johann Christian Daniel Edler von, Mediziner, Naturforscher, * 16.1. 1739 Weißensee (Thüringen), t 10. 12. 1810 Erlangen. S., Sohn eines Interimsadministrators und späteren Prof. für Kameralwissenschaft, studierte Medizin, Naturwissenschaften und Theologie an den Universitäten Halle und Uppsala, wo er 1760 bei Carl von Linne promoviert wurde (Theses medicae, gedruckt 1763). Danach war er als Arzt am Pädagogium in Bützow tätig mit der Erlaubnis, an der dortigen Univ. öffentliche Vorlesungen zu halten. 1764 wurde er Sekretär der Oeconomischen Gesellschaft zu Leipzig. Seit 1769 war er o. Prof. fur Medizin, zugleich Prof. f ü r Kameralwissenschaft an der Univ. Erlangen und übernahm 1773 die Leitung des Botanischen Gartens, 1777 auch die Aufsicht über das Naturhistorische M u s e u m . 1791 wurde S. Präsident der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina (Mitglied seit 1764). Bereits im Alter von 19 Jahren verfaßte S. eine Lithographia halensis (1758, 2 1759). Später veröffentlichte er zahlreiche botanische und zoologische Arbeiten ( u . a . Beschreibung der Gräser, 3 Bde., 1769-1810; Die Säugetiere in Abbildungen nach der Natur mit Beschreibungen, 62 Hefte, 1774-1804), übertrug Werke Linnes ins Deutsche und gab dessen Materia medica per tria regna naturae digesta ( 2 1772, Ί 7 8 7 ) heraus. m Ν DB
Schreber,
(Daniel Gottlob) Moritz, Orthopäde, Pädagoge, * 1 5 . 1 0 . 1 8 0 8 Leipzig, f 1 1 . 1 1 . 1 8 6 1 Leipzig. S., Sohn eines Rechtsanwalts und Notars und N e f f e von Johann Christian Daniel —»S., studierte seit 1826 Medizin an der Univ. Leipzig, wurde 1833 promoviert (De tartari stibiati in inflammationibus organorum respirationis effectu
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Eugen, Ophthalmologe, * 1 5 . 3 . 1 9 1 1 Stuttgart, t 2 2 . 5 . 1993 Erlangen. S., Sohn eines Oberlehrers, Schloß das Studium der Medizin 1937 an der Univ. Tübingen mit der Promotion ab (Die Epilepsie des Kindesalters) und habilitierte sich 1939 an der Univ. Heidelberg (Zur Klinik und pathologischen Anatomie der Orbitaltumoren). 1944 wurde er dort Privatdozent, 1948 a. o. Prof. und war 1951-80 o . P r o f . der Ophthalmologie und Vorstand der Augenklinik mit Poliklinik an der Univ. Erlangen-Nürnberg. S. beschäftigte sich mit Geschwülsten am Sehorgan, mit d e m Farben- und Lichtsinn bei Netzhautoperierten, dem Flüssigkeitswechsel des Auges und d e m grünen Star. Er entwickelte eine künstliche Augenlinse und eine Differentialdiagnose von Augenkrankheiten. S. war Schriftleiter von „Graefes Archiv für klinische und experimentelle Ophthalmologie" (1965-82). Zu seinen Veröffentlichungen gehören Differentialdiagnose in der Ophthalmologie (1977).
Schreck, Gustav Ernst, Kantor, Komponist, * 8 . 9 . 1849 Zeulenroda (Thüringen), f 2 2 . 1 . 1 9 1 8 Leipzig. S. besuchte 1868-70 das Leipziger Konservatorium, war 1870-74 Musiklehrer am Privatgymnasium in Viborg (Finnland) und lebte danach als Musiker und Komponist in Leipzig. 1887 wurde er Theorielehrer am dortigen Konservatorium, 1892 Thomaskantor. 1898 erhielt er den Titel eines Kgl. Professors. Neben einigen Instrumentalwerken (u. a. Phantasie und Doppelfuge für Orgel und Orchester) k o m p o nierte S. vor allem Vokalmusik, u. a. das Oratorium Christus, der Auferstandene, sowie zahlreiche geistliche Gesänge für gemischten Chor. CD M G G
Schreger Schreck, Johann, auch Terrentius, Terenz, Deng Yuhan Hanpo, Deng Zhen Lohan, Jesuit, Missionar, Naturforscher, * 1576 Bingen bei Sigmaringen, f 3 0 . 5 . 1630 Peking. S. studierte seit 1590 Medizin und Naturwissenschaften in Freiburg/Breisgau, wurde 1594 zum Baccalaureus und 1596 zum Magister promoviert und ging 1603 nach Padua, wo er u. a. Schüler Galileo Galileis war. Später zog er als wandernder Arzt durch Europa, erwarb sich einen Ruf als Wissenschaftler und wurde in die Accademia dei Lincei in R o m aufgenommen. 1611 trat S. in die Societas Jesu ein, wurde während des Theologiestudiums von Nicolas Trigault für die Chinamission gewonnen und wirkte nach Aufenthalten in Goa und Macao seit 1623 in Peking, wo er mit Johann A d a m —»Schall von Bell und als Mitarbeiter des christlichen Gelehrten Paul Xu Guangqi an der hundertfünfzigbändigen astronomischen Enzyklopädie zur R e f o r m des chinesischen Kalenders (Xiyang lifa xinshu, 1634) mitwirkte. Ferner vermittelte er als Übersetzer europäischer Werke anatomische und mechanische Kenntnisse nach China. OP N D B Schreck,
Karl, Politiker, * 6 . 9 . 1873 Bielefeld, t 14.4. 1956 Bielefeld. S. erlernte das Tischlerhandwerk und war seit 1905 selbständig in Bielefeld tätig. 1890 trat er der S P D bei, wurde 1919 Mitglied der Nationalversammlung und 1920 in den preuß. Staatsrat und in den Deutschen Reichstag gewählt, dem er bis 1933 angehörte. Nach 1945 war er ehrenamtlicher Stadtrat in Bielefeld. S„ ein populärer Redner, war vor allem in der Jugendarbeit der S P D tätig. DD Schröder
Schreck, Konrad, Beiname: von Aschaffenburg, Apotheker, t um 1523 Regensburg. Der aus der Oberrheinebene stammende S. wurde vermutlich in Straßburg ausgebildet und ließ sich dann als A p o theker in Nürnberg nieder. 1473-1514 ist er in Regensburg nachgewiesen, wo er als Konfektproduzent (seit 1479) und selbständiger Apotheker (seit 1489), seit 1492 auch als Ratsherr und Fernhandelskaufmann tätig war. S. verfaßte ein Wundärztlich-pharmazeutisches Kompendium, das als Handschrift in der Dombibliothek von Kalocsa und als gekürzte Abschrift in der Universitätsbibliothek Erlangen überliefert ist. Quellen dieser wundärztlichen Textsammlung waren u. a. die sogenannten Große und Kleine Chirurgie Lanfranks von Mailand, die beiden Teile der Kleinen Chirurgie Guys de Chauliac und das Buch vom fünften Wesen des Johannes de Rupescissa. DP V L Schreckenfuchs,
Erasmus Oswald, österr. Astronom, Orientalist, * 1511 Merckenstein (Österreich), t 1579 Freiburg/Breisgau. Nach d e m Studium in Wien, Ingolstadt und Tübingen lehrte S. Hebräisch an der Univ. Tübingen, wurde Prof. für Hebräisch, Rhetorik, Mathematik und Astronomie an der Univ. Basel und später in gleicher Funktion an der Univ. Freiburg. Zu seinen Schülern zählte der schweizer. Anatom und Botaniker Caspar —> Bauhin. S. war der Herausgeber von Werken bedeutender antiker Astronomen ( u . a . Claudii Ptolemaei, omnia quae extant opera, praeter geographiam [...], 1551), die er mit eigenen Kommentaren versah. Z u s a m m e n mit Sebastian —> Münster bearbeitete er hebräische mathematische Texte und übertrug sie in die lateinische Sprache (u. a. Sphaera mundi autore Rabbi Abrahame Hispano filio R. Haijae, 1546). CD A D B
Schreder,
Karl, österr. Schriftsteller, Journalist, Maler, * 2 8 . 1 0 . 1 8 6 3 Wien, t 22. 11. 1924 Wien. S., Sohn eines Oberlehrers, widmete sich der Malerei und schuf vorwiegend Landschaftsgemälde, die regelmäßig im Albrecht Dürer-Verein ausgestellt wurden. Daneben schriftstellerisch tätig, erregte er 1896 mit einer Artikelserie über
bildende Kunst Aufsehen. S. wurde Kunstreferent beim „Deutschen Volksblatt" und, nach dessen Einstellung 1922, bei der „Deutschösterreichischen Tages-Zeitung". Seit 1917 gehörte er als künstlerischer Beirat der Wiener Volksoper an, an der die meisten der von ihm verfaßten und häufig auch von ihm selbst vertonten Bühnenwerke aufgeführt wurden. S.s Märchenspiele erreichten große Popularität und trugen ihm den Beinamen „Wiener Märchenonkel" ein. CD Ö B L
Schreger,
Bernhard Nathanael (Gottlieb) von, Chirurg, * 6 . 6 . 1 7 6 6 Zeitz, f 8. 10.1825 Erlangen. S., Bruder Christian Heinrich Theodor —>S.s, studierte an der Univ. Leipzig, wurde 1791 promoviert (Fragmenta anatomica et physiologica) und hielt Vorlesungen über Physiologie und Gerichtsmedizin. 1793 wurde er o . P r o f . der Anatomie, Chirugie und Geburtshilfe an der Univ. Altdorf, 1797 Prof. der Medizin und Chirurgie an der Univ. Erlangen. 1815 errichtete er an der Univ. Erlangen ein Chirurgisches Institut, das 1825 mit d e m allgemeinen Krankenhaus vereinigt wurde. S., seit 1817 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, gab seit 1799 zusammen mit Christian Friedrich —»Harleß die „Annalen der neuesten englischen und französischen Chirurgie und Geburtshilfe" heraus und verfaßte u. a. Crundriß der chirurgischen Operationen ( 1 8 0 6 , 4 1 8 3 2 ) , Uebersicht der geburtshülflichen Werkzeuge und Apparate (1810) und Handbuch der chirurgischen Verbandlehre (2 Tie., 1820-23). CD Ärzte 1
Schreger,
Christian Heinrich Theodor, Mediziner, * 20. 1. 1768 Zeitz, t 29. 12. 1833 H a l l e / S a a l e . S., Bruder Bernhard Nathanael von S.s, studierte seit 1785 Rechtswissenschaften an der Univ. Leipzig, gab das Studium jedoch aus gesundheitlichen Gründen auf und war danach als Hauslehrer in Zeitz und als Ökonomieverwalter eines Ritterguts bei Wittenberg tätig. 1794 nahm er an der Univ. Wittenberg das Studium der Medizin auf und wurde 1800 an der Univ. Erlangen mit der Dissertation Fluidorum corporis animalis chemiae nosologicae specimen promoviert. Danach ließ sich S. als Arzt in Erlangen nieder, wurde 1810 o . P r o f . der C h e m i e und Arzneimittellehre an der Univ. Wittenberg und wirkte nach ihrer Vereinigung mit Univ. Halle (1816) dort als Prof. der Medizin. S. arbeitete vor allem auf den Gebieten der Anatomie, Chemie, Pharmakologie, Diätetik, Landwirtschaft und Tierheilkunde. Er veröffentlichte u. a. Kurze Beschreibung der chemischen Gerätschaften älterer und neuerer Zeit (1802), Baineotechnik (2 Tie., 1803), Operationslehre für Thierärzte (1803), Versuch einer vergleichenden Anatomie des Auges und der Thränenorgane der Menschen (1810) und Handbuch der Pastoral-Medicin für christliche Seelsorger (1823). CD A D B
Schreger,
Odilo, Taufname: Franz Jakob, Benediktiner, Schriftsteller, Prior in Ensdorf, * 3 . 1 1 . 1697 Schwandorf, t 2 2 . 9 . 1774 Ensdorf. Der Sohn eines Metzgermeisters und Ratsherrn trat als Novize in das Kloster Ensdorf ein, wo er 1720 die Profeß ablegte. Nach d e m Theologiestudium in Regensburg und Michelfeld wurde S. 1723 zum Priester geweiht und war dann in Ensdorf u . a . Küchenmeister, Kastner, Prior, Konventsenior und Lehrer der Novizen. 1752 wurde S. Mitglied der von Oliver —> Legipont gegründeten „Societas Litteraria Germano-Benedictina". Er verfaßte religiöse Schulwerke, Erbauungsliteratur und praktische Ratgeber. Besonders populär war S.s an der Hausväterliteratur orientiertes Haußbitechlein (1736), das bis zum 19. Jh. 23 Neuauflagen erlebte. Zu seinen Veröffentlichungen gehört ferner SpeißMeister oder nutzlicher Unterricht von Essen und Trinken (1766, Neuausg. 2007). CD N D B
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Schregle Schregle,
Hans, Politiker, * 7 . 4 . 1 8 9 0 Nürnberg, t 1ί. 1. 1970 Erlangen. Der Sohn eines Sattler- und Tapezierermeisters wurde nach einem germanistischen Studium 1923 an der Univ. Erlangen promoviert (Goethes Gottfried von Berlichingen). Seit 1924 war er als Studienrat f ü r neuere Sprachen in Erlangen und nach kurzzeitiger Inhaftierung 1933 - in Ansbach tätig. 1945 wurde S., der 1946 der S P D beitrat, Oberbürgermeister von Ansbach. 1945-58 war er Regierungspräsident von Mittelfranken, 1945-49 auch von Oberfranken.
Schreib,
Werner, Maler, Graphiker, * 1 6 . 3 . 1 9 2 5 Berlin, t 2 0 . 9 . 1969 bei Darmstadt. S. studierte Malerei und Graphik in Kiel und Wiesbaden und setzte seine Studien 1959 bei Stanley William Hayter an der A c a d e m i e Ranson in Paris fort. Sein künstlerisches Werk war von den Ideen des Dadaismus, insbesondere von Kurt —> Schwitters, inspiriert. S. erfand die Technik der „Cachetage" (auch „semantische Malerei"), bei der durch Eindrücken kleiner Objekte (Zahnräder, Münzen u. a.) in eine starkfarbige Kunstharzmasse Reliefbilder geschaffen wurden. In seinen Zeichnungen und Radierungen entwickelte er seit 1960 ein „Abc der semantischen Grundgesten" aus Kreuzen, Wellenlinien, Zickzack-Bahnen, Kreisen und Spiralen. S. starb bei einem Autounfall.
Schreiber,
Adolf, österr. Komponist, Kapellmeister, * 5 . 5 . 1881 Prag, t 1 . 9 . 1 9 2 0 Berlin. S.s Lebenslauf ist fast nur aus der Darstellung seines Jugendfreundes M a x —»Brod bekannt. Er war der Sohn eines Tapezierermeisters und sollte ursprünglich ein Handwerk lernen, besuchte aber vermutlich das Prager Konservatorium und war möglicherweise ein Schüler Antonin Dvoraks. Nach Engagements an verschiedenen Theatern war S. seit 1906 in Berlin Kapellmeister am Theater des Westens, später am Neuen Operettentheater und zuletzt am Künstlertheater. Daneben unterrichtete er an der „Neuen Opernschule" Mary —»Hahns. S.s kompositorisches Werk blieb zu Lebzeiten nahezu unbekannt. Erst die postum von Brod herausgegebenen 10 Lieder nach Texten u. a. von Peter —> Altenberg, Christian —»Morgenstern und Detlev von —»Liliencron fanden größere Resonanz. S. beging Selbstmord. c d ÖBL
Schreiber,
Alfred, österr. Sänger, Schauspieler, Theaterdirektor, * 1 2 . 1 0 . 1 8 3 8 Wien, t 9 . 9 . 1 9 1 0 Baden (Niederösterreich). S., Sohn eines Theateragenten, besuchte 1854-58 die Wiener A k a d e m i e der bildenden Künste, entschied sich jedoch für die Bühne und debütierte 1865 in Marienbad. 1871 wurde er von Friedrich —»Strampfer an sein Theater nach Wien geholt, wechselte 1872 an das Theater an der Wien, wo er bis 1875 hauptsächlich in Operetten, Volksstücken und Possen auftrat. Zu S.s Rollen zählten der Menelaus in Jacques —» Offenbachs Operette Die schöne Helena, der Ollendorf in Carl Millöckers Der Bettelstudent und der Frosch in Johann —»Strauß' Die Fledermaus. 1875-86 war er Direktor des Stadttheaters in Baden und leitete daneben 1879-86 das Theater in Wiener Neustadt. 1886-91 war er Direktor des Landestheaters in Graz, danach wieder des Badener Stadttheaters und bis 1898 auch des Stadttheaters in Ödenburg. S. war auch als Regisseur tätig. CD Ö B L
Schreiber,
Aloys Wilhelm, Historiograph, Schriftsteller, * 1 2 . 1 0 . 1 7 6 1 Bühl (Baden), t 2 1 . 1 0 . 1 8 4 1 Baden-Baden. Der Sohn eines K a u f m a n n s studierte ohne Abschluß Theologie an der Univ. Freiburg/Breisgau, war seit 1784 Lehrer und Verwalter der Bibliothek am G y m n a s i u m in BadenBaden und lebte seit 1788 in Mainz, w o er zunächst als Kritiker und Theaterschriftsteller, später als Hofmeister tätig war. 1797 ging er nach Rastatt, übernahm die Schriftleitung des „Rastatter Congreß-Blatts", war 1805-13 Prof. der Ästhetik
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und Geschichte an der Univ. Heidelberg und danach Hofhistoriograph in Karlsruhe mit dem Titel eines Hofrats. S.s schriftstellerisches Werk umfaßt Gedichte, Erzählungen (Romantische Erzählungen, 2 Bde., 1795), den R o m a n Wollmar (1794), kulturgeschichtliche Schriften sowie Reiseschilderungen und -handbücher (u. a. Bemerkungen auf einer Reise von Strasburg bis an die Ostsee, 2 Tie., 1 7 9 3 / 9 4 ; Handbuch für Reisende am Rhein von Schaffhausen bis Holland, 1816, 5 1841). Er schrieb eine Badische Geschichte (1817) und ein Lehrbuch der Aesthetik (1809) und gab 1806-08 die „Badische Wochenschrift zur Belehrung und Unterhaltung für alle Stände", seit 1816 Cornelia. Taschenbuch für deutsche Frauen und 1819 eine Auswahl der interessantesten Sagen aus den Gegenden des Rheins und des Schwarzwaldes heraus. heraus. DD Killy
Schreiber, Bernhard, auch Simhah B u n e m , jüdischer Theologe, * 28. 11. 1842 Preßburg, t 2. 12. 1906 Frankfurt/Main. S. wurde u . a . an der von seinem Vater Abraham Samuel B e n j a m i n Wolf geleiteten Talmudschule in Preßburg ausgebildet und setzte, seit der Heirat mit der Tochter eines wohlhabenden Tuchhändlers aus Wien (1865) finanziell abgesichert, später die Talmudstudien in Preßburg und Wien fort. Aufgrund seiner Gelehrsamkeit in hohem Ansehen stehend, sammelte er in Wien einen Kreis jüdischer Gelehrter um sich und pflegte mit zahlreichen Rabbinern einen intensiven Gedankenaustausch. Nach dem Tod seines Vaters folgte S. diesem als Oberrabbiner und Leiter der Jeschiwa von Preßburg nach. In dieser Funktion setzte er ein neues Organisationsstatut f ü r die jüdische Gemeinde durch, festigte deren orthodoxe Traditionen und intensivierte die Kontakte zu chassidischen Rabbinern in Ungarn. S. verfaßte einen Kommentar zum Talmud, Abhandlungen über juristische Fragen, exegetische Erläuterungen und zahlreiche Responsen (u. a. Shevet Sofer, 1909). CD Ö B L Schreiber,
Carl Wilhelm, Unternehmer, * 7 . 2 . 1 8 3 2 Struthütten (Siegerland), t 30. 1. 1911 Struthütten. S. erwarb 1876 die Anteile der 1837 gegründeten Kupferhütte im Kustertal bei Struthütten. 1900 verlegte er sie auf das Gelände der Grube „Grüne H o f f n u n g " bei Burbach (Kr. Siegen), wo er die Betriebsanlagen erweiterte. Sein unternehmerisches Engagement erstreckte sich außerdem auf den im R a u m Burbach ansässigen Bergbau auf Blei- und Zinkerze, deren Verarbeitung er in seinen Betrieb einbezog. 1910 gab er die Kupfergewinnung zugunsten der Kupferverarbeitung auf. 1863 beteiligte sich die Siegerländer Kupferwerke G m b H in W e i d e n a u / S i e g an der Firma Schreiber, wodurch sie die Möglichkeit zur Modernisierung und Erweiterung ihrer Anlagen erhielt. CD Fuchs
Schreiber,
Christian (Karl August), kath. Theologe, Bischof von Meißen und Berlin, * 3. 8 . 1 8 7 2 Somborn bei Gelnhausen, f 1 . 9 . 1 9 3 3 Berlin. Der Sohn eines Schreinermeisters studierte 1892-99 in Fulda und am Collegium G e r m a n i c u m in R o m , empfing 1898 die Priesterweihe und Schloß das Studium 1899 mit der Promotion zum Dr. phil. et theol. ab. Im selben Jahr wurde er Prof. der Philosophie, 1907 der Apologetik, Dogmatik und Homiletik sowie Regens am Fuldaer Priesterseminar. 1907-21 war er Mitherausgeber des „Philosophischen Jahrbuchs" der Görres-Gesellschaft. Seit 1921 erster Bischof des wiedererrichteten Bistums Meißen, setzte sich S. für den organisatorischen Ausbau der Diözese ein und k ä m p f t e erfolgreich für die Bekenntnisschulen in Sachsen. 1929 übernahm er als Apostolischer Administrator den A u f b a u des Bistums Berlin und wurde 1930 dessen erster Bischof. S. schuf die zentralen Bistumseinrichtungen (u. a. das Domkapitel) und gründete 1932 in Berlin-Hermsdorf ein Priesterseminar. Er veröffentlichte u . a . Christentum und Naturwissenschaft (1902) und
Schreiber Kant und die Gottesbeweise (1922) und g a b mit zahlreichen Mitarbeitern das Werk Wallfahrten durch das Deutsche Land (1928) heraus. CD Gatz 4
sche Wissenschaftspolitik (1954). S. wurde vielfach geehrt und ausgezeichnet; seit 1924 war er Päpstlicher Hausprälat. CD N D B
S c h r e i b e r , Clara, auch Klara S., geb. Hermann, österr. Schriftstellerin, * 27. 10. 1848 Wien, t 8 . 2 . 1905 Meran. S. erhielt nach dem frühen Tod ihres Vaters eine fundierte Bildung im Haus ihres Stiefvaters und lebte nach ihrer Heirat 1867 abwechselnd in Aussee (Steiermark) und Meran, w o sie sich an der Gründung und wirtschaftlichen Leitung von Kur- und Heilanstalten beteiligte und regen Anteil am gesellschaftlichen Leben nahm. Seit den achtziger Jahren schrieb sie Artikel über M o d e , Gesundheits- und Erziehungsfragen sowie Feuilletons, u. a. f ü r die „Wiener Allgemeine Zeitung" und die „Neue Freie Presse". S.s 1884 in B u c h f o r m erschienene Skizzen Eine Wienerin in Paris nehmen aufgrund der Fokussierung auf das Frauen- und Alltagsleben eine besondere Stellung in der damals verbreiteten Paris-Literatur ein. S. war die Mutter von Adele -»Schreiber-Krieger.
S c h r e i b e r , Hans, eigentl. Johann S., Pseud. Hans Franzi, H. S. Volker, Moorforscher, Schul- und Vereinsgründer, * 24. 12. 1859 Wallern (Volary, Böhmen), t 8. 1. 1936 Krumau (Cesky Krumlov). S., Sohn eines Webers und Leinwarenhändlers, studierte Naturwissenschaften und Land- und Forstwirtschaft in Prag und Wien, war seit 1884 Dozent für Witterungskunde und Oberrealschullehrer in Wien. Seit 1886 an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Tetschen-Liebwerd tätig, wurde er 1895 Direktor der Landwirtschaftsschule in Staab bei Pilsen. 1899 gründete S. die Moorkulturstation Sebastiansberg und 1900 den Deutsch-Österreichischen Moorverein, den er bis 1918 als Geschäftsführer leitete. S. widmete sich der Moor- und Torfkunde, kartierte zahlreiche M o o r e in Österreich und schuf so die Grundlage für das Österreichische Moorkataster. Ferner engagierte er sich für die Erhaltung der deutschen Volkskultur in Böhmen und gründete 1921 den Deutschen Verein für Volkskunde und Volksbildung im Böhmerwald. S. veröffentlichte u . a . Führer durch den Böhmerwald (1888), Neues über Moorkultur und Torfverwertung (2 Bde., 1900-02), Die Moore Vorarlbergs und Liechtensteins in naturwissenschaftlicher und technischer Beziehung (1910) und Moorkunde (1927). DP Ö B L
CP Ö B L S c h r e i b e r , Friedrich, österr. Mediziner, Militärarzt, * 13.2. 1879 Böhmisch-Leipa, + n . e . Der Sohn eines jüdischen K a u f m a n n s studierte seit 1898 an der Univ. Wien Medizin und wurde 1904 promoviert. Anfangs als Militärarzt im Dienst der österr. Armee, wirkte S. später an verschiedenen Krankenanstalten und eröffnete 1910 eine eigene Praxis in Wien. Daneben war er als Arzt am Kaiser-Jubiläums-Stadttheater (Volksoper) und bei mehreren Krankenkassen tätig. Im Ersten Weltkrieg machte sich S. als K o m m a n d a n t eines Krankenhauses durch die erfolgreiche B e k ä m p f u n g von Epidemien im Bosnien verdient. Nach Kriegsende kehrte er nach Wien zurück, war auch als Ärztefunktionär tätig und wurde 1935 Präsident des Vereins Säuglings- und Kinderfürsorge. Nach d e m „Anschluß" Österreichs 1938 ging S. nach Prag. Sein weiteres Schicksal ist ungeklärt. CD Ö B L S c h r e i b e r , Georg, kath. Theologe, Politiker, * 5 . 1 . 1882 Rüdershausen/Eichsfeld, t 2 4 . 2 . 1 9 6 3 Münster. S., Sohn eines Försters, studierte seit 1901 in Münster, Hildesheim und Berlin kath. Theologie, Geschichte und Germanistik, empfing 1905 in Hildesheim die Priesterweihe und wurde 1909 an der Univ. Berlin zum Dr. phil., 1913 an der Univ. Freiburg/Breisgau zum Dr. theol. promoviert. 1913 habilitierte er sich in Münster f ü r Kirchengesehichte, war 1915-17 a. o . P r o f . für Kirchenrecht sowie für bayerisches Staats- und Verwaltungsrecht an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Regensburg und wurde 1917 o.Prof. f ü r Kirchengeschichte an der Univ. Münster. 1920-33 gehörte S. für die Zentrumspartei d e m Deutschen Reichstag an; er zählte zu den bedeutendsten Kulturpolitikern der Weimarer Republik. 1935 an die Katholische Staatliche Akademie in Braunsberg zwangsversetzt, ließ er sich 1936 emeritieren. Nach Kriegsende nahm er seine Professur in Münster wieder auf, war 1 9 4 5 / 4 6 Rektor und wurde 1951 emeritiert. Er war 1926-33 Senator der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, seit 1960 Ehrensenator der Max-Planck-Gesellschaft. S. widmete sich in zahlreichen Schriften der kirchlichen Rechtsgeschichte des Mittelalters, der religiösen Volkskunde, der neueren Wissenschaftsgeschichte und der deutschen Wissenschafts- und Kulturpolitik. Er veröffentlichte u. a. Kurie und Kloster im 12. Jahrhundert (2 Bde., 1910, Nachdr. 1965), Die deutsche Kulturpolitik und der Katholizismus (1922), Auslandsdeutschtum und Katholizismus ( 1 9 2 7 , s 1932), Das Auslandsdeutschtum als Kulturfrage (1929), Briining-Hitler-Schleicher (1932), Zwischen Demokratie und Diktatur. Persönliche Erinnerungen an die Politik und Kultur des Reiches 1919-1944 (1949) und Deut-
S c h r e i b e r , Hans-Wilhelm, Chirurg, * 17.9. 1924 S c h ö n e c k e n / E i f e l , + 2 2 . 4 . 2 0 0 4 Hamburg. S., Sohn eines Landarztes, nahm seit 1942 am Zweiten Weltkrieg teil, begann 1945 das Studium der Medizin an der Univ. Bonn und wurde 1951 promoviert (Das Greisenantlitz. Die Veränderung der peripheren Ausdruckselemente im Alter). Nach der chirurgischen Ausbildung am Pathologischen Institut (bis 1954) und an der Chirurgischen Universitätsklinik in Bonn habilitierte er sich dort 1962 für Chirurgie, ging 1965 als Ärztlicher Direktor an das Marienkrankenhaus Hamburg und war seit 1973 Direktor der Abteilung für Allgemeinchirurgie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. 1967 in Bonn zum apl. Prof. ernannt, war er 1973-90 o. Prof. für Allgemeinchirurgie an der Univ. Hamburg. S., Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina seit 1981, beschäftigte sich vor allem mit Magenchirurgie und endoskopischer Chirurgie und war 1976 an der Gründung des ersten Tumorzentrums der Bundesrepublik in Hamburg beteiligt. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Die Chirurgie des Magensarkoms (mit Alfred —> Guetgemann, 1960) und Das Magen- und KardiaKarzinom (mit A. Guetgemann, 1964). 1985 wurde er zum Ritter des Gregoriusorden ernannt. CD N D B S c h r e i b e r , (Johann) Heinrich, kath. Theologe, Historiker, * 14.7. 1793 Freiburg/Breisgau, f 30. I I . 1872 Freiburg/ Breisgau. Nach dem Studium der Theologie, Philosophie und Philologie an der Univ. Freiburg/Breisgau (1808-14) und dem Besuch des Priesterseminars in Meersburg wurde S., Sohn eines Kammerdieners, 1815 zum Priester geweiht. Er lehrte anschließend als Prof. am Freiburger G y m n a s i u m und wurde 1819 Zweiter Kustos an der dortigen Universitätsbibliothek. 1821 zum Dr. phil. promoviert, habilitierte er sich im selben Jahr an der Philosophischen Fakultät der Univ. Freiburg und wurde 1826 Prof. der Moraltheologie. A u f g r u n d seiner Opposition gegen den Zölibat (u. a. im Lehrbuch der Moraltheologie, 2 Bde., 1831-34) und andere Kirchengesetze wurde er 1836 als Prof. der Historischen Hilfswissenschaften von der Theologischen an die Philosophische Fakultät versetzt. 1845 Schloß sich S. der Deutschkatholischen Bewegung an und wurde im folgenden Jahr exkommuniziert
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Schreiber und in den Ruhestand versetzt. Danach beschäftigte er sich mit geschichtlichen Studien, insbesondere der Erforschung der Geschichte von Stadt und Univ. Freiburg. S. war Herausgeber des „Taschenbuchs für Geschichte und Alterthum in Süddeutschland" (1839-46) sowie des Urkundenbuchs der Stadt Freiburg (2 Bde., 1 8 2 8 / 2 9 , Nachdr. 2004) und Verfasser historischer, theologischer, literatur- und kunstgeschichtlicher sowie heimatkundlicher Werke (u. a. Geschichte der Stadt Freiburg, 4 Bde., 1 8 5 7 / 5 8 ; Geschichte der Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg im Breisgau, 3 Bde., 1857-60). CD Leb Baden-Württ, Bd 19 S c h r e i b e r , Ilse, Schriftstellerin, * 2 1 . 2 . 1 8 8 6 Bad Pyrmont, t 2 7 . 2 . 1980 Fischach bei Augsburg. S. war mit dem Juristen Otto —>S., einem N a c h k o m m e n der Schriftstellerin Luise Mejer, verheiratet und lebte mit ihm u. a. in Berlin und Königsberg (Ostpreußen). Nach dem Zweiten Weltkrieg übersiedelte sie nach P r i e n / C h i e m s e e und wohnte zuletzt auf Schloß Elmischwang in Fischach bei Augsburg. S. verfaßte mehrere R o m a n e (u. a. Die Flucht ins Paradies, 1939, Neuaufl. 1951), Erzählungen und das Tagebuch Die Weit des Weizens und der Tränen (1943, Neuaufl. 1951). Unter d e m Titel Ich war wohl klug, daß ich dich fand g a b sie den Briefwechsel zwischen Heinrich Christian —>Boie und Luise Mejer aus den Jahren 1777-85 heraus. DP Munzinger S c h r e i b e r , Johann Friedrich, Mediziner, Militärarzt, Botaniker, * 2 5 . 5 . 1 7 0 5 Königsberg (Preußen), t 28. 1. 1760 St. Petersburg. S., Sohn eines Theologen und Historikers, studierte seit 1721 in Königsberg, F r a n k f u r t / O d e r , Leipzig und Leiden Medizin und wurde 1728 mit der Dissertation Meditationes philosophico-medicae de fletu an der Univ. Leiden promoviert. Seit 1729 las er an der Univ. Leipzig Philosophie, Mathematik und Medizin und betrieb daneben botanische Studien. 1731 trat S. in russische Dienste, war zunächst Militärarzt in Riga, später Generalstabsarzt und seit 1738 Stadtphysikus in Moskau. 1740 zum Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften von St. Petersburg ernannt, wurde er 1742 Prof. der Anatomie und Chirurgie am dortigen Hospital. 1756 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Er veröffentlichte u . a . Elementorum medicincc physico-mathematicorum (1731), Historia vitae et meritorum Frederici Ruysch (1732) und Kurze doch zulängliche Anweisung zur Erkenntniss und Cur der vornehmsten Krankheiten des menschlichen Leibes (1756). CD Ärzte 1 S c h r e i b e r , Josef, österr. Mediziner, Baineologe, Meteorologe, * 17.3. 1835 Böhmisch Leipa, t 2 8 . 9 . 1 9 0 8 Aussee (Steiermark). S., Sohn eines Lehrers, studierte seit 1854 Medizin an der Univ. Wien und wurde 1860 z u m Dr. med. et chir. promoviert. Er war kurze Zeit im Allgemeinen Krankenhaus in Wien und als praktischer Arzt in London tätig, hielt sich danach in Italien, Südfrankreich und der Schweiz auf und berichtete 1862 in der „Wiener medizinischen Presse" über seine dort erworbenen Erfahrungen in klimatischer Hinsicht. 1863 kehrte er an das Wiener Allgemeine Krankenhaus zurück und betrieb außerdem eine eigene Praxis. 1868 eröffnete er in Aussee das erste Sanatorium (heute Elisabethheim). Seit 1872 Dozent für Klimatologie an der Univ. Wien, hablilitierte er sich dort 1873 mit einer Arbeit Ueber Ozon, vom chemischen, physiologischen, klinischen und meteorologischen Standpunkte für Klimatologie. 1883 eröffnete er die Kuranstalt „Alpenheim" in Aussee, 1887 die Kuranstalt „Hygiea" in Obermais (Meran-Obermais), wo er während des Winters tätig war. S. erwarb sich vor allem durch seine klimatologischen und balneologischen Arbeiten Verdienste.
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Er veröffentlichte u. a. Soolbad Aussee in Steiermark als climatischer Curort und das dortige Sanatorium (1870), Ueber das Wesen klimatischer Kuren bei Lungenkranken (1876) und Praktische Anleitung zur Behandlung durch Massage und methodische Muskelübung ( 1 8 8 3 , 3 1 8 8 8 , frz. 1884, engl. 1887). CD Ö B L S c h r e i b e r , Julius, Internist, * 2 8 . 2 . 1848 Schrimm (Prov. Posen), f 1 8 . 9 . 1 9 3 2 Königsberg (Preußen). S., Sohn eines Buchhändlers, studierte in Königsberg Medizin, wurde 1875 promoviert (Zur Lehre von der artificiellen Tuberculose) und habilitierte sich als Assistent Bernhard —>Naunyns 1877 für Innere Medizin. 1883 wurde er a. o . P r o f . , 1921 o.Prof. an der Univ. Königsberg; seit 1886 war er Direktor der Medizinischen Universitäts-Poliklinik. S., der 1893 zum Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt wurde, befaßte sich mit Einfluß der A t m u n g auf den Blutkreislauf, der Pathogenese des Hirndrucks und d e m Schluckmechanismus. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Die Rekto-Romanoskopie auf anatomisch-physiologischer Grundlage (1903), Über den Schluckmechanismus (1904) und Der Wert der RektoRomanoskopie für die Erkennung und Behandlung der tiefsitzenden Darmerkrankungen (1908). Bekannt wurde S. insbesondere durch die Konstruktion endoskopischer Instrumente, darunter eines der ersten Ösophagoskope. CD Altpreuß Biogr, Bd 2 S c h r e i b e r , Karl, österr. Jurist, * 2 0 . 1 2 . 1858 Wien, t 6 . 1 2 . 1933 Wien. S., Sohn eines Mediziners, studierte Jura an der Univ. Wien, wurde 1879 promoviert und legte 1882 die Advokatenprüfung ab. Nach kurzer Tätigkeit im Rechtsbüro der Generaldirektion der österr. Staatsbahnen wurde er in das Eisenbahnministerium berufen, wo er zum Sektionschef aufstieg. Später war er bei der Eisenbahn-Bau-Direktion und 1911-27 als Advokat in Wien tätig. S. gab zusammen mit M a x Schuster mehrere Neuauflagen des Commentars zum österreichischen allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch von Moritz von —»Stubenrauch heraus und veröffentlichte u . a . Beiträge zum Zivil- und Eisenbahnrecht. 1892-1916 war er Redakteur der „Allgemeinen österreichischen GerichtsZeitung". c n ÖBL S c h r e i b e r , Michael, Chirurg, Unternehmer, * 2 5 . 1 1 . 1912 Aschheim bei München, f 12.5. 1994 M ü n c h e n . S. studierte Medizin in München, B o n n und Hamburg und wurde 1938 mit der Dissertation Über Geschwülste der Kniegelenkkapsel promoviert. 1952 gründete er in München eine Privatklinik, zu der er 1977 eine zweite Klinik hinzunahm. 1970 gründete S. eine Einkaufsgenossenschaft für Privatkliniken, deren 1. Vorsitzender er wurde. Er gehörte dem Vorstand des Bayerischen und des Deutschen Verbandes der Privatkrankenanstalten an. S c h r e i b e r , Oskar (Karl August Heinrich), Militär, Geodät, * 17.2. 1829 Stolzenau/Weser, t 1 4 . 7 . 1 9 0 5 Hannover. Nach dem Besuch der Polytechnischen Hochschule in Hannover 1848 in die hannoversche A r m e e eingetreten, wurde S„ Sohn eines A m t m a n n s , zu topographischen Arbeiten herangezogen. 1867 als Hauptmann in die preuß. A r m e e übernommen, wurde er in den Großen Generalstab kommandiert, war seit 1868 Vermessungsdirigent und lehrte seit 1874 Geodäsie an der Kriegsakademie. 1888 zum Chef der Preußischen L a n d e s a u f n a h m e ernannt, führte S. eine wissenschaftlich fundierte Landesvermessung durch, die in den Grundlagen bis heute genutzt wird und Vorbild f ü r zahlreiche andere Landesvermessungen wurde. 1893 trat S. im Rang eines Generalleutnants in den Ruhestand. Er schrieb u . a .
Schreiber Theorie der Projectionsmethode der Hannoverschen Landesvermessung (1866) und Die konforme Doppelprojektion der trigonometrischen Abtheilung der Kgl. preussischen Landesaufnahme (1897). Er war der Vater von Otto —»S. Cd Priesdorff, Bd 8
„Forschungen zur Geschichte und Landeskunde der Sudetenländer" sowie Mitherausgeber des „Stifter Jahrbuchs". Er schrieb u. a. Prag. Die vielgestaltige Stadt. Ein kurzer Abriß seiner Geschichte (1952) und Wallenstein (1964). DO D L L
S c h r e i b e r , Otto, Jurist, * 11.5. 1882 Berlin, t 24. 1. 1929 Königsberg (Preußen). Der Sohn Oskar - > S . s wurde 1900 Offizier, schied 1903 aus dem Militärdienst aus und studierte Jura in Freiburg und Göttingen. 1907 habilitierte sich S. an der Univ. Göttingen, wurde dort 1912 a. o . P r o f . und ging 1917 als Studiendirektor an die Leopoldsakademie in Detmold. 1920 wurde er als o. Prof. der Deutschen Rechtsgeschichte, des Handelsrechts und des Bürgerlichen Rechts an die Univ. Königsberg berufen. S. war eine international anerkannte Autorität auf dem Gebiet des Luftrechts. Er gründete 1925 das Institut für Luftrecht an der Univ. Königsberg als weltweit erstes seiner Art, gab die „Zeitschrift für das gesamte Luftrecht" heraus und war bei der Vorbereitung aller zwischenstaatlichen Luftfahrtabkommen führend beteiligt. S. war mit der Schriftstellerin Ilse —»S. verheiratet. CD Altpreuß Biogr, Bd 2
S c h r e i b e r , Theodor, Archäologe, * 13.2. 1848 Strehla/ Elbe (Sachsen), t 1 3 . 3 . 1 9 1 3 Leipzig. Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte an der Univ. Leipzig hielt sich S., Sohn eines Druckers, längere Zeit in Griechenland und Italien auf und habilitierte sich 1879 an der Univ. Leipzig (Apollon Pythoktonos). 1885 wurde er dort a. o. Prof. der Archäologie. Seit 1886 Direktor des Städtischen M u s e u m s der Bildenden Künste in Leipzig, leitete er 1898-1902 die Ausgrabungen der von Ernst von Sieglin ermöglichten Expedition in Alexandrien (Ägypten). S. war ein bedeutender Kenner der klassischen und byzantinischen Kunst. Er veröffentlichte u. a. einen Kulturhistorischen Bilderatlas (1886) und Studien über das Bildnis Alexanders des Großen (1903). S. war ordentliches Mitglied der Kgl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften und des Deutschen Archäologischen Instituts. • • Lullies
S c h r e i b e r , Ottomar, Politiker, * 1.5. 1889 Marienburg (Ostpreußen), t 6 . 2 . 1955 München. S., Sohn eines Lehrers und späteren Schulrats, Schloß das Studium der Geschichte, Philosophie und neuen Sprachen 1912 an der Univ. Königsberg mit der Promotion ab (Zur Chronologie der Hochmeister des Deutschen Ordens). 1920-22 als Buchhändler tätig, war er 1922-42 Syndikus der Industrie- und Handelskammer und 1932-34 Landespräsident des Memellandes. 1935 ging er nach einem Hochverratsverfahren der litauischen Staatsangehörigkeit verlustig, die ihm jedoch 1937 durch das Internationale Schiedsgericht wieder zuerkannt wurde. 1939-42 war er erneut Regierungschef des Memellandes. Seit 1945 in Bayern, wurde S. 1948 Mitgründer und Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen und 1949 Leiter des A m t e s für Fragen der Heimatvertriebenen in F r a n k f u r t / M a i n . Als Staatssekretär im Bundesministerium für Vertriebene 1949-53 zählte er zu den führenden Vertriebenenpolitikern. CD Altpreuß Biogr, Bd 2
S c h r e i b e r , Ulrich, Musikschriftsteller, * 2 7 . 2 . 1936 Essen, t 1 4 . 6 . 2 0 0 7 Düsseldorf. S., Sohn eines Polizeiverwaltungsbeamten, studierte Literaturwissenschaften und Philosophie, war seit 1964 als Musikund Theaterkritiker tätig, u . a . für „Opernwelt", „HiFiStereophonie", „Critique", „ M e r k u r " und „Musica" sowie für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung", die „Frankfurter R u n d s c h a u " und die „Rheinische Post, und trat auch als Essayist und Musikschriftsteller hervor. Als grundlegend für die Geschichte der Oper gilt sein Die Kunst der Oper (5 Bde., 1988-2006; auch als Opernführer für Fortgeschrittene, 3 Bde. in 5 Teilbänden, 1988-2006). Zu seinen Veröffentlichungen gehört ferner Schallplatten Klassik, Auslese ( 1 9 7 7 , 3 1 9 7 9 ) . S. erhielt 1999 die Ehrendoktorwürde der Univ. Wuppertal.
S c h r e i b e r , Rudolf, Agrarwissenschaftler, * 17. 1. 1897 Aich bei Karlsbad, t 17.3. 1984 Gießen. S. studierte Landwirtschaft an der Deutschen Univ. und der Deutschen T H Prag, war als Diplom-Landwirt mehrere Jahre Assistent am Agrikulturchemischen Institut der Hochschule in Tetschen-Liebwerd und wurde 1924 in Göttingen promoviert (Stojfwechselversuche über das optimale Beifutter zu Kartoffeln in der Schweinemast). 1941 habilitierte er sich in Gießen ( U b e r die Wirkung des Magnesiums auf Ertrag und Qualität der Getreidearten), wo er 1948 Prof. der Agrikulturchemie und wissenschaftlicher Rat wure. Seine Hauptarbeitsgebiete waren D ü n g u n g sowie Pflanzen- und Tierernährung ( u . a . Kleines Handbuch der Gärfutterbereitung, 1950; Praktische Tierernährung auf wissenschaftlicher Grundlage, 1957). Daneben befaßte er sich mit geschichtlichen Fragen, insbesondere der böhmischen Länder. Seit 1955 war S. Mitglied des Farmers Club in London.
S c h r e i b e r , Walther (Carl Rudolf), Politiker, * 10.6. 1884 Pustleben (heute zu Wipperdorf, Kr. Nordhausen), t 3 0 . 6 . 1 9 5 8 Berlin. Der Sohn eines Rittergutsbesitzers studierte 1903-06 Rechtsund Staatswissenschaften in Grenoble, München, Berlin und Halle, wurde 1910 zum Dr. jur. promoviert und war 1911-25 als Rechtsanwalt in Halle tätig. 1914-18 nahm er am Ersten Weltkrieg teil. 1919 trat S. der Deutschen Demokratischen Partei bei, wurde Mitglied der Verfassunggebenden Preußischen Landesversammlung und war 1920-33 Mitglied des Preußischen Landtags sowie 1925-32 preuß. Minister für Handel und Gewerbe. Seit 1934 arbeitete S. als Rechtsanwalt und Notar in Berlin, wo er über Julius —> Leber Kontakt zum Widerstand hatte. Nach Kriegsende war S. Mitgründer und Zweiter Vorsitzender der C D U in der Sowjetischen Besatzungszone, mußte jedoch Ende 1945 auf sowjetischen Druck zurücktreten. Seitdem im westlichen Teil Berlins politisch aktiv, gehörte er seit 1947 d e m Vorstand der C D U an und war 1951-54 Bürgermeister, 1953-55 Regierender Bürgermeister von Berlin. DP N D B
S c h r e i b e r , Rudolf, Historiker, Archivar, * 8 . 3 . 1 9 0 7 Neudeck (Egerland), t 2 5 . 1 0 . 1954 Speyer. S. studierte Geschichte und Germanistik an der Deutschen Univ. Prag, wurde 1931 promoviert und besuchte die Tschechische Staatliche Archivschule in Prag. 1936 habilitierte er sich an der Deutschen Univ. Prag und wurde 1944 a. o. Prof. der böhmischen Geschichte. 1940-45 war S. im Prager Stadtarchiv tätig, seit 1941 als dessen Leiter. 1945 zunächst interniert, dann ausgewiesen, wurde er 1950 Direktor des Staatsarchivs in Speyer. S. war Schriftleiter der „Zeitschrift für sudetendeutsche Geschichte" (1937-45), Herausgeber der
S c h r e i b e r , Wilfrid, Wirtschaftswissenschaftler, * 17.9. 1904 Brüssel, t 2 3 . 6 . 1975 Köln. S., Sohn eines Ingenieurs, wuchs seit 1918 in Köln auf und studierte bis 1930 ohne Abschluß an der dortigen Univ. sowie an den Technischen Hochschulen Aachen und M ü n c h e n . Seit 1927 als Journalist tätig, trat er 1933 in die N S D A P ein, wurde im selben Jahr Pressechef des Westdeutschen R u n d f u n k s und übernahm 1934 die Leitung der Abteilung Wissen und Weltanschauung beim Reichssender Köln. Seit 1947 studierte S. Wirtschaftswissenschaften an der Univ. Bonn, wurde 1948 promoviert (Kinematische Theorie der
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Schreiber-Krieger Wirtschaft) und habilitierte sich dort 1955 (Zur reinen Theorie des Kapitals und des Zinses). 1960 wurde er a. o., 1963 o . P r o f . für Sozialpolitik an der Univ. Köln. Bekannt wurde S. vor allem durch seine Schrift Existenzsicherheit in der industriellen Gesellschaft (1955, Neudr. 2004), in der er eine Rentenkasse für alle Erwerbstätigen auf der Grundlage eines „Generationenvertrags" entwarf; ihr Einfluß auf die Rentenreform 1957 gilt jedoch als gering. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Vermögensbildung in breiten Schichten (1958), Kindergeld im sozio-ökonomischen Prozeß (1965) und Soziale Ordnungspolitik heute und morgen (1968). CD N D B
Schreiber-Krieger,
Adele, geb. Schreiber, Schriftstellerin, Politikerin, * 2 9 . 4 . 1 8 7 2 Wien, f 18.2. 1957 Zürich. S.-K., Tochter von Clara —> Schreiber und eines Arztes, war seit 1900 Gasthörerin an der Univ. Berlin und besuchte die London School of Economics. Danach arbeitete sie als Journalistin und Schriftstellerin und war 1904 Mitbegründerin und bis 1933 Vizepräsidentin des „Weltbundes für Frauenstimmrecht und staatsbürgerliche Mitarbeit". Nach d e m Ersten Weltkrieg war sie Leiterin der Abteilung Mutter und Kind beim Deutschen Roten Kreuz. Als Mitglied der S P D gehörte S.-K. 1920-24 und 1928-32 dem Reichstag an. 1933 emigrierte sie in die Schweiz und 1939 nach England, wo sie an der demokratischen Erziehung deutscher Kriegsgefangener mitwirkte. 1957 kehrte sie in die Schweiz zurück In ihren Veröffentlichungen trat S.-K. insbesondere für das Frauenstimmrecht, den Mutter- und Kinderschutz (u. a. Das Recht des Kindes, 1931, Neuausg. 1949) sowie f ü r eine Sexualreform ein. CD N D B S c h r e i b e r s , Karl (Franz Anton) Ritter von, österr. Mediziner, Naturforscher, Museumsdirektor, * 1 6 . 8 . 1 7 7 5 Preßburg, t 2 1 . 5 . 1 8 5 2 Wien. S., Sohn eines Feldkriegsarchivars und späteren Sekretärs bzw. Registators und Expeditionsdirektors beim Hofkriegsrat in Wien, trat bereits 1792 mit einem Versuch einer vollständigen Conchylienkenntnis nach Linne's System (2 Bde.) hervor, studierte seit 1793 Medizin an der Univ. Wien und wurde 1798 promoviert. Nach einer ausgedehnten Studienreise u. a. nach Großbritannien (1799) war er 1802-06 Assistent Peter —> Jordans an der Lehrkanzel für spezielle Naturgeschichte; daneben arbeitete er als praktischer Arzt. 1806 wurde er Direktor des Vereinigten Naturalien-, physikalischen und astronomischen Kabinetts des Kaisers, des späteren Wiener Naturhistorischen M u s e u m s , an d e m er bis zu seiner Pensionierung 1851 wirkte; unter seiner Leitung vollzog sich der Wandel der kaiserlichen S a m m l u n g e n zu wissenschaftlichen Institutionen mit Weltgeltung. Hervorzuheben sind auch S.' Forschungen auf den Gebieten der Zoologie (u. a. über parasitäre Eingeweidewürmer und brasilianische Vögel) und der Meteoritenkunde (Beyträge zur Geschichte und Kenntniß meteorischer Stein- und MetallMassen und der Erscheinungen, welche deren Niederfallen zu begleiten pflegen, 1820, Nachdr. 1980) sowie seine experimentell-physikalischen Arbeiten ( u . a . Entwicklung eines elektromagnetischen Pendels). Als Organisator der österr. Brasilienexpedition (1817-21) richtete er 1820 das Brasilianische M u s e u m ein und veröffentlichte Collectanea ad Omithologiam Brasiliae (1833). S. war seit 1812 korrespondierendes Mitglied der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften und seit 1818 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1808 wurde er nobilitiert. Nach S. ist das Mineral Schreibersit benannt. CD N D B
Schreier,
Fritz, österr. Jurist, * 4 . 4 . 1897 Wien, t 7 . 6 . 1981 Kalifornien (USA). S. studierte an der Univ. Wien, wo er 1920 zum Dr. jur. promoviert wurde, und bei E d m u n d —> Husserl an der Univ.
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Freiburg/Breisgau. 1925 habilitierte er sich für Rechtsphilosophie an der Univ. Wien und ließ sich 1929 als Rechtsanwalt nieder. 1938 entpflichtet und in den Konzentrationslagern Dachau und Buchenwald inhaftiert, emigrierte S. nach der Entlassung im Dezember desselben Jahres in die Schweiz, wurde in Genf Mitarbeiter Hans —> Kelsens und ging 1941 in die U S A , wo er bei Paul Felix —»Lazarsfeld an der Columbia University, am Brooklyn College in N e w York und seit 1945 als Direktor für Marketing und Forschung in Philadelphia tätig war. S. verfaßte mehrere rechtsphilosophische Werke, in denen er versuchte, die Rechtslehre Kelsens auf der Philosophie Husserls zu begründen (u. a. Grundbegriffe und Grundformen des Rechts, 1924). Sein Buch Modern Marketing Research (1967) fand in den U S A große Verbreitung. CD Czeike
Schreier, Maximilian, österr. Journalist, Zeitungsherausgeber, * 2 3 . 5 . 1 8 7 7 Brünn (Mähren), t 1 5 . 6 . 1 9 4 2 Wien. Der Sohn eines jüdischen kaufmännischen Angestellten schrieb bereits als Jugendlicher gelegentlich Beiträge für das satirische Wochenblatt „Kikeriki!" und arbeitete seit 1901 als Lokal-, später als Parlamentsredakteur für die „Oesterreichische Volks-Zeitung". Seit 1910 betätigte sich S. auch als Gründer und Herausgeber von Zeitungen, u . a . des Blatts „Der Morgen", das sich in der Ersten Republik zur größten politischen Montagszeitung Österreichs entwickelte. Als scharfer Gegner des politischen Rechtsextremismus mußte S. 1934 unter der Regierung Engelbert —> Dollfuß alle journalistischen Funktionen niederlegen und konnte erst 1938 seine Tätigkeit beim „ M o r g e n " wiederaufnehmen, wurde jedoch unmittelbar nach d e m „Anschluß" Österreichs 1938 verhaftet und im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert. Schwer krank entzog er sich 1942 durch Selbstmord der bevorstehenden Deportation in ein Vernichtungslager. CD Ö B L Schreier,
Otto, österr. Mathematiker, * 3 . 3 . 1 9 0 1 Wien, t 2 . 6 . 1929 Hamburg. Der Sohn des Architekten T h e o d o r —>S. studierte seit 1919 Mathematik und Physik an der Univ. Wien und wurde 1923 promoviert (Ueberdie Erweiterung von Gruppen). Anschließend war er als Assistent an der Univ. Hamburg tätig, habilitierte sich 1927 für Mathematik (Die Untergruppen der freien Gruppen) und wurde 1928 in Rostock zum a. o. Prof. ernannt. S. verfaßte grundlegende Arbeiten zur kombinatorischen Gruppentheorie. Insbesondere gelang ihm der Beweis, daß Untergruppen freier Gruppen wieder frei sind (Satz von Nielsen-Schreier). Erwähnung verdienen ferner S.s Beiträge zur Theorie der angeordneten Körper, zur kombinatorischen Topologie und zur Zahlentheorie. Seine postum von Emanuel —»Sperner herausgegebene Einführung in die analytische Geometrie und Algebra (2 Bde., 1931-35) hat die moderne Auffassung dieses Teilgebiets der Mathematik geprägt. S. starb an einer Blutvergiftung. CD Ö B L
Schreier,
Theodor, österr. Architekt, * 8.(9.) 12. 1873 Wien, t nach dem 2 1 . 5 . 1 9 4 3 Konzentrationslager Theresienstadt (?). S., Sohn eines Kaufmanns, studierte 1891-96 Hochbau an der T H Wien, und war vorübergehend beim österr. Militär tätig. Von etwa 1899 bis 1906 war er Gesellschafter des Ateliers Ernst Lindner & Th. Schreier in Wien und besaß 1907-33 ein eigenes Architekturbüro. S.s Hauptwerk ist die 1 9 1 2 / 1 3 errichtete Synagoge in St. Pölten, die zu den bedeutendsten Synagogenbauten Österreichs zählt. S. war der Vater von Otto - » S . CD Ö B L
Schreiner S c h r e i n e r , Albert (Hermann), Deckname: Schindler, Politiker, Historiker, * 7 . 8 . 1 8 9 2 Aglasterhausen (Baden), t 4 . 8 . 1979 Berlin. Der aus einer sozialdemokratischen Arbeiterfamilie stamm e n d e S. machte eine Lehre als Maschinenschlosser in Stuttgart und trat 1910 in die S P D ein. Nach dem Ersten Weltkrieg war er 1918 kurzzeitig Kriegsminister in der ersten württembergischen Nachkriegsregierung. Seit 1919 Mitglied der KPD, wurde er 1921 Chefredakteur der „Süddeutschen Arbeiterzeitung". Nach 1933 floh er nach Paris und beteiligte sich als Publizist am Widerstand (Hitler treibt zum Krieg, 1934; Vom totalen Krieg zur totalen Niederlage, 1939, Nachdr. 1981). Nach Kriegsbeginn in Südfrankreich interniert, emigrierte er 1941 in die USA. Nach Deutschland zurückgekehrt, trat er 1946 in die S E D ein und hatte 1947-50 an der Univ. Leipzig den Lehrstuhl für Staatenkunde und internationale Beziehungen inne. 1953 wurde er bei Leo —> Stern in Halle mit der Arbeit Zur Geschichte der deutschen Außenpolitik 1871-1945 promoviert. 1951-56 war er Leiter der Abteilung 1918-45 am neuen M u s e u m für deutsche Geschichte, 1956-60 Abteilungsleiter am neugegründeten Institut für Geschichte an der Deutschen Akademie der Wissenschaften. S., Vertreter einer proletarischmarxistischen Geschichtswissenschaft, war maßgeblich an der Durchsetzung der Politik der S E D in der geschichtswissenschaftlichen Forschung und Lehre beteiligt. c d NDB S c h r e i n e r , Franz d . Ä . , österr. Unternehmer, * 11.1. 1817 (?) Groß St. Florian (Steiermark), t 2 9 . 3 . 1880 Graz. Der Sohn eines Müllermeisters arbeitete nach einer Brauerlehre in Graz in Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und München und war später als Brauführer und Geschäftsleiter in Leibnitz und in verschiedenen Grazer Unternehmen tätig. 1848 erwarb S. die von der Familie Diefenbacher betriebene Brauerei in Graz und baute diese zu einer der produktionsstärksten österr. Brauereien mit Absatzmärkten im Süden der Donaumonarchie, in Bosnien und Herzegowina sowie in Südfrankreich und Italien aus. Kurz vor seinem Tod zog sich S. aus d e m Geschäft zurück und überließ die Unternehmensleitung seinen Söhnen Hans, Karl und Franz - > S . d . J . CD Ö B L S c h r e i n e r , Franz d.J., österr. Unternehmer, Verbandsfunktionär, * 5 . 8 . 1 8 5 4 Graz, t 2 4 . 1 2 . 1921 Graz. Der Sohn Franz —>S.s d . Ä . erlernte das Brauereigewerbe und studierte 1871-73 an der chemisch-technischen Abteilung der T H Graz. Nach Studien an der Brauakademie in Weihenstephan sowie in deutschen und englischen Brauereien trat er 1876 in das väterliche Brauunternehmen ein und erhielt 1877 Prokura. 1880 übernahm S. zusammen mit seinen Brüdern Hans und Karl die Leitung des Unternehmens und wurde 1887 nach der U m w a n d l u n g der Firma in die Erste Grazer Actien-Brauerei deren Präsident. 1889 übernahm er eine Brauerei in Puntigam und verlegte den Brauereibetrieb dorthin. S. bekleidete zahlreiche Funktionen im Wirtschaftsleben der Steiermark, u. a. die des Präsidenten der Handels- und G e w e r b e k a m m e r in Graz, und engagierte sich auch auf humanitärem Gebiet. c n ÖBL S c h r e i n e r , Gustav Franz Xaver von, österr. Staatswissenschaftler, Politiker, * 6 . 8 . 1793 Preßburg, t 1.4. 1872 Graz. S., Sohn eines Riemermeisters, begann 1812 ein Theologiestudium an der Univ. Wien, wechselte im selben Jahr zur Rechtswissenschaft, lehrte nach 1815 an der Theresianischen Ritterakademie und an der Univ. Wien und wurde noch vor der Promotion (1824) Prof. am Lyzeum in Olmütz. 1828-71 war er o . P r o f . der Politischen Wissenschaft, der Österr. Politischen Gesetzkunde und der Statistik an der
Univ. Graz, 1 8 5 1 / 5 2 deren Rektor. S. lehrte vorwiegend Volkswirtschaftslehre, Finanzwissensehaft, Verfassungs- und Verwaltungspolitik und publizierte auf d e m Gebiet der Statistik. Erwähnung verdienen auch seine Arbeiten zur steirischen Landeskunde. Seit 1848 engagierte sich S. politisch auf der Seite der Liberalen, war Vertreter der Universitäten im Steiermärkischen Landtag, gehörte 1 8 4 8 / 4 9 der Frankfurter Nationalversammlung und 1861-70 erneut dem Steiermärkischen Landtag an. 1867 wurde er in den Adelsstand erhoben. CD Ö B L S c h r e i n e r , Helmuth (Moritz), evang. Theologe, * 2 . 3 . 1893 Dillenburg (Nassau), t 2 8 . 4 . 1 9 6 2 Münster. S., Sohn eines Seminaroberlehrers, studierte seit 1911 in Halle, Berlin und Bonn Theologie, nahm seit 1914 am Ersten Weltkrieg teil, setzte das Studium seit 1919 in Erlangen fort und wurde 1921 dort zum Dr. phil., 1926 an der Univ. Rostock zum Dr. theol. promoviert. Seit 1921 Pfarrer und Leiter der Hamburger Stadtmission, wurde er 1926 Vorsteher des Johannesstifts der Inneren Mission in Berlin und 1931 o . P r o f . der Praktischen Theologie an der Univ. Rostock. 1933 wurde S., der u . a . in Der Nationalsozialismus vor der Gottesfrage (1931) gegen die religiöse Deutung von völkischer B e w e g u n g und Nationalsozialismus aufgetreten war, als Mitglied der Jungreformatorischen B e w e g u n g die M a c h t ü b e r n a h m e durch die Nationalsozialisten aber begrüßt hatte, beurlaubt. Nach Kritik an der Rassenpolitik 1937 amtsenthoben, war er 1938-55 Pfarrer und Vorsteher des Diakonissenhauses in Münster. Von 1946 bis zu seiner Emeritierung 1957 war S. o.Prof. der praktischen Theologie an der Univ. Münster. Der Schwerpunkt seiner Arbeit lag auf den Gebieten der Apologetik, Homiletik, Pädagogik und Sozialethik. S. veröffentlichte u . a . Geist und Gestalt. Vom Ringen um eine neue Verkündigung (1926, 3 1934), Pädagogik aus Glaube (1930, 2 1931), Ethos und Dämonie der Liebe (1933, 3 1950), Die Nation vor Gott (mit Walter - » Künneth, 1933, 5 1937), Die Verkündigung des Wortes Gottes. Homiletik (1936, 5 1949) und Evangelische Pädagogik und Katechetik (1959). c d Mecklenburg, Bd 4 S c h r e i n e r , Jakob (Gottlieb), österr. Schauspieler, * 14.6. 1854 Gaunersdorf (Niederösterreich), t 26. 1. 1942 Wien. S., Sohn eines Arztes, besuchte die Theaterakademie Eduard Kierschners und debütierte 1872 am Carltheater. Nach Gastspielen in Berlin und München wirkte er 1 8 7 4 / 7 5 - 7 7 am Kgl. Hoftheater in M ü n c h e n , wurde 1878 an das Wiener Hofburgtheater verpflichtet und 1883 zum Hofschauspieler ernannt. 1901 zog sich S. von der B ü h n e zurück und war als Lektor für Sprachtechnik und Vortragskunst an der Univ. Wien tätig. 1917 wurde ihm der Professorentitel verliehen. S. spielte anfangs vorwiegend jugendliche Liebhaberrollen; später wurde er vor allem als Charakterdarsteller bekannt (u.a. als Burleigh in —»Schillers Maria Stuart und als Bis c h o f i n - » G r i l l p a r z e r s Weh' dem, der lügt). CD Ö B L S c h r e i n e r , Johann N e p o m u k , Unternehmer, * 1 3 . 5 . 1 7 6 6 Regen-Schollenried (Bayern), t 2 3 . 6 . 1826 Salzburg. S., Sohn eines Bauern, wurde 1798 als Kupferschmied in der Salzburger Hofbrauerei in Kaltenhausen bei Hallein angestellt, erlernte dort das Brauereigewerbe und legte 1802 die P r ü f u n g zum Braumeister ab. 1804-15 leitete er die im Schloß Rif untergebrachte Malzdarre des Brauhauses. 1819 erwarb S. die bereits zuvor von ihm gepachtete Stieglbrauerei in Salzburg und erhöhte durch eine Modernisierung der Produktion deren Bierausstoß. In den S o m m e r m o n a t e n betrieb er in d e m zu den Bierlagerkellern gehörenden Garten einen Ausschank und legte so den Grundstein zu d e m noch heute bestehenden „Stiegl-Keller". S. war der Vater von Josef Johann N e p o m u k —>S. c d ÖBL
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Schreiner Schreiner,
Josef, kath. Theologe, * 10.4. 1922 Windheim (Lkr. Bad Kissingen), t 2 . 5 . 2 0 0 2 Würzburg. Der Sohn eines Landwirts studierte nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg 1945-49 Philosophie und Theologie in Würzburg, empfing 1949 die Priesterweihe und wurde 1953 promoviert (Die Septuaginta-Massora des Buches der Richter. Eine textkritische Studie, gedruckt unter dem Titel Septuaginta im Buch der Richter, 1957). Nach einem Studienaufenthalt 1955-59 am Pontificio Istituto Biblico in R o m , wo er 1956 zum Lie. theol. promoviert worden war, habilitierte er sich 1960 in Würzburg f ü r Alttestamentliche Exegese und biblisch-orientalische Sprachen (Sion Jerusalem, Theologie der Heiligen Stadt im Alten Testament. I. Die Heilige Stadt, Jahwes Königssitz, gedruckt 1963) und erhielt 1964 eine o. Professur in Münster. 1970 wechselte er auf den Lehrstuhl für Alles Testament und biblisch-orientalische Sprachen in Würzburg; 1973-75 war er Rektor. S. war Mitbegründer und 1971-81 erster Vorsitzender des Arbeitskreises evang. und kath. All- und Neutestamentier und 1984-87 Mitglied der Päpstlichen Bibelkommission in R o m . Er wirkte an der Einheitsübersetzung des Alten Testaments mit und gab seit 1980 mit Josef G. Plöger Die Neue Echter-Bibel. Kommentar zum Alten Testament mit der Einheitsübersetzung heraus. Zu seinen weiteren Veröffentlichungen zählen Die Zehn Gebote im Leben des Gottesvolkes ( 1 9 6 6 , 2 1 9 8 8 ) , Gestalt und Anspruch des Neuen Testaments (1969) und Literatur und Religion des Frühjudentums (1973). 1980 wurde S. zum Päpstlichen Ehrenprälaten ernannt. nn BBKL
Schreiner,
Josef Johann Nepomuk, österr. Unternehmer, * 9 . 3 . 1821 Salzburg, t 2 2 . 7 . 1 8 8 0 Salzburg. Der Sohn Johann N e p o m u k —»S.s erwarb 1852 von seinem Vater durch Kauf die Bierbrauerei Stiegl in Salzburg und errichtete 1863 außerhalb der damaligen Stadtgrenzen in Maxglan-Riedenburg einen neuen Brauereikomplex mit moderner Ausstattung. Diese Ausweitung der Produktionskapazitäten sowie die Anlage neuer Bierkeller und die Einrichtung weiterer Biergärten ermöglichte eine Steigerung des Bierausstosses und -absatzes, durch die S.s Betrieb zu einem der bedeutendsten Salzburger Brauunternehmen aufstieg. 1875 wurde ein Großteil der Brauereigebäude durch einen Brand zerstört, jedoch im folgenden Jahr wieder aufgebaut. OP Ö B L
Schreiner,
Liselotte, eigentl. Purrucker, österr. Schauspielerin, * 18.6. 1904 Prag, t 1 5 . 2 . 1 9 9 1 Wien. S. erhielt ihre Ausbildung zur Schauspielerin in Weimar und Gotha und war an verschiedenen deutschen Bühnen engagiert (u.a. 1937-40 am Staatstheater in Hamburg und 1940-44 an der Volksbühne in Berlin). Seit 1941 gab sie Gastspiele am Wiener Burgtheater, dessen Ensemble sie 1948-73 angehörte. S. spielte von A n f a n g an Rollen des klassischen Faches und erwarb sich den Ruf der letzten großen „Heroine" des Burgtheaters. Zu ihren bedeutendsten Rollen zählen die Königin Elisabeth in —»Schillers Maria Stuart sowie die Titelrollen in —»Goethes Iphigenie aufTauris und in —» Kleists Penthesilea.
Schreinzer,
Karl Michael, österr. Musiker, Musikpädagoge, * 16. 10.1884 Iglau (Mähren), t 1.3. 1960 Wien. S. besuchte das Konservatorium der Gesellschaft der M u sikfreunde in Wien, war 1904-08 Musiker bei der österr. Kriegsmarine und 1908-13 Kontrabassist an der Wiener Volksoper. Seit 1913 wirkte er als Solokontrabassist an der Wiener Staatsoper und bei den Wiener Philharmonikern. 1928-45 war S. Archivar des Notenarchivs der Wiener Philharmoniker. 1934 wurde er zum Prof. ernannt. 1938-50 war er Vertragslehrer an der A k a d e m i e für Musik und darstel-
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lende Kunst in Wien. S. war der Gründer und Betreuer der „ S a m m l u n g Schreinzer", einer S a m m l u n g alter Musikinstrumente aus verschiedenen Ländern.
Schreker,
Franz (August Julius), österr. Komponist, * 2 3 . 3 . 1878 Monaco, t 2 1 . 3 . 1934 Berlin. S„ in den frühen Jahrzehnten des 20. Jh. einer der erfolgreichsten und meistaufgeführten Opernkomponisten, war lange vergessen. Erst in jüngster Zeit wird sein (Euvre wiederentdeckt, das wie bei kaum einem anderen Komponisten den Epochenwandel jener Jahre spiegelt - vom Impressionismus z u m Expressionismus und zur Neuen Sachlichkeit, schließlich gab es den Einschnitt durch die nationalsozialistische Kulturpolitik. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend, war S. nach d e m frühen Tod seines Vaters, eines Photographen, schon als Kind genötigt, mit Orgelspielen zum Unterhalt der Familie beizutragen. Von 1892 bis 1900 ermöglichte ihm ein Stipendium das Musikstudium am Wiener Konservatorium; sein dortiger Kompositionslehrer war Robert —» Fuchs. Nach ersten Lied- und Instrumentalkompositionen betätigte sich S. zunehmend als Bühnenkomponist und errang vor allem durch das Ballett Der Geburtstag der Infantin (1908) und die Oper Der ferne Klang ( 1 9 0 3 / 1 0 ) Erfolg und Anerkennung. 1908-20 leitete S. den Philharmonischen Chor in Wien, mit dem er viele m o d e r n e Werke zur A u f f ü h r u n g brachte. 1912 erhielt er einen Lehrstuhl für Komposition an der Wiener Akademie. Die damals entstandenen Opern (Das Spielwerk, Die Gezeichneten, Der Schatzgräber, Irrelohe) festigten S.s öffentliche Anerkennung. Die Libretti, die alle vom K o m p o nisten selbst stammen, stellen Künstlerfiguren in den Mittelpunkt; die für S. zentrale Kategorie des Klangs prägt unter Aufbietung einer diffizilen Instrumentationskunst seine Partituren. 1920 wurde S. z u m Direktor und Kompositionslehrer der Berliner Musikhochschule berufen. Zu seinen Schülern gehörten Ernst - » K r e n e k , Alois Häba, Grete von - » Z i e r i t z , Karol —» Rathaus und Paul —» Höffer, die für das Musikleben des 20. Jh. Bedeutung erlangen sollten. Die Veränderung des musikalischen Rezeptionsverhaltens und der Opernnachfrage in den zwanziger Jahren erschwerte für S. ein Anknüpfen an die Erfolge der Vorkriegszeit, zumal ihn als Juden und Repräsentanten des modernen Musiktheaters der Jahrhundertwende schon früh die antisemitische Hetze der völkischen Rechten traf. Die Auseinandersetzung mit der Neuen Sachlichkeit, wie sie ihm durch seine Berliner Kompositionsschüler vor Augen war, führte ihn bald aus der künstlerischen Krise heraus. So entstanden im Z u s a m m e n hang mit der „Zeitoper" Der singende Teufel ( 1 9 2 4 / 2 8 ) und Der Schmied von Gent ( 1 9 2 9 / 3 2 ) sowie im Z u g e der jungen Medienästhetik wegweisende Orchesterwerke f ü r Film und Radio. Die sich darin ankündigende neue Schaffensperiode kam jedoch nicht zur Entfaltung. 1932 wurde S. der Direktorentätigkeit und 1933 seiner Lehrtätigkeit enthoben; Depressionen und Selbstzweifel hatten ihren Anteil an dem Herzanfall, d e m S. am 2 1 . 3 . 1 9 3 4 erlag. LITERATUR: Matthias Brzoska: F. S.s Oper „Der Schatzgräber". Stuttgart 1 9 8 8 . - C h r i s t o p h e r Hailey: F. S„ 1878-1934. A cultural biography. Cambridge u . a . 1993. - Susanne Rode-Breymann: F. S. In: Komponisten der Gegenwart. Hrsg. v. Hanns-Werner Heister/Walter Wolfgang Sparrer. München 1992 ff. - Magali Zibaso: F. S.s Bühnenwerke. Saarbrücken 1999. Nils Grosch
Schrenck-Notzing Schreker-Binder, Maria, österr. Sängerin, * 1 0 . 1 1 . 1 8 9 2 Wien, t 2 3 . 1 2 . 1 9 7 8 Berlin. S.-B. studierte am Wiener Konservatorium und trat 1908 in den von Franz —>Schreker geleiteten Philharmonischen Chor ein. 1909 heiratete sie Schreker und gab Liederabende mit Werken ihres Mannes, der sie dabei am Flügel begleitete. 1920 gingen sie nach Berlin, wo S.-B. 1 9 2 3 / 2 4 bei der A u f f ü h r u n g zweier Opern ihres Mannes an der Berliner Staatsoper mitwirkte (u. a. als Partnerin von Richard —»Tauber in Der ferne Klang). Als Gastsängerin trat sie in Münster, am Opernhaus in Köln und in Hannover auf. 1924 wurde S.-B. an die Berliner Städtische Oper engagiert, w o sie u. a. die Titelrolle in Georges Bizets Carmen, die M i m i in G i a c o m o Puccinis La Boheme und die Giulietta in Jacques —» Offenbachs Hoffmanns Erzählungen sang, mußte jedoch wegen Stimmproblemen ihr Engagement bald aufgeben. CD Kutsch
Schrempf,
(Georg) Christoph, evang. Theologe, Philosoph, * 2 8 . 4 . 1860 Besigheim (Württemberg), f 13.2. 1944 Stuttgart. Nach dem Studium der Theologie wurde S., Sohn eines Schuhmachermeisters und Bruder von Friedrich —»S., 1886 Pfarrer in Leuzendorf, geriet jedoch aufgrund von Glaubenszweifeln und seiner Weigerung, die vorgeschriebene Liturgie zu gebrauchen, 1891 in Konflikt mit der Kirchenleitung und wurde 1892 entlassen (Akten zu meiner Entlassung aus dem Wiirttembergischen Kirchendienst, 1892). Er unterrichtete zunächst an einer Handelsschule, wurde 1906 in Tübingen zum Dr. phil. promoviert (Goethes Lebensanschauung in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Erster Teil: Der junge Goethe, 1905; Teil 2: Lehrjahre in Weimar 1775-86, 1907; 2 1932) und habilitierte sich 1909 f ü r Philosophie an der T H Stuttgart, w o er bis 1921 Privatdozent war. Mit seinen Stuttgarter Sonntagsreden und zahlreichen Veröffentlichungen zu existenziellen Fragen (u. a. Menschenlos. Hiob - Oedipus Jesus - Homo sum, 1900, 5 1948), die häufig auf der Philosophie S0ren Kierkegaards basieren (Sören Kierkegaard. Ein unfreier Pionier der Freiheit, 1907; Sören Kierkegaard. Eine Biographie, 2 Tie., 1927/28), sammelte S. einen Kreis von Menschen u m sich, die sich ebenfalls von der kirchlichen Lehre entfernt hatten. Er war auch Übersetzer und Herausgeber der gesammelten Werke von Kierkegaard. Seine Autobiographische Skizze erschien 1922. CD B B K L
Schrempf,
(Christian) Friedrich, Politiker, Publizist, * 2 4 . 2 . 1858 Besigheim (Württemberg), t 8. 1. 1913 Stuttgart. S., Bruder von Christoph —>S., besuchte 1871-75 das Lehrerseminar Tempelhof und war danach als Lehrer tätig. 1890 wurde er Redakteur der konservativen Tageszeitung „Deutsche Reichspost" in Stuttgart und Sekretär der Konservativen Partei Württembergs. 1895-1912 gehörte S. d e m Württembergischen Landtag an, 1898-1903 dem Reichstag. Er trat insbesondere für die Interessen der Bauern und eine protektionistische Landwirtschaftspolitik ein und b e k ä m p f t e die Caprivischen Handelsverträge. DP Raberg
Schrems,
Josef, Musikforscher, Dirigent, * 5 . 1 0 . 1 8 1 5 Warmensteinach (Oberfranken), t 2 5 . 1 0 . 1 8 7 2 Regensburg. S., Sohn eines Lehrers, erhielt eine philosophisch-theologische Ausbildung an den Lyzeen in Amberg und Regensburg, empfing 1838 die Priesterweihe und wurde 1839 Domkapellmeister und Inspektor der D o m p r ä b e n d e in Regensburg. Er machte sich u m die Verwirklichung der R e f o r m e n Karl —»Proskes und der Wiederbelebung der älteren Kirchenmusik verdient und wurde so zum Begründer der „Regensburger Tradition", welche die altrömische A u f f ü h r u n g s w e i s e der alten Meister übernahm und fortsetzte. S. bearbeitete eine
Fülle von Meisterwerken der Renaissance-Polyphonie zum praktischen Chorgebrauch und führte nach Proskes Tod die Musica divina fort. CD B B K L
Schrems,
Theobald, kath. Theologe, Dirigent, Musikpädagoge, * 17.2. 1893 Mitterteich (Oberpfalz), t 15. 11. 1963 Regensburg. S. studierte in Regensburg Theologie und war nach der Priesterweihe (1917) in der Seelsorge tätig, ehe er 1920 M u sikpräfekt des Seminars Obermünster in Regensburg und nach Studien an der Münchner Akademie der Tonkunst 1924 Domkapellmeister wurde. Sein Studium der Musikwissenschaft Schloß er 1928 mit der Promotion zum Dr. phil. an der Univ. Freiburg (Schweiz) ab (Dissertation Die Geschichte des gregorianischen Gesanges in den protestantischen Gottesdiensten). Unter S.' Leitung erlangten der D o m c h o r bzw. die „Regensburger Domspatzen" weltweite Anerkennung. Schwerpunkte seiner Arbeit waren die Pflege des gregorianischen Chorais und die Erhaltung des a-capella-Gesanges ausschließlich mit Knaben- und Männerstimmen. 1954 wurde S.' Plan der Gründung eines M u s i k g y m n a s i u m s verwirklicht. CD B B K L
Schrenck,
Albert Philibert Frh. von, Geodät, * 22. 11. 1800 Aurich (Ostfriesland), t 1.8. 1877 Oldenburg. S., Sohn eines Gutsbesitzers, studierte 1818-20 Mathematik, Statistik und Politik an der Univ. Göttingen (u. a. als Schüler von Carl Friedrich —>Gauß) und trat als Katastergeometer in den preuß. Staatsdienst ein. 1834 übernahm er als Obergeometer in Oldenburg die Leitung der Landesvermessung für die Errichtung eines Grundsteuerkatasters. S. schuf u. a. eine Fluß- und Wegekarte im Maßstab 1 : 1 0 0 0 0 0 in drei Blättern, eine Generalkarte im Maßstab 1 : 2 0 0 0 0 0 und ein Topographisches Kartenwerk im Maßstab 1 : 5 0 0 0 0 in 14 Blättern. 1865 wurde er Kommissar für die Mitteleuropäische Gradmessung, ein internationales A b k o m m e n zur Erforschung der Gestalt der Erde. CD Leb Nieders, Bd 7
Schrenck,
Leopold-Peter von, Naturforscher, Ethnograph, * 6 . 5 . 1826 C h o t e n ' bei C h a r ' k o v , t 2 0 . 1 . 1894 St. Petersburg. S., Sohn eines Verwaltungsbeamten, studierte 1844-52 Naturwissenschaften und Philosophie in Dorpat, Berlin und Königsberg und wurde Mitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg und der Russischen Geographischen Gesellschaft. 1853-57 unternahm er im Auftrag der A k a d e m i e eine Forschungsreise in das Amurgebiet und nach Sachalin; 1879 wurde er Direktor des Anthropologischen M u s e u m s der Akademie. Seit 1879 war er Mitherausgeber der „Beiträge zur Kenntnis des Russischen Reiches". S. erlangte durch seinen Expeditionsbericht Reisen und Forschungen im Amur-Lande [...] (4 Bde., 1859-1900) Berühmtheit. Der dritte Band dieses Werkes, Die Völker des Amur-Landes (3 Lfg., 1881-95, engl. 1964, Lfg. 1., russ. 1883), gilt noch heute als wichtige ethnographische Quelle. CD Killy S c h r e n c k - N o t z i n g , Albert (Philibert Franz) Frh. von, Mediziner, Parapsychologe, * 18.5. 1862 Osternburg bei Oldenburg, t 1 2 . 2 . 1 9 2 9 München. S.-N., Sohn eines großherzoglich-oldenburgischen Rittmeisters und Enkel von Albert Philibert von —> Schrenck, studierte seit 1883 Medizin an der Univ. München, wurde 1888 promoviert (Ein Beitrag zur therapeutischen Verwerthung des Hypnotismus) und ließ sich 1889 als praktischer Arzt in M ü n c h e n nieder. Er beschäftigte sich mit medizinischer Psychologie, Psychotherapie und Kriminalpsychologie und betätigte sich als erster Psychotherapeut Süddeutschlands. Bekannt wurde S.-N. durch seine Tätigkeit als Hypnotiseur
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Schrenck von Notzing sowie durch seine Forschungen über Parapsychologie, insbesondere über Telekinese und Materialisationsphänomene. Er veröffentlichte u . a . Materialisations-Phänomene (1914, 2 1923, engl. 1920, Nachdr. 1975), Physikalische Phänomene des Mediumismus (1920, ungar 1920, frz. 1925, span. 1928), Experimente der Fernbewegung (Telekinese) im psychologischen Institut der Miinchener Universität [...] (1924) und Grundfragen der Parapsychologie (1929; 3 1985 hrsg. von Gerda Walther) und gab seit 1926 die „Zeitschrift für Parapsychologie" heraus. 1926 wurde S.-N., Schwiegersohn von Gustav —> Siegle, Mitglied des Aufsichtsrats der IG Farbenindustrie A G . Das 1950 von dem Parapsychologen Hans Bender gegründete Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene in Freiburg/Breisgau baute wesentlich auf S.-N.s Werk auf. DP N D B
Schrenk,
Franz, österr. Unternehmer, * 12. 1. 1816 Fichtenbach (Böhmen), t 2 . 7 . 1 8 7 9 Schrenkenthal (Lohberg, Bayern). Der Sohn eines Glasmachers erlernte das Handwerk seines Vaters, arbeitete sich zum Hüttenmeister empor und gründete 1853 in Lohberg eine Glashütte zur Erzeugung von Rohglas, die er in den folgenden Jahren durch Pacht oder Kauf weiterer Glashütten im bayerisch-böhmischen Grenzgebiet sowie durch den Bau neuer Werke laufend erweiterte. 1865 errichtete S. in der Nähe von Lam ein Spiegelschleif- und Polierwerk, das mit kgl. Bewilligung seit 1868 den Ortsnamen Schrenkenthal führte, und verlegte 1872 seinen Wohnsitz dorthin. Später zog er sich aus der Firma zurück und übergab die Unternehmensleitung seinen Kindern und seinem Schwiegersohn. S. war der Vater von Wenzel —»S. ixi
Schrenck von Notzing,
Karl Frh. von, Politiker, * 17.8. 1806 Wetterfeld bei Cham, t 1 0 . 9 . 1 8 8 4 Wetterfeld. Der Sohn von Sebastian von —»S. v. N. trat nach dem Studium der Rechte in Landshut und München 1830 in den bayerischen Staatsdienst ein und wurde 1838 Regierungsrat bei der Regierung von Niederbayern, 1844 Ministerialrat im Innenministerium. 1 8 4 6 / 4 7 war er bayerischer Justizminister, 1847 auch Leiter des Ministeriums für kirchliche Angelegenheiten, wurde jedoch als Mitunterzeichner des Memorandums gegen Lola —> Montez von König —> Ludwig I. entlassen. 1848 war S. v. N. Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, 1850-59 und 1864-66 bayerischer Bundestagsgesandter. 1859-64 war er Staatsminister des Kgl. Hauses, des Äußeren, des Handels und der öffentlichen Arbeiten und führte den Vorsitz im Ministerrat. 1 8 7 0 / 7 1 hielt sich S. v. N. als Gesandter und bevollmächtigter Minister am Hof in Wien auf. Auch im Ruhestand blieb er als Staatsrat im außerordentlichen Dienst. 1872 wurde er Präsident der bayerischen Reichsratskammer. CD A D B
Schrenck von Notzing,
Sebastian von, Staatsmann, * 2 8 . 9 . 1774 Hillstett bei Neuburg vorm Wald (Oberpfalz), t 1 6 . 5 . 1 8 4 8 München. S. v. N. trat nach dem Studium der Rechtswissenschaften in den bayerischen Staatsdienst ein, wurde 1796 Regierungsrat in Straubing und war seit 1798 Richter in Wetterfeld bei Cham und in Kemnath. 1808 wurde er Rat am Appellationsgericht in München, 1811 Oberappellationsgerichtsrat. 1819 in die Zweite K a m m e r des Landtags gewählt, war S. v. N. bis 1837 deren Präsident, seit 1820 Ministerialrat im Justizministerium und 1832-46 Staatsrat und Staatsminister der Justiz. S. v. N. war verantwortlich für die drakonische Bestrafung zahlreicher Bürger, denen die Beteiligung an demokratischen Umtrieben vorgeworfen wurde. Er war der Vater von Karl von - > S . v. N. DP A D B
Schrenk,
Elias, evang. Theologe, Missionar, * 1 9 . 9 . 1 8 3 1 Hausen (Württemberg), t 21. 10.1913 Bethel (heute zu Bielefeld). S. erlernte den Beruf eines K a u f m a n n s und war später als Buchhalter in Donaueschingen und Freiburg/Breisgau tätig. 1854 trat er in das Basler Missionshaus ein und war 1859-64 und 1866-72 Missionar an der westafrikanischen Goldküste. Nach einem Aufenthalt in England 1 8 7 4 / 7 5 war er Kurprediger in Davos, 1878-86 Prediger der evang. Gesellschaft in Bern und seit 1886 Wanderprediger u . a . in Marburg, Barmen und Bethel. S. gilt als Bahnbrecher und bedeutendster Vertreter der „Evangelisation" der evang. Kirche, also der Volksmission in F o r m der freien, werbenden Predigttätigkeit ohne kirchliches Amt. Er schrieb u . a . Seelsorgerliche Briefe über allerlei Leute (3 Bde., 1909-12, 2 1991) und die Autobiographie Pilgerleben und Pilgerarbeit (1905, Neuausg. unter dem Titel Ein Leben im Kampf um Gott, 1936). CD Biogr Jahrb, Bd 18
212
ÖBL
Schrenk,
Gottlob, evang. Theologe, * 10.2. 1879 F r a n k f u r t / M a i n , t 13.4. 1965 Arosa. S. wurde 1908 Pfarrer in Heiligenhaus (NordrheinWestfalen), war 1911-13 Inspektor der Ostafrikamission und seit 1913 Dozent für Neues Testament an der Theologischen Schule in Bethel. Nach dem Ersten Weltkrieg zunächst Seelsorger in Interniertenlagern in Deutschland, Skandinavien und der Schweiz, lehrte er 1923-49 als o . P r o f . des Neuen Testaments an der Univ. Zürich. S. schrieb u . a . Gottesreich und Bund im älteren Protestantismus (1923).
Schrenk,
Walter, Musikkritiker, * 13.3. 1893 Darkehmen (Ostpreußen), f 2 6 . 2 . 1 9 3 2 Berlin. S., Sohn eines Rechnungsrats, studierte Kunst- und Literaturgeschichte sowie Musikwissenschaft an der Univ. Königsberg und bildete sich daneben zum Geiger und bei Otto —>Fiebach in Komposition aus. 1915-18 war er Musikkritiker der „Königsberger Allgemeinen Zeitung". 1919 ging S. nach Berlin und wurde nach weiteren musikwissenschaftlichen Studien bei Johannes —>Wolf 1920 erster Musikkritiker der „Deutschen Allgemeinen Zeitung". Er schrieb u. a. Richard Strauß und die neue Musik (1924). • D Altpreuß Biogr, Bd 2
Schrenk,
Wenz(e)l, österr. Fabrikant, * 1 0 . 8 . 1 8 4 9 Elisenthal bei Markt Eisenstein (Böhmen), t 1 0 . 2 . 1 9 0 5 München. Der Sohn Franz —»S.s verwaltete die Glashütten Eisendorf und seit 1877 in Elisenthal, die zu d e m väterlichen Unternehmen gehörten, und übernahm nach dem Rückzug des Vaters aus d e m Geschäftsleben die Leitung der böhmischen Betriebe. Insbesondere durch die Steigerung des Exports von Spiegelglas nach Amerika machte er sich um die Expansion der Firma Schrenk verdient, mußte jedoch infolge des Rückgangs der Exporte nach 1900 die Hütte und das Schleifwerk in Elisenthal schließen. Neben seiner geschäftlichen Tätigkeit engagierte sich S. im Kommunalleben und war seit 1894 wirkliches Mitglied der Handels- und G e w e r b e k a m m e r Pilsen. m ÖBL
Schrepfer,
Hans, Geograph, * 2 1 . 5 . 1897 F r a n k f u r t / Main, t 2 5 . 3 . 1 9 4 5 Würzburg. S. studierte Geographie und Naturwissenschaften in Frankfurt und Freiburg und wurde 1921 mit der Dissertation Der Einzug von Sommer und Herbst in Deutschland im Rahmen des phänologischen Jahres promoviert. Seit 1928 war er Prof. in Freiburg, 1929-36 in Frankfurt (daneben 1934-36 an der Hochschule für Lehrerfortbildung Weilburg) und seit 1936 in Würzburg. S. veröffentlichte vor allem Arbeiten zur Methodik der Geographie und zur Landeskunde Deutschlands. 1930-36 war er Herausgeber der „Rhein-Mainischen Forschungen", 1936-44 der „Zeitschrift für Erdkunde". Zu seinen Werken gehören u. a. Blüte- und Erntezeit des Winterroggens in Deutschland nebst einem Anhang über den
Schrey phänotogischen Herbst (1922), Das Maintal zwischen Spessart und Odenwald (1924), Geographischer Führer durch Freiburg und Umgebung (1927, mit Norbert —»Krebs), Finnland (1929), Der Kaiserstuhl (1931) und Der Nordwesten (1935, Nachdr. 1969, 1972 und 1974). CO B ö h m
Schretter,
(Johann) Georg, österr. Unternehmer, * 12.4. 1861 Reutte (Tirol), t 1.2. 1924 Pflach (Tirol). Der Kaufmannssohn betätigte sich zunächst insbesondere im Getreide-, Mehl-, Spezerei- und Holzhandel, in der Feigenkaffee-Erzeugung und als Geldwechsler. 1898 trat S. als Teilhaber in eine Ziegelei ein und wurde 1899 Gesellschafter der neugegründeten O H G „Erd & Schretter", Ziegelei und Falzplattenfabrikation, Kalkbrennerei und Sägewerk. Seit 1904 alleiniger Inhaber des Unternehmens, erweiterte er dieses zu einem Großbetrieb mit modernen technischen Einrichtungen und verlegte den Schwerpunkt der Produktion auf die Erzeugung von Portlandzement, der im In- und Ausland steigenden Absatz fand. 1913 erreichte die Zementfabrikation mit 27 000 Tonnen ihren Höhepunkt. Die Nachfolgefirmen von S.s Unternehmen werden noch heute von seinen N a c h k o m m e n geleitet. CD Ö B L
in der Bayerischen Staatsbibliothek ein Tagebuch für die Jahre 1793-1850 und eine Autobiographie als Handschrift erhalten. m NDB
Schreuer,
Hans, österr. Jurist, Historiker, * 3 . 3 . 1 8 6 6 Skutsch (Böhmen), t 1 1 . 6 . 1 9 3 1 Bonn. Nach dem Studium der Rechtwissenschaften an der Deutschen Univ. Prag (1884-88) arbeitete S., Sohn eines späteren Bezirkshauptmanns in Jicin, 1890-98 bei der Finanzprokuratur Böhmen, wurde 1891 promoviert und besuchte 1890-92 an der Univ. Berlin Vorlesungen über Deutsches Recht, Handelsrecht, Germanische und Slawische Philologie. 1896 wurde er Privatdozent, 1898 a. o . P r o f . des deutschen Rechts und der österr. Rechtsgeschichte an der Deutschen Univ. Prag, 1902 o . P r o f . der Deutschen Rechtsgeschichte, des Deutschen Bürgerlichen Rechts und Handelsrechts an der Univ. Münster, 1908 an der Univ. Bonn. S. arbeitete auf den Gebieten der Rechtsgeschichte und des Deutschen Privatrechts, beschäftigte sich auch mit der Frühgeschichte der slawischen Staatsbildung, d e m germanischen Königtum und dem altgermanischen Sakralrecht. Er schrieb u . a . Deutsches Privatrecht (1921). CD Ö B L
Schreus, Schretter,
Josef, österr. Maler, * 1 8 . 3 . 1 8 5 6 Inzing (Tirol), t 1 8 . 3 . 1 9 0 9 Innsbruck. S., Sohn eines Lehrers und Organisten, besuchte 1868-72 die Kunstgewerbeschule in Innsbruck, war 1 8 7 3 / 7 4 Gehilfe des Historien- und Kirchenmalers Franz —> Plattner und studierte anschließend an der A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien. 1881-86 hielt er sich zu Studienzwecken in Italien auf und war danach in München vor allem als Porträtist tätig. Seit 1891 lebte S. in Innsbruck, w o er 1907 das Felsburgsche Atelier E d m u n d von —>Wörndles übernahm. Zu seinen Werken zählen Porträts aus der fürstlichen und bürgerlichen Gesellschaft, u . a . des Herzogs Johann Albrecht von Mecklenburg-Schwerin. In späteren Jahren entstanden Genremotive von Bauernstubeninterieurs. 1899 wurde S. der Titel eines Großherzoglich MecklenburgSchwerinschen Professors verliehen. CD Ö B L
Schrettinger, Martin, Klostername Willibald, Benediktiner, Bibliothekar, * 1 7 . 6 . 1 7 7 2 Neumarkt (Oberpfalz), t 1 2 . 4 . 1 8 5 1 München. S., Sohn eines Hutmachermeisters, trat 1790 in den Benediktinerorden ein, legte 1793 im Kloster Weißenohe (Oberfranken) die Profeß ab, wurde 1795 zum Priester geweiht und war als Klosterbibliothekar tätig. Noch vor der Säkularisation des Klosters ging er 1802 nach München und wurde auf eigenen Wunsch und zunächst ohne Bezahlung in der H o f t i b l i o t h e k beschäftigt, w o er 1806 Kustos und 1823 Unterbibliothekar wurde. Seit demselben Jahr war er Hofkaplan, seit 1839 Kanonikus im Stift St. Kajetan in M ü n c h e n . S. gilt als einer der Begründer der modernen Bibliothekswissenschaft, der die Entwicklung von der Sammlungszur Gebrauchsbibliothek förderte. Er setzte die Trennung von Aufstellung der Bücher und Kataloge, ein seitdem unbestrittenes Prinzip, durch und entwarf den diesbezüglichen Aufstellungsplan nach großen Sachgruppen. 1819 begann S. einen Schlagwortkatalog („Realkatalog"), den er aber nicht zum Abschluß bringen konnte. Dessen ungeachtet stellt dieser älteste erhaltene große Schlagwortkatalog heute noch ein erstrangiges bibliographisches Hilfsmittel dar. S. war maßgeblich an der Planung eines neuen Bibliotheksgebäudes beteiligt, das schließlich (durch Friedrich von —> Gärtner) in der Ludwigstraße errichtet wurde. Er veröffentlichte u. a. Versuch eines vollständigen Lehrbuches der Bibliotheks-Wissenschaft (4 Hefte, 1808-29) und Handbuch der Bibliotheks-Wissenschaft (1834). Ferner sind von ihm
Hans Theodor, Dermatologe, Röntgenologe, * 16.9. 1892 Hückeswagen (Regierungsbezirk Düsseldorf), t 2 7 . 1 . 1970 Düsseldorf. S., Sohn eines Sanitätsrats, studierte Medizin in Heidelberg, Bonn, Kiel, M ü n c h e n und Halle und wurde 1919 an der Univ. B o n n promoviert (Die Dosierung mit dem Fürstenauschen Intensimeter). Danach arbeitete er an der M ü n c h ner Frauenklinik, an der Bonner Universitäts-Hautklinik (1919-25) und an der Hautklinik in Düsseldorf (1925-29). 1921 habilitierte sich S. an der Univ. Bonn der Dermatologie, Syphilidologie und Röntgenologie, wurde 1926 a . o . P r o f . und 1930 o . P r o f . der Dermatologie und Röntgenologie an der Medizinischen Akademie Düsseldorf. S., seit 1936 Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina, arbeitete vorwiegend auf den Gebieten der Haut- und Geschlechtskrankheiten und der Röntgenbehandlung. Er veröffentlichte u . a . Röntgenbehandlung in der Dermatologie (1922, 2 1923), Schleifen und Fräsen der Haut (1956) und Ärztliche Kosmetik (Hrsg., 1957, ' i 9 6 0 ) . S c h r e y , Ferdinand, Stenograph, * 19.7. 1850 Elberfeld (heute zu Wuppertal), t 2. 10.1938 Berlin. Der Sohn eines Lagerarbeiters machte eine Banklehre, war unternehmerisch tätig und gründete 1891 in Berlin eine Vertriebsstelle für Schreibmaschinen und einen Verlag für Stenographie. S. war um die Weiterentwicklung des stenographischen Systems von Franz Xaver —> Gabelsberger bemüht. Er g a b mehrere einschlägige Zeitschriften (u. a. „Neuwacht") heraus und bekleidete zahlreiche Funktionen in Stenographenverbänden. S.s Hauptwerk ist das Lehrbuch der vereinfachten deutschen Stenographie (1888), eine Weiterentwicklung des Gabelsbergerschen Systems, die 1897 durch das System Stolze-Schrey abgelöst wurde. t u Munzinger S c h r e y , (Carl) Otto, Ingenieur, * 9 . 9 . 1853 Krefeld, t 1932. S., Sohn eines Bauern, besuchte 1869-74 die Kgl. Gewerbeakademie in Berlin und war 1875-91 Maschinenbauführer und Regierungsmaschinist bei der Kgl. Preußischen Staatseisenbahn. Seit 1891 Eisenbahn-Bauinspektor im preuß. Ministerium der öffentlichen Arbeiten, schied er 1898 aus d e m Staatsdienst aus und erbaute im Auftrag der privaten Wagenbauindustrie 1 8 9 8 / 9 9 die Waggonfabrik Danzig, deren Generaldirektor er bis 1921 war. S. gründete den Verband Ostdeutscher Industrieller und stand ihm bis 1919 vor. 1924 wurde er Generaldirektor und Geschäftsführer der Deutschen Wagenbau- und Leihgesellschaft m.b.H. in Berlin. S. gehörte dem Aufsichtsrat der Waggonfabrik Danzig A.G. und der
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Schreyber Universum Film A.G. (UFA) in Berlin an. Er veröffentlichte u . a . Selbstkostenberechnung und technische Buchführung in Waggonfabriken (mit Eduard Bing, 1910). • D Reichshandbuch
Schreyber,
Heinrich —> Grammateus, Heinrich
S c h r e y e r , (Christian) Adolf, Maler, * 9 . 7 . 1828 Frankf u r t / M a i n , t 2 9 . 7 . 1899 Kronberg/Taunus. Der aus einer wohlhabenden Familie stammende S., Bruder von Otto —»S., war seit 1843 Schüler Jakob Beckers am Städelschen Institut in F r a n k f u r t / M a i n , besuchte 1 8 4 7 / 4 8 die Akademien der bildenden Künste in Düsseldorf und München und lebte von 1859 an meist in Paris. Seit 1872 verbrachte er die S o m m e r m o n a t e in Kronberg, wo er ein Atelier unterhielt und Mitglied der Malerkolonie war. S. zählt zu den Wegbereitern des Realismus und Impressionismus in Deutschland. Beeinflußt von der Schule von Barbizon, malte er u . a . Pferde- und Reiterbilder, militärische Szenen aus der Walachei (Walachische Transportkolonne) sowie Bilder mit Motiven aus Algerien und Kleinasien. CD Frankf Biogr
Schreyer,
Christian Heinrich, Komponist, * 24. 12. 1751 Dresden, t 2 4 . 1 . 1823 Dresden. Der Sohn eines Maurergesellen bildete sich autodidaktisch zum Musiker aus und komponierte kleinere Stücke für den kirchlichen Gebrauch. 1771-76 studierte er Theologie an der Univ. Wittenberg und betätigte sich als Klavierlehrer. U m 1815 wirkte er als Pastor und A d j u n k t in Ortrand bei Großenhain. S. komponierte Lieder, Instrumentalwerke und die Passionskantate Empfindungen der Freunde des sterbenden Jesu. Er schuf auch Übungsstücke für den Klavierunterricht. DP M G G
Schreyer,
Isaac, Pseud. I. Sch., Herbert Urfahr, Peregrinus, Schriftsteller, * 20. 10. 1890 Wisnitz (Bukowina), t 14.1. 1948 N e w York. Nach d e m Schulbesuch in Czernowitz ging S. nach Wien und war dort sowie in Leipzig und Berlin als Redakteur tätig. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg lebte er seit 1918 in Wien in einfachen Verhältnissen als freier Schriftsteller und Ubersetzer aus d e m Jiddischen und Hebräischen sowie als Buchhalter. 1939 emigrierte er nach Großbritannien und ging 1942 in die U S A , wo er eine Anstellung als Buchhalter in einer Druckerei erhielt. S. veröffentlichte seit 1911 Gedichte mit neoromantischen Anklängen u . a . in der „Schaubühne" und der „Prager Presse". Postum erschienen Psalm eines einfachen Mannes (1950), eine von Ernst - > Waldinger zusammengestellte S a m m l u n g lied- und gebethafter Lyrik (Neuausg. 1969 von Rudolf —>Felmayer unter dem Titel Das Gold der Väter), in der vor allem Exilerfahrung und apokalyptische Zivilisationskritik zum Ausdruck kommen. CD Spalek 2,1
mie der Künste in Berlin. Seit 1881 lebte er als Musiklehrer und -Schriftsteller in Dresden. S. gab eine Auswahl —> Bachscher Orgelkompositionen mit Phrasierungsbezeichnung heraus und verfaßte eine Harmonielehre ( 1 9 0 5 , s 1924). Bekannt wurde er vor allem durch seine Beiträge zur BachKritik (1910-13), in denen er versuchte, die nichtauthentischen unter den Bach zugeschriebenen Werken mittels eindeutiger Kriterien zu identifizieren. CD M G G
Schreyer,
Joseph, Bankier, * 19. 1. 1870 Regensburg, t 2 0 . 2 . 1940 München. S. studierte Rechtswissenschaft an der Univ. München und trat in den bayerischen Staatsverwaltungsdienst ein. Nach Tätigkeiten bei der Regierung von Oberbayern und im Bayerischen Kultusministerium wurde er 1902 stellvertretender Direktor der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank, 1905 Direktor und Vorstandsmitglied. Als Spezialist für das Immobiliarkreditwesen gehörte S. seit der Gründung dem Verwaltungsrat der Deutschen Rentenbank-Creditanstalt an und war Vorsitzender des Sonderausschusses f ü r Hypothekenbankwesen beim Zentralverband des deutschen Bankund Bankiergewerbes. S. war auch Mitglied des Reichswirtschaftsrats. CD Reichshandbuch
Schreyer,
Lothar, Pseud. Angelus Pauper, Graphiker, Schriftsteller, Pädagoge, Bühnengestalter, * 19.8. 1886 Blasewitz (heute zu Dresden), t 1 8 . 6 . 1 9 6 6 Hamburg. Der aus einer Künstlerfamilie s t a m m e n d e S. studierte Rechtswissenschaft in Heidelberg, Berlin und Leipzig, wurde 1911 promoviert (Literarisches und künstlerisches Miturheberrecht) und arbeitete 1911-18 als Dramaturg am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. 1916-18 war er Schriftleiter der Zeitschrift „Der S t u r m " und leitete 1918-21 die „ S t u r m b ü h n e " in Berlin und die „ K a m p f b ü h n e " in Hamburg. 1921 wurde S. als „Meister der F o r m " an das neugegründete Staatliche Bauhaus in Weimar berufen, wo er bis 1923 lehrte. Danach war er als Lehrer und Redakteur, seit 1932 als freier Schriftsteller und Maler bei Hamburg tätig. S. verfaßte zahlreiche kunst- und theatertheoretische Schriften (u.a. Das Drama, das Bühnenkunstwerk, 1 9 1 6 / 1 7 ; Die bildende Kunst der Deutschen, 1930). In seinem literarischen Werk, das lyrische und dramatische Werke sowie legendenhafte Erzählungen und historische R o m a n e umfaßt, wandte er sich nach expressionistischen Anfängen ( u . a . Jungfrau, 1917; Mondspiel, 1923) seit seiner Konversion zum Katholizismus 1933 zunehmend der christlichen Mystik zu (Die Mystik der Deutschen, 1933; Bildnis des Heiligen Geistes, 1940). Seine Erinnerungen an Sturm und Bauhaus erschienen 1956. CD Lex Kunst
S c h r e y e r , Johann, Mediziner, * 1. Drittel 17. Jh. S. studierte in Jena, wurde 1658 promoviert (De ephemera) und war als Stadt- und Landphysikus in Zeitz tätig. 1681 wandte er zum erstenmal die hydrostatische Lungenprobe in der forensischen Praxis an und verwertete sie 1683 in einem schriftlichen Gutachten. S. veröffentlichte u . a . Neues Liecht vor die Apotheker ( 1 6 9 0 , 2 1 6 9 3 , auch 1700) und Erörterung und Erläuterung der Frage: Ob es ein gewiss Zeichen, wenn eines todten Kindes Lunge im Wasser untersincket, dass solches im Mutterleibe gestorben sey (1691, i 1 7 4 5 ) .
Schreyer, Otto, Schriftsteller, * 25. 12. 1831 F r a n k f u r t / Main, t 5. 1.1914 Hamburg. Nach kaufmännischer Ausbildung und längeren Reisen ließ sich S., Bruder von Adolf —>S., in Hamburg nieder und ergriff den Beruf eines Schriftstellers. Nach ersten Veröffentlichungen von Erzählungen und Novellen um 1861 war er seit 1866 auch als Bühnenautor, 1 8 7 0 / 7 1 als Kriegsberichterstatter der „Hamburger Nachrichten" tätig und wurde später Mitarbeiter verschiedener Zeitschriften. 1876-79 wirkte S. als Dramaturg am Hamburger Stadttheater. Seit 1880 arbeitete er mit Hermann —> Hirschel zusammen, mit d e m er Hamburger Volksstücke (u. a. Hamburger Nestküken, 1883) verfaßte.
CD Ärzte 1
CD Kosch: Theater
Schreyer,
Johannes (Theodor), Musiktheoretiker, Musikpädagoge, * 2 0 . 6 . 1856 Possendorf bei Dresden, t 11.2. 1929 Dresden. S. war 1 8 7 6 / 7 7 Schüler des Leipziger Konservatoriums und 1878-80 der Kompositionsabteilung der Kgl. Akade-
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Schreyer,
Sebald, Humanist, * 9 . 6 . 1446 Nürnberg, t 2 2 . 5 . 1520 Nürnberg. S., Sohn eines Pelzhändlers, erwarb 1462 das Baccalaureat an der Univ. Leipzig und war dann bis 1469 im väterlichen Beruf tätig. 1471-75 lebte er als Diener am Hof Kaiser
Schriel —> Friedrichs III., trat später in d e n D i e n s t der Stadt N ü r n berg und w a r 1479 K o m m i s s i o n s m i t g l i e d bei der sog. N ü r n berger R e f o r m a t i o n . 1 4 8 2 - 1 5 0 3 w a r er K i r c h e n m e i s t e r bei St. Sebald, 1504-15 B a u m e i s t e r des St. Sebastiansspitals in N ü r n b e r g . S. e r l a n g t e als Initiator und F ö r d e r e r der h u m a nistischen W i s s e n s c h a f t e n und künstlerischer U n t e r n e h m u n g e n in N ü r n b e r g B e d e u t u n g . Er w a r u . a . an der Errichtung d e s S e b a l d u s g r a b e s von Peter —»Vischer u n d an d e r Stiftung der von A d a m —»Kraft a u s g e f ü h r t e n u n d nach i h m b e n a n n t e n Grablegung Christi a m O s t c h o r von St. S e b a l d beteiligt. S. w a r auch F i n a n z i e r von H a r t m a n n - » S c h e d e l s Weltchronik. CD N D B S c h r e y e r , W e r n e r (Friedrich), M i n e r a l o g e , P e t r o l o g e , * 14.11.1930 Nürnberg, t 13.2.2006 Bochum. S., S o h n eines B a n k p r o k u r i s t e n , studierte seit 1950 Petrog r a p h i e an der U n i v . M ü n c h e n , w u r d e 1957 p r o m o v i e r t (Das Moldanubikum um Vilshofen in Niederbayern, gedruckt 1962) und arbeitete 1957-61 a m G e o p h y s i c a l L a b o r a t o r y der C a r n e g i e Institution in W a s h a i n g t o n , D . C . 1963 habilitierte er sich an der U n i v . Kiel f ü r M i n e r a l o g i e (Synthese, Stabilität und Vorkommen des Minerals Cordierit) und f o l g t e 1966 e i n e m R u f als o . P r o f . f ü r M i n e r a l o g i e und P e t r o l o g i e an die U n i v . B o c h u m . Er b e s c h ä f t i g t e sich vor allem mit den E n t s t e h u n g s b e d i n g u n g e n m e t a m o r p h e r Gesteine u n d b e g r ü n d e t e d a s G e b i e t der U l t r a h o c h d r u c k m e t a m o r p h o s e . Z u seinen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n g e h ö r e n Elementverteilung in koexistierenden Festkörperphasen (mit Kurt A b r a h a m , 1973) u n d High-pressure researches in geosciences (Hrsg., 1982). S., 1970-72 Vorsitzender der D e u t s c h e n M i n e r a l o g i s c h e n G e s e l l s c h a f t (seit 2 0 0 0 E h r e n m i t g l i e d ) , w a r M i t g l i e d der N o r d r h e i n - W e s t f ä l i s c h e n A k a d e m i e der Wiss e n s c h a f t e n (1973), der D e u t s c h e n A k a d e m i e der N a t u r f o r scher L e o p o l d i n a ( 1 9 8 2 ) , der Ö s t e r r e i c h i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n ( 1 9 8 5 ) , der A c a d e m i a N a z i o n a l e dei Lincei (1987), der A c a d e m i a E u r o p e a ( 1 9 9 0 ) und der A c a d e m i e R o y a l e d e B e l g i q u e (1995). CD N D B S c h r e y v o g e l , J o s e p h , P s e u d . T h o m a s West, Karl A u g u s t West, C. A . West u. a., österr. Schriftsteller, D r a m a t u r g , * 2 7 . 3 . 1768 W i e n , t 2 8 . 7 . 1 8 3 2 W i e n . D e r S o h n eines w o h l h a b e n d e n H o l z h ä n d l e r s schrieb nach ein e m a b g e b r o c h e n e n J u r a s t u d i u m u . a . f ü r die „ W i e n e r Zeitschrift" und die „Österreichische Monatsschrift". Des Jakob i n i s m u s verdächtigt, ging er 1794 n a c h Jena, später n a c h Weimar, arbeitete an der „ A l l g e m e i n e n L i t e r a t u r - Z e i t u n g " mit u n d p f l e g t e B e k a n n t s c h a f t mit —> Schiller, —> G o e t h e und —> W i e l a n d . 1796 k e h r t e er n a c h W i e n zurück, w a r 1802-04 literarischer Berater d e s H o f t h e a t e r s u n d g a b unter P s e u d o n y m 1807-09 d a s „ S o n n t a g s b l a t t , o d e r Unterhalt u n g e n von T h o m a s W e s t " heraus, das, der A u f k l ä r u n g verpflichtet, d i e klassizistische K u n s t a n s c h a u u n g g e g e n d i e R o m a n t i k , i n s b e s o n d e r e g e g e n ü b e r d e n B r ü d e r n —»Schlegel, vertrat. 1802 beteiligte sich S. an der G r ü n d u n g d e r Kunsth a n d l u n g K u n s t - und I n d u s t r i e - C o m p t o i r und n a h m nach deren K o n k u r s (1813) 1814-32 als Präsidialsekretär d e r k . k . H o f t h e a t e r m a ß g e b l i c h e n E i n f l u ß auf das W i e n e r T h e a t e r l e ben. M i t seinen w e r k g e t r e u e n I n s z e n i e r u n g e n von Werken von Schiller und G o e t h e , B e a r b e i t u n g e n S h a k e s p e a r e s u n d s p a n i s c h e r Klassiker s o w i e A u f f ü h r u n g e n von D r a m e n F r a n z —> Grillparzers und E d u a r d von - > B a u e r n f e l d s f ü h r t e er als Verfechter einer m ö g l i c h s t Werktreuen A u f f ü h r u n g s p r a x i s d a s W i e n e r B u r g t h e a t e r zu einer ersten B l ü t e und b e g r ü n d e t e dessen typischen B ü h n e n s t i l . S. schrieb u . a . das Lustspiel Die Wittwe (1795), den B r i e f r o m a n Der Neue Teutsche Lovelace ( 1 7 9 5 / 96), d i e K o m ö d i e Donna Diana (1819), die autobiographisch gefärbte N o v e l l e Samuel Brink's letzte Liebesgeschichte (1820) und d i e T r a g ö d i e Don Gutierre ( p o s t u m 1834). Er starb an der C h o l e r a . CD Ö B L
S c h r e y v o g l , Friedrich, a u c h Friedl S., österr. Schriftsteller, D r a m a t u r g , * 1 7 . 7 . 1 8 9 9 M a u e r ( h e u t e zu Wien), t 1 1 . 1 . 1976 Wien. S., U r g r o ß n e f f e J o s e p h —»Schreyvogels, studierte Staatsw i s s e n s c h a f t e n an der U n i v . W i e n und w u r d e 1922 z u m Dr. rer. pol. p r o m o v i e r t . Er beteiligte sich 1922 an der G r ü n d u n g d e s „ K u l t u r b u n d s " , w a r Verlagsmitarbeiter, B u c h h ä n d l e r und J o u r n a l i s t und w u r d e 1927 D o z e n t f ü r Literatur und D r a m a t u r g i e an der W i e n e r A k a d e m i e f ü r M u s i k und D a r s t e l l e n d e K u n s t , 1931 auch a m R e i n h a r d t - S e m i n a r . 1935-38 w a r er K o n s u l e n t der B u n d e s t h e a t e r v e r w a l t u n g . S., Vertreter eines in der österr. Tradition verwurzelten Katholiz i s m u s , förderte als Vorstandsmitglied d e s „ B u n d e s der deutschen Schriftsteller Ö s t e r r e i c h s " die nationalsozialistische Infiltration d e s österr. K u l t u r l e b e n s und bereitete d e n „ A n s c h l u ß " Österreichs an das D e u t s c h e Reich kulturpolitisch vor (Ein Sieg des Geistes, 1938). N a c h 1945 hatte er wieder h o h e F u n k t i o n e n i m K u l t u r b e r e i c h inne, u . a . als C h e f d r a m a t u r g des W i e n e r T h e a t e r s in der J o s e f s t a d t ( 1 9 5 4 ) und Vizedirektor und C h e f d r a m a t u r g d e s B u r g t h e a t e r s ( 1 9 5 5 - 6 1 ) . S. schrieb R o m a n e ( u . a . Der Antichrist, 1921; Grillparzer, 1935, 1937 unter d e m Titel Sein Leben ein Traum·, Eine Schicksalssymphonie, 1941; Die Dame in Gold, 1957), G e d i c h t e (Singen und Sehnen, 1917; Klingen im Alltag, 1918), D r a m e n (Karfreitag, 1920; Johann Orth, 1928, 1933 unter d e m Titel Habsburger Legende), E s s a y s (Katholische Revolution, 1924), F i l m d r e h b ü c h e r , Opernlibretti und B ü h n e n b e arbeitungen. CD Killy S c h r i c k e l , M i n a , eigentl. W i l h e l m i n e S., Sängerin, * 1 6 . 9 . 1813 Karlsruhe, t O k t o b e r 1895 B a l t i m o r e ( U S A ) . S. w u r d e 1834-38 in Paris von G i u l i o M a r c o B o r d o g n i und in Italien von M i c h e r o u x und Giuditta P a s t a zur S ä n g e r i n a u s g e b i l d e t . 1838 d e b ü t i e r t e sie als A m i n a in Bellinis La Sonnambula a m H o f t h e a t e r in M a n n h e i m . 1840 u n t e r n a h m sie e i n e g r o ß e Italien-Tournee und trat d a n a c h in K a r l s r u h e und in W i e n a m T h e a t e r a m K ä r n t n e r t o r unter der L e i t u n g von G a e t a n o Donizetti auf. 1842-51 w a r S. a m H o f t h e a t e r in H a n n o v e r engagiert. D a n e b e n trat sie in Gastspielen und K o n z e r t e n u. a. in Paris, W i e n und St. Petersburg auf. Z u S.s Rollen zählten d i e A g a t h e im Freischütz, die D o n n a A n n a im Don Giovanni und d i e R o s i n a in R o s s i n i s Barbier von Sevilla. 1864-75 lebte sie als G e s a n g l e h r e r i n in K a i s r u h e , d a n a c h bei ihren S ö h n e n in B a l t i m o r e . CD K u t s c h S c h r i d d e , H e r m a n n (Robert A u g u s t ) , P a t h o l o g e , * 2 0 . 7 . 1875 D e r n e b u r g , t 19. 1 . 1 9 4 6 D o r t m u n d . S., S o h n eines Inspektors, studierte M e d i z i n in M a r b u r g , Jena, G r e i f s w a l d und E r l a n g e n und w u r d e nach der P r o m o tion 1901 (Über Metastasen in inneren Organen bei Plattenepithelkrebs der Haut) Assistent in E r l a n g e n , seit 1904 a m P a t h o l o g i s c h e n Institut in M a r b u r g , w o er sich 1905 f ü r Pat h o l o g i s c h e A n a t o m i e habilitierte (Beiträge zur Lehre von den Zellkörnelungen). 1911 w u r d e er a. o. Prof. an der U n i v . F r e i b u r g / B r e i s g a u und w a r 1912-45 Direktor des P a t h o l o g i s c h e n Instituts und F o r s c h u n g s - I n s t i t u t s f ü r G e w e r b e - und U n f a l l k r a n k h e i t e n in D o r t m u n d . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Die hämatologische Technik (1910, 2 1 9 2 1 ) , Die Entwickelungsgeschichte des menschlichen Speiseröhrenepitheles und ihre Bedeutung für die Metaplasielehre (1907) und Die ortsfremden Epithelgewebe des Menschen (1909). N a c h i h m sind u. a. die A l t m a n n - S c h r i d d e s c h e n G r a n u l a und die S c h r i d d e sche K r a n k h e i t b e n a n n t . CD Ä r z t e 2 S c h r i e l , Walter, G e o l o g e , * 2 9 . 6 . 1892 I l f e l d / H a r z , t 2 7 . 6 . 1959 G ö t t i n g e n . S. studierte in L e i p z i g bei H a n s —> Stille, f o l g t e d i e s e m 1913 nach G ö t t i n g e n und w u r d e dort nach der T e i l n a h m e a m Ersten Weltkrieg 1920 mit der A r b e i t Alte und junge Tektonik am Kyjfhäuser und Südharz p r o m o v i e r t . A n s c h l i e ß e n d w a r
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Schriewer er für die Preußische Geologische Landesanstalt in Berlin tätig, stellte Kartenblätter zum Harz und dessen Randgebieten her, arbeitete im rheinischen Schiefergebirge sowie in Spanien ( D e r geologische Bau des katalanischen Kttstengebirges zwischen Ebromündung und Ampurdan, 1929) und fertigte Übersichtskarten für nationale und internationale Gebiete an. Seit 1937 lehrte S. an der Univ. Göttingen, seit 1942 als planmäßiger Ordinarius für Geologie. Nach d e m Zweiten Weltkrieg wegen seines nationalsozialistischen Engagements vorübergehend suspendiert, lehrte er später am Institut für B o d e n k u n d e der Universität. S. veröffentlichte u . a . Die Geologie des Harzes (1954, unter dem Titel Die Geologie und die Lagerstätten des Harzes im Überblick, 2 1956).
Schriewer,
Franz (Wilhelm Heinrich), Bibliothekar, * 11.5. 1893 Rendsburg, t 1 0 . 5 . 1 9 6 6 Flensburg. S., Sohn eines Tischlermeisters, studierte Klassische Philologie, Germanistik und Kunstwissenschaft in Kiel und Berlin und wurde 1920 mit der Dissertation Klaus Groth und das malerische Sehen promoviert. 1921-33 und 1945-59 war er Direktor der Zentrale für das Deutsche Büchereiwesen, der späteren Büchereizentrale in Flensburg, und 1934-36 und seit 1937 im Bibliothekdienst in F r a n k f u r t / O d e r . 1956 wurde er zum Bibliotheksdirektor ernannt. S. erwarb sich durch den Aufbau eines dichten Netzes von Dorf- und Kleinstadtbüchereien in Flensburg-Land und im Bezirk F r a n k f u r t / Oder Verdienste u m die Bildung der ländlichen Bevölkerung. Er verfaßte zahlreiche Aufsätze und Arbeiten über Wesen, A u f g a b e und Verwaltung der Volksbücherei (u. a. Die deutsche Volksbücherei, 1939). 1952-54 war S. Direktor der Grenzakademie Sankelmark. DP S H B L , Bd 8
Schrimpf,
Georg, Maler, Graphiker, * 1 3 . 2 . 1 8 8 9 München, t 1 9 . 4 . 1 9 3 8 Berlin. S., Sohn eines Geschäftsreisenden, bildete sich nach einer Zuckerbäckerlehre in Passau als Autodidakt zum Maler aus und lebte danach in München, w o er u . a . mit Erich —»Mühsam und Oskar Maria —»Graf Kontakt hatte, und Berlin sowie in den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Italien. Nach Niederschlagung der M ü n c h n e r Räterepublik wurde er als Gründungsmitglied des Aktionsausschusses revolutionärer Künstler vorübergehend inhaftiert. 1921 trat S. der Neuen Sezession bei. 1926-33 war er Lehrer an der Städtischen Westenrieder Gewerbeschule in München, danach bis zu seiner Entlassung 1937 Prof. an der Staatlichen Kunstschule in Berlin-Schöneberg. S., der von Carlo Carrä und der Gruppe „Valori Plastici", später zunehmend von der romantischen Malerei beeinflußt war, zählt zu den Hauptvertretern der Neuen Sachlichkeit. In einfachen plastischen Formen schuf er Landschaften und stillebenhafte Figuren junger Mädchen oder von Müttern mit ihren Kindern. Zu seinen Werken zählen die Gemälde Stilleben mit Katze (1923), Mädchen am Fenster (1925) und Moorlandschaft (1929). S. war seit 1917 mit der Malerin Maria - » U h d e n verheiratet. OP N D B
Schrimpf,
Hans-Joachim, Germanist, * 2 8 . 3 . 1 9 2 7 M ü l h e i m / R u h r , t 1 4 . 4 . 2 0 0 3 N e w York. S. studierte seit 1946 in Münster, Bonn, Köln und Sheffield (England) Deutsch und Englisch und wurde 1951 mit der Arbeit Das Problem der Bewahrung und des Bleibenden beim späten Goethe mit besonderer Berücksichtigung von Wilhelm Meisters Wanderjahren an der Univ. Münster promoviert. Anschließend in Münster und in Bonn bei B e n n o von - » W i e s e als wissenschaftlicher Assistent tätig, habilitierte er sich 1962 mit einer Arbeit über Karl Philipp —»Moritz und folgte zunächst einem Ruf als a. o . P r o f . an die Univ. Münster, 1964 einem Ruf als o . P r o f . an die Univ. Bochum, an der er Gründungsprofessor des Germanistischen Instituts
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war. S. veröffentlichte u . a . Das Weltbild des späten Goethe (1956), Lessing und Brecht (1965), Der Schriftsteller als öffentliche Person (1977) und Karl Philipp Moritz (1980).
Schroeck,
Lucas, Mediziner, Naturforscher, * 2 0 . 9 . 1 6 4 6 Augsburg, t 3. 1.1730 Augsburg. S., Sohn eines Arztes, studierte Medizin in Jena, erwarb den Grad eines Lizentiaten und wurde nach einer längeren Bildungsreise durch Deutschland und Italien 1671 an der Univ. Jena mit der Dissertation De moscho promoviert. Danach ließ er sich in Augsburg nieder und wurde Hospitalarzt. Seit 1677 Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina, wurde er 1685 Direktor der von ihr herausgegebenen Zeitschrift „Ephemeriden" und 1693 Präsident der Akademie. 1687 wurde S. zum kaiserlichen Leibarzt ernannt und in den Adelstand erhoben. Seit 1712 wirkte er als erster Stadtphysikus in Augsburg. S. verfaßte zahlreiche medizinische und naturhistorische Schriften sowie eine Pharmacopoea Augustana restituta ( 1 6 7 3 , 4 1 7 1 0 ) . t u ADB
Schröckh, (Samuel) Jacob, österr. Handelsschriftsteller, Verleger, * 11.8. 1740 Wien, t n. e. Zunächst Arzt in Wien, betrieb S. seit 1770 in Frankf u r t / M a i n ein mit kaiserlichem Privileg ausgestattetes Auskunfts-, Kommissions- und Stellenvermittlungsbüro unter der Bezeichnung „Avis-Comptoir", das er mit der Herausgabe von Zeitungen, Wechselkurstabellen, Fracht- und Wechselbriefen sowie der Vermittlung von Unterkünften und Schreibern zu einem umfassenden Servicebetrieb für Kaufleute ausbaute. Daneben verkaufte er Tabak, Arzneien und Glückwunschkarten und gab Wirtschaftszeitschriften wie die „Handlungs-Avis-Comptoir-Zeitung" heraus; 1773 erschien der erste Frankfurter Handlungskalender „Frankfurter Merkantil-Schema". Außerdem veröffentlichte er Lehrbücher, u . a . Anleitung zum kaufmännischen Briefwechsel (1769). 1780 mußte S. das Unternehmen wegen des zunehmenden Widerstands der K a u f m a n n s c h a f t gegen seine Art der Offenlegung wichtiger Interna einstellen. An wechselnden Orten gab er weitere ökonomische und historische Arbeiten heraus und lebte zuletzt bei seinem Bruder Johann Matthias —»S., dessen lateinische Schriften er ins Deutsche übersetzte. DO Frankf Biogr Schröckh,
Johann Matthias, evang. Theologe, Historiker, * 2 6 . 7 . 1733 Wien, t 2 . 8 . 1808 Wittenberg. S., Bruder Jacob —»S.s, studierte seit 1751 in Göttingen und Leipzig u. a. bei Johann Lorenz von —»Mosheim, Johann David —»Michaelis und Johann August —»Ernesti und erwarb 1756 an der Univ. Leipzig mit der Abhandlung De Hebraea lingua minime ambigua die Magisterwürde. 1761 wurde er zum a. o. Prof. ernannt. Seit 1767 lehrte er an der Univ. Wittenberg, zunächst als Prof. der Dichtkunst und seit 1775 als Nachfolger Johann Daniel Ritters als Prof. der Geschichte. Er beschäftigte sich u. a. mit der Geschichte der Literatur, der Kirche, der Reformation, der Theologie und des christlichen Altertums sowie mit deutscher, europäischer und sächsischer Geschichte. S. vertrat in seinen außerordentlich umfangreichen Werken einen gemäßigt aufklärerischen, offenbarungsgläubigen Standpunkt, verwandte die pragmatische M e t h o d e in der Kirchengeschichtsschreibung und verzichtete auf die Zenturieneinteilung. Er beeinflußte damit nachhaltig das Studium der Kirchengeschichte, auch das der katholischen. Sein Hauptwerk ist die Christliche Kirchengeschichte (35 Bde., 1768-1803; Bd. 1 - 1 3 , 2 1 7 7 2 - 1 8 0 2 ) , woran sich die Christliche Kirchengeschichte seit der Reformation (10 Bde., 1804-12) anschloß, die vom 9. Band an von Heinrich Gottlieb —»Tzschirner fortgesetzt wurde. S. veröffentlichte außerdem Lebensbeschreibungen berühmter Gelehrten (3 Bde., 1764-69; 2 Bde., 2 1790), Historia religionis et ecclesiae christianae (1777, 7 1828), Allgemeine Biographie
Schröder (8 Bde., 1767-91; 6 nen Weltgeschichte der Jugend (1774, für Kinder (4 Bde.,
Bde., 1785-87), Lehrbuch der allgemeizum Gebrauch beim ersten Unterricht f '1816) und Allgemeine Weltgeschichte 1779-84). m RGG
der weiblichen Geschlechtsorgane (1874, 12 1898). Seit 1877 war er Mitherausgeber der „Zeitschrift f ü r Geburtshilfe und Gynäkologie". t u NDB
Schröder, S c h r o e d e r , (Gottlieb) Adolf, Unternehmer, * 5 . 3 . 1818 Leipzig, f" 6. 11.1876 Leipzig. Zunächst Gehilfe im Papierhandelsgeschäft Sieler & Vogel, wurde S. nach d e m Tod von Ferdinand Sieler 1845 Teilhaber und 1855 alleiniger Geschäftsführer. 1862 gründete er die Schroedersche Papierfabrik in Golzern bei Grimma. 1882 folgte die Angliederung der Holzschleiferei N e u m ü h l e bei Böhlen und die Teilhaberschaft an der F. M. Weber Papierund Pappenfabrik in Leipzig und Wehlitz bei Schkeuditz. Sein Unternehmen entwickelte sich zu einer der bedeutendsten Papierfabriken in Deutschland und blieb bis 1945 im Familienbesitz. DP N D B
Schröder,
Alfred, kath. Theologe, Archivar, Historiker, * 4 . 2 . 1865 Passau, t 16.3. 1935 Dillingen. S. studierte 1883-87 Philosophie und Theologie in Dillingen, wurde 1887 zum Priester geweiht und 1890 an der Univ. München zum Dr. theol. promoviert. 1891-98 war er Archivar und Bibliothekar der Diözese Augsburg, 1898-1908 a. o. und 1909-30 o. Prof. der Geschichte und Kunstgeschichte am Lyzeum in Dillingen. S. führte das von Anton —»Steichele begonnene Werk Das Bistum Augsburg mit der Edition der Bände 5-9 (1895-1934) fort und gab das „Archiv für die Geschichte des Hochstifts A u g s b u r g " (1909-29) heraus. Er übersetzte Augustinus' Gottesstaat (3 Bde., 1911-16). S. war der Onkel von Hubert - » S . CD LThK
Schröder,
Arnulf, Schauspieler, Regisseur, * 1 3 . 6 . 1 9 0 3 München, t 22. 12.1960 München. S. nahm Schauspielunterricht bei Carl Graumann, erhielt eine tänzerische Ausbildung und studierte Musik und M u sikgeschichte. 1920 debütierte er als Hänschen Rilow in Frank —»Wedekinds Frühlingserwachen an den Münchner Kammerspielen. Nach Engagements an verschiedenen Theatern (u.a. am Schauspielhaus in München 1925-27 und an den Max-Reinhardt-Bühnen in Berlin 1927-30) wirkte er seit 1930 als Schauspieler, Regisseur (seit 1932) und Oberspielleiter (seit 1942) an den Bayerischen Staatstheatern in München. Seit 1935 leitete S. die von ihm gegründete Staatliche Schauspielschule in M ü n c h e n . 1950-54 war er in der Schauspielerausbildung sowie als Chefregisseur an den Türkischen Staatstheatern in Ankara tätig. S. trat auch im Film, Fernsehen und Funk ( u . a . in Vom Teufel gejagt) auf. CD Munzinger
Schröder,
Carl (Ernst Ludwig), Gynäkologe, * 11.9. 1838 Neustrelitz (Mecklenburg), t 7 . 2 . 1887 Berlin. S., Sohn eines Schulrektors, arbeitete nach dem Medizinstudium in Würzburg und Rostock (Promotion 1864) als Assistenzarzt in Rostock und bei Gustav —»Veit in Bonn und habilitierte sich dort 1866 (Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett, gedruckt 1867). 1868 ging er als a. o . P r o f . für Geburtshilfe an die Univ. Erlangen und wurde 1869 o. Professor. 1876 folgte er einem Ruf als Prof. f ü r Gynäkologie und Geburtshilfe an die Univ. Berlin; die auf seine Veranlassung gebaute m o d e r n e gynäkologische Klinik wurde 1882 bezogen. S. führte zahlreiche neue Methoden in die operative Technik ein und machte sich auch um die Verbesserung der Antiseptik bei Operationen verdient. Er veröffentlichte u. a. Lehrbuch der Geburtshülfe mit Einschluss der Pathologie der Schwangerschaft und des Wochenbetts (1870; bearb. von Robert —»Olshausen und Johann —»Veit, '"1888, 13 1899; Ausgaben in englischer, französischer, japanischer und russischer Sprache) und Handbuch der Krankheiten
(Adolf Heinrich Friedrich) Carl, Musiker, Kapellmeister, Komponist, * 18. 12. 1848 Quedlinburg, t 2 2 . 9 . 1935 Bremen. S., Bruder von Hermann —»S., studierte Violoncello bei Karl —»Drechsler in Dessau und Komposition bei Friedrich - » K i e l in Berlin und bildete später zusammen mit seinen Brüdern Hermann, Franz und Alwin ein reisendes Streichquartett. Nach Engagements u. a. an der Hofkapelle in Braunschweig, beim Gewandhaus- und beim Theaterorchester in Leipzig wurde er 1881 Hofkapellmeister in Sondershausen, wo er ein Konservatorium begründete. Nach einer Tätigkeit als Kapellmeister in Rotterdam, an der Berliner Hofoper und in Hamburg kehrte S. 1890 als Hofkapellmeister und Direktor des Fürstlichen Konservatoriums nach Sondershausen zurück. 1907 trat er mit d e m Titel Hofrat in den Ruhestand, war aber 1911-24 noch Lehrer am Sternschen Konservatorium in Berlin. S. komponierte Studienwerke, K a m m e r m u s i k , Konzerte sowie die Opern Aspasia (1892) und Der Asket (1893). Er verfaßte Handbücher über das Violin- und Violoncellospiel sowie Uber das Dirigieren (Katechismus des Dirigierens und Taktierens, 1889). CD Lebenswege Thür, 2. Slg.
Schroeder,
Diedrich, Botaniker, * 16.4. 1916 G r o ß - A u g u s t m a l m o o r / M e m e l l a n d , t 2 . 3 . 1988 Kiel. Der Sohn eines Moorvogts studierte nach dem Zweiten Weltkrieg Landwirtschaft in Göttingen, wurde 1951 an der Hochschule für Gartenbau und Landeskultur in Hannover mit der Dissertation Über die nichtkarbonatischen Bestandteile von Weißjurakalken promoviert und habilitierte sich 1954 mit der Arbeit Untersuchungen über Verwitterung und Bodenbildung an Lößprofilen für B o d e n k u n d e und Pflanzenernährung. 1956 wurde er Ordinarius f ü r Pflanzenernährung und B o d e n k u n d e an der Univ. Kiel. S. arbeitete über Probleme der Kalium- und Magnesium-Versorgung von Böden und Pflanzen, der Stoffdynamik und Genese typischer Böden Schleswig-Holsteins sowie über neue Verfahren der Bodenklassifikation. Er veröffentlichte u. a. eine Bodenkunde in Stichworten (1969, 5 1992; engl. 1984). S. war seit 1962 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und 1974-81 Präsident der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft. t u Böhm
Schröder,
Edward (Karl W.), Germanist, * 1 8 . 5 . 1 8 5 8 Witzenhausen/Werra, t 9 . 2 . 1942 Göttingen. Der Sohn eines Tabakfabrikanten studierte seit 1876 Germanistik und Anglistik in Straßburg und Berlin und wurde 1880 zum Dr. phil. promoviert (Das Anegenge). 1883 habilitierte er sich an der Univ. Göttingen, ging 1885 als Assistent von Wilhelm - » S c h e r e r nach Berlin und wurde 1887 zum a. o. Prof. ernannt. Seit 1889 war er o. Prof. für Deutsche Sprache und Literatur in Marburg, 1902-26 in Göttingen. S. befaßte sich mit deutscher Sprach- und Literaturgeschichte, insbesondere vom Mittelalter bis zum 18. Jh., sowie mit Wortbildung und Wortgeschichte. Er begründete die m o d e r n e Namenforschung in Deutschland (Die deutschen Personennamen, 1907; Deutsche Namenkunde, 1938, 2 1944) und trat als Herausgeber mittelhochdeutscher Texte hervor (u. a. —> Konrads von Würzburg Kleinere Dichtungen, 3 Bde., 1924-26, 2 1930-35, Nachdr. 1998). Er veröffentlichte ferner Überlieferung und Textkritik der Kudrun (1917-20) und Beiträge zur Textform des Nibelungenliedes (1933). Postum erschienen seine Untersuchungen zum Volksbuch von Eulenspiegel (1988, hrsg. von Bernd Ulrich Hucker). S. war 1891-1938 Herausgeber der „Zeitschrift
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Schröder für Deutsches Altertum" (1891-1926 mit seinem Schwager Gustav —>Roethe, 1932-37 mit Arthur —> Hübner) und 1908-34 Hauptverantwortlicher für die Arbeit am Grimmschen Wörterbuch. CD I G L S c h r ö d e r , (Friedrich Wilhelm Karl) Ernst, Mathematiker, * 25. 11. 1841 M a n n h e i m , t 16.6. 1902 Karlsruhe. S., Sohn von Heinrich —»S., studierte Mathematik und Physik in Heidelberg, wurde 1862 mit einer mathematischen Arbeit promoviert und setzte sein Studium bis 1864 an der Univ. Königsberg fort. 1865 habilitierte er sich für Mathematik am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich und war danach bis 1874 im Höheren Schuldienst (Karlsruhe, Pforzheim, Baden-Baden) tätig. 1874 wurde er o . P r o f . der Mathematik an der T H Darmstadt, 1876 an der T H Karlsruhe. S. beschäftigte sich vor allem mit kombinatorischer Analysis, Funktionentheorie und den Grundlagen der Mathematik. Durch seine Arbeiten über theoretische Algebra und symbolische Logik trug er dazu bei, die mathematische Logik als eigenes Forschungsgebiet zu etablieren; sein hauptsächliches B e m ü h e n galt der Algebra der Logik. S. verfaßte u. a. ein Lehrbuch der Arithmetik und Algebra (1873), Über die formalen Elemente der absoluten Algebra (1874), Der Operationskreis des Logikkalküls (1877, Nachdr. 1966) und Vorlesungen über die Algebra der Logik (3 Bde., 1890-1905, Nachdr. 1966). m Enz Phil Wiss
Schroeder,
Ernst, Industrieller, * 2 . 9 . 1877 Königsberg (Preußen), f 2 . 7 . 1954 Lenzerheide (Kt. Graubünden). S., Sohn eines Rittergutsbesitzers und Versicherungsdirektors, ging nach einer kaufmännischen Lehre in einem Königsberger Exporthaus für zwei Jahre nach England und trat 1898 in die neugegründete Ürdinger Waggonfabrik A G ein. Seit 1904 Prokurist, wurde er 1913 Vorstandsmitglied dieses Unternehmens. Durch zahlreiche technische Neuerungen, u . a . den Übergang vom Holz- zum Stahlbau (1920) und die Entwicklung der ersten völlig in Leichtmetall gebauten Schienenfahrzeuge (1927), wuchs der Betrieb zu einem Großunternehmen mit 2000 Beschäftigten. Nach der Übernahme des Aktienskapitals der Düsseldorfer Waggonfabrik (1935) war S. 1936-42 Vorstandsmitglied und seit 1947 Aufsichtsratvorsitzender beider Unternehmen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete er den Fachverband Waggonbau, war bis 1950 dessen Vorsitzender und danach Ehrenvorsitzender. Cd Altpreuß Biogr, Bd 2 S c h r ö d e r , Ernst, Gärtner, Politiker, * 11.2. 1893 Krefeld, t 2 0 . 2 . 1976 Wiesbaden. S. arbeitete nach einer Gärtnerlehre und längeren Auslandsreisen bis 1927 im väterlichen Gärtnereibetrieb. Seit 1918 Mitglied der Deutschen Volkspartei, war er 1928-32 Mitglied des Preußischen Landtags und 1 9 3 2 / 3 3 des Deutschen Reichstags. 1936-68 war S. Direktor der Deutschen Hagel-Versicherungsgesellschaft für Gärtnereien und 1948-68 Präsident des Zentralverbands des Deutschen Gemüse-, Obst- und Gartenbaus. 1950-58 gehörte er als Mitglied der F D P d e m Hessischen Landtag an. S. erwarb sich Verdienste um den nationalen und internationalen Gartenbau. Er gilt als Begründer der Bundesgartenschau. S c h r ö d e r , Ernst (August), Schauspieler, Regisseur, * 27. 1. 1915 Wanne-Eickel (heute zu Herne), t 2 6 . 7 . 1 9 9 4 Berlin. S., Sohn eines Schneidermeisters, studierte seit 1934 zunächst Germanistik, dann Architektur und Bühnenbild und erhielt Schauspielunterricht bei Saladin —> Schmitt in Bochum. 1934 debütierte er als Schauspieler und Regieassistent am Schauspielhaus Bochum, spielte 1 9 3 6 / 3 7 in Bielefeld, 1 9 3 7 / 3 8 in Kiel, 1 9 3 8 / 3 9 und 1942-44 am Schillertheater in Berlin. 1945 nahm er seine Theaterarbeit wieder auf, war 1945-48 am Hebbeltheater in Berlin tätig, 1946-48
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auch als Leiter von dessen Schauspielschule. Anschließend trat er vor allem am Schillertheater und am Theater am Kurfürstendamm in Berlin auf, 1958-67 am Schauspielhaus Zürich und danach wieder am Schillertheater und an der Freien Volksbühne in Berlin. S. war ein erfolgreicher Charakterdarsteller, führte auch Regie und übernahm Film- (u. a. Stresemann, 1956) und Fernsehrollen (u. a. Lorentz & Söhne, 11 Tie., 1988; Die Festmenüs des Herrn Borgelt, 1992, aus der Serie „Derrick"). Er schrieb Die Arbeit des Schauspielers (1966), die Autobiographie Das Leben - verspielt und den R o m a n Die Zikaden (1990). S. beging Selbstmord. CD
NDB
S c h r ö d e r , Ernst August, K a u f m a n n , Luftsportler, * 2 . 4 . 1 8 7 3 Dortmund, t 2 5 . 8 . 1949 Essen. S. gründete 1897 in Essen die Firma Schröder & Baum, die er im Verlauf der nächsten 25 Jahre zu einem der größten Handelsunternehmen Deutschlands im Bereich Tapeten und Linoleum ausbaute. Als begeisterter Luftsportler und Ballonfahrer engagierte er sich seit der Jahrhundertwende publizistisch f ü r die Luftfahrt, organisierte die Vereinsarbeit und ließ 1908 ein Flugzeug bauen. 1910-12 betrieb er den Ausbau des Flugplatzes Gelsenkirchen-EssenRotthausen und gründete die Kondor-Flugzeugwerke, die während des Ersten Weltkriegs Niederlassungen in Nordhausen und L e m g o errichteten. S. war Vorstandsmitglied des Deutschen Luftfahrt-Verbandes. S c h r ö d e r , Franz Rolf, Germanist, * 8 . 9 . 1 8 9 3 Kiel, t 2 4 . 3 . 1979 Würzburg. S., Sohn eines Studienrats, studierte seit 1911 Germanistik und Vergleichende Sprachwissenschaft in Kiel und Heidelberg und wurde 1916 an der Univ. Kiel mit einer Dissertation promoviert, die 1920 unter d e m Titel Hdlfdanar Saga Eysteinssonar erschien. 1920 habilitierte er sich für Germanische und deutsche Philologie an der Univ. Heidelberg (Nibelungenstudien, gedruckt 1921) und lehrte dort als Privatdozent und 1925-59 als o . P r o f . für Deutsche Philologie an der Univ. Würzburg. 1937 trat er in die N S D A P ein. S. war 1920-71 Herausgeber der „Germanisch-romanischen Monatsschrift". Er veröffentlichte u . a . Germanentum und Hellenismus (1924), Die Parzivalfrage (1928) und Untersuchungen zur germanischen und vergleichenden Religionsgeschichte (2 Bde., 1941). m IGL S c h r ö d e r , (Johann) Friedrich, Bankier, * 12.7. 1879 Bremen, f 16. 11. 1933 Bremen. Der Sohn eines Schumachers durchlief in Bremen und Berlin eine Banklehre, arbeitete dann bei der Bremer Bank und gründete 1905 mit Albert Ernst Weyhausen das EffektenKommissionsgeschäft Schröder & Weyhausen. 1919 f u sionierte das Unternehmen mit d e m Bankgeschäft E. C. Weyhausen und firmierte als Schröder, Heye & Weyhausen KG, seit 1920 als J. F. Schröder Bank; 1931 mußte die Bank ihre Geschäftstätigkeit einstellen. S. schied aus d e m Unternehmen aus und gründete unter seinem N a m e n eine kleinere Bank, die er bis zu seinem Tod leitete. Er nahm zahlreiche Aufsichtsratsmandate wahr, u . a . bei der Dampfschiffahrts-Gesellschaft Hansa. CD N D B S c h r ö d e r , Friedrich (Hermann Dietrich), schweizer. Komponist, * 6 . 8 . 1 9 1 0 Näfels (Kt. Glarus), f 2 5 . 9 . 1972 Berlin. S. studierte seit 1927 an der Univ. Münster und 1929-33 an der Berliner Musikhochschule und war seit 1934 Arrangeur und Kapellmeister am Metropoltheater in Berlin. Er komponierte die Operetten Hochzeitsnacht im Paradies (1942, darin: So stell' ich mir die Liebe vor. Ein Gluck, daß man sich so verlieben kann), Nächte in Shanghai (1947), Cha-
Schröder nel Nr. 5 (1948) und Das Bad auf der Tenne (1955) sowie Filmmusik. Zu seinen Evergreens gehört u. a. Ich tanze mit dir in den Himmel hinein aus d e m Film Sieben Ohrfeigen (1937). DD M G G
Schröder, Friedrich Joseph Wilhelm, Mediziner, Naturforscher, Alchemist, * 19.3. 1733 Bielefeld, t 27. 10. 1778 Marburg. S., Sohn eines Landrichters und Bürgermeisters, wuchs nach dessen f r ü h e m Tod beim Stiefvater, einem gräflich wernigerodischen Leibarzt, auf. Er studierte seit 1750 in Halle und Erlangen Philosophie und Medizin, erwarb 1754 an der Univ. Erlangen den Grad eines Lizentiaten (De taraxaco praesertim aquae ejusdem per fermentationem paratae, eximio usu) und war seit 1756 Brunnenarzt in Hofgeismar bei Kassel. 1764 wurde er promoviert und zum Prof. der M e dizin an der Univ. Marburg ernannt. S. war einer der letzten Verteidiger der hermetischen Kunst und der Alchemie (Neue alchymistische Bibliothek, für den Naturkundigen unseres Jahrhunderts ausgesucht, 2 Bde., 1771-74). Er veröffentlichte auch medizinische Abhandlungen und eine Neue Sammlung der Bibliothek für die höhere Naturwissenschaft und Chemie (2 Bde., 1775-80). CD Westf Autoren, Bd 1 Schröder, Friedrich (Ulrich) Lud(e)wig, Schauspieler, Theaterdirektor, Dramatiker, * 2 . 1 1 . 1744 Schwerin, t 3 . 9 . 1816 Rellingen bei Hamburg. S., Sohn eines Organisten und der Schauspielerin Sophie Charlotte —> Ackermann, Halbbruder von Charlotte und Dorothea - ^ A c k e r m a n n , verbrachte seine Kindheit überwiegend auf Wanderschaft mit der Schauspieltruppe seines Stiefvaters Konrad —> Ackermann und trat als Dreijähriger zum ersten Mal in St. Petersburg auf der B ü h n e auf. Nach Ackermanns Tod 1771 übernahm S. die Leitung von dessen Theater in Hamburg, war 1781-85 Schauspieler und Theaterautor am Wiener Burgtheater, kehrte dann nach Hamburg zurück und leitete 1786-98 und 1 8 1 1 / 1 2 erneut das dortige Theater. S.s Bedeutung als Schauspieler und Theaterdirektor lag vor allem in der Durchsetzung eines realistischen Schauspielstils, der Illusionsregie für das Bürgerliche Trauerspiel und der A u f f ü h r u n g von Dramen Shakespeares und des Sturm und Drang. Er schuf ein umfangreiches dramatisches Werk, zu d e m neben Übersetzungen und Bearbeitungen englischer, französischer und italienischer Stücke Originalschauspiele wie Der Vetter in Lissabon (1786) gehören. Ferner veröffentlichte er Materialien zur Geschichte der Freymaurerey seit der Wiederherstellung der großen Loge in London (4 Bde., 1 8 0 5 / 0 6 ) . 1793 gründete S., der seit 1804 mit Sophie —>S. verheiratet war, eine Pensionsanstalt für Schauspieler. Er war der Vater von Carl —»Heiberg und Wilhelmine —»Schröder-Devrient. m
Schroeder,
Killy
Gerhard, Industrieller, * 12.4. 1909 Bielefeld, t 1.5. 1963 Duisburg. S. studierte 1927-31 in Marburg und Münster Rechtswissenschaften und wurde 1934 an der Univ. Marburg promoviert. Zunächst im Reichswirtschaftsministerium tätig, trat er 1939 in die Klöckner-Werke in Duisburg ein, wo er die kaufmännische Leitung des Lothringer-Stammwerkes übernahm. Nach Kriegsende war S. alleiniger Vorstand und Liquidator des Unternehmens, trat nach der Neugründung der Klöckner-Werke erneut in den Vorstand ein und war maßgeblich am Bau eines neuen, auf Flachstahl spezialisierten Hüttenwerkes beteiligt. S. gehörte d e m Aufsichtsrat mehrerer Unternehmen der Metallbranche an und war 1954-56 Vorstandvorsitzender der Wirtschaftsvereinigung Eisen- und Stahlindustrie. CD Munzinger
Schröder,
Gerhard, Politiker, * 11.9. 1910 Saarbrücken, t 3 1 . 1 2 . 1989 Kampen (Sylt). S., Sohn eines Oberreichsbahnrats, studierte seit 1929 in Königsberg, Edinburgh, Berlin und Bonn Rechtswissenschaften, Philosophie und Geschichte und wurde 1934 promoviert. Danach war er als Assistent am Kaiser-WilhelmInstitut f ü r ausländisches und internationales Privatrecht in Berlin, seit 1936 in einem Anwaltsbüro tätig und ließ sich 1939 als Rechtsanwalt in Berlin nieder. 1933 trat er der N S D A P bei, arbeitete angesichts der nationalsozialistischen Kirchenpolitik jedoch später in der „Bekennenden Kirche" mit; 1939 wurde er eingezogen. Nach Kriegsende gehörte S., der 1947 in Düsseldorf erneut eine Kanzlei eröffnete, zu Begründern der C D U . 1949-80 war er Mitglied des Deutschen Bundestags, 1955-78 Vorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der C D U / C S U und 1969-73 stellvertretender Bundesvorsitzender der C D U . Als Bundesinnenminister (1953-61) erarbeitete S. Pläne für eine Notstandsgesetzgebung und zeichnete f ü r das Verbot der K P D verantwortlich. 1961-66 Bundesaußenminister, setzte er sich für eine vorsichtige Ö f f n u n g der Bundesrepublik Deutschland gegenüber den Staaten des Warschauer Pakts ( u . a . durch die Errichtung von Handelsmissionen 1963/64), eine Erweiterung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ( E W G ) und eine enge Zusammenarbeit in der NATO ein. 1966-69 war S. Verteidigungsminister, unterlag 1969 Gustav —> Heinemann bei der Wahl zum Bundespräsidenten und leitete danach bis 1980 den Auswärtigen Ausschuß des Bundestags. S. veröffentlichte u . a . Geschichtsschreibung als politische Erziehungsmacht (1939) und Wir brauchen eine heile Welt (1963). CD M d B
Schröder,
Hanning, eigentl. Hans S., Komponist, * 4 . 7 . 1896 Rostock, t 16. 10.1987 Berlin. S., Sohn eines Kapitäns, erhielt früh Violinunterricht und gab als Fünfzehnjähriger Konzerte mit einem eigenen Hausorchester. Später studierte er Medizin, Musik und Musikwissenschaft in Rostock, M ü n c h e n und Freiburg/Breisgau. 1924 wurde S. Bratscher des Kammerorchesters am Schauspielhaus in Düsseldorf. 1926 ging er nach Berlin, wo er in verschiedenen R u n d f u n k - und Opernorchestern spielte und für den Film arbeitete. 1933 aus der Reichsmusikkammer ausgeschlossen, lebte er zurückgezogen in Berlin und war nach Kriegsende wieder als Bratscher und seit 1961 als freischaffender Komponist tätig. In seinen frühen Kompositionen entwickelte S. eine freitonale, horizontale Schreibweise, seit etwa 1950 wandte er sich zunehmend der Zwölftontechnik zu. Er komponierte vorwiegend Kammermusik, aber auch Instrumental- und Vokalwerke (u. a. das Singspiel für Kinder Hänsel und Grete!). Berühmt wurde sein Streichquartett Lied der Moorsoldaten (1952) nach dem gleichnamigen Lied aus d e m Konzentrationslager Börgermoor. CD M G G
Schröder,
(Georg Friedrich) Heinrich, Naturforscher, Pädagoge, * 2 8 . 9 . 1 8 1 0 München, t 12.5. 1885 Karlsruhe. S., Sohn eines Verwalter der bayerischen Zentralstiftungskasse, studierte Mathematik, Naturwissenschaften und Naturphilosophie in München und Wien, lehrte seit 1833 als Prof. Physik an der Polytechnischen Schule in München und wurde 1854 in Erlangen ohne Dissertation promoviert. 1833-36 gehörte er d e m Vorstand des Polytechnischen Vereins für Bayern an. Seit 1836 war er Prof. für Physik an der Kantonalschule Solothurn, 1840-73 Direktor der Höheren Bürgerschule in Mannheim, an der er Mathematik, Physik und C h e m i e unterrichtete, und stand bis 1869 auch der dortigen Gewerbeschule vor. Er setzte sich für eine Schulre-
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Schröder f o r m in Baden ein. S. entwickelte zusammen mit Theodor —> Dusch ein Verfahren zur Luftsterilisierung mittels Filtration durch B a u m w o l l e und trug wesentlich zur Erforschung der Beziehungen zwischen physikalischen Eigenschaften und chemischer Struktur der Stoffe bei; die von ihm um 1870 erarbeitete „Sterentheorie" wurde bis etwa 1930 verwendet. Er trug als Präsident der Mannheimer Gewerbevereins (1843-49, 1860-62) zur Einführung der Gewerbefreiheit in Baden (1862) bei, trat für eine deutsche Patentgesetzgebung ein und beteiligte sich an der Gründung der Nationalliberalen Partei in Mannheim. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Die Molecularvolume der chemischen Verbindungen im festen und flussigen Zustande (1843), Elf Briefe Uber die bürgerliche Freiheit. Als Beitrag zu der Frage der deutschen Gewerbe-Gesetzgebung (1860) und Über die handelspolitische Lage Deutschlands (1862). S., dessen Tochter Clara in zweiter Ehe mit d e m Statistiker und Sozialpolitiker Paul —»Mayet verheiratet war, war der Schwager des Sprachwissenschaftlers Ernst Ludwig —» Rochholz. CD N D B
Schröder,
Helmuth (Friedrich Daniel), Pseud. SchröderVölkshagen, Schriftsteller, * 2 . 4 . 1842 Spornitz (Mecklenburg), t I I . 12. 1909 Ribnitz (Mecklenburg). Der Sohn eines Lehrers ergriff nach dem frühen Tod des Vaters ebenfalls den Lehrerberuf und war 1858-60 Hilfsund Hauslehrer in Proseken bei Wismar und auf der Insel Poel. Nach d e m Lehrerexamen in Neukloster 1860 war er an verschiedenen Schulen in Mecklenburg tätig, 1867-1908 in Völkshagen bei Ribnitz. S. schrieb Erzählungen und Gedichte in plattdeutscher Mundart, u . a . den Erzählband Ut Meckelbörger Buerhüser (3 Bde., 1904-07) und die Lyriksammlung Ut minen lütten Görden (1909). DP D L L
Schröder,
Herbert, Diplomat, * 1 3 . 2 . 1 9 0 2 Libau (Kurland), f 31. 1. 1986 Königs winter bei Bonn. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre 1925 zum Dr. rer. pol. promoviert, wandte sich S. d e m Journalismus zu und war als Redakteur f ü r mehrere Zeitungen tätig. Seit 1927 Referent beim Deutschen Akademischen Austauschdienst in Berlin, leitete er 1928-30 das Londoner Büro dieser Einrichtung und 1 9 3 1 / 3 2 das Humboldt-Haus in Berlin. 1933-45 arbeitete S. beim Rundfunk, nach Kriegsende als Redakteur und Herausgeber eines Auslandspressedienstes. 1951 trat er in den Auswärtigen Dienst ein, war 1951-56 an der Deutschen Botschaft in Pretoria und leitete anschließend das Afrikareferat im Auswärtigen Amt. Nach A u f n a h m e der diplomatischen Beziehungen mit der Republik Guinea 1959 wurde S. Botschafter in Conakry. Seit 1962 war er erster deutscher Botschafter in Dares-Salam (Tansania). CD Munzinger
Schröder,
Hermann, Musikpädagoge, Komponist, * 2 8 . 7 . 1843 Quedlinburg, t 30. 1.1909 Berlin. S„ Bruder Carl —>S.s, erhielt u . a . bei August Gottfried —»Ritter Musikunterricht, spielte 1869-71 im Streichquartett seiner Brüder Carl, Franz und Alwin und eröffnete 1873 ein Musikinstitut in Berlin. 1885 wurde er Violinlehrer am Kgl. Institut für Kirchenmusik und führte seit 1888 den Titel Professor. S. komponierte Orchester- und K a m m e r m u s i k werke. Er schrieb die Violinschule Die Kunst des Violinspiels (1887) sowie einige musiktheoretische Abhandlungen ( u . a . Untersuchung über die sympathetischen Klänge der Geigeninstrumente, 1891). m MGG
Schroeder,
Hermann, Musiker, Komponist, Dirigent, Musiktheoretiker, * 2 6 . 3 . 1904 B e r n k a s t e l / M o s e l , t 7. 10.1984 Bad O r b (Hessen). S., Sohn eines Oberpostsekretärs, studierte 1923-26 kath. Theologie und Musikwissenschaft an der Univ. Innsbruck,
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1926-30 Orgel, Komposition und Dirigieren an der Musikhochschule in Köln und war dann als Gymnasiallehrer in Köln tätig. 1938 ging er als Domorganist nach Trier und hatte dort 1939-41 die Leitung der Städtischen Musikschule inne; anschließend nahm er am Zweiten Weltkrieg teil. Seit 1946 war er Lehrer, seit 1948 Prof. an der Kölner Musikhochschule, 1958-61 deren stellvertretender Direktor. Daneben lehrte er an den Universitäten Bonn (1946-72) und Köln (1956-61) sowie seit 1981 an der Katholischen Kirchenmusikschule Regensburg. S. war einer der führenden deutschen kath. Kirchenkomponisten. Zu seinem Werk gehören Messen (Missa Gregoriana, 1959), Choralbearbeitungen f ü r Orgel und Motetten, der Chorzyklus Römische Brunnen (1950), Orchesterwerke ( S i n f o n i s c h e Hymnen, 1943), die Oper Hero und Leander (1952) sowie Orgel-, Klavier- und Kammermusik. Mit Heinrich -> Lemacher schrieb er ein Lehrbuch des Kontrapunkts (1950, 4 1962), Generalbaßübungen (1954, 2 1965), eine Harmonielehre (1958, x 1974) und eine Formenlehre der Musik (1962, 2 1968). m MGG
Schröder,
Horst, Jurist, * 9 . 3 . 1913 Bremen, t 12.9. 1973 Marina di Pietra Santa (Toskana, Italien). S., Sohn eines Bankbeamten, studierte in Münster, wo er 1937 promoviert wurde, und habilitierte sich 1938 mit der Arbeit Unwahrer und unwahrhaftiger Eid (gedruckt 1939). 1942 übernahm er eine a. o. Professur in Graz, ging 1948 als o . P r o f . des Straf- und Prozeßrechts nach Kiel, wo er auch Rektor war, und folgte 1955 einem Ruf nach Tübingen. Neben seiner Hochschultätigkeit war S. Richter am Oberlandesgericht. Der Schwerpunkt seiner Arbeit lag im Strafrecht, Strafprozeßrecht und Zivilverfahrensrecht. Sein Hauptwerk war die Fortführung der Kommentare zum Strafgesetzbuch (StGB) von Adolf —»Schönke (ab der 7. Auflage 1954). Unter seiner Leitung wurde der „Schönke" (später „ S c h ö n k e / S c h r ö d e r " ) zum Standardkommentar. S. kam bei einem Badeunfall ums Leben. CD N D B
Schröder, Hubert, Physiker, Glastechnologe, * 14.7. 1913 Landshut (Niederbayern), f 19.9. 1995 München. S., Sohn eines Oberstleutnants der bayerischen Gendarmerie und N e f f e von Alfred —>S., studierte Physik an der Univ. München, u. a. bei Arnold —> S o m m e r f e l d und Walther —> Gerlach, und wurde 1939 promoviert (Die magnetischen Eigenschaften ferromagnetischer Verunreinigungen in Nichteisenlegierungen). Seit 1940 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Optischen Werke, C. A. Steinheil Söhne, beschäftigte er sich mit den optischen Eigenschaften von Glas und deren Veränderungsmöglichten auf chemischem Weg. Das von ihm weiterentwickelte Tauchverfahren für die Beschichtung von Glas führte er nach d e m Wechsel zum Jenaer Glaswerk, Schott & Gen. in Landshut 1950 (seit 1954 in Mainz) in die industrielle Serienproduktion über; 1965-79 leitete er den Zentralbereich Forschung und Entwicklung. Seit 1952 an der Univ. München für Physik habilitiert (Lichtteilungsfunktion dünner Mehrfachschichten und ihre Anwednung), wurde er 1962 a. o. Prof. für Experimentalphysik an der Univ. Frankf u r t / M a i n und 1966 Honorarprofessor an der Univ. Mainz. CD N D B
Schröder,
Joachim, luth. Theologe, * 9 . 3 . 1613 Freudenberg bei Ribnitz (Mecklenburg), f 1 . 6 . 1 6 7 7 Rostock. S., Sohn eines späteren Ratsherrn, studierte in Rostock und war dort seit 1637 Prediger an St. Georg und St. Jakobi. Seit 1645 gehörte er der Philosophischen Fakultät an und hielt homiletische Kollegien ab. S. verfocht das Kirchenreformprogramm der Rostocker luth. Orthodoxie und forderte in zahlreichen Schriften eine Erneuerung des sittlich-
Schroeder kirchlichen L e b e n s d u r c h B u ß e , H e i l i g u n g und K i r c h e n zucht. E r f o l g l o s b l i e b S.s K a m p f g e g e n die traditionellen S c h u l a u f f ü h r u n g e n antiker K o m ö d i e n in d e r K i r c h e St. Jakobi u n d g e g e n d e n G e b r a u c h klassischer Literatur im Unterricht. CD M e c k l e n b u r g , B d 3
Schröder,
Joachim (Hermann), Paläontologe, * 1 4 . 1 2 . 1891 N a u m b u r g / S a a l e , t 2 9 . 4 . 1 9 7 6 P u l l a c h / Isartal. S. studierte G e o l o g i e und P a l ä o n t o l o g i e in M ü n c h e n und H a l l e und w u r d e 1920 an der U n i v . M ü n c h e n z u m Dr. rer. nat. p r o m o v i e r t (Die jurassischen Fleckenmergel der bayrischen Alpen). 1920-24 w a r er dort Assistent, danach an der B a y e r i s c h e n S t a a t s s a m m l u n g f ü r P a l ä o n t o l o g i e und historische G e o l o g i e in M ü n c h e n , w o er 1928 K o n s e r vator und 1945 A b t e i l u n g s d i r e k t o r w u r d e . Seit 1947 w a r er H o n o r a r p r o f e s s o r an der Univ. M ü n c h e n . S. u n t e r n a h m Forschungsreisen nach S ü d a f r i k a , Indien und Australien z u m S t u d i u m der fossilen Wirbel- u n d S ä u g e t i e r e (Beobachtungen an Wirbeltieren in der Karrooformation, 1934-37, mit F e r d i n a n d Broili). Er v e r ö f f e n t l i c h t e auch S c h r i f t e n zur G e o logie von B a y e r n s o w i e zur P a l ä o n t o l o g i e und arbeitete a m „ G r o ß e n H i s t o r i s c h e n Weltatlas" mit.
Schröder, J o h a n n Heinrich, e v a n g . T h e o l o g e , Lieddichter, * 4 . 1 . 1666 H a l l e r s p r i n g e ( h e u t e Springe), t 3 0 . 6 . 1699 M e s e b e r g ( M a g d e b u r g ) . S. studierte w o h l 1684-87 in L e i p z i g als S c h ü l e r A u g u s t Herm a n n - ^ F r a n c k e s . Seit 1696 ist er als P f a r r e r in M e s e b e r g n a c h g e w i e s e n . S. dichtete Kirchenlieder, m a n c h e mit chiliastischer T e n d e n z . Jesu, hilf siegen, du Färste des Lebens und Eins ist Not, ach Herr, dies eine lehre mich erkennen doch w e r d e n noch h e u t e g e s u n g e n . DP B B K L Schröder, J o h a n n Heinrich, Maler, * 28. 8. 1757 Meiningen, t 2 9 . 1 . 1 8 1 2 Meiningen. Der S o h n eines Z e u g m a c h e r s w a r S c h ü l e r J o h a n n H e i n r i c h —>Tischbeins d . Ä . in Kassel und bildete sich später in E n g land und den N i e d e r l a n d e n künstlerisch weiter. 1785 w u r d e er b r a n d e n b u r g i s c h e r H o f m a l e r in B r a u n s c h w e i g , 1811 bad i s c h e r H o f m a l e r in Karlsruhe. S. schuf zahlreiche Porträts, v o r w i e g e n d k l e i n f o r m a t i g e Brustbilder. CD T h - B Schröder, J o h a n n J o a c h i m , e v a n g . T h e o l o g e , Philologe, B i b l i o t h e k a r , * 6 . 6 . 1 6 8 0 N e u k i r c h e n (Hessen), t 1 9 . 7 . 1756 M a r b u r g . S. studierte an der U n i v . M a r b u r g , bereiste H o l l a n d , R u ß l a n d und E n g l a n d und w u r d e 1711 Prof. der m o r g e n l ä n d i s c h e n S p r a c h e n an d e r U n i v . M a r b u r g . 1737-46 w a r er a. o . P r o f . der T h e o l o g i e . W ä h r e n d einer R e i s e nach H o l l a n d in das S t u d i u m des A r m e n i s c h e n e i n g e f ü h r t , w i d m e t e sich S. im f o l g e n d e n h a u p t s ä c h l i c h d e r a r m e n i s c h e n S p r a c h e und Literatur. Sein H a u p t w e r k ist ein Thesaurus linguae Armenicae antiquae et modernae (1711). S. w a r der Vater von P h i l i p p Georg - » S . CD A D B Schröder,
J o h a n n e s , Arzt, * 1600 Salzuflen, b e g r a b e n 3.2.1664 Frankfurt/Main. S. studierte n a c h w e i s l i c h 1622 in R o s t o c k , später an a n d e r e n Universitäten in D e u t s c h l a n d , D ä n e m a r k , Italien und Frankreich, w u r d e in C a e n p r o m o v i e r t und w i r k t e w ä h r e n d des D r e i ß i g j ä h r i g e n Kriegs als Militärarzt bei der s c h w e d i s c h e n A r m e e . 1635 ließ er sich als A r z t in F r a n k f u r t / M a i n nieder und war seit 1643 S t a d t p h y s i c u s , seit 1658 P h y s i c u s Primarius. E r v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. das weit verbreitete L e h r buch Pharmacopoeia medico-chymica sive thesaurus pharmacologics ( 1 6 4 1 , x 1 6 8 5 , N e u a u s g . 1705, 4 Tie., "1746-48, dt. Trefßich-versehene medicin-chymische Apotheke, oder: höchstkostbarer Arzeney-Schatz, 2 Bde., 1685, e r n e u t unter d e m Titel Vollständige und Nutzreiche Apotheke, 1693, 3 1 7 1 8 , N a c h d r . 1963).
Schröder,
J o h a n n e s , Volkswirt, * 1 5 . 6 . 1 9 0 5 L o i t z (Vorpommern), t 2 0 . 3 . 1 9 8 2 Essen. S. Schloß das S t u d i u m der N a t i o n a l ö k o n o m i e , G e s c h i c h t e und R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n in F r e i b u r g / B r e i s g a u , W i e n und Berlin 1929 als D i p l o m - V o l k s w i r t ab, stieg bei der D r e s d ner B a n k z u m Prokuristen auf und w u r d e 1938 Assistent d e s F i n a n z d i r e k t o r s E w a l d —»Löser in der F i r m a Fried. K r u p p in Essen u n d 1940 Abteilungsleiter. N a c h Kriegse n d e und der V e r h a f t u n g A l f r i e d - » K r u p p s von B o h l e n und H a l b a c h e r w a r b er sich als Leiter der K o n z e r n f i n a n zen in der Vorläufigen W e r k s l e i t u n g Verdienste u m die Weit e r f ü h r u n g der zerstörten u n d d e m o n t i e r t e n K r u p p w e r k e , die S i c h e r u n g der P e n s i o n s z a h l u n g e n und d i e V e r m ö g e n s r ü c k g a b e an den 1950 wieder f r e i g e l a s s e n e n F i r m e n i n h a b e r . In der n e u e n O r g a n i s a t i o n s s t r u k t u r des U n t e r n e h m e n s w u r d e S. 1954 M i t g l i e d des D i r e k t o r i u m s und Leiter der Zentralabteilung F i n a n z e n und S t e u e r n .
Schröder,
(Peter) J o s e p h , kath. T h e o l o g e , * 1 6 . 4 . 1849 B e e c k (heute zu G e i l e n k i r c h e n ) , f 5 . 9 . 1 9 0 3 E l b e r f e l d (heute zu Wuppertal). S., S o h n eines K l e i n b a u e r n , studierte seit 1867 P h i l o s o p h i e und T h e o l o g i e a m C o l l e g i u m G e r m a n i c u m in R o m , e m p f i n g 1873 d i e P r i e s t e r w e i h e und w u r d e z u m Dr. phil., 1874 z u m Dr. theol. p r o m o v i e r t . 1875-87 lehrte er als Prof. d e r Philos o p h i e a m K l e i n e n S e m i n a r in St. T r o n d (Belgien), später in Lüttich und Köln. 1889 w u r d e er P r o f . d e r D o g m a t i k an der C a t h o l i c U n i v e r s i t y of A m e r i c a in W a s h i n g t o n , D. C., 1898 an der A k a d e m i e in M ü n s t e r und w a r nach ihrer E r h e b u n g zur Universität 1 9 0 2 / 0 3 deren erster R e k t o r . S. vertrat einen ultramontan-antiliberalen K a t h o l i z i s m u s und b e k ä m p f t e im a u s g e h e n d e n d e u t s c h e n K u l t u r k a m p f und in d e n A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n u m den kath. „ A m e r i k a n i s m u s " in den U S A den liberalen K a t h o l i z i s m u s und seine R e p r ä s e n t a n ten. Er schrieb u . a . Der Liberalismus in der Theologie und Geschichte (1883). S. w u r d e z u m Päpstlichen H a u s p r ä l a t e n ernannt. CD N D B
Schröder,
Karl ( B e r n h a r d Fritz), P s e u d . Karl Wolf, Schriftsteller, * 13. 11. 1884 B a d Polzin ( P o m m e r n ) , t 6 . 4 . 1 9 5 0 Berlin. S., S o h n e i n e s Lehrers, studierte an der U n i v . Berlin und w u r d e 1912 an der U n i v . M a r b u r g z u m Dr. phil. p r o m o viert (J. G. Schnabels „Insel Felsenburg"). W i e d e r in Berlin, trat er 1913 in d i e S P D , 1917 in d i e U S P D ein u n d zählte später zu den B e g r ü n d e r n der K o m m u n i s t i s c h e n A r b e i t e r partei D e u t s c h l a n d s , k e h r t e aber 1924 zur S P D z u r ü c k . N a c h j a h r e l a n g e r Tätigkeit als W a n d e r l e h r e r und J o u r n a l i s t übern a h m S. 1928-32 d a s Lektorat der B u c h g e m e i n s c h a f t „ D e r B ü c h e r k r e i s " , die internationalen E d i t i o n e n von Werken d e r Arbeiterliteratur förderte. 1936 w u r d e er verhaftet und m e h rere J a h r e im K o n z e n t r a t i o n s l a g e r B o e r g e r m o o r inhaftiert. N a c h d e m Krieg leitete er zeitweise d i e V o l k s h o c h s c h u l e in N e u k ö l l n u n d arbeitete im Verlagswesen; er g a b u . a . W e r k e F r a n z —»Mehrings heraus. S. schrieb u . a . d i e R o m a n e Aktiengesellschaft Hammerlugk ( 1 9 2 8 ) , Der Sprung über den Schatten (1928), Familie Marken (2 Bde., 1931) und Die letzte Station (1947, a u t o b i o g r a p h i s c h ) . CD N D B
Schroeder,
( J o h a n n Heinrich) Kurt ( T h e o d o r ) Frh. von, B a n k i e r , * 24. 11. 1889 H a m b u r g , t 4. 11. 1966 H o h e n s t e i n bei E c k e r n f ö r d e . S., S o h n eines B a n k i e r s , studierte 1907-09 Jura an der U n i v . B o n n , w u r d e d a n n j e d o c h B e r u f s o f f i z i e r . N a c h der T e i l n a h m e a m Ersten Weltkrieg entlassen, durchlief er e i n e B a n k a u s b i l d u n g u n d w u r d e 1921 Teilhaber d e s B a n k h a u s e s J. H. Stein in K ö l n . B i s 1932 M i t g l i e d der D e u t s c h e n Volkspartei, näherte er sich ü b e r W i l h e l m —»Keppler der N S D A P und war A n f a n g der dreißiger J a h r e ein g e f r a g t e r G e s p r ä c h s -
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Schröder partner für nationalsozialistische Funktionäre, die den Kontakt zur Wirtschaft suchten. 1933 trat er in die N S D A P ein. In seinem Haus fand am 4. 1.1933 das Treffen zwischen —> Hitler und Franz von —> Papen statt, in d e m die Weichen f ü r Hitlers Machtergreifung gestellt wurden. S. gehörte dem Aufsichtsrat zahlreicher Unternehmen an und war nach 1933 Präsident der Rheinischen Industrie- und Handelskammer in Köln und Leiter der Organisation der Privatbanken. Als Schatzmeister des Freundeskreises Reichsführer SS erhielt er den Titel eines SS-Brigadeführers. 1947 wurde S. von einer deutschen S p r u c h k a m m e r wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. 1948 aus der Haft entlassen, schied er aus d e m Bankhaus J. H. Stein aus und lebte dann auf seinem Gut Hohenstein. CD N D B
S c h r ö d e r , Kurt, Mathematiker, * 3 1 . 7 . 1 9 0 9 Berlin, t 7 . 7 . 1978 Berlin. Der Sohn eines Bahnarbeiters studierte seit 1928 Mathematik und Physik an der Univ. Berlin und wurde 1934 promoviert (Einige Sätze aus der Theorie der kontinuierlichen Gruppen linearer Transformationen). 1939 habilitierte er sich, war Dozent an der Univ. Berlin und arbeitete zugleich an der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt. 1946 wurde S. o . P r o f . der angewandten Mathematik und Leiter des II. Mathematischen Instituts an der Humboldt-Universität zu Berlin, deren Rektor er 1959-65 war. Seit 1951 ordentliches Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Wissenschaften, leitete S. 1959-69 das Institut für angewandte Mathematik und Mechanik und 1969-72 das Zentralinstitut für Mathematik und Mechanik der Akademie. Seit 1957 gehörte er dem Forschungsrat der D D R an. S. erwarb sich Verdienste um die Einführung der Rechentechnik und die Förderung der Kybernetik und war maßgeblich an der Errichtung der ersten Rechenzentren an der Univ. Berlin und der Deutschen A k a d e m i e der Wissenschaften beteiligt. 1962 wurde er Vorsitzender der neugegründeten Mathematischen Gesellschaft. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Über die Prandtlsche Integro-Differentialgleichung der Tragflügeltheorie (1939), Der Begriff des Raumes in der Geometrie (hrsg. mit Josef —»Naas, 1957) und Mathematik für die Praxis. Ein Handbuch (Hrsg., 3 Bde., 1964, 3 1966).
Schroeder,
Leopold (Alexander) von, Indologe, Altertumskundler, * 24. 12. 1851 Dorpat, t 8 . 2 . 1920 Wien. S., Sohn eines Gouvernementsschuldirektors, studierte seit 1870 Deutsche und Vergleichende Sprachwissenschaft in Dorpat, Leipzig, Jena und Tübingen und wurde 1877 an der Univ. Dorpat promoviert und zum Dozenten für Altindische Sprache und Literatur ernannt. 1882 wurde er dort a . o . P r o f . , 1894 in Innsbruck und folgte 1899 einem Ruf als o . P r o f . der Indischen Philologie und Altertumskunde an die Univ. Wien. S., Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften in Wien, veröffentlichte zahlreiche Studien zur indischen Literatur-, Kultur- und Religionsgeschichte ( u . a . Indiens Literatur und Kultur in historischer Entwicklung, 1887) sowie über die Volkskunde der Esten und anderer finnisch-ugrischer Völker; ferner befaßte er sich mit Kultus und Festen der Indogermanen, die er im Musiktheater —» Wagners fortgesetzt sah (Die Vollendung des arischen Mysteriums in Bayreuth, 1911). Zu seinen weiteren Veröffentlichungen zählen Ausgaben des Maiträyam Sariihitä (4 Bde., 1881 -86, Nachdr. 1923) und des Käihakam (3 Bde., 1900-10, Nachdr. 1970-72) sowie das Trauerspiel König Sundara, 2 1889), Baltische Heimat-, Trust- und Trostlieder (1906) und Lebenserinnerungen (1921, hrsg. von Felix von Schröder). CD N D B
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Schroeder,
Louise (Dorothea Sophie), Politikerin, * 2 . 4 . 1887 Altona (heute zu Hamburg), t 4 . 6 . 1957 Berlin. Die Tochter eines sozialdemokratischen Bauarbeiters besuchte die Mittelschule in Altona, danach die Gewerbeschule in Hamburg und arbeitete 16 Jahre als Sekretärin in einer Versicherungsfirma. 1910 trat sie in die S P D ein. Ihre politische Laufbahn führte sie über die Mitgliedschaft im Vorstand des SPD-Ortsvereins in Altona (1915), im Stadtparlament Altona (1919, 1929-33) und in der Nationalversammlung ( 1 9 1 9 / 2 0 ) zur Position einer Reichstagsabgeordneten und mehrmaligen Spitzenkandidatin des Wahlkreises Schleswig-Holstein (1920-33). Von 1923 bis 1925 Vorsteherin des Altonaer Pflegeamtes, begründete sie zusammen mit Marie —>Juchacz die „Arbeiterwohlfahrt" und blieb bis 1933 deren Vorsitzende in Schleswig-Holstein. Geprägt durch die Erfahrungen der eigenen Herkunft, konzentrierte sich ihre parlamentarische Arbeit auf sozialpolitische T h e m e n . Sie erreichte eine stärkere Berücksichtigung von Kranken, Alten und Arbeitslosen in der Sozialgesetzgebung und wandte sich im R a h m e n eines Gesetzes zur B e k ä m p f u n g von Geschlechtskrankheiten gegen die hergebrachte Reglementierung der Prostitution. Zus a m m e n mit der Zentrumspolitikerin Christine —>Teusch und der DDP-Abgeordneten Marie-Elisabeth —> Lüders setzte sie u. a. eine Gesetzesreform zum Mutter- und Kinderschutz und die juristische und finanzielle Besserstellung lediger Mütter und unehelicher Kinder durch. Zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft verlor S. 1933 sämtliche Ämter, wurde arbeitslos und unter Polizeiaufsicht gestellt. Mit kurzfristigen Beschäftigungsverhältnissen schlug sie sich durch. 1938 tauchte sie in Berlin unter, wo sie zunächst als Schreibkraft, dann in der Sozialabteilung einer B a u f i r m a beschäftigt war. Nach Kriegsende wurde S. 1945 in den Vorstand der Berliner S P D und 1946 in die Stadtverordnetenversammlung gewählt. Sie leitete den Ausschuß f ü r die Berliner Arbeiterwohlfahrt und wurde deren erste Vorsitzende. Seit Dezember 1946 fungierte sie als Bürgermeisterin und 3. Stellvertreterin des Oberbürgermeisters von Berlin. Vom Mai 1947 bis Dezember 1948 amtierte sie im Auftrag der Alliierten K o m m a n dantur als Oberbürgermeisterin von Berlin, da der im August 1948 gewählte Oberbürgermeister Ernst —»Reuter auf Verlangen der russischen Behörden sein A m t zunächst nicht antreten durfte. Durch ihr couragiertes Auftreten gegenüber den alliierten Behörden und während der Blockadezeit sowie ihr persönliches Engagement f ü r die Nöte der Bevölkerung erlangte S. große Popularität in Berlin und außerhalb. Nach der Spaltung der Stadt und der Wiederwahl Ernst Reuters zum Oberbürgermeister im Westteil Berlins trat sie als seine Stell vertreten η und Bürgermeisterin (bis 1951) „ins zweite Glied" zurück. 1 9 4 8 / 4 9 war sie Präsidentin des Deutschen Städtetags, von 1949 bis zu ihrem Tod 1957 Bundestagsabgeordnete. In dieser Funktion - und in zahlreichen Ehrenämtern - setzte sie die politische Arbeit ihrer ersten Parlamentszugehörigkeit fort, indem sie für die Verbesserung von Mutterschutzgesetzgebung, Jugendfürsorge und weiblicher Berufstätigkeit kämpfte. S., die ihre politischen und sozialen T h e m e n mit profunder Sachkenntnis und erheblicher rhetorischer Begabung vertrat, gehört zu den bedeutenden Wegbereiterinnen einer gesellschaftlichen Gleichstellung der Frauen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Schröder LITERATUR: H a n n s - P e t e r Herz: L. S. In: C l a u s H i n r i c h C a s d o r f f (Hrsg.): D e m o k r a t e n . P r o f i l e unserer R e p u b l i k . K ö n i g s t e i n / T a u n u s 1983, S. 2 3 9 - 2 4 6 . - A n t j e Dertinger: Frauen im R e i c h s t a g (IV): L e b e n f ü r Benachteiligte. Ü b e r d i e parl a m e n t a r i s c h e T ä t i g k e i t der S o z i a l d e m o k r a t i n L. S. In: D a s P a r l a m e n t , 1 2 . 1 1 . 1983, S. 11. Andrea Hofmeister
Schröder,
L u d w i g v o n , Militär, * 1 7 . 7 . 1 8 5 4 H i n z e n k a m p bei U e c k e r m ü n d e ( P o m m e r n ) , t 2 4 . 7 . 1933 Berlin. D e r S o h n eines Gutsbesitzers w u r d e 1871 M a r i n e k a d e t t und w a r u. a. im O b e r k o m m a n d o d e r M a r i n e in Berlin tätig. 1898 w u r d e er K o m m a n d a n t des S c h u l s c h i f f e s „ M o l t k e " und 1900 D i r e k t o r der M a r i n e s c h u l e in Kiel u n d A b t e i l u n g s s c h e f im A d m i r a l s t a b . N a c h E i n s ä t z e n in Westindien und A f r i k a w u r d e S. 1905 I n s p e k t e u r der Schiffsartillerie, 1907 als Vizeadmiral C h e f eines G e s c h w a d e r s und 1910 C h e f der M a rinestation der Ostsee. 1912 verabschiedet, w u r d e er n a c h B e g i n n d e s Ersten W e l t k r i e g s reaktiviert, mit d e r A u f s t e l lung einer M a r i n e d i v i s i o n b e a u f t r a g t u n d an der belgischen K ü s t e eingesetzt. S. erhielt d e n B e i n a m e n „ L ö w e von Fland e r n " . 1912 w u r d e er nobilitiert. CD L e b P o m m e r n , B d 1
Schroeder, M a x (Robert Paul), Publizist, * 1 6 . 4 . 1 9 0 0 L ü b e c k , t 14. 1. 1958 Berlin. S., S o h n eines R e c h t s a n w a l t s und N o t a r s , studierte 1919-24 K u n s t g e s c h i c h t e in R o s t o c k , F r e i b u r g / B r e i s g a u , M ü n c h e n und G ö t t i n g e n u n d arbeitete d a n a c h im S c h u t z v e r b a n d D e u t scher A u t o r e n mit. Seit 1932 M i t g l i e d der K P D , e m i g r i e r t e er 1933 nach F r a n k r e i c h und w a r dort einer der A u t o r e n des Braunbuchs über Reichstagsbrand und Hitlerterror (1933), d a s in 15 S p r a c h e n erschien. 1939 interniert, g i n g S. n a c h der F r e i l a s s u n g 1941 in die U S A , w o er stellvertretender C h e f r e d a k t e u r d e s „ G e r m a n A m e r i c a n " war. 1946 k e h r t e er n a c h D e u t s c h l a n d zurück, w u r d e Mitglied der S E D , w a r Literaturkritiker d e s „ N e u e n D e u t s c h l a n d " und d e s „ S o n n t a g " u n d 1947-57 C h e f l e k t o r d e s A u f b a u - V e r l a g s in Berlin. S. veröff e n t l i c h t e u. a. Von hier und heute aus. Kritische Publizistik (1957). DP L e x sozialist Lit Schroeder,
O s k a r , P s e u d . E r n s t E r a s m i , P. A n s c h a r i u s , Dr. G e r m a n u s , kath. T h e o l o g e , * 2 4 . 1 1 . 1 8 8 9 A l d e k e r k / N i e d e r r h e i n , t 1 4 . 8 . 1974 D u i s b u r g . S., S o h n eines S c h o r n s t e i n f e g e r m e i s t e r s , b e g a n n 1910 das S t u d i u m der T h e o l o g i e in M ü n s t e r u n d w u r d e 1915 in Essen z u m Priester g e w e i h t . 1918 legte er e i n e P r ü f u n g f ü r d a s H ö h e r e L e h r a m t in R e l i g i o n , H e b r ä i s c h , P h i l o s o p h i e und E n g l i s c h a b und w u r d e 1922 in K ö l n z u m D r . phil. p r o m o v i e r t ( D i e Kulturphilosophie W. Wundts und W. Windelbands). D a n a c h als L e h r e r tätig, unterrichtete er 1936-55 an e i n e m G y m n a s i u m in D u i s b u r g . A l s Vertreter des Ref o r m k a t h o l i z i s m u s g r ü n d e t e er 1941 z u s a m m e n mit Josef T h o m e den R h e i n i s c h e n R e f o r m k r e i s . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Der Katholizismus. Sein Stirb und Werde (mit J o h a n n e s —»Hessen, 1937) und Aufbruch und Mißverständnis. Zur Geschichte der reformkatholischen Bewegung (1969). F e r n e r übersetzte er t h e o l o g i s c h e Schriften aus d e m E n g l i s c h e n . CD N D B
Schröder,
Otto, Kantor, K o m p o n i s t , * 1 9 . 3 . 1 8 6 0 H a l l e / Saale, t 24. 1 . 1 9 4 6 H a l l e / S a a l e . S. studierte K l a s s i s c h e P h i l o l o g i e an der U n i v . H a l l e und w a r k u r z e Zeit als G e s a n g l e h r e r tätig. E r b e s u c h t e d a s L e i p z i g e r K o n s e r v a t o r i u m , w a r 1 8 9 3 - 1 9 0 0 K a n t o r an St. M a r i e n in Halle und C h o r d i r e k t o r d e s dortigen S t a d t s i n g c h o r s und trat auch als K o n z e r t s ä n g e r auf. 1900 ging S. als G y m n a s i a l k a n tor n a c h Torgau und g r ü n d e t e dort den „ G e s a n g v e r e i n " , der sich b e s o n d e r s d e r P f l e g e d e r W e r k e von Heinrich —»Schütz und J o h a n n Sebastian —»Bach w i d m e t e . 1910 w u r d e er z u m Kgl. M u s i k d i r e k t o r und 1911 z u m Prof. e r n a n n t . S. k o m p o nierte C h o r l i e d e r und M o t e t t e n .
Schröder,
Paul, Psychiater, N e u r o l o g e , * 1 9 . 5 . 1873 Berlin, t 7 . 6 . 1941 L e i p z i g . S., S o h n eines Lehrers, studierte M e d i z i n in Berlin u n d G r a z , w u r d e 1897 in Berlin p r o m o v i e r t ( L u n g e n g a n g r ä n bei Perforation des Oesophagus durch verschluckte Fremdkörper), w a r Assistent von Karl —> W e r n i c k e , Emil —»Kraepelin und Karl —»Bonhoeffer in B r e s l a u , H e i d e l b e r g , K ö n i g s berg und Berlin u n d habilitierte sich 1905 in Breslau f ü r Psychiatrie und N e u r o l o g i e ( Ü b e r chronische Alkoholpsychosen). Im selben J a h r z u m a. o. Prof. e r n a n n t , w u r d e er 1913 o . P r o f . und Direktor der P s y c h i a t r i s c h e n und N e r venklinik in G r e i f s w a l d , deren R e k t o r er w ä h r e n d d e s Ersten Weltkriegs war. 1925-38 w a r S. o . P r o f . u n d Direktor der U n i v e r s i t ä t s - N e r v e n k l i n i k der U n i v . L e i p z i g und übern a h m w ä h r e n d d e s Z w e i t e n Weltkriegs v e r t r e t u n g s w e i s e d i e L e i t u n g d e r P s y c h i a t r i s c h e n und N e r v e n k l i n i k der U n i v . Halle. S., 1923 in d i e D e u t s c h e A k a d e m i e d e r N a t u r f o r s c h e r L e o p o l d i n a g e w ä h l t , v e r f a ß t e zahlreiche A b h a n d l u n g e n zur klinischen Psychiatrie, H i s t o p a t h o l o g i e des Z e n t r a l n e r v e n s y s t e m s , J u g e n d f ü r s o r g e und E n t z ü n d u n g s l e h r e . Z u seinen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n g e h ö r e n Geistesstörungen nach Kopfverletzungen (1905), Einführung in die Histologie und Histopathologie des Nervensystems (1908, "1920, a u c h engl.) und Stimmungen und Stimmungsschwankungen (1930). CD Kreuter
Schroeder,
Philipp Georg, Mediziner, Naturforscher, * 2 1 . 4 . 1729 M a r b u r g , t 1 4 . 3 . 1 7 7 2 G ö l t i n g e n . S., S o h n von J o h a n n J o a c h i m —»S., studierte seit 1743 N a t u r w i s s e n s c h a f t e n und M a t h e m a t i k , seit 1747 auch M e d i zin in M a r b u r g , Jena, Halle, Berlin u n d W i t t e n b e r g und w u r d e 1752 an der U n i v . M a r b u r g z u m Dr. m e d . p r o m o viert (De convulsionibus ex haemorrhagia nimia oriundis). 1754 g i n g er als o. Prof. der A n a t o m i e und C h i r u r g i e nach Rinteln und w u r d e z u m G a r n i s o n s m e d i k u s und S t a d t p h y s i kus e r n a n n t ; seit 1756 hatte er dort auch die o . P r o f e s s u r f ü r N a t u r l e h r e inne. 1762-64 w a r er P r o f e s s o r p r i m a r i u s medicinae und P r o f e s s o r p h y s i c e s Ordinarius an der U n i v . M a r burg und g i n g a n s c h l i e ß e n d n a c h G ö t t i n g e n , w o er z u n ä c h s t o . P r o f . der Medizin, später a u c h P r ä s e s des chirurgischen C o l l e g i u m s w a r u n d 1765 z u m kgl. k u r f ü r s t l i c h e n Leibarzt e r n a n n t w u r d e . S. arbeitete u. a. auf d e n G e b i e t e n der A n a tomie, Chirurgie, P h y s i o l o g i e , gerichtlichen M e d i z i n , Diätetik, P a t h o l o g i e und O s t e o l o g i e . S e i n e S c h r i f t e n w u r d e n von Gottlieb —»Ackermann unter d e m Titel Opuscula medica antehac seorsim edita, nunc vero collecta (2 B d e . , 1 7 7 8 / 7 9 ) herausgegeben. CD Ä r z t e 1
Schröder,
Ralf, Slawist, * 4. 11. 1927 Berlin, t 1 5 . 4 . 2 0 0 1 Berlin. D e r S o h n eines N a t i o n a l ö k o n o m e n studierte Russistik und G e s c h i c h t e in Berlin, lehrte s o w j e t i s c h e Literatur in G r e i f s wald und ging 1953 n a c h Leipzig, w o er 1957 z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t w u r d e . Im selben J a h r w e g e n a n g e b l i c h staatsf e i n d l i c h e r Tätigkeit verhaftet, w a r er bis 1964 inhaftiert. 1966 w u r d e er L e k t o r f ü r s o w j e t i s c h e Literatur im Verlag Volk und Welt. D a n e b e n b e f a ß t e er sich mit d e m F a u s t - S u j e t in der r u s s i s c h - s o w j e t i s c h e n Literatur (Gorkis Erneuerung der Fausttradition, 1971) und g a b 1992-96 d i e erste w e r k getreue B u l g a k o w - A u s g a b e in d e u t s c h e r S p r a c h e heraus. CD Killy
Schröder,
R i c h a r d (Karl Heinrich), Jurist, Rechtshistoriker, * 1 9 . 6 . 1838 T r e p t o w ( P o m m e r n ) , t 4 . 1 . 1917 Heidelberg. S., S o h n e i n e s Kreisjustizrats, studierte seit 1857 R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n in Berlin und G ö t t i n g e n , w u r d e 1861 an der U n i v . Berlin p r o m o v i e r t und habilitierte sich 1863 an der U n i v . B o n n f ü r D e u t s c h e s Privatrecht und D e u t s c h e R e c h t s geschichte. 1866 w u r d e er dort a . o . , 1870 o . P r o f . , 1872 in
223
Schröder W ü r z b u r g , 1882 in Straßburg, 1885 in G ö t t i n g e n und 1888 in Heidelberg, w o er seit 1897 auch die organisatorische L e i t u n g des Deutschen Rechtswörterbuchs ü b e r n a h m . S. erlangte vor allem auf d e m Gebiet der R e c h t s g e s c h i c h t e B e d e u t u n g . E r v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . e i n e Geschichte des ehelichen Güterrechts (2 Tie., 1863-74, N e u d r . 1967), ein Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte (1888, 5 1 9 0 7 ; seit der 6. Aufl. 1922 bearb. von E b e r h a r d von ^ K ü n ß b e r g , 7 1 9 3 2 , N a c h d r . 1966) und g a b mit H u g o —»Loersch Urkunden zur Geschichte des deutschen Privatrechts ( 1 8 7 4 , 3 1 9 1 2 ) heraus. S. w a r k o r r e s p o n d i e r e n d e s M i t g l i e d der B a y e r i s c h e n und der P r e u ß i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n s o w i e ordentliches Mitglied der H e i d e l b e r g e r A k a d e m i e der Wissenschaften. Cd N D B
Schröder,
Robert, Gynäkologe, * 3 . 8 . 1 8 8 4 Rostock, t 1 3 . 1 0 . 1 9 5 9 Leipzig. S., S o h n e i n e s S c h i f f s k a p i t ä n s , studierte M e d i z i n in R o s t o c k , F r e i b u r g / B r e i s g a u und Berlin und w a r n a c h der P r o m o t i o n an der U n i v . R o s t o c k (1909, Die Driisenepithelveränderungen der Uterusschleimhaut im Intervall und Prämentruum) A s s i s t e n t an der I n n e r e n Klinik in H e i d e l b e r g und a m P a t h o l o g i s c h e n Institut in K ö l n . 1915 habilitierte er sich an der U n i v . R o s t o c k f ü r G e b u r t s h i l f e und F r a u e n h e i l k u n d e ( A n a t o mische Studien zur normalen und pathologischen Physiologie des Menstruationszyklus) und w u r d e 1919 a. o. P r o f e s s o r . 1922 ging S. als o. Prof. an d i e U n i v . Kiel, 1936 an d i e U n i v . Leipzig. Seit 1935 w a r er Mitglied der N S D A P . 1947 übern a h m der den L e h r s t u h l f ü r G y n ä k o l o g i e und G e b u r t s h i l f e an der U n i v . L e i p z i g . S. m a c h t e sich i n s b e s o n d e r e u m d e r K r e b s f r ü h e r k e n n u n g und - b e k ä m p f u n g verdient. A u f seine A n r e g u n g ging die E i n f ü h r u n g eines K r e b s m e l d e w e s e n s in d e r D D R zurück. S. w a r M i t g l i e d der D e u t s c h e n und der S ä c h s i s c h e n A k a d e m i e d e r W i s s e n s c h a f t e n s o w i e der D e u t schen A k a d e m i e der N a t u r f o r s c h e r L e o p o l d i n a (seit 1937). Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. ein Lehrbuch der Gynäkologie (1922, 6 1 9 6 1 ) , Der mensuelle Genitalzyklus des Weibes und seine Störungen (1928), Hebammenlehrbuch ( 1 9 4 7 , 5 1 9 6 2 ) und Die Schwangerschaft - ein besonderer Leistungsanspruch (1949). c n DDR
Schröder,
R u d o l f A l e x a n d e r , Schriftsteller, Dichter, Übersetzer, Architekt, * 26. 1 . 1 8 7 8 B r e m e n , t 2 2 . 8 . 1962 Bad Wiessee (Oberbayern). Nach dem humanistischen Abitur a m Alten Gymnasium verließ S. seine G e b u r t s s t a d t B r e m e n , w o er als f ü n f t e s Kind einer sehr w o h l h a b e n d e n F a m i l i e des k a u f m ä n n i schen G r o ß b ü r g e r t u m s g e b o ren w a r , u m seit 1897 Architektur, M u s i k u n d K u n s t g e schichte in M ü n c h e n zu studieren. In d e r bayerischen H a u p t stadt g r ü n d e t e der bereits seit S c h u l t a g e n mit Heinrich —»Vogeler b e f r e u n d e t e S. 1899 z u s a m m e n mit A l f r e d Walter —>Heymel und O t t o Julius B i e r b a u m d i e literarisch a n s p r u c h s v o l l e und bibliophile Z e i t s c h r i f t „ D i e Insel", K e i m z e l l e des g l e i c h n a m i g e n Verlags. N a c h d e m S. 1 9 0 2 / 0 3 seinen M i l i t ä r d i e n s t abgeleistet hatte, kehrte er nach B r e m e n zurück, w o er sich s o w o h l der Innenarchitektur, u . a f ü r das B r e m e r R a t h a u s und d i e L u x u s d a m p f e r des N o r d d e u t s c h e n L l o y d , als auch der Literatur als A u t o r und Übersetzer w i d m e t e . N a c h längeren A u f e n t halten in Paris und Berlin ( 1 9 0 5 - 0 8 ) , w o seine f r ü h e Lyrik entstand, lebte er 1908-14 w i e d e r in B r e m e n . A u s diesen J a h r e n s t a m m t u. a. d i e Ü b e r s e t z u n g der h o m e r i s c h e n Odys-
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see, d i e er 1910 a b s c h l o ß . Erst 1943 k a m auch seine d e u t s c h e flias heraus. S.s a r c h i t e k t o n i s c h e A r b e i t e n s t a m m e n fast alle aus der Zeit z w i s c h e n 1920 u n d 1931. D i e L e i d e n s c h a f t , f r e m d s p r a c h i g e K l a s s i k e r ins D e u t s c h e zu übertragen, teilte S. mit s e i n e m e n g e n F r e u n d R u d o l f —> B o r c h a r d t , mit d e m er bis zu d e s s e n Tod einen sehr regen brieflichen K o n t a k t unterhielt. S.s Ü b e r s e t z u n g e n stellen d e n a m h ö c h s t e n g e s c h ä t z t e n Teil seines literarischen S c h a f f e n s dar. Sie reichen von der A n t i k e - n e b e n H o m e r u m f a s s e n sie u. a. a u c h H o r a z und Vergil - bis zu S h a k e s p e a r e und T . S. Eliot s o w i e den Klassikern d e s f r a n z ö s i s c h e n T h e a t e r s (Corneille, R a c i n e , Moliere). A u s A n t i k e und H u m a n i s m u s s o w i e später a u c h aus c h r i s t l i c h e m G l a u b e n s c h ö p f t e S. d i e ä s t h e t i s c h e O r i e n t i e r u n g f ü r sein vielseitiges Werk. D a s verb a n d ihn mit H u g o von - » H o f m a n n s t h a l , mit d e m er 1913 d i e „ B r e m e r P r e s s e " g r ü n d e t e . Ä s t h e t i s c h w a r S.s f r ü h e s lyris c h e s Werk von d e m j e n i g e n H o f m a n n s t h a l s d u r c h d i e „Bitt e r n i s " d e r „ K l a g e " u n t e r s c h i e d e n . B e i d e r F r e u n d e Bezieh u n g wirkte sich literarisch a u ß e r o r d e n t l i c h p r o d u k t i v aus: W i e d e r h o l t half S. H o f m a n n s t h a l , S t o c k u n g e n im S c h a f f e n s p r o z e ß zu ü b e r w i n d e n - so s t a m m e n B o t e n - , Falken-, J a g d u n d J a h r t a g s m o t i v von S. - , u n d er war es auch, d e r 1929 in R o d a u n die T r a u e r r e d e auf d e n österr. D i c h t e r hielt. F ü r S.s k ü n s t l e r i s c h e s Werk w a r e n a u c h d i e V e r b i n d u n g e n zu Tilla —»Durieux, R a i n e r M a r i a —> Rilke, Gerhart —> H a u p t m a n n und Julius —»Meier-Graefe von B e d e u t u n g . W ä h r e n d des Ersten Weltkriegs w a r S. in Belgien als Z e n sor bei der Z i v i l v e r w a l t u n g tätig. O b g l e i c h er nicht an der F r o n t stand, veränderte ihn d i e s e Zeit der G e w a l t und des T ö t e n s nachhaltig. S e i n e d a m a l i g e n E m p f i n d u n g e n und sein vertiefter G l a u b e n spiegelt d i e G e d i c h t s s a m m l u n g Mitte des Lebens ( 1 9 3 0 ) wieder. S o Schloß sich S. a u c h d e m „ E c k a r t " Kreis u m Kurt —> I h l e n f e l d und O t t o von —> T a u b e an. N a c h d e m Ersten Weltkrieg lebte und arbeitete S. h a u p t s ä c h l i c h in B r e m e n , bis er sich 1936, n a c h d e m i h m d i e N a t i o n a l s o z i a listen j e d e n ö f f e n t l i c h e n A u f t r i t t verboten hatten, v o n seiner H e i m a t s t a d t e n d g ü l t i g trennte. M i t seiner S c h w e s t e r Dora ü b e r s i e d e l t e er nach B e r g e n a m C h i e m s e e . 1937 v e r ö f f e n t l i c h t e S. das B u c h Die Kirche und ihr Lied, in d e m er sein B e k e n n t n i s zur R o l l e der M u s i k als B e i t r a g zu G l a u b e n und E r b a u u n g ablegte. S.s E n g a g e m e n t im B e r e i c h der R e l i g i o n n a h m w ä h r e n d d e s Z w e i t e n Weltkriegs weiter zu. 1942 w u r d e er L e k t o r in der e v a n g e l i s c h - l u t h e r i s c h e n L a n d e k i r c h e in B a y e r n u n d 1946 a u c h M i t g l i e d der L a n d e s s y n o d e . E r dichtete zahlreiche Kirchenlieder, d i e zur Ern e u e r u n g dieser G a t t u n g beitrugen, i n d e m sie zeitgenössis c h e K o m p o n i s t e n zu Vertonungen anregten. D a r u n t e r ist das b e k a n n t e L i e d Wir glauben Gott im höchsten Thron. E b e n s o vertraut mit der Tradition weltlicher Poesie, schrieb S. auch zahlreiche G e d i c h t e nach d e m M u s t e r antiker Lyrik (u. a. d i e S a m m l u n g Audax omnia perpeti, 1922) s o w i e Sonette, O d e n (etwa die k o n s e r v a t i v e n Deutsche Oden, 1913), Elegien und B a l l a d e n , d a r u n t e r Die Ballade vom Wandersmann (1937), e i n e h u m a n i s t i s c h e E n t g e g n u n g auf d i e Barbarei d e s N a t i o n a l s o z i a l i s m u s . 1946 verlieh i h m die T h e o l o g i s c h e Fakultät der U n i v . T ü b i n g e n den E h r e n d o k t o r . 1946-50 w a r S. auch Leiter der B r e m e r K u n s t h a l l e . E i n e von T h e o d o r - » H e u s s e r b e t e n e Hymne an Deutschland w u r d e als Nation a l h y m n e nicht a n g e n o m m e n . S. erhielt u. a. den L e s s i n g Preis der Freien H a n s e s t a d t H a m b u r g , die G o e t h e - P l a k e t t e der Stadt F r a n k f u r t / M a i n und d e n B r e m e r Literaturpreis. Zu Lebzeiten w u r d e er g e s c h ä t z t als Vertreter und B e w a h r e r e u r o p ä i s c h e r B i l d u n g s t r a d i t i o n . H e u t e ist der seinerzeit als M e i s t e r klassischer S p r a c h k u n s t g e p r i e s e n e D i c h t e r weithin in Vergessenheit geraten u n d wird w e g e n seiner k o n s e r v a tiven K u l t u r a u f f a s s u n g o f t als u n z e i t g e m ä ß a n g e s e h e n . A n deren gilt er j e d o c h w e g e n d e r Vielseitigkeit seines künstle-
Schröder rischen, vor allem seines w i c h t i g e n übersetzerischen S c h a f f e n s i m m e r n o c h als ein b e d e u t e n d e r Vertreter d e r d e u t s c h e n „Gelehrtenrepublik". WERKE: G e s a m m e l t e W e r k e in 6 B ä n d e n . Berlin, F r a n k f u r t / M a i n 1940-49. - G e s a m m e l t e W e r k e in 8 B ä n d e n . Frankf u r t / M a i n 1952-65. - Briefe: R. A . S „ S i e g b e r t S t e h m a n n : F r e u n d e s w o r t . Ein B r i e f w e c h s e l aus d e n Jahren 1938-1945. Witten 1962. - R u d o l f B o r c h a r d t , R . A . S. B r i e f w e c h s e l 1901-1918. K o m m e n t i e r t e Edition. B e a r b . v. Elisabetta A b b o n d a n z a . M ü n c h e n 1997. LITERATUR: R u d o l f A d o l p h (Hrsg.): L e b e n und Werk von R. A . S. F r a n k f u r t / M a i n 1958. - Carl J. B u r c k h a r d t : A b schied von R. A. S. M ü n c h e n 1967. - R u d o l f Wentorf: R. A . S. Ein D i c h t e r a u s Vollmacht. G i e ß e n u . a . 1965. Borchardt, H e y m e l , S. B e a r b . v. W e r n e r Volke u . a . Katalog der A u s s t e l l u n g des D L A M a r b a c h 1978 (mit B i b l i o g r a phie). - M a r i o n H e i d e - M ü n n i c h : H o m o viator. Z u r geistlic h e n D i c h t u n g R. A . S.s. F r a n k f u r t / M a i n 1996. - M a r i o n H e i d e - M ü n n i c h : R. A . S.s „ W a n d e r e r in d i e H e i m a t " . Ein Beitrag zu seiner T r a u m e r z ä h l u n g . H a m b u r g 2 0 0 5 . Cabriella
Rovagnati
Schröder,
S o p h i e (Antonie[tte]), g e b . B ü r g e r , S c h a u spielerin, * 1 . 3 . 1 7 8 1 P a d e r b o r n , t 2 5 . 2 . 1 8 6 8 M ü n c h e n . D i e Tochter eines S c h a u s p i e l e r e h e p a a r s spielte seit ihrem zehnten L e b e n s j a h r K i n d e r - und J u g e n d r o l l e n und heiratete 1795 den Juristen und Prinzipal des d e u t s c h e n T h e a ters in R e v a l , J o h a n n N i k o l a u s S m e t s von E h r e n s t e i n . N a c h der S c h e i d u n g ( 1 7 9 9 ) w a r S. 1801-13 in H a m b u r g e n g a giert, w o sie 1803 z u m erstenmal in tragischen R o l l e n a u f trat. 1804 heiratete sie den S c h a u s p i e l e r Friedrich L u d w i g —>S. N a c h A u f g a b e ihres H a m b u r g e r E n g a g e m e n t s w a r S. 1 8 1 4 / 1 5 a m D e u t s c h e n T h e a t e r in P r a g und 1815-29 a m H o f b u r g t h e a t e r in W i e n tätig. 1830 entlassen, wirkte sie 1831-36 a m H o f t h e a t e r in M ü n c h e n und a n s c h l i e ß e n d e r n e u t a m H o f b u r g t h e a t e r in Wien, w o sie 1839 ihren A b s c h i e d von der B ü h n e gab. S. w u r d e als Interpretin leidenschaftlichtragischer R o l l e n , i n s b e s o n d e r e als M e d e a , L a d y M a c b e t h und M a r i a Stuart, b e r ü h m t . Sie w a r d i e M u t t e r von W i l h e l m —> S m e t s u n d W i l h e l m i n e —> S c h r ö d e r - D e v r i e n t . t u NDB
Schroeder, (Johann G e o r g ) T h e o d o r , Sozialpolitiker, V e r b a n d s f u n k t i o n ä r , * 8 . 3 . 1860 Kassel, t 2. 10. 1951 H e l m a r s h a u s e n bei K a r l s h a f e n ( H e s s e n - N a s s a u ) . D e r S o h n eines S c h l o s s e r m e i s t e r s studierte seit 1878 R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n in G ö t t i n g e n und Berlin und w u r d e 1891 promoviert. Seit 1886 im D i e n s t des h e s s i s c h e n K o m m u n a l v e r b a n d s , ü b e r n a h m er 1891 A u f b a u und L e i t u n g der L a n d e s v e r s i c h e r u n g s a n s t a l t H e s s e n - N a s s a u und w a r 1918-28 d e r e n Vorsitzender s o w i e Vorsitzender der H e s s e n - N a s s a u i s c h e n l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t . 1904-18 g e h ö r t e er als Nationalliberaler d e m preuß. A b g e o r d n e t e n h a u s an. 1919-33 w a r er Vorsitzender d e s von ihm m i t b e g r ü n d e ten R e i c h s v e r b a n d s D e u t s c h e r L a n d e s v e r s i c h e r u n g s a n s t a l ten; auch an der G r ü n d u n g des Verbands (später R e i c h s v e r b a n d ) der d e u t s c h e n l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t im selben J a h r w a r er beteiligt (Vorsitz bis 1937). S. trug m a ß g e b l i c h zur E n t w i c k l u n g der S e l b s t v e r w a l t u n g der S o z i a l v e r s i c h e r u n g und d e s G e n o s s e n s c h a f t s w e s e n s bei. m
Schröder,
NDB
Walter G e o r g Karl, e v a n g . T h e o l o g e , Dichter, * 3 0 . 4 . 1884 A n k l a m , t 5 . 5 . 1 9 5 5 Berlin. S. studierte in H a l l e und G r e i f s w a l d T h e o l o g i e und Klassische Philologie, w a r Lehrer, R e d a k t e u r und Vikar u n d w u r d e 1917 ordiniert. D a n a c h w a r er G e s c h ä f t s f ü h r e r der P o m m e r schen F r a u e n h i l f e und des E v a n g e l i s c h - K i r c h l i c h e n Hilfsvereins in Stettin. N a c h d e m E r w e r b d e s G r a d e s eines Lizentiaten an d e r U n i v . G r e i f s w a l d 1925 P a s t o r in R e i n b e r g
(Kr. G r i m m e n ) , ü b e r n a h m er 1933 i m A u f t r a g der Stadt Berlin d i e L e i t u n g eines E r z i e h u n g s h a u s e s und g i n g 1947 wieder in d i e S e e l s o r g e . S. w a r u m d i e W i e d e r e i n f ü h r u n g des p l a t t d e u t s c h e n D i a l e k t e s in die K i r c h e („Plattdüütsch in d e K a r k " ) b e m ü h t und sorgte 1920 f ü r d e n ersten plattdeutschen G o t t e s d i e n s t in Stettin. E r schrieb p l a t t d e u t s c h e Kirc h e n l i e d e r und G e b e t e (u. a. Plattdüütsch Gesangbook, 1967, 4 1984). CD B B K L
Schröder,
Walter J o h a n n e s , G e r m a n i s t , * 1 2 . 5 . 1910 D a h m e n ( M e c k l e n b u r g ) , t 28. 1 . 1 9 8 4 M a i n z . S., S o h n eines K a u f m a n n s und Privatsekretärs, studierte seit 1929 G e r m a n i s t i k , G e s c h i c h t e , V o l k s k u n d e und P h i l o s o p h i e in R o s t o c k und H a m b u r g und w u r d e 1935 in R o s t o c k p r o m o viert ( F r i t z Stavenhagens Bauernkomödie „De dütsche Michel"). D a n a c h als R e f e r e n d a r , M i t a r b e i t e r a m Stadtarchiv in R o s t o c k und a m Mecklenburgischen Wörterbuch tätig, n a h m er 1940-45 a m Z w e i t e n Weltkrieg teil. 1947 habilitierte er sich in R o s t o c k ( Z w i v e l . Eine geistesgeschichtliche Studie über Wolfram von Eschenbach, 1952 g e d r u c k t unter d e m Titel Der Ritter zwischen Welt und Gott. Idee und Problem des Parzivalromans Wolframs von Eschenbach), w a r dort D o z e n t f ü r Ältere d e u t s c h e s o w i e N i e d e r d e u t s c h e Philologie und g i n g 1952 n a c h F r a n k f u r t / M a i n , w o er seit 1958 als a. o . P r o f . lehrte. 1960 w e c h s e l t e er an d i e U n i v . M a i n z u n d war dort bis 1978 O r d i n a r i u s f ü r D e u t s c h e P h i l o l o g i e . S. b e s c h ä f t i g t e sich vor a l l e m mit d e r d e u t s c h e n Literatur d e s 12. und 13. J a h r h u n d e r t s u n d v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Spielmannsepik, ( 1 9 6 2 , 2 1 9 6 7 ) und Die Soltane-Erzählung in Wolframs Parzival (1963). CD I G L
Schröder,
( J o h a n n ) W i l h e l m Frh. v o n , a u c h S c h r o e d e r , Schröter, Schrötter, S t a a t s w i s s e n s c h a f t l e r , * 15. 1 1 . 1 6 4 0 K ö n i g s b e r g (Franken), t O k t o b e r 1688 E p e r i e s ( U n g a r n ) . S., S o h n eines salzburgischen H o f r a t s , späteren g o t h a i s c h e n H o f r a t s und Kanzlers, studierte seit 1659 d i e R e c h t e an der U n i v . Jena, bereiste d i e N i e d e r l a n d e und E n g l a n d und trat 1673 in d e n D i e n s t Kaiser —» L e o p o l d s I. 1677 ü b e r n a h m er das 1665 von J o h a n n J o a c h i m —»Becher b e g r ü n d e t e K u n s t u n d W e r k h a u s a m T a b o r in W i e n . 1678-81 hielt sich S. als politischer A g e n t zu S t u d i e n der W i r t s c h a f t in E n g l a n d auf u n d propagierte seither d i e W o l l e i n f u h r . 1688 w u r d e er kgl. u n g a r i s c h e r H o f k a m m e r r a t in Z i p s , starb j e d o c h im selben Jahr. S. gilt als b e d e u t e n d e r österr. k a m e r a l i s t i s c h e r T h e o r e tiker, dessen S t a a t s w i r t s c h a f t s k o n z e p t i o n trotz d e s absolutistischen K a m e r a l i s m u s bereits w e s t e u r o p ä i s c h e merkantilistische Z ü g e trug. Sein H a u p t w e r k ist d i e Fürstliche Schatzund Rentkammer (1686, 5 1 7 5 2 ) . CD N D B
Schröder,
W i l h e l m , Schriftsteller, * 2 3 . 7 . 1 8 0 8 O l d e n d o r f bei Stade, t 4 . 1 0 . 1 8 7 8 L e i p z i g . D e r S o h n eines Lehrers studierte 1829-35 P h i l o s o p h i e und P h i l o l o g i e an d e r U n i v . L e i p z i g und arbeitete seit 1837 als J o u r n a l i s t und T h e a t e r k r i t i k e r in H a n n o v e r . 1840 g r ü n d e t e er d a s „ H a n n o v e r s c h e Volksblatt". A u f g r u n d seiner Part e i n a h m e f ü r P r e u ß e n m u ß t e er 1866 H a n n o v e r verlassen und g i n g nach L e i p z i g . S. zählte zu den B e g r ü n d e r n der R e n a i s s a n c e der n i e d e r d e u t s c h e n Literatur in der M i t t e des 19. J a h r h u n d e r t s . S e i n e F a b e l Dat Wettloopen twischen den Swinegel un den Hasen up de liitje Haide bi Buxtehude w u r d e 1843 in die M ä r c h e n s a m m l u n g der B r ü d e r —> G r i m m ü b e r n o m m e n . S. v e r ö f f e n t l i c h t e f e r n e r Haideland un Waterkant (5 Bde., 1871-73) und De plattdütsche Sprückwörderschatz (1874). In seinen späteren Werken ( u . a . De plattdütsche Bismarck, 1878) k o m m t verstärkt e i n e sozial- und zeitkritische T e n d e n z z u m T r a g e n . c n Killy
Schröder,
W o l f g a n g , Journalist, * 2 0 . 6 . 1922 M ü n s t e r (Westfalen), t 2 . 1 0 . 1 9 8 7 B a d M e r g e n t h e i m . S. studierte z u n ä c h s t M u s i k , 1948-51 W i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t e n an d e r U n i v . F r a n k f u r t / M a i n u n d absolvierte
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Schröder-Devrient 1949-51 ein Volontariat in der Wirtschaftsredaktion der „Frankfurter Rundschau". 1953-67 war er Chefredakteur der Zeitschrift „Junge Wirtschaft" und arbeitete daneben beim Fernsehen. 1967-83 war S. Chefredakteur der „Bilanz"Wirtschaftsredaktion des Z D F und leitete diese Sendung mehr als vierhundertmal. Er veröffentlichte u . a . Bilanz der Krisenmacher (1976). CD Munzinger
Hoftheater in Wiesbaden engagiert, wo sie als Konzertsängerin auftrat und an den Kaiserfestspielen mitwirkte. Daneben arbeitete sie als Gesangslehrerin am Wiesbadener Konservatorium. Von S.-K.s Bühnenpartien sind die C a r m e n , die Amneris in Verdis Aida und die Dalila in Samson et Dalila von Saint-Saens hervorzuheben. CD Kutsch
Schroeder-Sonnenstern,
Schröder-Devrient,
Wilhelmine, geb. Schröder, Sängerin, * 6 . 1 2 . 1804 Hamburg, t 26. 1.1860 Coburg. Die Tochter von Friedrich L u d w i g und Sophie —> Schröder trat bereits in j u n g e n Jahren als Schauspielerin auf, nahm Unterricht bei Giuseppe Mozatti und Giulio Radichi in Wien und debütierte 1821 am dortigen Kärntnertortheater in der Rolle der Pamina in der Zauberflöte. Ihre brillante Darstellung (1822) der Leonore in —> Beethovens Fidelio machte sie zu einer der berühmtesten Sängerinnen Europas. 1823 kam S.-D. an die Hofoper in Dresden, der sie bis zu ihrem Abschied von der Bühne 1847 angehörte. Wegen ihrer Teiln a h m e am Maiaufstand 1849 aus Dresden ausgewiesen, zog sie sich ins Privatleben zurück, trat jedoch 1856 mit neuem Erfolg als Liedsängerin in Berlin auf. S.-D. gilt als die erste Darstellerin des deutschen hochdramatischen Soprans, die vorbildlich Gesangs- und Schauspielkunst verband. Sie sang bei den Uraufführungen (1842-45) die Rollen des Adriano in —»Wagners Rienzi, der Senta in Der Fliegende Holländer und der Venus im Tannhäuser. S.-D. war 1823-28 in erster Ehe mit dem Schauspieler Karl —>Devrient verheiratet. •3
MGG
Schröder-Feinen,
Ursula, Sängerin, * 2 1 . 7 . 1936 Gelsenkirchen, t 9 . 2 . 2 0 0 5 H e n n e f / S i e g . Nach der Gesangsausbildung bei Maria Helm in Gelsenkirchen und an der Folkwang Schule in Essen sang S. seit 1958 im Opernchor in Gelsenkirchen. 1959 begann sie eine Solokarriere, die sie an das dortige Stadttheater (bis 1968), an das Staatstheater in Karlsruhe (1968-69) und an die Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf-Duisburg (1969-72) führte. Gastverträge bestanden mit der Deutschen Oper Berlin (1972-77) und den Staatsopern in Hamburg (1973-79) und München (1975-79). Sie gastierte u . a . 1971 an der Mailänder Scala, 1974 an der Carnegie Hall in N e w York, 1973-77 mehrfach an der Wiener Staatsoper und 1971-75 bei den Bayreuther Festspielen. 1979 nahm sie nach einer Stimmkrise Abschied von der Bühne. Q3 Kutsch
Schröder-Hanfstaengl,
Marie, geb. Schröder, Sängerin, * 3 0 . 4 . 1848 Breslau, t 5 . 9 . 1 9 1 7 München. S.-H., Tochter eines K a u f m a n n s , wurde in Paris ausgebildet und debütierte 1867 in der Rolle der Agathe im Freischütz am kaiserlichen Theatre Lyrique, wo sie bis 1870 blieb. Nach der Rückkehr nach Deutschland erhielt sie 1871 ein Engagement an der Hofoper in Stuttgart und wurde dort zur Kammersängerin ernannt. Tourneen führten sie u. a. nach Wien und an die N e w Yorker Metropolitan Opera; 1882-97 war sie Mitglied des Stadttheaters in F r a n k f u r t / M a i n und seit 1895 Gesangspädagogin am Hochschen Konservatorium. S.-H. erfand die sog. Gesangsklaviatur und veröffentlichte Meine Lehrweise der Gesangskunst und Elementartheorie in Wort und Bild (1902). c n Kutsch
Schröder-Kaminsky,
Klara, geb. Kaminsky, Sängerin, * 2 5 . 9 . 1870 Stettin, t um 1930. S.-K., Tochter eines Sängers, studierte seit 1885 Klavier am Sternschen Konservatorium in Berlin, wo ihre S t i m m e von Jenny —»Meyer endeckt und ausgebildet wurde. 1888 debütierte sie am Stadttheater in Lübeck als Ehrendame in Giacomo —» Meyerbeers Les Huguenots und trat danach u . a . an der Kroll-Oper in Berlin, am Landestheater in Graz (1892-95), am Deutschen Theater in Prag (1897-99) und seit 1900 am Hoftheater in Kassel auf. Seit 1906 war S.-K. am
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Friedrich, eigentl. Emil Schröder, Maler, Dichter, * 1 1 . 9 . 1 8 9 2 Kaukehmen bei Tilsit, t 10.5. 1982 Berlin. S.-S., Sohn eines Oberpostschaffners, genoß keine besondere Berufsausbildung, verdiente sich seinen Lebensunterhalt u. a. als Gärtner, freier Prediger und Astrologe, schuf während eines Aufenthalts in einer Nervenheilanstalt erste künstlerische Arbeiten und betrieb später autodidaktisch Kunststudien. Seit 1949 lebte er als freischaffender Maler in Berlin, w o er zu den bekanntesten und skurrilsten Vertretern der Nachkriegs-Kunstszene zählte. Seine Bilder ( u . a . Der Mondschützenkönig, 1953) sind von der Auseinandersetzung mit den Zuständen der menschlichen Seele sowie von psychopathologischen Erfahrungen und erotischen Zwangsvorstellungen bestimmt. S.-S. schrieb u . a . die Autobiographie Die Pferdearschbetrachtung (1972) sowie Mondgeistfahrt (1974). t u Altpreuß Biogr, Bd 5
Schrödinger,
Erwin, österr. Physiker, * 12.8. 1887 Wien, t 4. 1. 1961 Wien. S. war das einzige Kind des Textilfabrikanten und Freizeitbotanikers Rudolf S. Nach Schulausbildung am k. u. k. Akademischen G y m n a s i u m in Wien studierte S. in Wien Mathematik und Physik bei Wilhelm - » W i r t i n g e r und Franz —>Exner. Besonders beeinflußt wurde er durch den theoretischen Physiker Fritz —> Hasenöhrl, den Nachfolger Ludwig Eduard —> Boltzmanns, bei dem S. 1910 mit einer Arbeit Über die Leitung der Elektrizität auf der Oberfläche von Isolatoren an feuchter Luft promoviert wurde. Anschließend war er Assistent bei Franz Exner am 2. Physikalischen Institut der Univ. Wien, wo er sich 1914 mit Studien über Kinetik der Dielektrika, den Schmelzpunkt, Pyro- und Piezoelektrizität habilitierte. A m Ersten Weltkrieg nahm S. als Offizier der Festungsartillerie teil. Nach mehreren Engagements an verschiedenen deutschsprachigen Universitäten (Wien, Jena, Stuttgart, Breslau) ging er 1921 an die Univ. Zürich, wo er den Lehrstuhl für Physik übernahm, den zuvor Albert —»Einstein und Max von —>Laue innegehabt hatten. 1927 wurde S. als Nachfolger von M a x —> Planck auf den Lehrstuhl für Theoretische Physik der Univ. Berlin berufen. Auf die Machtergreifung —> Hitlers reagierte S. mit der Niederlegung seiner Professur; unter Nicht-Juden blieb dies eine große Ausnahmeerscheinung. Nach drei Jahren des Exils in Oxford zog es ihn 1936 nach Osterreich zurück. Er bezog eine Professur in Graz, die er jedoch nach dem „Anschluß" Österreichs 1938 fluchtartig verlassen mußte, um Repressalien der Nationalsozialisten zu entgehen. Der Premierminister Irlands, Eamon de Valera, selbst Mathematiker, berief ihn 1939 an das neugegründete Institute for Advanced Studies in Dublin, w o S. bis zu seiner Emeritierung 1956 lehrte und zahlreiche Studenten anzog. Seinen Lebensabend verbrachte S. in Österreich. S.s f r ü h e theoretische Arbeiten betrafen Probleme der statistischen T h e r m o d y n a m i k , der Theorie des Farbensehens sowie der Quantentheorie. S.s bekannteste Leistung ist die Entwicklung der Wellenmechanik, eines quantentheoretischen Formalismus zur Beschreibung mikrophysikalischer
Schrödl Objekte. Ausgehend vom Welle-Teilchen-Dualismus Louis d e B r o g l i e s ( 1 9 2 5 ) und in A n l e h n u n g an die w e l l e n o p t i s c h e T h e o r i e des Iren William R o w a n H a m i l t o n betrachtete S. mik r o p h y s i k a l i s c h e Teilchen als W e l l e n p h ä n o m e n e , deren Verhalten mit einer D i f f e r e n t i a l - G l e i c h u n g ( W e l l e n g l e i c h u n g , S c h r ö d i n g e r - G l e i c h u n g ) beschrieben w e r d e n kann. D i e A n w e n d u n g dieses F o r m a l i s m u s auf das W a s s e r s t o f f - A t o m lieferte E r g e b n i s s e , d i e m i t d e n j e n i g e n der f r ü h e n Q u a n t e n theorie von Niels B o h r u n d L o u i s d e B r o g l i e übereins t i m m t e n . D i e Interpretation der W e l l e n f u n k t i o n als einer W e l l e n a m p l i t u d e bereitete S. d a g e g e n S c h w i e r i g k e i t e n . U m d i e r ä u m l i c h e L o k a l i s i e r u n g von Teilchen beschreiben zu k ö n n e n , konzipierte er Wellenpakete, die j e d o c h zeitlich instabil waren. D i e W e l l e n f u n k t i o n als r ä u m l i c h e Verteilung ( V e r s c h m i e r u n g ) des E l e k t r o n s zu interpretieren, erwies sich g l e i c h e r m a ß e n als physikalisch inakzeptabel. Erst d i e statistische Interpretation d e r W e l l e n f u n k t i o n d u r c h M a x —> B o r n , der d e r e n B e t r a g s q u a d r a t als W a h r s c h e i n l i c h k e i t s d i c h t e der r ä u m l i c h e n Verteilung einer g r o ß e n Z a h l von E l e k t r o n e n a u f f a ß t e , löste d a s t h e o r e t i s c h e P r o b l e m zuf r i e d e n s t e l l e n d . W e n n g l e i c h S. d i e statistische Interpretation M a x B o r n s und der von B o h r a n g e f ü h r t e n K o p e n h a g e n e r S c h u l e als i n d e t e r m i n i s t i s c h ablehnte, w u r d e sein m a t h e m a t i s c h e r F o r m a l i s m u s zu d e m von d e n P h y s i k e r n bis h e u t e b e v o r z u g t e n Darstellungsmittel der Q u a n t e n m e c h a n i k . S. selbst sah seinen A n s a t z als A l t e r n a t i v e zu der von Werner —> H e i s e n b e r g e n t w i c k e l t e n M a t r i z e n m e c h a n i k , d i e er als m a t h e m a t i s c h g l e i c h w e r t i g a n e r k e n n e n m u ß t e , w e g e n ihrer U n a n s c h a u l i c h k e i t j e d o c h ablehnte. F ü r d i e E n t w i c k l u n g der W e l l e n m e c h a n i k erhielt S. g e m e i n s a m m i t d e m E n g l ä n d e r Paul Dirac den N o b e l p r e i s f ü r P h y s i k des J a h r e s 1933. In den J a h r e n der E m i g r a t i o n v e r ö f f e n t l i c h t e S. zahlreic h e A r b e i t e n zur A n w e n d u n g und statistischen Interpretation der W e l l e n m e c h a n i k , ihrer V e r b i n d u n g zur statistischen W ä r m e t h e o r i e , zu F r a g e n der A l l g e m e i n e n Relativitätstheorie, im b e s o n d e r e n der relativistischen D a r s t e l l u n g der W e l l e n m e c h a n i k , s o w i e zu k o s m o l o g i s c h e n P r o b l e m e n . Erklärtes, w e n n g l e i c h unerreichtes Ziel w a r es, E i n s t e i n s A l l g e m e i n e Relativitätstheorie zu einer einheitlichen F e l d theorie a u s z u b a u e n . In seinen letzten J a h r e n w i d m e t e sich S. z u n e h m e n d p h i l o s o p h i s c h e n und w e l t a n s c h a u l i c h e n T h e m e n . B e k a n n t w u r d e n d i e e i n f l u ß r e i c h e S c h r i f t What is Life? ( 1 9 4 4 ; dt. Was ist Leben?, 1946, zahlreiche N e u a u f lagen), w o S. m ö g l i c h e V e r b i n d u n g e n z w i s c h e n Q u a n t e n p h y s i k und M o l e k u l a r b i o l o g i e thematisiert, und Mein Leben., meine Weltansicht ( 1 9 6 1 , zahlreiche N e u a u f l a g e n ) , in der er seine Affinität zur indischen N a t u r p h i l o s o p h i e (Vedanta) erläutert. S., in dessen P e r s o n sich m a t h e m a t i s c h e Genialität mit geistiger U n a b h ä n g i g k e i t und breitgestreuten kulturellen Interessen v e r b a n d , w a r I n h a b e r zahlreicher E h r e n d o k t o r a t e , Ord e n und E h r e n z e i c h e n , d a r u n t e r des O r d e n s P o u r le merite, s o w i e M i t g l i e d internationaler A k a d e m i e n u n d G e s e l l s c h a f ten, d a r u n t e r der Päpstlichen A k a d e m i e in R o m , der R o y a l Society of L o n d o n und der A k a d e m i e n der W i s s e n s c h a f t e n in Berlin, B o s t o n , Brüssel, D u b l i n , L i m a , M a d r i d , M o s k a u , M ü n c h e n , R o m und Wien. Sein G r a b befindet sich in Alpbach (Tirol). WEITERE WERKE: A b h a n d l u n g e n zur W e l l e n m e c h a n i k . L e i p z i g 1927. 2. v e r m e h r t e Aufl. 1928. - D i e W e l l e n m e c h a nik ( T e i l - S a m m l u n g ) . Stuttgart 1963 (mit B i b l i o g r a p h i e ) . Geist und M a t e r i e ( M i n d and Matter, dt.). B r a u n s c h w e i g 1 9 5 9 , 3 1 9 6 5 . N e u a u f l . W i e n 1986. - Was ist ein N a t u r g e s e t z ? B e i t r ä g e z u m n a t u r w i s s e n s c h a f t l i c h e n Weltbild. M ü n c h e n / W i e n 1962. N e u a u f l . ebd. 1997. - G e s a m m e l t e A b h a n d l u n g e n (Collected Papers). Hrsg. von der Ö s t e r r e i c h i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n . 4 B d e . , W i e n / B r a u n s c h w e i g 1984. B d . 1: B e i t r ä g e zur Statistischen M e c h a n i k . B d . 2: B e i t r ä g e zur F e l d t h e o r i e . B d . 3; B e i t r ä g e zur Q u a n t e n t h e o r i e .
B d . 4: A l l g e m e i n w i s s e n s c h a f t l i c h e und p o p u l ä r e A u f s ä t z e . A l l e B ä n d e enthalten d a s a u s f ü h r l i c h e S c h r i f t e n v e r z e i c h n i s , e i n e b i o g r a p h i s c h e Zeittafel s o w i e e i n e Liste der E h r u n g e n und Mitgliedschaften. LITERATUR: M a x J a m m e r : T h e C o n c e p t u a l D e v e l o p m e n t of Q u a n t u m M e c h a n i c s . N e w York 1966. - V . V . R a m a n / P a u l F o r m a n : W h y w a s it S. w h o d e v e l o p e d d e B r o g l i e ' s ideas? In: Historical Studies in the Physical Sciences 1 ( 1 9 6 9 ) S. 2 9 1 - 3 1 4 . - R o b e r t C. O l b y : S . ' s P r o b l e m : W h a t is L i f e ? In: J o u r n a l of the History of B i o l o g y 4 (1971) S. 119-148. E. J. Yoxen: W h e r e d o e s S . ' s „ W h a t is L i f e ? " b e l o n g in the History of M o l e c u l a r B i o l o g y ? In: History of S c i e n c e 17 ( 1 9 7 9 ) S. 17-52. - A r m i n H e r m a n n : E. S. In: D S B , B d . 12, 1981, S. 2 1 7 - 2 2 3 . - Dieter H o f f m a n n : E. S. L e i p z i g 1984. J a g d i s h M e h r a / H e l m u t R e c h e n b e r g : T h e Historical D e v e l o p m e n t of Q u a n t u m T h e o r y . B d . 5 (in 2 Teilbänden): Ε. S. and t h e Rise of W a v e M e c h a n i c s . (Tl. 1: S. in V i e n n a and Z u r i c h , 1887-1925; Tl. 2: T h e Creation of W a v e M e c h a nics. Early R e s p o n s e a n d A p p l i c a t i o n s , 1925-1926). Berlin 1987. - G a b r i e l e K e r b e r / A u g u s t e D i c k / W o l f g a n g Kerber: Ε. S. Wien 1987. - Walter J o h n M o o r e : A L i f e of Ε. S. C a m b r i d g e ( N . Y . ) 1994. Burghard Weiss
Schrödl,
A n t o n , österr. M a l e r , * 8 . 6 . 1823 S c h w e c h a t (Niederösterreich), f 5 . 7 . 1906 W i e n . S., S o h n eines E i s e n h ä n d l e r s , studierte an d e r W i e n e r A k a d e m i e der B i l d e n d e n K ü n s t e und erzielte 1841 m i t d e m Ölbild Jagdstück in der A u s s t e l l u n g der A k a d e m i e einen ersten E r f o l g . Später begleitete er d e n G r a f e n —>Wilczek (auf einer L ö w e n j a g d ) nach A l g i e r und richtete den W i e ner Tiergarten s o w i e m e h r e r e N a t u r p a r k s ein. S.s G e m ä l d e , die fast ausschließlich T i e r m o t i v e darstellen, z e i c h n e n sich durch präzise T e c h n i k und e x a k t e A u s f ü h r u n g aus. W e g e n der häufigen D a r s t e l l u n g von S c h a f e n w u r d e S. auch als „ S c h a f - K l a s s i k e r " bezeichnet. EP Ö B L
Schrödl,
Karl, kath. T h e o l o g e , Kirchenhistoriker, * 30. 10. 1807 M ü n c h e n , t 2 0 . 2 . 1892 P a s s a u . S. studierte T h e o l o g i e a m C o l l e g i u m G e r m a n i c u m in R o m u n d w u r d e 1832 z u m Priester g e w e i h t . E r w a r Kurat an St. J o h a n n in M ü n c h e n , bis er 1840 als Prof. der K i r c h e n g e s c h i c h t e u n d des Kirchenrechts an das Kgl. L y z e u m in P a s s a u ging. S. w u r d e 1840 D o m k a p i t u l a r und D o m p f a r r e r , 1868 D o m p r o p s t , 1875 Kapitelvikar und 1876 G e n e r a l v i k a r in P a s s a u . Er schrieb u . a . Passavia sacra, Geschichte des Bisthums Passau bis zur Säkularisation des Fürstenthums Passau (1879). t n Gatz 4
Schrödl,
N o r b e r t , M a l e r , * 1 6 . 7 . 1 8 4 2 W i e n , t 2 6 . 2 . 1912 Kronberg/Taunus. S., S o h n eines B i l d h a u e r s und E l f e n b e i n s c h n i t z e r s und N e f f e von A n t o n —>S., erhielt seine A u s b i l d u n g an der Vorbereit u n g s s c h u l e der A k a d e m i e in Paris ( 1 8 5 4 - 5 5 ) und bei Jak o b —> B e c k e r a m S t ä d e l s c h e n Kunstinstitut in F r a n k f u r t ( 1 8 5 5 - 5 8 ) . Nach A u f e n t h a l t e n u . a . in Köln, D r e s d e n , W i e n , B e l g i e n und Italien ließ er sich 1876 in Berlin nieder; er unterhielt auch Ateliers in F r a n k f u r t u n d B a d e n - B a d e n . 1883 n a h m er seinen W o h n s i t z in F r a n k f u r t , v e r b r a c h t e seit 1887 die S o m m e r m o n a t e in K r o n b e r g / T a u n u s und w a r 1 8 9 4 / 9 5 Vorsitzender der F r a n k f u r t e r K ü n s t l e r g e s e l l s c h a f t . S „ ein Vertreter der „ K r o n b e r g e r M a l e r k o l o n i e " , w u r d e v o r a l l e m als P o r t r ä t m a l e r b e k a n n t . N e b e n A n g e h ö r i g e n des H o c h a d e l s ( u . a . Kaiser —>Wilhelm I., Kaiserin —>Augusta) malte er v o r allem b e d e u t e n d e F r a n k f u r t e r Persönlichkeiten w i e den O b e r b ü r g e r m e i s t e r F r a n z —»Adickes; f ü r das 1907 eingew e i h t e S e n c k e n b e r g m u s e u m schuf er Ärzteporträts. S. wirkte a u ß e r d e m als G e n r e - , L a n d s c h a f t s - und Stillebenmaler, seltener als Tier-, P f l a n z e n - und H i s t o r i e n m a l e r . Er illustrierte u. a. Gedichte und Reime von Frau Eugenie Mumm-Lutteroth ( 1 8 8 9 ) und d a s Kronberger Liederbuch (1895). m ÖBL
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Schrödter Schrödter,
Adolph, Maler, Lithograph, Radierer, Karikaturist, * 2 8 . 6 . 1 8 0 5 S c h w e d t / O d e r , t 9 . 1 2 . 1 8 7 5 Karlsruhe. S. war Schüler Ludwig —> Buchhorns und Wilhelm von —»Schadows an den Akademien der bildenden Künste in Berlin und Düsseldorf. Seit 1929 lebte er als Maler und Zeichner in Düsseldorf, wo er an den „Düsseldorfer M o natsheften" mitarbeitete, und seit 1848 in Frankfurt. 1859-72 war er Prof. am Polytechnikum in Karlsruhe. S. schuf humoristische Genrebilder (u. a. Don Quijote beim Studium der Ritterromane, 1834), Zeichnungs- und Aquarellfolgen sowie Buchillustrationen und politische Karikaturen. Seine heitere und spöttische Darstellungsweise war gegen die spätromantische sentimentale Historienmalerei gerichtet; dennoch ist S.s Werk der Romantik zuzurechnen. CD Lex Kunst
Schrödter,
(Alexander) Emil (Adolf), Verbandsfunktionär, Redakteur, * 2 6 . 2 . 1 8 5 5 Düsseldorf, t 31. 10. 1928 Bonn. S., Sohn eines Mechanikers und Optikers und N e f f e von Adolph —>S., studierte seit 1873 am Polytechnikum in Karlsruhe Maschinenbau und Hüttenwesen an der Gewerbeakademie in Berlin und arbeitete danach als Ingenieur in Düsseldorf und Oberschlesien. Krankheitsbedingt wechselte er 1881 in die Geschäftsstelle des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute in Düsseldorf und war 1885-1916 dessen Geschäftsführer und Schriftleiter der Vereinszeitschrift „Stahl und Eisen", die sich unter seine Leitung zu einem der bedeutendsten Fachorgane der Eisenhüttenindustrie entwickelte. S. war ferner Geschäftsführer der Düsseldorfer Börse und Vorsitzender der Vereinigung deutscher Edelstahlwerke sowie 1892 Mitbegründer des Vereins deutscher Maschinenbauanstalten. 1901-18 gehörte er für die liberale Partei der Düsseldorfer Stadtverordnetenversammlung, vorübergehend auch d e m Rheinischen Provinziallandtag an. CD N D B S c h r ö e r , Gustav Wilhelm, Schriftsteller, * 14. 1. 1876 Wüstegiersdorf (Schlesien), f 17.10. 1949 Weimar. Der Sohn eines Maschinenschlossers war als Lehrer tätig, übersiedelte 1896 nach Thüringen und wurde 1922 Schriftleiter des „Thüringischen L a n d b u n d e s " in Weimar. Seit 1928 war er Herausgeber der Zeitschrift „Die Pflugschar". S. schrieb zahlreiche volkstümliche Romane, die meist im mitteldeutschen Bauern- und Kleinstadtmilieu spielen ( u . a . Der Heiland vom Binsenhofe, 1918). Seine historischen und zeitgeschichtlichen R o m a n e (u. a. Volk im Schmiedefeuer, 1934; Wir lassen uns nicht unterkriegen, 1934) sind von enger Heimatverbundenheit und Verherrlichung des deutschen Volkstums bestimmt. CD Killy
Schröer,
(Friedrich Wilhelm) Henning, evang. Theologe, * 2 . 5 . 1931 Berlin, t 7 . 2 . 2 0 0 2 Bonn. S., Sohn eines Chemikers, studierte seit 1952 evang. Theologie an der Kirchenlichen Hochschule Berlin sowie an den Universitäten Göttingen und Heidelberg und wurde 1957 promoviert (Die Denkform der Paradoxalität als theologisches Problem. Eine Untersuchung zu Kierkegaard und der neueren Theologie als Beitrag zur theologischen Logik, gedruckt 1960). Danach u . a . als Vikar in Kopenhagen, Dozent am Predigerseminar und Pastor in Berlin tätig, habilitierte er sich 1968 in Heidelberg für Praktische Theologie, wurde dort Dozent und war 1971-97 o . P r o f . für Praktische Theologie in Bonn. Als Mitherausgeber wirkte er seit 1971 am „Evangelischen Erzieher", seit 1972 an der „Zeitschrift für Gottesdienst und Predigt" und 1973-2002 an der Theologischen Realenzyklopädie mit. Er veröffentlichte u . a . eine Einführung in das Studium der evangelischen Theologie (1982) sowie Schriften im Grenzbereich zwischen Theologie und Literatur, darunter Moderne deutsche Literatur in Pre-
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digt und Religionsunterricht (1972) und Theopoesie. logie und Poesie in hermeneutischer Sicht (1998). m
TheoNDB
Schroffer,
Joseph (Martin), kath. Theologe, Bischof von Eichstätt, Kardinal, * 2 0 . 2 . 1903 Ingolstadt, t 7 . 9 . 1 9 8 3 Nürnberg. S., Sohn eines Malermeisters, studierte seit 1922 am Collegium G e r m a n i c u m in R o m , wurde 1925 zum Dr. phil. promoviert und empfing 1928 die Priesterweihe. 1929 zum Dr. theol. promoviert, wurde ihm 1931 der Titel eines Magister aggregatus, verbunden mit der Venia legendi, verliehen. 1933 folgte S. einem Ruf als Prof. an die PhilosophischTheologische Hochschule Eichstätt, w o er Moraltheologie und seit 1938 auch Pastoraltheologie lehrte. 1958 war er maßgeblich an der Gründung der Pädagogischen Hochschule in Eichstätt beteiligt. Seit 1942 Mitglied des Domkapitels, wurde S. 1948 zum Bischof von Eichstätt ernannt. Sein besonderes Interesse galt der internationalen Zusammenarbeit sowie der deutsch-französischen und deutschpolnischen Aussöhnung. 1954-67 war er Präsident des deutschen Zweigs der Pax-Christi-Bewegung. 1959 wurde S. in die Vorbereitungskommission für das Zweite Vatikanische Konzil berufen und in die Kommission für die Glaubenslehre gewählt, 1976 zum Kurienkardinal erhoben. S. veröffentlichte u . a . Wege zum Frieden (1983). CD N D B S c h r ö n , (Heinrich) Ludwig (Friedrich), Mathematiker, Naturforscher, * 1 7 . 2 . 1 7 9 9 Weimar, t 18.5. 1875 Jena. Der früh verwaiste Sohn eines Beamten nahm 1819 das Studium der Mathematik an der Univ. Jena auf, arbeitete seit 1820 an der Sternwarte in Jena und war noch vor der Promotion (1824) deren einstweiliger Leiter. 1829 wurde S. Direktor der Sternwarte, 1834 a. o. Prof. der Astronomie an der Univ. Jena. Er gab mehrere tabellarische Werke (Siebenstellige gemeine Logarithmen der Zahlen 1 bis 108000 und der trigonometrischen Functionen von 10 zu 10 Secunden [...], 1860, 2 3 1938, ungar. 1860, 2 0 1888, niederländ. 1862, l 2 1873, italien. 1867, engl. 1865, frz. 1866, m 1 8 9 5 , Neuausg. 1904, span. 1942, ''1963) heraus und verfaßte Beiträge zur Astronomie, Meteorologie und Stöchiometrie. 1834 wurde er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. CD Poggendorff 1-3
Schrönghamer,
Franz, auch Schrönghammer, seit 1900 Schrönghamer-Heimdal, Schriftsteller, * 12.7. 1881 M a r b a c h / B a y e r i s c h e r Wald, t 3 . 9 . 1 9 6 2 Passau. Der Bauernsohn studierte nach einem abgebrochenen Theologiestudium 1903-07 Architektur an der T H München, übernahm 1908 die Schriftleitung der „Fliegenden Blätter" (München) und war seit 1912 nur noch schriftstellerisch tätig. 1933-41 war er Chefredakteur des „Altöttinger Liebfrauenboten" und nahm anschließend am Zweiten Weltkrieg teil. S. verfaßte zahlreiche volkstümliche Erzählungen (u. a. Das Herz der Heimat, 1924; Die saudumme Lieb, 1942) und Gedichte (u. a. Fern und leise, 1904), in denen er die Landschaft und Menschen des Bayerischen Waldes beschrieb. Er veröffentlichte über 30 Bücher, die eine Gesamtauflage von mehr als 1 0 0 0 0 0 Exemplaren erzielten. DP Killy
Schrörs,
(Johann) Heinrich, kath. Theologe, Kirchenhistoriker, * 2 6 . 1 1 . 1 8 5 2 Krefeld, t 6. 11. 1928 Bonn. S., Sohn eines Seidenwebers und späteren Kaufmanns, studierte seit 1871 Theologie in Bonn, Würzburg und Innsbruck, empfing 1877 die Priesterweihe und wurde nach Studien der Kirchengeschichte und Rechtswissenschaft in Würzburg und München 1880 an der Univ. Würzburg mit einer Arbeit über Hinkmar von Reims zum Dr. theol. promoviert (gedruckt. 1884, Nachdr. 1967). 1885 habilitierte er sich für Kirchenrecht an der Univ. Freiburg/Breisgau. 1886-1915 war S. o. Prof der Kirchengeschichte an der Univ.
Schröter B o n n , 1 9 0 4 / 0 5 als erster kath. T h e o l o g e seit d e m Kulturk a m p f d e r e n R e k t o r . 1904-26 w a r er Vorsitzender des „Historischen Vereins f ü r den N i e d e r r h e i n " . S., der f ü r e i n e w i s s e n s c h a f t l i c h e A u s b i l d u n g kath. T h e o l o g e n eintrat, verö f f e n t l i c h t e u . a . Kirche und Wissenschaft ( 1 9 0 7 ) , Gedanken über zeitgemäße Erziehung und Bildung der Geistlichen ('"-1910), Geschichte der katholisch-theologischen Fakultät zu Bonn 1818-1831 (1922) und Die Kölner Wirren 1837 (1927). m NDB
Schroers,
Karl, U n t e r n e h m e r , * 17.3. 1858 D ü s s e l d o r f , t 1 3 . 1 . 1917 D ü s s e l d o r f . Der S o h n eines J o u r n a l i s t e n w a r H a n d l u n g s r e i s e n d e r f ü r W a l z w e r k f a b r i k a t e , volontierte bei d e n R h e i n i s c h e n Stahlw e r k e n in R u h r o r t und w a r drei J a h r e bei der N i e d e r rheinischen H ü t t e tätig, b e v o r er 1880 e i n e F i r m a g r ü n d e t e , die sich z u n ä c h s t auf d i e P r o d u k t i o n g e s c h m i e d e t e r Nägel beschränkte; A n f a n g d e s 20. Jh. u m f a ß t e sein U n t e r n e h m e n u. a. d i e B e r e i c h e Reederei, Spedition, Versicherung, B e r g bau, P a s s a g i e r v e r k e h r und F i s c h z u c h t , f e r n e r K i e s b a g g e r e i e n und e i n e Z i e g e l e i . N a c h s e i n e m Tod zerbrach das G e s c h ä f t s konglomerat weitgehend.
Schroers,
Rolf ( B e r n h a r d ) , P s e u d . G e o r g Plaaten, G u i d o P o l i n o , B e r n h a r d G i r m e s , Z . O. G e l l m a n n , Schriftsteller, politischer Publizist, * 1 0 . 1 0 . 1919 N e u s s / R h e i n , t 8 . 5 . 1981 Altenberge. S., S o h n eines preuß. B e a m t e n und späteren Polizeigenerals, studierte seit 1937 G e r m a n i s t i k , G e s c h i c h t e und P h i l o s o p h i e in M ü n c h e n und Berlin, n a h m als Offizier a m Z w e i t e n Weltkrieg teil u n d arbeitete nach 1945 bei m e h r e r e n Z e i t s c h r i f t e n und b e i m R u n d f u n k . 1951 - 5 5 g e h ö r t e er der „ G r u p p e 4 7 " an. Er w a r 1955-57 L e k t o r b e i m K i e p e n h e u e r & W i t s c h Verlag, Schloß sich der F D P an u n d w u r d e 1965 C h e f r e d a k t e u r der Z e i t s c h r i f t „liberal". 1 9 6 8 - 8 0 leitete er die T h e o d o r - H e u s s A k a d e m i e in G u m m e r s b a c h und war seit 1971 G e s c h ä f t s f ü h r e r der F r i e d r i c h - N a u m a n n - S t i f t u n g . S. v e r f a ß t e R o m a n e , H ö r s p i e l e u n d E r z ä h l u n g e n , d i e sich mit d e m N a t i o n a l s o z i a l i s m u s s o w i e der Kriegs- und N a c h k r i e g s z e i t b e s c h ä f t i g e n ( u . a . Der Trödler mit den Drahtfiguren, 1952), s o w i e zeitkritische E s s a y s (Der Partisan. Ein Beitrag zur politischen Anthropologie, 1961, N a c h d r . 1989; Meine deutsche Frage. Politische und literarische Vermessungen, 1979) und Reis e b ü c h e r ( H e r b s t in Apulien, 1958). E r war auch als Übersetzer tätig. c a NDB
Schröter,
Adalbert, P s e u d . A . Sale(c)k, B i b l i o t h e k a r , Schriftsteller, * 2 4 . 4 . 1 8 5 1 W e i ß e n f e l s / S a a l e , t 22. 11. 1905 Berlin.
S. w a r n a c h d e m B e s u c h der K r i e g s s c h u l e in H a n n o v e r 1872-76 preuß. Offizier, studierte d a n n Literatur- und K u n s t g e s c h i c h t e in Kiel, M ü n c h e n und L e i p z i g und w a r n a c h der P r o m o t i o n z u m Dr. phil. als P r i n z e n e r z i e h e r tätig. 1886 w u r d e er B i b l i o t h e k a r an d e r U n i v e r s i t ä t s b i b l i o t h e k Göttingen und 1894 K u s t o s an der N a s s a u i s c h e n L a n d e s b i b l i o t h e k in W i e s b a d e n , w o er 1895-97 auch als S e k r e t ä r des Vereins f ü r N a s s a u i s c h e A l t e r t u m s k u n d e und G e s c h i c h t s f o r s c h u n g wirkte. Seit 1900 w a r S. als B i b l i o t h e k a r an der Kgl. Bibliothek in Berlin tätig. Er schrieb D r a m e n und R o m a n e , erlangte aber vor a l l e m d u r c h seine literaturgeschichtlichen W e r k e ( u . a . Geschichte der deutschen Homer-Übersetzung im 18. Jahrhundert, 1882; N e u d r . 1978) B e d e u t u n g . •P
Schröter,
DLL
Carl (Josef), s c h w e i z e r . B o t a n i k e r , * 19. 12. 1855 E s s l i n g e n / N e c k a r , t 7 . 2 . 1 9 3 9 Zürich. S., S o h n eines P r o f e s s o r s f ü r M a s c h i n e n b a u und B r u d e r von M o r i t z —»S., studierte N a t u r w i s s e n s c h a f t e n a m E i d g e n ö s sischen P o l y t e c h n i k u m in Z ü r i c h , habilitierte sich dort 1878 f ü r B o t a n i k und w u r d e 1880 p r o m o v i e r t (Untersuchung über fossile Hölzer aus der arctischen Zone). 1 8 8 4 - 1 9 2 5 lehrte er
als o . P r o f . der speziellen B o t a n i k an der Ε Τ Η Zürich. S. arbeitete auf d e m G e b i e t der H y d r o b i o l o g i e , P f l a n z e n g e o g r a p h i e und -Soziologie und v e r ö f f e n t l i c h t e zahlreiche S c h r i f t e n ü b e r die alpine Flora, u. a. Taschenflora des Alpenwanderers ( 1 8 8 9 , 2 9 1 9 6 3 ) und Das Pflanzenleben der Alpen. Eine Schilderung der Hochgebirgsflora (mit A u g u s t G ü n t h a r t , M a r i e Chr. B r o c k m a n n - J e r o s c h und Paul Vogler, 2 B d e . , 1904-08, 2 1 9 2 3 - 2 6 , N a c h d r . 1982). M i t Friedrich G o t t l i e b - ^ S t e h l e r g a b er d a s g r u n d l e g e n d e Werk Die besten Futterpflanzen (4 Tie., 1883-98, Teil 1: "1914, Teil 2: 3 1 9 0 8 ; frz. 1 8 8 3 / 8 4 , 2 1 8 9 4 - 9 6 ) heraus. S. w a r 1890 M i t b e g r ü n d e r d e r S c h w e i zerischen B o t a n i s c h e n G e s e l l s c h a f t u n d 1912-35 Präsident der S c h w e i z e r i s c h e n N a t u r f o r s c h e n d e n G e s e l l s c h a f t . 1925 w u r d e er in d i e D e u t s c h e A k a d e m i e der N a t u r f o r s c h e r L e o poldina gewählt. CD C H 91
Schröter,
Carl, Politiker, * 2 9 . 5 . 1 8 8 7 N e u s t a d t an der O s t s e e , t 2 5 . 2 . 1952 Kiel. S., S o h n eines B e a m t e n , studierte P h i l o l o g i e in Kiel, w o er d a n a c h als S t u d i e n r a t tätig war. 1918 trat er der D e u t s c h e n Volkspartei bei und w a r 1 9 2 4 - 3 3 M i t g l i e d d e s P r e u ß i s c h e n L a n d t a g s . 1933 w u r d e er aus d e m Staatsdienst entlassen. 1945 w a r er G r ü n d u n g s m i t g l i e d , 1946 L a n d e s v o r s i t z e n d e r der D e m o k r a t i s c h e n U n i o n in S c h l e s w i g - H o l s t e i n , die er in d i e C D U ü b e r f ü h r t e . S. g e h ö r t e d e m C D U Z o n e n a u s s c h u ß an und w u r d e 1. Vorsitzender d e s L a n d e s v e r b a n d e s S c h l e s w i g - H o l s t e i n der C D U . 1 9 4 8 / 4 9 war er M i t glied des P a r l a m e n t a r i s c h e n R a t s , 1949-52 d e s D e u t s c h e n Bundestags.
Schröter,
C h r i s t o p h Gottlieb, M u s i k e r , K o m p o n i s t , Musiktheoretiker, Konstrukteur, * 1 0 . 8 . 1 6 9 9 Hohnstein (Sachsen), t 2 0 . 5 . 1 7 8 2 N o r d h a u s e n . S. studierte als A u t o d i d a k t Orgel und G e n e r a l b a ß , b r a c h das 1717 a u f g e n o m m e n e T h e o l o g i e s t u d i u m an der U n i v . L e i p z i g nach kurzer Zeit a b und w i d m e t e sich g a n z der M u s i k . 1718 w u r d e er P r i v a t k o p i s t bei A n t o n i o Lotti in D r e s d e n und hielt sich d a n a c h als S e k r e t ä r eines B a r o n s an d e u t s c h e n H ö f e n s o w i e in H o l l a n d und E n g l a n d auf. 1726 w u r d e S. Organist an d e r H a u p t k i r c h e in M i n d e n , 1732 in N o r d h a u s e n . Er v e r ö f f e n t l i c h t e m u s i k t h e o r e t i s c h e S c h r i f t e n (u. a. Deutliche Anweisung zum Generalbaß in beständiger Veränderung des uns angebohrnen harmonischen Dreyklanges, 1772) sow i e zahlreiche p o l e m i s c h e und kritische Artikel in L o r e n z —>Mizlers von Kolof „ N e u e r ö f f n e t e r m u s i k a l i s c h e r Bibliot h e k " und in Friedrich W i l h e l m —»Marpurgs „Kritischen B r i e f e n ü b e r die T o n k u n s t " . 1763 erschien sein B e i t r a g zur E n t w i c k l u n g des H a m m e r k l a v i e r s : Umständliche Beschreibung eines neuerfundenen Klavierinstruments, auf welchem man in unterschiedenen Graden stark und schwach spielen kann. S. k o m p o n i e r t e C h o r a l - , I n s t r u m e n t a l - u n d Orgelwerke. m MGG
Schröter,
C o r o n a (Elisabeth W i l h e l m i n e ) , S ä n g e r i n , K o m p o n i s t i n , S c h a u s p i e l e r i n , * 1 4 . 1 . 1751 G u b e n ( B r a n d e n b u r g ) , t 23. 8 . 1 8 0 2 I l m e n a u ( T h ü r i n g e n ) . S., T o c h t e r von J o h a n n Friedrich —>S. und S c h w e s t e r von J o h a n n S a m u e l —>S., w u r d e in L e i p z i g Schülerin von Johann A d a m —> Hiller, trat 1765 e r s t m a l s in e i n e m G e w a n d h a u s k o n z e r t in L e i p z i g ö f f e n t l i c h auf und u n t e r n a h m als erf o l g r e i c h e S ä n g e r i n seit 1772 a u c h K o n z e r t r e i s e n , u . a . n a c h E n g l a n d . 1776 w u r d e sie als S c h a u s p i e l e r i n und S ä n g e r i n an das H o f t h e a t e r in W e i m a r geholt, w o sie z u m M i t t e l p u n k t des „ M u s e n h o f s " und Star d e s T h e a t e r s w u r d e . Vor allem mit Rollen in —»Goethes D r a m e n ( u . a . in der Titelrolle bei der U r a u f f ü h r u n g von Iphigenie aufTauris, 1779) hatte sie g r o ß e E r f o l g e . S. k o m p o n i e r t e das Singspiel Die Fischerin nach e i n e m Text von G o e t h e und g a b 1786 und 1794 zwei S a m m l u n g e n s e l b s t k o m p o n i e r t e r L i e d e r heraus. 1798 verließ sie W e i m a r und zog sich nach I l m e n a u zurück. CD M G G
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Schröter Schröter,
Fritz (Georg Ernst), Elektrotechniker, * 2 8 . 1 2 . 1 8 8 6 Berlin, f 1 1 . 1 0 . 1 9 7 3 Ulm. S., Sohn eines Prokuristen bei der Deutschen Bank, studierte Physikalische C h e m i e und Elektrotechnik in Lausanne und Berlin, wurde 1909 promoviert (Über die elektrische Verstäubung der Metalle in flüssigem Argon und flüssigem Stickstoff) und war dann in einem eigenen Labor und als Berater in der Industrie tätig. 1915-21 leitete er die Entwicklungsabteilung der Julius Pintsch A G in Berlin und wechselte anschließend zur Gesellschaft für drahtlose Telegraphie m b H (seit 1923 Telefunken G m b H ) , w o er 1923 Direktor der technischen Abteilungen wurde. Von 1925 an arbeitete S. an der Entwicklung des Fernsehens, schlug d a f ü r 1928 die A n w e n d u n g der Braunschen Röhre vor und führte 1938 die Rechteck-Bildröhre ein. 1931 wurde er Honorarprofessor an der T H Berlin-Charlottenburg. 1947-50 war S. Direktor des Fernsehlaboratoriums der C o m p a g n i e des Compteurs in Schloß Corbeville bei Paris, 1950-55 Prof. am Nationalen Elektronik-Institut in Madrid, kehrte 1955 nach Deutschland zurück und betätigte sich als wissenschaftlicher Berater des Ulmer Forschungsinstituts von Telefunken. S. beschäftigte sich vor allem mit Grundfragen des Farbfernsehens, der Licht- und Nachrichtentechnik. Er verfaßte zahlreiche Beiträge in physikalischen und elektrotechnischen Fachzeitschriften und arbeitete u . a . am Handbuch der Bildtelegraphie und des Fernsehens (1932) mit. S. war als Erfinder bzw. Miterfinder Inhaber von mehr als 170 Patenten, u. a. der G l i m m l a m p e . 1970 wurde er Mitglied der Rheinisch-Westfälischen A k a d e m i e der Wissenschaften. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Die Glimmlampe (1927, unter dem Titel Die Glimmlampe, ein vielseitiges Werkzeug des Elektrikers, 2 1928, unter d e m Titel Die Glimmlampe und ihre Schaltungen. Ein vielseitiges Werkzeug des Elektrikers, 3 1932, erneut unter d e m Titel Glimmlampen, Glimmstrecken und ihre Schaltungen - ein vielseitiges Werkzeug des Elektrikers, 1939) und Neue Forschungsund Entwicklungsrichtungen im Fernsehen (1957). •D
NDB
Schröter,
Heinrich Eduard, Mathematiker, * 8 . 1 . 1 8 2 9 Königsberg (Ostpreußen), f 3 . 1 . 1 8 9 2 Breslau. Der Sohn eines K a u f m a n n s studierte Mathematik in Königsberg und Berlin, wurde 1854 promoviert (De aequationibus modularibus) und habilitierte sich 1855 an der Univ. Breslau. Seit 1858 a. o . P r o f . , folgte er 1861 Ferdinand —»Joachimsthal als o . P r o f . der Mathematik nach. S. arbeitete hauptsächlich auf d e m Gebiet der synthetischen Geometrie. Er war Mitautor des Lehrbuchs Steiner-Schröter'sehe Vorlesungen Uber synthetische Geometrie (1867, 3 1898). 1880 erschien von ihm Die Theorie der Oberflächen 2. Ordnung und der Raumcurven 3. Ordnung. 1883 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. tn
Schröter,
DSB
Heinz, Musiker, Musikpädagoge, * 2 . 5 . 1 9 0 7 Berlin, f 2 . 1 . 1 9 7 4 Teheran. S. studierte in Leipzig und F r a n k f u r t / M a i n und trat seit 1933 als Pianist auf. 1937-44 leitete er eine Meisterklasse für Klavier an der Landesmusikschule in Darmstadt, 1945-53 die Kammermusikabteilung und später die Hauptabteilung M u sik beim Hessischen R u n d f u n k in F r a n k f u r t / M a i n , wo er 1949 die „Wochen für Neue M u s i k " gründete. 1957 wurde S. Prof. für Klavier an der Musikhochschule in Köln, der er bis 1972 als Direktor vorstand. S. bildete seit 1959 mit Max - » R o s t a l und Gaspar Cassado, später mit Siegfried - » P a l m das „Kölner Trio". Als Solist war er vor allem als Interpret von —»Mozart und Debussy geschätzt. S. unternahm zahlreiche Auslandstourneen, u. a. in den Nahen und Fernen Osten.
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Schröter,
Johann, Mediziner, * 1513 Weimar, t 3 1 . 3 . 1593 Jena. S., Sohn eines Bürgermeisters, studierte seit 1533 Humaniora an der Univ. Wittenberg, war danach als Lehrer in Tirol tätig und kehrte 1542 zum Studium der Medizin nach Wittenberg zurück. 1549 setzte er seine Studien in Padua fort und wurde 1552 an der Univ. Wien promoviert. Im selben Jahr übernahm S. den dortigen Lehrstuhl für Medizin und war Leibarzt des Kaisers. 1554 wurde er Prof. der Medizin an der Univ. Jena und Leibarzt der Herzöge von Sachsen. Er hatte auch das A m t des ersten Rektors der Univ. Jena inne. S. war für seine diagnostischen Fähigkeiten bekannt. Er verfaßte u. a. einen Gründlichen Bericht und Rathschlag, wie man sich in der Pestilenz hüten und bewahren, auch wenn jemand damit beflekt, wie er damit geberen soll (1566, 3 1597) und Themata de thermis (1558). S. wurde von Kaiser —»Ferdinand I. nobilitiert und erhielt 1579 in Padua die Würde eines C o m e s palatinus. CD Ärzte 1
Schröter,
Johann Friedrich, auch Schroeter, Schroedter, Musiker, Komponist, * A n f a n g September 1723 Eilenburg (Sachsen), t Juni 1810 Kassel. Der Sohn eines Zinngießers war Mitglied der Hofkapelle des Grafen Heinrich von —»Brühl und folgte später Kurfürst —»Friedrich August II. nach Warschau. 1763 oder A n f a n g 1764 ging S. nach Leipzig, wo er Mitglied in Johann A d a m —»Hillers Großem Konzert der Kaufleute wurde. 1772-74 unternahm er Konzertreisen nach Holland und England, wo 1772 sechs Duos für Violine und Violoncello von ihm im Druck erschienen. Seit 1779 lebte er als H o f m u s i k e r und Musiklehrer in Hanau, seit 1786 in Kassel. S. war der Vater von Corona und Johann Samuel —> S. CD N D B
Schröter,
Johann Hieronymus, Astronom, Jurist, * 3 0 . 8 . 1745 Erfurt, t 2 9 . 8 . 1 8 1 6 Lilienthal bei Bremen. S., Sohn eines Advokaten, studierte seit 1762 zunächst Theologie, dann Rechtswissenschaft an der Univ. Göttingen, hörte daneben Vorlesungen über Mathematik, Physik und Astronomie und wurde 1767 Hauslehrer, 1768 Amtsschreiber und 1777 Sekretär der Kgl. K a m m e r in Hannover. Seit 1781 Oberamtmann in Lilienthal bei Bremen, errichtete er - von Wilhelm —»Herschel beeinflußt, bei dessen Vater er Musikunterricht erhalten hatte - eine private Sternwarte, die bald zu den bedeutendsten Orten astronomischer Forschung zählte und viele Gelehrte anzog, darunter Karl Ludwig —»Harding, Friedrich Wilhelm —»Bessel und Wilhelm —»Olbers. S., 1793 in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt, untersuchte die physikalische Beschaffenheit des M o n d e s und der Planeten und gab als erster eine eingehende Darstellung der Mondoberfläche. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Beobachtungen über die Sonnenfackeln und Sonnenflecken (1789, Neuausg. 1995), Selenotopographische Fragmente zur genaueren Kenntnis der Mondfläche (2 Bde., 1791-1802), Aphroditographische Fragmente, zur genauem Kenntniss des Planeten Venus (1796) und Aerographische Beiträge zur genaueren Kenntnis und Beurtheilung des Planeten Mars, in mathematischphysischer Hinsicht (hrsg. von H. G. van d e Sande Bakhuyzen, 1881). Nach S. sind mehrere astronomische P h ä n o m e n e benannt, u. a. das Schröter-Tal auf dem Mond. m NDB
Schröter, Johann Samuel, evang. Theologe, Naturforscher, * 2 5 . 2 . 1 7 3 5 Rastenberg (Thüringen), t 2 4 . 3 . 1808 Buttstädt (Thüringen). S., Sohn eines Schulrektors, studierte 1750-54 Theologie an der Univ. Jena und wurde nach einer Tätigkeit als Hauslehrer 1756 Schulrektor in D o r n b u r g / S a a l e . Seit 1763 Pastor in Thangelstedt, wurde er 1772 Stiftsprediger in Weimar, 1785 Superintendent und Oberpfarrer in Buttstädt. Neben seiner beruflichen Tätigkeit widmete sich S., seit 1776
Schröter Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina, naturkundlichen Forschungen. 1778-81 war er Kustos des Herzoglichen Naturalienkabinetts in Weimar, dessen Bestände er neu inventarisierte. Er veröffentlichte mehrere umfangreiche Werke zur Conchyliologie, Mineralogie und Paläontologie, darunter Lithologisches Reallexicon (8 Bde., 1772-88), Einleitung in die Conchylienkenntniß nach Linnä (3 Bde., 1783-86) und Mineralogisches und bergmänisches Wörterbuch (2 Bde., 1789-91). Nach S. ist eine Art aus der Trilobitengruppe (Illaenus schroeteri) und eine Schicht im Untersilur Schwedens (Schroeteri-Kalk) benannt. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Das Alter und untrügliche Mittel alt zu werden (1803, 2 1805; Nachträge [...], 1807) und Die Aesthetik der Blumen oder ihre Philosophie (1803). m Lebenswege Thür, 3. Slg.
Schröter,
Johann Samuel, auch John S., Musiker, Komponist, * um 1752 Guben, t 2. 11. 1788 London. S., Bruder von Corona —>S„ erhielt erste musikalische Unterweisung durch seinen Vater und war vermutlich auch Schüler von Johann A d a m —»Hiller. Er trat bereits 1767 als Pianist im „Großen Konzert" in Leipzig auf und unternahm später eine triumphale Tournee durch Holland und England. 1772 ließ er sich in London nieder, wo er ein gesuchter Pianist und Klavierlehrer war. 1782 folgte er Johann Christian —»Bach als Musikmeister der Königin Charlotte nach. S. übte durch die von ihm komponierten Klavierkonzerte bedeutenden Einfluß auf die Entwicklung des klassischen Konzertes für Tasteninstrumente und insbesondere auf den Konzertstil des jungen —> Mozart aus. DD M G G
Schroeter, Joseph, Militärarzt, Pilzforscher, * 1 4 . 3 . 1 8 3 5 Patschkau (Oberschlesien), t 12. 12. 1894 Breslau. S. studierte Medizin an den Universitäten Breslau und Berlin, w o er 1859 mit der Dissertation De paralysi cerebri progressiva promoviert wurde. Danach war er als Militärarzt bei verschiedenen Regimentern und seit 1865 als Stabsarzt in Breslau, Spandau und Rostock tätig. 1886 habilitierte er sich an der Medizinischen Fakultät in Breslau und wurde dort 1890 zum Prof. ernannt. S. widmete sich auch der Erforschung von Pilzen und veröffentlichte u . a . Entwicklungsgeschichte einiger Rostpilze (1879) und Die Pilze Schlesiens (2 Tie., 1889-1908, Nachdr. 1972). DP A D B Schröter,
Karl, Mathematiker, * 7 . 9 . 1905 Biebrich/ Rhein (heute zu Wiesbaden), t 2 2 . 8 . 1977 Berlin. S., Sohn eines Handwerkers und späteren Kaufmanns, war nach d e m Studium der Mathematik, Physik und Philosophie in Göttingen, Heidelberg, F r a n k f u r t / M a i n und Münster (1928-35) Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der Univ. Münster und wurde 1941 mit einer Arbeit zur mathematischen Logik promoviert (Ein allgemeiner Kalkülbegriff). 1943 habilitierte er sich in Münster. 1948 wurde er Prof. an der Humboldt-Universität zu Berlin, leitete 1950-71 das Institut für Mathematische Logik und war 1962-66 Prorektor für Forschungsangelegenheiten. S. begründete die Schule der mathematischen Logik in der D D R . Er veröffentlichte zahlreiche Arbeiten zur Grundlagenmathematik und zu philosophischen Problemen der Mathematik, darunter Axiomatisierung der Fregeschen Aussagenkalküle (1943, Nachdr. 1970) und Mathematik im System der Wissenschaften (1973). Seit 1955 gab er die „Zeitschrift für mathematische Logik und Grundlagen der Mathematik" heraus. 1964 wurde S. als ordentliches Mitglied in die Deutschen A k a d e m i e der Wissenschaften a u f g e n o m m e n . CD N D B
Schröter,
Leonhart, auch Schroterus, Kantor, Komponist, * um 1532 vermutlich Torgau, t um 1600 wahrscheinlich Magdeburg. Der Sohn eines luth. Theologen war 1561-76 Stadtkantor in Saalfeld; 1571 -73 mußte er den Flacianern weichen und eine
Bibliothekarsstelle in Wolfenbüttel annehmen. 1576 wurde er Kantor an der Altstädtischen Lateinschule in Magdeburg. S. zählte zu den bedeutendsten mitteldeutschen Kantoren der ersten Generation nach —»Luther. Als Komponist pflegte er hauptsächlich die verschiedenen Arten der Choralbearbeitung. Seine Weihnachtsliedlein ( 1 5 8 6 / 8 7 ) gehören zum festen Bestand des evang. Liedguts. CO M G G
Schröter,
(Ernst) Manfred, Philosoph, * 29. 11.1880 München, f 24. 12. 1973 München. S., Sohn von Moritz —>S., studierte seit 1899 Physik an der T H München, Philosophie an den Universitäten München, Halle, Leipzig und Jena und wurde 1908 in Jena zum Dr. phil. promoviert (Der Ausgangspunkt der Metaphysik Schellings entwickelt aus seiner ersten philosophischen Abhandlung , Über die Möglichkeit einer Form der Philosophie überhaupt'). Nach Studienreisen durch England, Italien und Frankreich lebte er seit 1911 als Publizist und Schriftsteller in München. 1921-24 war S. Mitarbeiter der „Münchener Neuesten Nachrichten". 1927 trat er in den Oldenbourg Verlag ein, in d e m er als Lektor tätig war; 1946 wurde er dessen Lizenzträger und war 1949-70 Cheflektor. 1930 habilitierte sich S. f ü r Philosophie und Geschichte der Technik an der T H München, mußte jedoch 1937 aufgrund seiner Ehe (seit 1909) mit einer „nichtarischen" Bankierstochter die Lehrtätigkeit aufgeben. 1946-55 lehrte er als Honorarprofessor erneut an der T H München. In seinem umfangreichen Werk beschäftigte sich S. u . a . mit der Kulturkritik Oswald —> Spenglers ( D e r Streit um Spengler. Kritik seiner Kritiker, 1922; Metaphysik des Untergangs. Eine kulturkritische Studie über Oswald Spengler, 1949) sowie mit kultur- und technikphilosophischen Fragen (Die Kulturmöglichkeit der Technik als Formproblem der Arbeit, 1920; Deutscher Geist in der Technik, 1935). Er war Herausgeber einer zwölfbändigen Gesamtausgabe der Werke —»Schellings (1927-59) sowie des Handbuchs der Philosophie (mit Alfred —»Baeumler, 1926-34). DD N D B
Schröter,
(Maximilian) Moritz, T h e r m o d y n a m i k e r , Maschinentheoretiker, * 2 5 . 2 . 1851 Karlsruhe, t 12.3. 1925 München. S., Bruder von Carl —> S., wuchs nach dem frühen Tod seines Vaters unter der Vormundschaft von Gustav —»Zeuner auf. Nach dem Studium am Polytechnikum in Zürich arbeitete er 1873-76 als Praktikant in der Lokomotivfabrik von Georg —>Sigl in Wiener Neustadt, war danach Assistent am Polytechnikum in Zürich und folgte 1879 einem Ruf als a. o. Prof. auf den Lehrstuhl für Theoretische Maschinenlehre am Polytechnikum in München (seit 1886 o.Prof.), dessen Rektor er 1908-11 war. Z u s a m m e n mit August —»Loschge betrieb er den Neubau des um eine Licht- und Kraftzentrale erweiterten Laboratoriums f ü r Wärmekraftmaschinen. S. führte zahlreiche Versuche an Großmaschinen durch, die deren technische Entwicklung förderten. 1897 stellte er den Dieselmotor in bezug auf die Energieffizienz als beste W ä r m e k r a f t m a s c h i n e heraus. S. veröffentlichte u . a . Untersuchungen an Kältemaschinen verschiedener Systeme (1887, 1890) und Die Motoren der Kraft- und ArbeitsmaschinenAusstellung in München (1889). Er war der Vater von Manfred - > S . t u NDB
Schröter,
Paul (Karl), Syndikus, * 21. 11. 1877 Craja (Reg.-Bez. Erfurt), t 2 . 7 . 1 9 1 9 Duisburg. S., Sohn eines Lehrers, studierte seit 1898 in Erlangen und Leipzig Nationalökonomie, Finanzwissenschaft, Statistik und Öffentliches Recht und wurde 1901 in Leipzig mit der Arbeit Der Leipziger Nutzholzhandel in der Organisation des deutschen Holzhandels promoviert. Anschließend bei der Handelskammer Posen tätig, ging er 1903 als Assistent an die Handelskammer Krefeld, übernahm daneben den
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Schroetter Vorsitz des Krefelder Verkehrsvereins und wurde 1905 von der K a m m e r zum zweiten Syndikus ernannt. 1909 wechselte S. als Syndikus an die Handelskammer Duisburg, als der er entscheidenden Anteil am Zusammenschluß der Handelsk a m m e r n Duisburg und Wesel zur Niederrheinischen Handelskammer Duisburg-Wesel zu Duisburg (1919) hatte. m Rhein-Westf Wirt, Bd 15
Schroetter,
(Johannes Karl) Bruno Frh. von, Landrat, * 17.8. 1816 Marienwerder, t 7 . 6 . 1888 Berlin. S., Sohn eines Justizrats und Redakteurs, trat 1840 als Auskultator in den Justizdienst ein, wurde 1845 zum Gerichtsassessor ernannt und war danach kommissarisch als Richter in Ost- und Westpreußen tätig. 1850 wurde er Kreisrichter in Karthaus sowie interimistisch Landrat von Stargard. Seit 1851 zunächst interimistisch, dann definitiv als Landrat Berleburg (Kr. Wittgenstein) bestellt, wurde er 1854 wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten in den einstweiligen Ruhestand versetzt. 1 8 5 5 / 5 6 wirkte er interimistisch als Landrat Reichenbach, erhielt kurzzeitig Wartegeld und wurde 1856 zum kommissarischen, 1857 zum definitiven Landrat von Goldap berufen. 1864 trat er wegen teilweiser Unregelmäßigkeiten in seiner A m t s f ü h r u n g erneut in den einstweiligen Ruhestand. 1866 wirkte er zeitweilig als literarische Hilfskraft beim Polizeipräsidenten von Berlin. 1 8 7 3 / 7 4 wurde er mehrfach wegen Beleidigung hochrangiger Persönlichkeiten zu Gefängnisstrafen verurteilt. 1876 erfolgte durch den Disziplinarhof vorzeitig und ohne Pension seine Dienstentlassung. S. war der Vater von Elisabeth —>S. DD Wegmann
Schrötter,
Elisabeth ( E m m a Ida Maria) von, Pseud. Elisabeth vom Berge, Felicitas vom Berge, Schwester Maria Gabriela, Dominikanerin, Schriftstellerin, * 2 6 . 1 2 . 1 8 5 1 Berleburg, f 2 . 1 1 . 1 9 3 7 Elberfeld (heute zu Wuppertal). S., Tochter von Bruno —>S., wuchs in Ostpreußen und seit 1865 in Berlin auf und unternahm Reisen durch Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien. Mit fast allen Familienmitgliedern trat sie zum kath. Glauben über und wurde 1889 in Arenberg Dominikanerin. Seit 1899 lebte sie im St. Vinzenzhaus in Oberhausen (Rheinland) und war seit 1902 im St. Marienheim zu Elberfeld in der Fürsorge weiblicher Strafgefangener und in d e m vom Orden errichteten Arbeiterinnenverein tätig. S. schrieb Gedichte (u. a. Aus Welt und Kloster, 1895), vor allem aber Theaterstücke zur Unterweisung der weiblichen Jugend (u. a. Die Macht des Gebetes, 1896; Die Seele am Scheidewege, 1898). • P Westf Autoren, Bd 3
Schrötter,
Franz Ferdinand Edler von, österr. Jurist, * 1 3 . 1 . 1 7 3 6 Wien, t 3 . 7 . 1 7 8 0 Wien. S„ Sohn eines Herrschaftsbeamten und späteren Beamten der böhmisch-österr. Hofkanzlei, begann vermutlich 1754 in Wien das Studium der Rechtswissenschaften und wurde 1761 in Wien promoviert. Seit 1762 mit Schriften zum österr. Staatsrecht hervorgetreten, wurde er 1764 Sekretär und Geheimer Offizial der Staatskanzlei, seit 1774 Direktor der Juridischen Fakultät der Univ. Wien und war 1 7 7 9 / 8 0 deren Rektor. 1769 wurde er zum Rat, 1774 zum Wirklichen Hofrat ernannt und im selben Jahr in den Ritterstand erhoben. S., der als Begründer einer auf Quellenstudium beruhenden österr. Staatsrechtswissenschaft gilt, befaßte sich auch mit Reichsstaatsrecht und d e m Verhältnis Österreichs zu Bayern. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Versuch einer österreichischen Staatsgeschichte von dem Ursprünge Österreichs bis nach dessen Erhöhung in ein Herzogthum (1771), und Grundriß des österreichischen Staatsrechts (1775), Innviertel-Topographie (1779, Nachdr. 1979) und eine unvollendete, von Adrian —> Rauch fortgesetzte Österreichische Geschichte (Bd. 1, 1779). CD N D B
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Schrötter,
Friedrich Leopold Frh. von, Staatsmann, * 1.2. 1743 Gut Wohnsdorf (Kr. Friedland, Ostpreußen), t 3 0 . 6 . 1815 Berlin. S., Bruder des Juristen Karl Wilhelm von —»S., trat 1757 in den preuß. Militärdienst ein, nahm am Siebenjährigen Krieg teil und wurde 1790 als Oberstleutnant Vortragender Rat im Generaldirektorium. 1791 erfolgte seine Ernennung zum Oberpräsidenten von Ost- und Westpreußen in Königsberg. 1795 wurde S. in Berlin Staats- und Finanzminister f ü r Altpreußen und das durch die dritte Teilung Polens erworbene Neu-Ostpreußen. Unter d e m Freiherrn vom —> Stein und Karl August von —> Hardenberg gehörte S. zu den führenden Köpfen der preuß. Reform. Alle grundlegenden Reformerlasse Steins entstanden in seinem Provinzialdepartement und wurden in seinem Bereich zuerst durchgeführt. Seit 1810 war S. Mitglied des Geheimen Staatsrats. c n Verwaltung
Schrötter,
H u g o (Johann Karl), österr. Chemiker, * 11.9. 1856 OlmUtz, t 7 . 7 . 1911 Graz. S., Sohn eines Apothekers und G r o ß n e f f e von Anton - > Schrötter von Kristelli, studierte C h e m i e an den Universitäten Wien und Bonn und wurde 1882 an der Univ. Halle mit der Dissertation Beitrag zur Kenntnis des Camphers und seiner Derivate promoviert. Danach arbeitete er als Assistent bei Jacob —»Volhard in Halle, bei Emil —> Fischer in Erlangen ( 1 8 8 2 / 8 3 ) und bei August von —>Kekule in Bonn (1883-85) und habilitierte sich 1885 für Organische Chemie. Seit 1892 war S. a. o. Prof. der Organischen C h e m i e an der Univ. Graz. Er arbeitete u. a. auf d e m Gebiet der Eiweißchemie und veröffentlichte Abhandlungen über Cholesterin, Campher, Morphin und Codein in chemischen Fachzeitschriften. • • ÖBL
Schroetter,
Karl Wilhelm Frh. von, Jurist, * 9 . 4 . 1 7 4 8 Gut Wohnsdorf (Kr. Friedland, Ostpreußen), f 2. 12. 1819 Königsberg. S., Sohn eines Gutsbesitzers, trat nach dem Studium der Rechte an der Univ. Königsberg 1769 in den preuß. Justizdienst ein und wurde 1772 Rat beim westpreußischen Landesjustizkollegium, 1782 Vizepräsident und 1784 Chefpräsident der westpreußischen Regierung. 1789 ging er als Präsident des Instruktionssenats an das Kammergericht in Berlin, geriet jedoch in Konflikt mit Minister Johann Christoph von —>Woellner und wurde 1794 an seinen früheren Wirkungskreis zurückversetzt. 1803 wurde er Kanzler des Königreichs Preußen. Als interimistischer Leiter des preuß. Justizdepartements und Minister für das Justiz-, Lehens- und geistliche Departement (1806-09) wirkte S. mit seinem Bruder Friedrich Leopold von —> S. an den R e f o r m e n des Freiherrn vom —»Stein mit, insbesondere an den Vorarbeiten zum Bauernbefreiungsedikt. 1809 wurde er Chefpräsident des Oberlandesgerichts in Königsberg. DP Altpreuß Biogr, Bd 2
Schrötter von Kristelli,
Anton (Konrad Friedrich Dismas), österr. Chemiker, Mineraloge, * 2 6 . 1 1 . 1 8 0 2 Olmütz, t 15.4. 1875 Wien. Der Sohn eines Landschaftspothekers studierte seit 1822 an der Univ. Wien Medizin, wandte sich bald der Physik und C h e m i e zu und erhielt 1827 eine Assistentenstelle für Physik und Mathematik am Joanneum in Graz. Seit 1830 Prof. für Physik und C h e m i e am Joanneum in Graz, wechselte S. v. K. 1843 als Prof. der Technischen Chemie an das Polytechnikum in Wien und übernahm dort 1845 die Professur für Allgemeine Chemie. 1850 wurde er Generalsekretär der A k a d e m i e der Wissenschaften in Wien. 1856 wurde S. v. K. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. 1868-74 hatte er die Leitung des Hauptmünzamtes inne. S. v. K. arbeitete u. a. über Chemische Mineralogie, die Reaktionen von Metallen mit flüssigem Stickstoff und von
Schroll Eisen mit Sauerstoff. 1845 entdeckte er durch Erhitzen von weißem Phosphor den roten Phospor und empfahl diesen für die Herstellung von Streichhölzern. Er schrieb u. a. Über einen neuen allotropischen Zustand des Phosphors (1849) und Die Chemie in ihrem gegenwärtigen Zustande (2 Bde., 1847-49). S. v. K. war ein Organisator in Industrie und Wissenschaft sowie Berater bei den Vorbereitungen zur Novaraund zur österreichisch-ungarischen Nordpolexpedition. 1857 wurde er in den erblichen Ritterstand erhoben. An S. v. K. erinnern u. a. das Mineral Schrötterit, das Schrötter-Horn in der Ortlergruppe und ein Kap Schrötter auf Franz-JosephsLand. S. v. K. war der Vater von Leopold —>S. v. K. m
ÖBL
S c h r ö t t e r v o n K r i s t e l l i , H e r m a n n (Anton), österr. Lungenarzt, * 5. 8. 1870 Wien, t 6. 1. 1928 Wien. Der Sohn von Leopold —>S. v. K. studierte seit 1888 Medizin in Wien und Straßburg und wurde 1894 zum Dr. med. und 1895 zum Dr. phil. promoviert. Danach arbeitete er als Operationszögling an der Chirurgischen Klinik von Carl —»Gussenbauer und als Assistent an der von seinem Vater geleiteten III. Medizinischen Universitätsklinik in Wien. Nach d e m Ersten Weltkrieg war er ärztlicher Leiter der Tuberkulose-Heilanstalt Alland und trat später in das Ministerium für soziale Verwaltung ein. Nach dem Eintritt in den Ruhestand habilitierte er sich 1925 an der Univ. Wien für Innere Medizin. S. v. K. veröffentlichte u . a . LuftdruckErkrankungen (mit Richard Heller und Wilhelm Mager, 1900), Der Sauerstoff in der Prophylaxe und Therapie der Luftdruckerkrankungen (1906) und Hygiene der Aeronautik und Aviatik (1912). m ÖBL S c h r ö t t e r v o n K r i s t e l l i , Leopold (Anton Dismas), österr. Laryngologe, * 5 . 2 . 1 8 3 7 Graz, t 2 0 . 4 . 1908 Wien. Der Sohn des Chemikers Anton —>S. v. K. studierte seit 1855 Medizin an der Univ. Wien und wurde 1861 promoviert. Anschließend war er Operationszögling bei Franz —> Schuh und Assistent bei Josef —> Skoda an der I. Medizinischen Universitätsklinik. 1867 habilitierte sich S. v. K. (Krankheiten der Brustorgane und des Kehlkopfs) und übernahm nach dem Tod L u d w i g —»Tuercks 1870 die neuerrichtete Laryngologische Klinik und die erste Lehrkanzel für Laryngoskopie. Nach Johann von —»Oppolzers Tod erhielt er zunächst die provisorische Professur und später die Leitung der II. Medizinischen Universitätsklinik. 1875 wurde S. v. K. a. o . P r o f . der Hals- und Brustkrankheiten und 1881 Primararzt im Allgemeinen Krankenhaus. 1890 zum o. Prof., 1896 zum Hofrat ernannt, leitete er bis zu seinem Tod die III. Medizinische Universitätsklinik. Neben zahlreichen Arbeiten zur Laryngologie (u. a. d e m Aufsatz Ueber Chorea laryngis, in d e m er die nach ihm benannte Chorea des Kehlkopfes beschrieb) verfaßte S. v. K. Abhandlungen über Herzkrankheiten sowie Beiträge für mehrere Handbücher (u.a. für H u g o von —> Ziemssens Handbuch der Herzkrankheiten). Er setzte sich für die Errichtung von Heilstätten für Lungenkranke ein, u . a . der Heilanstalt Alland, die 1898 eröffnet wurde. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Beitrag zur Behandlung der Larynx-Stenosen (1876), Hygiene der Lunge im gesunden und kranken Zustande ( 1 9 0 3 , 2 1 9 1 3 ) und Vorlesungen Uber die Krankheiten des Kehlkopfes, der Luftröhre, der Nase und des Rachens (Bd. 1, 6 Lfg., 1887-92, 2 1893, Bd. 2, 1896). S. v. K „ der 1888 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n wurde, war der Vater von Hermann —>S. v. K. DD Ö B L S c h r o f e n s t e i n , Christoph von, Bischof von Brixen, * u m 1460, t 1521. S. hatte 1492-96 die Pfarrei Hall-Absam inne und erhielt 1493 ein Kanonikat in Trient. 1487-93 widmete er sich weiteren Studien, die er mit der Promotion z u m Dr. jur. utr. abschloß. Seit 1495 kaiserlicher Rat, wurde er 1496 Koadjutor
des neugewählten Bischofs von Trient, Ulrich von Lichtenstein. 1501-09 war er Koadjutor des Bischofs von Brixen, 1509-21 Bischof von Brixen; 1511 ließ er sich z u m Priester und Bischof weihen. S. wurde stark durch den Venezianer Krieg (1508-16) Kaiser —> Maximilians I. in Anspruch genommen. t u Gatz 2 S c h r o f f , Karl Damian Ritter von, österr. Chirurg, Pharmakologe, Pharmakognost, * 1 2 . 9 . 1 8 0 2 Kratzau (Böhmen), t 1 8 . 6 . 1 8 8 7 Graz. S., Sohn eines Chirurgen, war nach dem Studium der Medizin an der Univ. Prag (Promotion 1828, Conspectus morborum qui tractati sunt in clinico medico Pragensi anno scholastico 1826-27) Assistent von Julius Vincenz von - » K r o m b h o l z und 1830-35 Prof. der allgemeinen Pathologie, Therapie und Materia medica an der Chirurgenschule in Olmütz. Außerdem wirkte er eineinhalb Jahre als Primararzt an der Prager Irrenanstalt und als Physikus des Prager Taubstummen-Instituts. Seit 1835 lehrte S. an der Univ. Wien, zunächst als Prof. am Kurs f ü r Wundärzte und 1849-74 als Prof. der allgemeinen Pathologie, Pharmakognosie und Pharmakologie. 1856 übernahm er das A m t des Rektors der Universität. 1860 wurde S. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. Mit seinem Bruder Emanuel Stephan, der dasselbe Lehrfach an der medizinisch-chirurgischen Josephsakademie vertrat, verfaßte er ein Taschenbuch der Arzneimittellehre und Receptirkunde (1833, 2 1837). S. veröffentlichte außerdem ein Lehrbuch der Pharmacognosie (1853, 2 1869) und ein Lehrbuch der Pharmacologic ( 1 8 5 5 , 4 1 8 7 3 ) . S. hatte maßgeblichen Anteil an der völlig neu gestalteten 5. A u s g a b e der „Pharmacopoea Austriaca" (1855), welche die Arzneikörper erstmals in alphabetischer Reihenfolge erfaßte. CD Ö B L S c h r o l l , Anton, österr. Buchhändler, Verleger, * 3 0 . 5 . 1 8 5 4 Bielitz-Biala, t 7 . 1 1 . 1 9 1 9 Graz. S., Sohn eines Pastors, erlernte den Beruf des Buchhändlers in Österreich, Deutschland und der Schweiz. 1884 gründete er in Wien gemeinsam mit Paul Krebs die Verlagsbuchhandlung „Anton Schroll & Co."; Krebs schied 1899 aus dem Unternehmen aus. Schwerpunkte des Verlagsprogramms waren Architektur und Kunstgewerbe. S. widmete sich zunächst der Herausgabe von „Kunstgewerblichen Musterblättern", die nach Lithographien, Stahl- oder Kupferstichen reproduziert wurden. Seit 1890 war er auch zum Verlegen von Werken kunstliterarischen Inhalts berechtigt. Zu den Kunstzeitschriften und Jahrbüchern des Verlags gehörten u. a. „Der Architekt" (1895 ff.), „Das Interieur" (1900 ff.) und das „Jahrbuch der k. k. Zentralkommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale". 1907 nahm S. die Österreichische Kunsttopographie in sein P r o g r a m m auf. Nachdem er sich 1913 aus d e m Geschäftsleben zurückgezogen hatte, wurde sein Kunstverlag von der Druckerfamilie Reisser übernommen. CO Ö B L S c h r o l l , Benedict, österr. Unternehmer, * 2 . 4 . 1790 Ruppersdorf (Böhmen), t 2 1 . 1 . 1 8 7 6 Hauptmannsdorf (Böhmen). Der Sohn eines Häuslers, Webers, Feldgärtners und Leinwandhändlers war zunächst im väterlichen Unternehmen, seit 1814 selbständig tätig und führte seit 1816 den väterlichen Leinenhandel, seit 1817 auch dessen Feldgartenwirtschaft fort, die er erheblich erweiterte; bald größte Leinwandhandlung der Region, wurden seit 1841 auch B a u m wollwaren hergestellt und eine Kattunweberei errichtet. Seit 1848 firmierte das Unternehmen mit S.s Söhnen August und Josef S. als Teilhabern als Benedict Schroll & Söhne bzw. Benedict Schroll & Comp.; seit 1854 war S. stiller Teilhaber und zog sich 1865 ganz aus d e m Betrieb zurück. CD N D B
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Schroll Schroll,
Caspar Melchior Balthasar, österr. Montanist, * 6. 1. 1756 Kirchberg, t 16. 11. 1829 Salzburg. S., Sohn eines früh verstorbenen Bierbrauers und Gastwirts, war 1778 beim Berg- und Hüttenamt in Lend tätig, studierte anschließend in Freiberg und trat 1782 als Bergoffizier in den Dienst der H o f k a m m e r in Salzburg. 1788 wurde er fürstlicher Rat und Referent der H o f k a m m e r , 1807 Chef der Berg-, Salinen- und Münzdirektion, 1812 Oberbergrat und Oberbergkommissar. Seit 1823 stand er der Berg- und Salinendirektion des ganzen Gebirgsbezirks Salzburg vor. S., der seit 1791 Vorlesungen über Mineralogie und Bergbaukunde an der Univ. Salzburg hielt, veröffentlichte u . a . Grundlinien einer salzburgischen Mineralogie (1786), Beyträge zur Kunst und Wirthschaft der Außereitung der Erze (1812) und Gespräche zwischen einem Pfleger und Ortsvorsteher über einige wichtige Gegenstände der Landwirthschaft (1830). cn
ÖBL
Schroll,
(Johann) Josef Edler von, österr. Industrieller, * 3 . 6 . 1821 Hauptmannsdorf (Böhmen), t 4. 10. 1891 Liebeschitz (Böhmen). S., Sohn von Benedict —»S., erhielt 1832 eine kaufmännische Ausbildung im Leinengeschäft des Vaters, wurde 1853 mit seinem Bruder Teilhaber des Unternehmens, das sich seil 1860 ganz auf die Weberei und Baumwollspinnerei verlegte und zu einem modernen Industriebetrieb ausgebaut wurde, und führte es seit 1865 unter d e m N a m e n Benedict Schroll's Sohn allein weiter. S., einer der bedeutendsten böhmischen Textilindustriellen, förderte u . a . eine Webschule in Starkstadt. Das Unternehmen blieb (seit 1945 mit Sitz in Wien) bis 1975 in Familienbesitz. CD N D B S c h r o m , Ernst, österr. Maler, Graphiker, * 1 4 . 1 0 . 1 9 0 2 Wien, t 8 . 5 . 1 9 6 9 Preßbaum (Niederösterreich). S. besuchte 1919-24 die A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien und war 1924-47 als Mittelschullehrer, danach als freischaffender Künstler tätig. 1946-61 war er Mitglied des Künstlerhauses, 1964-69 Ausstellungsleiter im Landesverband der niederösterreichischen Kunstvereine. S. schuf mehrere österr. Briefmarkenserien und entwarf 63 Werte f ü r Indonesien. Er führte auch Sgraffiti an städtischen Wohnhausbauten aus (u. a. Arbeiterin in der Siedlung Jedlesee im 21. Wiener Gemeindebezirk, 1952). S. starb 1969 an den Folgen eines Autounfalls. c n Czeike S c h r o t , Martin (Michael), auch Schrott, Schriftsteller, Meistersinger, * München, f 1 5 7 5 / 7 6 Augsburg. Der Meßstecher und Buchführer S. wurde 1547 Augsburger Bürger und flüchtete, als ihm wegen seiner radikalprotestantischen Flugschriften eine Verhaftung drohte, 1552 zu den Hutterischen Täufern nach Mähren, kehrte jedoch später wieder nach Augsburg zurück. Seine Dichtungen standen im Dienst seines Bekenntnisses zur Reformation und seiner täuferischen Ansichten. Seine K o m ö d i e Von der Erschrocklichen Zurstoerung unnd Niderlag des gantzen Bapstumbs (Aufführung vermutlich 1546) brachte nach der Drucklegung mit Holzschnitten d e m Formschneider David de Necker mehrere Gefängnisaufenthalte ein. Die Augsburger Meistersinger zählten S. zu den zwölf Meistern. Von seinen Liedertexten sind nur wenige überliefert; die Schrotweise und die Narrenweise sind besonders hervorzuheben. S. verfaßte ferner das gereimte Streitgespräch Dialogus Vom Gellt und der Armut (1546 [?], 1596, 1604) und Wappen Buch des hohen geistlichen und weltlichen Stands der Christenheit in Europa (1576, 2 1580, Neudr. 1975). m Killy
nahm Schauspielunterricht und debütierte 1922 in Frankf u r t / O d e r . Nach Engagements an verschiedenen Theatern und Wanderbühnen wurde er 1927 an die Hamburger Kammerspiele verpflichtet, denen er bis 1941 angehörte. Danach war er am Theater in der Josefstadt in Wien und am Deutschen Theater in Berlin tätig, seit 1948 am Thalia-Theater in Hamburg. S. trat vorwiegend in Boulevardstücken (u. a. in Komödien von Curt —»Goetz wie Dr. med. Hiob Prätorius) auf. Seit 1948 war er Regisseur am Thalia-Theater. 1931 spielte S. seine erste Filmrolle in Erik Charells Der Kongreß tanzt und wirkte anschließend in zahlreichen Filmlustspielen und Kriminalfilmen mit. Große Popularität erzielte er in seinen Fernsehrollen, zuletzt mit Brigitte —> H o m e y in Jacob und Adele. S. verfaßte die autobiographischen Werke Keine Angst vor schlechten Zeiten (1984) und Was ich noch vergessen hatte... (1987). CD Cinegraph
Schroth,
Hannelore (Emilie Käte Grete), Schauspielerin, * 10.1. 1922 Berlin, t 7 . 7 . 1987 München. Die Tochter der Schauspielerin Käthe —>Haack und Halbschwester von Carl-Heinz —»S. stand bereits 1930 vor der Filmkamera und erhielt 1938 ihre erste Hauptrolle in Roger von N o r m a n s Film Spiel im Sommerwind. Im selben Jahr gab sie in Bremen ihr Bühnendebüt. S. spielte u . a . am Theater in der Josefstadt in Wien, an den M ü n c h n e r Kammerspielen, an der Berliner Schaubühne und am Hamburger ThaliaTheater, wo zu ihrem Rollenrepertoire u . a . die SpelunkenJenny in Bertolt —»Brechts Dreigroschenoper und die Ciaire Zachanassian in Friedrich —> Dürrenmatts Besuch der alten Dame gehörten. Daneben wirkte sie in vielen Filmen, meist leichten Unterhaltungsfilmen mit, u . a . in Das singende Haus (1948). CD Munzinger
Schroth,
Johann, auch Schrod, Schrodt, Johannes S., österr. Landwirt, Naturheilkundiger, getauft 11.2. 1798 Böhmischdorf bei Freiwaldau (Osterr.-Schlesien), t 2 6 . 3 . 1856 Niederlindewiese (Osterr.-Schlesien). Der Sohn eines Kleinbauern und F u h r m a n n s übernahm nach dem Tod seines Vaters dessen Geschäft. Nach d e m Besuch der Dorfschule, auf der zu seiner Zeit auch Vinzenz —»Prießnitz unterrichtet wurde, lebte er als Fuhrmann in Lindewiese. Nach einem Unfall 1817, bei dem ihm durch einen Hufschlag das rechte Knie zerschmettert wurde, begründete er dort eine Naturheilstätte und entwickelte die nach ihm benannte Behandlungsmethode einer wasserarmen, trockenen und kohlehydratreichen Diätkost mit Trinktagen (Landwein) in Verbindung mit Schwitzpackungen („Schrothsche Semmelkur", offizielle Genehmigung 1840), die lange Zeit bei chronischen Erkrankungen ( z . B . Rheumatismus) angewandt wurde und auch heute noch Anhänger besitzt. t u NDB
Schrott,
Johannes, Pseud. Theodoret von Volker, kath. Theologe, Schriftsteller, * 17. 12.1824 Asch bei L a n d s b e r g / L e c h , t 13.6. 1900 München. S. studierte Philosophie und Theologie an der Univ. München und wurde 1850 zum Priester geweiht. Er war Seelsorger und Prof. der Geschichte und Religion in Augsburg (seit 1855) und wurde 1862 Kanonikus an St. Cajetan in M ü n c h e n . S., der Kontakte zum Dichterkreis um Emanuel —»Geibel und Paul - » H e y s e unterhielt und Mitglied der literarischen Gesellschaft „Krokodil" war, schrieb Gedichte (Poetische Meditationen über das Vater Unser, Ave und die zehn Gebote, 1858), historische, literatur- und kunstgeschichtliche Artikel und gab Übersetzungen aus d e m Lateinischen und Mittelhochdeutschen (u. a. Gedichte Oswald's von Wolkenstein, 1886) heraus. c n DLL
Schroth,
Carl-Heinz, Schauspieler, Regisseur, * 2 9 . 6 . 1902 Innsbruck, t 1 9 . 7 . 1 9 8 9 München. S„ Sohn eines Schauspielerehepaars und Halbbruder von Hannelore - > S . s , studierte seit 1920 ohne Abschluß Rechts-, Literatur- und Theaterwissenschaften an der Univ. München,
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Schrübbers,
Hubert, Jurist, * 3. 11. 1907 Recklinghausen, t 2 6 . 9 . 1979 Unterach/Attersee (Oberösterreich). S. trat nach d e m Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen, Berlin und Münster in den Justizdienst ein und
Schubart wurde 1939 Staatsanwalt, später Oberstaatsanwalt am Oberlandesgericht H a m m . Nach Kriegsende war er Oberstaatsanwalt beim Obersten Gerichtshof für die Britische Zone in Köln (1948), Bundesanwalt in Karlsruhe (1950-52) und Generalstaatsanwalt in Düsseldorf (1953-55). 1955-72 war S. Leiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Köln. In seine Amtszeit fiel die sogenannte Telefonabhör-Affäre (1963), die ihm den Vorwurf des Verfassungsbruchs eintrug und den Anstoß zu einer Änderung des Grundgesetzes (1968) gab. CD Munzinger
Schruff,
Anton, Hüttenmann, * 17.9. 1863 Müllenborn bei Gerolstein/Eitel, f 9. 1. 1940 Köln. S., Sohn eines Gerbereibesitzers, studierte seit 1885 vermutlich C h e m i e an der T H Charlottenburg. Seit 1887 bei der Jückerather Gewerkschaft tätig, wurde er anschließend Volontär in einem chemischen Laboratorium in Wetzlar und arbeitete 1 8 8 7 / 8 8 bei d e m Hütteningenieur Fritz Wilhelm —>Lürmann. 1888-94 war er Hochofeningenieur und Chemiker beim Bergwerksverein Friedrich-Wilhelm-Hütte in M ü l h e i m / R u h r und leitete danach vorübergehend den Hochofen- und Kokereibetrieb auf der Halbergerhütte in B r e b a c h / S a a r . 1895 wurde S. Betriebsdirektor der ersten Hochöfen der von August —»Thyssen betriebenen Gewerkschaft „Deutscher Kaiser" in Bruckhausen bei Duisburg und war seil 1899 Direktor und Vorstandsmitglied der Schalker Gruben- und Hütten-Verein A G in Gelsenkirchen. Durch die auf der „Hütte Vulkan", deren Leitung er ebenfalls innehatte, errichtete Zementfabrik Alba konnte Hochofenschlacke zu gutem Z e m e n t verarbeitet werden. 1913 gründete S. mit Hermann Passow den Verein Deutscher Hochofenzementwerke, 1922 das Forschungsinstitut f ü r Hüttenzementindustrie in Düsseldorf. Er gehörte dem Vorstand der fusionierten Unternehmen Gelsenkirchener Bergwerks-Aktien-Gesellschaft (seit 1907) und Vereinigte Stahlwerke A G ( 1 9 2 6 - 3 0 / 3 1 ) an. 1924 erhielt S. von der T H Aachen den Titel Dr.-Ing. e . h . CD N D B
Schruff,
Friedrich Wilhelm, auch Fritz S., Hüttenmann, * 2 0 . 5 . 1869 Hochdahl bei Düsseldorf, t 13.3. 1935 Bad Godesberg (heute zu Bonn). Zunächst u . a . in Mülheim und Hattingen als Betriebsassistent sowie auf der Friedrichshütte in Rheinhausen als stellvertretender Werksleiter tätig, wurde S. 1909 die Leitung des Walzwerks der Julienhütte in Bobrek (Oberschlesien) übertragen. 1917 wurde er Referent, dann ordentliches Mitglied des Vorstands der Oberschlesischen Eisenindustrie AG; ihm unterstanden die Werke Baildonhütte, Julienhütte, Drahtwerk Gleiwitz, Herminenhütte in Laband sowie die Hütte Königshuld unweit Oppeln. Die T H Breslau verlieh S. 1925 den Titel eines Dr.-Ing. e . h . CD Serlo
Schrumpf,
Friedrich Ludwig, Architekt, Maler, * 15.8. 1765 Assweiler bei Straßburg, t 2 . 4 . 1844 Biebrich/Rhein. S. besuchte die Bauschulen in Straßburg, Saarbrücken und Mannheim, hielt sich zu Studienzwecken in Italien und Frankreich auf und war seit 1784 als Kunst- und H o f m a l e r in Homburg tätig. 1791 wurde er Zeichenmeister und Maler an der Hohen Schule in Herborn und Zeichenlehrer am Pädagogium in Dillenburg. Seit 1816 in Wiesbaden ansässig, war S. 1817-34 Hofbaudirektor. Er war für die Bauarbeiten am Schloß Biebrich (1817-34), am Jagdschloß Platte bei Wiesbaden (1823-27) und an mehreren Kirchen verantwortlich.
Schrutka von Rechtenstamm,
Lothar, österr. Mathematiker, * 2 5 . 6 . 1 8 8 1 Czernowitz, t 2 1 . 2 . 1945 Wien. S. v. R., Sohn eines Juraprofessors, studierte 1899-1902 Mathematik, Physik, Chemie, Meteorologie und Astronomie in Wien, Göttingen und Berlin und wurde 1903 an der Univ.
Wien promoviert (Quadratische Formen im kubischen Kreisteilungskörper). 1907 habilitierte er sich dort für Mathematik und erhielt im folgenden Jahr die Lehrbefugnis an der T H Wien. 1912-25 lehrte S. v. R. an der Deutschen T H Brünn, zunächst als a. o . P r o f . und seit 1917 als o . P r o f e s s o r . 1925-45 war er o . P r o f . an der T H Wien. Seit 1938 gehörte er der N S D A P an. S. v. R. veröffentlichte u . a . Theorie und Praxis des logarithmischen Rechenschiebers (1911, 3 1943), Elemente der höheren Mathematik für Studierende der technischen und Naturwissenschaften (1912, 7 1948) und Leitfaden der Interpolation (1941). S. v. S. kam bei einem B o m benangriff ums Leben. CD Ö B L
Schrutz, Demetrius, Pseud. H. Ermann, Leo Sternberg, Z. Tursch, österr. Schauspieler, Theaterdirektor, Schriftsteller, * 18.7. 1856 Wien, t 7 - 1 - 1 9 3 8 Schweinspoint (Bayern). S. besuchte die Handelsakademie, wurde Beamter, nahm nebenbei Schauspielunterricht und wirkte an den von Alexander —>Strakosch veranstalteten Studentenvorstellungen mit. Danach bei verschiedenen suddeutschen Bühnen und als Theaterdirektor in der Schweiz und Deutschland tätig, lebte er später als freier Schriftsteller und Rezitator eigener Werke im Rheinland oder auf Reisen. S. schrieb zahlreiche Komödien ( u . a . Wer war's? oder: Eine Ohrfeige um jeden Preis, 3 1897), Lustspiele, Schwänke, Märchen- und Zauberspiele, bearbeitete Bühnenwerke anderer (u. a. von Franz von —> Kobell und französischen Autoren) und dramatisierte novellistische Stoffe. CD Ö B L Schuback,
Johannes, K a u f m a n n , * 16.9. 1732 Hamburg, t 3 1 . 3 . 1817 Hamburg. Der Sohn eines Bürgermeisters durchlief eine kaufmännische Ausbildung in Hamburg und Lissabon, gründete 1757 eine Handelsfirma und spezialisierte sich auf den Portugalhandel; sein Unternehmen zählte bald zu den bedeutendsten Hamburger Handelshäusern. Seit 1762 gehörte S. dem Hamburger Niedergericht, seit 1766 als Gegner merkantilistischer Handelsbeschränkungen der Commerz-Deputation an, deren Präsident er 1 7 7 0 / 7 1 war. 1765 gründete S. mit anderen Kaufleuten die Erste Assecuranz-Compagnie, die zum Vorbild für weitere Versicherungsunternehmen wurde. Seit 1782 war er Generalkonsul, 1790-1809 Geschäftsträger des Königs von Portugal in Hamburg. S. war Befürworter aufklärerischer Reformbestrebungen und gehörte seit 1783 der Hamburger „Tischgesellschaft" an, in der u. a. Friedrich Gottlieb —»Klopstock und Johann Georg —> Büsch verkehrten. CD N D B
Schubart,
Christian Friedrich Daniel, Journalist, Dichter, Komponist, Musikschriftsteller, * 2 4 . 3 . 1739 Obersontheim (Schwaben), f 10. 10.1791 Stuttgart. S. verbrachte Kindheit und frühe Jugend in Aalen, wo sein Vater seit 1740 Präzeptor und Musikdirektor, seit 1745 auch Diakon war. Er besuchte die Lateinschule in Nördlingen, danach die Schule beim Heilig-Geist-Spital in Nürnberg und begann 1758 das Studium der Theologie in Erlangen. Nach einem „tumultarischen" Leben 1760 ohne akademischen Grad von den Eltern nach Aalen zurückgeholt, war er als Organist, Dirigent, Prediger und Hauslehrer tätig. 1763 nahm er in Geislingen die Stelle eines Schuladjunkten an, vertrat 1 7 6 5 / 6 6 den Pfarrer im benachbarten Kuchen und übte das A m t des Musikdirektors und Organisten aus. S., der bereits als Schüler und Student gedichtet und Klavierstücke,
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Schubart C h o r a l e und L i e d e r k o m p o n i e r t hatte, schrieb in G e i s l i n g e n e m p f i n d s a m e D i c h t u n g e n (Die Baadcur, 1766; Zaubereien, 1766) und geistliche L i e d e r f ü r d e n G o t t e s d i e n s t g e b r a u c h ('Todesgesänge, 1767). 1769 ging er als Stadtorganist und M u s i k d i r e k t o r nach L u d w i g s b u r g , w o er 1771 e i n e S a m m lung von zerstreut g e d r u c k t e n Werken —»Klopstocks, den er zeit seines L e b e n s verehrte, o h n e dessen A u t o r i s i e r u n g hera u s g a b (Klopstocks poetische und prosaische Werke, 2 Bde.). Wegen seines L e b e n s w a n d e l s („Wein und Weiber") w u r d e S., d e r a u c h als K l a v i e r v i r t u o s e hervortrat, 1773 entlassen und d e s L a n d e s v e r w i e s e n . N a c h einer f a s t ein J a h r d a u e r n d e n W a n d e r s c h a f t d u r c h S ü d d e u t s c h l a n d ließ er sich im M ä r z 1774 in A u g s b u r g n i e d e r und n a h m das A n g e b o t des B u c h h ä n d l e r s C o n r a d Heinrich S t a g e an, anstelle d e s gescheiterten „ S c h w ä b i schen J o u r n a l s " e i n e n e u e Z e i t u n g h e r a u s z u b r i n g e n ; bereits a m 3 1 . 3 . 1 7 7 4 erschien die erste N u m m e r d e r „ D e u t schen C h r o n i k " (seit 1776 „ T e u t s c h e C h r o n i k " ) . S. p r o p a gierte in d e m z w e i m a l w ö c h e n t l i c h in rund 1600 E x e m p l a ren e r s c h e i n e n d e n , ü b e r w i e g e n d von i h m selbst geschrieb e n e n J o u r n a l i m U m f a n g von acht Seiten e i n e f r e i e Publizistik n a c h b r i t i s c h e m Vorbild. U n t e r A u s w e r t u n g zahlreicher Z e i t u n g e n v e r ö f f e n t l i c h t e er politische und kulturelle N a c h r i c h t e n , E s s a y s , B u c h r e z e n s i o n e n , (wohl m e i s t fingierte) L e s e r b r i e f e und poetische Beiträge. S e i n e E r z ä h l u n g Zur Geschichte des menschlichen Herzens ( 1 7 7 5 ) war Vorlage f ü r Friedrich —> Schillers D r a m a Die Räuber (1781). N o c h 1774 m u ß t e er den D r u c k o r t , im F e b r u a r 1775 a u c h seinen W o h n o r t v o m n o c h stark v o m j e s u i t i s c h e n D e n k e n b e s t i m m t e n A u g s b u r g in d i e Freie R e i c h s s t a d t U l m verlegen. S., der auch a m „ U l m i s c h e n I n t e l l i g e n z b l a t t " mitarbeitete, s p r a c h sich gegen religiösen F a n a t i s m u s und d i e Verfolg u n g A n d e r s d e n k e n d e r aus, f o r d e r t e i n s b e s o n d e r e , den J u d e n alle bürgerlichen R e c h t e zu g e w ä h r e n , b e g r ü ß t e d i e liberalen V e r f a s s u n g e n G r o ß b r i t a n n i e n s , der N i e d e r l a n d e und der S c h w e i z , w ü r d i g t e d i e E r r u n g e n s c h a f t e n d e s a m e r i k a n i schen U n a b h ä n g i g k e i t s k r i e g s , verurteilte d i e Sklaverei und den M e n s c h e n h a n d e l zu Z w e c k e n d e s K r i e g s d i e n s t e s und feierte das Verbot der F o l t e r und d e r L e i b e i g e n s c h a f t d u r c h Kaiser - » J o s e p h II. I m J a n u a r 1777 w u r d e S. auf B e t r e i b e n —>Karl E u g e n s von W ü r t t e m b e r g auf dessen H o h e i t s g e b i e t gelockt, verhaftet und o h n e G e r i c h t s v e r f a h r e n f ü r m e h r als zehn J a h r e auf d e m H o h e n a s p e r g eingekerkert. Bis E n d e 1780 hatte er Schreibverbot; erst nach m e h r als acht Jahren d u r f t e er seine F a m i l i e Wiedersehen. W ä h r e n d der H a f t e n t s t a n d e n die b e r ü h m t e s t e n seiner G e d i c h t e , d a r u n t e r Die Fürstengruft (1780), e i n e erbitterte A n k l a g e f ü r s t l i c h e r W i l l k ü r h e r r s c h a f t , Die Forelle ( 1 7 8 3 von S. selbst, später a u c h von F r a n z S c h u b e r t vertont), das a u s A n l a ß d e s Verkaufs z w a n g s r e k r u t i e r t e r Söldner an d i e H o l l ä n d i s c h - O s t i n d i s c h e C o m p a g n i e g e s c h r i e b e n e Kaplied (1787), f e r n e r s e i n e A u t o b i o g r a p h i e Schubart's Leben und Gesinnungen (2 B d e . , 1791-93, N a c h d r . 1980) s o w i e das m u s i k h i s t o r i s c h e und - t h e o r e t i s c h e K o m p e n d i u m Ideen zu einer Aesthetik der Tonkunst ( 1 8 0 6 , N a c h d r . 1969). P h y s i s c h u n d p s y c h i s c h g e b r o c h e n , w u r d e S. 1787 entlassen und von Karl E u g e n , der an i h m ein E r z i e h u n g s e x e m pel statuieren wollte, z u m h e r z o g l i c h e n T h e a t e r - und M u s i k direktor in Stuttgart e r n a n n t . S. n a h m d i e Arbeit an seiner, nach der V e r h a f t u n g u . a . von J o h a n n M a r t i n —>Miller fortg e f ü h r t e n Z e i t u n g w i e d e r auf, d i e 1 7 8 7 / 8 8 als „ S c h u b a r t s Vaterländische C h r o n i k " , 1 7 8 8 / 8 9 als „ V a t e r l a n d s c h r o n i k " und 1 7 9 0 / 9 1 als „ C h r o n i k " erschien; d e n S c h w e r p u n k t der politischen B e r i c h t e r s t a t t u n g bildeten seit 1789 d i e Ereignisse in F r a n k r e i c h . D i e „ C h r o n i k " e n t w i c k e l t e sich nach der W i e d e r a u f n a h m e zu einer der auflagenstärksten (1791: 4 0 0 0 E x e m p l a r e ) u n d einflußreichsten d e u t s c h e n Z e i t u n g e n ; sie erreichte r e g e l m ä ß i g e t w a 2 0 0 0 0 Leser. N a c h S.s Tod
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w u r d e sie von s e i n e m S o h n L u d w i g , der i h m a u c h e i n e erste B i o g r a p h i e w i d m e t e (Schubart's Karakter von seinem Sohne Ludwig, 1798), und G o t t h o l d - ^ S t ä u d l i n bis 1793 weitergeführt. WEITERE WERKE: K u r z g e f a ß t e s L e h r b u c h der s c h ö n e n Wiss e n s c h a f t e n f ü r Unstudirte. L e i p z i g 1777. - S ä m m t l i c h e Gedichte. 2 Bde., Stuttgart 1 7 8 5 / 8 6 . - C . F. D . S . ' s , des Patrioten, g e s a m m e l t e Schriften und S c h i c k s a l e . 8 Bde., Stuttgart 1 8 3 9 / 4 0 . N e u d r . H i l d e s h e i m 1972. - D e u t s c h e C h r o nik. 1774-1777. H r s g . v. H a n n e s Krauss. H e i d e l b e r g 1975. W e r k e in e i n e m B a n d . Hrsg. v. Ursula W e r t h e i m und H a n s B ö h m . B e r l i n / W e i m a r 1959, 4 1 9 8 8 . - D e u t s c h e C h r o n i k . E i n e A u s w a h l aus den J a h r e n 1774-1777 und 1787-1791. Hrsg. v. E v e l y n R a d c z u n . K ö l n 1989. - S ä m t l i c h e Lieder. H r s g . v. H a r t m u t S c h i c k . M ü n c h e n 2 0 0 0 . - B r i e f w e c h s e l . K o m m e n t i e r t e G e s a m t a u s g a b e . Hrsg. v. B e r n d B r e i t e n b r u c h . 3 Bde., Konstanz/Eggingen 2006. LITERATUR: W i l f r i e d F. Schoeller: S. L e b e n und M e i n u n g e n eines s c h w ä b i s c h e n R e b e l l e n , d e n d i e R a c h e seines Fürsten auf d e n A s p e r g brachte. M i t einer A u s w a h l seiner S c h r i f ten. Berlin 1979. - Kurt H o n o l k a : S. D i c h t e r und M u s i ker, J o u r n a l i s t und R e b e l l . Sein L e b e n , sein Werk. Stuttgart 1985. - H a r t m u t M ü l l e r : P o s t g a u l und F l ü g e l r o ß . D e r Journalist C . F. D. S. ( 1 7 3 9 - 1 7 9 1 ) . F r a n k f u r t / M a i n u . a . 1985. B e r n d B r e i t e n b r u c h : C. F. D . S. bis zu seiner G e f a n g e n s e t z u n g 1777. A u s s t e l l u n g aus A n l a ß seines 250. G e b u r t s t a g . U l m 1989. - M i c h a e l M y e r s : F ü r d e n B ü r g e r . T h e R o l e of C. S . ' s „ D e u t s c h e C h r o n i k " in the D e v e l o p m e n t of a Political P u b l i c S p h e r e . N e w York u . a . 1990. - H a n s - J o a c h i m H i n r i c h s e n : S., C . F. D. In: M G G 2 , Personenteil, B d . 15, 2 0 0 6 , S p . 66-70. Bruno Jahn
Schubart,
J o h a n n Christian E d l e r von d e m K l e e f e l d e , G u t s b e s i t z e r , A g r a r r e f o r m e r , * 2 4 . 2 . 1 7 3 4 Zeitz, t 2 3 . 4 . 1787 W ü r c h w i t z bei Zeitz. S., S o h n eines Webers u n d K r ä m e r s , w u r d e z u m Schreiber ausgebildet, war d a n n als Schreiber, Kopist und Sekretär u. a. in Leipzig, H i r s c h b e r g (Schlesien) und W i e n tätig und w u r d e im S i e b e n j ä h r i g e n Krieg S e k r e t ä r bei preuß. Generälen und 1760 Kriegs- und M a r s c h k o m m i s s a r bei den e n g l i s c h - h a n n o v e r s c h e n T r u p p e n unter H e r z o g —> F e r d i n a n d von B r a u n s c h w e i g - L ü n e b u r g . Er Schloß sich 1762 den Freim a u r e r n an, w u r d e von d e r B r a u n s c h w e i g e r L o g e z u m Stud i u m einer O r d e n s r e f o r m 1763-67 auf e i n e a u s g e d e h n t e R e i s e durch N o r d - und W e s t e u r o p a , R u ß l a n d und in d i e e v a n g . d e u t s c h e n R e s i d e n z e n e n t s a n d t und erhielt 1767 in D a r m s t a d t d e n Hofratstitel. S., 1769 d u r c h Heirat v e r m ö g e n d g e w o r d e n , e r w a r b d a s G u t W ü r c h w i t z bei Zeitz, betätigte sich nach ö k o n o m i s c h e n S t u d i e n seit 1771 als L a n d w i r t und e r w a r b 1774 zwei weitere G ü t e r . Er e n t w i c k e l t e e i n e M u sterwirtschaft, e x p e r i m e n t i e r t e mit F u t t e r m i t t e l a n b a u ( v o r allem R o t k l e e ) u n d B r a c h l a n d k u l t i v i e r u n g und trug d a d u r c h wesentlich zur E i n f ü h r u n g der S t a l l f ü t t e r u n g in M i t t e l e u r o p a bei. A u f g r u n d seiner von der Berliner A k a d e m i e preisg e k r ö n t e n Abhandlung über die verschiedenen Eigenschaften und den vorteilhaftesten Anabu der Futterkräuter [...] (1783) w u r d e er 1784 von K a i s e r —> J o s e p h II. nobilitiert. Breite A u f n a h m e f a n d e n seine in den Ökonomischkameralistischen Schriften (6 B d e . , 1 7 8 3 / 8 4 , ' 1 7 8 6 , russ. 1794-1800) dargelegten K u l t u r m e t h o d e n . c n NDB
Schubart,
J o h a n n H e i n r i c h Christian, Klassischer Philologe, * 2 8 . 2 . 1 8 0 0 M a r b u r g , t 1 . 5 . 1 8 8 5 Kassel. N a c h d e m S t u d i u m d e r A l t e r t u m s k u n d e in M a r b u r g und H e i delberg (Dr. phil.) war S. neun Jahre H a u s l e h r e r in Wien, w u r d e 1825 M i t a r b e i t e r der „ H e i d e l b e r g e r J a h r b ü c h e r " und 1829 der „ W i e n e r J a h r b ü c h e r " . 1839 kehrte er n a c h H e s sen z u r ü c k u n d trat als Sekretär, seit 1850 zweiter und seit 1874 erster B i b l i o t h e k a r in d e n D i e n s t der L a n d e s b i b l i o -
Schubert thek Kassel. Er veröffentlichte Beiträge in der „Zeitschrift für Alterthumswissenschaft" und in „Jahn's Jahrbüchern" und gab 1 8 3 8 / 3 9 mit Christian Walz eine große kritische Pausanias-Ausgabe in drei Bänden heraus. S. war 1834 Mitbegründer des „Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde" und redigierte dessen Zeitschrift. Er schrieb u. a. Quaestiones genealogicae historicae in antiquitatem heroicam Graecam (1832). CD A D B S c h u b a r t , Tobias Heinrich, evang. Theologe, Kirchenlieddichter, * 14.2. 1699 Osterbruch (Land Hadeln), t 2 2 . 2 . 1747 Hamburg. S., Sohn eines Predigers, besuchte das Johanneum in Hamburg, studierte seit 1720 Theologie und Philosophie in Jena und war zunächst Pfarrer in Neuenkirchen/Weser, seit 1727 an St. Michaelis in Hamburg. Er veröffentlichte Predigten (Das große Elend einer verwüstenden Überschwemmung von einer hohen Wasserfluth, den sicheren, wollüstigen und frechen Menschen zur Warnung und Busse, 1737; Drei letzte Predigten, 1747) und eine Reihe von Epistelliedern, von denen das Lied zum Karfreitag Es ist vollbracht! muß noch erschallen (1740) besonders bekannt wurde. DO Killy S c h u b a r t , Wilhelm, Althistoriker, Papyrologe, * 21. 10.1873 Liegnitz, t 9 . 8 . 1960 A l t e n h o f / S c h o r f h e i d e . S., Sohn eines Konsistorialrats, studierte 1892-97 Klassische Philologie und Philosophie an den Universitäten Tübingen, Halle, Berlin und Breslau und war als Gymnasiallehrer in Berlin und Breslau tätig. Nach der Promotion 1900 Kustos der Papyrussammlung in der Ägyptischen Abteilung der Berliner Museen, wurde er 1912 Prof. an der Univ. Berlin. Seit 1946 war er Ordinarius f ü r Alte Geschichte an der Univ. Leipzig und baute dort das Seminar für Alte Geschichte und Althistorische Hilfswissenschaften auf. S. veröffentlichte u . a . Das Buch bei den Griechen und Römern (1907, 3 1961), Ein Jahrtausend am Nil (1912), Einführung in die Papyruskunde (1918, Nachdr. 1980), Griechische Palaeographie (1925), Verfassung und Verwaltung des Ptolemäerreiches (1937), Justinian und Theodora (1943, Nachdr. 1984), Glaube und Bildung im Wandel der Zeiten (1947, Nachdr. 1989) und Griechische literarische Papyri (1950). Er war mit Gertrud —> Schubart-Fikentscher verheiratet. CD Weber S c h u b a r t - F i k e n t s c h e r , Gertrud, geb. Fikentscher, Juristin, Historikerin, * 2 3 . 1 2 . 1 8 9 6 Zwickau (Sachsen), t 2 4 . 3 . 1985 H a l l e / S a a l e . S.-F. war 1916-24 Fürsorgerin in Berlin, wurde 1933 zum Dr. jur. promoviert (Das Eherecht im Brünner Schöffenbuch), war 1934-45 Mitarbeiterin der „Monumenta G e r m a niae Historica" in Berlin und veröffentlichte u . a . Die Verbreitung der deutschen Stadtrechte in Osteuropa (1942). 1946 habilitierte sie sich an der Univ. Leipzig für Rechtsgeschichte und übernahm 1948 den Lehrstuhl für Zivilrecht und Rechtsgeschichte an der Univ. Halle. S.-F. war seit 1949 korrespondierendes Mitglied der „ M o n u m e n t a G e r m a niae Historica" München und seit 1950 Mitglied der Historischen Kommission Sachsen. Sie befaßte sich auch mit —> Goethe-Forschung (Goethes Straßburger Thesen, 1949). S.-F. war mit Wilhelm —»Schubart verheiratet. m DDR-Historiker S c h u b a r t h , Emil, schweizer. Mathematiker, * 3 1 . 3 . 1 9 0 2 Basel, t 1.7. 1978 Basel. S. wurde 1927 in Basel mit der Arbeit Bestimmung der W-Kurven zum Dr. phil. promoviert. Er war Lehrer am Mathematisch-Naturwissenschaftlichen G y m n a s i u m in Basel. S. befaßte sich mit Invariantentheorie, Gruppentheorie und Topologie und setzte sich als Anhänger des humanistischen Gymnasialzweigs für dessen Gleichberechtigung ein.
Er veröffentlichte u. a. Fortschritt und Erinnerung (Opuscula selecta) (1978). Bekannt wurden seine Schüler-LehrerGespräche über Themen aus der Axiomatik der Geometrie. S c h u b a r t h , Ernst Ludwig, Mediziner, Naturforscher, * 8 . 4 . 1797 Merseburg, t 8 . 2 . 1868 Berlin. S., Sohn eines Arztes, studierte Medizin in Leipzig und Berlin und wurde 1818 promoviert (De maxillae inferioris monstrosa parvitate et defectu). 1819 habilitierte er sich an der Medizinischen Fakultät der Univ. Berlin, wurde 1824 a. o. Prof. und lehrte C h e m i e und Physik an der Tierarzneischule und der Gewerbeschule; 1828 wechselte er an die Philosophische Fakultät. 1821-49 und seit 1856 unterrichtete er Naturwissenschaften am kgl. Gewerbe-Institut, seit 1830 auch an der Bauakademie. 1824 wurde er Mitglied der technischen Deputation für G e w e r b e im preuß. Finanzministerium. S. redigierte 1822-25 die „Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbefleißes in Preußen" und veröffentlichte chemische, pharmazeutische und technologische Schriften, darunter Ernst Neue Pharmakopoe für Thierärzte (1820), Receptirkunst und Recepttaschenbuch für praktische Aerzte ( 1 8 2 1 , 2 1 8 2 8 ) , Lehrbuch der theoretischen Chemie (1822, 4 1829) und Elemente der technischen Chemie (2 Bde., 1831 / 3 2 , 2 1835, unter dem Titel Handbuch der technischen Chemie, 3 Bde., ' 1 8 3 9 / 4 0 , unter d e m Titel Handbuch der technischen Chemie und chemischen Technologie, 4 1851). t u Ärzte 1 S c h u b a u r , Johann Lukas, auch Schubauer, Schuebauer, Schuechbaur, Schuhbauer, Schuhbaur, Mediziner, Komponist, getauft 2 3 . 1 2 . 1 7 4 9 Lechfeld (Schwaben), t 15. 11. 1815 München. S., Sohn eines Malers, studierte in N e u b u r g / D o n a u Theologie, brach ein Noviziat in Kloster Wiblingen aus gesundheitlichen Gründen ab, ging zum Medizinstudium nach Wien und wurde in Ingolstadt promoviert. Nach kurzer Tätigkeit als Arzt im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Neuburg ließ er sich 1775 in München nieder, wurde Medizinalrat, Hofarzt und 1814 Vorsitzender des medizinischen Komitees. Als Komponist Autodidakt, war er seit der Uraufführung seines Hauptwerks Die Dorfdeputierten (Libretto: Gottlieb Ephraim Heermann, nach Carlo Goldoni) 1783 mit Singspielen erfolgreich. Die Dorfdeputierten wurden auch in Amsterdam und Basel aufgeführt und hielten sich 3 0 J a h r e auf den deutschen Spielplänen. CO M G G S c h u b e r t , (Johann) Andreas, Ingenieur, Erfinder, Unternehmer, * 19.3. 1808 Wernesgrün (Kr. Auerbach, Vogtland), t 6 . 1 0 . 1 8 7 0 Dresden. S., Sohn eines Tagelöhners, verbrachte seine Jugend in einer adligen Familie in Leipzig, besuchte 1824-28 die Baugewerbeschule in Dresden und war seit 1828 Lehrer, 1832-69 Prof. der Mathematik an der Technischen Bildungsanstalt Dresden. 1833 gründete er den Gewerbeverein Dresden, nach der Rückkehr von einer Englandreise 1834 den Dresdener Actien-Maschinenbau-Verein in Übigau bei Dresden, den er nebenberuflich als Direktor leitete. S. baute 1837-39 die erste deutsche Lokomotive „Saxonia" und die ersten Personendampfer f ü r die Elbe; 1841 ging die Firma in Konkurs. Danach war S., der 1846 an der Gründung des Sächsischen Ingenieur-Vereins beteiligt war, vor allem als Bauingenieur tätig. Die Eisenbahnbrücken über das Göltzschtal bei Netzschkau (1845) und das Elstertal wurden nach seinen Berechnungen gebaut. S. veröffentlichte u . a . Handbuch der Mechanik für Praktiker (1832), Elemente der Maschinenlehre (2 Bde., 1842-44, 2 1856) und Versuch einer Begründung der Grundlehren der Mechanik (1842). CD N D B
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Schubert Schubert, Carl (Theodor Conrad) von, Diplomat, * 15.10.1882 Berlin, t 1 . 6 . 1 9 4 7 Trier. S., Sohn eines Generalleutnants und preuß. Abgeordneten und Enkel von Karl von —> Stumm-Halberg, studierte Rechtswissenschaften in Bonn, Berlin und Heidelberg, wurde 1904 in Heidelberg promoviert und besuchte die Handelshochschule Köln. 1906 trat er in den Auswärtigen Dienst ein und wurde nach Washington, Brüssel, Lissabon und London, wo er unter seinem Onkel Richard von —»Kühlmann tätig war und mit Leopold von —»Hoesch bekannt wurde, sowie 1915 nach Bern entsandt. S. nahm als Legationsrat an den Friedensverhandlungen in Versailles teil, ging 1920 als Vortragender Rat zum Wiederaufbau der Deutschen Botschaft nach London und leitete seit August des Jahres die Abteilungen England und Amerika im Auswärtigen Amt. Als Ministerialdirektor bestimmte er maßgeblich die Reorganisation des Auswärtigen Amtes 1921 und wurde 1924 Staatssekretär. S. war wesentlich an Entwurf und Durchführung der Verständigungspolitik Gustav —» Stresemanns beteiligt. Nach dessen Tod und dem Ende der Großen Koalition verlor er rasch an Einfluß, wurde 1930 als Botschafter nach Rom und 1932 in den einstweiligen, 1933 in den Ruhestand versetzt. DO NDB
Schubert, Ernst, Historiker, * 2 3 . 5 . 1 9 4 1 Hannover, t 18.3.2006 Hannover. S., Sohn eines Angestellten und späteren Kaufmanns, studierte seit 1960 Geschichte, Germanistik und Sozialkunde in Würzburg und wurde 1965 promoviert (Die Landstände des Hochstifts Würzburg, gedruckt 1967). Seit demselben Jahr Assistent an der Univ. Erlangen-Nürnberg, habilitierte er sich dort 1974 (König und Reich. Studien zur spätmittelalterlichen deutschen Veifassungsgeschichte, gedruckt 1979), wurde 1980 o.Prof. für Verfassungsgesichte des Mittelalters in Konstanz und ging 1985 nach Göttingen, wo er den Lehrstuhl für Mittlere und neue Geschichte und Niedersächsische Landesgeschichte übernahm; daneben leitete er das Institut für Historische Landesforschung in Göttingen. S. befaßte sich vor allem mit mittelalterlicher Verfassungsgeschichte, mit Sozialgeschichte, insbesondere von Unterschichten und Randgruppen (Arme Leute. Bettler und Gauner im Franken des 18. Jahrhunderts, 1983, 2 1990; Fahrendes Volle im Mittelalter, 1995), und mit der Alltags- und Mentalitätsgeschichte. Zu seinen weiteren Veröffentlichungen, bei denen S. häufig orale Traditionen und Volksliteratur (u.a. Redensarten, Sprichwörter, Schwanke) als Quellen heranzog, zählen Alltag im Mittelalter (2002), Königsabsetzung im deutschen Mittelalter (1995) und Essen und Trinken im Mittelalter (2006). Seit 1999 war er Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften. CD NDB
Schubert, Ferdinand (Lukas), österr. Schulmann, Musiker, Komponist, * 18. 10.1794 Himmelpfortgrund (heute zu Wien), t 26.2. 1859 Aisergrund (heute zu Wien). S., Bruder Franz —»S.s, erhielt im Elternhaus Unterricht im Klavier- und Geigenspiel, später u.a. bei Joseph -> Drechsler. 1810-24 war er Lehrer an verschiedenen Wiener Vorstadtschulen, anschließend an der k. k. Normalhauptschule St. Anna in Wien. S. wurde 1829 erster Repräsentant des Musikvereins St. Anna, 1838 Prof. des Orgelspiels am Wiener Konservatorium und 1839 Vereins-SchulKommissär des Vereins zur Beförderung und Verbreitung echter Kirchenmusik. Er hatte Anteil an der Volksschulreform von 1849 und übernahm 1851 die Direktion der k. k. Normalhaupt- und Unterrealschule St. Anna. S. komponierte Musik zum Gebrauch in Kirche und Schule sowie Bearbeitungen von Kompositionen seines Bruders. Er erwarb sich Verdienste um die Bewahrung von dessen Nachlaß. cn
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MGG
Schubert, Franz (Peter), österr. Komponist, * 31. 1.1797 Lichtental (heute zu i, f 19. 11. 1828 Wien. Bei den aus Nordmähren bzw. österreichisch Schlesien zugewanderten Eltern Franz (Theodor Florian) S. und Elisabeth, geb. Vietz, wuchs S. im Schulhaus des Vaters in der Vorstadt Himmelpfortgrund auf und erhielt erste musikalische Unterweisungen. Im Herbst 1808 unter die zehn Sängerknaben der Hofkapelle, in das k. k. Stadtkonvikt und das benachbarte Akademische Gymnasium aufgenommen, erhielt er Unterricht bei dem Hoforganisten Wenzel Ruzicka und RepertoireKenntnisse durch Teilnahme im Konvikt-Orchester. Den eigentlichen Lehrer in Komposition fand S. von 1812 an in Hofkapellmeister Antonio —> Salieri. Zu seinen ersten Werken gehören Lieder nach dem Vorbild Rudolf —»Zumsteegs, Streichquartette, Fantasien für Klavier, vier Ouvertüren, Musiken für Bläser, ein Bühnenfragment und die noch am Ende der Schulzeit begonnene 1. Symphonie (D 82). Nach Besuch der Lehrerbildungsanstalt 1813/14 unterrichtete S. als Schulgehilfe in der Schule des Vaters bis Juni 1818, mit knapp einjähriger Unterbrechung 1816/17, während der er im Haus seines Freundes Franz von —»Schober wohnen konnte. Nicht mehr ausschließlich für häusliche Musizierkreise bestimmt waren die Streichquartette dieser Jahre (D 112, 173, 353) und die beiden Streichtrios, Werke, die dem Geist —»Haydns und —»Mozarts verpflichtet sind. Die Bindungen an die Vorstadtgemeinde Lichtental machten die ersten öffentlichen Erfolge seiner vier frühen Messen (in F, G, B, C) möglich. Im Frühjahr 1816 bewarb sich S. um die Stelle eines Musiklehrers an der Lehrerbildungsanstalt in Laibach (heute Ljubljana, Slowenien), ohne Erfolg. Um Schober und Johann —»Mayrhofer sowie die aus der Konviktzeit befreundeten Josef von Spaun, Albert Stadler, Josef Kenner und die Mitschüler bei Salieri Anselm —»Hüttenbrenner und Ignaz —»Aßmayr bildete sich ein erster Freundeskreis. Gegen Ende 1817 wurde durch diesen die Bekanntschaft mit dem wichtigen Förderer und Interpreten der späteren Jahre, Johann Michael —>Vogl, vermittelt. Aus der Fülle der Liedproduktion (hauptsächlich nach Texten von —> Goethe, Matthias —> Claudius, —»Klopstock, Ludwig Christoph Heinrich —> Hölty, James Macpherson = Ossian, Theodor —> Körner, Gotthard Ludwig —> Kosegarten, Mayrhofer, Johann Gaudenz von —>Salis-Seewis) faßte der Neunzehnjährige zwei Liederhefte mit Goethe-Vertonungen zusammen. Ein Kreis von Instrumentalisten um O. Hatwig, J. Prohaska und J. Otter (mit S. am Bratschenpult) förderte die Entstehung der Symphonien 2-6 und der Ouvertüren jener Jahre. 1818 wurde S. Privatmusiklehrer von Marie und Karoline Esterhäzy, den Töchtern des Grafen Johann Karl. Produktiv waren die Sommeraufenthalte auf dessen Schloß Zseliz in den Jahren 1818 und 1824. Zeugen der Verbundenheit sind die Widmungen des Liederheftes op. 8 an den Grafen und der Fantasie in f für Klavier zu vier Händen (komponiert 1828) an die Komtesse Karoline. Von 1818 an datieren die ersten Lieddrucke ( E r l a f s e e , Widerschein, Die Forelle) in Beilagen zu Wiener Zeitschriften und Almanachen. S.s Werke wurden u.a. im Salon Ignaz von S o n n l e i t n e r s aufgeführt. Enge Freundschaft mit Leopold —> Sonnleithner förderte die Ausgaben erster Liederhefte in den Jahren 1 8 2 1 / 2 2 in rascher Folge: Opera 1 und 2 (Erlkönig, Gretchen am Spinnrade), 3-8 und 12-14. Die Verbindung mit dem Sänger Johann Michael Vogl wurde zum Mittelpunkt von „Schubertiaden": Forum des Freundeskreises für die allerneueste Liedkomposi-
Schubert tion. Auf Reisen in Vogls Heimat ( S o m m e r m o n a t e 1819, 1823, 1825) gewann das Duo dauerhafte Anhängerschaft; das „ Forellenquintett" D 667 als Auftragswerk f ü r Steyr ist Frucht solcher Beziehungen. Von Anerkennung zeugt auch die Ehrenmitgliedschaft im Steiermärkischen Musikverein Graz 1823. Das Manuskript einer Symphonie, mit der sich S. bedanken wollte, fand sich als Fragment („Die Unvollendete") in Graz, doch ist eine offizielle W i d m u n g der beiden Sätze an den Verein strittig. Von 1819 an wuchs S.s öffentliches Ansehen beständig; aufgeführt wurden nun neben Liedern und Vokalquartetten auch Bühnenwerke, so der Einakter Die Zwillingsbruder im Juni 1820, gefolgt im August von Die Zauberharfe. Die mehraktigen Werke Alfonso und Estrella (1821 / 22) und Fierabras (1823) erhielten keine Chance. Mit höchster Ambition widmete sich S. „seiner" Missa solemnis in A s (1819-22, Umarbeitung 1825/26). Die Jahre 1818-23 kennzeichnen eine stilistische Neuorientierung. Davon zeugen die zahlreichen Fragment gebliebenen Werke: neben der „Unvollendeten" drei weitere Symphonie-Entwürfe, zwei Bühnenwerke (Lazarus, Sakuntala), fünf Klaviersonaten, ein Streichquartett (D 703 in c). Die Vorbilder —» Gluck, Mozart, Haydn verblaßten, —»Beethoven trat an ihre Stelle - übermächtig, zugleich erdrückend. Zur Selbstfindung verhalf auch der nach 1818 deutlich literarischer geprägte Zirkel um Schober, Johann Chrysostomus - » Senn, Moritz von —» Schwind, Franz —» Grillparzer, Leopold —> Kupelwieser, Franz —> Lachner, Franz von —»Bruchmann; für die Lieder entdeckte S. nun Texte von —» Novalis, Friedrich —» Rückert und den Brüdern - » Schlegel. Das Ende des Jahres 1823 kann als Wendepunkt in S.s Entwicklung gelten. Zunächst warf ihn eine schwere Erkrankung (vermutlich Syphilis) nieder; hinzu trat die zunehm e n d e Isolation durch den Wegzug der Freunde Schober und Spaun. Mit geschärfter Hellsichtigkeit und Produktivität ging S. aus der Krise hervor und wirkte fortan f ü r ein breiter werdendes Publikum. Noch im Herbst entstand der Liederzyklus Die schöne Müllerin und die Musik zu d e m Schauspiel Rosamunde. Die Streichquartette von 1824 (a-moll, d-moll) deuteten die neue Dimension an. Größeren Erfolg hatten die Ausgaben der zahlreichen Werke f ü r Klavier zu vier Händen, die „franz." und „ungar." Divertissements, die Grandes Marches und Polonaisen sowie die Klaviersonaten in a, D und G (op. 42, 53, 78). N e u e Liederhefte erschienen in rascher Folge - bis 1825 weitere sechzehn, 1826 acht, 1827 dreizehn, im Sterbejahr noch elf vom Komponisten vorbereitete; darunter die Zyklen nach Wilhelm —»Müller (Die schöne Müllerin op. 23, Winterreise op. 89), nach Goethes Wilhelm Meister (op. 12 und 62), nach Walter Scotts The Lady of the Lake (op. 52). In den Liedern (es blieben bis zu S.s Tod gut 4 0 0 ungedruckt, darunter die Lieder nach Friedrich von Schlegels Abendröte und die 1829 als „Schwanengesang" erschienenen nach Ludwig —»Reilstab und Heinrich —»Heine) gelang es S., die Intentionen von Romantik und Idealismus ins Werk zu setzen. Erneut erweiterte sich der U m g a n g seit 1825: mit d e m neu konstituierten Freundeskreis um die nach Wien zurückgekehrten Schober und Spaun, nun auch mit dem Dichter Eduard von —»Bauernfeld. Die regelmäßiger werdenden Schubertiaden mit Vogl verdichteten die Kontakte zu gelehrten Hauskreisen und kunstliebenden Salons (Raphael —»Kiesewetter, Karoline —»Pichler, in Graz das Haus Karl und Marie Leopoldine Pachlers), zu der Sängerin Anna —»Milder, der S. Suleika II op. 31 und Der Hirt auf dem Felsen D 965 widmete, zu Virtuosen, denen S. anspruchsvolle Instrumentalstücke lieferte: d e m Flötisten Ferdinand Bogner (Variationen über Trockne Blumen), dem
Gambisten Vinzenz Schuster (Sonate für Arpeggione), dem aufstrebenden Geiger Joseph Slawjk (Rondo in h, D 895; Fantasie in C, D 934). Begegnungen mit Beethoven und Carl Maria von —»Weber gehen vermutlich schon auf das Jahr 1822 zurück. In den letzten Jahren hielten sich Erfolg und Enttäuschung die Waage. Ende 1826 widmete S. die große S y m p h o n i e in C (D 944) der Gesellschaft der M u s i k f r e u n d e in Wien, zu einer A u f f ü h r u n g kam es nicht. Im April 1826 bewarb er sich vergeblich um die Stelle des Vizehofkapellmeisters. Erfolg und herzliche A u f n a h m e fand er 1827 außerhalb Wiens, in Graz und bei den Pachlers. B e m ü h u n g e n um die Oper, besonders um A u f f ü h r u n g e n von Alfonso und Estrella, blieben erfolglos; ein neues Projekt mit dem Libretto Der Graf von Gleichen seines Freundes Bauernfeld kam über Entwürfe nicht hinaus. Mit einem großen Werk in Es krönte S. im S o m m e r 1828 die Reihe seiner sechs Messen, aus der nur die M e s s e in C von 1816 im Druck hatte erscheinen können. Nach d e m Erfolg des Streichquartetts in a von 1824 gelangten 1827 noch das Oktett D 803 und eines der beiden Klaviertrios (in Es und B) zur A u f f ü h r u n g ; weder die Streichquartette in d („Der Tod und das Mädchen" D 810) und in G (D 887 von 1826) noch das Streichquintett aus dem letzten Lebensjahr konnte S. einem breiten Publikum bekannt machen. Diese Glanzlichter des heutigen Repertoires stießen bei Verlegern kaum auf Interesse (mit A u s n a h m e des Klaviertrios in Es, das bei Probst in Leipzig erschien), ebensowenig die drei großen Klaviersonaten in c, Α und Β (D 958-960), die S. Johann Nepomuk —»Hummel widmen wollte. Günstiger schien die Zeit für Klavierstücke aller Art: Von den acht Impromptus (D 899 und 935) erschienen die ersten beiden sowie die früheren Moments musicaux (op. 90 bzw. op. 94), in verschiedenen Sammeldrucken viele der Klaviertänze. Resonanz wie mit den Liedern war dem Komponisten zu Lebzeiten mit den Werken der Instrumentalmusik nicht beschieden. Während er als Schöpfer des lyrischen Klavierlieds neuer Art den Zeitgenossen faßlich war, gingen die Instrumentalsätze, zumindest diejenigen nach 1823, über den Zeitgeschmack hinaus; ihre Impulse sind im Werk Robert - » S c h u m a n n s und Johannes —»Brahms', auch Anton —»Bruckners und Gustav —»Mahlers wirksam geworden. A n f a n g N o v e m b e r 1828 erkrankte S. schwer, vermutlich an Typhus. A m 19. N o v e m b e r starb er, dreißig Jahre alt, in der Wohnung seines Bruders Ferdinand —»S. im Stadtteil Auf der Wieden, wo er in den letzten Wochen zur Untermiete wohnte. WERKE: Otto Erich Deutsch: F. S. Thematisches Verzeichnis seiner Werke in chronologischer Folge, neubearb. und hrsg. von der Editionsleitung der Neuen Schubert-Ausgabe und Werner Aderhold. Kassel 1978. - F. S. Neue Ausgabe sämtlicher Werke, hrsg. von der Internationalen SchubertGesellschaft. Kassel 1964 ff. LITERATUR: Harry Goldschmidt: F. S. Ein Lebensbild. Berlin 1954. Leipzig 7 1980. - Maurice J. E. Brown: F. S. A critical biography. London 1961. Dt.: Wiesbaden 1969. - Otto Erich Deutsch (Hrsg.): F. S. Die Dokumente seines Lebens. Kassel 1964. - Otto Erich Deutsch: F. S. Die Erinnerungen seiner Freunde. Leipzig 2 1966. - Peter Gülke: F. S. und seine Zeit. Regensburg 1991. - Till Gerrit Waidelich (Hrsg.): D o k u m e n t e 1817-1830. Bd. 1. Gedruckte Texte. Tutzing 1993. - Walther D ü r r / A n d r e a s Krause: S. Handbuch. Kassel/Stuttgart 1997. - Ernst H i l m a r / M a r g r e t Jestremski (Hrsg.): S.-Lexikon. Graz 1997. Erw. Neuaufl. unter dem Titel: S.-Enzyklopädie. Tutzing 2004. - Ernst Hilmar (Hrsg.): F. S. Dokumente. Bd. 1. Texte: Programme, Rezensionen, Anzeigen, Nekrologe, Musikbeilagen und andere gedruckte Quellen. 1801-1830. Teilbd. 2. Addenda und Kommentar. Tutzing 2003. Werner Aderhold
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Schubert Schubert, Franz (Xaver), auch Francois S., Musiker, Komponist, * 2 2 . 7 . 1 8 0 8 Dresden, t 12.4.1878 Dresden. S., Sproß einer Dresdner Musikerfamilie, war Schüler seines Vaters Franz Anton S., Anton Rottmeiers und Ludwig Haases und wurde 1823 Mitglied der kgl. sächsischen Kapelle in Dresden. 1831 ging er als kgl. Stipendiat zur Vollendung seiner Studien bei Charles Philippe Lafont nach Paris, wo er u.a. Freundschaft mit Fryderyk Chopin Schloß. 1833 nach Dresden zurückgekehrt, wurde er 1837 Vizekonzertmeister, 1847 als Nachfolger Franz Anton —> Morgenroths zweiter Konzertmeister und war 1861-73 Nachfolger Karl Joseph Lipinskis als erster Konzertmeister des Dresdner Hoforchesters; er führte die Aschermittwochs- und Palmsonntagskonzerte ein. S. komponierte u.a. Neuf etudes pour !e violon (opus 3). Seiner Ehe mit Maschinka - > S . entstammte die Tochter G e o r g i n e - > S . DP M G G
Schubert, Friedrich Theodor (Theophil) von, Astronom, * 3 0 . 1 0 . 1 7 5 8 Helmstedt, t 21. oder 22. 10.1825 St. Petersburg. Der Sohn Johann Ernst —»S.s war nach dem Theologiestudium in Greifswald und Göttingen 1780-83 Hauslehrer in Stralsund, 1783-85 Kreisrevisor in Hapsal (Estland) und widmete sich daneben mathematisch-astronomischen Studien. 1785 als Geograph an die Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg berufen, wurde er 1786 Adjunkt, 1789 wirkliches Mitglied für Mathematik, 1803 fUr Astronomie und übernahm die Leitung der Sternwarte. S. betreute 1800-19 Bibliothek und Münzkabinett der Akademie und war 1805 wissenschaftlicher Leiter der russischen Expedition nach China. Seit 1813 Mitglied des Admiralitätskollegiums, wurde er 1816 als wirklicher Staatsrat in den Adelsstand erhoben. S. gab 1788-1825 den „St. Petersburger Kalender" und 1808-18 den „St. Petersburger astronomischen Taschenkalender" heraus, redigierte seit 1810 die deutsche „St. Petersburger Zeitung" und veröffentlichte u.a. Theoretische Astronomie (3 Bde., 1798, frz. 1891, 2 1822) und Populäre Astronomie (3 Bde., 1804-10, 2 1834-51). Er war der Vater von Theodor Friedrich von —>S. m NDB
Schubert, Friedrich Wilhelm, Historiker, Politiker, * 20.5. 1799 Königsberg (Preußen), t 21.7. 1868 Königsberg. S. studierte in Königsberg und Berlin, habilitierte sich 1820 an der Univ. Königsberg für Geschichte und wurde 1823 a. o. und 1826 o. Prof. der mittleren und neueren Geschichte sowie der Staatskunde. Er befaßte sich auch mit Statistik, der er in seinem Handbuch der allgemeinen Staatenkunde von Europa (2 Bde., 1845-48) einen historischen Abriß widmete. S. war Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, des Erfurter Unionsparlaments, 1849-52 und 1858-63 der preuß. Zweiten Kammer und vertrat seit 1864 die Univ. Königsberg im preuß. Herrenhaus. Gemeinsam mit Karl —> Rosenberg gab er 1838-44 die Werke - » Kants in 12 Bänden heraus. •D Unionsparl
Schubert, Georgine, Sängerin, * 28. 10. 1840 Dresden, t 26. 12.1878 Strelitz. Die Tochter Maschinka und Franz —> S.s war Schülerin ihrer Mutter und Jenny Linds und setzte ihre Ausbildung 1857-59 bei Manuel Garcia in London fort. 1859 debütierte sie als Sopranistin in der Partie der Amina in der Bellini-Oper La Sonnambida in Hamburg. Gastspiele führten sie nach Prag, Florenz, an die Hofoper in Berlin und nach Frankf u r t / M a i n . S. erhielt ein Engagement am Theatre Lyrique in Paris, gehörte 1865-67 dem Hoftheater in Hannover an und wurde 1868 Mitglied des Hoftheaters in Neustrelitz. Sie unternahm zahlreiche Gastspielreisen und feierte 1875 als Konzertsängerin bei den Monday Popular Concerts in London Triumphe. CD M G G
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Schubert, Gotthilf Heinrich von, Mediziner, Naturforscher, Naturphilosoph, * 2 6 . 4 . 1780 Hohenstein (heute zu Hohenstein-Ernstthal), t 30.6. 1860 Laufzorn (heute zu Oberhaching). Der Pfarrerssohn S. besuchte in den letzten Jahren der Schulzeit das Gymnasium in Weimar, lernte dort Johann Gottfried —> Herder kennen, dessen Ideen zu einer Philosophie der Geschichte der Menschheit (1784/85) ihn anregten, und begann zunächst mit einem Studium der Theologie in Leipzig. 1800 wechselte er zur Medizin über, ging von Leipzig nach Jena, wo er von —»Schellings Naturphilosophie und Johann Wilhelm —»Ritters galvanischen Versuchen beeinflußt und auch mit —> Goethe bekannt wurde, der ihn zu den „Moll-Töne(n) der Natur" rechnete. Die praktische Arzttätigkeit in Altenburg nach der Promotion 1803 mit einer Dissertation über die galvanische Therapie angeborener Taubheit (Dubitata quaedam supra hominum a nativitate surdorum medelam galvanismo suscipiendam, dt. 1806) - konnte S. nicht befriedigen. 1805 begab er sich als Hörer des Geologen und Mineralogen Abraham Gottlob —> Werner nach Freiberg und lebte seit 1806 in Dresden, wo er öffentliche Vorlesungen hielt. S.s Ahndungen einer allgemeinen Geschichte des Lebens (Tl. 1-2, 1806/07; Tl. 3, 1821) und die Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft (1808, 4 1840, Neudr. 1967) fanden wie die Symbolik des Traumes (1814, •'1840, Neudr. 1995) mit ihrer Verbindung von Physik und Metaphysik, von Psychologie und Philosophie, von Naturund Kulturgeschichte, von Zeugung und Tod, von Empirie, Traum, Hellsehen und Transzendenz bei Wissenschaftlern wie Schriftstellern der Zeit große Resonanz. Nicht nur zu Herder, Goethe, Schelling, —> Hegel und Franz von —> Baader, sondern auch zu den Brüdern August Wilhelm und Friedrich Schlegel sowie zu zahlreichen Dichtern, Naturforschern und Medizinern der Romantik unterhielt S. Beziehungen. 1809 wurde er Rektor der Realschule in Nürnberg; vor allem kam es in diesen Jahren zu Kontakten mit Pietisten, zur Vertiefung in mystisch-theosophische Schriften und zum Eintreten für die Erweckungsbewegung. Nach der Aufhebung der Realschule 1816 nahm S. eine Stelle als Erzieher der Kinder des Großherzogs Friedrich Ludwig von Mecklenburg-Schwerin an, die er allerdings bald aufgab, als er 1819 eine Professur für Naturgeschichte in Erlangen erhielt. Seit 1827 lehrte er in gleicher Stellung in München, wo er auch Vorlesungen über Anthropologie und Psychologie hielt. Auch in seinen naturhistorischen Schriften bemühte er sich um die Popularisierung der Naturwissenschaften; mehrfach unternahm er große Reisen ins Ausland. 1818 wurde S. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. S. stand mit dem bayerischen Königshaus in Verbindung, unterrichtete den Kronprinzen —»Maximilian und andere Angehörige der königlichen Familie; 1853 wurde ihm der persönliche Adel verliehen. Die Geschichte der Seele (2 Bde., 1830, 5 1878, Neudr. 1961) und Die Krankheiten und Störungen der menschlichen Seele (1845) gehören mit der Symbolik des Traumes zur Vorgeschichte der Psychoanalyse, Psychopathologie und Anthroposophie. In den späteren Jahren publizierte S. Werke für die Jugend, Biographien und vor allem die mehrbändige Autobiographie Der Erwerb aus einem vergangenen und die Erwartungen von einem zukünftigen Leben (3 Bde., 1854-56; Personenregister, hrsg. von
Schubert A l i c e Rössler, 2003). Z u S.s 100. G e b u r t s t a g w u r d e i m Geburtsort H o h e n s t e i n ein D e n k m a l mit einer B r o n z e b ü s t e errichtet. WEITERE WERKE: W a n d e r b ü c h l e i n eines reisenden G e l e h r ten nach Salzburg, Tyrol u n d der L o m b a r d e i . Erlangen 1823, ' 1 8 4 8 . - L e h r b u c h d e r N a t u r g e s c h i c h t e . Erlangen 1 8 2 3 , 2 1 1 8 V 1 . - A l l g e m e i n e N a t u r g e s c h i c h t e . E r l a n g e n 1826, 2 B d e . , 3 1 8 5 1 - 5 3 . - R e i s e d u r c h d a s s ü d l i c h e F r a n k r e i c h und d u r c h Italien. 2 Bde., E r l a n g e n 1827-31, 2 1 8 5 2 / 5 3 . - R e i s e in das M o r g e n l a n d in d e n J a h r e n 1836 u n d 1837. 3 Bde., Erlangen 1 8 3 8 / 3 9 . - B i o g r a p h i e n u n d E r z ä h l u n g e n . 3 B d e . , Erlangen 1 8 4 7 / 4 8 . LITERATUR: U l r i k e R i e d l b e r g e r / M a r i n a Stoll (Hrsg.): G. H. v. S. E i n e B i b l i o g r a p h i e . E r l a n g e n 1997. - G . N a thanael B o n w e t s c h (Hrsg): G . H . S. in seinen B r i e f e n . Ein L e b e n s b i l d . Stuttgart 1918. - Adalbert E i s c h e n b r o i c h : R o m a n t i s c h e S e h n s u c h t und K o s m o g o n i e . E i n e S t u d i e zu G. H. S.s , G e s c h i c h t e d e r S e e l e ' und d e r e n Stellung in der d e u t s c h e n S p ä t r o m a n t i k . T ü b i n g e n 1971. - M a r i a M . Tatar: R o m a n t i c „ N a t u r p h i l o s o p h i e " and p s y c h o l o g y . Α study of G . Η. S. and the i m p a c t of his w o r k s on Heinrich von Kleist and E . T . A. H o f f m a n n . Phil. Diss. Princeton 1971. Alice R ö s s l e r (Hrsg): G . Η. S. G e d e n k s c h r i f t z u m 2 0 0 . Geburtstag des r o m a n t i s c h e n N a t u r f o r s c h e r s . E r l a n g e n 1980. H e i n z Schott: D e r versteckte P o e t in uns. Z u r S p r a c h t h e o rie in der n a t u r p h i l o s o p h i s c h e n S e e l e n l e h r e von G . H . v. S. ( 1 7 8 0 - 1 8 6 0 ) . In: S u d h o f f s Archiv 6 5 ( 1 9 8 1 ) S. 2 2 6 - 2 5 0 . Volker R o e l c k e : J e w i s h m y s t i c i s m in r o m a n t i c m e d i c i n e ? Indirect incorporation of kabbalistic e l e m e n t s in the w o r k of G. H . S. In: History and P h i l o s o p h y of the L i f e S c i e n c e s 16 (1994) S. 117-140. - S t e f f e n Dietzsch: G. H. S. In: T h o m a s B a c h / O l a f B r e i d b a c h (Hrsg.): N a t u r p h i l o s o p h i e nach Schelling. S t u t t g a r t - B a d C a n n s t a t t 2 0 0 5 , S. 6 7 3 - 6 9 9 . Dietrich von Engelhardt
Schubert,
G u s t a v , österr. P h y s i o l o g e , * 2 0 . 6 . 1897 K r i m a (Böhmen), t 1 1 . 5 . 1 9 7 6 Wien. N a c h T e i l n a h m e a m Ersten Weltkrieg 1 9 1 7 / 1 8 studierte S. M e d i z i n an der D e u t s c h e n U n i v . P r a g , w a r bereits als S t u d e n t M i t a r b e i t e r A r m i n v o n —>Tschermak-Seyseneggs und w u r d e 1924 p r o m o v i e r t . 1930 habilitiert, w u r d e er 1939 supplierender, 1943 o . P r o f . der P h y s i o l o g i e in Prag, g i n g 1945 nach W i e n und w a r 1 9 4 6 - 5 0 o . P r o f . der P h y s i o l o g i e an der Tierärztlichen H o c h s c h u l e , 1950-68 an der M e d i z i nischen F a k u l t ä t der U n i v . W i e n . S. b e f a ß t e sich v o r allem mit d e r P h y s i o l o g i e d e s M e n s c h e n in der L u f t - und R a u m f a h r t (Physiologie des Menschen im Flugzeug, 1935) und e n t d e c k t e d e n „vestibulären C o r i o l i s - E f f e k t " , e i n e in bestimmten Flugsituationen auftretende Sinnestäuschung. CD C z e i k e
Schubert,
H a n s (Georg W i l h e l m ) v o n , e v a n g . T h e o l o g e , Kirchenhistoriker, * 1 2 . 1 2 . 1859 D r e s d e n , t 6 . 5 . 1931 Heidelberg. N a c h d e m S t u d i u m der G e s c h i c h t e und Literaturgeschichte in L e i p z i g , B o n n , S t r a ß b u r g und Zürich (Dr. phil. 1884, Die Unterwerfung der Alamannen unter die Franken) studierte S., S o h n eines sächsischen Offiziers u n d Schriftstellers, T h e o l o g i e in T ü b i n g e n und Halle, w u r d e ordiniert u n d w a r seit 1887 Lehrer a m „ R a u h e n H a u s " bei H a m b u r g . 1891 w u r d e er a. o. Prof. der K i r c h e n g e s c h i c h t e an der U n i v . Straßburg, w o er 1892 z u m Dr. theol. p r o m o v i e r t w u r d e , und g i n g 1892 als O r d i n a r i u s nach Kiel und 1906 nach Heidelberg. Als Sekretär der H e i d e l b e r g e r A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n regte er d i e A u s g a b e der W e r k e d e s - » N i k o l a u s von K u e s an. S. stand seit 1919 d e m Verein f ü r R e f o r m a t i o n s g e s c h i c h t e v o r und b e f a ß t e sich n e b e n Kirchenrecht und R e c h t s g e s c h i c h t e mit universal- u n d nationalgeschichtlich ausgerichteten kirchenhistorischen A r b e i t e n v o r w i e g e n d z u m f r ü h e n Mittelalter und zur R e f o r m a t i o n . E r schrieb
u . a . Grundzüge der Kirchengeschichte (1904, " 1 9 5 0 ) , Geschichte der christlichen Kirche im Frühmittelalter (1921, N a c h d r . 1962), Große christliche Persönlichkeiten (1921, 3 1 9 3 3 ) , Die Geschichte des deutschen Glaubens (1924), Lazarus Spengler und die Reformation in Nürnberg (1934, hrsg. von H a j o —> H o l b o r n ) . CD N D B
Schubert,
Heinz, S c h a u s p i e l e r , * 12. 1 1 . 1 9 2 5 Berlin, t 1 2 . 2 . 1999 H a m b u r g . S., S o h n eines S c h n e i d e r m e i s t e r s , m a c h t e e i n e S c h n e i d e r lehre, n a h m S c h a u s p i e l u n t e r r i c h t u n d w u r d e 1950 von Bertolt —> B r e c h t an d a s Berliner E n s e m b l e engagiert, d e m er bis 1961 a n g e h ö r t e . Er spielte dort zahlreiche R o l l e n in S t ü c k e n Brechts, u. a. d e n S c h w e i z e r k a s in Mutter Courage und ihre Kinder. 1962-68 w a r S. E n s e m b l e m i t g l i e d d e r M ü n c h n e r K a m m e r s p i e l e und unterrichtete an der O t t o - F a l c k e n b e r g Schule. 1968 g i n g er an d a s D e u t s c h e S c h a u s p i e l h a u s H a m burg, an d e m er mit U n t e r b r e c h u n g e n bis 1991 tätig war, häufig unter der R e g i e von Peter Z a d e k (u. a. als S c h i g o l c h in der U r a u f f ü h r u n g der U r f a s s u n g von F r a n k —> W e d e k i n d s Lulu, 1988). G a s t s p i e l e g a b er u. a. in K ö l n , Stuttgart und a m W i e n e r Burgtheater. Seit 1992 w a r S., der als „ E k e l " A l f r e d Tetzlaff in der Serie „Ein Herz u n d e i n e S e e l e " ( 1 9 7 3 / 7 4 ) b e k a n n t g e w o r d e n war, f a s t ausschließlich f ü r das F e r n s e hen tätig. Er w i r k t e auch in F i l m e n mit, u . a . in H a n s Jürgen S y b e r b e r g s Hitler (1977). 1 9 8 0 - 9 0 w a r S. Prof. an der H o c h schule f ü r M u s i k und d a r s t e l l e n d e K u n s t in H a m b u r g . •3
Cinegraph
Schubert,
Hermann (Theodor), Unternehmer, * 1 . 6 . 1 8 3 6 O l b e r s d o r f bei Zittau ( S a c h s e n ) , t 2 1 . 8 . 1927 Zittau. D e r S o h n eines U n t e r n e h m e r s b e s u c h t e die G e w e r b e s c h u l e in Zittau und g r ü n d e t e dort 1862 eine S t o f f d r u c k e r e i und -färberei. Seit 1870 stellte S. f a b r i k m ä ß i g G a r n e her, f ü h r t e 1885 die Veredelung von G a r n e n ein und k o n n t e seit 1891 G a r n r o l l e n e i n f ä r b e n . 1904 g r ü n d e t e er eine Z w i r n e r e i und N ä h f a d e n f a b r i k , 1 9 0 7 / 0 8 e i n e N i e d e r l a s s u n g im b ö h m i schen G r o t t a u . In der H e r s t e l l u n g von N ä h f a d e n erreichte S. A n f a n g des 20. Jh. W e l t m a r k t s t e l l u n g . 1907 errichtete er e i n e e i g e n e B a u m w o l l p f l a n z u n g in D e u t s c h - O s t a f r i k a . N a c h s e i n e m T o d f ü h r t e n S.s S ö h n e d i e F a b r i k fort, die nach d e m Z w e i t e n Weltkrieg als V E B T e x t i l w e r k e Zittau bis 1990 bestand. CD N D B
Schubert,
Hermann (Cäsar Hannibal), Mathematiker, * 2 2 . 5 . 1848 P o t s d a m , t 2 0 . 7 . 1911 H a m b u r g . S. studierte M a t h e m a t i k und P h y s i k an d e n Universitäten Berlin und Halle, w o er 1870 p r o m o v i e r t w u r d e (Zur Theorie der Charakteristiken). 1872-76 w a r er G y m n a s i a l l e h r e r in H i l d e s h e i m , d a n n O b e r l e h r e r und 1 8 8 7 - 1 9 0 8 Prof. a m Joh a n n e u m in H a m b u r g . S. lieferte g r u n d l e g e n d e B e i t r ä g e zur s o g e n a n n t e n a b z ä h l e n d e n G e o m e t r i e ( „ S c h u b e r t s c h e s Prinzip der E r h a l t u n g d e r A n z a h l " ) . E r schrieb u. a. Kalkül der abzählenden Geometrie (1879, N a c h d r . 1979) und Mathematische Mussestunden. Eine Sammlung von Geduldspielen, Kunststücken und Unterhaltungs-Aufgaben mathematischer Natur ( 1 8 9 8 ; 3 B d e . , 2 1 9 0 0 ; 1 3 1967). S. b e g r ü n d e t e d i e erf o l g r e i c h e L e h r b u c h s e r i e „ S a m m l u n g S c h u b e r t " , deren ersten (Elementare Arithmetik und Algebra, 1899) u n d f ü n f t e n B a n d (1902) er verfaßte. S. w a r M i t g l i e d der D e u t s c h e n A k a d e m i e der N a t u r f o r s c h e r L e o p o l d i n a (seit 1884), der Societe M a t h e m a t i q u e de F r a n c e und der K o n i n k l i j k e N e d e r l a n d s c h e A k a d e m i e van W e t e n s c h a p p e n . CD E n z Phil Wiss
Schubert,
J o h a n n Baptist, P ä d a g o g e , * 2 9 . 7 . 1847 Staffelstein ( O b e r f r a n k e n ) , t 2 7 . 6 . 1 9 2 0 A u g s b u r g . N a c h d e m B e s u c h d e s B a m b e r g e r L e h r e r s e m i n a r s 1865 unterrichtete S. in v e r s c h i e d e n e n f r ä n k i s c h e n O r t e n und ging 1873 nach A u g s b u r g , w o er 1889 O b e r l e h r e r w u r d e . I m selben J a h r w u r d e er Vorsitzender d e s B a y e r i s c h e n Volks-
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Schubert schullehrervereins, 1891 liberales Mitglied der Bayerischen Abgeordnetenkammer. S. war langjähriger Herausgeber der pädagogischen Monatsschrift „Repertorium der Pädagogik". CD Dippold
Schubert,
Johann Ernst, Pseud. Drusus Pruthenicus Westen, evang. Theologe, * 2 4 . 6 . 1 7 1 7 Elbing, t 19.8. 1774 Greifswald. Seit 1734 Student der Philosophie, Philologie, Mathematik und Theologie an der Univ. Jena, hielt S., Sohn eines Predigers, 1737 als Magister philosophische und theologische Vorlesungen an der Univ. Wittenberg und ging 1738 nach Zeitz. 1740 wurde er Mitglied der Philosophischen Fakultät in Jena, 1747 Superintendent der Grafschaft Schaumburg, Konsistorialrat und Pastor primarius in Stadthagen und nach der Promotion zum Dr. theol. 1748 o . P r o f . der Theologie an der Univ. Helmstedt. Seit 1749 war er Abt des Klosters Michaelstein, seit 1750 Direktor des neugegründeten theologischen Seminars und seit 1764 o . P r o f . der Theologie, kgl. schwedischer Oberkirchenrat und Pastor der Marienkirche in Greifswald. S. schrieb dogmatische, dogmengeschichtliche und kirchenrechtliche Abhandlungen. Er war der Vater von Friedrich Theodor von —» S. CD B B K L
Schubert,
Johann Friedrich, Musiker, Komponist, * 1 7 . 1 2 . 1 7 6 9 Rudolstadt, f 13. 10. 1811 M ü l h e i m / R h e i n (heute zu Köln). In Rudolstadt, Frankenhausen und Sondershausen zum Geiger ausgebildet, wirkte S. in Sondershausen bis 1791 an den Hofkonzerten mit und trat anschließend als Geiger in die Döbbelinsche Truppe in Berlin ein. Er kam mit der Gesellschaft nach Stettin und wurde nach der erfolgreichen Uraufführung seiner Oper Die nächtliche Erscheinung 1798 zum Musikdirektor ernannt. S. war seit 1801 Musikdirektor am Theater in Glogau, seit 1804 bei der Witterschen Schauspielergesellschaft in Ballenstedt und dann Leiter der Konzerte der Kölner K a u f m a n n s c h a f t in Mülheim. Er schrieb auch eine Neue Singe-Schuie [...] (1804). CD M G G
Schubert,
Johannes (Oskar), Physiker, Meteorologe, * 11.6. 1859 Dreischweinsköpfen bei Danzig, t 2 7 . 9 . 1 9 4 7 Berlin. Nach d e m Studium an der Univ. Königsberg 1884-86 G y m nasiallehrer in Elbing und Deutsch Krone, wurde S. nach der Promotion 1886 Assistent an der Forstakademie Eberswalde und erhielt 1896 den Professorentitel. 1904 übernahm er den Lehrstuhl f ü r Physik, Meteorologie und Geodäsie sowie die Leitung des Meteorologischen Instituts in Eberswalde. Nach dem Zweiten Weltkrieg Prof. an der Forstwirtschaftlichen Fakultät der Univ. Berlin in Eberswalde, wurde S. 1946 kommissarischer Dekan, kurz darauf Prodekan und Leiter des Meteorologischen Instituts. Er veröffentlichte zahlreiche Abhandlungen über forst- und naturwissenschaftlichen Themen, u . a . Der Wärmeaustausch (1904). CD Altpreuß Biogr, Bd 5
Schubert,
(Johann) Joseph, Musiker, Komponist, getauft 20. 12. 1754 Warnsdorf (Böhmen), t 2 8 . 7 . 1837 Dresden. S., Sohn eines Kantors und Schulmeisters, späteren Gerichtsschreibers, erhielt den ersten Musikunterricht von seinem Vater, einem Kantor, und studierte in Prag und Berlin. 1779 trat er in die markgräfliche Kapelle in Schwedt ein, die 1 7 8 0 / 8 1 vier Opern von ihm (u.a. Rosalia) aufführte. S. kam 1788 als Bratscher zur Kurfürstlich Sächsischen Kapelle nach Dresden, der er bis 1833 angehörte. Er komponierte Instrumentalmusik für Klavier, Streicher und Bläser. Ca
Schubert,
ÖBL
Kurt, Musikpädagoge, Komponist, * 19. 10.1891 Berlin, t 2. / 3 . 5 . 1 9 4 5 Berlin. Bis 1907 Schüler seines Vaters Otto S., der eine Musikschule leitete, studierte S. Klavier bei Xaver —» Scharwenka
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und Komposition bei Friedrich —»Gernsheim an der Akademie der Künste in Berlin. 1918-21 war er Klavierlehrer am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium in Berlin, seit 1921 Dozent und seit 1922 Prof. an der Berliner Akademie für Kirchen- und Schulmusik. S. gab Klavierwerke u . a . Johann Sebastian —»Bachs und von dessen Söhnen heraus, komponierte K a m m e r m u s i k , symphonische Dichtungen, Klavierstücke und Lieder und schrieb Die Technik des Klavierspiels aus dem Geist des musikalischen Kunstwerks (1931). Er fiel in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs.
Schubert,
Kurt, österr. Judaist, * 4 . 3 . 1923 Wien, t 4 . 2 . 2 0 0 7 Wien. S. studierte seit 1941 Orientalistik (vor allem Hebräisch und Syrisch) an der Univ. Wien, engagierte sich daneben in der Katholischen Hochschuljugend und wurde 1944 promoviert (Der historische Wert des Brieffundes von Mari). Seit 1945 lehrte er Hebräisch an der Univ. Wien, erhielt 1948 die Venia legendi, wurde 1959 a . o . P r o f . am vor allem auf sein Betreiben neueingerichteten Institut f ü r Judaistik und war 1966-93 o. Professor; auch an der Gründung des Österreichischen Jüdischen M u s e u m s in Eisenstadt war er gemeinsam mit Fred Sinowatz maßgeblich beteiligt. S., der sich für den Dialog zwischen Christentum und Judentum sowie f ü r eine stärkere Einbeziehung jüdischer religionswissenschaftlicher und kulturhistorischer Forschungen in die christliche Theologie einsetzte, wurde vor allem durch seine Interpretationen der Schriftrollen von Qumran bekannt. Er veröffentlichte u . a . Die Religion des nachbiblischen Judentums (1955), Israel, Staat der Hoffnung (1957, 2 1960), Die Gemeinde vom Toten Meer (1958), Jesus im Lichte der Religionsgeschichte des Judentums (1973), Die Kultur der Juden (2 Bde., 1 9 7 8 / 7 9 ) und Jüdische Buchkunst, (mit Ursula Schubert, 2 Bde., 1983-92). 1987 wurde er korrespondierendes Mitglied, 2004 Ehrenmitglied der Osterreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften. DP Fellner
Schubert,
Manfred, Verfahrenstechniker, * 3 0 . 3 . 1 9 3 0 Reichenstein (Schlesien), t 7 . 8 . 1 9 8 7 Berlin. S., Sohn eines Arbeiters, studierte 1949-55 Verfahrenstechnik an der T H Dresden, war 1955-60 Mitarbeiter der Forschungsabteilung und Leiter der technischen Abteilung im Kaliwerk Sondershausen und Staßfurt. 1960 ging er an die T H Dresden, wurde 1963 zum Dr.-Ing. promoviert (Untersuchungen am Zerstäubungstrockner bei gleichzeitiger Reaktion) und habilitierte sich 1967 für Verfahrenstechnik. S. war 1 9 6 7 / 6 8 Institutsdirektor, 1968-71 Ordinarius und Direktor der Sektion Verfahrens- und Verarbeitungstechnik. 1966 trat er in die S E D ein, wurde 1967 Abgeordneter der Volkskammer und war 1971-74 Vizepräsident, 1974-87 Präsident der K a m m e r der Technik. S. wurde 1979 korrespondierendes, 1981 ordentliches Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften der D D R und der Sächsischen A k a d e m i e der Wissenschaften. Er war Mitautor bzw. Mitherausgeber von Lehrund Handbüchern, darunter Umweltschutztechnik (1986) und Abproduktarme und abproduktfreie Technologie (1987).
Schubert,
Maschinka, geb. Schneider, Sängerin, * 2 5 . 8 . 1815 Reval, t 2 0 . 9 . 1882 Dresden. Nach erstem Musikunterricht durch ihren Vater, den preuß. Kapellmeister Georg Abraham —»Schneider, studierte S. Gesang bei Giulio Marco Bordogni in Paris und sang dort kleinere Partien an der Grand Opera. 1832 trat sie am Londoner K i n g ' s Theatre u . a . als Zerline in —»Mozarts Don Giovanni auf, kam 1833 über Berlin, wo sie an der Hofoper gastierte, nach Dresden und wurde als Koloratursopranistin Mitglied der Hofoper. S. trat 1860 in den Ruhestand und wirkte seitdem als Gesangspädagogin. Zu ihren erfolgreichsten Partien zählte die Alice in Robert le diable von Giac o m o - » M e y e r b e e r . Ihrer Ehe mit Franz - » S . (1808-1878) entstammte die Tochter Georgine —»S. CD Kutsch
Schuberth Schubert,
Max, Papiertechnologe, * 1840 Leipzig, t 1 3 . 3 . 1 9 0 1 Niederlößnitz bei Dresden. S., Sohn eines Oberstleutnants, studierte seit 1855 Maschinenbau an der Polytechnischen Schule in Dresden. 1863 wurde er stellvertretender Direktor der Papierfabrik von Adolf —»Schröder in Golzern bei G r i m m a (Sachsen), deren Leitung er nach einer Tätigkeit als Werkführer und Assistent des Direktors der Dresdener Papierfabrik A G (seit 1868) 1871-81 innehatte. 1881 wurde er Direktor der Dresdener Papierfabrik A G , 1885 der Rheinischen Cellulosefabrik in Bonn, 1888 der Papierfabrik in Treuenbrietzen und war 1892-94 bei der Papier- und Holzstoffabrik Klitschdorf (Schlesien) tätig. 1895 habilitierte sich S. in Dresden für Papier-, Cellulose- und Holzstoffabrikation ( U e b e r die Lagerung der Fasern im Papier) und wurde 1898 zum Titularprofessor ernannt. Er veröffentlichte u. a. Cellulose-Fabrikation (1892, 3 1906, frz. 1893), Die Holzstoff- oder HolzschliffFabrikation ( o . J . [1898], 3 1925) und Die Praxis der Papierfabrikation mit besonderer Betonung der Stoffmischungen und deren Kalkulation (1898, 3 1922). DO N D B
Schubert,
Oskar, Musiker, Musikpädagoge, * 11.10. 1849 Berlin, t 2 5 . 9 . 1 9 3 3 Berlin. S. studierte 1864-67 an der Neuen A k a d e m i e für Tonkunst in Berlin, 1 8 6 7 / 6 8 bei August Eduard —»Greil und Julius —»Stern, war 1 8 6 8 / 6 9 erster Klarinettist in der Berliner Symphoniekapelle und unternahm nach der Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg 1 8 7 0 / 7 1 Konzertreisen nach Boston und N e w York (1872) sowie nach St. Petersburg (1873-75). Seit 1875 Soloklarinettist beim Berliner Bilseorchester, wechselte er 1878 an die Kgl. Oper und wurde 1892 zum Kgl. Kammervirtuosen ernannt. S. lehrte seit 1892 an der Kgl. Musikhochschule und wurde 1903 zum Prof. ernannt.
Schubert,
Rene, Geriater, * 2 5 . 9 . 1 9 1 0 Toulon, t 1 6 . 5 . 1 9 7 6 Nürnberg. S. studierte Medizin an den Universitäten Würzburg und Berlin, wurde 1936 in Würzburg promoviert (Über den Antagonismus bei Bakterien) und habilitierte sich nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg 1945 an der Univ. Tübingen (Verhalten wasserlöslicher Vitamine gegenüber SerumEiweißkörpern mit besonderer Berücksichtigung der Transportprobleme). Seit 1949 a. o. Prof. der Inneren Medizin und Oberarzt an der Medizinischen Klinik der Univ. Tübingen, wechselte er später an die Univ. Erlangen und wurde Direktor der II. Medizinischen Klinik der Nürnberger Krankenanstalten. Seit 1972 Ordinarius, übernahm S. 1974 den ersten in der Bundesrepublik eingerichteten Lehrstuhl für Geriatrie an der Univ. Erlangen-Nürnberg. S., der maßgeblich dazu beitrug, die Geriatrie als medizinisches Lehrfach zu etablieren, war seit 1958 korrespondierendes Mitglied der Real Academia de Medicina in Barcelona, seit 1966 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und seit 1974 Präsident des Europaeum M e d i c u m Collegium. Er gab die Zeitschriften „Allergie und A s t h m a " und „Deutsche Zeitschrift für Altersforschung" mit heraus. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Klinik parasitärer Erkrankungen (mit Herbert Fischer, 1959), Gerontologische Grundlagenforschung und geriatrische Praxis (1972) und Vorbereitung auf das Alter (hrsg. mit Alfred Störmer, 1974). CD Munzinger
Schubert,
Richard, Sänger, * 15. 12. 1885 Dessau, t 12.10. 1959 O b e r s t a u f e n / A l l g ä u . Nach der Ausbildung zum Bariton bei Rudolf von —»Milde und dem Debüt am Stadttheater in Straßburg 1909 setzte S. seine Studien bei Milde, Hans —»Nietan in Dresden und Vittorio Vanzo in Mailand fort und erhielt 1911-13 sein erstes Engagement als Tenor am Stadttheater in Nürnberg. 1913-17 gehörte er dem Hoftheater in Wiesbaden an, konnte
wegen des Kriegseintritts der U S A sein Engagement an der Metropolitan Opera N e w York 1 9 1 6 / 1 7 nicht w a h r n e h m e n und war 1917-35 Mitglied des Hamburger Opernhauses. Hier sang er u. a. den Paul in der Uraufführung der Oper Die tote Stadt von Erich Wolfgang —> Korngold. Er war 1920-29 gleichzeitig Mitglied der Staatsoper Wien und gastierte an der Oper Chicago ( 1 9 2 1 / 2 2 ) , an der Grand Opera in Paris, am Teatro Liceo in Barcelona, an den Staatsopern in München und Dresden und bei den Festspielen von Zoppot. S. ging 1937 an das Stadttheater in Stettin, 1938 an das Stadttheater in Osnabrück, wo er auch Regie führte, und lebte später als Gesangspädagoge in Hamburg, Mannheim und Heidelberg. Er galt als einer der bedeutendsten —»Wagner-Tenöre seiner Zeit. Dd Kutsch
Schubert,
Theodor Friedrich von, Geodät, * 12.2. 1789 St. Petersburg, f 3 . 1 1 . 1865 Stuttgart. Der Sohn Friedrich Theodor von —»S.s trat nach dem Besuch der St. Petersburger Kriegsschule 1803 in das russische Geniekorps ein, begleitete seinen Vater auf der russischen China-Expedition 1805 und leistete seit 1806 Kriegsdienst. Seit 1819 Abteilungschef im Militär-Topographischen Depot, wurde er 1820 als Generalmajor Chef der Triangulation im St. Petersburger Departement; 1822-34 war er Direktor des neugegründeten Militärtopographenkorps, 1827-37 des Militärhydrographischen Depots und 1832-43 des Militär-Topographischen Depots. 1831 wurde S. als Generalleutnant Chef der Triangulation im Gouvernement Pleskau und Wilna und unternahm 1833 mit Friedrich Wilhelm —» Argelander, Friedrich Wilhelm —> Bossel, Heinrich Christian —> Schumacher und Wilhelm —> Struve die Chronometerexpedition in die Ostsee. S. war 1834-43 Generalquartiermeister, seit 1843 Mitglied des Kriegsrats und seit 1845 unter Ernennung zum General Direktor des Gelehrtenkomitees im russischen Kriegsministerium. Seit 1861 lebte er im Ruhestand in Italien und Süddeutschland. S. wurde 1827 Ehrenmitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften in St. Petersburg. Er veröffentlichte u. a. eine Anleitung zu der astronomischen Bestimmung der Länge und Breite (russ. und dt., 1826, 2 1903). 1961 erschien von S. Unter dem Doppeladler. Erinnerungen eines Deutschen im russischen Offiziersdienst 1789-1814 (hrsg. von Erik —»Arnberger). CP N D B
Schuberth,
Gottlob, Dirigent, Musiker, Komponist, * 11.8. 1778 K a r s d o r f / U n s t r u t , t 1 8 . 2 . 1 8 4 6 Hamburg. S. erlernte früh das Spiel auf Oboe und Klarinette und studierte in Jena Violine bei Carl —»Stamitz. 1804 ging er nach Magdeburg, w o er als Bläservirtuose, Dirigent, Pianist und Musiklehrer eine bedeutende Rolle im öffentlichen Musikleben spielte. Seit 1833 in Hamburg ansässig, erwarb er 1837 das Bürgerrecht. Seine Kompositionen für Klavier ( u . a . Divertissement, op. 15, u m 1840) waren zu ihrer Zeit beliebt. S. war der Vater von Julius und Karl —»S. CD M G G
Schuberth,
Hans, Ingenieur, Politiker, * 5 . 4 . 1 8 9 7 Schwabach (Mittelfranken), t 2 . 9 . 1976 München. Im Ersten Weltkrieg schwer verwundet, studierte S., Sohn eines Kunstschreiners und Möbelfabrikanten, 1916-20 Maschinenbau an der T H München und war 1920-25 als Betriebsingenieur in der Industrie tätig. Nach erneutem Studium in München 1 9 2 5 / 2 6 erwarb er auch das Diplom für Elektrotechnik, trat 1927 in den Dienst der Deutschen Reichspost und wurde 1931 zum Postrat ernannt. Danach in den Reichspostdirektionen München, Dortmund und Karlsruhe tätig, kam er später an das Reichspostzentralamt in Berlin. S. wurde nach Kriegsende Präsident der Oberpostdirektionen Regensburg (1945) und München (1947) und im selben Jahr Direktor der Verwaltung f ü r Post- und Fernmelde-
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Schuberth wesen in F r a n k f u r t / M a i n . Mitglied der C S U , wurde er 1947 Staatssekretär für Post- und Fernmeldewesen im Bayerischen Verkehrsministerium, war 1949-53 Bundesminister f ü r Post- und Fernmeldewesen im Kabinett - » A d e n a u e r und gehörte 1953-57 dem Deutschen Bundestag an. Seit 1953 stand er dem Verein Deutscher Ingenieure vor. CD M d B
Schuberth,
Julius (Ferdinand Georg), Musikalienhändler, Publizist, * 1 4 . 7 . 1 8 0 4 Magdeburg, t 9 . 6 . 1 8 7 5 Leipzig. S., Sohn Gottlob - » S . s und Bruder Karl - » S . s , trat 1819 als Lehrling in den Magdeburger Musikverlag Heinrichshofen ein und gründete 1826 eine Buch-, Musik- und Landkartenhandlung in Hamburg, die er mit wechselnden Partnern, zuletzt seit 1849 mit seinem Bruder Friedrich, erfolgreich aufbaute und leitete. 1832 gründete er eine Tochterfirma in Leipzig, 1850 eine in N e w York, überließ 1853 Friedrich die Hamburger Niederlassung und lebte abwechselnd in N e w York und Leipzig, zuletzt ausschließlich in Leipzig. S. gründete 1840 den Norddeutschen Musikverein und war Korrespondent mehrerer deutscher und amerikanischer Zeitungen. Seine eigenen Musikzeitschriften (u. a. Kleine Musikzeitung. Blätter für Musik und Literatur, 1840-50) erlangten nur begrenzt Bedeutung; weit verbreitet waren jedoch seine musikalischen Handbücher wie das Musikalische Fremdwörterbuch (um 1840). Darüber hinaus schrieb er Biographien (Karl Schuberth in St. Petersburg. Eine Lebensskizze1871). m MGG
Schuberth,
Karl (Eduard), auch Carl S., Musiker, Dirigent, Komponist, * 2 5 . 2 . 1 8 1 1 Magdeburg, t 2 2 . 7 . 1863 Zürich. S., Bruder Julius —»S.s, erhielt frühzeitig Klavier- und Cellounterricht, studierte 1825-27 Cello bei Justus Johann Friedrich —»Dotzauer in Dresden und war bis 1833 erster Violoncellist des Theaterorchesters in Magdeburg. Er unternahm Kunst- und Konzertreisen durch Europa, erhielt 1834 den Titel eines „Solo-Violoncellisten des Königs der Niederlande" und trat in den folgenden Jahren erfolgreich in London auf. S. spielte 1836 in St. Petersburg, wurde Solocellist des Zaren, Direktor der Philharmonischen Konzerte, Musikdirektor an der Univ. und Inspektor der Musikschule des Hoftheaters. In den über zwanzig Jahren seiner Tätigkeit in St. Petersburg führte er dort u. a. die Musik von —» Beethoven, Berlioz, —»Schumann, —»Liszt und —»Wagner ein. Die beiden von ihm komponierten Konzerte für Violoncello (Konzert in D, op. 5; Concerto patetico, op. 36) weisen auf sein virtuoses Spiel hin. DP M G G
Schubiger,
Anselm, Taufname: Joseph Alois, schweizer, kath. Theologe, Musikforscher, * 5. oder 9 . 4 . 1 8 1 5 Uznach (Kt. St. Gallen), t 1 4 . 3 . 1 8 8 8 Einsiedeln. S. legte 1835 im Benediktinerkloster Einsiedeln die Profeß ab, wurde 1839 zum Priester geweiht und war hier 1842-59 Organist und Kapellmeister. Er trieb Studien in der reichen Handschriftensammlung der Klosterbibliothek und erkannte als einer der ersten Forscher die zentrale Bedeutung der St. Galler Sängerschule im Mittelalter für die Geschichte des Chorais. Er veröffentlichte u. a. Zur Pflege des Kirchengesangs und der Kirchenmusik in der deutschen katholischen Schweiz (1873). DD M G G
Schubotz,
(Johann G.) Hermann, Zoologe, * 2 5 . 5 . 1 8 8 1 Potsdam, t 7. 11. 1955 Lugano. S., Sohn eines Spediteurs, studierte Naturwissenschaften an den Universitäten Heidelberg und Berlin und wurde 1905 promoviert (Beiträge zur Kenntnis der Amoeba blattae Biitschli und Amoeba proteus). Er war Assistent am Zoologischen Institut der Univ. Berlin, habilitierte sich dort 1913 f ü r Zoologie und Vergleichende A n a t o m i e und erhielt 1916 den Professorentitel. 1 9 0 7 / 0 8 und 1 9 1 0 / 1 1 begleitete er Herzog Adolf Friedrich von —»Mecklenburg auf Forschungsreisen
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durch Afrika und legte umfangreiche zoologische S a m m lungen für die Museen in Berlin, Hamburg und F r a n k f u r t / Main an. Er bearbeitete auch den zoologischen Teil der Tagebücher - » E m i n Paschas. S. hielt seit 1913 Vorlesungen am Hamburger Kolonial-Institut, leitete seit 1917 den Vaterländischen Unterricht beim Generalgouvernement in Belgien und war 1921-25 Referent f ü r Presse- und Kulturpolitik bei der Deutschen Gesandtschaft in Stockholm. S. wurde 1925 Referent in der Hochschulabteilung des preuß. Kultusministeriums und war 1926-33 Direktor der „Deutschen Welle". Er publizierte ferner Arbeiten zur Kulturpolitik und zum R u n d f u n k w e s e n . c n Reichshandbuch
Schubring,
Paul (Wilhelm Julius), Kunsthistoriker, * 2 8 . 1 . 1869 Godesberg (heute zu Bonn), t 7 . 1 1 . 1 9 3 5 Hannover. Der Lizentiat der Theologie S. wurde 1893 Lehrer an der Scuola internazionale in Bari, 1895 Vikar der deutschreformierten G e m e i n d e in F r a n k f u r t / M a i n und studierte 1895-98 Kunstgeschichte und Geschichte an der Univ. Leipzig (Dr. phil. 1898). 1899-1902 war er Mitarbeiter der S a m m l u n g christlicher Skulpturen der kgl. Museen Berlin und lehrte 1900-05 Kunstgeschichte und Literatur an der dortigen Kunsthochschule. S. habilitierte sich 1904 an der T H Berlin und unterrichtete 1904-20 Kunstgeschichte an der staatlichen Kunstschule sowie seit 1905 Geschichte des Kunstgewerbes und der dekorativen Künste an der T H Berlin. 1907 wurde er zum Prof. ernannt, ging 1909 als Ordinarius f ü r Kunstgeschichte an die Univ. Basel, kehrte 1910 an die T H Berlin zurück und war 1920-35 Ordinarius für Kunstgeschichte an der T H Hannover. S. schrieb u . a . Florenz (2 Tie. in 1 Bd. 1908/09, 3 1 9 2 4 / 2 5 ) , Dantes Göttliche Komödie in Zeichnungen der deutschen Romantiker (1921) und Die Kunst der Hochrenaissance in Italien ( 1 9 2 6 , 2 1 9 3 8 ) . • D Metzler Kunsthistoriker
Schubring,
(Julius Hermann Wolfgang) Walther, Indologe, * 10. 12.1881 Lübeck, t 13.4. 1969 Hamburg. S., Sohn eines Gymnasialprofessors und Direktors des Katharineums, studierte seit 1900 an den Universitäten München und Berlin, wurde 1904 in Straßburg zum Dr. phil. promoviert (Das Kalpa-sütra, die alte Sammlung jinistischer Mönchsvorschriften, gedruckt 1905) und trat 1905 in den Dienst der Kgl. Bibliothek in Berlin. 1918 habilitierte er sich in Berlin für Indologie (Das MahänisTha-Sutta) und war 1920-51 o . P r o f . für Kultur und Geschichte Indiens an der Univ. Hamburg. S. wurde 1938 korrespondierendes Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften in Göttingen. Er befaßte sich vor allem mit d e m Jainismus und veröffentlichte u. a. Die Lehre der Jainas (1934). CD N D B
Schubring,
Wilhelm, evang. Theologe, * 1 3 . 3 . 1 8 7 5 Erfurt, t 6 . 7 . 1 9 4 5 Berlin. Nach der Ordination 1900 wurde S. 1901 Pfarrer in Alsleben, 1904 in Wundersleben, 1913 an St. T h o m a s und 1918 an St. Marien in Berlin. 1921-25 Mitglied der Interimsleitung des Evangelisch-Sozialen Kongresses, wurde er 1925 Generalsekretär des deutschen Protestantenvereins und Leiter der Geschäftsstelle des Verbandes des freien Protestantismus. S. wurde 1930 Vertreter Deutschlands im Exekutivkomitee des Weltbundes für freies Christentum und religiöse Freiheit. Er war 1925-33 Mitglied der Demokratischen Partei und Schloß sich im „Dritten R e i c h " der Bekennenden Kirche an. Zugleich gestaltete er als Herausgeber des „Protestantenblatts" 1920-41 den protestantischen Liberalismus zwischen den Weltkriegen mit. Mehrfach geriet er in Konflikt mit der Gestapo. S. schrieb u. a. Kirchenpolitisches Abc. Eine Einführung in das kirchenpolitische Leben der Gegenwart (1921, Μ 925), Kirchenpolitisches Quellenheft (1926) und Vom wahren Wesen des Kulturprotestantismus (1926). m
BBKL
Schuchardt S c h u e h , Carl (Eduard), auch Charles S., österr. Maler, * 3 0 . 9 . 1846 Wien, f 1 3 . 9 . 1 9 0 3 Wien. S., Sohn eines Gastwirts, erbte nach d e m Tod des Vaters 1851 dessen Vermögen. Er studierte an der Wiener Kunstakademie seit 1865 u . a . bei L u d w i g —»Halauska, hielt sich seit 1870 häufig im Umland von München auf und Schloß sich d e m Kreis um Wilhelm —> Leibi und Wilhelm —>Trübner an. Nach Reisen durch die Niederlande und Belgien (u. a. mit Karl —> Hagemeister) lebte er seit 1876 in Venedig, 1882-94 in Paris und anschließend wieder in Wien, wo er, seit 1891 erkrankt, in geistiger Umnachtung starb. Er malte Stilleben (u. a. Stilleben mit Äpfeln, Weinglas und Zinnkrug, um 1876), Interieurs, Landschaften und Porträts ( u . a . Karl Hagemeister, 1876), die in ihrer flächig-pastosen, im Spätwerk abstrahierenden Malweise auf den Impressionismus vorausweisen und erst nach seinem Tod einem größeren Kreis bekannt wurden. t u NDB S c h u c h , Ernst (Gottfried) Edler von, eigentl. Ernest G. v. S„ österr. Dirigent, * 23. 11.1846 Graz, t 1 0 . 5 . 1 9 1 4 Kötzschenbroda (heute zu Radebeul). Neben dem Jurastudium Schüler von Otto - > D e s s o f f und Leiter des Grazer Musikvereins, wurde S., Sohn eines Staatsbeamten, 1867 Musikdirektor am Lobe-Theater in Breslau und war 1868-70 in Würzburg, 1870/71 in Graz und 1871 in Basel tätig. 1872 wurde er in gleicher Stellung an die Dresdner Hofoper engagiert und 1873 zum Kgl. Kapellmeister ernannt. 1882 übernahm er die Operndirektion und war seit 1889 Generalmusikdirektor. 1898 wurde er in den österr. Adelsstand erhoben. S. wandte sich vor allem der zeitgenössischen Musik zu und machte die Dresdner Oper u . a . durch die Uraufführungen der Opern Feuersnot, Salome, Elektro und Der Rosenkavalier von Richard —> Strauss zu einer der führenden deutschsprachigen Opernbühnen. Aus der Ehe mit Clementine von - » S c h u c h - P r o s k a ging die Tochter Liesel von —»S. hervor. CD N D B S c h u c h , Franz, Theaterprinzipal, Schauspieler, * um 1716 Wien ( O l m ü t z ? ) , t 1 7 6 3 / 6 4 F r a n k f u r t / O d e r . Zunächst Mitglied der Theatertruppe K. F. Reibehands, gründete S. spätestens 1739 eine eigene Gesellschaft und trat 1740 mehrere M o n a t e in Baden bei Wien auf. Wegen der Theatersperre anläßlich der Landestrauer um den verstorbenen Kaiser ging er nach Breslau, erhielt hier 1742 ein Privilegium privatum und spielte seit 1743 u. a. in Straßburg, F r a n k f u r t / M a i n , Regensburg und Nürnberg, 1747 in Bern und 1754 in Berlin. Sein 1755 erhaltenes preuß. Generalprivileg vererbte er an seine Nachkommen. S. erbaute in Breslau auf eigenem Grund das Theater „An der kalten Asche", spielte auch in Berlin in festem Haus und wechselte mindestens alle zwei Monate den Spielort. Seiner Truppe, die zunächst nur aus sechs bis acht, in ihrer Glanzzeit um 1757 aus bis zu 30 Personen bestand, gehörten zeitweise Conrad - > Ekhof, Karl Theophil - » Doebbelin und Sophie Friederike Hensel (—>Seyler) an. S. selbst gab mit Erfolg den Harlekin. Aus seinen vier Kindern und denen der Meinzners stellte er ein erfolgreiches Kindertheater zusammen. OD Kosch: Theater S c h u c h , Franz Joseph, Mediziner, Zoologe, * 2 5 . 3 . 1808 Regen (Niederbayern), t 2 1 . 3 . 1863 Regensburg. Nach dem Medizinstudium in München, Würzburg und Paris (Promotion 1832, Die Brüste und ihre Verrichtungen) ging S., Sohn eines Landrichters, 1834 als Militärarzt in der bayerischen A r m e e nach Griechenland und kehrte nach seinem Abschied als Regimentsarzt 1837 nach Bayern zurück. 1844 wurde er Mitglied des Kreismedizinalausschusses und 1856 dirigierender Arzt der beiden Krankenhäuser in Regensburg. Er stand in Verbindung mit Karl Ludwig —> Koch, legte in Griechenland eine umfangreiche zoologische, vor
allem ornithologische Sammlung an, initiierte die Gründung des „Zoologisch-mineralogischen Vereins Regensburg" 1846 und redigierte seit 1847 dessen „Correspondenzblatt". S c h u c h , Liesel von, eigentl. Elisabeth S., Sängerin, * 12. 12. 1891 Dresden, t 10. I. 1990 Dresden. Die Tochter Clementine von —> Schuch-Proskas und Ernst von —»S.s studierte bei ihrer Mutter sowie in Wien, kam frühzeitig an die Dresdner Oper und gehörte deren Ensemble 1914-35 als Koloratursopranistin und lyrische Sopranistin an. 1924 wirkte sie in der Uraufführung der Oper Intermezzo von Richard —> Strauss mit. S. war auch eine angesehene Konzertsängerin. Nach ihrem Rückzug von der Bühne unterrichtete sie 1935-67 Gesang an der Musikhochschule in Dresden. Sie war Ehrenmitglied der Dresdner Oper. Dd Kutsch S c h u c h , Werner (Wilhelm Gustav), Maler, * 2. 10.1843 Hildesheim, t 2 4 . 4 . 1918 Berlin. S. studierte 1860-64 Architektur an der T H Hannover, war seit 1868 bei der Venlo-Hamburger Bahn in Osnabrück beschäftigt und wurde 1871 Lehrer für Baukunst an der Polytechnischen Schule in Hannover. Seit 1872 befaßte er sich autodidaktisch mit Malerei, unternahm Studienreisen und studierte 1 8 7 6 / 7 7 an der Kunsthochschule in Düsseldorf. 1875 zum Dozenten f ü r Baukunst mit dem Titel Prof. ernannt, lehrte S. in Hannover Ornamentik und Innenarchitektur, seit 1877 auch Figuren- und Landschaftszeichnen. Nach mehreren Beurlaubungen schied er 1883 aus d e m Lehrdienst aus und ließ sich als freischaffender Maler in München, 1886 in Berlin nieder. S. malte Historien-, Genreund Landschaftsbilder, u. a. das Wandbild für die Berliner Ruhmeshalle Die Völkerschlacht bei Leipzig (1888). m Th-B
Schuch-Proska,
Clementine von, geb. Prochäzka, Sängerin, * 1 2 . 2 . 1 8 5 3 Wien, t 11.6. 1932 Kötzschenbroda bei Dresden. S.-P. studierte am Wiener Konservatorium Gesang bei Mathilde —»Marchesi de Castrone und debütierte 1873 an der Hofoper in Dresden. Sie sang zahlreiche große Sopranpartien (u.a. die Königin der Nacht in - » M o z a r t s Die Zauberflöte), gastierte 1875 erstmals an der Wiener Oper und trat später in Berlin (1881), Zürich (1880), Moskau, St. Petersburg und an der Covent Garden Opera in London (1884) auf. S.-P. war auch als Konzertsängerin erfolgreich. 1894 schied sie aus d e m Ensemble der Dresdner Oper aus und wurde deren Ehrenmitglied. Aus ihrer Ehe mit Ernst von —> Schuch ging die Tochter Liesel von —»Schuch hervor. • • Kutsch
Schuchard,
Johannes (Heinrich), auch Johan(n) H. S., Fabrikant, K a u f m a n n , * 3 . 3 . 1 7 8 2 B a r m e n (heute zu Wuppertal), t 13.1. 1855 Barmen. S. war neben seiner Tätigkeit in der Weberei seines Vaters als Redakteur einer Lokalzeitung tätig. 1826-43 gehörte er dem Rheinischen Provinziallandtag an; 1830-46 war er Mitglied der Handelskammer für Elberfeld-Barmen. S. sprach sich gegen einen unkontrollierten Ausbau der Industrie aus und trat für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von in Spinnereien beschäftigten Kindern ein. Eine Eingabe S.s an den Landtag 1837 führte zwei Jahre später zur Einschränkung der Kinderarbeit in der Rheinprovinz; 1853 wurde Kindern unter zwölf Jahren die Fabrikarbeit verboten. CD N D B
Schuchardt,
Bernhard, Mediziner, * 2 2 . 5 . 1 8 2 3 Teichhof bei Kassel, t 9 . 1 2 . 1911 Gotha. Nach dem Studium in Marburg und Göttingen (Promotion 1847, Quaedam de effectu, quem privatio singularum nutrimentum constituentium exercet in organismum ejusque partes) war S. Assistent an der Medizinischen Klinik und Privatdozent an der Univ. Göttingen, ging 1860 als Obergerichts-
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Schuchardt Physikus nach N i e n b u r g / W e s e r und wurde 1867 Vortragender Rat für Medizinalangelegenheiten im herzoglichen Staatsministerium in Gotha. Er war 1864-67 Herausgeber der „Zeitschrift für praktische Heilkunde und Medizinalwesen", Ehrenvorsitzender des allgemeinen ärztlichen Vereins f ü r Thüringen, 1869-71 Mitherausgeber von dessen „Zeitschrift für Epidemiologie und öffentliche Gesundheitspflege" sowie Ehrenmitglied der kgl. Preußischen A k a d e m i e für gemeinnützige Wissenschaften zu Erfurt. S. veröffentlichte u . a . ein Handbuch der allgemeinen und speciellen Arzneimittellehre und Receptirkunst (1858). • • Ärzte 1 S c h u c h a r d t , Emil, Pseud. Bernd Besser, Komponist, Musiker, * 3 . 2 . 1917 Düsseldorf, t 2 5 . 6 . 1965 Düsseldorf. Der Sohn eines K a u f m a n n s erhielt als Schüler Unterricht bei dem Organisten Hubert Meyssen und studierte seit 1931 in Düsseldorf Musik. 1936-46 arbeitete er als Repetitor und Schauspielkapellmeister an den Städtischen Bühnen in Düsseldorf. Seit 1947 war er für das M ü n c h n e r Kabarett „Die Schaubude" tätig und wurde bis 1955 musikalischer Leiter beim Kabarett „Das K o m ( m ) ö d c h e n " in Düsseldorf. S. komponierte Bühnenmusik, Kabarettsongs und Schlager. m NDB
Schuchardt,
Fedor, Psychiater, * 3 . 8 . 1848 Saalburg (Thüringen), t 7 . 1 1 . 1913 Rostock. Nach d e m Studium in Jena, Berlin, Freiburg und Straßburg (Promotion 1880, Ueber die anatomischen Veränderungen bei Dementia paralytica in Beziehung zu den klinischen Erscheinungen) war S. 1879-82 Assistent bei Karl Friedrich Werner - > Nasse in der Anstalt Andernach. 1885 habilitierte er sich an der Univ. B o n n für Psychiatrie ( Ü b e r die Ohrblutgeschwulst), praktizierte in einer Bonner Anstalt und kam 1886 als Leiter der Anstalt Sachsenberg nach Mecklenburg. S. wurde 1886 zum Medizinalrat, 1895 zum Obermedizinalrat und 1903 zum Geheimen Medizinalrat ernannt. 1896 als o . P r o f . der Psychiatrie an die Univ. Rostock berufen und zum Direktor der nach seinen Plänen errichteten Anstalt Rostock-Gehlsheim ernannt, übernahm er 1879 auch die Leitung der dort neueingerichteten UniversitätsPoliklinik für Nerven- und Gemütskranke. 1 9 0 8 / 0 9 war er Rektor der Univ. Rostock. c n Kreuter
Schuchardt,
H u g o (Ernst Mario), Romanist, Sprachwissenschaftler, * 4 . 2 . 1 8 4 2 Gotha, f 2 1 . 4 . 1 9 2 7 Graz. S., Sohn eines Notars, studierte seit 1860 Philologie in Jena und Bonn, wurde 1864 promoviert (De sermonis Romani plebei cocalibus, gedruckt unter dem Titel Der Vokalismus des Vulgärlateins, 3 Bde., 1866-68, Nachdr. 1975) und hielt sich 1867-69 in Genf und R o m auf. 1870 habilitierte er sich in Leipzig f ü r Romanistik (Ueber einige Fälle bedingten Lautwandels im Churwälschen), wurde 1872 Prof. in Halle und war 1876-1900 o . P r o f . der Romanistik in Graz. S., Vertreter einer historischen Sprachwissenschaft und der Sach- und Wortforschung sowie Mitbegründer der „Wellentheorie", lehnte die Sprachauffassung der Junggrammatiker ab (Über die Lautgesetze. Gegen die Junggrammatiker, 1885). Er integrierte kulturhistorische und soziopsychologische Faktoren in seine Studien zum Sprachursprung (Sprachursprung, 3 Tie., 1 9 1 9 / 2 0 ) und Sprachwandel, mit denen er zu den Wegbereitern der Sprachkontaktforschung und der Kreolistik (Kreolische Studien (9 Tie., 1882-90) zählt. Er befaßte sich auch mit d e m Baskischen, Iberischen und georgischen (Die iberische Deklination, 1907; Primitiae linguae Vascorum, 1923, 2 1968), deren Verwandtschaft er nachzuweisen suchte. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Slawo-deutsches und Slawo-italienisches (1884, Nachdr. 1971), Romanische Etymologien (2 Tie., 1 8 9 8 / 9 9 ) und Die romanischen Lehnwörter im Iberischen (1918). 2 0 0 6 er-
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schien sein Briefwechsel mit Leo —> Spitzer (Leo Spitzers Briefe an Hugo Schuchardt, hrsg. von Bernhard Hurch). m NDB
Schuchhardt,
Carl, Archäologe, * 6 . 8 . 1859 Hannover, t 7. 12. 1943 Arolsen. S., Sohn eines Graveurs und Kupferstechers, studierte seit 1877 Philologie und Klassische Archäologie in Leipzig, Heidelberg und Göttingen und wurde 1882 in Heidelberg promoviert. Seit 1884 Hauslehrer in Rumänien, bereiste er 1 8 8 6 / 8 7 als Stipendiat des Deutschen Archäologischen Instituts Kleinasien und arbeitete an den Ausgrabungen in Perg a m o n mit. 1888 wurde er nach kurzer Tätigkeit bei den Berliner Museen Direktor des Kestner-Museums in Hannover und beschäftigte sich zunehmend mit der Archäologie Nordwestdeutschlands; 1904 war er Mitbegründer und bis 1934 Vorsitzender des Nordwestdeutschen Verbands f ü r Altertumsforschung. 1908-25 leitete er als Direktor die prähistorische Abteilung des M u s e u m s für Völkerkunde in Berlin und war Generalinspektor f ü r die Ausgrabungen in Preußen. Er schrieb u. a. Alteuropa [...] ( 1 9 1 9 , 5 1 9 4 4 ) , Vorgeschichte von Deutschland (1928, 5 1943), Der Entdecker von Pergamon. Carl Humann (1930, mit Theodor —»Wiegand) und Die Burg im Wandel der Weltgeschichte (1931). S. war Mitglied der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften und des Deutschen Archäologischen Instituts. Er war der Vater von Walter-Herwig - > S . m NDB
Schuchhardt, Walter-Herwig, Archäologe, * 8.3. 1900 Hannover, f 14. 1. 1976 Freiburg/Breisgau. Der Sohn Carl - > S . s studierte 1918-23 an den Universitäten Tübingen, Heidelberg und Göttingen Klassische Archäologie, Alte Geschichte und Kunstgeschichte (Promotion 1924, Die Meister der pergamenischen Gigantomachie, gedruckt unter dem Titel Die Meister des großen Frieses von Pergamon, 1925) und war dann als Assistenz an der Univ. München tätig. Nach einer Türkei- und Griechenlandreise ( 1 9 2 4 / 2 5 ) und einem Aufenthalt in Athen habilitierte er sich 1929 an der Univ. F r a n k f u r t / M a i n für Archäologie (Die Entstehung des Parthenonfrieses) und wurde 1934 a . o . P r o f . an der Univ. Gießen, 1936 o . P r o f . der Klassischen Archäologie und Direktor des Archäologischen Instituts an der Univ. Freiburg/Breisgau. S., der sich vor allem mit der F o r m geschichte der griechischen Plastik befaßte, veröffentlichte u. a. Die Kunst der Griechen (1940), Die Epochen der griechischen Plastik (1959), Griechische Kunst (1964) und Geschichte der griechischen Kunst (1971). CD Lullies
Schucht,
Elisabeth, geb. Krause, Schriftstellerin, * 5 . 7 . 1888 Dresden, t 7. 10. 1954 Hamburg. S. lebte zunächst als Bildhauerin u . a . in Leipzig und Weimar, war acht Jahre Sozialfürsorgerin in Männergefängnissen (Die Gezeichneten, 1930) und betätigte sich als Journalistin und Schriftstellerin (u. a. Jo liebt einen alten Mann, 1934). Trotz körperlicher Behinderung nach einem Verkehrsunfall 1918 bereiste sie 1935 Amerika, 1 9 3 8 / 3 9 Südostasien (Eine Frau fliegt nach Fernost, 1942) und 1 9 5 1 / 5 2 Indien und Pakistan (Unter der silbernen Sichel. Eine Reise durch Pakistan, 1952). S. war mit Käthe —»Kollwitz befreundet. m
Schucht,
DLL
Friedrich, Geologe, * 26. 11.1870 O k e r / H a r z , t 3 1 . 3 . 1941 Berlin. S., Sohn eines Lehrers, studierte Chemie, Geologie und Mineralogie in Jena und Göttingen und war anschließend Assistent an den landwirtschaftlichen Versuchsstationen in Rufach (Elsaß) und Oldenburg sowie 1900-22 Geologe, dann Bezirks- und später Landesgeologe bei der Preußischen Geologischen Landesanstalt in Berlin. 1903 wurde er in Rostock promoviert (Beitrag zur Geologie der Wesermarschen). Seit 1911 lehrte S. in Berlin als Honorarprofessor an der
Schücking Landwirtschaftlichen Hochschule, 1922-37 als o . P r o f . für Geologie, Mineralogie und Bodenkunde. Mit Unterbrechungen war er von 1926 bis zu seinem Tod Vorsitzender der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft; 1935 wurde er Präsident der Internationalen Bodenkundlichen Gesellschaft. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Grundzüge der Bodenkunde (1930), Die Muschelkalkböden Mitteldeutschlands und ihre land- und forstwirtschaftliche Nutzung (mit Alfred —» Gehring, 1935) und Die Keuperböden Mitteldeutschlands und ihre land- und forstwirtschaftliche Nutzung (mit Hans - > K u r o n , 1940). A b der 4. Auflage gab er Felix —> Wahnschaffes Anleitung zur wissenschaftlichen Bodenuntersuchung heraus. DP B ö h m S c h u c h t , Klaus, Manager, Politiker, * 2 5 . 2 . 1 9 3 0 Breslau, t 18. 1.2001 Flims (Kt. Glarus). S. studierte bis 1955 Bergbau an der T H Aachen und wurde 1960 zum Dr.-Ing. promoviert (Die Materialförderung in Bergwerksbetrieben). Seit 1958 in Bergbauunternehmen tätig, wurde er 1963 Direktor bei der Monopol Bergwerks G m b H , übernahm 1967 die Technische Geschäftsführung innerhalb derselben Gesellschaft und trat in den Vorstand der Bergbau A G Westfalen (Ruhrkohle) in Dortmund ein. Seit 1976 Sprecher des Vorstandes der Bergbau A G Westfalen, wechselte er 1991 in den Vorstand der Berliner Treuhandanstalt und war dort verantwortlich für die Neuordnung der Energie-, Bergbau- und Chemieindustrie. 1995 wurde S., der 1967 der S P D beigetreten war, zum Wirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt ernannt (seit 1998 Minister für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten) und schied 1999 aus diesem A m t aus. Im selben Jahr wurde er Mitglied des Aufsichtsrats der Braunkohlengesellschaft Mibrag. S c h l i c k e r t , (Johann) Sigmund, Techniker, Industrieller, * 1 8 . 1 0 . 1 8 4 6 Nürnberg, t 17.9. 1895 Wiesbaden. S., Sohn eines Büttnermeisters, durchlief eine Mechanikerlehre in Nürnberg und wurde nach der Wanderschaft 1866 Werkmeister in der Nürnberger Telegraphenbauanstalt. Nach einem längeren Aufenthalt in den U S A (seit 1869), wo er u . a . Mitarbeiter T h o m a s Alva Edisons war, gründete S. 1873 in Nürnberg eine elektromechanische Werkstätte und stellte zunächst Dynamomaschinen, später auch Elektromotoren und elektrische Meßinstrumente (u.a. Stromzähler und -messer) sowie Scheinwerfer her. 1882 wurde in Nürnberg die erste elektrische Straßenbeleuchtung mit Lampen von S. betrieben. 1884 nahm er Alexander —> Wacker als Teilhaber in sein Unternehmen auf (fortan O H G Schuckert & Co.). 1893 erfolgte die U m w a n d l u n g in die Elektrizitäts A G , die 1903 mit der Starkstromabteilung der Siemens & Halske A G fusionierte (SiemensSchuckertwerke). m NDB S c h u c k m a n n , (Kaspar) Friedrich Frh. von, Staatsmann, * 2 5 . 1 2 . 1 7 5 5 Mölln bei Neubrandenburg (Mecklenburg), t 17.9. 1834 Berlin. Der Sohn eines dänischen Offiziers studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Halle, k a m 1779 an das Berliner Kammergericht, 1786 als Rat bei der Oberamtsregierung und beim Konsistorium nach Breslau und wurde 1787 Mitglied der Kammergerichtsdeputation. 1790 zum schlesischen Oberbergrichter ernannt, leitete er seit 1795 als Kammerpräsident der fränkischen Provinzen Preußens in Bayreuth (seit 1796 in Ansbach) die innen- und außenpolitische Neuordnung der ehemaligen fränkischen Markgrafschaften. S. wurde 1798 Geheimer Oberfinanz-, Kriegs- und Domänenrat mit Sitz und S t i m m e im Berliner Provinzialdepartement und war von 1806 bis Kriegsbeginn Kammerpräsident in P o m m e r n . 1810 von - ^ H a r d e n b e r g als Geheimer Staatsrat und Abteilungsvorstand in das preuß.
Innenministerium berufen, wurde er 1814 Innenminister in der Regierung Hardenberg, 1830 teilweise amtsentlastet, 1834 in den Freiherrenstand erhoben und in den Ruhestand versetzt. DD R ö ß l e r / F r a n z S c h u d t , Johann Jakob, evang. Theologe, Orientalist, * 14. 1. 1664 F r a n k f u r t / M a i n , t 14.2. 1722 F r a n k f u r t / Main. Der Sohn eines Pfarrers studierte 1680-84 in Wittenberg Philosophie und Theologie und anschließend in Hamburg orientalische Sprachen. Seit 1689 lebte er wieder in Frankfurt, wo er 1691 Gymnasiallehrer, 1695 Konrektor und 1717 Rektor wurde. S., der sich besonders mit Geschichte und Religion des Judentums beschäftigte, galt als bester Kenner des Judentums unter den christlichen Theologen seiner Zeit. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Compendium historiae judaicae (1700), Judaeus Christicida gravissime peccans et vapulans (1703, 2 1704) und Jüdische Merkwürdigkeiten (1714-18) sowie Specimen compendii philologici (1704, 2 1711) und Vita Hugonis Grotii succinctim enarrata (1722). OP B B K L S c h ü b l e r , Gustav, Botaniker, Mediziner, * 17.8. 1787 Heilbronn, t 8 . 9 . 1 8 3 4 Tübingen. S., Sohn eines Regierungsrats, studierte seit 1806 Medizin und Naturwissenschaften in Tübingen (Promotion 1810, Diss, inaug. sistens experimenta quaedam ad influxum electricitatis in sanguinem et respirationem spectantia), bildete sich in Wien fort und ließ sich 1811 als praktischer Arzt in Stuttgart nieder. 1812 wurde er Lehrer der Naturwissenschaften und Agrikulturchemie am Fellenbergischen Institut in Hofwil, 1817 Prof. der Naturgeschichte und Botanik an der Univ. Tübingen. 1826 wurde S. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Er schrieb u. a. Grundsätze der Agricultur-Chemie in näherer Beziehung auf land- und forstwirtschaftliche Gewerbe (2 Tie., 1831, 2 1838, schwed. 1831-34), Grundzüge der Meteorologie in näherer Beziehung auf Deutschlands Klima (1831, 2 1849) und Flora von Württemberg (mit Georg Matthias von Martens, 1834). D3 B ö h m S c h ü c h l i n , Hans, auch Schuchlin, Schuelin, Schielin, Schyechlin, Maler, * um 1440-45, t 1505 Ulm. S., vermutlich Sohn eines Ulmer Z i m m e r m a n n s , ist seit 1471 in Ulm nachweisbar; seit 1491 war er u . a . Spitalpfleger, Ratsmitglied und Pfarrkirchenbauherr. Möglicherweise führte er die Werkstatt eines von Hans —> Multscher beeinflußten Ulmer Meisters fort und übergab sie dann seinem späteren Schwiegersohn Bartholomäus —»Zeitblom. S. gilt als einer der bedeutendsten Ulmer Maler seiner Zeit. Zu den ihm zugeschriebenen Arbeiten zählt das Hochaltarretabel der Kirche zu Tiefenbronn (1469) mit Darstellungen der Passion und aus dem Leben Mariä. CO B B K L S c h ü c k i n g , Catharina (Sibylla), geb. Busch, Pseud. Pauline zu Cl., Lyrikerin, * 26. 1. 1791 Ahlen, t 2. 11. 1831 Sögel bei Meppen. Als Tochter eines Stadt- und Landrichters in Dülmen aufgewachsen, wurde S.s literarisches Talent bei einem Aufenthalt in Münster 1807 von Anton Matthias Sprickmann entdeckt und gefördert. S. nahm Kontakt zum Kreis u m die Fürstin Amalia von —»Gallitzin auf, kehrte 1809 nach Dülmen zurück und veröffentlichte 1810 erstmals Gedichte in Friedrich —>Raßmanns „Mimigardia". Seit 1813 war sie mit Annette von —> Droste-Hülshoff befreundet, die ihr später das Gedicht Catherine Schücking widmete. S. zog 1815 mit ihrer Familie nach Sögel. Sie war die Mutter von Levin - > S . CD Westf Autoren, Bd 1
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Schücking S c h ü c k i n g , (Christoph Bernhard) Levin, Schriftsteller, Journalist, * 6 . 9 . 1814 Meppen, t 3 1 . 8 . 1 8 8 3 Bad Pyrmont. S., Sohn eines herzoglich-arenbergischen Amtsvogts und Richters, späteren Redakteurs und Verlegers in den USA, und der Catherina —»S., studierte seit 1833 Rechtswissenschaft in München, Heidelberg und Göttingen, war seit 1837 in Münster als Hauslehrer tätig und wurde durch Vermittlung von Annette von —» Droste-Hülshoff 1841 Bibliothekar bei ihrem Schwager Joseph von —»Laßberg auf der Meersburg am Bodensee. Ferdinand —»Freiligrath, dessen Malerisches und romantisches Westphalen (1841) er vollendete, verschaffte ihm 1842 eine Hofmeisterstelle in Ellingen (Bayern), später in M o n d s e e bei Salzburg. S. war nach seiner Heirat mit Louise von - » G a l l 1843 Redakteur bei der Augsburger „Allgemeinen Zeitung" und leitete 1845-52 das Feuilleton der „Kölnischen Zeitung". 1846-48 reiste er nach Ostende, Paris, R o m (Eine Römerfahrt, 1848) und Neapel. Seit der Entlassung 1852 lebte S. als freischaffender Schriftsteller auf seinem Gut Sassenberg bei Warendorf, später wieder in Münster und seit 1874 winters in R o m . Als Herausgeber, Rezensent und Biograph (Annette von Droste. Ein Lebensbild, 1862) trug er wesentlich zur Verbreitung des Werks der Droste bei. Neben Literaturkritiken verfaßte S. erzählende Prosa (u. a. Ausgewählte Romane, 12 Bde., 1864), Dramen und Lyrik. Seine Lebenserinnerungen erschienen 1886. CD Westf Autoren, Bd 2 S c h ü c k i n g , Levin L(udwig), Anglist, * 2 9 . 5 . 1878 Burgsteinfurt, t 12. 10. 1964 Farchant (Kr. GarmischPartenkirchen). S., Sohn eines Landgerichtsrats, Bruder von Lothar Engelbert und Walther —»S. und Enkel des Schriftstellers Levin —»S., studierte seit 1897 in Freiburg/Breisgau, Berlin, München und Göttingen. Er wurde 1901 zum Dr. phil promoviert (Studien über die stofflichen Beziehungen der englischen Komödie zur italienischen bis Lilly) und habilitierte sich 1904 an der Univ. Göttingen für Anglistik (Grundzüge der Satzverknüpfung im Beowulf). 1910 wurde er a . o . P r o f . an der Univ. Jena, 1916 o . P r o f . an der Univ. Breslau, lehrte 1925-44 in Leipzig, 1946-52 in Erlangen und über seine Emeritierung hinaus bis 1958 an der Univ. München. 1919-33 gehörte er der Deutschen Demokratischen Partei an. S. erwarb internationales Ansehen mit der Studie Charakterprobleme bei Shakespeare (1919, ' 1 9 3 2 ) sowie mit dem Buch Die Soziologie der literarischen Geschmacksbildung (1923, 3 1961). Er veröffentlichte ferner Untersuchungen zur Bedeutungslehre der angelsächsischen Dichtersprache (1915), Die englische Literatur im Mittelalter (mit Hans Hecht, 1927), Die Familie im Puritanismus (1929, 2 1964), Der Sinn des Hamlet (1935) und Shakespeare und der Tragödienstil seinerzeit (1947). S. war Mitglied mehrerer nationaler und internationaler Akademien und seit 1951 Mitherausgeber der „Germanisch-romanischen Monatsschrift". 2001 erschien sein Briefwechsel mit Börries von - » M ü n c h hausen (hrsg. von Beate E. Schücking). DP N D B S c h ü c k i n g , Lothar Engelbert, Jurist, Publizist, * 3 0 . 4 . 1873 Wollin (Pommern), t 2 . 2 . 1943 Sassenberg (Westfalen). S., Bruder von Levin L. —»S. und von Walther —»S. und Enkel des Schriftstellers Levin —»S., studierte seit 1892 in Berlin, Jena und Marburg Jura und wurde 1901 Gerichtsassessor. Seit 1902 Stadtrat in Osnabrück, wurde er 1903 zum Bürgermeister von H u s u m gewählt. 1908 wegen Veröffentlichung der kritischen Broschüre Die Reaktion in der inneren Verwaltung Preußens disziplinarisch belangt und mit Amts- bzw. Pensionsverlust bestraft, ließ sich S. als Rechtsanwalt in Dortmund nieder und wurde Mitglied der Demokratischen Vereinigung u m T h e o d o r —»Barth und
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Rudolf —»Breitscheid. Im Ersten Weltkrieg wurde er Pazifist und Sozialdemokrat und wirkte seit 1918 führend bei der Deutschen Friedensgesellschaft und dem Verein zur A b w e h r des Antisemitismus mit. Aus der S P D trat S. anläßlich des Streits u m den Panzerkreuzerbau 1928 aus. 193.3 mit Berufsverbot belegt, widmete er sich zuletzt landeshistorischen Studien. c n S H B L , Bd 7 S c h ü c k i n g , Walther (Max Adrian), Jurist, * 6 . 1 . 1 8 7 5 Münster (Westfalen), t 2 5 . 8 . 1935 Den Haag. S., Bruder von Levin L. und Lothar Engelbert —»S., studierte seit 1894 Rechtswissenschaften in München, Bonn, Berlin und Göttingen und wurde 1897 promoviert. 1899 habilitierte er sich an der Univ. Göttingen f ü r Staats- und Völkerrecht und wurde 1900 a. o. Prof. in Breslau, 1903 o. Prof. in Marburg, 1921 an der Handelshochschule Berlin und 1926 an der Univ. Kiel, wo er bis 1933 das Institut für Internationales Recht leitete. S. stand zunächst Friedrich —»Naumanns „Nationalsozialer Partei", später der Deutschen Fortschrittspartei nahe und trat seit 1907 für eine Demokratisierung der deutschen Verfassung und eine internationale Organisation der Staaten auf Grund des Völkerrechts ein (Neue Ziele der staatlichen Entwicklung, 1913; Der Staatenverband der Haager Konferenzen, 1918). 1919 einer der sechs Hauptbevollmächtigten der deutschen Delegation bei den Friedensverhandlungen in Versailles, gehörte er 1919-28 als Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei der Nationalversammlung und d e m Reichstag an. S. leitete den parlamentarischen Untersuchungsausschuß zur Klärung der Kriegsschuldfrage und gab dessen umfangreiches Werk mit heraus, engagierte sich in der Deutschen Liga für den Völkerbund und setzte sich für Abrüstung sowie den Ausbau des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag ein, in den er selbst 1930 als erster deutscher Richter einzog. Er hatte dieses A m t bis zu seinem Tod inne, während er in Deutschland nach 1933 zwangspensioniert wurde. CD N D B S c h ü d d e k o p f , Karl (Bernhard Conrad), Bibliothekar, Literaturhistoriker, * 2 5 . 1 1 . 1861 H a l l e / W e s e r (Kr. Holzminden, Niedersachsen), t 3 0 . 3 . 1 9 1 7 Weimar. S., Sohn eines Pfarrers, studierte 1880-84 Germanistik und Geschichte in Tübingen, Straßburg und Berlin und lebte nach der Promotion 1886 in Leipzig (Karl. Wilhelm Ramler bis zu seiner Verbindung mit Lessing) bis 1889 als Privatlehrer in London. Seit 1889 Mitarbeiter der Bibliothek in Wolfenbüttel, wurde er 1892 Bibliothekar des Fürsten von Stolberg-Rossla, 1896 Direktorialassistent am Goetheund Schiller-Archiv Weimar und 1913 Mitarbeiter des Verlags Georg Müller. Er war seit 1899 Sekretär der „Gesellschaft der Bibliophilen", gab seit 1901 deren Jahrbuch heraus und war 1909-14 Mitherausgeber der „Zeitschrift für Bücherfreunde". S. arbeitete über Autoren seiner Heimatregion ( u . a . —»Lessing, Johann Anton —»Leisewitz, Johann Joachim —»Eschenburg), über —»Gleim und seinen Kreis, veröffentlichte zahlreiche Schriften über - » G o e t h e und war Mitherausgeber der Werke Wilhelm —»Heinses (10 Bde., 1902-25), Clemens - ^ B r e n t a n o s (nur Bd. 4, 5, 9 [Tl. 2], 10-14, 1909-17) und Goethes (mehrere Bände der Weimarer Ausgabe). CD I G L S c h ü f f t a n , Eugen, auch Eugene Schuftan, Eugen Shuftan, Kameramann, Techniker, * 2 1 . 7 . 1 8 9 3 Breslau, t 6 . 9 . 1977 New York. Nach dem Besuch der Kunstakademie Breslau als impressionistischer, dann expressionistischer Maler in Berlin tätig, arbeitete S., Sohn eines Fabrikanten, als Architekt und Dekorationsmaler und kam über seinen Lehrer Hans —> Poelzig zum Film. U m 1923 entwickelte er das Schüfftan-Patent, ein durch Fritz - » L a n g s Filme Die Nibelungen (1922-24) und Metropolis (1926) bekannt gewordenes, international verwertetes Verfahren zur vergrößerten Einspiegelung kleiner
Schüler Modelldekorationen bei Filmaufnahmen. S. schuf als Kameramann mehrere Dokumentär- und Spielfilme ( u . a . Die Herrin von Atlantis, 1932, Regie: Georg Wilhelm —»Pabst), emigrierte 1933 nach Frankreich und arbeitete mit französischen und exilierten deutschen Regisseuren zusammen, darunter M a x —»Ophüls. 1940 emigrierte er in die U S A , deren Staatsbürgerschaft er 1947 erhielt. S. war nach Kriegsende als international ausgezeichneter Kameramann (Oscar 1961 für Kamera) und Regisseur überwiegend in Europa tätig und lebte in New York und Boulogne. CD Cinegraph S c h ü h l y , Alfred (Egon), Jurist, Politiker, * 14.2. 1889 Karlsruhe, f 9 . 3 . 1977 Freiburg/Breisgau. S., Sohn eines Ingenieurs, studierte Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten Freiburg, Leipzig und Heidelberg, trat nach der Promotion 1911 in den badischen Staatsdienst ein und war 1920-27 beim Landratsamt Waldshut und seit 1932 als Ministerialrat im badischen Innenministerium tätig. 1933 als Richter an den badischen Verwaltungsgerichtshof versetzt, kehrte er 1945 in seine Position im badischen Innenministerium zurück. S. wurde 1947 badischer Innenminister und nach der Gründung des Landes Baden-Württemberg Leiter der Abwicklungsstelle. Seit 1946 nahm er an der Univ. Freiburg einen Lehrauftrag für badisches und deutsches Verwaltungsrecht wahr, wurde 1951 Prof. des öffentlichen Rechts und 1952 Präsident des Verwaltungsgerichtshofs in Freiburg. CD B W B , Bd 2 S c h ü l e , Heinrich, Psychiater, * 24. 8 . 1 8 4 0 Freiburg/ Breisgau, t 9. 12.1916 Illenau. Nach d e m Studium in Freiburg/Breisgau und Wien (Promotion 1863) trat S. in den Dienst der Badischen LandesHeilanstalt Illenau, w o er leitender Arzt der Männerabteilungen, 1878 der Frauenabteilungen und 1890 Direktor der Anstalt wurde. Er lehnte zahlreiche auswärtige Berufungen ab, erhielt 1880 den Titel Geheimer Hofrat und war wesentlich an den Plänen für die Psychiatrischen Kliniken in Heidelberg (1878) und Freiburg (1886) sowie f ü r die Anstalt E m m e n dingen (1889) beteiligt. S. war seit 1879 Mitherausgeber der „Allgemeinen Zeitschrift für Psychiatrie" und schrieb u . a . ein Handbuch der Geisteskrankheiten (1878). Er war der Schwiegervater des Psychiaters Max —»Fischer. S c h ü l e , Johann Heinrich Ritter von, Fabrikant, K a u f m a n n , * 1 3 . 1 2 . 1 7 2 0 Künzelsau, t 1 7 . 4 . 1 8 1 1 Augsburg. S., Sohn eines Nagelschmieds, war nach kaufmännischer Ausbildung in Kaufbeuren tätig, heiratete 1745 in ein Augsburger Tuchhandelsgeschäft ein und übernahm dessen Leitung. 1759 eröffnete er in Augsburg eine Manufaktur, die ihn zum Begründer der modernen Kattundruckerei in Deutschland werden ließ. Mit seinen Waren international erfolgreich, gründete S. 1766 mit einem Partner eine Fabrik in Heid e n h e i m / B r e n z und beteiligte sich 1768 sich an der Firma Grechtler & Fries (Johann von —> Fries) in Friedau (Österreich). 1792 übergab er das Unternehmen seinen Söhnen, leitete es jedoch von 1802 bis zu seinem Tod erneut. S. wurde 1772 nobilitiert und zum kaiserlichen Rat ernannt und erhielt kaiserlichen Patentschutz auf Model und Zeichnungen. m
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S c h ü l e r , Ernst, Verleger, * 2 9 . 1 0 . 1 8 0 7 Darmstadt, t 12.5. 1881 Biel. Nach dem Theologie- und Philologiestudium in Gießen Gymnasiallehrer in Gießen, nahm S. an der dortigen revolutionären B e w e g u n g 1 8 3 2 / 3 3 teil, floh nach Biel (Schweiz) und wurde dort 1833 Lehrer der Geschichte und Naturkunde am G y m n a s i u m . 1836 übernahm er die Leitung des Zentralausschusses des „Jungen Deutschland", gab 1 8 3 5 / 3 6 die Monatsschrift „Volksbibliothek" heraus und wurde 1836 schweizer. Bürger. Im selben Jahr wurde er von dem Vorwurf, durch seine oppositionellen Aktivitäten die Schweiz
zu gefährden, freigesprochen. S. führte 1842 die Uhrenproduktion in Biel ein, nahm an den Feldzügen 1845 und 1847 teil und war 1846-48 Posthalter in Biel. 1849-51 lebte er in Wiesbaden und gab nach seiner Rückkehr nach Biel seit 1853 den „Schweizer Handels-Courier" heraus, der bis 1911 bestand. S. veröffentlichte u . a . Der schönste Eintritt in die Schweiz. Die Reise von Basel nach Biel durch den bernischen Jura (1847). CD Hess Bio, Bd 1 S c h ü l e r , Friedrich, Politiker, * 1 9 . 8 . 1 7 9 1 Bergzabern, t 2 7 . 6 . 1873 Metz. S., Sohn eines Lehrers, studierte Rechtswissenschaft in Straßburg und Göttingen und war Advokat beim Appellationsgericht in Zweibrücken. Er zählte zu den Führern des Liberalismus in der Pfalz und war 1831 Chef der radikalen Linken im Bayerischen Landtag. S. war 1832 Mitbegründer des Preß- und Vaterlandsvereins in Zweibrücken, trat beim Hambacher Fest öffentlich hervor, wurde 1833 auf zehn Jahre des Landes verwiesen und lebte bis 1848 in Metz und Paris. 1848 in die Frankfurter Nationalversammlung abgeordnet, gehörte er dort der äußersten Linken an, wurde Mitglied des R u m p f p a r l a m e n t s in Stuttgart und einer der fünf Reichsregenten. S., der in einem Hochverratsverfahren zum Tod verurteilt wurde, lebte im Exil in der Schweiz und in Paris sowie auf seinem Gut St. Rufine bei Metz. Der populäre Pfälzer Politiker S. wurde in sogenannten Schüler-Festen gefeiert. CD Reinalter 2,1 S c h ü l e r , Gustav, Schriftsteller, * 27. 1. 1868 Königlich R e e t z / O d e r b r u c h , t 2 0 . 8 . 1 9 3 8 Bad Freienwalde. S. besuchte das Lehrerseminar in Königsberg (Neumark), unterrichtete drei Jahre an einer Volksschule und war anschließend als Privat- und Hauslehrer tätig. Seit 1903 lebte er als freier Schriftsteller abwechselnd in Berlin und Bad Freienwalde. S. schrieb überwiegend Lyrik (u. a. Gedichte, 1900), meist religiöse Gedichte, aber auch mehrere Bände Kriegslieder. Er verfaßte auch die Biographie Prinz Emil von Schoenaich-Carolath als Mensch und Dichter (1909) und die Erinnerungen Von Tieren und Narren. Bilderbuch aus meiner Heimat (1930). t u DLL S c h ü l e r , Hans (Ernst Wilhelm Carl), Intendant, * 18. 11. 1897 Berlin, t 2 3 . 6 . 1 9 6 3 Mannheim. S., Sohn eines Geheimen Hofrats, studierte Literatur- und Kunstgeschichte an der Univ. Berlin, wurde zum Dr. phil. promoviert, durchlief eine Bühnenausbildung bei Leopold —»Jessner und Alexander D ' A r n a l s und war Regieassistent am Deutschen Opernhaus und am Staatstheater in Berlin. 1 9 2 3 / 2 4 führte er Regie bei der Wagnerian Opera C o m pany in N e w York, 1924-26 am Stadttheater in Erfurt, war anschließend Oberregisseur der Oper am Staatstheater in Wiesbaden und wechselte 1928 als Intendant an die städtische Oper Königsberg. S. war 1933-44 Generalintendant der Städtischen Oper, 1936-44 auch des Städtischen Schauspiels in Leipzig. Als Mitarbeiter Carl Friedrich Goerdelers nach dem 20. Juli 1944 verhaftet, kehrte er 1945 in seine Leipziger Position zurück und wurde 1947 zunächst Oberregisseur in Wiesbaden, dann Intendant der Bühnen der Hansestadt Lübeck, 1951 des Nationaltheaters in Mannheim. S. inszenierte u . a . die Uraufführungen von Gerhart - * H a u p t m a n n s Hamlet in Wittenberg (1934) und Carl —>Orffs Catulli Carmina (1939). DP B W B , Bd 1 S c h ü l e r , Johannes (Erich Wilhelm), Dirigent, * 2 1 . 6 . 1 8 9 4 Vietz (Neumark), t 3. 10.1966 Berlin. S. studierte an der Hochschule für Musik und der Univ. Berlin, war 1920-22 zweiter Kapellmeister am Stadttheater in Gleiwitz, 1922-24 in Königsberg, 1924-28 in Hannover und machte als Landesmusikdirektor in Oldenburg 1928-32 durch A u f f ü h r u n g e n zeitgenössischer Musik, so der ersten A u f f ü h r u n g von Alban —> Bergs Wozzeck nach der Berliner
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Schülke Uraufführung, auf sich aufmerksam. 1932 wurde er musikalischer Oberleiter in Halle, 1933 Musikdirektor in Essen und 1936 Staatskapellmeister und Generalmusikdirektor in Berlin (bis 1949), wo er 1948 Mathis der Maler von Paul —»Hindemith aufführte. S. dirigierte als Operndirigent und Generalmusikdirektor in Hannover (1949-60) u . a . die Uraufführung des Boulevard Solitude von Hans Werner Henze. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er Gastdirigent der Deutschen Oper Berlin. S. komponierte eine Klaviersonate und Fünf Orchesterstücke. m Oldenburg S c h ü l k e , Albert (Martin Wilhelm), Mathematiker, * 13. 12. 1856 Marienwerder, t 14.3. 1943 Berlin. S., Sohn eines Oberlandesgerichtssekretärs, studierte Mathematik und Physik an der Univ. Königsberg und wurde 1882 promoviert (Die Bewegung eines Rotationskörpers in einer inkompressiblen Flüssigkeit). Er war Lehrer in Osterode, seit 1904 in Königsberg, 1912-22 Direktor des Realgymnasiums und der Oberrealschule in Tilsit. Danach lebte er in Königsberg, seit 1926 in Berlin. S. publizierte Studien zur Mathematik und Didaktik sowie eine Reihe von Lehr- und Unterrichtswerken, u. a. Electricität und Magnetismus nach den neueren Anschauungen für höhere Schulen dargestellt (2 Tie., 1890/91), die weit verbreiteten Vierstelligen Logarithmentafeln (1895, unter d e m Titel Schülkes Tafeln, M 2 0 0 0 ) und Leitfaden der Mathematik (mit Werner Dreetz, 2 Tie., 1926). OD Poggendorff 6 S c h ü l l , Wilhelm (Leonhard), Fabrikant, * 8. 1.1794 Düren (Rheinland), t 3 . 2 . 1 8 5 3 Düren. S. übernahm mit seinen Geschwistern 1820 die Papierfabrik seines Vaters in Kreuzau, die vorwiegend Post- und Zeichenpapiere herstellte. Nach deren Auflösung 1830 leitete S. den Fabrikteil in Birkesdorf, der vor allem Tuche herstellte, und richtete dort 1831 auch eine Papierfabrikation ein. Die Papiere und Schreibwaren wurden weltweit vertrieben. 1832 wandelte S. eine K u p f e r m ü h l e in der Nähe des Klosters Wenau in eine Steinschneide- und Poliermühle u m und verpachtete diese 1864 an seinen Sohn, der sich der Produktion von Kunstwolle zuwandte. Unter dessen Leitung wurde die Wilhelm Schüll, Karton- und Kunstwollfabrik zu einem der wichtigsten Kunstwollproduzenten Deutschlands. m
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S c h ü l l e r , Arno, Mineraloge, * 16. 11.1908 Friedrichsgrün bei Zwickau, t 2 7 . 2 . 1 9 6 3 Heidelberg. S. Schloß sein Studium 1935 in Leipzig mit der Promotion ab (Über epizonal verformte Magmatite des westlichen Fichtelgebirges, ihre genetische Ableitung und ihre Weiterbildung in Hornfelsfacies). 1938 wurde er Leiter einer mineralogischen Forschungsstelle in Spanien, 1946 zunächst Mitarbeiter des Instituts für Metallhüttenkunde der Bergakademie Freiberg (Sachsen) und dann Leiter der Abteilung Mineralogie der Geologischen Landesanstalt Berlin, der späteren Staatlichen Geologischen Kommission. Seit 1951 war er dort zugleich Leiter der Abteilung für Buntmetall, erhielt 1952 eine Professur an der Univ. Berlin und lehrte 1959 als Gastprofessor an der Academia Sinica in Peking. S. wurde 1960 Prof. der Mineralogie und Direktor des MineralogischPetrographischen Instituts der Univ. Heidelberg. Seit 1955 war er ordentliches Mitglied der Berliner A k a d e m i e der Wissenschaften, seit 1959 der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. S. veröffentlichte u . a . Die Eigenschaften der Minerale (3 Tie., 1950-54; Teil 1, Menger journalistisch tätig, bildete sich S., Sohn eines Textilfabrikanten, nach der Promotion 1892 in London und Paris weiter, wurde
Schünemann 1898 Beamter im Handelsministerium in Wien und habilitierte sich 1899 an der dortigen Univ. f ü r Nationalökonomie (Die Wirtschaftspolitik der Historischen Schule). 1906 wurde er a. o., wegen seiner jüdischen Herkunft erst 1930 o.Professor. S., seit 1913 Ministerialrat, leitete seit 1917 die wirtschaftspolitische Sektion im österr. Außenministerium und vertrat Österreich bei allen wichtigen internationalen Konferenzen 1 9 1 8 / 1 9 . 1926 wurde er Mitglied, später Präsident des ökonomischen Komitees und 1932 Sondervertreter der österr. Bundesregierung beim Völkerbund. 1938 entlassen, emigrierte er über Italien nach London, leitete die Europe Study Group, die sich mit der politischen und wirtschaftlichen Z u k u n f t des Donauraumes befaßte, und war 1940-52 Prof. an der N e w School for Social Research in N e w York. S. war 1941 Mitbegründer und Vorsitzender des Austrian Committee, das die Wiederherstellung der österr. Souveränität durch die Alliierten unterstützte. Er arbeitete mit Otto von Habsburg zusammen und gehörte seit 1942 d e m Free Austrian M o v e m e n t an. S. war 1930-38 Mitherausgeber der „Zeitschrift für Nationalökonomie". Er veröffentlichte u. a. Schutzzoll und Freihandel: Die Voraussetzungen und Grenzen ihrer Berechtigung (1905) und Der wirtschaftliche Zusammenbruch Österreich-Ungarns: Die Tragödie der Erschöpfung (mit Gusztäv —» Gratz, 1930). DD N D B
S c h ü m e r , Georg, Lehrer, Politiker, * 1 1 . 1 2 . 1 8 7 3 Schüttorf bei Rheine, t 1 . 6 . 1 9 4 5 Schüttorf. S. studierte evang. Theologie, Deutsch und Latein an den Universitäten Marburg, Göttingen und Berlin, war G y m n a siallehrer in Leer, Goslar und Görlitz und wurde 1924 Direktor der Lessingschule in Magdeburg. Er gab Lehrmaterialien (u.a. Grundfragen der Ethik, 1928) heraus und schrieb u. a. für die Zeitschrift „Christliche Welt". S. stand um 1903 dem Nationalsozialen Verein Friedrich - » N a u m a n n s nahe, wurde 1919 Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei und Abgeordneter der Verfassunggebenden Nationalversammlung und wechselte 1923 zur SPD. Er gehörte d e m Bund der Religiösen Sozialisten an und war Vorstandsmitglied der Deutschen Liga f ü r Menschenrechte und des Bundes der Bodenreformer. 1920-29 Vorstandsmitglied der Deutschen Friedensgesellschaft, Schloß er sich nach seinem Austritt dem Deutschen Friedensbund und 1931 d e m Evangelischen Friedensbund sowie d e m Versöhnungsbund an und war 1932 Gründungsvorsitzender des Allgemeinen Deutschen Friedensbundes. S. wurde 1933 vorübergehend verhaftet, aus dem Schuldienst entlassen und seitdem überwacht; seit 1935 war ihm auch Privatunterricht verboten. 1938 kehrte er nach Schüttorf zurück. S. war der Vater von Wilhelm —>S. DP B B K L
S c h ü m e r , Wilhelm, evang. Theologe, * 2 2 . 1 . 1 9 0 9 Magdeburg, vermißt seit 15.7. 1943 (Rußland). Der Sohn Georg —»S.s studierte Theologie in Göttingen, Marburg, Bonn und Münster (Tod und Leben bei Dostojewski. Ein Beitrag zur Kenntnis des russischen Christentums, 1 9 3 3 / 3 4 ) und Schloß sich d e m Internationalen Versöhnungsbund und der S P D an. Aus d e m von Martin —> Niemöller gegründeten Pfarrernotbund trat er nach dessen Loyalitätserklärung für —»Hitler im Oktober 1933 wieder aus. S. mußte wegen seiner pazifistischen und gegen den Antisemitismus gerichteten Predigten 1934 seine G e m e i n d e in Hagen verlassen, wurde 1935 Pfarrer einer reformierten G e m e i n d e in F r a n k f u r t / M a i n und wurde nur durch die sogenannte „Olympiaamnestie" 1936 vor den Folgen eines Strafverfahrens bewahrt. Er leistete „freiwilligen" Amtsverzicht und erhielt seitdem - auch wegen seiner Mitgliedschaft in der Bekennenden Kirche - keine Stelle mehr. S. verweigerte als einziger Pastor der Bekennenden Kirche den Kriegs-
dienst, wurde verhaftet und, nachdem er einen eigens für ihn abgewandelten Eid geleistet hatte, als Krankenträger an der Ostfront eingesetzt. OD B B K L S c h ü n d l e r , Rudolf (Ernst Paul), Schauspieler, Regisseur, Kabarettist, * 17.4. 1906 Leipzig, t 12.12. 1988 München. S., Sohn eines Kaufmanns, debütierte nach d e m Besuch der Leipziger Schauspielschule als Schauspieler 1926 in Beuthen und kam Uber Zürich, F r a n k f u r t / M a i n , Dortmund und Nürnberg nach Berlin, w o er an verschiedenen Bühnen auftrat. Er war seit 1930 als Kabarettist u . a . bei d e m Kabarett „Die K a t a k o m b e " tätig und inszenierte 1938 im „Kabarett der K o m i k e r " die Revue „Rückblick Spätlese". Nach 1932 spielte er in zahlreichen Filmen mit, darunter Das Testament des Dr. Marbuse (1933) und Kleider machen Leute (1940). Von 1945 bis zu dessen Ende 1948 leitete S. das literarisch-politische Kabarett „Die Schaubude" in München. Danach inszenierte er Kabarettprogramme f ü r den „Nürnberger Trichter", die „Stachelschweine", spielte an Theatern in Berlin und wirkte als Darsteller und Regisseur in zahlreichen Kino- und Fernsehfilmen mit. CD N D B S c h ü n e m a n n , Carl Eduard, Verleger, * 6 . 6 . 1 8 5 5 Bremen, t 13. 1. 1921 Bremen. S. wurde nach der kaufmännischen Ausbildung in Bremen und Leipzig 1880 Teilhaber des von seinem Großvater Carl Heinrich S. gegründeten Buch- und Presseverlags, der die „Bremer Nachrichten" und die „Weser-Zeitung" verlegte, und übernahm 1885 dessen alleinige Leitung. Er schaffte 1881 eine Rotationsschnellpresse an und gewährte seinen Mitarbeitern seit Mitte der neunziger Jahre als erster Druckereibesitzer Deutschlands freiwillig einen bezahlten Urlaub. 1895 wurde die Zeitschrift „Niedersachsen" gegründet, zu deren Schriftleitern Hermann —»Löns gehörte und die von Worpsweder Künstlern ausgestattet wurde. Seit Mitte der neunziger Jahre entwickelte sich der Buchverlag Schünemann zum führenden Verlag für niederdeutsches Schrifttum; daneben wurden zahlreiche amtliche und halbamtliche Schriften gedruckt, u. a. das bremische Staats-Handbuch. S. verkaufte die „Weser-Zeitung" 1917 an ein Konsortium, das sie bis 1934 weiterführte; die „Bremer Nachrichten" bestanden im familieneigenen Verlag bis zum erzwungenen Verkauf 1936 sowie 1949-74. DP Deutsche Presseverl S c h ü n e m a n n , Georg, Musikpädagoge, Musikwissenschaftler, * 13.3. 1884 Berlin, t 2. 1.1945 Berlin. S. studierte Flöte am Sternschen Konservatorium sowie M u sikwissenschaft, Literaturgeschichte und Philosophie an der Univ. Berlin und war anschließend als Orchester-Flötist tätig. 1919 habilitierte er sich an der Univ. Berlin und wurde 1923 Professor. S. wirkte seit 1920 als Prof. und stellvertretender Direktor an der Berliner Musikhochschule und wurde 1932 Nachfolger Franz —»Schrekers als Direktor. 1933 von den Nationalsozialisten entlassen, wurde er Leiter der Staatlichen Musikinstrumentensammlung und 1935 Direktor der Musikabteilung der Preußischen Staatsbibliothek und Leiter des Musikinstituts für Ausländer, f ü r das er Sommerkurse in Potsdam und Salzburg veranstaltete. S. gründete an der M u sikhochschule die Orchester-Schule, die Rundfunkversuchsstelle sowie die Übungsschule des Seminars für Musikerziehung und richtete Fortbildungskurse für Chordirigenten ein. Gemeinsam mit Leo —»Kestenberg war er führend an der Neuordnung der deutschen Schul- und Privatmusikerziehung in den zwanziger Jahren beteiligt (u. a. Die Musikerziehung, Bd. 1: Die Musik in Kindheit und Jugend, Schule und Volk, 1930). Seine Kritiken in der „Allgemeinen Musikzeitung" und der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" galten als richtungweisend. S. schrieb eine Geschichte des Dirigierens (1913, Nachdr. 1965), eine Geschichte der deutschen Schulmusik (2 Bde., 1 2 1928-32) und gab Ludwig van Beethovens Konversationshefte (3 Bde., 1941-43) heraus. CD M G G
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Schüngeler S c h ü n g e l e r , Heinz, Musikpädagoge, * 2 1 . 2 . 1 8 8 4 Brachelen (Bez. Aachen), t 1 6 . 2 . 1 9 4 9 Fredeburg (Sauerland). Nach dem Studium bei Otto —»Neitzel und Julius —»Buths gründete S. 1912 ein Musikseminar in Hagen (Westfalen) und leitete es bis 1943. Er war Klavierpädagoge (Grundlagen des modernen Klavier-Unterrichts, 1948), Pianist, Komponist (Serenade, op. 5, für zwei Klaviere, 1918) und Musikschriftsteller. In seinen Klavierunterricht bezog S. Gehörschulung, Theorie, Musik- und Formenlehre mit ein. Bekannt wurde er als Herausgeber musikalischer Lehrwerke (Spiel und Übung, 1948) sowie durch seine Volksliedsammlungen (Mein neues Volksliederbuch, 1948). OP M G G
Schünzel,
Reinhold, Schauspieler, Regisseur, Produzent, * 7. 11. 1888 Hamburg, t 11.9. 1954 München. Von Beruf kaufmännischer Angestellter des Verlagshauses Scherl, spielte S., Sohn eines Kaufmanns, seit 1905 nebenberuflich an Berliner und Hamburger Bühnen, reiste 1912-14 mit einer Variete-Truppe durch Deutschland und die Schweiz und war 1 9 1 4 / 1 5 Mitglied des Berner Stadttheaters. 1915-20 spielte und inszenierte er am Berliner Theater, am Komödienhaus am Schiffbauerdamm sowie am Theater in der Königgrätzer Straße und erhielt 1916 seine erste Filmrolle. S. arbeitete seit 1916 mit dem Regisseur Richard —»Oswald zusammen und spielte bald neben komischen Rollen vor allem Verbrecher und Bonvivants. Seit 1918 führte er bei Filmen Regie (u. a. bei dem Historienfilm Katharina die Große, 1920), gründete 1920 die Lichtbild-Fabrikation Schünzel-Film und arbeitete mit der Wiener Micco-Film Gesellschaft zusammen, deren Berliner Niederlassung er als Geschäftsführer leitete. S. produzierte mit seiner Gesellschaft seit 1926 f ü r die Ufa, seit 1928 auch für die Südfilm AG. 1937 emigrierte er in die USA, trat am Broadway auf und inszenierte in Hollywood für Metro-Goldwyn-Mayer mehrere Musikfilme. 1942-45 erhielt S. vor allem NaziRollen, darunter die des Inspektor Ritter in Fritz —> Langs Hangmen also die! (1942). 1949 kehrte er nach Deutschland zurück. Für seine Darstellung in Gerhard —> Lamprechts Meines Vaters Pferde ( 1 9 5 3 / 5 4 ) wurde er mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. CD Cinegraph
Schüpfer,
Vincenz, Forstwissenschaftler, * 4 . 4 . 1 8 6 8 Retzbach bei Karlstadt, t 9 . 1 0 . 1 9 5 5 München. Der Sohn eines Hackers studierte Forstwissenschaft in München, wurde 1901 mit der Arbeit RentabilitätsUntersuchungen in Kiefernbeständen der Oberpfalz promoviert und habilitierte sich 1903 (Entwicklung des Durchforstungsbetriebes). 1906 wurde er o.Prof. für Forstbetriebslehre an der Univ. München, deren Rektor er 1 9 2 7 / 2 8 war. S. war 1915-40 Mitherausgeber des „Forstwissenschaftlichen Centralblatts". Er arbeitete zur Forsteinrichtung, zur Holzmaßermittlung, zum Wegebau und zur Geodäsie. S. veröffentlichte u . a . Handbuch der Forstwissenschaft (1927) und Grundriß der Forstwissenschaft (1932). CP Rubner
Schürch,
Ernst, schweizer. Journalist, Jurist, * 3.6. 1875 Großhöchstetten (Kt. Bern), t 26. 1. 1960 Bern. S. studierte Literatur und Geschichte in Lausanne und Bern, seit 1901 Rechtswissenschaft, wurde 1906 Berner Fürsprech und war später Gerichtspräsident und Staatsanwalt. 1914-18 und 1922-34 gehörte er als Mitglied der Freisinnig-Demokratischen Partei dem Berner Großrat an. S. wurde 1912 Inlandsredakteur und 1925 Chefredakteur der Tageszeitung „Der B u n d " in Bern. Er setzte sich f ü r Meinungs- und Pressefreiheit sowie die Unabhängigkeit der Schweiz ein und trat 1941 als Chefredakteur zurück. S. schrieb u.a. Hitlerdeutschland und wir Deutschschweizer (1934) sowie Gestalten am Lebensweg (1949). CD C H 91
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Schürch, Johannes Robert, auch Johann R. S., schweizer. Zeichner, Maler, Graphiker, * 18. 11. 1895 Aarau, t 14.5. 1941 Ascona. S. lebte nach dem Tod des Vaters mit seiner Mutter in ärmlichen Verhältnissen in Zürich und Genf. Als Zeichner von Ferdinand —>Hodler gefördert, beschäftigte er sich mit dem Kubismus und der Kunst Vincent van Goghs, Edvard Münchs und Paul Gauguins. 1922 ließ er sich im Tessin nieder. S. schuf Zeichnungen, Aquarelle und einige Ölbilder, in denen er in dem von ihm entwickelten, expressiven Stil sozial ausgeschlossene Menschen darstellte. CO Schweiz Kunst S c h ü r e n b e r g , Siegfried, eigentl. S. Wittig, Schauspieler, * 12.1. 1900 Detmold, t 3 1 . 8 . 1 9 9 3 Berlin. S., Sohn eines Schauspielers und einer Sängerin, war 1920 Schüler Max —> Reinhardts in Berlin, hatte Engagements in verschiedenen Städten und wechselte dann zum Film. 1932-73 spielte er in rund 80 Kinofilmen mit, u.a. in Alibi (1955), Anastasia (1956) und Der Rest ist Schweigen (1959). Bekannt wurde er durch 18 Edgar-Wallace-Verfilmungen wie Der Rächer, Der Zinker, Der Hexer und Das Gasthaus an der Themse. S. war ein gefragter Synchronsprecher, u. a. für Clark Gable. CP Cinegraph S c h ü r e n b e r g , (Johann) Wilhelm, Unternehmer, * 2 . 4 . 1 8 3 1 Essen, t 1 0 . 1 0 . 1 8 9 4 Essen. Der Sohn eines Schreiners und Gasthofbesitzers gründete 1859 mit Fritz Funke die Baufirma Funke & Schürenberg, die um 1865 mit mehr als 2000 Beschäftigten zu den größten Baunternehmungen des Ruhrgebiets gehörte. Die Firma war u. a. mit dem Bau der Villa Hügel, der Pauluskirche und der Sternbrauerei sowie mit zahlreichen Industrie- und Zechenanlagen befaßt. 1884 wurde S. Mitglied der Essener Stadtverordnetenversammlung.
Schürer,
Emil (Johannes), evang. Theologe, Neutestamentler, * 2 . 5 . 1 8 4 4 Augsburg, t 3 0 . 4 . 1910 Göttingen. S. entstammte einer Augsburger Kaufmannsfamilie und wuchs als Ältester im Kreis von acht Geschwistern auf. Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums seiner Heimatstadt studierte er 1862-65 evang. Theologie in Erlangen, Berlin und Heidelberg. Theologisch wurde er vor allem durch Richard —> Rothe geprägt, in späterer Zeit auch durch Albrecht —> Ritschi. Nach der Promotion zum Dr. phil. 1868 in Leipzig (Dissertation über —»Schleiermachers Religionsbegriff) wandte sich S., angeregt durch Heinrich Julius —»Holtzmann, insbesondere historischen und exegetischen Studien zu. 1869 wurde er von der Leipziger Theologischen Fakultät mit einer Arbeit De controversiis paschalibus secundo p. Chr. n. saeculo exortis zum lie. theol. promoviert und 1869 zum Privatdozenten für neutestamentliche Wissenschaft ernannt. Seine akademische Wirksamkeit führte ihn von Leipzig (seit 1873 a. o. Prof.) auf die neutestamentlichen Ordinariate in Gießen (1878), Kiel (1890) und Göttingen (1895). Als akademischer Lehrer und Forscher fand er hohe Anerkennung (Rektor der Universität: Gießen 1890, Kiel 1894, Göttingen 1902/03; korrespondierendes Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften 1903; Ernennung zum Geheimen Konsistorialrat 1909). Wissenschaftspolitische Bedeutung erlangte er durch die Herausgabe der von ihm 1876 mitbegründeten „Theologischen Literaturzeitung", die er bis zu seinem Tod (abgesehen von einer Unterbrechung zwischen 1881 und 1886) betreute und (seit 1881 zusammen mit Adolf - » H a r n a c k ) zum führenden, über die nationalen und konfessionellen Grenzen hinaus anerkannten Rezensionsorgan für alle theologischen Disziplinen entwickelte. Im Rahmen seines Fachgebiets, der neutestamentlichen Wissenschaft, ist er in erster Linie als Historiker hervorgetreten, der programmatisch die Einbettung des frühen
Schürmann C h r i s t e n t u m s in seine j ü d i s c h e U m w e l t v e r f o l g t und zahlreiche A r b e i t e n zur G e s c h i c h t e und R e l i g i o n des antiken J u d e n t u m s vorgelegt hat. M i t seiner G e s a m t d a r s t e l l u n g d e r Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi hat er ein m o n u m e n t a l e s und his h e u t e m a ß s e t z e n d e s S t a n d a r d w e r k ( N e u b e a r b e i t u n g in e n g l i s c h e r F a s s u n g hrsg. von G e z a V e r m e s / F e r g u s M i l i a r / M a t t h e w B l a c k , B d . 1-111,1.2, 1973-87) g e s c h a f f e n , d a s seither d i e g a n z e Disziplin der n e u t e s t a m e n t l i c h e n W i s s e n s c h a f t geprägt und d a r ü b e r hinaus a l l g e m e i n d i e historische u n d r e l i g i o n s g e s c h i c h t l i c h e Erf o r s c h u n g des J u d e n t u m s in s p ä t h e l l e n i s t i s c h - r ö m i s c h e r Zeit w e s e n t l i c h g e f ö r d e r t hat. S. z e i c h n e t e sich w e n i g e r d u r c h originelle E i n f a l l e u n d g r o ß e H y p o t h e s e n aus als d u r c h m i n u t i ö s e A n a l y s e n der Q u e l len und u m f ä n g l i c h e A u s w e r t u n g der F o r s c h u n g s g e s c h i c h t e . D a s von i h m e n t w o r f e n e Bild d e s a n t i k e n J u d e n t u m s ist u m Objektivität b e m ü h t , bleibt in der t h e o l o g i s c h e n W e r t u n g d e n n o c h vielfach g ä n g i g e n christlichen Vorurteilen verhaftet. WERKE: L e h r b u c h der n e u t e s t a m e n t l i c h e n Z e i t g e s c h i c h t e . L e i p z i g 1874. N e u b e a r b e i t u n g : G e s c h i c h t e d e s j ü d i s c h e n Volkes im Zeitalter Jesu Christi. Leipzig, B d . 2, 1886; B d . 1, 1890; 3. u n d 4. Aufl. in 3 B ä n d e n : B d . 2 u n d 3, 3 1 8 9 8 ; Bd. 1, 3 - 4 1 9 0 1 ; Bd. 2, 4 1 9 0 7 ; B d . 3, "1909; R e g i s t e r b a n d 1909 ( N a c h d r . 1970). LITERATUR: F e r d i n a n d K a t t e n b u s c h : B i o g r a p h i s c h e s Jahrbuch und D e u t s c h e r N e k r o l o g 15 ( 1 9 1 0 ) S. 107-110. - A d o l f H a r n a c k : A u s W i s s e n s c h a f t und L e b e n . B d . 2. G i e ß e n 1911, S. 3 4 2 - 3 4 5 . - A r t h u r Titius: S „ E . In: R E 3 , 1913, B d . 24, S. 4 6 0 - 4 6 6 . (Bibliogr., u n v o l l s t ä n d i g ) . - R a i n e r Riesner: S „ E. In: T R E , B d . 30, 1999, S. 5 6 5 - 5 6 8 . - G ü n t e r S t e m b e r ger: S „ E „ In: L T h K 3 , B d . 9, 2 0 0 0 , S p . 3 0 3 f. - H a n s Weder: T h e o l o g i e und R e l i g i o n s w i s s e n s c h a f t . E . S. und A d o l f von H a r n a c k . In: T h e o l o g i s c h e Literaturzeitung 125 (2002) S. 1233-1244. Berndt Schaller S c h ü r e r , J o h a n n G e o r g , K o m p o n i s t , * u m 1720 „HanSpach", t 1 6 . 2 . 1786 D r e s d e n . S. leitete 1746 e i n e j u g e n d l i c h e O p e r n t r u p p e , die im M i n gottischen T h e a t e r im D r e s d n e r Z w i n g e r auftrat, und f ü h r t e dort 1746-48 m e h r e r e e i g e n e O p e r n ( u . a . La Galatea, 1746) und ein Singspiel auf. 1748 w u r d e er als K o m p o n i s t von K i r c h e n m u s i k e n in den kgl. s ä c h s i s c h e n Dienst a u f g e n o m m e n . S. leitete die K i r c h e n m u s i k in der kath. H o f k a p e l l e a m T a s c h e n b e r g , 1751-80 in der neuerrichteten kath. H o f kirche und w u r d e später als „ K i r c h e n - und K a m m e r k o m p o siteur" b e z e i c h n e t . Zu den H a u p t w e r k e n seines u m f a n g r e i chen CEuvres zählen sechs Missae ad Sanctum Antonium de Padua ( 1 7 5 8 - 6 4 ) . OP M G G S c h ü r e r , O s k a r , Kunsthistoriker, * 22. 10. 1892 A u g s b u r g , t 2 9 . 4 . 1949 Heidelberg. D e r a u s einer patrizischen F a m i l i e s t a m m e n d e S. studierte seit 1911 K u n s t g e s c h i c h t e in M a r b u r g , M ü n c h e n u n d Berlin, n a h m a m Ersten Weltkrieg teil und setzte sein S t u d i u m 1922 in D r e s d e n fort, w o er 1927 z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t w u r d e . E r w a r K u n s t k r i t i k e r und L e h r e r an der „ N e u e n S c h u l e " in Hellerau, w u r d e 1932 P r i v a t d o z e n t an der U n i v . Halle und hielt sich 1932-37 zu S t u d i e n z w e c k e n in Z i p s (Slow a k e i ) auf. 1937 w u r d e er D o z e n t f ü r K u n s t g e s c h i c h t e an der U n i v . M ü n c h e n , 1939 a . o . P r o f . und lehrte 1942-49 als o. Prof. an der T H D a r m s t a d t . S. v e r f a ß t e kunst- und kulturhistorische Schriften s o w i e Lyrik. Z u seinen Werken g e h ö r e n Die Baugeschichte der Klosterkirche zu Haina (1926), Pablo Picasso (1927), Prag. Kultur, Kunst, Geschichte (1930, 3 1 9 4 3 ) , Augsburg (1934), Geschichte von Burg und Pfalz Eger (1934), Michael Ρ acher (1940) und Das alte Metz (1944). 1997 erschien von S. Das dichterische Werk (hrsg. von A r m i n S t r o h m e y r ) . CD M e t z l e r K u n s t h i s t o r i k e r
S c h ü r e r - W a l d h e i m , Friedrich, a u c h Fritz S . - W . , österr. C h i r u r g , * 9 . 6 . 1896 W i l d a l p e n (Steiermark), t 1 9 . 4 . 1991 Wien. S.-W., S o h n eines Arztes, studierte M e d i z i n an d e r U n i v . Wien, w u r d e 1922 p r o m o v i e r t und w a r 1923-26 O p a r a t e u r unter A n t o n von —»Eiseisberg an der dortigen I. C h i r u r g i s c h e n Universitätsklinik. Seit 1926 M i t a r b e i t e r W o l f g a n g —>Denks in W i e n und G r a z , habilitierte er sich 1935 in W i e n f ü r C h i r u r g i e , w a r 1 9 3 8 / 3 9 p r o v i s o r i s c h e r Leiter der I. C h i r u r g i s c h e n Klinik in W i e n und w u r d e 1939 z u m P r o f . e r n a n n t . S . - W . n a h m 1939-43 als C h i r u r g a m Z w e i t e n Weltkrieg teil u n d w a r 1943-45 Primararzt a m W i e n e r Wilhelminenspital. Er entwickelte das Narkoseüberwachungsgerät „ K a r d i o t r o n " , f ü h r t e O p e r a t i o n e n an H ä m o p h i l e n durch und v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Chirurgie der Milz (in: M a r t i n —> K i r s c h n e r / O t t o —>Nordmann, Die Chirurgie,21941) und Erste Hilfe entscheidet (1973, 2 1 9 7 7 ) . S c h ü r e r v o n W a l d h e i m , R u d o l f , Verleger, D r u c k e r e i besitzer, * 12. 12. 1832 Wien, t 2. 1. 1890 A b b a z i a (Istrien). D e r S o h n eines A p o t h e k e r s durchlief 1844-49 e i n e L e h r e in der H o l z s c h n i t t a b t e i l u n g der H o f - und Staatsdruckerei in W i e n und w u r d e d a n a c h M i t a r b e i t e r der österr. P o s t v e r w a l l u n g . Zuletzt leitete er die R e c h n u n g s k a n z l e i der P o s t direktion N i e d e r ö s t e r r e i c h . 1855 g r ü n d e t e S. v. W . zus a m m e n m i t Friedrich W i l h e l m B a d e r e i n e x y l o g r a p h i sche Anstalt in W i e n und verließ a n s c h l i e ß e n d mit der G r ü n d u n g eines e i g e n e n Verlags den Staatsdienst. E r verlegte z u n ä c h s t Illustrierte, seit 1857 den „ F i g a r o " , seit 1859 die „ M u ß e s t u n d e n " , seit 1862 „ W a l d h e i m ' s Illustrirte Z e i t u n g " und seit 1864 „ W a l d h e i m ' s Illustrirte Blätter". 1 8 6 4 / 6 5 ü b e r n a h m S. v. W . den Verlag d e s A r c h i t e k t e n L u d w i g Förster ( „ W a l d h e i m s artistische Anstalt"). Hier erschienen die Z e i t s c h r i f t e n „ A l l g e m e i n e B a u z e i t u n g " , „Zeitschrift des oesterreichischen I n g e n i e u r - und A r c h i t e k t e n - V e r e i n s " und d i e von S. v. W . m i t b e g r ü n d e t e n „Blaetter f ü r K u n s t g e w e r b e " . A u ß e r d e m verlegte S. v. W . L e h r m i t t e l , B r o s c h ü r e n und später M u s i k a l i e n . D a n e b e n war er 1874-77 G r e m i a l v o r steher der B u c h d r u c k e r und seit 1884 P r ä s i d e n t des von i h m mitbegründeten Wiener Kunstgewerbevereins. CD Ö B L S c h ü r f f , H a n s , österr. Politiker, * 1 2 . 5 . 1875 M ö d l i n g (Niederösterreich), t 2 7 . 3 . 1939 W i e n . Nach d e m B e s u c h der H a n d e l s a k a d e m i e studierte S. R e c h t s w i s s e n s c h a f t in W i e n und trat n a c h der P r o m o t i o n 1907 in die väterliche S p e d i t i o n s f i r m a ein. 1911 w u r d e er als Vertreter der D e u t s c h n a t i o n a l e n in den R e i c h s r a t g e w ä h l t . N a c h der T e i l n a h m e a m Ersten Weltkrieg w a r S. f ü h r e n d e s M i t glied, 1 9 3 0 / 3 1 P a r t e i o b m a n n der G r o ß d e u t s c h e n Volkspartei, 1918-34 N a t i o n a l r a t s m i t g l i e d , 1923-29 österr. H a n d e l s minister, als der er i n s b e s o n d e r e d e n A u s b a u der E i s e n b a h n förderte, 1929-32 J u s t i z m i n i s t e r und 1930-34 B ü r g e r m e i s t e r von M ö d l i n g . A u f s e h e n erregte sein antitschechisches P a m phlet Das Verhalten der Tschechen im Weltkrieg (1918). T u m u l t e u n d d e r Rücktritt des g e s a m t e n N a t i o n a l r a t s p r ä s i d i u m s nach einer R e d e von S. 1933 g a b e n E n g e l b e r t - > D o l l f u ß den A n l a ß zur autoritären R e g i e r u n g s f ü h r u n g . CD Ö B L S c h ü r m a n n , Georg Caspar, auch Schurmann, Scheuerm a n n , K o m p o n i s t , * 1 6 7 2 / 7 3 Idensen bei H a n n o v e r , t 2 5 . 2 . 1751 W o l f e n b ü t t e l . S., S o h n eines Pastors, erscheint e r s t m a l s als Altist (Falsettist) in H a m b u r g e r Kirchen- und O p e r n o r c h e s t e r n und w a r d a n a c h v e r m u t l i c h a u c h in B r a u n s c h w e i g tätig. 1697 trat er als Altist, bald darauf als K a p e l l m e i s t e r und B ü h n e n k o m p o n i s t in d i e D i e n s t e des H e r z o g s —> A n t o n Ulrich von B r a u n s c h w e i g - W o l f e n b ü t t e l , e i n e Stellung, die er a u c h unter H e r z o g —»August W i l h e l m innehatte. S. hielt sich 1 7 0 1 / 0 2 zu S t u d i e n z w e c k e n in Venedig auf, w a r 1703-06 H o f k a p e l l meister in M e i n i n g e n und k e h r t e 1707 in sein W o l f e n b ü t t e l e r
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Schürmann A m t zurück. Er komponierte eine große Zahl vornehmlich deutscher Opern (u.a. Salomon, 1701; Heinrich der Vogler, 2 Tie., 1718-21), übersetzte und bearbeitete Operntexte und schrieb Libretti ( u . a . Iphigenia in Aitlis, 1728). Nach 1730 entstanden keine größeren Werke mehr. S. zählt mit Reinhard —> Keiser zu den bedeutendsten Komponisten der frühen deutschen Oper. Er komponierte auch Kirchenmusik und Kantaten (u.a. Komm, ο Tröster mein Verlangen, 1717). m MGG
Schürmann,
Heinz, kath. Theologe, * 18.1. 1913 Bochum, t 11. 12. 1999 Erfurt. S., Sohn eines Oberstudienrats, studierte 1932-38 Theologie in Paderborn und Tübingen. Nach der Priesterweihe 1938 war er Seelsorger in B e r n b u r g / S a a l e , O s t e r w i e c k / H a r z und Nienburg und übernahm 1946 das A m t des Präfekten am erzbischöflichen Leokonvikt in Driburg. 1950 in Münster mit der Arbeit Die Redaktionstätigkeit des Evangelisten Lukas am Abendmahlbericht promoviert, studierte er 1 9 5 0 / 5 1 am Päpstlichen Bibelinstitut in R o m und habilitierte sich 1952 in Münster für Exegese des Neuen Testaments (Eine quellenkritische Untersuchung des lukanischen Abendmahlsberichts, 2 Bde., 1955-57). 1953-78 lehrte S. als Prof. für Neues Testament in Erfurt; 1 9 5 5 / 5 6 und 1 9 6 7 / 6 8 war er Rektor des Philosophisch-Theologischen Studiums. Während des Zweiten Vatikanischen Konzils war er 1962-65 Peritus für die deutsche Kirche, 1965-70 Consultor der Päpstlichen Bibelkommission und 1969-85 Mitglied der Päpstlichen Internationalen Theologenkommission. S. widmete sich in seinen Arbeiten u . a . den ethischen und christologischen Aspekten der Evangelien, insbesondere d e m Lukas-Evangelium. Er veröffentlichte u. a. Aufbau und Struktur der neutestamentlichen Verkündigung (1949), Das Gebet des Herrn (1957, 6 1981), Der Erste Brief an die Thessalonicher (1962, r '1985), Das Geheimnis Jesu. Versuche zur Jesusfrage (1972) und Die Mitte des Lebens finden. Orientierung für geistliche Berufe (1979). ED B B K L
Schürmann,
Walter, Hygieniker, Bakteriologe, * 1 4 . 5 . 1 8 8 0 Lüdenscheid (Westfalen), t 27. 1.1974 Bochum. S., Sohn eines K a u f m a n n s , studierte Medizin in Freiburg/ Breisgau, Kiel, Gießen und München und wurde 1907 promoviert (Zur Casuistik des Milzbrandes. Die in den Jahren 1903-1906 in der Kieler chirurgischen Klinik beobachteten Fälle von Milzbrand). 1910-14 war er Abteilungsvorstand am Institut zur Erforschung der Infektionskrankheiten und am Schweizer Serum- und Impfinstitut in Bern, w o er sich 1912 f ü r Hygiene und Bakteriologie habilitierte. 1915 wechselte S. an die Univ. Halle, wurde stellvertretender Institutsdirektor und erhielt 1918 den Professorentitel; seit 1919 lehrte er an der Univ. Gießen. 1 9 2 1 / 2 2 war er als Stadtarzt in Harburg, leitete seit 1922 das Medizinalwesen bei der Ruhrknappschaft in B o c h u m war 1937-45 Direktor der Reichsknappschaft und wurde 1928 Honorarprofessor an der Univ. Münster. 1933 trat er in die N S D A P ein. S. befaßte sich mit Hygiene, Bakteriologie, Serologie, Chemotherapie und Versicherungsmedizin und veröffentlichte u. a. ein Repertorium der Hygiene, Bakteriologie und Serologie (1918, 7 1949). DD Cat Prof Hai
Schürmann-Horster,
Wilhelm, Schauspieler, Regisseur, * 2 1 . 6 . 1900 Köln, t 9 . 9 . 1 9 4 3 Berlin-Plötzensee. S.-H., seit 1923 Mitglied der K P D , war bis 1933 Schauspieler in Hagen, Godesberg und Düsseldorf. 1934 vorübergehend verhaftet, wurde er 1937 freier Mitarbeiter bei Filmgesellschaften und ging 1941 als Regisseur und Dramaturg an das Grenzlandtheater in Konstanz. Aus der Bekanntschaft mit Berliner Künstlern entstand ein regelmäßiger Gesprächskreis, der sich 1940 als Gruppe organisierte, ille-
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gale Schriften herstellte und verbreitete. S.-H., der zum Umkreis der Widerstandsorganisation „Roten Kapelle" gehörte, wurde 1942 verhaftet und am Tag seiner Verurteilung hingerichtet. m Widerstand
Schürmayer,
Ignaz Heinrich, auch Schirmeyer, Schuermayer, Schürmeyer, Schurmeyer, Gerichtsmediziner, * 4 . 2 . 1802 Freiburg/Breisgau, t 2 4 . 5 . 1 8 8 1 Freiburg/ Breisgau. S., Sohn eines Hufschmieds und späteren Tierarztes, studierte seit 1817 Medizin in Freiburg und wurde 1824 promoviert (Ueber den Bau und die Verrichtungen der serösen Häute). Zunächst praktischer Arzt, wurde er 1829 Amtschirurg in E m m e n d i n g e n (Baden) und später Physikus in Bonndorf. Seit 1849 war er o. Prof. für Gerichtliche Medizin an der Univ. Heidelberg und 1850-72 Bezirksarzt und Medizinalreferent in E m m e n d i n g e n . S. veröffentlichte u. a. Handbuch der medicinischen Policei ( 1 8 4 8 , 2 1 8 5 6 ) und Lehrbuch der gerichtlichen Medizin (1854, 4 1874); seit 1836 war er Mitredakteur der „Annalen der Staatsarzneikunde". CO Ö B L
Schürmeyer,
Walter, Bibliothekar, * 4 . 1 0 . 1 8 8 9 Krefeld, t 17.7. 1976 Königswinter. S. studierte Kunstgeschichte, Philosophie und Geschichte in Heidelberg, München, Oxford, Berlin und Marburg (Promotion 1914) und war 1 9 1 3 / 1 4 Assistent an der Kunstgeschichtlichen S a m m l u n g der T H Aachen. 1914 übernahm er die Leitung der Kunstgewerbe-Bibliothek Frankf u r t / M a i n , die 1920 in den Besitz der Stadt Frankfurt überging. S. wurde 1927 deren Direktor (seit 1930 Bibiliothek für Kunst und Technik). Als einer der ersten befaßte er sich mit der Mikrophotographie im Bibliothekswesen. Er wurde 1937 aus politischen Gründen entlassen, 1939 jedoch trotzdem vom Kultusministerium mit der probeweisen Umstellung des Bibliotheks-Leihverkehrs auf Mikrofilme betraut. S. widmete sich seit 1945 - ohne in den Bibliotheksdienst zurückzukehren - dem Reproduktionswesen und seiner Anwendung in Informations- und Literaturversorgung. 1948-51 stand er der Deutschen Gesellschaft für Dokumentation vor. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Kleine Schriften zur Kunst (7 Bde., 1926-28). CD Habermann 1 S c h ü r r , Friedrich (Josef Maria), Romanist, * 9 . 6 . 1888 Wien, t 2 4 . 8 . 1980 Konstanz. S., Sohn eines Architekten, Schloß das Studium der Germanistik, Kunstgeschichte und Romanistik 1911 in Wien mit der Promotion ab (Zur Kenntnis des Romagnolischen). Anschließend Supplent an der Oberrealschule in Triest und Lektor an der Univ. Straßburg, habilitierte er sich 1919 in Freiburg/Breisgau. 1920 wurde er dort Privatdozent, 1925 a. o . P r o f . der Romanischen Philologie, 1926 in Graz, 1936 o . P r o f . in Marburg, 1940 in Köln und 1941 in Straßburg. Seit 1948 lebte er in Konstanz und hatte eine Gastprofessur in Freiburg/Breisgau inne. S. beschäftigte sich mit romanischer Sprach- und Literaturwissenschaft; bekannt wurde er vor allem durch seine Theorie der romanischen Diphtongisierung (La diphtongaison romane, 1970). Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Romagnolische Dialektstudien (2 Bde., 1918 / 1 9 ) , La classificazione dei dialetti italiani (1938), Cervantes (1947, 2 1963), Miguel de Unamuno, der Dichterphilosoph des tragischen Lebensgefühls (1962) und Erlebnis, Sinnbild, Mythos. Wege der Sinndeutung romanischer Dichtung (1968). EU N D B
Schürrer,
H e r m a n n , österr. Schriftsteller, * 14.12. 1928 Wolfsegg (Oberösterreich), t 29. 11.1986 Wien. Seit 1951 in Wien, wurde S. nach mehreren Studienwechseln von der Univ. relegiert. Er begann Gedichte zu schreiben, blieb jedoch in der Wiener Literaturszene ein Außenseiter. Er
Schütte wurde durch seine Alkoholexzesse bekannt, kam ins Gefängnis und in die Psychiatrie, lebte zeitweise auf der Straße und nahm erst in seinen letzten Lebensjahren eine von der Stadt Wien angebotene Wohnung an. S. war 1975 Mitbegründer der Kulturzeitschrift „Freibord". Inhaltlich wie formal gelten seine Prosa (u. a. Kriminelle Spielereien in der Sandkiste der Weltverbesserer, 1977; Der letzte Yankee-Doodle vor dem Untergang der Vereinigten Staaten. Voräffung einer Liquidation, 1981, Roman) wie seine Lyrik (Klar Schilf zum Geflecht. Das ABC Von Λ - Zet. Lyrische Texte 1954-1984, 1984) als seinem anarchistischen Lebensstil entsprechend. S. wurde 1978 mit d e m Theodor-Körner-Preis und 1985 mit d e m Preis der Stadt Wien ausgezeichnet. CD Killy Erhard, Staatsmann, t 1461 Nürnberg. Der aus einer Nürnberger Ratsfamilie s t a m m e n d e S. war 1440-61 Ratsmitglied, gehörte seit 1454 in j e d e m zweiten Jahr zu den fünf Wahlherren, wurde 1454 Aufseher der Schatzkammer und der Finanzverwaltung und war Pfleger des neuen Spitals. 1 4 4 3 / 4 4 zählte er zu den Anführern des Reichsstädtischen Zugs gegen die mit Nürnberg in Fehde liegenden Herren von Waldenfels; 1 4 4 9 / 5 0 war er einer der sechs Kriegsherren im Krieg gegen Markgraf —> Albrecht Achilles von Brandenburg. S. sammelte und redigierte Schriften für die Nürnberger Stadtchronistik und schrieb u. a. einen Kriegsbericht. CD V L
Schürstab,
Schüßler, Wilhelm, Mediziner, Homöopath, * 2 1 . 8 . 1821 Zwischenahn, t 3 0 . 3 . 1898 Oldenburg. S, Sohn eines Steuerbeamten, war zunächst Sprachlehrer und Amtschreiber im Stadtmagistrat Oldenburg und lernte daneben im Selbsstudium Latein, Griechisch, Französisch, Englisch, Spanisch und Italienisch. O h n e Abitur studierte er seit 1852 in Paris, Berlin und Gießen Medizin, wurde in Gießen promoviert und holte vor d e m Staatsexamen das Abitur in Oldenburg nach. 1858 ließe er sich als praktischer Arzt, Chirurg und Geburtshelfer in Oldenburg nieder. Als einer der ersten vertrat er die homöopathische Lehre Samuel —>Hahnemanns in Norddeutschland. S. entwickelte eine eigene, unter der Bezeichnung „Biochemie" bekannt gewordene, homöopathische Behandlungsmethode. Er veröffentlichte u. a. Allopathie, Biochemie und Homöopathie (1887, 5 1926) und Eine abgekürzte Therapie. Anleitung zur biochemischen Behandlung von Krankheiten (1898, 4 '1924, Nachdr. 2002 und 2004, engl. 1880, " 1 8 8 8 , erneut 1891, span. 1886, 2 2 1895, auch 1922, Neuausg. 1944, 2 1980). m
Oldenburg
Schüssler,
Wilhelm, Historiker, * 1 2 . 7 . 1 8 8 8 Bremen, t 11.11. 1965 Bensheim. S. studierte Geschichte in Freiburg/Breisgau und Heidelberg, wurde 1913 promoviert (Die nationale Politik der österreichischen Abgeordneten im Frankfurter Parlament) und habilitierte sich 1919 in F r a n k f u r t / M a i n (HessenDarmstadt und die deutschen Großmächte 1850). 1922 wurde er a. o., 1925 o . P r o f . der mittleren und neueren Geschichte an der Univ. Rostock, lehrte 1 9 3 4 / 3 5 am HerderInstitut in Riga, danach in Würzburg und war 1936-45 o. Prof. der neueren Geschichte in Berlin. Nach Kriegsende wurde S. Stiftsrat des Christophorusstifts in Hemer (Westfalen), lehrte an der dortigen Evangelischen A k a d e m i e und war bis 1959 o . P r o f . an der Univ. Darmstadt. 1951 gründete er die Ranke-Gesellschaft. S. war Mitarbeiter der „Propyläen Weltgeschichte" und veröffentlichte u. a. Deutschland zwischen Rußland und England, 1940,41946). CD Munzinger
Schütky,
Franz Josef, Sänger, Komponist, * 3 0 . 7 . 1 8 1 7 Kratzau (Böhmen), t 9 . 6 . 1893 Stuttgart. S. erhielt Violinunterricht, befaßte sich mit Bildhauerei und arbeitete in einem Textilunternehmen. Seit 1837 studierte er
am Prager Konservatorium bei Dionys —> Weber und Giovanni Battista Gordigiani, debütierte 1840 als Baß-Bariton am Landestheater in Linz und gastierte seit 1842 in Prag. 1844-47 erster Bassist und Regisseur an der Lemberger Oper, wurde er nach einem Gastauftritt an der Hofoper in Wien Sänger und Direktor am Stadttheater in Salzburg und ging 1849 an die Hamburger Oper. S. gehörte seit 1854 als Sänger, seit 1862 als Regisseur der Hofoper in Stuttgart an und war 1868-72 Prof. am dortigen Konservatorium. Zu seinen herausragenden Partien gehörte die des Pizarro im Fidelio. S. trat auch als Oratoriensänger hervor, komponierte Chorsätze, Lieder und religiöse Musik und übersetzte Opern-Libretti ins Deutsche. CP Ö B L S c h ü t t , Franz, Botaniker, * 1 3 . 5 . 1 8 5 9 Woldegk (Mecklenburg), t 1 6 . 8 . 1 9 2 1 Greifswald. Nach naturwissenschaftlichen Studien an den Universitäten Berlin und Heidelberg (Promotion 1883) war S. Assistent am chemischen Laboratorium des Polytechnikums Darmstadt, 1884 am Institut für Pflanzenphysiologie der Univ. Göttingen und 1885 am Institut für Botanik der Univ. Kiel. 1887 habilitierte er sich hier (Studien ueber das Phycoerythrin), war 1888 Mitarbeiter der zoologischen Station in Neapel und erhielt 1894 den Professorentitel. S. wurde 1895 o . P r o f . der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens der Univ. Greifswald, 1904 deren Rektor. Er nahm an der ersten deutschen Plankton-Expedition 1889 teil. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Atlas deutscher Meeresalgen (mit Johannes —>Reinke und Paul - » K u c k u c k , 3 Bde., 1889-92), Analytische Plankton-Studien (1892, Pflanzenleben der Hochsee (1893) und Die Peridineen der Plankton-Expedition (1895, Nachdr. 1977). S c h ü t t , Franz (Theodor), Maler, Lyriker, * 1 8 . 1 2 . 1 8 7 4 Ausbau Milchhorst (Hohensee), t 18. 1. 1962 Wiesbaden. Der Sohn eines Seemanns wurde Malermeister, war in Nürnberg, Düsseldorf, Bremen und Berlin als selbständiger Dekorationsmaler tätig und studierte daneben bis 1907 an der Kunstakademie in Breslau, w o er mit d e m Künstlerund Dichterkreis um Gerhart - » H a u p t m a n n und Arnold —> Zweig in Kontakt kam. Danach freier Maler in Berlin, wurde er 1915 Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Stettin. S. zählte zu den Gründungsmitgliedern des Pommerschen Künstlerbundes, war 1922-24 dessen Geschäftsführer und anschließend bis 1936 Vorsitzender. Seit 1943 lebte er in Koserow, danach in Heringsdorf. S. malte vor allem Landschaften und Stilleben und schuf Holzschnitte. CD Leb Stettin
Schütte,
Anton, politischer Agitator, * 1817 Coesfeld (Westfalen), t 17.5. 1867 N e w York. S., Sohn eines Aktuars und Notars, studierte Philologie, alte Sprachen und kath. Theologie in Münster und Bonn und wurde 1841 in Würzburg zum Dr. phil. promoviert. Danach als Hauslehrer tätig, bereiste er Frankreich und England, lebte seit 1845 in Prag, 1847 in Budapest und betätigte sich publizistisch. 1848 kam er nach Wien, wurde Mitglied des Juridisch-politischen Lesevereins und nach Beginn der Revolution Mitarbeiter der „Allgemeinen österreichischen Zeitung". A m 18. April verhaftet und aus Österreich ausgewiesen, kam er Uber Prag und Dresden nach F r a n k f u r t / M a i n , wurde dort im Juni Ausschußmitglied des Deutschen Demokratenkongresses und nahm Kontakt zu Friedrich - » Hecker auf. S. kehrte nach Wien zurück und ging nach der Niederschlagung der Revolution in den Untergrund. 1853 wurde er verhaftet und zu zehn Jahren schweren Kerkers auf der Festung Josefstadt verurteilt, aus der ihm 1857 die Flucht gelang. S. emigrierte in die U S A und nahm 1861-65 als Quar-
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Schütte tiermeister einer Division der Nordstaaten am Sezessionskrieg teil. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Die Wiener Oktober-Revolution (1848) und Ungarn und der Ungarische Unabhängigkeitskrieg (2 Bde., 1850). CD Coesfeld S c h ü t t e , Ernst (Heinrich Conrad), Maler, Bühnenbildner, * 5 . 4 . 1890 Hannover, f 2 8 . 1 2 . 1951 Berlin. Zunächst Tischlergeselle, besuchte S. die Kunstgewerbeschule in Hannover und studierte Architektur an der dortigen T H . Er praktizierte als Architekt in Hannover und München, lebte nach dem Ersten Weltkrieg als Maler und Lehrer in Hannover und illustrierte Bücher für den PaulStegemann-Verlag. S. war seit 1921 ständiger Mitarbeiter der Landestheater Meiningen und Weimar und wurde dort 1925 von Max —> Reinhardt entdeckt, der ihn als Chef der Ausstattung und des Bühnenbilds an das Deutsche Theater Berlin holte. In der Folge schuf er auch Bühnenbilder f ü r Reinhardt-Inszenierungen in Wien und Salzburg sowie auf Tourneen im Ausland, blieb nach Reinhardts Emigration am Deutschen Theater Berlin und wurde 1945 Prof. und Leiter der Klasse f ü r Bühnenbildner an der dortigen Staatlichen Hochschule für bildende Kunst. CD Vollmer S c h ü t t e , Ernst, Politiker, * 11.7. 1904 Wanne-Eickel (heute zu Herne), t 24. 10. 1972 bei Antalya (Türkei). Von Beruf Bergmann, ging S. 1923, arbeitslos geworden, nach München, Schloß sich der Sozialistischen Jugend an, machte in Abendkursen das Abitur, studierte Geschichte, Deutsch, Philosophie und Erdkunde in Leipzig, Heidelberg und Freiburg/Breisgau und wurde 1936 promoviert. Er trat in den höheren Schuldienst ein und war 1946-56 Prof. an der Pädagogischen Akademie Kettwig, die er seit 1956 leitete. S. war Mitglied der S P D und des kulturpolitischen Ausschusses im Parteivorstand, Ministerialdirigent im nordrhein-westfälischen Kultusministerium, 1959-69 Landesminister f ü r Erziehung und Volksbildung in Hessen und bis 1970 Mitglied des Landtags. Er befaßte sich vor allem mit Schul- und Hochschulreform und straffte die Ausbildungspläne der Lehrkräfte in Hessen. S. schrieb u. a. Weltgeschichte unserer Zeit (1955). t u Munzinger S c h ü t t e , Franz (Ernst), Kaufmann, * 21. 11.1836 Bremen, t 11.2.1911 Bremen. Nach einer kaufmännischen Ausbildung in Bremen und den USA übernahm S. 1862 die Leitung des väterlichen Importunternehmens in Bremen, importierte als einer der ersten Erdöl aus Pennsylvania und wurde führend im deutschen Petroleum-Geschäft. Mitte der achtziger Jahre führte er Tankdampfer als Transportmittel ein und gründete 1890 mit der Standard-Oil-Company Rockefellers die Deutsch-Amerikanische Petroleum-Gesellschaft, die 1904 ganz in amerikanischen Besitz überging. S. war 1869-85 und 1887-1901 Mitglied der Bremer Handelskammer und 1867-78 der Bremer Bürgerschaft. 1893 begründete er die Bremer Vulkan Werft A G , 1895 die Bremen-Vegesacker Heringsfischereigesellschaft, 1897 die Dampfschiffahrtsgesellschaft „Argo" und 1902 die Fruchthandelsgesellschaft m. b. H., deren jeweiligen Aufsichtsräten er vorstand. CD N D B S c h ü t t e , Heinrich, Naturforscher, * 28. 12.1863 Oldenbrok-Altendorf, f 10. 12. 1939 Oldenburg. Nach dem Besuch des Lehrerseminars in Oldenburg (1878-82) war S., Sohn eines Lehrers, Lehrer u. a. in Elsfleth, Bremerhaven und seit 1902 in Oldenburg. Er widmete sich naturkundlichen Studien (Insektenbüchlein, 1897), später vor allem der Geologie des Marschbodens. S. entwickelte eine Theorie der Kostensenkung, mit der er erstmals 1908 an die Öffentlichkeit trat und die er in seiner Schrift Das Alluvium des Jade-Weser-Gebiets (1935) zusammenfaßte. Er regte die Entsendung von Vogelwarten auf Mellum (1914),
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die Gründung des Mellumrats (1925) und der „Oldenburger Blätter f ü r Heimatkunde und Heimatsehutz" (seit 1925) an. Von Wilhelm —> Krüger wurde S. zur Vorbereitung der Jadekorrektion herangezogen. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Die Entstehung der Seemarschen (1911), Der geologische Aufbau des Jever- und Haiingerlandes und die erste Marschbesiedelung (1933) und Sinkendes Land an der Nordsee? Zur Küstengeschichte Nordwestdeutschlands (1939). DP Oldenburg S c h ü t t e , Johann (Heinrich Karl), Ingenieur, Konstrukteur, Unternehmer, * 2 6 . 2 . 1 8 7 3 Osternburg bei Oldenburg, t 2 9 . 3 . 1940 Berlin. S., Sohn eines großherzoglich oldenburgischen Oberhofkommissärs, studierte Schiffbau an der T H Charlottenburg, trat 1897 als Schiffbauingenieur beim Norddeutschen Lloyd in Bremerhaven ein und leitete dort 1 8 9 9 / 1 9 0 0 die Einrichtung einer Versuchsanstalt für Schleppversuche. 1904-22 war er o. Prof. f ü r Theorie des Schiffes und Entwerfen von Schiffen an der T H Danzig, wo er eine aerodynamische Versuchsanstalt errichtete; anschließend lehrte er an der T H Berlin. S. entwickelte u . a . einen Schwingungsmesser, konstruierte einen neuartigen Schiffszylinderkessel und war am Bau der ersten Seekabeldampfer in England und Deutschland beteiligt. Seit 1908 befaßte er sich mit der Konstruktion lenkbarer Starrluftschiffe und baute mit dem Mannheimer Landmaschinenhersteller Karl —>Lanz in der 1909 gegründeten Firma Luftschiff- und Flugzeugbau Schütte-Lanz in Rheinau (heute zu Mannheim) und Zeesen (Mark) 22 Starrluftschiffe (u.a. „SL 1") und etwa 1000 Flugzeuge (Der Luftschiffbau Schütte-Lanz 1909-1925, 1926, Nachdr. 1984). S. wurde 1905 Mitglied der Technischen Kommission für Seeschiffahrt und 1918 des Beirats des Reichsluftamtes. Er war Vorsitzender der von ihm 1919 mitbegründeten Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luftschiffahrt, seit 1926 Chefredakteur der Zeitschrift „Schiffbau, Schiffahrt und Hafenbau" und seit 1931 Vorsitzender der von ihm 1899 mitbegründeten Schiffbautechnischen Gesellschaft Berlin. Q3 N D B S c h ü t t e , Karl (Heinrich Christian), Astronom, * 6 . 2 . 1 8 9 8 Brunsbüttel, t 6 . 9 . 1974 Hamburg. Nach dem Studium der Naturwissenschaften (Promotion 1922 in Breslau, Photographisch-photometrische Untersuchungen über die vier hellen Jupitermonde) wurde S. Assistent an der Universitätssternwarte F r a n k f u r t / M a i n und 1926 Observator der Bayerischen Erdmessungskommission in München. 1937 habilitierte er sich an der Univ. München für Astronomie (Ueber die systematischen Fehler der astronomischen Zeit- und Längenbestimmungen) und folgte 1940 einem Ruf als Ordinarius an die Univ. Wien. 1945 entlassen, kehrte S. 1951 als Prof. an die Univ. München zurück. Er war 1953-55 Vorsitzender der Gesellschaft für Weltraumforschung und erhielt 1953 den Ernst-Heinkel-Preis für Astronautik. S. wies 1949 einen transplutonischen Planeten nach. Er war Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Fellow der Royal Astronomical Society London und der American Rocket Society New York, Mitherausgeber der „Astronautischen Acta" (1955 ff.) und des Handbuchs der Astronautik (mit Hans K. Kaiser, 15 Lfg., 1958-64). Zu seinen Veröffentlichungen zählen auch populäre Schriften, darunter der Kosmos-Naturführer Welches Sternbild ist das? (1950, 2 3 1896, erneut 1990) und Die Weltraumfahrt hat begonnen (1958, niederländ. 1958, frz. 1959, italien. 1959, span. 1959, schwed. 1959, japan. 1960). m
Munzinger
S c h ü t t e , Kurt (Wilhelm), Mathematiker, Logiker, * 14.10. 1909 Salzwedel (Altmark), t 1 8 . 8 . 1 9 9 8 München. S., Sohn eines Obersteuerinspektors, studierte seit 1928 Mathematik, Physik, Chemie und Philosophie in Berlin und
Schütz Göttingen und wurde 1934 bei David —» Hilbert promoviert (Untersuchungen zum Entscheidungsproblem der mathematischen Logik). 1936-45 als Meteorologe tätig, wechselte er 1945 in den Schuldienst. 1947 wurde er Hilfskraft am Mathematischen Institut der Univ. Göttingen, 1950 Wissenschaftlicher Assistent in Marburg, habilitierte sich 1952 und war seit 1958 apl. Professor. Seit 1963 o . P r o f . für Logik und Grundlagenforschung am Philosophischen Seminar in Kiel, folgte er 1966 einem Ruf an die Univ. München. Er war seit 1967 Mitherausgeber der Zeitschrift „Archiv für mathematische Logik und Grundlagenforschung" (seit 1988: „Archive for Mathematical Logic"). S. beschäftigte sich besonders mit Typentheorie und Modallogik. Er veröffentlichte u. a. Beweistheorie (1960, engl. 1977), Einführung in die mathematische Logik (3 Bde., 1966-73), Vollständige Systeme modaler und intuitionistischer Logik (1968) und Axiomatische Mengenlehre (1970). Seit 1973 war er Mitglied der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften, seit 1984 korrespondierendes Mitglied der Österreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften. CD N D B
Schütte,
Wilhelm, Architekt, * 1 4 . 8 . 1 9 0 0 Heissen (heute zu M ü l h e i m / R u h r ) , t 1 7 . 4 . 1 9 6 8 Wien. S. studierte 1918-23 an den Technischen Hochschulen Darmstadt und M ü n c h e n Bauingenieurwesen und Architektur, wurde 1925 Regierungsbaumeister und übernahm die Leitung der Schulbau-Unterabteilung am Stadtbauamt Frankf u r t / M a i n . 1930 ging er mit Grete - » Schütte-Lihotzky, mit der er 1927-51 verheiratet war, und Ernst —»May in die U d S S R , wo er hauptsächlich an Schulbauten mitwirkte. Nach einem Frankreich-Aufenthalt 1 9 3 7 / 3 8 emigrierte S. in die Türkei und wurde 1938 Prof. für Entwerfen an der Kunstakademie Istanbul. Seit 1947 lebte und arbeitete er in Wien. S. baute u . a . das Volkshaus in Graz (1951), das Verlagshaus „Globus" in Wien (1953-56) und die Sonderschule in Wien-Floridsdorf (1959-61). 1948 war er Mitbegründer und danach bis 1956 Sekretär des österr. Congres Internationaux d'Architecture Moderne. S. veröffentlichte u . a . Perspektive für Architekten (1949) und Schulen bauen (1960).
Schütte-Lihotzky,
Grete, geb. Lihotzky, österr. Architektin, * 23. 1. 1897 Wien, t 18. 1 . 2 0 0 0 Wien. S.-L., Tochter eines Staatsbeamten, studierte 1915-19 an der Kunstgewerbeschule in Wien Architektur und Bauwesen bei Oskar —»Strnad und Heinrich —»Tessenow, war als Mitarbeiterin von Adolf —»Loos seit 1921 vor allem im Siedlungsbau tätig und entwickelte 1 9 2 2 / 2 3 Kochnischen- und Spülkücheneinrichtungen f ü r die Serienfertigung. 1926 von Ernst —»May an das Hochbauamt nach F r a n k f u r t / M a i n berufen, arbeitete sie in der Abteilung Typisierung und entwarf mit der „Frankfurter K ü c h e " die erste Einbauküche, die in ihrer strengen Funktionalität auf die Erleichterung der Hausarbeit abzielte und im kommunalen Wohnungsbau weite Verwendung fand. 1930 ging sie in die Sowjetunion, wo sie vor allem Kinderbauten und -möbel entwarf, arbeitete 1 9 3 7 / 3 8 in Frankreich und folgte 1938 einer Einladung von B r u n o —»Taut nach Istanbul. 1940 kehrte S.-L., seit 1939 Mitglied der K P Ö , nach Wien zurück, wurde 1941 verhaftet und war bis 1945 in Aichach (Bayern) inhaftiert. 1 9 4 6 / 4 7 in Bulgarien tätig, lebte S.-L. seit 1947 als freie Architektin in Wien, wo sie jedoch nur wenige Aufträge erhielt. Neben Kindergärten schuf sie oft in Z u s a m m e n arbeit mit Wilhelm —» Schütte, mit dem sie 1927-51 verheiratet war, einige Wohn- und Geschäftsbauten. S.-L., die erneut der K P Ö beitrat und sich im Bund demokratischer Frauen Österreichs engagierte, betätigte sich auch publizistisch und als Beraterin in Wohnbaufragen in China, Kuba und der DDR. Sie veröffentlichte u. a. Erinnerungen aus dem Widerstand. Das kämpferische Leben einer Architektin von 1938-45 (1994). CD N D B
Schütter,
Friedrich, Intendant, Schauspieler, * 4 . 1 . 1921 Düsseldorf, t 1 7 . 9 . 1 9 9 5 Hamburg. Nach der Rückkehr aus dem Kriegsdienst nahm S. 1947-49 Schauspielunterricht u. a. bei Helmuth —» Gmelin, debütierte am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg und war 1951 Gründungsmitglied sowie künstlerischer Leiter des Jungen Theaters, das 1973 in Ernst-Deutsch-Theater umbenannt wurde. Unter seiner Intendanz zählte das Theater seit Mitte der sechziger Jahre zu den erfolgreichsten deutschen Privatbühnen. S. trat weiterhin als Schauspieler auf, führte Regie und inszenierte zeitkritische und Boulevard-Stücke. Er synchronisierte in amerikanischen Filmproduktionen u. a. Lee Marvin und war in zahlreichen deutschen Fernsehproduktionen zu sehen. S. war Mitglied der Akademie der Darstellenden Künste und der Freien A k a d e m i e der Künste in Hamburg. CD Munzinger S c h ü t z , Adolf, Pseud. George Roland, Schauspieler, Regisseur, Übersetzer, Schriftsteller, * 2 2 . 9 . 1895 Wien, t 11. 11. 1974 Stockholm. S., Sohn eines Bankbeamten, studierte 1913-16 an der Akademie für Musik und Darstellende Kunst in Wien und nahm dann am Ersten Weltkrieg teil. Seit 1918 war er als Schauspieler, Regisseur und Theaterintendant sowie als Bühnen- und Filmautor tätig. 1938 emigrierte er über Finnland nach Schweden, w o er vor allem Drehbücher schrieb und als Übersetzer arbeitete; 1940 erhielt er die schwedische Staatsbürgerschaft. Zu seinen Werken zählen Libretti ( u . a . für die Oper Venetianische Nacht, 1920; Bubi und die Frauen, mit Fred —» Heller, 1929), Liedtexte, Komödien und Hörspiele; er war Mitverfasser von Axel an der Himmelstür (1936, mit Paul —»Morgan und Max —»Hansen; Liedtexte: Hans —»Weigel; Musik: Ralph —»Benatzky). CD Lex österr Exillit S c h ü t z , Alfred, Soziologe, Philosoph, * 13.4. 1899 Wien, t 2 0 . 5 . 1 9 5 9 N e w York. S. wuchs bei einem Stiefvater, einem Bankier, auf und studierte nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1 9 1 7 / 1 8 Rechtswissenschaften bei Hans —»Kelsen, Ö k o n o m i e bei Ludwig von —»Mises und Soziologie bei Friedrich von —»Wieser und O t h m a r —»Spann. Nach der Promotion 1921 an der Univ. Wien trat er dort als Finanzjurist in ein Bankhaus ein und wurde 1927 Prokurist im Bankhaus Reitler & Co., für das er bis 1952 im internationalen Management tätig war. 1932 lernte er E d m u n d —»Husserl kennen und pflegte seitdem bis zur Emigration den Kontakt mit dessen Freiburger Kreis. Nach dem „Anschluß" Österreichs emigrierte S. 1939 in die U S A und wurde 1941 Vorsitzender der von ihm mitbegründeten Internationalen Phänomenologischen Gesellschaft. 1952-59 war er Prof. der Philosophie und Soziologie an der Graduate Faculty of the N e w School for Social Research in N e w York. Mit seinen Schriften zu Lebzeiten erschien in Deutschland nur das Hauptwerk Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt. Einleitung in die verstehende Welt (1932, 2 1960) - , die auf Husserl und Max —»Weber zurückgehen, gilt S. als Begründer einer phänomenologisch ausgerichteten konstruktivistischen Sozialwissenschaft. Er war Mitglied der Redaktionskommission der Zeitschrift „Philosophy and Phenomenology Research". Zu seinen Werken gehören Phenomenology and the Social Sciences (1940), Concept and Theory Formation in the Social Sciences (1954), Symbol, Reality and Society (1955), Reflections on the Problem of Relevance (postum 1970; dt. Das Problem der Relevanz, 1973), The Structures of the LifeWorld (postum 1973, mit T h o m a s Luckmann; dt. Strukturen der Lebenswelt, 2 Bde., 1979-84) und Die Theorie des sozialen Handelns (postum 1977, mit Talcott Parsons). CD N D B
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Schütz S c h ü t z , Arthur Waldemar, Pseud. Tristan Busch, österr. Schriftsteller, * 2 5 . 1 . 1 8 8 0 St. Petersburg, t 9 . 2 . 1960 Wien. S. gründete 1904 eine Firma für Antriebs- und Riementechnik, leitete 1914-17 die österr. Abwehrzensur gegen Rußland und nahm 1917 an Friedensgesprächen in St. Petersburg teil. Im englischen Exil 1938-51 war er während des Weltkriegs als Moderator von Soldatensendern der Freien belgischen Regierungen tätig. S. kehrte 1951 nach Österreich zurück. Unter seinem Pseudonym veröffentlichte er u. a. Darüber spricht man nicht (1950). Bekannt wurde er als Schöpfer des sogenannten „Grubenhunds", satirischer Leserbriefe an Zeitungen, die dort als ernsthafte Zuschriften abgedruckt wurden (Der Grubenhund. Eine Kultursatire, 1931). CD Czeike S c h ü t z , Benjamin, Jurist, * 13. 12.1586 Weißenfels, t 11.7. 1666 Erfurt. Der Bruder des Komponisten Heinrich —» S. war nach rechtswissenschaftlichen Studien an den Universitäten Marburg und Leipzig als Hofmeister tätig, reiste nach Leiden, Paris, Orleans und Bourges und wurde 1627 an der Univ. Basel zum Dr. jur. promoviert. Anschließend ging er als Dozent an die Univ. Leipzig und trat 1633 als Jurist in die Dienste des schwedischen Residenten in Erfurt, 1634 in die des Erfurter Rats, war vor allem mit Vormundschaftsfragen befaßt und wurde 1635 Ratssyndikus. S. war seit 1646 Mitglied der Juristischen Fakultät der Univ. Erfurt, deren Rektor er 1648 wurde. S c h ü t z , Carl, auch Schytz, österr. Graphiker, Architekt, * 2. 11.1745 Laibach, ΐ 1 4 . 3 . 1 8 0 0 Wien. S. studierte Kupferstecherkunst an der A k a d e m i e bei St. Anna, Architektur bei Johann Ferdinand —>Hetzendorff von Hohenberg an der Wiener Kunstakademie und wurde 1772 deren Mitglied. Er lehrte an der k. k. Ingenieurakademie in Wien. S. schuf ein vielseitiges graphisches CEuvre aus Porträts, Plänen und Ansichten von Schlössern und Ruinen, Ansichten aus Wien und Niederösterreich, Darstellungen historischer Ereignisse, von Kostümen, Uniformen, Ornamenten und Allegorien. Als seine bedeutendste Leistung gelten die 20 aus seiner Hand stammenden Blätter der Collection de 50 vues de la ville de Vienne (1779). CD Th-B S c h ü t z , Caspar, Historiker, * Eisleben, t 1 6 . 9 . 1 5 9 4 Danzig. S. studierte Rechtswissenschaft an der Univ. Königsberg, erwarb 1561 den Grad eines Magisters und wurde 1562 Prof. der Poetik. 1564 ging er nach Danzig und wurde 1565 Stadtschreiber. S. veröffentlichte u. a. eine Historia rerum Prussicarum (1592). CD Altpreuß Biogr, Bd 2 S c h ü t z , Christian Georg, Maler, getauft 2 7 . 9 . 1718 Flörsheim/Main, t 3.12.1791 Frankfurt/Main. Nach einer Lehre als Fassadenmaler in F r a n k f u r t / M a i n 1731-35 ging S., Sohn eines Acker- und Weinbauern, auf Wanderschaft und kam zur weiteren Ausbildung bei Joseph Ignaz Appiani nach Mainz. 1743 kehrte er nach Frankfurt zurück, wo er d e m Malerkreis um Johann Caspar —»Goethe angehörte. Er war Mitarbeiter an den Fresken im Frankfurter Goethehaus sowie im Palais des Grafen Thoranc und schuf neben dekorativen Fresken auch Darstellungen idealer Rokoko-Landschaften. Er war der Vater von Johann Georg - » S . CD N D B S c h ü t z , Christian Gottfried, Philosoph, Philologe, * 19.5. 1747 Dederstedt (Mansfeld), t 7 . 5 . 1832 Halle/ Saale. Als ältester Sohn eines Pastors erhielt S. seine erste Ausbildung in Aschersleben; anschließend war er Schüler des
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Halleschen Waisenhauses. 1762 begann er in Halle das Studium der Theologie (bei Johann S a l o m o —» Semler), Philosophie, Geschichte und Klassichen Philologie. 1768 erwarb er den Grad eines Magisters. Aus finanziellen Gründen nahm er die Stelle als Mathematiklehrer an der Ritterakademie in Brandenburg an. Aber bereits 1769 erhielt er die Stelle eines Inspektors des Theologischen Seminars in Halle. 1773 wurde er zum a. o. Prof. und 1777 zum o. Prof. an der Univ. Halle berufen. 1779 nahm er den Ruf als Prof. für Poesie und Beredsamkeit in Jena an. Wenig erfolgreicher Lehrer, gründete S. zusammen mit anderen die wichtige „Allgemeine Literatur-Zeitung" (1785), die ihm Ansehen verschaffte und seine finanzielle Lage verbesserte. S. hat diese Zeitschrift, die für die Verbreitung der Kantischen Philosophie eintrat, bis in sein hohes Alter mit großem Erfolg geführt. Seine Fähigkeit als Übersetzer antiker Texte machte ihn nicht zu einem einflußreichen philologischen Lehrer. Seine philologischen Werke entsprachen nicht immer den damaligen wissenschaftlichen Standards. 1804 nahm er wegen der Konkurrenz August Wilhelm —»Schlegels in Jena den Ruf als Prof. der Beredsamkeit in Halle an, wohin er die „Allgemeine Literaturzeitung" mitnehmen konnte. In den preußisch-französischen Auseinandersetzungen 1806 litt S. besonders. Er mußte sogar einen namhaften Teil seiner Bibliothek verkaufen. Nach der Wiederherstellung der Univ. Halle/Wittenberg suchte S. die „Allgemeine Literaturzeitung" wiederzubeleben. Die S a m m l u n g seiner Opuscula philologica (1830) zeigt seine wissenschaftliche Traditionalität. LITERATUR: R. Hoche: S. In: A D B 33, 1891, S. 111-115. Horst Schröpfer: Kants Weg in die Öffentlichkeit. C. G. S. als Wegbereiter der kritischen Philosophie. Stuttgart-Bad Cannstatt 2003. - B B H S . Hans Erich Bödeker S c h ü t z , Eduard (Johannes Nikolaus), Schauspieler, * 16.8. 1799 Altenlande bei Hamburg, t 2 . 5 . 1 8 6 8 Braunschweig. Zunächst Soldat, spielte S. Laientheater, wurde an einer Hamburger B ü h n e ausgebildet und debütierte 1818 am dortigen Steinstraßen-Theater. Er trat in Detmold und Magdeburg auf und wurde 1821 an das Braunschweiger Hoftheater engagiert, dem er bis zu seinem Abschied von der Bühne 1853 angehörte. S. wirkte 1829-31 in Leipzig, 1854-56 in Wiesbaden und kehrte anschließend als künstlerischer Direktor des Schauspiels nach Braunschweig zurück. 1829 spielte er in Braunschweig die Titelrolle in August —»Klingemanns Bearbeitung von —»Goethes Faust, der ersten öffentlichen A u f f ü h r u n g des Dramas. S. schrieb Prologe, Gedichte, dramaturgische Abhandlungen und Bühnenwerke (u.a. Der Schauspieler). m Kosch: Theater S c h ü t z , Erich, Physiologe, * 6 . 9 . 1902 W e s e l / R h e i n , t 13.4. 1988 Münster (Westfalen). Nach d e m Studium in Tübingen, Bonn, Wien und Kiel (Promotion 1927, Rassenbiologische und physikalisch-chemische Studien über gruppenspezifische Isohaemagglutination) war S. 1927 Assistent an den Universitäten Tübingen und Berlin, habilitierte sich 1930 an der Univ. Berlin für Physiologie und wurde dort 1935 a. o. Professor. 1937 folgte er einem Ruf als o. Prof. und Direktor des Physiologischen Instituts an die Univ. Münster, in welche Position er nach d e m Kriegsdienst am Luftfahrtmedizinischen Forschungsinsitut Berlin zurückkehrte. S. stand 1941-46 der Deutschen Physiologischen Gesellschaft und seit 1954 der Deutschen Gesellschaft für Electrencephalographie vor. Er veröffentlichte u. a. Einführung in Anatomie und Physiologie des Menschen (mit Rudolf Mair, 2 Bde., 1 9 3 6 , 2 1 9 4 6 ; unter d e m Titel Bau und. Funktionen des menschlichen Körpers, mit Karl Eduard - » R o t h s c h u h , 3 1956, 18 1994), Einführung in Anatomie und Physiologie des Menschen, Physiologie (1942, 8 1963) und Physiologie des Herzens (1958).
Schütz S c h ü t z , Ferdinand, eigentl. Schütze, Sänger, * 2 . 1 2 . 1 8 5 6 Hamburg, t n. e. S. begann seine Laufbahn als Chorsänger des Hamburger Thalia-Theaters. Er bildete seine Tenorstimme aus und sang in Breslau und F r a n k f u r t / M a i n , bevor er 1879 an das Theater an der Wien kam, w o er in Operetten (u.a. 1881 in der Uraufführung von Der lustige Krieg von Johann —»Strauß) Erfolge feierte. 1883 reiste er in die U S A , nahm als Gast an der Tournee Marie —> Geistingers teil und sang 1885 an der Metropolitan Opera in N e w York erstmals Opernpartien (u. a. den Lyonel in Friedrich von —»Flotows Martha). S. kam 1891 nach Karlsbad, sang 1897 am Carl-Schultze-Theater in Hamburg Operetten und gehörte seit 1897 - mit Unterbrechung durch ein Engagement am Wiener Jantschtheater 1901-03 - d e m Zentraltheater in Berlin an. Gastspielreisen führten ihn auch nach Rußland. CD Kutsch S c h ü t z , Friedrich, österr. Schriftsteller, Journalist, * 2 4 . 4 . 1845 Prag, t 22. 12. 1908 Wien. S. besuchte die Handelsakademie in Prag und trat seit 1869 als Dramatiker an die Öffentlichkeit. 1873 wurde er Redakteur der „Neuen Freien Presse" in Wien. Neben Bühnenwerken (u.a. Zu alt, 1870) schrieb er Theaterkritiken (Wiener Theater-Eindrücke, 1895) sowie politische Werke (Das heutige Rußland, 1897). S. war seit 1882 mit der Sopranistin Bertha von —» Dillner verheiratet. Π3 D L L S c h ü t z , Friedrich Wilhelm von, Publizist, * 2 5 . 4 . 1 7 5 6 Erdmannsdorf bei Chemnitz, t 9 . 3 . 1834 Zerbst. S., Sohn eines Amtshauptmanns, studierte 1777-79 Rechtswissenschaft in Leipzig, wurde Freimaurer und trat früh für die Emanzipation der Juden ein (Apologie, Nathan den Weisen betreffend, 1781). 1787 ging er nach Altona, veröffentlichte im selben Jahr die erste Biographie eines jüdischen Philosophen (Leben und Meinungen Moses Mendelssohns) und gab bis 1791 die Monatsschrift „Archiv der Schwärmerey und A u f k l ä r u n g " heraus (1796 „Neues Archiv der Schwärmerey und Aufklärung"). 1 7 9 2 / 9 3 war er in der L o g e „Einigkeit und Toleranz", der ersten in Deutschland, die Juden a u f n a h m , Meister vom Stuhl. S. veröffentlichte 1792 sechs M o n a t e lang die bedeutende demokratische Wochenschrift „Niedersächsischer M e r k u r " (1793 „Neuer Proteus", 1797 „Neuer Niedersächsischer Merkur"), in der er eigene Freiheitsgedichte und Reden abdruckte, war 1798-1800 Schauspieler, zeitweise auch Teilhaber des Altonaer Nationaltheaters und gab eine „Theater- und Literaturzeitschrift" sowie eine S a m m l u n g von Schauspielen heraus. Nach der A u f h e b u n g der Pressefreiheit in Altona lebte S. 1805-19 in Hamburg und danach in Zerbst, w o er erneut einer Loge beitrat (Freie Bekenntnisse eines Veteranen der Maurerei, 1824; Maurerische Ansichten, 2 Bde., 1825-27). CD Killy S c h ü t z , Gabriel, Musiker, Komponist, * 1.2. 1633 Lübeck, t 9 . 8 . 1710 Nürnberg. Ausgebildet in Lübeck (bei Nicolaus - » B l e y e r ) und in Hamburg ( 1 6 5 4 / 5 5 ) trat S „ Sohn eines Mühlenverwalters, 1655 eine Reise nach Italien an, die er jedoch 1656 in Nürnberg beendete. 1658 wurde er hier Exspektant der Stadtmusik und trat bis zu seiner Anstellung als wirklicher Stadtmusikant 1666 in Ansbach, Bayreuth, Oettingen, Mergentheim und Salzburg auf. S. galt als Virtuose auf G a m b e und Kornett und komponierte zahlreiche Stücke für seine Instrumente, von denen nur wenige, darunter eine Sonate für zwei Gamben und Generalbaß, erhalten sind. Zu seinen Schülern zählte Johann Philipp Krieger. CD M G G S c h ü t z , (Christian) Georg II. „der Vetter", Maler, * 3 . 9 . 1758 F l ö r s h e i m / M a i n , t 1 0 . 4 . 1 8 2 3 F r a n k f u r t / Main. Der aus einer Acker- und Weinbauernfamilie stammende S. ging nach dem Tod des Vaters bei seinem Onkel Chri-
stian Georg —>S. in Frankfurt in die Lehre. Dort lebte er als Fremder ohne Aufenthaltsberechtigung („Permissionist") und arbeitete in der Werkstatt der Malerfamilie. 1808 war er Vorstand der Klasse f ü r Malerei und bildende Künste an der neu gegründeten Frankfurter Museumsgesellschaft. 1809 übertrug ihm Großherzog Karl Theodor von —> Dalberg die Verwaltung und Restaurierung mittelalterlicher Gemälde. CD N D B S c h ü t z , Hanns Lothar, Journalist, * 2 3 . 9 . 1 9 4 0 Krefeld, t 6.9.1993 Frankfurt/Main. Nach d e m Studium der Germanistik, Theaterwissenschaft, Publizistik und Demoskopie an der Freien Univ. Berlin war S. seit 1964 journalistisch tätig; von 1971 an leitete er die Kulturressorts der „Welt" und der „Welt am Sonntag". 1975 wurde er Chefredakteur des „Börsenblatts für den Deutschen Buchhandel". Mit aktueller Berichterstattung und Schwerpunktthemen entwickelte er das Verbandsorgan zu einer beachteten Fachzeitschrift. Zu seinen eigenen Beiträgen gehörten Artikel über die Kulturgeschichte des Buches und die Philosophie der französischen Poststrukturalisten. S c h ü t z , Hans, österr. Sänger, * 16. 12. 1864 Wien, t 12. 1. 1917 Wiesbaden. Nach der Ausbildung in Wien debütierte S. 1891 als Bariton am Linzer Stadttheater, sang 1893-96 am Stadttheater in Zürich, 1896-98 an der Oper in Düsseldorf und 1898-1908 an der Leipziger Oper. 1908 wechselte er nach Wiesbaden, dessen Hoftheater er bis an sein Lebensende angehörte. S., vor allem als - » W a g n e r - I n t e r p r e t bekannt, sang u . a . 1899 bei den Bayreuther Festspielen den A m f o r t a s im Parsifal. Gastspiele führten ihn u . a . nach Wien, Dresden, Stuttgart, Schwerin, Frankfurt und Köln sowie an die Covent Garden Opera in London (1902, 1904). 1902 wirkte er an der Uraufführung der Oper Orestes von Felix von —> Weingartner mit. CD Kutsch S c h ü t z , Hans, Politiker, * 14.2. 1901 H e m m e h ü b e l (Nordböhmen), t 2 4 . 1 . 1 9 8 2 München. S., Sohn eines Metallarbeiters, durchlief 1916-18 eine Schreinerlehre. Seit 1920 Gewerkschaftssekretär, besuchte er 1 9 2 1 / 2 2 die kath. Volkshochschule Leohaus in München und leitete nach der Rückkehr das Sozialreferat beim Reichsbund der deutschen katholischen Jugend. 1923 wurde er Geschäftsführer des Christlichen Textilarbeiterverbandes im Sudetenland und Herausgeber der Monatsschrift „Sudetendeutsche Arbeit", 1924 Vorsitzender des Gesamtverbandes der Sudetendeutschen Christlichen Gewerkschaften. Seit 1925 Vorstandsmitglied der Deutschen Christlich-Sozialen Volkspartei, kam er 1935 als Abgeordneter ins Prager Parlament, in dem er für eine Verständigung der Volksgruppen eintrat, und war seit 1938 als Angestellter in TeplitzSchönau tätig. 1941-45 nahm er am Zweiten Weltkrieg teil. Nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft betätigte sich S. in der kirchlichen Hilfsstelle für Heimatvertriebene in München, trat der C S U bei und wurde 1946 CSU-Flüchtlingsvertreter im Hauptausschuß für Flüchtlinge und Ausgewiesene. Seit 1946 war er Vorsitzender der „Union der Ausgewiesenen", seit 1948 Flüchtlings Vertreter im ZweizonenWirtschaftsrat in F r a n k f u r t / M a i n . S. gehörte 1949-63 dem Deutschen Bundestag an und war 1950-63 Mitglied des Europarats. 1962 wurde er Staatssekretär im bayerischen Arbeitsministerium; 1964-66 war er Bayerischer Staatsminister für Arbeit und soziale Fürsorge. S. war Vorsitzender der sudetendeutschen „ A c k e r m a n n g e m e i n d e " und Mitglied der Internationalen Studienkommission für Flüchtlingswesen. 1963-69 stand er der Christlich-Sozialen Arbeitnehmerschaft vor. CD N D B
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Schütz S c h ü t z , ( L u d w i g ) Harald, S p r a c h f o r s c h e r , * 1 0 . 1 . 1 8 7 3 Traunstein, t 19.3.1941 F r a n k f u r t / M a i n . S., S o h n eines G y m n a s i a l l e h r e r s , studierte M a t h e m a t i k , N a t u r w i s s e n s c h a f t e n und P h i l o s o p h i e in G ö t t i n g e n und Jena, ging n a c h einer Assistenzzeit an der T H D a r m s t a d t und d e m S t a a t s e x a m e n als Lehrer z u n ä c h s t nach O l d e n b u r g , d a n n nach H a g e n u n d w u r d e k r a n k h e i t s b e d i n g t 1909 pensioniert. Er g i n g nach F r a n k f u r t und b e s c h ä f t i g t e sich mit S p r a c h studien; a u t o d i d a k t i s c h erlernte er eine g r o ß e A n z a h l von S p r a c h e n und D i a l e k t e n . 1911 g r ü n d e t e er d e n F r a n k f u r ter Verein f ü r orientalische S p r a c h e n , f ü r den er als Vorsitzender und H e r a u s g e b e r der J a h r e s b e r i c h t e tätig war. I m Ersten Weltkrieg als D o l m e t s c h e r in der T ü r k e i und in U n garn eingesetzt, arbeitete er in d e n z w a n z i g e r J a h r e n f ü r den S ü d w e s t d e u t s c h e n R u n d f u n k . S. w a r M i t g l i e d d e r D e u t s c h asiatischen G e s e l l s c h a f t . E r v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Die Hauptsprachen unserer Zeit ( 1 9 1 0 ) und Die deutschen Kolonialsprachen (1912). c n Frankf B i o g r S c h ü t z , H e i n r i c h , K o m p o n i s t , g e t a u f t 9. 10. 1585 Köstritz ( T h ü r i n g e n ) , t 6. 11. 1672 D r e s d e n . I m J a h r 1590 ü b e r n a h m S . ' Vater, ein Gastwirt, den elterlichen B e t r i e b in W e i ß e n f e l s . D o r t ü b e r n a c h t e t e m e h r f a c h L a n d g r a f —»Moritz von H e s s e n ; er b e w o g d i e E l t e r n 1599, S. als K a p e l l k n a b e n und S c h ü l e r nach Kassel zu schicken. 1608 w u r d e S. als J u r a s t u d e n t an der U n i v . M a r b u r g immatrikuliert, zog aber bereits 1609 mit e i n e m S t i p e n d i u m des L a n d g r a f e n nach Venedig z u m Unterricht bei G i o v a n n i Gabrieli. A u c h ü b e r d i e D r u c k l e g u n g seines m u s i k a l i s c h e n M e i s t e r s t ü c k s (Italienische Madrigale, 1611) u n d Gabrielis Tod ( 1 6 1 2 ) h i n a u s blieb er in Venedig u n d kehrte erst 1613 als zweiter H o f o r g a n i s t n a c h Kassel zurück. 1614 trat S. in den D i e n s t des K u r f ü r s t e n —> J o h a n n G e o r g I. von S a c h s e n , d e m e s g e g e n den Protest des K a s s e l e r H o f e s gelang, S. als H o f k a p e l l m e i s t e r (1619) d a u e r n d an D r e s d e n zu b i n d e n . S . ' f r ü h e s D r e s d n e r S c h a f f e n ist s c h w e r zu u m r e i ß e n . S i c h e r e Daten ergeben sich n u r a n h a n d der D r u c k e : 1619 erschienen die Psalmen Davids ( m e h r c h ö r i g e W e r k e in unterschiedlichen B e s e t z u n g e n ) , 1623 die Auferstehungshistorie, 1625 d i e Cantiones sacrae, vielleicht e b e n s o im Z u s a m m e n h a n g von S c h l i c h t u n g s v e r s u c h e n w ä h r e n d d e s D r e i ß i g j ä h r i g e n Kriegs zu sehen w i e S . ' M o t e t t e Da pacem von 1627, a u f g e f ü h r t z u m K u r f ü r s t e n t a g in M ü h l h a u s e n , 1628 d e r Beckersche Psalter ( C h o r s ä t z e zu P s a l m - N a c h d i c h t u n g e n , überarbeitet 1661). D a ß S. erst 1 6 2 8 / 2 9 , als er ein zweites M a l nach Venedig, vielleicht a u c h nach Florenz, reiste, d i e m o d e r n e italienische G e n e r a l b a ß m u s i k k e n n e n g e l e r n t h a b e (die d a n n d i e 1629 g e d r u c k t e n lateinischen Symphoniae Sacrae I prägte), w i r d bereits aus G e l e g e n h e i t s d r u c k e n d e r Zeit z u v o r widerlegt; allerdings ist umstritten, w e l c h e r Art S . ' v e r s c h o l l e n e B e i t r ä g e zu M a r t i n —> O p i t z ' D r a m a Daphne g e w e s e n w a ren, d a s 1627 in Torgau a u f g e f ü h r t w u r d e und als älteste d e u t s c h e O p e r gilt. N a c h der R ü c k k e h r aus Venedig 1629 w a r e n d i e S c h a f f e n s b e d i n g u n g e n k r i e g s b e d i n g t e i n g e s c h r ä n k t . S. v e r ö f f e n t lichte lediglich 1635 die Musikalischen Exequien (die g r o ß a n g e l e g t e T r a u e r m u s i k f ü r Fürst Heinrich P o s t h u m u s von R e u ß ) s o w i e 1636-39 d i e zwei Teile der Kleinen geistlichen Konzerte, in d e n e n er W e r k e f ü r e i n z e l n e S i n g s t i m m e n und G e n e r a l b a ß z u s a m m e n f a ß t e ; Werke, in d e n e n a u c h I n s t r u m e n t e m i t w i r k e n , sind erst im 2. und 3. Teil der Symphoniae Sacrae enthalten, d i e 1647 und 1650 erschienen. Z w i s c h e n diesen beiden D r u c k e n , d i e S . ' a n h a l t e n d e s Interesse an der Verbreitung d e s italienischen k o n z e r t i e r e n d e n Stils d o k u m e n t i e r e n , steht d e r D r u c k d e r Geistlichen Chormusik ( 1 6 4 8 ) , mit d e m er ein M u s t e r strenger m u s i k a l i s c h e r S e t z k u n s t g e b e n wollte. W ä h r e n d d e s Kriegs w a r S. m e h r f a c h f ü r längere Zeit a u ß e r h a l b S a c h s e n s tätig, b e s o n d e r s 1633-35 und 1 6 4 2 - 4 4 in K o p e n h a g e n ; O p e r n a u f f ü h r u n g e n dort sind d o k u m e n t i e r t ,
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o h n e d a ß M u s i k erhalten wäre. N a c h K r i e g s e n d e verbesserten sich d i e D r e s d n e r K a p e l l v e r h ä l t n i s s e n u r s c h l e p p e n d , d a der H o f letztlich a u c h auf A n r e g u n g e n S . ' n e b e n der d e u t s c h e n K a p e l l e e i n e italienische einrichtete; S . ' zahlreic h e R ü c k t r i t t s a n g e b o t e seit 1645 blieben u n b e r ü c k s i c h t i g t , bis er nach d e m Tod J o h a n n G e o r g s I. 1657 von seinen Dienstpflichten befreit w u r d e . B e s o n d e r e E r e i g n i s s e der letzten L e b e n s j a h r e S . ' waren d i e K o m p o s i t i o n u n d A u f f ü h r u n g der P a s s i o n s w e r k e (Sieben Worte s o w i e Passionen n a c h M a t t h ä u s , L u k a s und J o h a n nes) s o w i e der Weihnachtshistorie, e n t s t a n d e n in m e h r e r e n E t a p p e n seit e t w a 1660; seine letzte g r o ß e K o m p o s i t i o n w a r der 19. Psalm (sog. Schwanengesang) von 1671. S. w a r f ü r d i e d e u t s c h e M u s i k d e s 17. Jh. einer der wichtigsten Vermittler italienischer Stilprinzipien - bereits nach s e i n e m ersten V e n e d i g - A u f e n t h a l t in der Ü b e r t r a g u n g von Techniken des italienischen M a d r i g a l s auf den U m g a n g mit der Prosa d e u t s c h s p r a c h i g e r B i b e l t e x t e und in der A n w e n d u n g d e s . k o n z e r t i e r e n d e n Stils' ( z . B . M e h r c h ö r i g k e i t ) , seit 1630 auch in der Arbeit mit w e n i g e n solistischen S i n g s t i m m e n im m o d e r n e n G e n e r a l b a ß s a t z , die f ü r S. ein G e g e n p o l z u m traditionellen . s t r e n g e n S a t z ' w u r d e . LITERATUR: O t t o B r o d d e : H . S. Kassel 1972. - M i c h a e l H e i n e m a n n : H . S. R e i n b e k 1994, 2 2 0 0 5 . - K o n r a d Küster: O p u s p r i m u m in Venedig. L a a b e r 1995. - W e r n e r Breig: S, H . In: M G G 2 , Personenteil, 2 0 0 6 , Sp. 3 5 8 - 4 0 9 . Konrad
Küster
S c h ü t z , H e r m a n n , schweizer. Journalist, * 2 9 . 9 . 1 9 1 4 Z ü r i c h , t 1 3 . 7 . 1994 M a i l a n d . N a c h seiner A u s b i l d u n g an v e r s c h i e d e n e n s c h w e i z e r . S c h u len w a r S., S o h n eines I t a l i e n k o r r e s p o n d e n t e n der „ N e u e n Z ü r c h e r Z e i t u n g " , in d e n dreißiger Jahren und in der S c h l u ß p h a s e des Z w e i t e n Weltkriegs j o u r n a l i s t i s c h tätig. N a c h d e m A u s b a u d e s K o r r e s p o n d e n t e n n e t z e s der „ N e u e n Z ü r c h e r Z e i t u n g " w u r d e S. 1947 die W i r t s c h a f t s b e r i c h t e r stattung aus Italien übertragen, d i e er von M a i l a n d aus bis 1979 betreute. 1947-57 w a r er Präsident der Sektion Oberitalien der „ A s s o z i a z i o n e S t a m p a E s t e r a " u n d seit 1962 Schriftleiter der M o n a t s z e i t s c h r i f t „La S v i z z e r a Industriale e C o m merciale". S c h ü t z , J o h a n n G e o r g , Radierer, * 1 6 . 5 . 1 7 5 5 F r a n k f u r t / Main, f 11.5.1813 Frankfurt/Main. N a c h erstem Unterricht in der Werkstatt seines Vaters C h r i stian G e o r g —> S. studierte S. 1776-79 an der K u n s t a k a d e m i e D ü s s e l d o r f und w i d m e t e sich b e s o n d e r s d e r Historienund Porträtmalerei. 1784 trat der z u m K l a s s i z i s m u s neig e n d e K ü n s t l e r zur V o l l e n d u n g seiner A u s b i l d u n g ein R e i s e nach R o m an, w o er i m H a u s J o h a n n H e i n r i c h W i l h e l m —»Tischbeins w o h n t e , in d e m a u c h —»Goethe Q u a r t i e r hatte. S. begleitete d e n D i c h t e r auf dessen W a n d e r u n g e n und schuf f ü r ihn S k i z z e n des r ö m i s c h e n K a r n e v a l s , d i e 1789 als Illustration zu G o e t h e s A b h a n d l u n g Das römische Carneval e r s c h i e n e n . 1791 k e h r t e S. nach F r a n k f u r t zurück, u m den H a u s h a l t des v e r s t o r b e n e n Vaters zu ü b e r n e h m e n . S c h ü t z , J o h a n n J a k o b , auch S c h ü z , S c h u t z , Jurist, Pietist, * 7 . 9 . 1640 F r a n k f u r t / M a i n , t 2 1 . 5 . 1690 F r a n k f u r t / M a i n . S., S o h n eines Juristen und Kanzlers, studierte 1657-65 R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n in J e n a u n d T ü b i n g e n , vor a l l e m bei W o l f g a n g A d a m —> L a u t e r b a c h , dessen Compendium iuris er 1679 nach einer V o r l e s u n g s m i t s c h r i f t h e r a u s g a b . S. ließ sich als Lizentiat beider R e c h t e und A d v o k a t in F r a n k f u r t nieder, b e f r e u n d e t e sich mit P h i l i p p J a k o b —> S p e n e r und w u r d e M i t b e g r ü n d e r der „Collegia pietatis". U n t e r d e m E i n f l u ß der Radikalpietistin J o h a n n a E l e o n o r e von M e r l a u (—> Petersen) e n t f e r n t e er sich z u n e h m e n d von der luth. Kirche, v e r w e i gerte seit 1676 das A b e n d m a h l und g a b s e i n e A d v o k a t u r auf, d a der Z u s t a n d des R e c h t s w e s e n s seiner M e i n u n g n a c h
Schütz die Sünde nicht fernhalten könne. Beeindruckt von William Penn, beteiligte sich S. 1681 maßgeblich an der „Frankfurter Compagnie", welche die Auswanderung nach Pennsylvania förderte. 1683 kam es zum Bruch mit Spener; auch dessen Nachfolger Johann Daniel —»Arcularius konnte S.' Aussöhnung mit der Kirche nicht erreichen. S. verfaßte u . a . ein Christliches Gedenkbüchlein zur Beförderung eines anfangenden neuen Lebens (1675), in dem sich das von ihm gedichtete Kirchenlied Sei Lob und Ehr' dem höchsten Gut findet. m NDB
In- und Auslands, wechselte 1937 zur systematischen Theologie, gab jedoch bald darauf sein Lehramt auf. 1940 wurde S. Hauptpastor an St. Nicolai in Hamburg, w o er nach erneuter Kriegsteilnahme 1941-45 seit 1946 an der Univ. und 1948-52 an der Kirchlichen Hochschule lehrte, seit 1950 als Prof. der Theologie, und ein Seminar für christliche Philosophie einrichtete. Er veröffentlichte u . a . Warum ich noch Christ bin (1937; 2. Fassung 1947, f '1949; 3. Fassung 1969, 2 1994) und als sein Hauptwerk Parusia - Hoffnung und Prophetie (1960). CD B B K L
S c h ü t z , Julius (Franz), österr. Bibliothekar, Schriftsteller, * 10.11. 1889 Mureck (Steiermark), f 2 0 . 1 0 . 1961 Graz. Nach d e m Studium der Rechtswissenschaft, Indogermanistik, Kunstgeschichte und Geschichte an der Univ. Graz (Promotion 1914) t r a t S . 1919 in den Dienst der Steiermärkischen Landesbibliothek am Joanneum in Graz, deren Direktor er 1937 wurde. Er veröffentlichte Arbeiten zur Literaturgeschichte, steirischen Landeskunde und Kunstgeschichte ( u . a . Aus der Frühzeit der steirischen Drucker, 4 Bde., 1936-39) und war Mitarbeiter der „Zeitschrift des Historischen Vereins für Steiermark" und der „Blätter f ü r Heimatkunde". S. gab 1912 die nachgelassenen Gedichte seines Freundes Ernst —> Göll heraus und schrieb Erzählungen und Gedichte, u . a . Der Weg ohne Tod (1940). 00 DLL
S c h ü t z , Rudolf-Maria, Mediziner, * 3 . 9 . 1929 Gelsenkirchen, f 9 . 9 . 2 0 0 7 Lübeck. Nach Medizinstudium und Promotion (1956) in Göttingen an der dortigen Pharmakologischen Abteilung der Max-PlanckGesellschaft tätig, wechselte S. 1966 an die Medizinische A k a d e m i e Lübeck. 1968 habilitierte er sich f ü r Innere Medizin (Aussagefähigkeit und Grenzen angiologischer Messmethoden für Diagnostik und Therapie peripherer arterieller Durchblutungsstörungen) und wurde 1974 apl. Prof. und Direktor der Klinik für Angiologie und Geriatrie in Lübeck. 1984 gründete er dort eine der ersten deutschen geriatrischen Tageskliniken. S. war Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie (1986-97) und der Deutschen Gesellschaft für Angiologie (1983) sowie Vorsitzender der Sachverständigenkommission zur Erstellung des 1. Altenberichts der Bundesregierung (1993). Er gab Alter und Krankheit (1987) und Altern in Deutschland (1992) heraus.
S c h ü t z , Ludwig, kath. Theologe, Philosoph, * 2 7 . 4 . 1838 M a y e n / E i f e l , t 9. 12.1901 Trier. Nach dem Besuch des Priesterseminars in Trier empfing S. 1863 die Priesterweihe und wurde Kaplan in Saarlouis. Seit 1865 zum Studium an der Philosophisch-Theologischen A k a d e m i e in Münster, ging er nach der Promotion zum Dr. phil. 1867 an die Univ. Würzburg und lehrte seit 1868 als Prof. der Philosophie am Priesterseminar in Trier Logik und Metaphysik. S. wurde 1871 Präsident des kath. Bürgervereins Trier, war 1876 Mitbegründer der Görres-Gesellschaft und bis 1901 Vorstandsmitglied von deren philosophischer Sektion. 1897 wurde er Domkapitular in Trier. S. veröffentlichte u. a. eine Einleitung in die Philosophie (1879) und ein Thomas-Lexikon (1881). CD B B K L S c h ü t z , Otto, schweizer. Gewerkschafter, Politiker, * 4 . 3 . 1 9 0 7 Bachs (Kt. Zürich), t 3 . 9 . 1 9 7 5 Zürich. Von Beruf Mechaniker, trat S. 1925 in die Gewerkschaft ein. Er war 1942-74 Sekretär des Gewerkschaftskartells der Stadt Zürich, 1938-75 Zürcher Gemeinderat, 1947-75 sozialdemokratischer Nationalrat und 1957-75 Verwaltungsrat der Coop Schweiz. Er zählte jahrzehntelang zu den führenden Arbeiterpolitikern der Schweiz. S c h ü t z , Paul (Wilhelm Lukas), evang. Theologe, * 2 3 . 1 . 1891 Berlin, t 2 6 . 7 . 1 9 8 5 Starnberg. S., Sohn eines Predigers, studierte seit 1910 Theologie und Philosophie in Berlin und Jena ( u . a . bei Rudolf —>Eucken und Eberhard —>Grisebach) und wurde 1914 aufgrund der Dissertation Das künstlerische Element in der Metaphysik bei Schleiermacher zum Dr. phil. promoviert. 1914-18 nahm er am Ersten Weltkrieg teil. 1919-24 war er Studienleiter in Berlin-Spandau und Halle, wurde 1922 zum Lie. theol. promoviert, 1924 ordiniert und erhielt 1925 die Pfarrei Schwabendorf bei M a r b u r g / L a h n . 1926-28 leitete er die „Dr. Lepsius-Orient-Mission", für die er 1928 den Nahen Osten bereiste. Mit seinem kritischen „Reisebericht zur religionspolitischen Lage im Orient" Zwischen Nil und Kaukasus (1930, '1953, Nachdr. 1991), in dem er die Beendigung der Mission forderte, wurde S. rasch bekannt. 1929 gründete er mit Fritz —> Lieb die Zeitschrift „Orient und Occident", die 1934 verboten wurde. 1930 habilitierte er sich an der Univ. Gießen für Missionskunde und praktische Kirchenkunde des
S c h ü t z , Werner, Jurist, Politiker, * 2 3 . 3 . 1 9 0 0 Münster (Westfalen), t 1 . 7 . 1 9 7 5 Düsseldorf. Nach der Rückkehr aus dem Kriegsdienst studierte S. Rechtswissenschaft in Münster und ließ sich 1925 als Rechtsanwalt in Düsseldorf nieder. Während der nationalsozialistischen Herrschaft Mitglied und Rechtsberater der „Bekennenden Kirche" in Düsseldorf, war er nach Kriegsende am Wiederaufbau der Rechtsanwaltschaft, der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Kommunalverwaltung in Düsseldorf beteiligt und wurde Stadtverordneter in Düsseldorf sowie Mitglied des Kulturausschusses. S. war Mitbegründer und bis 1949 zweiter Vorsitzender der C D U in Düsseldorf, 1954-56 und 1958-62 Kultusminister von Nordrhein-Westfalen. Er schrieb Brennpunkte der Kulturpolitik (1959). CD Munzinger S c h ü t z , (Christian) Wilhelm von, auch Schütz-Lacrimas, Schriftsteller, * 1 3 . 4 . 1 7 7 6 Berlin, t 9 . 8 . 1 8 4 7 Leipzig. S., Sohn eines Oberfinanzrats, studierte Rechtswissenschaft in Würzburg und Erlangen, war in der Kriegs- und D o m ä n e n k a m m e r in Berlin tätig und erwarb dann das Gut K u m m e r o w (Kr. Beeskow-Starkow). Er war 1807-11 preuß. Landrat und Ritterschaftsdirektor in der Neumark und gehörte nach 1800 dem Berliner Romantikerkreis um Ludwig —»Tieck und August Wilhelm - » S c h l e g e l an. 1803 wurde S. nobilitiert. Nach seiner Suspendierung als Mitglied der Adelsopposition gegen die Staatsreformen lebte er als Gutsherr in der Mark, seit 1819 als freier Schriftsteller in Dresden und kehrte nach seiner Konversion zum Katholizismus 1828 in die Mark zurück. 1817-25 war er mit - » Goethe befreundet. S. schrieb romantische und historische Dramen (u.a. Lacrimas, 1803; Der Graf und die Gräfin von Gleichen, 1807; Carl der Kühne, 1821), dramentheoretische Aufsätze, edierte die von ihm bearbeiteten Memoiren G i a c o m o Casanovas (12 Bde., 1822-29) und befaßte sich als einer der ersten mit Heinrich von —»Kleist. Später publizierte er u . a . über volkswirtschaftliche, kulturgeschichtliche und kirchenrechtliche Fragen (u. a. Göthe's Faust und der Protestantismus, 1844) und gab 1842-46 die kath. Zeitschrift „Anticelsus" heraus. CD N D B
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Schütz S c h ü t z , (Johann) Wilhelm, Veterinärmediziner, * 15.9. 1839 Berlin, | 7. 11.1920 Berlin. S. studierte Veterinär- und Humanmedizin in Berlin und wurde 1867 Repetitor (Promotion 1868, Zur Kenntnis des Torfschweins), 1870 Dozent und 1876 o.Prof. der pathologischen Anatomie an der Tierärztlichen Hochschule in Berlin, deren Rektorat er 1890 innehatte. 1873 wurde er wissenschaftlicher Konsulent der Inspektion des MilitärVeterinärwesens, 1875 ordentliches Mitglied der technischen Deputation f ü r das Veterinärwesen im Landwirtschaftsministerium, 1878 Mitglied des Medizinalkollegiums der Mark Brandenburg und 1883 des Reichsgesundheitsamtes. S. entdeckte mit Friedrich —»Löffler die Erreger der Pferdekrankheit Rotz („Schütz-Löffler-Bazillus"), des Rotlaufs bei Schweinen und der Schweineseuche und entwickelte mit Robert —> Koch eine I m p f m e t h o d e gegen die Rinder-Perlsucht. S. redigierte seit 1874 das „Archiv für wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde" und veröffentlichte u. a. Die Lehre von der Constitution vom cellularpathologischen Standpunkte (1872), die Festschrift Die Tierärztliche Hochschule zu Berlin 1790-1890 (1890), Zur pathologischen Anatomie des Rotzes (1894) und Ueber den Rotz der Pferde (Rektoratsrede 1916). Nach ihm benannt ist auch das „Schütz-Reagens", eine Lösung zur Gonokokkenfärbung. S c h ü t z , Wilhelm (Wolfgang), Schriftsteller, Politiker, * 1 4 . 1 0 . 1 9 1 1 Bamberg, t 1 5 . 4 . 2 0 0 2 Köln. S., Sohn eines Fabrikanten, studierte Staatswissenschaften, Neuere Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte in München, Prag und Heidelberg, wo er 1934 promoviert wurde (Die Staatsidee des „Wilhelm Meister"). 1935 emigrierte er nach Großbritannien, war seit 1941 Korrespondent der „Neuen Zürcher Zeitung" in London und wurde 1951 politischer Mitarbeiter von Jakob —»Kaiser im Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen. Seit 1957 war er geschäftsführender Vorsitzender des Kuratoriums „Unteilbares Deutschland" und betätigte sich als freier Autor, Publizist und R u n d f u n k k o m m e n t a t o r . S. trat wiederholt mit Gedanken zur Deutschland-Politik hervor, die - wie das sogenannte Schütz-Memorandum 1967 - zum Teil auf den Widerspruch der politischen Parteien stießen. Vor allem wegen seiner Z u s t i m m u n g zur Ostpolitik Willy —> Brandts von der C D U kritisiert, legte er 1972 den Kuratoriumsvorsitz nieder und trat in die S P D ein. Zu seinen Schriften zählen Deutschland am Rande zweier Welten (1952), Wir wollen überleben. Außenpolitik im Atomzeitalter (1956) und Schritte zur Wiedervereinigung (1959). DD N D B
Schütz-Oldosi,
Amalie, geb. Holdhaus, österr. Sängerin, * 23. I. 1804 Wien, t 2 1 . 9 . 1 8 5 2 Baden (Niederösterreich). S.-O. debütierte nach der Ausbildung ihrer Sopranstimme am Theater an der Wien, war 1 8 2 2 / 2 3 Mitglied der Hofoper in Wien und trat 1825 am Theater am Kärntnertor auf. Als erste deutschsprachige Opernsängerin wurde sie eine gefeierte Primadonna der Belcanto-Oper in Italien und war an den bedeutendsten italienischen Opernhäusern in Opern von Rossini, Bellini und Donizetti zu hören. S.-O. sang 1836 die Partie der Serafina in der Uraufführung von Donizettis Opera buffa 11 Campanello di notte. Von Kaiser Franz I. zur Kaiserlichen Kammersängerin ernannt, nahm sie Abschied von der B ü h n e und kehrte nach Wien zurück. 1852 gastierte sie in London. CP Kutsch
Schütze,
Gottfried, evang. Theologe, Historiker, * 7 . 5 . 1719 Wernigerode, t 1 . 7 . 1 7 8 4 Hamburg. S., Sohn eines Rektors und Pastors, studierte seit 1738 Theologie und Geschichte in Halle und Leipzig, wurde 1741 Magister, 1742 A d j u n k t des geistlichen Ministeriums in Altona und 1743 auch Nachmittagsprediger in Ottensen. Seit 1750
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war er Rektor des Pädagogiums in Altona, erhielt 1751 den Titel eines a. o. Prof. der Theologie an der Univ. Kopenhagen und wurde 1759 Rektor und Prof. am G y m n a s i u m in Altona. 1760 in Kopenhagen zum Dr. theol. promoviert, war er seit 1762 Gymnasialprofessor in Hamburg, wurde 1767 in Wittenberg zum poeta laureatus gekrönt und 1778 erster Bibliothekar an der Hamburger Stadtbibliothek. S. war Mitglied der Akademien der Wissenschaften in Berlin (1746), Kopenhagen (1750) und Paris (1762). Er veröffentlichte Schriften zur Theologie (u. a. Luthers bisher ungedruckte Briefe, 3 Bde., 1781), zur deutschen und hamburgischen Geschichte (u. a. Von der Hamburger Stadtbibliothek, 1781). Er war der Vater von Johann Friedrich —> S. DD B B H S
Schütze,
Johann Friedrich, Pseud. Jäger, Schriftsteller, * 1.4. 1758 Altona (heute zu Hamburg), t 1 5 . 1 0 . 1 8 1 0 Altona. Der Sohn Gottfried —>S.s begann 1780 das Studium der Rechtswissenschaft in Leipzig, wo er —»Jean Paul kennenlernte. 1781 ging er nach Kiel, 1783 nach Hamburg und wurde 1793 Kgl. Dänischer Kanzleisekretär bei der Altonaer Lotterie, deren Generaladministration er 1797-1810 innehatte. S. veröffentlichte Gedichte, Aufsätze und Rezensionen u . a . im „Journal des Luxus und der M o d e n " und im „Neuen teutschen Merkur", Übersetzungen aus d e m Französischen und Dänischen sowie unter P s e u d o n y m Romane und das Lustspiel Die Journalisten (1806). Er verfaßte außerdem ein Holsteinisches Idiotikon (4 Tie., 1800-06, Nachdr. 1973) und theatergeschichtliche Studien (u.a. Hamburgische Theatergeschichte, 1794, Nachdr. 1975). CD B B H S
Schütze,
(Johann) Stephan, Schriftsteller, * 1.11. 1771 Olvenstedt bei Magdeburg, t 1 9 . 3 . 1 8 3 9 Weimar. S., Sohn eines Bauern, machte eine kaufmännische Lehre in Magdeburg, bereitete sich seit 1789 in Kloster Bergen auf das Theologiestudium vor und studierte 1 7 9 4 / 9 5 in Erlangen, 1795-97 in Halle. Als Hauslehrer und Hofmeister kehrte er nach Magdeburg zurück, schrieb Gedichte und den Versuch einer Theorie des Reims nach Inhalt und Form (1802). S. lebte seit 1804 mit Unterstützung eines Onkels als freier Schriftsteller in Weimar, Schloß Freundschaft mit —> Wieland und lernte 1806 —> Goethe kennen. Er redigierte das „Journal des Luxus und der M o d e n " (bis 1827) und gab seit 1804 das „Taschenbuch der Liebe und Freundschaft" heraus, f ü r das u. a. Ε. T . A. —> H o f f m a n n schrieb. Neben Bühnenstücken (Der Dichter und sein Vaterland, 1806) verfaßte er ästhetische Studien (Versuch einer Theorie des Komischen, 1817), Tagebücher und seine Lebensgeschichte (2 Bde., 1834). CD Killy
Schütze,
Werner, Physiker, * 18.3. 1911 Berlin, t 9 . 5 . 2 0 0 1 Bad S o d e n / T a u n u s . Der aus einer Kaufmannsfamilie stammende S. studierte seit 1929 an der T H Charlottenburg Elektrotechnik und Technische Physik, war 1 9 3 4 / 3 5 Assistent von Gustav —> Hertz und wurde 1938 z u m Dr.-Ing. promoviert (Massenspektroskopische Untersuchungen von Wasserstoff- und HeliumKanalstrahlen). Nach einer Studienreise in die U S A 1939 mit der Entwicklung eines Zyklotrons befaßt, wurde er 1945 verhaftet und nach Suchumi (Georgien) verbracht, wo er erneut mit Hertz zusammenarbeitete und sich u. a. mit Massenspektroskopie beschäftigte; 1949 erhielt er den Stalinpreis. 1955 kehrte S. nach Deutschland zurück, trat im selben Jahr in die Farbwerke Hoechst ein und war dann als Technischer Leiter maßgeblich am A u f b a u eines Forschungsreaktors an der Univ. F r a n k f u r t / M a i n beteiligt (1958 eröffnet). 1963 habilitiert, wurde er 1966 zum apl. Prof. ernannt und war 1971-76 Prof. am Institut für Kernphysik der Univ. Frankfurt.
Schuh Schützendorf,
Leo, Sänger, * 7 . 5 . 1 8 8 6 Köln, t 1 6 . 1 2 . 1 9 3 1 Berlin. Ausgebildet am Kölner Konservatorium, debütierte der aus einer Künstlerfamilie stammende S. 1908 als Baß-Bariton an der Düsseldorfer Oper und sang 1 9 0 9 / 1 0 am Stadttheater in Münster, 1910-12 in Krefeld, 1912-17 am Hoftheater in Darmstadt und 1917-20 in Wiesbaden. 1 9 1 9 / 2 0 und 1 9 2 2 / 2 3 gastierte er an der Wiener Staatsoper. Seit 1920 gehörte S. der Staatsoper Berlin an, wo er vor allem mit Buffo-Partien bekannt wurde und 1925 die Titelpartie in Alban —»Bergs Wozzeck sang. Er gastierte in Berlin an der Städtischen Oper und am Metropol-Theater, ging nach Problemen mit der Direktion der Staatsoper ganz zum Operettenfach über und wurde aus d e m Ensemble der Staatsoper entlassen. en MGG
Schiitzenhofer, Viktor, österr. Ingenieur, Museumsdirektor, * 4 . 3 . 1 8 7 8 Wien, t 2 4 . 2 . 1 9 6 1 Wien. Nach dem Maschinenbaustudium an der T H Wien (1902 Diplom-Ingenieur) trat S „ Sohn eines Hofrats im Eisenbahnministerium, 1902 in den Dienst der k. k. Österreichischen Staatsbahnen und wurde 1904 als Eisenbahnberichterstatter zur Weltausstellung nach St. Louis (USA) entsandt. 1907-24 im Eisenbahnministerium in Wien tätig, wurde 1910 österr. Kommissär der Verkehrsweltausstellung in Buenos Aires. 1924-30 war S. Direktor der „Gefia" Gesellschaft für industrielle Anlagen A. G „ Wien, 1930-49 Direktor des Technischen M u s e u m s für Industrie und Gewerbe Wien, seit 1940 auch Leiter des Forschungsinstituts für Technikgeschichte. Unter seiner Schriftleitung erschienen seit 1948 wieder die „Blätter f ü r Technikgeschichte". S. veröffentlichte u. a. Über den Stand des Fahrparkes sowie über den Zugförderungs-, Maschinenund Werkstättendienst der Österreichischen Staatsbahnen 1882 bis 1910 (in: Aloys von Czedik, Der Weg von und zu den Österreichischen Staatsbahnen, Bd. 2, 1910). Schüz,
Carl (Wolfgang Christoph) von, Nationalökonom, * 2 3 . 7 . 1811 Lauterburg (Gemeinde Essingen), t 2 9 . 4 . 1875 Tübingen. S., Sohn eines Pfarrers, studierte seit 1829 Staatswissenschaften an der Univ. Tübingen und wurde 1834 promoviert. 1835 habilitierte er sich dort für Staatswissenschaften (Ueber den Einfluß der Vertheilung des Grundeigenthums auf das Volks- und Staatsleben), wurde 1837 a. o. und 1842 o. Prof. der Nationalökonomie. S. veröffentlichte neben seinem Hauptwerk Grundsätze der Nationaloeconomie (1843), mit d e m er zum Mitbegründer der historischen Schule der Nationalökonomie wurde, u. a. Studien über die sozialen Verpflichtungen der Volkswirtschaft und über öffentliche Armenpflege. CD M a r c o n / S t r e c k e r
Schuffenhauer,
Heinz, Pädagoge, * 10.8. 1928 Dresden, t 3 1 . 1 0 . 1 9 9 3 Magdeburg. S., Sohn eines Tischlers, war 1947-50 als Lehrer, danach als Dozent für Lehrerbildung in Zwickau, in Potsdam und in Berlin tätig und wurde 1956 an der Humboldt-Universität zu Berlin promoviert (Der fortschrittliche Gehalt in der Pädagogik Schleiermachers). 1955-58 Redakteur im Verlag Volk und Wissen, lehrte er seit 1958 am Pädagogischen Institut in Erfurt und habilitierte sich 1962 in Berlin mit einer Schrift über die Pädagogik Johann Gottlieb —»Fichtes (gedr. unter dem Titel Die Pädagogik Johann Gottlieb Fichtes, 1963). Seit 1967 Direktor und 1969-76 Rektor des Pädagogischen Instituts in Magdeburg, wurde S. 1964 zum Prof. ernannt und war seit 1969 o . P r o f . für Geschichte der Erziehung. Er veröffentlichte u.a. Friedrich August Wilhelm Fröbel (1962, 2 1979), Pädagogisches Gedankengut bei Kant, Fichte, Schelling, Hegel, Feuerbach
(1984) und Johann Gottlieb Fichte (1985). Ferner war er als Mitglied des Redaktionskollektivs Mitverfasser des Lehrbuchs Geschichte der Erziehung (1957, 15 1987). CD M B L
Schuh,
Franz (Seraph), österr. Chirurg, * 17. 10. 1804 Ybbs, t 22. 12. 1865 Wien. S., Sohn eines Kirchendieners und Organisten, studierte seit 1822 Medizin in Wien (Promotion 1831) und wurde 1832 Assistent Joseph von —> Wattmann-Maelcomp-Beaulieus in Wien, 1836 Prof. der Vorbereitungswissenschaften am Chirurgischen Lyzeum in Salzburg. Seit 1837 Primarius einer chirurgischen Abteilung am Allgemeinen Krankenhaus in Wien, führte er dort 1840 als einer der ersten eine erfolgreiche Herzbeutelpunktion und 1847 die erste Äthernarkose in Wien durch. S. wurde 1841 a.o., 1849 o . P r o f . und Vorstand der 1842 auf seine Initiative begründeten II. Chirurgischen Klinik der Univ. Wien. Bedeutendes leistete er u . a . in der Pseudoplasmen-Forschung ( Ü b e r die Erkenntnis der Pseudoplasmen, 1851; Pathologie und Therapie der Pseudoplasmen, 1854) sowie auf d e m Gebiet der Neurektomie ( Ü b e r Gesichtsneuralgien und über die Erfolge der dagegen vorgenommenen Nervenresectionen, 1858). •3
NDB
S c h u h , (Johann) Georg Ritter von, Politiker, * 17. 11. 1846 Fürth, t 2 . 7 . 1 9 1 8 Starnberg. Nach d e m Besuch des Lehrerseminars in Schwabach studierte S., Sohn eines Webers und Kurzwarenhändlers, Rechtswissenschaft in München und Berlin und wurde 1874 promoviert. Zunächst als Anwalt tätig, war er 1878-81 Magistratsrat in Nürnberg. 1881 wurde er Bürgermeister in Erlangen, 1892 freisinniger Oberbürgermeister von Nürnberg. Während seiner Amtszeit erneuerte S. das K o m m u nalwesen Nürnbergs grundlegend, das unter ihm zur modernen Großstadt wurde. 1889-93 gehörte er als Liberaler d e m Bayerischen Landtag an. 1892 erhielt S. den bayerischen Personaladel, 1913 den erblichen Adel. Von 1894 bis zu seinem Rücktritt 1913 war er auch Landrat. S. veröffentlichte u . a . Nürnberg im Jubiläumsjahr (1906). CD N D B
Schuh,
Gotthard, schweizer. Photograph, Maler, * 22. 12. 1897 Schöneberg (heute zu Berlin), t 2 9 . 1 2 . 1 9 6 9 Küsnacht (Kt. Zürich). S., Sohn eines Elektroingenieurs und Fabrikanten und Bruder von Willi —>S., wuchs seit 1902 in Aarau auf und besuchte 1916 die Kunstgewerbeschule in Basel. 1 9 1 8 / 1 9 war er als Maler in Basel und Genf tätig, lebte nach eine Italienreise bis 1926 in München und kehrte dann in die Schweiz zurück. Seit 1927 widmete er sich der Photographie, veröffentlichte 1931 erste A u f n a h m e n in der „Zürcher Illustrierten" und wurde später Mitarbeiter u. a. von „Paris-Match" und „Life". S. erregte mit seinen 1 9 3 8 / 3 9 entstandenen A u f n a h m e n aus Indonesien (Inseln der Götter, 1941) international Aufsehen. Er war 1941-60 Bildredaktor der „Neuer Zürcher Zeitung" und zählte 1951 zu den Begründern des Kollegiums Schweizer Photographien. 1957 erhielt er eine Goldmedaille der Biennale in Venedig. S. widmete sich bis 1932 und erneut seit 1960 der Malerei und Lithographie. CD N D B S c h u h , (Ottone) Hermine, geb. Freiin von Reichenbach, Pseud. Ein Ungenannter, Botanikerin, * 5 . 9 . 1 8 1 9 Hausach (Baden), t 2 8 . 1 0 . 1 9 0 2 Wien. Die Tochter des Naturforschers und Industriellen Karl Ludwig von —> Reichenbach widmete sich früh botanischen Forschungen und studierte seit 1843 am Joanneum in Graz. Hier veröffentlichte sie unter d e m Pseudonym „Ein Ungenannter" zwei Schriften zur Pflanzenanatomie; in der Studie Über die zellenartigen Ausfüllungen der Gefäße (in: Botanische Zeitung, 1845) beschrieb sie die von ihr entdeckten und benann-
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Schuh ten Thyllen. Seit 1849 mit d e m Gutsbesitzer K. Schuh verheiratet, lebte sie bis zu seinem Tod 1866 in Glogau (Schlesien), danach überwiegend in Wien. CD Ö B L S c h u h , Oscar Fritz, Regisseur, Theaterleiter, * 15.1. 1904 München, t 22. 10.1984 Großgmain bei Salzburg. Seit seinem 16. Lebensjahr als Theaterkorrespondent und Journalist tätig, studierte S., Sohn eines städtischen Veterinärs, seit 1921 Theaterwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie in München und debütierte 1923 als Regisseur an der Bayerischen Landesbühne Augsburg. Es folgten Engagements in Oldenburg, Osnabrück, Darmstadt, Gera, am Deutschen Theater in Prag und 1932-40 an der Staatsoper in Hamburg. 1940-50 war er Regisseur, zuletzt Oberregisseur an der Staatsoper in Wien, w o er mit Caspar —> Neher, Josef —> Krips und Karl —> B ö h m den sogenannten Wiener Mozart-Stil schuf. S. wirkte als Gastregisseur bei den Festspielen in Salzburg, w o er - » M o z a r t - und zeitgenössische Opern inszenierte und das „Salzburger Straßentheater" leitete, sowie in Perugia und Neapel, an der Mailänder Scala, am Teatro dell'Opera in R o m und auf der Biennale in Venedig. 1945 wurde er österr. Staatsbürger. Nach dem Zweiten Weltkreig widmete er sich auch d e m Sprechtheater, war nach einer Gastinszenierung von Sechs Personen suchen einen Autor am Berliner Theater am Kurfürstend a m m 1953-58 dessen Direktor und brachte hier zahlreiche Inszenierungen österr. Autoren auf die Bühne. S. wurde 1959 Generalintendant der Städtischen Bühnen Köln, wirkte hier auch wieder als Opernregisseur und hielt Vorlesungen an der Theaterabteilung der Kölner Musikhochschule. 1963-68 war er Nachfolger Gustaf —»Gründgens' als Intendant des Deutschen Schauspielhauses Hamburg, danach ausschließlich Gastregisseur. S. führte Regie u . a . in dem Film Ein toller Tag ( 1 9 4 4 / 4 5 ) . Er war Mitglied der Akademie der darstellenden Künste Hamburg und der A k a d e m i e der Künste Berlin. S. schrieb u . a . Salzburger Dramaturgie (1951, Nachdr. 1969), Bühne als geistiger Raum (1963, mit Franz Willnauer) und die Memoiren So war es - war es so? (1980). m NDB S c h u h , Willi, schweizer. Musikwissenschaftler, * 1 2 . 1 1 . 1 9 0 0 Basel, t 4. 10. 1986 Zürich. S., Bruder von Gotthard —>S., studierte als Gymnasiast M u sik in Aarau und Bern, war 1920-24 in München Schüler Walter —> Courvoisiers, an der A k a d e m i e der Tonkunst K o m positionsschüler Anton —> Beer-Walbrunns, studierte Musik-, Literatur- und Theaterwissenschaft an den Universitäten München und Bern und wurde 1927 mit der Arbeit Formprobleme bei Heinrich Schütz zum Dr. phil. promoviert. 1927 ging er nach Zürich, war seit 1928 Musikkritiker, 1944-65 Musikredakteur der „Neuen Zürcher Zeitung" und 1941-68 Redakteur der „Schweizerischen Musikzeitung". S. lehrte 1930-44 Musikgeschichte, 1938-44 auch Harmonielehre am Konservatorium in Zürich, an der Volkshochschule des Kantons Zürich und der Handelshochschule St. Gallen. 1934-36 gab er mit Ernst Werner —> M o h r die „Mitteilungen der Schweizer Musikforschenden Gesellschaft" heraus. S. veröffentlichte Arbeiten u . a . über Richard - » S t r a u s s (Richard Strauss. Erinnerungen und Betrachtungen, 1949), edierte den Briefwechsel zwischen Strauss und Hugo von Hofmannsthal (1952, 5 1974) und setzte sich publizistisch für die Gegenwartsmusik (Von Neuer Musik, 1955) ein. CD M G G
Schuhbauer,
T h o m a s Joachim, Benediktiner, * 1743 München, t 19. 12.1812 Regensburg. Nach seinem Noviziat im Benediktinerkloster Niederaltaich wurde S. 1767 in Passau zum Priester geweiht. 1769-71 unterrichtete er als Lehrer am G y m n a s i u m in Freising. 1773 wurde er Prof. für Poetik und Rhetorik in Mindelheim,
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1774 in Burghausen und 1775 in Straubing. 1781-83 sowie 1 7 8 5 / 8 6 war er als Prof. am Lyzeum von Amberg tätig. 1783-86 stand S. als Weltpriester im Dienst der Malteser, für die er als Archivar, Geometer, Oberforstmeister und Landschulinspektor arbeitete. S. mußte Bayern 1786 aus politischen Gründen verlassen. 1787 zum Präfekten und Prof. im Hochstift Passau ernannt, 1794 entlassen, wurde S. 1799 rehabilitiert. Nach der Auflösung der Klöster erhielt er 1803 eine Stelle als Direktoriumsrat im Generalschuldirektorium. 1808 ging er als Kreisschulrat nach Regensburg. Er veröffentlichte eine Abhandlung Über die Singspiele (1780) und vertonte die K o m ö d i e Das Lustlager von Babo, mit der ihm zwar ein großer Publikumserfolg gelang, die jedoch wegen ihres angeblich unmoralischen Inhalts von der Zensur erfaßt wurde. S. wurde 1780 ordentliches Mitglied, 1807 Ehrenmitglied der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften. S c h u h m a c h e r , Eugen (Josef Robert), Zoologe, Filmemacher, * 4 . 8 . 1 9 0 6 Stuttgart, t 8 . 1 . 1973 München. Von Beruf Zoologe, führte S. seine erste Reise als Filmemacher 1931 nach Südamerika. 1959-66 recherchierte er in 60 Ländern für seine Produktion Die letzten Paradiese (1966, auch 1968 und 1972, engl. 1967, auch 1968, niederländ. 1967, 3 1972, finn. 1968, italien, 1968, erneut 1970, slowen. 1969, erneut 1975, schwed. 1970), die als Film wie als Buch erfolgreich war. Zuletzt befaßte sich S. verstärkt mit Fragen der Umweltgefährdung. Er veröffentlichte ferner die Autobiographie Ich filmte 1000 Tiere (1970) und Europas Paradiese (1972, Nachdr. 1975, niederländ. 1973, slowen. 1975). CD Munzinger
S c h u h m a c h e r , Peter, Industriemanager, * 12. 1. 1931 Heidelberg, t 1 5 . 3 . 2 0 0 2 Heidelberg. S., Sohn eines Juristen, arbeitete 1947-50 als Baufacharbeiter in Mannheim, holte das Abitur nach, durchlief eine kaufmännische Lehre bei der Portland Z e m e n t w e r k e Heidelberg A G und studierte 1954-58 Wirtschaftswissenschaften an der Univ. Mannheim. Danach wieder bei Heidelberger Zement tätig, wurde er 1962 Prokurist, 1966 stellvertretendes und 1969 ordentliches Vorstandsmitglied, 1971 Vorstandssprecher und war 1977-95 Vorstandsvorsitzender (seit 1978 Heidelberger Zement AG). In dieser Zeit entwickelte sich das Unternehmen zu einem der führenden der europäischen Baustoffindustrie. Seit 1995 gehörte S. dem Aufsichtsrat an und wurde 2001 zum Ehrenvorsitzenden gewählt. Er war u . a . Ehrensenator der Universitäten Heidelberg (1994) und M a n n h e i m (1996) und Ehrendoktor der Univ. Weimar (2001) sowie 1993-95 Präsident des Verbands der europäischen B a u s t o f f i n d u s t r i e / C E P M C , Präsident und Ehrenpräsident des Bundesverbands der Deutschen Zementindustrie e. V. (bis 1995), Vorsitzender des Industrieausschusses der Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar (bis 1998) und Kuratoriumsmitglied beim Stifterverband der deutschen Wirtschaft. CD N D B S c h u h m e i e r , Franz, österr. Politiker, Journalist, * 11.10. 1864 Wien, t 1 1 . 2 . 1 9 1 3 Wien. Seit 1882 Hilfsarbeiter in einer Fabrik, wurde S., Sohn eines Bandmachergesellen, sozialdemokratischer Vertrauensmann. 1889 gründete er den Arbeiterverein „Apollo", aus dem sich die Bezirksorganisation Ottakring der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei entwickelte, und wurde Mitarbeiter der „Arbeiterzeitung". S. trat seit 1890 als Redner bei politischen Großveranstaltungen hervor, gab seit 1891 die „Volkstribüne" heraus und war 1896-98 Reichsparteisekretär, seit 1901 Reichsrat. Sein Parteitagsantrag Grundsätze für das Wirken der Sozialdemokratie in den Gemeinde (1900) wurde zur Grundlage des sozialdemokratischen Kommunalprogramms. Er war am Sturz des Heeresministers Julius Lat-
Schulenburg scher von Lauendorf 1907 und des Bürgermeisters Josef —> Neumayer 1912 beteiligt. S. wurde von Paul Kunschak, dem Bruder Leopold —> Kunschaks, ermordet. CD Ö B L S c h u k e , (Carl) Alexander, Orgelbauer, * 14.8. 1870 Stepenitz (Prignitz), t 16. 11.1933 Potsdam. S., Sohn eines Pfarrers, machte nach dem Abitur eine Orgelbauerlehre in der 1820 von Gottlieb Heise gegründeten Orgelbauanstalt in Potsdam, bildete sich in F r a n k f u r t / O d e r und auf Reisen weiter und Ubernahm 1894 seinen ehemaligen Lehrbetrieb in Potsdam. Er befaßte sich mit der Kunst des Orgelbaus im 17. und 18. Jh. und sammelte Bilder von historischen Orgelprospekten. Zu seinen Werken zählte die Orgel in der Heiliggeistkirche in Potsdam (1913). S. schrieb Positiv und Kleinorgel vom Standpunkt des Orgelbauers (in: Berichte über die 2. Freiburger Tagung für deutsche Orgelkunst, 1939). Unter seiner Leitung wie auch unter der seiner Söhne Karl und Hans-Joachim —>S. restaurierte seine Firma auch historische Orgeln. t u MGG S c h u k e , Hans-Joachim, Orgelbauer, * 7 . 1 . 1908 Potsdam, t 20.7. 1979 Potsdam. S., Sohn Alexander —»S.s, leitete zunächst gemeinsam mit seinem Bruder Karl —»S. die vom Vater 1933 übernommene Orgelbauwerkstatt. Beide schufen Orgeln, die sich u. a. durch kunsthandwerkliche Ausstattung auszeichneten, darunter 1 9 3 4 / 3 5 die f ü r die Ernst-Moritz-Arndt-Kirche in Berlin-Zehlendorf. 1953-72 Alleininhaber der wesentlich erweiterten Potsdamer Werkstatt, baute er ausschließlich Schleifladenorgeln mit überwiegend mechanischer Traktur und dehnte sein Absatzgebiet vor allem in die Sowjetunion aus. S. schuf Instrumente u. a. für das Moskauer Konservatorium (1959) und - nach Plänen Johann Sebastian - > Bachs für die Divi-Blasii-Kirche in Mühlhausen (Thüringen, 1958). 1972 wurde das Unternehmen in den Volkseigenen Betrieb Potsdamer Schuke-Orgelbauwerke umgewandelt, dessen Leitung S. übernahm. CD M G G S c h u k e , Karl (Ludwig Alexander), Orgelbauer, * 6. 11. 1906 Potsdam, t 7 . 5 . 1987 Berlin. S. leitete seit 1933 mit seinem Bruder Hans-Joachim —»S. die vom Vater übernommene Orgelbauanstalt und übernahm 1953 die 1950 in Berlin gegründete West-Filiale des Unternehmens, die er 1972 in Karl Schuke Berliner Orgelbauwerkstatt G m b H umbenannte. Er baute ausschließlich Instrumente mit Tonkanzellen und mechanischer Traktur, u . a . für die Philharmonie Berlin (1965). S. lehrte seit 1955 an der Hochschule f ü r Musik in Berlin und erhielt 1962 als erster Orgelbauer den Professorentitel. DP M G G S c h u l , Siegmund, Komponist, * 1 1 . 1 . 1 9 1 6 Chemnitz, t 2 . 6 . 1 9 4 4 Konzentrationslager Theresienstadt. Nach kurzem Musikstudium emigrierte S. wegen seiner jüdischen Herkunft nach Prag, wo er seit 1936 an der Deutschen Akademie für Musik und darstellende Kunst studierte. 1941 in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, setzte er seine Tätigkeit als Komponist fort; zwischen 1942 und 1944 lassen sich drei Aufführungen seines Streichquartetts Divertimento ebraico nachweisen. Zu seinen Werken gehören Fuge für Klavier (1941), Finale einer Cantata judaica (1942) und Zwei chassidische Tänze für Viola und Violoncello (1942). c n MGG S c h u l d t , Ewald, Historiker, Denkmalpfleger, * 3. 1.1914 Mechelsdorf (Kr. Bad Doberan), t 1 . 6 . 1 9 8 7 Schwerin. Seit 1935 Gartenmeister in Wendisch-Priborn, war S. ehrenamtlicher Mitarbeiter des Mecklenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und wurde dort 1938 wissenschaftlicher Zeichner. Nach dem Krieg kehrte er in die Denkmalpflege zurück, war seit 1946 Leiter der Vorgeschichtlichen Abteilung des Landesmuseums Schwerin und wurde 1952 zum Dr. phil. promoviert. 1954-81 war er Direktor des Mu-
seums für Vor- und Frühgeschichte in Schwerin und erhielt 1964 den Professorentitel. 1952-55 stand er dem Kulturbund des Bezirks Schwerin vor, seit 1976 dem Bezirksausschuß Schwerin der Nationalen Front. S. gab 1953-81 das von ihm begründete „Jahrbuch für Bodendenkmalpflege in Mecklenburg" heraus. Er veröffentlichte u . a . Aufbau des Freilichtmuseums: Altslawischer Tempelort Groß Raden (1987). • P DDR-Historiker S c h u l d t , (Johann Wilhelm) Hermann, Politiker, * 2 3 . 6 . 1896 Alt-Karstädt (Mecklenburg), t 30.1. 1980 Tessin (Mecklenburg). Von Beruf Land- und Bergarbeiter, trat S. 1919 in die USPD, 1920 in die KPD ein, gehörte 1924-33 dem Amtstag Ludwigslust und 1930-33 dem Reichstag an und war 1930-33 hauptamtlicher Mitarbeiter der KPD-Bezirksleitung. 1934 emigrierte er in die Tschechoslowakei, 1935 in die Sowjetunion, nahm 1 9 3 7 / 3 8 am Spanischen Bürgerkrieg teil und ging anschließend nach Dänemark, wo er bis 1939 die KPD-Landesgruppe leitete. 1940 wurde S. verhaftet und ausgeliefert. Nach der Entlassung aus der Haft 1945 Sekretär der K P D und Landrat in Ludwigslust, trat er 1946 der S E D bei und wurde Mitglied der Landesparteileitung Mecklenburg. S. war 1952-60 Sekretär für Landwirtschaft der SED-Bezirksleitung Rostock, 1960-69 Vorsitzender der Bezirksparteikontrollkommission und 1952-80 Abgeordneter des Bezirkstags Rostock. c d B H d E , Bd 1 S c h u l e m a n n , Werner, Mediziner, Pharmakologe, Chemiker, * 4 . 5 . 1888 Neisse (Oberschlesien), t 20.6. 1975 Bonn. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1909 Medizin und Chemie an den Universitäten Freiburg/Breisgau und Breslau und wurde 1913 zum Dr. phil. (Untersuchungen über die Haftfestigkeit organisch gebundenen Quecksilbers in aromatischen Verbindungen) und 1914 zum Dr. med. (Über Metachromasie bei Vitalfarbstoffen) promoviert. 1915-18 Lazarettchirurg, war er seit 1919 in der Forschungsabteilung der Bayer AG in Elberfeld tätig, seit 1930 als stellvertretender Direktor der IG-Farbenindustrie-AG vor allem an der Entwicklung von Mitteln gegen Malaria beteiligt. 1931 wurde er Prof. an der Medizinischen Akademie in Düsseldorf, 1938 o.Prof. der Pharmakologie und Toxikologie an der Univ. Bonn; 1945-50 war S., Mitglied der SA seit 1933, suspendiert. 1950-58 lehrte er erneut an der Univ. Bonn. S. war Mitglied der Royal Society of Medicine London (1934), der Societe de Pathologie Exotique Paris (1936) und der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (1939). Er befaßte sich vor allem mit Vitalfärbung, organischen Quecksilberverbindungen, Arzneistoffsynthese, Pharmakologie und Chemotherapie. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Über vitale Färbung mit sauren Farbstoffen in ihrer Bedeutung für Anatomie, Physiologie, Pathologie und Pharmakologie (1917), Über die Bekämpfung von Infektionskrankheiten im Mittelmeerraum (1943) und Theorie und Praxis pharmakologischer Forschung (1953). Daneben trat er mit Werken über den Lamaismus und die Kunst Ostasiens hervor. CD N D B S c h u l e n b u r g , Friedrich (Bernhard Karl Gustav Ulrich Erich) Graf von der, Militär, * 21. 11.1865 Bobitz (Mecklenburg), f 19.5. 1939 St. Blasien/Schwarzwald. S., Sohn eines Fideikommißherrn und Vetter des Grafen Friedrich Werner von der - > S . , trat nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg in das preuß. Militär ein und wurde Generalstabsoffizier. 1902-06 Militärattache in London, war er im Ersten Weltkrieg Offizier im Großen Generalstab, zuletzt als Generalmajor. 1919 nahm er seinen Abschied und lebte auf seinen Gütern. Seit 1924 Reichstagsabgeordneter der Deutschnationalen Volkspartei, wechselte S. 1930 zu den Volkskonservativen, 1931 zur N S D A P .
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Schulenburg Seit 1933 SA-Oberführer im Stab der Obersten SA-Führung, trat S., der mit Kurt von —» Schleicher befreundet war, nach der R o h m - A f f ä r e aus Protest zurück, wurde 1936 in die SS übernommen und stieg zum SS-Obergruppenführer auf. Er war der Vater von Fritz-Dietlof von der —»S. m NDB S c h u l e n b u r g , Friedrich Werner (Erdmann Matthias Johann Bernhard Erich) Graf von der, Diplomat, * 20. 11.1875 Remberg (Sachsen), t 10.11. 1944 BerlinPlötzensee. S., Sohn eines Oberstleutnants und Vetter des Grafen Friedrich von der —»S. und des Schriftstellers Werner von der —»S„ trat nach d e m Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Lausanne, München und Berlin 1901 in den Auswärtigen Dienst ein und wurde 1907 Vizekonsul in Warschau, 1911 Konsul in Tiflis und 1923 Gesandter in Teheran, 1931 in Bukarest. 1934 trat er in die N S D A P ein. Seit demselben Jahr deutscher Botschafter in Moskau, war er am Zustandekommen des deutsch-russischen Nichtangriffspakts 1939 beteiligt und versuchte bis zuletzt, den deutschen Überfall auf die Sowjetunion 1941 zu verhindern. Nach seiner Rückkehr nach Berlin erhielt er den unbedeutenden Posten eines Leiters des sogenannten Rußlandkomitees. S. versuchte vergeblich, —»Ribbentrop und —»Hitler zur Verständigung mit Stalin zu bewegen, nahm Kontakt zum Kreis u m Carl Friedrich —»Goerdeler auf, wurde in die Staatsstreichpläne eingeweiht und war zeitweilig für das Außenministerium vorgesehen. Nach d e m 20. Juli 1944 wurde S. verhaftet, zum Tod verurteilt und hingerichtet. CD N D B S c h u l e n b u r g , Fritz-Dietlof Graf von der, Beamter, * 5 . 9 . 1902 London, t 10.8. 1944 Berlin-Plötzensee. S., Sohn des Grafen Friedrich von der —»S., trat nach dem Studium der Rechtswissenschaften in den preuß. Verwaltungsdienst ein. Den völkisch-sozialen Ideen von Gregor - » S t r a s s e r nahestehend, trat er 1932 in die N S D A P ein und war 1 9 3 3 / 3 4 persönlicher Dezernent des Gauleiters Erich —»Koch und danach Landrat in Fischhausen (Samland). S. kam 1937 als Stellvertreter des Polizeipräsidenten Wolf Heinrich von —»Helldorff nach Berlin und wurde 1939 stellvertretender Oberpräsident von Breslau. 1940 meldete er sich zum Heeresdienst, machte den Rußlandfeldzug mit, nahm dann Kontakt zum Widerstand auf und stellte 1943 in Paris die Verbindung zwischen einzelnen Widerstandsgruppen her. Er gehörte zur engsten Führungsgruppe um Claus Graf —»Schenk von Stauffenberg, wurde noch am 20.Juli 1944 in Berlin verhaftet und am Tag seiner Verurteilung hingerichtet. DD N D B S c h u l e n b u r g , Johann Matthias Frh. von der (seit 1715 Reichsgraf), auch Matthias Johann von der S., Militär, Diplomat, Mäzen, * 8.8. 1668 Emden bei Magdeburg, t 14.3. 1747 Verona. Der Sohn des kurbrandenburgischen Kammerpräsidenten Gustaf Adolf von der S. reiste nach dem Schulbesuch in Magdeburg mit seinem Bruder Daniel Bodo nach Frankreich. Dort studierte er 1680 an der protestantischen Academie d'equitation zu Saumur Mathematik; 1683 hielt er sich in Paris auf. Danach trat S. in die Zivilverwaltung von Braunschweig-Wolfenbüttel ein, aus der er jedoch bald zum Militär wechselte. Seit dem Ungarnfeldzug 1 6 8 7 / 8 8 nahm er an allen damaligen Kriegen teil, wurde aber von Herzog —» Anton Ulrich von Braunschweig auch zu diplomatischen Missionen herangezogen.
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In savoy ische Dienste übergetreten, war er 1699 an der Niederwerfung der Waldenseraufstände im Aostatal beteiligt S. e m p f a n d dies später als schwere Schuld - und gewann 1701 im Spanischen Erbfolgekrieg den Respekt des Prinzen —»Eugen, seines damaligen Gegners auf österr. Seite. Danach wirkte er bis 1711 als Heerführer des sächsischen Kurfürsten —»Friedrich August I., zuletzt als General und Oberkommandierender der Infanterie. In den Kämpfen gegen den Schwedenkönig Karl XII. im Nordischen Krieg erwarb er sich den Ruf eines Taktikers kluger Rückzüge. Vergeblich bemühte sich der Herzog von Marlborough, S. für holländische Dienste zu gewinnen. S.s Wunsch, in das kaiserliche Heer einzutreten, scheiterte trotz der Interventionen Anton Ulrichs bei seinem Großschwiegersohn Kaiser - » Karl VI. am Widerstand Eugens, der seinen eigenen Vorrang gefährdet sah. Dagegen förderte Eugen den Eintritt des Protestanten S. in den Dienst der seit 1715 mit Österreich gegen die Türken verbündeten venezianischen Republik. S. erhielt den Oberbefehl über das Landheer und leitete dessen überfällige Reorganisation ein. S. wurde zur wichtigsten Stütze Eugens, als er im S o m m e r 1716 trotz aussichtsloser Lage - die venezianische Flotte unter Admiral Andrea Pisani hatte nicht eingegriffen, als die türkischen Belagerer landeten - die Festung Korfu erfolgreich verteidigte. Der türkische Angriff zielte darauf, nach der Einnahme Korfus über Venedig Eugen auf d e m Weg gegen Ungarn von der Flanke her aufzuhalten. S.s Ausharren ermöglichte Eugen den Sieg von Peterwardein. In zahllosen Gelegenheitsdrucken wurde S. in Venedig gefeiert. 1718 ließ ihm die Republik auf Korfu von Antonio Corradini ein noch erhaltenes Standbild aufstellen. Antonio Vivaldi wurde von S.s Sieg zu seinem Oratorium Juditha (1716) inspiriert. Vergeblich bemühte sich S., gegen die U m k l a m m e r u n g der Seerepublik durch Österreich und das unter Giulio Alberoni nach Italien drängende Spanien ein größeres Adria-Reich zu errichten, das auch den Verlust Moreas hätte ausgleichen sollen. Diese Pläne wurden von Österreich durchkreuzt, das 1718 den Frieden von Passarowitz mit der Pforte zu Lasten Venedigs abschloß. Nachdem 1718 die Festung auf Korfu durch Blitzschlag zerstört worden war, leitete S. 1718-30 den Wiederaufbau und blieb bis zu seinem Tod Oberkommandierender der venezianischen Landtruppen. Mit großem diplomatischen Geschick hielt er Venedig 1733-38 aus d e m Polnischen Erbfolgekrieg, der vor allem auf italienischem Boden ausgetragen wurde, dann 1740-48 - gegen die W ü n s c h e seines Landesherrn —»Friedrich II. von Preußen - aus d e m Österreichischen Erfolgekrieg und den beiden Schlesischen Kriegen heraus. 1734 versuchte Karl VI., die Venezianer zu bewegen, S. für den Oberbefehl des kaiserlichen Heeres freizugeben. Die Serenissima lohnte S.s Loyalität im selben Jahr mit d e m zuvor nie verliehenen Titel eines Feldmarschalls auf Lebenszeit. 1737 lehnte S. das Angebot - > Friedrich Wilhelms I. ab, die Führung des preuß. Heeres zu übernehmen. S. war alles andere als ein draufgängerischer Condottiere. Seine beiden Bibliotheken, die er in Emden und in Venedig unterhielt (heute in der Herzog August Biliothek Wolfenbüttel), belegen genauso wie seine Beiträge z u m „Theatrum E u r o p a e u m " sein Interesse an wissenschaftlicher Fundierung militärischen Handelns. S.s Gelehrsamkeit rühmten u . a . Scipio Maffei und Christian —»Wolff. Die Gemäldesammlung, die der Junggeselle S. hinterließ, bezeugt sein umfangreiches mäzenatisches Wirken, bei dem ihn der Maler Giovanni Battista Piazetta beriet. S. war eng mit Gottfried Wilhelm —»Leibniz befreundet, auf dessen Bitte er dem Mathematiker Nicolaus - » B e r n o u l l i einen Lehrstuhl an der Univ. Padua verschaffte. Voltaire suchte 1740 S.s Rat für die Neubearbeitung seiner Biographie Karls XII. S. starb im Palazzo Orti zu Verona; seine Grabstätte im Arsenal von Ve-
Schuler nedig e n t w a r f G i o v a n n i M a r i a Morlaiter. In d e m R o m a n Der König von Korfu (1950) hat i h m sein N a c h k o m m e W e r n e r von der —»S. ein literarisches D e n k m a l gesetzt. WERKE: L e b e n und D e n k w ü r d i g k e i t e n . B e a r b . v. Friedrich A l b r e c h t von der S c h u l e n b u r g - K l o s t e r r o d a . 2 Tie., L e i p z i g 1834. LITERATUR: Karl A u g u s t V a r n h a g e n von E n s e : Graf M . v. d. S. In: Ders.: B i o g r a p h i s c h e D e n k m a l e . Berlin 1834, S. 133-284. - G e o r g S c h m i d t : D a s G e s c h l e c h t von der S. 2 Tie., B e e t z e n d o r f 1899. - A l i c e B i n i o n : L a Galleria s c o m parsa del m a r e s c i a l l o v. d. S.: un m e c e n a t e nella Venezia del Settecento. M i l a n o 1990. - W e r n e r A r n o l d : D i e Bibliothek der G r a f e n von der S. Hrsg. von der K u l t u r s t i f t u n g der L ä n d e r . Berlin 1994. Hans-Albrecht Koch S c h u l e n b u r g , L e w i n R u d o l f von der, Militär, * 2 3 . 1 0 . 1 7 2 7 T u c h e i m (Kr. J e r i c h o w ) , t 2 2 . 9 . 1 7 8 8 Berlin. S., S o h n eines H o f - und L e g a t i o n s r a t s , K a p i t u l a r h e r r n u n d Gutsbesitzers, trat 1743 in den p r e u ß . Militärdienst ein und w a r w ä h r e n d des S i e b e n j ä h r i g e n Kriegs F l ü g e l a d j u tant —> F r i e d r i c h s II. I m B a y e r i s c h e n E r b f o l g e k r i e g leitete er d a s M i l i t ä r v e r s o r g u n g s w e s e n in Schlesien und seit 1779 das Militärdepartement im Generaldirektorium, das die gesamte M i l i t ä r ö k o n o m i e verwaltete. S. w u r d e bei der U m o r g a n i s a tion 1787 G e n e r a l l e u t n a n t und C h e f des 3. D e p a r t e m e n t s i m O b e r k r i e g s k o l l e g i u m , Direktor des P o t s d a m e r W a i s e n h a u s e s und W i r k l i c h e r G e h e i m e r Staats- und Kriegsminister. m ADB S c h u l e n b u r g , R u d o l f ( W i l h e l m ) von der, Verwaltungsbeamter, * 2 9 . 7 . 1 8 6 0 R a m s t e d t (Kr. Wolmirstedt), t 1 0 . 1 . 1930 S c h r i c k e (Kr. W o l m i r s t e d t ) . D e r G u t s b e s i t z e r s o h n studierte seit 1879 in G ö t t i n g e n ( C o r p s S a x o n i a ) und Berlin Jura, w u r d e 1886 R e g i e r u n g s r e f e r e n d a r in M a g d e b u r g , 1889 R e g i e r u n g s a s s e s s o r in O p p e l n und w a r seit 1894 L a n d r a t in O s c h e r s l e b e n . 1902 w u r d e er O b e r p r ä s i dialrat in P o t s d a m , 1903 dort R e g i e r u n g s p r ä s i d e n t . Seit 1914 O b e r p r ä s i d e n t d e r P r o v i n z B r a n d e n b u r g , w e c h s e l t e S. 1917 in das O b e r p r ä s i d i u m der P r o v i n z S a c h s e n in M a g d e b u r g ; 1919 w u r d e er w e g e n seiner A b l e h u n g der R e p u b l i k entlassen. E r g r ü n d e t e d e n E v a n g e l i s c h - k i r c h l i c h e n Hilfsverein der P r o v i n z S a c h s e n mit u n d g e h ö r t e 1914-18 d e m preuß. H e r r e n h a u s an. DP D e g e n e r , "1922 S c h u l e n b u r g , ( G e b h a r d ) W e r n e r von der, P s e u d . G e b h a r d W e r n e r , D i p l o m a t , Schriftsteller, * 9 . 1 2 . 1 8 8 1 P i n n e b e r g , t 2 9 . 3 . 1 9 5 8 N e g g i o (Lugano). D e r S o h n eines Kgl. P r e u ß . H a u p t m a n n s trat 1899 in d i e Arm e e ein, n a h m nach einer W i r b e l s ä u l e n v e r l e t z u n g A b s c h i e d v o m Militär, holte das A b i t u r n a c h und studierte in Straßburg R e c h t s w i s s e n s c h a f t , hörte dort j e d o c h vor allem kunsthistorische Vorlesungen. 1911 in M a r b u r g z u m Dr. j u r . p r o m o v i e r t , Schloß er ein kunsthistorisches S t u d i u m an, das er 1918 mit der P r o m o t i o n z u m Dr. phil. in Freiburg ( S c h w e i z ) b e e n d e t e (Ein neues Porträt Petrarcas. Eine Studie über die Wechselwirkung zwischen Literatur und bildender Kunst zu Beginn der Renaissancezeit). W ä h r e n d des Ersten Weltkriegs im K r i e g s p r e s s e a m t in Berlin tätig, w u r d e er später an die d e u t s c h e G e s a n d t s c h a f t in B e r n versetzt. N a c h d e m Krieg u n t e r n a h m er R e i s e n , u. a. n a c h Brasilien, A f r i k a und v o r allem nach Italien. M i t M u s s o l i n i n a h e z u f r e u n d s c h a f t l i c h v e r b u n d e n , r ü c k t e S. später von ihm ab. 1928-30 und 1942 g a b er d i e M o n a t s s c h r i f t „Italien" heraus. S. lehnte es ab, d i p l o m a t i s c h e A u f g a b e n f ü r die Nationalsozialisten zu übern e h m e n , lebte w ä h r e n d d e s Z w e i t e n Weltkriegs in A l b a n o und betrieb in R o m ein Ü b e r s e t z e r b ü r o . Z u s a m m e n mit sein e m Vetter W e r n e r von der S. g e h ö r t e er der W i d e r s t a n d s b e w e g u n g in Italien an. 1943 floh S. n a c h Venedig, kehrte bei K r i e g s e n d e nach D e u t s c h l a n d z u r ü c k und lebte d a n n im
Tessin. Er schrieb vor allem h i s t o r i s c h e und b i o g r a p h i s c h e R o m a n e ( u . a . Stechinelli, 1911; Land unter dem Regenbogen, 1934) s o w i e N o v e l l e n und K o m ö d i e n ( S c h w a r z b r o t und Kipfel, 1936). Sein H a u p t w e r k , der R o m a n Der König von Korfu (1950), entstand w ä h r e n d der Flucht seit 1943 und b e h a n d e l t d i e Verteidigung K o r f u s g e g e n d i e T ü r k e n durch Matthias J o h a n n von d e r S. OD S H B L , B d 4 S c h u l e n b u r g - K e h n e r t , Friedrich W i l h e l m Graf von der, S t a a t s m a n n , * 2 1 . 1 1 . 1 7 4 2 K e h n e r t (Kr. W o l m i r s t e d t , B e z . M a g d e b u r g ) , t 7 . 4 . 1815 Kehnert. S.-K. trat 1760 in d e n preuß. Militärdienst ein, n a h m a m Sieb e n j ä h r i g e n Krieg teil und w u r d e 1767 L a n d r a t in S a l z w e del. Seit 1771 Wirklicher G e h e i m e r Etats-, Kriegs- und dirigierender M i n i s t e r und V i z e p r ä s i d e n t des G e n e r a l d i r e k t o riums, w u r d e er 1782 C h e f der P r e u ß i s c h e n S e e h a n d l u n g , 1790 P r ä s i d e n t des O b e r k r i e g s k o l l e g i u m s , 1791 Kabinettsminister, 1798 G e n e r a l k o n t r o l l e u r d e r F i n a n z e n und 1800 G e n e r a l p o s t m e i s t e r . Sein „ R u h e ist d i e erste B ü r g e r p f l i c h t " , das er 1806 als G o u v e r n e u r von Berlin w e n i g e T a g e nach der verlorenen S c h l a c h t bei J e n a und A u e r s t e d t in Berlin verbreiten ließ, w u r d e d u r c h den g l e i c h n a m i g e n R o m a n von Willibald —»Alexis (1852) z u m geflügelten Wort. S.-K. schied 1807 auf eigenen W u n s c h aus d e m preuß. Staatsdienst aus. DD A D B S c h u l e n b u r g - N i m p t s c h , W e r n e r Graf von der, Rittergutsbesitzer, Politiker, * 1 . 4 . 1 8 2 9 G u t B e e t z e n d o r f (Kr. S a l z w e d e l ) , t 5 . 1 . 1 9 1 1 G u t B e e t z e n d o r f . N a c h d e m B e s u c h der R i t t e r a k a d e m i e in B r a n d e n b u r g und k u r z z e i t i g e m S t u d i u m der R e c h t e in H a l l e trat S.-N. in den preuß. Militärdienst ein, n a h m a b e r schon 1854 seinen A b schied und b e w i r t s c h a f t e t e d a s Rittergut B e e t z e n d o r f . Er w a r L a n d a r m e n d i r e k t o r der A l t m a r k und F i d e i k o m m i ß b e s i t z e r auf B e e t z e n d o r f , O s t e r w o h l e und Klosterroda. Im D e u t s c h e n Krieg 1866 und in den F e l d z ü g e n 1 8 7 0 / 7 1 ließ er sich reaktivieren. 1878 w u r d e er Erster Vorsitzender der D e u t schen A d e l s g e n o s s e n s c h a f t und E r b k ü c h e n m e i s t e r der K u r m a r k B r a n d e n b u r g . S.-N. g e h ö r t e d e m b r a n d e n b u r g i s c h e n P r o v i n z i a l l a n d t a g an, w a r 1866-67 M i t g l i e d d e s preuß. A b g e o r d n e t e n h a u s e s und 1872-1911 des preuß. H e r r e n h a u s e s . Er g e h ö r t e f ü r d i e K o n s e r v a t i v e n d e m R e i c h s t a g d e s N o r d d e u t s c h e n B u n d e s , 1 8 7 1 / 7 2 d e m D e u t s c h e n R e i c h s t a g an. S c h u l e r , A l f r e d , M y s t e r i e n f o r s c h e r , * 22. 11. 1865 M a i n z , t 8.4.1923 München. D e r u n e h e l i c h e S o h n eines Gerichtsrats w u c h s in Z w e i brücken auf, k a m 1887 nach M ü n c h e n u n d studierte o h n e A b s c h l u ß R e c h t s w i s s e n s c h a f t , G e s c h i c h t e und A r c h ä o l o g i e . Er betätigte sich als D r a m a t u r g a m „ N e u e n T h e a t e r " , lebte bis z u m Tod seiner M u t t e r 1912 von ihrer W i t w e n r e n t e und brachte sich a n s c h l i e ß e n d mit S p e n d e n aus d e m F r e u n deskreis d u r c h . 1894 u n t e r n a h m S. e i n e R e i s e nach R o m . M i t n e u h e i d n i s c h e r Blut- u n d L i c h t m y s t i k und in der R o l l e reinkarnierten spätantiken R ö m e r t u m s g e h ö r t e er 1 8 9 7 - 1 9 0 4 mit L u d w i g —»Klages und Karl —»Wolfskehl zur von Johann J a k o b —> B a c h o f e n beeinflußten S c h w a b i n g e r „ K o s m i k e r r u n d e " in M ü n c h e n . Seit 1915 hielt er im Kreis der M ü n c h n e r Verlegersgattin E l s a B r u c k m a n n , w o R a i n e r M a ria —»Rilke ihn k e n n e n l e r n t e , Vorträge (u. a. Vom Wesen der ewigen Stadt). S. lebte in einer irrationalen m y s t i s c h e n S y m bolwelt. S e i n e Schriften - S. v e r ö f f e n t l i c h t e zeitlebens kein Werk - g a b Klages 1940 unter d e m Titel Fragmente und Vorträge aus dem Nachlaß heraus. t u Killy S c h u l e r , Fridolin, s c h w e i z e r . H y g i e n i k e r , S o z i a l m e d i z i ner, * 1.4. 1832 Bilten (Kt. Glarus), t 8 . 5 . 1 9 0 3 A a r b u r g . N a c h d e m S t u d i u m der M e d i z i n ( 1 8 5 1 - 5 5 ) in Z ü r i c h , W ü r z burg, Wien, P r a g und Paris lebte S „ S o h n eines Pfarrers, bis 1878 als A r z t in M o l l i s (Kt. G l a r u s ) und w a r Schulrat,
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Schuler Landrat und 1872-90 Präsident des kantonalen Appellationsgerichts. 1867 wurde er kantonaler, 1878 eidgenössischer Fabrikinspektor. S. befaßte sich mit Fragen der Ernährung, Hygiene und Sozialmedizin, vertrat die Schweiz auf internationalen Kongressen über Hygiene und Arbeiterschutz und verfaßte neben Studien zu Ernährungsfragen, Gewerbehygiene, Wohnungsbau, Krankenkassen- und Versicherungswesen (u.a. Über die Ernährung der Fabrikbevölkerung und ihre Mängel, 1883; Untersuchungen über die Gesundheitsverhältnisse der Fabrikbevölkerung in der Schweiz mit besonderer Berücksichtigung des Krankenkassenwesens, mit Albrecht - > B u r c k h a r d t , 1889). 1903 erschienen seine Erinnerungen eines Siebenzigjährigen. DP N D B S c h u l e r , Georg Michael, Schriftsteller, * 1 4 . 5 . 1 8 3 3 Würzburg, t 18.4. 1909 Würzburg. S. studierte Theologie in Würzburg, empfing 1856 die Priesterweihe, war Kaplan und wurde 1870 Pfarrer in Alzenau, 1874 in Retzstadt und später in Effeldorf, mit Unterbrechung durch eine Tätigkeit am Bürgerspital in M ü n c h e n 1882-84. 1889 kehrte er als Pfarrer und Oberpflegamtsrat des Juliusspitals nach Würzburg zurück. S. schrieb seit seiner Jugend vor allem Gedichte (Palmen, 1901), daneben religiöse Streitschriften (Was ist ein Altkatholik?, 1872) und historische R o m a n e ( T h o m a s Plantagenet, 1899). Er gab „Kanzelstimm e n " und seit 1899 „Krankentrost. Katholisches Krankenblatt" heraus. t u Leb Franken, Bd 1 S c h u l e r , Louis, Unternehmer, * 18.10. 1840 Göppingen (Württemberg), f 8 . 2 . 1913 Göppingen. Der Sohn eines Schlossermeisters durchlief eine Lehre im väterlichen Betrieb und ging 1861 über Augsburg und Nürnberg nach Chemnitz, wo er in die Werkzeugmaschinenfabrik eintrat. 1861-63 besuchte er auch die dortige Werkmeisterschule. 1863 kehrte S. nach Göppingen zurück und wandelte den Familienbetrieb in eine m o d e r n e Maschinenfabrik um, die sich auf die Herstellung von Blechbearbeitungsmaschinen konzentrierte. Nach 1 8 7 0 / 7 1 ging S. zum Bau von Maschinen mit Kraftbetrieb über, u . a . von Ziehpressen und Fallwerken, die als Meilensteine auf dem Weg zur industriellen Fertigung galten. Seit 1884 war er Gesamtleiter des Unternehmens; 1898 wurde eine Niederlassung in Berlin gegründet. Nach S.s Tod übernahmen seine Söhne die Leitung des Unternehmens, das sich seitdem zu einem bekannten Spezialanbieter von U m f o r m t e c h n i k entwickelt hat. CD N D B S c h u l e r , Maximilian (Joseph Johannes Eduard), Ingenieur, Physiker, * 5 . 2 . 1882 Zweibrücken, t 3 0 . 7 . 1972 Göttingen. Nach d e m Studium an der T H München (1902-07) kam S„ Sohn eines Bankiers, 1908 als Konstrukteur zur Firma Anschütz & Co. nach Kiel und war dort 1910-22 Direktor. 1914-19 leistete er als Ingenieur Kriegsdienst bei der Marine. 1921 an der T H München zum Dr.-Ing. promoviert (Einwirkung rhythmischer Momente auf den Kreiselkompaß), habilitierte er sich 1924 an der Univ. Göttingen für Angewandte Mechanik, war seit 1928 a. o. Prof., seit 1934 Leiter des Instituts für Angewandte Mechanik und wurde 1946 emeritiert. S. wurde durch seine Forschungen über Kreisel und physikalische Pendel bekannt. Er war wesentlich an der Entwicklung des Mehrkreiselkompaß, des nach ihm benannten Ausgleichs- oder Minimalpendels (Schuler-Pendel), das in astronomischen Pendeluhren eingesetzt wird (Schuler-Uhr), sowie des Wendezeigers und künstlichen Horizonts für Flugzeuge beteiligt. S. schrieb u . a . Mechanische Schwingungslehre (2 Tie., 1949-59, 2 1 9 5 8 / 5 9 ) , Einführung in die Mechanik, 2 Tie., 1 9 5 0 / 5 1 ) und Einführung in die Theorie der selbsttätigen Regler (1956).
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S c h u l e r , (Johann) Melchior, schweizer, evang. Theologe, Historiker, * 2 0 . 3 . 1 7 7 9 Mollis (Kt. Glarus), t 3 0 . 4 . 1 8 5 9 Erlinsbach (Kt. Aargau). S. besuchte 1796-98 das Collegium Humanitatis in Schaffhausen und war Pfarrer in Siblingen (1799-1805), Filzbach-Obstalden (1805-14), Mönthal (1815-17), Bözberg (1817-27) und Erlinsbach (1827-59). Er engagierte sich für Reformen des Schul- und A r m e n w e s e n s , war Mitglied der Schweizerischen Gesellschaft der Erziehung, der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft und der Zürcherischen Hülfsgesellschaft sowie Sekretär der Helvetischen Gesellschaft. S. schrieb u. a. Die Thaten und Sitten der Eidgenossen (7 Bde., 1838-56) und g a b die erste vollständige Ausgabe der Werke - > Zwingiis heraus (Huldreich Zwingiis Werke, 8 Bde., 1828-61, gemeinsam mit Johannes —> Schulthess). t u Biogr Lex Aargau S c h u l e r v o n L i b l o y , Friedrich, österr. Jurist, * 13.1. 1827 Hermannstadt (Siebenbürgen), t 8 . 1 1 . 1 9 0 0 Wien. S. v. L., Sohn eines Kaufmanns, studierte Rechtswissenschaft an der Ritterakademie in Hermannstadt und an den Universitäten Wien und Graz. 1851 -75 war er Prof. der deutschen und siebenbürgischen Rechtsgeschichte, des sächsischen Statuarrechts, des protestantischen Kirchenrechts und der Nationalökonomie an der Ritterakademie in H e r m a n n stadt und wurde nach deren Schließung an die neugegründete Univ. Czernowitz berufen, deren Rektorat er zweimal innehatte. Seit seiner Emeritierung lebte er in Wien. S. v. L. gehörte 1863-65 d e m österr. Abgeordnetenhaus, 1863 d e m Landtag von Hermannstadt an und war Referent des evang. Oberkonsistoriums in Hermannstadt. Er schrieb u . a . eine Siebenbürgische Rechtsgeschichte (2 Bde., 1854; 3 Bde., 2 1867). m ÖBL S c h u l h o f , Otto, österr. Musiker, Komponist, * 9 . 3 . 1 8 8 9 Wien, t 1 6 . 4 . 1 9 5 8 Wien. S. Schloß 1907 die Ausbildung zum Konzertpianisten am Konservatorium der Gesellschaft der M u s i k f r e u n d e in Wien ab und war jahrzehntelang Klavierbegleiter von Instrumentalvirtuosen wie Pablo Casals (Cello) und Fritz —> Kreisler (Violine) sowie von bedeutenden Sängerinnen und Sängern, u. a. von Lotte —> Lehmann, Leo —> Slezak und Alfred —> Piccaver. Er lehrte als Prof. für K a m m e r m u s i k und Instrumentalkorrepetition an der A k a d e m i e für Musik und darstellende Kunst in Wien; 1938 wurde er von den Nationalsozialisten der Professur enthoben und mit Auftrittsverbot belegt. S. komponierte Klavierstücke, K a m m e r m u s i k , Ballette und Lieder. S c h u l h o f f , Erwin, auch Ervin Gustavovic, Pseud. Hanus Petr, georg hanell, E m a n Baizar, Franta Michälek, Jan Kaläb, Musiker, Komponist, * 8 . 6 . 1 8 9 4 Prag, t 18.8. 1942 Internierungslager Wülzburg (bei Weißenburg, Mittelfranken). Der aus einer K a u f m a n n s f a m i l i e stammende S., Großneffe des Klaviervirtuosen Julius —>S., wurde auf Empfehlung Antonin Dvoraks als Zehnjähriger in die Klavierklasse des Prager Konservatoriums a u f g e n o m m e n . Er setzte sein Studium 1906 in Wien, 1908 in Leipzig (Klavier bei Robert —> Teichmüller, Komposition bei Stephan —»Krehl und M a x —> Reger) fort und Schloß es 1913 in Köln ab. 1913 erhielt er den Felix Mendelssohn Bartholdy-Preis als Pianist, 1918 als Komponist. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg lebte S. in Dresden, wurde 1920 Lehrer am dortigen Konservatorium, ging dann nach Saarbrücken und kehrte nach einem Zwischenspiel 1922 in Berlin 1923 nach Prag zurück. Er wurde Mitarbeiter beim R u n d f u n k in Ostrava, war als Pianist tätig und lehrte 1929-31 am Konservatorium in Prag. 1931 trat er der kommunistischen Lefä fronta bei. Beeinflußt durch
Schulmeister d e n N e o k l a s s i z i s m u s und v o r a l l e m d u r c h d e n Jazz, k o m p o nierte S. S t ü c k e f ü r K l a v i e r (u. a. Cinq Etudes de Jazz, 1927; Hot-Sonate, 1930), O r c h e s t e r w e r k e , d a r u n t e r sechs S y m p h o nien, K a m m e r m u s i k , V o k a l w e r k e ( u . a . K a n t a t e Das kommunistische Manifest, 1932, f ü r C h o r und Orchester), O p e r n (Don Juans Bestimmung, 1928; Plameny, 1932) und Ballette (Ogelala, 1925; Die Mondsüchtige, 1927). Er vertonte f e r n e r G e d i c h t e von H a n s —»Arp. 1941 w u r d e S. als s o w j e t i s c h e r Staatsbürger v e r h a f t e t und in das I n t e r n i e u r n g s l a g e r W o l z burg verbracht. CD M G G S c h u l h o f f , Julius, a u c h S c h u l h o f , M u s i k e r , M u s i k p ä d a g o g e , K o m p o n i s t , * 2 . 8 . 1 8 2 5 Prag, f 1 3 . 3 . 1898 Berlin. S., S o h n eines K a u f m a n n s , studierte in P r a g K l a v i e r und M u s i k t h e o r i e , trat 1843 erstmals in D r e s d e n und a m Leipziger G e w a n d h a u s auf u n d lebte a n s c h l i e ß e n d m e h r e r e Jahre in Paris, w o er von Frederic C h o p i n g e f ö r d e r t w u r d e . N a c h K o n z e r t r e i s e n d u r c h E n g l a n d , S p a n i e n und R u ß l a n d , auf denen er sich einen N a m e n als K l a v i e r v i r t u o s e m a c h t e , kehrte er nach Paris zurück und w i d m e t e sich seitdem ausschließlich d e m Unterricht und der K o m p o s i t i o n . 1870 g i n g er nach D r e s d e n , 1888 nach Berlin und erhielt 1897 den P r o f e s s o r e n titel. S. k o m p o n i e r t e S a l o n m u s i k f ü r K l a v i e r ( u . a . Caprices sur des themes hongrois, op. 31) und transkribierte W e r k e der klassischen I n s t r u m e n t a l m u s i k f ü r Klavier. CD O B L S c h u l l e r , (Johann) L u d w i g Friedrich, österr. Maler, L i t h o g r a p h , * 1 8 . 1 . 1 8 2 6 F e f f e r n i t z (Kärnten), t 18.3. 1906 S c h ä ß b u r g ( S i e b e n b ü r g e n ) . N a c h einer A u s b i l d u n g an der L i t h o g r a p h i s c h e n A n s t a l t J. W a g n e r in K l a g e n f u r t ( 1 8 4 3 - 4 5 ) b e s u c h t e S „ S o h n eines e v a n g . Pfarrers, 1846-48 d i e A k a d e m i e in Wien, studierte 1849-57 an der E c o l e d e s B e a u x - A r t s in Paris u n d wurde anschließend Zeichenlehrer am Schäßburger Gymnasium. Er w a r zu seiner Zeit in S i e b e n b ü r g e n als L a n d s c h a f t s maler, Porträtist und M a l e r von A l t a r b i l d e r n b e k a n n t . Von B e d e u t u n g blieben seine in den s e c h z i g e r Jahren e n t s t a n d e nen G e n r e p h o t o g r a p h i e n . S. e x p e r i m e n t i e r t e auch mit P h o t o k a m e r a s und setzte spätestens seit 1869 d i e P h o t o g r a p h i e als Hilfsmittel f ü r s e i n e M a l e r e i ein. CD Ö B L S c h u l l e r - S c h u l l e r u s , A n n a , geb. Schullerus, Schriftstellerin, * 2 0 . 4 . 1 8 6 9 F o g a r a s c h , t 6 . 5 . 1951 H e r m a n n s t a d t . A u f g e w a c h s e n in S c h ö n b e r g , unterrichtete S.-S., Tochter eines Pfarrers und S c h w e s t e r von A d o l f —»Schullerus, 1903-12 an einer M ä d c h e n s c h u l e in H e r m a n n s t a d t und w a r 1907 G a s t h ö r e r i n an der U n i v . J e n a . 1912-34 lebte sie als E h e f r a u eines Pfarrers in S c h a a s und kehrte a n s c h l i e ß e n d nach H e r m a n n s t a d t zurück. N a c h f r ü h e n E r z ä h l u n g e n in s i e b e n b ü r g i s c h - s ä c h s i s c h e r M u n d a r t ( H i m w i h , 1904) schrieb S.-S. seit e t w a 1930 E r z ä h l u n g e n und D r a m e n , in d e n e n sie sich z u n e h m e n d der H o c h s p r a c h e b e d i e n t e u n d d i e t h e m a tisch ü b e r ihren e n g e r e n L e b e n s b e r e i c h h i n a u s g e h e n d das dörfliche L e b e n der S i e b e n b ü r g e r S a c h s e n b e s c h r i e b ( A u s dem Waldland, 1931). CD D L L S c h u l l e r n , Heinrich Ritter von und zu S c h r a t t e n h o f e n , P s e u d . Paul E b e n b e r g , österr. Schriftsteller, Militärarzt, * 1 7 . 4 . 1865 I n n s b r u c k , t 16. 12. 1955 I n n s b r u c k . D e r S o h n des I n n s b r u c k e r B e z i r k s s c h u l i n s p e k t o r s und Schriftstellers A n t o n von S c h u l l e r n studierte M e d i z i n , R o manistik und Malerei in G r a z , M ü n c h e n und I n n s b r u c k (Dr. med. 1890), praktizierte a n s c h l i e ß e n d als Militärarzt in Salzburg, W i e n (seit 1904), B o z e n (seit 1911) und w a r zuletzt G e n e r a l s t a b s a r z t in I n n s b r u c k . S. Schloß sich f r ü h z e i t i g der B e w e g u n g „ J u n g - T i r o l " an, schrieb D r a m e n , G e d i c h t e und historische R o m a n e s o w i e in seiner H e i m a t spielende R o m a n e und E r z ä h l u n g e n mit sozialer T e n d e n z , d a r u n t e r
Ärzte ( 1 9 0 1 , 5 1 9 1 1 ) , Jung-Österreich (2 B d e . , 1910, N a c h d r . 2 0 0 4 ) und d i e T r i l o g i e Das Land im Gebirge (Bd. 1: Boccaccio auf Schloß Tirol, 1932, 4 1 9 5 0 ; B d . 2: Der Herzog mit der leeren Tasche, 1948, 2 1 9 5 0 ; B d . 3: Kleinod Tirol, 1927, 3 1 9 5 0 ) . 1934 erschienen seine Erinnerungen eines Militärarztes aus dem Weltkrieg. CD D L L S c h u l l e r u s , Adolf, evang. Theologe, Germanist, Volkskundler, * 7 . 3 . 1864 F o g a r a s c h ( S i e b e n b ü r g e n ) , t 28. 1. 1928 H e r m a n n s t a d t ( S i e b e n b ü r g e n ) . S., B r u d e r von A n n a S c h u l l e r - S c h u l l e r u s , studierte seit 1882 T h e o l o g i e , K l a s s i s c h e Philologie, G e r m a n i s t i k und U n garisch in B e r n , L e i p z i g und B u d a p e s t und w u r d e 1886 in L e i p z i g z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t . 1887-89 war er R e k t o r an der Volks- und G e w e r b e s c h u l e in A g n e t h e l n , 1 8 8 9 - 1 9 0 0 L e h r e r in H e r m a n n s t a d t , 1900-07 N a c h f o l g e r seines Vaters als P f a r r e r von G r o ß s c h e n k und seit 1907 S t a d t p f a r r e r in H e r m a n n s t a d t . S. v e r f a ß t e Unterrichtsmaterial f ü r d e n Volksschulunterricht, b e s c h ä f t i g t e sich mit K i r c h e n p o l i t i k (Unsere Volkskirche, 1898) und S i e b e n b ü r g e r R e f o r m a t i o n s g e schichte ( D i e Augustana in Siebenbürgen, 1923) und engagierte sich f ü r die R e c h t e der d e u t s c h s p r a c h i g e n Volksgruppen in U n g a r n und R u m ä n i e n . 1917 w u r d e er Vorsitzender des S ä c h s i s c h e n Z e n t r a l a u s s c h u s s e s und g e h ö r t e 1919-26 d e m Senat in B u k a r e s t an. Von B e d e u t u n g sind seine A r b e i ten zur V o l k s k u n d e , vor a l l e m zur M u n d a r t f o r s c h u n g . S. g a b 1908 die erste L i e f e r u n g des Siebenbürgisch-Sächsischen Wörterbuchs heraus, v e r f a ß t e e i n e Siebenbürgische Volkskunde im Umriß (1926), arbeitete ü b e r r u m ä n i s c h e M ä r c h e n und redigierte 1892-1927 das „ K o r r e s p o n d e n z b l a t t d e s Vereins f ü r S i e b e n b ü r g i s c h e L a n d e s k u n d e " . CD I G L S c h u l m a n n , Horst, W i r t s c h a f t s f a c h m a n n , * 1 3 . 4 . 1933 F r a n k f u r t / M a i n , t 24. I I . 1994 F r a n k f u r t / M a i n . S. studierte in F r a n k f u r t / M a i n und S a a r b r ü c k e n Volkswirtschaft und w u r d e 1964 in S a a r b r ü c k e n z u m D r . rer. pol. prom o v i e r t ( E i n i g e Zeitreihenprobleme der Makroökonomie). 1 9 6 5 / 6 6 w a r er Vorstandsassistent in der M o n t a n i n d u s t r i e , 1 9 6 7 - 6 9 erster G e n e r a l s e k r e t ä r des S a c h v e r s t ä n d i g e n r a t s zur B e g u t a c h t u n g der g e s a m t w i r t s c h a f t l i c h e n E n t w i c k l u n g und bis 1975 A b t e i l u n g s l e i t e r in der W e l t b a n k in W a s h i n g t o n . A n s c h l i e ß e n d w u r d e er G e n e r a l d i r e k t o r f ü r W i r t s c h a f t und F i n a n z e n in d e r E G - K o m m i s s i o n in Brüssel, Leiter der G r u n d s a t z a b t e i l u n g i m B u n d e s f i n a n z m i n i s t e r i u m und unter B u n d e s k a n z l e r H e l m u t S c h m i d t 1977 Leiter der A b t e i l u n g W i r t s c h a f t - , F i n a n z - und Sozialpolitik im B u n d e s k a n z l e r a m t . D a n a c h bis z u m E n d e der sozialliberalen Koalition 1982 als Staatssekretär (seit 1980) w i e d e r im F i n a n z m i n i s t e r i u m tätig, arbeitete S. zeitweise im B o n n e r B ü r o der K ö r b e r - S t i f t u n g und wirkte am Aufbau des Europäischen Währungssystems mit. 1992 w u r d e er P r ä s i d e n t d e r L a n d e s z e n t r a l b a n k in H e s sen. S c h u l m e i s t e r , Otto, österr. Journalist, * 1.4. 1916 Wien, t 1 0 . 8 . 2 0 0 1 Wien. S., S o h n eines S t a a t s b e d i e n s t e t e n , studierte seit 1936 Staatsw i s s e n s c h a f t e n und N a t i o n a l ö k o n o m i e in Wien und g e h ö r t e bis 1938 d e m „ B u n d N e u l a n d " an. 1940 durchlief er Volontariate bei den W i r t s c h a f t s z e i t u n g e n „ S ü d o s t - E c h o " ( W i e n ) und „ E u r o p a - K a b e l " ( A m s t e r d a m ) . N a c h T e i l n a h m e a m Z w e i t e n Weltkrieg seit 1941 und britischer G e f a n g e n s c h a f t , aus der er 1946 z u r ü c k k e h r t e , war er bei Ernst —> M o l d e n s Z e i t u n g „ D i e P r e s s e " tätig und w u r d e 1953 stellvertretender C h e f r e d a k t e u r , 1961 C h e f r e d a k t e u r ; 1976-89 war er deren H e r a u s g e b e r . 1947-68 w a r er auch M i t h e r a u s g e b e r und Leiter der R e d a k t i o n von „Wort und W a h r h e i t " . S. v e r ö f fentlichte u . a . Die Zukunft Österreichs ( 1 9 6 7 , 4 1 9 6 8 ) , Die erschöpfte Revolution (1978), Der zweite Anschluß (1979) und Ernstfall Österreich (1995). CD F e l l n e r
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Schulmeister von Esslingen Schulmeister von Esslingen,
Spruch- und Liederdichter, 2. Hälfte 13. Jh. Die Identität des S. mit 1279-81 und 1289-1302 urkundlich nachgewiesenen Lehrern bzw. Schulleitern in Esslingen gilt als nicht gesichert. Das Uberlieferte Werk des Dichters besteht aus zehn Sprüchen in fünf Tönen und zwei dreistrophigen Minneliedern in der „Großen Heidelberger Liederhandschrift" (C); die politischen Strophen zeichnen sich vor allem durch polemische Kritik an König —»Rudolf von Habsburg aus, die Minnelieder durch einen heiteren, erotisch freizügigen Ton. c n VL S c h u l t , Friedrich, Schriftsteller, Graphiker, * 1 8 . 2 . 1 8 8 9 Schwerin, t 2 3 . 6 . 1 9 7 8 Güstrow. S. besuchte das Lehrerseminar in Neukloster, 1912-14 die Hamburger Kunstgewerbeschule und war 1914-45 Zeichenlehrer am Realgymnasium in Güstrow. Er war seit 1914 mit Ernst Barlach befreundet und betreute seit 1945 dessen Güstrower Nachlaß. S. schrieb Gedichte, Erzählungen und Essays ( u . a . Kleine Prosa, 1966) und war als Graphiker, Typograph und Schriftgestalter tätig. Er gab Zeichnungen, Entwürfe und Schriften Barlachs heraus sowie 1958-71 ein dreibändiges Werkverzeichnis. DP D L L
Schulte,
Alfred, Papierhistoriker, * 3 . 5 . 1 9 0 0 Düsseldorf, t 2 . 4 . 1944 Sowjetunion. S., Sohn eines Papierfabrikanten, Schloß das Studium an der Univ. Marburg und an den Handelshochschulen Köln und Leipzig als D i p l o m k a u f m a n n ab und war zunächst in Oberhausen, seit 1927 als Verbandsgeschäftsführer in der Metallindustrie tätig. Daneben betrieb er papiergeschichtliche und wasserzeichenkundliche Forschungen und stand in engem Kontakt mit Karl Theodor —»Weiß; 1937 wurde auf Anregung beider der Fachausschuß für Papiergeschichte und Wasserzeichenkunde beim Verein der Papier-Chemiker und -Ingenieure, 1938 an der Mainzer Stadtbibliothek die Forschungsstelle Papiergeschichte gegründet, deren Leitung er übernahm und für die er u. a. den Nachlaß von Ernst —»Kirchner sicherte (heute Deutsches M u s e u m , München). 1939 und erneut 1941 z u m Kriegsdienst eingezogen, fiel S. in der Sowjetunion. 1955 erschien postum sein Rückblick Wir machen Sachen, die nimmer vergehen. Zur Geschichte der Papiermacherei (hrsg. von Toni Schulte). CD N D B
Schulte,
Heinrich, Psychiater, * 2 . 7 . 1898 Berlin, t 10.10. 1983 Bremen. S. Schloß das Studium der Medizin 1922 in Berlin mit der Promotion ab (Ein Fall von formalem Denkzwang bei kongenitaler Anophthalmie), war zunächst an der Charite in Berlin tätig und habilitierte sich 1933. Seit 1934 Leiter der Evangelischen Nervenklinik in Berlin-Nikolassee, übernahm er nach dem Zweiten Weltkrieg die Leitung der Städtischen Nervenklinik in Bremen. S., der sich früh f ü r den Einsatz der Psychotherapie in psychiatrischen Kliniken einsetzte, trat vor allem durch seinen in A b s t i m m u n g mit Max —»Wertheimer entstandenen Versuch einer Theorie der paranoischen Eigenbeziehung und Wahnbildung (zunächst in: Psychologische Forschung 5, 1924) hervor, der als einer der ersten Texte der Gestaltpsychologie gilt.
Schulte, Johann Friedrich Ritter von, kath., dann altkath. Theologe, Kirchenrechtler, * 2 3 . 4 . 1827 Winterberg (Westfalen), f 1 9 - 1 2 . 1 9 1 4 Obermais (heute zu Meran). S., Sohn eines Arztes, studierte seit 1847 Klassische und Orientalische Philologie, seit 1849 Rechtswissenschaft in Berlin und wurde dort 1851 zum Dr. jur. utr. promoviert. 1853 habilitierte er sich in Bonn für Kirchenrecht und wurde 1854 zunächst a . o . , dann o . P r o f . f ü r Deutsche Reichs- und Rechtsgeschichte sowie Kirchenrecht an der Univ. Prag. 1869 wurde er nobilitiert. Als Gegner des Unfehlbarkeitsdogmas zählte S. früh zu den führenden Altkatholiken; er leitete die altkatholischen Kongresse in M ü n c h e n (1871) und Köln (1872) und erarbeitete die altkatholische Kirchenverfassung. 1873-1906 war S. Prof. an der Univ. Bonn und 1 8 8 1 / 8 2 deren Rektor, 1874-79 nationalliberales Mitglied des Deutschen Reichstags. Er schrieb u . a . Das katholische Kirchenrecht (2 Bde., 1856-60), Lehrbuch der deutschen Reichs- und Rechtsgeschichte (1861, 6 1892), Lehrbuch des katholischen Kirchenrechts (1863, in 4. Auflage erweitert als Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchenrechts, 1886), Die Geschichte der Quellen und Literatur des canonischen Rechts von Gratian bis auf die Gegenwart (3 Bde., 1875-80, Nachdr. 1956), Der Altkatholicismus (1887, Nachdr. 2002) und Lebenserinnerungen (3 Bde., 1908/09). m RGG
Schulte,
Aloys, Historiker, * 2 . 8 . 1857 Münster (Westfalen), f 19.2. 1941 Bonn. S., Sohn eines Kolonialwarenhändlers, studierte seit 1876 Geschichte an der A k a d e m i e in Münster, wurde 1879 promoviert (Die sogenannte Chronik des Heinrich von Rebdorf) und war seit 1880 Mitarbeiter an der Edition des Straßburger Urkundenbuchs, von dem er den 3. und 4. Band (1884-88) herausgab. Seit 1883 Direktor des Fürstenbergischen Archivs in Donaueschingen, ging er 1885 an das Generallandesarchiv Karlsruhe, w o er in die Historische K o m mission a u f g e n o m m e n wurde und die „Zeitschrift f ü r die Geschichte des Oberrheins" redigierte. 1892 auf den Lehrstuhl f ü r Neuere Geschichte der Univ. Freiburg/Breisgau berufen, wechselte er 1896 an die Univ. Breslau und leitete 1901-03 das Deutsche Historische Institut in R o m . 1903-28 lehrte S. als o . P r o f . an der Univ. Bonn ( 1 9 1 3 / 1 4 Rektor). Er befaßte sich mit der Geschichte des Verhältnisses zwischen Deutschland und Frankreich, mit Kirchengeschichte und als einer der ersten Historiker mit Wirtschafts- und Verkehrsgeschichte. Er schrieb u. a. Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden und der Reichskrieg gegen Frankreich 1693-1697 (2 Bde., 1892, 2 1901), Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs zwischen Westdeutschland und Italien mit Ausschluß von Venedig (2 Bde., 1900, Nachdr. 1966), Die Fugger in Rom (2 Bde., 1904) und Der Adel und die deutsche Kirche im Mittelalter (1910, 2 1922, Nachdr. 1966). CD N D B
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Schulte,
Karl Joseph, kath. Theologe, Bischof von Paderborn, Erzbischof von Köln, Kardinal, * 14.9. 1871 Valbert bei Ödingen (Kr. Meschede), f 10.3. 1941 Köln. Nach dem Studium in Bonn, Münster und Paderborn und der Priesterweihe 1895 war S., Sohn eines Gutspächters und späteren Betriebsbeamten, Vikar und Religionslehrer in W i t t e n / R u h r . 1901 kam er als Repetent an das Theologenkonvikt, 1903 an das Priesterseminar in Paderborn. Nach der Promotion zum Dr. theol. 1903 (Theodoret von Cyrus als Apologet) war er Prof. der Apologetik, seit 1905 auch des Kirchenrechts an der Theologisch-Philosophischen Lehranstalt in Paderborn. S. wurde 1909 zum Bischof von Paderborn gewählt und 1910 zum Apostolischen Administrator von Anhalt ernannt. Er förderte die Priesterausbildung, engagierte sich im sogenannten Gewerkschaftsstreit 1910-14, war Mitbegründer der Kirchlichen Kriegshilfe der deutschen Bischöfe und Mitverfasser der Kölner Richtlinien zur Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung 1 9 2 6 / 2 7 . 1920 wurde S. Erzbischof von Köln und 1921 Kardinal. 1931 gründete er das Albertus-Magnus-Institut in Bonn, 1934 die Westdeutsche Bischofskonferenz und die Abwehrstelle gegen die nationalsozialistische antichristliche Propaganda, unterstützte im übrigen aber die eher vorsichtige Kirchenpolitik des Vorsitzenden der Fuldaer Bischofskonferenz Kardinal Adolf-»Bertram. CD Zeitgeschichte, Bd 10
Schulte-Frohlinde S c h u l t e , Marcel, Journalist, * 30. 1. 1910 Brüssel, t 16.10. 1965 F r a n k f u r t / M a i n . S., Sohn eines Kaufmanns, war nach d e m Studium der Volkswirtschaftslehre in Köln und Königsberg als Journalist im Rheinland tätig; 1930 kam er in die Redaktion des „Freien Aachener Volksfreunds". 1936 aus politischen Gründen mit Berufsverbot belegt, betätigte er sich seitdem als selbständiger K a u f m a n n und war 1940-45 Referent beim Reichskommissar f ü r die Preisbildung, zuletzt in Marienwerder. S. war 1945-48 stellvertretender Leiter der Preisabteilung im hessischen Wirtschaftsministerium, hatte bis 1949 die gleiche Position in der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets inne und übernahm 1949 die Chefredaktion der „Frankfurter Neuen Presse". Er gehörte dem Presserat an, leitete seit 1956 die deutsche Gruppe im Internationalen Presseinstitut und engagierte sich u. a. f ü r die deutsch-französische Verständigung. t u Munzinger S c h u l t e , (Adam) Paul (Adolf), Oblatenmissionar, * 14.5. 1895 Magdeburg, t 6 . 1 . 1974 S w a k o p m u n d (Namibia). Nach d e m Besuch des Missionskollegs in Valkenburg (Niederlande) und dem Eintritt in die Missionsgesellschaft der Oblaten der Makellosen Jungfrau Maria studierte S. seit 1914 Theologie in Fulda, wurde 1922 z u m Priester geweiht und war anschließend als Volksmissionar tätig. Im Ersten Weltkrieg zum Piloten ausgebildet, gründete er 1927 die Missions-Verkehrs-Arbeits-Gemeinschaft (MIVA) zur M o torisierung der Missionsarbeit, wirkte 1 9 2 9 / 3 0 in Südwestafrika und war seit 1936 Pilot und Missionar in der kanadischen Arktis. 1939 ging er in die U S A , w o er seit 1941 interniert war, und gründete 1944 in Belleville (Illinois) eine Missionsfliegerschule und ein Gebetzentrum, den heutigen Wallfahrtsort Our Lady of the Snows. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück, leitete bis 1970 die MIVA und ließ sich dann in S w a k o p m u n d nieder. S., der 1936 im Zeppelin „Hindenburg" die erste hl. Messe in der Luftfahrtgeschichte hielt, veröffentlichte u. a. Der Fliegende Pater (1934), Polarflug Rettungsflug (1938), Der Fliegende Pater bei den Eskimos (1949, 7 1956), Rund um die Welt mit dem Fliegenden Pater und Der Flug meines Lebens (1964). DD M B L S c h u l t e , Robert Werner, Psychologe, Mediziner, * 1.3. 1897 Lüdenscheid, t 17. 1. 1933 Berlin. S., Sohn eines Fabrikanten, studierte Philosophie, Psychologie, Philologie und Medizin in Leipzig, nahm am Ersten Weltkrieg teil, ging nach der Promotion zum Dr. phil. 1919 (Schleiermachers Monologen in ihrem Verhältnis zu Kants Ethik) als Assistent an das Laboratorium f ü r industrielle Psychotechnik der T H Berlin und setzte seine Studien (Medizin, Rechtswissenschaft, Nationalökonomie) daneben fort. 1919 wurde er Dozent für experimentelle und praktische Psychologie an der Univ. Berlin, 1920 für Psychologie und Pädagogik an der Deutschen Hochschule für Leibesübung. S. begründete dort ein Sportpsychologisches Laboratorium und war an der Univ. Vorstandsmitglied der Abteilung für Psychotechnik, Sport und Lebenskultur. Er war Erfinder von über 2 0 0 psychotechnischen und medizinischen Prüfgeräten und gab seit 1926 die Zeitschrift „Psychologie und M e d i z i n " heraus. 1929 wurde er Leiter der R u n d f u n karbeitsgemeinschaft für allgemeine und angewandte Psychologie beim Deutschlandsender. S. veröffentlichte u . a . Eignungs- und Leistungsprüfung im Sport (1925), Psychotechnik und Polizei (Hrsg., 1926), Versuch einer Psychologie der Leibesübungen ('" 3 1928) und Der Einfluss des Kaffees auf Körper und Geist (mit Johannes Müller und Conrad Kupsch, 1929). CD Westf Autoren, Bd 3
S c h u l t e v o m B r ü h l , (Heinrich) Walter, eigentl. SchulteHeuthaus, Pseud. Johann Hen(n)rich, Journalist, Schriftsteller, * 1 6 . 1 . 1 8 5 8 Bergerbrühl bei Gräfrath, t 4 . 6 . 1 9 2 1 Neckarsteinach. Als Hauslehrer in Zürich studierte S. v. B. Kunstgeschichte und Literatur. 1878-84 lebte er als Maler in Weimar. Danach Redakteur in Bad Sulza, München und Zürich, wurde er 1886 Redakteur der „Didaskalia" in F r a n k f u r t / M a i n . 1889 ging er nach Wiesbaden, wo er bis 1912 Hauptredakteur des „Wiesbadener Tagblatts" war und anschließend bis zu seinem Umzug nach Neckarsteinach 1914 als freier Schriftsteller lebte. S. v. B. schrieb R o m a n e , Novellen, Jugendbücher, Gedichte, Versepen, Märchen und Schauspiele (u.a. Piep der Staarmatz, 1884). Er verfaßte auch Reflexionen über die deutsche Malerei der Gegenwart (1882) und Sechs Jahrzehnte. Lebenserinnerungen (1918). CD D L L S c h u l t e - D r ü g g e l t e , Friedrich (August), Ingenieur, * 5 . 3 . 1879 Drüggelte (Kr. Soest), t 15. 12. 1957 Essen. Der Sohn eines Gutsbesitzers studierte Maschinenbau an der T H Hannover, war Ingenieur beim Neusser Eisenwerk, 1 9 0 6 / 0 7 bei der Gesellschaft für Hochdruckleitungen in Berlin und 1908-19 bei der Gesellschaft für Überwachung von Dampfkesseln in Mönchengladbach. Anschließend wurde S.-D. Direktor des Vereins zur Überwachung der Kraftwirtschaft der Ruhrzechen. Unter seiner Leitung wurden die alten Dampfkessel-Überwachungsvereine des rheinisch-westfälischen Industriegebiets zu einem großen Technischen Überwachungsverein in Essen zusammengefaßt, d e m er bis 1945 vorstand. S.-D. war 1928-54 Vorsitzender des Forschungsinstituts für Wärmeschutz in M ü n c h e n und langjähriger Vorsitzender des Ruhrbezirksverbandes Deutscher Ingenieure. Er veröffentlichte zahlreiche Aufsätze zu Fragen der Feuerungstechnik und des Dampfkesselwesens. CD Leb Industrie 2 S c h u l t e - E i c k h o f f , Johannes, Kapuziner, Theologe, * 2 0 . 1 . 1880 Herdringen, t 2 1 . 1 . 1943 Münster (Westfalen). S.-E. Schloß sich 1899 den Kapuzinern an und wurde nach d e m Studium der Philosophie und Theologie 1909 in Freib u r g / B r e i s g a u promoviert. Nach der Priesterweihe war er Lektor für Kirchengeschichte und Pastoraltheologie an der Kapuziner-Hochschule in Münster und 1919-22 Provinzialoberer. S.-E. beschäftigte sich besonders mit Landseelsorge und Pastoralpsychologie. Er veröffentlichte u. a. P. Martin von Cochem (1910), Die Kirche und die Gebildeten (1912, 4 1919), Priesterleben und Priesterwirken (1929, 2 1930) und die Autobiographie Zwischen zwei Welten (1940). CD LThK S c h u l t e - F r o h l i n d e , Julius, Architekt, * 2 6 . 5 . 1894 Bremen, f 20. 11. 1968 Düsseldorf. S.-F. studierte 1918-21 an den Technischen Hochschulen in München und Stuttgart Architektur, war nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg Assistent von Paul - » B o n a t z und wurde nach einer Tätigkeit unter Adolf —»Abel am Hochbauamt in Köln 1929 Stadtbaurat in Nürnberg. 1933 von Albert —»Speer zu den Planungen des Reichsparteitagsgeländes hinzugezogen, wurde er 1934 stellvertretender Leiter, 1936 Leiter der Bauabteilung der Deutschen Arbeitsfront (DAF); 1 9 3 5 / 3 6 leitete S.-F. den Bau der Mustersiedlung Braunschweig-Maschenrode, die für den Wohnungsbau zur Zeit des Nationalsozialismus maßgeblich wurde. 1937 trat er in die N S D A P ein. 1941 wurde er zum Honorarprofessor an der T H München ernannt; 1943-45 war er dort Prof. für Bakunst. Seit 1943 gehörte er dem Arbeitsstab Wiederaufbauplanung an. 1945 entlassen, war S.-F. zunächst in Bremen in einem Architekturbüro tätig und wurde 1952
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Schulte im Hofe von Friedrich W . —» Tamms zum Baudirektor in Düsseldorf ernannt und gegen den Widerstand u . a . des „Architektenrings" (Bernhard —»Pfau) mit der Leitung des Hochbauamts betraut; 1959 trat er in den Ruhestand. Zu seinen Werken zählen das Städtische Gaswerk in Nürnberg ( 1 9 3 2 / 3 3 ) , die nationalsozialistische Schulungsburg Erwitte (Westfalen, 1 9 3 5 / 3 6 ) sowie das Altstadtrathaus ( 1 9 5 2 / 5 3 ) und das Opernhaus (1954-56) in Düsseldorf. S.-F. veröffentlichte u . a . Baukunst zwischen gestern und heute (1960).
Schulte im Hofe,
Rudolf, Maler, Graphiker, * 9. 1. 1865 Ockendorf (Westfalen), f 1 8 . 2 . 1 9 2 8 Berlin. Nach privatem Malunterricht bei Ludwig —» Schmid-Reutte in München studierte S. im H. an der dortigen Kunstakademie bei Gabriel —»Hackl und Ludwig von - » L ö f f t z . 1898 ging er nach Berlin, wo er später Prof. und Mitglied der A k a d e m i e der Künste wurde und Vorsitzender des Vereins Berliner Künstler war. S. im H. erfand die sogenannte Steinradierung, ein kombiniertes Hoch- und Tiefdruckverfahren. Er schuf vor allem Porträts ( u . a . von Emil —»Fischer und Gustav —» Schmoller) sowie Landschaften in Öl und Pastell. CD Th-B S c h u l t e - H o s t e d d e , Gretel, Bildhauerin, Keramikerin, * 12.8. 1902 Brühl (Rheinland), f 8 . 7 . 1973 Brühl. S.-H. erhielt ihre Ausbildung zur Bildhauerin und Keramikerin 1919-23 an der Kunstgewerbeschule in Köln, 1924-27 an der Kölner Werkschule und studierte 1929-32 an den Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst in Berlin bei L u d w i g —»Gies. Danach im eigenen Atelier in Berlin tätig, arbeitete sie seit etwa 1940 mit Hedwig - » B o l l h a g e n in Marwitz und ging 1943 nach Karlsruhe, wo sie 1946 freie Mitarbeiterin der Staatlichen Majolika-Manufaktur wurde. Neben Entwürfen für Gebrauchskeramik schuf S.-H. vor allem Reliefs und figürliche Plastiken. 1957 wurde sie mit d e m Baden-Württembergischen Staatspreis ausgezeichnet. CD Ceramic Arts
Schulten,
(Ernst) Adolf, Althistoriker, * 2 7 . 5 . 1870 Elberfeld (heute zu Wuppertal), t 19.3. 1960 Erlangen. Nach d e m Studium der Geschichte und Archäologie an den Universitäten Bonn, Berlin und Göttingen wurde S. 1892 mit der Dissertation De conventibus civium romanorum zum Dr. phil. promoviert. Er besuchte 1 8 9 4 / 9 5 als Stipendiat des Archäologischen Instituts Italien, Nordafrika und Griechenland und habilitierte sich 1896 an der Univ. Göttingen f ü r Alte Geschichte (Die römischen Grundherrschaften). Seit 1907 war er a. o . P r o f . , 1909-35 o . P r o f . an der Univ. Erlangen. S., Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften in Göttingen und der Real Academia de la Historia in Madrid, trat vor allem mit Arbeiten zum frühgeschichtlichen und antiken Spanien hervor und veröffentlichte u . a . Numantia. Die Ergebnisse der Ausgrabungen 1905-12 (unter Mitwirkung von Walther Barthel, Hans —»Dragendorff u. a., 4 Bde., 1914-31), Tartessos (1922, 2 1950), Geschichte von Numantia (1933) und Iberische Landeskunde. Geographie des antiken Spanien (2 Bde., 1955-57). CD N D B
Schulten,
Hans (Joachim), Internist, * 2 5 . 7 . 1 8 9 9 Elberfeld, t 5 . 3 . 1 9 6 5 Köln. S. studierte an den Universitäten Tübingen und Kiel und wurde 1924 in Erlangen promoviert (Ueber neutrophile Leukozyten mit veränderten Granulis bei Infektionskrankheiten im Kindesalter). Seit 1925 Assistent, später Oberarzt an der II. Medizinischen Universitätsklinik in Hamburg-Eppendorf, habilitierte er sich dort 1929 für Innere Medizin, ging 1938 als Direktor der Medizinischen Universitäts-Poliklinik nach Rostock und wurde 1943 o . P r o f . der Inneren Medizin und Direktor der Medizinischen Universitäts- und Poliklinik sowie der Städtischen Krankenanstalt Mergentheim in Köln.
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S. war 1 9 5 4 / 5 5 Rektor der Univ. Köln, gehörte der Landesärztekammer und dem Präsidium des Deutschen Ärztetags an, wurde 1964 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und stand der Deutschen Gesellschaft f ü r Bluttransfusion vor. Er veröffentlichte u. a. Lehrbuch der klinischen Hämatologie (1939, 5 1953), Erkennung und Behandlung der Leukämien (1942), Die Stellung der Medizin im Rahmen der Universität (Rektoratsrede 1955), Der Arzt (1960, 3 1966), Differentialdiagnose und Therapie der Anämien (1962) und Der Medizinstudent (1963). CD Munzinger
Schulten,
Rudolf, Kernphysiker, * 18.8. 1923 Oeding (heute zu Südlohn, Kr. Borken), t 2 7 . 4 . 1 9 9 6 Aachen. S., Sohn eines K a u f m a n n s und Fabrikanten, Schloß das Studium der Mathematik und Physik in Bern und Göttingen 1953 in Göttingen mit der Promotion ab (Berechnung der magnetischen Momente und Quadrupelmomente einiger leichter Kerne). Danach Assistent am Max-Planck-Institut für Theoretische Physik, trat er 1964 in die Brown, Bovert & Cie. in Mannheim ein und wurde Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor. Seit 1964 war er o . P r o f . der Reaktortechnik an der T H Aachen und Direktor des Instituts für Reaktorentwicklung in Jülich. S. entwickelte das Konzept des Kugelhaufenreaktors, das mit dem AVR-Versuchsreaktor in Jülich (1966) verwirklicht wurde. Er veröffentlichte u . a . Reaktorphysik (mit Wernfried GUth, 2 Bde., 1960-62, engl. 1967, rumän. 1975), Einsatzmöglichkeiten der Kernenergie zur Deckung des Wärmebedarfs einer hochindustrialisierten Region und die sich daraus ergebenden Strukturänderungen (mit Hans-Günter Eickhoff, 1975) und Hochtemperaturreaktortechnik (mit Kurt Kugeler, 1989). CD N D B
Schultes, Johann Adolph von, Historiker, * 2 9 . 1 0 . 1 7 4 4 Reinhardsbrunn, f 2 9 . 5 . 1821 Coburg. Seit 1762 Student der Rechtswissenschaften an der Univ. Jena, wurde S. 1770 Amtsverweser, 1771 A m t m a n n in Themar und 1796 coburgischer und sachsen-gothaischer Hofrat. 1803 kam er als Achivar an das Geheime Archiv in Coburg, erhielt 1804 Sitz und S t i m m e im Regierungskollegium und wurde 1808 Direktor der Landesregierung. S. war seit 1808 Mitglied der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften. Er befaßte sich vor allem mit fränkischer Geschichte und veröffentlichte u. a. Neue diplomatische Beiträge zur fränkischen und sächsischen Geschichte (1792). CD Frank Leb, Bd 2 Schultes,
Joseph August (von), österr. Botaniker, Mediziner, Schriftsteller, * 15.4. 1773 Wien, t 2 1 . 4 . 1 8 3 1 Landshut (Bayern). Nach dem Studium in Wien und der Promotion zum Dr. med. 1796 war S., Sohn eines Schmieds und späteren Kammerdieners des Grafen von Oettingen-Wallerstein, als praktischer Arzt tätig. Daneben wurde er als Botaniker bekannt und erhielt 1797 eine Lehrkanzel für Botanik und Naturgeschichte. 1806 folgte er einem Ruf als Prof. der C h e m i e und Botanik sowie für Klinik und Spezielle Therapie an die Univ. Krakau und ging 1808 als Prof. der Naturgeschichte und C h e m i e an die Univ. Innsbruck. Seit 1809 war er Prof. der allgemeinen Naturgeschichte und Botanik an der Univ. Landshut, wo er nach deren Ubersiedlung nach München 1826 als Direktor der Chirurgischen Schule blieb. S. veröffentlichte zahlreiche Schriften zur Geologie, Mineralogie, Medizin und Botanik (u.a. Flora Austriaca, 2 Bde., 1794, 2 1800, dt. Österreichs Flora, 2 Bde., 1794, 2 1814; Grundriss einer Geschichte und Literatur der Botanik, 1817) sowie Reisebeschreibungen (Reise auf den Glockner, an Kärnthens, Salzburgs und Tyrols Grenzen, 4 Bde., 1804; Reise durch Salzburg und Berchtesgaden, 2 Tie., 1804, Nachdr. 1987; Donaufahrten, 2 Bde., 1819-27). CD Ö B L
Schulthess Schultes, Karl, Pseud. Der alte Landsknecht, Carlo Onoldino, Theaterdirektor, Schauspieler, Schriftsteller, * 9.7. 1822 Triesdorf bei Ansbach, t 9.7. 1904 Hannover. S. war seit seinem 18. Lebensjahr Offizier in der bayerischen Armee. Er veröffentlichte unter Pseudonym Lieder in den „Fliegenden Blättern", wurde Mitglied des Münchner Dichtervereins und debütierte nach Schauspielunterricht in München und Leipzig 1849 am Münchner Nationaltheater. S. spielte in Leipzig, Graz und Regensburg, wo er auch Direktor war, ging als Regisseur an das Hoftheater in Meiningen und wurde 1857 Mitglied des Hoftheaters in Braunschweig, dessen Leitung er 1867-72 innehatte. 1873-88 war er künstlerischer Direktor des Hoftheaters in Wiesbaden. S. schrieb Romane, Novellen, Gedichte, Lieder und Bühnenstücke, u.a. Der treue Papa (1852). CD DLL Schultheiß, Benedict, auch Schulthes, Musiker, Komponist, getauft 20.9.1653 Nürnberg, t 1-3. 1693 Nürnberg. Nach musikalischem Unterricht durch Heinrich —> Schwemmer und Georg Caspar Wecker spielte S., Sohn eines Diakons, seit 1670 die Orgel in der Nürnberger Augustinerkirche, wurde 1673 zusätzlich Organist an St. Walburg auf der Veste und vermutlich kurze Zeit später Mitglied des Pegnesischen Blumenordens. 1686 erhielt er das Organistenamt an der Nürnberger Frauenkirche, 1687 dasjenige an St. Egidien. S. veröffentlichte Instrumental- und Vokalkompositionen, u.a. Math- und Geist-ermunternde Clavier-Lust (2 Tie., 1679/80). m MGG Schultheiß v o n Unfried, Joachim Ludwig, auch Scultetus, Architekt, Ingenieur, * 1678, t 10.6.1753 Königsberg. S. v. U., Sohn eines Kammerrats, wurde 1689 an der Univ. Frankfurt/Oder immatrikuliert und unternahm 1698-1700 eine Studienreise durch Italien und Frankreich. Seit 1702 unterstand ihm als preuß. Baumeister das Bauwesen in Königsberg und Umgebung. 1705 zum Baudirektor ernannt, war er 1714-21 vor allem in Berlin tätig und leitete seit 1721 als Oberlandbaudirektor das Königsberger Bauamt. S. v. U. führte zahlreiche Um- und Erweiterungsbauten aus, errichtete kgl. Schlösser, sakrale und profane öffentliche Bauten, Wasserbauten und Kartenwerke und leitete u. a. den Wiederaufbau der abgebrannten Stadt Soldau 1732. Als sein Hauptwerk gilt der Entwurf für den Ostflügel des Königsberger Schlosses (1704-13). CD Altpreuß Biogr, Bd 2 Schulthess, Anna Barbara, geb. Wolf, Freundin Goethes, * 5. 10. 1745 Zürich, t 12.4. 1818 Zürich. Seit 1763 mit dem Seidenfabrikanten David S. verheiratet, lernte S. 1771 Johann Caspar ->Lavater und 1775 über diesen —> Goethe kennen. Weitere Besuche Goethes bei der 1778 verwitweten „Frau Bäbe" folgten 1779, 1788 in Konstanz und 1797. Der rege Briefwechsel (bis 1797) ist größtenteils verschollen. Goethe sandte S. Abschriften seiner Dichtungen, u. a. Buch I-VI der Urfassung des Wilhelm Meister (1783-85). Die von S. angefertigte, erst 1910 entdeckte und 1911 edierte Kopie stellt das einzige Dokument des Romans in seiner Urfassung dar, deren Manuskript der Autor nach der Umarbeitung des Werks vernichtete. Ein idealisiertes Porträt von S. als „Gute-Schöne" schuf Goethe im 3. Buch von Wilhelm Meisters Wanderjahren. DP CH 91 Schulthess, Edmund, schweizer. Politiker, * 2.3. 1868 Villnachern (Kt. Aargau), t 22.4.1944 Bern. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Straßburg, München, Leipzig und Bern seit 1891 Rechtsanwalt in Brugg, betreute S., Sohn eines Landwirts, Firmen der schweizer. Maschinenindustrie und machte sich bald einen Namen als Spezialist für schweizer. Volkswirtschaft. Mit 25 Jahren wurde er in den Großen Rat gewählt, in dem er zwanzig Jahre lang den Bezirk Brugg vertrat, und wurde 1897
Großratspräsident. Er gehörte 1905-12 dem Ständerat für den Kanton Aargau an, war Kantonsvorsitzender der Freisinnigen Partei, wurde 1912 in den Bundesrat gewählt und leitete dort das Departement für Handel, Industrie und Landwirtschaft (seit 1914 Volkswirtschaftsdepartement). 1917, 1921, 1928, 1932 und 1933 war er Bundespräsident. 1935 trat S. als Leiter des Volkswirtschaftlichen Departements zurück und war bis 1943 Präsident der Bankenkommission. 1939 wurde ihm bei der Internationalen Arbeitskonferenz in Genf das Präsidium übertragen. CD Schweiz Bundesräte Schulthess, Emil, schweizer. Photograph, * 29.10.1913 Zürich, t 22. 1. 1996 Maur (Kt. Zürich). Der Sohn eines Gärtners wurde 1928-32 in Zürich zum Graphiker ausgebildet, besuchte 1931/32 die Photographieklasse an der Zürcher Kunstgewerbeschule und hielt sich 1934/35 in Paris auf. Seit 1932 freischaffend tätig, wurde er 1937 Graphiker im Verlag Conzett & Huber in Zürich und gestaltete seit 1941 die Zeitschrift „Du"; später wandte er sich verstärkt der Photographie zu und wurde vor allem durch technisch anspruchsvolle Großprojekte bekannt. 1950 schuf er in Norwegen ein 24-Stunden/360°-Panorama (Mitternachtssonne, 24 Tie.) und nahm 1957/58 an der US-amerikanischen Antarktis-Expedition (Antarctica, 1960) teil. Der „U. S. Board on Geographical Names" benannte 1962 den Punkt 8 4 ° 4 7 ' s . B . und M 5 ° 0 ' w . L . nach ihm „Schulthess Buttress". Zu seinen Werken gehören United States of America. Photos einer Reise ... (1955), Afrika (2 Bde., 1958/59), Amazonas (1962), China (1966), Sowjetunion (1971), Swiss Panorama (1982) und Landschaft der Urzeit (1988). CD NDB Schulthess, Johannes, schweizer, evang. Theologe, Pädagoge, * 28.9.1763 Zürich, t 9.11.1836 Zürich. S., Sohn eines Pfarrers, wurde in Zürich 1787 Prof. des Hebräischen, 1796 der alten Sprachen und 1816 Prof. der Theologie und Kanonikus. Er war Mitbegründer der Zürcherischen Hülfsgesellschaft, beteiligte sich an der Gründung und Leitung der Armenschule und der Blindenanstalt und redigierte 1812-16 die Zeitschrift „Der Gemeinnützige Schweizer". Als Anhänger —»Pestalozzis gehörte er seit 1801 dem Zürcher Erziehungsrat an, richtete Schulmeisterkurse ein, gründete die „Schweizerische Erziehungsgesellschaft" und verfaßte Schulbücher und Jugendschriften (Der Kinderfreund, 1808) sowie bildungspolitische Schriften. Zu seinen theologischen Werken zählt u.a. Rationalismus und Supranationalismus, Kanon, Tradition und Scription (1822). Mit Melchior —> Schuler begann er die erste vollständige Edition der Werke Huldrych —> Zwingiis. S. war der Vater von Rudolf —>S. CD ADB Schulthess, Ludwig, schweizer. Ingenieur, Zeichner, * 21.8. 1805 Zürich, t 10.5. 1844 Benken (Kt. Zürich). S., Sohn eines Spitalpflegers, studierte Wasser- und Straßenbau in Wien und Karlsruhe und war seit Ende der zwanziger Jahre als Geometer und Ingenieur mit der Vermessung von Pfarrhäusern, Schlössern und Flußläufen im Kanton Zürich befaßt. Er schuf über 300 Zeichnungen von Kirchen, Schlössern und Klöstern in Stadt und Kanton Zürich, Luzern und Solothurn. S. überlieferte mit seinen Arbeiten, die sich vor allem in öffentlichen Zürcher Sammlungen befinden, den Erhaltungszustand mittelalterlicher Bauten und ihrer Ausstattung um 1840 (Das Solothurner SchanzenAlbum, mit Emil Schulthess, 1840, Nachdr. 2003). CD CH 91 Schulthess, Rudolf, schweizer. Mediziner, Naturforscher, Sprachheilpädagoge, * 23.2. 1802 Zürich, t 5.8. 1833 Paris. S., Sohn von Johannes - > S „ besuchte das MedizinischChirurgische Kantonal-Institut in Zürich und wurde nach
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Schulthess weiteren Studien in Göttingen promoviert. Er lehrte am Medizinisch-Chirurgischen Kantonal-Institut sowie an der unteren Industrieschule (Physik und Naturgeschichte) und war Privatdozent für Botanik an der 1833 gegründeten Univ. Zürich. S. zählte zu den Pionieren der Sprachheilpädagogik. In seiner Schrift Das Stammeln und Stottern (1830) unterschied er als erster die beiden Sprachstörungen voneinander und regte neue Behandlungsmethoden an. Als Physiker entwickelte S. einen Elektromotor ( Ü b e r Electromagnetismus, nebst Angabe einer neuen durch electromagnetische Kräfte bewegten Maschine, postum 1835). S. starb durch Selbstmord. DD C H 91 S c h u l t h e s s , Walter, schweizer. Konzertagent, Komponist, * 2 4 . 7 . 1894 Zürich, t 2 3 . 6 . 1971 Zürich. S., Sohn eines Orthopäden, studierte u . a . bei Volkmar —>Andreae in Zürich und Walter —>Courvoisier in München sowie in Berlin, volonierte 1918 an der Hofoper in Wien und kehrte kurz darauf in die Schweiz zurück. Seit der Heirat 1920 begleitete er seine Frau, die Geigenvirtuosin Stefi —»Geyer, auf zahlreichen Tourneen auf d e m Klavier. S. errichtete 1928 die Zürcher Konzertgesellschaft und betätigte sich seitdem vor allem als Konzertagent. 1941 gründete er gemeinsam mit seiner Frau das Collegium M u s i c u m Zürich, im selben Jahr in Zusammenarbeit mit seinem Bruder Ernst die Engadiner Konzertwochen. S. stellte in den ersten Jahren der Luzerner Festwochen jeweils das Festspielorchester zusammen. Er komponierte Lieder und Instrumentalwerke, u . a . Variationen über ein eigenes Thema in h (op. 1). m MGG
Schulthess-Hünerwadel, Hans, geb. Schulthess, schweizer. Verleger, * 15. 12.1872 Zürich, f 4. 11. 1959 Zürich. Nach einer vierjährigen Buchhandelslehre in Leipzig, Dresden und Stuttgart trat S.-H. in die familieneigene Verlagsbuchhandlung in Zürich ein, wurde 1900 Teilhaber und 1908 alleiniger Inhaber des Unternehmens. Er widmete sich verstärkt der Herausgabe wissenschaftlicher, vor allem juristischer und historischer Werke (u. a. des großen K o m m e n tars zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch), und gründete die „Schweizerische Juristen-Zeitung". S.-H. war Präsident des Vereins Schweizerischer Verlagsbuchhändler und übernahm eine Reihe von Aufgaben im kommunalen Bereich. Er schrieb kleinere historische Abhandlungen, u. a. Kulturbilder aus Zürichs Vergangenheit (4 Bde., 1930-49).
Schulthess-Rechberg, Erica von, geb. Frensdorff, schweizer. Schriftstellerin, Bildhauerin, * 29. 11. 1883 Bamberg, t 2 0 . 6 . 1 9 7 0 Zürich. S.-R. studierte Klavier am Sternschen Konservatorium in Berlin, Kunstgeschichte, Naturwissenschaften und Germanistik an den Universitäten Berlin, Leipzig, Basel und Zürich sowie Bildhauerei in Zürich. Sie gehörte der Gesellschaft schweizer. Malerinnen und Bildhauerinnen, der schweizer.österr. Kunstaktion „Söka", dem Schweizerischen Schriftstellerverein und der Gesellschaft Schweizerischer Dramatiker an, veranstaltete Konzertzyklen mit schweizer. Musikern und stellte Bronze- und Steinskulpturen in Zürich, St. Gallen und Genf aus. S.-R. verfaßte Dramen, R o m a n e (Der Ring der Liebe, 1944), Novellen, Essays, Kurzgeschichten, Film- und Hörspielskripte sowie historische Studien und übersetzte aus dem Französischen. DP D L L S c h u l t h e s s - R e c h b e r g , Gustav von, schweizer, evang. Theologe, * 2 7 . 4 . 1852 Zürich, f 4 . 7 . 1916 Zürich. Nach d e m Studium der Theologie in Basel, Leipzig, Zürich und Tübingen war S.-R. seit 1875 Vikar in Zollikon und Schlieren, 1878-83 Pfarrer in Wytikon und anschließend in Küsnacht. 1885 habilitierte er sich an der Univ. Zürich, legte
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1890 sein Pfarramt nieder und wurde o . P r o f . der systematischen Theologie und Dogmengeschichte an der Univ. Zürich. Neben d e m Lehramt war er Synodaler, Präsident des Freien G y m n a s i u m s Zürich (1900-12) und Mitglied des Zürcher Kirchenrats. S.-R. war Mitglied der „Freunde der Zeitschrift Christliche Welt" und Mitherausgeber der „Zeitschrift für Theologie und Kirche" (1908-16) sowie der Zeitschrift „Der Protestant" (1897-1903). Er publizierte Schriften über Humanismus und Reformation, —»Lavater, Theologie- und Philosophiegeschichte des 19. Jh. (Die Religionsphilosophie Hermann Lotzes, 1886) sowie zur Kirche der Gegenwart. CD B B K L
Schultz,
Adolph (Hans), Anthropologe, Primatologe, * 14.11. 1891 Stuttgart, t 2 6 . 5 . 1976 Zürich. S. war seit 1916 Prof. in Baltimore (Maryland, USA), wurde 1917 an der Univ. Zürich promoviert (Anthropologische Untersuchungen an der Schädelbasis) und lehrte dort 1925-52. Er verfaßte bedeutende Arbeiten über Paläanthropologie sowie Systematik, vergleichende Anatomie, Evolution und pathologische Erscheinungen der Primaten. S. war Mitherausgeber des Standardswerks Primatologia (1956 ff.) und veröffentlichte u . a . The life of primates (1969, 2 1972, dt. Die Primaten, 1971, erneut 1972 und 1975, frz. 1972, italien. 1974, erneut 1982, span. 1979). m
Almanach Öst Akad, Jg. 127
Schultz,
Alwin, Kunsthistoriker, Volkskundler, * 6 . 8 . 1838 Muskau (Oberlausitz), t 10.3. 1909 München. S. studierte Germanistik, Archäologie und Kunstgeschichte an der Univ. Breslau, wurde 1864 promoviert und besuchte 1859-61 die Kgl. Bauakademie Berlin. 1866 habilitierte er sich für Christliche Archäologie und Kunstgeschichte in Breslau und wurde hier 1872 a. o. Professor. 1882-1903 lehrte er als Ordinarius an der Univ. Prag. S. gehörte dem Verwaltungsausschuß des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg an und war Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Krakau. Er schrieb u . a . Deutsche Sittengeschichte des 14. und 15. Jahrhunderts (1892). CD D L L
Schultz,
Clemens (Eduard Ferdinand Carl), evang. Theologe, * 2 2 . 9 . 1 8 6 2 Hamburg, t 13. 1.1914 Hamburg. S. studierte seit 1886 Theologie in Jena und Berlin und kehrte 1890 nach Hamburg zurück, w o ihn Pastor Nikolai von —> Ruckteschell wesentlich beeinflußte. Er unterrichtete 1895 am Hamburger Lehrerseminar und wurde 1896 Pfarrer in St. Pauli. S. engagierte sich vor allem in der Jugendarbeit, gründete 1897 die Vereinigungen St. Paulianer Lehrlinge, St. Paulianer Gehilfen und einen Männerverein. Er schrieb u . a . Die Halbstarken (1912). S.' neue Wege in der Jugendarbeit fanden im „Bund deutscher Jugendvereine" durch Walther —> Classen ihre organisatorische Gestalt. CD B B K L
Schultz, Daniel, Maler, * um 1615 Danzig, begraben 2 2 . 1 0 . 1683 Danzig. Vermutlich von seinem Vater und in den Niederlanden ausgebildet, malte S. 1649-60 in Warschau zahlreiche Porträts der kgl. Familie und des polnischen Hochadels, die später durch Stiche verbreitet wurden. Nach 1660 lebte er als keiner Z u n f t zugehöriger Freimeister in Danzig, kehrte jedoch zwischenzeitlich nach Polen zurück. S. gilt als bedeutendster Danziger Maler des Hochbarock. Zu seinen Hauptwerken zählt das Gruppenporträt eines vornehmen Tartaren mit seinen Kindern (1664). Er schuf auch Tierbilder und Altargemälde (u. a. für die Kirche St.-Germain-des-Pres in Paris). CD Altpreuß Biogr, Bd 2
Schultz,
Ernst Gustav, Diplomat, Orientalist, * 2 0 . 5 . 1 8 1 1 Döbern bei Preußisch Holland, t 2 2 . 1 0 . 1 8 5 1 Jerusalem. S., Sohn eines Superintendenten, studierte seit 1829 evang. Theologie und orientalische Sprachen in Königsberg,
Schultz 1833-38 in Paris und lehrte nach der Habilitation 1838 an der Univ. Königsberg Arabisch und Hebräisch. 1841 lernte er bei einer Studienreise nach London und Oxford Christian Karl Josias von —»Bunsen und Friedrich —»Eichhorn kennen; 1842 wurde er als preuß. Vizekonsul f ü r Syrien und Palästina in Jerusalem akkreditiert. S. verwaltete 1 8 4 7 / 4 8 kommissarisch das preuß. Generalkonsulat in Jerusalem. Er unternahm historische und topographische Studien in Galiläa und veröffentlichte u . a . Jerusalem (1845). • 3 Altpreuß Biogr, Bd 2 S c h u l t z , (Albert Martin) Ferdinand, Philologe, * 7. 10. 1829 Berlin, t 2 7 . 7 . 1901 Charlottenburg (heute zu Berlin). Seit 1848 Student der Klassischen Philologie in Bonn und Berlin, wurde S. 1853 promoviert und erwarb 1854 die Lehrbefähigung für die Fächer alte Sprachen, philosophische Propädeutik und Deutsch. Er unterrichtete zunächst am G y m n a s i u m zum Grauen Kloster, 1856-69 am FriedrichsG y m n a s i u m in Berlin und wurde 1869 Direktor des Kgl. G y m n a s i u m s in Charlottenburg, des späteren KaiserinAugusta-Gymnasiums. S. unternahm zahlreiche Studienreisen durch Europa, u . a . 1 8 5 8 / 5 9 nach Italien, w o er in den Bibliotheken von R o m und Florenz an der A u s g a b e des Aischines arbeitete, die 1865 erschien. Er verfaßte pädagogische, literaturgeschichtliche und historische Schriften und komponierte u. a. den Chorsatz Die Perser (nach Aischylos). m
DLL
S c h u l t z , Franz, Germanist, * 4 . 1 2 . 1877 K u l m / W e i c h s e l , t 6. 10. 1950 F r a n k f u r t / M a i n . S., Sohn eines Gymnasialdirektors, studierte seit 1896 Deutsche und Klassische Philologie, Geschichte und Philosophie in Berlin, wurde dort 1900 zum Dr. phil. promoviert und habilitierte sich 1903 an der Univ. Bonn für Deutsche Sprachwissenschaft und Neuere deutsche Literatur (Joseph Corres als Herausgeber, Literaturhistoriker, Kritiker [...], 1902, Nachdr. 1967). 1910 wurde er a. o. Prof., 1912 o . P r o f . in Straßburg, 1920 zunächst in Freiburg/Breisgau, dann in Köln und 1921 in F r a n k f u r t / M a i n , wo er bis 1949 Direktor des Germanistischen Seminars war. S. arbeitete vor allem über die Literatur des 16. Jh., der Klassik und der Romantik sowie über die deutschsparchige Literatur Elsaß-Lothringens und des Rheinlandes. Er schrieb u. a. Der Verfasser der Nachtwachen von Bonaventura (1909), Von rheinischer Dichtung (1909), Klopstock (1924) und Klassik und Romantik der Deutschen (2 Bde., 1935-40, 3 1959). 1918-31 gab er die Deutschen Schriften von T h o m a s —» Murner in neun Bänden heraus (Neudr. 1990). OD I G L S c h u l t z , Franz Albert, evang. Theologe, * 2 5 . 9 . 1692 Neustettin (Pommern), t 1 9 . 5 . 1 7 6 3 Königsberg (Preußen). S., Sohn eines Juristen und Bürgermeisters, studierte seit 1712 am Collegium Groeningianum in Stargard, seit 1715 Theologie und Philosophie bei August Hermann —>Francke und Christian Wolff an der Univ. Halle. 1718 ging er als Hofmeister nach Königsberg und wurde 1723 Erzieher an der Berliner Kadettenanstalt, 1724 Feldprediger in Mohrungen, 1728 Superintendent in Rastenburg und 1729 Propst in Stolp. 1731 kam er als Pfarrer und Konsistorialrat erneut nach Königsberg und wurde 1732 Prof. der Theologie, Mitglied der Kirchen- und Schulkommission und Direktor des Friedrichskollegs, das er zum ersten G y m n a s i u m Ostpreußens ausbaute. S. wurde von König - » F r i e d r i c h Wilhelm I. von Preußen mit dem Aufbau des Schulwesens in Ostpreußen und Preußisch-Litauen beauftragt und hatte gemeinsam mit d e m Oberhofprediger Johann Jacob —> Quandt die Generalinspektion Uber das Kirchen-, Schul- und Armenwesen in Preußen inne. Zu seinen Schülern zählten Johann Georg —> Hamann, Ernst L u d w i g von —»Borowski und Immanuel - > K a n t . CD N D B
S c h u l t z , Friedrich Wilhelm, Apotheker, Botaniker, * 3 . 1 . 1 8 0 4 Zweibrücken, t 3 0 . 1 2 . 1 8 7 6 Weißenburg (Elsaß). Der Bruder von Karl Heinrich —»S. studierte nach einer Apothekerlehre in Kusel seit 1827 Pharmazie in München und Tübingen (Promotion 1829, Beitrag zur Kenntnis der deutschen Orobanchen), arbeitete dann in der väterlichen Apotheke und ließ sich 1832 als selbständiger Apotheker in Bitsch (Elsaß) nieder. A n f a n g der vierziger Jahre verkaufte er die Apotheke, um sich ganz seinen botanischen Forschungen zu widmen, in denen er vor allem der Verbindung von Pflanze und Boden in der Pfalz nachging. Seit 1853 lebte er in Weißenburg. S., seit 1853 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, unternahm zahlreiche Forschungsreisen durch Deutschland und Frankreich, gab 1836-55 mit Paul Constantin Billot die „Flora Galliae et Germanicae" heraus (später als „Archives de la Flore de France et d ' A l l e m a g n e " fortgesetzt) und schrieb u. a. Beitrag zur Kenntnis der deutschen Orobanchen (1829), Flora der Pfalz ( 1 8 4 6 , 2 1 8 7 1 , Nachdr. 1971) und Die Schöpfungsgeschichte nach Naturwissenschaft und Bibel (1865). CD Ärzte 1 S c h u l t z , (Theodor August Otto) Gustav, Chemiker, * 15. 12. 1851 Finkenstein (Kr. Rosenstein, Weslpreußen), t 2 1 . 4 . 1928 München. S., Sohn eines Gutsbesitzers, studierte Chemie, Naturwissenschaft und Landwirtschaft in Königsberg, wurde 1874 promoviert ( Ü b e r Diphenyl und Diphenylbenzol), war 1875-77 Assistent bei August von —>Kekule an der Univ. Bonn und habilitierte sich 1877 in Straßburg f ü r Chemie. 1882 wurde er wissenschaftlicher Berater und Vorstand des wissenschaftlichen Versuchslaboratoriums zur Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation in Berlin, 1895 Direktor der chemischen Fabrik vormals Sand & Co. in Basel und war 1896-1926 o.Prof. der chemischen Technologie, Metallurgie und Eisenhüttenkunde an der T H München. 1891 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Er veröffentlichte u . a . Die Chemie des Steinkohlentheers (1882, 4 1926) und Kurzes Lehrbuch der chemischen Technologie (1903). Bekannt wurde S. vor allem mit seinen Farbstofftafeln (1888,71913). OD Altpreuß Biogr, Bd 5 S c h u l t z , Hanns Stefan, auch Hans Stefan, Hans-Stefan S„ Germanist, * 1 2 . 2 . 1 9 0 5 H a l l e / S a a l e , t 19.11. 1984 Durham (North Carolina, USA). S., Sohn eines Offiziers, studierte seit 1923 Klassische Philologie, Philosophie und Germanistik in München, Berlin und Williamstown (Massachusetts, U S A ) und wurde 1931 in Berlin promoviert. Seit 1928 Assistent am Archäologischen Institut in Berlin, kehrte er von einem Forschungsaufenthalt in Istanbul 1 9 3 6 / 3 7 nicht nach Deutschland zurück und lehrte seit 1937 am Skidmore College in Saratoga Springs (New York, USA). 1947 wechselte er an die University of Chicago und war 1950-57 Associate Professor, 1957-70 Professor of Germanic Languages and Literatures, 1955-70 zudem Professor of Comparative Literature. S. beschäftigte sich vor allem mit Stefan —> George (Studien zur Dichtung Stefan Georges, 1967). c d IGL S c h u l t z , (Heinrich) Hermann, evang. Theologe, * 30. 12. 1836 Lüchow, t 15.5. 1903 Göttingen. Nach d e m Studium in Göttingen und Erlangen unterrichtete S. 1857-59 in Hamburg, habilitierte sich 1861 an der Univ. Göttingen und wurde 1864 o. Prof. der Alttestamentlichen Exegese an der Univ. Basel. 1872 wechselte er in gleicher Position an die Univ. Straßburg, 1874 nach Heidelberg und 1876 auf den Lehrstuhl für Alttestamentliche Exegese, Systematische Theologie und Homiletik in Göttingen. S. wurde 1881 Mitglied des Konsistoriums und 1890
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Schultz Abt von Bursfelde. Er schrieb ein Lehrbuch der alttestamentlichen Theologie (1869, ' 1 8 9 5 , engl. 1892). S. war der Vater von Johannes (Heinrich) —> S. CD B B K L S c h u l t z , H u g o (Friedrich), Bergschuldirektor, Verbandsfunktionär, * 6. 11.1838 Iserlohn, t 16.7. 1904 Wildbad (Württemberg). S., Sohn eines Justizkommissars, studierte an der Univ. Göttingen und der Bergakademie Berlin (Promotion 1860, De tributis publicis quae fodinis Borussiae seu regalitate seu concessione cultis hoc tempore imponuntur), bildete sich nach der Referendarprüfung 1863 in Belgien weiter und kam 1866 als Assessor an das Bergamt Goslar. 1868 übernahm er die Leitung der Bergschule in B o c h u m , die er zu einer der führenden Bergschulen Deutschlands entwickelte. 1880-83 und 1887-1904 gehörte S. als nationalliberaler Abgeordneter d e m Westfälischen Landtag an. Er war zweiter Vorsitzender des Vereins für bergbauliche Interessen und Vorstandsmitglied des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute, engagierte sich f ü r Arbeiterschutz und Materialprüfung und befaßte sich mit Kohlechemie und Markscheiderei. OD N D B S c h u l t z , Johann, evang. Theologe, Mathematiker, Philosoph, * 11.6. 1739 Mühlhausen (Ostpreußen), t 2 7 . 6 . 1805 Königsberg. Nach d e m Studium in Königsberg war S. seit 1766 Pfarrer in Starkenberg, seit 1769 in Löwenhagen, kehrte 1775 als Diakon (später zweiter Hofprediger) nach Königsberg zurück, wurde promoviert und habilitierte sich 1787 für Mathematik (De geometria acustica nec non de ratione 0:0 seu basi calculi diferentialis). Im demselben Jahr wurde er o. Prof. der Mathematik, 1802 Rektor der Univ. Königsberg. Er veröffentlichte Schriften zur Philosophie, vor allem zu Immanuel —»Kant (u. a. Erläuterungen über Herrn Professor Kants Critik der reinen Vernunft, 1784, 2 1791, Nachdr. 1968, schwed. 1799, frz. 1865, erneut 1995, span. 1942, engl. 1995; Prüfung der Kantischen Critik der reinen Vernunft, 2 Tie., 1789-92, Nachdr. 1968), Lehrbücher und Studien zur Mathematik (u. a. Versuch einer genauen Theorie des Unendlichen, 1788; Anfangsgründe der reinen Mathesis, 1790, schwed. 1812; Kurzer Lehrbegriff der Mathematik, 3 Tie., 1798-1806; Teil 1, 2 1819). DD A D B S c h u l t z , Johann Carl, Maler, Graphiker, * 5 . 5 . 1 8 0 1 Danzig, t 12.6. 1873 Danzig. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte bei Johann A d a m —»Breysig an der Danziger Kunstschule, bei Erdmann —»Hummel an der Kunstakademie Berlin und bei Domenico II. —> Quaglio an der Kunstakademie München. Nach einem Studienaufenthalt in R o m (1824-28) ließ er sich in Berlin nieder. 1830 kehrte er als Dozent an die Kunstschule Danzig zurück und wurde 18.32 deren Direktor. S. gründete 1835 den Danziger Kunstverein, 1856 den Verein zur Erhaltung der altertümlichen Kunstdenkmäler Danzigs. 1839 unternahm er erneut eine Studienreise nach Italien. Bekannt wurde S. für seine Interieurs von Kirchen und Schlössern. Er schuf auch Panoramen und Städtebilder, u . a . die S a m m l u n g von Radierungen Danzig und seine Bauwerke (3 Folgen, 1845-68). CD Altpreuß Biogr, Bd 2 S c h u l t z , Johannes, auch Scultetus, Musiker, Komponist, getauft 2 6 . 6 . 1582 Lüneburg, begraben 16.2. 1653 Dannenberg (Braunschweig). S. war von 1605 bis zu seinem Tod Organist in Dannenberg. Neben Tanzmusiken, geistlichen und weltlichen Liedern sowie Gelegenheitsmusik komponierte er Musicalischer Lustgarte (1622), Epithalamium musicum (1623) und Thesaurus musicus ecclesiasticus (1651). Der Thesaurus musicus continens cantiones sacras, (1621) ist nur der erste Teil eines geplanten Motetten-Jahrgangs. CD M G G
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S c h u l t z , Johannes (Heinrich), Psychiater, Neuropsychologe, Psychotherapeut, * 2 0 . 6 . 1884 Göttingen, t 19.9. 1970 Berlin. S., Sohn von Hermann —>S., studierte seit 1902 Medizin in Lausanne, Breslau und Göttingen, wurde 1909 promoviert (ιHeber das Verhalten der Alkaleszenz des Blutes und der weissen und roten Blutkörperchen bei Nerven- und Geisteskranken), war Assistent in Breslau, F r a n k f u r t / M a i n , C h e m nitz und Jena und habilitierte sich 1915 in Jena f ü r Psychiatrie (Beiträge zur somatischen Symptomatik und Diagnostik der ,Dementia praecox'). 1919 wurde er a. o . P r o f . in Jena, war 1920-24 Chefarzt am Sanatorium Dresden-Weißer Hirsch, w o er seine Technik der „konzentrativen Selbstentspannung" zu entwickeln begann, und eröffnete 1924 eine neurologische Praxis in Berlin. 1926 gründete er die Allgemeine ärztliche Gesellschaft für Psychotherapie und war 1936-45 stellvertretender Direktor des Deutschen Instituts für Psychologische Forschung und Psychotherapie. S. befaßte sich vor allem mit psychiatrischen und psychotherapeutischen Problemen und entwickelte das autogene Training als Behandlungsmethode. Er war Mitherausgeber des „Zentralblatts f ü r Psychotherapie" (1928-33), der Zeitschrift „Wege zur Seele" (seit 1949) und der „Zeitschrift für M e n s c h e n k u n d e " (seit 1953). Zu seinen Veröffentlichungen gehören Das autogene Training (1932, 2 4 2002, norweg. 1956, 6 1976, frz. 1958, l 3 2000, Italien. 1991, erneut 2002, portug. 1967, I S 1991, tschech. 1969, russ. 1985, türk. 1985, niederländ. 1990, italien. 2 Tie., 1968-71), Geschlecht, Liebe, Ehe (1940, 7 1967, niederländ. 1956, 2 1957) und Bionome Psychotherapie (1951, italien. 2001) und sowie die Erinnerungen Lebensbilderbuch eines Nervenarztes (1964, 2 1971). m NDB S c h u l t z , Karl Heinrich, auch Schultz Bipontinus, Botaniker, Mediziner, * 3 0 . 6 . 1 8 0 5 Zweibrücken, t 17.12. 1867 Deidesheim. Der Bruder von Friedrich Wilhelm —> S. studierte seit 1825 Medizin in Erlangen und M ü n c h e n , ließ sich nach der Promotion 1831 (De entero-mesenteritide contagiosa Biponti anno 1830 grassata) als Arzt in M ü n c h e n nieder und trieb daneben botanische Studien. 1832 wegen revolutionärer Aktivitäten inhaftiert, kehrte er nach seiner Entlassung 1835 nach Zweibrücken zurück und wurde 1836 Arzt im Krankenhaus Deidesheim. S. leitete den von ihm 1840 mitbegründeten, naturwissenschaftlichen Verein „Pollichia" in Dürkheim, widmete sich vor allem d e m Studium der Kompositen, von denen eine Art nach ihm „Bipontina" bezeichnet wird. S. wurde 1843 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . Zu seinen Veröffentlichungen gehören Die Pflanzen und das Pflanzenreich (2 Bde., 1823-28), Grundriss der Physiologie (1833) und Neues System der Morphologie der Pflanzen nach den organischen Bildungsgesetzen (1847). t u Ärzte 1 S c h u l t z , Paul, Physiologe, * 7 . 2 . 1 8 6 4 Oranienburg, t 18.7. 1905 Berlin. S., Sohn eines Landgerichtsrats, studierte seit 1884 Medizin, wurde 1889 in Berlin promoviert (Über die Giftdrüsen der Salamandra maculata), war dort seit 1893 Assistent Emil - » D u Bois-Reymonds am Physiologischen Institut und habilitierte sich 1898. 1903 erhielt er den Professorentitel und wurde Abteilungsvorstand am Physiologischen Institut. S. veröffentlichte u . a . Ostreich's Compendium der Physiologie des Menschen ( 2 1898, unter dem Titel Compendium der Physiologie des Menschen, 3 1905, I 7 1934), Zur Physiologie der längsgestreiften Muskeln der Wirbeltiere (1903) und Gehirn und Seele (1906). CD Biogr Jahrb, Bd 10
Schultze S c h u l t z , Walther, evang. Theologe, Landesbischof von Mecklenburg, * 2 0 . 8 . 1900 Hof Tressow bei Grevesmühlen, t 2 6 . 6 . 1957 S c h n a c k e n b u r g / E l b e . S., Sohn eines Gutspächters, studierte Theologie in Rostock, Münster und Berlin, wo er Einflüsse der Religiösen Sozialisten a u f n a h m . Seit 1928 war er Pastor in Badendiek bei Güstrow, trat 1930 der N S D A P bei und wurde 1933 zunächst Führer des „Bundes der nationalsozialistischen Pastoren Mecklenburgs", sodann „Landeskirchenführer" neben dem Landesbischof Heinrich —» Rendtorff. Nach dessen Abdankung wurde S. am 2 3 . 5 . 1934 zum neuen Landesbischof gewählt. Sein Ziel, die Landeskirche „lutherisch und nationalsozialistisch" u m z u f o r m e n , verfolgte er zeitweise mit rigorosen und zunehmend umstrittenen Methoden. Während des Zweiten Weltkriegs vertrat S. im Geistlichen Vertrauensrat der Deutschen Evangelischen Kirche die Deutschen Christen. 1945 trat er von seinem Ämtern zurück und war längere Zeit inhaftiert. Zuletzt war er Pastor in Schnackenburg. S c h u l t z - H e n c k e , Harald, Psychotherapeut, Mediziner, * 18.8. 1892 Berlin, t 2 3 . 5 . 1 9 5 3 Berlin. S.-H. studierte in Freiburg/Breisgau Medizin, wurde 1917 promoviert ( D e r Einfluß des militärischen Kriegsdienstes auf die progressive Paralyse), bildete sich zum Psychoanalytiker aus und wurde Mitarbeiter des Deutschen Instituts für psychologische Forschung und Psychotherapie in Berlin. 1948 übernahm er dort die Leitung des Zentralinstituts für psychogene Erkrankungen. S.-H., einer der Hauptvertreter der neoanalytischen Richtung der Tiefenpsychologie, versuchte, die Theorien von Sigmund —> Freud, Carl Gustav —>Jung und Alfred —> Adler zu verknüpfen. Er beschäftigte sich mit psychologischen Zentralfragen ( z . B . des Antriebs und der Hemmung), mit Traumanalyse und Therapie der Psychosen und lieferte Beiträge zur psychosomatischen Medizin. S.-H. schrieb u. a. Der gehemmte Mensch ( 1 9 4 0 , 3 1 9 6 9 ) , Lehrbuch der Traumanalyse (1949, Nachdr. 1968, 2 1972, frz. 1954, auch 1977) und Lehrbuch der analytischen Psychotherapie (1951, 5 1988). S c h u l t z - L u p i t z , Albert, eigentl. Schultz, Landwirt, Politiker, * 26. 3. 1831 Rehna (Kr. Gadebusch), t 5 . 1 . 1 8 9 9 Gut Lupitz bei Klötze (Altmark). Nach Lehrjahren auf mecklenburgischen Gütern studierte S.-L., Sohn eines Apothekers, seit 1851 Landwirtschaft in Hohenheim und Jena und kehrte 1853 als Gutsverwalter in die landwirtschaftliche Praxis zurück. 1855 erwarb er Gut Lupitz, wo er, überzeugt von der Richtigkeit der agrikulturchemischen Lehren Justus von —>Liebigs, umfangreiche Düngungsversuche durchführte. Er entdeckte eine Methode, durch Kali-Phosphatdüngung das Wachstum der Lupinen als Zwischenfrucht und damit die Stickstoffansammlung in Sandböden zu steigern (Die Kalidüngung auf leichtem Boden. Ein Wort der Erfahrung an seine Berufsgenossen, 1 8 8 2 , 4 1 8 9 0 ; Kalk-, Kali- und Phosphatdüngung, 1892; Zwischenfruchtbau auf leichtem Boden, 1895, 4 1927). S.-L. war Gründungsmitglied der Deutschen LandwirtschaftsGesellschaft, deren Dünger-Abteilung er 1885-98 leitete. Er setzte sich für die Erschließung der deutschen Kalisalzlagerstätten ein und forderte deren Überleitung in staatliche Verwaltung. 1882-93 war S.-L. Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses, 1887-89 und seit 1893 des Reichstags, der auf seinen Antrag 1898 die Mittel zur Gründung der Biologischen Reichsanstalt f ü r Land- und Forstwirtschaft bewilligte. S.-L. wurde u . a . mit der Goldenen Liebig-Medaille 1889 und der Ehrendoktorwürde der Univ. Jena 1893 ausgezeichnet. Seit 1974 verleiht die Deutsche LandwirtschaftsGesellschaft die „Schultz-Lupitz-Medaille". CD N D B
S c h u l t z - S c h u l t z e n s t e i n , Carl Heinrich, bis 1846 Schultz, Mediziner, Botaniker, * 8 . 7 . 1 7 9 8 Altruppin, t 2 2 . 3 . 1871 Berlin. Nach einer Apothekerlehre seit 1815 als Militärapotheker tätig, studierte S.-S., Sohn eines Ratszimmermeisters, seit 1817 am medizinisch-chirurgischen Friedrich-WilhelmInstitut in Berlin und wurde 1821 an der Univ. Berlin zum Dr. med. promoviert (Opii historia naturalis ac medica). 1822 wurde S.-S. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1824 habilitierte er sich an der Univ. Berlin für Physiologie, medizinische Botanik und Naturgeschichte sowie Enzyklopädie der Medizin und wurde 1825 a. o., 1833 o . P r o f e s s o r . S.-S. entwarf ein neues Pflanzensystem (Natürliches System des Pflanzenreichs nach seiner inneren Organisation, 1832), befaßte sich mit der Physiologie der Pflanzen, Tiere und Menschen (Grundriß der Physiologie, 1833) und naturphilosophisch beeinflußten Theorien der Medizin ( u . a . Die homöobiotische Medicin des Theophrastus Paracelsus, 1831; Lehrbuch der allgemeinen Krankheitslehre, 2 Bde., 1844/45). Bedeutung erlangte sein Befund, daß die Zirkulation von Pflanzensäften in nicht zentralisierten Zyklosen erfolge (Die Pflanze und das Pflanzenreich, 2 Bde., 1823-28). S. war Präsident des Vereins für Gartenbau sowie Mitbegründer und Sekretär des Vereins für wissenschaftliche Kritik. DP N D B S c h u l t z e , Alfred, Jurist, * 2 5 . 2 . 1 8 6 4 Breslau, t 3 . 7 . 1 9 4 6 Leipzig. S., Sohn eines K a u f m a n n s und Hoflieferanten, Schloß das Studium der Rechtswissenschaft an den Universitäten Breslau, Genf und Heidelberg 1886 mit der Promotion ab, wurde 1889 Gerichtsassessor und habilitierte sich 1891 an der Univ. Breslau. 1895 wurde er a. o . P r o f . an der Univ. Halle, 1896 in Breslau, 1897 o. Prof. und Oberlandesgerichtsrat in Jena. Er lehrte seit 1904 an der Univ. Freiburg/Breisgau, deren Rektor er 1 9 1 4 / 1 5 war, und war 1917-34 Prof. des Deutschen Rechts und des Kirchenrechts an der Univ. Leipzig. S. war ordentliches Mitglied der Sächsischen A k a d e m i e der Wissenschaften. Er veröffentlichte Schriften zur deutschen Rechtsgeschichte, z u m bürgerlichen Recht und zum Kirchenrecht, u. a. Die langobardische Treuhand und ihre Umbildung zur Testamentsvollstreckung (1895, Nachdr. 1973), Treuhänder im geltenden bürgerlichen Recht (1901) und Über westgotisch-spanisches Eherecht (1944). m NDB S c h u l t z e , August (Karl Friedrich), Unternehmer, * 5 . 4 . 1848 Varel, t 24. I. 1920 H o c h k a m p bei Hamburg. S. trat 1871 in die Eisenhüttengesellschaft seines Vaters Julius —>S. ein, gründete 1872 das Stahlwerk F i r m a Schultze, F i m m e n & Co. in Augustfehn (seit 1883 AG) und übernahm bald darauf die Leitung der Oldenburgischen Glashütte. Er produzierte Flaschen, die er zunächst nach England, später nach Portugal exportierte, nahm 1880 den ersten eigenen D a m p f e r in Betrieb und gründete 1882 die „OldenburgPortugiesische Dampfschiffs-Rhederei" (seit 1885 A G ) . Bis zum Ersten Weltkrieg zählte die Oldenburgische Glashütte, der vier Hütten angegliedert wurden, zu den führenden Flaschenproduzenten im Deutschen Reich; die Reederei verfügte über eine Flotte von 25 D a m p f e r n . S. gehörte 1884-99 dem Oldenburgischen Landtag an, war seit 1900 erster Präsident der Industrie- und Handelskammer und Vorsitzender des von ihm gegründeten Verbandes der deutschen Flaschenfabrikanten und wurde 1904 Präsident des Deutschen Nautischen Vereins. CD Oldenburg S c h u l t z e , Bernard, eigentl. Bernhard S., Maler, Zeichner, Bildhauer, * 3 1 . 5 . 1 9 1 5 Schneidemühl (Westpreußen), t 1 4 . 4 . 2 0 0 5 Köln. S., Sohn eines Landgerichtsrats, studierte 1934-39 bei Willy —»Jäckel an der Hochschule für Kunsterziehung Berlin und
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Schultze an der Kunstakademie Düsseldorf. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg lebte er zunächst in Flensburg, 1947-68 in Frankfurt und seit 1968 in Köln. Nach einer Reise nach Paris 1951, bei der er u . a . die Arbeiten von —>Wols und des französischen Tachismus kennenlernte, begründete er 1952 mit Karl Otto Götz, Otto —> Greis und Heinz Kreutz die Gruppe „Quadriga". 1959 und 1964 nahm S. an der „ D o c u m e n t a " in Kassel teil. Er wurde u . a . 1984 mit dem Großen Hessischen Kunstpreis und 1986 mit d e m LovisCorinth-Preis ausgezeichnet. 1972 wurde S. in die Berliner A k a d e m i e der Künste a u f g e n o m m e n , 1981 zum Titularprofessor des Landes Nordrhein-Westfalen ernannt. Neben einem surrealistisch beeinflußten Frühwerk schuf er „Tabuskri"-Arbeiten („tabulae scriptae") und freie Plastikbilder, „Zungen-Collagen" und vor allem „Migofs", halbplastische Bildobjekte aus Draht, Plastikmasse, Holz und bemalter Leinwand. Zuletzt widmete sich S., bedeutender Vertreter des Informel, mit seinen Riesenformaten (Dem moosigen Träumer, 1986; Das rote Irgendwas, 1988) wieder überwiegend der Malerei auf Leinwand. Er trat auch mit graphischen Arbeiten hervor und betätigte sich schriftstellerisch; er veröffentlichte u. a. Die zerschlagenen Schalen eines Gesprächs mit sich selbst (1966), Migof-Reden (1971) und Spinnwebenschrift (1993, Gedichte). 2000 erschienen seine gesammelte Aufsätze Über Malerei. DP N D B S c h u l t z e , Bernhard Sigismund, Gynäkologe, * 2 9 . 1 2 . 1 8 2 7 Freiburg/Breisgau, t 1 7 . 4 . 1 9 1 9 Jena. S., Sohn von Karl August Sigismund —>S. und Bruder Max —»S.s, studierte in Greifswald und Berlin, wurde 1851 promoviert (De adipis genesi pathologica) und habilitierte sich 1853 für Anatomie in Greifswald. Er wechselte an die Univ. Berlin, erhielt 1856 die Lehrbefugnis für Geburtshilfe und ging 1858 als o. Prof. der Geburtshilfe an die Univ. Jena. S., seit 1865 Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina, veröffentlichte u . a . ein weitverbreitetes Lehrbuch der Hebammenkunst (1860, 1 6 1928), Wandtafeln zur Schwangerschaftsund Geburtskunde (1865, 2 1888-92), Der Scheintod Neugeborener (1871) und Die Pathologie und Therapie der Lageveränderungen der Gebärmutter (1881). Er war der Vater von Leonhard —»Schultze Jena. CH Ärzte 1 S c h u l t z e , Christoph, Komponist, * Dezember 1606 Sorau, t 2 6 . 8 . 1683 Delitzsch. Ausgebildet in Wittenberg und Torgau, war S., Sohn eines früh verstorbenen Webers, in Torgau bis 1625 Kantoreipräfekt und Privatlehrer, wechselte 1625 nach Leipzig und war dort 1627 f ü r Philosophie und Medizin immatrikuliert. Nach A u f g a b e des Studiums wirkte er 1628-33 als Neumarktkantor in Halle, wurde 1633 Kantor in Delitzsch und betreute dort 1647-50 auch das Rektorat. S. gab Werke zur Schulmusik heraus (Anfang und Unterweisung [...] in der Singekunst, 1649) und komponierte Lieder, Konzerte sowie u . a . die Lukaspassion Das bittere Leiden und Sterben (1653). Er verfaßte das umfangreiche, nur teilweise bekannte autobiographische Werk Kirchen-Zierde (mindestens 60 Stücke, vor 1682). m MGG S c h u l t z e , Ernst, Psychiater, * 2 2 . 3 . 1 8 6 5 Moers (Rheinland), t 3 . 9 . 1938 Göttingen. S. studierte Medizin in Bonn und Berlin (Promotion 1890, Beitrag zur Casuistik der Erkrankungen des Pons), war Assistent an der Provinzial-Heilanstalt B o n n sowie an der Anstalt Andernach und habilitierte sich 1895 in Bonn für Psychiatrie und Neurologie. 1904 ging er als a. o. Prof. an die Univ. Greifswald und übernahm 1906 als o. Prof. die Leitung der neugegründeten Psychiatrischen und Nervenklinik in Greifswald. S. wurde 1912 Direktor der Klinik für Psychische
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und Nervenkrankheiten sowie der Heil- und Pflegeanstalt in Göttingen und 1913 Assessor am Medizinal-Kollegium der Provinz Hannover. Er eiTichtete 1923 eine EncephalitisStation an der Nervenklinik Göttingen und wurde 1933 emeritiert. S. gab die „Deutsche Zeitschrift für gerichtliche Medizin" heraus und schrieb u . a . Der Arzt als Sachverständiger und sachverständiger Zeuge (1903), Über Psychosen bei Militärgefangenen (1904), Die Prostitution bei den gelben Völkern (1918) und Psychiatrie und Strafrechtsreform (1922). m Ärzte 2 S c h u l t z e , Ernst, Wirtschaftswissenschaftler, Bibliothekar, * 14. 12. 1874 Berlin, t 2 . 8 . 1943 Leipzig. S. studierte in Berlin Naturwissenschaften, Philosophie und Sozialwissenschaften, wurde 1897 zum Dr. phil. promoviert und war anschließend in Berlin und Bonn im Bibliotheksdienst tätig. 1900-03 leitete er die Hamburger Öffentliche Bücherhalle und gewann durch seine Schrift Freie Öffentliche Bibliotheken, Volksbibliotheken und Lesehallen (1900) großen Einfluß auf die Entwicklung des öffentlichen Bibliothekswesens in Deutschland. S. begründete 1900 die deutsche Dichter-Gedächtnis-Stiftung, die er bis 1926 leitete. Er habilitierte sich 1919 an der Univ. Leipzig, vertrat 1 9 2 0 / 2 1 ein Extraordinariat an der Univ. Münster und wurde 1922 o. Prof. der Volks- und Weltwirtschaftslehre an der Handelshochschule Leipzig. S. schrieb u. a. Die Zerrüttung der Weltwirtschaft (1922). DP Habermann 1 S c h u l t z e , Friedrich, Internist, * 17.8. 1848 R a t h e n o w / Havel, t 14. 10. 1934 Berlin. Nach d e m Studium in Berlin und Bonn (Promotion 1871) war S., Sohn eines Ziegeleibesitzers, Assistent an der Medizinischen Klinik Heidelberg, habilitierte sich 1876 in Berlin für Innere Medizin (Beiträge zur Pathologie und pathologischen Anatomie des centralen Nervensystems, insbesondere des Rückenmarks) und wurde 1880 a. o. Professor. 1887 folgte er einem Ruf als o . P r o f . und Direktor der Medizinischen Klinik nach Dorpat, wechselte 1888 an die Univ. Bonn und leitete hier bis zu seiner Emeritierung 1919 die Medizinische Universitätsklinik. S., 1887 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt, war Mitbegründer der „Deutschen Zeitschrift für Nervenheilkunde" und der Gesellschaft deutscher Nervenärzte. Er veröffentlichte u. a. Beitrag zur Lehre von den angeborenen Hirndefekten (1886), Lehrbuch der Nervenkrankheiten (1898), Die Krankheiten der Hirnhäute und Hydrocephalic (1901) und Die neuere Entwicklung der Therapie in der inneren Medizin (1909). CD Ärzte 2 S c h u l t z e , Fritz, Philosoph, Pädagoge, * 7 . 5 . 1846 Celle, t 2 2 . 8 . 1908 Dresden. S. studierte Rechtswissenschaft, Philosophie, Philologie und Naturwissenschaft in Jena, Göttingen und M ü n c h e n , wurde 1868 promoviert und war als Hauslehrer und Lehrer in Jena tätig. 1871 habilitierte er sich dort f ü r Philosophie und wurde 1875 a. o. Professor. 1876 folgte er einem Ruf als o. Prof. der Philosophie und Pädagogik an die T H Dresden, wo er Direktor der Hochschulbibliothek wurde. S., Vertreter des Neukantianismus, veröffentlichte u . a . Der Fetischismus. Ein Beitrag zur Anthropologie und Religionsgeschichte (1871), Geschichte der Philosophie der Renaissance (Bd. 1, 1874), Kant und Darwin. Ein Beitrag zur Geschichte der Entwicklungslehre (1875), Philosophie der Naturwissenschaft (2 Tie., 1881 / 82), Stammbaum der Philosophie ( 1 8 9 0 , 2 1 8 9 9 ) , Deutsche Erziehung (1892), Psychologie der Naturvölker. Entwicklungspsychologische Charakteristik des Naturmenschen in intellektueller, aesthetischer, ethischer und religiöser Beziehung. Eine natürliche Schöpfungsgeschichte menschlichen Vorstellens, Wollens und Glaubens (1900).
Schultze S c h u l t z e , Heinrich August, Komponist, * 8 . 1 0 . 1808 Dresden, t 1 8 . 5 . 1 8 8 3 Oldesloe (Holstein). S. war Orgelschüler Michael Gotthard —»Fischers am Lehrerseminar in Erfurt. 1827 wurde er Gymnasiallehrer und Organist an der Jakobskirche in Nordhausen. Seit 1862 Kgl. Musikdirektor, gründete er 1868 in Kassel eine Musikschule und lebte später in KUstrin und Oldesloe. S. komponierte Opern (u. a. Ludwig der Römer, 1855), Kantaten, Orchesterwerke sowie profane und geistliche Lieder. S c h u l t z e , Hieronymus, auch Sculten, Sculteti, Bischof von Brandenburg und Havelberg, * u m 1465 Gramschütz, t 29. 10. 1522 Wittstock. Der Sohn eines Erb- und Lehnschulzen war 1487 als „mag. Coloniensis" in der Leipziger Artistenfakultät eingeschrieben, wurde 1490 in Ferrara zum lie. deer, promoviert und war dann in Bologna Hofmeister des Johann von —» Schleinitz, des späteren Bischofs von Meißen. Seit 1501 Offizial der Niederlausitz, amtierte S. vor 1504 als Pfarrer in Cottbus und wurde 1506 Propst in Salzwedel sowie Domherr in Brandenburg. 1507 erfolgte seine Wahl zum Bischof von Brandenburg. S. war in dieser Stellung Rat des Kurfürsten —»Joachim, für diesen in diplomatischen Missionen tätig und weilte 1519 bei der Kaiserwahl in Frankfurt. Als Diözesanbischof —»Luthers versuchte er diesen zu beeinflussen, wurde dann aber sein Gegner und unterschrieb den Reichstagsabschied von Worms 1521. Im selben Jahr wurde S. Bischof von Havelberg, zunächst unter Beibehaltung der Diözese Brandenburg. S c h u l t z e , Joachim Heinrich, Geograph, * 2 1 . 8 . 1 9 0 3 Hamburg, t 2 7 . 2 . 1 9 7 7 Berlin. S. wurde in Frankfurt 1927 zum Dr. rer. pol. (Der spekulative Charakter des Bergbaues) und 1928 zum Dr. phil. nat. (Die Landschaftsformen des fränkischen Saale-Gebietes) promoviert. 1930 habilitierte er sich in Jena mit der Arbeit Die Häfen Englands. Eine wirtschaftsgeographische Untersuchung der Schiffahrtszentren in Großbritannien, wurde dort 1937 Prof. und lehrte seit 1956 an der Freien Univ. Berlin. 1954 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Er veröffentlichte vor allem länderkundliche Werke und Arbeiten zur Landschaftskunde, u . a . Neugriechenland (1937), Großbritannien und Irland (1950), Die Bodenerosion in Thüringen ( 1 9 5 2 , 2 1 9 5 9 ) , Stadtforschung und Landesplanung (1952, 3 1955), Die naturbedingten Landschaften der DDR (1955) und Der Ost-Sudan (1963). S c h u l t z e , Johannes, Historiker, Archivar, * 1 3 . 5 . 1 8 8 1 Groß-Kraußnigk (Kr. Luckau), t 2. 10. 1976 Berlin. S. studierte Geschichte, Germanistik und historische Hilfswissenschaften in Freiburg/Breisgau und Berlin, trat nach der Promotion 1905 in den preuß. Archivdienst ein und war an den Staatsarchiven Koblenz, Magdeburg und Marburg tätig. Seit 1914 kgl. Archivar am Generalstaatsarchiv Berlin, war S. 1930-45 zugleich Archivar der Provinzialverwaltung von Brandenburg und blieb nach d e m Eintritt in den Ruhestand 1944 bis 1950 als wissenschaftlicher Angestellter beim Generalstaatsarchiv. 1949 übernahm er einen Lehrauftrag und war 1956-70 Prof. der historischen Hilfswissenschaften und der Landesgeschichte an der Freien Univ. Berlin. S. zählte zu den Gründern der Historischen Kommission für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin. Er veröffentlichte u . a . Die Mark Brandenburg (5 Bde., 1961-69) und Meine Erinnerungen (1976). S c h u l t z e , (Franz August) Julius, Unternehmer, * 2 3 . 5 . 1811 Kirchgellersen, t 10.7. 1881 Oldenburg. Nach einer kaufmännischen Lehre in Hannover war S. jahrelang als Vertreter seines Ausbildungsbetriebs im Herzogtum Oldenburg tätig. 1842 gründete er mit einem Partner
eine Eißengießerei, der er 1852 eine Maschinenfabrik, eine Kesselschmiede sowie ein Hammer-, Puddel- und Walzwerk anschloß. S. zog sich 1856 aus dem Unternehmen zurück und gründete mit neuen Partnern 1857 die Oldenburgische Eisenhüttengesellschaft in Augustfehn. Er errichtete ein Eisenhüttenwerk, 1872 ein Stahlwerk und beteiligte sich daneben an der Gründung weiterer Betriebe, u. a. der Aktiengesellschaft für Warpsspinnerei und Stärkerei (1856), der Oldenburgischen Versicherungsgesellschaft und der Oldenburgischen Glashütte (1857). S. gilt als der bedeutendste Unternehmer der Gründerzeit im Herzogtum Oldenburg. Er war der Vater von August —» S. DP Oldenburg S c h u l t z e , Karl August Sigismund, Mediziner, * 1.10. 1795 H a l l e / S a a l e , f 2 8 . 5 . 1877 Jena. Der früh verwaiste Sohn eines Oberstadtsekretärs Schloß das Studium der Medizin 1818 mit der Promotion in Halle ab (Nonnulla de primordiis systematis ossium et de evolutione spinae dorsi in animalibus) und war als Assistent und Prosektor bei Johann Friedrich —»Meckel d. J. tätig. 1821 wurde er o. Prof. für Physiologie und Vergleichende Anatomie und Direktor der Anatomischen und Physiologischen Anstalt an der Univ. Freiburg/Breisgau und ging 1831 nach Greifswald, wo er bis 1859 das Anatomische Institut leitete und bis 1868 an der Univ. lehrte. Danach ließ er sich in Jena nieder. S., seit 1833 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, veröffentlichte u . a . Systematisches Lehrbuch der vergleichenden Anatomie [...] (1828) und Mikroskopische Untersuchungen über des Herrn Robert Brown Entdeckung lebender, selbst im Feuer unzerstörbarer Theilchen in allen Körpern [...] (1828). Er war der Vater von Bernhard Sigismund und Max —»S. CD Ärzte 1 S c h u l t z e , M a x i m i l i a n Johann Sigismund), Anatom, * 2 5 . 3 . 1825 Freiburg/Breisgau, t 16. 1.1874 Bonn. S„ Bruder Bernhard Sigismund —»S.s, studierte in Greifswald und Berlin Medizin, wurde 1849 promoviert (De arteriarum notione, struetura, constitutione chemica et vita), habilitierte sich 1850 in Greifswald und war dort 1850-54 Prosektor bei seinem Vater Karl August Sigismund —>S. sowie Privatdozent. 1854 wurde er a. o. Prof. der Anatomie an der Univ. Halle, 1859 o . P r o f . und Direktor der Anatomischen Anstalt an der Univ. Bonn. 1860 erfolgte die Wahl in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. S. förderte wesentlich die mikroskopische Forschung, war Mitbegründer der Zellenlehre ( Ü b e r Muskelkörperchen und das, was man eine Zelle zu nennen habe, in: Müllers Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche Medicin, 1861) und der Protoplasmatheorie, begründete die Keimblattlehre, beschrieb als erster die Thrombozyten und führte u. a. Blutersatzflüssigkeiten in die Medizin ein. S. begründete 1865 das „Archiv für mikroskopische A n a t o m i e " und gab dessen erste 9 Bände heraus. Er schrieb ferner Über den Organismus der Polythalamien (1854), Die Hyalonemen (1860), Das Protoplasma der Rhizopoden und der Pflanzenzellen (1863) und Zur Anatomie und Physiologie der Retina (1867). S. war der Vater von Oskar - > S . DO N D B S c h u l t z e , Norbert (Arnold Wilhelm Richard), Pseud. Frank Norbert, Peter Kornfeld, Henry Iversen, Komponist, * 2 6 . 1 . 1911 Braunschweig, t 14. 10.2002 Bad Tölz. S., Sohn eines Medizinprofessors, studierte seit 1929 Musikund Theaterwissenschaft in Köln und M ü n c h e n sowie Harmonielehre und Instrumentation bei Philipp - » J a r n a c h , Komposition bei Hermann —»Abendroth und Klavier an der Hochschule für Musik in Köln. 1 9 3 1 / 3 2 gehörte er d e m Münchner Studentenkabarett „Vier Nachrichter" an (u.a. mit Helmut —»Käutner). 1 9 3 2 / 3 3 arbeitete S. als Chordirektor und Korrepetitor am Heidelberger Stadttheater, 1 9 3 3 / 3 4 als Kapellmeister am Landestheater in D a r m -
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Schultze Stadt und 1934-36 als Aufnahmeleiter für die TelefunkenSchallplatten-Gesellschaft. Seit 1936 war er als freischaffender Komponist tätig. Nach 1945 wurde S., der 1940 in die N S D A P eingetreten war, als „Mitläufer" eingestuft. 1953-68 leitete er einen eigenen Musik- und Bühnenverlag. 1963-65 war er Mitglied des GEMA-Aufsichtsrats und 1973-92 stellvertretendes Vorstandsmitglied des Deutschen Komponistenverbandes. Neben Film- und Fernsehmusiken komponierte S. auch für die Bühne. Zu seinen bekanntesten Werken zählen die Märchenopern Schwarzer Peter (1936) und Das kalte Herz (1943), das Lied Lili Marken (1938), das seit 1941 in der Interpretation von Lale —> Andersen bekannt wurde, und das Musical Käpt'n Bay-Bay (1950) mit dem Lied Nimm mich mit, Kapitän, auf die Reise. Für den Luftwaffendokumentarfilm Feuertaufe vertonte er den Text Bomben auf Engelland (1940). 1973 wurde S. mit dem PaulLincke-Ring ausgezeichnet; 1981 erhielt er die Goldene Nadel der Dramatiker-Union. • • MGG S c h u l t z e , Oskar (Maximilian Sigismund), Anatom, * 10.8. 1859 Bonn, t 30.6. 1920 Würzburg. Der Sohn Max —»S.s studierte in Bonn, Jena und Berlin (Promotion 1883, Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Batrachier), war 1884-91 Prosektor in Würzburg und habilitierte sich dort 1888 für Anatomie (Die Entwicklung der Keimblätter und der Chorda dorsalis von Rana fusca)\ 1891 wurde er a. o., 1911 o. Professor. S. befaßte sich mit Zellstudien, embryologischen und experimentell-biologischen Arbeiten, mit der Entstehung der peripheren Nerven sowie mit Muskel- und Sehnenfibrillen. Er veröffentlichte u.a. Grundriß der Entwicklungsgeschichte des Menschen und der Säugethiere (1897), Atlas und Grundriß der topographischen und angewandten Anatomie (1903, 4 1935, engl. 1905) und Das Weib in anthropologischer Betrachtung (1906, 3 1928). S. gehörte seit 1887 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina an. CD Ärzte 2 S c h u l t z e , Otto, Militär, * 1 1 . 5 . 1 8 8 4 Oldenburg, t 2 2 . 1 . 1 9 6 6 Hamburg. S. trat 1900 in die kaiserliche Marine ein, wurde 1903 Leutnant und war im Ersten Weltkrieg Kommandeur eines Unterseeboots. Seit 1918 Korvettenkapitän, wurde er nach der Übernahme in die Reichsmarine 1928 Kapitän zur See, war Kommandant von Kiel und seit 1930 Inspekteur des Bildungswesens der Marine. 1933 wurde S. als Vizeadmiral Chef, 1935 Kommandierender Admiral der Marinestation der Nordsee. 1937 in den Ruhestand versetzt, wurde er im Zweiten Weltkrieg reaktiviert und 1942 General-Admiral und Kommandierender Admiral in Frankreich. S c h u l t z e , Victor, evang. Theologe, Kirchenhistoriker, * 13.12.1851 Fürstenberg (Waldeck), t 6 . 1 . 1937 Greifswald. S. studierte Theologie und Kunstgeschichte in Basel, Straßburg, Jena und Göttingen, habilitierte sich 1879 für Kirchengeschichte und Christliche Archäologie in Leipzig und wurde 1884 a. o.Prof. an der Univ. Greifswald. 1888-1920 war er hier o. Prof. der Kirchengeschichte und Christlichen Archäologie. S. gab „Geschichtsblätter für Waldeck und Pyrmont" heraus und verfaßte u. a. einen Grundriß der christlichen Archäologie (1916, 7 1921). m LThK S c h u l t z e , Walter (August Ludwig), Politiker, Mediziner, * 1. 1. 1894 Hersbruck (Mittelfranken), t 1 6 . 8 . 1 9 7 9 Krailling bei München. S., Sohn eines Oberregierungsrats, studierte seit 1912 Medizin und wurde 1919 promoviert. Er nahm am Ersten Weltkrieg teil, Schloß sich dem Freikorps Epp an und war als Medizinstudent Führer einer rechtsgerichteten Studentenorganisation. Seit 1920 Mitglied der NSDAP, nahm er 1923 am Hitler-Putsch teil und wurde Stellvertreter des
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SA-Reichsarztes. S. war seit 1925 Facharzt für Chirurgie, 1926-31 Amtsarzt der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft in Speyer und danach Medizinalrat bei der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Bayern in München. 1933 wurde er Staatskommissar für das Gesundheitswesen im bayerischen Innenministerium, 1934 Honorarprofessor an der Univ. München. Als erster Leiter des Reichsdozentenbundes 1935-44 war S. mitverantwortlich für die Vertreibung jüdischer Wissenschaftler aus den deutschen Universitäten. Er beteiligte sich am nationalsozialistischen Euthanasieprogramm und unterzeichnete 1942 den sogenannten Hungererlaß, der eine bessere Ernährung arbeitsfähiger Patienten auf Kosten der übrigen Patienten regelte. 1945 von der amerikanischen Besatzungsmacht in Moosburg interniert, wurde S. nach zwölfjähriger Prozeßdauer 1960 in München wegen Beihilfe zum „Gnadentod" von mindestens 380 Menschen zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Die Rassenfrage und Erbgesundheitslehre und ihre Folgerungen für den nationalsozialistischen Staat (2 Tie., 1935), Der Gesundheitsdienst bei den XI. Olympischen Spielen in Berlin und den IV. Olympischen Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen 1936 (mit Leonardo Conti und Ernst Baader, 1938) und Kriegsschuld und Presse (mit Ernst Herbert Lehmann, 1944). t u Lilla, Statisten S c h u l t z e , Walter, Erziehungswissenschaftler, * 15.12. 1903 Hamburg, t 10.11. 1984 Frankfurt/Main. S. wurde 1932 in Hamburg zum Dr. phil. promoviert. Seit 1953 war er Prof. am Deutschen Institut für internationale pädagogische Forschung in Frankfurt. Er arbeitete vor allem auf dem Gebiet der pädagogischen Psychologie, des Schulaufbaus und der Schulorganisation und befaßte sich mit vergleichender Erziehungswissenschaft. S. schrieb u.a. Der erste Leseunterricht (1948), Lehrerfortbildung (1950), Der Wortschaft in der Grundschule (1957), Das Schulwesen in der Bundesrepublik Deutschland (1966, mit C. Führ) und Die Leistungen im Englischunterricht im internationalen Vergleich (1975). Er gab Schulen in Europa (3 Bde. und Erg.-Bd., 1968-72) heraus und war Mitherausgeber des Pädagogischen Lexikons (2 Bde., 1970). S c h u l t z e J e n a , Leonhard (Sigmund Friedrich Kuno Klaus), bis 1912 Schultze, Geograph, Zoologe, Ethnograph, Sprachforscher, * 28.5. 1872 Jena, t 29.3. 1955 Marburg/Lahn. S.-J., Sohn von Bernhard - » Schultze, studierte 1891-96 Medizin, Naturwissenschaften und Zoologie in Kiel, Jena, Lausanne und Berlin, wurde 1896 zum Dr. phil. promoviert (Beitrag zur Systematik der Antipatharien) und habilitierte sich 1899 in Jena für Zoologie (Die Regeneration des Ganglions von Ciona intestinalis L. und über das Verhältnis der Regeneration und Knospung zur Keimblätterlehre). 1907 wurde er a. o. Prof. der Zoologie, 1908 auch der Geographie in Jena und wechselte 1911 als o. Prof. der Geographie nach Kiel, wo er auch an der Marine-Akademie lehrte. 1913-37 war er o.Prof. der Geographie an der Univ. Marburg und leitete dort 1919-26 das Institut für das Deutschtum im Ausland. S.-J. befaßte sich mit zoologischer Tiefseeforschung, war Mitglied der Internationalen Meereskommission und unternahm im Auftrag des Auswärtigen Amtes und der Akademie der Wissenschaften Berlin Studienreisen durch Süd- und Südwestafrika (1903-05, Zoologische und anthropologische Ergebnisse einer Forschungsreise im westlichen und zentralen Südafrika ausgeführt in den Jahren 1903-1905, 5 Bde., 1908-28; Aus Namaland und Kalahari, 1907), Neuguinea, Mittel- und Nordamerika und Makedonien. Nach ethnologischen Forschungen und Sprachaufnahmen unter den Indianerstämmen Mittelamerikas (Indiana, 3 Bde., 1933-38) übersetzte er das Popol Vuh (1944, 2 1972) und Wahrsagerei,
Schulz Himmelskunde und Kalender der alten Azteken von Bernhardino de Sahagün und gab Alt-aztekische Gesänge (1957) heraus. 1913 wurde S. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. CD N D B S c h u l t z e - N a u m b u r g , Paul, Maler, Architekt, Kunstschriftsteller, * 10.6. 1869 Almrich (heute zu N a u m b u r g / Saale), t 19.5. 1949 Jena. S.-N., Sohn eines Porträtmalers und späteren Photographen, studierte 1 8 8 6 / 8 7 an der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe, seit 1887 an der dortigen Kunstakademie und war 1891-93 Meisterschüler Ferdinand —»Kellers. Er lebte seit 1893 als Maler und Lehrer in München, seit 1897 in Berlin und seit 1900 in Saaleck bei Bad Kösen und gründete 1904 die Saalecker Werkstätten. 1901 wurde er Dozent an der Weimarer Kunsthochschule. S. war 1907 Mitbegründer und bis 1927 Mitglied des Deutschen Werkbundes, wurde 1928 Vorsitzender der neugegründeten, kulturpolitisch konservativen Architektenvereinigung „Der Block" und Schloß sich 1930 der N S D A P und Alfred - > Rosenbergs K a m p f bund an; seit 1931 leitete er den „ K a m p f b u n d der deutschen Architekten und Ingenieure". Er wurde Mitglied der Akademie des Bauwesens und der Akademie der bildenden Künste in Berlin. 1930-40 war er Direktor der Weimarer Kunsthochschule. S.-N. hatte nach 1900 Einfluß durch seine Schriftenreihe Kulturarbeiten (9 Bde., 1907-17) und Bedeutung als Architektur-, Innenraum- und Modegestalter (Die Kultur des weiblichen Körpers als Grundlage der Frauenkleidung, 1901). Neben Parkanlagen, Möbeln und architektonischen Innenräumen plante er Guts- und Herrenhäuser sowie Landschlösser (u. a. Cecilienhof bei Potsdam), öffentliche und private Gebäude sowie Fabrikanlagen. S.-N. war 1904-13 Vorsitzender des „Deutschen Bundes Heimatschutz" und seit 1932 N S D A P - A b g e o r d n e t e r im Reichstag. Seine kunstpädagogischen Schriften galten vor allem seit Mitte der zwanziger Jahre einer von rassistischen Ideen geprägten „bodenständigen" Bau- und Kunstauffassung; er diffamierte das Neue Bauen und beteiligte sich an Aktionen gegen die „Entartete Kunst". Er schrieb u. a. Dörfer und Kolonien (1903), Der Bau des Wohnhauses (2 Bde., 1917-24), Das bürgerliche Haus (1926, 2 1927) und Kunst und Rasse (1927). c d NDB
S c h u l t z e - P f a e l z e r , Gerhard, Schriftsteller, Journalist, * 7 . 7 . 1891 Darkehmen (Ostpreußen), t 13. 10. 1952 Berlin. Nach dem Studium an den Universitäten Tübingen, Berlin, Wien und Leipzig 1917 zum Dr. phil. promoviert, wurde S.-P. Chefredakteur der deutsch-nationalen Berliner Zeitung „Der Tag" und wechselte nach politischen Differenzen - er trat 1932 publizistisch f ü r die Wahl Hindenburgs ein zur „Berliner Morgenpost". 1943 wurde er als Gegner des Nationalsozialismus verhaftet und blieb bis Kriegsende in Gestapo-Haft. Neben zeitgeschichtlichen Werken (u. a. Propaganda, Agitation, Reklame, 1923) schrieb S.-P. Essays und R o m a n e (u.a. Dorf im Weltgewitter, 1939), ferner Kampf um den Kopf. Meine Erlebnisse als Gefangener vor dem Volksgerichtshof 1943-45 (1948). DP D L L S c h u l t z e - W e s t r u m , Edith, Schauspielerin, * 3 0 . 1 2 . 1 9 0 4 Mainz-Kastel, t 2 0 . 3 . 1 9 8 1 München. S.-W. nahm Schauspielunterricht und hörte Vorlesungen an der Univ. München, wurde 1927 an die Münchner Kammerspiele engagiert und war nach mehrmonatigem Spielverbot nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1935-45 Mitglied des Bayerischen Staatstheaters. Nach Kriegsende trat sie an der Kleinen K o m ö d i e und den Kammerspielen in München auf und betätigte sich seit 1948 als
freie Schauspielerin. Zu ihren Theaterrollen zählte die der Mutter Wolfen in Gerhart —> Hauptmanns Biberpelz. S.-W. spielte auch in zahlreichen Filmen mit. Für ihre schauspielerische Leistung in dem Film Die Brücke (1959) erhielt sie das Bundesfilmband in Gold für die beste Nebenrolle. Seit 1954 wirkte S.-W. in einer Reihe von Fernsehproduktionen mit (u. a. in Das schwarze Dreieck aus der Serie „Der Kommissar"). CP Kosch: Theater S c h u l t z e n s t e i n , (Carl) Max(imilian), bis 1872 Schultze, Jurist, * 3 0 . 5 . 1847 Küstrin (Neumark), t 11.4. 1922 Berlin. Der aus einer Juristenfamilie stammende S. studierte 1864-67 Rechtswissenschaften in Berlin und Heidelberg. 1885 wurde er Richter am Landgericht Berlin II, 1891 Oberverwaltungsgerichtsrat am Preußischen Oberverwaltungsgericht in Berlin, 1904 Senatspräsident und 1920 Vizepräsident des Gerichts. Auf Vermittlung des japanischen Vizejustizministers Taizo Miyoshi war er 1886-93 bei der Neustrukturierung des japanischen Rechts nach deutschem Vorbild beratend tätig. Mit Felix —»Vierhaus wurde S. 1888 Herausgeber der „Zeitschrift für deutschen Zivilprozeß". 1892 war er Mitbegründer des bis heute bestehenden „Verwaltungsarchivs". Zu seinen Veröffentlichungen zählen Die Landgüterordnung für die Provinz Brandenburg (1883) und Das deutsche Vormundschaftsrecht [...] (1898, 2 1901). DD N D B S c h u l z , Albert, auch Schultz, Pseud. San-Marte, G e r m a nist, Übersetzer, * 1 8 . 5 . 1 8 0 2 S c h w e d t / O d e r , t 3 . 6 . 1893 Magdeburg. S., Sohn eines Justizrats, studierte seit 1821 Rechtswissenschaften in Berlin und Heidelberg, wurde 1824 Auskultator und war seit 1825 im preuß. Justizdienst in Brandenburg, N a u m b u r g / S a a l e , Magdeburg und - nach der Strafversetzung wegen seiner Schrift Ueber den Werth von Provinzialgesetzen (1830) - seit 1837 Bromberg tätig, seit 1833 als Regierungsrat. 1850 wurde er als Liberaler in das Erfurter Parlament gewählt. 1843-81 wirkte er am ProvinzialSchulkollegium in Magdeburg, zuletzt als Geheimer Regierungsrat. Bekannt wurde S., der mit einer Schwester von Richard —»Lepsius verheiratet war, vor allem durch seine Forschungen zur mittelhochdeutschen Literatur, insbesondere zu —> Wolfram von Eschenbach; S. veröffentlichte 1836 die erste vollständige hochdeutsche Übersetzung des Parcival, die weite Verbreitung fand (als Band 1 von Leben und Dichten Wolfram 's von Eschenbach, 2 Bde. 1836-41). Ferner beschäftigte er sich mit polnischen Sagen und gab Gudrun. Nordseesage (1839), Die Sagen von Merlin (1853, Nachdr. 1973) und Wolframs Wilhelm von Orange (1873) heraus. m
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S c h u l z , August, Musiker, Komponist, * 1 5 . 6 . 1 8 3 7 Lehre bei Braunschweig, t 1 2 . 2 . 1 9 0 9 Lehre. Nach einer ersten Anstellung als Violinist im Braunschweiger Hoforchester bildete sich S. als Schüler Joseph —> Joachims, der ihm zeitlebens freundschaftlich verbunden blieb, in Hannover weiter. Er wurde Konzertmeister im Hoforchester Detmold, kehrte zum Braunschweiger Hoforchester zurück und war dort zuletzt Symphoniedirektor. S. leitete mehrere Gesangvereine. Er komponierte Lieder, Chorsätze sowie die 1887 in Braunschweig aufgeführte Oper Der wilde Jäger. S c h u l z , August Heinrich, Pseud. Ernst Almsloh, Aug. Weinrich, Politiker, Publizist, * 12.9. 1872 Bremen, t 4 . 9 . 1932 Berlin. Seit 1892 Lehrer in Bremen, studierte S. neuere Sprachen an der Univ. Leipzig und wurde Vorsitzender der sozialdemokratischen Arbeiterbildungsschule. Er war 1897-1900 Chefredakteur der Erfurter „Tribüne", 1 9 0 1 / 0 2 der „Magdebur-
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Schulz ger Volksstimme" und bis 1906 der „Bremer Bürgerzeitung". S. gehörte 1912-30 für die S P D dem Reichstag an. 1919 war er Vizepräsident der Verfassungebenden Deutschen Nationalversammlung und 1919-27 Staatssekretär für Schul- und Bildungsfragen im Reichsinnenministerium. S. schrieb vor allem über Erziehungs- und Bildungsprobleme der jungen Generation. Seine in der „Frauen-Beilage" der „Gleichheit" 1905-12 veröffentlichten Beiträge erschienen 1907 als Buch unter dem Titel Die Mutter als Erzieherin. Kleine Beiträge zur Praxis proletarischer Hauserziehung ('1926). Zu seinen Werken gehören außerdem Sozialismus und Kultur (1927) und Politik und Bildung. 100 Jahre Arbeiterbildung (1931). S. war der Vater von Klaus-Peter - > S . CP Lex sozialist Lit
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Bruno, Architekt, * 2 4 . 2 . 1 8 6 5 Friedeberg (Neumark), t 1.4. 1932 Berlin. Seit 1893 Regierungsbaumeister, war S. bis 1900 Mitarbeiter im technischen Büro der Hochbauabteilung des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten in Berlin. 1 8 9 7 / 9 8 unternahm er als Begleiter Friedrich —»Sarres eine Studienreise durch Persien, hielt sich 1 8 9 9 / 1 9 0 0 bei Venedig auf (Die Kirchenbauten auf der Insel Torcello, 1927) und war 1900-04 technischer Leiter der deutschen Ausgrabungen in Baalbek. 1904 wurde S. Prof. der Formenlehre der antiken Baukunst und der Renaissance an der T H Hannover, 1912 o. Prof. der Architektur an der T H Berlin.
Schulz,
Bruno (Claus Heinrich), Geograph, * 2 8 . 2 . 1888 Hamburg, t 2 7 . 5 . 1 9 4 4 Hamburg. S. studierte in Göttingen und München, wurde 1911 promoviert (Die Strömungen und die Temperaturverhältnisse des Stillen Ozeans nördlich von 40° N-Br. einschliesslich des Bering-Meeres) und war Assistent am Geographischen Seminar in Göttingen, seit 1912 Lehrer in Hamburg und daneben Mitarbeiter der Deutschen Seewarte. Im Ersten Weltkrieg Vorstand des Observatoriums des Marinekorps in Ostende, habilitierte er sich 1920 an der Univ. Hamburg für Geographie ( H y d r o g r a p h i s c h e Untersuchungen im Bereich der flandrischen Küste 1915-1918) und war als Regierungsrat bei der Deutschen Seewarte tätig. S. wurde 1925 a. o. Prof. und 1932 ordentliches Mitglied der Deutschen Kommission für Meeresforschung, deren Berichte er ebenso wie die der Geographischen Gesellschaft Hamburg herausgab. 1941 erfolgte die Wahl in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er bereiste den Nordatlantik, die Nord- und die Ostsee sowie die Barentssee und veröffentlichte u. a. Die deutsche Nordsee, ihre Küsten und Inseln (1928, 2 1937). DP Poggendorff 5-6
Schulz,
David, evang. Theologe, * 2 9 . 1 1 . 1779 Pürben bei Freystadt (Niederschlesien), f 17.2. 1854 Breslau. S. studierte in Halle Theologie und Philologie, habilitierte sich 1807 in Leipzig, wurde 1809 a. o.Prof. der Theologie und Philologie in Halle und wechselte im selben Jahr als o.Prof. der Theologie nach Frankfurt/Oder. Nach der Schließung der dortigen Univ. siedelte er 1811 mit seiner Fakultät nach Breslau um und war dort Mitglied des Provinzialschulkollegiums. S. gehörte 1819-45 dem Kgl. Konsistorium der Provinz Schlesien an. Er wurde entlassen, weil er eine Erklärung gegen die konservativen Tendenzen in der Kirche nicht unterzeichnete. S. zählte jahrelang zu den herausragenden rationalistischen Theologen Schlesiens und schrieb neben exegetischen und kritischen Werken (Die christliche Lehre vom Abendmahl, 1824) Polemiken gegen —» Schleiermacher, die Führer der luth. Separation und die „Evangelische Kirchenzeitung". CD R G G
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Erich (Gustav Hermann), Pseud. Fitschersvogel, Erich Schulz-Flasshaar, Bibliothekar, * 1 8 . 7 . 1 8 7 4 Löcknitz (Pommern), t 30. 11.1941 Horn (Lippe). S., Sohn eines Bahnmeisters, studierte Neuere Philologie, Kunstgeschichte, Philosophie und Geschichte in Halle, München und Berlin und wurde 1904 promoviert. 1899-1901 war er in einer Verlagsbuchhandlung in Berlin tätig und arbeitete anschließend in der Stadtbücherei Elberfeld, seit 1904 als Zweiter Bibliothekar. 1907 mit der Gründung einer öffentlichen Bibliothek in Dortmund beauftragt, wurde er Vorstand der 1908 dort eröffneten Stadtbibliothek (seit 1932 Stadt- und Landesbibliothek) und begründete das Westfälische Handschriften-Archiv, die Westfälische Bildnissammlung und die Sondersammlung westfälischer Literatur. Die von ihm angelegte Sammlung von Presseerzeugnissen bildete den Grundstock für das 1926 gegründete WestfälischNiederrheinische Institut für Zeitungsforschung. S. veröffentlichte u. a. das Verzeichnis Nomina Westfalica (1932, mit A. Schill). Nach seiner Pensionierung 1939 leitete er die Bibliothek vertretungsweise bis an sein Lebensende. DP Westf Autoren, Bd 3
Schulz,
Ernst Hermann, Eisenhüttenmann, * 2 6 . 3 . 1 8 8 6 Bochum, t 2 5 . 7 . 1962 Dortmund. S., Sohn eines Bautechnikers, studierte nach einer einjährigen praktischen Arbeit bei der Bochumer Gesellschaft für Stahlindustrie seit 1906 zunächst Mathematik, dann Hüttenkunde und wurde 1913 promoviert (Über die Volumen- und Formänderungen des Stahls beim Härten). Seit 1911 im Militärversuchsamt Berlin tätig, wurde er 1913 Militärbaumeister und war seit Oktober 1914 in der mechanischtechnischen Abteilung u . a . für kriegswichtige Legierungsmetalle zuständig. 1919 übernahm S. die Leitung der metallurgischen Abteilung der Versuchsanstalt Dortmund der Deutsch-Luxemburgischen Bergwerks- und Hütten-AG, 1921 die Gesamtleitung der Versuchsanstalt und arbeitete seit 1935 in der neugegründeten Kohle- und Eisenforschung G m b H . Zu seinen Forschungsgebieten gehörten Sonderstähle f ü r Stahlbau und Chemische Industrie, Dauerfestigkeit des Stahls und Stahlverfeinerung. Zusammen mit Paul —>Goerens richtete er 1919 einen Werkstoffausschuß beim Verein Deutscher Eisenhüttenleute ein, dessen Vorstand er 1936-45 angehörte. S. habilitierte sich 1925 an der T H Braunschweig für Metallkunde und wurde 1929 a. o., 1940 apl. Professor. 1946 entlassen, lehrte er wieder seit 1949. Seit 1953 war er geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Fördergesellschaft Stahlmuseum Dortmund und der Gesellschaft für Technik und Wirtschaft, 1 9 5 4 / 5 5 Präsident des wiedergegründeten Deutschen Verbands für Materialprüfung. S. veröffentlichte u . a . Erforschung und Prüfung der feuerfesten Baustoffe für die Hüttenindustrie in Deutschland (1924), Über den Einfluß des Alterns und Anlassens auf die Festigkeitseigenschaften von gezogenen Stahldrähten (mit Wilhelm Püngel, 1927) und Aufgaben des Eisenhüttenmannes auf dem Gebiet der Werkstojforschung im Kriege (1940). DP N D B S c h u l z , Ferdinand, Sportflieger, * 1 8 . 1 2 . 1 8 9 2 Pissau (Ermland, Ostpreußen), t 1 6 . 6 . 1 9 2 9 Stuhm (Westpreußen). Seit frühester Jugend stellte S., Sohn eines Lehrers, Gleit- und Flugversuche an. Er besuchte das Lehrerseminar in Thorn, war im Ersten Weltkrieg Flugzeugführer einer Jagdstaffel und unterrichtete nach Kriegsende in Tuchel, Waidensee (bis 1910 Pissau) und Neumark (Kr. Stuhm). 1924 errang er mit einem selbstgebauten Flugzeug mit fast neun Stunden Flugzeit einen Weltrekord beim Küstensegelflug-Wettbewerb in Rossitten, wurde nach weiteren Geschwindigkeits-, Höhen- und Dauerrekorden Flug-
Schulz lehrer in Rossiten und wandte sich der Motorfliegerei zu. S. verunglückte bei einem Kunstflug tödlich. CD Altpreuß Biogr, Bd 2 S c h u l z , Franz (Georg), auch Frank, Frantisek, Francis George, Pseud. Franz Spencer, F. G. Spencer, Drehbuchautor, Schriftsteller, * 2 2 . 7 . 1 8 9 7 Prag, t 4 . 5 . 1971 Muralto (Kt. Tessin). S., Sohn eines Rechtsanwalts und Bruder von Lucia —»Moholy, begann 1915 das Studium der Philosophie und Kunstgeschichte an der Deutschen Univ. Prag, nahm seit 1916 am Ersten Weltkrieg teil und kam Anfang 1918 als Mitarbeiter der österr. Presseabteilung nach Berlin. Nach Kriegsende als Journalist u . a . für „Die Republik" von Wilhelm —» Herzog tätig, wandte er sich zunehmend dem Film zu und schrieb Drehbücher (Die Hose, 1926, nach Carl —> Sternheim; Zwei Herzen im Dreivierteltakt, 1930, mit Walter —»Reisch, Musik: Robert —> Stolz; Die Drei von der Tankstelle, 1930, mit Paul —> Frank) sowie Filmessays und -kritiken. 1933 ging er über Prag und London in die U S A , w o er in Hollywood und N e w York als Drehbuchund Theaterautor arbeitete. 1940 erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft. 1955 kehrte S. nach Europa zurück und lebte überwiegend auf Ibiza und in Ascona. Neben Theaterstücken verfaßte er vor allem Candide 19. oder das miese Jahrhundert (1964, 1994 neu hrsg. von Ginny G. von Bülow). 1941 erschien seine Autobiographie Battles of a Bystander. CD Cinegraph S c h u l z , (Joachim Christoph) Friedrich, Pseud. Gustav Hornig, Schriftsteller, * 1. 1.1762 Magdeburg, t 9 . 1 0 . 1798 Mitau (Kurland). S., Sohn eines seit 1780 in Indien verschollenen Branntweinbrenners, brach ein in Halle begonnenes Theologiestudium aus Geldnot ab, Schloß sich kurzzeitig einer Schauspielertruppe in Dresden an und wurde freischaffender Schriftsteller. Dank des Erfolgs seiner R o m a n e ( u . a . Ferdinand von Löwenhain, 1781) sowie des umstrittenen Almanacks der Bellettristen und Bellettristinnen für's Jahr 1782 (1781) konnte er Reisen nach Berlin, Wien und Weimar, wo er Freundschaft mit Johann —»Bode Schloß, unternehmen. S. hielt sich 1789 in Paris auf und veröffentlichte eine vielgelesene Geschichte der großen Revolution in Frankreich (1789) sowie Über Paris und die Pariser (1791). 1790 wurde ihm in Weimar der Hofratstitel verliehen, 1791 erhielt er am akademischen G y m n a s i u m in Mitau die Professur für Geschichte. S. vertrat Mitau als Bürgerdeputierter beim Reichstag in Warschau und wandte sich dort gegen Adelsprivilegien (Reise eines Liefländers von Riga nach Warschau, 1 7 9 5 / 9 6 ) . CD Killy S c h u l z , Friedrich, Politiker, * 2 8 . 2 . 1 7 9 5 Braunschweig, t 1.6. 1864 Braunschweig. Der Sohn eines Hofpredigers, Konsistorialrats und Prinzenerziehers trat nach d e m Studium der Rechtswissenschaften in Göttingen 1812 in den braunschweigerischen Staatsdienst ein. Seit 1830 Ministerialrat und stimmführendes Mitglied im Staatsministerium, erhielt er 1837 das Prädikat Exzellenz und wurde 1843 Staatsminister. Ihm unterstanden die Departements der Finanzen und Handelsangelegenheiten sowie der geistlichen und Schulsachen. Nach einem Konflikt mit der Ständeversammlung trat S. 1848 zurück, behielt jedoch bis 1862 die staatliche Leitung des Collegium Carolinum bei; 1852 wurde ihm zusätzlich das Präsidium der herzoglichen K a m m e r übertragen. Er war der Vater von Friedrich von —>S. CD Braunschweig 2 S c h u l z , Friedrich von, Jurist, * 1 0 . 9 . 1 8 4 0 Braunschweig, t 1925. Der Sohn des Politikers Friedrich —> S. studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg und Göttingen, wurde 1865 Mit-
glied der Direktion der braunschweigischen Staatsbahnen, 1872 Eisenbahndirektor und Mitglied der Generaldirektion der Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen. Seit 1883 war er Geheimer Oberregierungsrat im Reichsamt für die Verwaltung der Reichseisenbahn, 1890-1910 Präsident des Reichseisenbahnamtes. S. förderte den Anschluß der Eisenbahnen Elsaß-Lothringens an das Netz der Reichseisenbahnen. S c h u l z , Fritz (Heinrich), Jurist, Rechtshistoriker, * 16.6. 1879 Bunzlau (Schlesien), t 1 2 . 1 1 . 1 9 5 7 Oxford (Großbritannien). S., Sohn eines Fabrikdirektors, studierte 1899-1902 Jura in Berlin und Breslau, w o er 1905 promoviert wurde (Die actiones in id quodpervenit und in quantum locupoletior foetus est. Studie zur Entwicklung des Bereicherungsbegriffs). 1905 habilitierte er sich für Römisches und Bürgerliches Recht in Freiburg /Breisgau. 1909 ging er als a. o . P r o f . nach Innsbruck, wo er 1910 zum o . P r o f . ernannt wurde; 1912 folgte er einem Ruf nach Kiel, 1916 nach Göttingen, 1923 nach Bonn und 1931 nach Berlin. 1933 wurde ihm das Notariat entzogen. 1934 nach F r a n k f u r t / M a i n versetzt, im selben Jahr nach Berlin zurückversetzt, wurde S. 1935 entlassen. 1939 emigrierte er nach Großbritannien, wo er Tutor an der Univ. Oxford wurde. 1951 wurde er Honorarprofessor an der Univ. Bonn. S. veröffentlichte u . a . Rückgriff und Weitgriff. Studien zur gesetzlichen und notwendigen Zession (1907), Einführung in das Studium der Digesten (1916), Prinzipien des römischen Rechts (1934), History of Roman Legal Science (1946, dt. Geschichte der römischen Rechtswissenschaft, 1961) und Classical Roman Law (1950). CD N D B S c h u l z , Fritz, Bildhauer, * 9 . 1 . 1 9 0 9 Berlin, t 1 0 . 8 . 1 9 9 3 Berlin. S. erlernte den Beruf eines Holzbildhauers und Schloß sich mit 19 Jahren der K P D an. Während der nationalsozialistischen Herrschaft wurde er verhaftet und in das Strafbataillon 999 überstellt; seine Arbeiten wurden vernichtet. Nach Kriegsende richtete er im Ostteil Berlins eine Werkstatt ein und arbeitete später jahrzehntelang mit der Keramikerin Eva Schulz-Endert zusammen. S. war ein Meister der kleinen F o r m ; vor allem als Medailleur erreichte er hohe künstlerische Qualität. S c h u l z , Gottfried, Bibliothekar, * 6 . 7 . 1 8 7 0 Mainz, t 6 . 5 . 1 9 4 9 St. Veit/Gölsen (Niederösterreich). S. studierte seit 1891 Rechts- und Staatswissenschaften sowie Musikwissenschaft in M ü n c h e n und Erlangen, trat nach der Promotion zum Dr. phil. 1897 (Die Entwicklung des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens in Bayern) in den Dienst der Kgl. Hof- und Staatsbibliothek in München und war dort 1900-35 Bibliothekar (später Oberbibliothekar) und Leiter der Musikabteilung. S. war Mitglied der Gesellschaft für Theatergeschichte, der Gesellschaft der deutschen und der österreichischen Denkmäler der Tonkunst und der Internationalen Musik-Gesellschaft. Er veröffentlichte u . a . Musikbibliographie und Musikbibliotheken (1919). S c h u l z , Günter Victor, Chemiker, * 4 . 1 0 . 1905 Lodz, t 2 5 . 2 . 1999 Mainz. Der Sohn eines Seidenfabrikanten studierte C h e m i e in Freib u r g / B r e i s g a u , München und Berlin, wo er 1932 mit einer Arbeit über das Solvatationsgleichgewicht in kolloidalen Lösungen promoviert wurde. Nach Tätigkeit am Institut Hermann —»Staudingers in Freiburg/Breisgau, der Habilitation im Jahr 1936 (Osmotische Molekulargewichtsbestimmungen in polymerhomologen Reihen hochmolekularer Stoffe) und einer Stelle als Extraordinarius an der Univ. Rostock ging er 1946 als Gründungsprofessor und Direktor des Instituts
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Schulz für Physikalische C h e m i e an die Univ. Mainz. In seiner Arbeit ging es S. vor d e m Hintergrund der molekularen Uneinheitlichkeit der meisten Polymere vor allem um die Charakterisierung der Polymere („Schulz-Blaschke-Gleichung") und die Herstellung möglichst molekulareinheitlicher Proben. Ferner beschäftigte er sich mit der Biosynthese von Cellulose. Durch seine Arbeit entwickelte sich die Univ. Mainz zu einem Zentrum der Polymerforschung. e n Almanach Öst Akad, Jg. 151 S c h u l z , Günther (Karl Eduard), Mathematiker, * 30. 11.1903 Charlottenburg (heute zu Berlin), t 19. 11. 1962 Stuttgart. Der Sohn eines Amtsrats studierte seit 1922 Mathematik und Physik an der Univ. Berlin, wurde 1928 promoviert ( Ü b e r die Prüfung optischer Systeme mit Rastern) und legte 1929 die Staatsprüfung für das Höhere Lehramt ab. Seit 1928 Assistent am Institut f ü r Angewandte Mathematik an der Univ. Berlin bei Ludwig —> Bieberbach und T h e o d o r —»Vahlen, habilitierte er sich 1937 für reine und angewandte Mathematik (Grenzwertsätze für die Wahrscheinlichkeiten verketteter Ereignisse) und erhielt 1937 eine Dozentenstelle. 1934 trat er in die SA und 1937 in die N S D A P ein. Er wurde 1943 apl. Prof. der T H Berlin und war bis 1945 stellvertretender Ordinarius für Geometrie. 1946 für einige M o n a t e Mitarbeiter am Mathematischen Forschungsinstitut in Oberw o l f a c h / S c h w a r z w a l d , folgte er im selben Jahr einem Ruf auf den Lehrstuhl für Mathematik der T H Aachen, wurde 1947 o . P r o f . und ging 1960 als Leiter der Abteilung Mathematik und Physik an die T H Stuttgart. S. forschte vor allem auf dem Gebiet der Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik und veröffentlichte u. a. Formelsammlung zur praktischen Mathematik (1937, Neudr. 1945). • D Univ Stuttgart S c h u l z , Hans, Pseud. Erich Liephart, Haes Munin, Bibliothekar, Publizist, * 16.6. 1870 Zwätzen bei Jena, t 3 1 . 1 . 1939 München. S. studierte Geschichte, Geographie und deutsche Sprache in Halle, Berlin und Freiburg, war nach der Promotion 1893 im Schuldienst und volontierte 1898 an der Kgl. Bibliothek in Berlin. Seit 1900 an der Bibliothek des Reichsgerichts in Leipzig tätig, wurde er 1902 Bibliothekar und 1916 Oberbibliothekar. S. war 1917-20 Mitarbeiter der Universitätsbibliothek Halle und 1921-35 Direktor der Bibliothek des Reichsgerichts in Leipzig. Er verfaßte Biographien und Lebensbilder, gab Briefwechsel heraus (u. a. Fichte in vertraulichen Briefen seiner Zeitgenossen, 1923; Fichtes Briefwechsel. Kritische Gesamtausgabe, 2 Bde., 1925) und schrieb Literaturinterpretationen. DD Reichshandbuch S c h u l z , Hermann, Jurist, * 3 1 . 7 . 1873 Breslau, t n. e. Nach d e m Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Breslau und Berlin preuß. Gerichtsreferendar, wurde S. 1901 Amtsrichter in Königshütte, 1903 Aufsichtsrichter in Militsch und 1906 Amtsrichter in Schöneberg (Berlin). Seit 1907 Regierungsrat beim Reichsversicherungsamt, wurde er 1920 Ministerialrat im Reichsarbeitsministerium, 1924 Direktor des Hauptversorgungsamtes Schlesien und 1933 Senatspräsident des Reichsversorgungsgerichts Berlin. S. lehrte 1930-33 Sozialversicherungswesen und Reichsversorgung an der Univ. Breslau sowie an der sozialen Frauenschule des kath. Frauenbundes Berlin; seit 1933 hielt er Fachhochschulkurse an der Univ. Breslau. Er schrieb u. a. Die deutsche Sozialversicherung (1922, 3 1929). tu
Reichshandbuch
S c h u l z , Hugo (Paul Friedrich), Pharmakologe, Mediziner, * 6 . 8 . 1853 Wesel/Niederrhein, t 13.7. 1932 Greifswald. S„ Sohn eines Richters, studierte an den Universitäten Bonn und Heidelberg sowie am Polytechnikum Karlsruhe, wurde
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nach der Promotion zum Dr. med. 1877 ( Ü b e r das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Stoffwechsel und Körpertemperatur bei Amphibien und Insekten) Assistent am Pharmakologischen Institut der Univ. Bonn und habilitierte sich dort 1879 für Pharmakologie und Toxikologie. 1883 wurde er o. Prof. und Direktor des Pharmakologischen Instituts an der Univ. Greifswald, deren Rektor er 1 8 8 9 / 9 0 war. S„ seit 1892 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, befaßte sich mit experimentell-pharmakologischen, therapeutischen und historischen Themen. Er führte die Untersuchungen von Rudolf Gottfried —»Arndt zum sog. biologischen Grundgesetz („Arndt-Schulzsches Gesetz") weiter. S. veröffentlichte u. a. Das Eukalyptusöl (1881), Studien über die Pharmakodynamik des Schwefels (1896), Die Behandlung der Diphtherie mit Cyanquecksilber (1914), Rudolf Arndt und das Biologische Grundgesetz (1918, 2 1925), Vorlesungen liber Wirkung und Anwendungen der deutschen Arzneipflanzen (1919, 4 1956) und Similia similibus curantur (1920, 3 1925). Ferner gab er 1897 Das Buch der Natur des - » Konrad von Regensburg in neuhochdeutscher Bearbeitung heraus und übersetzte die Causae et curae —> Hildegards von Bingen (1932, 7 1992). 1916 erschienen seine Erinnerungen unter d e m Titel Aus vergangenen Tagen (3., verm. Aufl. 1926). m Ärzte 2 S c h u l z , Johann, auch Johannes S., Schauspieler, Prinzipal, * 1690, t 2 7 . 6 . 1 7 6 4 Baden (Niederösterreich). S. war Mitglied der Artistentruppe von Johann Karl —> Eckenberg, wurde 1728 Mitdirektor einer Schauspieltruppe und war später alleiniger Prinzipal; 1745 ist er als Prinzipal in Linz, seit 1747 u . a . in München und Nürnberg und 1761 in Baden bei Wien nachgewiesen. S. brachte von ihm übersetzte französische und italienischen Singspiele und Burlesken, bisweilen auch selbstverfasste Stücke zur A u f f ü h r u n g und spielte selbst häufig den Hanswurst. 1766 heiratete seine Witwe Johann Matthias - » M e n n i n g e r , der die Truppe weiterführte. CD Kosch: Theater S c h u l z , Johann A b r a h a m Peter, auch Schultz, Komponist, Kapellmeister, Musiktheoretiker, getauft 3 1 . 3 . 1 7 4 7 Lüneburg, f 10.6. 1800 S c h w e d t / O d e r . S., Sohn eines Bäckermeisters, besuchte beide Lateinschulen in Lüneburg und erhielt dort bei Johann Christoph Schmiegel ersten Musik- und Kompositionsunterricht. Er kam 1765 nach Berlin, trat als Chor- und Kirchensänger ins Graue Kloster ein und wurde Schüler und Mitarbeiter Johann Philipp -> Kirnbergers. Seit 1768 bereiste er als Lehrer einer polnischen Fürstin Österreich, Italien und Frankreich, stand 1772 in den Diensten des Woiwoden von Plock und kehrte 1773 nach Berlin zurück. S. war redaktioneller Mitarbeiter von Johann Georg —> Sulzers Allgemeiner Theorie der schönen Künste (1771). 1776-78 Directeur de M u s i q u e am Kgl. französischen Theater in Berlin, 1779 am Privattheater der Kronprinzessin, wurde er 1780 Hofkomponist des Prinzen —»Heinrich von Preußen, gab die Stelle jedoch nach Differenzen mit dem Hof 1787 wieder auf, wurde Kapellmeister und Direktionsmitglied des Kgl. Theaters in Kopenhagen, reorganisierte die Kapelle und gründete 1789 eine Kapellwitwenkasse. Mit seinen weltlichen und geistlichen Kompositionen sowie mit seinen musiktheoretischen Schriften (Gedanken Uber den Einfluß der Musik auf die Bildung eines Volkes und Uber deren Einführung in den kgl. dänischen Staaten, 1790) zählt er zu den Wegbereitern einer dänischen Nationalmusik. S. nahm aus Gesundheitsgründen 1795 seinen Abschied. Für die deutsche Musikgeschichte ist er vor allem als einer der ersten klassischen Liederkomponisten (Lieder im Volkston, 3 Bde., 1782-90) von Bedeutung. Zu seinen bekanntesten Melodien zählt Der Mond ist aufgegangen. Er komponierte auch B ü h n e n w e r k e (u. a. die Oper Athalie, 1783-86), Instrumental- und Chorwerke. Seine
Schulz Drei Fragmente einer eigenen Lebensbeschreibung erschienen 1861 in Carl von —> Ledeburs Tonkünstler-Lexicon Berlins. DD M G G S c h u l z , Johann Philipp Christian, Dirigent, Komponist, * 2 4 . 9 . 1773 Langensalza, t 3 0 . 1 . 1827 Leipzig. Ausgebildet an der Leipziger Thomasschule, wurde S. dort 1787 Diskantist im Großen Konzert, begann 1793 ein Theologiestudium an der Univ. Leipzig, wandte sich aber bald ausschließlich der Musik zu. Seit 1800 komponierte und dirigierte er die Schauspielmusiken f ü r die Secondasche Gesellschaft. S. betreute seit 1810 als Musikdirektor des Leipziger Gewandhauses die weltliche Vokalmusik und wurde Musikdirektor der zweiten Leipziger Singakademie. 1816 wurde ihm auch die geistliche Musik im Gewandhaus unterstellt. Seit 1818 trat er als Universitäts-Musikdirektor mit der Singakademie auch in der Univ. Leipzig auf. S. komponierte Lieder für eine oder mehrere Stimmen, die u. a. in Gottfried Wilhelm - » F i n k s Musikalischem Hausschatz der Deutschen ( 1 8 4 4 / 4 5 ) veröffentlicht wurden. DP M G G S c h u l z , Klaus-Peter, Mediziner, Politiker, * 2 . 4 . 1 9 1 5 Berlin, t 1 5 . 1 1 . 2 0 0 0 Berlin. S., Sohn von August Heinrich —>S., wurde bei der Charlottenburger Zeitung „Neue Zeit" zum Redakteur ausgebildet und war dann Redakteur bei der „Neuen Preußischen Kreuz-Zeitung". Seit 1936 studierte er Medizin an den Universitäten Greifswald und Berlin und wurde 1945 mit der Arbeit Über Inversio uteri mit einem Bericht über 4 Fälle an der Universitäts-Frauenklinik Berlin z u m Dr. med. promoviert. Seit 1946 wieder als politischer Publizist bei verschiedenen Zeitungen und R u n d f u n k s e n d e r n tätig, wurde er innenpolitischer Redakteur des „Tagesspiegels" in Berlin, später Chefredakteur des Berliner Parteiorgans „Sozialdemokrat" und gab 1 9 4 8 / 4 9 in Helmstedt die Wochenzeitschrift „Debatte" heraus. 1959 leitete er das Berlin-Büro von „Inter Nationes", war 1960-63 Berlinkorrespondent des Südwestf u n k s und hatte 1962-66 die Leitung des Berliner Büros der Deutschen Welle, Köln, inne. S. gehörte 1931-33 der S P D an und erneuerte seine Mitgliedschaft im Juli 1945. 1952-56 war er Mitglied der Verfassunggebenden Landesversammlung und des ersten Landtags von Baden-Württemberg, 1963-65 Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin. 1950 wurde er Mitglied der Europa-Union, 1970 Mitglied des Präsidiums der Europa-Union. 1965-76 war S. als Vertreter Berlins Mitglied des Deutschen Bundestags. Seit 14. 10.1971 fraktionslos, wurde er am 19.10. 1971 Mitglied der C D U / C S U - F r a k t i o n . 1 9 7 0 / 7 1 war er Vizepräsident der Beratenden Versammlung und Vorsitzender der Politischen Kommission der Versammlung der Westeuropäischen Union. 1973-77 gehörte er d e m Europäischen Parlament an. S. veröffentlichte u. a. Sorge um die deutsche Linke (1954), Opposition als politisches Schicksal (1958), Proletarier - Klassenkämpfer - Staatsbürger. 100 Jahre deutsche Arbeiterbewegung (1963), Adenauers Gegenspieler. Begegnungen mit Kurt Schumacher und Sozialdemokraten der ersten Stunde (1989) und Authentische Spuren. Begegnungen mit Personen der Zeitgeschichte (1993). DP M d B S c h u l z , Max Walter, Schriftsteller, * 3 1 . 1 0 . 1921 Scheibenberg/Erzgebirge, t 15. 11. 1991 Berlin. Nach der Rückkehr aus d e m Zweiten Weltkrieg studierte S., Sohn eines Angestellten, 1946-49 Pädagogik in Leipzig und unterrichtete danach an der Mittelschule in Holzhausen. Er wurde Mitglied der SED. 1964-82 war er Direktor des Literaturinstituts „Johannes R. Becher" in Leipzig, an d e m er selbst 1957-59 studiert hatte. S. war seit 1969 Mitglied der Akademie der Künste der D D R , wurde zum Prof. ernannt, war 1969-90 Vizepräsident des Schriftstellerverbands
der D D R und 1983-90 Chefredakteur der Zeitschrift „Sinn und Form". Bekannt wurde er mit seinem „Roman einer unverlorenen Generation" Wir sind nicht Staub im Wind (1962). Das Buch gehört als sozialistischer Erziehungsroman zu den zentralen Dokumenten des sog. Bitterfelder Weges der DDR-Literatur. S. schrieb auch Triptychon mit sieben Brücken (1974), Novellen, Essays und literaturtheoretische Werke (u. a. Pinocchio und kein Ende. Notizen zur Literatur, 1978). Zu Äußerungen junger DDR-Autoren, darunter Reiner Kunze, nahm er kritisch Stellung. m Killy S c h u l z , Otto August, Buchhändler, * 2 . 1 0 . 1 8 0 3 Leipzig, t 11. 11. 1860 Leipzig. S. machte eine K a u f m a n n s - und eine Buchhändlerlehre in Leipzig und war Gehilfe bei Voss, Breitkopf & Härtel und Brockhaus. Bei Brockhaus wirkte er als Herausgeber des „Heinsius'schen Bücherlexikons". Er war erster Redakteur des „Börsenblatts für den Deutschen Buchhandel", schrieb u . a . die Abhandlung Der Buchhandel für August Schiebes Universal-Lexikon der Handelswissenschaften (1837-39) und g a b seit 1839 das Allgemeine Adreßbuch für den deutschen Buchhandel, den Musikalien-, Kunst- und Landkarten-Handel und verwandte Geschäftszweige heraus. 1839 gründete S. die „Buch-, Kunst- und Landkartenhandlung Schulz & T h o m a s " gemeinsam mit seinem Schwager Theodor T h o m a s (nach einem Jahr gingen beide wieder getrennte Wege) und kaufte dann noch den Kerstenschen Verlag in F r a n k f u r t / M a i n . Gemeinsam mit Eduard —»Avenarius gründete er den Leipziger Buchhandlungs-Gehilfen-Verein. cd
ADB
S c h u l z , Paul, Physiker, * 31. 1. 1911 Rostock, f 1 . 7 . 1 9 9 3 Düsseldorf. S. studierte Physik und wurde 1936 in Rostock promoviert (Der Einfluss von Fremdgasen auf die hohen Hauptserienlinien des Natriums). 1937 wurde er Laborleiter der OsramStudiengesellschaft für elektrische Beleuchtung in Berlin. 1946-49 war S. Direktor der Forschungsstelle für Gasentladungsphysik der Deutschen A k a d e m i e der Wissenschaften und übernahm 1948 einen Lehrauftrag an der Univ. Greifswald. 1949 ging er als o. Prof. der Lichttechnik und physikalischen Elektronik an die Univ. Karlsruhe. S. veröffentlichte u . a . Elektronische Vorgänge in Gasen und Festkörpern (1968, 2 1974). S c h u l z , Rolf S„ Verleger, * 2 9 . 1 . 1 9 2 5 München, t 2 9 . 8 . 1994 Starnberg. S. studierte Literaturgeschichte und wurde zum Heilpraktiker ausgebildet. 1958 gründete er unter seinem N a m e n in Starnberg einen juristischen und medizinischen Fachverlag (u.a. Zeitschrift „ A I D S - F o r s c h u n g / A I D S Research"). Der Verlag, den S. bis zu seinem Tod alleinverantwortlich führte, wurde auch durch belletristische Titel und Biographien von Politikern und Künstlern bekannt. Als Generalkonsul vertrat S. Venezuela in Bayern. Er veröffentlichte u . a . Die soziale und rechtliche Verpflichtung des Verlegers (1972) und Deutsches Umweltschutzrecht. Sammlung des gesamten Umweltschutzrechts des Bundes und der Länder mit Europäischem Umweltschutzrecht (Loseblattausgabe, 1991 ff., mit Bernd Becker). S c h u l z , Walter, Musiker, * 2 9 . 7 . 1 8 9 3 F r a n k f u r t / O d e r , t 21. 1. 1968 Berlin. S. studierte Cello bei H u g o —> Dechert in Berlin, war 1918-26 Solocellist des Berliner Philharmonischen Orchesters und 1926-35 Konzertmeister der Weimarer Staatskapelle. 1933 wurde er Dozent, 1934 a. o. und 1947 o . P r o f . an der Hochschule für Musik in Weimar, deren Rektor er 1945-48 war. S. gehörte dem Dahlke-Trio und dem Bosse-
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Schulz Quartett an. Cello-Noten und schrieb sche Studien
Er konzertierte als Cellist und Gambist, gab (u.a. Solo-Suiten von Max Reger, 1941) heraus Übungsbücher für Cellisten (u.a. Grifftechnifür fortgeschrittene Cellisten, 1941).
S c h u l z , Walter, Philosoph, * 18.11. 1912 Gnadenfeld, t 1 2 . 6 . 2 0 0 0 Tübingen. S., Sohn eines Pfarrers und späteren Diaconus der Herrnhuter Brüdergemeine, studierte 1933-38 Klassische Philologie, Philosophie und evang. Theologie (u.a. bei Rudolf —> Bultmann) an den Universitäten Marburg und Breslau und wurde nach Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und Verwundung 1944 in Leipzig bei Hans-Georg - » G a d a m e r über die Unsterblichkeitsbeweise im Phaidon des Piaton promoviert. 1950 habilitierte er sich in Heidelberg, war dort Privatdozent und lehrte 1955-78 als o . P r o f . in Tübingen. In seiner Habilitationsschrift Die Vollendung des deutschen Idealismus in der Spätphilosophie Schellings (1955 veröffentlicht, erw. 2 1975), die zu einem Standardwerk der Schellingforschung geworden ist, vertritt S. die These, daß —> Schelling und nicht —> Hegel der Höhepunkt der idealistischen Philosophie sei. Zentrales Anliegen des philosophischen Werks S.s war die Frage nach der Möglichkeit und dem Ort der Philosophie in einer Welt, in der wegen ihres Zerfalls in verschiedene Wirklichkeiten eine einheitliche Deutung unmöglich sei (Philosophie in der veränderten Welt, 1972, 7 2001). Als A u f g a b e der Philosophie in der nachmetaphysischen Zeit sah er - angesichts beherrschender Tendenzen wie „Verwissenschaftlichung", „Verinnerlichung", „Vergeistigung und Verleiblichung", „Vergeschichtlichung" und „Verantwortung" die Reflexion von Problemen des konkreten Lebens und des Wirklichkeitsbezugs der Wissenschaften. Obgleich er nach 1972 im Blick auf die eigene Arbeit von „Totalphilosophie" sprach, war f ü r ihn philosophische Reflexion grundsätzlich offen f ü r Revision. Daß auch nach dem E n d e der idealistischen Metaphysik der menschlichen Subjektivität regulativer Charakter zukomme, legte S. in Ich und die Welt. Philosophie der Subjektivität (1979) dar. Die Darstellung seines philosophischen Ansatzes führte er in Metaphysik des Schwebens. Untersuchungen zur Geschichte der Ästhetik (1985) und Grundprobleme der Ethik (1989, 2 1993) fort. Zu seinen Veröffentlichungen zählen ferner Der Gott der neuzeitlichen Metaphysik (1957, 8 1991), Johann Gottlieb Fichte, Vernunft und Freiheit (1962, 2 1977), Das Problem der absoluten Reflexion (1963), Wittgenstein. Die Negation der Philosophie (1967), Vernunft und Freiheit (1981), Subjektivität im nachmetaphysischen Zeitalter (1992) und Der gebrochene Weltbezug. Aufsätze zur Geschichte der Philosophie und zur Analyse der Gegenwart (1994). m BBKL S c h u l z , Werner, Industrieller, * 4 . 5 . 1900 Berlin, t 8 . 8 . 1972 Essen. Der Sohn eines Buchhändlers erhielt nach einer kaufmännischen Lehre eine Anstellung bei der Firma Orenstein & Koppel in Berlin. Seit 1926 war er bei der Ferrostaal A G in Essen tätig, zunächst als Leiter des technischen Exportgeschäfts, 1944-63 als Vorstandsmitglied. S. war außerdem Vorstandsmitglied der Bezirksvereinigung Ruhrgebiet der Wirtschaftsvereinigung Groß- und Außenhandel, des IberoAmerikanischen Vereins Hamburg-Bremen und der Deutschen Handelskammer f ü r Österreich sowie Vorsitzender des Außenhandelsverbandes Nordrhein-Westfalen. • P Leb Industrie 6 S c h u l z , Wilhelm, Graphiker, Maler, * 23. 12.1865 Lüneburg, t 1 6 . 3 . 1 9 5 2 München. Nach Abbruch der Ausbildung an der Bau- und Gewerbeschule in Hamburg machte S. eine Lehre an einer lithographischen Kunstanstalt in Hamburg, kam 1887 als Stipendiat des preuß. Kultusministeriums an die Berliner Hochschule
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der bildenden Künste und studierte anschließend bei Woldemar —»Friedrich, Arthur —>Kampf und Paul —»Hoecker in München sowie in Karlsruhe. S. war vom ersten bis zum letzten Jahrgang Mitarbeiter der Zeitschrift „Simplicissimus", f ü r die er oft romantisch-beschauliche, seltener karikierende Zeichnungen sowie Vignetten, Randleisten, Märchen- und Städtebilder und eigene Gedichte schuf. Er war auch als Maler tätig, entwarf und illustrierte zahlreiche Bücher (u.a. Selma Lagerlöfs Wunderbare Reise des Nils Holgerson). S c h u l z , Wilhelm Friedrich, seit 1847 S.-Bodmer, politischer Publizist, * 13.3. 1797 Darmstadt, t 9. 1 . 1 8 6 0 Hottingen (heute zu Zürich). S., Sohn eines Archivrats, trat 1811 in das großherzoglichhessische Militär ein und nahm an den Befreiungskriegen teil. Seit 1816 Student der Kriegs Wissenschaften in Gießen, kam er mit nationalrevolutionären Ideen in Kontakt und wurde aufgrund der anonymen Broschüre Fragund Antwortbüchlein über allerlei, was im deutschen Vaterland besonders not tut (1819) verhaftet. Nach der Entlassung schied er aus d e m Militär aus, studierte in Gießen Rechtswissenschaften und war daneben als Redakteur und Publizist tätig. 1831 wurde er in Erlangen promoviert, als „ D e m a g o g e " jedoch nicht zum Gerichtsjahr zugelassen. Unter anderem wegen der Schrift Deutschlands Einheit durch Nationalrepräsentation wurde er 1834 zu fünf Jahren Festungskerker verurteilt. S. konnte fliehen, lernte in Straßburg Georg —»Büchner kennen und ging mit ihm nach Zürich. Zunächst Privatgelehrter, lehrte S. dann Nationalökonomie an der neugegründeten Universität und wurde 1837 Mitarbeiter am Staats-Lexikon von Karl Wenzeslaus Rodecker von Rotteck und Karl Theodor - » W e l c k e r . 1848 zog S. als Darmstädter Abgeordneter in das Frankfurter Parlament ein. Nach d e m Scheitern der Revolution kehrte S „ der seit 1847 mit einer Tochter von Georg —»Bodmer verheiratet war, nach Zürich zurück. Sein Werk Die Bewegung der Produktion (1843, Neudr. 1974) übte starken Einfluß auf Karl —»Marx aus. S. veröffentlichte ferner Militärpolitik (155) und Die Rettung der Gesellschaft aus den Gefahren der Militärherrschaft (1859). m NDB S c h u l z , Winfried, kath. Kanonist, * 2 4 . 5 . 1938 Apolda, t 12.6. 1995 München. S„ Sohn eines Finanzbeamten, studierte zunächst Philosophie und Geschichte, dann Theologie in Berlin, Paderborn und R o m , empfing 1964 die Priesterweihe und war 1965-70 Vizerektor des Collegio Teutonico. 1968 wurde er an der Gregoriana zum Dr. theol. und 1972 an der Lateraniniversität in R o m zum Dr. jur. utr. promoviert. 1975-95 war er dort Prof. für das Recht des Vatikanstaats, 1976-90 zudem o. Prof. für Kirchenrecht in Paderborn, seit 1990 Prof. für Kirchenrecht in Regensburg und seit 1992 Dozent für Kanonischen Recht in Münster. Seit 1978 gehörte er d e m Vorstand der Internationalen Gesellschaft für Urheberrecht an. 1990 zum Päpstlichen Ehrenprälaten ernannt, wurde S. 1992 Advokat bei der Kurie und 1993 Richter am Appellationsgericht des Vatikans. Zu seinen bevorzugten Forschungsgebieten zählten Kanonistik, Vatikanisches Recht, Vermögensrecht, Vereinsrecht und Urheberrecht. Er veröffentlichte u. a. Dogmenentwicklung als Problem der Geschichtlichkeit der Wahrheitserkenntnis (1969), Zum Schutz des geistigen Eigentums im System des kanonischen Rechts (1973) und Das neue Seligund Heiligsprechungsverfahren (1988). CH N D B S c h u l z - B e u t h e n , Heinrich, Komponist, * 1 9 . 6 . 1 8 3 8 Beuthen, t 1 2 . 3 . 1 9 1 5 Dresden. Nach einer Ausbildung zum Hüttenmann studierte S.-B. seit 1858 Ingenieurwesen an der Univ. Breslau, seit der erfolgreichen Uraufführung seines Singspiels Fridolin 1862 Musik
Schulz-Tattenbach am Leipziger Konservatorium. 1866 ließ er sich als Musikkritiker, Musikpädagoge und freier Komponist in Zürich nieder. S.-B. lebte 1880-93 in Dresden, anschließend in Wien und seit kehrte 1895 nach Dresden zurück. Er erhielt den Professorentitel und lehrte am Dresdner Konservatorium. S.-B. komponierte Symphonien und Symphonische Dichtungen (u. a. Toteninsel), Klaviermusik, Lieder und Opern. • P Kosch: Theater S c h u l z - B r i e s e n , (Victor Julius) Bruno, Bergwerksingenieur, * 7. 11. 1832 Haus Anstel (Kr. Neuß), t 11.9. 1919 Düsseldorf. Der Sohn eines preuß. Hauptmanns entschied sich nach dem Besuch einer Kadettenanstalt 1850 für den Bergmannsberuf, trat 1854 in die A G für Bergbau, Blei- und Zinnfabrikation in Stolberg ein und legte 1855 in Siegen die Markscheiderprüfung ab; nach Studien in Berlin an Univ. und Bergakademie sowie Tätigkeiten in verschiedenen Bergbaugesellschaften des In- und Auslands wurde S. 1863 von der Belgisch-Rheinischen Gesellschaft der Kohlenbergwerke an der Ruhr zum Direktor der Zeche Dahlbusch in der Gemeinde Rotthausen bei Essen berufen, die 1873 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde und unter S.-B. die größte Fördermenge einer Einzelzeche im damaligen Ruhrgebiet erzielte. 1899 pensioniert, trat er danach vor allem publizistisch hervor, u . a . zu Fragen der praktischen Geologie und der Fördertechnik; 1903 veröffentlichte er Das Deckgebirge des rheinisch-westfälischen Karbons. D3 N D B S c h u l z - B u s c h h a u s , Ulrich, Romanist, * 16.6. 1941 Plettenberg, t 5 . 1 1 . 2 0 0 0 Klagenfurt. S.-B. studierte Romanistik in Hamburg, Aix-en-Provence, Florenz und Sevilla und wurde 1969 in Hamburg mit der Dissertation Das Madrigal. Zur Stilgeschichte der italienischen Lyrik zwischen Renaissance und Barock promoviert. Zunächst Assistent in Hamburg, ging er 1971 an die Univ. Trier und lehrte dort seit 1973 als Professor. 1976 wechselte er als o . P r o f . nach Klagenfurt und war seit 1989 Ordinarius für Romanistische Literaturwissenschaft und Komparatistik an der Univ. Graz. 1993 wurde er Mitglied der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften. S. veröffentlichte u. a. Formen und Ideologien des Kriminalromans (1975), Flaubert. Die Rhetorik des Schweigens und die Poetik des Zitats (1995), Moralistik und Poetik (1997) und Zwischen „resa" und „ostinazione". Zu Kanon und Poetik Italo Calvinos (1998). 2005 erschien von S.-B. Das Rezensionswerk (hrsg. von Klaus-Dieter Ertler und Werner Helmich). • 3 Almanach Öst Akad, Jg. 151 S c h u l z - D o r n b u r g , Rudolf, Dirigent, * 3 1 . 3 . 1891 Würzburg, t 16.8. 1949 G m u n d am Tegernsee. S.-D. besuchte das Konservatorium in Köln, erhielt gleichzeitig Kompositionsunterricht bei Otto —»Neitzel, war ein Jahr lang Sänger und Chordirigent und wurde nach einer Studienreise 1912 Kapellmeister am Deutschen Theater in Köln, w o er die Bearbeitung des ältesten deutschen Singspiels Seelewig aufführte. 1913 wechselte er als Kapellmeister und Dramaturg an das Hoftheater M a n n h e i m , 1919 als städtischer Kapellmeister nach B o c h u m ; 1925 wurde S.-D. Generalmusikdirektor in Münster und übernahm die Oberleitung der Oper und die Direktion der Westfälischen Akademie für Bewegung, Sprache und Musik. 1927-32 war er als Operndirektor auch künstlerischer Fachberater der Stadt Essen und Gründungsleiter der Folkwangschule. Während des Zweiten Weltkriegs betätigte er sich als Chefdirigent des Deutschlandsenders in Berlin. 1945-48 war S.-D. Generalmusikdirektor in Lübeck.
S c h u l z - E u l e r , Carl Friedrich, Pseud. Hanns Wolfgang Rath, Schriftsteller, * 2 4 . 3 . 1 8 8 0 Essen, t 2 0 . 6 . 1 9 3 4 Stuttgart. Der Sohn eines Industriellen und von Sophie Luise —>S.-E. studierte Germanistik und Archivkunde in M ü n c h e n und Genf, gründete 1904 in F r a n k f u r t / M a i n eine Verlagsbuchhandlung, lebte seit 1920 in Ludwigsburg und zuletzt in Stuttgart. S.-E. war Vorsitzender der von ihm gegründeten Gesellschaft der Mörike-Freunde. Neben Studien über Eduard —> Mörike und Theodor —> Storm veröffentlichte er Autographen (Im Spiegel der Handschriften, 1907-09), Gedichte ( D e r bunte Falter, 1910) und Regina, die schwäbische Geistesmutter (1927), worin er das g e m e i n s a m e geistige E r b e —> Hölderlins, —»Uhlands, —>Schellings und Mörikes aufzeigte. S c h u l z - E u l e r , Sophie Luise, geb. Euler, genannt Sofia, Schriftstellerin, * 7 . 1 . 1 8 4 7 F r a n k f u r t / M a i n , | 7 . 9 . 1926 Stuttgart. Die Tochter von Ludwig Heinrich —»Euler heiratete 1867 einen Essener Großindustriellen, lebte nach d e m Tod ihres Mannes (1889) wieder in Frankfurt und war Mitbegründerin des Frauen-Bildungsvereins, des Frauenclubs und des Vereins für Volkskindergärten. In ihren Haus verkehrten u . a . Bertha von —»Suttner, Richard —»Dehmel und Detlev von —> Liliencron. S.-E. schrieb f ü r zunächst Frankfurter Zeitungen poetische Rätsel (sie erschienen in B u c h f o r m unter dem Titel Buntes, 1899), dann Novellen (Die schöne Gritt, 1903), R o m a n e (Am Pfaffengarten, 1905) und die Biographie Leonhard Euler (1907). Seit 1908 hielt sich S.-E. meist in Italien und der Schweiz auf und lebte zuletzt in Ludwigsburg und Stuttgart. Sie war die Mutter von Carl Friedrich - > S . - E . S c h u l z - K ö h n , Dietrich, Musikschriftsteller, * 28. 12.1912 Sonneberg (Thüringen), t 7. 12.1999 Marburg. S.-K., Sohn eines Lehrers, studierte in Freiburg/Breisgau, F r a n k f u r t / M a i n , Königsberg (Preußen) und in Exeter (England) Musikwissenschaft, Sprachen und Volkswirtschaft und wurde mit der Dissertation Die Schallplatte auf dem Weltmarkt promoviert. In Frankfurt studierte er außerdem JazzMusik am Hochschen Konservatorium. A n f a n g der dreißiger Jahre gründete er den ersten deutschen „Swing C l u b " in Königsberg und zeichnete für die „Deutsche G r a m m o p h o n " verantwortlich f ü r die Gestaltung und Herausgabe einer JazzEdition, des „Brunswick-Repertoires". 1940-45 nahm S.-K. am Zweiten Weltkrieg teil, gestaltete 1943 in Nimes seine erste R u n d f u n k s e n d u n g und war Mitherausgeber der ersten deutschen Jazz-Zeitung („Mitteilungen"). 1947 aus französischer Gefangenschaft zurückgekehrt, war er 1 9 4 8 / 4 9 M u siksachbearbeiter bei der Militärregierung in NordrheinWestfalen, 1950-53 Angestellter in der Schallplattenindustrie und arbeitete seit 1953 freiberuflich als Musikschriftsteller und für zahlreiche Rundfunkanstalten. Unter dem N a m e n „Dr. Jazz" wurde S.-K. einem breiten Hörerpublikum bekannt; als Dozent wirkte er an der Musikhochschule Köln. Er veröffentlichte u. a. Wesen und Gestalten der Jazzmusik (1949) und Biographien der Jazzmusiker Django Reinhardt und Stan Kenton (1960 bzw. 1961). S c h u l z - T a t t e n b a c h , Hannes, Bildhauer, Graphiker, * 29. 12. 1905 Lannesdorf (heute zu Bonn), f 30. 12.1953 Braunschweig. Nach einer Kunsttischlerlehre besuchte S.-T. die Kunstgewerbeschule in Düsseldorf und studierte Malerei, Bildhauerei und angewandte Kunst an der dortigen Kunstakademie. 1927-29 in einer Restauratorenwerkstatt für sakrale Kunst tätig, stattete er seit 1929 im Auftrag des preuß. Kultusministeriums Kirchen u. a. mit Altargerät, Glas- und Wandmalerei, Mosaik und Plastik aus. S.-T. ging 1933 nach
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Schulze Aix-en-Provence, war nach seiner Rückkehr mit kirchlichen A u f t r ä g e n b e f a ß t u n d b e t ä t i g t e sich seit 1 9 4 2 als B a u l e i t e r in G r i e c h e n l a n d . N a c h K r i e g s e n d e ließ e r sich in B r a u n s c h w e i g n i e d e r . E r s c h u f u . a . d e n Phönix a m B u n d e s h a u s in B o n n . m Vollmer S c h u l z e , Adolf, Gesangspädagoge, * 13.4.1835 M a n n h a g e n ( h e u t e zu P a n t e n , S c h l e s w i g - H o l s t e i n ) , t 9 . 4 . 1 9 2 0 Jena. Von B e r u f S c h u l l e h r e r , s t u d i e r t e S. G e s a n g bei Karl Voigt in H a m b u r g u n d bei M a n u e l G a r c i a in L o n d o n , ließ sich 1864 als G e s a n g s l e h r e r in H a m b u r g n i e d e r u n d p r o f i l i e r t e sich als K o n z e r t - u n d O r a t o r i e n s ä n g e r . 1875 f o l g t e er e i n e m R u f a n d i e K g l . H o c h s c h u l e f ü r M u s i k in B e r l i n , w u r d e P r o f . u n d M i t g l i e d d e s S e n a t s d e r K g l . A k a d e m i e u n d leitete als e r s t e r G e s a n g s p ä d a g o g e bis 1910 d i e G e s a n g s k l a s s e n d e r Musikhochschule. S c h u l z e , Alfred, Romanist, Bibliothekar, * 1.10.1861 B e r l i n , t 31. 12. 1949 M a r b u r g . S. s t u d i e r t e N e u e r e P h i l o l o g i e , w u r d e 1884 an d e r U n i v . B e r l i n z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t u n d trat 1885 a n d e r K g l . B i b l i o t h e k in B e r l i n in d e n W i s s e n s c h a f t l i c h e n B i b l i o t h e k s d i e n s t e i n . 1902 g i n g er als O b e r b i b l i o t h e k a r a n d i e U n i v e r s i t ä t s b i b l i o t h e k in M a r b u r g , w u r d e 1 9 0 6 D i r e k t o r d e r S t a a t s u n d U n i v e r s i t ä t s b i b l i o t h e k in K ö n i g s b e r g u n d w a r 1 9 2 0 - 2 6 D i r e k t o r d e r U n i v e r s i t ä t s b i b l i o t h e k in M a r b u r g . Seit 1 9 2 2 w a r e r H o n o r a r p r o f e s s o r d e r R o m a n i s c h e n P h i l o l o g i e an d e r dortigen Univ. und nahm 1926-36 einen Lehrauftrag f ü r f r a n z ö s i s c h e S p r a c h e u n d L i t e r a t u r w a h r . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . ein Glossar zu Crestiens „Chevalier au Lyon" ( 1 9 0 2 ) . CO H a b e r m a n n 1
Schulze,
Alfred Otto Wolfgang
Wols
Schulze,
Ernst (Konrad Friedrich), Schriftsteller, * 2 2 . 3 . 1789 Celle, t 2 9 . 6 . 1817 Celle. S., S o h n e i n e s B ü r g e r m e i s t e r s , s t u d i e r t e seit 1806 T h e o l o g i e in G ö t t i n g e n , w a n d t e sich, b e e i n f l u ß t u n d g e f ö r d e r t v o n F r i e d r i c h — » B o u t e r w e k , 1808 d e r P h i l o l o g i e , L i t e r a t u r g e s c h i c h t e u n d Ä s t h e t i k zu, w u r d e 1 8 1 2 p r o m o v i e r t u n d w a r s p ä t e r P r i v a t d o z e n t . S. s c h r i e b - z u n ä c h s t in d e r N a c h f o l g e —> W i e l a n d s - V e r s e p e n (u. a. Lancelot vom See, 1806, d a s d e r f r ü h v e r s t o r b e n e n G e l i e b t e n g e w i d m e t e V e r s e p o s in 2 0 G e s ä n g e n Cäcilie, 2 B d e . , p o s t u m 1 8 1 8 / 1 9 ; Psyche, p o s t u m 1819) s o w i e G e d i c h t e (Gedichte, 1813). S. s c h r i e b m i t d e m p r e i s g e k r ö n t e n S t a n z e n e p o s Die bezauberte Rose ( p o stum 1818) eines der Lieblingsbücher der Biedermeierzeit. • P Killy
Schulze,
Ernst (August), Chemiker, * 3 1 . 7 . 1 8 4 0 B o v e n d e n bei G ö t t i n g e n , t 1 5 . 6 . 1 9 1 2 Z ü r i c h . N a c h d e m S t u d i u m in G ö t t i n g e n u n d H e i d e l b e r g 1858-61 w u r d e S., S o h n e i n e s O b e r a m t m a n n s u n d E n k e l G o t t l o b E r n s t —>S.s, 1 8 6 2 A s s i s t e n t a m c h e m i s c h e n L a b o r a t o r i u m d e r U n i v . J e n a u n d w u r d e 1 8 6 3 p r o m o v i e r t . Seit 1 8 6 6 A s sistent a n d e r L a n d w i r t s c h a f t l i c h e n V e r s u c h s s t a t i o n W e e n d e bei G ö t t i n g e n , w u r d e er 1871 V o r s t a n d d e r L a n d w i r t s c h a f t lichen V e r s u c h s s t a t i o n in D a r m s t a d t u n d 1872 o . P r o f . d e r A g r i k u l t u r c h e m i e an d e r Ε Τ Η Z ü r i c h . S. w u r d e v o r a l l e m durch seine pflanzenchemischen Untersuchungen bekannt. E r s c h r i e b u. a. d e n A r t i k e l Phosphatide f ü r das Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden (1909). DP P o g g e n d o r f f 3 - 5
Schulze,
Franz (Ferdinand), Chemiker, Mikrobiologe, * 1 7 . 1 . 1815 N a u m b u r g , t 1 5 . 4 . 1 8 7 3 R o s t o c k . S. Schloß sein S t u d i u m 1836 in B e r l i n m i t d e r P r o m o tion a b (De planariarum vivendi ratione et structura penitiori nonnuila). E r lehrte A g r i k u l t u r in E l d e n a , C h e m i e u n d P h a r m a z i e in R o s t o c k . S. a r b e i t e t e v o r a l l e m a u f d e m
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Gebiet der analytischen Chemie, erforschte Mikroorganismen und trug mit seinen Arbeiten zur Diskussion u m die E n t s t e h u n g v o n M i k r o o r g a n i s m e n bei. A l s d r i t t e A u f l a g e v o n G u s t a v —» S c h ü b l e r s Grundsätzen der Agriculturchemie v e r ö f f e n t l i c h t e e r d a s Lehrbuch der Chemie für Landwirthe (2 B d e . , 3 T i e . , 1 8 4 6 - 6 0 , 4 1 8 8 1 ) . S. w a r d e r Vater v o n F r a n z Eilhard S. m DSB
Schulze,
F r a n z E i l h a r d , Z o o l o g e , M e d i z i n e r , * 2 2 . 3 . 1840 E l d e n a bei G r e i f s w a l d , t 2 . 1 1 . 1 9 2 1 B e r l i n . S., S o h n F r a n z —>S.s, Schloß 1 8 6 3 d a s S t u d i u m d e r M e d i z i n u n d d e r N a t u r w i s s e n s c h a f t e n in R o s t o c k u n d B o n n m i t d e r P r o m o t i o n z u m Dr. m e d . in R o s t o c k a b (Über den feineren Bau der Rinde des kleinen Gehirnes). 1864 h a b i l i t i e r t e e r sich in R o s t o c k f ü r A n a t o m i e , w u r d e d o r t 1865 P r o s e k t o r a m A n a t o m i s c h e n I n s t i t u t u n d a. o. P r o f . d e r V e r g l e i c h e n d e n A n a t o m i e u n d w a r seit 1871 o . P r o f . d e r Z o o l o g i e u n d V e r g l e i c h e n d e n A n a t o m i e . 1 8 7 3 f o l g t e er e i n e m R u f an d i e U n i v . G r a z , 1 8 8 4 an d i e U n i v . B e r l i n . S., d e r m i t Carl F r i e d rich —> C l a u s an d e r G r ü n d u n g d e r Z o o l o g i s c h e n S t a t i o n in T r i e s t b e t e i l i g t w a r , b e s c h ä f t i g t e sich mit A n a t o m i e u n d E n t w i c k l u n g s g e s c h i c h t e d e r n i e d e r e n T i e r e u n d lieferte w i c h t i g e Arbeiten über die S e e s c h w ä m m e , über die Hautsinnesorgane d e r F i s c h e u n d A m p h i b i e n s o w i e ü b e r d i e C o r d y l o r p h o r a lacustris. Er war Mitglied der Preußischen A k a d e m i e der Wiss e n s c h a f t e n u n d d e r A k a d e m i e d e r W i s s e n s c h a f t e n in W i e n . S e i t 1896 l e g t e er i m A u f t r a g d e r P r e u ß i s c h e n A k a d e m i e d e r W i s s e n s c h a f t e n ein V e r z e i c h n i s aller l e b e n d e n T i e r a r t e n an (Das Tierreich, 1 8 9 7 f f . ) . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Zur Stammesgeschichte der Hexactinelliden ( 1 8 8 7 ) , Die Hexactinelliden des Indischen Oceanes (3 T i e . , 1 8 9 4 - 1 9 0 0 ) u n d Beiträge zur Anatomie der Säugetierlungen (1906). Sein Nomenciator animalium generum et subgenerum erschien postum 1926-54 in f ü n f B ä n d e n . S. trat a u c h als L y r i k e r h e r v o r u n d v e r ö f f e n t lichte u . a . e i n e S a m m l u n g g e r e i m t e r R ä t s e l Sphinx ( 1 9 0 5 ) . m
NDB
Schulze,
Franz-Joseph, Militär, * 1 8 . 9 . 1 9 1 8 Salzkotten, t 31. 1 . 2 0 0 5 B o n n . D e r S o h n eines Lehrers k a m nach d e m Abitur 1937 zur Luftw a f f e , w u r d e O f f i z i e r u n d n a h m als F l a k a r t i l l e r i s t a m Z w e i ten W e l t k r i e g teil. 1 9 4 5 - 4 9 s t u d i e r t e er R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n in M ü n s t e r , w a r d a n n als W i r t s c h a f t s p r ü f e r u n d G e s c h ä f t s f ü h r e r e i n e r G r o ß h a n d l u n g tätig u n d trat 1956 als H a u p t m a n n in d i e B u n d e s w e h r ein. N a c h e i n e m G e n e r a l s t a b s l e h r g a n g 1959 als M a j o r z u m F ü h r u n g s s t a b d e r B u n d e s w e h r versetzt u n d 1961 z u m O b e r s t l e u t n a n t b e f ö r d e r t , w u r d e er 1965 als O b e r s t in d i e O p e r a t i o n s a b t e i l u n g d e r A l l i i e r t e n S t r e i t k r ä f t e E u r o p a M i t t e b e o r d e r t u n d 1968, u n t e r B e f ö r d e r u n g z u m B r i g a d e g e n e r a l , L e i t e r d e r S t a b s a b t e i l u n g III i m F ü h r u n g s s t a b der Streitkräfte. Als K o m m a n d e u r der größten Heeresdivis i o n in D e u t s c h l a n d w u r d e er 1970 G e n e r a l m a j o r u n d ü b e r n a h m 1973 als G e n e r a l l e u t n a n t in d e r N a c h f o l g e v o n K a r l - » S c h n e l l die stellvertretende Leitung des Stabs f ü r Plan u n g u n d O r g a n i s a t i o n e n i m N A T O - H a u p t q u a r t i e r in M ö n s . Seit 1977 O b e r b e f e h l s h a b e r d e r A l l i i e r t e n S t r e i t k r ä f t e M i t t e l e u r o p a , w u r d e S. 1 9 7 9 als G e n e r a l a u s d e m a k t i v e n D i e n s t verabschiedet. cn NDB
Schulze ( - C o l b i t z ) ,
(Johann David) Friedrich (Otto), A r c h i t e k t , * 1 8 . 3 . 1 8 4 3 C o l b i t z (Kr. W o l m i r s t e d t ) , t 3 0 . 7 . 1912 S t e g l i t z ( h e u t e zu B e r l i n ) . D e r S o h n e i n e s Z i m m e r e r m e i s t e r s s t u d i e r t e seit 1864 an d e r B e r l i n e r B a u a k a d e m i e u n d w u r d e 1873 B a u m e i s t e r . E r a r b e i t e t e in d e r p r e u ß . M i n i s t e r i a l b a u k o m m i s s i o n u n d n e b e n b e r u f l i c h als L e h r e r an d e r B a u a k a d e m i e s o w i e an d e r G e w e r b e a k a d e m i e . 1 8 8 8 w u r d e S. z u m B a u r a t , 1 8 9 7 z u m G e h e i m e n B a u r a t e r n a n n t . Seit 1873 w a r S. a n z a h l r e i c h e n B a u t e n in B e r l i n beteiligt, u. a. E r w e i t e r u n g s b a u t e n d e r C h a rite, S c h u l e n , K i r c h e n u n d S t a a t s g e b ä u d e n . S e i n g r ö ß t e s P r o -
Schulze jekt bildeten die Neubauten für das preuß. Abgeordnetenhaus 1892-99 und für das preuß. Herrenhaus 1899-1904. S. gehörte d e m Vorstand des Berliner Architektenvereins an. CD Kieling
meinen Logik (1802, 5 1831), Encyklopädie der philosophischen Wissenschaften (1814, 3 1824, Nachdr. 1968), Psychische Anthropologie (1816, 3 1826, Nachdr. 1968) und Über die menschliche Erkenntnis (1832, Nachdr. 1970). CD Enz Phil Wiss
S c h u l z e , Friedrich August - » L a u n , Friedrich
Schulze, Gottschalk -> Prätorius, Abdias S c h u l z e , Friedrich Gottlob, Agrar- und Kameralwissenschaftler, * 28. 1. 1795 Obergävernitz bei Meißen, t 3 . 7 . 1 8 6 0 Jena. S., Sohn eines Gutsbesitzers, studierte 1813-15 Rechtswissenschaft an der Univ. Leipzig, durchlief dann eine landwirtschaftliche Lehre auf dem elterlichen Hof und nahm 1816 an einem Kurs bei Karl —> Sturm am Landwirtschaftlichen Institut in Tiefurt teil. Seit 1816 an der Univ. Jena immatrikuliert, wurde er 1817 zum Oberverwalter der großherzoglichen Kammergüter Oberweimar, Tiefurt und Lützendorf ernannt. 1819 mit einer Arbeit über den römischen Pflug promoviert (De aratri romana forma et compositione), habilitierte sich S. 1820 f ü r Staats- und Kameralwissenschaften an der Univ. Jena (De aratri Romani forma et compositione), wurde 1821 a. o., 1826 o.Prof. und gründete im selben Jahr ein Landwirtschaftliches Institut. 1835 zum A u f b a u der Landwirtschaftlichen A k a d e m i e Eldena bei Greifswald berufen, kehrte er 1839 als o. Prof. nach Jena zurück. 1856 gründete S. auch die Ackerbauschule in Zwätzen bei Jena, deren Leitung er bis zu seinem Tod innehatte. Er war Herausgeber der Schriftenreihe „Deutsche Blätter für L a n d w i r t s c h a f t und Nationalökonomie" (1843-59) und veröffentlichte u . a . Ueber Wesen und Studium der Wirthschafts- und Cameralwissenschaften (1826) und Nationalökonomie oder Volkswirthschaftslehre, vornehmlich für Land-, Forst- und Staatswirthe (1856). S. war der Vater von Hermann von —>SchulzeGaevernitz. CD Lebenswege Thür, 3. Slg. S c h u l z e , Fritz (Rudolf), Maler, Graphiker, Holzschneider, * 14.4. 1903 Leipzig, t 5 . 6 . 1942 Berlin-Plötzensee. S. studierte an den Kunstakademien Leipzig und Dresden und unternahm gemeinsam mit seiner späteren Frau Eva —> Schulze-Knabe Studienreisen nach Finnland (1927), Spanien (1928) und Dalmatien (1929). Er schuf pazifistische und antifaschistische Gemälde sowie Holzschnitte (u. a. Und die Sonne geht auf). 1933 wurde er mit seiner Frau von den Nationalsozialisten verhaftet und mehrere Monate im Konzentrationslager Burg Hohenstein interniert, 1941 erneut verhaftet und nach d e m Todesurteil des Volksgerichtshofs 1942 hingerichtet. CD Lex Kunst S c h u l z e , Gottlob Ernst, genannt Aenesidemus, Philosoph, * 2 3 . 8 . 1761 Heldrungen (Thüringen), t 14. (oder 2 6 . ? ) 1.1833 Göttingen. S. studierte Theologie und Philosophie in Wittenberg, erwarb 1783 den Grad eines Magisters und war seit 1786 Diakon an der Schloß- und Universitätskirche sowie A d j u n k t in der Philosophischen Fakultät. 1788 wurde er als o . P r o f . der Philosophie an die Univ. Helmstedt berufen, nach deren A u f h e b u n g 1810 an die Univ. Göttingen, wo Arthur —»Schopenhauer zu seinen Schülern zählte. In Anlehnung an David H u m e vertrat S. einen gemäßigten, an den gesunden Menschenverstand appellierenden Skeptizismus. Seinen Beinamen verdankte S. seiner anonym erschienenen, bedeutendsten Schrift Aenesidemus oder über die Fundamente der von dem Herrn Professor Reinhold in Jena gelieferten Elementar-Philosophie. Nebst einer Vertheidigung des Skepticismus gegen die Anmaaßungen der Vernunftkritik (1792, Nachdr. 1911 und 1969, Neuausgabe 1996). Zu seinen Werken gehören ferner ein Grundriß der philosophischen Wissenschaften (2 Bde., 1788-90, Nachdr. 1970), Einige Bemerkungen über Kants philosophische Religionslehre (1795, Nachdr. 1973), Kritik der theoretischen Philosophie (2 Bde., 1801, Nachdr. 1973), Grundsätze der allge-
S c h u l z e , Johann Friedrich, Orgelbauer, * 27. 1. 1793 Milbitz, t 9. 1. 1858 Paulinzella (Thüringen). Der Sohn eines Orgelbauers setzte seine Ausbildung nach dem Tod des Vaters 1810 bei einem fremden Lehrherrn fort und gründete 1815 eine eigene Werkstatt in Milbitz. Seit 1825 arbeitete S. - mit Unterbrechung durch einen mehrjährigen Aufenthalt in Mühlhausen (Thüringen) - in Paulinzella. Bis 1846 führte seine Firma Schulze & Söhne mehr als 100 Orgelneubauten durch. Als S.s Hauptwerk gilt der Umbau der 1518 von Bartold Hering errichteten Orgel zu St. Marien in Lübeck (1851 -54). Sein ältester Sohn E d m u n d gilt als der bedeutendste seiner Söhne. Er baute zahlreiche Instrumente in England und bildete dort wie auch in seiner Heimat eine Schule. Cd M G G S c h u l z e , Johann Heinrich, Mediziner, Medizinhistoriker, Numismatiker, Polyhistor, * 1 2 . 5 . 1 6 8 7 Colbitz bei Magdeburg, f 10.10. 1744 Halle/Saale. S., Sohn eines Schneiders und Imkers, studierte seit 1704 Medizin, später Philosophie und Theologie an der Univ. Halle, wurde 1708 Lehrer am dortigen Pädagogium und nahm unter d e m Einfluß von Friedrich —> H o f f m a n n 1715 das Medizinstudium wieder auf. Nach der Promotion in Halle 1717 {De athletis veterum eorumque diaeta et habitu) hielt er dort Vorlesungen, wurde 1720 Prof. der Medizin und der griechischen Sprache an der Univ. Altdorf und kehrte 1732 als Prof. der Medizin, der Beredsamkeit und der Archäologie an die Univ. Halle zurück. Nach Entdeckung der Lichtempfindlichkeit der Silbersalze entwickelte S. 1727 das erste photographische Verfahren mit Hilfe des lichtempfindlichen Chlorsilbers. Ferner befaßte er sich mit antiker Numismatik, die er erstmals akademisch behandelte, und entzifferte 1728 die kufische Schrift auf d e m Krönungsmantel der römisch-deutschen Kaiser. 1741 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Er veröffentlichte u . a . Therapia generalis (1746), Physiologia medica (1747) und Anleitung zur älteren Μ Unzwissenschaft (hrsg. von Johann Ludwig Schulze, 1766). Seine Historia medicinae a rerum initio adannum urbis Romae DXXXV deducta (1728) gilt als erste Medizingeschichte. c d NDB S c h u l z e , Johannes (Karl Hartwig), Pädagoge, Beamter, * 1 5 . 1 . 1 7 8 6 Brüel (Mecklenburg), t 2 0 . 2 . 1 8 6 9 Berlin. Nach d e m Studium der Philologie und Theologie in Halle und Leipzig wurde S., Sohn eines Erbzollverwalters, 1807 promoviert. Zunächst Hauslehrer, wurde er 1808 Prof., 1810 Direktor am G y m n a s i u m in Weimar und war seit 1812 Oberschul- und Studienrat am G y m n a s i u m in Hanau, seit 1816 Schulrat beim Konsistorium in Koblenz. 1818 wurde er in Berlin Vortragender Rat im Ministerium f ü r geistliche Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten. Er bearbeitete hier bis zum Tod des Ministers —»Altenstein (1840) die Angelegenheiten des höheren Schulwesens, dann der Universitäten und wurde 1849 Direktor der Unterrichtsabteilung. 1859 trat er als Geheimer Oberregierungsrat (seit 1852) in den Ruhestand. 1854 wurde S. Ehrenmitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Er veröffentlichte eine S a m m l u n g seiner Schulreden (2 Bde., 1819-30). CD N D B S c h u l z e , Rudolf (Hermann), Physiker, Meteorologe, * 13.5. 1906 Mügeln bei Dresden, t 1 6 . 7 . 1 9 7 4 Hamburg. S. studierte 1926-30 Technische Physik an der T H Dresden, arbeitete nach der Promotion zum Dr.-Ing. 1932 {Opti-
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Schulze sehe und lichtelektrische Untersuchungen an dünnen Metallschichten, gedruckt 1933) an der Univ. Bochum auf dem Gebiet der Dosimetrie und habilitierte sich 1938 mit der Studie Neubestimmung der Eveschen Konstante, in der er die biologische Wirkung radioaktiver Strahlung untersuchte. 1939 entdeckte S. die mutagene Wirkung der U V Strahlung. Im selben Jahr eingezogen, wurde er 1940 Dozent für Experimentalphysik am Marineobservatorium in Greifswald, 1944 auch Dozent für Strahlungsphysik an der dortigen Unversität. 1946 übernahm S. die Leitung der Forschungs- und Entwicklungsabteilung beim Meteorologischen A m t für Nordwestdeutschland in Hamburg, wurde 1947 apl. Prof. an der dortigen Univ. und leitete 1952-71 das Meteorologische Observatorium des Deutschen Wetterdienstes in Hamburg. Neben der Strahlungsforschung beschäftigte er sich mit Medizinmeteorologie. Er entwickelte einen Polyethylen-Stahlungsbilanzmesser und ein Instrument zur Messung langwelliger UV-Strahlung von Satelliten aus. S., seit 1965 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Lichtforschung, veröffentlichte u. a. Das Strahlenklima der Erde (1970, 2 1982). c d NDB
Schulze-Boysen, Harro, Widerstandskämpfer, * 2 . 9 . 1909 Kiel, t 2 2 . 1 2 . 1942 Berlin-Plötzensee. S.-B., Sohn eines Marineoffiziers und Großneffe des Admirals Alfred von —»Tirpitz, war Mitglied des Jungdeutschen Ordens und studierte 1929-31 Rechtswissenschaft in Freib u r g / B r e i s g a u und Berlin. Er wurde Redakteur, 1932 Mitherausgeber der von Franz —>Jung herausgegebenen M o natsschrift „Gegner", war nach deren Verbot 1933 kurzzeitig inhaftiert und wurde gefoltert. S.-B. begann eine Ausbildung an der Verkehrsfliegerschule Warnemünde, wurde 1934 Mitarbeiter der Nachrichtenabteilung des Reichsluftfahrtministeriums, erhielt 1940 einen Lehrauftrag f ü r Weltwirtschaft und war seit 1941 Oberleutnant im Generalstab der L u f t w a f f e . Seit 1936 leitete er unter d e m Tarnnamen Choro Informationen an die Berliner Sowjetbotschaft weiter, führte einen kleinen Widerstandskreis und leitete seit der K o n t a k t a u f n a h m e mit Arvid —>Harnack 1941 gemeinsam mit diesem die Gruppe „Rote Kapelle". Nach deren Enttarnung 1942 wurde S.-B. gemeinsam mit seiner Frau Libertas —»S.-B. wegen Hoch- und Landesverrats verhaftet und hingerichtet. Er schrieb Gegner von heute Kampfgenossen von morgen (1932). CD N D B
Schulze,
Rudolph, Politiker, * 18.11. 1918 Chemnitz, t 2 6 . 1 1 . 1 9 9 6 Zepernick bei Berlin. Der Sohn eines Apothekers machte 1934-37 eine Drogistenlehre, war seit 1937 in Chemnitz in seinem Beruf tätig, besuchte bis 1939 die Drogistenfachschule und wurde zum Kriegsdienst eingezogen. 1948 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, wurde er 1950 Bürgermeister der Stadt Schwarzenberg (Sachsen). Seit 1948 Mitglied der Ost-CDU, war er 1950-52 Abgeordneter im Sächsischen Landtag und Minister für Handel und Versorgung. 1955 wurde er Präsident der Industrie- und H a n d e l s k a m m e r der D D R in Berlin und leitete 1958-65 die Deutsche Warenabnahmegesellschaft bzw. die für die Warenabnahme im Außenhandel zuständige Firma „intercontrol" als Generaldirektor. Seit 1952 Mitglied des Hauptvorstandes, seit 1954 des Präsidiums der Ost-CDU, gehörte er seit 1958 der Volksk a m m e r an. Bereits seit 1956 war er Mitglied des Nationalrats der Nationalen Front. 1963 übernahm S. die Leitung des Post- und Fernmeldewesens der D D R . 1971-89 war er auch stellvertretender Vorsitzender des Ministerrats der D D R . m
Schulze,
SBZ/DDR
Wilhelm (Emil Heinrich), Sprachwissenschaftler, Indogermanist, * 15. 12. 1863 Burgsteinfurt (Westfalen), t 1 6 . 1 . 1 9 3 5 Neubabelsberg. S., Sohn eines Postbeamten, studierte seit 1881 Indogermanistik, Vergleichende Sprachwissenschaft und Klassische Philologie in Berlin und Greifswald und wurde 1887 promoviert (Quaestiones epicae, gedruckt 1892). 1890 habilitierte er sich für Klassische Philologie in Greifswald, ging 1892 als a. o.Prof. für Klassische Philologie nach Marburg und wurde 1895 o. Prof. f ü r Indogermanische Sprachwissenschaft in Göttingen, 1902 in Berlin. Seit 1903 war er ordentliches Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. S. war ein Verfechter der Verbindung von Philologie und Sprachwissenschaft. Er befaßte sich mit indogermanischer Wortgeschichte sowie mit d e m Griechischen, Lateinischen und Tocharischen. S. war Herausgeber der „Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf d e m Gebiet der indo-germanischen Sprachen" (1902-34) und veröffentlichte u . a . Orthographica (1894), Graeca Latina (1901), Zur Geschichte der lateinischen Eigennamen (1904, Nachdr. 1933 und 1991), Tocharische Grammatik (1931, mit Emil Sieg und Wilhelm Siegling) und Kleine Schriften (1934, 2 1966). CD Bursian, Jg. 62
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Schulze-Boysen,
Libertas, geb. Haas-Heye, Widerstandskämpferin, * 2 0 . 1 1 . 1913 Paris, f 2 2 . 1 2 . 1 9 4 2 Berlin-Plötzensee. Nach dem Abitur und einem Englandaufenthalt wurde S.-B., Tochter eines Professors für M o d e und Kostüm am Berliner Kunstgewerbemuseum, 1933 Pressereferentin bei MetroG o l d w y n - M a y e r in Berlin. Seit 1936 war sie mit Harro - > S . - B . verheiratet. 1937 trat sie aus der N S D A P aus, der sie seit 1933 angehört hatte. 1940 schrieb sie Filmkritiken für die „Essener Nationalzeitung" und legte zugleich in der deutschen Kulturfilmzentrale im Reichspropagandaministerium eine S a m m l u n g von Bildmaterial über deutsche Verbrechen in Osteuropa an. S.-B. vermittelte Kontakte ihres Mannes und schaffte nach dessen Verhaftung illegales Material beiseite. Eine Woche später wurde auch sie verhaftet, zum Tod verurteilt und hingerichtet. CD N D B
Schulze-Delitzsch,
(Franz) H e r m a n n , eigentl. Schulze, Genossenschaftsgründer, Sozialreformer, Politiker, * 2 9 . 8 . 1808 Delitzsch (Sachsen), t 2 9 . 4 . 1883 Potsdam. Dem Beispiel seines Vaters folgend, schlug S.-D. die Juristenlaufbahn ein und wurde Patrimonialrichter in der sächsischen Kleinstadt Delitzsch. Hier kam er intensiv mit den Problemen der von den vormärzlichen Wirtschaftskrisen bedrohten kleinen Handwerksmeister und Geschäftsleute in Berührung. 1848 wurde er als Vertreter von Delitzsch in die Verfassunggebende Preußische Nationalversammlung gewählt (seither Namensanhang „Delitzsch"). Hier gehörte er d e m „linken Z e n t r u m " um Johann Karl —»Rodbertus an. Seine Verteidigungsrede führte 1850 zum Freispruch der 41 oppositionellen Abgeordneten, die den Steuerverweigerungsbeschluß als Protest gegen die vom König angeordnete Vertagung des Parlaments trugen. Daraufhin als Kreisrichter nach Wreschen (Provinz Posen) strafversetzt, trat S.-D. 1851 von seinem A m t zurück. In den folgenden Jahren lebte er von seinen Ersparnissen, Rechtsgutachten, Vertragsentwürfen etc.; jegliche öffentliche politische Betätigung wurde ihm untersagt. Während dieser Zeit befaßte er
Schulze-Knabe sich intensiv m i t der „sozialen F r a g e " und v e r ö f f e n t l i c h t e e i n e R e i h e von S c h r i f t e n , in d e n e n er sich mit der Organisation von G e n o s s e n s c h a f t e n f ü r d i e G e w e r b e t r e i b e n d e n beschäftigte. Bereits 1849 hatte S.-D. in Delitzsch e i n e K r a n k e n - und Sterb e k a s s e s o w i e G e n o s s e n s c h a f t e n der Tischler und S c h u h m a c h e r z u m g e m e i n s a m e n B e z u g von R o h s t o f f e n g e g r ü n d e t . 1850 k a m ein Vorschußverein h i n z u . D e m g e s c h i c k t e n und engagierten R e d n e r g e l a n g es, seiner im Interesse der H a n d w e r k e r a m solidarischen H a n d e l n b e g r ü n d e t e n Idee d e s Gen o s s e n s c h a f t s w e s e n s r a s c h e und w e i t e Verbreitung zu vers c h a f f e n . N a c h Delitzscher Vorbild w u r d e n mit g r o ß e m E r f o l g Vorschußvereine, R o h s t o f f - , M a g a z i n - , Werk- und Produktionsgenossenschaften, Konsumvereine und Baugen o s s e n s c h a f t e n in g a n z D e u t s c h l a n d eingerichtet, an d e r e n G r ü n d u n g S.-D. beratend und k o o r d i n i e r e n d m i t w i r k t e . 1859 organisierte er den ersten d e u t s c h e n G e n o s s e n s c h a f t s t a g u n d f a ß t e G e n o s s e n s c h a f t e n u n d V o r s c h u ß v e r e i n e zu e i n e m Z e n tralverband z u s a m m e n . 1863 publizierte er d i e S c h r i f t Kapitel zu einem deutschen Arbeiterkatechismus, in der er g e g e n F e r d i n a n d —> Lassalle zu F e l d e z o g . M i t seinen individualistischen, a m K l e i n u n t e r n e h m e r orientierten ö k o n o m i s c h e n Vorstellungen k o n n t e er d i e F a b r i k a r b e i t e r s c h a f t j e d o c h n u r s c h w e r erreichen. 1858 b z w . 1861 erschien S.-D. als M i t b e g r ü n d e r des wirtschaftsliberalen Volkswirtschaftlichen C o n g r e s s e s und des National Vereins w i e d e r auf der politischen B ü h n e . 1861 kehrte er in d e n P r e u ß i s c h e n L a n d t a g z u r ü c k und siedelte nach P o t s d a m über. 1867 w u r d e er a u c h in d e n N o r d d e u t schen, 1871 in den d e u t s c h e n R e i c h s t a g g e w ä h l t . Er wirkte als M i t b e g r ü n d e r d e r liberalen D e u t s c h e n Fortschrittspartei und n a h m starken E i n f l u ß auf d a s 1867 e r l a s s e n e G e n o s s e n schaftsgesetz. 1871 g r ü n d e t e er e i n e G e s e l l s c h a f t zur Verbreitung der Volksbildung. Bereits vor s e i n e m Tod 1883 wurd e n i h m internationale A n e r k e n n u n g und E h r u n g e n zuteil. WERKE: Schriften und R e d e n . Hrsg. v. Friedrich T h o r w a r t . 5 Bde., Berlin 1909-13. LITERATUR: W e r n e r C o n z e : M ö g l i c h k e i t e n u n d G r e n z e n der liberalen A r b e i t e r b e w e g u n g in D e u t s c h l a n d . D a s Beispiel S.D.s. H e i d e l b e r g 1965. - Rita A l d e n h o f f : S.-D. Ein Beitrag zur G e s c h i c h t e des L i b e r a l i s m u s z w i s c h e n R e v o l u t i o n und R e i c h s g r ü n d u n g . B a d e n - B a d e n 1984. - W o l f g a n g Reuter: H. S.-D. als F r e i m a u r e r . Z u r G e s c h i c h t e d e s F r e i m a u r e r b u n d e s in preußen im 19. J a h r h u n d e r t . [Geithan] 1997. - Walter K o c h : U n d sie k o n n t e n nicht z u e i n a n d e r k o m m e n . D a s Verhältnis z w i s c h e n H . S.-D. und Friedrich W i l h e l m R a i f f eisen. Delitzsch 2 0 0 0 . - G ü n t e r W a g n e r : H. S.-D. L e b e n und Wirken in seiner G e b u r t s t a d t . Ein R ü c k b l i c k anläßlich des 150. G r ü n d u n g s j a h r e s des Delitzscher Vorschussvereins. Delitzsch 2 0 0 0 . - Jürgen Z e r c h e : D i e sozialpolitischen A n s ä t z e im L e b e n und Werk von H . S.-D. Delitzsch 2 0 0 1 . Rita
Gudermann
S c h u l z e - F i e l i t z , Günther, Bauingenieur, * 2 2 . 1 1 . 1 8 9 9 H a n n o v e r , t 1 . 2 . 1972 Essen. S.-F. studierte B a u i n g e n i e u r w e s e n an der T H H a n n o v e r , w a r L a n d e s o b e r b a u r a t bei der P r o v i n z i a l v e r w a l t u n g in Stettin und w u r d e 1933 von Fritz —»Todt in die B e h ö r d e des Generalinspekteurs f ü r das d e u t s c h e S t r a ß e n w e s e n nach B e r lin b e r u f e n . N a c h G r ü n d u n g d e s R e i c h s m i n i s t e r i u m s f ü r Bew a f f n u n g und M u n i t i o n 1940 u n d der E r n e n n u n g T o d t s z u m R e i c h s m i n i s t e r ü b e r n a h m S.-F. als S t a a t s s e k r e t ä r und Vertreter Todts d i e A u f g a b e n d e s G e n e r a l i n s p e k t e u r s f ü r das d e u t s c h e S t r a ß e n w e s e n b z w . f ü r W a s s e r und Energie. Als d i e g e s a m t e E n e r g i e w i r t s c h a f t 1943 Albert —»Speer unterstellt w u r d e , erhielt S.-F. d i e L e i t u n g des A m t e s f ü r E n e r g i e . 1945 inhaftiert, w a r er nach d e m E n t n a z i f i z i e r u n g s v e r f a h r e n selbständiger I n g e n i e u r . 1950 trat er als P r o k u r i s t und Direktor in die Hochtief A G ein und w u r d e 1952 M i t g l i e d ,
1967 S p r e c h e r d e s Vorstandes. S . - F w a r E h r e n s e n a t o r der T U H a n n o v e r und Vorstandsmitglied des D e u t s c h e n B e t o n vereins. CD L e b Industrie 6 S c h u l z e - G a e v e r n i t z , Gerhart von, Volkswirt, * 2 5 . 7 . 1864 Breslau, t 1 0 . 7 . 1943 K r a i n s d o r f bei Neurode. S.-G., S o h n von H e r m a n n von —>S.-G., studierte seit 1882 R e c h t s - und S t a a t s w i s s e n s c h a f t e n in Heidelberg, Berlin, L e i p z i g und G ö t t i n g e n und w u r d e 1886 z u m Dr. j u r . promoviert. D a n a c h i m V e r w a l t u n g s d i e n s t tätig, w a n d t e er sich n a c h der B e g e g n u n g mit L u j o —> B r e n t a n o der Nation a l ö k o n o m i e zu und v e r ö f f e n t l i c h t e nach einer R e i s e n a c h G r o ß b r i t a n n i e n Zum socialen Frieden. Eine Darstellung der socialpolitischen Erziehung des englischen Volkes [...] (2 B d e . , 1890). 1891 a u c h z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t (Carlyles Stellung zu Christentum und Revolution, Nachdr. 1993), habilitierte er sich i m selben J a h r an der U n i v . Leipzig, w u r d e nach der R ü c k k e h r von einer R u ß l a n d r e i s e ( 1 8 9 2 / 9 3 ) a . o . P r o f . der V o l k s w i r t s c h a f t an der U n i v . Freib u r g / B r e i s g a u und w a r seit 1896 O r d i n a r i u s . 1926 w u r d e er C h e f der w i s s e n s c h a f t l i c h e n A b t e i l u n g des Instituts f ü r geistige Z u s a m m e n a r b e i t b e i m V ö l k e r b u n d . S.-G., der u . a . mit Friedrich —»Naumann u n d M a x —» W e b e r b e f r e u n d e t war, w a r 1912-18 f ü r d i e Fortschrittliche Freiheitspartei M i t glied d e s R e i c h s t a g s , 1 9 1 9 / 2 0 f ü r d i e D e u t s c h e D e m o k r a t i sche Partei der W e i m a r e r N a t i o n a l v e r s a m m l u n g . E r b e f a ß t e sich v o r a l l e m mit A r b e i t s m a r k t - u n d L o h n t h e o r i e s o w i e mit T h o m a s Carlyle. Z u seinen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n g e h ö r e n Der wirtschaftliche Großbetrieb, ein wirtschaftlicher und socialer Fortschritt (1892), England und Deutschland (1908, 5 1 9 2 4 ) und Die deutsche Kreditbank (1922). CD N D B S c h u l z e - G a e v e r n i t z , H e r m a n n ( J o h a n n Friedrich) von, bis 1888 Schulze, Jurist, * 2 3 . 9 . 1 8 2 4 Jena, f 2 8 . 1 0 . 1 8 8 8 Heidelberg. D e r S o h n Friedrich G o t t l o b —»Schulzes studierte R e c h t s und K a m e r a l w i s s e n s c h a f t e n s o w i e P h i l o s o p h i e und G e schichte in Jena, L e i p z i g u n d Berlin, w o er 1846 z u m Dr. j u r p r o m o v i e r t w u r d e . Er habilitierte sich 1847 in J e n a f ü r Staats- und V ö l k e r r e c h t und w u r d e dort 1850 a. o. P r o f e s sor. 1857 ging er als o . P r o f . n a c h B r e s l a u u n d ü b e r n a h m 1878 d e n Lehrstuhl f ü r Reichs-, Staats- und Verwaltungsrecht in Heidelberg. S.-G. war seit 1869 K r o n s y n d i k u s und M i t g l i e d d e s preuß. H e r r e n h a u s e s ; 1888 w u r d e er nobilitiert. S.-G. b e m ü h t e sich u m e i n e S y s t e m a t i s i e r u n g d e s d e u t s c h e n Staatsrechts, d a s er aus d e m R e c h t der Einzelstaaten abzuleiten suchte. Von e i n e m o r g a n i s c h e n S t a a t s k o n z e p t ausg e h e n d , integrierte seine I d e e des F ü r s t e n r e c h t s a u c h den H o c h a d e l als R e c h t s e t z e n d e Einheit in d i e R e c h t s o r d n u n g . E r v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Die Hausgesetze der regierenden Fürstenhäuser (3 Bde., 1862-83), Das preußische Staatsrecht auf Grundlage des deutschen Staatsrechts dargestellt 2 (2 B d e . , 1870-77, 1 8 8 8 - 9 0 ) , Das Erb- und Familienrecht der deutschen Dynastien des Mittelalters ( 1 8 7 1 ) und Lehrbuch des deutschen Staatsrechts (2 Bde., 1881-86). Er w a r der Vater von Gerhart von - > S . - G . m NDB S c h u l z e - K n a b e , Eva, geb. K n a b e , M a l e r i n , G r a p h i k e r i n , * 1 1 . 5 . 1907 P i r n a (Sachsen), t 1 6 . 7 . 1976 D r e s d e n . S.-K. studierte 1924-26 an der A k a d e m i e f ü r g r a p h i s c h e K ü n s t e und B u c h g e w e r b e in Leipzig, 1926-29 bei Ferd i n a n d —»Dorsch, M a x F e l d b a u e r , R o b e r t —»Sterl und O t t o —»Dix an d e r K u n s t a k a d e m i e D r e s d e n und untern a h m 1 9 2 7 / 2 8 g e m e i n s a m mit ihrem späteren E h e m a n n Fritz —»Schulze Studienreisen nach F i n n l a n d (1927), Spanien ( 1 9 2 8 ) und D a l m a t i e n (1929). Seit 1930 M i t g l i e d der K P D , w u r d e sie 1933 mit ihrem M a n n v e r h a f t e t u n d bis 1934 im K o n z e n t r a t i o n s l a g e r B u r g H o h e n s t e i n interniert, 1941 e r n e u t verhaftet und zu lebenslanger Z u c h t h a u s s t r a f e verurteilt. N a c h der B e f r e i u n g aus d e m Z u c h t h a u s W a l d h e i m
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Schulze-Smidt freischaffende Künstlerin in Dresden, unternahm sie Reisen u . a . in die Sowjetunion, nach Rumänien und Bulgarien. S.-K. war 1947 Mitinitiatorin der Gruppe „Das U f e r " und Mitbegründerin des Künstlerverbandes, des späteren Verbandes Bildender Künstler der D D R (VBK); 1965-71 stand sie d e m V B K im Bezirk Dresden vor. Sie schuf Kohlezeichnungen, Linolschnitte, Entwürfe für Sgraffiti und Wandmalereien sowie Aquarelle (u.a. Die Zwillinge, 1947). OD Lex Kunst S c h u l z e - S m i d t , Berhardine (Cornelie Wilhelmine), geb. Smidt, Pseud. E. Oswald, Schriftstellerin, * 19.8. 1846 Gut Dungen bei Bremen, t 17.2. 1920 Bremen. Die Tochter eines hohen Beamten wurde in Bremen erzogen. Nach einem längeren Sprachaufenthalt in England heiratete sie 1869 den Regierungsrat E. O. Schulze. Nach dessen Tod 1886 lebte sie als freie Schriftstellerin in München, zuletzt wieder in Bremen. S.-S., die viele Reisen unternahm, schrieb zahlreiche Romane, Novellen und Erzählungen (Eiserne Zeit, 1898) sowie Reiseerinnerungen (Konstantinopel, 1897). m Westf Autoren, Bd 2 S c h u l z e - V a r e l l , Heinz (Arthur), Couturier, * 2 1 . 8 . 1907 Schöneberg (heute zu Berlin), t 2 9 . 5 . 1985 München. Der Sohn eines Hoteliers durchlief seit 1923 eine kaufmännische Lehre bei „Schwabe & Meyer", später bei „Hermann Gerson", w o er 1926 Assistent wurde. U m 1 9 3 1 / 3 2 wechselte er als Konfektionär in die Firma von Norbert Jutschenka. 1934 eröffnete S.-V. in Berlin den Modesalon „Schulze-Bibernell" und wurde 1943 Kostümchef der Ufa. 1948 gründete S.-V. einen neuen Salon in München („Heinz A. Schulze", ab 1949 „Schulze-Varell") und übernahm 1973 einen Lehrauftrag an der Meisterschule für M o d e München. DP N D B S c h u l z e z u r W i e s c h e , Paul, Jurist, * 1 7 . 8 . 1 9 0 5 Duisburg, t 3 0 . 3 . 1 9 8 7 Düsseldorf. S. z. W . studierte Rechtswissenschaften, wurde 1929 promoviert und war seit 1932 Repetitor in Bonn. 1933 Schloß er sich der „Bekennenden Kirche" an und wurde nach Abbruch seiner Habilitation 1934 Leiter ihrer Rechts- und Verwaltungsabteilung im Rheinland. Im selben Jahr ließ er sich als Rechtsanwalt beim Oberlandesgericht Düsseldorf nieder. S. z. W . leistete seit 1941 Kriegsdienst, zuletzt als Offizier im Heereswaffenamt. Er nahm Kontakt zum Widerstandskreis u m Hans von —»Dohnanyi und Dietrich —»Bonhoeffer auf und war geheimer Rechtsbeistand Dohnanyis. Nach 1945 nahm er seine Düsseldorfer Praxis wieder auf und war Sachverständiger bei der R e f o r m der alliierten Entnazifizierungsmaßnahmen. S. z. W . leitete bis 1971 die von ihm angeregten Juristentagungen der Evangelischen A k a d e m i e Mülheim/Ruhr. m BBKL S c h u l z e - W i l d e , Harry (Paul), Pseud. Harry Wilde, H. S. Hegner, Schriftsteller, Journalist, * 1 6 . 7 . 1 8 9 9 Zwickau, t 2 2 . 2 . 1 9 7 8 Hohenbrunn bei München. Von Beruf kaufmännischer Angestellter, begann S.-W., Sohn eines Metzgers und Gastwirts, nach dem Ersten Weltkrieg ein Wanderleben, gründete in Weimar eine Jugendherberge sowie eine Suppenküche für Schüler und Rentner und betätigte sich in verschiedenen Berufen. 1921-32 Mitglied der K P D , wurde er 1930 Sekretär Theodor —»Plieviers. Nach dem Reichstagsbrand 1933 verhaftet, entkam S.-W. aus d e m Gefängnis, floh nach Schweden, das ihn 1939 auswies, und war in Frankreich, den Niederlanden und Belgien als Journalist im Widerstand gegen die Nationalsozialisten aktiv. 1942 gelang ihm die Flucht aus dem Lager Gurs in die Schweiz, wo er in einem Arbeitslager interniert wurde. S.-W. kehrte 1946 zurück, war 1947-50 Chefredakteur der Münchner Zeitschrift „Echo der Woche" und trat 1948 in die F D P ein. Neben Werken zur zeitgenössischen Geschichte
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schrieb er Biographien ( T h e o d o r Plievier Freiheit, 1965) sowie Sozialpsychologische dem Lagerleben (1946).
- Nullpunkt der Erfahrungen aus CD B H d E , Bd 2
S c h u m a c h e r von Marienfrid, Anton (Johann), österr. Buchhändler, Verleger, Politiker, * 1 7 . 4 . 1 8 3 6 Innsbruck, t 16.4. 1918 Innsbruck. Der aus einer Buchhändlerfamilie stammende S. durchlief eine Lehre an der Beck'schen Universitätsbuchhandlung in Wien. Seit 1859 leitete er das Familienuntemehmen, die Wagner'sche Universitäts-Buchdruckerei und die Verlagsund Sortimentbuchhandlung in Innsbruck (seit 1862 k.k. Univ.-Buchhandlung), deren Eigentümer er 1868 wurde. 1862 übernahm S. auch die dortige D a u m ' s e h e Buchdruckerei. 1872 gründete er in Innsbruck eine Leihbibliothek und verkaufte 1898 die Firma an seinen Sohn Eckart S. 1891-1918 war S. Vorstand der Sparkasse in Innsbruck und 1877-86 Vizebürgermeister. 1905 wurde er in den Verwaltungsrat der Zentralbank der deutschen Sparkassen in Prag berufen. t u NDB S c h u m a c h e r , Bruno, Historiker, * 2 . 1 2 . 1 8 7 9 Straßburg, t 1.3. 1957 Hamburg. S., Sohn eines Intendantursekretärs, studierte in Königsberg evang. Theologie und Geschichte und wurde 1902 zum Dr. phil. promoviert. Seit 1903 Lehrer am Königsberger Friedrichskolleg, wurde er 1922 Direktor des Gymnasiums in Marienwerder und 1934 des Friedrichskollegs in Königsberg. S. befaßte sich mit der Geschichte Preußens und des Deutschen Ordens (Geschichte Ost- und Westpreußens, 1937), erhielt 1937 einen Lehrauftrag an der Univ. Königsberg und wurde 1938 zum Prof. ernannt. Nach Kriegsende floh er nach Hamburg, lehrte am Johanneum und an der Univ. und wurde 1954 Ehrenmitglied der 1950 wiederbegründeten Historischen Kommission f ü r Ost- und Westpreußen. CD Altpreuß Biogr, Bd 2 S c h u m a c h e r , Elisabeth, geb. Hohenemser, Widerstandskämpferin, * 2 8 . 4 . 1904 Darmstadt, t 22. 12.1942 BerlinPlötzensee. Nach der Ausbildung in Offenbach und an den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst in Berlin war S. als freiberufliche Graphikerin im Deutschen Arbeitsschutzmuseum Berlin tätig. S., die als sogenannte „Nichtarierin" keine feste Anstellung erhielt, gehörte dem Widerstandskreis u m Harro —» Schulze-Boysen an. Sie war an der Herstellung und Verbreitung illegaler Schriften beteiligt, organisierte Hilfe für Verfolgte und hatte nach Beginn des Kriegs gegen die Sowjetunion konspirativen Kontakt zu einem sowjetischen Diplomaten. S. nahm mit ihrem Ehemann Kurt - > S . (1905-1942) im August 1942 einen aus Moskau k o m m e n d e n Agenten auf, wurde kurz darauf verhaftet, zum Tod verurteilt und hingerichtet. CD Widerstand S c h u m a c h e r , Emil, Maler, * 2 9 . 8 . 1912 Hagen (Westfalen), f 4. 10. 1999 San Jose (Ibiza). Nach dem Studium der Werbegraphik an der Kunstgewerbeschule Dortmund (1932-35) arbeitete der Bergmannssohn als freier Maler, wobei ihn , . _ die Begegnung mit Christian —»Rohlfs (1937) prägte. Nach i der Dienstverpflichtung als kjjlf Konstruktionszeichner in ei^ ^ I nem Rüstungsbetrieb (1939-45) begründete S. die Künstlervereinigung „junger westen" "Ί·® (1947) und erprobte gegenständliche Abstraktion des Interieurs mit zunehmender Zeichenhaftigkeit. Geometrisierung und Flächigkeit der Gegen-
Schumacher standsbilder erfuhren einen Bruch, als S. in Paris (1951) mit der „art informel" (Tachismus) konfrontiert wurde. Die Gegenstände wurden nun fast völlig aus d e m Bild verbannt, inhaltlich anmutende Titel (Räumliche Trennung, 1955) bezeichneten abstrakte Zustände, Farbe als Material wurde zum Bildthema; ihre physische Existenz nahm direkten Einfluß auf die Malgeste. 1957 entstanden die ersten, meist einfarbigen oder wenig farbigen Tastobjekte, reliefartige, dreidimensionale Bilder aus gefundenen und bearbeiteten Materialien, in welchen Bildebene und Bildraum miteinander verschmolzen. Expressionismus, Surrealismus und asiatische Kalligraphie waren die Vorläufer sowohl des amerikanischen abstrakten Expressionismus als auch der informellen Malerei, deren bedeutendster deutscher Vertreter S. war. Malerei vollzog sich darin als Ereignis im Malprozeß, Material und Form, Zeichnung und Malerei, Bild und Maler wurden identisch. A m deutlichsten trat die handgreifliche Auseinandersetzung in den „Hammerbildern" zutage, mit denen S. bis in die frühen siebziger Jahre die Zerstörung als Bildmittel einführte. Ritzungen und Furchen, Verletzungen des Bildträgers, die Spuren des Malers, insbesondere seine großzügige Signatur sowie die sinnlich-plastische Materialität des Bildes, dessen Schichtungen und A b g r ü n d e setzten die existentielle Erfahrung sowohl des Malers als auch des Betrachters an die Stelle der Abbildlichkeit. Auf der documenta 3 in Kassel (1964) zeigte S. unter dem vorgegebenen Motto „Bild und Skulptur im R a u m " drei großformatige Arbeiten in U-förmiger Anordnung. Der Eindruck von Farbbewegung, vehementer Geste und räumlicher Erfahrbarkeit der Farbe, die den Betrachter mit einschloß, war überwältigend und behielt ihre Gültigkeit bis zur letzten großen Ausstellung des Künstlers in der Galerie Nationale du Jeu de Paume, Paris, der Kunsthalle Hamburg und im Haus der Kunst, München ( 1 9 9 7 / 9 8 ) . S. schuf neben großformatigen Acryl-, Öl- und Materialbildern auf unterschiedlichen Bildträgern zahlreiche Arbeiten auf Papier, Zeichnungen, Gouachen, Collagen, Sisalcollagen, Radierungen von „verletzten" Druckplatten und Mischtechniken. Er unterrichtete u. a. an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg (1958-60), an der Staatlichen A k a d e m i e der Bildenden Künste in Karlsruhe (1966-77) und an der Minneapolis School of Art (1967-68). Neben zahlreichen internationalen Einzel- und Gruppenausstellungen beteiligte er sich an der X X I X . Biennale in Venedig (1958), an der documenta 2 in Kassel (1959), an der X X X I . Biennale in Venedig (1962) sowie an der documenta 3 (1964) und an der documenta 5 (1977). Er erhielt u. a. den Guggenheim Award, N e w York (1958), den „Premio Cardazzo" der X X X I . Biennale (1962), den Großen Kunstpreis des Landes Nordrhein-Westfalen (1963) und den August-Macke-Preis, Meschede (1978). 1992 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Univ. Dortmund verliehen. S. war Mitglied des Ordens Pour le Merite. LITERATUR: Bernhard Holeczek: Zur Aktualität E. S.s. E. S., Arbeiten 1949-1978, Kunstverein Braunschweig 1978. Klaus Gallwitz: Das Bild bestätigt den Maler. E. S., Malerei/Painting 1936-1991, Städelsches Kunstinstitut, Frankfurt 1992. - Armin Zweite: Eine spirituelle Operation an den Leib des Malers gebunden. Zu den Bildern von E. S„ E. S. Bilder 1995-1996, Galerie Strelow, Düsseldorf 1996. E. S. Retrospektive. Edition du Jeu de Paume, Paris, Hamburger Kunsthalle, Hamburg, Haus der Kunst, München, 1 9 9 7 / 9 8 . - Ulrich Krempel/Volker Rattenmeyer (Hrsg.): E. S. - der Erde näher als den Sternen. Malerei 1936-1999. Müchen 2007. Hannah Stegmayer S c h u m a c h e r , Ernst, Politiker, Publizist, * 7. 10. 1896 Burg bei Magdeburg, t 2 4 . 2 . 1957 Bonn. Von Beruf Schriftsetzer, trat S., Sohn eines Arbeiters, 1913 in die S P D ein. Mitte 1933 in die Niederlande emigriert,
war er Grenzsekretär der Auslands-SPD (Sopade) in Antwerpen und Berichterstatter der „Deutschland-Berichte der Sopade". S. ging 1939 nach Bolivien, gab 1939-46 in La Paz die „Rundschau vom Illimani", das Organ des von ihm gegründeten „Landesverbandes der S P D in Bolivien", heraus und war Sopade-Landesvertreter in Bolivien. 1941 wurde er von der bolivianischen Regierung mit der Überwachung und B e k ä m p f u n g nationalsozialistischer Aktivitäten beauftragt. 1 9 4 1 / 4 2 vertrat er „Das Andere Deutschland" in Bolivien und war 1942 kurzzeitig Vorsitzender der von ihm gegründeten „Vereinigung Freier Deutscher in Bolivien". 1947 zurückgekehrt, wurde er Sekretär des Parteibezirks Unterfranken und war 1948-53 Verlagsgeschäftsführer des „Neuen Vorwärts" in Bonn. Aufzeichnungen S.s aus den Jahren 1945-91 erschienen 2007 unter d e m Titel Ernst Schumacher - Ein bayerischer Kommunist im doppelten Deutschland (hrsg. von Michael Schwartz). CD B H d E , Bd 1
Schumacher,
E(rnst) F(riedrich), auch Fritz S., Nationalökonom, * 16.8. 1911 Bonn, t 4 . 9 . 1977 Schweiz. Der Sohn von Hermann —»S. studierte an der Univ. Bonn u . a . bei Joseph —>Schumpeter Volkswirtschaftslehre sowie in Cambridge, Oxford und N e w York; ohne Abschluß kehrte er 1933 nach Deutschland zurück. 1937 nach Großbritannien emigriert, wurde er 1940 zeitweise inhaftiert, lernte im Lager Frank Adolf —>Burchardt kennen und erhielt 1941 eine Anstellung am Institute of Statistics in Oxford. Nach d e m Zweiten Weltkrieg britischer Staatsbürger, kehrte S. nach Deutschland zurück und arbeitete für die Alliierte Kontrollkommission. 1950 wurde er wirtschaftlicher Berater, 1963 Chefstatistiker des englischen National Coal Board. Nach Aufenthalten in B u r m a (1955) und Indien (1961) verglich S. in Aufsätzen (zusammengefaßt 1973 in Small is beautiful, dt. Die Rückkehr zum menschlichen Maß, 1977, 6 1983) deren Wirtschaft mit jener der Industrienationen. Er forderte die Erhaltung funktionsfähiger sozialer Strukturen und sah Arbeit nicht als Notwendigkeit an, um materiell abgesichert zu sein, sondern als Chance des Menschen seine Fähigkeiten zu entfalten. Außerdem beschäftigte er sich mit der Energieproblematik (Schumacher on Energy, hrsg. von Geoffrey Kirk, 1982). S. starb während einer Zugfahrt von Genf nach Lausanne. CD Hagemann
S c h u m a c h e r , Ferdinand, Unternehmer, * 30.3. 1822 Celle bei Hannover, t 10.4. 1908 Akron (Ohio, USA). Nach einer Kaufmannslehre in Harburg bei Hamburg 1837-42 ging S., Sohn eines Kaufmanns, 1850 in die U S A und eröffnete in Akron (Ohio) ein Lebensmittelgeschäft. 1856 gründete er die German Mills American Oatmeal Factory. Mit d e m Zukauf der Akron Milling C o m p a n y 1886 erlangte er die Kontrolle über den Verband der Oatmill Millers Association, 1888 über die American Cereal C o m p a n y . 1899 wurde er als Präsident des Unternehmens abgesetzt. CD N D B
Schumacher,
Friedrich, Geologe, * 2 0 . 5 . 1884 Spaichingen, t 5 . 9 . 1 9 7 5 Ottobeuren. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte 1902-08 an der T H Stuttgart und der Bergakademie Freiberg (Sachsen) und wurde 1910 zum Dr.-Ing. promoviert {Die Erzlagerstätten am Schauinsland im südwestlichen Schwarzwalde). 1910-13 war er Geologe und Bergingenieur bei der Goldminengesellschaft Mica in Brad (Rumänien) und 1913-15 stellvertretender Direktor der Goldmine Seneke in Deutsch-Ostafrika. Im Kolonialkrieg leitete er bis 1916 die Münzprägung, geriet in Gefangenschaft und wurde 1917 nach Deutschland ausgetauscht. S. wurde 1920 o . P r o f . der Geologie und Lagerstättenlehre an der Bergakademie Freiberg. Studienreisen führten ihn durch Europa, Kleinasien, Südafrika und in die Vereinigten Staaten. 1922-45 leitete er die „Society of Economic Geologists" und war seit 1946 Mitglied u . a . der
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Schumacher Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. 1946 verlor er seinen Lehrstuhl und war 1947-51 Chefgeologe des Bleiwerks Trepca sowie Prof. der Lagerstättenlehre an der T H Belgrad. Danach lebte er in Spaichingen. S. veröffentlichte u. a. eine Ubersicht über die nutzbaren Bodenschätze Spaniens (1926) und Die nutzbaren Minerallagerstätten von Deutsch-Ostafrika (mit Nikolai T h a m m , 1941).
Schumacher,
Fritz, eigentl. Friedrich Wilhelm S., Architekt, Stadtplaner, * 4. 11.1869 Bremen, t 5. 11. 1947 Hamburg. Aufgewachsen in Bremen, Bogota und N e w York, studierte S., Sohn eines Diplomaten und Bruder Hermann —> S.s, 1890-93 Architektur in München und Berlin und war dann bei Gabriel von —> Seidl und seit 1896 als Mitarbeiter des Stadtbauamtes von Leipzig tätig; Studienreisen führten ihn nach Paris, R o m und London sowie in die Niederlande. 1899 wurde er a. o., 1903 o . P r o f . an der T H Dresden. 1909 ging S. als Leiter des Hochbauwesens nach Hamburg und übernahm 1918 die Aufsicht über sämtliche Hamburger Staatsbauten; 1920-23 war er nach Köln beurlaubt. In Hamburg schuf er neben dem Generalbebauungsplan u . a . das Gebäude des M u s e u m s für Hamburgische Geschichte (1912-23), ferner zahlreiche Schulen; die Dulsberg-Siedlung und die Jarrestadt beruhen weitgehend auf seinen städtebaulichen Konzeptionen. S. erneuerte die hamburgische Tradition des Backsteinbaus und näherte sich dabei zunehmend den Formen des Neuen Bauens. Daneben trat er publizistisch hervor und veröffentlichte u. a. Die Kleinwohnung (1917), Das Wesen des neuzeitlichen Backsteinbaues (1917), Strömungen deutscher Baukunst seit 1800 (1935), Stufen des Lebens. Erinnerungen eines Baumeisters (1935) und Probleme der Großstadt (1940). CD Lex Kunst
Schumacher,
Hans, Architekt, * 1 9 . 7 . 1 8 9 1 Bonn, t 11.4. 1982 Köln. S. besuchte die Kunstgewerbeschule in Kiel, war in verschiedenen Architekturbüros tätig und ließ sich 1923 als selbständiger Architekt in Kiel nieder. Er plante Ein- und Mehrfamilienhäuser, Geschäftsbauten und eine große Zahl von Schulgebäuden (u.a. die Pädagogische Hochschule Rheinland in Köln-Lindenthal, 1955-67) sowie u . a . das Erzbischöfliche Palais (1956-58, mit Willy Weyres) in Köln. CD Vollmer
Schumacher,
Hans, schweizer. Schriftsteller, Journalist, * 2 . 3 . 1910 Zürich, t 2 0 . 3 . 1993 Zürich. S., Sohn eines Eisenbahners, studierte Germanistik an der Univ. Zürich und wurde 1941 mit einer Arbeit über Gottfried -> Keller promoviert. Danach betätigte er sich als Literaturkritiker für Zeitungen und R u n d f u n k , Herausgeber von Werk- und Auswahlausgaben und Anthologien (Zürich. Eine Stadt im Spiegel der Literatur, 1970; Ein Gang durch den Grünen Heinrich, 1974) und Dozent an der Volkshochschule. Als Autor zunächst Lyriker (Brunnen derZeit, 1941; Schatten im Licht, 1946), veröffentlichte er später auch Erzählungen und R o m a n e ( u . a . Die Stunde der Gaukler, 1981; Harder und Harder, 1984) sowie die Erinnerungsbücher Rost und Grünspan (1964, Neuausg. 1989) und Die durchlässige Zeit (1990). S. erhielt u. a. 1982 den Literaturpreis der Stadt Zürich. DP D L L
Schumacher,
Heinrich Christian, Jurist, Geodät, Astronom, * 3 . 9 . 1780 Bramstedt (Holstein), t 2 8 . 1 2 . 1 8 5 0 Altona (heute zu Hamburg). S., Sohn eines Justizamtmanns, studierte 1799-1804 Rechtswissenschaft in Kiel und Göttingen und wurde 1806 promoviert (De servis publicis populi Romani). 1 8 0 5 / 0 6 war er Dozent an der Juristischen Fakultät von Dorpat, erhielt 1807 eine Stellung an der Univ. Göttingen und befaßte sich mit astronomischen Studien unter Carl Friedrich —»Gauß.
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1808-10 studierte S. Mathematik in Hamburg, ging 1810 als a. o. Prof. der Astronomie an die Univ. Kopenhagen, war 1813-15 Direktor der Sternwarte in M a n n h e i m und erhielt 1815 das astronomische Ordinariat in Kopenhagen, lebte aber meist in Altona, wo ihm der dänische König 1823 eine Sternwarte erbauen ließ. Er führte 1817 eine Triangulation des zu Dänemark gehörenden Festlands durch, leitete das dänische Kalenderwesen und gab 1820-29 astronomische Tafelwerke heraus. 1823 begründete er die Zeitschrift „Astronomische Nachrichten", die er bis an sein Lebensende redigierte. 1830 machte er auf Schloß Güldenstein/ Fünen Beobachtungen über die Länge des einfachen Sekundenpendels, die dem dänischen Maßsystem zugrundegelegt wurde. S. schrieb Uber die Berechnung der bei Wägungen vorkommenden Reductionen (1838) und gab „Astronomische A b h a n d l u n g e n " (3 Hefte, 1823-25) sowie „Astronomische Jahrbücher" (1836-44) heraus. Seinen Briefwechsel mit Gauß edierte Christian August Friedrich —»Peters (6 Bde., 1860-65). t u NDB
Schumacher,
Heinrich Christian Friedrich, Botaniker, Mediziner, * 15. 11. 1757 Glückstadt, t 9 . 1 2 . 1 8 3 0 Kopenhagen. S. war bereits mit 16 Jahren als Miltärchirurg in Rendsburg tätig, studierte dann am Theatro Anatomica-Chirurgicum in Kopenhagen und wandte sich nach dem Abschluß 1779 der Botanik zu. Zahlreiche westafrikanische Pflanzen auf der Basis der Sammlungen und Notizen von Peter Thonning wurden von ihm beschrieben. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Bemerkung einer Schußwunde (1778), Einige myologische Bemerkungen bei Zerlegung verschiedener Leichnahmen (1779), Medicinisch-chirurgische Bemerkungen (1800), Versuch eines Verzeichnisses der in den dänisch-nordischen Staaten sich findenden einfachen Mineralien mit Tabellen der einfachen Fossilien nach ihren vorwaltenden Bestandteilen (1801), Pharmacopoea Danica (1805) und Descriptio musei anthropologics Universitatis Hafniensis( 1828). DP S H B L , Bd 2
Schumacher,
H e r m a n n , Nationalökonom, * 6 . 3 . 1 8 6 8 Bremen, t 3. 10.1952 Göttingen. Aufgewachsen in Bogota und N e w York, studierte S., Bruder des Architekten Fritz —>S., Rechts- und Staatswissenschaften in Freiburg, München, Wien und Berlin und war nach einer Studienreise durch die U S A seit 1896 im preuß. Ministerium für öffentliche Arbeiten tätig. 1 8 9 7 / 9 8 bereiste er Südostasien, wurde 1899 a . o . P r o f . der Staatswissenschaften an der Univ. Kiel und war 1901-04 erster Studiendirektor der Städtischen Handelshochschule Köln. S. lehrte 1904-17 als o . P r o f . der Staatswissenschaften an der Univ. Bonn, hatte 1 9 0 6 / 0 7 als erster die Kaiser-Wilhelm-Professur an der Columbia University in New York inne und bereiste 1911 Java und Sumatra. 1917-35 war er o. Prof. der Staatswissenschaften an der Univ. Berlin. S. veröffentlichte u . a . Weltwirtschaftliche Studien (\9\l). CD Reichshandbuch
Schumacher,
Johann N e p o m u k (Joseph), österr. Verleger, * 2 0 . 3 . 1806 Innsbruck, t 2 4 . 4 . 1 8 5 2 Innsbruck. S., Sohn eines Buchhändlers und Politikers, begann das Studium der Philosophie, das er jedoch 1824 beim Tod seines Vaters abbrechen mußte. Er wurde in Buchhandel und -druck ausgebildet, zuerst im Familienunternehmen, 1 8 2 5 / 2 6 in Frankfurt, 1 8 2 6 / 2 7 in Paris und 1 8 2 7 / 2 8 in Mailand. 1828 nach Innsbruck zurückgekehrt, übernahm er neben der väterlichen Firma auch die W a g n e r ' s e h e Universitäts-Buchdruckerei, in der er die erste Schnellpresse Österreichs verwendete. S. gründete die „Katholischen Blätter aus Tirol", machte nach 1824 den „Tiroler Boten" zur Tageszeitung und verlegte in seinem Verlag die „Innsbrucker meteorologischen Beobachtungen". Gegen E n d e seines Le-
Schumacher bens erwarb er den Verlag „Phönix". S. gehörte seit 1830 dem Großen Gemeindeausschuß von Innsbruck an und war 1834-52 Magistratsrat. CD Ö B L
S c h u m a c h e r , Joseph, Medizinhistoriker, * 13.6. 1902 Köln, f 1 2 . 9 . 1 9 6 6 Freiburg/Breisgau. S. studierte in Köln (Dr. med. 1930, Zur Kenntnis der Riesenzellgewächse der Gelenkkapseln), München, Düsseldorf und Bonn (Dr. phil. 1937, Die Krankheitsdarstellungen der Volksepidemien in der deutschen Kunst vom frühen Mittelalter bis einschließlich 16. Jahrhundert), wurde 1939 an der Medizinischen A k a d e m i e Düsseldorf Privatdozent und 1940 Direktor des Instituts für Geschichte der Medizin. 1941 wechselte er an die Univ. Freiburg, wo er ebenfalls Institutsdirektor war und 1945 zum Prof. ernannt wurde. S. war seit 1945 Mitherausgeber der „Medizinischen Klinik", seit 1947 der „Deutschen Medizinischen R u n d s c h a u " und der „Grenzgebiete der Medizin". Er veröffentlichte u. a. Überwindung oder Wiedergeburt der Antike in der modernen Medizin (Antrittsvorlesung 1940), Antike Medizin ( 1 9 4 0 , 2 1 9 6 3 ) , Im Herzen wächst der Arzt. Der Arztphilosoph Paracelsus (1946) und Vom Wesen des Arzttums (1946, 2 1957). S c h u m a c h e r , Karl, Prähistoriker, Archäologe, * 1 4 . 1 0 . 1 8 6 0 Dühren (heute zu Sinsheim), t 17.4. 1934 Bad Mergentheim. Nach dem Studium an den Universitäten Heidelberg, Freiburg und Bonn war S. Gymnasiallehrer in Konstanz und Bruchsal. 1887-1901 arbeitete er als Direktorialassistent an den Großherzoglichen Sammlungen in Karlsruhe und war 1901-26 Erster Direktor des Römisch-Germanischen Nationalmuseums in Mainz. S. schrieb grundlegende Arbeiten, besonders zur südwestdeutschen Vorgeschichte. Er veröffentlichte u . a . Beschreibung der Sammlung antiker Bronzen in Karlsruhe (1890) und Siedlungs- und Kulturgeschichte der Rheinlande (3 Bde., 1921-25).
Schumacher,
Karl von, schweizer. Diplomat, Publizist, * 10.9. 1894 Luzern, t 2 6 . 2 . 1 9 5 7 Zürich. S. studierte Staatswissenschaften an der Univ. Bern, erwarb den Grad eines Lie. rer. pol., trat in den diplomatischen Dienst der Schweiz ein und wurde 1919 Attache im politischen Departement. S. war bis 1932 Ausländskorrespondent der „Neuen Zürcher Zeitung" und gründete 1933 mit Manuel —¥ Gasser die „Weltwoche", die er bis an sein Lebensende als Herausgeber und Chefredakteur leitete. Seit 1938 gab er auch die Frauenzeitschrift „Annabelle" heraus. S. veröffentlichte u. a. Mexiko und die Staaten Zentralamerikas. Geschichte, Politik, Wirtschaft (1929), Madame Du Barn (1930) und Mirabeau. Aristokrat und Volkstribun (1954). S c h u m a c h e r , Kurt (Ernst Karl), Politiker, * 13. 10.1895 K u l m (Westpreußen), t 2 0 . 8 . 1952 Bonn. In einer liberalen K a u f m a n n s familie in Kulm aufgewachsen, entwickelte S. bereits als Gymnasiast politisches Interesse für die Sozialdemokratie. Bei Beginn des Ersten Weltkriegs meldete er sich nach dem Notabitur freiwillig zum Militär. Bei Lodz im Dezember 1914 schwer verwundet (Verlust des rechten Arms), studierte er seit 1915 in Halle, Leipzig und Berlin Rechtswissenschaften und Nationalökonomie. Die Promotion erfolgte im Juli 1920 bei Johann - > Plenge in Münster. Seit Februar 1918 Mitglied der Mehrheitssozialdemokratie, gehörte S. während der Revolution d e m Berliner Arbeiter-
und Soldatenrat an. Im Dezember 1920 siedelte er nach Stuttgart über und trat in die Redaktion der SPD-Zeitung „Schwäbische Tagwacht" ein, w o er sich als scharfer Kritiker der Gegner der Weimarer Republik profilierte. Seine Fähigkeiten als Redakteur und Redner, seine Amter in der S P D (1930 Vorsitzender des Ortsvereins Stuttgart und Mitglied des württembergischen Landesvorstands, 1921 und 1929 Delegierter auf Reichsparteitagen) und seine Parlamentsmandate (1924-31 Mitglied des Württembergischen Landtags, 1930-33 des Reichstags) machten ihn zu einem herausragenden Führer der örtlichen und regionalen Arbeiterbewegung. Im Reichstag gehörte er zu denjenigen jüngeren SPDAbgeordneten, die ihren Reformsozialismus mit einem nationalpatriotisch akzentuierten Republikanismus verbanden und als scharfe Gegner des Nationalsozialismus hervortraten. Nach dem 30. 1. 1933 befürwortete S. den Übergang der S P D zur illegalen Arbeit. Der Verhaftung am 6 . 7 . 1933 folgte die Internierung in verschiedenen Konzentrationslagern, seit 1935 in Dachau. Trotz schwerer Mißhandlungen blieb S. standhaft, behielt aber bleibende gesundheitliche Schäden zurück. Im März 1943 nach Hannover entlassen, wurde er nach dem Staatsstreichversuch vom 2 0 . 7 . 1944 erneut vier Wochen inhaftiert. Sofort nach der Besetzung Hannovers durch die Briten nahm S. den lokalen Aufbau der S P D in Angriff, über das „Büro Dr. Schumacher" und in Konkurrenz mit d e m Berliner „Zentralausschuß" um —> Grotewohl auch bereits die überregionale Z u s a m m e n f a s s u n g der Partei in den Westzonen. Seine Überzeugung, die sozialistische Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft sei sowohl aus ökonomischen und sozialen Gründen als auch zur politischen Sicherung der Demokratie unumgänglich, verband er mit deutlicher Abgrenzung von der K P D und der sowjetischen Besatzungsmacht. Da die beiden sozialdemokratischen Zentren in Hannover und in Berlin keine gemeinsame Linie fanden, konnte die Fusion von K P D und S P D für die Ostzone erzwungen werden, während sich in der S P D der Westzonen und überwiegend auch Berlins S.s Haltung durchsetzte. Der erste Nachkriegsparteitag der Westzonen-SPD im Mai 1946 wählte S. zum Vorsitzenden; er blieb deren unbestrittener Führer auch während der Perioden schwerer Krankheit (Amputation des linken Beins im September 1948). In dieser Zeit ebnete er den Weg für die schrittweise Wiederaufnahme der S P D in die internationale Gemeinschaft der demokratischsozialistischen Parteien. Die Ablehnung aller Kollektivschuld-Vorwürfe und die Verteidigung der Lebensinteressen des deutschen Volkes verband S. mit der Forderung nach einem radikalen Bruch mit der nationalsozialistischen Vergangenheit nicht nur in struktureller Hinsicht, sondern auch im Sinne eines geistigmoralischen Aufbruchs. Bei aller freimütigen Kritik auch an den westlichen Siegermächten sah S. die S P D im OstWest-Konflikt an der Seite der „Weltdemokratie". Das galt jedoch uneingeschränkt nur für das innere politische System, nur bedingt bezüglich der sicherheitspolitischen Orientierung und kaum bei der Gestaltung der Wirtschafts- und Sozialordnung. Während er auf eine Tolerierung seines antikapitalistischen Ansatzes durch die Westmächte hoffte, sah er sich und seine Partei gesellschaftspolitisch in klarem Gegensatz zu den bürgerlichen Parteien. Er setzte darauf, die S P D durch Wählervotum zur bestimmenden Kraft zu machen, und zog deshalb die Opposition der Rolle des Juniorpartners vor. Die westdeutsche Staatsgründung 1 9 4 8 / 4 9 unterstützte S. unter Betonung ihres provisorischen und fragmentarischen Charakters und trug im April 1949, indem er die S P D auf die ultimative Ablehnung der Verfassungsvorstellungen der Westalliierten festlegte, zur Sicherung der Rechts-, Finanz- und Wirtschaftseinheit der Bundesrepublik bei.
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Schumacher D i e Wahlen z u m 1. D e u t s c h e n B u n d e s t a g a m 1 4 . 8 . 1 9 4 9 sahen d i e S P D mit 2 9 , 2 Prozent der S t i m m e n k n a p p hinter der C D U / C S U , die unter F ü h r u n g —»Adenauers z u d e m auf e i n e breite nichtsozialistische M e h r h e i t z u r ü c k g r e i f e n k o n n t e . D i e H a u p t a u f m e r k s a m k e i t S.s galt in der F o l g e z e i t der außen-, sicherheits- u n d d e u t s c h l a n d p o l i t i s c h e n Positio n s b e s t i m m u n g der B o n n e r R e p u b l i k . U n t e r den G e s i c h t s p u n k t e n der G l e i c h b e r e c h t i g u n g u n d der W i e d e r v e r e i n i g u n g D e u t s c h l a n d s lehnte S. u n d mit i h m d i e S P D alle k o n k r e t e n Schritte zur ( i n s b e s o n d e r e militärischen) Westintegration a b und v e r l a n g t e im F r ü h j a h r 1952 e i n e s o r g f ä l t i g e P r ü f u n g der D e u t s c h l a n d - N o t e n Stalins. D a b e i schreckte er v o r s c h a r f e r P o l e m i k nicht z u r ü c k . G r u n d s ä t z l i c h b e j a h t e S. den G e d a n ken der e u r o p ä i s c h e n E i n i g u n g , o r d n e t e d e m Ziel der d e u t schen W i e d e r v e r e i n i g u n g in Freiheit aber Priorität zu. S. w a r n e b e n A d e n a u e r die b e h e r r s c h e n d e Gestalt der westd e u t s c h e n Politik in d e r f r ü h e n N a c h k r i e g s z e i t . N i c h t zuletzt a u f g r u n d seiner m o r a l i s c h e n Autorität trug er m a ß g e b l i c h dazu bei, der d e u t s c h e n D e m o k r a t i e im A u s l a n d w i e im eig e n e n Volk Vertrauen zu s c h a f f e n . A u s der O p p o s i t i o n gestaltete die S P D unter seiner F ü h r u n g d e n neuen Staat mit. In den V e r h a n d l u n g e n m i t den W e s t m ä c h t e n ü b e r d i e Stellung der B u n d e s r e p u b l i k n a c h a u ß e n stärkte sie d e f a c t o d e n S p i e l r a u m der B u n d e s r e g i e r u n g . WERKE: D e r K a m p f u m d e n S t a a t s g e d a n k e n in der d e u t schen S o z i a l d e m o k r a t i e . Stuttgart 1973 (Dissertation). - R e den - S c h r i f t e n - K o r r e s p o n d e n z e n 1945-1952. H r s g . v. Willy A l b r e c h t . B e r l i n / B o n n 1985. - K . S. in d e r „ S c h w ä b i schen T a g w a c h t " ü b e r D e m o k r a t i e und K o m m u n i s t e n . A u s g e w ä h l t u n d k o m m e n t i e r t v. Ulla Plener. Berlin 1995. LITERATUR: A r n o S c h o l z / W a l t e r G. O s c h i l e w s k i (Hrsg.): T u r m w ä c h t e r der D e m o k r a t i e . E i n L e b e n s b i l d von K. S. 3 B d e . , Berlin 1 9 5 2 / 5 4 . - W a l d e m a r Ritter: K. S. - E i n e U n t e r s u c h u n g seiner politischen K o n z e p t i o n . H a n n o v e r 1964. L e w i s J. E d i n g e n K. S. Persönlichkeit und politisches Verhalten. K ö l n / O p l a d e n 1967. - R u d o l f H r b e k : D i e S P D D e u t s c h l a n d und E u r o p a . D i e H a l t u n g der S o z i a l d e m o k r a t i e z u m Verhältnis von D e u t s c h l a n d - P o l i t i k und Westintegration ( 1 9 4 5 - 1 9 5 7 ) . B o n n 1972. - Willy A l b r e c h t : K. S. Ein Leben f ü r d e n d e m o k r a t i s c h e n S o z i a l i s m u s . B o n n 1985. - Peter M e r s e b u r g e r : D e r s c h w i e r i g e D e u t s c h e . K. S. Stuttgart 1995. - Dieter D o w e (Hrsg.): K. S. und der „ N e u b a u " der d e u t s c h e n S o z i a l d e m o k r a t i e n a c h 1945. B o n n 1996. - S t e f a n R a m m e r : K. S. im Urteil der d e u t s c h e n N a c h k r i e g s p r e s s e . D a s Bild e i n e s s o z i a l d e m o k r a t i s c h e n Politikers in Ost- und W e s t d e u t s c h l a n d . W i n z e r 2 0 0 2 . - Volker S c h o b e r : D e r j u n g e K. S. 1 8 9 5 - 1 9 3 3 . B o n n 2 0 0 0 . - W o l f g a n g M ü l l e r : D i e e u r o papolitischen Vorstellungen von K. S. 1945-1952. E i n e A l ternative f ü r D e u t s c h l a n d und E u r o p a ? Stuttgart 2 0 0 3 . - D i e S P D unter K. S. u n d Erich O l l e n h a u e r 1946-1963. S i t z u n g s p r o t o k o l l e der S p i t z e n g r e m i e n . Hrsg. und bearb. v. Willy Albrecht. B o n n 1999 ff. Peter Brandt
S c h u m a c h e r , Kurt, W i d e r s t a n d s k ä m p f e r , B i l d h a u e r , * 6 . 5 . 1905 Stuttgart, t 22. 12. 1942 Berlin-Plötzensee. S. m a c h t e e i n e H o l z b i l d h a u e r l e h r e und studierte, zuletzt als M e i s t e r s c h ü l e r , an den Vereinigten S t a a t s s c h u l e n f ü r f r e i e u n d a n g e w a n d t e K u n s t in Berlin. Z u seinen ersten s e l b s t ä n d i g e n A r b e i t e n als B i l d h a u e r g e h ö r e n die M e d a i l lons an d e r Berliner S c h l e u s e n b r ü c k e . S. hatte K o n t a k t m i t H a r r o —> S c h u l z e - B o y s e n und d e r Z e i t s c h r i f t „ g e g n e r " und Schloß sich d e s s e n Kreis von R e g i m e g e g n e r n an. Er stand als F u n k e r f ü r K o n t a k t e in d i e S o w j e t u n i o n zur V e r f ü g u n g , w u r d e j e d o c h 1941 zur W e h r m a c h t e i n g e z o g e n . Im A u g u s t 1942 n a h m er mit seiner Frau Elisabeth —>S. einen A g e n t e n auf. Bei S.s V e r h a f t u n g i m S e p t e m b e r 1942 w u r d e n zahlreic h e seiner A r b e i t e n zerstört. D a s E h e p a a r S. w u r d e z u m Tod verurteilt und hingerichtet. c u Widerstand
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Schumacher
von M a r i e n f r i d , S i e g m u n d , österr. H i s t o loge, * 26. 1 . 1 8 7 2 I n n s b r u c k , t 3 1 . 5 . 1944 Natters (Tirol). S., S o h n eines B u c h h ä n d l e r s , studierte in I n n s b r u c k , M ü n c h e n u n d Wien, w u r d e 1898 p r o m o v i e r t und habilitierte sich 1904 in W i e n f ü r A n a t o m i e . 1908 z u m a. o . P r o f . ernannt, w e c h s e l t e 1912 als a . o . P r o f . der H i s t o l o g i e und E m b r y o l o g i e an d i e Tierärztliche H o c h s c h u l e in W i e n und 1913 an d i e Univ. I n n s b r u c k ( A n t r i t t s v o r l e s u n g : Die Individualität der Zelle, 1914), w o er seit 1916 als o . P r o f . der H i s t o l o g i e u n d E m b r y o l o g i e lehrte. S. w a r M i t g l i e d der A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n in Wien. Er v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . einen Grundriß der Histologie des Menschen (1934, '"1966). 1925 erschienen seine Erinnerungen. Beobachtungen und Gedanken eines Tiroler Jägers. 1X1 A l m a n a c h Ö s t A k a d , Jg. 9 5
Schumacher,
Tony v o n , eigentl. A n t o n i e L o u i s e C h r i s t i a n e M a r i e S o p h i e S., g e b . von B a u r - B r e i t e n f e l d , Schriftstellerin, * 1 7 . 5 . 1 8 4 8 L u d w i g s b u r g , t 1 0 . 7 . 1931 Ludwigsburg. S., T o c h t e r von Fidel - » B a u r von B r e i t e n f e l d , b e s u c h t e ein privates T ö c h t e r i n s t i t u t und heiratete 1875 den H o f r a t und V e r m ö g e n s v e r w a l t e r der P r i n z e s s i n M a r i e von W ü r t t e m b e r g , Karl Friedrich von S. Sie schrieb zahlreiche K i n d e r - und Jug e n d e r z ä h l u n g e n in m ü t t e r l i c h - e r z i e h e n d e m P l a u d e r t o n , d i e in M i l l i o n e n a u f l a g e n verbreitet waren ( u . a . Das Veferl vom Eibsee, 1901), s o w i e e i n e R e i h e von a u t o b i o g r a p h i s c h e n E r z ä h l w e r k e n , d i e a u c h idealisierende K i n d h e i t s e r i n n e r u n gen an ihren G r o ß o n k e l Justinus von —> K e r n e r enthalten ( u . a . Selbsterlebtes aus meinen Kinderjahren, 1918). •3
NDB
S c h u m a c h e r , Walter, A p o t h e k e r , B o t a n i k e r , * 3 . 7 . 1901 P f o r z h e i m , t 7 . 2 . 1976 B o n n . S., S o h n eines A p o t h e k e r s , durchlief 1922-25 in W ü r z b u r g e i n e A p o t h e k e r l e h r e , studierte 1925-27 P h a r m a z i e und B o tanik in L e i p z i g und w u r d e 1927 mit der A r b e i t Ein Beitrag zur Kenntnis des Stoffwechsels panaschierter Pflanzen promoviert. Seit 1927 war er A s s i s t e n t a m Institut f ü r B o t a n i k in B o n n , w o er sich 1933 habilitierte und seit 1936 den L e h r s t u h l f ü r B o t a n i k vertrat; 1941-69 w a r er Ordinarius. N e b e n a l l g e m e i n e n T h e m e n der B o t a n i k u n t e r s u c h t e S. vor a l l e m d e n S t o f f t r a n s p o r t in Pflanzen. Z u seinen Veröffentlic h u n g e n g e h ö r e n Tod und Unsterblichkeit in der Pflanzenwelt ( 1 9 3 9 ) und Der Stofftransport in der Pflanze (= Handbuch der Pflanzenphysiologie, B d . 13, mit H e r m a n n Fischer, 1967). c n Höpfner
Schumacher,
W i l h e l m , Journalist, Schriftsteller, * 3 . 1 . 1 8 0 0 Danzig, t 2 8 . 4 . 1 8 3 7 Danzig. S., S o h n eines F u h r m a n n s , w a r zunächst Sattlerlehrling, ans c h l i e ß e n d bis 1821 Soldat, betätigte sich als R e i s e b e g l e i t e r eines Fürsten in Österreich und kehrte 1823 nach D a n z i g z u r ü c k . Er v e r ö f f e n t l i c h t e h u m o r i s t i s c h e G e d i c h t s a m m l u n gen u n d R o m a n e (u. a. Zacharias Sappio, oder Liebe und Leben eines Danziger Bürgers, 1831) und w a r M i t a r b e i t e r an Z e i t s c h r i f t e n . S. g r ü n d e t e 1826 in D a n z i g die k u r z l e b i g e Z e i t s c h r i f t „ A u f m e r k s a m e r Z u s c h a u e r " , 1830 d i e Z e i t u n g „ D a n z i g e r D a m p f b o o t " , d i e bis 1879 erschien. c n DLL
Schumann,
Albert, Z i r k u s d i r e k t o r , * 2 2 . 1 . 1 8 5 8 W i e n , t 1 5 . 8 . 1939 Berlin. A l s S o h n eines Zirkusreiters des Z i r k u s R e n z erlernte S. seit s e i n e m dritten L e b e n s j a h r das Z i r k u s r e i t e n , trennte sich 1876 von s e i n e m Vater G o t t h o l d S. und d e s s e n seit 1871 bestehend e m U n t e r n e h m e n u n d stand bei f r e m d e n G e s e l l s c h a f t e n im Dienst. Seit e i n e m E n g a g e m e n t im C i r q u e Royal in B r ü s s e l ü b e r w i e g e n d als D r e s s e u r tätig, f o l g t e er 1882 s e i n e m Vater nach S k a n d i n a v i e n u n d g r ü n d e t e nach d e s s e n R ü c k k e h r nach D e u t s c h l a n d 1885 einen e i g e n e n Z i r k u s in M a l m ö . S. gastierte 1890 e r s t m a l s in Wien, 1892 in Berlin. Er errichtete in W i e n 1 8 9 0 / 9 1 und 1892 zwei H o l z b a u t e n , 1 9 0 3 / 0 4 e i n e n
Schumann u m f a n g r e i c h e n steinernen Z i r k u s g e b ä u d e k o m p l e x und b e z o g in Berlin 1900 das e h e m a l i g e G e b ä u d e des Z i r k u s R e n z , das seit 1918 M a x - » R e i n h a r d t als „ T h e a t e r der 1 0 0 0 0 " bespielte. Seit 1919 lebte S. im R u h e s t a n d von d e n Erträgen d e s S c h u m a n n - T h e a t e r s in F r a n k f u r t / M a i n . DO C z e i k e
Schumann,
(Friedrich) A u g u s t (Gottlob), Schriftsteller, B u c h h ä n d l e r , Verleger, * 2. 3 . 1 7 7 3 E n d s c h ü t z bei G e r a , t 1 0 . 8 . 1826 Z w i c k a u . D e r S o h n eines Pfarrers durchlief e i n e L e h r e bei e i n e m M a t e r i a l w a r e n h ä n d l e r und w a r d a n n k a u f m ä n n i s c h tätig. N a c h A b b r u c h eines S t u d i u m s k e h r t e S. n a c h W e i d a z u r ü c k und schrieb zahlreiche, d e m Z e i t g e s c h m a c k verpflichtete R o m a n e , u . a . Die Landfamilie zu Thalheim (1793), Ritterscenen und Mönchsmährchen ( 1 7 9 4 / 9 5 ) u n d Das Leben eines Glücklichen (1795). 1795 richtete er in R o n n e burg e i n e M a t e r i a l w a r e n h a n d l u n g ein, w i d m e t e sich weiter der Schriftstellerei (Compendiöses Handbuch für Kaufleute, 4 Tie., 1795-97) und etablierte 1796 e i n e B u c h h a n d lung mit L e i h b i b l i o t h e k . D a n e b e n betätigte er sich als Verleger von F a c h b ü c h e r n f ü r K a u f - und H a n d e l s l e u t e , g i n g mit d e m U n t e r n e h m e n n a c h Z w i c k a u , w o sein B r u d e r e b e n f a l l s B u c h h ä n d l e r war, und w u r d e 1810 A l l e i n i n h a b e r der F i r m a G e b r . S c h u m a n n . In s e i n e m Verlag k a m e n E n z y k l o p ä d i e n (Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungs-Lexikon von Sachsen, 18 Bde., 1814-33, f o r t g e f ü h r t v o n A l b e r t S c h i f f n e r ) und vor a l l e m g r o ß a n g e l e g t e R e i h e n w e r k e heraus, u . a . d i e Deutsche Anthologie, d i e Taschenbibliothek und d i e EtuiBibliothek der deutschen Classiker, ü b e r die S. 1817-21 einen N a c h d r u c k s t r e i t f ü h r t e . A l s einer der ersten f a ß t e S. den G e d a n k e n einer U n i v e r s a l b i b l i o t h e k und lieferte in acht Jahren e t w a 4 0 0 k l e i n f o r m a t i g e A l m a n a c h e und T a s c h e n b ü c h e r zu g ü n s t i g e n Preisen. S., der s e i n e m L e b e n selbst ein E n d e setzte, war der Vater von R o b e r t —»Schumann. c d L e b e n s w e g e T h ü r , 2. Slg.
Schumann,
Clara (Josefine), g e b . W i e c k , M u s i k e r i n , K o m p o n i s t i n , * 1 3 . 9 . 1819 Leipzig, t 2 0 . 5 . 1 8 9 6 F r a n k furt/Main. A l s Tochter d e s ehrgeizigen Leipziger Klavierpädagogen Friedrich Wieck e r f u h r S. seit ihrem f ü n f t e n L e b e n s j a h r e i n e strenge A u s b i l d u n g als Klaviervirtuosin. D a z u gehörten nicht n u r das Erarbeiten der F i n g e r f e r t i g k e i t und der g ä n g i g e n Konzertliteratur, sondern auch freie Improvisation, M u s i k t h e o r i e , T o n s a t z und K o n t r a p u n k t , also gleichzeitig G r u n d l a g e n f ü r d i e K o m p o s i t i o n . O b g l e i c h S. bereits 1830 erste S t ü c k e k o m p o n i e r t e , v e r f o l g t e sie allein d i e K o n z e r t l a u f b a h n weiter: 1830 d e r erste ö f f e n t l i c h e A u f t r i t t im L e i p z i g e r G e w a n d h a u s , 1831 K o n z e r t e in M i t t e l d e u t s c h l a n d , 1832 in Paris, weitere Konzertreisen 1 8 3 7 / 3 8 n a c h Prag, W i e n und B u d a p e s t , 1841 K o p e n h a g e n , 1844 R u ß l a n d , 1856 L o n d o n . 1878 w u r d e S. K l a v i e r - P r o f e s s o r i n an Dr. H o c h ' s K o n s e r v a t o r i u m in F r a n k f u r t / M a i n , 1891 g a b sie ihr letztes ö f f e n t l i c h e s K o n z e r t . In ihrem P r o g r a m m ging es ihr u m e i n e S y n t h e s e von Virtuosität und a n s p r u c h s v o l l e r K l a v i e r m u sik. S i e w u r d e b e s o n d e r s d u r c h ihre Interpretation von Werken —> B e e t h o v e n s , C h o p i n s , —> B r a h m s ' und R o b e r t —>S.s berühmt. 1835 w u r d e ihr K l a v i e r k o n z e r t a - M o l l , op. 7 unter der L e i t u n g von Felix —»Mendelssohn B a r t h o l d y u r a u f g e f ü h r t . M e h r e r e K o m p o s i t i o n e n f ü r K l a v i e r und G e s a n g f o l g t e n . Besonders ihr T r i o f ü r Klavier, Violine und V i o l o n c e l l o g - M o l l , op. 17 w u r d e von Z e i t g e n o s s e n gelobt. Trotz dieser A n e r k e n n u n g ü b e r w o g e n die S e l b s t z w e i f e l an ihrer B e g a b u n g
als K o m p o n i s t i n , da sie d a s T o n s c h ö p f e r t u m mit der gesellschaftlichen R o l l e der Frau in ihrer Zeit als u n v e r e i n b a r a n s a h : „Ein F r a u e n z i m m e r m u ß nicht c o m p o n i e r e n w o l l e n " . E i n e r intensiven s c h ö p f e r i s c h e n Arbeit s t a n d e n ihre Pianistinnentätigkeit und d i e G e b u r t von acht K i n d e r n in ihrer E h e m i t R o b e r t S. e n t g e g e n , d e n sie 1840 g e g e n den Willen ihres Vaters geheiratet hatte. Z u d e m m u ß t e sie ihr e i g e n e s M u s i z i e r e n mit R ü c k s i c h t auf d i e k o m p o s i t o r i s c h e A r b e i t ihres M a n n e s zurückstellen, der sie andererseits aber i m m e r w i e d e r zu n e u e n Werken e r m u n t e r t e ( G e m e i n s c h a f t s k o m position Liebesfrühling. Lieder und Duette nach Friedrich Riickert, op. 1 2 / o p . 37). N a c h s e i n e m T o d g a b sie das K o m ponieren g a n z auf. E i n e l a n g j ä h r i g e F r e u n d s c h a f t v e r b a n d sie mit J o h a n n e s B r a h m s , mit d e s s e n H i l f e sie 1876-93 R o b e r t S.s W e r k e h e r a u s g a b . WEITERE WERKE: S e c h s Lieder, op. 13. - S e c h s L i e d e r aus . J u c u n d c " von H e r m a n n Rollet, op. 23. Drei C h ö r e nach G e d i c h t e n von E m a n u e l Geibel. - Variations d e C o n c e r t sur la C a v a t i n e du Pirate d e Bellini, op. 8. - Q u a t r e pieces f u gitives, op. 15. - Drei Präludien und F u g e n , op. 16. - Drei R o m a n z e n , op. 21. - S o n a t e f ü r Klavier g - M o l l . - K o n z e r t f ü r Klavier und O r c h e s t e r f - M o l l ( F r a g m e n t ) . LITERATUR: Beatrix B o r c h a r d : R o b e r t S. u n d C. W i e c k . B e d i n g u n g e n künstlerischer Arbeit in der ersten H ä l f t e des 19. J a h r h u n d e r t s . W e i n h e i m / B a s e l 1985. - J a n i n a Klassen: C . W i e c k - S . D i e Virtuosin als K o m p o n i s t i n . S t u d i e n zu ihrem Werk. Kassel u . a . 1990. - Beatrix B o r c h a r d : C. S. Ihr L e b e n . F r a n k f u r t / M a i n , Berlin 1991. - N a n c y B. R e i c h : C . S. R o m a n t i k als Schicksal. E i n e B i o g r a p h i e . R e i n b e k 1991 (engl. I t h a c a / L o n d o n 1985). - M o n i c a S t e e g m a n n : C . S. R e i n b e k 2 0 0 1 . Christina Zech
Schumann,
Elisabeth, S ä n g e r i n , * 1 3 . 6 . 1888 M e r s e b u r g , t 2 3 . 4 . 1952 N e w York. S., zu deren Vorfahren Henriette —»Sontag g e h ö r t e , studierte bei Natalie —»Haenisch in D r e s d e n , M a r i e Dietrich in B e r lin und bei A l m a S c h a d o w in H a m b u r g , debütierte 1909 als Sopranistin a m H a m b u r g e r O p e r n h a u s , d e m sie bis 1919 a n g e h ö r t e , und gastierte e r s t m a l s 1 9 1 4 / 1 5 an der M e t r o p o litan O p e r a N e w York. 1919-38 M i t g l i e d der W i e n e r Staatsoper, g l ä n z t e sie in - > M o z a r t - und Strauss-Partien. Seit 1922 w i r k t e S. bei den S a l z b u r g e r Festspielen mit. Gastspiele f ü h r t e n sie an alle g r o ß e n e u r o p ä i s c h e n O p e r n h ä u s e r s o w i e nach N e w York, R i o d e J a n e i r o und B u e n o s Aires. Als Lied-Interpretin u n t e r n a h m sie T o u r n e e n d u r c h E u r o p a und N o r d a m e r i k a , u . a . 1921 mit R i c h a r d —>Strauss als begleit e n d e m Pianisten. S. emigrierte 1938 in d i e U S A , lehrte a m C u r t i s Institute of M u s i c und w u r d e 1944 U S - a m e r i k a n i s c h e Staatsbürgerin. Sie w a r mit d e m Dirigenten Karl O s k a r —»Alwin verheiratet. CD M G G
Schumann,
Erich, Verleger, U n t e r n e h m e r , * 1 3 . 1 2 . 1 9 3 0 N ü r n b e r g , t 21. 1 . 2 0 0 7 Essen. S., S o h n eines K a u f m a n n s , studierte 1950-56 J u r a und B e t r i e b s w i r t s c h a f t in E r l a n g e n , B o n n , Paris und N e w York. Z u n ä c h s t als R e c h t s a n w a l t tätig, w u r d e er 1978 G e s c h ä f t s f ü h r e n d e r G e s e l l s c h a f t e r der W A Z - M e d i e n g r u p p e in E s s e n , d i e er zu e i n e m internationalen M e d i e n k o n z e r n a u s b a u t e ; 1985 w u r d e er von Erich —> B r o s t adoptiert. 2 0 0 6 erregte e i n e A u s e i n a n d e r s e t z u n g z w i s c h e n S. und H a n s D i c h a n d ü b e r d i e F ü h r u n g der „ K r o n e n Z e i t u n g " A u f s e h e n . S. w a r 1991-96 Vorsitzender der S t i f t u n g D e u t s c h e Sporthilfe. 2 0 0 0 w u r d e er w e g e n h o h e r privater Z u w e n d u n g e n an d i e C D U w ä h r e n d deren „ S p e n d e n a f f ä r e " aus d e r S P D ausg e s c h l o s s e n . 2 0 0 2 erhielt er d i e E h r e n d o k t o r w ü r d e der U n i v . Münster. CD M u n z i n g e r
Schumann,
Friedrich Karl, e v a n g . T h e o l o g e , * 1 5 . 6 . 1 8 8 6 M e ß k i r c h (Baden), t 2 1 . 5 . 1 9 6 0 M ü n s t e r . S. studierte T h e o l o g i e u n d P h i l o s o p h i e in Basel, Berlin, G r e i f s w a l d , H e i d e l b e r g und T ü b i n g e n , w u r d e 1911 z u m
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Schumann Dr. phil. und 1924 zum Dr. theol. promoviert. Er war Stadtvikar in M a n n h e i m , 1914 Pfarrer in Triberg und nahm als Feldgeistlicher am Ersten Weltkrieg teil. 1924 habilitierte er sich an der Univ. Tübingen für Systematische Theologie, wurde 1928 a. o . P r o f . und ging 1929 als o . P r o f . an die Univ. Gießen. Seit 1932 o . P r o f . der Systematischen und Praktischen Theologie an der Univ. Halle-Wittenberg, war S. 1933 zeitweilig Mitglied der Deutschen Christen und theologischer Berater des Reichsbischofs Ludwig —> Müller. Er gehörte seit 1919 der Deutschnationalen Volkspartei und seit 1993 der N S D A P an. 1948 übernahm er die Leitung der Evangelischen Forschungs-Akademie Christophorus-Stift in Hemer, erhielt 1951 eine Professur an der Univ. Münster und wurde dort 1955 Ordinarius für systematische Theologie. S. schrieb u. a. Der Gottesgedanke und der Zerfall der Moderne (1929). OP Eberle
Schumann,
Georg (Alfred), Komponist, Musiker, Dirigent, * 2 5 . 1 0 . 1866 Königstein (Sachsen), t 2 3 . 5 . 1952 Berlin. Nach erstem Musikunterricht bei seinem Vater, einem Städtischen Musikdirektor, studierte S. seit 1880 Klavier, K o m position und Musiktheorie bei Friedrich Baumfelder in Dresden, kam 1882 als Stipendiat der Holstein-Stiftung an das Konservatorium in Leipzig und war dort Schüler u . a . von Carl —> Reinecke und Salomon —> Jadassohn. Bereits während des Studiums trat er öffentlich als Komponist und Pianist in Erscheinung, kam 1890 als Dirigent des GesangsVereins nach Danzig und war seit 1896 Dirigent des Philharmonischen Chores und Orchesters in Bremen. S. wurde 1900 Direktor (1950 Ehrendirektor) der Berliner Singakademie und erhielt den Professorentitel. 1907 wurde er Mitglied, 1918 Vizepräsident und 1934 Präsident der Preußischen Akademie der Künste, deren Meisterschule für Komposition er 1913-45 leitete. Seit 1909 stand er der Berliner Liedertafel vor. S. war Mitbegründer der Genossenschaft deutscher Tonsetzer. Er komponierte Klaviermusik, Lieder, Chor- und Orchesterwerke sowie Oratorien (Ruth, op. 50). Cd M G G
Schumann,
Georg, Politiker, Widerstandskämpfer, * 2 8 . 1 1 . 1 8 8 6 Reudnitz (heute zu Leipzig), t 1 1 . 1 . 1 9 4 5 Dresden. Von Beruf Werkzeugschlosser, trat S., Sohn eines Steindruckers, 1905 der S P D bei, erhielt 1907 eine Anstellung bei den Zeiss-Werken in Jena, wurde Mitglied des Deutschen Metallarbeiterverbandes und gehörte d e m Vorstand der Sozialistischen Arbeiterjugend in Jena an. Im Ersten Weltkrieg wegen antimilitaristischer Aktivitäten diszipliniert, beteiligte er sich nach Kriegsende an der Gründung der K P D in Leipzig und wurde 1921 in den Preußischen Landtag und 1928 in den Reichstag gewählt. 1 9 2 6 / 2 7 war er in Untersuchungshaft. S. gehörte seit 1927 d e m Zentralkomitee der K P D an. Er versuchte, 1933 eine Widerstandszelle in Breslau zu bilden, wurde jedoch verhaftet und nach dreijähriger Zuchthausstrafe im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert. Nach der Entlassung 1939 führte er u. a. mit Otto Engert eine kommunistische Widerstandsgruppe. S. wurde 1944 verhaftet, zum Tod verurteilt und 1945 hingerichtet. CD N D B
Schumann,
Gerhard, Schriftsteller, * 14.2. 1911 Esslingen, t 2 9 . 7 . 1995 Bodman-Ludwigshafen. Der Sohn eines Studienrats begann 1930 das Studium der Theologie und Germanistik in Tübingen und wurde im selben Jahr Mitglied der N S D A P und des nationalsozialistischen Studentenbundes, 1931 der SA. Seit 1935 gehörte er dem Präsidialrat der Reichsschrifttumskammer und dem Reichskultursenat an, leitete seit 1938 die Gruppe „Schriftsteller" der Reichskulturkammer, war 1942-44 Chefdramaturg des Württembergischen Staatstheaters in Stuttgart und trat 1944 in die Waffen-SS ein. 1 9 4 4 / 4 5 war er Mitglied er
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SS. 1945-48 interniert, leitete S. seit 1949 den von ihm mitbegründeten Europäischen Buchklub und gründete 1962 in Esslingen den Hohenstaufen-Verlag. S. war einer der meistgeschätzten Verfasser von SA-Liedern und veröffentlichte hymnische, Elemente der nationalsozialistischen Ideologie ins Religiös-Mythologische steigernde Gedichte (u. a. Ein Weg führt ins Ganze 1932, als Teilausgabe Die Lieder vom Reich, 1935, 56.-75. Tsd. 1943; Fahne und Stern, 1934, 10.-14. Tsd. 1943; Die Lieder vom Krieg, 1940, 51.-70. Tsd. 1944) sowie Dramen (Gudruns Tod, 1943). Nach dem Zweiten Weltkrieg erschienen u. a. Freundliche Bosheiten. Heitere und besinnliche Verse (1955) und die Autobiographie Besinnung. Von Kunst und Leben (1974). c n Hillesheim
Schumann, (Georg) Gottlob, Unternehmer, Bergwerksdirektor, * 14.6. 1860 Klettwitz (Niederlausitz), t 2 . 9 . 1929 Grube Ilse (Niederlausitz). S., Sohn eines Landwirts, war nach einer Ausbildung bei der Deutschen Reichspost als kaufmännischer Angestellter bei der Postverwaltung tätig. 1880 trat er in das Braunkohlenwerk Ilse in Bückgen bei Senftenberg ein, erhielt dort 1888 Prokura, war seit 1894 stellvertretender Direktor, seit 1897 Vorstandsmitglied und wurde 1906 Generaldirektor. Unter seiner Leitung wurde die Ilse Bergbau A G einer der größten deutschen Braunkohlenkonzerne. Er trieb die Modernisierung des Unternehmens durch vollmechanisierten Großtagebau entscheidend voran und rationalisierte die Kohlengewinnung, -förderung und -Veredelung. S. verantwortete auch die erste Ortsdevastierung (Rauno) im Lausitzer Kohlenrevier. Er schuf umfangreiche Werkssiedlungen sowie eine Pensions- und eine Werksparkasse. Die Ilse A G ging nach S.s Tod zunächst in der böhmischen Gruppe Petschek, nach der „Arisierung" in den Hermann-GöringWerken, dann im Flick-Konzern auf. CD N D B Schumann,
Hilmar, Mineraloge, * 8.11. 1902 Potsdam, t 2 4 . 1 2 . 2 0 0 1 Braunschweig. S. studierte seit 1922 Mineralogie, Geologie und C h e m i e in Wien und wurde 1928 promoviert (Über moldanubische Paragesteine aus dem niederösterreichischen Waldviertel zwischen Gföhler- und Bittescher Gneis). 1940 habilitierte er sich in Göttingen (Ein mecklenburgischer Glaukonitsandstein) und wurde 1947 zum apl., 1954 zum o. Prof. in Dresden ernannt. 1961 verließ S. die D D R und wurde 1964 Direktor des neugegründeten Mineralogischen Instituts der T H Braunschweig. Sein Interesse galt vor allem polarisationsmikroskopischen Untersuchungen, der Kristalloptik und Sedimentpetrographie. S. veröffentlichte u . a . Einführung in die Gesteinswelt (1950, 5 1975), Grundlagen des geologischen Wissens für Techniker (1962) und Anleitung zur allgemeinen und Polarisationsmikroskopie (1973).
Schumann,
Karl, Botaniker, * 17.6. 1851 Görlitz, t 2 2 . 3 . 1904 Berlin. S. studierte in Breslau, Berlin und München und wurde 1873 promoviert (Dickenwachsthum und Cambium. Historischexperimentelle Untersuchungen). Zunächst Lehrer, wurde er bald von August Wilhelm —> Eichler an das Berliner Herbarium berufen. S. bearbeitete mehrere Familien für die von Eichler herausgegebene Flora Brasiliensis, die tropische afrikanische Flora und die Flora des Kaiser-WilhelmsLandes. Durch morphologische Studien suchte er die Stellungsverhältnisse der Blütenteile zu ergründen. Völlig neu bearbeitete er die Kakteen. S. war Privatdozent an der Univ. Berlin, viele Jahre Vorsitzender des Botanischen Vereins der Provinz Brandenburg und der Deutschen Kakteengesellschaft. 1890 wurde S. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. Er schrieb u. a. Morphologische Studien (2 Hefte, 1892-99), Lehrbuch der systematischen Botanik, Phytopaläontologie und Phytogeogra-
Schumann phie (1894), Gesamtbeschreibung der Kakteen (Monographia Cactacearum) (1899, 2 1903), Blühende Kakteen (Iconographia cactacearum) (Lfg. 1-31, 1900-04, fortgesetzt von M a x Gürke, Lfg. 32-45, 1911-21), Die Verbreitung der Cactaceae in Verhältnis zu ihrer systematischen Gliederung (1899) und Praktikum für morphologische und systematische Botanik (1904). S. war außerdem Herausgeber des botanischen Teils der Symbolae physicae von Friedrich Wilhelm —>Hemprich und Christian Gottfried —> Ehrenberg (1900) und der „Monatsschrift für Kakteenkunde" (1891 ff.). S c h u m a n n , Karl Franz Jacob Heinrich, Maler, * 8 . 8 . 1767 Berlin, t 2 7 . 9 . 1827 Berlin. Nach erstem Zeichenunterricht studierte S. bei Johann Christoph —> Frisch an der Akademie der Künste in Berlin, bereiste 1795 mit einem Stipendium Italien und schuf nach seiner Rückkehr neben Porträts der kgl. Familie vor allem Historienbilder, zuletzt Ubergang der preußischen Armee bei Caub Uber den Rhein. 1801 wurde er Mitglied des Senats der Kunstakademie und Prof. für anatomisches Zeichnen und Malen. c n Th-B S c h u m a n n , Kurt, Jurist, * 2 9 . 4 . 1908 Eisenach, t 14.5. 1989 Berlin. Nach dem Studium in Jena und Göttingen 1927-31 trat S., Sohn eines Postbeamten, in den thüringischen Justizdienst, 1935 in den Heeresjustizdienst ein und wurde 1937 Mitglied der N S D A P . Im Zweiten Weltkrieg in sowjetische Gefangenschaft geraten, schloß er sich dem Nationalkomitee „Freies Deutschland" an und war Mitbegründer des Bunds Deutscher Offiziere. Nach der Rückkehr nach Deutschland 1948 Rat bzw. Direktor des Landgerichts Altenburg, war S. 1949-60 Präsident des Obersten Gerichts der DDR, 1960-63 Prof. des Zivilrechts an der Deutschen A k a d e m i e für Staats- und Rechtswissenschaft in Potsdam-Babelsberg und 1963-73 o . P r o f . des Zivilrechts und Zivilprozeßrechts an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er gehörte 1948 zu den Begründern der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands ( N D P D ) in Altenburg, war 1950-89 Mitglied des NDPD-Hauptausschusses, seit 1963 der Parteikontrollkommission der N D P D und des NDPD-Bezirksvorstands Berlin. S c h u m a n n , Maximilian, Militär, Erfinder, * 2 6 . 6 . 1827 Magdeburg, t 5 . 9 . 1889 S c h i e r k e / H a r z . S., Sohn eines preuß. Ingenieuroffiziers, trat 1845 in den preuß. Militärdienst ein und wurde nach verschiedenen Verwendungen 1861 als Hauptmann zur Fortifikation der Bundesfestung Mainz abkommandiert, wo er das Fort „Neue Mainspitze" baute. 1863 und 1865 studierte er in England die Fortifikationstechnik und das Panzerwesen, erfand 1864 die sog. Minimal-Scharte und Minimal-Lafette und wurde 1868 in die für das Befestigungswesen in Preußen zuständige Militärbehörde versetzt. Nach dem Ausscheiden 1872 war er als selbständiger Beratungsingenieur tätig und trat 1878 in das Grusonwerk in Magdeburg ein. S.s 1878 entwickelter Pilzturm wurde seil 1893, nach Ü b e r n a h m e des Grusonwerks durch Krupp, als „Krupp-Gruson-Panzerturm" in den deutschen Panzerbefestigungen eingesetzt. Er veröffentlichte u.a. Die Bedeutung drehbarer Geschützpanzer. „Panzerlafetten" für eine durchgreifende Reform der permanenten 2 Befestigung (1884, 1885). m NDB S c h u m a n n , Otto E., Schriftsteller, * 7 . 6 . 1 8 9 7 Hannover, t 15.6. 1981 Bayreuth. Nach der Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg studierte S. an den Universitäten F r a n k f u r t / M a i n , Berlin, Göttingen und Leipzig, leitete seit 1922 die wirtschaftspolitische Redaktion der „Neuen Leipziger Zeitung" und wurde später deren Musikkritiker. 1923-34 lehrte er am Zeitungswissenschaftlichen Institut der Univ. Leipzig und lebte seit 1935 als freier Buchautor, Übersetzer und Lektor in Traubing über
Starnberg (Oberbayern), später in Stechendorf bei Bayreuth. S. verfaßte zunächst die Musikführer des Verlags Meyer ( u . a . Meyers Opernbuch, 1 9 3 5 , 4 1 9 3 8 ) . Seit 1948 veröffentlichte er unter Titeln wie Schumanns Orchesterbuch (1949, s 1 9 5 l ) und Schumanns Klaviermusikbuch (1952; 1969 als Handbuch der Kammermusik) Musik- und auch Literaturführer, die weite Verbreitung fanden und zum Teil zahlreiche Auflagen erfuhren ( H a n d b u c h der Opern, 1(1 1972). c n DLL S c h u m a n n , Richard, Astronom, Geodät, Geophysiker, * 9 . 5 . 1 8 6 4 Glauchau (Sachsen), t 2 . 2 . 1945 Wien. S., Sohn eines K a u f m a n n s und Fabrikbesitzers und G r o ß n e f f e des Komponisten Robert —>S„ studierte 1882-88 in Leipzig und Berlin, war nach der Promotion 1888 ( Ü b e r den Gang der Pendeluhr F. Dencker XII) Observator an der Leipziger Sternwarte und wurde 1891 Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter, 1898 ständiger Mitarbeiter am Geodätischen Institut in Potsdam. 1902 folgte er einem Ruf als o . P r o f . der Geodäsie an die T H Aachen, wechselte 1911 als o. Prof. der höheren Geodäsie und sphärischen Astronomie an die T H Wien, war dort 1 9 1 4 / 1 5 Rektor und wurde 1934 emeritiert. S. war Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina (seit 1917) sowie der Akademien der Wissenschaften in Wien und Budapest. Seit 1912 gehörte er der österr. Kommission für die internationale Erdmessung an. Er veröffentlichte u. a. Die Neumessung der Grundlinien bei Strehlen. Berlin und Bonn (mit Friedrich —» Kühnen, 1897), Numerische Untersuchung über Polhöhenschwankung und Aberrationskonstante (1906), Der Meridianbogen Grossenhain-Kremsmünster-Pola (mit Friedrich —> Hopfner, 1922) und Über luni-solare Rhythmen bei der Menschwerdung (1944). DD N D B S c h u m a n n , Robert (Alexander), Komponist, Musikschriftsteller, * 8.6. 1810 Zwickau, t 2 9 . 7 . 1 8 5 6 Endenich (heute zu Bonn). S. war das jüngste von fünf Kindern des Buchhändlers und Verlegers August - > S . in Zwickau, der u . a . Lexika veröffentlichte, für die Robert bereits mit 14 Jahren Beiträge schrieb. Im Gegensatz zu seiner literarischen Bildung blieb seine musikalische Ausbildung mit Klavierunterricht seit dem 7. Lebensjahr konventionell. Immerhin schrieb er als Elfjähriger die erste Komposition, den 150. Psalm, und führte ihn mit Mitschülern auf. Die nachhaltigsten Eindrücke erhielt er literarisch durch —»Jean Paul, musikalisch durch Franz —»Schubert. Nachdem der Vater 1826 gestorben war, drängte ihn die Mutter nach dem Schulabschluß 1828 zu einem Jurastudium in Leipzig, von wo er 1829 an die Univ. Heidelberg wechselte. Auf den Rat des dortigen musikinteressierten Juraprofessors Justus —»Thibaut und nach einem Paganini-Konzerterlebnis erreichte er das mütterliche Einverständnis, sich bei Friedrich —> Wieck in Leipzig als Klaviervirtuose ausbilden zu lassen. Wieck hatte seine pädagogische Befähigung an seiner damals neunjährigen Tochter Clara (—> Schumann) bewiesen. Während ein Kompositionskurs bei Kapellmeister Heinrich —> Dorn 1831 bald in Selbststudium überging, setzte S.s erster Artikel in der „Allgemeinen musikalischen Zeitung" im Dezember 1831 Zeichen: Die enthusiastische Begrüßung des bis dahin unbekannten K o m ponisten Frederic Chopin hat ein Pendant in seinem letzten Artikel 1854 gefunden, in d e m er Johannes - ^ B r a h m s als den k o m m e n d e n großen Komponisten ankündigte.
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Schumann N a c h d e m S. w e g e n Ü b e r d e h n u n g einer S e h n e an d e r rechten H a n d d i e P i a n i s t e n l a u f b a h n a u f g e b e n m u ß t e , w i d m e t e er sich verstärkt d e r K o m p o s i t i o n . E s waren K l a v i e r w e r k e w i e d i e Abegg-Variationen op. 1 oder d i e Papillons op. 2, in d e n e n S.s I d e e n einer neuartigen p o e t i s c h e n K o m p o s i t i o n s w e i s e ihren ersten N i e d e r s c h l a g f a n d e n : e i n e Verbind u n g von l y r i s c h e m Klavierstück, T ä n z e n u n d literarischen A n r e g u n g e n bis hin z u m Narrativen. D e r hier m u s i k a l i s c h a u s g e f o c h t e n e K a m p f g e g e n die Philister der m u s i k a l i s c h e n K u n s t f ü h r t e S. z u m K o n z e p t eines fiktiven „ D a v i d s b u n des". D i e s e r K a m p f w u r d e f o r t g e f ü h r t in d e r 1834 g e g r ü n d e ten „ N e u e n Z e i t s c h r i f t f ü r M u s i k " , deren redaktionelle Leitung S. bis 1844 innehatte. Zu den bis 1839 ausschließlich für Klavier komponierten 23 Opera gehören der Camaval op. 9, d i e Symphonischen Etüden op. 13 und d i e Kinderszenen op. 15. 1838 ü b e r s i e d e l t e S. f ü r ein J a h r n a c h W i e n . D i e dort e n t d e c k t e C-Dur-Symphonie von S c h u b e r t s a n d t e er zur U r a u f f ü h r u n g an Felix - » M e n d e l s s o h n B a r t h o l d y nach L e i p z i g . - Erst n a c h langen gerichtlichen A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n mit ihrem Vater k o n n t e n 1840 S. und C l a r a Wieck heiraten; sie hatten in schneller F o l g e acht Kinder. 1840 w a r d a s L i e d e r j a h r S.s, in d e m m e h r als die H ä l f t e seiner ü b e r 2 5 0 L i e d e r S.s e n t s t a n d e n , d a r u n t e r der Z y k l u s Dichterliebe op. 4 8 (nach Heinrich —> Heine). 1841 f o l g t e das s y m p h o n i s c h e J a h r mit der e r f o l g r e i c h e n Frühlingssymphonie (Nr. 1) und der d-Moll-Symphonie (später N r . 4), Ouvertüre, Scherzo und Finale op. 5 2 s o w i e d e m I. S a t z des Klavierkonzertes op. 54. 1842 w a n d t e sich S. der K a m m e r m u s i k zu. Er k o m p o n i e r t e die drei Streichquartette op. 4 1 , das Klavierquintett op. 4 4 und d a s Klavierquartett op. 4 7 . Schließlich v o l l e n d e t e er 1843 das weltliche O r a t o r i u m Das Paradies und die Peri. Seit 1843 lehrte S. K l a v i e r und K o m p o s i t i o n an d e m von M e n d e l s s o h n g e g r ü n d e t e n K o n s e r v a t o r i u m in L e i p z i g . D e p r e s s i o n e n und g e s u n d h e i t l i c h e S c h w ä c h e n f ü h r t e n i m m e r w i e d e r zu A r b e i t s s t ö r u n g e n und n a h m e n nach einer K o n zertreise m i t C l a r a durch R u ß l a n d so zu, d a ß das E h e p a a r 1844 nach D r e s d e n u m z o g . N e b e n d e r L e i t u n g von G e s a n g vereinen w i d m e t e sich S. g a n z d e m K o m p o n i e r e n . M i t seiner e i n z i g e n O p e r Genoveva hatte er 1850 allerdings keinen E r f o l g . I m selben J a h r erlangte S. auf Vorschlag von Ferdin a n d —> Hiller seine erste feste A n s t e l l u n g als städtischer Kapellmeister in D ü s s e l d o r f mit der Verpflichtung, die P r o b e n von C h o r u n d O r c h e s t e r des A l l g e m e i n e n M u s i k v e r e i n s , d i e A b o n n e m e n t s k o n z e r t e und jährlich zwei A u f f ü h r u n g e n an kath. F e i e r t a g e n zu leiten. D a f ü r e n t s t a n d e n 1852 d i e Messe op. 147 und d a s Requiem op. 148. In d e n ersten drei K o n z e r t w i n t e r n k o n n t e er allein 2 3 e i g e n e W e r k e u r a u f f ü h r e n . N e b e n d e m Violoncello-Konzert op. 129 (1850) und d e m Liederspiel Der Rose Pilgerfahrt op. 112 ( 1 8 5 1 ) ragt 1850 d e r E r f o l g d e r 3. Symphonie op. 97 hervor, der R h e i n i s c h e n . D e r B e s u c h von J o s e p h —»Joachim b e i m N i e d e r r h e i n i s c h e n M u s i k f e s t inspirierte S.s Violinkonzert. Kritik an seiner m a n g e l n d e n Dirigierfähigkeit und z u n e h m e n d e E r k r a n k u n g f ü h r ten noch 1853 zur g e g e n s e i t i g e n K ü n d i g u n g . E i n e r erfolgreic h e n K o n z e r t r e i s e n a c h H o l l a n d f o l g t e der Z u s a m m e n b r u c h . D e r luetisch b e d i n g t e Krankheitsverlauf mit H a l l u z i n a t i o n e n v e r a n l a ß t e S. im F e b r u a r 1854, sich in d e n R h e i n zu stürzen. In der Heilanstalt E n d e n i c h lebte er n o c h ü b e r zwei Jahre. WERKE: G e s a m m e l t e S c h r i f t e n ü b e r M u s i k und M u s i k e r . Leipzig ' 1 9 1 4 . - E r i n n e r u n g e n an Felix M e n d e l s s o h n B a r tholdy. Z w i c k a u 2 1 9 4 8 . - T a g e b ü c h e r 1-111. Hrsg. v. G e org E i s m a n n / G e r d N a u h a u s . L e i p z i g 2 1 9 8 7 . - N e u e A u s g a b e s ä m t l i c h e r Werke. Hrsg. v. A k i o M a y e d a / K l a u s W o l f gang N i e m ö l l e r . M a i n z 1991. - „ S c h l a g e n u r e i n e Weltsaite an". B r i e f e 1828-1855. A u s g e w . u n d k o m m e n t i e r t v. Karin Sousa. F r a n k f u r t / M a i n , Leipzig 2006. LITERATUR: F r a n k M ü n t e : Verzeichnis d e s d e u t s c h s p r a c h i gen S c h r i f t t u m s ü b e r R. S. 1856-1970. H a m b u r g 1972. -
300
S . - B i b l i o g r a p h i e 1971. In: C o r r e s p o n d e n z . M i t t e i l u n g e n der R o b e r t - S c h u m a n n - G e s e l l s c h a f t . D ü s s e l d o r f 1973. M a r g i t L . M c C o r k l e : R. S. T h e m a t i s c h - B i b l i o g r a p h i s c h e s W e r k v e r z e i c h n i s . M ü n c h e n 2 0 0 3 . - S . - F o r s c h u n g e n 1-12. H r s g . v. A k i o M a y e d a / K l a u s W o l f g a n g N i e m ö l l e r . M a i n z 1984-2007. - S.-Studien. Hrsg. v. der R o b e r t - S c h u m a n n G e s e l l s c h a f t Z w i c k a u . Z w i c k a u 1988. Seit Bd. 3 hrsg. v. G e r d N a u h a u s . K ö l n 1994 - A r n f r i e d Edler: R. S. und seine Zeit. L a a b e r 1982. - A k i o M a y e d a : R. S.s W e g zur S y m p h o nie. Z ü r i c h / M a i n z 1992. - E r n s t B u r g e r : R. S. E i n e L e b e n s c h r o n i k in B i l d e r n und D o k u m e n t e n . M a i n z 1998. - M a r t i n D e m m l e r : R. S. „Ich h a b e im T r a u m g e w e i n e t " . E i n e B i o g r a fie. Stuttgart 2 0 0 6 . - Ulrich T a d d a y (Hrsg.): S. H a n d b u c h . Stuttgart u . a . 2 0 0 6 . - Ders. (Hrsg.): D e r späte S. M ü n c h e n 2006. Klaus Wolfgang Niemöller
Schumann,
Valentin, Schriftsteller, * u m 1520 L e i p z i g , t nach 1559. D e r S o h n eines D r u c k e r s und Verlegers b e s u c h t e kurzzeitig die U n i v . L e i p z i g , e r l e r n t e den B e r u f eines Schriftgießers, k a m seit 1543 als L a n d s k n e c h t bis U n g a r n und reiste später als G e s e l l e d u r c h S ü d d e u t s c h l a n d und d i e S c h w e i z . Seit 1550 arbeitete er als D r u c k e r in N ü r n b e r g , verließ j e d o c h 1558 F a m i l i e und A n s t e l l u n g w e g e n finanzieller Prob l e m e . Sein einziges bekanntes Werk ist Das Nachtbuechlein (2 Tie., o . J . [1559]), e i n e S a m m l u n g von u n t e r h a l t e n d e n , z u m Teil d e r b e n S c h w ä n k e n und E r z ä h l u n g e n , d e n e n er einen L e k t ü r e k a t a l o g b e i f ü g t e , der als e x e m p l a r i s c h f ü r d i e L e s e g e w o h n h e i t e n seines S t a n d e s gilt. DP Killy
Schumann,
Victor, P h y s i k e r , * 2 1 . 1 2 . 1 8 4 1 M a r k r a n s t ä d t bei Leipzig, t 1.9. 1913 Leipzig. D e r S o h n des Arztes Karl F e r d i n a n d S. studierte seit 1861 M a s c h i n e n b a u an der T H C h e m n i t z . Er w a r technischer D i r e k t o r der von i h m 1865 m i t b e g r ü n d e t e n M a s c h i n e n b a u f i r m a in Leipzig, m u ß t e j e d o c h aus g e s u n d h e i t l i c h e n G r ü n d e n 1893 in den R u h e s t a n d treten. 1882 w u r d e S. M i t glied (später E h r e n m i t g l i e d ) der B e r l i n e r P h o t o g r a p h i s c h e n G e s e l l s c h a f t . E r b e s c h ä f t i g t e sich mit d e r S c h w a r z - W e i ß A u f l ö s u n g von f a r b i g e n O b j e k t e n auf P h o t o g r a p h i e n und f a n d einen W e g , d i e K o n t r a s t e wesentlich zu v e r b e s s e r n . D i e d a d u r c h h e r v o r g e r u f e n e D i s k u s s i o n veranlaßte S. zur Entw i c k l u n g von speziellen u l t r a v i o l e t t e m p f i n d l i c h e n p h o t o g r a p h i s c h e n Platten ( S c h u m a n n - P l a t t e , S c h u m a n n - U l t r a v i o l e t t ) . U m s e i n e T h e o r i e n zu testen, e n t w i c k e l t e er einen V a k u u m S p e k t r o g r a p h e n , der s c h ä r f e r e Spektren h e r v o r b r a c h t e , als es bis d a h i n m ö g l i c h war. S. v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Über die Photographie der Lichtstrahlen kleinster Wellenlängen (2 Tie., 1893) und Ueber ein neues Verfahren zur Herstellung ultraviolett-empfindlicher Platten (1894). CD D S B
Schumann,
W e r n e r , P s e u d . W . M u s c h o l d i n i , Schriftsteller, Journalist, * 2. 10. 1898 S o l d i n ( N e u m a r k ) , t 13.11.1982 Hannover. S., S o h n eines Z e i t u n g s v e r l e g e r s u n d Druckereibesitzers, w a r D r a m a t u r g in H a l l e und M ü h l h a u s e n , Sekretär d e s Verb a n d e s der d e u t s c h e n V o l k s b ü h n e n v e r e i n e und R e d a k t e u r der Z e i t s c h r i f t „ D a s Volkstheater". Er lebte seit 1930 in H a n nover, w a r K o r r e s p o n d e n t der „ F r a n k f u r t e r Z e i t u n g " , später F e u i l l e t o n r e d a k t e u r der „ B r a u n s c h w e i g e r Z e i t u n g " und n a c h d e m Z w e i t e n Weltkrieg F e u i l l e t o n c h e f d e s S o z i a l d e m o k r a tischen Pressedienstes. S. war 1 9 5 7 - 6 0 Vorsitzender des Internationalen S c h u t z v e r b a n d e s d e u t s c h s p r a c h i g e r Schriftsteller und g r ü n d e t e 1958 den S c h u t z v e r b a n d N i e d e r s ä c h s i s c h e r Schriftsteller. Er schrieb z u n ä c h s t N a t u r l y r i k ( M e n s c h e n , Tiere und Gestirne, 1929), später E r b a u u n g s g e d i c h t e (Licht und Schatten, 1963), E r z ä h l u n g e n , Hörspiele, A n e k d o t e n (Lütje Lagen, 1950), R e i s e e s s a y s , L a n d s c h a f t s b e s c h r e i b u n gen s o w i e B ü c h e r ü b e r M a l e r e i , G r a p h i k und B i l d h a u e r e i (Zille sein Milljöh, 1952). CD D L L
Schumpeter Schumann, Winfried (Otto), Physiker, Elektrotechniker, * 20.5. 1888 Tübingen, t 22.9. 1974 München. Nach dem Studium der Elektrotechnik 1905-09 an der TH Karlsruhe (Dr.-Ing. 1912, Über die Drehmomente der Dämpferwicklung einer Mehrphasen-Synchronmaschinebei kleinen Pendelschwingungen im Parallelbetrieb) war S., Sohn eines Chemikers, 1912-14 im Hochspannungslaboratorium der Firma Brown, Boveri & Cie. in Baden (Schweiz) tätig, ging 1919 als Forschungsassistent an die TH Stuttgart und war 1920-24 a. o. Prof. der angewandten Physik an der Univ. Jena. 1924 wurde er o.Prof. und Direktor des Instituts für Theoretische Elektrotechnik an der TH München. S. befaßte sich u. a. mit der Erforschung von Plasmen in Gasentladungen und mit den Zusammenhängen von elektrischen Entladungen und den Resonanzen; nach ihm ist die SchumannResonanz benannt. S. wurde 1945 Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Elektrische Durchbruchfeldstärke von Gasen (1923) und Elektromagnetische Grundbegriffe (1931, 3 1950). Βα N D B
Schuniann-Heink, Ernestine, geb. Rössler, Sängerin, * 15.6. 1861 Lieben (heute zu Prag), t 17. 11. 1936 Hollywood. Ausgebildet von Marietta von Leclair in Graz, trat S.-H., Tochter eines k. u. k. Majors, fünfzehnjährig als Konzertaltistin auf, debütierte 1878 an der Hofoper in Dresden und setzte ihre Ausbildung bei Karl August —»Krebs und Franz —> Wüllner fort. 1882 kam sie an die Kroll-Oper Berlin, sang 1883-99 an der Hamburger Oper und gastierte seit 1892 mehrfach an der Covent Garden Opera in London. S.-H. wirkte 1896-1914 bei den Bayreuther Festspielen mit, trat 1898 erstmals in den USA auf und gehörte 1899-1932 der Metropolitan Opera in New York an. Seit 1908 war sie USamerikanische Staatsbürgerin. 1909 sang sie an der Hofoper in Dresden die Klytämnestra in der Uraufführung der Oper Elektro von Richard —»Strauss. S.-H. zählt zu den bedeutendsten Altistinnen ihrer Generation. Gastspiele führten sie an die großen internationalen Opernhäuser. Auch als Konzertsängerin wurde sie berühmt. Mit 74 Jahren gab sie ihr Filmdebüt in dem Tonfilm Here's to Romance (1935). BD N D B S c h ü m m , Felix, Bibliothekar, Redakteur, * 2 2 . 1 . 1 8 8 1 Stuttgart, t 17.8.1931 Schorndorf (Württemberg). Nach dem Besuch des Theologischen Seminars in Blaubeuren 1899 studierte S., Sohn eines Lehrers, Theologie und Philosophie in Tübingen und Genf, war 1904-06 Vikar und 1906-08 Religionslehrer am Karls-Gymnasium in Stuttgart und studierte seit 1909 Romanistik in Halle, wo er 1913 zum Dr. phil. promoviert wurde. Seit 1910 leitete er die Bücherhalle der Firma Krupp in Essen sowie die Werkbücherei Fried. Krupp, die Fachliteratur der Eisen- und Hüttenkunde, Rechts- und Wirtschaftswissenschaft führte. S. war Schriftleiter der Kruppschen Werkszeitschrift „Nach der Schicht" und stand der gegen die Ideen Walter —> Hofmanns gegründeten Freien Arbeitsgemeinschaft deutscher Volksbibliothekare vor. Er beteiligte sich am Aufbau der Volkshochschule Essen und schrieb u. a. Bürgerkunde für Preußen (1914, mit Albert Müller). • 3 Habermann 1 S c h ü m m , Otto. Pathologe, * 3 . 8 . 1 8 7 4 Stade, t 27.12. 1958 Hamburg. S. studierte Pharmazie an der Univ. Marburg und der TH Hannover, kam 1898 als Assistent für physiologische Chemie an das Laboratorium für Medizinische Chemie des Krankenhauses Eppendorf in Hamburg und übernahm 1905 die Leitung des Labors. Bei der Gründung der Univ. Hamburg 1919 erhielt er den Professorentitel sowie die Venia legendi
mit einem Lehrauftrag für physiologische und pathologische Chemie. 1920 wurde S. zum Dr. rer. nat. promoviert {Der Gehalt an Zucker und seine Bestimmung im menschlichen Blut) und 1931 zum a . o . P r o f . ernannt. Er schrieb u.a. Klinische Spektroskopie (1909) und Die spektrochemische Analyse natürlicher organischer Farbstoffe (1927). BD Poggendorff 6
Schummel, Johann Gottlieb, Schriftsteller, Pädagoge, * 8 . 5 . 1748 Seitendorf bei Hirschberg/Riesengebirge, t 23.12. 1813 Breslau. S., Sohn eines Dorfschulmeisters, Kantors und Organisten, studierte 1767-69 Theologie in Halle und eignete sich im Selbststudium moderne Sprachen und Naturkunde an. Nach Abbruch des Studiums war er Hauslehrer in Aken bei Zerbst, erhielt 1772 die Präzeptorenstelle im Kloster Unserer lieben Frau in Magdeburg, wurde 1779 vom preuß. Kultusminister Karl Abraham von —> Zedlitz an die Ritterakademie Liegnitz berufen und ging 1788 als Prorektor und Prof. der Geschichte an das Elisabeth-Gymnasium in Breslau. Seit 1789 war er auch Inspektor des dortigen Lehrerseminars, lehrte an der Artillerie-Akademie und wirkte an staatlichen Schulprogrammen mit. S. trat seit Anfang der siebziger Jahre als Autor von Romanen, Lustspielen und Jugendbüchern hervor (u. a. Empfindsame Reisen durch Deutschland, 3 Bde., 1771/72; Die Revolution in Scheppenstedt, 1794, Neudr. 1986). In seinen pädagogischen Schriften bekannte er sich zunächst zum Philanthropismus (Fritzens Reise nach Dessau, 1776, Neudr. 1891); später forderte er praxisorientierte Reformen, so in Entwurf eines allgemeinen und zusammenhängenden Bürgerunterrichts für die preußischen Staaten (1798) und in seinem vor allem als Personalsatire rezipierten Hauptwerk, dem Roman Spitzbart. Eine komitragische Geschichte für unser pädagogisches Jahrhundert (1779, Neudr. 1983). BD Killy S c h u m p e t e r , Joseph Alois, österr. Wirtschaftswissenschaftler, * 8 . 2 . 1 8 8 3 Triesch (Südmähren), t 8. 1. 1950 Taconic (Connecticut, USA). S. wurde als einziges Kind eines Tuchfabrikanten geboren. Nach dem Tod des Vaters zog die Mutter 1887 nach Wien und heiratete dort den Feldmarschall Sigismund von Keler, der auf die Erziehung von S. entscheidenden Einfluß nahm. 1893 wurde S. Zögling der Eliteschule Theresianum, die als Vorstufe für eine Karriere im Staatsdienst galt. Gleich nach der Schule begann S. 1901 in Wien Nationalökonomie zu studieren, 1906 erfolgte die Promotion und drei Jahre später die Habilitation. 1909 erhielt er eine Professur in Czernowitz. Von 1911 bis 1919 und von 1925 bis 1932 lehrte er an den Universitäten Graz und Bonn sowie an verschiedenen US-amerikanischen und japanischen Universitäten und seit 1932 an der Harvard University. S. engagierte sich auch wirtschaftspolitisch. 1919/20 war er sieben Monate österr. Finanzminister; er mußte abdanken, weil er den Verkauf des größten Unternehmens des Landes, der Alpine Montan, an ein italienisches Konsortium duldete und dadurch die erklärte Regierungspolitik der Sozialisierung konterkarierte. Seit 1921 leitete S. die private Biedermann-Bank, die er, trotz Bevorzugung des Instituts durch die konservative Regierung, innerhalb von drei Jahren in den Konkurs führte. In den USA geriet S. während des Kriegs politisch und persönlich in die Isolation, weil er sich mehrfach antisemitisch und zugunsten der Achsenmächte erklärte.
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Schumy A u f w i r t s c h a f t s t h e o r e t i s c h e m G e b i e t hat S. g r o ß e W i r k s a m keit entfaltet. I m G e g e n s a t z zu d e n g ä n g i g e n G l e i c h g e w i c h t s m o d e l l e n e n t w i c k e l t e er e i n e T h e o r i e der ö k o n o m i schen D y n a m i k , weil nach seiner A u f f a s s u n g kapitalistische M ä r k t e sich n i e m a l s in e i n e m G l e i c h g e w i c h t b e f i n d e n , mithin die B e w e g u n g e n in einer W i r t s c h a f t e r k l ä r u n g s b e d ü r f t i g seien. In den M i t t e l p u n k t ö k o n o m i s c h e r D y n a m i k stellte er d e n w a g e m u t i g e n U n t e r n e h m e r , der den Kreislauf der Wirts c h a f t d u r c h I n n o v a t i o n e n durchbricht. I n n o v a t i o n e n sind d i e „ D u r c h s e t z u n g neuer K o m b i n a t i o n e n " , w i e ζ. B. n e u e Prod u k t e , P r o d u k t i o n s m e t h o d e n , A b s a t z - oder B e s c h a f f u n g s strukturen. A u s derartigen I n n o v a t i o n e n e r w a c h s e n so l a n g e M o n o p o l p r o f i t e , bis a n d e r e die n e u e K o m b i n a t i o n n a c h z u a h m e n in der L a g e sind. W a c h s t u m und t e c h n i s c h e r Fortschritt w e r d e n d a m i t als F a k t o r e n wirtschaftlichen G e s c h e h e n s eing e f ü h r t und in einer zeitlichen D i m e n s i o n erklärbar. E b e n s o w a r e n f ü r S. Profit und Z i n s n u r als d y n a m i s c h e , z e i t g e b u n d e n e P h ä n o m e n e zu verstehen. A u s dieser D y n a m i k leitete er seine K o n j u n k t u r t h e o r i e ab, die darauf beruht, d a ß I n n o vationen nicht c h r o n o l o g i s c h g l e i c h m ä ß i g verteilt seien, sond e r n „ s c h w a r m w e i s e " a u f t r ä t e n . Im G e g e n s a t z z u m k o n v e n tionellen ist S.s U n t e r n e h m e r b e g r i f f nicht mit Besitz- oder V e r f ü g u n g s r e c h t e n v e r k n ü p f t , s o n d e r n mit der „ s c h ö p f e r i schen Z e r s t ö r u n g " b e s t e h e n d e r Verhältnisse. F ü r ihn ist „jem a n d g r u n d s ä t z l i c h n u r d a n n U n t e r n e h m e r , w e n n er eine n e u e K o m b i n a t i o n d u r c h s e t z t " . D i e s e zerstört d i e bisherigen Verhältnisse, bis sie ihrerseits durch e i n e n e u e zerstört wird. „Schumpetersche" oder „Pionierunternehmer" können auch „ O r g a n e einer sozialistischen G e s e l l s c h a f t oder Herren e i n e s F r o h n h o f e s " sein. A l l e r d i n g s sind nach S. im K o n k u r r e n z k a p i t a l i s m u s d i e Voraussetzungen f ü r I n n o v a t i o n e n b e s o n ders g ü n s t i g . Bei w a c h s e n d e r w i r t s c h a f t l i c h e r K o n z e n t r a t i o n ü b e r n ä h m e n die g r o ß e n F i r m e n i m m e r stärker d i e R o l l e d e r P i o n i e r u n t e r n e h m e n . Dies sei a b e r bereits ein Schritt zur A u f l ö s u n g d e s K a p i t a l i s m u s , d e n n in den g r o ß e n U n t e r n e h m e n w e r d e d e r I n n o v a t i o n s p r o z e ß bürokratisiert. A u f d i e s e W e i s e sei d a m i t zu r e c h n e n , d a ß ein so e n t s t a n d e n e r M o n o p o l k a p i t a l i s m u s eines T a g e s in e i n e sozialistische Planwirtschaft hinüberwachsen. O b g l e i c h S. als M i t b e g r ü n d e r u n d erster P r ä s i d e n t der E c o n o m e t r i c Society und als Präsident der A m e r i c a n E c o n o m i c A s s o c i a t i o n ( 1 9 4 8 - 5 0 ) h o c h geehrt w u r d e , litt er d a r u n ter, d a ß sein Werk w e n i g e r stark rezipiert w u r d e als j e n e s von J o h n M a y n a r d K e y n e s . Sein A n s a t z , der in der N a c h kriegszeit k a u m noch diskutiert w u r d e , hat seit der Wiedere n t d e c k u n g der I n n o v a t i o n e n als T r i e b k r a f t wirtschaftlichen W a c h s t u m s in d e n v e r g a n g e n e n J a h r e n erheblich an E i n f l u ß z u g e n o m m e n , so d a ß S. als einer der e i n f l u ß r e i c h s t e n Ö k o n o m e n d e s 20. Jh. gilt. WEITERE WERKE: D a s W e s e n und der H a u p t i n h a l t der theoretischen N a t i o n a l ö k o n o m i e . W i e n / L e i p z i g / M ü n c h e n 1908. - T h e o r i e der wirtschaftlichen E n t w i c k l u n g . M ü n c h e n / Leipzig 1912. - E p o c h e n der D o g m e n - und M e t h o d e n g e schichte. G r u n d r i ß der S o z i a l ö k o n o m i k . T ü b i n g e n 1914. D a s d e u t s c h e F i n a n z p r o b l e m . Berlin 1928. - Ö k o n o m i e und P s y c h o l o g i e d e s U n t e r n e h m e r s . M ü n c h e n 1929. - B u s i n e s s C y c l e s . N e w Y o r k / L o n d o n 1939. - C a p i t a l i s m , S o c i a l i s m and D e m o c r a c y . N e w York 1943. LITERATUR: E d u a r d M ä r z : J. A . S. In: J o a c h i m Starbatty (Hrsg.): K l a s s i k e r d e s ö k o n o m i s c h e n D e n k e n s . M ü n c h e n 1989, S. 2 5 1 - 2 7 2 . - R i c h a r d S w e d b e r g : J. A . S. His L i f e and Work. C a m b r i d g e 1991. - L a u r e n c e S. M o s s : J. A . S. Historian of E c o n o m i c s . L o n d o n / N e w York 1996. - Jürgen B a c k h a u s (Hrsg.): J. A . S. E n t r e p r e n e u r s h i p , style a n d vision. B o s t o n u . a . 2 0 0 3 . - A n n e t t e S c h ä f e r : D i e K r a f t der s c h ö p f e r i s c h e n Z e r s t ö r u n g . J. A . S. D i e B i o g r a f i e . F r a n k f u r t / M a i n 2008. Harm G. Schröter
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S c h u m y , Vinzenz, österr. Politiker, A g r a r f u n k t i o n ä r , * 2 8 . 7 . 1878 S a a k bei A r n o l d s t e i n (Kärnten), t 1 3 . 1 2 . 1962 Wien. S., S o h n eines L a n d w i r t s und G a s t w i r t s , b e s u c h t e die K ä r n t ner A c k e r b a u s c h u l e u n d studierte seit 1901 L a n d w i r t s c h a f t an der Ε Τ Η Z ü r i c h u n d an der H o c h s c h u l e f ü r B o d e n k u l t u r in W i e n . 1905-11 leitete er d i e L a n d w i r t s c h a f t l i c h e S c h u l e in V ö l k e r m a r k t u n d w a r bis z u m E n d e d e s Ersten Weltkriegs L a n d e s t i e r z u c h t i n s p e k t o r in K ä r n t e n . Seit 1917 G e s c h ä f t s f ü h r e r des K ä r n t n e r B a u e r n b u n d e s , w u r d e er 1924 z u m O b m a n n des L a n d b u n d e s f ü r Österreich g e w ä h l t ; 1932 trat er z u r ü c k und w a r 1 9 3 3 / 3 4 O b m a n n des K ä r n t n e r L a n d b u n d e s . S. w a r 1921-38 als M i t g l i e d d e r Agrarpartei L a n d t a g s a b g e o r d n e t e r , 1923-27 L a n d e s h a u p t m a n n und 1927 L a n d e s r a t f ü r F i n a n z w e s e n in K ä r n t e n . 1929 w u r d e er österr. Vizekanzler, im selben J a h r I n n e n m i n i s t e r , k e h r t e 1 9 3 1 / 3 2 als stellvertretender L a n d e s h a u p t m a n n in d i e K ä r n t n e r Politik z u r ü c k und w a r 1933 kurzzeitig österr. I n n e n m i n i s t e r im Kabinett D o l l f u ß . 1934 w u r d e er K ä r n t n e r L a n d t a g s p r ä s i dent. S. s c h l o ß sich 1945 der Ö V P an, war 1945-49 A b g e o r d n e t e r z u m Nationalrat, seit 1948 Vizepräsident des Verb a n d e s der E u r o p ä i s c h e n L a n d w i r t s c h a f t und G e n e r a l a n w a l t des R a i f f e i s e n v e r b a n d e s . Er schrieb u. a. Kampf um Kärntens Einheit und Freiheit (1950). m NDB
Schuncke,
(Christian) L u d w i g , auch L o u i s S., K o m p o nist, M u s i k e r , M u s i k s c h r i f t s t e l l e r , * 21. 1 2 . 1 8 1 0 Kassel, t 7 . 1 2 . 1834 Leipzig. Bei Friedrich —> K a l k b r e n n e r und A n t o n - > R e i c h a z u m Pianisten ausgebildet, konzertierte S. u . a . in Paris und Wien und ließ sich 1833 in L e i p z i g nieder, w o er mit R o b e r t - ^ S c h u m a n n G r ü n d e r der „ N e u e n Z e i t s c h r i f t f ü r M u s i k " war. S c h u m a n n w i d m e t e i h m seine Toccata op. 7. S. k o m p o n i e r t e K l a v i e r m u s i k , d a r u n t e r Variationen über Schuberts „Valsefunebre". cn MGG S c h u n n , H e i n r i c h , M a l e r , G r a p h i k e r , * 2 7 . 3 . 1897 N e u s t a d t bei K r o n s t a d t ( S i e b e n b ü r g e n ) , t 12. 12. 1984 Heidelberg. N a c h d e m B e s u c h des L e h r e r s e m i n a r s in H e r m a n n s t a d t n a h m S. a m Ersten Weltkrieg teil und studierte a n s c h l i e ß e n d an der Berliner K u n s t a k a d e m i e . 1921-27 w a r er Z e i c h e n l e h rer in Bistritz, 1927-52 a m H o n t e r u s g y m n a s i u m in K r o n stadt. 1961 e m i g r i e r t e er in die B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d u n d ließ sich in L a i m e n bei H e i d e l b e r g nieder. S. schuf vor a l l e m A q u a r e l l e und Z e i c h n u n g e n von L a n d s c h a f t e n , die, auf Fritz Schullerus, L o v i s —> C o r i n t h und O s k a r —> K o k o s c h k a z u r ü c k g e h e n d , z w i s c h e n N e o i m p r e s s i o n i s m u s und E x p r e s s i o n i s m u s e i n z u o r d n e n sind. CD M y ß S c h u p p , Fritz, Architekt, * 22. 1 2 . 1 8 9 6 U e r d i n g e n (heute zu K r e f e l d ) , t 1 . 8 . 1 9 7 4 E s s e n . S., S o h n eines K a u f m a n n s , studierte seit 1914 A r c h i t e k t u r an den T e c h n i s c h e n H o c h s c h u l e n in Karlsruhe, M ü n c h e n und Stuttgart und w a r seit 1919 freiberuflich tätig, seit 1922 g e m e i n s a m mit M a r t i n K r e m m e r . 1949 ü b e r n a h m er einen L e h r a u f t r a g an der T H H a n n o v e r , an der er 1951 z u m H o n o r a r p r o f e s s o r e r n a n n t w u r d e . E r plante zahlreiche Industriebauten i m R u h r g e b i e t , d a r u n t e r d i e f ü r den f u n k t i o n a len I n d u s t r i e b a u r i c h t u n g w e i s e n d e S c h a c h t a n l a g e der Z e c h e „Zollverein 12" ( 1 9 2 8 - 3 2 ) . D e r F ö r d e r t u r m seiner „ S c h a c h t a n l a g e G e r m a n i a " ( 1 9 5 0 - 5 2 ) in D o r t m u n d - M a r t e n befindet sich h e u t e im D e u t s c h e n B e r g b a u m u s e u m in B o c h u m . S c h u p p , J o h a n n Balthasar, latinisiert S c h u p p i u s , P s e u d . A m b r o s i u s M e l l i l a m b i u s , A n t e n o r , E h r e n h o l d , Philander, e v a n g . T h e o l o g e , Schriftsteller, g e t a u f t 2 9 . 3 . 1610 G i e ß e n , t 2 6 . 1 0 . 1661 H a m b u r g . N a c h d e m B e s u c h des P ä d a g o g i u m illustre in G i e ß e n studierte S „ S o h n eines R a t s h e r r n , seit 1625 P h i l o s o p h i e , Artes und T h e o l o g i e an der U n i v . M a r b u r g , u n t e r n a h m 1628-32
Schur eine Bildungsreise nach Polen, Livland und Dänemark, studierte in Königsberg und erwarb in Rostock den Magistergrad. Seit 1632 lehrte er Rhetorik in Marburg und Gießen, setzte seine Studien in Leiden fort und wurde 1635 Prof. der Rhetorik und Geschichte in Marburg, wo er 1641 zum Lie. theol., 1645 zum Dr. theol. promoviert wurde. S. gab den Nachlaß seines Schwiegervaters Christoph —»Helwig heraus und schrieb pädagogische, bildungskritische Abhandlungen (u. a. De opinione, 1639). In seinem Gartenhaus sammelte er einen Kreis von Schülern u m sich, in dem auch gedichtet wurde ( u . a . Aurora, 1642). Z u d e m wirkte er seit 1643 als Prediger an der Elisabethkirche in Marburg. 1645 floh er vor den Schweden nach B r a u b a c h / R h e i n , wo er Hofprediger und Kirchenrat des Landgrafen Johann von HessenBraubach war. S. kam 1648 als Emissär nach Münster und war Prediger der schwedischen Gesandtschaft. 1649 wurde er Hauptpastor der Jakobikirche in Hamburg, w o seine satirischen Strafpredigten (u. a. Sieben böse Geister, welche heutigen Tages Knechte und Mägde regieren und verführen, 1658; Corinna, die ehrbare und scheinheilige Hure, 1660) entstanden, die ihm mehrmals Anklagen der Kirchenbehörde eintrugen. S. stand u. a. in Verbindung mit d e m von ihm bewunderten Johann Valentin —»Andreae sowie mit Matthias - » Bernegger. Cd N D B
Schuppanzigh,
Ignaz (Anton), österr. Musiker, Dirigent, Musikpädagoge, Komponist, * 20. 11. 1776 Wien, t 2 . 3 . 1830 Wien. S. spielte seit 1792 als Berufsmusiker Violine und Viola und unterrichtete 1794 Ludwig van —»Beethoven auf der Geige. Er leitete das nach ihm benannte Streichquartett (Schuppanzigh-Quartett), das 1794-99 von Fürst Karl Lichnowsky, 1808-16 von Fürst A n d r e j R a s u m o w s k i j unterhalten wurde und durch die Uraufführung der Quartette Beethovens, aber auch durch mustergültige Interpretationen von Kompositionen —»Haydns und —»Mozarts berühmt wurde. Seit 1798 dirigierte S. die Wiener Augartenkonzerte und leitete sie zeitweise auch als Unternehmer. 1816-23 konzertierte er in Deutschland, Polen und Rußland und veranstaltete nach seiner Rückkehr nach Wien 1823 wieder die von ihm 1804-16 eingeführten öffentlichen Quartettsoireen. S. wurde 1824 Exspektant und 1827 Mitglied der k. k. Hofkapelle, 1828 Orchesterdirektor am Kärntnertortheater. —»Schubert widmete ihm sein Quartett in a (1824). S. komponierte Musik für Streicher, u. a. IX Variations pour 2 Violons sur une Piece tiree du Ballet d'Alcina (1798). OD M G G
Schuppe,
Wilhelm, Philosoph, Jurist, * 5 . 5 . 1 8 3 6 Brieg (Schlesien), t 2 9 . 3 . 1 9 1 3 Breslau. S. studierte seit 1854-57 Rechtswissenschaft, dann kath. Theologie und Klassische Philologie in Breslau, Bonn und Berlin, wurde 1860 zum Dr. phil. promoviert und war seit 1861 Gymnasiallehrer in Berlin, Breslau, Neisse, Gleiwitz und Beuthen. Aufgrund seines Buches Das menschliche Denken (1870) wurde er, gefördert von Hermann —»Lotze, 1873 als o . P r o f . der Philosophie an die Univ. Greifswald berufen, w o er 1910 emeritiert wurde. S. war Mitglied der Gesellschaft der Wissenschaften in Christiania. Er vertrat eine empirisch begründete Immanenzphilosophie, die davon ausgeht, daß auch die Philosophie Wissen von Inhalten des Bewußtseins sei. In seiner Ethik strebte S. eine Vermittlung eudämonistischer und normativer Konzeptionen an. S.s Rechtsphilosophie sieht die Quelle des Rechts im überindividuellen Rechtswillen des Bewußtseins überhaupt. Zu seinen Werken gehören u.a. Erkenntnistheoretische Logik (1878), Grundzüge der Ethik und Rechtsphilosophie (1881, Nachdr. 1963), Der Begriff des subjektiven Rechts (1887, Nachdr. 1963), Grundriß der Erkenntnistheorie und Logik (1894, 2 1910) und Allgemeine Rechtslehre (postum 1936). Mit verschiedenen Schriften (u. a. Das Gewohnheitsrecht,
1890, Nachdr. 1981) beteiligte sich S. an der Diskussion der Entwürfe des Bürgerlichen Gesetzbuches, das 1900 in Kraft trat. Er führte die von Max Reinhard —»Kauffmann begründete „Zeitschrift f ü r immanente Philosophie" nach dessen Tod fort. CD Enz Phil Wiss
Schuppen,
Jacob van, Maler, * 26. 1.1670 Fontainebleau (Frankreich), t 2 9 . 1 . 1 7 5 1 Nikolsdorf (heute zu Wien). Seit 1704 Mitglied der Pariser Akademie, war S. 1708-16 H o f m a l e r Herzog Leopolds in Luneville, ging 1716 nach Wien und wurde 1723 kaiserlicher Hofmaler. 1726 übernahm er dort die Direktion der wiederhergestellten Akademie, die bis 1731 in seinem Haus residierte. S. hielt seit 1730 monatlich populäre Vorträge f ü r die Wiener gebildete Gesellschaft. Er malte u. a. Lukas, hl. Madonna malend für die Karlskirche. m Czeike S c h u r , Ernst (Erich Walter), Schriftsteller, * 2 4 . 1 1 . 1876 Kiel, t 6 . 3 . 1 9 1 2 Berlin. S. studierte seit 1895 Rechtswissenschaft und Nationalökonomie in Freiburg/Breisgau und Berlin und widmete sich daneben historischen, kunsthistorischen, philologischen und theologischen Studien. Nach dem Referendariat ließ er sich 1896 als freier Schriftsteller in München nieder und lebte seit 1900 in Berlin. S. schrieb Erzählungen und Gedichte (u.a. Weltstimme, 1907) sowie Abhandlungen über Kunst und Ästhetik, u. a. Buhne und Kunst (1912). CD D L L
Schur,
Friedrich (Heinrich), Mathematiker, * 27. 1.1856 M a c i e j e w o (Kr. Krotoschin, Prov. Posen), f 18.3. 1932 Breslau. Nach dem Studium der Astronomie und Mathematik in Breslau und Berlin (Promotion 1879, Geometrische Untersuchungen über Strahlencomplexe 1. und 2. Grades) habilitierte sich S„ Sohn eines Amtsrats und fürstlich Thurnund Taxisschen Domänenpächters, 1881 an der Univ. Leipzig mit der Arbeit Über die durch collineare Grundgebilde erzeugten Curven und Flächen für Mathematik. Seit 1885 a . o . P r o f . , ging er 1888 als o . P r o f . für Reine Mathematik an die Univ. Dorpat und wurde 1892 Prof. für Darstellenden Geometrie an der T H Aachen, 1897 o . P r o f . für Geometrie an der T H Karlsruhe; 1 9 0 4 / 0 5 war er deren Rektor. 1909-18 lehrte er an der Univ. Straßburg, 1919-24 an der Univ. Breslau. S., der als Mitbegründer der Differentialgeometrie gilt, war Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina (seit 1902) und korrespondierendes Mitglied der Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften in Lüttich. Er veröffentlichte u . a . ein Lehrbuch der analytischen Geometrie (1898, 2 1912, poln. 1901), Johann Heinrich Lambert als Geometer (Rektoratsrede 1905), Grundlagen der Geometrie (1909) und Vorlesungen über graphische Statik (hrsg. mit Wolfgang Vogt, 1915) sowie Arbeiten zur Theorie der Transformationsgruppen. CD N D B
Schur,
Issai (Schaia), Mathematiker, * 1 0 . 1 . 1 8 7 5 M o g i l e v / D n j e p r (Mohilew, Weißrußland), t 10. 1. 1941 Tel Aviv. S., Sohn eines Großkaufmanns, studierte 1894-1901 an der Univ. Berlin und lehrte seit der Promotion 1901 (Ueber eine Klasse von Matrizen, die sich einer gegebenen Matrix zuordnen lassen) an der T H Berlin. 1903 habilitierte er sich an der Univ. Berlin und war 1913-16 a . o . P r o f . der Mathematik an der Univ. Bonn, 1916-19 an der Univ. Berlin, wo er seit 1920 als o . P r o f . wirkte. 1933 beurlaubt, lehrte er seit 1936 an der Ε Τ Η Zürich und emigrierte 1939 nach Palästina. S. war 1918-36 Mitherausgeber der „Mathematischen Zeitschrift" und gehörte 1932-35 der Redaktion der „Schriften des Mathematischen Seminars und des Instituts für angewandte Mathematik" an. Seit 1919 war S. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, seit
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Schur 1921 der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften. Er lieferte grundlegende Beiträge zur Gruppentheorie, insbesondere zur Darstellungstheorie („Schurs L e m m a " ) , sowie Arbeiten zur Algebra, Theorie der algebraischen Gleichungen und Zahlentheorie, über Potenzreihen und Riemannsche Räume. Zwei Vorlesungen wurden veröffentlicht als Die algebraischen Grundlagen der Darstellungstheorien der Gruppen. Vorlesungen über Darstellungstheorie (1936, hrsg. von Eduard —> Stiefel, Nachdr. 2004) und Vorlesungen über Invariantentheorie (1968, hrsg. von Helmut Grunsky). Gesammelte Abhandlungen (hrsg. von Alfred Theodor —> Brauer und Hans Rohrbach) erschienen 1973 in drei Bänden. m NDB S c h u r , (Philipp) Johann Ferdinand, Botaniker, * 18.2. 1799 Königsberg (Preußen), t 2 7 . 5 . 1878 Bielitz. Zunächst Apothekergehilfe, studierte der aus ärmlichen Verhältnissen stammende S. Pharmazie in Berlin und war nach der Promotion Chemiker in Fabriken bei Wien, in Preßburg und in St. Georgen (Ungarn). Seit 1845 baute er eine Chemikalien- und Schwefelsäurefabrik in H e r m a n n stadt auf, war 1849 Mitbegründer des Siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften zu Hermannstadt und unternahm im Auftrag des siebenbürgischen Gouverneurs eine botanische Studienreise durch Siebenbürgen. S. unterrichtete 1 8 5 3 / 5 4 am Honterusgymnasium in Kronstadt und ging anschließend nach Wien, wo er zehn Jahre eine Erziehungsanstalt für Mädchen leitete und Vorlesungen an der Wiener Handelsakademie hielt. Sein 5 0 0 0 0 Belege umfassendes siebenbürgisches Herbarium wertete er in Enumeratio plantarum Transsilvaniae exhibens (1866, erneut 1885) aus. S. beschrieb über 60 Arten sowie 130 Abarten und Formen von Pflanzen erstmals. Zu seinen Veröffentlichungen gehört Sertum florae Transsilvaniae (1853). CD Altpreuß Biogr, Bd 4 S c h u r , (Adolph Christian) Wilhelm, Astronom, * 15.4. 1846 Altona (heute zu Hamburg), t 1.7. 1901 Göttingen. S., Sohn eines Weinhändlers, studierte an den Universitäten Kiel und Göttingen, wurde 1867 promoviert (Untersuchungen über die Bahn des Doppelsterns 70 ρ Ophiuchi) und war seit 1868 Assistent am Geodätischen Institut in Berlin. 1877 wurde er Observator, 1882 stellvertretender Direktor an der Sternwarte in Straßburg. 1874 nahm er an der Venus-Expedition auf die Auckland-Inseln teil. Seit 1885 war S. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1886 wurde er o. Prof. der Astronomie und Direktor der Sternwarte in Göttingen. S. veröffentlichte u. a. Bestimmung der Masse des Planeten Jupiter aus HeliometerBeobachtungen der Abstände seiner Satelliten (1882), Die Orter der hellen Sterne der Praesepe (1895), Beiträge zur Geschichte der Astronomie in Hannover (1901) und übersetzte Richard Anthony Proctors Schrift Our place among infinities (1875) unter dem Titel Unser Standpunkt im Weltall (1877) in die deutsche Sprache. DP S H B L , Bd 7 S c h u r , Willi, Schauspieler, * 22. 8 . 1 8 8 8 Breslau, t 2 . 1 1 . 1940 Berlin. S. debütierte 1906 am Kgl. Schauspielhaus in Potsdam, spielte anschließend in Bromberg, Neisse (hier führte er erstmals Regie), Oldenburg und Bremen und leitete 1 9 1 4 / 1 5 das Kurtheater B a d Kösen und das Stadttheater in Wilhelmshaven. 1 9 1 6 / 1 7 in Chemnitz und Nürnberg tätig, ging er 1918 nach Halle, war 1 9 2 1 / 2 2 Direktor des Hallischen Operettentheaters und des Reichshallentheaters in Erfurt und seit 1924 des Modernen Theaters in Halle. Nach einer Südamerika-Tournee ging er 1926 nach Berlin und war dort Schauspieler und Regisseur am Residenztheater, 1928-31 am Theater des Westens und der Volksbühne und seit 1932 am Theater am Schiffbauerdamm. S. debütierte 1931 beim
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Film und zog sich nach 1934 fast vollständig vom Theater zurück. Er spielte überwiegend Ganoven, Kleinbürger und Proletarier, auch skurrile Typen ( u . a . in Der Hauptmann von Köpenick), inszenierte 1936 zwei Kurzfilme und war E n d e der dreißiger Jahre in Charakterrollen zu sehen (u.a. Der unmögliche Herr Pitt). CP Cinegraph S c h u r e k , Paul, Schriftsteller, * 2 . 1 . 1 8 9 0 Hamburg, t 2 2 . 5 . 1962 Hamburg. S. machte eine Lehre als Feinmechaniker, war 1909-13 auf Wanderschaft und besuchte anschließend die Ingenieurschule Hamburg. Im Ersten Weltkrieg Funker, später Elektriker, wurde er 1922 Lehrer an einer Gewerbeschule und war seit 1932 freier Schriftsteller in Hamburg. S. schrieb meist in niederdeutscher Sprache Komödien und Schwänke ( u . a . Stratenmusik, 1921), Heimkehrerdramen ( K a s p a r kummt na Hus, 1932) sowie Erzählungen (Der Hamburger Brand, 1922), die er meist selbst ins Hochdeutsche übertrug. 1946 erschienen seine Begegnungen mit Ernst Barlach (1946). S. erhielt 1930 den Stavenhagen-Preis f ü r sein dramatisches Werk. m Killy S c h u r f f , Augustin, auch Schurpff, Physiker, Mediziner, * 1.1. 1495 St. Gallen, f 9 . 5 . 1548 Wittenberg. S., Sohn eines Arztes und Bürgermeisters, studierte seit 1509 in Wittenberg und war nach d e m Abschluß 1516 als Magister artium seit 1517 Prof. für Logik und Physik. 1518 zum Baccalaurus der Medizin promoviert, übernahm er den Lehrstuhl für Theologische Medizin und wurde 1521 zum Dr. med. promoviert. Revolutionär zu seiner Zeit führte er Sektionen am menschlichen Körper durch, so 1526 in Gegenwart der medizinischen Fakultät an einem menschlichen Kopf. 1529 wurde S., der als Arzt u . a . Martin - > L u t h e r , Philipp —»Melanchthon und Johannes —> Bugenhagen behandelte, Leibarzt am kursächsischen Hof, 1533 kurfürstlicher Leibarzt und Leibarzt am anhaltinischen Hof. 1937 und 1545 war er Rektor der Universität. In seinen Forschungen beschäftigte sich S. vor allem mit der Pest ( u . a . Disputatio de peste et de prima materie que in arte medica traduntur). Eine seiner Töchter war mit Lucas —»Cranach d . J . verheiratet. Cd Ärzte I S c h u r f f , Hieronymus, auch Schürf, Schürpff, Jurist, * 12.4. 1481 St. Gallen, t 6 . 6 . 1554 F r a n k f u r t / O d e r . S., Sohn eines Schulmeisters aus einer St. Galler Patrizierfamilie, studierte 1 4 9 4 / 9 5 an der Artistenfakultät in Basel, erwarb 1498 den Grad eines Magisters, studierte seit 1501 die Rechte in Tübingen und wurde 1503 in Wittenberg zum Dr. jur. promoviert. 1504 war er Rektor, 1507 o.Prof. des Römischen Rechts in Wittenberg, wo er in Kontakt mit —> Melanchthon, Lucas —»Cranach und vor allem —> Luther kam. An den reformatorischen Ereignissen 1 5 2 0 / 2 1 war S. als Gutachter und Ratgeber maßgeblich beteiligt. 1521 wurde er auf d e m Wormser Reichstag zum Rechtsbeistand Luthers bestimmt. S. initiierte Unterredungen mit Conrad —»Peutinger und entwarf mit Gregor —»Brück die zwei Schreiben Luthers an —> Karl V. und die deutschen Stände. Er war auch Rat Kurfürst —»Friedrichs des Weisen und Beisitzer am sächsischen Oberhofgericht in Altenburg und Leipzig. 1547 erhielt S. einen Ruf nach F r a n k f u r t / O d e r . Er veröffentlichte u. a. die Gutachtensammlung Consiliorum seu responsorum iuris (3 Bde., 1553-58), die in zahlreichen weiteren Auflagen erschien. c n NDB S c h u r i c h , Karl Robert, Drucker, Zeitungsverleger, * 3 0 . 1 0 . 1 8 1 3 Pegau (Sachsen), t 1 6 . 5 . 1 8 7 5 . S. war der Sohn eines Rektors. Er arbeitete als Faktor für die Buchdruckerei Wolff in München und machte sich dann als Verleger selbständig. 1848 gründete er die „Münchner Neuesten Nachrichten", die 1862 von Julius —>Knorr erworben wurden.
Schurz S c h u r i c h t , Carl (Adolph), Dirigent, * 3 . 7 . 1 8 8 0 Danzig, Ϋ 7 . 1 . 1967 Corseaux-sur-Vevey (Kt. Waadt, Schweiz). S. war der Sohn eines Organisten und Orgelbauers und einer Sängerin und wuchs nach dem frühen Tod des Vaters in Wiesbaden auf. Nach dem Studium u. a. bei Engelbert —> Humperdinck an der Berliner Musikhochschule und bei Max —»Reger in Leipzig war er 1 9 0 1 / 0 2 Korrepetitor am Stadttheater in Mainz, dann in Dortmund, Kreuznach und Goslar und später Operettenkapellmeister in Zwickau. Seit 1909 dirigierte er die R ü h l ' s c h e Oratoriengesellschaft in F r a n k f u r t / M a i n . 1912-44 war S. Städtischer Musikdirektor, seit 1922 Generalmusikdirektor in Wiesbaden. 1933 übernahm er zusätzlich die Leitung des Philharmonischen Chors in Berlin, 1944 die musikalische Leitung des Dresdner Philharmonischen Orchesters, ging jedoch im selben Jahr in die Schweiz. Nach 1945 war S. vor allem als Gastdirigent großer Orchester tätig und trat erstmals 1950 wieder in Berlin, 1954 in Hamburg auf. Er beherrschte ein umfangreiches Repertoire, wurde jedoch vor allem durch seine Interpretationen von Werken der Wiener Klassik, der Romantik und der Kompositionen Anton - » B r u c k n e r s und Gustav Mahlers bekannt. S. komponierte Lieder und Klavierwerke. cd
MGG
S c h u r i c h t , Christian Friedrich, Architekt, Graphiker, * 5 . 3 . 1753 Dresden, t 2. 8. 1832 Dresden. S. studierte bei Friedrich August —> Krubsacius, war seit 1777 Pensionär der Dresdner A k a d e m i e und wurde 1782 kursächsischer Hofkondukteur, 1799 Hof- und 1816 Oberlandbaumeister. Eine Studienreise führte ihn 1 7 8 6 / 8 7 bis nach Neapel. S. war 1794 mit der Inneneinrichtung des Römischen Hauses im Weimarer Park befaßt, plante das schlesische Bad Wolkenstein und schuf u . a . das Belvedere auf der Brühischen Terasse in Dresden (1814). Er zeichnete auch Vorlagen für Kupferstiche, u . a . Illustrationen zu Christian Cay Lorenz —»Hirschfelds Theorie der Gartenkunst (5 Bde., 1779-85). CO Th-B S c h u r i g , Arthur, Schriftsteller, * 2 4 . 4 . 1 8 7 0 Dresden, t 16.2. 1929 Dresden. S. war 1890-1904 Offizier, studierte 1906-10 Literaturgeschichte und Archäologie in Grenoble, Berlin und Leipzig, wurde 1910 zum Dr. phil. promoviert (Der junge Heien und seine Entwicklung bis 1774), unternahm große Reisen und lebte zuletzt in Dresden. Er schrieb u. a. Wolfgang Amadeus Mozart. Sein Leben und sein Werk (2 Bde., 1913) und widmete sich als Übersetzer und Herausgeber u . a . dem Werk Stendhals und Merimees. CD D L L S c h u r i g - M a r k e e , Arthur, Landwirt, Fabrikant, * 19.7. 1869 Gröbers bei H a l l e / S a a l e , t 4 . 5 . 1 9 3 2 . Nach der Ausbildung im väterlichen Betrieb sowie auf sächsischen und mecklenburgischen Gütern war S.-M. 1893-96 Wanderredner beim „Bund der Landwirte", bewirtschaftete seit 1897 einen Bauernhof in Etzin im Havelland und schuf durch hinzugepachtete Güter ein 1917 3500 Hektar umfassendes Agrarunternehmen. Er widmete sich vor allem dem Anbau von Feldgemüse und Futterpflanzen (Luzerne). Er gehörte zeitweise zu den größten Hanferzeugern Deutschlands, unterhielt eine Bindfadenfabrik, verwertete einen Großteil des Berliner Mülls als Gründünger und führte Blech und Glas der Wiederverwertung zu. S.-M. war führendes Mitglied des Reichskuratoriums Technik in der Landwirtschaft und wirkte u. a. an der Mechanisierung der Zuckerrübenernte sowie an der Einführung des Dreschens auf dem Feld mit. Die T H Danzig verlieh ihm den Dr.-Ing. e. h. in Anerkennung seiner Verdienste um die Entwicklung der landwirtschaftlichen Kulturmethoden und um die Förderung des Landmaschinenbaus. CD Männer Nahrung
S c h u r m a n n , Anna Maria van, Polyhistorin, * 5 . 1 1 . 1607 Köln, t 14.5. 1678 Wieuwert (Friesland). S., Tochter niederländischer reformierter Eltern, verbrachte ihre Jugend in Franeker, Köln und Utrecht, wo sie u . a . bei Gisbert Voetius Theologie studierte. Sie beherrschte zwölf Sprachen, widmete sich der Malerei und Graphik, Dichtkunst, Geographie, Astronomie, Theologie, Pädagogik, Philosophie und Geschichtswissenschaft. S. korrespondierte mit zahlreichen europäischen Gelehrten, u. a. mit —> Spanheim, Rene Descartes, Richelieu, Christiaan Huygens, Simon d ' E w e s , —»Elisabeth von der Pfalz, Andreas Rivet, Johanna Eleonore von und zu Merlau (—> Petersen) und Johann Jakob Schütz. 1636 wurde sie mit ihrem zur Einweihung der Akademie Utrecht geschriebenen Gedicht berühmt. 1641 erschien ihre, das Recht der Frauen auf wissenschaftliche Betätigung verteidigende Dissertation De ingenii mulieribus ad doctrinam, et meliores litteras aptitudine. S. gründete eigene Hausgemeinden in Lexmond und Utrecht; 1669 brach sie durch ihren Anschluß an Jean de Labadies separatistische G e m e i n d e mit der reformierten Kirche. 1670 floh sie mit den Labadisten über Herford und Altona nach Wieuwert. S. wurde im 20. Jh. hauptsächlich als Theologin rezipiert (Eukleria seu melioris partis electio, 1673, dt. 1683). m BBKL S c h u r r , Viktor, Redemptorist, Theologe, * 4 . 4 . 1898 Donzdorf (Württemberg), f 2 6 . 1 2 . 1971 G a r s / I n n . Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg seit 1919 Novize bei den Redemptoristen, studierte S., Sohn eines Schusters und Apothekengehilfen, Philosophie und Theologie in Gars und R o m , empfing 1925 die Priesterweihe und wurde 1930 zum Dr. theol. promoviert. Seit 1930 lehrte er Dogmatik und Dogmengeschichte an den redemptoristischen Hochschulen in Rothenfeld und Gars, 1953 / 54 auch an der PhilosophischTheologischen Hochschule in Freising. 1955 wurde er Prof. der Pastoraltheologie an der Accademia Alfonsiana (LateranUniversität) in R o m . S., der sich u . a . um eine stärkere Einbindung der Laien in die Pastoralarbeit bemühte, entwickelte eine neue Konzeption der Volksmission als „Milieumission". Er war 1953-68 Redakteur der Zeitschriften „Paulus" und „Lebendige Seelsorge" und begründete 1958 mit Bernhard - » H ä r i n g die Zeitschrift „Theologie der Gegenwart". 1966 wirkte er an der Gründung der Zeitschrift „Dienst am Wort" mit. Seit 1947 war S. Direktor der deutschen kath. „Missionarischen Aktionszentrale". Er veröffentlichte u. a. Seelsorge in einer neuen Welt. Pastoral der Umwelt und des Laientums (1957, 3 1959). DP N D B S c h u r t h , Ernst, Maler, * 1.5. 1848 N e u s t a d t / S c h w a r z wald, t 2 . 7 . 1 9 1 0 Karlsruhe. S. studierte an den Kunstgewerbeschulen in Karlsruhe (1864) und Nürnberg (1865-68) sowie an den Kunstakademien München und Dresden, unternahm 1879 eine Italienreise und wurde anschließend Meisterschüler Ferdinand —> Kellers in Karlsruhe. 1882 übernahm er die Leitung der Antikenklasse an der dortigen Kunstakademie, wurde 1885 Prof. der Figurenmalerei und übernahm 1895 die Leitung der Zeichenklasse. S. malte vor allem Bildnisse und Allegorien. Zu seinen Werken zählt das Wandgemälde in der Aula der T H Karlsruhe. CD Vollmer S c h u r z , Anton Xaver, österr. Schriftsteller, * 2 . 9 . 1 7 9 4 A s p a r n / Z a y a , t 2 9 . 1 2 . 1859 Wien. Nach d e m Studium an der Berghochschule in Schemnitz trat S. in den Dienst der k. k. Münz- und BergwesensHofbuchhaltung, an der er 1854 als Hofbuchhalter und erster Vorstand pensioniert wurde. Nikolaus —> Lenau, dessen Schwester Theresia er 1821 geheiratet hatte, erwirkte die Veröffentlichung von S.' einziger eigenständiger Gedichtsammlung (Gedichte, 1841). Bedeutung erlangte S. durch
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Schurz Lenau 's Leben. Großentheils aus des Dichters eigenen Briefen (2 B d e . , 1855; neu hrsg. von E d u a r d —>Castle, B d . 1, 1913; N e u d r . 1975). E i n e L e b e n s g e s c h i c h t e von M a t t h i a s L e o p o l d —> Schleifer, mit d e m er seit 1828 b e f r e u n d e t war, blieb F r a g m e n t . c d Killy S c h u r z , Carl, R e v o l u t i o n ä r , a m e r i k a n i s c h e r S t a a t s m a n n , * 2 . 3 . 1829 Liblar bei K ö l n , t 1 4 . 5 . 1906 N e w York. Als ältester S o h n eines D o r flehrers schrieb sich S. nach d e m B e s u c h des G y m n a s i u m s in K ö l n z u m W i n t e r s e m e s t e r 1 8 4 7 / 4 8 an der U n i v . B o n n ein, w o er im M ä r z 1848 in d i e E r e i g n i s s e der R e v o l u tion geriet. E r stellte sich auf die Seite der D e m o k r a t e n und w u r d e u n v e r s e h e n s z u m politischen R e d n e r und Agitator. N a c h d e m gescheiterten Übergriff auf d a s Z e u g h a u s in Siegburg setzte er sich in die P f a l z ab, u m d i e R e v o l u t i o n gegen die i m m e r stärker w e r d e n d e R e a k t i o n zu verteidigen; auf d e m R ü c k z u g nach B a d e n e n t z o g er sich der d r o h e n den G e f a n g e n n a h m e d u r c h s p e k t a k u l ä r e Flucht aus der von preuß. T r u p p e n e i n g e s c h l o s s e n e n F e s t u n g Rastatt. D i e Tatsache, d a ß sein B o n n e r L e h r e r und Freund G o t t f r i e d —> Kinkel den P r e u ß e n in d i e H ä n d e gefallen war, b e w o g S., aus d e m Z ü r c h e r Exil unter f a l s c h e m P a ß n a c h D e u t s c h l a n d zu reisen, w o i h m a m 6 . / 7 . 1 1 . 1850 die a u f s e h e n e r r e g e n d e B e f r e i u n g K i n k e l s aus d e m Z u c h t h a u s S p a n d a u und d i e a n s c h l i e ß e n d e g e m e i n s a m e F l u c h t nach E n g l a n d gelang, w o d u r c h S. ü b e r N a c h t in E u r o p a w i e in A m e r i k a zu e i n e m der H e l d e n der Revolution wurde. Ü b e r Paris u n d L o n d o n , w o er i m Juli 1852 die w o h l h a b e n d e H a m b u r g e r K a u f m a n n s t o c h t e r M a r g a r e t h e M e y e r heiratete, traf S. im S e p t e m b e r in N e w York ein. Er ließ sich in W i s c o n s i n nieder und f a n d als revolutionärer D e m o k r a t und S k l a v e r e i g e g n e r rasch Eintritt in d i e a m e r i k a n i s c h e Politik. N a c h e i n e m kurzen A u f e n t h a l t in L o n d o n Schloß er sich 1856 als einer der ersten n a m h a f t e n D e u t s c h - A m e r i k a n e r der zwei J a h r e alten R e p u b l i k a n i s c h e n Partei an. Von ihrer Wahln i e d e r l a g e ließ er sich e b e n s o w e n i g e n t m u t i g e n w i e von der eigenen bei der K a n d i d a t u r f ü r das A m t d e s V i z e g o u v e r n e u r s von W i s c o n s i n . Bereits 1856 e n g a g i e r t e er sich im b e n a c h barten Illinois im W a h l k a m p f f ü r A b r a h a m Lincoln. A u f d e m P a r t e i k o n v e n t der R e p u b l i k a n e r 1860 in C h i c a g o vertrat S. die w a h l e n t s c h e i d e n d e n d e u t s c h - a m e r i k a n i s c h e n S t i m m e n , w a s i h m n a c h L i n c o l n s Sieg die E r n e n n u n g z u m G e s a n d t e n in S p a n i e n einbrachte, ein A m t , d a s er k n a p p ein J a h r lang a u s ü b t e , u m dann s e i n e m W u n s c h g e m ä ß aktiv a m B ü r g e r k r i e g t e i l z u n e h m e n . A u s politischen E r w ä g u n g e n w u r d e er z u m B r i g a d e g e n e r a l e r n a n n t und i m f o l g e n d e n J a h r z u m G e n e r a l m a j o r b e f ö r d e r t - d e m zu d i e s e r Zeit h ö c h s t e n R a n g in der a m e r i k a n i s c h e n A r m e e - , als d e r er u . a . 1863 in G e t t y s b u r g k ä m p f t e . 1864 schied er aus d e m Militärdienst aus, u m sich als politischer R e d n e r f ü r die W i e d e r w a h l Lincolns einzusetzen. O b g l e i c h S. 1865 im A u f t r a g des Präsidenten A n d r e w J o h n s o n e i n e politische E r k u n d u n g s t o u r d u r c h den besiegten S ü d e n u n t e r n o m m e n hatte, sah er sich kaltgestellt und b e k ä m p f t e d i e Politik J o h n s o n s in ö f f e n t l i c h e n R e d e n , als Journalist und als M i t h e r a u s g e b e r der „Westlichen P o s t " in St. Louis. N a c h einer D e u t s c h l a n d r e i s e 1 8 6 7 / 6 8 , bei der er e r s t m a l s mit —»Bismarck z u s a m m e n g e t r o f f e n war, w u r d e S. 1869 v o m S t a a t s p a r l a m e n t von M i s s o u r i auf sechs J a h r e z u m B u n d e s s e n a t o r in W a s h i n g t o n g e w ä h l t . N a c h d e m B r u c h m i t U l y s s e s S i m p s o n Grant, d e m Versuch einer liberal-republikanischen P a r t e i a b s p a l t u n g und einer er-
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neuten D e u t s c h l a n d r e i s e w a r er von 1877 bis 1881 unter Präsident Rutherford Birchard Hayes Innenminister, wobei er sich b e s o n d e r s f ü r die R e f o r m d e s ö f f e n t l i c h e n Dienstes und der Indianerpolitik einsetzte u n d die P a r t e i e n k o r r u p t i o n e i n z u d ä m m e n suchte. Als F ü h r e r der D e u t s c h - A m e r i k a n e r und c h a r i s m a t i s c h e Persönlichkeit, als J o u r n a l i s t u n d Schriftsteller, Kritiker der politischen Parteien und A n t i i m p e r i a l i s t starb der Mittler z w i s c h e n D e u t s c h l a n d und A m e r i k a u n d „eider s t a t e s m a n " , der die h ö c h s t e n Ä m t e r i n n e g e h a b t hatte, d i e d a s politische S y s t e m nicht-gebürtigen A m e r i k a n e r n a n z u b i e t e n verm o c h t e , s i e b e n u n d s i e b z i g j ä h r i g in N e w York. WERKE: D e r S t u d e n t e n c o n g r e ß zu E i s e n a c h a m 25. Sept e m b e r 1848, seine B e d e u t u n g und seine Resultate. B o n n 1848. - L i f e of H e n r y C l a y . 2 Bde., B o s t o n 1887. - A b r a h a m L i n c o l n . In: Atlantic M o n t h l y 6 7 (June 1891) S. 7 2 1 - 7 5 0 . N e u hrsg. mit einer E i n l e i t u n g v. E r n e s t C a s s a r a . C a m bridge, M a s s . 1999. (Dt.: Berlin 1908). - L e b e n s e r i n n e r u n g e n . 3 Bde., Berlin 1906-12. - S p e e c h e s , C o r r e s p o n d e n c e and Political P a p e r s of C. S. 6 B d e . , N e w York 1913. I n t i m a t e Letters of C. S. 1841-1869. M a d i s o n , Wis. 1928. LITERATUR: M a x B r a u b a c h : C . S. als B o n n e r S t u d e n t . B o n n 1929. - C h e s t e r V . E a s u m : T h e A m e r i c a n i z a t i o n of C . S. C h i c a g o 1929 (dt.: Vom E i n w a n d e r e r z u m S t a a t s m a n n . W i e der D e u t s c h e C . S. A m e r i k a n e r w u r d e . W e i m a r 1937). C l a u d e M o o r e F u e s s : C . S., R e f o r m e r ( 1 8 2 9 - 1 9 0 6 ) . N e w York 1932. - W o l f g a n g Klötzer: C . S. und F r a n k f u r t a m M a i n . F r a n k f u r t / M a i n 1979. - R ü d i g e r Wersich (Hrsg.): C. S. R e v o l u t i o n ä r und S t a a t s m a n n . Sein L e b e n in Selbstzeugnissen, B i l d e r n und D o k u m e n t e n . M ü n c h e n 1979. H a n s L. T r e f o u s s e : C. S. A B i o g r a p h y . K n o x v i l l e , Tenn. 1982. - Clara M . Lovett: C. S., 1 8 2 9 - 1 9 0 6 . A B i o g r a p h i c a l Essay a n d a Selective List of R e a d i n g M a t e r i a l s in E n g l i s h . W a s h i n g t o n , D . C . 1983. - F r a n k M i c h a e l S c h i c k e t a n z : T h e „ L e b e n s e r i n n e r u n g e n " of C . S. A Critical R e a d i n g . K o n stanz 1987. - S t e f a n R e i n h a r d t : D i e D a r s t e l l u n g der R e v o lution von 1 8 4 8 / 4 9 in den L e b e n s e r i n n e r u n g e n von C . S. und O t t o von C o r v i n . F r a n k f u r t / M a i n 1999. - M a r i a n n e und O t t o D r a e g e r : D i e C. S. Story. Vom d e u t s c h e n R e v o l u t i o n ä r z u m a m e r i k a n i s c h e n Patrioten. Berlin 2 0 0 6 . - Walter Keßler: C. S. K a m p f , Exil u n d Karriere. K ö l n 2 0 0 6 . Horst Dippel
S c h u r z f l e i s c h , C o n r a d S a m u e l , auch Schurtzfleisch, P s e u d . E u b u l u s T h e o d a t u s , S a r c k m a s i u s , L a b r o a Verasio, Christian a Teuteburg, X a v e r i u s P a r a n u s , H u n o a b H u n e n feld, Historiker, Polyhistor, * 3. 1 2 . 1 6 4 1 K o r b a c h , t 7 . 7 . 1708 Wittenberg. S. erhielt seine A u s b i l d u n g zunächst im w i s s e n s c h a f t l i c h anr e g e n d e n E l t e r n h a u s , d a n n in der Schule, deren K o n r e k t o r sein Vater J o h a n n S. war. Er studierte die Artes liberales in G i e ß e n , v o r ü b e r g e h e n d in H e l m s t e d t und seit 1662 in Wittenberg, w o er im H e r b s t d e s s e l b e n J a h r e s den G r a d eines M a g i s t e r s e r w a r b . Er lehrte z u n ä c h s t dort an der Univ., w a r 1 6 6 5 / 6 6 R e k t o r des G y m n a s i u m s in K o r b a c h und k a m 1667 als H o f m e i s t e r nach Leipzig, w o er J a k o b —>Thomasius k e n nenlernte. N a c h Wittenberg z u r ü c k g e k e h r t , v e r ö f f e n t l i c h t e er 1669 p s e u d o n y m die satirische S c h r i f t Judicia de novissimis prudentiae civilis scriptoribus ex parnasso, d i e mit ihrer Kritik an d e n A u t o r e n der R e i c h s p u b l i z i s t i k n a c h S a m u e l von —>Pufendorf E n t r ü s t u n g auslöste. Seit 1671 a. o . P r o f . der G e s c h i c h t e , w u r d e S. 1674 o . P r o f . der Poesie, 1678 der Geschichte und ü b e r n a h m 1700 zusätzlich d i e P r o f e s s u r f ü r E l o q u e n z an der U n i v . Wittenberg, d e r e n R e k t o r er z w e i m a l war. 1702 m a c h t e er die historische P r o f e s s u r in Wittenberg f ü r seinen B r u d e r Heinrich L e o n h a r d —>S. frei. Einen R u f n a c h H e l m s t e d t auf die N a c h f o l g e H e r m a n n —> C o n r i n g s lehnte er ab. S. publizierte vor allem zu Staatsrecht, G e schichte u n d G e o g r a p h i e . 1705 w u r d e er Direktor der Weim a r e r B i b l i o t h e k von H e r z o g W i l h e l m E r n s t . B i b l i o t h e k s r e i sen f ü h r t e n ihn in d i e N i e d e r l a n d e , nach E n g l a n d , Italien und
Schuselka Wien. S. hinterließ eine umfangreiche Korrespondenz sowie eine reiche Bibliothek, die an die von seinem Bruder geleitete fürstliche Bibliothek in Weimar kam (2005 teilweise verbrannt). m NDB
Schurzfleisch, Heinrich Leonhard, Bibliothekar, * 11.11.1644 Korbach, begraben 13.7. 1722 Weimar. S. bezog mit 17 Jahren die Univ. Wittenberg, 1688 die Univ. Jena. Seit 1692 Kanzleiadjunkt bzw. Assessor in der waldeckischen Verwaltung, nahm er 1797 in Franeker (Niederlande) das Studium der Jurisprudenz wieder auf und wurde im selben Jahr zum Dr. jur. promoviert. 1701 zum Adjunkten der Wittenberger Philosophischen Fakultät ernannt und im folgenden Jahr zum Magister promoviert, übernahm er anschließend die historische Professur seines Bruders Conrad Samuel —>S. Seit 1708 als Bibliotheksdirektor in Weimar Nachfolger seines Bruders, siedelte er 1713 ganz nach Weimar über und wurde Konsistorialrat. Er gab 1707 die Opera der —>Hrotsvit und 1712 die erste Veröffentlichung über die Weimarer Bibliothek unter dem Titel Notitia bibliothecae principalis Vinariensis heraus. S c h u s c h n i g g , Kurt von, österr. Staatsmann, * 14.12. 1897 Riva/Gardasee, t 18. 11. 1977 Mutters (Tirol). Die Herkunft aus einer altösterreichischen Offiziersfamilie und die streng kath. Erziehung im Jesuitengymnasium „Stella Matutina" in Feldkirch haben S. charakterlich geprägt und seinen Lebensweg bestimmt. 1915 meldete er sich gleich nach der Matura zum Kriegsdienst. Als Leutnant bei Kriegsende in italienische Gefangenschaft geraten, studierte er nach seiner Heimkehr 1919 in Innsbruck Rechtswissenschaft und ließ sich dort als Rechtsanwalt nieder. Als Vertreter der jungen Generation in der Tiroler Christlichsozialen Partei zog er 1927 als jüngster Abgeordneter in den Nationalrat ein, wo er 1929 maßgeblich an der Reform der Bundesverfassung mitwirkte. 1932 wurde er als Vertreter Tirols zum Justizminister im Kabinett —> Buresch ernannt. In der Regierung —> Dollfuß auch zum Unterrichtsminister bestellt, hatte S. 1 9 3 3 / 3 4 wesentlichen Anteil an der Ausschaltung des Parlaments und dem Aufbau des Ständestaats. Nach der Ermordung Dollfuß' im Juli 1934 wurde S. am 2 9 . 7 . 1 9 3 4 Bundeskanzler. Mit Hilfe der Vaterländischen Front versuchte er, den Mehrfrontenkampf der Überwindung der Wirtschaftskrise, Abwehr der nationalsozialistischen Bedrohung und Niederhaltung der verbotenen sozialdemokratischen Partei durch ein System autoritärer Regierungspolitik in Anlehnung an das faschistische Italien zu führen und durch Forcierung eines österr. Staatsbewußtseins dem von den Nationalsozialisten propagierten Anschluß an das „Dritte Reich" entgegenzuwirken. S.s politisches Programm, das in den von ihm begründeten Ostmärkischen Sturmscharen eine charakteristische Organisationsform fand, entsprang einem romantischen Reichsgedanken, der dem kath. Österreich eine deutsche Sendung zudachte. Persönliche Rivalitäten mit Vizekanzler Ernst Rüdiger Fürst von —> Starhemberg und daraus folgende Konkurrenz mit der Heimwehr schwächten die Position S.s und seine Versuche, im sogenannten deutschen Weg zu einer Verständigung mit —> Hitler zu kommen. Das Juliabkommen von 1936, das die Unabhängigkeit Österreichs als zweiten deutschen Staates sichern sollte, öffnete der nationalsozialistischen Infiltration des öffentlichen Lebens die Wege.
International isolierte S. Österreich gegenüber der Kleinen Entente durch seine Förderung legitimistischer Tendenzen, durch die Abhängigkeit von Italien. Terrorakte und Umsturzpläne der illegalen N S D A P verschärften die innenpolitische Krise. Von Hitler am 12.2.1938 auf der Konferenz von Berchtesgaden unter massiven Druck gesetzt, versuchte S. durch Ankündigung einer Volksbefragung für den 13.3. 1938 die Unabhängigkeit Österreichs zu sichern, mußte jedoch nach der unter ultimativem Druck erzwungenen Machtübernahme durch die Nationalsozialisten am 11.3. 1938 zurücktreten. In einer denkwürdigen Abschiedsrede im Rundfunk befahl er, dem Einmarsch deutscher Truppen keinen bewaffneten Widerstand entgegenzusetzen. S. lehnte es ab, zu flüchten, wurde verhaftet und ohne Prozeß bis 1945 gefangen gehalten, erfuhr jedoch unter dem Namen Dr. Auster eine Sonderbehandlung im Konzentrationslager Sachsenhausen, wo er mit seiner Familie zusammenleben konnte. Vor Kriegsende nach Südtirol verlegt, wurde er am 4. 5. 1945 von den Amerikanern befreit. Da ihm sowohl von den Alliierten als auch von der österr. Regierung die Rückkehr nach Österreich verwehrt wurde, übersiedelte S. im Frühjahr 1947 in die USA, wo er an der kath. Univ. von St. Louis (Mississippi) als Prof. des Völkerrechts und der mittel- und osteuropäischen Studien tätig war. Nach seiner Emeritierung kehrte er 1967 nach Mutters in Tirol zurück, wo er bis zu seinem Tod zurückgezogen lebte. So umstritten Weltanschauung und Politik S.s und insbesondere seine Entscheidungen vom 11.3. 1938 bis heute sind, so sehr wird dem aufrechten Charakter des hochgebildeten Staatsmannes Anerkennung gezollt. WERKE: Ein Requiem in Rot-Weiß-Rot. Wien 1978. LITERATUR: Anton Hopfgartner: K. S. Ein Mann gegen Hitler. Graz 1989. - Dieter A. Binder/Heinrich Schuschnigg: „Sofort vernichten". Die vertraulichen Briefe K. und Vera v. S.s 1938-1945. W i e n / M ü n c h e n 1997. Fritz Fellner
Schuselka, Franz, österr. Publizist, Politiker, * 15.8. 1811 Budweis, t 2 . 9 . 1886 Heiligenkreuz (Niederösterreich). Nach dem Jurastudium 1829-34 in Wien und einem Gerichtspraktikum in Wien war S., Sohn eines Artilleriekorporals, Hauslehrer und seit 1839 freier Publizist und Schriftsteller. 1841 ging er nach Konflikten mit der österr. Zensur nach Jena, wo er 1843 zum Dr. jur. promoviert wurde, schrieb für die „Leipziger Allgemeine Zeitung" und veröffentlichte Schriften gegen das österr. —> Metternich-System. Nach Erscheinen seiner Polemik Der Jesuitenkrieg gegen Oesterreich und Deutschland (1845) mußte er nach Hamburg fliehen. Die Märzrevolution von 1848 führte ihn nach Österreich zurück, wo er die Schrift Oesterreich Uber Alles, wenn es nur will! (1848) erscheinen ließ. S. wurde in das Frankfurter Vorparlament und dann in das deutsche Parlament gewählt, hielt sich zur Linken, erklärte aber im August seinen Austritt, um in den österr. Reichsrat einzutreten. 1845 Schloß er sich der deutschkatholischen Bewegung an, trat 1850 zum Protestantismus über, machte diesen Schritt jedoch im Alter rückgängig. Er lebte in den fünfziger Jahren in Dresden und gehörte nach seiner Rückkehr 1861-65 dem Niederösterreichischen Landtag und für die konstitutionelle Partei dem österr. Abgeordnetenhaus an. S. war 1859-65 erster Präsident des Wiener Journalisten- und Schriftstellerverbandes „Concordia" und gab 1862-79 das Wochenblatt „Die R e f o r m " heraus. Er zählte zu den bedeutendsten österr. Publizisten des Vormärz; seine Kritik verband er häufig mit informativen Feuilletons, u. a. in Oesterreich. Städte, Länder, Personen und Zustände (1842) und in Oesterreichische Vor- und Rückschritte (1847). Er veröffentlichte ferner den Roman Karl Gutherz (1841) sowie die autobiographischen Deutschen Fahrten (2 Bde., 1849). S. war mit Ida -> Schuselka-Brüning verheiratet. cu
Killy
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Schuselka-Brüning S c h u s e l k a - B r i i n i n g , Ida, geb. Wohlbrück, Sängerin, Schauspielerin, * 15. 1.1817 Königsberg (Preußen), t 1 5 . 1 1 . 1 9 0 8 Baden (Niederösterreich). S.-B., Tochter eine Hofschauspielers und Regisseurs, stand bereits als Zweijährige auf der Bühne. Sie studierte bei Rubini in St. Petersburg und debütierte 1833 als SoloSopranistin am Stadttheater in Reval. S.-B. trat an den Opernhäuser in Königsberg (1835), Danzig (1837), Hamburg (1838) und Hannover auf, gastierte 1842 am Theater am Kärntnertor und trat am Theater in der Josefstadt, am Theater an der Wien und am Theater in der Leopoldstadt auf. 1853 kam sie an das Hoftheater in Dresden und wandte sich zunehmend der Schauspielerei zu. S.-B. leitete 1855-57 das Landestheater Linz, 1862-65 ein von ihr gegründetes deutsches Theater in Paris und nahm 1867 Abschied von der Bühne. Sie lebte bis 1888 in Paris, gab Rezitations- und Leseabende, leitete eine Schule für deutsche Sprache und Literatur, übersetzte und bearbeitete französische Literatur. S.-B., in zweiter E h e mit Franz —»Schuselka verheiratet, war die Großmutter der Schriftstellerin und Schauspielerin Olga Wohlbrück. CP Altpreuß Biogr, Bd 5 S c h u s s , Oswald von, Beamter, t 1 1 . 9 . 1 6 3 2 Neuötting. Seit 1598 bayerischer Kammerkanzlist, wurde S. 1603 Ratsschreiber, 1607 Kammersekretär und 1609 Hofkammerrat. Er wurde mit der Leitung der Salzangelegenheiten betraut, galt als Vertrauter des Herzogs und zählte bald zu den einflußreichsten M ä n n e r n der bayerischen Finanzverwaltung. S. leitete die Zollduplierung von 1 6 0 9 / 1 0 , redigierte die neue Hofkammerinstruktion von 1617 und machte sich um Ausbau und Organisation des von Christoph - » N e u b u r g e r verstaatlichten Salzhandels verdient. Seit 1620 Kammerdirektor, wurde er 1623 in den Adelsstand erhoben und zum Hofkammerpräsidenten ernannt und war seit 1626 Geheimer Rat.
Schüssen,
Wilhelm, eigentl. W . Frick, Schriftsteller, * 11.8. 1874 Kleinwinaden (Gemeinde Bad Schussenried, Schwaben), t 5 . 4 . 1 9 5 6 Tübingen. Von Beruf Volksschullehrer, nach weiterer Ausbildung Lehrer an der Realschule und 1905-12 am G y m n a s i u m in Schwäbisch G m ü n d , bereiste S„ Sohn eines Bauern und Gastwirts, Ungarn, Italien, Frankreich und Deutschland. Nach der Rückkehr aus d e m Ersten Weltkrieg lebte er als Lektor und freier Schriftsteller in verschiedenen süddeutschen Städten und ließ sich 1937 in Tübingen nieder. Er schrieb Gedichte (u.a. Heimwärts, 1913; Das war mein Gang, 1921), vor allem jedoch volkstümliche Schilderungen der schwäbischen Heimat und ihrer Menschen (u. a. Vinzenz Faulhaber, 1907; Johann Jakob Schäufeles philosophische Kuckuckseier, 1909, 6 1933). 1953 erschienen die autobiographischen Erzählungen Anekdote meines Lebens. CD D L L S c h u s t a l a , Ignaz, österr. Unternehmer, * 6 . 1 2 . 1822 Nesselsdorf bei Neutitschein (Mähren), t 29. 1. 1891 Wien. S., Sohn eines Landwirts, erlernte das Sattler-, Wagnerund Lackiererhandwerk, war 1844-50 als Sattler in Wien tätig und eröffnete 1850 in Nesselsdorf eine Werkstatt zur Herstellung von Pferdekutschen. 1853 zur Firma Schustala & C o m p , erweitert, baute S. das Unternehmen zu einem modernen Industriebetrieb aus. Wegen steigender Nachfrage eröffnete er Filialen in Ratibor, Breslau, Lemberg, Wien, Prag, Berlin (1866 preuß. Hofwagenlieferant), Czernowitz und Kiew. 1881 begann er mit dem Bau von Eisenbahnwaggons. Nach der U m w a n d l u n g in eine A G 1890 übernahm S.s Sohn das Unternehmen, in dem 1897 erstmals auch Automobile hergestellt wurden. 1923 gingen die TatraWerke aus der Fusion der Nesselsdorfer Wagenbau-Fabrik mit den Ringhoffer-Werken hervor. CD N D B
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Schustehrus,
Kurt (Louis Wilhelm), Jurist, Politiker, * 2 5 . 3 . 1856 Bärholz bei Thierenberg (Kr. Fischhausen, Ostpreußen), f 2 7 . 2 . 1 9 1 3 Charlottenburg (heute zu Berlin). Nach d e m Studium der Rechtswissenschaften in Königsberg und Leipzig wurde S. 1886 Gerichtsassessor, 1888 Syndikus und Stadtrat und 1889 Vizebürgermeister von Thorn. Seit 1892 erster Bürgermeister von Nordhausen, regte er den Bau der Harz-Querbahn und der Harz-Talsperre an. 1899 wurde S. erster Bürgermeister, 1900 Oberbürgermeister von Charlottenburg. Unter seiner Verwaltung wurden das WestendKrankenhaus, die Volksbibliothek, das Schillertheater und die Städtische Oper errichtet. S. war Mitglied des preuß. Herrenhauses sowie stellvertretender Vorsitzender des Provinziallandtags und des Provinzialausschusses. CD Altpreuß Biogr, Bd 2
Schuster,
Adolf Nikiaus, schweizer. Mediziner, Forschungsreisender, * 2 5 . 4 . 1875 Uetendorf (Kt. Bern), t 2 1 . 5 . 1933 Aregua (Paraguay). S. erlernte in Spanien die Landessprache, studierte in Göttingen und war in Deutschland als Mittelschullehrer tätig. 1901 ging er nach Argentinien, leitete in San Carlos (Prov. Santa Fe) eine Kolonialschule und kehrte zum Studium der Medizin, Philosophie und Anthropologie in Jena (1906-09) nach Europa zurück. Über seine anschließende mehrjährige Reise durch Argentinien und Paraguay veröffentlichte er Reiseberichte und Länderkunden (u.a. Argentinien, 2 Bde., 1913); eine S a m m l u n g von Kulturgegenständen der Indianer des Gran Chaco führte er dem Berner Historischen M u s e u m zu. S. setzte seine Studien 1912 in Zürich fort, wurde nach einer weiteren Paraguay-Reise 1914 paraguayanischer Konsul in Zofingen und praktizierte nach dem Ersten Weltkrieg in Oberburg (Kt. Bern). 1921 ließ er sich als Inhaber einer Privatklinik in Aregua (Paraguay) nieder. S. veröffentlichte u . a . Heimatklänge vom Silberstrom (1912) und Paraguay (1929). OD C H 91
Schuster,
Bernhard, Kapellmeister, Journalist, K o m p o nist, * 26. 3. 1870 Berlin, t 13. 1. 1934 Berlin. Nach d e m Musikstudium u. a. bei Ludwig —> Bußler in Berlin war S. Kapellmeister in Magdeburg (1893-96), Zürich ( 1 8 9 6 / 9 7 ) und Berlin ( 1 8 9 8 / 9 9 ) . 1901 gründete er die illustrierte Zeitschrift „Die Musik", die er mit Unterbrechung in den Jahren 1916-22, in denen das Blatt nicht erschien, bis an sein Lebensende als Chefredakteur und Herausgeber leitete. S. komponierte Lieder, Instrumentalwerke und Opern, u . a . Der Jungbrunnen (1920). CD M G G
Schuster,
Ernst (Albert Karl Heinrich), Wirtschaftswissenschaftler, * 2 0 . 4 . 1893 Wilhelmshaven, t 13.7. 1979 Karlsruhe. S., Sohn eines Werftinspektors, studierte seit 1913 Volkswirtschaftslehre, Geschichte, Philosophie und Jura in Kiel und wurde 1917 mit der Arbeit Der Wirtschaftskrieg zum Dr. sc. pol. promoviert. 1921 habilitierte er sich mit der Schrift Untersuchungen zur Frage nach der Möglichkeit einer theoretischen Wirtschaftswissenschaft und wurde 1926 nichtbeamteter a. o . P r o f . in Tübingen, 1927 o . P r o f . an der Handelshochschule in Mannheim. 1933 wechselte er in gleicher Stellung nach Heidelberg und war daneben beratend in verschiedenen nationalsozialistischen Organisationen tätig; er war Mitglied der N S D A P . 1946-51 arbeitete er als Geschäftsführer des Verbands der Großgrundbesitzer in Köln, wo er seit 1955 einen unbesoldeten Lehrauftrag an der Univ. hatte. S. veröffentlichte u . a . Wohlstandsindex und Finanzreform (1924) und Das Einkommen (1926). CD M a r c o n / S t r e c k e r
Schuster S c h u s t e r , Franz, österr. Architekt, * 26. 11. 1892 Wien, t 2 4 . 7 . 1972 Wien. S. studierte bei Oskar —»Strnad und Heinrich —»Tessenow an der Wiener Kunstgewerbeschule, wurde 1917 Assistent Tessenows und war 1919 dessen Mitarbeiter an der Gartenstadt Dresden-Hellerau. Als Chefarchitekt des Österreichischen Verbandes für Siedlungs- und Kleingartenwesen 1923-25 baute er u. a. die Siedlung Neustraßäcker in der Donaustadt (1924-26) und war am städtischen Wohnungsbau beteiligt (u.a. Otto-Haas-Hof, 1924). S. lehrte 1 9 2 6 / 2 7 als Prof. an der Kunstgewerbeschule. 1927 ging er als Stadtbaurat nach F r a n k f u r t / M a i n , war dort 1928-36 freischaffender Architekt und Prof. an der Kunstgewerbeschule und 1933-36 Sekretär des Internationalen Verbandes für Wohnungswesen. Seine Bücher Eine eingerichtete Kleinstwohnung (1927) und Ein eingerichtetes Siedlungshaus (1928) wurden zu Standardwerken. 1937-67 war S. Leiter der Meisterklasse für Architektur an der Wiener Kunstgewerbeschule, 1946-52 Berater des Wohnbauamtes der Stadt Wien, leitete 1952-67 deren Forschungsstelle für Wohnen und Bauen und plante städtische Einrichtungen und Wohnhausbauten. t u Czeike S c h u s t e r , Friedrich Wilhelm, Pseud. Friedrich Ernst, evang. Theologe, Schriftsteller, Volkskundler, * 2 9 . 1 . 1 8 2 4 Mühlbach (Siebenbürgen), t 4 . 2 . 1912 Hermannstadt (Siebenbürgen). S. war nach einem theologischen und philologischen Studium in Leipzig (1844-46) Gymnasiallehrer, seit 1855 Rektor in Mühlbach, 1869-1906 Pfarrer der evang. Gemeinde in Broos und lebte danach in Hermannstadt. In seinen Gedichten bekannte er sich zunächst zur Lyrik des Vormärz, schrieb später überwiegend Liebeslyrik (Gedichte, 1858; 2. verm. Aufl. 1896) und zuletzt soziale und politische Mißverhältnisse thematisierende Zeitgedichte. S. sammelte volkstümliches Lied- und Erzählgut; sein Buch Siebenbürgisch-sächsische Volkslieder, Sprichwörter, Räthsel, Zauberformeln und Kinder-Dichtungen (1865, Neudr. 1969) zählt zu den grundlegenden Schriften der Folkloristik der Siebenbürger Sachsen. cp D L L S c h u s t e r , Fritz (Ferdinand), Techniker, * 7 . 5 . 1 9 0 1 Altenburg bei Wien, t 1 1 . 2 . 1 9 8 4 Essen. S., Sohn eines Postbeamten, studierte an den Technischen Hochschulen Wien und Graz (Diplom-Ingenieur 1923, Dr. techn. 1924), leitete 1 9 2 4 / 2 5 das Labor der Rekuperator A G Wien und war Universitätsassistent. 1926-33 war er Betriebsassistent der Berliner Gaswerke und der B U B I A G Braunkohlen- und Brikett-Industrie A G Berlin, 1933-38 Leiter des Berliner Labors für Gasentgiftung, 1938-50 Geschäftsführer des Deutschen Vereins von Gas- und Wasserfachmännern, 1950-52 o.Prof. f ü r Gas- und Wärmetechnik an der Berghochschule Leoben. Später ging er als Wissenschaftlicher Leiter des Gaswärme-Instituts nach Essen, wurde Prof. f ü r Verbrennungslehre, Feuerungstechnik und Gasgerätebau an der T H Aachen und Hauptschriftleiter der Zeitschrift „Gaswärme". S. veröffentlichte u . a . Energetische Grundlagen der Gastechnik (1933, 2 1950), StadtgasEntgiftung (1935), Energiewirtschaft chemischer Energiebetriebe (1949) und Handbuch der Brenngase und ihrer Eigenschaften (1978). CD Poggendorff 6 S c h u s t e r , Gottwald S., Mediziner, * 28. 12.1701 lena, t 2 5 . 1 2 . 1 7 8 5 Chemnitz. S., Sohn eines Arztes, studierte seit 1720 Medizin in Leipzig, wurde 1726 promoviert (De secundinarum exclusione) und ging als Stadt- und Landphysikus nach Penig. Seit 1728 war er Stadt- und Landphysikus in Chemnitz. 1737 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Hydrocardiologia (1740), Vernünftige, Natur-mäßige und in
der Erfahrung gegründete Mehode, die meisten Krankheiten des Menschlichen Leibes bald, sicher und auf eine angenehme Art zu heilen (2 Tie., 1743-44, Neuaufl. 1744-49) und Medizinisch-chymisches Lexikon, praktisch nach den neuesten Grundsätzen der Medizin abgefaßt (1756). m Ärzte 1 S c h u s t e r , Heinz, kath. Theologe, * 12.5. 1930 Rübenach (heute zu Koblenz), t 17.9. 1986 Saarbrücken. Nach dem Studium der Philosophie und Theologie in Innsbruck, Trier und Bonn wurde S. 1955 zum Priester geweiht und nach einer Tätigkeit als Kaplan in Völklingen und als Rektor am Damenstift in Remagen 1962 in Innsbruck promoviert. Er war Schüler Karl —> Rahners. 1967-87 lehrte er als Prof. für kath. Theologie und Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Saarbrücken, seit 1978 auch als Prof. f ü r Praktische Theologie an der Univ. Saarbrücken. S. war Schriftleiter des Handbuchs der Pastoraltheologie und Mitbegründer der Zeitschriften „Concilium", „Diakonia" und „Imprimatur". 1962-86 gehörte er dem Rundfunkrat und dem Programmbeirat des Saarländischen R u n d f u n k s an. DD LThK S c h u s t e r , Ignaz, österr. Schauspieler, Sänger, Komponist, * 2 0 . 7 . 1779 Wien, t 6 . 1 1 . 1 8 3 5 Wien. Gefördert von Karl von —>Marinelli, trat S. 1801 erstmals am Leopoldstädter Theater in Wien auf und spielte dort bald Hauptrollen in Parodien und Lokalpossen. Seit 1806 als Bassist Mitglied der Wiener Hofkapelle, sang er seit 1807 auch im D o m c h o r zu St. Stephan. S. wurde 1821 Regisseur am Leopoldstädter Theater, dem er seit 1828 wegen seiner zahlreichen Gastspielreisen nurmehr als nichtständiges Mitglied angehörte. Er war einer der beliebtesten Komiker und Coupletsänger seiner Zeit. Mit dem Staberl aus Adolf - » B ä u e r les Burger in Wien (1813) kreierte er eine Figur, die jahrzehntelang das Genre beherrschte. S. komponierte komische B ü h n e n w e r k e (u.a. das Zauberspiel Jupiter in Wien, 1825) sowie ernste Musik, darunter eine Trauermusik auf den Tod Beethovens. CD M G G S c h u s t e r , Johann Christoph, Uhrmacher, Konstrukteur, * 8 . 1 0 . 1759 Westheim bei Obernzenn (Mittelfranken), t 7 . 9 . 1 8 2 3 Ansbach. S. erhielt von Philipp Matthäus —»Hahn in Kornwestheim zweieinhalb Jahre Unterricht im Uhren- und Instrumentenbau. Er übernahm nach d e m Tod seines Vaters zwar den Hof, beschäftigte sich aber vor allem mit dem Bau von Uhren und Sonnenuhren, Erd- und Himmelsgloben sowie von Rechenmaschinen. Nach zeitweisem Aufenthalt in Uffenheim ging er zwischen 1794 und 1797 nach Ansbach, wo er als Meister Mitglied der Uhrmacherzunft wurde und bis zu seinem Tod eine Werkstatt betrieb. Gegenüber den Rechenmaschinen Hahns entwickelte er einen funktionelleren Einstellmechanismus. CD N D B S c h u s t e r , Johann Martin, Maler, * 1 6 . 6 . 1 6 6 7 Nürnberg, t 26. 10. 1738 Nürnberg. S. war Schüler seines Onkels Johann -> Murrer, hielt sich 1690-1703 zu Studienzwecken in Venedig und R o m auf und kehrte über Wien 1706 nach Nürnberg zurück, w o er 1737 Direktor der Malerakademie wurde. Er malte Altar- und Deckengemälde für Kirchen sowie u. a. das Bildnis der Maria de Bernern (1723). CD T h - B S c h u s t e r , Joseph, Komponist, Dirigent, * 11.8. 1748 Dresden, t 2 4 . 7 . 1812 Dresden. Zunächst Schüler des Kirchenkomponisten Johann Georg —> Schürer, reiste S. als Stipendiat erstmals 1765 nach Italien, trat 1772 als Kirchenkomponist in kurfürstlich sächsische Dienste und wurde zum Kapellmeister ernannt. Während seiner zweiten Italienreise 1774-77 errang er mit
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Schuster der opera seria Didone abbandonata (1776) den Durchbruch beim italienischen Publikum. Auf seiner ebenfalls erfolgreichen dritten Italienreise 1778-81 beschaffte er auch Noten für die Dresdner Hofkirche und engagierte Sänger für die H o f m u s i k . In Dresden trat er etwa seit 1780 im Z u s a m m e n hang mit der a u f k o m m e n d e n bürgerlichen Musikpflege hervor, leitete seit 1790 die K a m m e r m u s i k bei Hofe und wirkte als Pädagoge. Von seinen Bühnenwerken blieb u. a. das Singspiel Der Alchymist (1778) lange auf den Spielplänen. Er schuf auch Instrumentalkompositionen, darunter VI Divertimenti da camera α Cembalo e Violino (um 1777), die —» Mozart stilistisch beeinflußten, sowie kirchliche und weltliche Kompositionen, u. a. die weit verbreitete Kantate Lob der Musik (\1M). DO M G G
Schuster,
Julius, Biologe, Botaniker, Wissenschaftshistoriker, * 7 . 4 . 1886 München, t 14.11. 1949 Berlin. Das Studium der Naturwissenschaften, vor allem der Botanik und Paläontologie, Schloß S., Sohn eines Rauchwarengroßhändlers, 1909 in München mit der Promotion ab (Über die Morphologie der Grasblüte)·, 1912 habilitierte er sich dort mit der Arbeit Zur Kenntnis der Bakterienfäule der Kartoffel. Im selben Jahr ging er nach Berlin, wo er das Studium am Botanischen M u s e u m fortsetzte, wurde 1915 Assistent und war 1917-20 zugleich in der Preußischen ArtilleriePrüfungskommission und im Chemisch-Pharmazeutischen Labor des Reichsgesundheitsamtes tätig. 1920-27 war S. Bibliotheksrat und Leiter der D o k u m e n t e n s a m m l u n g für Geschichte der Naturwissenschaften und Technik in der Berliner Staatsbibliothek. Er habilitierte sich 1932 auch für Geschichte der Biologie und war 1940-45 apl. Prof. am Institut für Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften in Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde S., der 1941 in die N S D A P eingetreten war, wegen Mitarbeit im „Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg" entlassen. In seinen Forschungen beschäftigte er sich vor allem mit der Botanik der Neuzeit, behandelte aber auch historische und museologische Fragen der Botanik und Naturwissenschaften. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Oken, der Mann und sein Werk (1922), Linne und Fabricius. Zu ihrem Leben und Werk (1928), Jungius' Botanik als Verdienst und Schicksal (1929) und Die Anfänge der wissenschaftlichen Erforschung der Geschichte des Lebens durch Cuvier und Geoffroy Saint Hilaire (1930). 1934-42 gab er mit Walter - » A r t e l t , Paul Diepgen und Julius —»Ruska die „Abhandlungen zur Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften" heraus. S. starb durch Selbstmord.
Schuster,
Paul, Neurologe, * 1.9. 1867 Köln, t 1940 London. S. studierte Medizin in Bonn, München und Berlin und wurde 1890 promoviert (Die Guajak-Blutreaktion und ihre klinische Brauchbarkeit). 1 8 9 2 / 9 3 war er Mitarbeiter am Pathologischen Institut in Greifswald, Assistent am Bakteriologischen Institut in Bonn und 1893-1904 Assistent an Emanuel Mendels Poliklinik f ü r Nervenkrankheiten in Berlin. 1903 habilitierte er sich dort für Irren- und Nervenheilkunde (Psychische Störungen bei Hirntumoren, 1902), war Mitarbeiter Hermann —> M ü n k s am Physiologischen Laboratorium der Tierarzneischule, erhielt 1910 den Professorentitel und wurde 1921 a. o. Professor. S. praktizierte als Nervenarzt in Berlin und wurde 1921 dirigierender Arzt der Nervenabteilung des Friedrich-Wilhelm-Hospitals, 1926 Direktor der Nervenabteilung des Städtischen HufelandHospitals in Berlin. 1933 aus allen Positionen entlassen, emigrierte S. 1938 nach London. Er veröffentlichte u. a. Das Nervensystem und die Schädlichkeiten des täglichen Lebens (1908) und Trauma und Nervenkrankheiten (1914). CD Wininger
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Schuster,
Paul, Schriftsteller, Übersetzer, * 2 0 . 2 . 1 9 3 0 Hermannstadt (Sibiu, Siebenbürgen), t 5 . 5 . 2 0 0 4 Berlin. S., Sohn eines Kaufmanns, war seit 1949 Volksschullehrer und Journalist, u . a . f ü r die deutschsprachige Tageszeitung „Neuer Weg". 1959 wurde er Redakteur der „Neuen Literatur", in der er auch eigene Erzählungen und Essays veröffentlichte. 1971 übersiedelte er nach Westberlin, wurde Leiter einer Schreibwerkstatt und war 1976-84 Mitarbeiter des Norddeutschen R u n d f u n k s . S. veröffentlichte Erzählungen, u . a . Der Teufel und das Klosterfräulein (1955, 3 1962) und Strahlenlose Sonne (1961, 2 1963), in denen er sich mit dem Nationalsozialismus bei den Siebenbürger Sachsen auseinandersetzte. Er veröffentlichte ferner Romane, u. a. Fünf Liter Zuika (2 Bde., 1961-65, 2 1967, Nachdr. 2002-07) und Hl. Cäcilia (1986) und übersetzte rumänische Autoren ins Deutsche. CD N D B
Schuster,
Simon Stephan, Bürgermeister von Wien, * u m 1626, t 2 0 . 2 . 1695 Wien. S. erwarb den Grad eines Magisters der Philosophie, war 1 6 8 0 / 8 1 Oberkämmerer und seit 1682 Stadtrichter in Wien. Während der Belagerung durch die Türken 1683 zählte er zum engsten Kreis der Gefolgsleute Bürgermeister Johann Andreas von —» Liebenbergs, d e m er 1684-87 im A m t nachfolgte. Während seiner Amtszeit begann der Aufschwung der Stadt nach d e m Ende des Belagerungszustandes. m Czeike
Schuster,
Valentin, Pseud. M u n g o , österr. Journalist, * 9 . 1 . 1 9 0 0 Wien, t 1 1 . 6 . 1 9 4 5 Bischofshofen (Salzburg). Der Sohn eines k. k. Hofamtstürhüters war nach dem Besuch einer Handelsschule als Angestellter tätig und nahm 1 9 1 7 / 1 8 am Ersten Weltkrieg teil. Wegen Betrugs, Zuhälterei und Drogendelikten mußte er sich 1921-23 einer Gefängnisstrafe und 1924 einer Entziehungskur in Steinhof unterziehen. Im selben Jahr stahl S. eine Reihe von Kriminalakten, die er journalistisch auswerten wollte, floh nach Frankreich und gehörte bis etwa 1930 der Fremdenlegion an. 1931 kehrte S. nach Wien zurück, wo er als Journalist u. a. f ü r das „Neue Wiener Tagblatt" arbeitete. 1931 trat er in die N S D A P , 1938 in die SS ein. 1931-33 schrieb er Satiren für die „Deutschösterreichische Tageszeitung" (Wien) und nach deren Verbot für den „Österreichischen Pressedienst" (München), das „Kampfblatt der N S D A P f ü r Kärnten und Osttirol" und den „ F r e i h e i t s k a m p f ' , seit 1935 auch für „Das schwarze Korps". Anschließend wurde er in Berlin Chefredakteur des Schupo-Organs „Die deutsche Polizei" und veröffentlichte Beiträge im „Völkischen Beobachter". S. starb durch Selbstmord. CD Ö B L
Schuster,
Wilhelm, Bibliothekar, * 10.6. 1888 Stettin, t 15.3. 1971 Berlin. S. studierte Germanistik, Philosophie und Klassische Philologie in Göttingen, Berlin und Kiel, wurde 1913 promoviert und volontierte nach der R ü c k k e h r aus d e m Ersten Weltkrieg 1919 an der Universitätsbibliothek Halle. 1920 kam er an die Stadtbibliothek Stettin, wurde im selben Jahr Verbandsbibliothekar in Gleiwitz und übernahm 1922 in Kattowitz die Leitung des Verbandes deutscher Büchereien in Polen, Schlesien und Galizien. Seit 1926 Bibliothekar an der Berliner Stadtbibliothek, wurde er dort 1929 Oberbibliothekar und Vertreter des Direktors. S. ging 1931 als Direktor der Öffentlichen Bücherhallen nach Hamburg. Als Direktor der Stadtbibliothek Berlin (1934-45) gelang es ihm, einen Bestand verbotener Bücher zu bewahren. 1950-53 war S. Referent an der Berliner Wissenschaftlichen Zentralbibliothek. CD Habermann 1
Schwab Schuster-Woldan, Georg, Maler, * 7.12.1864 Nimptsch (Schlesien), t 31.3.1933 München. Der Bruder von Raffael —»S.-W. studierte Malerei in Stuttgart, München und Frankfurt/Main (u. a. bei Frank —> Kirchbach), ließ sich in München nieder, trennte sich 1890 von seinem Bruder und schuf in der Folge vor allem Stimmungsbilder mit Themen aus der deutschen Sagen- und Märchenwelt (u.a. Die Frau am Meere). m Th-B
der European Mail Order Service Cooperation (Eumos). Erfolglose Bemühungen, sich auch mit eigenen Warenhäusern zu etablieren, zwangen S. seit Mitte der sechziger Jahre, seine Aktienmehrheit an den New Yorker Nähmaschinenhersteller Singer zu verkaufen. S. selbst zog sich mit einem Beratervertrag in die Schweiz zurück. Die Schwab Versand AG wurde 1976 von der Hamburger Otto-Gruppe übernommen. • • Munzinger
Schuster-Woldan, Raffael, Maler, * 7. 1.1870 Striegau (Schlesien), f 11. 12. 1951 Garmisch-Partenkirchen. Nach autodidaktischen Studien in München wurde der Bruder von Georg -»S.-W. Zeichenschüler Gabriel —»Hackls an der Münchner Kunstakademie und studierte bei Frank —> Kirchbach in Frankfurt/Main. Er hielt sich zu Studienzwecken in Spanien und mehrmals in Italien auf; 1893 kehrte er nach München zurück. 1900 ging er nach Berlin, malte 1901-03 die Decken-, seit 1906 die Wandgemälde im großen Sitzungssaal des Bundesrats im Berliner Reichstagsgebäude und war 1911-20 Prof. der Kompositionsklasse an der Berliner Kunstakademie. S.-W. war ein begehrter Gesellschaftsmaler; er wurde vor allem durch seine Damenporträts bekannt. tap Vollmer
S c h w a b , Georg-Maria, Physikochemiker, * 3.2. 1899 Berlin, + 23.12. 1984 München. S., Sohn eines Journalisten, studierte Chemie an der Univ. Berlin und wurde 1923 promoviert (Über Ozon). Er habilitierte sich 1927 in Würzburg (Katalytische Spaltung von Methan und Ammoniak), war seit 1928 am chemischen Laboratorium der Bayerischen Akademie der Wissenschaften tätig und wurde 1933 a. o. Prof. an der Univ. München. Nach dem Entzug seiner Lehrerlaubnis 1938 emigrierte S. nach Griechenland, wo er 1939-42 Abteilungsleiter am Institut Kanellopulos in Piräus war und 1949 Prof. an der Univ. Athen wurde. Seit 1950 war er o.Prof. der Physikalischen Chemie und Direktor des Physikalisch-Chemischen Instituts an der Univ. München. S. arbeitete u. a. über festes Ozon, atomares Chlor, anorganische Chromatographie, die Oberflächenstruktur von Katalysatoren und den Elektromechanismus bei der heterogenen Katalyse. Er war Mitherausgeber der „Zeitschrift für physikalische Chemie, Chromatographie, Catalysis und Naturwissenschaft" und Herausgeber des Handbuchs der Katalyse (7 Bde., 1940-56). S. war seit 1966 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er veröffentlichte u. a. Katalyse vom Standpunkt der chemischen Kinetik (1931, engl. 1937) und Was ist physikalische Chemie (1969). m NDB
Schustler, Moriz, österr. Chirurg, * 5. 12.1855 Neutitschein (Mähren), t 1.6. 1920 Neutitschein. Nach dem Studium der Medizin in Graz und Wien (Promotion 1880) Mitarbeiter der Prosektur der Krankenanstalt Rudolfstiftung, wurde S. 1881 Operationszögling Theodor —»Billroths an der II. Chirurgischen Universitätsklinik und anschließend Assistent an der von Leopold von —> Dittel geleiteten Chirurgischen Abteilung im Allgemeinen Krankenhaus. 1891 habilitierte er sich für Chirurgie an der Univ. Wien, arbeitete auf dem Gebiet der Urologie und machte sich vor allem um die Zytoskopie verdient. S. bearbeitete gemeinsam mit Robert —>Ultzmann Die Krankheiten der Harnblase für die von Billroth herausgegebene Deutsche Chirurgie (Bd. 52, 1890). Als er 1898 in der Besetzung der nach Dittels Tod freigewordenen Professur übergangen wurde, gab S. seine Lehrtätigkeit sowie seine Praxis auf und zog sich zurück. DO Czeike S c h w a b , Alexander, Pseud. Sachs, Albert Sigrist, Journalist, Politiker, Widerstandskämpfer, * 5.7. 1887 Stuttgart, t 12.11.1943 Zwickau. Nach dem Studium der Philosophie, Germanistik, der Rechts- und Staatswissenschaften in Rostock, Jena, Heidelberg und Freiburg (Promotion zum Dr. phil. 1913) wurde S., Sohn eines Kapellmeisters, Lehrer an der Freien Schulgemeinde Wickersdorf. Seit 1917 Mitglied der USPD, Schloß er sich 1918 dem Spartakusbund an und wurde Gründungsmitglied der Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands, mit der er 1922 nach einer Reise nach Moskau brach. Danach war er als Journalist und seit 1929 als Leiter der Pressearbeit der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in Berlin tätig. 1933 wurde er entlassen und später mehrfach verhaftet. Als Mitglied der Reichsleitung der „Roten Kämpfer" leitete er deren Reichskonferenz 1936. Im selben Jahr wurde er verhaftet und 1937 zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. S. starb im Zwickauer Gefängnis. Er war der Vater von Hans —»Schwab-Felisch. t u NDB S c h w a b , Friedrich, Unternehmer, * 25. 12. 1912, t 27.7. 1992 Lugano. Nach einer kaufmännischen Ausbildung und Teilnahme am Zweiten Weltkrieg war S. Handelsvertreter für Schuhwaren. Mit Unterstützung des Ledergroßindustriellen Richard —»Freudenberg eröffnete er 1954 einen eigenen Versandhandel in Hanau, der sich innerhalb eines Jahrzehnts zu einem Großversandhaus entwickelte. S. gehörte zu den Gründungsmitgliedern der ersten europäischen Versendergemeinschaft,
S c h w a b , Gustav (Benjamin), Schriftsteller, * 19.6. 1792 Stuttgart, t 4. 11.1850 Stuttgart. Nach dem Studium der evang. Theologie und der Philosophie in Tübingen, wo er sich mit Ludwig —>Uhland und Justinus von —> Kerner anfreundete, war S., Sohn von Johann Christoph ->S., seit 1818 Gymnasiallehrer in Stuttgart. Als Schriftsteller, Herausgeber und Rezensent entwickelte er sich zu einer der bedeutendsten Persönlichkeiten des Stuttgarter literarischen Lebens. Er war Leiter (1827-37) des literarischen Teils des Cottaschen „Morgenblatts für gebildete Stände" und gab Werke —> Hölderlins, Wilhelm —>Müllers, —> Hauffs und die Mustersammlungen Fünf Bucher auf unsere Tage (1842) sowie mit Adelbert von —»Chamisso 1833-38 den „Deutschen Musenalmanach" heraus. 1837 wurde er Pfarrer in Gomaringen bei Tübingen, 1841 Superintendent in Stuttgart. Als Oberkonsistorialrat war er seit 1845 Leiter der höheren Schulen in Württemberg. Neben Uhland und Kerner einer der bedeutendsten Dichter der schwäbischen Romantik, schrieb S. Balladen, Romanzen und volksliedhafte Gedichte, u.a. ein Neues deutsches allgemeines Commers- und Liederbuch (1815), ferner biographische, literaturgeschichtliche, theologische und landschaftskundliche Werke. Daneben übersetzte er aus dem Französischen und Polnischen. Seine Nacherzählungen klassischer (Die schönsten Sagen des klassischen Althertums, 3 Bde., 1838-40) und deutscher Sagen (.Deutsche Volksbücher, 2 Bde., 1836/37) erlebten bis in die Gegenwart zahlreiche Auflagen. Od NDB S c h w a b , Hans Max, schweizer. Architekt, * 15.5. 1875 Biel, t 18.12. 1950 Basel. Nach dem Besuch der ΕΤΗ Zürich, praktischer Ausbildung in der Schweiz und in Deutschland sowie einem Studienaufenthalt in Paris arbeitete S. 1901/02 in den Entwurfsbüros der Stadt Berlin. Anschließend als selbständiger Architekt tätig, entwickelte er seinen Stil in Anlehnung an die einheimische ländliche Baukunst, mit der er sich auch theoretisch
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Schwab beschäftigte. A u f g r u n d seiner Studie Uber Die Dachformen des Bauernhauses in Deutschland und in der Schweiz (1914) wurde er an der T H Berlin promoviert. Durch den Ersten Weltkrieg zur Rückkehr in seine Heimat veranlaßt, ließ sich S. 1916 in Basel nieder, w o er auch an der Allgemeinen Gewerbeschule unterrichtete. In der Wirtschaftskrise der Nachkriegsjahre bemühte er sich, mit einer Hilfsaktion für stellenlose Techniker und Künstler der Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken. Mit Unterstützung der Schweizerischen Gesellschaft f ü r Volkskunde gründete er eine Abteilung für Hausforschung, die neue Beschäftigungsmöglichkeiten schuf.
Schwab, Hermann -» Hermann Schwab S c h w a b , H e r m a n n , Publizist, * 7 . 4 . 1879 F r a n k f u r t / Main, t 1 . 7 . 1 9 6 2 London. S., Sohn eines K a u f m a n n s und Schriftstellers, war seit 1902 Angestellter in der Metallhandelsfirma Aron Hirsch und Sohn in Berlin und Halberstadt. Daneben verfaßte er u . a . Literatur- und Theaterkritiken für verschiedene Zeitungen. Mit Jacob —»Rosenheim erneuerte er 1907 die Freie Vereinigung für die Interessen des orthodoxen Judentums und gründete noch im selben Jahr in F r a n k f u r t / M a i n den J ü d i schen Volksschriftenverlag". S. war 1912 Mitbegründer der Organisation „Agudas Jisroel" und 1912-14 Redakteur ihrer Zeitschrift „Haderech". Im Ersten Weltkriegs errichtete er Waisenhäuser f ü r jüdische Kinder in Polen und war bis 1933 Syndikus eines Waisenfonds in Halberstadt. Seit 1927 unterhielt S. einen Pressedienst in Berlin, den er nach seinem Ausschluß aus d e m Reichsverband der Deutschen Presse und seiner Emigration nach Großbritannien (1934) in London fortführte. S. war Gründungsmitglied und Präsident von Beth Hamidrash in London-Golders Green. Er verfaßte Erzählungen, biographische und autobiographische Schriften ( u . a . Mama. Das Leben von Dina Schwab. 1881-1955, 1959). CD B H d E , Bd 1 S c h w a b , Johann Baptist, kath. Theologe, Kirchenhistoriker, * 3. 1. 1811 H a ß f u r t / M a i n , f 2 8 . 1 2 . 1872 Würzburg. Nach dem Studium der Theologie an der Univ. Würzburg und der Priesterweihe 1834 war S. Kaplan in Würzburg, Amorbach und Eschendorf. 1840 wurde er an die Univ. Würzburg berufen, an der er seit 1841 als o . P r o f . des Kirchenrechts und der Kirchengeschichte lehrte. Der um die Versöhnung von kirchlichem Bewußtsein und wissenschaftlicher Weltanschauung bemühte S. zog bald die Kritik ultramontaner Kreise auf sich. Die Publikation seiner Schrift Über das Verhältnis der christlichen Beredsamkeit zur antiken war 1848 Anlaß, ihn von seiner Professur zu entbinden und ihn 1851 auch als Universitätsprediger in den Ruhestand zu versetzen. CD Frank Leb, Bd 5 S c h w a b , Johann Christoph, Schriftsteller, Philosoph, * 1 0 . 1 2 . 1 7 4 3 Ilsfeld (Württemberg), t 15.4. 1821 Stuttgart. S., Sohn eines Rechnungsbeamten, studierte Theologie und Philosophie in Tübingen, erwarb 1764 die Magisterwürde (De reductione Theologiae Naturalis an unum principium) und ging 1767 als Hauslehrer in die französische Schweiz. Seit 1778 war er Prof. f ü r Logik und Metaphysik, seit 1781 auch f ü r die schönen Wissenschaften an der Karlsschule in Stuttgart. 1785 wurde er Geheimer Sekretär und Hofrat des Herzogs —>Karl Eugen und war 1793-95 Vorstand des geheimen Kabinetts und wirklicher Geheimer Hofrat des Herzogs —»Ludwig Eugen, nach dessen Tod er entlassen wurde. Seit 1816 war er Inspektor sämtlicher Lehranstalten. S., der von Leibniz und —> Wolff ausgehend die kritische Philosophie —>Kants bekämpfte, veröffentlichte u . a .
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Über den Eid (1797), Noch etwas Uber den Kantischen Begriff vom gerichtlichen Eid (1797), Neun Gespräche zwischen Christian Wolf und einem Kantianer, über Kants metaphysische Anfangsgründe der Rechtslage und der Tugendlehre (1798), Vergleichung des Kantischen Moralprincips mit dem Leibnitz-Wolfischen (1800) und Von den dunklen Vorstellungen. Ein Beytrag zu der Lehre von dem Ursprünge der menschlichen Erkenntnis. Nebst einem Anhange über die Frage: Inwiefern die Klugheit eine Tugend sey? (1813). S. war auch als Lyriker tätig ( u . a . Zwölf Gedichte, 1775). Er war der Vater von Gustav - > S . t u BBHS S c h w a b , Josef, auch Sepp S., Journalist, Politiker, * 16.1. 1897 München, t 3 0 . 7 . 1 9 7 7 Berlin. S. war kaufmännischer Angestellter, seit 1913 in der Sozialistischen Arbeiterjugend tätig, wurde 1917 Mitglied der U S P D und Schloß sich 1919 der K P D an. Als führendes Mitglied der M ü n c h n e r Räteregierung wurde er 1919 zu vier Jahren Festungshaft verurteilt. Nach seiner Entlassung arbeitete er 1 9 2 4 / 2 5 für das KPD-Organ „Neue Zeitung" in München und übernahm nach einer zweiten Haftstrafe 1927 die Leitung des Pressedienstes beim Zentralkomitee der KPD. 1930-36 war S. im Deutschlandreferat des Exekutivkomitees der Komintern in Moskau tätig. Er leitete seit 1938 die Deutschlandabteilung von Radio Moskau, kehrte 1945 in die Sowjetische Besatzungszone Deutschlands zurück und wurde Chefredakteur des „Neuen Deutschland". 1949-52 war S. Direktor der DEFA, danach Leiter des Staatlichen Komitees für Filmwesen. 1954 wurde er als Botschafter der D D R nach Ungarn entsandt und war 1956-65 stellvertretender Minister f ü r Auswärtige Angelegenheiten der D D R . c n B H d E , Bd 1
S c h w a b , Werner, Hals-Nasen-Ohren-Arzt, * 23.7. 1922 Hanau, f 2 0 . 1 2 . 2 0 0 4 München. S., Sohn eines Versicherungsdirektors, wurde nach dem Studium der Medizin 1947 in Heidelberg promoviert (Über Gefäßverschlüsse luetischer Ätiologie) und habilitierte sich dort 1954. Seit 1959 apl. Prof., folgte er 1968 einem Ruf als o . P r o f . und Direktor der Hals-Nasen-Ohren-Klinik an die Freie Univ. Berlin und lehrte 1979-91 als o . P r o f . an der T U München. Er veröffentlichte u. a. Die Berufsschäden der oberen Luftwege und des oberen Speiseweges (1965), Praxis der Krebsbehandlung in der Oto-Rhino-Laryngologie (1989), Atlas der Kopf-Hals-Chirurgie (1994), Schwindel (mit Karl-Friedrich Hamann, 1989, 2 1995, poln. 1995, niederländ. 1996) und Schwerhörigkeit (mit K.-F. Hamann, 1999). S c h w a b , Werner, österr. Schriftsteller, * 4 . 2 . 1 9 5 8 Graz, t 1.1. 1994 Graz. Der Sohn einer Putzfrau und Hausmeisterin - sein Vater verließ die Mutter wenige Wochen nach der Geburt - besuchte die Kunstgewerbeschule und studierte seit 1978 Bildhauerei bei Bruno Gironcoli an der A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien. Er schuf Skulpturen aus Fleisch und Abfall; 1978 präsentierte er eine Ausstellung mit dem Titel „Veraendung" in Graz. 1982 brach er das Studium ab und lebte bis 1989 auf einem abgelegenen Bauernhof in Kohlberg (Steiermark), danach in Graz und Wien. S. schrieb zahlreiche Hörspiele, Prosa (Abfall, Bergland, Cäsar. Eine Menschensammlung, 1992) und Essays (Der Dreck und das Gute. Das Gute und der Dreck, 1992). 1989 fand die erste öffentliche A u f f ü h r u n g eines Textes von S. statt: Das Lebendige ist das Leblose und die Musik, eine Vorarbeit zu Hochschwab (Uraufführung 1996). Mit der Uraufführung der „Radikalkomödie" Volksvernichtung oder meine Leber ist sinnlos an den M ü n c h ner Kammerspielen 1991 gelang ihm der Durchbruch. Seine das kleinbürgerliche Milieu in einer drastischen Kunstsprache karikierenden „Fäkaliendramen" (u. a. Die Präsidentinnen, 1988; Mein Hundemund, 1992) wurden an allen großen
Schwabe deutschsprachigen Bühnen gespielt. S. wurde u . a . 1991 mit dem Nachwuchspreis der deutschen Kritik und 1992 mit dem Dramatikerpreis der Stadt Mülheim ausgezeichnet. Der zu Lebzeiten fast ausschließlich als Theaterschriftsteller wahrg e n o m m e n e S. - als er 1994 starb, war er einer der meistgespielten (und einer der umstrittensten) Gegenwartsdramatiker - sah sich selbst in erster Linie als Prosaautor. 2 0 0 7 erschien mit dem frühen, aus dem Nachlaß herausgebenen R o m a n Joe Mc Vie alias Josef Thierschädl der erste Band der Werke S.s (hrsg. von Ingeborg Orthofer). CD KLG
Schwab-Felisch,
Hans (David), Journalist, Schriftsteller, * 2. 11. 1918 Dresden, t 19.10. 1989 Herdecke. Der Sohn Alexander —»Schwabs studierte nach einer kaufmännischen Lehre und der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg in Berlin und Tübingen. Er arbeitete als Journalist für die „Deutsche Allgemeine Zeitung" und den „Kurier", war 1948 Herausgeber der Wochenzeitung „Ja" und wurde 1949 Redakteur beim Feuilleton der „Neuen Zeitung" in Berlin. Nach Mitarbeit im Lektorat des Suhrkamp-Verlags 1 9 5 5 / 5 6 hatte er 1956-61 die Leitung des Feuilletons der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" inne. 1961-78 war S.-F. Kulturredakteur und Studioleiter beim Westdeutschen Rundf u n k in Düsseldorf, bis 1967 zugleich Kulturkorrespondent der „Süddeutschen Zeitung". 1979-83 gab er die Monatszeitschrift „ M e r k u r " heraus. 1968-70 war S.-F. Generalsekretär, 1970-72 und 1974-76 Vizepräsident des bundesdeutschen PEN. 1981 wurde ihm der Professorentitel verliehen. Er schrieb Sachbücher (u. a. Das Düsseldorfer Schauspielhaus, 1970) und gab die Reihe Dichtung und Wirklichkeit (1963 ff., mit Wolf Jobst Siedler) heraus. CD Killy S c h w a b - P l ü ß , Margarethe, schweizer. Schriftstellerin, * 2 2 . 8 . 1881 Mülhausen (Elsaß), t 9 . 9 . 1967 Sissach bei Basel. S.-P. studierte Germanistik, deutsche Literatur- und Kunstgeschichte in Basel und Bern, wo sie 1908 promoviert wurde. Nach ihrer Heirat mit einem deutschen Arzt 1908 lebte sie zunächst in Karlsruhe und kehrte während des Ersten Weltkriegs mit ihrer Familie nach Sissach zurück, wo sie aufgewachsen war. S.-P. schrieb Mundartgedichte (u.a. Luschtigs und Truurigs, 1908), Erzählungen, R o m a n e und Dramen (Tilman Riemenschneider, 1944). Ihre schlichten, von starker Verbundenheit mit ihrer Heimat zeugenden Werke schildern historische Ereignisse und alltägliche Schicksale. CD Biogr Verstorb Schweiz, Bd 6
Schwabach,
Johann von, Jurist, Kanzler, * F r a n k f u r t / Main, t 10.12. 1567. S. studierte seit 1502 in Ingolstadt, wechselte 1505 nach Tübingen und wurde 1518 in Ingolstadt zum Dr. jur. utr. promoviert. 1 5 1 8 / 1 9 las er Zivilrecht in Ingolstadt, anschließend war er Prokurator am Reichskammergericht und nach 1520 Prokurator Nürnbergs. 1522 ist S. als Domherr, 1 5 2 3 / 2 4 als Kanzler im Hochstift Passau belegt. 1524 wurde er als Rat —> Wilhelms IV. von Bayern vereidigt. Seit 1531 Beisitzer für den bayerischen Kreis am Reichskammergericht, wurde er 1536 zum Kanzler Wilhelms IV. auf Lebenszeit ernannt, bis ihn 1 5 5 8 / 5 9 Simon T h a d d ä u s —>Eck in dieser Funktion ablöste. 1562 wurde S. von allen weiteren Diensten im Hofrat entbunden. CD L M U
Schwabach,
Konrad von, auch Schwabbach, Schwappach, Swappach, Swabach, Jurist, * F r a n k f u r t / M a i n , t 1523. S., Sohn eines Oberstrichters in F r a n k f u r t / M a i n , immatrikulierte sich 1492 an der Univ. Ingolstadt und wurde dort 1494 zum Magister graduiert. 1505 ist er wieder mit einer Immatrikulation in Tübingen belegt. Z u m Dr. jur. utr. promoviert, übernahm S. 1508 in Ingolstadt in Vertretung die „Lectura novorum iurium pontificalium I"; 1509 wechselte er auf die Professur der Pandekten. 1510 am Reichskammergericht in Worms zum Prokurator zugelassen, vertrat er in den folgenden Jahren u. a. die Reichsstadt Ulm und seine Heimatstadt Frankfurt in rechtlichen Fragen. 1 5 1 8 / 1 9 war S. wieder in Ingolstadt und wirkte vertretungsweise auf der ersten civilistischen Professur, kehrte anschließend nach W o r m s zurück, arbeitete am umbenannten Vikariatsgericht und seit 1521 erneut am nach Nürnberg umgezogenen Reichskammergericht. CD L M U
Schwabach,
Kurt, eigentl. Kurt Schneider, weiteres Pseud. Karl Schwabbach, Kabarettautor, Textdichter, Komponist, Sänger, * 2 6 . 2 . 1 8 9 8 Berlin, t 26. 10.1966 Hamburg. Der Sohn eines Schneiders war als Journalist tätig und schrieb Lieder und Texte für das Kabarett (u.a. für die „Gondel", das „Morando" und das „Kabarett der Komiker"). Seinen ersten Erfolg hatte er mit d e m Lila Lied (1921), das in der homosexuellen Szene Berlins rasch zur H y m n e aufstieg. S. verfaßte ferner Drehbücher, Filmmusiken, zahlreiche Songtexte, zum Teil mit Willy —>Rosen (Wenn du einmal dein Herz verschenkst), und Libretti für Eduard —> Künneke. Von den Nationalsozialisten mit Arbeitsverbot belegt, emigrierte S. 1935 nach Palästina und kehrte 1948 nach Deutschland zurück. In Hamburg arbeitete er wieder für die Film- und Schlagerbranche und schrieb zahlreiche Texte für Lothar —>OHas (u.a. für das Musical Heimweh nach St. Pauli, 1962). 1964 erschienen Gedichte, Songs, Chansons. Mit mehr als 2000 Titeln war S. einer der erfolgreichsten Schlagertexter Deutschlands. CD N D B
Schwabach,
Paul (Hermann) von, Bankier, * 6 . 5 . 1867 Berlin, t 17. 11. 1938 Kerzendorf (heute zu Ludwigsfelde). Der Sohn von Julius Leopold —>S. und N e f f e von Gerson von —> Bleichröder studierte Geschichte und wurde 1891 promoviert (Die Verwaltung der direkten Staatssteuern in Frankreich unter den drei ersten Nachfolgern Colberts). 1896 trat er in das Bankhaus S. Bleichröder ein, dessen Leitung er 1898 übernahm; 1912 wurde er alleiniger Chef. S. unterhielt enge Beziehungen Friedrich von —> Holstein, der ihm seinen Nachlaß vermachte, und Kaiser —>Wilhelm II. 1907 wurde er geadelt. S., der internationale Verbindungen pflegte, vor allem nach Großbritannien und zum Bankhaus Rothschild, hatte zahlreiche Aufsichtsratsmandate inne, war Mitglied der Berliner Handelskammer und des Zentralausschusses der Deutschen Reichsbank und gehörte 1909 zu den Gründern des Hansa-Bundes für Gewerbe, Handel und Industrie. 1918 trat er in die Deutsche Demokratische Partei ein. Nach Verlusten in der Weltwirtschaftskrise erfolgte 1930/31 die Bildung einer Interessengemeinschaft mit dem Bankhaus der Brüder —»Arnhold. 1937 zog sich S. aus d e m Geschäft zurück. Im Z u g e der „Arisierung" wurde die Bank 1938 von der Dresdner Bank übernommen. CD N D B
Schwabach,
Julius Leopold, Bankier, Rittergutsbesitzer, * 12.5. 1831 Breslau, t 2 3 . 2 . 1898 Berlin. S. wurde 1868 auf Veranlassung seines Vetters Gerson —> Bleichröder Teilhaber des Bankhauses S. Bleichröder in Berlin und 1893 Seniorchef. Seit 1869 war er Mitglied der Sachverständigenkommission der Fondsbörse und 1874-87 Ältester der Korporation der K a u f m a n n s c h a f t von Berlin. Er war der Vater von Paul —>S.
Schwabe,
Benno, Verleger, * 2 1 . 7 . 1 8 4 1 Rostock, t 21. 10. 1907 Basel. S. siedelte A n f a n g der fünfziger Jahre mit seinen Eltern nach Frankfurt über, wo er eine kaufmännische Lehre machte. Er war Buchhändler in Tübingen und in der Sauerländerschen Buchhandlung in Aarau. 1868 übernahm S. die Schweighausersche Verlagsbuchhandlung in Basel, die aus der 1494
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Schwabe durch Johannes —> Petri gegründeten Druckerei hervorgegangen war, und verband mit ihr einige weitere Firmen, darunter die 1727 gegründete Verlagsbuchhandlung Christian Winter (vorm. H. L. Brönner) in Frankfurt/Main. Das Verlagsprogramm war vorwiegend wissenschaftlich. Aus dem in den siebziger Jahren des 19. Jh. mit anderen erworbenen Verlag der „Basler Nachrichten" trat S. später wieder aus. Er war Präsident der Knabenarbeitsschulen und des Vereins schweizerischer Buchdruckereibesitzer sowie seit 1894 Mitglied der Kuratel der Univ. Basel. S c h w a b e , Johann Friedrich Heinrich, evang. Theologe, Naturforscher, * 14.3. 1779 Eichelborn bei Weimar, t 29.12.1834 Darmstadt. S., Sohn eines Gymnasiallehrers und Pfarrers, studierte seit 1796 an der Univ. Jena u.a. Theologie, wurde 1800 zum Dr. phil. promoviert (De iustissima systema theologicum adorandi methodo) und war mit einer mineralogischen Dissertation (1801) Dozent an der Philosophischen Fakultät der Univ. Jena und Bibliothekar der dortigen Minearalogischen Gesellschaft. Seit 1802 Landprediger in Wormstedt (Thüringen), betrieb er daneben theologische, philologische, pädagogische und landwirtschaftliche Studien und gab mit Johann Georg —>Lenz die „Annalen der Socientät für die gesammte Mineralogie zu Jena" (1802-25) heraus. 1821 wurde S. Superintendent und Oberpfarrer zu Neustadt/Orla, 1827 Hofprediger in Weimar und 1833 Oberkonsistorialrat, Oberpfarrer und Superintendent der Provinz Starkenburg in Darmstadt. Er veröffentlichte u.a. Einleitung in die Geschichte der Mineralogie (1803), Lieder für den teutschen Landsturm (1815) und Landwirthschaftskunde für Prediger (1822). CD ADB S c h w a b e , Johann Joachim, Pseud. Georg Christoph Kunze, Übersetzer, Herausgeber, Publizist, * 29.9.1714 Magdeburg, t 12.8.(4.?) 1784 Leipzig. Nach dem Studium der Theologie in Leipzig war S., Sohn eines Juristen, zunächst Privatlehrer und Hofmeister, seit 1750 Kustos der Universitätsbibliothek. 1765 wurde er a. o.Prof. der Philosophie an der Univ. Leipzig. Der überzeugte Anhänger von —> Gottscheds poetischen Lehren war einer der vielseitigsten Übersetzer, Herausgeber und Publizisten der deutschen Aufklärung. Er übersetzte Werke von Voltaire und Swift, ferner pädagogische, geographische und naturwissenschaftliche Schriften und publizierte 1747 eine Neuausgabe von Daniel Georg —»Morhofs Polyhistor. Für Gottscheds unvollendete Literaturgeschichte bearbeitete er das Kapitel über den Roman. Als Herausgeber der „Belustigungen des Verstandes und des Witzes" (1741-45) bot er ein Forum für kritische Beiträge von Karl Christian Gärtner, Johann Adolf und Johann Elias —> Schlegel, Christian Fürchtegott Geliert und Friedrich Wilhelm —»Zachariae. OD BBHS S c h w a b e , Kurt (Walter), Chemiker, * 29.5. 1905 Reichenbach (Vogtland), f 4. 12. 1983 Meinsberg (Sachsen). S„ Sohn eines Stadtschreibers und Verwaltungsinspektors, studierte seit 1924 Chemie an der TH Dresden, wurde 1929 promoviert (Die Aufnahmefähigkeit der Platinmetalle für Wasserstoff\ gedruckt 1928) und habilitierte sich 1933 (Über das anodische Verhalten der Metalle in gesättigten Lösungen ihrer Salze). Zunächst Privatdozent, wurde er nach Entzug der Venia legendi Chemiker in einer Papierfabrik und entwickelte ein Verfahren zur Herstellung von Holzschliff aus harzreichen Hölzern, das bald international Verwendung fand. 1947 erwarb er das von ihm 1933 eingerichtete Firmenlaboratorium und leitete es als Forschungsinstitut für chemische Technologie Meinsberg bis zu seinem Tod. Seit
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1949 war S. zudem Prof. und Direktor des Instituts für Elektrochemie und Physikalische Chemie an der TH Dresden und 1961-65 Gründungsrektor der TU Dresden. S. beschäftigte sich vor allem mit elektrochemischer Meßtechnik und ihrer Anwendung in Industrie und Umweltschutz, mit thermodynamischen Eigenschaften und der Leitfähigkeit konzentrierter Elektrolytlösungen sowie mit Korrosionsschutz und angewandter Radiochemie. 1964-69 leitete er das von ihm mitaufgebaute Zentralinstitut für Kernforschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften (DAW) in Rossendorf. S. wurde 1956 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt, war Mitglied der DAW und der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, 1965-80 deren Präsident, und gehörte auch dem Forschungsrat der DDR an. Er veröffentlichte u.a. Energetische Grundlagen der Gastechnik (1933), Physikalische Chemie (3 Bde., 1973/74, Bd. 1-2, 3 1986) und Freie Überführungsenthalpien von Einzelionen aus Wasser in organische Solventien (mit Christian Queck, 1979). t u NDB S c h w a b e , Samuel Heinrich, auch Heinrich Samuel S., Astronom, Apotheker, * 25.10. 1789 Dessau, t 11.4. 1875 Dessau. S., Sohn eines Arztes, studierte nach einer Apothekerlehre seit 1810 Pharmazie in Berlin, wo sein Interesse an der Astronomie geweckt wurde. Seit 1812 verwaltete er die großväterliche Apotheke und richtete sich nach deren Verkauf 1829 ein privates Observatorium in Dessau ein. Bereits 1827 hatte er die Exzentrität des Saturnringes wiederentdeckt, 1831 zeichnete er das erste Bild von Jupiter mit dem Großen Roten Fleck. Nachdem er 1835 seine Beobachtungen über die physische Beschaffenheit des Halleyschen Kometen bekannt gegeben hatte, veröffentlichte er 1843 auch seine Entdeckung der Periodizität der Sonnenfleckenaktivität. Er gab den Sonnenfleckenzyklus mit einer Periodizität von zehn Jahren an, später wurde eine Periodizität von elf Jahren bestimmt. 1868 wurde S. Mitglied der Royal Society of London. Er schrieb auch eine Flora Anhaltina (2 Bde., 1838/39, 2 1985; dt. Flora von Anhalt, 1865) und Politische Begebenheiten meines Lebens (1848). CD DSB S c h w a b e , Willi, Schauspieler, * 21.3. 1915 Berlin, t 12.7. 1991 Berlin. Nach einer Ausbildung zum Bühnenbildner nahm S„ Sohn eines Opernsängerehepaars, 1934-36 Schauspielunterricht und war danach an Wander- und Gastbühnen tätig, bis er zum Kriegsdienst eingezogen wurde. 1947/48 trat er im Schloßparktheater in Berlin-Steglitz auf, anschließend auf der Bühne der Jugend in Westberlin. Seit 1949 gehörte er dem Berliner Ensemble an, mit dem er vor allem Werke von Bertolt —> Brecht spielte. 1955-90 moderierte er die „Rumpelkammer", eine der beliebtesten Unterhaltungsserien des Deutschen Fernsehfunks. S. war auch in DEFA-Filmen sowie als Chansonnier im Kabarett „Die Distel" und im Theater im Palast zu sehen. S c h w a b e , Willmar, Apotheker, Homöopath, Unternehmer, * 15.6. 1839 Auerbach (Vogtland), t 8.1. 1917 Leipzig. Nach Apothekerlehre und Studium in Leipzig (1861 pharmazeutisches Staatsexamen, 1863 Promotion) trat S., Sohn eines Apothekenbesitzers, in die homöopathische Zentralapotheke von Taeschner & Comp, ein, deren Leitung er 1865 übernahm. 1866 gründete er die Homöopathische CentraiOffizin Dr. Willmar Schwabe, die als Hersteller homöopathischer Arzneimittel der homöopathischen Lehre und Therapie zur Durchsetzung verhalf. 1872 erschien erstmals seine homöopathische Normalpharmakopöe, die Pharmacopoea homoeopathica polyglotta (Ä1901, italien. 1879, portugies. 1894, 2 1929, Neuausg. 1993, unter dem Titel Deutsches homöopatisches Arzneibuch, 1900, 2 1924, span. 2 1929, frz.
Schwager 1933). S. verlegte die „Leipziger populäre Zeitschrift für Homöopathie" und seit 1910 die „Allgemeine Homöopathische Zeitung". Die von ihm begründete Arzeimittelfabrik wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik neu aufgebaut. CO N D B
Schwabe von der Heide, Ernst, Schriftsteller, * um 1598 Danzig, t 4 . 6 . 1626 Danzig. S. traf während seines Studium in F r a n k f u r t / O d e r 1617 mit Martin —> Opitz zusammen, der einige von S.s Gedichten als Beispiel für die von ihm angestrebte neue deutsche Kunstpoesie in seinen poetologischen Traktat Aristarchus sive de contemptu Linguae Teutonicae (1617) aufnahm. O b S.s prosodisch nach d e m Muster französischer Lyrik verfaßte Verse auch an anderer Stelle veröffentlicht wurden, ist nicht bekannt. Er starb vermutlich eines gewaltsamen Todes. DD Killy
Schwachhofer,
Rene, Schriftsteller, * 2 8 . 5 . 1 9 0 4 Stuttgart, t 1 0 . 7 . 1 9 7 0 Falkensee bei Berlin. Nach einer kaufmännischen Ausbildung studierte S. G e r m a nistik und Philosophie in Leipzig. Er arbeitete journalistisch und gab die Zeitschrift „Der Funke, Tribüne unabhängiger Kunst" heraus, bis das nationalsozialistische Regime seine Tätigkeiten einschränkte. Auch seine spätexpressionistische Lyriksammlung Dämmerung wurde 1937 verboten. Nach 1945 war S. zunächst Referent für Literatur am Sender Leipzig und unterrichtete an der dortigen Volkshochschule. Seit 1955 lebte er als freier Schriftsteller in Falkensee. S. schrieb Gedichte (u.a. Die Gestalten, 1957; Über Asche und Feuer. Gedichte 1923-1963, 1964; Blick aus drei Fenstern, 1969) und gab u. a. Lyrik-Anthologien (u. a. Vom Schweigen befreit, 1947) heraus. 1954 erschien Bettelsack und Freiheit. Leben und Werk Sändor Petöfis (1954). DP Killy
Schwäbl,
Franz Xaver, kath. Theologe, Bischof von Regensburg, * 14. 11.1778 Reisbach (Niederbayern), t 12.7. 1841 Regensburg. Als Schüler von Johann Michael von —> Sailer studierte S., Sohn eines Weißbäckers, Theologie in Ingolstadt und Landshut, wurde 1801 zum Priester geweiht und war als Seelsorger und Gymnasiallehrer u . a . in Landshut tätig. Seit 1822 Mitglied des Metropolitankapitels in München, wurde er mit Unterstützung durch König —> Ludwig I. 1833 zum Bischof von Regensburg gewählt; im selben Jahr erhielt er den bayerischen Personaladel. Als eifriger Förderer der kath. Restauration widmete sich S. insbesondere der Wiederbelebung des klösterlichen Lebens und der Ausbildung von Geistlichen und gab einen Katechismus heraus. DP N D B
Schwägrichen,
Christian Friedrich, Botaniker, * 16.9. 1775 Leipzig, t 2 . 5 . 1853 Leipzig. S., Sohn eines Kaufmanns, wurde nach d e m Studium der Medizin 1799 in Leipzig zum Dr. med. promoviert und 1802 zum a. o„ 1815 zum o . P r o f . für Naturgeschichte ernannt, mit besonderem Schwerpunkt Botanik. 1806-35 war er Direktor des Botanischen Gartens der Universität. Aus seinem privaten, d e m sog. Schwägrichen Garten stiftete er zahlreiche Pflanzen für die Neuerrichtung des universitären Gartens am Westrand der Stadt. 1801 gab er mit eigenen Ergänzungen das nachgelassene, systematische und nomenklatorische Standardwerk der Bryologie (Moosforschung) seines Lehrers Johann - » H e d w i g heraus (Species muscorum frondosorum). 1814 veröffentlichte er die Synopsis der Lebermoose Historiae muscorum hepaticorum prodromus und übernahm die Bearbeitung der M o o s e in der 1830 herausgegebenen 4. Auflage der Linneschen Species plantarum. S. starb an den Folgen eines Treppensturzes. CD A D B
Schwaen,
Kurt, Komponist, * 2 1 . 6 . 1 9 0 9 Kattowitz, t 9 . 1 0 . 2 0 0 7 Berlin. S. erhielt als Schüler Klavier-, Orgel- und Tonsatzunterricht von Fritz - » L u b r i c h und studierte 1929-33 ohne Abschluß Musikwissenschaft, Germanistik und Kunstgeschichte in Breslau und Berlin. Nach einer Zuchthaushaft 1935-38 stand er unter Polizeiaufsicht und nahm 1943-45 in einem Strafbataillon am Zweiten Weltkrieg teil. Seit 1948 war er Musikreferent der Deutschen Volksbühne, ging 1951 nach Ostberlin und war dort seit 1953 freischaffender K o m p o nist. 1973 gründete S. die A G Kindermusiktheater in Leipzig. 1961 wurde er Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Künste, deren Sekretär er 1965-70 war. S. komponierte Vokalmusik, darunter Lieder und Werke für Soli, Chor und Orchester, Opern (Hans Pfriem oder Kühnheit zahlt sich aus (1953, 1954), Ballade vom Glück (1966, 1967), Kinderopern und Lehrstücke, Orchesterwerke (Concerto grosso, 1982), K a m m e r m u s i k , Klaviermusik, Z u p f m u s i k sowie Film- und R u n d f u n k m u s i k . Zu seinen Schriften gehören Tonweisen sind Denkweisen. Beitrag über die Musik als eine gesellschaftliche Funktion (1949), Über Volksmusik und Laienmusik (1952), Stufen und Intervalle. Erinnerungen und Miszellen (1976, 2 1978; Neufassung unter dem Titel Stufen und Intervalle. Ein Komponist zwischen Gesellschaftsund Notensystem, 1996, erw. 2 2005). CD M G G
Schwagenscheidt,
Walter, Architekt, * 23. 1.1886 Elberfeld (heute zu Wuppertal), t 16. 1.1968 F r a n k f u r t / M a i n . S. durchlief eine bautechnische Lehre und wurde an den Kunstgewerbeschulen in Elberfeld und Düsseldorf ausgebildet. Er war danach Mitarbeiter von Wilhelm Heinrich - » K r e i s , 1 9 1 5 / 1 6 u . a . von Paul - > B o n a t z und seit 1929 von Ernst —»May, mit dem er 1930-33 in die Sowjetunion ging. 1921-27 lehrte er an der T H Aachen, 1 9 2 7 / 2 8 an der Höheren Technischen Lehranstalt in Offenbach. S. konzipierte 1929 die Siedlung Goldstein, 1930 die Siedlung Tornowgelände und schuf 1960-64 die Nordweststadt in F r a n k f u r t / M a i n . Bereits um 1920 entwickelte die Idee einer Raumstadt als naturnaher Wohnstadt f ü r alle Bevölkerungsschichten mit strikter Trennung der Bereiche Wohnen und Verkehr (u. a. Die Raumstadt, 1949). CD Frankf Biogr
Schwager,
Conrad (Joseph Johann), Mikropaläontologe, Geologe, * 2 0 . 2 . 1 8 3 7 Protivin bei Pisek (Böhmen), t 2 . 5 . 1891 München. S„ Sohn eines fürstlich schwarzenbergischen Verwalters, studierte seit 1855 Chemie, Mathematik und Physik am Polytechnikum in Prag, später auch Geologie, Paläontologie und Zoologie an der dortigen Universität. 1860 ging er zum Studium nach München, wo er sich unter dem Einfluß Albert —»Oppels ganz der Paläontologie zuwandte. S. wurde Mitarbeiter Wilhelm von —> G ü m b e l s bei der geognostischen Landesuntersuchung Bayerns und kartierte 1865-73 Gebiete in Mittelfranken, Schwaben und Oberfranken. Danach war er Assistent Karl von —> Zittels an der Paläontologischen Staatssammlung in München (seit 1890 Adjunkt) und spezialisierte sich auf die Untersuchung von Foraminiferen. CD N D B
Schwager,
Johann Moritz, evang. Theologe, Schriftsteller, * 2 4 . 9 . 1 7 3 8 Gut Kalkkuhl bei G i m b o r n (Westfalen), f 2 9 . 4 . 1804 Jöllenbeck bei Bielefeld. Der Sohn eines Landwirts und Wagenbauers studierte 1759-62 in Halle und Jena Theologie, hörte aber auch philosophische und medizinische Vorlesungen. Er war Hauslehrer in Remscheid, Aachen und Groningen und seit 1768 Pfarrer in Jöllenbeck, wurde zum Volksaufklärer, auch zum weltlichen Wortführer seiner später zu einem Hauptort der Erweckungsbewegung gewordenen Gemeinde und trat für Verbesserungen der Landwirtschaft, des Schulwesens und
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Schwager besonders für die Pockenschutzimpfung ein. S. schrieb u . a . den Pfarrerroman Leben und Schicksale des Martin Dickius (3 Bde., 1775/76), Die Leiden des jungen Franken, eines Genies (1777, Nachdr. 1913), mit dem er —»Goethes Werther parodierte, und Bemerkungen auf einer Reise durch Westphalen bis an und über den Rhein (1804). S. war Mitarbeiter u. a. der „Berlinischen Monatsschrift", des „Westphälischen Magazins", des „Deutschen M u s e u m s " und des . J a h r b u c h s für die Menschheit". Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Predigten und Abhandlungen, darunter Versuch einer Geschichte der Hexenprocessse (1784, Neudr. 1970). tu
Killy
Schwager,
Richard, österr. Maler, * 3 . 4 . 1 8 2 2 Duppau (Böhmen), t 8 . 9 . 1 8 8 0 Rodaun bei Wien. Ursprünglich Apotheker, begann S. 1847 ein Studium an der Wiener Akademie der bildenden Künste, w o er sich unter dem Einfluß Johann —> Enders und Leopold —> Kupelwiesers der Porträtmalerei zuwandte. Auf Reisen durch Deutschland, Frankreich, Belgien, England und Rußland entstanden zahlreiche Auftragsarbeiten. Der als einer der letzten bedeutenden Miniaturisten aus d e m Kreis um Moritz Michael —»Daffingers geltende S. erreichte vor allem in der Wiedergabe von Kinderköpfen große Meisterschaft. S c h w a i g e r , Rosl, österr. Sängerin, * 5 . 9 . 1 9 1 8 Saalfelden (Salzburg), t 19.4. 1970 München. Nach ihrer Gesangsausbildung am Salzburger Mozarteum debütierte S. 1940 am Salzburger Landestheater in der Rolle der Königin der Nacht in - » M o z a r t s Zauberflöte. 1942-45 sang sie an der Wiener Volksoper, danach an der dortigen Staatsoper, bis sie 1952 als erste Koloratursopranistin an die Bayerische Staatsoper in München verpflichtet wurde. Die vor allem als Mozart-Interpretin geschätzte S. trat seit 1945 regelmäßig bei den Salzburger Festspielen auf. Sie gastierte u. a. an der Londoner Covent Garden Opera (1947) und unternahm 1954 eine Nordamerikatournee. 1968 wirkte sie an mehreren Liederabenden in Griechenland und der Türkei mit. CD Kutsch
Schwalbe,
Ernst (Theodor Karl), Mediziner, * 26. 1. 1871 Berlin, t 17.3. 1920 Rostock. S., Neffe von Gustav —> .S., studierte in Straßburg und Heidelberg Medizin (Promotion 1895), habilitierte sich 1900 in Heidelberg für Pathologische A n a t o m i e und war danach als Anatom bei Julius —»Arnold in Heidelberg und als Prosektor in Karlsruhe tätig. 1906 habilitierte er sich zusätzlich für die Geschichte der Medizin und folgte 1908 einem Ruf als o. Prof. an die Univ. Rostock. S.s Hauptarbeitsgebiet war die allgemeine und spezielle Mißbildungslehre. Er veröffentlichte u. a. Vorlesungen über Geschichte der Medizin (1905, 3 1920) und Allgemeine Mißbildungslehre (1906) und war seit 1906 Herausgeber der Reihe „Morphologie der Mißbildungen des Menschen und der Tiere". S. wurde als Putschist während des Kapp-Putsches erschossen. m
Ärzte 2
Schwalbe,
Franz Louis, Maschinenbauer, Fabrikant, * 2 8 . 2 . 1814 C h e m n i t z ( ? ) , t 5 . 6 . 1870 C h e m n i t z ( ? ) . S., Sohn eines Z i m m e r m a n n s und Besitzers einer Maschinenbauwerkstatt, besuchte nach einer Maschinenbaulehre die Technische Bildungsanstalt in Dresden und trat 1839 in den väterlichen Betrieb ein. Unter seiner Leitung entwickelte sich die Werkstatt zu einem Fabrikbetrieb, der neben Spinnmaschinen auch technische Geräte für Brauereien und Mälzereien herstellte, die zum Teil auf eigene Erfindungen zurückgingen.
Schwalbe,
Gustav (Albert), Anatom, Anthropologe, * 1.8. 1844 Quedlinburg, t 2 3 . 4 . 1916 Straßburg. S., Sohn eines Arztes, studierte Medizin in Berlin, Zürich und Bonn, wurde 1866 promoviert (Observationes nonnul-
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lae de infusiorum ciliatorum structura) und habilitierte sich 1870 in Halle für Anatomie. 1871 Prosektor in Freiburg/ Breisgau, wurde er im selben Jahr a. o. Prof. der Histologie an der Univ. Leipzig, 1873 o . P r o f . der Anatomie in Jena, ging 1881 nach Königsberg und lehrte 1883-1914 an der Univ. Straßburg. Seit 1879 war S. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Mit seinen zahlreichen Arbeiten Uber die A b s t a m m u n g des Menschen sowie über lebende Menschenrassen wurde er zum Begründer der vergleichenden und exakten stammesgeschichtlichen Forschung in der Anthropologie. Er verfaßte ein Lehrbuch der Neurologie (1881) und ein Lehrbuch der Anatomie der Sinnesorgane (1886). Seit 1886 arbeitete er besonders auf anthropologischem Gebiet, untersuchte den Neandertalschädel (Der Neandertalschädel, 1901) und den Schädel von Egisheim und schrieb Die Vorgeschichte des Menschen (1904, russ. 1906). S. gab die „Morphologischen Arbeiten" (1891-98), als deren Fortsetzung die „Zeitschrift für Morphologie und Anthropologie" (1899 ff.) sowie die .Jahresberichte über die Fortschritte der Anatomie und Entwicklungsgeschichte" (Neue Folge, 1897 ff.) und die „Beiträge zur Anthropologie Elsaß-Lothringens" (1898 ff.) heraus. c n Kreuter
Schwalbe,
Julius, Mediziner, * 13.6. 1863 Nakel (Posen), t 17.2. 19.30 Berlin. S. studierte Medizin in Berlin, wurde 1886 promoviert und eröffnete nach mehrjähriger Tätigkeit im Krankenhaus 1890 eine eigene Praxis in Berlin. Seit 1894 war er zunächst gemeinsam mit Albert - > Eulenburg, seit 1904 in alleiniger Verantwortung Schriftleiter der „Deutschen medizinischen Wochenschrift". S. war Mitbegründer der Zeitschrift „La Medicina Germano-Hispano-Americana" und der „Revista Medica Germano-Ibero-Americana". Für seine Verdienste um die medizinische Fachpresse wurde ihm 1902 der Professorentitel verliehen. S. beschäftigte sich u . a . mit Problemen des öffentlichen Gesundheitswesens, der Arzneimittelgesetzgebung und der Kurpfuscherei, veröffentlichte u. a. Grundriß der speciellen Pathologie und Therapie (1892, 3 1904), Handbuch der praktischen Medizin (Hrsg., 5 Bde., 1898-1901, 2 1905-06, Italien. 1901-06), Lehrbuch der Greisenkrankheiten (Hrsg., 1909), Terapeutische Technik für die tägliche Praxis (Hrsg., 2 Tie., 1 9 0 6 / 0 7 , 6 1 9 2 3 , italien. 1909, 4 1911, auch 1912) und Über das medizinische Frauenstudium in Deutschland (1918). CD Kreuter
Schwalbe,
Karl Gustav, auch Carl Gustav S., Chemiker, * 2 5 . 1 0 . 1871 Hottingen (Kt. Zürich), t 16.6. 1938 Homburg v . d . H . Nach dem Studium der C h e m i e an der Univ. Straßburg und Leipzig (Promotion 1897, Über Reduktionsprodukte der drei isomeren Benzildioxime) wurde S. 1896 Mitarbeiter der Badischen Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen. 1901 habilitierte er sich an der T H Darmstadt (Über direkte Substitution bei Schiffschen Basen), an der er zunächst als Privatdozent für organische Chemie, seit 1907 als Extraordinarius für Textilchemie, organische C h e m i e und Zellulosechemie wirkte. 1912 folgte er einem Ruf als o. Prof. der C h e m i e und Mineralogie an die Forstakademie Eberswalde und lehrte seit 1921 auch an der T H Berlin-Charlottenburg. S. widmete sich vor allem der Weiterentwicklung der Zellulose- und der Holzchemie. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Neue Färbetheorien (1907), Die Chemie der Cellulose (2 Tie., 1 9 1 0 / 1 1 , Neudr. 1918; Teil 1, Abt. 1, unter dem Titel Die Chemie der Hölzer,21938), Die chemische Betriebskontrolle in der Zellstoff- und Papierindustrie und anderen Zellstoff verarbeitenden Industrien (mit Rudolf Sieber, 1919, 3 1931) und Die chemische Untersuchung pflanzlicher Rohstoffe und der daraus abgeschiedenen Zellstoffe (1920, 2 1922). • 3 Poggendorff 4-6
Schwan Schwalber,
Josef, Politiker, * 1 9 . 3 . 1 9 0 2 Fürstenfeldbruck, I 1 6 . 8 . 1 9 6 9 Dachau. Nach dem Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften an der Univ. München ließ sich S. als Rechtsanwalt in Dachau nieder und gehörte als Mitglied der Bayerischen Volkspartei dem Stadtrat an. Während des „Dritten Reichs" in der A u s ü b u n g seiner Berufes stark beeinträchtigt, suchte S. den Kontakt zu Widerstandsgruppen. Nach dem Zweiten Weltkrieg trat er in die C S U ein, wurde Bürgermeister von Dachau, 1947 Staatssekretär im bayerischen Innenministerium, Mitglied des Parlamentarischen Rats (1948) und war 1951-54 bayerischer Kultusminister. DD Munzinger S c h w a l m , Oskar, Musikkritiker, Verleger, * 1 1 . 9 . 1 8 5 6 Erfurt, f 11.2. 1936 Berlin. Nach seiner Ausbildung am Leipziger Konservatorium für Musikwissenschaften war S. als Kritiker des „Leipziger Tageblatts" und Komponist tätig. 1886 erwarb er den Musikverlag C. F. Kahnt in Leipzig und wurde im selben Jahr in das Direktorium des von Franz —»Liszt gegründeten Allgemeinen Musikvereins gewählt. S.s Verlagsprogramm umfaßte die „Neue Zeitschrift für Musik", Werke von Peter —> Cornelius, Ignaz —> Brüll und Carl Maria von —> Weber sowie sämtliche Lieder und einige Oratorien von Liszt. Nach d e m Verkauf des Verlags 1888 trat S. 1890 in die Berliner Filiale der Pianoforte-Fabrik seines Schwiegervaters Julius —»Blüthner ein, die er seit 1905 mit Erfolg führte. Durch die von ihm mitfinanzierten Konzertsäle und das von ihm mit erheblichen Mitteln unterstützte Symphonie-Orchester machte sich S. um das Berliner Musikleben verdient.
Schwamb,
Ludwig, Widerstandskämpfer, * 3 0 . 7 . 1 8 9 0 Untenheim (Rheinhessen), t 23. 1.1945 Berlin. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und anwaltlicher Praxis in M a i n z war S. seit 1925 in der Verwaltung tätig. Er wurde Mitglied der sozialdemokratischen Partei und 1928 von Wilhelm —»Leuschner als persönlicher Referent in das hessische Innenministerium geholt. 1933 seines Amtes enthoben, arbeitete er als Syndikus in der Privatwirtschaft. Sein enger Kontakt zu Leuschner, Carlo —> Mierendorff, Julius —»Leber und anderen Gegnern des nationalsozialistischen Regimes führte nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 zu seiner Verhaftung. Der Volksgerichtshof verurteilte ihn noch im selben Jahr zum Tod. CD Widerstand
Schwamberger,
Emil, Politiker, * 9 . 2 . 1 8 8 2 Löwenstein bei Weinsberg (Württemberg), f 2 0 . 7 . 1955 Stuttgart. Nach d e m Studium der Rechts-, Staats- und Wirtschaftswissenschaften in Tübingen und Berlin trat S., Sohn eines Weingutsbesitzers, in den württembergischen Verwaltungsdienst ein. Seit 1919 war er Oberbürgermeister von Ulm, bis ihn die Nationalsozialisten 1933 seines A m t e s enthoben und der Stadt verwiesen. Nach d e m Zweiten Weltkrieg hatte S. als Hauptberichterstatter des württembergisch-badischen Innenministeriums großen Anteil an der Neuordnung des K o m m u nalwesens. 1948 wurde er vom Landtag in den Wirtschaftsrai in F r a n k f u r t / M a i n entsandt. Nach seiner Versetzung in den Ruhestand 1950 war S. vor allem schriftstellerisch tätig. CP B W B , Bd 3 S c h w a n , Alexander, Politikwissenschaftler, * 1.2. 1931 Berlin, t 3 0 . 1 1 . 1989 Berlin. S., Sohn eines Verlagsbuchhändlers, studierte Philosophie, Geschichte, Politikwissenschaft und kath. Theologie an den Universitäten Bonn, Köln, Freiburg (Schweiz), Basel und Freiburg/Breisgau, wurde 1959 promoviert (Politische Philosophie im Denken Heideggers) und habilitierte sich 1965 in Freiburg (Politische Ethik in der Geschichtstheologie Gogartens und Bultmanns). Seit 1966 war er o . P r o f . auf dem Lehrstuhl f ü r die Geschichte der Politischen Theorien an der Freien Univ. Berlin. Als geschäftsführender Direktor des
Otto-Suhr-Instituts ( 1 9 6 7 / 6 8 ) setzte sich S. zunächst f ü r ein stärkeres Mitspracherecht der Studenten und Assistenten in den Hochschulgremien ein, wandte sich angesichts der Radikalisierung der Studentenschaft aber später gegen viele Reformpläne. Hochschul- und bildungspolitische Differenzen veranlaßten ihn 1978 zum Austritt aus der SPD; seit 1979 war er Mitglied der C D U . S. beschäftigte sich vor allem mit Demokratie- und Pluralismustheorien und bemühte sich u m eine ideelle Verankerung der Demokratie entsprechend den Grundwerten der westlichen politischen Kultur. Er schrieb u . a . Grundwerte der Demokratie (1978). t u Munzinger S c h w a n , Christian Friedrich, Pseud. C. F. S. de la Marche, Buchhändler, Verleger, Publizist, * 1 2 . 1 2 . 1 7 3 3 Prenzlau (Uckermark), t 2 9 . 6 . 1 8 1 5 Heidelberg. Nach abgebrochenem Theologiestudium, mehrjähriger Tätigkeit als Hofmeister in Mecklenburg und anspruchsvollen Stellungen in preuß. und russischen Diensten ließ sich S., Sohn eines Buchbinders und Buchhändlers, 1764 in Frankf u r t / M a i n nieder. Dort gab er die moralische Wochenschrift „Der Unsichtbare" und die „Neuen Auszüge aus den besten ausländischen Wochen- und Monatsschriften" heraus. Nach seiner Heirat mit der Tochter Johann Georg —»Eßlingers leitete S. seit 1765 die M a n n h e i m e r Buchhandlung seines Schwiegervaters, die er zur bedeutendsten im südwestdeutschen R a u m entwickelte. 1774-79 gab er die Zeitschrift „Die Schreibtafel" heraus. Von S.s literarischer und kultureller Vermittlertätigkeit profitierte u . a . —>Schiller, d e m er die A u f f ü h r u n g seines Schauspiels Die Räuber (1782) am M a n n h e i m e r Nationaltheater ermöglichte. S. war auch der erste Verleger von Schillers Die Verschwörung des Fiesko zu Genua (1783) sowie von Kabale und Liebe (1784). Er stand außerdem mit —»Lessing, —»Wieland, - » H e r d e r und —»Goethe in Verbindung. S.s eigenes schriftstellerisches Schaffen umfaßt vor allem Ubersetzungen französischer Bühnenwerke. Nach der Besetzung M a n n h e i m s durch französische Truppen 1794 zog sich S. nach Stuttgart zurück und lebte zuletzt in Heidelberg. EP B B H S S c h w a n , Johann Friedrich, auch Schwann, genannt Sonnenwirtle, Räuberhauptmann, * 4 . 6 . 1729 Ebersbach bei Göppingen, t 3 0 . 7 . 1760 Vaihingen/Enz. Der Sohn eines Metzgers und Gastwirts wurde nach mehreren Gefängnisaufenthalten wegen Diebstahls und Wilderei 1753 zu lebenslänglicher H a f t auf d e m Hohentwiel verurteilt. Nach seiner Flucht 1755 zog er mit einer Räuberbande durch Württemberg und das Oberrheingebiet, bis er 1760 in Vaihingen verhaftet und hingerichtet wurde. Die Geschichte wurde von —»Schiller in seiner Erzählung Verbrecher aus Infamie (1786, 2. Fassung unter d e m Titel Der Verbrecher aus verlorener Ehre) aufgegriffen. Zu den bekanntesten Bearbeitungen im 19. Jh. zählt der R o m a n Der Sonnenwirth (1854) von Hermann —> Kurz. DP R ö ß l e r / F r a n z S c h w a n , Robert, Manager, * 2 0 . 1 1 . 1 9 2 1 München, t 1 3 . 7 . 2 0 0 2 Reith bei Kitzbühel. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg zunächst als Gemüsehändler auf d e m M ü n c h n e r Viktualienmarkt und als Versicherungsdirektor tätig, kam S., Sohn eines Eisenbahnbediensteten, 1964 als ehrenamtlicher SpielausschußVorsitzender zum F C Bayern M ü n c h e n . 1966 wurde er vom Vereinspräsidenten Wilhelm —»Neudecker zum ersten hauptamtlichen technischen Direktor eines deutschen Fußballclubs ernannt. Gemeinsam mit Neudecker f o r m t e S. den FC Bayern zum erfolgreichsten deutschen Fußballverein, der während seiner Amtszeit (bis 1977) acht nationale und drei internationale Titel gewann. Franz Beckenbauer, d e m er auch freundschaftlich verbunden war, betreute er seit 1964 als privater Manager; 1977 begleitete er ihn nach N e w York. 1997-2000 war S. Aufsichtsratsvorsitzender bei Hertha BSC. DP N D B
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Schwan S c h w a n , Werner, Geologe, * 2 7 . 1 . 1 9 1 7 Wilmersdorf (heute zu Berlin), t 1 6 . 7 . 2 0 0 2 Erlangen. S. Schloß das Studium 1949 in Berlin mit der Promotion ab (Die Ackerschichten des Harzes) und war nach der Habilitation 1955 (Die Frankenwälder Querzone) am Geologischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin tätig. 1957-61 war er Geschäftsführer des Geotektonischen Instituts der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1962 wurde er apl. Prof. am Geologisch-Paläontologischen Institut der Univ. Münster und hatte 1963-82 den Lehrstuhl für Geologie an der Univ. Erlangen-Nürnberg inne. S. beschäftigte sich vor allem mit Baufragen deutscher Mittelgebirge, der Alpen, des Balkans, der griechischen und türkischen Gebirge und des Himalaya sowie allgemein mit der tektonischen Gestaltung der Erde. Er veröffentlichte u . a . Begriff und Bedeutung der Leitstrukturen. Ein Beitrag zur tektonischen Forschungsmethodik (1964) und Die Sächsischen Zwischengebirge und Vergleiche mit der Miinchberger Gneismasse und anderen analogen Kristallinvorkommen im Saxothuringikum (1974).
Schwanda,
Johann, österr. Musikant, K a u f m a n n , Bergsteiger, * 8 . 1 9 0 4 Wien, t 2 5 . 6 . 1983 Wien. Nach kurzem Studium am Wiener Konservatorium lebte S. als Heurigen- und Straßenmusikant und wanderte in der Zwischenkriegszeit bis nach Schweden, wo er auch im R u n d f u n k auftrat. Seit 1949 betrieb er ein Sportgeschäft in Wien. 1956 nahm S. an mehreren Erstbesteigungen im kleinasiatischen Taurusgebirge teil; in den folgenden Jahren erstieg er einige Gipfel im Kaukasus. Er leitete Expeditionen, u . a . 1982 eine Abenteuerfahrt nach Grönland, und trat als Autor von Wander- und Skitourenführern (u. a. Ferne Berge - lockende Ziele, 1973) hervor.
Schwander,
(Johann) Rudolf, Politiker, * 2 3 . 1 2 . 1 8 6 8 Colmar (Elsaß), t 2 5 . 1 2 . 1 9 5 0 Oberursel/Taunus. Seit 1883 in der Colmarer Verwaltung tätig, wurde S., unehelicher Sohn einer Kindergärtnerin, aufgrund der Arbeit Die Beschäftigung der Arbeitslosen in ihrer Beziehung zur Armenpflege (1897) zum Studium der Rechts- und Staats Wissenschaften an der Univ. Straßburg zugelassen, das er 1900 mit der Promotion abschloß. Im selben Jahr zum Leiter der Armen- und Spitalverwaltung in Straßburg ernannt, wurde S. dort 1902 Beigeordneter und 1906 Oberbürgermeister der Stadt, die sich unter seiner sozialliberalen Politik zur modernen Großstadt mit einem für deutsche K o m m u n e n vorbildlichen Sozialwesen entwickelte. 1917 kurzfristig als Staatssekretär in das neuerrichtete Reichswirlschaftsamt berufen, übernahm er im Oktober 1918 das A m t eines kaiserlichen Statthalters von Elsaß-Lothringen. Nach Kriegsende ging er nach Deutschland und war als Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei 1920-32 Oberpräsident von HessenNassau in Kassel, danach Administrator des Städelschen Instituts und des Freien Deutschen Hochstifts in F r a n k f u r t / Main. OD N D B
Schwane,
Joseph Anton, kath. Theologe, * 2 . 4 . 1 8 2 4 Dorsten, t 6 . 6 . 1892 Münster. Nach der Priesterweihe 1847 setzte S. sein Studium der Theologie in Bonn und Tübingen fort und wurde 1851 in Münster zum Lizentiaten der Theologie promoviert. Seit 1853 hielt er als Privatdozent an der Univ. Münster Vorlesungen über Kirchen- und Dogmengeschichte sowie über Moraltheologie. 1859 wurde er a. ο., 1867 o. Prof. der Moraltheologie, Dogmengeschichte und Symbolik und übernahm 1881 auch den Lehrstuhl für Dogmatik. Der 1890 zum Päpstlichen Hausprälaten ernannte S. verhalf der sogenannten Neuscholastik zum Durchbruch in Münster und schuf mit seiner Dogmengeschichte (4 Bde., 1862-90) das erste umfassende kath. Werk dieser Disziplin. CD B B K L
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Schwanenberger,
Johann Gottfried, auch Schwanberger, Schwanberg, Dirigent, Komponist, * 2 8 . 1 2 . 1 7 3 7 Wolfenbüttel, t 29. 3 . 1 8 0 4 Braunschweig. Der Sohn eines Kammermusikers wurde auf Kosten Herzog —> Karls I. von Braunschweig-Lüneburg 1756-62 in Venedig ausgebildet (u. a. bei Johann Adolf Hasse) und nach seiner Rückkehr zum Hofkapellmeister in Braunschweig ernannt. S. komponierte italienische Opern (u.a. Romeo e Giulia, 1773) im Stil seines Lehrers Hasse, Symphonien, Kantaten, Klavier- und Violinkonzerte sowie Streichtrios und Ballettmusiken. Einen Ruf an den Hof —»Friedrichs II. lehnte er 1775 ab. Der von seinen Zeitgenossen geschätzte S. verkehrte auch in den Braunschweiger literarischen Kreisen um Justus Friedrich Wilhelm Zachariä, Johann Arnold —»Ebert, Johann Joachim —> Eschenburg und Gotthold Ephraim —> Lessing. OD M G G
Schwaner,
Carl (Anton Ludwig Maria), Geologe, Forschungsreisender, * 16.2. 1817 Mannheim, t 3 0 . 3 . 1851 Batavia (Indonesien). S., Sohn eines Apothekers, studierte an der Univ. Heidelberg Mineralogie und Geologie und wurde nach der Promotion 1842 mit dem Auftrag, Bodenschätze zu erforschen, Mitglied der Naturwissenschaftlichen Kommission in Niederländisch Indien. Er hielt sich seit 1843 auf Borneo auf, vertiefte geologische und naturkundliche Forschungen früherer Expeditionen, entdeckte vulkanische Tuffbildungen und führte auch ethnologische Studien durch. 1848 ging er zur Auswertung seiner Aufzeichnungen nach Batavia, wo er die Natuurkundige Vereeniging in Nederlandsch Indie gründete. S. starb an einem Fieber. Sein Reisebericht Borneo, Beschrijving van het Stroomgebiet van den Barito en reizen längs eenige voorname rivieren van het Zuid-Ostelijk gedeelte van dat eiland (2 Bde.) erschien postum 1 8 5 3 / 5 4 . m NDB
Schwaner,
(Christian Louis) Wilhelm, Pseud. Wilm Hardt, Christian W . B. Bach, Lehrer, Verleger, * 10.11. 1863 Korbach, t 13.12. 1944 Rattlar (Waldeck). S., Sohn eines Sattlers und Weißgerbers, war nach dem Besuch der Präparandenanstalt in Herborn und des Kgl. Lehrerseminars in Homberg (Hessen) Lehrer in Rattlar. Als Freireligiöser daneben Herausgeber der Zeitschrift „Es werde Licht!", wurde er 1895 von Johannes Lehmann(-Hohenberg) zum Chefredakteur der „Kieler Nachrichten" berufen und war dann Schriftleiter der Kölner Zeitschrift „Versöhnung" und Chefredakteur der „Berliner R e f o r m " . Ferner gab er die Zeitschriften „Der Volkserzieher" (1897-1936), „Bücherfreund" und „Upland" (1911-24) heraus. Z u s a m m e n mit Bruno —> Wille und Wilhelm —> Bölsche u. a. war er Initiator der „Freien Hochschule Berlin", von deren Aktivitäten er sich jedoch bald zurückzog. 1906 gründete S. den Volkserzieher-Verlag in Schlachtensee bei Berlin, in dem später die meisten seiner lebensreformerischen, von völkischem Ideengut geprägten Schriften erschienen (1930 nach Rattlar verlegt). Mit Ludwig - » F a h r e n k r o g gründete er 1912 die Deutsch-Religiöse Glaubensgemeinschaft, 1917 Deutschmeister-Orden. 1935 wurden S.s Bund der Volkserzieher, 1936 die Zeitschrift verboten. S. veröffentlichte u. a. Schulmeister, Volkserzieher, Selbsterzieher (1903), Germanen-Bibel. Aus heiligen Schriften germanischer Völker (1904; 2 Bde., 2 1905-10; 7., vollständig umgearbeitete Aufl. 1941), Wander- und Lagerlieder deutscher Volkserzieher (1907; 7., verkürzte Aufl. 1927), Vom Gottsuchen der Völker (1908) und Unterm Hakenkreuz. Bundesbuch der Volkserzieher (1913). t u NDB S c h w a n h a r d t , Georg, auch Schwanhard, Jörg, Glasschneider und -handler, getauft 26. 1.1601 Nürnberg, begraben 7 . 4 . 1 6 6 7 Nürnberg. S., Sohn eines Kunsttischlers, war nach einer künstlerischen Ausbildung in der väterlichen Werkstatt tätig. 1618 ging er
Schwann nach Prag und trat in die Werkstatt Caspar Lehmanns ein, in der er die Kunst des Kristall- und Glasschneidens erlernte. Zurück in Nürnberg fanden seine aufwendig verzierten Glasbecher und -pokale beim städtischen Patriziat sowie an den württembergischen, badischen und hessischen Höfen großen Anklang. 1652 von Kaiser —> Ferdinand III. nach Prag berufen, kehrte S. später nach Nürnberg zurück und verfeinerte seinen Glasschnitt derart, daß er den bis dahin in Deutschland vorherrschende Emailfarbdekor ersetzen konnte. Er fertigte in der Folge zahlreiche Trinkgeschirre, die er als Bildträger verwendete. Bis an die Wende zum 18. Jh. blieb Nürnberg u . a . durch S.s Wirken das europäische Zentrum der Glasschneidekunst. CD N D B
zunächst der Ausdehnung des Formulargeschäfts. S. brachte die ersten Buchpublikationen heraus und gliederte d e m Unternehmen als neue Literaturzweige neben Pädagogik (u.a. Bücher'sche Fibel mit über 100 Auflagen; „Katholische Zeitschrift für Erziehung und Unterricht") und kath. Theologie (u. a. Gebets- und Erbauungsschriften, „Katholischer Volkskalender", Kirchengeschichte, Predigtsammlungen) Rechtswissenschaft (u. a. die Grotefendschen Gesetzsammlungen) und Kunstgeschichte an. S. verlegte seinen Betrieb schließlich nach Düsseldorf; 1878 war der U m z u g vollendet. Die Sortimentsbuchhandlung in Neuss wurde verkauft und nur die 1826 gegründete „Neußer Zeitung" mit Zeitungsdruckerei dort belassen. CD A D B
S c h w a n i t z , Dietrich, Anglist, Schriftsteller, * 2 3 . 4 . 1940 W e r n e / L i p p e , t 17. 12.2004 Hartheim bei Freiburg/Breisgau. S., Sohn eines Lehrerehepaars, wuchs in Bergkamen-Rünthe und nach d e m Zweiten Weltkrieg teilweise bei mennonitischen Bergbauern in der Schweiz auf, bis zum elften Lebensjahr ohne Schulbesuch. Er studierte seit 1959 Anglistik, Geschichte und Philosophie an der Univ. Münster, in London, Philadelphia und Freiburg/Breisgau, wurde 1969 promoviert und habilitierte sich 1976 in Freiburg. 1978-97 war er Prof. für Anglistik an der Univ. Hamburg, wo er jahrelang das Studententheater leitete. Zu seinen fachspezifischen Werken gehören Die Wirklichkeit der Inszenierung und die Inszenierung der Wirklichkeit. Untersuchungen zur Dramaturgie der Lebenswelt und zur Tiefenstruktur des Dramas (1977), Systemtheorie und Literatur. Ein neues Paradigma (1990) und Englische Kulturgeschichte (2 Bde., 1995). S. veröffentlichte auch die R o m a n e Der Campus (1995, verfilmt 1997, Regie: Sönke Wortmann), einen der wenigen gelungenen Versuche, die angloamerikanische F o r m der university novel auf deutsche Verhältnisse zu übertragen, und Der Zirkel. Eine romantische Komödie (1998) sowie das Sachbuch Bildung. Alles was man wissen muß (1999). 2006 erschien Shakespeares Hamlet und alles, was ihn für uns zum kulturellen Gedächtnis macht. CD Westf Autoren, Bd 4
S c h w a n n , Hermann, Politiker, * 2. 1.1899 Niederhöchstadt (heute zu Eschborn, Hessen), t 1 5 . 1 . 1 9 7 7 Bergisch Gladbach. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg und einem Landwirtschaftsstudium wurde S., Sohn von Matthias —>S., 1924 Geschäftsführer, später Mitglied des Zentralvorstands der Deutschen Volkspartei in Köln. Er war Mitglied des „Stahlhelms" und Schloß sich nach 1933 der N S D A P an. Seit 1934 Leiter einer Saatgutstelle in Berlin, war er seit 1938 Inhaber der Firma Saatenim- und -export in Wien, gründete 1939 eine Saatgutstelle im besetzten Polen und wurde 1941 als Landwirtschaftsfachmann Angehöriger des Stabes Ost; 1943 wurde er mit der Leitung der böhmisch-mährischen Saatgutgesellschaft beauftragt. Nach Kriegsende trat er der F D P bei, für die er in den Landtag von Nordrhein-Westfalen und 1953 in den Deutschen Bundestag einzog. Nach Differenzen über die deutsche Ost- und Sicherheitspolitik, die durch seine eigenmächtige Kontaktaufnahme mit der sowjetischen und der chinesischen Regierung 1 9 5 5 / 5 6 verschärft worden waren, schied S. 1958 aus d e m Bundesvorstand der F D P aus. 1961 wirkte er an der Gründung der Vereinigung Deutsche Nationalversammlung mit. 1965 war er einer der Initiatoren des Wahlbündnisses Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher. CP M d B
S c h w a n i t z , Hans Joachim, Dermatologe, * 5 . 8 . 1 9 5 2 Soest (Westfalen), t 2 0 . 6 . 2 0 0 4 Osnabrück. S. studierte 1971-78 Mathematik, Philosophie und Sozialwissenschaften an den Universitäten Münster und Wien (Dr. phil. 1978, Die Entwicklung des Brownianismus und der Homöopathie von 1795 bis 1844, gedruckt 1983) sowie 1972-79 Medizin in Münster (Dr. med. 1979). 1985 habilitierte er sich für Dermatologie und Venerologie (Klinische und experimentelle Untersuchungen zum ,dyshidrotischen' Ekzem, gedruckt unter dem Titel Das atopische Palmoplantarekzem, 1986). Seit 1987 war er o . P r o f . f ü r Gesundheitstheorie und Dermatologie an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Univ. Osnabrück. S. beschäftigte sich vor allem mit der Prävention berufsbedingter Hautschäden, insbesondere des Friseurekzems ( N e u e Wege zur Prävention - Paradigma Friseurekzem, mit Wolfgang Uter und Britta Wulfhorst, 1996). 1994 entwickelte er mit einer Arbeitsgruppe ein stationäres gewerbedermatologisches Heilverfahren für Beschäftigte in unterschiedlichen Berufsgruppen, die an schweren berufsbedingten Hauptkrankheiten leiden. S c h w a n n , Franz, Verleger, * 1.8. 1815 N e u s s / R h e i n , t 5 . 3 . 1888 Düsseldorf. S., Sohn Leonard —»S.s, besuchte das Progymnasium in Neuss und erhielt daneben in der lithographischen Anstalt von A m y & Co. in Düsseldorf die erste Unterweisung in der Steindruckerei. Er wurde Lehrling in der Sortimentsbuchhandlung von Bernard & Dyben in Köln, trat dann in den väterlichen Betrieb ein und widmete sich
S c h w a n n , Leonard, Verleger, * 2 9 . 7 . 1 7 7 8 Neuss, t 19.7. 1867 Neuss. Von Beruf Goldschmied, wandte sich S. 1821 der Buchdruckerkunst zu und gründete die S c h w a n n ' s c h e Verlagsbuchhandlung. 1826 gründete er mit einem Partner das „Neußer Kreis-, Handels- und Intelligenzblatt" und erwarb 1834 das Eigentumsrecht daran vollständig. Nachdem 1835 ein anderer zur Herausgabe des „Neußer Kreisblatts" konzessioniert worden war und der Bestand der Schwannschen Zeitung gefährdet war, wurde jener als gleichberechtigter Teilhaber a u f g e n o m m e n . Erst 1848 gelang es, das alleinige Verlagsrecht der Zeitung zurückzuerhalten. S. war der Vater von Franz —>S. S c h w a n n , Mathieu (Franz Josef), eigentl. Matthias S., Archivar, Schriftsteller, * 2 2 . 6 . 1859 Godesberg (heute zu Bonn), t 2 1 . 5 . 1 9 3 9 Bergisch Gladbach. Nach einer Apothekerlehre studierte S., Sohn eines Arztes und Sanitätsrats, Gesang an den Konservatorien in Köln und München, nach einem Stimmbandriß Philosophie, Germanistik, Geschichte und Archivkunde in Bonn, München und Heidelberg, wo er 1887 promoviert wurde. Danach war er in Berlin, F r a n k f u r t / M a i n , Bad Soden, L a u b e n h e i m / R h e i n und in Weiden bei Köln sowie in Zürich publizistisch tätig. Seit 1903 bearbeitete er die Akten der Kölner Handelskammer, die ihn 1906 mit der Einrichtung des „Rheinischwestfälischen Wirtschaftsarchivs" in Köln beauftragte, das er bis 1919 leitete. S. war Herausgeber der Schriften zur rheinisch-westfälischen Wirtschaftsgeschichte (1910ff.) und schrieb u. a. den autobiographischen R o m a n Heinrich Emanuel. Die Geschichte einer Jugend (1895). CD N D B
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Schwann Schwann,
T h e o d o r (Ambrose Hubert), Physiologe, Anatom, Naturforscher, * 7 . 1 2 . 1810 Neuss, f 11. 1.1882 Köln. Nach d e m Abitur in Köln studierte der Sohn eines Neusser Goldschmieds in Bonn, Würzburg und Berlin Medizin und Naturwissenschaften, Mathematik und Philosophie. In Wiirzburg war er Hörer Johann Lukas Schönleins, der am Juliusspital, einer der damals größten deutschen Kliniken, die „Naturhistorische Schule" vertrat. Sein entscheidender akademischer Lehrer wurde in Bonn der Physiologie Johannes —> Müller. 1834 wurde S. bei Müller, d e m er 1833 nach Berlin gefolgt war, mit einer tierexperimentellen Arbeit promoviert (De necessitate aeris atmospherici ad evolutionem pulli in ovo incubato). Als Assistent am Berliner Anatomischen M u s e u m führte er in den folgenden Jahren bahnbrechende anatomische und physiologische Untersuchungen durch. Bereits 1836 berichtete er auf der Versammlung der Deutschen Naturforscher und Ärzte in Jena über die Entdeckung des Pepsins im Magensaft. 1839 wurde S. als Nachfolger Karl Joseph Windischmanns Lehrstuhlinhaber f ü r Anatomie an der kath. Univ. L ö w e n . Von 1848 bis 1880 lehrte er dieses Fach an der belgischen Staatsuniversität Lüttich (seit 1858 als Prof. der „Physiologie, allgemeinen Anatomie und Embryologie"). Berufungsverhandlungen mit den Universitäten Breslau (1852), München (1854), Würzburg (1854) und Gießen (1856) scheiterten. Während eines Weihnachtsbesuchs in Köln erlag S. im Januar 1882 einem Schlaganfall. S.s wissenschaftlicher R u h m beruhte auf dem Nachweis der grundsätzlichen morphologischen und physiologischen Ähnlichkeiten von Tier- und Pflanzenzellen. Weltbekannt wurden seine Mikroskopischen Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Structur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen (1839), d e m die Forschungsergebnisse Matthias —» Schleidens zugrundelagen, der 1838 nachgewiesen hatte (Beiträge zur Phylogenese), daß alle Pflanzen aus Zellen bestehen. S.s streng naturwissenschaftliche Methodik - u . a . auch in der Embryologie - machte ihn zu einem wichtigen Inspirator bedeutender Müller-Schüler wie Ernst Wilhelm —»Brücke, Hermann von —» H e i m h o l t / und Emil —»du Bois-Reymond, die seine Theorien weiterentwickelten. S. war nicht der Entdecker der tierischen Zelle, doch etablierte er diesen Begriff endgültig in der physiologischen und anatomischen Forschung, indem er Schleidens Erkenntnisse systematisch auf die Tierwelt und den Menschen übertrug. Die Zellgenese leitete er irrtümlich aus einem Kristallisationsprozeß im Zellenzwischenraum (Blastem) ab und wurde in diesem Punkt wenige Jahre später von Robert —> Remak und Rudolf —»Virchow korrigiert. Von der Zelltheorie abgesehen, gewann S. auch als Erstbeschreiber u . a . der Tomesschen Zahnfasern, der Kerne der glatten und quergestreiften Muskulatur, der nach ihm benannten, wenn auch erstmals von Georg —> Prochäska gesehenen Nervenfaserscheide oder der Gallenfunktion (die er durch Fistelversuche nachweisen konnte) Bedeutung. Z u d e m glänzte er durch Erfindungen (ζ. B. eines Atemgeräts für Bergleute). S„ der sehr religiös erzogen war (und nach d e m Wunsch seiner Eltern ursprünglich Theologie studieren sollte), war nach seinem Weggang von Berlin (1839) auch mystischen Spekulationen zugeneigt. LITERATUR: Martin Heidenhain: Schleiden, S. und die Gewebelehre. in: Sitzungs-Berichte der Physikalisch-medicinischen Gesellschaft zu Würzburg, 1899, S. 16-36. - Waldeyer: S., T. In: Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker. Hrsg. v. August Hirsch. Bd. 5, B e r l i n / W i e n , 2 1934, S. 173-175. - Rembert Watermann: T. S. Leben und Werk. Düsseldorf 1960. - Christoph Gradmann: S., Τ. Α. H. In: Ärztelexikon. Hrsg. v.
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Wolfgang U. Eckart/Christoph Gradmann. M ü n c h e n 1995, S. 324-325. - Ilse Jahn (Hrsg.): Klassische Schriften zur Zellenlehre. F r a n k f u r t / M a i n 2 2003. Klaus Bergdoit
Schwanneke,
Ellen, auch Schwannecke, Schauspielerin, Kabarettistin, Sängerin, * 11.8. 1907 Berlin, t 17.6. 1972 Zürich. Die Tochter eines Schauspielers und Intendanten volontierte an den M ü n c h n e r Kammerspielen, trat zunächst bei Wanderbühnen auf und erhielt das erste Engagement in Hamburg. Bekannt wurde S. als Kabarettistin und Chansonsängerin in Berlin, u. a. am „Tingel-Tangel-Theater", in der „NelsonRevue", im „Kabarett der Komiker" und im „Kabarett für Alle". 1931 wirkte sie im Filmklassiker Mädchen in Uniform (Regie: Leontine Sagan) mit. 1937 emigrierte sie nach Wien, 1939 über die Schweiz in die U S A , wo sie weiter als Film- und Theaterschauspielerin tätig war. 1943 wirkte sie u . a . beim New Yorker Exil-Kabarett „Die A r c h e " mit. S. erhielt 1944 die amerikanische Staatsbürgerschaft und ließ sich 1947 in der Schweiz nieder. CD N D B
Schwantes,
Gustav (Martin Heinrich), Prähistoriker, Botaniker, * 1 8 . 9 . 1 8 8 1 Bleckede (Kr. Lüneburg), t 17. 11. 1960 Hamburg. S., Sohn eines Privatlehrers, wuchs seit 1889 in Hamburg auf, besuchte seit 1903 das dortige Lehrerseminar und war dann bis 1923 als Volksschullehrer tätig. Durch Ausgrabungen auf Urnenfriedhöfen in der Uelze-Region seit 1897 gelangte er zu der Ansicht, daß es bereits vor d e m keltischen Einfluß eine Periode in der norddeutschen Eisenzeit gegeben habe, und veröffentlichte 1904 die Ergebnisse seiner Ausgrabungen auf dem Urnenfriedhof von Jastorf (.Jastorf-Kultur"). 1914 entdeckte er in Fuhlsbüttel einen mesolithischen Fundplatz. Er studierte seit 1919 Völkerkunde, Geologie und Botanik an der Univ. Hamburg und wurde nach der Promotion 1923 (Die Bedeutung der LyngbyZivilisation für die Gliederung der Steinzeit) Mitarbeiter am dortigen M u s e u m für Völkerkunde (seit 1926 Kustos). Nach der Habilitation (1928) erster Dozent für Vor- und Frühgeschichte an der Univ. Hamburg, ging S. 1929 nach Kiel, wo er bis 1938 die Leitung des M u s e u m s vaterländischer Altertümer wahrnahm. Er war dort zudem Dozent für Vorgeschichte, seit 1931 als a. o. und 1937-46 o . P r o f . für Urund Frühgeschichte an der Universität. Seit 1937 war er Mitglied der N S D A P . 1939 wurde er in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . S. beschäftigte sich mit vorrömischer Eisen- und der beginnenden römischen Kaiserzeit, d e m norddeutschen und südskandinavischen Jungpaläolithikum und Mesolithikum, mit Fragen der Ethnogenese der Germanen sowie mit botanischen Themen, darunter mit der Systematik südafrikanischer Sukkulenten; 1924-27 erforschte er das Duvenseer Moor. Er veröffentlichte u . a . Aus Deutschlands Urgeschichte (1921, 7 1952), Führer durch Haithabu (1932, 2 1938) und The cultivation of the mesembryanthemaceae (1954). S.s Erinnerungen Frühe Jahre eines Urgeschichtsforschers (1881-1914) erschienen 1983. Der Briefwechsel mit der Kieler Museumsdirektorin Johanna - » M e s t o r f 1899-1909, der im Prioritätsstreit mit Friedrich Knorr Verwendung fand, wurde unter dem Titel „Hochachtungsvoll ihrer Autorität ergebenster Gustav Schwantes" (2000) von Dagmar Unverhau herausgegeben. •a N D B
Schwantes,
Martin (Paul Albert), Widerstandskämpfer, * 2 0 . 8 . 1904 Dengfurth (Kr. Rastenburg), f 5 . 2 . 1945 Brandenburg-Görden. Nach d e m Besuch des Lehrerseminars in Quedlinburg lebte S., Sohn eines Uhrmachers, zwei Jahre in den U S A und unterrichtete nach seiner Rückkehr 1926 in G o m m e r n und Magdeburg. Seit 1928 war er Mitglied der K P D , für die er
Schwarber auch nach seiner Entlassung aus d e m Schuldienst 1933 weiter tätig war. 1934 zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt und anschließend bis 1941 im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert, beteiligte sich S. nach seiner Entlassung 1942 am A u f b a u einer illegalen K P D - G r u p p e in Magdeburg sowie an der Ausarbeitung von Plänen f ü r die Zeit nach dem Sturz der nationalsozialistischen Regierung. 1944 wurde er verhaftet, zum Tod verurteilt und hingerichtet. DD M B L S c h w a n t h a l e r , (Johann) Franz, Bildhauer, * 1 6 . 8 . 1 6 8 3 Ried im Innkreis, t 3 . 7 . 1 7 6 2 Ried im Innkreis. S. übernahm 1710 die Werkstatt des Vaters T h o m a s —>S. Er schuf nach 1717 eine Petrusfigur für den Hochaltar in Peterskirchen, außerdem ein undatiertes Gott-Vater-Bild am großen Gnadenstuhl des Altars der Brünndlkapelle in Pötting. S. löste sich dabei allmählich vom Einfluß des Vaters und fand zu einem eigenen Stil. Er war der Vater von Johann Peter —> S. d. Ä. S c h w a n t h a l e r , Franz (Jacob), Bildhauer, * 2 . 8 . 1760 Ried im Innkreis, t 4. 12. 1820 München. Der Sohn von Johann Peter —>S. d . Ä . eröffnete nach seiner Ausbildung in Ried, G m u n d e n , Salzburg, München, wo er an der Dekorationen des Hofbibliothekssaals mitarbeitete, und Augsburg 1785 mit seinem Bruder Franz Anton —>S. ein eigenes Atelier in M ü n c h e n . Zunächst im Stil des Rokoko arbeitend, wandte er sich d e m Klassizismus zu, dem er in München nach schweren Auseinandersetzungen zum Durchbruch verhalf. S. gestaltete vor allem Grabmonumente, u . a . für die Grafen von Törring, schuf aber auch Modelle für die Porzellanmanufaktur in N y m p h e n b u r g und führte ornamentale Arbeiten in der M ü n c h n e r Residenz aus. Als eines seiner gelungensten Werke gilt die Figur des Genius, die er 1803 für den Eingang zum Englischen Garten in München schuf. S. war der Vater von Ludwig von —>S. CD N D B S c h w a n t h a l e r , Franz Anton, Bildhauer, * 10.5. 1767 Ried im Innkreis, t 2 4 . 8 . 1833 München. Der Urenkel T h o m a s - ^ S . s lernte vermutlich bei seinem Vater Johann Peter —>S. d. Ä. und führte seit 1785 mit seinem Bruder Franz —> S. die Münchner Werkstatt der Schwanthalerfamilie. Ein mit „Franz Schwanthaler 1821" bezeichnetes Epitaph in Loiching bei Dingolfing ist das einzige Werk, das ihm zugeschrieben wird. S c h w a n t h a l e r , Franz Xaver, Bildhauer, * 16.11. 1799 Ried im Innkreis, t 2 4 . 9 . 1854 München. Der Sohn Johann Peter S.s d. J. wurde nach der Ausbildung in der väterlichen Werkstatt Mitarbeiter seines Onkels Franz —>S. in M ü n c h e n . Nach dessen Tod unterstützte er seinen Vetter L u d w i g von —>S. in der Führung der großen Werkstatt. S. war Prof. für Modellieren an der kgl. Kreisgewerbeund an der Baugewerbeschule. Er schuf einen Großteil der Modelle für die Ornamente des Hoftheaters, verschiedene Statuetten sowie mehrere Kolossalbüsten (u.a. Kaiser - > Friedrich II., - > K a r l V. und Mozart) f ü r die Walhalla. Nach dem Tod von Ludwig von S. vollendete er den Giebelschmuck und die Reliefs f ü r die M ü n c h n e r Propyläen. m Th-B S c h w a n t h a l e r , Johann Peter d . Ä . , Bildhauer, * 2 0 . 6 . 1720 Ried im Innkreis, t 2 0 . 7 . 1795 Ried im Innkreis. S. war ein Sohn (Johann) Franz —>S.s, von d e m er vermutlich ausgebildet wurde und dessen Werkstatt in Ried er 1759 übernahm; im selben Jahr erhielt er das Bürgerrecht. Seine Arbeiten sind u. a. in der Pfarrkirche Hohenzell und in der Pfarrkirche Ried nachweisbar; 1789 schuf er Figuren für den Aspacher Kreuzaltar. S. war der Vater von Franz (Jacob) und Franz Anton - > S . CD N D B
S c h w a n t h a l e r , L u d w i g (Michael) von, Bildhauer, Zeichner, * 2 6 . 8 . 1802 München, f 14. 11.1848 München. Der Sohn von Franz (Jacob) —»S. arbeitete während des Studiums 1819-22 an der Münchner Akadamie in der seit 1820 von seinem Onkel Franz Anton —»S. geführten Werkstatt mit, deren Leitung später er, dann sein Vetter Franz Xaver —>S. innehatte und die seine zahlreichen Entwürfe realisierte. Nach zwei von König —»Ludwig I. finanzierten Studienaufenthalten in R o m ( 1 8 2 6 / 2 7 , 1832-34), wo er Schüler von Bertel Thorvaldsen war, wirkte er seit 1835 als Prof. f ü r Bildhauerei an der M ü n c h n e r Akademie. S., der 1844 den bayerischen Personaladel erhielt, gilt als der bedeutendste Bildhauer des M ü n c h n e r Klassizismus. Neben seinem Hauptwerk, dem volkstümlichen Standbild der Bavaria (1837-48), schuf er monumental-dekorative Arbeiten, u . a . Reliefs (1826-43) f ü r den Königsbau der M ü n c h n e r Residenz, die Gruppe der Hermannsschlacht (1832-41) für den Nordgiebel der Walhalla bei Regensburg sowie mehrere Denk- und Grabmäler ( u . a . Mozart-Denkmal in Salzburg, 1842). DP N D B S c h w a n t h a l e r , Thomas, urspr. Schwabenthaler, österr. Bildhauer, * 5 . 6 . 1 6 3 4 Ried im Innkreis, t 13.2. 1707 Ried im Innkreis. Der erste bedeutende Meister der Bildhauerfamilie S. übernahm 1656 die Leitung der väterlichen Werkstatt in Ried, wo er 1667 das Bürgerrecht erhielt. Seit den sechziger Jahren nannte er sich „Schwanthaler". Er schuf vor allem farbig gefaßte Holzplastiken religiösen Inhalts für Kirchenausstattungen, aber auch Elfenbein- und Steinarbeiten. Als S.s Hauptwerk gilt der Doppelaltar in St. Wolfgang ( 1 6 7 5 / 7 6 ) . Seine in barockem Stil ausgeführten Arbeiten sind teilweise noch der spätgotischen Tradition verpflichtet. S. war der Vater von (Johann) Franz - > S . CD N D B S c h w a n z e r , Karl, österr. Architekt, * 2 1 . 5 . 1 9 1 8 Wien, t 2 0 . 8 . 1975 Wien. Nach dem Architekturstudium 1936-40 an der T H Wien (Promotion 1942) und der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg war S., Sohn eines Beamten, 1946-50 als Assistent an der Akademie für angewandte Kunst tätig. Seit 1951 u . a . als Architekt und Gestalter von Ausstellungen und Messebauten bekannt, wurde er 1959 Prof. und Vorstand des Instituts für Gebäudelehre und Entwerfen an der T H Wien. Gastprofessuren führten ihn u . a . nach Dortmund, Budapest, D a r m stadt und Riad (Saudi-Arabien), w o er den Generalplan für die Univ. erarbeitete. S. entwarf den Österreich-Pavillon für die Brüsseler Weltausstellung 1958, der 1962 als M u s e u m des 20. Jahrhunderts in Wien eröffnet wurde. Internationale Geltung verschafften ihm auch seine Entwürfe f ü r die B M W Zentrale und das B M W - M u s e u m in München (1970-72). In Wien gestaltete S. mehrere Groß- und Sakralbauten, darunter den Neuen Gruftraum ( 1 9 5 9 / 6 0 ) der Kapuzinergruft und das Verwaltungsgebäude von Philips (1966). S. war Mitglied der Secession. Er schrieb u . a . die Autobiographie Architektur aus Leidenschaft (1973). S. wurde u . a . mit d e m Großen österreichischen Staatspreis (1975, postum) ausgezeichnet. CD N D B S c h w a r b e r , Karl, schweizer. Bibliothekar, * 22. 11. 1889 Basel, t 2 6 . 7 . 1950 Basel. Nach d e m Studium der Geschichte an der Univ. Basel, das er 1920 mit der Promotion abschloß, trat S. als Volontär in die Universitätsbibliothek Basel ein. Seit 1935 war er Direktor der seinerzeit größten schweizer. Bibliothek. S. initiierte 1938 den Basler Drucker- und Verlegerkatalog und regte die Herausgabe bedeutender Handschriften wie der Amerbach-Korrespondenz an. Er war Vorstandsmitglied der Vereinigung schweizerischer Bibliothekare und gehörte der Aufsichtskommission der Schweizer Landesbibliothek sowie
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Schwartz dem Stiftungsrat der Schweizer Volksbibliothek an. Ferner engagierte er sich in Fachkommissionen der Internationalen Föderation der Bibliothekarenvereinigung und in der schweizer. U N E S C O - K o m m i s s i o n .
Schwartz,
Anton Maria, österr. kath. Theologe, * 2 8 . 2 . 1852 Baden (Niederösterreich), f 15.9. 1929 Wien. Der 1877 zum Priester geweihte S. widmete sich in der Seelsorge in erster Linie den Arbeitern, insbesondere den Lehrlingen. Er gründete den kath. Lehrlingsverein Fünfhaus (1882) und das Lehrlingsinstitut Calasantinum (1886), aus dem 1889 der Orden Kongregation der f r o m m e n Arbeiter vom hl. Joseph Calasanz hervorging. Die von ihm begründete Zeitschrift „Das christliche H a n d w e r k " wurde nach seinem Tod unter d e m Titel „Kalasanz-Blätter" fortgeführt. S. war auch um die sozialrechtliche und wirtschaftliche Unterstützung der Lehrlinge bemüht; er setzte sich f ü r den freien Sonntag in den Gewerbeschulen, die Einführung eines Lehrlingsurlaubs und des Acht-Stunden-Tags ein.
tri BBKL
Schwartz,
Christian Friedrich, luth. Missionar, * 8. 10. 1726 Sonnenburg bei Küstrin, t 13.2. 1798 Tanjore (Südindien). S. studierte Theologie an der Univ. Halle, w o er vom Pietismus nachhaltig geprägt wurde. 1750-98 war er einer der bedeutendsten Missionare der Dänisch-Hallischen Mission in Südindien, zunächst in der dänischen Kolonie Trankebar, seit 1762 in Trichinopoly und seit 1772 in Tanjore. Seit 1767 stand er im Dienst der englischen Society for the Propagation of the Gospel in Foreign Parts. Er gewann das Vertrauen der einheimischen Fürsten und der Briten, die ihn als Friedensvermittler zu dem mit den Franzosen verbündeten Usurpator Haidar Ali sandten. S. war ein Förderer der EinheimischenKirche. • • BBKL S c h w a r t z , Eduard, Klassischer Philologe, * 2 2 . 8 . 1 8 5 8 Kiel, t 13.2. 1940 München. S., Sohn eines Gynäkologen, studierte seit 1875 Klassische Philologie in Göttingen, Bonn, Berlin und Greifswald, wurde 1880 in B o n n promoviert und habilitierte sich nach ausgedehnten Studienreisen 1884. 1887 wurde er Ordinarius für Klassische Philologie in Rostock, 1893 in Gießen, 1887 in Straßburg, 1902 in Göttingen, 1909 in Freiburg/ Breisgau, 1914 in Straßburg ( 1 9 1 5 / 1 6 Rektor) und 1919 in München; 1929 wurde er emeritiert. S. gilt neben Theodor —»Mommsen und Ulrich von —»Wilamowitz-Moellendorff als einer der wichtigsten deutschen Altertumsforscher seiner Zeit; er galt insbesondere als Kenner der antiken Mythographie und als herausragender Handschriftenforscher. Bahnbrechend waren u. a. seine Editionen der Kirchengeschichte des Eusebius (3 Bde., 1903-09, revidiert 1914, 5 1952) und der Acta conciliorum oecumenicorum (4 Bde., 1914-40). Von seinen die Literatur der ganzen griechisch-römischen Antike behandelnden Werken sind Das Geschichtswerk des Thukydides (1919, 2 1929, Nachdr. 1960), Fünf Vorträge über den griechischen Roman (1896, 2 1943) und Charakterköpfe aus der antiken Literatur (1903; erw. unter d e m Titel Charakterköpfe aus der Antike, 4 1952) hervorzuheben. DP Killy
Schwartz,
Oskar, Psychiater, * 1 9 . 1 . 1 8 2 3 Köln, t 2 2 . 9 . 1916 Köln. Nach dem Studium der Medizin in Göttingen, Berlin, Prag und Wien, das er 1845 mit der Promotion abschloß {De morbis epidemiis), war S. seit 1846 praktischer Arzt in Plettenburg und Isselburg. 1850/51 wirkte er als zweiter Arzt in der Provinzial-Irrenanstalt in Marsberg, danach als Kreisphysikus in Altena, leitete seit 1855 die Irrenabteilung des Fürst-Karl-Landesspitals in Sigmaringen und wurde 1871 an die kgl. Regierung in Köln versetzt. S. veröffentlichte u . a . Beiträge zur Fortbildung des öffentlichen Irrenwesens der
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Provinz Westfalen (1852) und Sechzig Jahre ärztlicher, amtlicher und schriftstellerischer Tätigkeit (1846-1907) (1907). c n Kreuter
Schwartz,
Philipp, Pathologe, * 1 9 . 7 . 1 8 9 4 Werschetz (Ungarn), f 1.12. 1977 Fort Lauderdale (Florida, USA). S., Sohn eines Geschäftsmanns, studierte seit 1912 Medizin in Budapest, w o er 1919 promoviert wurde. 1919 emigrierte er aufgrund der politischen Verhältnisse in Ungarn nach Deutschland und wurde Assistent am Pathologischen Institut der Univ. F r a n k f u r t / M a i n . Er habilitierte sich dort 1923 für allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie (Traumatische Schädigung des Neugeborenengehirns bei der Geburt), wurde im selben Jahr Privatdozent und 1927 a. o. Prof. der Pathologie. 1933 emigrierte er über die Schweiz, w o er in Zürich die Gründung der „Notgemeinschaft deutschsprachiger Wissenschaftler" im Ausland anregte, in die Türkei und war bis 1953 o . P r o f . der Pathologie und der pathologischen Anatomie sowie Direktor des Pathologischen Instituts in Istanbul. Er war außerdem mit der Neuorganisation der Universität beauftragt. 1953 ging er in die U S A und war als Pathologe am Warren State Hospital in Pennsylvania tätig, seit 1967 als Direktor des Forschungsinstituts f ü r Geriatrie. S. beschäftigte u. a. mit d e m Krankheitsverlauf der Tuberkulose, Immunitätsforschung und Geburtsschäden bei Säuglingen. Er veröffentlichte u. a. Die Arten der Schlaganfälle des Gehirns und ihre Entstehung (1930), Empfindlichkeit und Schwindsucht (1935), Die automatische, endogene, lymphadenobronchogene Reinfektion in der Initialperiode der Tuberkulose (1948) und Entzündung, Entzündungsbereitschaft und Immunität (1953). Cd H e u e r / W o l f
Schwartz,
Rudolf, Musikwissenschaftler, Bibliothekar, * 2 0 . 1 . 1859 Berlin, t 2 7 . 4 . 1935 H a l l e / S a a l e . Nach dem Studium der Musikwissenschaften in Berlin und Leipzig, wo er 1887 promoviert wurde, leitete S. bis 1897 die Greifswalder akademische Liedertafel. Anschließend nach Leipzig zurückgekehrt, trat er 1901 die Nachfolge Emil —> Vogels als Bibliothekar der Musikbibliothek Peters und Herausgeber von deren Jahrbuch an. S. redigierte die Neuauflage des Katalogs der Musikbibliothek Peters und verfaßte mehrere Studien für die „Vierteljahresschrift für Musikwissenschaft". Ferner schrieb er Konzertkritiken und veröffentlichte Lehrbücher für Gesang. 1907 wurde er zum Kgl. Preußischen Professor ernannt. S. veröffentlichte u . a . Die Musik des 19. Jahrhunderts. Ein historischer Überblick (1900). OP Habermann 1
Schwartz,
Stefan, österr. Bildhauer, Medailleur, * 2 0 . 8 . 1851 Neutra (Ungarn), t 3 1 . 7 . 1 9 2 4 R a a b s / T h a y a (Niederösterreich). S. studierte an der Wiener Kunstgewerbeschule, an der er seit 1876 unterrichtete. 1884 wurde er zum Prof. ernannt. In Wien schuf er u . a . die Friedrich-Graf-Schönborn-Herme für das Parlament, mehrere Ritterstatuen für die Neue Burg und das Grabdenkmal für Rudolf von —> Eitelberger-Edelberg auf dem Zentralfriedhof. S. war auch als Medailleur tätig.
Schwartze,
Hermann, Otologe, * 7 . 9 . 1837 Neuhof (Pommern), t 2 0 . 8 . 1910 Sanatorium Tannenfeld bei Ronneburg. S., Sohn eines Gutsbesitzers, studierte Medizin an den Universitäten Berlin und Würzburg, wurde 1859 promoviert (De remediorum purgantium effectu physiologico eorumque indicationibus) und habilitierte sich nach seiner Assistenzzeit am Pathologisch-Anatomischen Institut Würzburg 1863 in Halle für Ohrenheilkunde (Observationes quaedam de otologia practica). Seit 1868 a. o. Prof., wurde er 1884 zum Direktor der Universitäts-Ohrenklinik Halle und 1896 zum o. Honorarprofessor ernannt. 1886 erfolgte die Wahl in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. 1903 über-
Schwarz nahm er als erster Ohrenarzt in Deutschland ein Ordinariat. S. gehörte zu den Begründern der Ohrenheilkunde; er förderte die pathologische Anatomie des Gehörorgans und die operative Behandlung der Ohrenkrankheiten, besonders die Parazentese des Trommelfells und die operative Eröffnung des Warzenfortsatzes bei eiterigen Entzündungen des Mittelohrs. Er schrieb u. a. Praktische Beiträge zur Ohrenheilkunde (1864), Die Paracentese des Trommelfells (1868) und Lehrbuch der chirurgischen Krankheiten des Ohres (1885). Er war Mitherausgeber des Handbuchs der Ohrenheilkunde (2 Bde., 1 8 9 2 / 9 3 ) und redigierte seit 1872 das 1864 von ihm, A d a m —> Politzer und Anton Friedrich von —»Troeltsch gegründete „Archiv f ü r Ohrenheilkunde". DD Cat Prof Hai
Schwartzkopff,
Louis (Victor Robert), Industrieller, * 5 . 6 . 1825 Magdeburg, t 7 . 3 . 1892 Berlin. Nach dem Studium am Beuthschen Gewerbeinstitut in Berlin war S., Sohn eines Holzhändlers und Gastwirts, bei August —>Borsig sowie als Maschinenmeister bei der MagdeburgWittenberger Eisenbahn tätig. 1852 gründete er die Firma Schwartzkopff & Nitsche, die spätere Eisengießerei und Maschinen-Fabrik von L. Schwartzkopff in Berlin (seit 1870 Berliner Maschinenbau A G vorm. L. Schwartzkopff); S. war bis 1888 deren Generaldirektor, danach Vorsitzender des Aufsichtsrats. Zunächst vor allem im Kunstguß tätig, wandte sich S. bald dem Maschinenbau zu und begann um 1860 mit der Herstellung von Eisenbahnmaterial für den Streckenund Bahnhofsbau. Er war Vorsitzender des LokomotivVerbandes, Präsident des Centraiverbandes deutscher Industrieller und wurde 1884 Mitglied des preuß. Staatsrats. CD
NDB
Schwartzkopff,
Philipp, Verwaltungsbeamter, * 2 1 . 1 0 . 1858 Magdeburg, t 3 0 . 5 . 1 9 1 4 Köbnitz (Kr. Bomst, Posen). Der Sohn eines Brennstoffegroßhändlers und N e f f e von Louis —>S. studierte seit 1876 in Leipzig und Berlin Jura, wurde 1883 Regierungsreferendar und arbeitete seit 1887 im preuß. Kultusministerium, seit 1895 als Referent; 1899 wurde S. Direktor der Geistlichen Abteilung und 1910 Unterstaatssekretär. Als Leiter der Volksschulabteilung seit 1902 brachte er das jahrelang u m k ä m p f t e Volksschulunterhaltungsgesetz von 1906 durch den Landtag. Seit 1911 war S. Oberpräsident von Posen.
Schwarz,
Abraham, Jurist, * 7. 8 . 1 5 6 2 Altdorf im Schönbuch (bei Böblingen, Württemberg), f 1. 10. 1638 Stuttgart. Der Pastorensohn studierte Philosophie und Geisteswissenschaften in Tübingen, erwarb 1581 den Grad eines Baccalaureus, 1582 den eines Magisters und betreute anschließend j u n g e Adelige auf Kavalierstouren durch Europa. In Straßburg und Basel studierte S. die Rechte und wurde 1587 zum Dr. jur. promoviert. Er trat in österr. Dienste und war 1587-1600 Rat und Konsulent der Landstände von Österreich ob der Enns in Linz. 1587 war er Advokat und Prokurator am Gericht, 1588 Professor an der Landschaftsschule. 1600 wechselte S. an den Hof des Pfalzgrafen —> Philipp L u d w i g nach N e u b u r g / D o n a u und kehrte 1608 als Ständischer Advokat nach Linz zurück. Infolge der Gegenreformation ließ sich S. 1626 endgültig in Württemberg nieder, wo er 1627 württembergischer Rat, Oberrat und Hofgerichtsbeisitzer in Tübingen wurde. S. trat als Verfasser einer 1616 von den Landständen verabschiedeten Landtafel des Erzherzogtums Österreich ob der Enns hervor, die eine wesentliche Quelle des Gewohnheitsrechts darstellte und bis ins 18. Jh. in der Praxis einem Gesetz gleichkam. CD N D B
Schwarz,
Adolf (Arye), österr. jüdischer Theologe, * 15.7. 1846 Tevel (Ungarn), t 1 3 . 2 . 1 9 3 1 Wien. Nach d e m Studium der Philosophie an den Universitäten Wien und Breslau und d e m Besuch des Jüdisch-Theologischen Seminars in Breslau wurde S „ Sohn eines Rabbiners, 1874 Stadt- und Konferenzrabbiner in Karlsruhe. 1893 ging er als Gründungsrektor an die Wiener Theologische Lehranstalt, die er mehr als drei Jahrzehnte leitete. S. widmete sich theologischen, homiletischen und philosophischen Studien, beschäftigte sich insbesondere mit der klassischen Talmudliteratur und veröffentlichte u. a. Die Tosifta der Ordnung Moed in ihrem Verhältnisse zur Mischna kritisch untersucht (2 Tie., 1879-92), Der hermeneutische Syllogismus in der talmudischen Literatur (1901) und Die hermeneutische Induktion in der talmudischen Literatur (1909). Er war der Vater von A r t h u r - > S . CD N D B
Schwarz,
Arthur (Zacharias), jüdischer Theologe, Literaturwissenschaftler, * 4 . 2 . 1 8 8 0 Karlsruhe, t 16.2. 1939 Jerusalem. Nach d e m Studium an der Univ. Wien und d e m Besuch der dortigen Israelitisch-Theologischen Lehranstalt wirkte S., Sohn von Adolf —»S., als Rabbiner in Wien. Er schrieb regelmäßig f ü r „Die Welt", das offizielle Organ der zionistischen Bewegung, und veröffentlichte mehrere Kataloge hebräischer Handschriften (u. a. Die hebräischen Handschriften der Nationalbibliothek in Wien, 1925). Nach dem „Anschluß" Österreichs 1938 wurde er verhaftet, konnte aber nach schweren Mißhandlungen durch die Gestapo 1939 nach Palästina emigrieren, wo er wenig später starb. OD B H d E , Bd 2
Schwarz,
Bernhard Wilhelm, evang. Theologe, Forschungsreisender, Schriftsteller, * 1 2 . 8 . 1 8 4 4 Reinsdorf bei Greiz (Vogtland), t 8 . 2 . 1901 Wiesbaden. Nach dem Studium der evang. Theologie wirkte S. seit 1876 als Pfarrer in Freiberg. Er unternahm Reisen durch ganz Europa und Nordafrika, über die er in mehreren Büchern berichtete. Seit 1880 lehrte er Geographie an der Bergakademie Freiberg. Im Auftrag des Auswärtigen Amtes führte S. 1885 eine Expedition durch das Hinterland von Kamerun. 1888 begleitete er Goldsucher auf dem Weg von Kapstadt nach Damaraland. 1890 übernahm er wieder ein Pfarramt in Gefrees (Oberfranken), gründete die „Touristenzeitung für das nördliche B a y e r n " und unternahm 1895 eine große Sibirienreise. In Coburg errichtete er das „Deutschkoloniale Reisebureau". S. veröffentlichte u . a . Aus dem Osten. Reiseberichte aus Ungarn, Siebenbürgen, der Walachei etc. (1876), Algerien nach 50 Jahren französischer Herrschaft (1881), Kamerun (1886, 2 1888), Im deutschen Goldlande (1889), Quer durch Sibirien (1898) sowie den Missionsroman Mimbo und Mimba (1888). CD D L L
Schwarz,
Berthold
-»Berthold
Schwarz
Schwarz,
Christoph, auch Schwartz, Maler, * 1545 oder 1548 München, t 1 5 . 4 . 1 5 9 2 München. S., Sohn eines Goldschmieds, wurde von Johann Melchior —>Bocksberger ausgebildet, erhielt 1569 den Meisterbrief und hielt sich 1570-73 in Venedig und Padua auf. Zurück in München, wurde er Stadtmaler und 1574 Hofmaler. S. war einer der Wegbereiter der italienischen Hochrenaissance in Süddeutschland. Seine nicht nur der venezianischen Malerei, sondern auch der heimischen Tradition der Donauschule verbundene Kunst leitete zum Frühbarock über. Als sein Hauptwerk gilt der von Raffael und Tintoretto beeinflußte Hauptaltar mit d e m Sturz Luzifers in der Michaelskirche (1587-89) in M ü n c h e n S. gestaltete auch Altarbilder und Fresken für München. Augsburg und Landshut. CD N D B
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Schwarz S c h w a r z , D a v i d , L u f t s c h i f f k o n s t r u k t e u r , * 20. 12. 1850 Zalaegerszeg (Ungarn), t 1 3 . 1 . 1 8 9 7 Wien. Von B e r u f H o l z h ä n d e r , konstruierte S., S o h n eines H a n d e l s m a n n s , nach a u t o d i d a k t i s c h e r A u s b i l d u n g 1892-94 in St. P e t e r s b u r g d a s erste starre L u f t s c h i f f aus A l u m i n i u m mit G a s f ü l l u n g , d a s w e g e n u n d i c h t e r H ü l l e j e d o c h nicht abh e b e n konnte, und 1 8 9 5 / 9 6 ein lenkbares L u f t s c h i f f m i t A l u m i n i u m g i t t e r und - h ü l l e und M o t o r a n t r i e b . S. starb j e d o c h v o r der P r o b e f a h r t , d i e a m 3. 11. 1897 auf d e m T e m p e l h o f e r F l u g f e l d d i e F l u g f ä h i g k e i t und Steuerbarkeit seiner K o n s t r u k t i o n n a c h w i e s . S . ' Patente und P l ä n e w u r d e n 1898 von Graf F e r d i n a n d von —>Zeppelin e r w o r b e n . DP N D B S c h w a r z , Dietrich W ( a l o ) H ( e r m a n n ) , s c h w e i z e r . K u l t u r historiker, * 2 . 6 . 1913 Z ü r i c h , t 7 . 7 . 2 0 0 0 Z ü r i c h . S., S o h n eines Richters, studierte seit 1932 G e s c h i c h t e und K u n s t g e s c h i c h t e an der U n i v . Zürich, u . a . bei K o n r a d —»Escher, E r n s t —>Gagliardi und Heinrich —>Wölfflin, und an der U n i v . W i e n ; dort zählten H a n s —»Hirsch, Julius von —> S c h l o s s e r und Heinrich von —>Srbik zu seinen L e h r e r n . In Zürich w u r d e S. 1939 mit der Dissertation Münzund Geldgeschichte Zürichs im Mittelalter p r o m o v i e r t . Seit 1943 K o n s e r v a t o r a m S c h w e i z e r i s c h e n L a n d e s m u s e u m in Z ü r i c h und Leiter d e s M ü n z k a b i n e t t s , habilitierte er sich im selben J a h r mit einer k o m m e n t i e r t e n E d i t i o n der S t a t u t e n b ü c h e r des Z ü r c h e r G r o ß m ü n s t e r s t i f t e s f ü r H i s t o r i s c h e H i l f s w i s s e n s c h a f t e n . 1961 w u r d e er Vizedirektor d e s L a n d e s m u s e u m s , n a h m 1963 einen R u f auf d a s Extraordinariat f ü r Historis c h e H i l f s w i s s e n s c h a f t e n an der U n i v . Zürich an u n d lehrte seit 1969 als o . P r o f . mit E r w e i t e r u n g seiner L e h r b e f u g n i s auf A l l g e m e i n e G e s c h i c h t e d e s Mittelalters u n d K u l t u r g e s c h i c h t e d e s Mittelalters und der N e u z e i t . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Die Kultur der Schweiz ( 1 9 6 7 ) und Sachgüter und Lebensformen. Einführung in die materielle Kulturgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit (1970). Seit 1942 g a b er die „ S c h w e i z e r i s c h e N u m i s m a t i s c h e R u n d s c h a u " heraus. S c h w a r z , ( J o h a n n Karl) E d u a r d , e v a n g . T h e o l o g e , * 2 0 . 6 . 1 8 0 2 H a l l e / S a a l e , t 1 8 . 5 . 1870 Jena. S., S o h n eines F a b r i k a n t e n , studierte seit 1821 T h e o l o g i e und P h i l o l o g i e in Halle, u . a . bei W i l h e l m —>Gesenius und Julius A u g u s t L u d w i g W e g s c h e i d e r . 1825 w u r d e er L e h r e r a m P ä d a g o g i u m U n s e r e r L i e b e n F r a u e n in M a g d e b u r g , 1826 Pfarrer von A l t e n w e d d i g e n , 1829 O b e r p f a r r e r und S u p e r i n tendent in Jena. Z u n ä c h s t H o n o r a r p r o f e s s o r f ü r P r a k t i s c h e T h e o l o g i e , ü b e r n a h m er 1844 d i e o r d e n t l i c h e P r o f e s s u r an der dortigen Universität. 1849 w u r d e er als erster Geistlicher in den n e u g e b i l d e t e n W e i m a r i s c h e n K i r c h e n r a t a u f g e n o m m e n . D e r v o r a l l e m von —> S c h l e i e r m a c h e r b e e i n f l u ß t e S. strebte e i n e t h ü r i n g i s c h e G e s a m t k i r c h e an u n d trat in Wort und Schrift f ü r ein g e m ä ß i g t liberales L u t h e r t u m ein, u. a. als M i t h e r a u s g e b e r ( 1 8 5 4 - 5 7 ) der „Protestantischen Kirchenzeitung f ü r d a s e v a n g e l i s c h e D e u t s c h l a n d " . 1852 g e h ö r t e er zu d e n G r ü n d e r n des Vereins f ü r T h ü r i n g i s c h e G e s c h i c h t e und A l t e r t u m s k u n d e . S., d e r 1865 sein P f a r r a m t a u f g a b , starb durch Selbstmord. CD L e b e n s w e g e T h ü r , 1. Slg. S c h w a r z , E d u a r d , österr. M e d i z i n e r , A n t h r o p o l o g e , F o r s c h u n g s r e i s e n d e r , * 1 3 . 9 . 1831 M i s k o l c z ( U n g a r n ) , t 2 2 . 9 . 1862 W i e n . S., S o h n eines K a u f m a n n s , w u c h s in B u d a p e s t auf, k ä m p f t e 1848 auf Seiten der A u f s t ä n d i s c h e n , studierte in Pest, seit 1851 in W i e n M e d i z i n u n d w u r d e 1856 z u m Dr. m e d . et chir. p r o m o v i e r t . 1857-59 n a h m er als S c h i f f s a r z t an der W e l t u m s e g l u n g der österr. F r e g a t t e „ N o v a r a " teil ( R e i s e der österreichischen Fregatte Novara um die Erde in den Jahren 1857, 1858, 1859 unter dem Befehl des Commodore Β. v. Wiillerstoif-Urbair, 1861). N e b e n d e r Z u s a m m e n s t e l lung der K r a n k e n g e s c h i c h t e n der B e s a t z u n g s m i t g l i e d e r und
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deren A u s w e r t u n g b e s c h ä f t i g t e sich S. z u n e h m e n d mit ant h r o p o l o g i s c h e n A r b e i t e n und n a h m mit H i l f e selbst konstruierter M e ß i n s t r u m e n t e K ö r p e r m e s s u n g e n an E i n g e b o r e nen vor. D i e von i h m g e s a m m e l t e n Materialien, d a r u n t e r 92 Schädelskelette, bildeten den G r u n d s t o c k der a n t h r o p o l o g i s c h e n A b t e i l u n g d e s N a t u r h i s t o r i s c h e n M u s e u m s in Wien. S. k e h r t e s c h w e r t u b e r k u l o s e k r a n k nach Österreich zurück. tn
ÖBL
S c h w a r z , E g b e r t W o l f g a n g , C h i r u r g , * 2 2 . 6 . 1890 K e m m e r n , t 23. 1 2 . 1 9 6 6 E r f u r t . S., S o h n eines N e u r o l o g e n , studierte seit 1910 in Leipzig, F r e i b u r g / B r e i s g a u und R o s t o c k M e d i z i n , w o er 1916 m i t der A r b e i t Uber Geschwulstbildungen an den Geschlechtsdrüsen und Nebennieren bei Scheinzwitter promoviert wurde. Nach der T e i l n a h m e a m Ersten Weltkrieg 1 9 1 7 / 1 8 w a r er an d e r C h i r u r g i s c h e n U n i v e r s i t ä t s k l i n i k in R o s t o c k tätig und habilitierte sich 1921 (Über die anatomischen Vorgänge bei der Sehnenregeneration und dem plastischen Ersatz von Sehnendefekten durch Sehne, Fascie und Bindegewebe). 1926 z u m a . o . P r o f . e r n a n n t , w e c h s e l t e S. 1934 als Direktor der C h i r urgischen Klinik n a c h E r f u r t u n d w a r seit 1939 a u c h Ärztlicher D i r e k t o r des Städtischen K r a n k e n h a u s e s . Seit 1933 w a r er M i t g l i e d der SS, seit 1937 a u c h der N S D A P . D i e G r ü n d u n g der 1954 e r ö f f n e t e n M e d i z i n i s c h e n A k a d e m i e in E r f u r t ist wesentlich m i t s e i n e m N a m e n v e r b u n d e n ; er w a r ihr erster R e k t o r ( B e i t r ä g e zur Geschichte der Universität Erfurt). S. w a r M i t g l i e d zahlreicher A k a d e m i e n , seit 1958 der D e u t s c h e n A k a d e m i e d e r N a t u r f o r s c h e r L e o p o l d i n a . Z u seinen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n g e h ö r e n Chirurgie und Technik (1954) und Die Knochenbrüche, Verrenkungen und ihre Behandlung (1958). CD S B Z / D D R S c h w a r z , Ella ( M e l a n i e ) , P ä d a g o g i n , * 2 1 . 2 . 1869 R e i c h e n b a c h (Vogtland), t 1 3 . 5 . 1962 Berlin. N a c h ihrer A u s b i l d u n g 1895-97 a m K i n d e r g ä r t n e r i n n e n S e m i n a r in Küstrin und a m P e s t a l o z z i - F r ö b e l - H a u s in Berlin ü b e r n a h m S. die L e i t u n g des K i n d e r g ä r t n e r i n n e n - S e m i n a r s d e s F r a n k f u r t e r F r a u e n - B i l d u n g s v e r e i n s . Sie b a u t e das Sem i n a r zu einer v o l l w e r t i g e n A u s b i l d u n g s s t ä t t e aus, erreichte d i e staatliche A n e r k e n n u n g und beteiligte sich an der A u s arbeitung der L e h r p l ä n e . N a c h der Ü b e r n a h m e in die städtische S c h u l v e r w a l t u n g w a r sie bis zur P e n s i o n i e r u n g 1932 Direktorin. S. w a r Vorstandsmitglied des D e u t s c h e n FröbelVerbandes und M i t a r b e i t e r i n der Z e i t s c h r i f t „ D e r Kindergarten". CD Frankf B i o g r S c h w a r z , Ernst, Politiker, * 18. 1. 1886 L a n d s b e r g / Warthe, t 2 9 . 5 . 1958 T w i c k e n h a m ( E n g l a n d ) . S. war nach d e m S t u d i u m an d e n U n i v e r s i t ä t e n G r e n o b l e , B o n n und Berlin als L e h r e r tätig und Schloß sich 1918 der S P D an. 1920 w e c h s e l t e er zur U S P D und d a n n zur K P D . Seit 1922 w a r er Studienrat in Berlin. N a c h seiner Wahl in d e n R e i c h s t a g 1924 Schloß er sich der ultralinken O p position u m A r t h u r —»Rosenberg an u n d geriet d u r c h den mit Karl —»Korsch v e r f a ß t e n Offenen Brief in scharfen Geg e n s a t z zur K o m i n t e r n . 1926 aus der K P D a u s g e s c h l o s s e n , f a n d S. als M i t h e r a u s g e b e r der Z e i t s c h r i f t „ K o m m u n i s t i s c h e P o l i t i k " und Leiter einer g l e i c h n a m i g e n G r u p p e linker T h e o retiker ein neues A g i t a t i o n s f e l d . In seinen R e i c h s t a g s r e d e n w a n d t e er sich g e g e n d i e „ k o n t e r r e v o l u t i o n ä r e " E n t w i c k l u n g in der U d S S R . N a c h der T r e n n u n g von K o r s c h 1926 g a b S. d i e Zeitschrift „ E n t s c h i e d e n e L i n k e " heraus u n d kehrte nach A b l a u f seines R e i c h s t a g s m a n d a t s 1928 w i e d e r in d e n S c h u l d i e n s t zurück. In den f o l g e n d e n J a h r e n distanzierte er sich von der A r b e i t e r b e w e g u n g und e n t w i c k e l t e sich zu ein e m A n h ä n g e r der P a n e u r o p a - B e w e g u n g . 1933 emigrierte er nach F r a n k r e i c h und von dort 1937 in d i e U S A . Seit 1956 lebte er w i e d e r in D e u t s c h l a n d . CD B H d E , B d 1
Schwarz S c h w a r z , Ernst, Germanist, Sprachwissenschaftler, * 19.6. 1895 Haida (Böhmen), f 1 4 . 4 . 1 9 8 3 Buckenhof bei Erlangen. S., Sohn eines Glasraffineurs, studierte seit 1914 Deutsche Sprache und Literatur, Geschichte und Geographie an der Deutschen Univ. Prag und nahm 1915-18 am Ersten Weltkrieg teil. 1920 promoviert (Die Ortsnamen des östlichen Oberösterreich, gedruckt 1926, Nachdr. 1973), wurde er Prof. an der Staatslehrerbildungsanstalt in Komotau und war seit 1921 Prof. an der Handelsakademie in G a b l o n z / N e i ß e . 1923 habilitierte er sich mit der Schrift Zur Namenforschung und Siedlungsgeschichte in den Sudetenländern (Nachdr. 1975) an der Deutschen Univ. Prag und wurde dort 1930 a. o., 1935 o.Prof. für Ältere deutsche Sprache und Literatur sowie Heimatforschung. 1939 trat S. in die N S D A P ein. Nach 1945 lehrte er an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Regensburg, wechselte 1951 an die Univ. Erlangen und war 1954-63 Ordinarius f ü r Germanische und deutsche Philologie. S. befaßte sich vor allem mit Namen- und Siedlungsforschung, germanischer Stammeskunde sowie mit der Sprach- und Siedlungsgeschichte des Sudentenlandes. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Deutsche Namenforschung (2 Bde., 1949/50), Goten, Nordgermanen, Angelsachsen (1951), Sprache und Siedlung in Nordostbayern (1960) und Volkstumsgeschichte der Sudetenländer (2 Tie., 1965/66, 2 1987). 1935-41 gab er das Sudetendeutsche Flurnamenbuch (4 Bde.), 1954-58 den Sudetendeutschen Wortatlas (3 Bde.) heraus. CD IGL S c h w a r z , Franz, Sänger, * 11.6. 1858 Brünn, t 10.3. 1919 Magdeburg. Nach seiner Gesangsausbildung am Wiener Konservatorium und weiterführenden Studien in Italien debütierte S. 1880 an der Hofoper in Wien. Über Berlin, F r a n k f u r t / M a i n , Bremen und Mannheim kam er 1886 an das Hoftheater in Weimar, dessen Ensemble er bis 1896 angehörte. Nach einer erfolgreichen Nordamerika-Tournee 1896 wurde er an das Breslauer Stadttheater, 1899 an das Hamburger Opernhaus verpflichtet. Es folgten Engagements am Stadttheater in Mainz ( 1 9 0 5 / 0 6 ) , der Hofoper in Dresden (1908-10), dem Stadttheater in Halle (1910-15) und am Magdeburger Stadttheater (1915-19). S. gastierte an allen großen deutschen Opernhäusern und trat während einer Italien-Tournee u. a. in Venedig, Mailand und Neapel auf. Zu seinen Hauptrollen gehörten der Titelheld im Don Givannni und der Hans Sachs in den Meistersingern. OP Kutsch S c h w a r z , Franz Ferdinand, österr. Klassischer Philologe, * 2 6 . 1 2 . 1934 Graz, t 8 . 5 . 2 0 0 1 Graz. S., Sohn eines Gerichtsbeamten, studierte in Graz Klassische Philologie und Archäologie, Akkadistik und Altindisch und wurde 1961 promoviert (Bryaxis. Eine Studie zur Persönlichkeitsforschung in der bildenden Kunst des 4. Jahrhunderts v. Chr.). Anschließend unterrichtete er an einem Gymnasium, legte 1964 die Lehrbefähigungsprüfung für Altindisch ab und arbeitete 1 9 7 1 / 7 2 als Research Fellow am Center for Hellenic Studies in Washington, D. C. 1973 mit der Schrift Geschichte und Geographie Bharatas in Arrians Indike habilitiert, las S. seit 1976 als Extraordinarius, seit 1982 als Ordinarius an der Univ. Graz. Neben Übersetzungen von aristotelischen Schriften (Metaphysik, 1970, Politik, 1993) veröffentlichte er Altertum und Gegenwart. Kritische Reflexionen zum Bildungswert antiker Kultur (1982). m Gnomon 75 (2003) S c h w a r z , Franz Xaver, Politiker, * 2 7 . 1 1 . 1 8 7 5 G ü n z b u r g / D o n a u , t 2 . 1 2 . 1 9 4 7 bei Regensburg. Nach einer Tätigkeit als Inspizient beim Amtsgericht Günzburg war S. bei einem Notar tätig und trat 1895 in das Bayerische Militär ein. Seit 1900 städtischer Beamter in
München, wurde er nach seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1922 Mitglied der N S D A P . Er beteiligte sich 1923 am Hitlerputsch und wurde nach der Neugründung der Partei 1925 Reichsschatzmeister. Das Vertrauen —> Hitlers genießend, konnte er seinen Einflußbereich ausdehnen und wurde eine der Schlüsselfiguren bei der Zentralisierung der Bewegung. Seit 1931 war er bevollmächtigt, den NSDAV[erein] in allen Vermögensangelegenheiten zu vertreten. 1929-34 war er Stadtrat in München und wurde 1933 in den Reichstag gewählt. Seit 1931 SA-Gruppenführer, seit 1932 Mitglied der SS, wurde S. 1935 zum Reichsleiter der N S D A P ernannt und 1943 in den Rang eines SSObergruppenführers erhoben. 1945 führte er als Kommandeur ein Volkssturm-Bataillon in Grünwald. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verhaftet und in einem amerikanischen Lager interniert, in dem er nach zwei Jahren starb, wurde S. 1948 von einer Münchner Spruchkammer postum als Hauptschuldiger eingestuft und zu Vermögensentzug verurteilt. CD Lilla, Statisten S c h w a r z , Friedrich Heinrich Christian, evang. Theologe, Pädagoge, * 3 0 . 5 . 1 7 6 6 Gießen, t 3 . 4 . 1 8 3 7 Heidelberg. Nach dem Studium der Theologie, Philosophie und Mathematik in Gießen war S., Sohn eines Theologen, seit 1786 als Hilfsprediger in Alsfeld, später als Pfarrer in Dexbach, Echzell und Münster bei Butzbach tätig. Er führte die Aufsicht über mehrere Landschulen und gründete eine Erziehungsanstalt. Seit 1792 mit der ältesten Tochter seines Freundes Johann Heinrich —»Jung-Stilling verheiratet, folgte er 1804 einem Ruf an die Univ. Heidelberg, wo er als Prof. der Dogmatik und Dogmengeschichte lehrte und ein pädagogisches Seminar gründete. S. schrieb u.a. Grundriß einer Theorie der Mädchenerziehung in Hinsicht auf die mittleren Stände (1792), Pestalozzis Methode und ihre Anwendung in den Volksschulen (1802), Erziehungslehre (4 Bde., 1802-13, 2 1829 in 3 Bdn.), Lehrbuch der Pädagogik und Didaktik (1805, 2 1817 unter dem Titel Lehrbuch der Erziehungs- und 3 Unterrichtslehre, 1835; neu hrsg. 1968 von H.-H. Groothoff), Die Schulen (1832) und Darstellungen aus dem Gebiete der Pädagogik (2 Bde., 1833/34). DD Killy S c h w a r z , Fritz, schweizer. Pädagoge, Politiker, * 1 . 5 . 1 8 8 7 Oberthal (Kt. Bern), t 1 7 . 1 1 . 1 9 5 8 Bern. Nach seiner Ausbildung zum Primär- und Sekundarlehrer setzte sich S. für eine Reform des Schulwesens im Sinne —> Pestalozzis ein. Seinen Ideen suchte er u. a. in der von ihm mitbegründeten Zeitschrift „Schulreform" und in dem pädagogischen Zentrum in Bern, dem Pestalozzi-FellenbergHaus, ein Forum zu verschaffen. S. gehörte seit 1934 dem bernischen Großen Rat und seit 1936 auch dem Parlament der Stadt Bern an. Als Befürworter der Freiwirtschaft war er u. a. für die Wochenzeitung „Freies Volk" publizistisch tätig und schrieb über den Segen und Fluch des Geldes in der Geschichte der Völker (2 Bde., 1925/33). Seine Erinnerungen erschienen postum unter dem Titel Wenn ich an meine Jugend denke (1959). S c h w a r z , Georg, Schriftsteller, * 16.7. 1902 Nürtingen, t 20.2. 1991 München. Nach einem abgebrochenen Studium der Philosophie war S., Sohn eines Zahnarztes und Schmuckwarenfabrikanten, als Buchhändler tätig, unternahm ausgedehnte Reisen und wurde 1928 Mitarbeiter am „Simplicissimus" in München. Der Tradition der schwäbischen Romantik verpflichtet, schrieb er Gedichte, Romane (u.a. Makarius, 1950), Novellen, Essays, Hörspiele und Biographisches (u. a. Uhland, 1940). Wie bei seinen literarischen Vorbildern ist auch bei S. das romantische Naturerlebnis ein zentrales Motiv vor allem seines lyrischen Werks (u. a. Die Apfelranke, 1972). Eine
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Schwarz seiner e r f o l g r e i c h s t e n V e r ö f f e n t l i c h u n g e n w a r d i e N o v e l l e n s a m m l u n g Tage und Stunden aus dem Leben eines leutseligen, gottfröhlichen Menschenfreundes, der Johann Friedrich Flattich hieß (1940). CD Killy S c h w a r z , G e r h a r d , M u s i k e r , K o m p o n i s t , * 2 2 . 8 . 1902 R e u ß e n d o r f (Schlesien), t 13. 10. 1994 B e b r a . S. studierte an der A k a d e m i e f ü r K i r c h e n - u n d S c h u l m u s i k in Berlin, an der er von Fritz Jode beeinflußt wurde. 1 9 2 8 / 2 9 w a r er O r g a n i s t in Berlin, 1929-35 Leiter der E v a n g e l i s c h e n S c h u l e f ü r V o l k s m u s i k in B e r l i n - S p a n d a u u n d betätigte sich 1935-41 als K o m p o n i s t s o w i e in d e r Singarbeit. N a c h 1945 w a r er als O r g a n i s t in W a l d e n b u r g (bis 1947), 1 9 4 7 / 4 8 als L a n d e s s i n g w a r t der K i r c h e n p r o v i n z B e r l i n - B r a n d e n b u r g und D o z e n t an d e n M u s i k h o c h s c h u l e n Berlin und L e i p z i g sow i e seit 1949 als O r g a n i s t in D ü s s e l d o r f und Leiter der von i h m g e g r ü n d e t e n r h e i n i s c h e n L a n d e s k i r c h e n m u s i k s c h u l e tätig. Seit 1950 w a r er z u d e m D o z e n t an der M u s i k h o c h s c h u l e K ö l n und w u r d e 1961 z u m Prof. ernannt. S. k o m ponierte V o k a l m u s i k u n d m a c h t e sich auf d e m G e b i e t der O r g e l i m p r o v i s a t i o n einen N a m e n . CD N G r o v e D S c h w a r z , H a n n s , geb. Karl M a x J o h a n n e s P a t z k e r , N e u r o l o g e , Psychiater, * 2 5 . 6 . 1898 Berlin, t 27. 1. 1977 Greifswald. S., unehelicher S o h n einer S c h n e i d e r i n , w u r d e 1913 von d e r F a m i l i e seiner Tante, d i e mit d e m Schriftsteller M a x S c h w a r z verheiratet war, adoptiert. N a c h d e m M e d i z i n s t u d i u m in Berlin, F r e i b u r g / B r e i s g a u und M ü n c h e n ( P r o m o tion 1924, Ein Versuch psychischer Beeinflussung katatoner Zustände) spezialisierte er sich auf P s y c h o l o g i e u n d N e u rologie. Bis 1932 arbeitete er als O b e r a r z t an der U n i v e r s i t ä t s - N e r v e n k l i n i k Berlin, ließ sich d a n n als F a c h a r z t f ü r N e r v e n - und G e m ü t s l e i d e n n i e d e r und w i r k t e 1933-38 an d e r j ü d i s c h e n Heil- und Pflegeanstalt B e r o l i n u m . Weil er mit einer J ü d i n verheiratet war, w u r d e i h m d i e A u s ü b u n g seines B e r u f s untersagt. N a c h d e m S. 1943 eine A u f h e b u n g dieses Verbots erreicht hatte, arbeitete er bis K r i e g s e n d e an einer p s y c h i a t r i s c h e n K i n d e r k l i n i k in M ü n c h e n . 1945 k e h r t e er nach Berlin z u r ü c k und w u r d e im selben J a h r Mitglied d e s K u l t u r b u n d e s , dessen Präsidialrat er 1951-72 angehörte. 1946 w u r d e er Prof. der N e u r o l o g i e und Psychiatrie und Direktor der U n i v e r s i t ä t s - N e r v e n k l i n i k in G r e i f s w a l d . S. w a r Vorsitzender d e s W i s s e n s c h a f t l i c h e n B e i r a t s f ü r M e d i z i n im Staatssekretariat f ü r H o c h - und F a c h h o c h s c h u l w e s e n . Er verö f f e n t l i c h t e u . a . Medizinisch-juristische Grenzfragen unter besonderer Berücksichtigung der Psychiatrie und Neurologie (1950), Jugendprobleme in pädagogischer, medizinischer und juristischer Sicht (Hrsg., 1967), Gesunderhaltung, ein gesellschaftliches Problem in philosophischer, medizinischer, soziologischer und pädagogischer Sicht (mit Horst B u r g h a r d t , 1974) und Jedes Leben ist ein Roman. Erinnerungen eines Arztes (1975). S c h w a r z , H a n s , Bildschnitzer, Medailleur, * 1492 A u g s b u r g , t n a c h 1532. S. gilt als einer d e r b e d e u t e n d s t e n M e i s t e r der d e u t s c h e n K l e i n k u n s t der F r ü h r e n a i s s a n c e . Er arbeitete v o r allem in N ü r n b e r g , w a r später aber auch im A u s l a n d tätig. N e ben e i n i g e n religiösen Bildschnitzereien schuf er vor a l l e m B u c h s b a u m h o l z - M o d e l l e f ü r P o r t r ä t m e d a i l l e n der b e k a n n testen Persönlichkeiten seiner Zeit. Erhalten blieben rund 175 M e d a i l l e n und etliche V o r z e i c h n u n g e n . S. porträtierte u . a . Kaiser —»Maximilian, Kardinal —>Albrecht von B r a n d e n b u r g und J a k o b - > F u g g e r . CD Lex K u n s t S c h w a r z , H a n s , Schriftsteller, * 1 7 . 3 . 1890 Berlin, t 2 5 . 6 . 1967 S c h ö p p e n s t e d t bei B r a u n s c h w e i g . N a c h d e m S t u d i u m der G e s c h i c h t e , P h i l o s o p h i e und alten S p r a c h e n in Berlin und T e i l n a h m e a m Ersten Weltkrieg w a r S., S o h n eines B e a m t e n , als H e r a u s g e b e r und Schriftstel-
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ler tätig. Er g a b u . a . die S c h r i f t e n von A r t h u r —»Moeller van den B r u c k heraus, den er 1921 k e n n e n g e l e r n t hatte. Seine lyrischen ( u . a . Götter und Deutsche, 1923) und dram a t i s c h e n W e r k e h a n d e l n von n a t i o n a l - k o n s e r v a t i v e n T h e m e n w i e H e l d e n - und S o l d a t e n t u m , d i e er a m Beispiel historischer Persönlichkeiten ( u . a . Prinz von Preußen, 1934; Caesar, 1941) darstellte. N a c h 1945 v e r f a ß t e S. v o r allem religiöse Lyrik, d a r u n t e r Soli deo gloria (1951). S. regte d e n Friedenspreis des D e u t s c h e n B u c h h a n d e l s an, d e r 1950 erstmals verliehen w u r d e . c a Killy S c h w a r z , H a n s , s c h w e i z e r . J o u r n a l i s t , Schriftsteller, Reiter, * 1 9 . 9 . 1895 B e r n , t 2 9 . 6 . 1965 K ö n i z (Kt. B e r n ) . S. w a r in d e n Jahren z w i s c h e n den Weltkriegen einer der b e k a n n t e s t e n schweizer. Reiter. Er g r ü n d e t e d i e S t i f t u n g L e R o s e l e t i m J u r a f ü r a u s g e d i e n t e P f e r d e . S. schrieb u. a. f ü r die W o c h e n z e i t u n g „ D i e N a t i o n " u n d d i e von i h m m i t h e r a u s g e g e b e n e „ S Z a m S o n n t a g " . N a c h der M a c h t ü b e r n a h m e durch d i e Nationalsozialisten in D e u t s c h l a n d unterhielt er einen eig e n e n P r e s s e d i e n s t „ D e m o k r a t i e i m A n g r i f f ' . N a c h d e m Eing e h e n der „ N a t i o n " g r ü n d e t e er „ S c h w a r z auf weiß. W o c h e n zeitung f ü r d e n freien B ü r g e r " (bis 1965). S. war als Reiseschriftsteller, Erzähler und politisierender J o u r n a l i s t tätig. Zu seinen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n g e h ö r e n u. a. Militia Helvetica. Heitere Erinnerungen eines alten Soldaten (3 B d e . , 1955-57) und Kleine Pferdegeschichten (27 Teilbde., 1959-92). CD D L L S c h w a r z , H e n n i n g , Jurist, Politiker, * 5. 10. 1928 G u t F r a u e n h o l z bei O l d e s l o e (Holstein), t 1 3 . 4 . 1 9 9 3 Kiel. S. studierte 1949-53 in W ü r z b u r g u n d H a m b u r g R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n , w u r d e 1956 p r o m o v i e r t und w a r 1958-69 als R e c h t s a n w a l t u n d N o t a r tätig. F ü r d i e C D U in den S c h l e s w i g - H o l s t e i n i s c h e n L a n d t a g g e w ä h l t , w a r er 1969-88 z u n ä c h s t Justizminister, d a n n M i n i s t e r f ü r B u n d e s a n g e l e g e n heiten d e s L a n d e s S c h l e s w i g - H o l s t e i n , 1975-88 stellvertretender M i n i s t e r p r ä s i d e n t . In der Zeit der A f f ä r e u m U w e —»Barschel n a h m er er k o m m i s s a r i s c h d i e F u n k t i o n des Ministerpräsidenten wahr. S c h w a r z , Hermann (Cuno), Mathematiker, Philosoph, * 2 2 . 1 2 . 1864 D ü r e n , t 20. 1 2 . 1 9 5 1 D a r m s t a d t . S., S o h n eines G y m n a s i a l p r o f e s s o r s , Schloß das S t u d i u m der M a t h e m a t i k und N a t u r w i s s e n s c h a f t e n an der U n i v . H a l l e 1888 mit d e r P r o m o t i o n a b (Ein Beitrag zur Theorie der Ordnungstypen) und habilitierte sich dort 1894. Seit 1908 a. o. Prof. in M a r b u r g , f o l g t e er 1910 e i n e m R u f als o . P r o f . an d i e U n i v . G r e i f s w a l d , d e r e n R e k t o r er 1 9 2 2 / 2 3 war. 1938 emeritiert, erhielt S „ M i t g l i e d d e r N S D A P , 1939 d i e G o e t h e - M e d a i l l e f ü r K u n s t und W i s s e n s c h a f t . Er v e r ö f f e n t lichte u. a. Das Wahrnehmungsproblem vom Standpunkte des Physikers, des Physiologen und des Philosophen (1892), Was will der kritische Realismus? (1894), Die Umwälzung der Wahrnehmungshypothesen durch die mechanische Methode (1895), Grundzüge der Ethik (1896), Der moderne Materialismus als Weltanschauung ( 1 9 0 4 , 2., erw. Aufl. unter d e m Titel Grundfragen der Weltanschauung, 1912), Ethik ( 1 9 2 5 ) , Nationalsozia!istische Weltanschauung. Freie Beiträge zur Philosophie des Nationalsozialismus aus den Jahren 1919-1933 ( 1 9 3 3 ) und Christentum, Nationalsozialismus und Deutsche Glaubensbewegung ( 1 9 3 4 , 2 1 9 3 8 ) . Er w a r H e r a u s g e b e r d e r „Zeitschrift f ü r P h i l o s o p h i e und philosophische K r i t i k " ( 1 9 0 6 - 1 7 ) u n d der Deutschen systematischen Philosophie nach ihren Gestaltern (2 Bde., 1931-34). CD C a t Prof Hai S c h w a r z , (Karl) H e r m a n n A m a n d u s , M a t h e m a t i k e r , * 2 5 . 1 . 1843 H e r m s d o r f bei W a l d e n b u r g (Schlesien), t 3 0 . 1 1 . 1 9 2 1 Berlin. S. studierte C h e m i e und M a t h e m a t i k in Berlin, w u r d e 1864 p r o m o v i e r t (De supeificiebus in planam explicabllibus pri-
Schwarz morum Septem ordinum) und habilitierte sich dort 1866. 1867 wurde er a. o.Prof. an der Univ. Halle, 1869 Ordinarius für Höhere Mathematik am Eidgenösssischen Polytechnikum in Zürich, 1875 in Göttingen und übernahm 1892 das Ordinariat seines Lehrers Karl —> Weierstraß an der Univ. Berlin. S. trug Wesentliches zum Ausbau der Analysis und ihrer A n w e n d u n g in der Differentialgeometrie bei, beschäftigte sich mit Differentialgleichungen und Iterationsverfahren bei Eigenwertproblemen, mit der Funktionentheorie (Schwarzsches L e m m a , Schwarzsches Spiegelungsprinzip), mit Minimalflächen, mit konformen Abbildungen und Randwertproblemen sowie mit Variationsrechnung. Er schrieb u. a. Bestimmung einer speciellen Minimalfläche (1871) und Verallgemeinerung eines analytischen Fundamentalsatzes (1880) und bearbeitete die Formeln und Lehrsätze zum Gebrauch der elliptischen Funktionen von Weierstraß ( 1 8 8 3 - 8 5 , 2 1 8 9 3 , zugleich in französischer Übersetzung). 1885 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. CD C H 91
gen Haftstrafe (wegen Mitgliedschaft in einer Burschenschaft) 1837 das Predigerseminar in Wittenberg und wurde 1841 zum Lie. theol. promoviert. 1842 habilitierte er sich in Halle. Seine offenen Sympathiebekundungen für die „Lichtf r e u n d e " führten 1845 zum vorübergehenden Verlust seiner Lehrbefugnis. Seit 1849 a . o . P r o f . , wurde er 1856 Hofprediger in Gotha, 1877 Generalsuperintendent und Mitglied des Staatsministeriums. S. trat für die Unabhängigkeit der Kirche vom Staat in Kultus, Lehre und Verfassung ein. In seiner von —> Hegel und —> Schleiermacher beeinflußten rationalen Theologie faßte er das Christentum als rein geschichtliche G r ö ß e auf und forderte eine von dogmatischen Bindungen freie religiöse Erkenntnisfindung. S. war Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung und Mitbegründer des Deutschen Protestantenvereins. Er veröffentlichte u.a. Das Wesen der Religion (1847), Gotthold Ephraim Lessing als Theologe dargestellt (1854), Zur Geschichte der neuesten Theologie (1856, 4 1869) und Predigten aus der Gegenwart (8 Bde., 1859-83). CD N D B
S c h w a r z , Ildephons, Benediktiner, Theologe, * 4. 11. 1752 Bamberg, t 16.9. 1794 Kloster Banz. Nach seinem Eintritt in das Benediktinerstift Banz 1769 studierte S. Philosophie und Theologie im Kloster, in d e m er später als Prof. der Philosophie, Mathematik und Theologie wirkte. Berufungen an Universitäten lehnte er ebenso ab wie eine Anstellung als Prediger bei der kath. Hofkapelle in Stuttgart. Anerkennung über das Kloster hinaus sicherte ihm sein Handbuch der christlichen Religion (3 Bde., 1793, 5 1818), das den christlichen Glauben in allgemein verständlicher Sprache darstellt. CD B B K L
S c h w a r z , Matthäus, K a u f m a n n , * 2 0 . 2 . 1497 Augsburg, t 1574. S. war ein Enkel des Augsburger Bürgermeisters Ulrich —>S. und Sohn eines Kaufmanns, bei dem er 1 5 1 2 / 1 3 in Landau und Konstanz eine Lehre durchlief. Seit 1514 in Mailand und Venedig bei Antonio Mariafior, erlernte S. dort besonders die Buchführung. Seit 1516 arbeitete er für Jakob —> Fugger als Prokurist und Hauptbuchhalter mit weitreichender Verantwortung; er vertrat die Fugger 1520 in Antwerpen und 1525 in Schwaz. Von S. ist neben einem M e m o rialbuch ein kaufmännisches Lehrbuch, die Musterbuchhaltung, als Manuskript überliefert (1518). Außerdem verfaßte er eines der ersten Werke zur historischen Kostümkunde.
S c h w a r z , Jean Albert, eigentl. Johannes A. S., Pädagoge, Politiker, * 1 2 . 1 1 . 1 8 7 3 F r a n k f u r t / M a i n , t 1 2 . 7 . 1 9 5 7 Mainz. S. war seit 1894 Lehrer an verschiedenen Frankfurter Schulen. 1919 gehörte er der Verfassunggebenden Nationalversammlung an und war 1919-33 als Zentrumsabgeordneter Mitglied des Reichstags, des Fraktionsvorstands seiner Partei und 1922-32 Präsidiumsmitglied des Reichstags. Ferner war er Mitglied des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold". 1934 in den Schuldienst zurückgekehrt, wurde er 1936 entlassen, da er sich weigerte, dem NS-Lehrerbund beizutreten. Nach Kriegsende gehörte er zu den Begründern der Frankfurter C D U . S. war Gründer, Vorstandsmitglied und Sekretär des Volksvereins für das katholische Deutschland. P P Haunfelder, Zentrumspartei
S c h w a r z , Max, Musiker, Musikpädagoge, * 1 . 1 2 . 1 8 5 6 Hannover, f 3 . 7 . 1 9 2 3 F r a n k f u r t / M a i n . Der Schüler von Hans von Bülow und Franz —>Liszt wurde 1880 von Joachim —»Raff als Vertreter neudeutscher Kreise an das Hochsche Konservatorium in Frankfurt geholt. Nach Raffs Tod gründete S. mit anderen progressiv gesinnten Lehrern 1883 das Raff-Konservatorium und war bis zu seinem Tod dessen Direktor. DP Frankf Biogr S c h w a r z , Otto, Botaniker, * 2 8 . 4 . 1900 Weimar, t 7 . 4 . 1 9 8 3 Jena. S., Sohn eines Tischlermeisters, studierte seit 1919 Naturwissenschaften, insbesondere C h e m i e und Botanik, an der Univ. Jena, war 1920-26 als Leiter der Kunst- und Antiquitätenabteilung der väterlichen Firma tätig und setzte 1926 das Studium der Botanik an der Univ. Berlin fort (Promotion zum Dr. phil. 1928). Seit 1931 arbeitete S. am Landwirtschaftlichen Institut in Burnova bei Izmir, am Botanischen M u s e u m Berlin-Dahlem und am Kaiser-Wilhelm-Institut für Kulturpflanzenforschung Wien. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er Assistent am Botanischen Institut, 1948-65 Prof. für Spezielle Botanik an der Univ. Jena (1948-51 und
S c h w a r z , Joseph, Sänger, * 1 0 . 1 0 . 1 8 8 1 Riga, t 10.11. 1926 Berlin. Der in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene S. erhielt nach einer Schneiderlehre mit Unterstützung eines russischen Adligen in Berlin und am Wiener Konservatorium eine Gesangsausbildung. Seinem Debüt am Linzer Stadttheater folgten Engagements bei verschiedenen Operntruppen, mit denen er u . a . in Riga und St. Petersburg gastierte. 1906 wurde er an die Volksoper, 1909 an die Hofoper in Wien verpflichtet, w o er vor allem als —> Wagner-Interpret und im italienischen Fach Erfolge feierte. Seit 1915 sang er an der Berliner Hofoper und gastierte in den folgenden Jahren wiederholt in Skandinavien. 1 9 2 0 / 2 1 und 1 9 2 4 / 2 5 gehörte er dem Ensemble der Oper von Chicago an; zwischenzeitlich trat er wieder in Berlin und Wien sowie in Prag, Budapest und an der Covent Garden Opera in London auf. S. war auch als Konzertsänger erfolgreich. CD Kutsch
1958-62 Rektor). Auf seine Initiative wurde 1957 die Biologische Gesellschaft der D D R gegründet, deren Präsident er 1959-63 war. Seine Hauptarbeitsgebiete waren die Taxonomie, die Geobotanik, die Phylogenetik und die Phytopathologie. Er veröffentlichte u. a. Monographie der Eichen Europas und des Mittelmeergebietes (2 Bde., 1936-39), Phytochorologie als Wissenschaft, am Beispiel der vorderasiatischen Flora (1938) und Thüringen. Kreuzweg der Blumen. Eine 2 kleine Pflanzengeographie (1952, 1954). CD D D R
S c h w a r z , Karl (Heinrich Wilhelm), auch Schwartz, evang. Theologe, * 19. 11.1812 W i e k / R ü g e n , t 2 5 . 3 . 1 8 8 5 Gotha. S., Sohn eines Pfarrers, studierte Theologie in Halle, Bonn, Berlin und Greifswald, besuchte während einer halbjähri-
S c h w a r z , (Karl Gottfried) Robert, Chemiker, * 17. 12. 1887 Berlin, t 13.6. 1963 Aachen. Nach d e m Chemiestudium in Breslau, Berlin und Freiburg/ Breisgau, das er 1910 mit der Promotion abschloß (Chemische Untersuchungen über Bohnerztone und afrikanische
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Schwarz Erden), wurde S., Sohn eines Fabrikanten, 1914 Privatdozent und 1922 a. o . P r o f . der anorganischen und analytischen C h e m i e an der Univ. Freiburg. Seit 1928 o . P r o f . der Chemie an der Univ. F r a n k f u r t / M a i n , ging er 1934 an die Univ. Königsberg und 1936 an die T H Karlsruhe, kehrte aber schon im folgenden Jahr nach Königsberg zurück. 1940 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Seit 1948 war er Ordinarius und Direktor des Instituts für Anorganische C h e m i e und Elektrochemie an der T H Aachen, 1 9 5 3 / 5 4 deren Rektor. S. trug durch seine Arbeiten auf dem Gebiet der anorganischen Experimentalchemie zur Entdeckung einer größeren Anzahl neuer Stoffe und Stoffklassen bei. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Chemie der anorganischen Komplexverbindungen (1920, frz. 1922, engl. 1923), Anorganische Chemie (1927), Wesen und Bedeutung der Siliciumchemie (1954) und Chemisches Praktikum für Mediziner und Studierende sonstiger an Chemie interessierter Wissenschaften (mit Peter Wolfgang Schenk, 1941, l 5 1968). CO Altpreuß Biogr, Bd 5
Schwarz,
Rudolf, Architekt, * 1 5 . 5 . 1 8 9 7 Straßburg, t 3 . 4 . 1961 Köln. S. studierte 1915-19 an der T H Charlottenburg, 1919-23 an der Berliner A k a d e m i e der Künste bei Hans —»Poelzig (Promotion 1923, Frühtypen der rheinischen Landeskirche), war dann als Regierungsbauführer in Köln tätig und wurde 1925 Lehrer an den Technischen Lehranstalten in Offenbach, wo er von Dominikus —»Böhm beeinflußt wurde. Seit 1927 Direktor der Kunstgewerbeschule in Aachen, arbeitete er nach deren Auflösung seit 1934 als freischaffender Architekt und war 1941-44 Leiter des Wiederaufbau- und Planungsstabs für Lothringen. 1947 wurde er mit der Leitung des Wiederaufbaus in Köln beauftragt und übernahm 1953 eine o . P r o f e s s u r für Kirchen- und Städtebau sowie Landesplanung an der Kunstakademie in Düsseldorf. Nach seinen Entwürfen, die vor allem den Kirchenbau nach 1945 in der Bundesrepublik prägten, entstanden u. a. St. Michael ( 1 9 5 3 / 5 4 ) sowie die wiederaufgebaute Paulskirche in Frankf u r t / M a i n und das Wallraf-Richartz-Museum (1957, heute M u s e u m f ü r angewandte Kunst) in Köln. S. schrieb Vom Bau der Kirche (1938, 2 1947). Er war Mitglied der Akademie der Künste in Berlin und der Akademie für Städtebau und Landesplanung. CO Architects
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Salomon Monoszon, Wirtschaftswissenschaftler, Mediziner, * 6 . 1 . 1883 Wilna (Litauen), f 1 5 . 7 . 1 9 7 3 Jerusalem. S. studierte 1901-04 Medizin in Berlin, dann dort, in Göttingen, St. Petersburg und Heidelberg Rechtswissenschaften, wurde 1911 promoviert (Actio de pauperiei im System des römischen Noxalrechts) und gab 1913-18 eine Zeitung zur Arbeitsversicherung in St. Petersburg heraus. 1917 wurde er Leiter der Sozialversicherungsabteilung im Arbeitsministerium, war dann in der Gesundheitsabteilung des Moskauer Stadtsowjets tätig und wurde 1919 als Militärarzt in die Rote A r m e e abkommandiert. 1920 wurde er in den Revolutionären Militärrat berufen und arbeitete zudem an der Sozialistischen Akademie für Gesellschaftswissenschaften. 1921 verhaftet, emigrierte er nach Berlin, w o er an der Exilzeitschrift „Socialisticheskij Vestnik" mitarbeitete. 1933 folgte er der Zeitschrift nach Paris, 1940 nach New York. In den U S A war S. Research Assistant an der N e w York School of Research und wurde zum Gastprofessor ernannt. 1971 ging er nach Israel. Seit den zwanziger Jahren war S. ein bekannter Gewerkschaftstheoretiker (Rückblick und Ausblick über die russische Gewerkschaftsbewegung, 1923) und Beobachter der Arbeitsverhältnisse in der Sowjetunion (Der Arbeitslohn und die Lohnpolitik in Rußland, 1924; Labor in the Soviet Union, 1952, dt. Arbeiterklasse und Arbeitspolitik in der Sowjet-Union, 1953). t u Hagemann
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Sibylle, auch Schwartz, Schwartzin, Sibylla, Dichterin, * 14.2. 1621 Greifswald, t 3 1 . 7 . 1638 Greifswald. S., Tochter eines Ratsherrn und späteren Bürgermeisters, trat früh mit lyrischen Werken hervor. Inhaltlich und formal meist an ihrem Vorbild Martin —»Opitz orientiert, schrieb sie Sonette, Oden und strophische Lieder sowie ein Susanna-Drama in verschiedenen Versarten und die Schäfererzählung Faunus. Hervorzuheben sind ihre Freundschaftsgedichte. Einige Sonette befassen sich aus weiblicher Sicht mit der Untreue des Geliebten. S. starb an der Ruhr. Ihre gesammelten Gedichte wurde 1650 unter dem Titel Deutsche Poetische Gedichte von Samuel —»Gerlach in zwei Bänden herausgegeben (Nachdr. 1980). m BBKL
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Sophie (Agnes), auch Schwartz, geb. Becker, Schriftstellerin, * 1 7 . 6 . 1 7 4 5 Neu-Autz bei Mitau (Kurland), t 2 6 . 1 0 . 1 7 8 9 Halberstadt. Die literarisch gebildete Tochter eines Pfarrers trat bereits in j u n g e n Jahren mit eigenen lyrischen Arbeiten hervor. Auf einer Reise durch Deutschland mit Elisa von der —»Recke 1784-86 schrieb S. in aufklärerischer Absicht ein Reisetagebuch. Es wurde von Johann Ludwig Georg S., den sie 1787 heiratete, nach ihrem Tod im Wochenbett unter dem Titel Briefe einer Kurländerin auf einer Reise durch Deutschland (1791) veröffentlicht. S. verkehrte in Halberstadt im Hause —»Gleims. Zu ihren literarischen Vorbildern gehörten außerdem Leopold Friedrich Günther von —»Goeckingk und Klopstock. Auch S.' lyrisches Werk (Eilsens und Sophiens Gedichte, 1790) wurde postum von ihrem M a n n herausgegeben. t u Killy
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Theodor, schweizer. Philosoph, * 13. 1. 1915 Zürich, t 2 6 . 9 . 1968 Bratislava. Nach dem Jurastudium in Bern, w o er 1940 mit der Arbeit Die Lehre vom Naturrecht bei Karl Ch. F. Krause promoviert wurde, trat S. als Mitbegründer der Partei der Arbeit und Autor philosophischer, literaturkritischer und wirtschaftspolitischer Beiträge in schweizer, und deutschen Zeitungen und Zeitschriften hervor. Sein philosophisches Interesse galt vor allem den Ideen des Irrationalismus und des Existentialismus, mit denen er sich kritisch auseinandersetzte ( u . a . Irrationalismus und Humanismus, 1944). Seit 1962 lebte S. in Bratislava, wo er an der Univ. Vorlesungen über schweizerische, deutsche und österr. Literatur der Gegenwart sowie über dialektischen und historischen Materialismus hielt.
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Uli, Biologe, Entwicklungsbiologe, Molekularbiologe, * 1 0 . 7 . 1 9 3 4 B i b e r a c h / R i ß , t 2 1 . 6 . 2 0 0 6 Tübingen. S. Schloß das Studium mit der Promotion zum Dr. rer. nat. in Tübingen ab (Spezifische Effekte der Einwirkung von Penicillin auf Escherichia coli B, 1964) und war dann als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Biologie der Univ. Tübingen tätig. Seit 1969 leitete er eine Arbeitsgruppe am Friedrich-Miescher-Laboratorium der M a x Planck-Gesellschaft in Tübingen, hielt sich 1972 zu Studienzwecken am Institut Pasteur in Paris auf und wurde 1974 Direktor des Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie in Tübingen. 1985 wurde S. zum Honorarprofessor ernannt; 2002 war er einer der Gründungsdirektoren des Shanghai Institute For Advanced Studies.
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Ulrich, Zunftbürgermeister, * 1422 Augsburg, t 18.4. 1478 Augsburg. Der Sohn eines Z i m m e r m a n n s war Wortführer einer Bewegung, die eine stärkere Beteiligung der Z ü n f t e an der Augsburger Stadtregierung verlangte. Seit 1469 hatte er mit Unterbrechungen das A m t des Augsburger Zunftbürgermeisters
Schwarz-Schilling inne, bis er aufgrund der von ihm 1477 veranlaßten Hinrichtung der Brüder Viltel 1478 festgenommen und ebenfalls zum Tod verurteilt wurde. S.' schriftlicher Nachlaß umfaßt das Fragment einer deutschen Chronik, ein Hausbuch, eine Chronik der Reliquien der Kirche von St. Ulrich und A f r a sowie zwei deutsche Geschäftsbriefe an Münchner Bürger. Leben und Tod von S. wurden mehrfach literarisch bearbeitet, u. a. von Hans —> Schneider, der ein Gedicht von den Taten und der Hinrichtung des Bürgermeisters Ulrich Schwarz zu Augsburg 1478 verfaßte. CD V L S c h w a r z , Vera, österr. Sängerin, * 1 0 . 7 . 1 8 8 8 Zagreb, t 4. 12. 1964 Wien. Nach ihrer Gesangsausbildung in Wien, wo sie 1908 debütierte, und einem ersten Engagement in Graz kam S. 1914 an die Hamburger Oper, deren Ensemble sie bis 1918 angehörte. Anschließend wirkte sie an der Berliner, seit 1922 an der Wiener Staatsoper, w o sie u . a . als Tosca Erfolge feierte. Nach ihrem ersten Auftritt an der Seite Richard - » T a u b e r s in der Berliner Uraufführung der —»Lehär-Operette Der Zarewitsch 1927 entwickelte sich S. zu einem Operettenstar und spielte 1929-33 erfolgreich am Berliner Metropol-Theater. Ihre Opernkarriere setzte sie seit 1931 wieder an der Staatsoper in Berlin fort, kehrte jedoch 1934 nach Wien zurück. Gastspielreisen führten sie u. a. nach Budapest, Belgrad, London, Amsterdam und Paris. Wegen ihrer jüdischen Herkunft emigrierte sie 1938 nach England, 1939 in die U S A , wo sie vor allem als Konzertsängerin auftrat. Nach d e m Zweiten Weltkrieg nach Wien zurückgekehrt, wirkte sie dort als Gesangspädagogin. Seit 1948 leitete S. Meisterkurse am Salzburger Mozarteum. CD Kutsch S c h w a r z , Walter, seit 1935: Michael Evenari, Biologe, * 9 . 1 0 . 1904 Metz, f 1 5 . 4 . 1 9 8 9 Jerusalem. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1923 Botanik, Zoologie, C h e m i e und Physik in F r a n k f u r t / M a i n und wurde 1926 promoviert (Die Entwicklung des Blattes bei Plectranthus fructicosus und Ligustrum vulgare und die Theorie der Periklinalchimären). 1 9 2 7 / 2 8 war er wissenschaftlicher Assistent am Botanischen Institut der Univ. F r a n k f u r t / M a i n , seit 1928 an der Karls-Universität Prag und seit 1931 am Botanischen Institut der T H Darmstadt, w o er sich 1933 habilitierte. Im selben Jahr emigrierte S. nach Jerusalem, wurde 1934 Mitglied am Botanischen Institut der Hebräischen Univ. in Jerusalem und erhielt 1935 die palästinensische Staatsangehörigkeit. Nach seiner Teilnahme am Zweiten Weltkrieg in der Jüdischen Brigade der britischen A r m e e war er 1950-73 Prof. an die Hebräischen Univ. in Jerusalem und 1953-59 deren Vizepräsident. S. beschäftigte sich u . a . mit der Ökologie der Wüstenpflanzen und trieb seit 1956 ökologisch-landwirtschaftliche Forschungen in der NegevWüste. Er gründete die Jerusalemer Schule der Physiologie der Samenbekeimung. S. veröffentlichte u . a . Ökologischlandwirtschaftliche Forschungen im Negev. Analyse eines Wüsten-Ökosystems (1982) und Und die Wüste trage Frucht. Ein Lebensbericht (1987, 2 1995, engl. 1989, Nachdr. 1995). CD H e u e r / W o l f S c h w a r z , (Carl) Walter, Jurist, * 1 1 . 2 . 1 9 0 6 Berlin, t 17.8. 1988 Zürich. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte 1924-27 Rechtswissenschaft in Freiburg/Breisgau und war seit 1933 als Anwalt tätig. Nach dem Entzug der Zulassung emigrierte er nach Frankreich, dann nach Palästina, wohin er nach kurzem Aufenthalt in Berlin 1938 zurückkehrte. 1940 bestand er dort das Anwaltsexamen und diente vier Jahre bei der Royal Air Force in Afrika. 1944 ließ sich S. als Anwalt in Tel Aviv nieder. 1950 wurde er von der Jewish Agency nach München geholt, um die Wiedergutmachungen der Deutschen an die Juden zu beobachten. Nach der Promotion
in Heidelberg (Rückerstattung und Entschädigung. Eine Abgrenzung der Wiedergutmachungsformen) 1952 als Rechtsanwalt in Deutschland zugelassen, eröffnete er eine Kanzlei für Wiedergutmachungsfälle. S. betreute die seit 1957 erscheinende Zeitschrift „Rechtssprechung zur Wiedergutmachung", 1961-81 als Herausgeber. Seit 1969 lebte er in der Schweiz. S. veröffentlichte u. a. Rückerstattung nach den Gesetzen der Alliierten Mächte (1974). CD Juristen S c h w a r z , Werner, Landwirt, Politiker, * 21. 1. 1900 Hamburg, f 2 . 9 . 1 9 8 2 Gut Frauenholz bei Bad Oldesloe. Nach dem Studium an den Landwirtschaftshochschulen Hohenheim und M ü n c h e n betrieb S. seit 1926 ein Gut bei Bad Oldesloe. Der 1933-45 ehrenamtlich im Reichsnährstand tätige S. war seit 1948 im Bauernverband und im Landwirtschaftsrat der schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsk a m m e r engagiert. 1952 wurde er Mitglied der C D U , für die er 1953 in den Deutschen Bundestag einzog. 1959-65 Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, bemühte sich S. erfolgreich um die Steigerung der landwirtschaftlichen Verkaufserlöse und die Integration der deutschen Landwirtschaft in den Gemeinsamen Markt der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. CD Munzinger S c h w a r z - G a g g , Margarita, schweizer. Nationalökonomin, Politikerin, * 1 9 . 1 2 . 1 8 9 9 Konstanz, t 10. 12.1989 Bern. Nach d e m Studium der Nationalökonomie in Bern, Genf und Freiburg/Breisgau, das sie 1925 mit der Promotion abschloß, verfaßte S.-G. Studien über Heimarbeit, Mutterschaftsversicherung und Arbeitsgesetzgebung. Sie arbeitete u . a . am Bundesgesetz von 1940 über die Heimarbeit mit. Seit den dreißiger Jahren Mitglied der eidgenössischen Fabrikkommission, wurde sie 1945 auch in die schweizer. Regierungsdelegation für die Internationale Arbeitskonferenz berufen. S.-G. gehörte den Gesetzesstudienkommissionen der Bundes Schweizer Frauenorganisationen an. Seit 1955 leitete sie die Zentralstelle des Schweizer Verbandes f ü r Heimarbeit. CD C H 91 S c h w a r z - G a r d o s , Alice, eigentl. Gardos, geb. Schwarz, früher Kempe, weitere Pseud. Alisa Shachor, Elishewa Jaron, Journalistin, Schriftstellerin, * 3 1 . 8 . 1916 Wien, t 1 4 . 8 . 2 0 0 7 Tel Aviv (Israel). S.-G., Cousine von Bruno - » F r e i , studierte ohne Abschluß Medizin an der Univ. Bratislava. 1939 floh sie nach Palästina und wurde nach Gelegenheitsarbeiten 1942 Sekretärin bei der Britischen Marine. Seit 1949 als Journalistin für die deutschsprachige Tageszeitung „Jedioth H a y o m " tätig, arbeitete sie 1962-73 für die Tageszeitung „Jedioth Chadaschoth" und wurde 1974 Feuilletonredakteurin der „Israel Nachrichten" („Chadaschoth Israel"), deren Chefredakteurin sie später wurde. Z u d e m arbeitete sie als Korrespondentin für deutsche und österr. Zeitungen. S. trat auch als Erzählerin, Essayistin und Lyrikerin hervor. Neben Novellen und R o m a nen (u.a. Schiff ohne Anker, 1960, Die Abrechnung, 1962; Entscheidung im Jordantal, 1965) veröffentlichte sie Frauen in Israel. Die Emanzipation hat viele Gesichter. Ein Bericht in Lebensläufen (1979), Paradies mit Schönheitsfehlern. So lebt man in Israel (1982), Von Wien nach Tel Aviv. Lebensweg einer Journalistin (1991), Zeitzeugnisse aus Israel (2006) und Weitere Zeitzeugnisse aus Israel (2007). CD Killy S c h w a r z - S c h i l l i n g , Reinhard, Komponist, * 9 . 5 . 1904 Hannover, t 9 . 1 2 . 1 9 8 5 Berlin. Nach dem Klavier- und Kompositionsstudium an der Münchner Akademie der Tonkunst, der Musikhochschule Köln und bei Heinrich —»Kaminski in Ried war S.-S. 1929-35 als Dirigent eines Kammerchors und Orgellehrer in Innsbruck tätig. Danach lebte er als freischaffender K o m ponist in Feldafing, bis er 1938 Kompositionslehrer an der
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Schwarzbach Musikhochschule in Berlin wurde. 1955 zum Prof. ernannt, leitete er seit 1969 auch die Kompositionsklassen. S.-S. unternahm Konzertreisen nach Nordamerika (1960, 1967), Japan und Südkorea (1970). Sein in der Tradition —»Bachs und —> Bruckners stehendes Werk umfaßt vor allem Vokalkompositionen, aber auch Klavier- und Orgelstücke sowie einige Orchesterwerke. CD M G G S c h w a r z b a c h , Martin, Geologe, Paläontologe, * 7. 12. 1907 Polkwitz (Schlesien), t 24. 12.2003 Bergisch Gladbach. Das Studium der Geologie Schloß S. 1933 in Breslau mit der Dissertation Das Cambrium der Oberlausitz ab. 1937 erfolgte die Habilitation mit der Arbeit Biostratigraphische Untersuchungen im marinen Oberkarbon (Namur) Oberschlesiens. 1938 wurde er in Breslau zum Privatdozenten, 1944 zum apl. Prof. ernannt und war nach einer Zwischenstation in Göttingen seit 1948 Prof. in Köln. Er veröffentlichte u . a . Das Klima der Vorzeit (1950, 5 1993, Nachdr. 2002, engl. 1963, Nachdr. 2002), Geologenfahrten in Island (1956, 5 1983), Berühmte Stätten geologischer Forschung (1970, 2 1981, russ. 1973, estn. 1979) und Auf den Spuren unserer Naturforscher (1981).
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Friedrich Oscar, Jurist, Politiker, * 3 0 . 9 . 1816 Löbau (Sachsen), t 1 7 . 1 . 1 8 8 6 Dresden. S. studierte 1833-36 Rechtswissenschaft in Leipzig und trat nach der Promotion in den sächsischen Justizdienst ein. 1839 wurde er Vortragssekretär im Kultusministerium, 1846 Mitglied des Spruchkollegiums in Leipzig, 1856 Oberstaatsanwalt und Chef der kgl. sächsischen Staatsanwaltschaft, I860 Generalstaatsanwalt. 1885 ging er als Wirklicher Geheimer Rat in den Ruhestand. S. war Mitbegründer des Deutschen Juristentags, 1854-86 Herausgeber der Zeitschrift „Gerichtssaal" sowie Redakteur der „Neuen Jahrbücher für sächsisches Strafrecht" und der „Sächsischen Gerichtszeitung". Seit 1850 gehörte er der Zweiten Sächsischen K a m m e r an, war Mitglied der bundesstaatlich-konstituionellen Fraktion des Reichstags des Norddeutschen Bundes und 1871-84 Reichstagsabgeordneter.
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Hanns Werner, Journalist, * 8 . 6 . 1 9 2 4 Berlin, t 3 . 9 . 1991 Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde S. Journalist beim Westberliner Sender RIAS. Seit 1953 Nachrichtenchef von R I A S Berlin, machte er sich bald einen Namen als politischer Kommentator und wurde 1963 erster Studioleiter des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) in Berlin. Seit 1966 moderierte er die politische Sendereihe „drüben", die er 1971 zum Magazin „Kennzeichen D " weiterentwickelte und bis 1982 leitete. S. bemühte sich, mit seiner Fernsehsendung zu einer sachlichen Auseinandersetzung mit der D D R beizutragen. Seit 1974 war er Lehrbeauftragter, seit 1979 Honorarprofessor am Institut für Publizistik der Freien Univ. Berlin und seit 1982 Generalsekretär des P.E.N.-Zentrums Bundesrepublik Deutschland. Der mehrfach ausgezeichnete S. ( u . a . Adolf-Grimme-Preis) schrieb u . a . DDR heute (1970). CD Munzinger
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Hans Dieter, Schriftsteller, Schauspieler, Regisseur, * 3 0 . 8 . 1926 Münster, t 7 . 5 . 1 9 9 4 Anterskofen. S., Sohn eines Kaufmanns, erhielt Schauspielunterricht bei E. Wallrath und Christian Willi Radke in Münster, debütierte 1945 und war bis 1947 an den Städtischen Bühnen Münster, 1947-49 in Lübeck engagiert. Er war Regisseur und Dramaturg an verschiedenen Bühnen, u. a. 1953-55 in CastropRauxel, dann in Trier, Krefeld und an den Kammerspielen in München (u. a. 1959 deutsche Erstaufführung von Alfred Jarrys König Ubu). 1968-72 war er Intendant des Westfälischen Landestheaters in Castrop-Rauxel, 1 9 7 5 / 7 6 Schauspieldirektor in Nürnberg. Als Gast führte er Regie
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an vielen Theatern. 1960-68 arbeitete er bei der „Bavaria" in München, wo er mehr als 100 Fernsehfilme drehte, u . a . Literaturverfilmungen nach Flauberts Madame Bovary und Heinrich —»Bolls Das Ende einer Dienstfahrt. S. schrieb Gedichte, Hörspiele, R o m a n e (Ludwig Leiserer, 1983) und das Theaterstück Ein wunderbarer Kerl (Uraufführung 1986). 1990 erschienen seine Jugenderinnerungen unter dem Titel Geh aus mein Herz. CD Westf Autoren, Bd 4
Schwarzel,
Carl, kath. Theologe, * 19.2. 1746 Eggendorf, t 4 . 3 . 1809 Freiburg. S., Sohn wohlhabender Landleute, war 1779-83 Prof. für Patristik und Dogmatik in Innsbruck und 1785-1805 Prof. für Pastoraltheologie in Freiburg/Breisgau. Neben pastoraltheologischen Werken verfaßte er katechetische und liturgische Arbeiten mit aufklärerisch-jansenistischen Tendenzen. S. veröffentlichte u . a . Praktischer Religionsunterricht (1796), Anleitung zu einer vollständigen Pastoral-Theologie ( 1 7 9 9 / 1 8 0 0 ) , Von der Aussendungspflicht, mit Innbegriff der heiligen Messe, der Sakramente und andern kirchlichen Verrichtungen (1800) und Über die Nothwendigkeit der catholischen Kirchenversammlungen (1807). 1799 legte er eine Übersetzung der Psalmen Davids vor. CD A D B
Schwarzenbach, Annemarie, schweizer. Schriftstellerin, Journalistin, * 2 3 . 5 . 1908 Zürich, f 15. 11.1942 Sils Baselgia (Engadin). Die in großbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsene S. wurde nach d e m Studium in Paris und Zürich, das sie 1931 mit der Promotion abschloß (Beiträge zur Geschichte des Oberengadins im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit), als Photoreporterin bekannt. Sie berichtete für schweizer. Zeitungen aus Skandinavien, Spanien, Rußland und d e m Vorderen Orient. Nach ihrer Heirat mit einem französischen Diplomaten ging sie 1935 nach Persien, wo ihr erfolgreichstes Werk, der R o m a n Das glückliche Tal (1940, Nachdr. 1991), entstand. 1939 unternahm sie in Begleitung einer Freundin eine Autoexpedition durch Afghanistan und entschloß sich nach einem kurzen Aufenthalt in der Schweiz 1940 zur Auswanderung in die USA. Dort half die mit den Geschwistern Erika und Klaus —>Mann befreundete S., die von ihr auch finanziell unterstützte Exilzeitschrift „Die S a m m l u n g " zu begründen, und engagierte sich im Emergency Rescue Committee. 1941 wieder in die Schweiz zurückgekehrt, reiste sie im selben Jahr in den Kongo, wo sie f ü r schweizer. Zeitungen schrieb. S. starb an den Folgen eines Fahrradunfalls. CD Killy Schwarzenbach,
Gerold Karl, schweizer. Chemiker, * 15.3. 1904 Horgen, t 2 0 . 5 . 1 9 7 8 Zürich. S. studierte C h e m i e an der Ε Τ Η Zürich, wurde 1928 promoviert (Studien über die Salzbildung von Beizenfarbstoffen), habilitierte sich 1930 (Die Acidimetrie in verschiedenen Lösungsmitteln) und war seit 1931 Privatdozent an der Univ. Zürich. Seit 1942 Prof., kehrte er 1955 als Ordinarius und Vorsteher des Laboratoriums für anorganische und analytische C h e m i e an die Ε Τ Η zurück. S., seit 1966 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, beschäftigte sich mit den Koordinationsverbindungen, dem Verhalten von Säuren und Basen in extremen phBereichen sowie der Konstitution und Lichtabsorption von Farbstoffen. Er entdeckte den Chelateffekt und entwickelte die komplexometrische Titration, eine Bestimmungsmethode für verschiedene Metalle. Die 1957 veröffentlichte erste Tabelle der Stabilitätskonstanten von Metallionenkomplexen in Lösungen und deren Löslichkeitsprodukten wurde von ihm mitbearbeitet. S. veröffentlichte u. a. Allgemeine und anorganische Chemie (1940, 4 1950) und Die komplexometrische Titration ( 1 9 5 3 , 5 1 9 6 5 , engl. 1 9 5 7 , 2 1 9 6 9 , japan. 1958, span. 1959, chines. 1960, russ. 1970).
Schwarzenberg Schwarzenbach,
J a m e s , s c h w e i z e r . Politiker, * 5 . 8 . 1 9 1 1 RUschlikon, t 28. 1 0 . 1 9 9 4 St. M o r i t z . D e r S o h n eines Industriellen Schloß in F r e i b u r g ( S c h w e i z ) d a s S t u d i u m d e r G e s c h i c h t e ab, w a r seit 1947 I n h a b e r des T h o m a s - V e r l a g s , 1958-62 C h e f r e d a k t o r der „ Z ü r c h e r Woc h e " und H e r a u s g e b e r des „ R e p u b l i k a n e r " . Als Parteiloser w u r d e S. 1967 auf der Liste der „ N a t i o n a l e n A k t i o n gegen d i e Ü b e r f r e m d u n g von Volk und H e i m a t " in den Nationalrat g e w ä h l t . Sein K a m p f f ü r e i n e R e d u k t i o n d e s A u s l ä n d e r anteils in der S c h w e i z g i p f e l t e in der „ S c h w a r z e n b a c h Initiative", d i e a m 7 . 6 . 1 9 7 0 n u r mit k n a p p e r M e h r h e i t verw o r f e n w u r d e . Im selben J a h r verließ S. d i e „ N a t i o n a l e A k tion" und g r ü n d e t e d i e „ R e p u b l i k a n i s c h e B e w e g u n g " . 1978 schied er aus d e m P r ä s i d i u m der Partei aus und trat 1989 der A u t o - P a r t e i bei.
Schwarzenbach-Zeuner,
Robert, schweizer. Untern e h m e r , * 2 1 . 3 . 1839 T h a l w i l (Kt. Z ü r i c h ) , t 1.7. 1904 RUschlikon (Kt. Zürich). S.-Z., S o h n eines S e i d e n f a b r i k a n t e n , s a m m e l t e seit 1857 in e i n e m A m s t e r d a m e r H a n d e l s h a u s praktische E r f a h r u n g e n i m Ü b e r s e e h a n d e l und g i n g 1860 n a c h N e w York. Dort arbeitete er f ü r e i n e F i r m a , d i e das S e i d e n u n t e r n e h m e n seines Vaters in A m e r i k a vertrat. N a c h d e m T o d d e s Vaters ü b e r n a h m S.-Z. z u s a m m e n mit s e i n e m B r u d e r d i e G e s c h ä f t s l e i t u n g u n d tat sich politisch in der S c h w e i z als G e g n e r der E i n f ü h r u n g von S c h u t z z ö l l e n hervor. Seit 1893 f ü h r t e er d i e in R o b e r t S c h w a r z e n b a c h & Co. u m b e n a n n t e F i r m a z u s a m m e n mit ein e m M i t a r b e i t e r fort und richtete weitere S e i d e n s p i n n e r e i e n , -Zwirnereien und -Webereien in Italien, den U S A u n d Frankreich ein. DD S c h w e i z e r Pioniere, B d 10 S c h w a r z e n b e r g , A d a m Graf zu, S t a a t s m a n n , * 2 6 . 8 . 1583 G i m b o r n , t 1 4 . 3 . 1641 S p a n d a u ( h e u t e zu Berlin). O b g l e i c h katholisch, Schloß sich S. im Erbstreit u m JülichK l e v e d e m b r a n d e n b u r g i s c h e n K u r f ü s t e n —»Johann Sigism u n d an und w u r d e v o m Kaiser geächtet. B i s 1618 leitete er die G e s c h ä f t e in Jülich; d a n a c h w a r er leitender M i n i ster des K u r f ü r s t e n - » G e o r g W i l h e l m in Berlin und w u r d e 1625 O r d e n s m e i s t e r der J o h a n n i t e r - B a l l e i in B r a n d e n b u r g . I m Verlauf des D r e i ß i g j ä h r i g e n Kriegs erreichte S. d e n A n s c h l u ß B r a n d e n b u r g s an den K a i s e r (1626), d i e Z u s t i m m u n g z u m P r a g e r F r i e d e n ( 1 6 3 5 ) und d i e B e t e i l i g u n g a m K a m p f g e g e n S c h w e d e n , k o n n t e aber den A u f b a u eines s t e h e n d e n H e e r e s und die E r o b e r u n g P o m m e r n s ( 1 6 3 8 ) nicht durchsetzen. N a c h d e m T o d G e o r g W i l h e l m s fiel er in U n g n a d e .
Schwarzenberg,
Felix Fürst zu, österr. S t a a t s m a n n , * 2 . 1 0 . 1800 B ö h m i s c h - K r u m a u ( C e s k y - K r u m l o w ) , t 5 . 4 . 1852 Wien. S. e n t s t a m m t e einer der e i n f l u ß r e i c h s t e n F a m i l i e n d e s b ö h m i s c h e n H o c h a d e l s . N a c h einer k u r z e n militärischen Karriere w u r d e er D i p l o m a t . Von —» M e t t e r n i c h g e f ö r d e r t , w a r er auf den wichtigsten A u s l a n d s p o s t e n der österr. Dip l o m a t i e , in St. P e t e r s b u r g , L o n d o n , Paris und Turin tätig. Zuletzt w a r er B o t s c h a f t e r in N e a p e l . N a c h d e m A u s b r u c h der M ä r z r e v o l u t i o n d e s Jahres 1848 b e g a b sich S. zur A r m e e —»Radetzkys n a c h M a i l a n d , d a n n n a c h W i e n . A l s sich dort im O k t o b e r u n t e r d e m D r u c k eines d e m o k r a t i s c h e n A u f s t a n d e s d i e liberale R e g i e r u n g —» W e s s e n b e r g auflöste, b e s c h l o ß ein h a b s b u r g i s c h e r F a m i l i e n r a t d i e B e r u f u n g S.s z u m M i nisterpräsidenten. Gleichzeitig fiel d i e E n t s c h e i d u n g f ü r die A b d a n k u n g Kaiser —»Ferdinands z u g u n s t e n seines N e f f e n —» F r a n z J o s e p h . S. hat in d e n drei J a h r e n seiner A m t s z e i t v o m N o v e m ber 1848 bis April 1852 nicht nur d i e R e v o l u t i o n nied e r g e k ä m p f t u n d die politische M a c h t s t e l l u n g Österreichs in d e r e u r o p ä i s c h e n Politik z u r ü c k g e w o n n e n , s o n d e r n auch d i e G r u n d l a g e n f ü r d i e w i r t s c h a f t l i c h e und gesellschaftlic h e M o d e r n i s i e r u n g der H a b s b u r g e r m o n a r c h i e gelegt. A m
2 1 . 1 1 . 1 8 4 8 b i l d e t e er ein M i n i s t e r i u m , d e m L i b e r a l e w i e A l e x a n d e r —»Bach u n d Karl L u d w i g —»Bruck n e b e n konservativen R e f o r m e r n w i e F r a n z —»Stadion und später L e o —»Thun a n g e h ö r t e n . S. w a r z w a r ein e n t s c h l o s s e n e r Antirevolutionär, jedoch bereit, d e m K o n s t i t u t i o n a l i s m u s e i n e C h a n c e zu g e b e n . A n d e r s als sein Vorgänger M e t t e r n i c h versuchte er, die R e v o l u t i o n nicht bloß zu v e r h i n d e r n , s o n d e r n zu ü b e r w i n d e n . Seinen ersten E r f o l g e r r a n g S. g e g e n die N a t i o n a l v e r s a m m lung in F r a n k f u r t / M a i n . D e r e n F o r d e r u n g nach E i n b e z i e h u n g d e r d e u t s c h e n P r o v i n z e n Österreichs in einen deutschen Nationalstaat setzte er i m S i n n e einer „großösterr e i c h i s c h e n " (gegen e i n e „ g r o ß d e u t s c h e " ) L ö s u n g der „deutschen F r a g e " den A n s p r u c h auf B e t e i l i g u n g der g e s a m ten H a b s b u r g e r m o n a r c h i e an einer ö s t e r r e i c h i s c h - d e u t s c h e n S t a a t e n k o n f ö d e r a t i o n e n t g e g e n . A u f das f ö d e r a l i s t i s c h e Verf a s s u n g s k o n z e p t des von S. nach K r e m s i e r verlegten R e i c h s tags a n t w o r t e t e er mit einer zentralistischen K o n s t i t u t i o n mit starker m o n a r c h i s c h e r G e w a l t , o h n e d i e s e j e d o c h wirklich in K r a f t zu setzen ( „ N e o a b s o l u t i s m u s " ) . M i t der A b b e r u f u n g der österr. A b g e o r d n e t e n aus F r a n k f u r t verlor die dortige V e r s a m m l u n g den A n s p r u c h auf d i e Stellung einer d e u t s c h e n Nationalrepräsentation. E b e n s o e n t s c h l o s s e n w i e S. d i e R e v o l u t i o n in Österreich, D e u t s c h l a n d und U n g a r n niederwarf, b e g a n n er in der Innenpolitik mit einer „ R e v o l u t i o n von o b e n " : D i e G r u n d entlastung w u r d e d u r c h g e f ü h r t . A l e x a n d e r B a c h und A n t o n —»Schmerling organisierten ein n e u e s S y s t e m der Verwaltung und R e c h t s p r e c h u n g . L e o T h u n m o d e r n i s i e r t e mit seinen M i t a r b e i t e r n J o s e p h A l e x a n d e r von —»Helfen, A n t o n —»Krombholz, F r a n z —»Exner und H e r m a n n - ^ B o n i t z das Unterrichtswesen. M i t seiner Politik schuf sich S. m e h r F e i n d e als F r e u n d e . Er w a r d e n Liberalen zu k o n s e r v a t i v und den K o n s e r v a t i v e n zu liberal. D e m u n s i c h e r e n , aber m a c h t b e w u ß t e n j u n g e n K a i s e r F r a n z J o s e p h schien der M i n i s t e r p r ä s i d e n t e i n e G e f a h r f ü r seine Herrscherstellung. E r e n t s c h l o ß sich, das M i n i s t e r i u m zu e n t m a c h t e n und S. als M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n zu stürzen. D i e s e D e m ü t i g u n g blieb S. erspart; er starb w ä h r e n d einer S i t z u n g des Ministerrats. Erst a m E n d e seiner R e g e n t s c h a f t hat K a i s e r F r a n z J o s e p h a n e r k a n n t , d a ß S. nicht n u r der erfolgreichste, s o n d e r n der b e d e u t e n d s t e Politiker seiner R e gierungszeit war. LITERATUR: Josef A l e x a n d e r von H ü b n e r : Ein J a h r m e i n e s L e b e n s , 1848-1849. L e i p z i g 1891. - K e n e t h W . R o c k ; R e action T r i u m p h a n t . T h e D i p l o m a c y of F. S. a n d Nicolas I in M a s t e r i n g the H u n g a r i a n Insurrection 1848-1850. S t a n f o r d 1969. - A n d r e a s G o t t s m a n n : R e i c h s t a g von K r e m s i e r und R e g i e r u n g S. W i e n / M ü n c h e n 1995. - S t e f a n Lippert: F. Fürst S. E i n e politische B i o g r a p h i e . Diss. Kiel 1995. Helmut
Rumpler
Schwarzenberg,
Friedrich Fürst zu, österr. Schriftsteller, Militär, * 3 0 . 9 . 1799 Wien, t 6 . 3 . 1870 W i e n . D e r S o h n von Karl Fürst zu —»S. schlug 1815 d i e militärische L a u f b a h n ein, die ihn seit 1830 im Dienst der eur o p ä i s c h e n G r o ß m ä c h t e d u r c h den g a n z e n K o n t i n e n t f ü h r t e . N a c h d e m er 1830 an der f r a n z ö s i s c h e n E r o b e r u n g A l g e r i e n s t e i l g e n o m m e n hatte, u n t e r n a h m er 1 8 3 5 / 3 6 e i n e B a l k a n reise und Schloß sich 1838 in S p a n i e n d e n Karlisten an. Seit 1846 k ä m p f t e er g e g e n d i e revolutionären E r h e b u n g e n in der D o n a u m o n a r c h i e . D e r 1849 den R a n g eines G e n e r a l m a j o r s f ü h r e n d e S. schilderte seine Reise- u n d K r i e g s e r l e b n i s s e in m e h r e r e n B ü c h e r n , die als t y p i s c h e B e i s p i e l e d e r österr. O f fiziersdichtung e i n e Q u e l l e n s a m m l u n g zur Ideen- und M e n talitätsgeschichte der h a b s b u r g i s c h e n M o n a r c h i e darstellen (u. a. Rückblicke auf Algier und dessen Eroberung durch die französischen Truppen im Jahre 1830, 1837; Fragmente aus
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Schwarzenberg dem Tagebuch während einer Reise in die Levante, 1837). A m erfolgreichsten war die Erzählungen, Gedichte und Essays umfassende S a m m l u n g Aus dem Wanderbuche eines verabschiedeten Lanzknechts (5 Bde., 1844-48). OP Killy
marschall stand der 1566 in den Grafenstand erhobene S. seit 1576 in kaiserlichen Diensten, kehrte jedoch 1581 wieder in das bayerische Herzogtum zurück, wo er als Geheimer Rat, Obersthofmeister und Oberstkämmerer leitende Staatsämter bekleidete. DO A D B
Schwarzenberg,
Friedrich (Johann Josef Cölestin) Fürst zu, österr. kath. Theologe, Erzbischof von Salzburg und Prag, Kardinal, * 6 . 4 . 1 8 0 9 Wien, f 2 7 . 3 . 1885 Wien. Der zum geistlichen Stand bestimmte Bruder von Felix Fürst zu —>S. wurde 1829 Domizellar und 1836, bereits in jungen Jahren, Erzbischof von Salzburg. Seit 1842 auch Kardinal, wurde er 1850 Erzbischof von Prag. Als einer der Führer der klerikalfeudalen Partei B ö h m e n s wandte sich S. gegen das Staatskirchentum und sprach sich unter dem Einfluß von Anton —> Günther gegen Syllabus und Unfehlbarkeitsdogma aus, das er nach der Verkündung durch das Vatikanische Konzil jedoch annahm. • • LThK
Schwarzenberg,
Johann Frh. von, Staatsmann, Humanist, * 26. 12.1463 (1465?) Schloß Schwarzenberg, t 21. 10. 1528 Nürnberg. Nach ritterlicher Erziehung und Hofleben stand S. seit 1490 im Dienst der Würzburger Fürstbischöfe und wurde 1500/01 Landhofmeister und Vorsitzender des Hofgerichts des Fürstbischofs von Bamberg, in dessen Auftrag er 1507 die Bambergische Halsgerichtsordnung verfaßte. Aus diesem ersten deutschen Strafgesetzbuch wurde später die Constitutio Criminalis Carolina (1532) entwickelt. Sein Bekenntnis zur Lehre —> Luthers führte 1524 zu seinem Ausscheiden aus bambergischen Diensten. 1522 ins Reichsregiment berufen, verhinderte S. als kaiserlicher Statthalter die Durchführung des Wormser Edikts. Als Rat (1521) und Landhofmeister (1527) der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach war er an der Kirchenvisitation in Brandenburg beteiligt. S. trat auch als Verfasser von erbaulichen Schriften und Sendbriefen (u. a. Beschwerung der alten Telifelischen Schlangen mit dem Göttlichen wort, 1525) sowie Herausgeber deutscher Übersetzungen lateinischer Klassiker (u. a. Teutscher Cicero, 1534) hervor. CD H R G
Schwarzenberg,
Karl (Philipp) Fürst zu, österr. Militär, * 15.4. 1771 Wien, t 15. 10. 1820 Leipzig. S. stand seit 1788 in österr. Militärdiensten und wurde nach der Teilnahme am Türkenkrieg 1789 und am Ersten Koalitionskrieg 1796 zum Generalmajor befördert. Auch in den folgenden Jahren an den Kriegen gegen das revolutionäre und napoleonische Frankreich beteiligt, wurde er 1805 Vizepräsident des Hofkriegsrat. Nach dem Wiener Frieden 1810 als österr. Botschafter nach Paris entsandt, leitete S. die Verhandlungen über die Eheschließung Napoleons mit —> Marie Louise von Österreich. Im Rußlandfeldzug führte er 1812 das österr. Hilfskorps der Großen A r m e e Napoleons. Nach d e m Waffenstillstand mit Rußland und dem vergeblichen Versuch, zwischen Frankreich und Rußland zu vermitteln, erhielt S. 1813 den Oberbefehl über die verbündeten Streitkräfte gegen Napoleon. Er befehligte die Hauptarmee in der Leipziger Völkerschlacht 1813 und zog, als Feldmarschall, 1814 siegreich in Paris ein. 1815 wurde er Präsident des Hofkriegsrats. Er war der Vater von Friedrich Fürst zu —>S. CD R ö ß l e r / F r a n z
Schwarzenberg,
Ottheinrich von, auch Otto Heinrich S., Staatsmann,* 15.11.1535, t 11.8.1590. Der einem fränkischen Reichsministerialengeschlecht ents t a m m e n d e S. stieg in bayerischen und kaiserlichen Diensten zu hohen Stellen auf. Zunächst Regimentsrat in Straubing, später Pfleger in Bärnstein, wurde er 1562 Landhofmeister und Rat Herzog —» Albrechts V. von Bayern. Als Obersthof-
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Schwarzenberger,
Georg, Jurist, * 2 0 . 5 . 1 9 0 8 Heilbronn, t 2 0 . 9 . 1991. S., Sohn eines Putzwollfabrikanten, Schloß das Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg, F r a n k f u r t / M a i n , Berlin, Tübingen, Paris und London 1930 mit der Promotion bei Carlo —> Schmid in Tübingen ab (Das Völkerbunds-Mandat für Palästina, 1929). 1933 als Referendar wegen seiner sozialdemokratischen Gesinnung entlassen, emigrierte er 1934 nach Großbritannien, wo er 1936 an der London School of Economics den Grad eines P h . D . erwarb, und wurde Sekretär, 1943 Direktor des London Institute of World Affairs. Daneben lehrte S. seit 1938 am University College London; 1962 wurde er zum Professor of International Law ernannt. 1946 erhielt S. die britische Staatsbürgerschaft. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Making international law work (mit George W. Keeton, 1939), Power politics (1941, 3 1964, dt. Machtpolitik, 1955), International law and totalitarian lawlessness (1943), International law as applied by international courts and tribunals (4 Bde., 1945, 2 1949), A manual of international law (1947, 6 1976, dt. Einführung in das Völkerrecht, 1951) und International law and order (1971). CD B H d E , Bd 2
Schwarzer,
Ernst Edler von Heldenstamm, österr. Politiker, Ö k o n o m , Journalist, * 15.8. 1808 Fulnek (Mähren), t 18.3. 1860 Wien. Nach Wanderjahren trat S., Sohn eines Offiziers, 1842 in den Dienst des Prager Gewerbevereins, wurde 1843 Mitarbeiter der Mittrowskyschen Eisenwerke in Mähren und 1844 Chefredakteur des „Österreichischen Lloyd" in Triest. Als österr. Minister f ü r öffentliche Arbeiten (1848) zeichnete er u . a . für den Baubeginn der Semmering-Bahn und die Freigabe des Telegraphenverkehrs verantwortlich. Blutige Arbeiteraufstände, die durch von ihm veranlaßte Lohnkürzungen bei öffentlichen Bauvorhaben ausgelöst worden waren, zwangen ihn noch 1848 zum Rücktritt. Seine politische Karriere beendete S. 1849 als Reichstagsabgeordneter. Danach widmete er sich vor allem der Veröffentlichung wirtschaftsstatistischer Arbeiten. S. war Gründungsmitglied des Journalisten- und Schriftstellerverbands „Concordia". t u ÖBL
Schwarzhaupt,
Elisabeth, Politikerin, * 7. I. 1901 Frankfurt/Main, t 29.10.1986 Frankfurt/Main. Nach d e m Studium der Rechtswissenschaften war S., Tochter von Wilhelm —>S., 1930-32 in der städtischen Rechtsauskunftsstelle und Rechtsschutzstelle für Frauen in Frankf u r t / M a i n , 1 9 3 2 / 3 3 als Hilfsrichterin an den Amtsgerichten Frankfurt und Dortmund tätig. Politisch seit 1919 in der Deutschen Volkspartei engagiert, setzte sie sich vor allem f ü r die Interessen der Frauen ein. Seit 1933 arbeitete sie beim Deutschen Rentnerbund Berlin. 1935 entlassen, trat sie 1936 in die Verwaltung der Deutschen Evangelischen Kirche ein. In der Kirchenkanzlei der D E K war sie Konsistorial- und Oberkonsistorialrätin, in der E K D nach 1948 Oberkirchenrätin im Kirchlichen Außenamt. In dieser Funktion unternahm S. zahlreiche Auslandsreisen. 1953-69 gehörte sie als CDU-Mitglied d e m Deutschen Bundestag an, war seit 1957 Vorstandsmitglied ihrer Fraktion und wurde 1961 als erste Frau Gesundheitsministerin im vierten Kabinett —»Adenauer. S. machte sich vor allem u m die R e f o r m des Eherechts verdient. 1970-72 führte sie den Vorsitz im Deutschen Frauenrat. CD D e m o k r Wege
Schwarzkopf S c h w a r z h a u p t , Wilhelm, Pädagoge, * 4 . 1 0 . 1 8 7 1 Schlüchtern, t 16. 8. 1961 Königstein. S. war Hilfslehrer in Herborn und Schlüchtern, 1894-1906 Lehrer an Frankfurter Schulen und seit 1920 Stadtschulinspektor, dann Stadtschulrat in Frankfurt. 1921-32 gehörte er als Abgeordneter der Deutschen Volkspartei dem Preußischen Landtag an. 1927-29 trat er als Leitartikler der „Frankfurter Nachrichten" für die Außenpolitik Gustav —> Stresemanns und eine Beteiligung der Sozialdemokratie an der Regierung ein. 1934 wurde er in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Nach 1945 war S. in Frankfurt Bezirksvorsteher und Spruchkammervorsitzender, arbeitete in der F D P mit und gehörte dem Schulausschuß an. Er war der Vater von Elisabeth —> S. CD Frankf Biogr S c h w a r z h u e b e r , Simpert, Benediktiner, Theologe, * 4. 12. 1727 Augsburg, f 3 0 . 4 . 1795 Salzburg. S. besuchte das Jesuitenkolleg in Augsburg und trat dann in das Kloster Wessobrunn ein, w o er 1746 die Profeß ablegte und anschließend Theologie studierte. Das Studium setzte er in Oberaltaich und Salzburg fort. 1752 zum Priester geweiht, war er zunächst Theologiedozent in Wessobrunn, 1757-65 Gymnasiallehrer, 1765-73 Prof. und schließlich Superior in Salzburg, wo er 1789-92 auch die Ämter Prokanzler und Vizerektor der Univ. innehatte. Nach internen Differenzen trat er zurück, da er die Modernisierungsbestrebungen an der Univ. nicht teilte. Zu S.s Forschungs- und Lehrgebieten zählten Moralphilosophie, Dogmatik, Geschichte, Naturrecht, Völkerrecht und Kirchengeschichte. Als sein Hauptwerk gilt sein Praktisch-katholisches Religions-Handbuch für nachdenkende Christen (1784, 5 1823). Daneben veröffentlichte er Predigten über die wichtigsten Gegenstaende (1768), De celebri inter Sacerdotium et Imperium schismate (1771) und Assertiones ex Theologiae dogmaticae isagogica parte (1779). DP LThK S c h w a r z k o g l e r , Rudolf, österr. Aktionskünstler, Maler, * 13. 11. 1940 Wien, t 2 0 . 6 . 1 9 6 9 Wien. S. besuchte bis 1961 die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien und schrieb sich dann an der Akademie für angewandte Kunst ein. 1964 nahm er eine Stelle als Graphiker bei einer Büromittelfirma an, die er eineinhalb Jahre später kündigte. Mit Otto Muehl, H e r m a n n Nitsch und Günter Brus begründete er 1964 den „Wiener Aktionismus". S.s Bemühen, Kunst aus der alltäglichen Erfahrung der Wirklichkeit heraus zu schaffen, und die seine Aktionen (Aktion 1-6, 1 9 6 5 / 6 6 ) kennzeichnende Ästhetik der Askese und Reduktion sorgten für großes Aufsehen in der österr. Kunstszene. S. verfaßte theoretische Texte und Konzepte zu Aktionen. Er wurde zum Avantgardisten der in den siebziger Jahren einsetzenden Körper- und Selbsterfahrungskunst. S. beging Selbstmord. CD Killy S c h w a r z k o p f , (Olga Maria) Elisabeth (Frederike), verh. Legge-Schwarzkopf, Sängerin, * 9. 12. 1915 Jarotschin bei Posen, t 3 . 8 . 2 0 0 6 Schruns (Vorarlberg). Die Tochter eines Gymnasiallehrers erhielt früh Musikunterricht, studierte seit 1934 Gesang an der Hochschule für Musik in Berlin und war später Privatschülerin von Maria —>Ivogün. 1938 debütierte S. als B l u m e n m ä d c h e n in Parsifal am Deutschen Opernhaus in Berlin und wurde 1940 durch ihre Interpretation der Zerbinetta in Ariadne auf Naxos bekannt. Im selben Jahr trat sie in die N S D A P ein. 1942 wurde sie von Karl —»Böhm an die Wiener Staatsoper engagiert. 1947 folgte sie dem Musikproduzenten und Gründer des London Philharmonie Orchestra Walter Legge nach London und wurde 1953 britische Staatsbürgerin. Nach Erfolgen u . a . an der Mailänder Scala, dem Royal Opera House in London und der Metropolitan Opera in N e w York nahm S. 1971 in ihrer bekanntesten Rolle, der Marschallin im Ro-
senkavalier von Richard —> Strauss, im Brüsseler Theatre de la M o n n a i e ihren Abschied von der Bühne, war aber noch bis 1979 als Liedsängerin und danach als Gesangspädagogin tätig. Zu ihren weiteren großen Rollen zählen die Donna Elvira in Don Giovanni und die Gräfin in Le nozze difigaro von —> Mozart sowie die Gräfin in Strauss' Capriccio und die Alice Ford in Verdis Falstajf. Ferner galt S., die für die Klarheit ihrer Artikulation und Phrasierung gerühmt wurde, als herausragende Interpretin der Lieder von H u g o - » Wolf. 1990 erhielt sie den Professorentitel, 1992 wurde sie zur D a m e of the British Empire erhoben. 1982 erschien von ihr und Legge Gehörtes. Ungehörtes. Memoiren. DP M G G S c h w a r z k o p f , Hans, Chemiker, Unternehmer, * 1874 Danzig, f 1 2 . 2 . 1 9 2 1 Berlin. S. studierte Chemie, eröffnete 1898 in Charlottenburg eine Drogen- und Parfümeriehandlung und entwickelte 1903 das erste Pulver-Shampoo Deutschlands. 1908 errichtete er eine Fabrik, der bald Niederlassungen im Ausland folgten. Nach S.s Tod übernahm seine Frau Martha die Unternehmensleitung, in der sie später von ihren Söhnen unterstützt wurde. Eine S a m m l u n g der Firma zur Geschichte der Schönheitsund Körperpflege befindet sich seit 1995 als Dauerleihgabe im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden. S c h w a r z k o p f , Joachim von, auch Schwartzkopf, Diplomat, Zeitungshistoriker, * 2 3 . 3 . 1766 Steinhorst (Lauenburg), t 1.7. 1806 Paris. Der Sohn eines A m t m a n n s studierte u . a . in Göttingen, war Kgl. Großbritannischer und Kurfürstlich BraunschweigLüneburgischer Kanzlei- und Legationssekretär in Berlin und wurde 1796 Ministerresident beim kur- und oberrheinischen Kreis und der Stadt Frankfurt; 1792 wurde er geadelt. Seit 1804 war S. zusätzlich Herzoglich MecklenburgStrelitzischer Geheimer Legationsrat und Kgl. Preußischer Canonicus in Minden. Mit Schriften wie Ueber Zeitungen, ein Beytrag zur Staatswissenschaft (1795) und Ueber politische und gelehrte Zeitungen, Messrelationen, Intelligenzblätter und Uber Flugschriften zu Frankfurt am Mayn, ein Beytrag zu der Geschichte dieser Reichs-Stadt (1802) gehörte S. zu den Begründern der Zeitungswissenschaft. tu
Frankf Biogr
S c h w a r z k o p f , Klaus, Schauspieler, * 18. 12. 1922 Neuruppin, f 2 2 . 6 . 1 9 9 1 B o c h u m . Nach seiner Ausbildung an der Schauspielschule Berlin, die er während des Zweiten Weltkriegs absolvierte, spielte S. zunächst unter Boleslaw —> Barlog. Über Wiesbaden (1953) und Hamburg kam er nach München, wo er 1960-67 am Bayerischen Staatsschauspiel tätig war. Zu seinen bekanntesten Fernsehrollen gehörte der Kommissar Finke in der Krimiserie „Tatort" (1967). Auf der Bühne feierte er u . a . in der Titelrolle von Carl —>Zuckmayers Hauptmann von Köpenick Erfolge. CD Munzinger S c h w a r z k o p f , Nikolaus, Schriftsteller, * 2 7 . 3 . 1 8 8 4 Urberach bei Darmstadt, t 1 7 . 1 0 . 1 9 6 2 Darmstadt. Nach d e m Besuch des Lehrerseminars unterrichtete S., Sohn eines Pflasterers und einer Näherin, zwanzig Jahre an verschiedenen Volksschulen. 1924 ließ er sich als freischaffender Schriftsteller in Darmstadt nieder. Seine liebevollromantisierenden, volkstümlichen R o m a n e und Erzählungen schildern meist das Leben der kleinen Leute in der Gegend um Mainz und Darmstadt. S. schrieb vor allem Romane (u. a. Greta Kunkel, 1913; Der Barbar. Ein MatthiasGrünewald-Roman, 1930; Der Feldhäfner oder Freunde auf weite Sicht, 1941) und Erzählungen (u. a. Maria vom Rheine, 1919). Seine Autobiographie Mein Leben erschien 1935. CD Killy
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Schwarzmann S c h w a r z m a n n , Joseph Anton, Maler, * 1 . 2 . 1 8 0 6 Prutz (Tirol), t 1 8 . 7 . 1 8 9 0 München. Der Schüler von Anton Schönherr und Heinrich Maria Hess stieg unter König —»Ludwig I. zum meistbeschäftigten Dekorationsmaler Bayerns auf. Als Mitarbeiter von Friedrich von —> Gärtner malte er in München u. a. die Ludwigskirche, die Pinakotheken und das Maximilianeum aus. Nach Studienreisen durch Deutschland und Italien folgte er Gärtner bis nach Athen, um an der Innenausschmückung des kgl. Schlosses mitzuwirken. Als seine bedeutendste Leistung gilt die Ausmalung des D o m s zu Speyer. DP A D B S c h w a r z s c h i l d , Heinrich, Gynäkologe, Dichter, * 2 8 . 2 . 1803 F r a n k f u r t / M a i n , t 7 . 4 . 1878 F r a n k f u r t / M a i n . S. stammte aus einer alteingesessenen Frankfurter Familie, studierte Medizin in Heidelberg und Würzburg und ließ sich nach der Promotion 1825 (De fungis capitis) als praktischer Arzt und Gynäkologe in Frankfurt nieder; bis 1848 wurde er gesondert als „Judenarzt" geführt. Er gehörte der Expertenkommission für den Bau eines neuen israelitischen Krankenhauses an; nach der E r ö f f n u n g des „Königswarter Spitals" war er dort als Spitalsarzt tätig. 1875 wurde er zum Geheimen Sanitätsrat ernannt. S. war Mitglied der Konstituante, die eine neue Verfassung für Frankfurt erarbeiten sollte, und des Schulrats am Philanthropin. Neben medizinischen Schriften (u. a. Magnetismus, Somnambulismus, Clairvoyance, 2 Bde., 1 8 5 3 / 5 4 ; Licht und Schattenseiten der heutigen Heilswissenschaft, 1871) veröffentlichte er Gedichtbände ( K ö n i g Rübezahl und seine Gnomen, 1842; Poetische Tischreden für Aerzte und deren Freunde, 1 8 5 9 , 2 1 8 6 2 ) und übersetzte u . a . die Odyssee. CD Frankf Biogr S c h w a r z s c h i l d , Karl, Astronom, Mathematiker, * 9. 10. 1873 F r a n k f u r t / M a i n , t 1 1 . 5 . 1 9 1 6 Potsdam. Der einer K a u f m a n n s f a m i l i e entstammende S. studierte seit 1891 Astronomie in Straßburg, seit 1893 in M ü n c h e n und wurde 1896 promoviert (Die Poincaresche Theorie des Gleichgewichts einer homogenen rotierenden Fliissigkeitsmasse). Er wurde Assistent an der von Kuffnerschen Sternwarte in Wien und habilitierte sich 1899 an der Univ. München f ü r Astronomie (Beiträge zur photographischen Photometrie der Gestirne). Seit 1901 war er a. o . P r o f . und Direktor der Sternwarte, seit 1902 o. Prof. in Göttingen. 1909 wurde er als Direktor des Astrophysikalischen Observatoriums nach Potsdam berufen. S. sind bahnbrechende Untersuchungen auf dem Gebiet der photographischen Photometrie (u. a. Schwarzschild-Effekt) der Gestirne zu verdanken. Er beschäftigte sich auch mit der Theorie der Sternatmosphären sowie d e m Problem der Bewegungen der Fixsterne und widmete sich dem Ausbau der allgemeinen Relativitätstheorie. S.s Arbeiten zur R a u m k r ü m m u n g und über Integralgleichungen sind für die Mathematik bedeutsam. Der für die Theorie der schwarzen Löcher grundlegenden Radius wird nach S. Schwarzschild-Radius genannt. S. war seit 1905 Mitglied der Wissenschaftlichen Gesellschaft in Göttingen, seit 1910 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und seit 1913 der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften in Berlin. Er veröffentlichte u . a . Untersuchungen zur geometrischen Optik (3 Tie., 1905, Nachdr. 1971) und Über das System der Fixsterne (1909, 2 1916). S. war der Vater von Martin - > S . DP D S B S c h w a r z s c h i l d , Leopold, Pseud. Argus, Leopold, Publizist, * 7 . 1 2 . 1 8 9 1 F r a n k f u r t / M a i n , f 2. 1 0 . 1 9 5 0 Santa Margherita (Italien). Nach einer kaufmännischen Ausbildung begann S., Sohn eines Kaufmanns, 1913 das Studium der Geschichte und Volkswirtschaft an der A k a d e m i e für Sozial- und Handelswissenschaften in F r a n k f u r t / M a i n . Er wandte sich, 1914 zum Kriegsdienst eingezogen, bereits während des Ersten
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Weltkriegs gegen den Militarismus, wurde journalistisch tätig und entwickelte sich in der Weimarer Republik zu einem der führenden linksliberalen Publizisten. Mit Stefan —»Großmann gründete er 1920 bzw. 1923 die Zeitschriften „Das Tage-Buch" und „Der M o n t a g Morgen". 1932 verlegte er Redaktion und Verlag nach München. Wegen seiner jüdischen Herkunft emigrierte er 1933 nach Wien, später nach Paris, w o er 1933-40 die Exilzeitschrift „Das Neue Tage-Buch" herausgab. Anfangs noch an der VolksfrontDiskussion beteiligt, entwickelte sich S. im Exil zum radikalen Antikommunisten und emigrierte, nachdem er einige Monate zum Ausländereinsatz in der französischen A r m e e eingeteilt war, 1940 in die U S A , wo er in N e w York als freier Journalist lebte. Er arbeitete u. a. für die „New York T i m e s " und die „Voices of America" (seit 1942). S. schrieb u. a. Das Ende der Illusionen (1934), World in Trance. From Versailles to Pearl Harbor (1942; dt. Von Krieg zu Krieg, 1947) und The Red Prussian. The Life and Legend of Karl Marx (1947; dt. Der Rote Preuße, 1954). CD Spalek 3,2 S c h w a r z s c h i l d , Martin, Astronom, * 3 1 . 5 . 1 9 1 2 Potsdam, t 1 0 . 4 . 1 9 9 7 Langhorne (Pennsylvania, USA). Der Sohn Karl —>S.s studierte Astronomie an der Univ. Göttingen, wurde 1936 promoviert (Zur Pulsationstheorie der elta Cephei-Stern, emigrierte im selben Jahr nach Norwegen und arbeitete 1 9 3 6 / 3 7 am Institut f ü r Theoretische Astronomie der Univ. Oslo. 1937 ging S. in die U S A , war 1937-40 am Observatorium der Harvard University, 1940-47 am Rutherford Observatory der Columbia University tätig, seit 1944 als Assistant Professor. 1942-45 war er als Leutnant der U S - A r m y in Italien eingesetzt. 1947-79 lehrte er als Prof. am University Observatory in Princeton (New Jersey). 1959 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Er beschäftigte sich mir theoretischer Astronomie, insbesondere der Theorie der Evolution der Sterne, auch der Sonne. S. verwendete Stratosphärenballons als Fernrohrträger f ü r photographische A u f n a h m e n von der Sonne und den Fixsternen. Er veröffentlichte u. a. Structure and evolution of the stars (1958, erneut 1965, russ. 1961, italien. u m 1958). DP B H d E , Bd 2 S c h w a r z w a l d , Eugenie, geb. Nußbaum, auch Genia S., österr. Pädagogin, * 4 . 7 . 1 8 7 2 Polupanowka (Galizien), t 7 . 8 . 1 9 4 0 Zürich. Nach dem Abitur in Czernowitz studierte S. seit 1895 Literatur und Philosophie in Zürich und kehrte nach der Promotion 1900 mit der Arbeit Metapher und Gleichnis bei Berthold von Regensburg nach Österreich zurück. Seit 1901 leitete sie das von Eleonore —»Jeiteles gegründete Wiener Mädchenlyzeum. Ihre u. a. von Maria Montessori beeinflußten reformpädagogischen Vorstellungen suchte S. mit Hilfe namhafter Lehrkräfte zu verwirklichen, darunter Oskar —»Kokoschka, Adolf —>Loos, Arnold —>Schönberg, Egon - » W e l l e s z und Hans - » K e l s e n . Ihre Wiener Wohnung war ein T r e f f p u n k t von Intellektuellen und Künstlern. Während des Ersten Weltkriegs richtete S. Gemeinschaftsküchen und Kindererholungsheime ein. 1938 emigrierte sie in die Schweiz. 1995 erschien eine Auswahl ihrer Feuilletons unter d e m Titel Die Ochsen von Topolschitz. DP Lex österr Exillit S c h w a t h e , Hans, österr. Bildhauer, * 2 8 . 5 . 1870 Strachwitztal bei Freiwaldau (Österr.-Schlesien), t 2 7 . 1 0 . 1 9 5 0 Wien. S. studierte 1890-98 an der Wiener Kunstgewerbeschule, wo er Schüler von August K ü h n e und Otto —»König war. Er schuf zahlreiche bildhauerische Arbeiten in und um Wien, u . a . das Abraham-a-Sancta-Clara-Denkmal (1919) und das Kaiser-Karl-Denkmal (1928) sowie einen Marienaltar (1935) für die Michaeierkirche. t D Czeike
Schwedler S c h w a t l o - G e s t e r d i n g , Joachim, Militär, * 2 . 3 . 1 9 0 3 Stralsund, t 27. I. 1975 Bonn. S.-G. trat 1917 in den Militärdienst ein und wurde 1921 in die Reichswehr übernommen. Nach dem Besuch der Berliner Kriegsakademie diente er in den dreißiger Jahren in verschiedenen Regimentern. Im Zweiten Weltkrieg zuletzt Führer einer Infanteriedivision, geriet er bei Kriegsende in sowjetische Gefangenschaft, aus der er 1955 entlassen wurde. Seit 1957 in der Bundeswehr, wurde er 1958 stellvertretender Inspekteur des Heeres, 1959 Befehlshaber im Wehrbereich II in Hannover und war 1961-64 Chef der Territorialen Verteidigung der Bundeswehr. CD Munzinger S c h w e b e l , Johann, auch Sueblin, Schwebelius, Schweblin, Reformator, * 1490 Pforzheim, t 1 9 . 5 . 1 5 4 0 Zweibrücken. S. wurde nach seinem Jurastudium 1514 zum Priester geweiht und war als Hospitaliter Konventual am HeiligGeist-Spital in Pforzheim. Als er, beeinflußt von Nikolaus —>Gerbel, Johannes —>Reuchlin und Philipp —>Melanchthon, begann, öffentlich für die Lehre —> Luthers einzutreten, mußte S. 1521 den Orden verlassen. Franz von —> Sickingen gewährte ihm Zuflucht auf der Ebernburg. Seit 1523 Prediger in Zweibrücken, verfaßte S. im Auftrag des Pfalzgrafen —> Ruprecht 1533 die erste evang. Kirchenordnung für Pfalz-Zweibrücken, mit deren Durchsetzung er ebenfalls betraut wurde. CD B B K L S c h w e c h t e n , Franz (Heinrich), Architekt, * 12.8. 1841 Köln, t 11.8. 1924 Berlin. Nach dem Studium an der Berliner Bauakademie wurde S., Sohn eines Landgerichtsrats, Mitarbeiter von August —>Stüler und Martin —»Gropius und hielt sich 1868/69 in Italien auf. Seit 1871 leitete er das Entwurfsbüro der BerlinAnhaltischen Eisenbahn, für die er u. a. den Bau des Anhalter Bahnhofs realisierte. 1885 in die Akademie der Künste aufgenommen und als Dozent an die T H Berlin berufen, wurde S. 1888 Senatsmitglied und Baurat. Seit 1902 leitete er ein Meisteratelier an der Akademie der Künste. Seine Berliner Bauten (u.a. Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, 1891-95; im Zweiten Weltkrieg zerstört) zeugen von einer Vorliebe für neoromantische Stilformen. Innerhalb des Historismus bediente sich S. auch der Formen der Neorenaissance und Backsteingotik. DD Baumeister S c h w e d e , Franz, Politiker, * 3 . 5 . 1888 Drawöhnen bei Memel, t 19. 10.1960 Coburg. Nach einer Maschinenschlosserlehre trat S. 1907 in die Marine ein, nahm am Ersten Weltkrieg teil und wurde nach Entlassung aus britischer Gefangenschaft 1920 Lehrer an der Militäranwärterschule Wilhelmshaven. Seit 1921 technischer Betriebsleiter eines Sägewerks in St. Andreasberg/Harz, war er 1922-29 Elektromaschinist und Betriebsinspektor im städtischen Dienst in Coburg. 1922 Schloß er sich der N S D A P an. S. gab das Wochenblatt „ W e c k r u f und die „Coburger Nationalzeitung" heraus. 1924-30 war er Mitglied des Nürnberger Stadtrats, 1928-33 des Oberfränkischen Kreistags und 1930-33 des Bayerischen Landtags, 1932/33 als Erster Vizepräsident des Landtags. 1931-33 Erster Bürgermeister von Coburg, wurde er 1933 Oberbürgermeister der Stadt und Mitglied des Reichstags. 1934 wurde er zunächst zum Regierungspräsidenten der niederbayerischen Oberpfalz, dann zum Gauleiter und Oberpräsidenten in Pommern und zum preuß. Staatsrat ernannt. 1945 wurde S. verhaftet und 1948 zu zehn Jahren Zuchthaus, im selben Jahr in einem zweiten Verfahren zu neun Jahren Zuchthaus verurteilt, die er in Esterwegen und Coburg verbüßte. CD Lilla, Statisten
S c h w e d e r , Gabriel, Jurist, * 18.5. 1648 Köslin (Pommern), t 30.4. 1735 Tübingen. S., der einer ursprünglich schottischen Adelsfamilie entstammte, besuchte das Gymnasium in Coburg, studierte dann in Jena und Tübingen Rechtswissenschaften und wurde 1674 zum Doktor beider Rechte promoviert. Seit 1677 herzoglichwürttembergischen Rat und Beisitzer am Hofgericht zu Tübingen, wurde er 1681 o.Prof. für Staats- und Lehensrecht an der dortigen Universität. 1703 erhielt er für seine Schrift Jus sacratissimus Imperatoris et Imperii in Ducatum Mediolanum assertum (1702) von Kaiser —»Leopold I. das Diplom eines Comes palatinus. Als sein Hauptwerk gilt Introductio in jus publicum Imperii Romano-Germanici novissimum (1681, 10 1733). DP A D B S c h w e d h e l m , Karl, Schriftsteller, Übersetzer, * 14.8.1915 Berlin, t 9 . 3 . 1 9 8 8 Braunsbach (Kr. Schwäbisch Hall). Nach dem Studium der Germanistik in Berlin und der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg trat S. zunächst als Übersetzer französischer (Marceline Desbordes-Valmore) und englischer Lyrik hervor. S. schrieb bilderreiche Lyrik (u. a. Fährte der Fische, 1955, Neuausg. 1990) und setzte sich als Essayist mit kulturhistorischen und kulturkritischen Themen auseinander. 1955-78 hatte er die Leitung der Literaturabteilung des Süddeutschen Rundfunks inne. S. war auch als Herausgeber tätig, u.a. Propheten des Nationalsozialismus (1969). CD Killy S c h w e d l e r , Johann Christoph, evang. Theologe, * 21. 12.1672 Krobsdorf (Niederschlesien), f 1 2 . 1 . 1 7 3 0 Nieder-Wiesa bei Greiffenberg (Schlesien). Der Bauernsohn studierte seit 1695 Theologie in Leipzig und wurde 1698 Pfarrer in Nieder-Wiesa. Seine volkstümlichen Erweckungspredigten fanden auch gedruckt weite Verbreitung (u. a. Evangelisch-Lutherisches Hausbuch, 3 Tie., 1706-11; Ewige Ruhe, postum 1733). S. veröffentlichte Kirchenlieder (Die Lieder Moses und des Lammes, 1716, mit 462 eigenen Liedern), von denen Wollt ihr wissen, was mein Preis? in das Gesangbuch der Herrnhuter Brüdergemeine aufgenommen wurde. Ferner verfaßte er Biblischer Spruchund Historien-Catechismus (1719) und Evangelische HirtenBrieffe (1719). CD Killy S c h w e d l e r , Johann Wilhelm, Ingenieur, * 28.6. 1823 Berlin, t 9 . 6 . 1894 Berlin. Nach einer 1852 abgeschlossenen Ausbildung zum Landund Wasserbaumeister wurde S., Sohn eines Tischlers, beim Bau der Potsdam-Magdeburger Eisenbahn, beim Siegbrückenbau bei Siegburg und beim Bau der KölnGießener Eisenbahn beschäftigt. 1858 zum Kgl. EisenbahnBaumeister ernannt, trat er in das technische Bureau der Eisenbahnabteilung des preuß. Ministeriums der öffentlichen Arbeiten ein und war seit 1868 als Geheimer Baurat oberster preuß. Baubeamter; 1873 wurde er zum Geheimen Oberbaurat befördert. 1859-76 war er zugleich Lehrer an der Bauakademie, zunächst für Maschinenbau, dann für mathematische Baukonstruktionslehre und Brückenbau. 1891 schied er aus dem Staatsdienst aus. S. verfaßte grundlegende Arbeiten zur Theorie der stählernen Brücken und der Kuppelgewölbe und entwickelte 1864 mit Hilfe hyperbolischer Träger (Schwedler-Träger) eine Fachwerkform, bei der die Diagonalen nur auf Zug belastet werden. 1866 veröffentlichte er Die Construktion der Kuppeldächer (in: Zeitschrift für Bauwesen; separat 1877). Zu seinen Konstruktionen zählt das Dach des Hauptbahnhofs in Frankfurt/Main. S c h w e d l e r , Maximilian, Musiker, Komponist, * 31.3. 1853 Hirschberg (Schlesien), t 16. 1. 1940 Leipzig. Nach seiner Ausbildung am Dresdner Konservatorium wirkte S. als Orchestermusiker u.a. in Meißen, Königsberg
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Schwedler und Düsseldorf, bis er 1881 als Soloflötist in das Leipziger Gewandhausorchester a u f g e n o m m e n wurde. Er unterrichtete außerdem am Leipziger Konservatorium und gab ältere Werke der Flötenmusik heraus. In Zusammenarbeit mit Instrumentenbauern entwickelte S. Verbesserungen an der Flöte, welche die von Theobald —>Boehm eingeführten Reformen noch Ubertrafen. Für seine vielbeachtete SchwedlerReformflöte (1912) komponierte er mehrere Werke, u . a . ein Italienisches Konzert für Flöte und Klavier. m MGG S c h w e d l e r , Rolf, Politiker, * 2 5 . 3 . 1914 Berlin, t 13.2. 1981 Berlin. S. studierte Bauingenieurwesen an der T H Berlin und trat 1938 in die Dortmunder Brückenbau A G ein. Nach dem Krieg zunächst im Brückenbauamt und im Hauptamt f ü r Baulenkung der Stadt Berlin tätig, wurde S. 1952 Senatsdirektor für Bau- und Wohnungswesen. Als Senator für Bauund Wohnungswesen (1955-72) hatte er maßgeblichen Anteil am Ausbau Westberlins zu einer modernen Großstadt. Während seiner Amtszeit entstanden u. a. die Gropiusstadt, das Märkische Viertel, die Philharmonie und das EuropaCenter und wurde die Gedächtniskirche wiedererrichtet. Mit der Internationalen Bauausstellung im Hansa-Viertel fand S. weltweite Beachtung. 1972-76 gehörte er als SPDAbgeordneter d e m Deutschen Bundestag an. Q3 Munzinger S c h w e g e r l e , Hans, Maler, Bildhauer, * 2 . 5 . 1 8 8 2 Lübeck, t 4 . 9 . 1950 München. S. studierte in Lübeck sowie an der Kunstakademie in München, wo er sich 1908 endgültig niederließ. Dort leitete er eine private Schule für Bildhauerei und wurde 1917 zum Prof. ernannt. S. entwarf Medaillen, Bronzebildwerke und Bildnisbüsten, u . a . von Stefan —>George, (1911) T h o m a s —>Mann (1919), - ^ L u t h e r (1917) und - ^ G o e t h e (1923). S c h w e g l e r , (Friedrich Carl Franz) Albert, evang. Theologe, Philosoph, Historiker, * 10.2. 1819 Michelbach/ Bilz (Württemberg), t 6. 1. 1857 Tübingen. S., Sohn eines Pfarrers, studierte Theologie und Philosophie an der Univ. Tübingen, w o er vor allem von Ferdinand Christian —>Baur beeinflußt wurde. 1841 promoviert, habilitierte er sich 1843 in Tübingen mit der Arbeit Die Komposition des Platonischen Symposion für Philosophie und Klassische Philologie. Im selben Jahr begründete er mit Eduard Zeller die „Jahrbücher der Gegenwart" als Organ des schwäbischen Hegelianismus. Auch seine weit verbreitete Geschichte der Philosophie im Umriß (1848, I 7 1950) war stark an —> Hegel orientiert. Seine theologiegeschichtlichen Arbeiten zur Frühzeit des Christentums (u. a. Geschichte des nachapostolischen Zeitalters, 1844) waren nicht unumstritten. Seit 1848 hatte S. eine a. o. Professur für römische Literatur und Altertumswissenschaft an der Univ. Tübingen inne. Seine Römische Geschichte erschien 1853-58 in drei Bänden. CD B B K L S c h w e i c h e l , (Georg Julius) Robert, Pseud. Heinrich Friedemann, Schriftsteller, * 12.7. 1821 Königsberg, t 2 5 . 4 . 1907 Berlin. S., Sohn eines Großkaufmanns, studierte Rechts- und Kameralwissenschaften in Königsberg. Aufgrund seines Engagements für die Arbeiterbewegung blieb ihm jedoch die Beamtenlaufbahn verwehrt. Als er 1850 wegen eines Pressevergehens Preußen verlassen mußte, ging er in die Schweiz, wo er als Lehrer arbeitete. 1861 zurückgekehrt, war er in Berlin, Hannover und Leipzig journalistisch tätig. 1869-83 schrieb er für das Feuilleton der sozialistischen „RomanZeitung". Mit seinen Dorfgeschichten und historischen Romanen, die in schlichter Sprache die Lebensumstände von Bauern und Arbeitern thematisieren, schuf S. Musterbeispiele frühproletarischer Literatur, darunter Der Falkner von
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St. Vigil (3 Bde., 1881). Mehrere R o m a n e (u.a. Der Pauker von Nikiashausen, 1874; Um die Freiheit, 1898) spielen zur Zeit des Bauernkriegs von 1525. OD Lex sozialist Lit S c h w e i c k a r d t , Jakob Ignaz, Fabrikant, * 9. 11. 1811 (1807 ?) H o c h h e i m / M a i n , t 4. 1. 1858 Wiesbaden. Der Sohn eines Winzers und Gastwirts erlernte das Handwerk eines Küfers. Während seiner Wanderschaft als Küfergeselle kam S. auch nach Reims, wo er sich mit der Herstellung von C h a m p a g n e r vertraut machte. Seit 18.30 wieder in Hochheim, gründete er 1836 gemeinsam mit Carl - » Burgeff die Firma Burgeff & Schweickardt, Hochheim am Main, das älteste rheinische Sektkellereiunternehmen. CP Weinkultur S c h w e i c k e r t , Walter Karl, Schriftsteller, Journalist, * 2 6 . 8 . 1908 Freiburg/Breisgau, t 27. 12.1992 Markkleeberg. S., Sohn eines Architekten, betätigte sich früh journalistisch, arbeitete in einer Berliner Filmfirma und veröffentlichte in den zwanziger Jahren politische Artikel in der Zeitung „Klassenkampf". 1930 zog er nach Leipzig, arbeitete als Journalist auch f ü r den R u n d f u n k und gründete 1932 das linksgerichtete Kabarett „Die Zeitlupe". 1933-49 war er als kaufmännischer Angestellter, seit 1950 als freier Schriftsteller tätig. S. verfaßte Hörspiele, Politsatiren, einen Novellenzyklus (Es hat einer roten Wein verlangt, 1953), Kurzgeschichten (Frauen wollen erobert sein, 1962) und Romane, von denen Der Ochse von Kulm (1954, Regie: Martin - > Hellberg) verfilmt wurde. Sein F u n k m o n o l o g Herhören! Hier spricht Hackenberger! (1954, als R o m a n unter dem Titel Die Akte Hackenberger, 1959) wurde besonders bekannt. m
Killy
S c h w e i c k h a r d t , Franz Xaver Joseph, österr. Topograph, * 5 . 7 . 1794 Wien, t 16.5. 1858 Reindorf bei Wien. Nach d e m Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien trat S., Sohn eines Baumwollschlagers, 1814 in die österr. A r m e e ein. 1818 entlassen, bereiste er in der Folge die österr. Kronländer sowie Deutschland und Rußland. Zu seinen topographischen Werken zählen u . a . eine Darstellung des Erzherzogtums Österreich unter der Enns etc. (37 Bde., 1831-41) und eine Darstellung der k.k. Hauptund Residenzstadt Wien (3 Bde., 1832). 1848 g a b S. die dreimal wöchentlich erscheinende politisch-literarische Zeitschrift „Die österreichische Biene" heraus. t u OBL S c h w e i d l e r , Egon Ritter von, österr. Physiker, * 10.2. 1873 Wien, f 1 2 . 2 . 1 9 4 8 Seeham bei Salzburg. S., Sohn eines Hof- und Gerichtsadvokaten, studierte Physik in Wien, wo er 1895 promoviert wurde ( Ü b e r die innere Reibung von Quecksilber und einigen Amalgamen). Er habilitierte sich 1899 in Wien, wurde dort 1906 zum a. o . P r o f . ernannt, folgte 1911 einem Ruf an die Univ. Innsbruck ( 1 9 2 5 / 2 6 Rektor) und kehrte 1926 als Prof. der Physik an die Univ. Wien zurück. 1939-45 war er Vizepräsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. S. beschäftige sich mit photoelektrischen Erscheinungen, erforschte die Luftelektrizität und arbeitete über Radioaktivität. Mit Stefan —»Meyer gelang ihm 1899 der Nachweis der magnetischen Ablenkbarkeit von Betateilchen. 1905 bewies er die Zugehörigkeit des radioaktiven Zerfalls zu den Schwankungserscheinungen. S. veröffentlichte u . a . Die atmosphärische Elektrizität (1909), Radioaktivität (mit S. Meyer, 1916, 2 1927), Die Ionenleitung in Gasen (1929) und Schematische Gewitterfelder (1943). CD Poggendorff 4-6 S c h w e i g g e r , August Friedrich, Mediziner, Botaniker, * 8 . 9 . 1783 Erlangen, t 2 8 . 6 . 1821 Agrigent (Sizilien). S., Sohn eines evang. Theologen und Bruder von Johann S a l o m o Christoph —»S., widmete sich neben d e m Studium
Schweighäuser der M e d i z i n , d a s er 1804 mit der P r o m o t i o n in E r l a n g e n a b s c h l o ß (Specimen florae Erlangensis, erweitert m i t F r a n z K ö r t e 1811 als Flora Erlangensis), der Z o o l o g i e und vor a l l e m der B o t a n i k . W ä h r e n d eines von der preuß. Regier u n g finanzierten m e h r j ä h r i g e n A u f e n t h a l t s in Paris mit K o n takten zu f ü h r e n d e n f r a n z ö s i s c h e n N a t u r f o r s c h e r n berichtete S. ü b e r d e n S t a n d des Pariser H o s p i t a l w e s e n s ( U e b e r Kranken- und Armenanstalten zu Paris, 1809, 2 1813> und bereicherte mit neuen P f l a n z e n d i e S a m m l u n g e n in B e r lin und E r l a n g e n . 1809 w u r d e S. z u m Prof. d e r B o t a n i k in K ö n i g s b e r g e r n a n n t und 1813 in d i e D e u t s c h e A k a d e m i e der N a t u r f o r s c h e r L e o p o l d i n a a u f g e n o m m e n . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Beobachtungen auf naturhistorischen Reisen (1819) und Handbuch der Naturgeschichte der skelettlosen ungegliederten Thiere (1820). S.s E r m o r d u n g w ä h r e n d einer E x k u r s i o n 1821 löste intensive D i s k u s s i o n e n ü b e r Sinn und G e f a h r e n der N a t u r f o r s c h u n g aus. Sein B r u d e r g a b 1830 Bruchstücke aus dem Leben des als Opfer seiner Wissenschaft gefallenen Dr. August Friedrich Schweigger heraus. S c h w e i g g e r , G e o r g , B i l d h a u e r , B r o n z e g i e ß e r , * 6 . 4 . 1613 Nürnberg, t 13.6.1690 Nürnberg. S., S o h n eines B i l d h a u e r s , w a r S c h ü l e r des G o l d s c h m i e d s C h r i s t o p h —> Ritter und schuf vor allem P o r t r ä t m e d a i l l e n in B r o n z e s o w i e in Stein g e s c h n i t t e n e Kleinreliefs. A u ß e r d e m gestaltete er G r a b - und E h r e n m ä l e r s o w i e B i l d n i s b ü s t e n . Als H a u p t w e r k des stilistisch der Ü b e r g a n g s p h a s e z w i s c h e n M a n i e r i s m u s und B a r o c k z u g e o r d n e t e n S. gelten d i e mit H i l f e seines Lehrers Ritter a u s g e f ü h r t e n B r o n z e f i g u r e n f ü r den N e p t u n s b r u n n e n in N ü r n b e r g ( 1 6 6 0 ff.). D i e in N ü r n b e r g nie aufgestellten O r i g i n a l e k a m e n 1797 nach Peterhof bei St. Petersburg ( K o p i e 1902 in N ü r n b e r g ) . DP T h - B
Schweigger,
Johann Salomo Christoph, Chemiker, Physiker, * 8 . 4 . 1 7 7 9 Erlangen, t 6 . 9 . 1 8 5 7 Halle/Saale. S., B r u d e r von A u g u s t Friedrich —>S., studierte T h e o l o g i e , K l a s s i s c h e Philologie, M a t h e m a t i k und P h y s i k in E r l a n g e n und w u r d e dort 1800 p r o m o v i e r t (De Diomede Homert) und zum Privatdozenten für Mathematik und Naturwissenschaften e r n a n n t . Seit 1803 lehrte er M a t h e m a t i k und P h y s i k a m G y m n a s i u m in B a y r e u t h , 1811-16 C h e m i e und P h y s i k an der H ö h e r e n R e a l s c h u l e in N ü r n b e r g . 1817 w u r d e er o . P r o f . der P h y s i k und C h e m i e an d e r U n i v . E r l a n g e n , 1819 in Halle. S. b e s c h ä f t i g t e sich mit c h e m i s c h e n , elektrischen u n d m a g n e t i s c h e n E r s c h e i n u n g e n s o w i e mit d e r G e s c h i c h t e d e r N a t u r w i s s e n s c h a f t e n und p h i l o s o p h i s c h - t h e o l o g i s c h e n Frag e n der N a t u r f o r s c h u n g . In M y t h e n sah er verschlüsselte N a t u r e r k e n n t n i s s e ; d i e Verbreitung der N a t u r w i s s e n s c h a f t e n sollte zugleich der Verbreitung d e s G l a u b e n s d i e n e n . N o c h vor J o n s J a k o b B e r z e l i u s g e l a n g es S., die c h e m i s c h e B i n d u n g auf e i n e p e r m a n e n t e elektrische P o l a r i s i e r u n g der A t o m e z u r ü c k z u f ü h r e n . 1820 w a r er ( n e b e n J o h a n n C h r i stian —»Poggendorff) m a ß g e b l i c h an der E n t w i c k l u n g des G a l v a n o m e t e r s beteiligt. 1811-33 w a r er H e r a u s g e b e r des „ J o u r n a l s f ü r C h e m i e u n d P h y s i k " . S. war seit 1813 M i t glied der B a y e r i s c h e n , seit 1816 der G ö t t i n g e r A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n und seit 1817 A d j u n k t d e s D i r e k t o r i u m s der D e u t s c h e n A k a d e m i e d e r N a t u r f o r s c h e r L e o p o l d i n a . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Einleitung in die Mythologie auf dem Standpunkte der Naturwissenschaft (1836), Über naturwissenschaftliche Mysterien in ihrem Verhältnisse zur Litteratur des Alterthums (1843) und Ober stöchiometrische Reihen (1853). S. w a r der Vater von Karl E r n s t T h e o d o r —>S. WEITERE WERKE: E i n i g e W o r t e ü b e r den Vortrag der P h y sik auf S c h u l e n . B a y r e u t h 1808. - Ü b e r d i e älteste P h y s i k und den U r s p r u n g d e s H e i d e n t u m s aus einer m i s s v e r s t a n d e nen N a t u r w e i s h e i t . N ü r n b e r g 1821. - B r u c h s t ü c k e aus d e m L e b e n des als O p f e r seiner W i s s e n s c h a f t g e f a l l e n e n Dr. A u g u s t Friedr. S c h w e i g g e r . Halle 1830. - Ü b e r das E l e k t r o n der A l t e n und den f o r t d a u e r n d e n E i n f l u s s d e r M y s t e r i e n des
A l t e r t h u m s auf d i e g e g e n w ä r t i g e Zeit. G r e i f s w a l d 1848. G e s c h i c h t e d e s E l e k t r o m a g n e t i s m u s und der sich ihm anreih e n d e n p h y s i k a l i s c h e n B i l d e r s p r a c h e . H a l l e 1856. LITERATUR: Carl Friedrich P h i l i p p von M a r t i u s : D e n k r e d e auf J. S. C. S. G e h a l t e n in der ö f f e n t l i c h e n S i t z u n g der Königl. B a y e r . A k a d . d. W i s s . a m 2 8 . N o v . 1857. M ü n c h e n 1858. - K e n n e t h L. C a n e v a : S., J. S. C. In: D S B , B d . 12, 1975, S. 2 5 3 - 2 5 5 . - A n d r e a s Kleinert: „ P h i l o l o g u n d K e n n e r der P h y s i k " : A l t e r t u m s k u n d e u n d E x p e r i m e n t a l p h y s i k bei J. S. C . S. In: B e r i c h t e zur W i s s e n s c h a f t s g e s c h i c h t e (Weinheim) 2 3 (2000) 2, S. 191-202. - Dietrich von E n g e l h a r d t : N a t u r f o r s c h u n g als M y t h o l o g i e und M i s s i o n bei J. S. C. S. ( 1 7 7 9 - 1 8 5 7 ) . In: Richard C a r o n u . a . (Hrsg.): E s o t e r i s m e , g n o s e s et i m a g i n a i r e s y m b o l i q u e . M e l a n g e s offerts ä A n toine Faivre. L e u v e n 2 0 0 1 , S. 149-266. Dietrich
von
Engelhardt
Schweigger,
Karl E r n s t T h e o d o r , O p h t h a l m o l o g e , * 29. 10. 1830 H a l l e / S a a l e , t 2 4 . 8 . 1905 Berlin. N a c h d e m S t u d i u m d e r M e d i z i n in E r l a n g e n und Halle, w o er 1852 p r o m o v i e r t w u r d e (De fistula ani), w a r S., S o h n J o h a n n S a l o m o C h r i s t o p h —>S.s, A s s i s t e n t an d e r M e d i z i nischen Klinik in Halle. 1857 w u r d e er Assistent von Albrecht von —>Graefe in Berlin, w o er sich 1860 mit einer Arbeit ü b e r U n t e r s u c h u n g s t e c h n i k e n der A u s k u l t a t i o n und P e r k u s s i o n habilitierte. Seit M i t t e d e r s e c h z i g e r J a h r e unt e r n a h m er w i s s e n s c h a f t l i c h e R e i s e n , d i e ihn n a c h Utrecht, L o n d o n und N o r d a m e r i k a f ü h r t e n . 1868 w u r d e er a. o. P r o f . der A u g e n h e i l k u n d e und D i r e k t o r der n e u g e g r ü n d e t e n A u genklinik in G ö t t i n g e n , ü b e r n a h m 1871 als N a c h f o l g e r G r a e f e s d i e L e i t u n g der A u g e n k l i n i k in Berlin und w a r seit 1873 o . P r o f e s s o r . 1885 w u r d e S. z u m G e h e i m e n M e dizinalrat e r n a n n t , 1887 in d i e D e u t s c h e A k a d e m i e der N a turforscher L e o p o l d i n a g e w ä h l t . H e r v o r z u h e b e n sind seine mikroskopisch-pathologischen Untersuchungen des Auges. S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Vorlesungen Uber den Gebrauch des Augenspiegels ( 1 8 6 4 ; bearb. von R i c h a r d - » G r e e f f , 1895), Handbuch der Augenheilkunde (1871, ή 1893, italien. 1885), Klinische Untersuchungen über das Schielen ( 1 8 8 1 , engl. 1887) und Über den Zusammenhang der Augenheilkunde mit anderen Gebieten der Medizin (1885). 1876 g a b er Sehproben (45 T a f e l n , 3 1 8 9 5 ) heraus. CD Kreuter
Schweigger,
Salomon, auch Schweicker, Schweigker, S c h w e u k k e r , S w e i c k e r , e v a n g . Prediger, * 3 0 . 1 . 1 5 5 1 H a i g e r l o c h , f 2 1 . 6 . 1622 N ü r n b e r g . N a c h d e m S t u d i u m d e r e v a n g . T h e o l o g i e in T ü b i n g e n w u r d e S. 1577 Reise- und G e s a n d t s c h a f t s p r e d i g e r im G e f o l g e des J o a c h i m von S i n z e n d o r f . 1581 u n t e r n a h m er e i n e Pilgerfahrt nach J e r u s a l e m , von der er in Newe Reyßbeschreibung aus Teutschland nach Constantinopel und Jerusalem (1608) berichtete. D a n a c h war er H e l f e r in N ü r t i n g e n , P f a r r e r in G r ö t z i n g e n ( 1 5 8 3 - 8 9 ) , W i l h e r m s d o r f (1589) und N ü r n b e r g ( 1 6 0 2 - 2 2 ) . S. übersetzte den K o r a n aus d e m Italienischen (1616). OD A D B
Schweighäuser,
(Johann) Gottfried, Philologe, Archäologe, Bibliothekar, * 2. 1. 1776 Straßburg, t 1 4 . 3 . 1844 Straßburg. D e r S o h n J o h a n n e s —>S.s b e g a n n m i t 13 Jahren d a s Stud i u m der P h i l o s o p h i e und der R e c h t e und w a r seit 1792 Soldat. 1798 ging er n a c h Paris, w o er mit U n t e r b r e c h u n g e n bis 1812 als H a u s l e h r e r tätig war, u . a . kurze Zeit bei Wilh e l m von —»Humboldt. 1812 w u r d e S. Prof. der klassischen S p r a c h e n a m Protestantischen S e m i n a r in S t r a ß b u r g u n d w a r seit 1830 einer der K o n s e r v a t o r e n d e r Stadt- und S e m i n a r bibliothek. Sein H a u p t w e r k ist d i e m i t M a r i e P h i l i p p e A i m e de G o l b e r y h e r a u s g e g e b e n e S c h r i f t Antiquites de VAlsace (1828). S. schrieb a u ß e r d e m e i n e Geschichte der Erfindung der Buchdruckerkunst (1824). c n DLL
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Schweighäuser S c h w e i g h ä u s e r , Johannes, Philologe, Bibliothekar, * 2 4 . 6 . 1742 Straßburg, t 19.1. 1830 Straßburg. S. studierte Philosophie und Theologie in Straßburg, dann u. a. Orientalistik und alte Sprachen in Paris, Göttingen, Leipzig und London und lebte seit 1769 wieder in Straßburg. 1770 wurde er a. o . P r o f . der Philosophie, 1777 o . P r o f . der griechischen und orientalischen Sprachen an der dortigen Universität. 1791 war er Gemeinderat. Während der Französischen Revolution vorübergehend aus seiner Heimatstadt verbannt, konnte S. seine Lehrtätigkeit 1794 als Prof. an der Straßburger Zentralschule fortsetzen, wurde 1802 Dozent für Griechisch am Protestantischen Theologischen Seminar, leitete seit 1806 dessen Bibliothek (bis 1815) und hatte 1808-23 den Lehrstuhl für griechische Sprache an der Univ. Straßburg inne. Zu seinen Werken zählen die A u s g a b e des Appian (3 Bde., 1785), des Polybios (9 Bde., 1789-95; 5 Bde., 1831), des Epiktet (5 Bde., 1799/1800), des Athenaios (14 Bde., 1801-07), der Briefe des Seneca (2 Bde., 1809) und des Herodot (6 Bde., 1816). 1824 erschien sein zweibändiges Lexicon Herodoeteum. S. war der Vater von Gottfried —>S. CD D L L S c h w e i g h o f e n Felix, Pseud. Felix D a m m e r , österr. Sänger, Schauspieler, * 22. 11.1842 Brünn, t 2 8 . 1 . 1 9 1 3 Blasewitz (heute zu Dresden). Zunächst Lehrling in einer Spezereihandlung, gab S. 1862 sein Schauspieldebüt in Krems und war dann mit wechselnden Beschäftigungen in verschiedenen Städten tätig. Er trat seit 1865 als Komiker auf, beginnend in Czernowitz, und bereiste u. a. Rumänien und Südrußland. 1870 von Franz von —»Suppe in Graz entdeckt, wurde S. an das StampferTheater in Wien verpflichtet. Als Buffo-Sänger in der klassischen Wiener Operette entwickelte er große Meisterschaft in seinem Fach. Seit 1873 sang er am Theater an der Wien in vielen Uraufführungen, u . a . 1881 in Der lustige Krieg von Johann - » Strauß. 1883 vorübergehend am Wiener Carltheater und seit 1884 in Dresden engagiert, gab S. seit 1891 nur mehr Gastspiele, u. a. in Nordamerika. Er veröffentlichte u . a . Mein Wanderleben (1912). ED Kutsch S c h w e i k a r t , Ferdinand Karl, Jurist, Mathematiker, * 2 8 . 2 . 1780 Erbach (Hessen), t 17.8. 1859 Königsberg (Preußen). S. studierte 1796-98 Rechtswissenschaften an der Univ. Marburg, wurde 1798 an der Univ. Jena promoviert und war 1800-03 Anwalt in Erbach, dann Privatlehrer. 1809 wurde er a . o . P r o f . in Gießen, 1812 o . P r o f . in Charkow, 1816 in Marburg und 1821 in Königsberg. S. befaßte sich mit dem Parallelenproblem, entwickelte dabei hypothetisch eine „Astralgeometrie", die Ergebnisse der späteren hyperbolischen nichteuklidischen Geometrie vorwegnahm, und regte seinen Neffen Franz Adolph —»Taurinus zu ähnlichen Forschungen an. S. veröffentlichte u. a. Die Theorie der Parallellinien, nebst Vorschlag ihrer Verbannung aus der Geometrie (1808). DP D S B S c h w e i k a r t , Hans, Pseud. Ole Stefani, Schauspieler, Regisseur, Theaterleiter, * 1.10. 1895 Berlin, t 1.12. 1975 München. Nach seiner Ausbildung am Kgl. Schauspielhaus in Berlin sowie in Königsberg trat S., meist in der Rolle des jugendlichen Liebhabers, an Bühnen in Wiesbaden, Magdeburg, Köln und Berlin auf. Seit 1923 lebte er in München, wo er sich an den Kammerspielen der Regieführung zuwandte. 1934-38 Oberspielleiter am Münchner Residenztheater, wurde er durch seine Shakespeare-Inszenierungen bekannt. Danach war er bis 1942 künstlerischer Leiter und Regisseur bei der Bavaria-Filmgesellschaft ( u . a . Das Mädchen von Fanö, 1940). Nach f ü n f j ä h r i g e r Tätigkeit als freier Theater- und Filmregisseur wurde S. 1947 Generalintendant der M ü n c h n e r Kammerspiele. Mit großem Erfolg
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inszenierte er klassische und moderne Werke, darunter einige Uraufführungen (u. a. Friedrich —> Dürrenmatts Die Ehe des Herrn Mississippi). S. schrieb mehrere Theaterstücke, Drehbücher und Kriminalromane, darunter Der Dritte Schuß (1926) und Acht Tage Skandal (1931). CD D L L S c h w e i k h a r t , Gunter, Kunsthistoriker, * 31. 12. 1939 Gochsheim (Baden), t 29. 11. 1997 Bonn. S. wurde 1967 promoviert, arbeitete bis 1970 an der Kunstbibliothek Berlin und am Kunsthistorischen Institut Florenz, war 1971-77 Assistent an der Univ. Würzburg und dann an der Gesamthochschule Kassel, ehe er 1986 d e m Ruf als Prof. der mittleren und neueren Kunstgeschichte an die Univ. Bonn folgte. Sein Forschungsschwerpunkt war die Kunst der italienischen Renaissance in Oberitalien, seine Studien zum Werk Giovanni Maria Falconettos, zu Paolo Veronese und Andrea Palladio haben entscheidenden Anteil an der Neubewertung der norditalienischen Kunstlandschaft. Mit seiner Studie über die Fassadenmalerei in Verona (1973) gelang es ihm erstmals, die öffentliche Kunst als eigene Gattung zu erschließen. Seine Edition des Codex Wolfegg (1986), eines der bedeutenden Musterbücher der Renaissance, erschien beim Londoner Warburg Institute in deutscher Sprache. S c h w e i n b u r g , Erich Fritz, Schriftsteller, * 11.6. 1890 Wien, t 3 0 . 7 . 1959 Rochester (Vermont, USA). Der Sohn eines Bauunternehmers Schloß das Studium der Rechtswissenschaften 1913 mit der Promotion ab, gehörte bis 1915 der österr. A r m e e an, wandte sich dann einer literarischen Tätigkeit zu und war seit 1920 als Anwalt in Wien tätig. 1938 einige M o n a t e im Konzentrationslager Dachau inhaftiert, emigrierte er 1939 über Großbritannien in die U S A , wo er nach verschiedenen Tätigkeiten 1942 Mitglied der American Academy of Political and Social Science wurde und bis 1949 Mitarbeiter bei der Russell Sage Foundation in N e w York war. 1944 wurde S. amerikanischer Staatsbürger. Seit Anfang der fünfziger Jahre verfaßte er als freier Schriftsteller vor allem Kurzgeschichten, die häufig die Themen Einsamkeit und Exil behandelten, sowie Novellen und Gedichte; 1988 erschien der kurz vor seinem Tod fertiggestellte R o m a n über seinen Transport und seinen A u f enthalt im Konzentrationslager Dachau unter d e m Titel Eine weite Reise. • • Spalek 3,1 S c h w e i n f u r t h , Georg (August), Botaniker, Afrikaforscher, * 29. 12. 1836 Riga, t 1 9 . 9 . 1 9 2 5 Berlin. Der aus einer vermögenden Familie s t a m m e n d e S. studierte seit 1857 in Heidelberg, München und Berlin Naturwissenschaften (Promotion 1862 in Heidelberg, Plantae quaedam Niloticae quas in itinere cum divo Adalberte libero barone de Barnim facto collegit Robertus Hartmann) und unternahm zur botanischen Erforschung der Nilländer 1863-66 seine erste große Afrikareise, die ihn nach Ägypten, in den östlichen Sudan sowie an die Küste des Roten Meeres führte. Im Auftrag der Preußischen Akademie der Wissenschaften erkundete er 1869-71 das Gebiet am oberen Nil, entdeckte dabei die Völkerstämme der Z a n d e und der Mangbetu und belegte erstmals die Existenz der Aka, einer Gruppe der Mbuti (Pygmäen). Durch die Entdeckung des zum Kongo fließenden Uele konnte er das Quellgebiet des Nils nach Südwesten abgrenzen. S. gründete die Ägyptische Geographische Gesellschaft in Kairo (1872), wurde später Generaldirektor der Kairoer Museen und Sammlungen und reiste seit 1873 immer wieder nach Nordostafrika und Arabien. 1867 wurde S. Mitglied, 1925 Ehrenmitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er veröffentlichte u . a . Beitrag zur Flora Äthiopiens (1867), Im Herzen von Afrika (2 Bde., 1874, 4 1922, Neuaufl. 1986, engl. 1873, 3 1878, Nachdr. 1969, frz. 1875, 2 1880), Arabische Pflanzennamen aus Ägypten, Algerien und Jemen (1912, Nachdr. 2007) und Artes africanae (1875). CD Killy
Schweitzer S c h w e i n f u r t h , Philipp, Kunsthistoriker, Byzantinist, * 29.8. 1887 Riga, f 26.6. 1954 Istanbul. S. studierte 1907-10 in Heidelberg, wurde 1910 promoviert und war 1911-14 Volontär an der Münchner Alten Pinakothek und am Ethnologischen Museum. 1912/13 hielt er sich in Moskau auf, war 1914-19 Dozent an der TH Riga, 1919-26 an der dortigen Lettischen Univ. und habilitierte sich mit einer Schrift, die 1930 als Geschichte der russischen Malerei im Mittelalter veröffentlicht wurde. Seit 1928 war er Privatdozent für byzantinisch-osteuropäische Kunst an der Univ. Breslau, seit 1928 Prof., seit 1935 an der Univ. Berlin und folgte 1950 einem Ruf nach Istanbul. S. beschäftigte sich vor allem mit russischer Kunst und Kultur sowie mit byzantinisch-osteuropäischen Kunstbeziehungen. Er schrieb Die byzantinische Form, ihr Wesen und ihre Wirkung (1943, 2 1964), Grundzüge der byzantinisch-osteuropäischen Kunstgeschichte (1947) und Byzantinische monumentale Wandmalerei (1947). CD Lex Kunst S c h w e i n f u r t h , Ulrich, Geograph, * 6 . 2 . 1 9 2 5 Detmold/ Lippe, t 8 . 4 . 2 0 0 5 Heidelberg. S., Sohn eines Studienprofessors, wurde 1956 in Bonn promoviert (Die horizontale und vertikale Verbreitung der Vegetation im Himalaya), habilitierte sich dort 1963 (Neuseeland. Beobachtungen und Studien zur Pflanzengeographie und Ökologie der antipodischen Inselgruppe) und war 1964-93 Prof. an der Univ. Heidelberg. Die weitgespannten Forschungen von S., der verschiedene Zeitschriften mitherausgab, galten der Pflanzengeographie und Ökologie, der Landschafts- und Länderkunde, vor allem des Himalaya, von Ceylon, Neuguinea, Australien, Neuseeland, Indischer und Pazifischer Ozean. S c h w e i n i c h e n , Hans von, Hofmarschall, * 2 5 . 6 . 1 5 5 2 Mertschütz (Liegnitz), t 13.8. 1616 Liegnitz. Einer alten schlesischen Adelsfamilie entstammend, trat der Spiel- und Schulgefährte Friedrichs IV. als Page 1562 in den Dienst der Herzöge von Liegnitz. Zunächst als Kammerjunker, später als Hofmarschall und Hofmeister, begleitete er Herzog Heinrich XI. auf Reisen durch das Reich, Böhmen und Polen. Nach der Verhaftung seines Landesherrn 1581 lebte S. mehrere Jahre als Gutsherr, bis er 1588 unter Herzog Friedrich IV. an den Liegnitzer Hof zurückkehrte. Seine seit 1568 geführten, von ihm nicht zur Veröffentlichung bestimmten tagebuchartigen Aufzeichnungen geben Einblick in das höfische Leben sowie in die sittlichen, sozialen und politischen Zustände seiner Zeit. Sie wurden unter dem Titel Denkwürdigkeiten von Hans Schweinichen (hrsg. von Herm a n n - > O e s t e r l e y , 1878) publiziert. CP Killy S c h w e i n i t z , David von, Edler zu Seifersdorf und Petersdorf, Schriftsteller, * 23.5. 1600 Seifersdorf bei Liegnitz, t 27.3. 1667 Liegnitz. Der Sproß eines schlesischen Adelsgeschlechts studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Heidelberg und Groningen und trat nach einer Bildungsreise durch England und Frankreich in den Dienst des Liegnitzer Hofes. Seit 1631 war er Landeshauptmann im Fürstentum Wohlau, bis ihn der Krieg 1633 nach Ostpreußen vertrieb. Nach seiner Rückkehr 1650 wurde S. Regierungsrat in Liegnitz und 1653 Landeshauptmann des Fürstentums. Der mit Johann —> Heermann befreundete und mit den Werken Johann —> Arndts und Jacob -> Böhmes vertraute S. verfaßte eine Genealogia derer von Schweinitz (1661), Erbauungsschriften (u.a. FreudenSchild Wider die Traurigkeit [.../, 1701) und geistliche Lieder (Penta-Decas Fidium Cordialium Geistliche HerzensHarjfe, 1640, 2 1650), die noch im 19. Jh. in Gesangbücher Eingang fanden. CD Leb Liegnitz, Bd 2
S c h w e i n i t z , Hans Lothar von, Diplomat, Militär, * 30. 12. 1822 Klein-Krichen (Kr. Liegnitz, Schlesien), t 23.6. 1901 Kassel. S., Sohn eines Landrats und späteren Direktors der Ritterakademie zu Liegnitz, trat 1840 in das preuß. Heer ein, wurde 1854 Adjutant beim Oberkommando der Bundestruppen in Frankfurt, 1857 persönlicher Adjutant des Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen und 1861 als Militärattache nach Wien entsandt. 1865 wurde S. Militärbevollmächtigter in St. Petersburg, 1869 Gesandter des Norddeutschen Bundes und 1871 Botschafter des Deutschen Reiches in Wien, wo er sich um die Wiederannäherung Deutschlands und Österreichs Verdienste erwarb. 1876-92 war er erneut als Botschafter in St. Petersburg tätig. Obgleich von —> Bismarck als Diplomat geschätzt, war der 1884 zum General beförderte S. kein Anhänger der um die Erhaltung des Gleichgewichts der Großmächte bemühten Außenpolitik des Kanzlers. 1890 wandte er sich deshalb auch gegen die Verlängerung des deutsch-russischen Rückversicherungsvertrags. CD Leb Liegnitz, Bd 2 S c h w e i t z e r , Albert, Tropenarzt, evang. Theologe, Kulturphilosoph, Musiker, Schriftsteller, * 14. 1. 1875 Kaysersberg (Oberelsaß), 1" 4 . 9 . 1965 Lambarene (Gabun, Äquatorial-Afrika). S. wuchs im liberal geprägten protestantischen Pfarrhaus im elsässischen Dorf Günsbach auf. Seit 1893 studierte er an der Straßburger Univ. (kurzzeitig auch in Paris und in Berlin bei Adolf von —»Harnack) Theologie (bei Heinrich Julius —>Holtzmann) und Philosophie (bei Theobald - » Z i e g l e r und Wilhelm —»Windelband). Daneben nahm er Orgelunterricht bei Charles-Marie Widor in Paris. In den Pfingstferien 1896 legte er vor sich selbst das Gelöbnis eines „unmittelbaren menschlichen Dienens" ab, das nach dem 30. Lebensjahr beginnen sollte. 1899 mit einer Arbeit über die Religionsphilosophie —> Kants zum Dr. phil. promoviert, wurde er nach beiden theologischen Examina 1900 ordiniert und übernahm ein Predigtamt an St. Nicolai in Straßburg, das er bis 1912 beibehielt. Das Angebot zur Habilitation in der Philosophischen Fakultät lehnte er ab, weil er zum damit verbundenen Verzicht auf das Predigtamt nicht bereit war. Ihm war „das Predigen ein innerliches Bedürfnis". Statt der philosophischen schlug S. die theologische Universitätslaufbahn ein. 1900 wurde er mit einer Kritischen Darstellung unterschiedlicher neuerer historischer Abendmahlsaujfassungen (1901 erschienen als Das Abendmahlsproblem auf Grund der wissenschaftlichen Forschung des 19. Jahrhunderts und der historischen Berichte) Lie. theol., legte als Habilitationsschrift Das Messianitäts- und Leidensgeheimnis. Eine Skizze des Lebens Jesu (1901) vor und begann seine Lehrtätigkeit als Privatdozent für Neues Testament 1902 mit einer Antrittsvorlesung über die Logosspekulation im Johannesevangelium. Daneben war S. von 1903 bis 1906 Direktor des Thomasstifts (Collegium Wilhelmitanum) in Straßburg. Nach den —»Bach-Studien (1903/04) und noch während seiner Beschäftigung mit der Leben-Jesu-Forschung, der S. mit seinem klassischen Werk Von Reimarus zu Wrede (1906) ein Denkmal gesetzt, aber zugleich auch die Grabrede gehalten hat, begann er 1905 mit dem Medizinstudium, das er als Dr. med. mit einer Dissertation über Die psychiatrische Beurteilung Jesu (1913) abschloß. Grund für dieses Studium war der bereits 1904 gefaßte Entschluß, im Namen der Pariser Missionsgesellschaft nach Afrika zu gehen. 1912 gab
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Schweitzer er d e s h a l b s e i n e reiche u n d h o f f n u n g s v o l l e w i s s e n s c h a f t l i c h e Karriere und sein P r e d i g t a m t auf, studierte noch ein J a h r T r o p e n m e d i z i n in Paris, heiratete 1912 H e l e n e Bresslau, T o c h t e r d e s Historikers Harry —>Bresslau und g e l e r n t e K r a n k e n s c h w e s t e r , brach mit ihr 1913 erstmals nach L a m b a rene auf und b a u t e dort mit privaten M i t t e l n und e i g e n h ä n d i g ein T r o p e n h o s p i t a l Zwischen Wasser und Urwald (Titel eines B u c h e s 1921), d a s als „Vorposten des R e i c h e s G o t t e s " verstanden w u r d e und bald als S y m b o l der M e n s c h l i c h k e i t weltw e i t e B e k a n n t h e i t erlangte. A u f einer F l u ß f a h r t f a n d er hier 1915 den tragenden B e g r i f f seiner L e b e n s l e h r e und Kulturp h i l o s o p h i e : Ehrfurcht vor dem Leben, den er 1919 in zwei Predigten in S t r a ß b u r g der Ö f f e n t l i c h k e i t vorstellte. N u r mit U n t e r b r e c h u n g durch u n r e g e l m ä ß i g e A u f e n t h a l t e in E u r o p a und den U S A , bei d e n e n er mit Vortrags- und K o n z e r t r e i sen G e l d f ü r d e n U n t e r h a l t und A u s b a u d e s Spitals s a m melte, arbeitete S. in L a m b a r e n e m e h r als 4 0 Jahre. 1931 erschien sein B u c h Aus meinem Leben und Denken, d a s weltb e k a n n t w u r d e . Von L a m b a r e n e a u s w a r n t e er u. a. 1 9 5 7 / 5 8 in R u n d f u n k a n s p r a c h e n über R a d i o O s l o vor d e m a t o m a ren Wettrüsten ( F r i e d e oder Atomkrieg, 1958). Sein W i r k e n verstand S. als „schlichte N a c h f o l g e J e s u " und zugleich als „ A u f g a b e der M e n s c h l i c h k e i t " . Er ist d a f ü r vielfach ausg e z e i c h n e t w o r d e n : 1928 G o e t h e p r e i s der Stadt F r a n k f u r t / M a i n , 1929 E h r e n m i t g l i e d der P r e u ß i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n zu Berlin, 1951 F r i e d e n s p r e i s des D e u t s c h e n B u c h h a n d e l s (erstmals in der F r a n k f u r t e r Paulskirche), 1952 N a c h f o l g e r P h i l i p p e Petains in der A c a d e m i e d e s S c i e n ces M o r a l e s et P o l i t i q u e s in Paris, 1953 F r i e d e n s n o b e l p r e i s ( r ü c k w i r k e n d f ü r 1952), 1955 O r d e n P o u r le m e r i t e (Friedensklasse), 1959 S o n n i n g p r e i s in K o p e n h a g e n , m e h r f a c h e r E h r e n d o k t o r v e r s c h i e d e n e r F a k u l t ä t e n (Zürich 1920, P r a g 1927, E d i n b u r g h 1931, O x f o r d 1932, C h i c a g o 1949, M a r burg 1952, T ü b i n g e n 1957, H u m b o l d t - U n i v e r s i t ä t B e r l i n - O s t 1960). R u f e an die T h e o l o g i s c h e Fakultät der Universitäten Z ü r i c h ( 1 9 2 1 ) und L e i p z i g ( 1 9 3 0 ) lehnte er ab. S.s D e n k e n , d a s P h i l o s o p h i e und T h e o l o g i e zu vereinen s u c h t e („ethische D e n k - R e l i g i o n " ) , stand g a n z im Z e i c h e n d e r Ethik. D e n R a t i o n a l i s m u s des 18. Jh. b e w u n d e r t e er weg e n der von i h m a u s g e h e n d e n ethischen I m p u l s e u n d der v e r s u c h t e n V e r b i n d u n g von R e l i g i o n und D e n k e n . I m theologischen L i b e r a l i s m u s d e s späten 19. Jh. f ü h l t e er sich zu H a u s e . Von i h m w u r d e er m a n n i g f a c h beeinflußt, aber a u c h v o m indischen und altchinesischen D e n k e n , v o m S t o i z i s m u s w i e auch von —> G o e t h e , —> S c h o p e n h a u e r und —> Nietzsche. A l s T h e o l o g e hatte er nur ein T h e m a : Reich Gottes und Christentum. A n d e m M a n u s k r i p t zu d i e s e m B u c h ( 1 9 6 7 p o s t u m e r s c h i e n e n , e r w e i t e r t e F a s s u n g 1995) arbeitete er n o c h in d e n letzten L e b e n s j a h r e n . Es ist das T h e m a , d a s den Stoff zu j e n e n B ü c h e r n lieferte, m i t d e n e n S. seinen N a m e n in d i e T h e o l o g i e g e s c h i c h t e unseres J a h r h u n d e r t s eingetragen hat, d i e Von Reimarus zu Wrede. Geschichte der LebenJesu-Forschung (1906, 2 1 9 1 3 ) , die Geschichte der paulinischen Forschung (1911) und Die Mystik des Apostels Paulus (1930). N a c h h a l t i g vertrat S. d i e R i c h t u n g der k o n s e q u e n ten E s c h a t o l o g i e : Jesus, d a s f r ü h e U r c h r i s t e n t u m und P a u l u s sind d u r c h u n d d u r c h von der j ü d i s c h - a p o k a l y p t i s c h e n E n d e r w a r t u n g b e s t i m m t . M i t dieser E i n s i c h t v e r m o c h t e S. sow o h l d i e m o d e r n e n „ L e b e n J e s u " als P h a n t a s i e p r o d u k t e d e s j e w e i l i g e n Zeitgeistes zu entlarven als auch sein e i g e n e s , der H i s t o r i e a b g e r u n g e n e s J e s u s b i l d zu rekonstruieren. E s ist der Jesus, der sich als „ f u t u r i s c h e r M e s s i a s " verstand und sich in d e r E r w a r t u n g täuschte, das R e i c h G o t t e s b r ä c h e u n m i t t e l b a r herein. Diesen J e s u s wies S. der historischen Vergangenheit zu und behielt f ü r die G e g e n w a r t allein d i e „ e s c h a t o l o g i s c h e E t h i k " Jesu bei, d i e B e g e g n u n g „von Wille zu W i l l e " ( E n t e s c h a t o l o g i s i e r u n g ) . F ü r den heutigen G l a u b e n ist n u r d e r Geist Jesu m a ß g e b l i c h . A u c h seine P a u l u s s t u d i e n trieb
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S. in d e m B e w u ß t s e i n , d a ß d i e b i s h e r i g e F o r s c h u n g versagt habe. Statt d e n A p o s t e l k o n s e q u e n t aus der f r ü h j ü d i s c h e n A p o k a l y p t i k herzuleiten, erklärte sie ihn aus d e m griechischen G e i s t . A b e r z w i s c h e n J e s u s und P a u l u s m u ß m a n nicht w ä h l e n ! P a u l u s hat d i e G e d a n k e n Jesu sachlich zu E n d e gedacht. S.s t h e o l o g i s c h e Arbeit ist vielfach kritisiert w o r d e n . In e i n e m bleibt sie u n a n t a s t b a r : S i e hat der T h e o l o g i e eing e s c h ä r f t , d a ß sie nur in d e r „ A c h t u n g vor d e r historischen W a h r h e i t " g l a u b h a f t bleibt und d a ß o h n e den geschichtlichen J e s u s von Nazareth die B o t s c h a f t von J e s u s C h r i s t u s g r u n d l o s ist. A l s K u l t u r p h i l o s o p h hatte S. d a s B e w u ß t s e i n , in einer „Zeit der D e k a d e n z " zu leben. D e n N i e d e r g a n g der K u l t u r ( „ N e o p r i m i t i v i s m u s " ) lastete er vor allem der P h i l o s o p h i e an, deren D e n k e n a u f g e h ö r t habe, e i n e s c h ö p f e r i s c h e K r a f t zu sein. Es f e h l e die Ethik. D e n A u s w e g aus der Krise suchte er im Vordringen zu einer Idee, „in der Welt- u n d L e b e n s b e j a h u n g und E t h i k m i t e i n a n d e r enthalten s i n d " . D i e s e I d e e m e i n t e er m i t d e m Wort „ E h r f u r c h t v o r d e m L e b e n " g e f u n d e n zu h a b e n . In seiner Kulturphilosophie (1923, Neuausg. 2007) e n t w i c k e l t e er sie zu einer absoluten Ethik. Sie „ e r k e n n t k e i n e relative E t h i k an". S.s E h r f u r c h t s e t h i k ist e i n e „Gratw a n d e r u n g z w i s c h e n I m m a n u e l K a n t und A r t h u r S c h o p e n hauer", s o f e r n er sich m e t h o d i s c h auf den v e r n u n f t k r i t i s c h e n A n s p r u c h des ersteren, „inhaltlich h i n g e g e n auf S c h o p e n hauers e m p i r i s c h e F u n d i e r u n g der E t h i k " b e z o g (Günzler). S.s Versuch, aus e i n e m einzigen e t h i s c h e n Prinzip heraus d a s g e s a m t e F e l d d e r sittlichen E n t s c h e i d u n g e n zu erfassen, z e u g t indes von einer verkürzten, rein n a t u r p h i l o s o p h i schen W a h r n e h m u n g der Realität, die der gesellschaftlichinstitutionellen W i r k l i c h k e i t mit ihren Konflikten nicht gerecht w e r d e n kann. Als M u s i k e r m a c h t e sich S. durch H e r a u s g a b e ( 1 9 1 3 - 6 7 , u. a. mit W i d o r ) und N e u i n t e r p r e t a t i o n von J o h a n n Sebastian B a c h s O r g e l w e r k einen N a m e n (J. S. Bach, le musicienpoete, 1905; dt. 1908). S. war es auch, d e r d e n A n s t o ß zur „ E l s ä ß i s c h e n O r g e l r e f o r m " g a b (Deutsche und französische Orgelbaukunst, 1906; Internationales Regulativ für Orgelbau, 1909). D a s L e i t m o t i v von S.s D e n k e n in T h e o l o g i e und P h i l o s o p h i e ist d i e - alles L e b e n d i g e e i n b e z i e h e n d e - „ E h r f u r c h t vor d e m L e b e n " als ein d e m M e n s c h e n i n n e w o h n e n d e s G r u n d prinzip. A n g e s i c h t s d e r ö k o l o g i s c h e n Krise kann sich an S.s Ehrfurchtsethik entscheiden, ob die Menschheit eine Zukunft hat oder nicht. WEITERE WERKE: G e s a m t a u s g a b e , j a p a n i s c h . 19 B d e . , Tokio 1956-61. - G e s a m m e l t e W e r k e in f ü n f B ä n d e n . Hrsg. v. R u d o l f G r a b s . Berlin (Ost) 1971. Z ü r i c h / M ü n c h e n 1974. D i e E h r f u r c h t vor d e m L e b e n . G r u n d t e x t e aus f ü n f J a h r z e h n ten. H r s g . v. H a n s Walter Bähr. M ü n c h e n 6 1 9 9 1 . - L e b e n , Werk und D e n k e n 1905-1965. Mitgeteilt in seinen B r i e f e n . Hrsg. v. H a n s Walter Bähr. H e i d e l b e r g 1987. - A . S . / H e l e n e Bresslau. D i e J a h r e vor L a m b a r e n e . B r i e f e 1902-1912. Hrsg. v. R h e n a S c h w e i t z e r M i l l e r / G u s t a v Woytt. M ü n c h e n 1992. F r i e d e oder A t o m k r i e g . M ü n c h e n 3 1 9 8 4 . - Was sollen wir tun? 12 Predigten über ethische P r o b l e m e . Hrsg. v. M a r t i n S t r e g e / L o t h a r S t i e h m . H e i d e l b e r g 2 1 9 8 6 . - S t r a ß b u r g e r Predigten. H r s g . v. Ulrich N e u e n s c h w a n d e r . M ü n c h e n 3 1 9 9 3 . G e s p r ä c h e über d a s N e u e T e s t a m e n t . Hrsg. v. W i n f r i e d D ö b e r t i n . M ü n c h e n 2 1 9 9 4 . - B r i e f e und E r i n n e r u n g e n an M u s i k e r . Z u s a m m e n g e s t e l l t u n d k o m m e n t i e r t von Harald Schützeichel. B e r n / S t u t t g a r t 1989. - W e r k e aus d e m N a c h l a ß . B d . 1-10. Hrsg. v. R i c h a r d B r ü l l m a n n t , Erich Gräßer, C l a u s G ü n z l e r , B e r n h a r d K a e m p f , Ulrich Körtner, Ulrich L u z , Ulrich N e u e n s c h w a n d e r t , W e r n e r Z a g e r u n d Johann Z ü r c h e r . M ü n c h e n 1995-2006. - A . S . / F r i t z Buri: Exis t e n z p h i l o s o p h i e und C h r i s t e n t u m . B r i e f e 1935-1964. Eingeleitet, k o m m e n t i e r t und hrsg. v. A n d r e a s Urs S o m m e r . München 2000.
Schweitzer LITERATUR: N a n c y Snell G r i f f i t h / L a u r a P e r s o n (Hrsg.): A . S. A n International B i b l i o g r a p h y . B o s t o n 1981. - O s k a r K r a u s : A. S. Sein Werk und s e i n e W e l t a n s c h a u u n g . C h a r l o t tenburg (Berlin) 1926. - W e r n e r Picht: A . S. Wesen und Bed e u t u n g . H a m b u r g 1960. - H a n s Walter B ä h r (Hrsg.): A . S. Sein D e n k e n und sein W e g . T ü b i n g e n 1962. - H a n s Walter B ä h r / R o b e r t M i n d e r (Hrsg.): B e g e g n u n g e n mit A . S. B e r i c h t e und A u f z e i c h n u n g e n . M ü n c h e n 1965. - H e l m u t G r o o s : A . S. G r ö ß e und G r e n z e n . M ü n c h e n / B a s e l 1974. H a r a l d S t e f f a h n : D u a b e r f o l g e mir n a c h . A . S.s Werk und W i r k u n g . B e r n / S t u t t g a r t 1974. - Erich G r ä ß e r : A . S. als T h e o l o g e . T ü b i n g e n 1979. - R i c h a r d B r ü l l m a n n (Hrsg.): A . - S . - S t u d i e n . B d . 1. B e r n / S t u t t g a r t 1989; B d . 2. B e r n / Stuttgart 1991. - C l a u s G ü n z l e r / E r i c h G r ä ß e r / B o d o C h r i s t / H a n s Heinrich E g g e b r e c h t (Hrsg.): A . S. heute. B r e n n p u n k t e seines D e n k e n s . T ü b i n g e n 1990. - S t e f a n H a n h e i d e : J o h a n n Sebastian B a c h im Verständnis A . S.s. M ü n c h e n / Salzburg 1990. - H a r a l d S c h ü t z e i c h e l : D i e Konzerttätigkeit A . S.s. B e r n 1991. - Ders.: D i e Orgel im L e b e n und D e n k e n A . S.s. Kleinbittersdorf 1991. - W o l f g a n g Erich Müller: A. S.s K u l t u r p h i l o s o p h i e im H o r i z o n t säkularer Ethik. B e r l i n / N e w York 1993. - R i c h a r d B r ü l l m a n n / H a rald S c h ü t z e i c h e l (Hrsg.): L e b e n in d e r Kultur. W e i n h e i m 1995. - C l a u s G ü n z l e r : A. S. E i n e E i n f ü h r u n g in sein D e n ken. M ü n c h e n 1996. - Erich G r ä ß e r : S t u d i e n zu A . S. Ges a m m e l t e A u f s ä t z e . B o d e n h e i m 1997. - W o l f g a n g E. M ü l l e r (Hrsg.): Z w i s c h e n D e n k e n u n d M y s t i k . A. S. und d i e T h e o logie heute. B o d e n h e i m 1997. - Ulrich N e u e n s c h w a n d e r : C h r i s t o l o g i e - v e r a n t w o r t e t vor den Fragen der M o d e r n e . M i t B e i t r ä g e n zu P e r s o n und W e r k A . S.s. B e r n u. a. 1997. T h o m a s H o n s a k : D i e E t h i k d e s A . S. E i n e D i s k u s s i o n seines ethischen K o n z e p t s . B e r n u . a . 1998. - M a n f r e d E c k e r : Dialektik i m idealistischen D e n k e n A. S.s F r a n k f u r t / M a i n 2 0 0 1 . - Harald S t e f f a h n : „ M e i n L e b e n ist m i r ein R ä t s e l " . B e g e g n u n g e n mit A . S. N e u k i r c h e n - V l u y n 2 0 0 5 . Erich Gräßer S c h w e i t z e r , A n t o n , auch S c h w e i z e r , K o m p o n i s t , g e t a u f t 6 . 6 . 1 7 3 5 C o b u r g , t 23. 1 1 . 1 7 8 7 Gotha. S. trat als C h o r k n a b e in d i e H o f k a p e l l e in H i l d b u r g h a u s e n ein, in der er später a u c h als Viola- und Violoncellospieler tätig war. N a c h seiner weiteren A u s b i l d u n g in B a y r e u t h (1758) und Italien ( 1 7 6 4 - 6 6 ) w u r d e er K a m m e r k o m p o n i s t und K a p e l l m e i s t e r a m H o f t h e a t e r in H i l d b u r g h a u s e n . Seit 1769 M u s i k d i r e k t o r der S e y l e r s c h e n T h e a t e r g e s e l l s c h a f t , mit der er d u r c h N o r d d e u t s c h l a n d reiste, konzentrierte sich S.s k o m p o s i t o r i s c h e s S c h a f f e n in d e n f o l g e n d e n J a h r e n auf die E n t w i c k l u n g d e r d e u t s c h e n N a t i o n a l o p e r . Von seinen S i n g spielen w a r n u r der Dorf gala ( 1 7 7 2 ) a n h a l t e n d e r E r f o l g beschieden. A n e r k e n n u n g f a n d a b e r a u c h d i e mit C h r i s t o p h M a r t i n —> W i e l a n d k o m p o n i e r t e e r n s t e O p e r Alceste (1773). 1774 w u r d e S. mit der S e y l e r s c h e n T h e a t e r g e s e l l s c h a f t an d e n G o t h a e r H o f verpflichtet und schließlich z u m herzoglichen Kapelldirektor ernannt. CD M G G S c h w e i t z e r , Arthur, Wirtschaftswissenschaftler, * 27. 11. 1905 P i r m a s e n s , t 9 . 3 . 2 0 0 4 B l o o m i n g t o n (Indiana, U S A ) . N a c h einer T ä t i g k e i t in einer S c h u h f a b r i k studierte S. 1926-28 W i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t e n in F r a n k f u r t / M a i n , 1 9 2 8 / 2 9 in B i r m i n g h a m ( G r o ß b r i t a n n i e n ) , g a b 1930-32 die „ V o l k s s t i m m e " in H a g e n heraus, setzte 1 9 3 2 / 3 3 d a s Stud i u m in Berlin fort und e m i g r i e r t e d a n n in d i e S c h w e i z , w o er 1936 bei E d g a r —»Salin an d e r U n i v . Basel p r o m o v i e r t w u r d e ( S p i e t h o f f s Konjunkturlehre). Anschließend Herausg e b e r d e s „ A r c h i v s f ü r W i r t s c h a f t und Politik", unterrichtete er an der A b e n d - V o l k s h o c h s c h u l e der Univ., ging 1938 in d i e U S A und studierte an d e r H a r v a r d University in C a m b r i d g e ( M a s s a c h u s e t t s ) . Seit 1939 M i t g l i e d des D e p a r t m e n t s of E c o n o m i c s and S o c i o l o g y der University of W y o m i n g in
L a r a m i e , w u r d e er 1942 A s s i s t e n z p r o f e s s o r u n d 1945 A s s o ciate P r o f e s s o r . Seit 1947 war er Prof. an der I n d i a n a U n i v e r sity in B l o o m i n g d a l e , 1951-76 Full P r o f e s s o r of E c o n o m i c s . S.s A r b e i t s s c h w e r p u n k t w a r die E r f o r s c h u n g der W i r t s c h a f t im N a t i o n a l s o z i a l i s m u s . E r v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Big Business in the Third Reich ( 1 9 6 4 , N e u a u s g a b e 1978) und Nazifizierung des Mittelstandes (1970). F e r n e r b e f a ß t e er sich mit den Werken M a x —»Webers (The Age of Charisma, 1984). CD H a g e m a n n S c h w e i t z e r , (Heinrich E d u a r d S t e p h a n ) B e r n h a r d (Robert), A r c h ä o l o g e , * 3. 10. 1892 Wesel, t 1 6 . 7 . 1966 H e r m a n n s b u r g (Kr. Celle). S., S o h n eines Offiziers, studierte seit 1911 an den U n i v e r sitäten H e i d e l b e r g und Berlin, w u r d e 1917 p r o m o v i e r t (Untersuchungen zur Chronologie der geometrischen Stile in Griechenland, g e d r u c k t 1918), habilitierte sich 1921 in Heidelberg ( H e r a k l e s ) und w u r d e 1925 o . ö . P r o f . an der U n i v . K ö n i g s b e r g . 1932 f o l g t e er e i n e m R u f an die U n i v . Leipzig, deren R e k t o r er 1 9 4 5 / 4 6 war, und ü b e r n a h m 1948 den Lehrstuhl f ü r K l a s s i s c h e A r c h ä o l o g i e an der U n i v . T ü b i n g e n . Z u seinen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n g e h ö r e n Das Menschenbild der griechischen Plastik (1944), Die Bildniskunst der römischen Republik (1948), Piaton und die bildende Kunst der Griechen ( 1 9 5 3 ) und Die geometrische Kunst Griechenlands (hrsg. von Ulrich —»Hausmann, 1969). S. w a r ordentliches M i t g l i e d der S ä c h s i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n und k o r r e s p o n d i e r e n d e s M i t g l i e d der D e u t s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n zu Berlin. CD B W B , B d 1 S c h w e i t z e r , Carl G u n t h e r , e v a n g . T h e o l o g e , * 22. 1 2 . 1 8 8 9 Berlin, t 2 0 . 6 . 1 9 6 5 B o n n . N a c h d e m S t u d i u m der T h e o l o g i e und P h i l o s o p h i e an den Universitäten T ü b i n g e n , B o n n , H a l l e , Berlin und E r l a n g e n w a r S. seit 1917 P f a r r e r in B u t t e r f e l d e ( N e u m a r k ) . 1919 w u r d e er an die G a r n i s o n s k i r c h e in P o t s d a m versetzt. Seit 1921 D i r e k t o r des Z e n t r a l a u s s c h u s s e s f ü r I n n e r e M i s s i o n , g r ü n d e t e er d i e E v a n g e l i s c h e L a i e n s c h u l u n g u n d die A p o logetische Z e n t r a l e in S p a n d a u . 1932-37 w a r er S u p e r i n t e n dent in W u s t e r m a r k ; nach 1933 Schloß er sich d e m B r a n d e n b u r g i s c h e n P r o v i n z i a l b r u d e r r a t der B e k e n n e n d e n K i r c h e an. N a c h seiner E m i g r a t i o n nach G r o ß b r i t a n n i e n 1939 leitete S. d a s von i h m g e g r ü n d e t e W i s t o w Training C e n t r e f o r P o s t - W a r Christian Service. Seit 1947 w i e d e r in D e u t s c h land und z u n ä c h s t L e h r b e a u f t r a g t e r f ü r ö k u m e n i s c h e Fragen an d e r U n i v . M ü n s t e r , w u r d e er 1949 t h e o l o g i s c h e r Leiter der E v a n g e l i s c h e n S o z i a l a k a d e m i e F r i e d e w a l d und lehrte seit 1954 Sozialethik und Innere M i s s i o n an d e r U n i v . B o n n . S. schrieb u. a. Von Luther zur modernen Industriewelt (1957) und w a r M i t h e r a u s g e b e r der Friedewalder Beiträge zur sozialen Frage (1953). CD B B K L S c h w e i t z e r , Christian W i l h e l m , Jurist, * 1 . 1 1 . 1781 N a u m b u r g , t 26. 10. 1856 C l o d r a bei Weida. In L e i p z i g z u m Dr. j u r . p r o m o v i e r t , w u r d e S. A d v o k a t in R o n n e b u r g , 1810 Prof. der R e c h t e in J e n a und 1818 s a c h s e n w e i m a r s c h e r G e h e i m e r Staatsrat. 1827 ü b e r n a h m er d i e Leitung d e r I m m e d i a t k o m m i s s i o n f ü r E r z i e h u n g s - und Unterr i c h t s w e s e n , 1832 der Anstalten f ü r W i s s e n s c h a f t e n und K u n s t . 1839 w u r d e er Leiter des Staatsarchivs, 1842 s a c h s e n w e i m a r s c h e r S t a a t s m i n i s t e r und w a r 1843-48 Leiter des D e p a r t e m e n t s f ü r K i r c h e n - u n d S c h u l s a c h e n , K u n s t und Wiss e n s c h a f t . S. schrieb ein Lehrbuch des sächsischen bürgerlichen Prozesses (1813). S c h w e i t z e r , G e o r g , Publizist, * 1 2 . 4 . 1850 Berlin, t O k t o b e r 1940 Berlin. S. w a r seit 1873 als W i r t s c h a f t s j o u r n a l i s t f ü r d i e „ N a t i o n a l Z e i t u n g " tätig und leitete seit 1875 d i e B e r l i n e r Vertretung des Handelsteils der „ F r a n k f u r t e r Z e i t u n g " . N a c h d e m er 1898 in C h i n a d e n „Ostasiatischen L l o y d " organisiert
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Schweitzer hatte, g r ü n d e t e er d i e „ D e u t s c h e J a p a n p o s t " in Y o k o h a m a , die „Tsingtauer N e u e s t e n N a c h r i c h t e n " s o w i e einen D e p e s c h e n d i e n s t ü b e r g a n z Ostasien, den er bis 1914 leitete. Zu B e g i n n d e s Ersten Weltkriegs w u r d e S. in d i e N a c h r i c h t e n abteilung d e s G r o ß e n G e n e r a l s t a b s geholt; s p ä t e r hatte er bis 1932 den Vorsitz der Berliner P r e s s e k o n f e r e n z inne. S. trat auch als R e i s e s c h r i f t s t e l l e r h e r v o r ( A u f Urlaub im Orient, 1890) und v e r f a ß t e u . a . Emin Pascha (1898) und China im neuen Gewände (1914). CEJ M u n z i n g e r S c h w e i t z e r , H a n s , Politiker, * 1.7. 1920 F r a n k f u r t / M a i n , t 2 4 . 8 . 1988 W i r g e s / W e s t e r w a l d . S. m a c h t e e i n e k a u f m ä n n i s c h e A u s b i l d u n g , w u r d e 1939 z u m R e i c h s a r b e i t s d i e n s t und a n s c h l i e ß e n d z u m W e h r d i e n s t eing e z o g e n . N a c h der R ü c k k e h r a u s der K r i e g s g e f a n g e n s c h a f t 1947 w a r er in der G e w e r k s c h a f t s a r b e i t tätig, zuletzt als Leiter der r h e i n l a n d - p f ä l z i s c h e n / s a a r l ä n d i s c h e n IG C h e m i e , Papier und K e r a m i k . Seit 1953 w a r er Mitglied d e r S P D , f ü r d i e er 1967 in d e n L a n d t a g von R h e i n l a n d - P f a l z einzog. S. w a r seit 1971 Vorsitzender d e s L a n d t a g s a u s s c h u s s e s f ü r Soziales, G e s u n d h e i t u n d S p o r t und w u r d e 1975 stellvertret e n d e r B u n d e s - und L a n d e s v o r s i t z e n d e r der A r b e i t s g e m e i n s c h a f t f ü r A r b e i t n e h m e r f r a g e n in der S P D . 1977-79 w a r er Landesvorsitzender der rheinland-pfälzischen SPD. CD M u n z i n g e r S c h w e i t z e r , J o h a n n Baptist v o n , a u c h J e a n Baptist v o n S., Politiker, Schriftsteller, * 1 2 . 7 . 1 8 3 3 F r a n k f u r t / M a i n , t 2 8 . 7 . 1875 Villa G i e ß b a c h / B r i e n z e r S e e (Kt. B e r n ) . S., S o h n eines Offiziers, studierte J u r a in Berlin u n d H e i delberg, w u r d e 1855 p r o m o v i e r t und war seit 1857 als R e c h t s a n w a l t in F r a n k f u r t / M a i n tätig. N a c h einer G e f ä n g nisstrafe w e g e n „ u n z ü c h t i g e r H a n d l u n g " verließ er F r a n k furt. 1863 Schloß er sich d e m A l l g e m e i n e m D e u t s c h e n Arbeiterverein ( A D A V ) an, w a r seit 1864 R e d a k t e u r , seit 1868 A l l e i n e i g e n t ü m e r der B e r l i n e r Z e i t u n g „ S o c i a l - D e m o k r a t " . 1867 w u r d e S. als N a c h f o l g e r F e r d i n a n d —> Lassalles Präsid e n t d e s A D A V (bis 1871). S e i n e U n t e r s t ü t z u n g der Bism a r c k s c h e n E i n i g u n g s p o l i t i k D e u t s c h l a n d s unter der H e g e m o n i e P r e u ß e n s brachte ihn in G e g e n s a t z zu f ü h r e n d e n Soz i a l d e m o k r a t e n . 1867-71 w a r S. M i t g l i e d d e s N o r d d e u t s c h e n R e i c h s t a g s . 1868 w u r d e er P r ä s i d e n t d e s auf d e m B e r l i n e r Arbeitskongreß gegründeten Allgemeinen Deutschen Arbeit e r s c h a f t s v e r b a n d e s . D i e w a c h s e n d e O p p o s i t i o n g e g e n sein politisches K o n z e p t und seinen bonapartistischen F ü h r u n g s stil veranlaßten ihn 1872, alle politischen F u n k t i o n e n nied e r z u l e g e n ; er w u r d e aus d e m A D A V a u s g e s c h l o s s e n . E r schrieb Der Zeitgeist und das Christentum (1861). In s e i n e m A b e n t e u e r r o m a n Lucinde oder Capital und Arbeit (3 Bde., 1 8 6 3 / 6 4 ) p r o p a g i e r t e er theoretische E r k e n n t n i s s e des M a r x i s m u s . S. trug d u r c h seine S c h r i f t e n w e s e n t l i c h zur P o p u l a risierung der M e h r w e r t t h e o r i e unter d e u t s c h e n A r b e i t e r n bei. Er schrieb auch historische T r a g ö d i e n , Lustspiele, S c h w ä n k e und P o s s e n o h n e g e s e l l s c h a f t s k r i t i s c h e n Gehalt. CD Lex sozialist Lit S c h w e i t z e r , W a l d e m a r , Journalist, Verleger, * 1 6 . 6 . 1 9 2 6 W i s s e n , t 9 . 1 2 . 1 9 7 8 Stuttgart. N a c h d e m N o t a b i t u r als F l a k h e l f e r eingesetzt, w a n d t e sich S. n a c h 1945 d e m J o u r n a l i s m u s zu. Z u n ä c h s t Volontär und M i t a r b e i t e r der „ K ö l n i s c h e n R u n d s c h a u " , ging er 1948 als L o k a l r e p o r t e r nach F r e i b u r g / B r e i s g a u und schrieb später als K o r r e s p o n d e n t f ü r ü b e r r e g i o n a l e und a u s l ä n d i s c h e Z e i t u n gen, u . a . die „ N e u e Z ü r c h e r Z e i t u n g " ( N Z Z ) . 1951 g r ü n d e t e S. ein P r e s s e b ü r o in Stuttgart. Seit 1953 w a r er K o r r e s p o n dent d e s „ S p i e g e l " s o w i e M i t a r b e i t e r von „ B i l d " , „ A b e n d p o s t " und N Z Z . 1961 g r ü n d e t e er „ D M " , d i e erste d e u t s c h e Z e i t s c h r i f t f ü r Warentests. D a s M a g a z i n erreichte zeitw e i s e e i n e A u f l a g e von 7 0 0 0 0 0 E x e m p l a r e n . S. g r ü n d e t e auch Filmateliers in B a d e n - B a d e n u n d 1964 das nach ein e m J a h r eingestellte W o c h e n m a g a z i n „ Z e i t u n g " . N a c h d e m
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K o n k u r s von „ D M " 1966 w a r er als f r e i e r J o u r n a l i s t tätig. S. leitete das „ P r e s s e - B u r e a u W . S . " (Stuttgart), ü b e r d a s er den „ M a g a z i n - D i e n s t " h e r a u s g a b . S c h w e i z e r , Adolf, Versicherungsfachmann, Manager, * 1.6. 1883 W o l l m a t i n g e n (Baden), t 1933. S. studierte R e c h t s - und S t a a t s w i s s e n s c h a f t e n in Freiburg und Kiel, w o er 1910 z u m Dr. rer. pol. p r o m o v i e r t w u r d e (Die Milchwirtschaft im landwirtschaftlichen Kleinbetriebe). Er arbeitete bei v e r s c h i e d e n e n V e r s i c h e r u n g s g e s e l l s c h a f t e n und trat 1915 in die Zentraldirektion der B a u u n t e r n e h m u n g D y c k e r h o f f & W i d m a n n ein. 1922 w u r d e er M i t g l i e d des Vorstands. Er b a u t e das V e r s i c h e r u n g s s y s t e m der F i r m a auf, initiierte eine U n t e r s t ü t z u n g s k a s s e und hatte m a ß g e b l i c h e n E i n f l u ß auf die E n t w i c k l u n g d e s V e r s i c h e r u n g s w e s e n s in der d e u t s c h e n B a u i n d u s t r i e . S. starb bei e i n e m U n f a l l . m
Reichshandbuch
S c h w e i z e r , Alexander, schweizer, reformierter Theologe, * 14.3. 1808 M u r t e n , t 3 . 7 . 1888 Z ü r i c h . N a c h d e m S t u d i u m der T h e o l o g i e in Zürich g i n g S. 1832 zur weiteren A u s b i l d u n g nach Berlin, w o er u. a. bei —»Schleiermacher studierte, d e s s e n p h i l o s o p h i s c h e Ethik auf ihn starken E i n f l u ß a u s ü b t e . 1834 w u r d e er P r i v a t d o z e n t an der U n i v . Z ü r i c h und Vikar a m G r o ß m ü n s t e r , 1835 a. o., 1840 o . P r o f . und 1844 P f a r r e r a m G r o ß m ü n s t e r . S. lehrte p r a k t i s c h e T h e o l o g i e , N e u e s T e s t a m e n t und E t h i k . In sein e m H a u p t w e r k Die protestantischen Centraidogmen in ihrer Entwicklung innerhalb der reformierten Kirche (2 B d e . , 1854-56) vertrat er d i e u m s t r i t t e n e A u f f a s s u n g , die Prädestination sei d a s G r u n d d o g m a der r e f o r m i e r t e n G l a u b e n s g e m e i n s c h a f t . S. v e r ö f f e n t l i c h t e f e r n e r Die Glaubenslehre der evangelisch-reformierten Kirche (2 Bde., 1844-47) und Die christliche Glaubenslehre (2 B d e . , 1863-72, 2 1 8 7 7 ) . Er w a r der Vater von Paul - > S . CD B B K L S c h w e i z e r , A r m i n , s c h w e i z e r . S c h a u s p i e l e r , * 2 8 . 4 . 1892 Z ü r i c h , t 8. 10. 1968 Zürich. N a c h einer K o c h l e h r e n a h m S., S o h n eines C o i f f e u r m e i s t e r s und Leiters des D r a m a t i s c h e n Vereins Zürich und B r u d e r R i c h a r d —»S.s, Schauspielunterrricht u n d debütierte 1911 in Berlin. 1915 spielte er unter M a x —»Reinhardt a m D e u t schen T h e a t e r in Berlin, 1918-29 an der Berliner V o l k s b ü h n e und 1936-43 erneut a m D e u t s c h e n T h e a t e r . D e r als T h e a terschauspieler auf das F a c h des L u f t i k u s und später des K o m i s c h e n A l t e n spezialisierte S. wirkte seit 1920 a u c h in 7 0 K i n o f i l m e n mit. N a c h d e m Z w e i t e n Weltkrieg k e h r t e er in d i e S c h w e i z z u r ü c k , w o bis 1960 a m Z ü r c h e r Schauspielh a u s auftrat. • • Schweiz Theater S c h w e i z e r , E d u a r d , e v a n g . T h e o l o g e , * 1 8 . 4 . 1 9 1 3 Basel, t 2 7 . 6 . 2 0 0 6 Zürich. S. Schloß d a s S t u d i u m der e v a n g . T h e o l o g i e in M a r b u r g , Zürich und Basel m i t der P r o m o t i o n a b ( E g o eimi... Die religionsgeschichtliche Herkunft und theologische Bedeutung der johanneischen Bildreden, 1 9 3 9 , 2 1 9 6 5 ) und war d a n n als P f a r r e r in N e s s l a u (Kt. St. Gallen) tätig. Seit 1941 Privatd o z e n t f ü r N e u e s T e s t a m e n t an der U n i v . Z ü r i c h , w u r d e er 1946 Prof. f ü r N e u e s T e s t a m e n t in M a i n z , 1949 v o r ü b e r g e hend in B o n n und lehrte 1949-79 als O r d i n a r i u s an der U n i v . Z ü r i c h , deren R e k t o r er 1964-66 war. N e b e n k o m m e n t i e r t e n A u s g a b e n der E v a n g e l i e n nach M a t t h ä u s , M a r k u s und L u kas s o w i e d e s B r i e f e s an d i e K o l o s s e r v e r ö f f e n t l i c h t e S. Der erste Petrusbrief ( 1 9 4 2 , 4., vollst, neu bearb. Aufl. 1998), Erniedrigung und Erhöhung bei Jesus und seinen Nachfolgern ( 1 9 5 5 ) und Jesus, das Gleichnis Gottes (1995). S c h w e i z e r , O t t o (Ernst), Architekt, * 2 7 . 4 . 1 8 9 0 S c h r a m b e r g , f 1 4 . 1 1 . 1965 B a d e n - B a d e n . N a c h d e m S t u d i u m an d e n T e c h n i s c h e n H o c h s c h u l e n M ü n c h e n und Stuttgart w u r d e S., S o h n eines K ü r s c h n e r m e i sters, 1921 S t a d t b a u r a t in S c h w ä b i s c h G m ü n d . Seit 1925
Schwencke wirkte er am Hochbauamt der Stadt Nürnberg, wurde 1926 Oberbaurat und war in dieser Eigenschaft u. a. für den Bau des Nürnberger Arbeitsamtes verantwortlich. 1930 übernahm er den Lehrstuhl für Architektur an der T H Karlsruhe, den er bis 1960 innehatte. S. beschäftigte sich mit vielen städtebaulichen Aufgaben. Als sein Hauptwerk gilt das Wiener Stadion (1930-32). Er verfaßte u. a. Die architektonische Croßform (1957). Seit 1955 war er ordentliches Mitglied der Berliner A k a d e m i e der Künste. m B W B , Bd 3
Schweizer,
Paul, schweizer. Archivar, Historiker, * 9 . 9 . 1852 Zürich, t 7 . 8 . 1932 Schuls (Kt. Graubünden). Der Sohn Alexander —>S.s studierte Geschichte an den Universitäten Zürich, Göttingen und Berlin sowie in Paris, wurde 1876 promoviert und habilitierte sich 1878 an der Univ. Tübingen. 1878-80 war er dort Privatdozent, 1881-96 Staatsarchivar des Kantons Zürich, seit 1892 a. o. Prof. und 1896-1921 o . P r o f . der Geschichte an der Univ Zürich. S. schrieb u . a . Vorgeschichte und Gründung des Schwäbischen Bundes (1876) und Geschichte der schweizerischen Neutralität (3 Bde., 1893-95). Er veröffentlichte die Korrespondenz der französischen Gesandtschaft in der Schweiz 1664-1671 (1880) und gab mit Jakob Escher das Urkundenbuch der Stadt und Landschaft Zürich (11 Bde., 1888-1925) heraus. CD D L L
Schweizer,
Richard, schweizer. Schriftsteller, * 2 3 . 1 2 . 1 9 0 0 Zürich, f 3 0 . 3 . 1965 Zürich. Der Bruder Armin —>S.s war als Theatermaler, später als Journalist tätig. 1933 drehte er seinen ersten Film und wurde seit 1938 zu einem bekannten Drehbuchautor, der maßgeblich an der Entwicklung des schweizer. Films mitwirkte. Er war Gründungsmitglied der Neuen Schauspiel AG Zürich (1938) und gehörte dem Verwaltungsrat der PraesensFilm A G Zürich an. S. schrieb u. a. die Drehbücher für die Verfilmung von Werken von Gottfried —»Keller, Jeremias —> Gotthelf und Johanna —> Spyri. Er verfaßte auch Erzählungen. Für die Drehbücher zu Marie Louise und Die Gezeichneten wurde er 1946 bzw. 1948 mit d e m Oscar ausgezeichnet. CD Schweiz Theater
er sich der Entwicklungsgeschichte des deutschen Nationalstaats (Vom Bund zum Reich, 1905). Seine dreibändige Geschichte der Freien Stadt Frankfurt 1814 bis 1866 erschien 1910-18. OD Frankf Biogr
Schwemmer,
Heinrich, Lehrer, Komponist, * 2 8 . 3 . 1621 Gompertshausen bei Heldburg (heute Südthüringen), t 2 6 . 5 . 1696 Nürnberg. Der Schüler von Johann Erasmus —> Kindermann lebte seit 1641 in Nürnberg, wo er seit 1650 als Musiklehrer an verschiedenen Schulen unterrichtete. 1656 wurde er Director chori musici an der Nürnberger Frauenkirche. S. machte sich als Lehrer der letzten Nürnberger Musikergeneration des 17. Jh. und als Komponist von vokaler Gelegenheitsmusik einen Namen. Zu seinen Schülern gehörte Johann Philipp -»Krieger. CP M G G
Schwenck,
Johann (Conrad), Philologe, * 21. 10.1793 Lieh (Oberhessen), t 14.2. 1864 F r a n k f u r t / M a i n . S., Sohn eines Schusters, studierte zunächst Theologie, dann - mit Unterbrechung durch eine Hauslehrertätigkeit Klassische Philologie und Germanistik in Gießen und Bonn. Durch seine Bekanntschaft mit Ernst Moritz —> Arndt und Karl T h e o d o r —»Welcker in die politischen Untersuchungen verwickelt, die gegen diese wegen „demagogischer Umtriebe" angestrengt wurden, mußte er Bonn verlassen. In Frankfurt erhielt er eine Anstellung als Gymnasiallehrer, war seit 1825 Prof., seit 1829 Prorektor und 1839-53 Konrektor. S. besorgte Ausgaben und Übersetzungen von Aischylos und Homer, betrieb sprachvergleichende und mythologische Studien (u. a. Die Mythologie der asiatischen Völker, der Aegypten Griechen, Römer, Germanen und Slaven, 1843), war seit 1827 Mitarbeiter der „Iris" und veröffentlichte Werke zur deutschen Sprache und Literatur (u. a. Wörterbuch der deutschen Sprache in Beziehung auf Abstammung und Begriffsbildung, 1844; Litterarische Charakteristiken und Kritiken, 1847). Seit 1844 war er korrespondierendes Mitglied des Istituto di corrispondenza archeologica, der privaten Vorläufereinrichtung des Deutschen Archäologischen Instituts in R o m . c d DLL
Schweizerbart,
Wilhelm Emanuel, Verleger, * 2 6 . 3 . 1785 Stuttgart, t 2 . 9 . 1870 Untertürkheim (heute zu Stuttgart). S. war ursprünglich Gürtler, seit 1809 mit einem eigenen Betrieb in Stuttgart. Er kam z u m Buchhandel und firmierte zunächst als „Expedition des Werkes unserer Zeit" (1826-30), dann unter d e m Namen „E. Schweizerbart'sehe Verlagshandlung" und gliederte bald eine Buchdruckerei an. S. verlegte wissenschaftliche und belletristische Werke, als eines der ersten Eduard —>Mörikes Maler Nolten (1832). 1843 wurde das „Neue Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie" gegründet. Nach 1860 erschienen bei S. die ersten deutschen Ausgaben der Werke Charles Darwins. 1841 verkaufte S. den Verlag an seinen Neffen Christian Friedrich S.
Schwemer, Richard, Lehrer, Historiker, * 29. 1. 1857 Breslau, t 24. 11.1928 F r a n k f u r t / M a i n . S. begann 1876 das Studium der Rechtswissenschaft, studierte seit 1878 Geschichte und Literaturwissenschaft in Breslau, Berlin, Marburg und Straßburg, wurde 1882 promoviert (Innocenz III. und die Deutsche Kirche während des Thronstreites von 1198 bis 1208) und war bis zu seiner Pensionierung 1922 Deutsch- und Geschichtslehrer an Frankfurter Gymnasien. Zuletzt nahm er an der Univ. Frankfurt einen Lehrauftrag für Geschichte wahr. S. war seit 1891 Vorsitzender der geschichtlichen Fachabteilung des Freien Deutschen Hochstifts; seine dort gehaltenen Vorträge erschienen als Papsttum und Kaisertum (1899). Nach 1900 widmete
Schwencke,
Christian (Friedrich Gottlieb), Kantor, Komponist, * 3 0 . 8 . 1767 W a c h e n h a u s e n / H a r z , t 27. 10. 1822 Hamburg. Der Schüler von Johann Philipp —»Kirnberger und Friedrich Wilhelm —>Marpurg trat seit 1779 als Pianist und Organist hervor. Nach mathematischen und philosophischen Studien in Leipzig und Halle wurde er 1789 Nachfolger von Carl Philipp Emanuel Bach als Musikdirektor der fünf Hamburger Hauptkirchen und Kantor am Johanneum. In dieser Eigenschaft komponierte er geistliche und weltliche Kantaten sowie Oratorien. Seit 1799 verfaßte er auch Beiträge für die „Allgemeine musikalische Zeitung". S. gründete eine Musikalienhandlung (1801) und eine Musikalische Akademie (1805), in der private A u f f ü h r u n g e n stattfanden. Neben seinen eigenen Kompositionen bearbeitete er Chorwerke anderer Komponisten und machte sich durch Abschriften der Werke —»Mozarts um deren Verbreitung in Hamburg verdient. S. gehörte zu den Herausgebern der ersten Ausgabe des Wohltemperirten Klaviers. Er war der Vater von Johann und Karl —>S. ED M G G
Schwencke,
Friedrich (Gottlieb), Musiker, Komponist, * 15. 12. 1823 Hamburg, t 11.6. 1896 Hamburg. Der Sohn von Johann —>S. wurde von seinem Vater im Orgel- und Klavierspiel sowie in der Komposition unterwiesen. Im Alter von zwölf Jahren trat er erstmals als Pianist in Philharmonischen Konzerten auf und war in Hamburg auch
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Schwencke als Organist tätig. Nach dem Tod seines Vaters 1852 wurde er dessen Nachfolger als Organist an der Hamburger Nikolaikirche. S. komponierte geistliche und weltliche Werke. • α MGG
Schwencke,
Johann (Friedrich), Musiker, Komponist, * 3 0 . 4 . 1792 Hamburg, t 2 8 . 9 . 1852 Hamburg. Der Sohn von Christian - > S . und Bruder von Karl - > S . wurde von seinem Vater in Theorie und Komposition unterrichtet. Violoncello, Klarinette, Klavier und Orgel studierte er u . a . bei Johann Nikolaus Prell und seinem Onkel Heinrich August Ferdinand Hartmann. Seit 1829 wirkte er als Organist an der Hamburger Nikolaikirche, wurde durch gesundheitliche Probleme aber bald in der Ausübung öffentlicher Funktionen eingeschränkt. S. schuf u . a . das Choral Buch zum Hamburgischen Gesangbuch (1832) und bearbeitete Werke u . a . von —>Beethoven und Louis —>Spohr. Er war der Vater von Friedrich —> S. CD M G G
Schwencke,
Karl, auch Carl S., Musiker, Komponist, * 7 . 3 . 1797 Hamburg, t 7 . 1 . 1 8 7 0 Nußdorf (heute zu Wien) (?). Der Bruder von Johann —> S. sollte eigentlich Cellist werden, bildete sich aber autodidaktisch und als Schüler seines Vaters zum Pianisten aus. Bis ins hohe Alter war er auf der Wanderschaft. 1824 begegnete er —> Beethoven in Wien, der für ihn den Kanon Schwenke dich ohne Schwanke komponierte. Sein eigenes, an der Klassik und Romantik geschultes, klanglich auf Edvard Grieg verweisendes Werk umfaßt Stücke f ü r Klavier, Streichquartette, eine S y m p h o n i e und eine Messe. S.s schriftstellerischer und kompositorischer Nachlaß ging 1870 größtenteils verloren. CD M G G
Schwenckfeld,
Kaspar von, auch S. von Ossig, Pseud. Eliander, Caspar Greysenecker, Gryseneggerus, C. Dinopesius, J. Dinopedius von Greiseneck, Konrad Bleckschaff, Reformator, * Ende N o v e m b e r / A n f a n g Dezember 1489 Gut Ossig bei Lüben (Niederschlesien), t 10. 12. 1561 Ulm. Nach Studien in F r a n k f u r t / O d e r und Köln war der dem schlesischen Adel entstammende S. seit 1510 an verschiedenen schlesischen Höfen tätig. Als Hofrat Herzog —> Friedrichs II. von Liegnitz gelang es ihm, seinen Landesherrn für die Reformation zu gewinnen und diese seit 1521 in Schlesien zu verbreiten. Seine symbolistische Abendmahlslehre sowie sein spiritualistisches Kirchenverständnis führten nach 1525 zum Bruch mit —»Luther. Nach seiner Vertreibung aus Schlesien 1529 lebte S. bis 1534 in Straßburg, dann in süddeutschen Städten und Adelssitzen und war als Laientheologe in späterer Zeit in immer neue Konflikte verwickelt und fast ständig auf der Flucht. Mit mehreren der führenden Reformatoren wechselte er Streitschriften (u. a. Vom grund und Ursache des Irrthumbs und Spans imm Artickel vom Sacrament des Herrn nachtmals, 1527), die im Corpus Schwenckfeldianorum (19 Bde., 1907-61) gesammelt vorliegen. S. begründete eine innerhalb der Reformationsgeschichte eigenständige Christologie, in der er den Kreaturbegriff Christi ablehnte (Summarium ertlicher Argument, 1539). In Schlesien, aber auch in Schwaben entstanden eigenständige Gemeinden seiner Anhänger, von denen Nachfahren bis heute als „Schwenckfeldianer" in den U S A leben. CP B B K L
nach war er bis 1945 als erster Sicherheitsbeauftragter bei den Dornierwerken tätig. 1 9 4 8 / 4 9 an den Verhandlungen der Verfassunggebenden Versammlung über das Grundgesetz beteiligt, wurde er 1950 Leiter der Bayerischen Staatskanzlei unter Ministerpräsident Hans —>Ehard. Seit 1958 war S. Generalsekretär der Bayerischen Akademie der schönen Künste. Er veröffentlichte u. a. Bayern zwischen Monarchie und Diktatur (1954). S c h w e n d e n e r , Simon, schweizer. Botaniker, * 10.2. 1829 Buchs (Kt. St. Gallen), t 2 7 . 5 . 1919 Berlin. Nach d e m Studium in Genf und Zürich, das er 1856 mit der Promotion abschloß ( U e b e r die periodischen Erscheinungen der Natur, insbesondere der Pflanzenwelt), habilitierte sich S., Sohn eines Landwirts, 1857 in Zürich f ü r Botanik, 1860 wurde er als Privatdozent in den Lehrkörper der Philosophischen Fakultät der Univ. M ü n c h e n a u f g e n o m m e n , folgte 1867 als o . P r o f . und Direktor des Botanischen Gartens einem Ruf nach Basel, ging 1877 nach Tübingen und 1878 nach Berlin, wo er 1887 zum Rektor gewählt wurde (Rede, Uber Richtungen und Ziele der mikroskopisch-botanischen Forschung). S., seit 1880 Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina, gilt als Begründer der physiologischen Anatomie. Im Rahmen seiner Studien zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Pflanzen entdeckte er 1860 den A u f b a u der Flechten aus symbiotischen Pilzen und Algen. S. veröffentlichte u . a . Das Mikroskop (mit Carl von —»Nägeli, 2 Bde., 1865-67, 2 1877, engl. 1887, 2 1892), Das mechanische Prinzip im anatomischen Bau der Monocotylen (1874) und Mechanische Theorie der Blattstellungen (1878, Nachdr. 2007). CD D S B
Schwendenwein von Lanauberg, August, österr. Architekt, * 1.12. 1817 Wien, | 3. 11.1885 Wien. Nach Studien am Polytechnikum und an der Wiener Akademie der bildenden Künste, die er später in München fortsetzte, entwickelte sich S. v. L., der meist mit Johann Julius —»Romano von Ringe zusammenarbeitete, zu einem der führenden Architekten der Wiener Aristokratie. Seit 1868 war er Rat der Akademie der bildenden Künste. 1870 in den Adelsstand erhoben, wurde er 1874 Oberbaurat und war 1875-81 Mitglied des Baukomitees für den Wiener Justizpalast. Zu seinen im Renaissance-Stil erbauten Adelsresidenzen gehören das Palais Fünfkirchen und das Palais Wiener. CD Ö B L
Schwender, Carl, österr. Gastwirt, * 2 8 . 3 . 1808 Neunkirchen (Württemberg), t 2 . 1 2 . 1866 Rudolfsheim (heute zu Wien). S. kam 1833 aus Karlsruhe nach Wien, w o er zunächst als Zahlkellner arbeitete. 1835 eröffnete er ein eigenes Kaffeehaus auf dem Grundstück der Freifrau —»Pereira-Arnstein. Nach dem Erwerb weiteren Grundbesitzes richtete er dort auch ein Sommerrestaurant und eine Bierhalle ein, der schließlich ein Vergnügungslokal folgte. Einen Anfang der sechziger Jahre erworbenen Herrschaftsbesitz in Hietzing baute er mit großem finziellem Einsatz zu einem beliebten Sommervergnügungsetablissement aus. Nach seinem Tod wurde das Anwesen in Hietzing verkauft. Die Gaststätten in Braunhirschen wurden bis 1898 von S.s Sohn, später von dessen Witwe fortgeführt. Schwendi,
Schwend,
Karl, Politiker, Jurist, Journalist, * 3 0 . 5 . 1 8 9 0 Bayreuth, t 2 4 . 2 . 1 9 6 8 München. S., Sohn eines Postexpeditors, trat in das bayerische Militär ein und studierte nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg Jura und Geschichte in München. Er wandte sich als Gründungsmitglied der Bayerischen Volkspartei bald der Politik zu und leitete 1920-33 die „Bayerische VolksparteiKorrespondenz", die Vorläuferin des „Bayernkuriers". Da-
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Lazarus von, Politiker, Militär, * Dezember 1522 Mittelbiberach (Schwaben), t 27.5.158.3 K i r c h h o f e n / Breisgau. Der uneheliche Sohn eines württembergischen Adligen trat nach luth. Erziehung in M e m m i n g e n und Studien in Basel und Straßburg 1546 in kaiserliche Dienste. Er kämpfte im Schmalkaldischen Krieg, war in diplomatischer Mission in Niedersachsen und sprach sich für eine streng kath. Politik aus. 1552, nach seiner Konversion, in den erblichen
Schwenke Ritterstand erhoben und zum kaiserlichen Hofrat und Hofpfalzgrafen ernannt, ging er 1555 nach Brüssel, diente als Heerführer der Spanischen Niederlande in den Kämpfen gegen Frankreich und war dann als Diplomat tätig. 1564 wurde er kaiserlicher Oberbefehlshaber in Ungarn. 1568 zum Freiherren erhoben, schied er noch im selben Jahr aus kaiserlichen und spanischen Diensten. In den folgenden Jahren trat S. auf allen Reichstagen für religiöse Toleranz im Reich, eine Reform der Reichsverfassung und eine auf Reichseinheit bedachte, gegen Spanien und das Papsttum gerichtete Reichspolitik ein; das Ausscheiden der Niederlande aus dem Reich suchte er vergeblich zu verhindern. S. bemühte sich vor allem um eine Änderung der Reichskriegsverfassung. Er veröffentlichte u.a. einen Kriegsdiscurs (postum 1593/94). m
Leb Baden-Württ, Bd 20
S c h w e n d i m a n n , Joseph Caspar, schweizer. Medailleur, Bossierer, Kupferstecher, * 6.12. 1721 Ebikon (Kt. Luzern), t 1.12. 1786 Rom. Nach seiner Ausbildung zum Kupferstecher in Rom, Augsburg, Zug und Schwyz, wo er Schüler von Karl —> Hedlinger war, lebte S. seit 1772 in Rom. Stark von der Antike beeinflußt, schuf er zahlreiche Personen- und historische Medaillen, u.a. eine Medaille mit dem Porträt Papst Pius VI. (1776) und eine Gedenkmünze anläßlich der Erneuerung des Bündnisses zwischen Frankreich und der Schweiz (1777). S. wurde ermordet. CD Brun Schwendler, Karl von, Jurist, Beamter, Politiker, * 17. 12. 1812 Meiningen, f 25. 12. 1880 Weimar. S. studierte 1831-35 Rechtswissenschaften in Gießen, Leipzig, Berlin und Jena, trat nach einem Aufenthalt in Paris 1837 in den herzoglichen weimarischen Staatsdienst ein, wurde 1839 Bürgermeister in Remda, 1845 Landesdirektionsrat in Weimar und 1850 Direktor des III. Verwaltungsbezirks in Eisenach. Seit 1864 gehörte er dem Gesamtministerium in Coburg an; als Wirklicher Geheimer Rat wurde er 1870 zur Disposition gestellt. S. war 1849-65 Mitglied des Weimarischen Landtags, 1852-65 dessen Präsident; im Reichstag des Norddeutschen Bundes zählte er zur nationalliberalen Fraktion. 1878-80 war er Abgeordneter im Deutschen Reichstag. Schwengeler, Arnold H(ans), schweizer. Journalist, Schriftsteller, * 5.5.1906 Töss (heute zu Winterthur), t 25.5. 1981 Bern. Nach dem Studium der Germanistik und Nationalökonomie, das er 1931 mit der Promotion in Bern abschloß (Heinrich Federer im Spiegel seines journalistischen Schaffens), arbeitete S. 1931-38 als Redakteur der Berner Zeitung „Der Bund". Er war fachtechnischer Mitarbeiter beim Generalstab (1938/39), 1939-69 literarischer Redakteur am „Bund" (1939-69), Mitbegründer und erster Präsident des Bernischen Schriftstellerverbandes (1940-44), Vorstand der Schweizerischen Gesellschaft für Theaterkultur (1945-50, 1960-67) und Vorstandsmitglied des Schweizerischen Schriftstellervereins (1942-44). S. schrieb Lyrik (Der goldene Wagen, 1959), Essays, Erzählungen und dramatische Werke (u.a. Rebell in der Arche, 1935). 1942, 1949 und 1967 erhielt er den Literaturpreis der Stadt Bern. m
DLL
Schweninger, (Johann Baptist) Ernst, Dermatologe, Naturheilkundiger, * 15.6. 1850 Freystadt (Oberpfalz), t 13.1. 1924 München. Nach dem Medizinstudium in München, Straßburg und Wien, das er 1872 in München mit der Promotion abschloß (De enchondromate), habilitierte sich S., Sohn eines prak-
tisches Arztes, dort 1875 für pathologische Antomie. 1881 wurde er Leibarzt —> Bismarcks, 1884 a. o. Prof. der Dermatologie in Berlin, außerordentliches Mitglied des Gesundheitsamtes und Direktor der Abteilung für Hautkrankheiten an der Charite. 1900-05 war er leitender Arzt des Kreiskrankenhauses in Großlichterfelde, wo er eine Naturheilschule gründete. Bekannt wurde insbesondere die nach ihm benannte Kur gegen Fettsucht (Schweninger-Kur). S. veröffentlichte Gesammelte Arbeiten (Bd. 1, 1886), Dem Andenken Bismarcks (1899), Der Arzt (1906, 3 1926, Nachdr. 1974) und Zur Krebsfrage (1914). S c h w e n k , Paul (Gotthold), Politiker, Journalist, * 8.8.1880 Meißen, f 22.8. 1960 Berlin. Nach einer Werkzeug- und Maschinenschlosserlehre arbeitete S., Sohn eines Arbeiters, seit 1899 als Mechaniker in Dresden. 1905 trat er der SPD bei, für deren Zentralorgan „Vorwärts" er seit 1912 als Berichterstatter tätig war. Seit 1917 Mitglied der USPD, wurde er 1919 Redakteur der Parteizeitung „Freiheit" und nach seinem Eintritt in die KPD 1920 Abgeordneter in der Berliner Stadtverordnetenversammlung. Seit 1924 gehörte er auch dem Preußischen Landtag an. S. veröffentlichte zahlreiche Artikel in der Zeitschrift „Die Kommune". 1933 emigrierte er nach Paris und ging 1934 nach Moskau, wo er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Marx-Engels-Lenin-Institut wurde. Seit 1936 arbeitete er für die Komintern. Nach Verbüßung einer Haftstrafe (1937-41) war S. als Redakteur im Moskauer Verlag für fremdsprachige Literatur und anschließend erneut für die Komintern tätig. 1945 kehrte er nach Berlin zurück, wurde Mitglied der SED und 1949 Chefredakteur der Zeitschrift „Bergbau und Energie". Zuletzt in der Hauptverwaltung Kohle des Ministeriums für Industrie tätig, befaßte er sich im Ruhestand mit der Geschichte der Berliner Arbeiterbewegung. DP SBZ/DDR Schwenke, Michael, Bildhauer, * Mai 1563 Pirna, t 10.7. 1610 Pirna. Nach erster Ausbildung in Pirna war S. zunächst in der Dresdner Werkstatt von Christoph Walther tätig. Seit 1587 Bürger in Pirna, wurde er 1603 Obermeister der Innung der Steinmetzen, Maurer und Bildhauer. S. gilt als der bedeutendste sächsische Bildhauer um 1600. Beeinflußt von der Dresdner Walther-Schule, deren renaissancistischen Klassizismus er zur Vollendung führte, schuf er zahlreiche Altarbauten, die in ihrer harmonischen Proportionierung unerreicht blieben. Zu seinen Arbeiten gehören Taufstein, Kanzel, Altar und Portalschmuck (1594-1602) in der Kirche zu Lauenstein im Erzgebirge. CD Th-B Schwenke, Paul, Bibliothekar, Buchwissenschaftler, * 20.3. 1853 Langendembach (Thüringen), t 19. 12.1921 Berlin. Nach dem Studium der Theologie und Philologie arbeitete S., Sohn eines Pfarrers, als Bibliothekar an den Universitätsbibliotheken Greifswald (1875), Kiel (1879), Göttingen (1887) und Königsberg. 1893-99 war er Direktor der Universitätsbibliothek Königsberg, seit 1899 Direktor der Druckschriftenabteilung und 1906-21 Erster Direktor der Kgl. Bibliothek in Berlin. Der als Spezialist für das Buchund Büchereiwesen Europas und Nordamerikas bekannte S. gehörte zu den Gründern des Vereins Deutscher Bibliothekare (1900), dessen erster Vorsitzender er wurde. Er war Begründer des „Jahrbuchs der deutschen Bibliotheken" (1902 ff.) und 1904-21 Herausgeber des „Zentralblatts für Bibliothekswesen". S. beschäftigte sich insbesondere mit der Bibliotheks- und Buchgeschichte, widmete sich aber auch philologischen Studien, u.a. über Werke Ciceros. Er veröffentlichte u. a. Untersuchungen zur Geschichte des ersten
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Schwenke Buchdrucks (1900) und ein Adressbuch der deutschen Bibliotheken (1893). 1913 begann er, von der zweiundvierzigzeiligen Gutenbergbibel nach d e m Exemplar der Preußischen Staatsbibliothek einen Faksimiledruck zu veranstalten. CD Altpreuß Biogr, Bd 3
Schwenke,
Wolfgang, Zoologe, Entomologe, * 2 2 . 3 . 1921 Rosslau, t 3 . 5 . 2 0 0 6 Fürstenfeldbruck. S. begann 1939 in Leipzig das Studium der Zoologie, das er 1946 in Leipzig fortsetzte und 1950 mit der Promotion abschloß (Vergleichend-biocoenologische Untersuchungen im Waldgebiet des südwestlichen Flämings und seines ElbeVorlandes). Er arbeitete dann am Entomologischen Institut in Berlin-Friedrichshagen, w o er seit 1954 die Abteilung f ü r Ökologische Entomologie leitete. 1958 habilitierte er sich mit der Arbeit Über die Standortabhängigkeit des Massenwechsels der Lärchenminiermotte, Colephora laricella Hb. und der Ahorneule, Acronycta aceris L., ging 1964 als apl. Prof. nach München und war dort 1966-87 Leiter des Instituts für Zoologie. S., der vor allem auf den Gebieten der Angewandten Zoologie und Entomologie arbeitete, beschäftigte sich besonders mit Forstzoologie und den Ameisen. Er veröffentlichte u. a. Zwischen Gift und Hunger (1968), Leitfaden der Forstzoologie (1981), Ameisen. Der duftgelenkte Staat (1985, 2 1996) und Der unbekannte Wald (1987). S c h w e n n i c k e , Carl-Hubert Paul-Ludwig, Politiker, * 14. 11.1906 Berlin, t 3 1 . 3 . 1 9 9 2 Berlin. Nach dem Studium der Elektrotechnik und der Wirtschaftswissenschaften an der T H und der Univ. Berlin trat S. 1933 als Direktionsassistent in die Siemenswerke ein. Seit 1950 leitete er die Personalabteilung der Siemens & Halske A G und der Siemens-Schuckertwerke A G in Berlin. In der Weimarer Republik politisch der Deutschen Volkspartei nahestehend und zum Mitarbeiterstab Gustav Stresemanns gehörend, engagierte sich S. nach 1945 beim Aufbau der Liberaldemokratischen Partei. Seit 1947 war er erster Vorsitzender der Berliner F D P und wurde 1950 auch in den geschäftsführenden Parteivorstand auf Bundesebene gewählt. S.s außenpolitische Übereinstimmung mit —»Adenauer führte seit 1955 zu Differenzen mit dem F D P Bundesvorsitzenden T h o m a s —»Dehler und schließlich 1956 zum Parteiaustritt. S. Schloß sich im selben Jahr der neugegründeten Freien Volkspartei an. CD Munzinger
Schweninger,
Franz, Geometer, * 2 6 . 2 . 1822 Essen, t 2 . 5 . 1 8 6 7 Essen. S. war Delegierter des Arbeitervereins H a m m auf dem Arbeiterkongreß 1848 in Berlin, bemühte sich als Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Arbeiterverbrüderung in Leipzig um den organisatorischen Zusammenschluß der deutschen Arbeitervereine und wurde im Februar 1849 Präsident des Kongresses norddeutscher Arbeitervereine in Hamburg. Nach der Teilnahme an den M a i k ä m p f e n in Sachsen und der Bildung einer Arbeiterkompagnie in Leipzig wurde er im Juni 1849 verhaftet und nach fünf Monaten mit der Verpflichtung entlassen, sich in seine Heimatstadt Essen zu begeben. Er wurde 1850 in das Zentralkomitee der Generalversammlung der deutschen Arbeiter gewählt, übte den Beruf eines Geometers aus und war 1855-59 Stadtverordneter in Essen.
und 1623 Rektor der Universität. Seit 1625 Prof. der gesamten orientalischen Sprachen, wurde er 1628 zusätzlich auch Ordinarius f ü r Mathematik. S. verfaßte vor allem mathematische Abhandlungen, darunter Geometriae practicae novae tractatus (3 Bde., 1 7 1 7 / 1 8 , unter dem Titel Geometriae practicae nova et aucta tractatus, 4 Bde., 2 1623-27, 3 1640-41, Neuausg. 1667), Mensula Praetoriana. Beschreibung dess nutzlichen geometrischen Tischleins von dem fürtrefßichen [...} Mathematicus Johanne Praetorio erfunden (1619, Nachdr. 1986) und Delicice physico-mathematicce (3 Bde., 1636-53, Neudr. 1990-91), beschäftigte sich in einigen Schriften (u. a. Steganologia et steganographia nova. Geheime Magische, Natürliche Red und Schreibkunst (1600, 1 1620, Neuausg. unter dem Titel Steganologia et Steganographia aucta. Geheime, magische, natürliche Red und Schreibkunst, 1622, ca. ' 1 6 3 3 ) aber auch mit der Entwicklung einer Kurzschrift. ΕΠ D L L
Schwenzen,
Per, Schauspieler, Schriftsteller, * 3 . 1 1 . 1899 M o s s (Norwegen), t 4 . 1 1 . 1984 Pullach bei München. S. begann seine Bühnenlaufbahn in Bremen, spielte in Frankf u r t / O d e r und Düsseldorf und ließ sich nach d e m Abschied von der B ü h n e 1926 in Berlin nieder. Er gründete dort verschiedene Kabaretts, darunter 1931 das literarische Nachtkabarett „Schwarzweiß", in d e m er auch als Conferencier auftrat. Später lebte er als freier Schriftsteller in München Zunächst als Bühnenautor erfolgreich, wandte er sich später dem Film zu und schrieb u . a . die Drehbücher zu 13 Stühle und Die schwedische Nachtigall. S. trat auch mit deutschen Bühnenbearbeitungen von Werken Knut Hamsuns und Svend Rindoms hervor. c n DLL S c h w e r , Wilhelm, kath. Theologe, * 2 9 . 4 . 1 8 7 6 Monschau (Rheinland), | 25. 11.1949 Bonn. S. empfing 1900 die Priesterweihe, war bis 1906 Kaplan in Krefeld und wurde 1905 in Münster zum Dr. theol. promoviert (Arnold I. Erzbischof von Köln). 1906-17 war er Generalsekretär der Katholischen Gesellenvereine in Köln, hielt 1917-21 Vorlesungen über soziale Fragen im KatholischTheologischen Seminar und wurde 1921 Prof. der christlichen Gesellschaftslehre und sozialen Pastoral an der Univ. Bonn. S. verband die kath. Gesellschaftslehre mit neueren sozialgeschichtlichen und soziologischen Erkenntnissen. Er schrieb u . a . Der soziale Gedanke in der katholischen Seelsorge (1921), Kolping und seine Zeit ( 1 9 2 2 , 2 1 9 2 6 ) , Katholische Gesellschaftslehre (1928), Der deutsche Katholizismus im Zeitalter des Kapitalismus (1932) und Stand und Ständeordnung im Weltbild des Mittelalters (2 Tie., 1934-52). Seit 1924 war S. Mitherausgeber der Zeitschrift „Theologie und Seelsorge". DP LThK
Schwerd,
Friedrich, Ingenieur, Erfinder, * 13.6. 1872 Karlsruhe, t 3. 8 . 1 9 5 3 München. Nach Studien in Lausanne und München wurde S. 1899 Leiter der Versuchsstation der Gasmotorenfabrik Deutz in Köln. Seit 1903 arbeitete er als Abteilungsleiter in der Gußstahlfabrik Fried. Krupp AG in Essen, bis er 1906 die technische Leitung der Schleifmaschinenfabrik der NaxosUnion in F r a n k f u r t / M a i n übernahm. 1911-37 war er Prof. für Werkzeugmaschinen und Fabrikorganisation an der T H Hannover. Während des Ersten Weltkriegs entwickelte S. einen Stahlhelm, den die deutsche A r m e e in beiden Weltkriegen benutzte. CD Munzinger
Schwenter,
Daniel, auch Schwender, Pseud. Pomponius Filtzhut, Resene Gibronte Runeclus Huneti, Orientalist, Mathematiker, * 31. 1. 1585 Nürnberg, t 1 9 . 1 . 1 6 3 6 Altdorf. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1602 orientalische Sprachen und Mathematik in Nürnberg und Altdorf. 1608 wurde er Prof. des Hebräischen in Altdorf, 1610 Magister, Aufseher der öffentlichen Bibliotheken und des Collegiums
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Schwerd,
Friedrich Magnus, Lehrer, Naturforscher, Astronom, * 8 . 3 . 1792 Osthofen bei Worms, t 2 2 . 4 . 1 8 7 1 Speyer. S. war seit 1814 Lehrer an der Ecole secondaire in Speyer und wurde 1817 zum Lyzealprofessor ernannt. Durch die von ihm eingeführten Kurse in Rechnen und Technik, aus denen später die Bau- und Gewerbeschule hervorging, gehört
Schwerin S. zu den Begründern des Berufsschulwesens. Neben seiner Lehrtätigkeit beschäftigte er sich mit vermessungstechnischen und astronomischen Studien. Er führte eine neue vermessungstechnische Basisgröße ein und widmete sich astronomischen Untersuchungen, für die er verschiedene Geräte konstruierte, u . a . ein Sternphotometer. S. war u . a . Mitglied der Bayerischen Akademie für Kunst und Wissenschaft und der Royal Astronomical Society. Er schrieb u. a. Die kleine Speyerer Basis (1822), Astronomische Beobachtungen, angestellt auf der Sternwarte des Kgl. Lyzeums in Speyer (2 Bde., 1 8 2 9 / 3 0 ) und Die Beugungserscheinungen, aus den Fundamentalgesetzen der Undulationstheorie analytisch entwickelt (1835). m Leb Pfalz, Bd 2 S c h w e r d t , (Johann Georg) Heinrich (Christian), evang. Theologe, Pädagoge, Schriftsteller, Kulturpolitiker, * 7. 1. 1810 Neukirchen bei Eisenach, f 2 . 9 . 1 8 8 8 Waltershausen. S., Sohn eines Pfarrers, studierte in Jena und Leipzig Theologie, wurde Amtsgehilfe seines Vaters, dann dessen Nachfolger in Neukirchen und war 1861-72 Oberpfarrer in Gräfentonna. 1872 wurde er Oberpfarrer in Waltershausen und Superintendent der Ephorie Tenneberg, später Kirchenrat. Das von S. in 1872 Gräfentonna gegründete Erziehungsinstitut f ü r Mädchen führte er in Waltershausen fort. 1 8 4 8 / 4 9 und 1865-69 gehörte er dem Gothaischen Landtag an. Neben Gedichten, Flugblättern und Predigten veröffentlichte S. volkstümliche Erzählungen, belehrende Werke und Reisewerke, darunter Beiträge zur Volkswohlfahrt in belehrenden Erzählungen (4 Bde., 1856-59, 2 1863) und Neueste Reisehandbuchfür Thüringen (mit Alexander —> Ziegler, 1864, 2 1871). Er gab das „Allgemeine Volksbatt der Deutschen" (mit C. von Pfaffenrath, 1844-1846) und das illustrierte Volks- und Familienblatt „Der Feierabend" (1857) heraus. Nach S. ist der Schwerdt-Gletscher auf der Edge-Insel benannt. DP Lebenswege Thür, 3. Slg. S c h w e r i , Karl, schweizer. Unternehmer, * 1917 Koblenz (Kt. Aargau), t 2 9 . 5 . 2 0 0 1 Zürich. S., der 1947 das Einzelhandelsunternehmen Denner A G verlassen hatte, übernahm 1951 dessen Aktienmehrheit und die alleinige Führung. 1967 gründete er als vehementer Gegner des schweizer. Systems gebundener Endpreise für Lebensund Genußmittel und Befürworter eines weltweiten Freihandels den ersten Lebensmitteldiscounter der Schweiz. Danach baute er die Denner A G zur Lebensmitteldiscount- und Einzelhandelskette aus und dehnte deren Tätigkeit auch auf andere Geschäftsfelder aus (u. a. Erwerb der Franz Carl Weber A G und Waro AG). Ende 2000 zog sich er aus der Leitung des in Familienbesitz befindlichen Unternehmens zurück. S. veranlaßte und unterstützte mehrere öffentliche Kampagnen zum Konsumentenschutz (u.a. gegen das Tabak- und das Bierkartell) und letztlich erfolglose Volksinitiativen im sozialpolitischen Bereich. S c h w e r i n , Claudius Frh. von, Jurist, Rechtshistoriker, * 2 . 9 . 1880 Passau, t 13.6. 1944 München. Nach d e m Jurastudium, das er 1904 mit der Promotion abschloß (Beiträge zur Erläuterung des Begriffes der Rechtsnachfolge im geltenden Recht), habilitierte sich S. 1907 in München (Die altgermanische Hundertschaft) und ging 1914 als a. o . P r o f . der Rechtsgeschichte nach Berlin. 1917 wurde er o . P r o f . an der Univ. Straßburg, 1919 in Freiburg, danach in München. S., der mehreren in- und ausländischen Akademien der Wissenschaften angehörte, wurde vor allem durch seine Arbeiten zur germanischen Rechtsgeschichte bekannt. Er veröffentlichte u . a . Deutsche Rechtsgeschichte (1912, 2 1915) und Germanische Rechtsgeschichte (1936, 2 1943).
S c h w e r i n , Curd Christoph Graf von, Militär, * 26. 10. 1684 Löwitz bei Anklam (Vorpommern), t 6 . 5 . 1757 bei Prag. S., Sohn eines kgl. schwedischen Regierungsrats in Vorp o m m e r n , Erbküchenmeisters des Herzogtums P o m m e r n und Schloßhauptmanns zu Stettin, begann seine militärische Laufbahn im Dienst der Generalstaaten, wurde 1707 Oberst im Dienst des Herzogs von Mecklenburg-Schwerin und bewährte sich auf schwedischer Seite im Nordischen Krieg. Als Generalmajor bekämpfte er 1718 die gegen den Herzog mobilisierten Reichsexekutionstruppen. Nach dem Stockholmer Frieden 1720 wechselte S. in preuß. Dienste und fand in den folgenden Jahren Verwendung bei diplomatischen Missionen. 1739 wurde er General der Infanterie, nach dem Regierungsantritt König —»Friedrichs II. 1740 zum Generalfeldmarschall befördert und 1741 in den Grafenstand erhoben. Im Ersten Schlesischen Krieg Hauptberater des Königs und Sieger in der Schlacht bei Mollwitz, zog sich S. nach d e m Zweiten Schlesischen Krieg auf seine Güter zurück. Im Siebenjährigen Krieg übernahm er 1756 die Führung des linken Flügels der preuß. A r m e e und fiel bei dem Angriff auf Prag. DP Mecklenburg, Bd 3 S c h w e r i n , Eberhard (Viktor Detlof) Graf von, Journalist, * 1.6. 1894 Swinemünde, t 2 8 . 6 . 1959 Essen. S., Sohn eines Regierungspräsidenten, trat nach dem Abitur in das Militär ein, nahm am Ersten Weltkrieg teil und wurde anschließend Mitglied der Sicherheitspolizei von Mecklenburg-Schwerin. A u f g r u n d seiner Verwicklung in den Kapp-Putsch 1920 entlassen, wurde er Mitarbeiter an der „Greifswalder Zeitung" und 1921 an der „Pommerschen Tageszeitung" in Stettin. Seit 1924 war er innenpolitischer Ressortleiter bei der „Rheinisch-Westfälischen Zeitung" in Essen, 1930 Hauptschriftleiter der Essener „Nationalzeitung". Seit 1935 leitete S., Mitglied der N S D A P , den Landesverband Westfalen im Reichsverband der deutschen Presse. S c h w e r i n , Ernst, Unternehmer, * 2 9 . 1 2 . 1869 Breslau, t 25. 11. 1946 N e w York. S. studierte C h e m i e in Breslau und München. Er war Vorstand und Direktor der Mechanischen Hanf- und WerggarnSpinnerei und Zwirnfabrik J. Schwerin und Söhne A G in Breslau, zugleich Handelsrichter und Mitglied der Industrie- und Handelskammer. Während des Ersten Weltkriegs gehörte er als stellvertretender Vorsitzender dem Hanf-Kriegsausschuß an und war deutscher Vorsitzender des Deutsch-Österreichisch-Ungarischen Vollzugsausschusses für die Bastfaserwirtschaft. S. war auch Präsident des Bundes schlesischer Industrieller. Wegen seiner jüdischen Herkunft emigrierte er 1938 in die U S A . S c h w e r i n (-Wustrau), Friedrich (Wilhelm), Verwaltungsbeamter, * 2 . 4 . 1 8 6 2 Wustrau (Kr. Ruppin), t 14.2. 1925 Berlin. S., Sohn eines Generalsynodalpräses, studierte seit 1881 an den Universitäten Lausanne und Berlin Jura und war Mitbegründer der nationalistisch orientierten Vereine deutscher Studenten. Seit 1891 bei der Ansiedlungskommission Posen tätig, wurde er 1896 Landrat von Thorn. Nach einer Reise mit Wilhelm von —> Polenz in die U S A (1902) arbeitete er im preuß. Innenministerium, ging 1908 als Regierungspräsident nach F r a n k f u r t / O d e r und wurde 1909 Mitglied der Immediatkommission zur R e f o r m der preuß. Verwaltung. S. trat für die Ansiedlung deutscher Bauern in der Neumark und dem ganzen Osten ein („innere Kolonisation") und befürwortete seit 1915 die Vertreibung der Polen aus einem Grenzstreifen auch jenseits der Ostgrenze. Nach seiner Ablösung 1918 lebte er auf seinem ererbten Fideikommiß Wustrau.
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Schwerin S c h w e r i n , Jeanette, geb. Abarbanell, Frauenrechtlerin, * 2 1 . 1 1 . 1 8 5 2 Berlin, t 1 4 . 7 . 1 8 9 9 Berlin. S. stammte aus einer jüdischen Arztfamilie und gründete 1892 mit anderen die „Deutsche Gesellschaft für ethische Kultur", deren zweite Vorsitzende sie wurde. Als Vorsitzende der sozialen Kommission gründete sie die Auskunftsstelle, aus der sich nach 1906 das „Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen" entwickelte. 1893 wurde sie Mitglied der „Mädchen- und Frauengruppen f ü r soziale Hilfsarbeit", 1897 deren Vorsitzende, und unterstützte die Einrichtung einer öffentlichen Lesehalle in Berlin. 1894 an der Gründung des Bundes Deutscher Frauenvereine beteiligt, war sie seit 1896 Vorstandsmitglied und leitete zusammen mit Marie —»Stritt die 1898 geschaffene „Kommission f ü r Gewerbeinspektion", die auf ihre Initiative in eine „Kommission f ü r den Arbeiterinnenschutz" umgewandelt wurde. 1899 gab sie die ersten H e f t e des „Centraiblatts des Bundes Deutscher Frauenvereine" heraus. S. wandte sich nachdrücklich gegen Kinderarbeit und setzte sich für ein politisches Mitspracherecht der Frauen ein. CD Dick
auch der Reparationsabteilung übernahm. Einer der engsten Mitarbeiter Heinrich —> Brünings, dessen Deflationspolitik er unterstützte, nahm S. v. K. an internationalen Finanz- und Reparationsverhandlungen teil. S. v. K., der seit 1931 für eine Regierungsbeteiligung der N S D A P eintrat, wurde 1932 Reichsfinanzminister im Kabinett —»Papen und behielt dieses Amt auch unter —» Hitler. Nach dessen Tod wurde S. v. K. von Karl —»Dönitz mit der Leitung des Reichsfinanz- und des Reichsaußenministeriums der geschäftsführenden Regierung in Flensburg betraut, die am 2 3 . 5 . 1 9 4 5 von britischen Truppen in H a f t genommen wurde. 1949 im „Wilhelmstraßenprozeß" zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, jedoch bereits 1951 entlassen, war er danach schriftstellerisch tätig. Er veröffentlichte u . a . Es geschah in Deutschland. Menschenbilder unseres Jahrhunderts (1951, 2 1952), Die große Zeit des Feuers. Der Weg der deutschen Industrie (3 Bde., 1957-59) und Staatsbankrott. Die Geschichte der Finanzpolitik des Deutschen Reiches von 1920 bis 1945 (1974) und Memoiren (1977). CD Verwaltung
S c h w e r i n , Maximilian von, Staatsmann, * 3 0 . 1 2 . 1804 Boldekow bei Anklam, t 3 . 5 . 1872 Potsdam. Nach dem Jurastudium in Berlin und Heidelberg wurde S. 1833 Landrat des Kreises Anklam, in d e m er mehrere Güter besaß. Der Schwiegersohn —» Schleiermachers engagierte sich in der evang. Bewegung, insbesondere im GustavAdolf-Verein, und wurde 1846 Mitglied der preuß. Generalsynode. Im M ä r z 1848 zum preuß. Kultusminister ernannt, bemühte er sich, den Grundsatz der Religionsfreiheit und Toleranz gegenüber anderen Glaubensrichtungen durchzusetzen. Nach wenigen Monaten vertauschte er das Ministeramt mit einem Mandat in der Frankfurter Paulskirchenversammlung, in der er als Parteigänger der erbkaiserlichen Gruppierung hervortrat. Seit 1849 Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses und zeitweilig dessen Präsident, war er einer der Führer der liberalen Opposition und wurde 1859 Innenminister. Mit Beginn des Verfassungskonflikts 1862 demissionierte er. Zunächst einer der schärfsten Gegner —» Bismarcks, setzte sich S. 1866 als einer der ersten Liberalen für dessen Politik ein. Seit 1867 gehörte er als nationalliberaler Abgeordneter d e m Norddeutschen Reichstag an.
S c h w e r i n - L ö w i t z , Hans Graf von, Politiker, * 19.5. 1847 Schwerinsburg, t 4. 11. 1918 Berlin. Nach d e m Militärdienst widmete sich S.-L. der Verwaltung von Gut Löwitz. Darüber hinaus beschäftigte er sich publizistisch mit landwirtschaftlichen Themen. Als Mitglied der Vereinigung der Steuer- und Wirtschaftsreformer gehörte er seit 1893 d e m Deutschen Reichstag an. 1896 wurde er Vorsitzender der pommerschen Landwirtschaftskammer, 1897 auch Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses, in dem er der deutsch-konservativen Fraktion angehörte. Seit 1901 führte er den Vorsitz im Deutschen Landwirtschaftsrat. 1910-12 war er Präsident des Deutschen Reichstags, danach bis 1918 Präsident des preuß. Abgeordnetenhauses. m DBJ, Überleitungsband 2
OP Unionsparl S c h w e r i n , Otto Frh. von, Staatsmann, * 18.3. 1616 Wittstock (Pommern), t 14.11. 1679 Berlin. Nach dem Jurastudium in Greifswald trat S., Sohn eines pommerschen Landrats und Hauptmanns zu Uckermünde, 1639 als K a m m e r j u n k e r in die Dienste des brandenburgischen Kurfürsten und wurde 1641 Rat am Hof- und Kammergericht in Berlin. Seit 1645 Mitglied des Geheimen Rats und einer der engsten Vertrauten des Kurfürsten —» Friedrich Wilhelm von Brandenburg, wurde er nach d e m Westfälischen Frieden in den Reichsfreiherrenstand erhoben und 1654 zum Erbkämmerer der Kurmark ernannt. S. hatte u . a . am Vertrag von Wehlau mit Polen (1657) großen Anteil. Als Oberpräsident des Geheimen Rats stand er seit 1658 an der Spitze der brandenburgischen Regierung und war um eine maßvolle Innen- und Außenpolitik bemüht. Seit 1662 war er auch für die Erziehung der Prinzen verantwortlich. CD R ö ß l e r / F r a n z S c h w e r i n v o n K r o s i g k , Johann Ludwig Graf, auch Lutz Graf S. v. K „ Politiker, Beamter, * 2 2 . 8 . 1887 Rathmannsdorf (Anhalt), f 3 . 4 . 1977 Essen. S. v. K. studierte Rechts- und Staatswissenschaften und trat 1909 in den preuß. Justizdienst ein. Seit 1920 arbeitete der Uberzeugte Monarchist im Reichsfinanzministerium, in dem er 1929 die Leitung der Haushaltsabteilung und 1931
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Schwerin von Schwanenfeld, Christoph Graf von, Pseud. Christoph Schwerin, Schriftsteller, Journalist, Übersetzer, * 2. 8 . 1 9 3 3 Prenzlau (Uckermark), t 3 0 . 1 2 . 1 9 9 6 Paris. S. v. S„ Sohn von Ulrich Wilhelm Graf - ^ S . v. S „ war Freund und Sekretär Paul —»Celans in Paris, dann Lektor im S. Fischer Verlag in F r a n k f u r t / M a i n und lebte zuletzt als freier Schriftsteller und Zeitungskorrespondent wieder in Paris. Er schrieb Essays und war Vermittler französischer Literatur für den deutschen Sprachraum. S. v. S. übersetzte u . a . Rene Char (Poesies/Dichtungen, f r z . / d t . , 1959, mit JeanPierre Wilhelm) und Henri Michaux (Dichtungen, Schriften, f r z . / d t . , 1966, mit Paul Celan). Ins Französische übersetzte er u . a . T h o m a s —»Manns Journal/Tagebücher (1985). S c h w e r i n v o n S c h w a n e n f e l d , Ulrich Wilhelm Graf von, Widerstandskämpfer, * 21. 12. 1902 Kopenhagen, t 8 . 9 . 1944 Berlin-Plötzensee. Nach dem Studium der Landwirtschaft in München und Breslau widmete sich S. v. S. der Verwaltung seiner Güter bei Danzig und in Mecklenburg. Bereits als Student in München ein scharfer Kritiker der Nationalsozialisten, trat er 1932 nachdrücklich gegen die Wiederwahl —» Hindenburgs und die Unterstützung —»Hitlers ein. 1938 Schloß er sich der Widerstandsgruppe um Peter Graf —»Yorck von Wartenburg und Fritz-Dietlof Graf von der —»Schulenburg an. S. v. S., der auch mit d e m Kreisauer Kreis und den Widerstandskämpfern im O b e r k o m m a n d o der Wehrmacht in Verbindung stand, war als Mittler zwischen zivilen und militärischen Oppositionskreisen tätig. Seit 1939 Kriegsteilnehmer, wurde er 1941 Ordonnanzoffizier unter Erwin von —»Witzleben und 1943 Hauptquartiermeister im Stab des Generalquartiermeisters Eduard - » W a g n e r . Der zuletzt zum engeren Kreis um Claus Graf —»Schenk von Stauffenberg
Schwetz-Lehmann gehörende S. v. S. war f ü r den Fall eines erfolgreichen Umsturzes für das A m t eines Staatssekretärs im Reichspräsidialamt vorgesehen. Noch am 20. Juli 1944 verhaftet, wurde S. v. S. wenige Wochen später zum Tod verurteilt und hingerichtet. Er war der Vater von Christoph Graf —»S. v. S. CD Widerstand
Union (1963). 1988 erschienen seine Tagebuchaufzeichnungen 1 9 4 4 / 4 5 unter d e m Titel In den Klauen der Gestapo (hrsg. von Markus Schwering).
Schwerte,
Hans (Werner) —» Schneider, Hans Ernst
Schwertenbach, S c h w e r i n g , Ernst, Politiker, * 15. 11.1886 Coesfeld, t 2 . 3 . 1962 Köln. Der Sohn eines Mathematikers und Bruder Leo - > S . s studierte Rechtswissenschaften an der Univ. Bonn, wurde 1913 promoviert und trat in die Kölner Stadtverwaltung ein. 1920 wurde er Stadtdirektor und 1925 Leiter des Wohlfahrts- und Jugendamtes. 1924-33 war er Vorstandsmitglied der Deutschen Zentrumspartei und des Reichsbunds höherer Beamten sowie stellvertretender Vorsitzender des Berufsvereins höherer Kommunalbeamter. 1933 seiner Amter enthoben, war S. bis Kriegsende als Anwalt tätig. 1945 von der Militärregierung als Leiter des Personal- und Organisationsamtes eingesetzt, übernahm er 1948 die Geschäfte des Oberbürgermeisters der Stadt Köln. Nach mehrfacher Wiederwahl unterlag er 1956 T h e o —> Burauen, unter d e m er weiterhin als Bürgermeister arbeitete. 1950 wurde S. f ü r die C D U Mitglied des Nordrhein-Westfälischen Landtags, 1953 Präsident der Landschaftsversammlung Rheinland und 1954 des Deutschen Städtetags.
Schwering,
(Franz) Julius, Germanist, * 14.2. 1863 Ibbenbüren, t 1 6 . 8 . 1 9 4 1 Lüdinghausen. S., Sohn eines Kaufmanns, durchlief 1880-83 eine kaufmännische Ausbildung in Köln. Er studierte seit 1884 Deutsche Philologie und Geschichte in Münster, Heidelberg und Berlin, wurde 1891 promoviert (Franz Grillparzers Hellenische Trauerspiele [...]) und war nach der Habilitation 1895 (Zur Geschichte des niederländischen und spanischen Dramas in Deutschland) Privatdozent an der Akademie Münster. 1902 zum a. o . P r o f . ernannt, übernahm er 1904 die Verwaltung des Lehrstuhls f ü r deutsche Sprache und Literatur an der Univ. Münster und wurde 1906 Ordinarius; 1 9 2 5 / 2 6 war er Rektor der Universität. S. gilt als Begründer der westfälischen Literaturgeschichte, machte sich aber auch um die Zeitungswissenschaft verdient. Er initiierte die Literarische Gesellschaft Münster sowie die „Münsterschen Beiträge zur neueren Literaturgeschichte" und regte die Gründung einer Niederdeutschen Bühne sowie des Laientheaters der Freilichtbühnen in Westfalen an. Seit 1928 gehörte er der Volkskundlichen Kommission der Provinz Westfalen an. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Lieder und Bilder (1887), Friedrich Wilhelm Weber (1900) und Literarische Streifzüge und Bilder (1930). c n IGL
Schwering,
Leo, Pseud. Leo Wulfert, Bibliothekar, Politiker, * 16.3. 1883 Coesfeld, t 7 . 5 . 1 9 7 1 Köln. Der Bruder Ernst - » S . s studierte in Bonn Klassische Philologie, Geschichte und Geographie, wurde 1907 zum Dr. phil. promoviert (Die Auswanderung protestantischer Kaufleute aus Köln nach Mülheim am Rhein im Jahre 1714) und war von 1911 bis zu seiner Absetzung wegen „politischer Unzuverlässigkeit" (1934) Studienrat an Kölner Gymnasien. 1912 wurde er Vorsitzender des Volksvereins für das katholische Deutschland, 1920 des Reichsverbands Christlicher Mittelstand. 1921-32 gehörte S. als Zentrumsabgeordneter d e m Preußischen Landtag an. 1 9 4 4 / 4 5 in Haft, wurde er nach Kriegsende Direktor der städtischen Volksbüchereien in Köln und hatte maßgeblichen Einfluß bei der Gründung der rheinischen C D U , deren 1. Vorsitzender er bis 1946 war. 1946-58 war S. Mitglied des Landtags von NordrheinWestfalen. Er veröffentlichte u . a . August Reichensperger (1936) und Frühgeschichte der Christlich-Demokratischen
Wolf, eigentl. Paul Eduard Meyer, schweizer. Schriftsteller, * 4 . 8 . 1 8 9 4 Zürich, t 1 5 . 9 . 1 9 6 6 Ermatingen. Nach d e m Jurastudium in Leipzig, Genf und Zürich, das er 1919 mit der Promotion abschloß, war S. als Rechtsanwalt in Zürich tätig. Seit 1934 lebte er als freischaffender Schriftsteller auf Schloß Wolfsberg bei Ermatingen. S. schrieb Kriminalromane (Mord um Malow, 1933), Theaterstücke (Der unsichtbare Henker, 1939) und Erzählungen (Kümmerli der Kleinbürger, 1937). Nach d e m Zweiten Weltkrieg wurde seine Vermittlertätigkeit zwischen dem Schweizer Geheimdienstchef Roger Masson und dem SS-General Walter —» Schellenberg bekannt. DO D L L
Schwerz,
Johann N e p o m u k Hubert von, Landwirt, * 11.6. 1759 Koblenz, t 1 1 . 2 . 1 8 4 4 Koblenz. Nach d e m Abbruch des Studiums der Rechtswissenschaften war S. als Hauslehrer in Brabant tätig und widmete sich seit 1801 der Bewirtschaftung des Hofguts. Seine durch theoretische Studien und zahlreiche Reisen vertieften agrarwirtschaftlichen Kenntnisse führten ihn 1806 als landwirtschaftlichen Berater des französischen Präfekten nach Koblenz und Straßburg. 1815 von L u d w i g —»Vincke mit der Beschreibung der Landwirtschaft der neuen preuß. Provinzen Westfalen und Rheinland beauftragt, wurde er 1818 Direktor der ersten deutschen Landwirtschaftlichen Lehranstalt in Hohenheim bei Stuttgart, die er bis 1829 leitete. S. gilt neben Albrecht Daniel —> Thaer als einer der Begründer der modernen Landwirtschaftswissenschaften. Er schrieb u. a. eine Anleitung zum praktischen Ackerbau (3 Bde., 1823-28; 4. Aufl. 1857, 2 Bde.; neu bearb. von Viktor Funk, 1882). CD B ö h m
Schwestermüller,
Konrad, auch Schwestermiller, Arzt, * u m 1450, t 1522. Nach medizinischen Studien, die er vermutlich in Norditalien absolvierte, trat S. um 1483 in den Dienst —»Johann Ciceros von Brandenburg. Seine Leistungen in der Seuchenprophylaxe und -therapie im Verlauf der Pestepidemie 1 4 8 3 / 8 4 führten 1490, nach dem neuerlichen Ausbruch der Seuche, zu seiner B e r u f u n g an den Hof der Herzöge —»Magnus und Balthasar von Mecklenburg. 1496 kehrte er in kurbrandenburgische Dienste zurück und wurde 1503 von den Söhnen Johann Ciceros in seinem A m t als Leibarzt bestätigt. Gestützt auf das Pariser Pestgutachten und Traktate von Ulrich —»Eilenbog und Heinrich —»Steinhöwel verfaßte S. ein Pestregiment (Regiment und lere wider die swaren kranckheit der pestilentz, 1484, Neuausg. 1925) medizinalpolitischen Charakters, das bis ins 17. Jh. hinein der Berliner städtischen Seuchenprophylaxe zugrunde lag. CD V L
Schwetz-Lehmann,
Ida, geb. Lehmann, österr. Kleinplastikerin, Keramikerin, * 2 6 . 4 . 1 8 8 3 Wien, t 2 6 . 9 . 1971 Wien. Die Tochter des Bildhauers Bruno Lehmann studierte 1904-11 an der Kunstgewerbeschule des Österreichischen Museums in Wien und gründete 1911 mit Rosa —»Neuwirth und Helena Johnovä in Wien die Keramische Werkgenossenschaft. S.-L. schuf Kleinplastiken f ü r Porzellan, Wachs und Keramik und belieferte u. a. die Wiener Werkstätte und die Porzellanmanufaktur Schloß Augarten mit keramischen M o dellen. 1926 wurde sie mit d e m Ehrenpreis der Stadt Wien für bildende Kunst ausgezeichnet.
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Schweyer S c h w e y e r , Franz Xaver, auch Fritz S., Politiker, * 2 6 . 8 . 1868 Oberzell bei Kaufbeuren, t 10. 11.1935 München. Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in München und Erlangen wurde S., Sohn eines Gutsbesitzers und Bürgermeisters, 1895 zum Dr. oec. publ., 1898 zum Dr. jur. promoviert und trat 1899 in den Staatsdienst ein. Seit 1903 arbeitete er im bayerischen Kultusministerium, wurde 1911 in das Innenministerium und 1919 als Ministerialdirektor in das Arbeitsministerium versetzt. 1920 kehrte er als Staatssekretär in das Innenministerium zurück und war 1921-24 als Innenminister im Kabinett Eugen von —> Knilling für die Niederschlagung des —> Hitler-Putsches verantwortlich. Nach seinem Rücktritt war er in Aufsichtsräten der Energie- und Elektrowirtschaft tätig. 1933 wurde S. vorübergehend in Haft genommen. S c h w i e f e r t , Fritz (Walter), Schriftsteller, Bibliothekar, Journalist, * 4. 12. 1890 Berlin, t 3 1 . 1 . 1961 Berlin. Nach dem Studium der Germanistik und Kunstgeschichte in Berlin, München und Freiburg/Breisgau absolvierte S., Sohn eines Kaufmanns, eine Dolmetscherausbildung für Russisch und wurde 1917 Referent für slawische Literatur und Geschichte an der Staatsbibliothek in Berlin. Seit 1946 arbeitete er als freier Schriftsteller. S. schrieb publikumswirksame Gesellschaftskomödien und Drehbücher (u. a. Unser Fräulein Doktor, 1940), übersetzte aus dem Französischen und Russischen und war als Theaterkritiker für den Berliner „ T e l e g r a f und den „Tagesspiegel" tätig. Besonders populär wurde sein Lustspiel Margueritte: 3 (1930). Der Roman Zwei Ehen mit Cora (1960) ist autobiographisch. CD Killy S c h w i e g e r , Heinrich, Ingenieur, * 1 2 . 5 . 1 8 4 6 Quedlinburg, t 16.9. 1911 Wiesbaden. Nach dem Studium des Bau- und Ingenieurwesens an der Berliner Bauakademie wurde S. 1870 zum Bauführer, 1875 zum Baumeister ernannt. Zunächst bei verschiedenen Bahnbauten beschäftigt, gehörte er seit 1884 dem Vorstand der Firma Siemens & Halske an und war in dieser Eigenschaft f ü r das elektrische Bahnwesen in Wien und anderen Städten der österreichisch-ungarischen Monarchie sowie in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortlich. Nach seinen Entwürfen entstanden u. a. die Hamburger Hochbahn und die Barmer Bergbahn. Auch die Berliner Schnellbahnversuche wurden unter seiner Leitung durchgeführt. c u Matschoß: Tech S c h w i e g e r , Jacob, auch Schwiger, Schriftsteller, * 1624 Altona (heute zu Hamburg), t nach 1660. Nach dem Studium der Theologie in Wittenberg ging S., dessen Vater die M ü n z e des dänischen Königs gepachtet hatte, 1653 nach Hamburg und 1654 nach Stade, wo er vermutlich als Hauslehrer tätig war. Seit 1656 lebte er in Glückstadt und pachtete dort 1657 die Münze, geriet jedoch 1660 in finanzielle Schwierigkeiten. S., der verschuldet starb, hinterließ mehrere Schäfergedichte und -erzählungen, die in den bürgerlichen Kreisen Hamburgs und den kleinen Städten an der Niederelbe bereits zu seinen Lebzeiten gern gelesen wurden (u.a. Liebes-Grillen, 2 Bde., 1654-56; Lustiges LustKämmerlein, 1655\ Adeliche Rose, 1659). Außergewöhnlich war Die Veifiihrete Schäferin Cynthie (1660), in der die keusche Liebe aus der Sicht der Frau dargestellt wird. Bis Ende des 19. Jh. wurde S. die von Kaspar —> Stieler verfaßte Liedersammlung Die Geharnschte Venus (1660) zugeschrieben. CD M G G S c h w i e r , Hans, Politiker, * 21.2. 1926 Lerbeck (Kr. Minden), t 3 1 . 7 . 1996 Kap Finisterre (Prov. La Coruna, Spanien). Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft studierte S. 1948-50 an einer Pädagogischen Akademie, war bis
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1956 Volksschullehrer, bis 1969 Rektor einer Volks- und Hauptschule und 1 9 6 9 / 7 0 Schulrat für den Kreis Bielefeld. Seit 1952 Mitglied der SPD, wurde er 1970 Abgeordneter im Nordrhein-Westfälischen Landtag, wo er in der SPDFraktion zu den Initiatoren der sogenannten „Kooperativen Schule" gehörte. Seit 1980 war er Minister für Wissenschaft und Kunst, 1983-95 Kultusminister. S. war Vorsitzender der Neuen Schauspiel G m b H , Düsseldorf, Aufsichtsratsmitglied der Ruhrfestspiele Recklinghausen und Beirat im Kuratorium der Kulturstiftung Ruhr in Essen. S c h w i e t e r i n g , Julius, Germanist, * 2 5 . 5 . 1 8 8 4 Engter (heute zu Bramsche), t 2 1 . 7 . 1 9 6 2 F r a n k f u r t / M a i n . S., Sohn eines Pfarrers, studierte in Freiburg/Breisgau und Göttingen und wurde 1908 promoviert (Singen und Sagen). 1914 wurde er Mitarbeiter am Museum für Hamburger Geschichte, 1921 Privatdozent an der Univ. Hamburg und 1923 Direktor des Kunstgewerbe- und Historischen M u s e u m s in Bremen. 1924 übernahm er das Ordinariat für deutsche Sprache und Literatur an der Univ. Leipzig und wechselte 1928 nach Münster, 1932 nach F r a n k f u r t / M a i n und 1938 an die Univ. Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte S. an die Frankfurter Univ. zurück, an der er bis 1952 wirkte. Er befaßte sich vor allem mit der mittelalterlichen Dichtung und veröffentlichte u.a. Die Demutsformel mittelhochdeutscher Dichter (1921, Nachdr. 1970), Die deutsche Dichtung des Mittelalters (1932, Nachdr. 1957) und Mystik und höfische Dichtung im Hochmittelalter (1960). Seit 1939 gab er die „Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur" heraus. S. war seit 1939 Mitglied der Preußischen, seit 1940 der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. CD Jb BAW 1963 S c h w i m m e r , Eva (Lizzie Toni), geb. Götze, Malerin, Graphikerin, * 19.3. 1901 Gut Kalkstein (Kr. Fischhausen, Ostpreußen), t 1 5 . 5 . 1 9 8 6 Berlin. Nach dem Studium an der Akademie der Graphischen Künste in Leipzig war S., Tochter eines Landwirts, bis 1932 als freischaffende Malerin und Graphikerin tätig. Im „Dritten Reich" erhielt sie Malverbot. Nach dem Zweiten Weltkrieg lehrte sie als Prof. an der Berliner Hochschule für angewandte Kunst und war als Malerin und Illustratorin tätig. Ihr unter der nationalsozialistischen Herrschaft entstandenes Tagebuch in Bildern (1942) wurde 1952 mit dem Kunstpreis der Stadt Berlin ausgezeichnet. CD Altpreuß Biogr, Bd 4 S c h w i m m e r , Max, Maler, Graphiker, Illustrator, * 9. 12. 1895 Leipzig, t 12.3. 1960 Leipzig. S. besuchte 1910-16 das Lehrerseminar in Leipzig, unterrichtete 1916-19 an verschiedenen Schulen, studierte 1920-23 Philosophie und Kunstgeschichte an der Univ. Leipzig und war 1924 Lehrer in Eythra bei Leipzig. Als Maler angeleitet von Hans —>Purrmann, arbeitete er 1924-33 als Pressezeichner und Kunstkritiker für die „Leipziger Volkszeitung" und war seit 1926 Lehrer an der dortigen Kunstgewerbeschule. 1933 wurde S „ seit 1920 Mitglied der KPD, später der SPD, aus dem Lehramt entlassen und erhielt zeitweise Ausstellungsverbot. Seit 1941 nahm er am Zweiten Weltkrieg teil. 1946 war S., der 1945 wieder in die K P D eingetreten war, in Leipzig Direktor der Kunstgewerbeschule, 1946-51 Prof. an der Hochschule f ü r Graphik und Buchkunst und lehrte 1951-60 an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. 1952 wurde er Mitglied der Deutschen Akademie der Künste in Berlin; 1956-58 war er dort Sekretär der Sektion Bildende Künste. Zunächst der expressionistischen Richtung folgend, seit etwa 1923 impressionistische Elemente aufnehmend, schuf S. Figürliches (Akte), Bildnisse und Stilleben. 2004 erschien eine Ausgabe seiner Briefe und Tagebücher (hrsg. von Inge Stuhr). CD Lex Kunst
Schwinge S c h w i n d , M o r i t z von, M a l e r , G r a p h i k e r , * 2 1 . 1 . 1 8 0 4 W i e n , t 8 . 2 . 1871 M ü n c h e n . D a s vielseitige, musikalisch a u c h d u r c h die M u t t e r Franziska von S., geb. H o l z m e i ster, g e f ö r d e r t e Talent lernte f r ü h Violine, b e h e r r s c h t e später z u d e m Klavier u n d G e s a n g . 1818, i m T o d e s j a h r d e s Vaters J o h a n n F r a n z von S., H o f sekretär, L e g a t i o n s r a t u n d leidenschaftlicher Geigenspieler, b e g a n n S. ein P h i l o s o p h i e s t u d i u m , trat j e d o c h 1821 in die W i e n e r A k a d e m i e ein, w o ihn „ a l t d e u t s c h e " K u n s t , d a s Mittelalter u n d G r a p h i k b e s c h ä f t i g ten. D i e s „ S c h i c k s a l s j a h r " zeitigte Z u s a m m e n t r e f f e n und den M a l e r p r ä g e n d e F r e u n d s c h a f t mit F r a n z - > Schubert. Z u vielen literarischen L i e d s t o f f e n d e s K o m p o n i s t e n e n t s t a n d e n Z e i c h n u n g e n . S. vertiefte im S c h u b e r t - K r e i s seine K e n n t nisse der Weltliteratur, der d e u t s c h e n Klassik u n d R o m a n tik, der M ä r c h e n und S a g e n . A l s Lehrer, d i e aber nicht der A k a d e m i e a n g e h ö r t e n , hatte er d e n G e n r e - und P o r t r ä t m a l e r Peter K r a f f t und d e n r o m a n t i s c h e n H i s t o r i e n m a l e r L u d w i g F e r d i n a n d —> S c h n o r r von C a r o l s f e l d . D e r H i s t o r i e n m a l e r Karl —»Ruß bestärkte S. in seinen literarisch-gedanklichen N e i g u n g e n und d e m Interesse f ü r d i e K u n s t d e s Mittelalters und Dürers. B e t o n t sei, d a ß R u ß a u c h nicht der A k a d e m i e a n g e h ö r t e u n d d a ß r o m a n t i s c h e K u n s t generell von der W i e n e r A k a d e m i e abgelehnt, j a b e k ä m p f t w u r d e . Von F r a n z —¥ Grillparzer e m p f o h l e n , studierte S. seit 1828, T o d e s j a h r S c h u b e r t s , unter d e m N a z a r e n e r und A k a d e m i e d i rektor Peter von —>Cornelius in M ü n c h e n . S. v e r v o l l k o m m nete seine e r z ä h l e n d e K u n s t der B i l d f o l g e n und „ M e h r f e l d b i l d e r " und e r l e r n t e d i e F r e s k o t e c h n i k . F ü r d i e N e u e R e s i d e n z schuf er 1832-34 F r e s k e n eines T i e c k - R a u m s , 1 8 3 7 / 3 8 eines allegorischen K i n d e r f r i e s e s . D i e Italienreise 1835 hatte k a u m künstlerischen E i n f l u ß . N a c h d e r B a l l a d e —»Goethes (1804) e n t s t a n d 1835-39 d a s h u m o r i s t i s c h e , 1931 im M ü n c h ner G l a s p a l a s t m i t v e r b r a n n t e W e r k Ritter Kurts Brautfahrt. 1840 w e c h s e l t e S. nach Karlsruhe, w o er d i e neu errichtete G r o ß h e r z o g l i c h b a d i s c h e K u n s t h a l l e mit F r e s k e n s c h m ü c k t e . 1842 heiratete er L u i s e Sachs. A l s P r o f . d e r Historie lehrte er 1844-47 a m S t ä d e l s c h e n Kunstinstitut in Frankf u r t / M a i n und v o l l e n d e t e 1846 das Ö l g e m ä l d e Der Sängerkrieg auf der Wartburg. Seit 1847 war S. A k a d e m i e p r o f e s s o r in M ü n c h e n . Mittelalter-, m ä r c h e n - , m u s i k - und k o m i k e r f ü l l t e „ F a n t a s y " H a u p t w e r k e sind: Der Falkensteiner Ritt ( 1 8 4 3 / 4 4 ) , Rübezahl (um 1845), Die Rose ( 1 8 4 6 / 4 7 ) , Eine Symphonie (1852), F r e s k e n der Wartburg ( 1 8 5 4 / 5 5 ) . B e d e u t e n d e r Graphiker, schuf S. f ü r e i n e d e u t s c h e A u s g a b e von Tausend und Eine Nacht ( 1 8 2 7 ) 15 Titelillustrationen, d i e G o e t h e 1828 lobte, v e r ö f f e n t l i c h t e 1843 mit Ernst Freiherrn von —»Feuchtersieben den Almanach von Radirungen (Rauchund T r i n k t h e m e n ) und arbeitete 1 8 4 5 - 6 0 f ü r die „ F l i e g e n d e n Blätter" und „ M ü n c h e n e r B i l d e r b o g e n " . S. w a r ein hervorrag e n d e r Karikaturist und S c h ö p f e r „ g e m a l t e r K o m ö d i e n " . In einer 12,5 m langen „ C o m i c " - R o l l e feierte er zeichnerisch frei d a s f ü n f u n d z w a n z i g j ä h r i g e K a p e l l m e i s t e r j u b i l ä u m von F r a n z —> L a c h n e r , F r e u n d seit W i e n e r J a h r e n . A d o l f Friedrich Graf —»Schack k a u f t e 1863 bis 1869 insges a m t 3 3 G e m ä l d e , d a r u n t e r f r i s c h e „ R e i s e b i l d e r " und Die Rückkehr des Grafen von Gleichen ( 1 8 6 4 vollendet); die S c h a c k - G a l e r i e in M ü n c h e n ist n o c h h e u t e die b e d e u t e n d ste S c h w i n d - G a l e r i e . Z u filmhaftem E r z ä h l f l u ß steigerte sich der K ü n s t l e r in der e r f o l g r e i c h e n „ M e h r f e l d b i l d - T r i l o g i e " : Das Märchen vom Aschenbrödel (1852-54), Das Märchen von den sieben Raben und der treuen Schwester ( 1 8 5 7 ) und
Die schöne Melusine ( 1 8 6 8 / 6 9 ) . Seit 1863 bestand die Alt e r s f r e u n d s c h a f t mit E d u a r d —> M ö r i k e . Letztes F r e s k o - W e r k waren D e k o r a t i o n e n in L o g g i a und F o y e r der W i e n e r O p e r ( 1 8 6 6 - 6 8 ) . D a s Gesamtoeuvre enthält h ä u f i g e R ü c k g r i f f e auf M o t i v e und T h e m e n der W i e n e r Zeit. LITERATUR: S. D e s M e i s t e r s W e r k e in 1265 A b b i l d u n g e n . H r s g . v. O t t o W e i g m a n n . S t u t t g a r t / L e i p z i g 1906. - G e r hard P o m m e r a n z - L i e d t k e : M . v. S. M a l e r und P o e t . L e i p z i g / W i e n / M ü n c h e n 1974. - M . v. S. M e i s t e r der S p ä t r o m a n t i k . H r s g . v. der Staatlichen K u n s t h a l l e Karlsruhe. O s t f i l d e r n Ruit 1996 ( a u s f ü h r l i c h e s Literaturverzeichnis). - B a r b a r a R o m m e : M . v. S. - F r e s k e n und W a n d b i l d e r . O s t f i l d e r n Ruit 1996. - W e r n e r B u s c h : C o n s e r v a t i s m and innovation in M . v. S. In: Art in b o u r g e o i s society 1790-1850. Hrsg. ν. A n d r e w H e m i n g w a y u. William Vaughan. Teil 3: G e r m a n y . C a m b r i d g e 1998, S. 2 5 2 - 2 6 7 . - Christian B a u e r : M . v. S.s K r e u z w e g s t a t i o n e n von St. N i k o l a u s in B a d R e i c h e n h a l l . Ihre künstlerische B e d e u t u n g und R e s t a u r i e r u n g . In: Jahrb u c h des Vereins f ü r christliche K u n s t in M ü n c h e n 21 ( 1 9 9 9 ) S. 2 9 9 - 3 1 6 . - Ö s t e r r e i c h i s c h e Galerie, W i e n . B e l v e d e r e . B e s t a n d s k a t a l o g . B e a r b . v. C l a u d i a W ö h r e r . Hrsg.: Österreichis c h e Galerie. W i e n 2 0 0 0 (= Ö s t e r r e i c h i s c h e Galerie, W i e n . B e l v e d e r e . K u n s t des 19. J a h r h u n d e r t s . B d . 4). - C o r n e l i a Reiter: S u c h e nach d e m U n e n d l i c h e n . A q u a r e l l e und Z e i c h n u n g e n der d e u t s c h e n und österreichischen R o m a n t i k aus d e m K u p f e r s t i c h k a b i n e t t d e r A k a d e m i e d e r K ü n s t e in W i e n . M ü n c h e n u . a . 2001 ( A u s s t e l l u n g s k a t a l o g ) . - Ulrike Olbrich: D a s M ä r c h e n von der s c h ö n e n M e l u s i n e . M . v. S.s Vollend u n g d e r zyklischen B i l d e r z ä h l u n g als A u s k l a n g der R o m a n t i k . W e i m a r 2 0 0 3 . - A n d r e a G o t t d a n g : „Ich bin unsern Ideen Ideen nicht untreu g e w o r d e n " . M . v. S. und der S c h u b e r t - F r e u n d e s k r e i s . In: Schubert: P e r s p e k t i v e n 4 ( 2 0 0 4 ) H e f t 1. - Dies.: Vorbild M u s i k . D i e G e s c h i c h t e einer I d e e in der M a l e r e i im d e u t s c h s p r a c h i g e n R a u m 1780-1915. M ü n c h e n / B e r l i n 2 0 0 4 . - H a n s - U l r i c h S i m o n unter Mitarbeit von Regina Cerfontaine: Mörike und die Künste. M a r b a c h / N e c k a r 2 0 0 4 . - M . v. S. Z a u b e r f l ö t e . Ö s t e r r e i c h i s c h e Galerie B e l v e d e r e . Hrsg. v. Brigitte H a u p t n e r . W i e n 2 0 0 4 . M . v. S. u n d L u d w i g van B e e t h o v e n . Ein M a l e r der R o m a n t i k und seine B e g e i s t e r u n g f ü r die M u s i k . B e g l e i t b u c h zu einer A u s s t e l l u n g des B e e t h o v e n - H a u s e s von Silke Bett e r m a n n . B o n n 2 0 0 4 . - C o r n e l i a Reiter: W i e im w a c h e n T r a u m e . Z e i c h n u n g e n , A q u a r e l l e , Ö l s k i z z e n der d e u t s c h e n u n d österreichischen R o m a n t i k . B e s t a n d s k a t a l o g des K u p ferstichkabinetts der A k a d e m i e der bildenden K ü n s t e W i e n . S a l z b u r g / M ü n c h e n 2 0 0 6 (zu S.: S. 2 3 6 - 2 5 2 , Nr. 5 3 4 - 5 6 5 ) . Friedrich
Gross
S c h w i n g e , Erich, P s e u d . M a x i m i l i a n Jacta, Jurist, * 1 5 . 1 . 1 9 0 3 Jena, t 3 0 . 4 . 1 9 9 4 M a r b u r g / L a h n . S. studierte R e c h t s w i s s e n s c h a f t in Jena, M ü n c h e n und B e r lin, w u r d e 1926 p r o m o v i e r t {Der Kampf um die Schwurgerichte bis zur Frankfurter Nationalversammlung, Neudr. 1970) u n d habilitierte sich 1930 an d e r U n i v . B o n n (Teleologische Begriffsbildung im Straf recht. Ein Beitrag zur strafrechtlichen Methodenlehre). 1932 w u r d e er Prof. der R e c h t e in Halle, 1936 in M a r b u r g u n d 1940 in W i e n . Seit 1941 w a r er Militärrichter der W e h r m a c h t . 1948 w u r d e S. o . P r o f . an der U n i v . M a r b u r g , deren R e k t o r er 1 9 5 4 / 5 5 war. D a n e ben w i r k t e er zehn Jahre als S t r a f v e r t e i d i g e r in K r i e g s v e r b r e c h e r p r o z e s s e n . S e i n e w i s s e n s c h a f t l i c h e Arbeit galt vor allem d e m P r o z e ß r e c h t , d e m Militärstrafrecht (Kommentar zum Militärstrafgesetzbuch. 1936, r > 1944) und der G e s c h i c h t e der Wehrgerichtsbarkeit. D i e 1962-74 unter d e m P s e u d o n y m M a x i m i l i a n Jacta e r s c h i e n e n e n 12 B ä n d e Berühmte Strafprozesse w u r d e n m e h r f a c h übersetzt. Ü b e r sein F a c h h i n a u s trat S. u. a. m i t der P u b l i k a t i o n Welt und Werkstatt des Forschers ( 1 9 5 7 ) s o w i e m i t Bilanz der Kriegsgeneration ( 1 9 7 9 , 1 5 1990) hervor. CD Killy
351
Schwingenstein S c h w i n g e n s t e i n , August, Verleger, Politiker, * 9.3. 1881 Memmingen, t 5.11.1968 Hausham. Zunächst im Forstdienst tätig, wurde S. nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1921 Verlags- und Schriftleiter des „Iller-Roth-Günzboten" in Illertissen. Seit 1919 war er Mitglied des Bayerischen Bauern- und Mittelstandsbundes, dessen Pressestelle im Bayerischen Landtag er 1924-33 leitete. 1933 wurde S. als Journalist mit Berufsverbot belegt. 1939 erwarb er den Münchner Zeitungs- und Romanverlag Manz. 1945-52 war S. einer der drei Lizenzträger und Herausgeber der „Süddeutschen Zeitung". 1945/46 Gründungs- und Vorstandsmitglied der CSU, wurde er 1946 Mitglied der Verfassunggebenden Landesversammlung; 1946-48 gehörte er dem Bayerischen Landtag an. CD Hachmeister S c h w i n g s h a c k l , Johannes, Jesuit, * 4.5. 1887 Ried bei Welsberg/Pustertal, f 28.2.1945 München. Der Sohn eines Bauern trat 1919 in St. Andrä im Lavanttal in das Noviziat der Gesellschaft Jesu ein, studierte Theologie, wurde 1924 zum Priester geweiht und war seit 1928 im Canisianum in Innsbruck für Verwaltungsangelegenheiten zuständig. Später wurde er Novizenmeister, zuletzt im Straßhof bei der „Regina Apostolorum". 1938-41 war er Rektor von St. Martin und wirkte danach in Steyr und Bad Schallerbach, wo er 1944 von der Gestapo verhaftet wurde. Unter dem Vorwurf der Wehrkraftzersetzung zum Tod verurteilt und in das Gefängnis in München-Stadelheim eingeliefert, widmete er sich dort der seelsorgerischen Betreuung seiner Mitgefangenen. S. starb wenige Tage vor dem Hinrichtungstermin. CD BBKL S c h w i p p e r t , Hans, Architekt, * 25.6.1899 Remscheid, t 18.10.1973 Düsseldorf. Nach dem Studium an den Technischen Hochschulen Hannover, Darmstadt und Stuttgart war S. 1924-26 bei Erich —> Mendelssohn tätig und arbeitete seit 1926 als freier Architekt u. a. mit Rudolf —> Schwarz. Seit 1927 unterrichtete er an der Kunstgewerbeschule, später an der TH Aachen, an der er 1943 promoviert wurde. 1946-61 war er Ordinarius für Wohnbau und Werklehre an der TH Aachen und leitete bis 1967 die Meisterklasse für Baukunst an der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf, deren Direktor er 1956-67 war. An der Wiederbegründung des Deutschen Werkbundes beteiligt, wurde er 1950 zu dessen Vorsitzendem gewählt. S., der für ein betont funktionales Bauen eintrat, schuf u. a. das Bundeshaus in Bonn (1949) und das Großkraftwerk „Anna" in Alsdorf (1950/51). Er gehörte seit 1950 der Deutschen Akademie der Künste in Berlin an und war seit 1962 Mitglied der Royal Society of Arts in London. CD Munzinger Schwitters, Kurt, eigentl. Curt Hermann Eduard Carl Julius S., Pseud. Dr. Gustav Pfitzer, Maler, Graphiker, Schriftsteller, * 20.6. 1887 Hannover, f 8.1.1948 Ambleside (Westmorland, heute Cumbria, Großbritannien). S., dessen Eltern ein Geschäft für Damenmode besaßen, studierte 1908/09 an der Kunstgewerbeschule in Hannover und 1909-14 an der Königlich Sächsischen Akademie der Künste in Dresden (u. a. bei Carl -»Bantzer), wo er auch Literaturvorlesungen von Oskar Walzel hörte. 1913 beteiligte er sich zum ersten Mal an der „Herbstausstellung Hannoverscher Künstler". Zunächst vor allem vom deutschen Impressionismus beeinflußt, wandte sich S. 1917 einer expressionistischen Malweise zu (Serien; Abstraktio-
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nen, 1917; Expressionen, 1918). Im selben Jahr wurde er als untauglich aus dem Wehrdienst entlassen, jedoch ersatzweise als technischer Zeichner in einem Eisenwerk in Hannover verpflichtet. 1917/18 begann er ein Architekturstudium an der dortigen Königlichen TH. Literarisch orientierte sich S., der von Christof —»Spengemann in die literarischen Kreise in Hannover eingeführt wurde, zunächst an den Expressionisten, insbesondere an der „Wortkunst" August —>Stramms. Im Juni 1918 stellte er zum ersten Mal in Herwarth -»Waldens Galerie „Der Sturm" in Berlin aus. 1918/19 entwickelte S. in Hannover seine „Merz"-Kunst („Merz will Befreiung von jeder Fessel, um künstlerisch formen zu können"); durch Benennung seiner Kunst als „Merz" unterstrich er seine Unabhängigkeit von den Dadaisten („Der reine Merz ist Kunst, der reine Dadaismus Nichtkunst; beides mit Bewußtsein."). Von Wassily —>Kandinsky, Franz Marc, den Kubisten und Dadaisten beeinflußt, strebte er die Realisierung eines eigenständigen, universalen und gattungsübergreifenden Kunstprogramms an, das er auch auf die Literatur übertrug. Den ersten „Merz"-Bildern, meist Assemblagen aus kunstfremden Alltagselementen, folgte die „Merz"-Dichtung. Aus Sätzen, die S. Zeitungen, Plakaten oder Gesprächen entnahm, entstanden surrealistische Gedichte, Textcollagen und -montagen. 1918 lernte er Hans —» Arp kennen, der ihn bei der Entwicklung seiner Collagetechnik bestärkte. Die Reduktion des dichterischen Gebildes auf einen einzigen Buchstaben verwirklichte S. in der „i-Dichtung". 1919 erschien das für den literarischen Dadaismus programmatische Gedicht An Anna Blume (zuerst in „Der Sturm"; 1919 von Paul —»Steegemann in der Reihe „Die Silbergäule" veröffentlicht). S. entwarf utopische Theaterpläne („Merzbühne" und „Normalbühne Merz") und formulierte in den Texten zur Merzbühne (1919) erste Überlegungen zum Gesamtkunstwerk. Von konservativen Kritikern heftig angegriffen, verfaßte er neben den Kritikerschmähschriften, die er Tran nannte, mehrere theoretische Schriften zur Erklärung seiner Kunstauffassung (Die Merzmalerei, 1919; Merz, 1920; i-Manifest, 1922). In dem 1922 in der von Bruno —»Taut herausgegebenen Zeitschrift „Frühlicht" veröffentlichten Text Schloß und Kathedrale mit Hofbrunnen wurde zum ersten Mal die Merzarchitektur öffentlich propagiert. Zwischen 1922-26 setzte sich S. mit der Kunst der Konstruktivistischen Internationale auseinander. 1923 organisierte er mit Theo van Doesburg Dada-Auftritte in den Niederlanden, gab die erste Nummer der Zeitschrift „Merz" heraus und begann in seinem Elternhaus in Hannover mit der Arbeit am „Merzbau". Diese begehbare Raumplastik, die sein Atelier und einen Teil des Wohnhauses ausfüllte, wurde 1943 durch eine Brandbombe zerstört. 1924 gründete S. mit der Künstlerin und Mäzenin Kate —»Steinitz den Aposs-Verlag. Das auf der Dada-Tournee 1921 von Raoul —»Hausmann rezitierte, bereits 1918 entstandene phonetische Gedicht fmsbwtözäu pggiv-..?mü regte S. zur Sonate in Urlauten (vollständig publiziert als Heft 24 der Zeitschrift „Merz") an, die er 1925 zum ersten Mal aufführte. Die Ursonate, mit der er eine Fusion von Sprache und Musik anstrebte, erweiterte S. im Lauf von zehn Jahren beständig; 1927-40 arbeitete er an deren Übersetzung in musikalische Notationen. S.' sich an konventioneller Theaterpraxis orientierende Stücke blieben weitgehend unbekannt. Um 1925 verlagerte sich der Schwerpunkt seiner Dichtung auf Prosaformen, darunter Erzählungen in Montagetechnik, Grotesken und skurrile Märchen. Ende der zwanziger Jahre beschäftigte sich S. mit dramatischen Großformen; der als Opernlibretto entworfene Zusammenstoß wurde erst 1976 uraufgeführt. 1927 gründete S., der sich seit 1924 zunehmend mit typographischen Fragen beschäftigte, die Gruppe „die ab-
Schwoiser strakten h a n n o v e r " m i t Carl —> B u c h h e i s t e r , R u d o l f J a h n s , H a n s N i t s c h k e und Friedrich —»Vordemberge-Gildewart und mit R o b e r t —»Michel, J a n —»Tschichold, V o r d e m b e r g e G i l d e w a r t u n d L ä s z l o —»Moholy-Nagy den „ring n e u e werbegestalter". 1929-34 hatte er einen Vertrag als T y p o g r a p h mit der S t a d t v e r w a l t u n g H a n n o v e r und arbeitete dan e b e n u. a. f ü r d i e F i r m e n B a h l s e n u n d Pelikan. F e r n e r w a r er G r ü n d u n g s m i t g l i e d d e r K ü n s t l e r g r u p p e n „cercle et c a r r e " (1929) und „ A b s t r a c t i o n - C r e a t i o n " ( 1 9 3 1 ) in Paris. 1930-36 hielt sich S. j ä h r l i c h in d e n S o m m e r m o n a t e n in N o r w e g e n auf. Als 1937 seine K u n s t als „ e n t a r t e t " diff a m i e r t w u r d e , e m i g r i e r t e er dorthin u n d floh 1940 n a c h G r o ß b r i t a n n i e n . N a c h m e h r m o n a t i g e r I n t e r n i e r u n g in vers c h i e d e n e n L a g e r n lebte er z u n ä c h s t in e i n e m L o n d o n e r Vorort, später im L a k e District als M a l e r von Porträts, L a n d s c h a f t e n und Stilleben. D e r in Lysaker bei O s l o b e g o n n e n e n e u e M e r z b a u , das Haus am Bakken, w u r d e 1951 d u r c h ein F e u e r zerstört; der dritte M e r z b a u , Merz Barn, auf der C y l i n d e r s F a r m von Harry P i e r c e bei E l t e r w a t e r ( L a k e District) blieb u n v o l l e n d e t . S . ' W e r k , d a s k e i n e t r e n n s c h a r f e n G r e n z e n z w i s c h e n bildender K u n s t , Literatur und M u s i k zuläßt, b e e i n f l u ß t e K ü n s t ler v e r s c h i e d e n e r S p a r t e n , d a r u n t e r b i l d e n d e K ü n s t l e r w i e R o b e r t R a u s c h e n b e r g , J o s e p h —>Beuys, T i m m Ulrichs und P e r K i r k e b y . N e b e n H a p p e n i n g - und F l u x u s k ü n s t l e r n w i e A l l a n K a r p o w und Wolf —»Vostell, bei d e n e n d a s K o n zept der M e r z b ü h n e mit einer A u f h e b u n g d e r D i s t a n z von K ü n s t l e r und P u b l i k u m n a c h w i r k t e , rezipierten S. a u c h K o m ponisten w i e G y ö r g y S ä n d o r —»Ligeti und B e r n d A l o i s —> Z i m m e r m a n n und Schriftsteller w i e F r a n z M o n , H e l m u t —> H e i ß e n b ü t t e l , E r n s t —»Jandl und G e r h a r d R ü h m . WERKE: D a s literarische Werk. H r s g . v. F r i e d h e l m L a c h . 5 B d e . , K ö l n 1973-81. - Wir spielen, bis uns der Tod abholt. B r i e f e aus f ü n f J a h r z e h n t e n . G e s a m m e l t , a u s g e w ä h l t und k o m m e n t i e r t v. Ernst N ü n d e l . F r a n k f u r t / M a i n , Berlin 1974. - G e r h a r d S c h a u b : K. S. und d i e „ a n d e r e " S c h w e i z . U n v e r ö f f e n t l i c h t e B r i e f e aus d e m Exil. Berlin 1998. LITERATUR: K a t e T . Steinitz: K. S. E r i n n e r u n g e n aus den Jahren 1918-1930. Zürich 1963. - W e r n e r S c h m a l e n b a c h . K. S. K ö l n 1967. N a c h d r . M ü n c h e n 1984. - H e i n z L u d w i g A r n o l d (Hrsg.): K. S. M ü n c h e n 1972 (Text + Kritik. H e f t 3 5 / 3 6 ) . - K. S. A l m a n a c h . Hrsg. v. M i c h a e l E r l h o f f u . a . B d . 1-10. H a n n o v e r 1982-91. - K. S.: „ B ü r g e r und Idiot". B e i t r ä g e zu Werk und W i r k u n g eines G e s a m t k ü n s t lers. M i t u n v e r ö f f e n t l i c h t e n B r i e f e an Walter G r o p i u s . H r s g . v. G e r h a r d S c h a u b . Berlin 1993. - D i e t m a r Elger: D e r M e r z bau. K ö l n 1999. - M e r z . Aller A n f a n g ist M e r z - von K. S. bis heute. H r s g . v. S u s a n n e M e y e r - B ü s e r u n d Karin O r c h a r d . O s t f i l d e r n - R u i t 2 0 0 0 . - K. S. C a t a l o g u e raisonne. Hrsg. v o m S p r e n g e l M u s e u m H a n n o v e r u . a . B e a r b . v. Karin O c h a r d und Isabel S c h u l z . 2 B d e . , O s t f i l d e r n - R u i t 2 0 0 2 / 0 3 . - K. S. ( 1 8 8 7 - 1 9 4 8 ) . Hrsg. U b u Gallery ( N e w York). N e w York 2 0 0 3 . - K . S. M e r z - ein G e s a m t w e l t b i l d . Hrsg. v o m M u s e u m T i n g u e l y , B a s e l . Red.: A n n j a M ü l l e r A l s b a c h und H e i n z Stahlhut. W a b e r n / B e r n 2 0 0 4 . - S . ^ r p . Hrsg. v. H a r t w i g Fischer. O s t f i l d e r n - R u i t 2 0 0 4 . - M e r z g e biete. K. S. u n d seine F r e u n d e . H r s g . v. Karin O c h a r d u n d Isabel Schulz. H a n n o v e r 2 0 0 6 . Bruno Jahn
Schwitzke,
Heinz, Schriftsteller, * 1 3 . 2 . 1908 H e l b r a / M a n s f e l d , t 25. 1 0 . 1 9 9 1 Eutin. S., S o h n eines Lehrers, studierte seit 1926 in Berlin P h i l o s o phie, K u n s t - und M u s i k w i s s e n s c h a f t e n , w u r d e 1930 p r o m o viert ( D i e Beziehungen zwischen Aesthetik und Metaphysik in der deutschen Philologie vor Kant) und w a r seit 1932 in der literarischen A b t e i l u n g des D e u t s c h l a n d s e n d e r s tätig. N a c h T e i l n a h m e a m Z w e i t e n Weltkrieg und G e f a n g e n s c h a f t w u r d e er 1948 R e d a k t e u r b e i m E v a n g e l i s c h e n P r e s s e d i e n s t
in B i e l e f e l d und leitete seit 1951 die H ö r s p i e l a b t e i l u n g des N o r d w e s t d e u t s c h e n (später N o r d d e u t s c h e n ) R u n d f u n k s in H a m b u r g , w o er 1957-61 auch das F e r n s e h s p i e l betreute. S. f ö r d e r t e u . a . I n g e b o r g —»Bachmann, G ü n t e r —»Eich und W o l f g a n g —»Hildesheimer u n d v e r ö f f e n t l i c h t e Das Hörspiel. Dramaturgie und Geschichte ( 1 9 6 3 ) s o w i e Reclams Hörspielführer (1969). N a c h seiner P e n s i o n i e r u n g 1971 lebte S. als Schriftsteller in Eutin und v e r f a ß t e d i e R o m a n e Das Evangelium der Gefangenen (1978) u n d Das einundzwanzigste Kapitel (1980). t r i Westf A u t o r e n , B d 4
S c h w ö b , Susanne (Madeleine), schweizer. Malerin, * 8 . 1 0 . 1888 B e r n , t 9 . 3 . 1 9 6 7 B e r n . S. b e s u c h t e 1904-06 die K u n s t g e w e r b e s c h u l e in B e r n , studierte a n s c h l i e ß e n d in M ü n c h e n und lebte 1911 in Paris. 1916 erhielt sie in U n g a r n in der F r e i l i c h t s c h u l e ihres M ü n c h n e r Lehrers S i m o n H o l l o s y e n t s c h e i d e n d e A n r e g u n g e n . W i e d e r in B e r n , schuf sie d i e meisten ihrer L a n d s c h a f t s a q u a r e l l e . D i e a n f ä n g l i c h t o n i g e M a l w e i s e der M ü n c h n e r S c h u l e w u r d e seit 1920 von helleren F a r b e n abgelöst. 1935-38 w a r S. Zentralpräsidentin d e r Gesellschaft der S c h w e i z e r i s c h e n M a l e r i n n e n , B i l d h a u e r i n n e n und K u n s t g e w e r b l e r i n n e n , 1936-41 M i t g l i e d d e r e i d g e n ö s s i s c h e n Kunstkommission.
Schwörbel,
(Hans) Jürgen, Ökologe, Limnologe, * 22. 1. 1930 D u i s b u r g , t 2 2 . 1 1 . 2 0 0 2 R a d o l f z e l l . S. studierte Z o o l o g i e , B o t a n i k , L i m n o l o g i e und G e o l o g i e in I n n s b r u c k und F r e i b u r g / B r e i s g a u und w u r d e 1959 prom o v i e r t (Ökologische und tiergeographische Untersuchungen über die Milben [Acari, Hydrachnellae] der Quellen und Bäche des südlichen Schwarzwaldes und seiner Randgebiete). 1966 in Freiburg habilitiert, w u r d e er dort 1972 apl. Prof. und f o l g t e 1980 e i n e m R u f als o . P r o f . n a c h K o n s t a n z . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Methoden der Hydrobiologie (1966, 4 1 9 9 4 , a u c h engl, u n d span.), Einführung in die Limnologie (1971, l , 2005) u n d Der Bodensee in Farbe (1978).
Schwoerer,
F r a n k , Verleger, * 7 . 9 . 1 9 2 5 E i s e n b a c h / Schwarzwald, t 1 2 . 7 . 1 9 9 7 Bad Soden. In ä r m l i c h e n Verhältnissen a u f g e w a c h s e n , holte S. nach der R ü c k k e h r aus der K r i e g s g e f a n g e n s c h a f t d a s A b i t u r nach, m a c h t e e i n e L e h r e als V e r l a g s b u c h h ä n d l e r bei d e m Verlag H e r d e r in F r e i b u r g / B r e i s g a u und baute nach e i n e m Volontariat in B a r c e l o n a d i e H e r d e r - N i e d e r l a s s u n g in S ä o P a u l o auf, die er bis 1961 leitete. Er w a r Präsident von H e r d e r & H e r d e r in N e w York, bis dieser Verlag 1973 an M c G r a w - H i l l verk a u f t w u r d e . 1975 g r ü n d e t e S. mit der U n t e r s t ü t z u n g von M a n f r e d B e l t z R ü b e l m a n n den C a m p u s - V e r l a g . Z u n ä c h s t Spezialist f ü r s o z i a l w i s s e n s c h a f t l i c h e Literatur, e n t w i c k e l t e sich das U n t e r n e h m e n bald zu einer ersten A d r e s s e f ü r Wissenschaftsliteratur a u c h a n d e r e r F a c h b e r e i c h e ; seit B e g i n n der n e u n z i g e r J a h r e g a b S. d e m Verlag auch ein w i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t l i c h e s Profil. 1995 übertrug er die G e s c h ä f t s l e i tung s e i n e m S o h n . S.s E r i n n e r u n g e n erschienen 1998 p o s t u m unter d e m Titel Die Bücherberge, die ich angerichtet habe.
Schwoiser,
Eduard, Maler, * 1 8 . 3 . 1 8 2 6 Brüsau ( M ä h r e n ) , t 3 . 9 . 1902 M ü n c h e n . D e r in ä r m l i c h e n Verhältnissen a u f g e w a c h s e n e S. w u r d e Dekorateur und S t u k k a t e u r m e i s t e r u n d studierte an der A k a d e m i e der bildenden K ü n s t e in M ü n c h e n , w o er in Philipp - » F o l t z einen F ö r d e r e r f a n d . N a c h ersten E r f o l g e n mit Historien- und G e n r e g e m ä l d e n erhielt S. d u r c h V e r m i t t l u n g von Foltz E n d e d e r f ü n f z i g e r J a h r e den A u f t r a g , m e h r e r e F r e s k e n im B a y e r i s c h e n N a t i o n a l m u s e u m mit S z e n e n aus
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Schwoon der bayerischen Geschichte zu gestalten. Unter den weiteren Auftragsarbeiten S.s sind vor allem drei Deckengemälde (Aurora, Apollo im Sonnenwagen und Götterversammlung) im Schloß Herrenchiemsee hervorzuheben, die er nach Vorstellungen König —» Ludwigs II. ausführte. CD Biogr Jahrb, Bd 7 S c h w o o n , Karl, Maler, Galerist, * 13.5. 1908 Oldenburg, t 3. 1. 1976 Wildeshausen. S. studierte am Bauhaus in Dessau bei Paul —»Klee, Wassily —»Kandinsky und Oskar —> Schlemmer. Seit 1932 lebte er als freischaffender Künstler in Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg, an d e m er als Soldat teilgenommen hatte, eröffnete S., der zu den Gründungsmitgliedern des Bundes Bildender Künstler Nordwestdeutschlands, Landesgruppe Oldenburg, gehörte, eine Kunstgalerie in Oldenburg. Er bemühte sich besonders u m die Förderung der modernen Kunst und unterstützte auf diese Weise die Auseinandersetzung mit einer Kunstentwicklung, die im „Dritten Reich" unterbrochen worden war. Seit 1951 arbeitete er als Bildredakteur der „Hör zu" in Hamburg. Studienreisen führten ihn nach Schweden, in die Schweiz und nach Amerika. 1969 ließ er sich als freischaffender Maler in Wildeshausen nieder. OD Oldenburg S c h w y z e r , Eduard, schweizer. Indogermanist, * 15.2. 1874 Zürich, t 3 . 5 . 1943 Berlin. Nach dem Studium der Vergleichenden Sprachwissenschaft und der Klassischen Philologie an den Universitäten Zürich und Leipzig 1898 promoviert, arbeitete S. als Redakteur am Schweizer Idiotikon. 1902 habilitierte er sich in Zürich für indogermanische Sprachwissenschaft und wurde 1909 a. o., 1912 o . P r o f . für Griechisch. Seit 1927 lehrte er an der Univ. Bonn, seit 1932 in Berlin. 1937 wurde er Mitglied der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften. S. schuf grundlegende Arbeiten zur sprachhistorischen Erforschung des Griechischen. Außerdem betrieb er Studien zu allgemeinen sprachwissenschaftlichen Fragen. Sein Hauptwerk ist die Griechische Grammatik (2 Bde., 1934-50; 2 Registerbände, 1953-71). Zu seinen weiteren Werken gehören Grammatik der pergamenischen Inschriften (1898), Dialectorum Graecarum exempla epigraphica potiora (1923) und Zum persönlichen Agens beim Passiv, besonders im Griechischen (1943). c d G n o m o n 20 (1944) S c h y n s e , August Wilhelm, kath. Missionar, * 2 1 . 6 . 1857 Wallhausen bei Kreuznach, t 19. 11. 1891 B u k u m b i / Viktoriasee (Ostafrika). Nach dem Studium der Philosophie und Theologie wurde S., Bruder Katharina —»S.s, 1880 zum Priester geweiht und Schloß sich 1882 als erster Deutscher der von Kardinal Lavigerie gegründeten Missionsgesellschaft der Weißen Väter an. 1885-87 wirkte er zunächst in der Kongomission, danach in Deutsch-Ostafrika. Als Teilnehmer an den Expeditionen von Henry Morton Stanley und - » E m i n Pascha ( 1 8 8 9 / 9 0 ) leistete er wertvolle Dienste als Dolmetscher und Kartograph. Seine Reisenotizen ( u . a . Zwei Jahre am Kongo, 1889; Mit Stanley und Emin Pascha durch Deutsch-Ostafrika, 1890) fanden weite Beachtung. CD B B K L S c h y n s e , Katharina, * 24. 11.1854 Wallhausen bei Kreuznach, f 9 . 1 2 . 1 9 3 5 Pfaffendorf bei Koblenz. Die Schwester August Wilhelm —»S.s gründete nach dem Tod ihres Bruders 1893 den Verein katholischer Frauen und Jungfrauen zur Unterstützung der zentralafrikanischen Mission der Weißen Väter. 1903 in Missionsvereinigung katholischer Frauen und Jungfrauen umbenannt, dehnte der Verein seinen Wirkungskreis auf ganz Afrika aus. Neben dem Hauptsitz in Pfaffendorf bei Koblenz entstanden bald zahl-
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reiche Niederlassungen in vielen europäischen Ländern und in den USA. 1920 zählte die Missionsvereinigung allein in Deutschland 3 0 0 0 0 0 Mitglieder; 1934 wurde sie in den Rang eines päpstlichen Werks erhoben. S. war Herausgeberin des Vereinsorgans „Stimmen aus den Missionen". CD B B K L S c i o p p i u s , Gaspar, eigentl. Kaspar Schoppe, auch Pascasius Grosippus, Operinus Grubinius, Alphonsus de Vargas, Nicodermus Macer u. a., Schriftsteller, * 2 6 . 6 . 1576 Pappenberg (Oberpfalz), f 9 . 1 1 . 1 6 4 9 Padua. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft seit 1592 in Heidelberg, Altdorf und Ingolstadt kam S., Sohn eines Offiziers, Mühlenbesitzers und Amtsrichters, 1597 nach Prag, wo er zum Katholizismus konvertierte. Seit 1599 in Rom, wirkte er im Auftrag deutscher Fürsten und der Kurie publizistisch für die alte Lehre. 1607 warb er im päpstlichen Auftrag bei Kaiser —»Rudolf II., Erzherzog —»Ferdinand und König —»Maximilian I. von Bayern für die Bildung der kath. Liga, nahm 1608 am Reichstag in Regensburg teil und hielt sich nach vorübergehender Rückkehr nach R o m 1613-15 in Spanien auf. Später in Mailand und seit 1621 wieder in R o m ansässig, trug der in mehrere gelehrte Fehden verwickelte S. mit seinen zahlreichen polemischen Schriften zur Verhärtung der konfessionellen Fronten bei (u. a. Scaliger Hypobolintaeus, 1607, gegen Joseph Justus Scaliger; Ecclesiasticus, 1611, gegen den englischen König Jakob I.). Seine Streitschrift Classicum Bellum Sacrum (1619) rief Papst und Orden zum Heiligen Krieg gegen die Ketzer auf. 1630 nach Deutschland zurückgekehrt, geriet er nach B e m ü h u n g e n um einen konfessionellen Ausgleich zur Beendigung des Kriegs auch mit den Jesuiten in eine heftige Fehde. Allgemein verhaßt, zog er sich aus Angst vor Attentätern aus allen Lagern 1636 nach Padua zurück. S. war auch Autor sprachwissenschaftlicher Schriften (u. a. Observationes linguae latinae, 1609; Grammatica philosophica, 1628). Mit Amphotides Scioppianae erschien 1611 eine autobiographische Selbstdarstellung. Von S. stammt ferner der einzige Augenzeugenbericht über die Verbrennung Giordano Brunos im Jahre 1600. CD N D B
S c k e l l , Carl August, auch Skell, Gartenarchitekt, Lithograph, * 14. 11.1793 Carlsberg bei Zweibrücken, t 10.7. 1840 München. Der Sohn eines herzoglichen Hofgärtners wurde zunächst von seinem Onkel und späteren Schwiegervater Friedrich Ludwig von —»S. ausgebildet. Er studierte in Wien, Berlin, London und Paris und begann 1816 seine Tätigkeit in den Königlichen Hofgärten von München. Dort folgte er seinem Vater als Inspektor nach, seit 1823 war er in der Nachfolge seines Onkels Direktor und seit 1836 Intendant. S. schuf u. a. den Monopteros-Hügel im Englischen Garten. Er veröffentlichte Das königliche Lustschloß Nymphenburg und seine Gartenanlagen (1837). S c k e l l , Friedrich Ludwig von, Landschaftsarchitekt, * 13.9. 1750 W e i l b u r g / L a h n , t 2 4 . 2 . 1823 M ü n c h e n . Nach Ausbildung bei seinem Vater, einem Hofgärtner in Schwetzingen, und Aufenthalten in Bruchsal und Zweibrücken unternahm S. 1770-76 eine Studienreise nach Frankreich und England. 1777 wurde er in Schwetzingen zum „Hof-Lust-Gärtner" ernannt und war seit 1792 als Nachfolger seines Vaters dort Hofgärtner. Seit 1799 war er Gartenbaudirektor f ü r die Rheinpfalz und für Bayern und seit 1804 kurfürstlicher, seit 1806 kgl. Hofgartenintendant. S. war maßgeblich an der Einführung des Landschaftsgartens nach englischem Vorbild in Deutschland beteiligt, den er häufig mit Elementen der französischen Gartenbaukunst verband ( u . a . Umgestaltung des Schloßparks Nymphenburg).
Scultetus Ferner entwickelte er mit Karl von —> Fischer die Pläne zur Stadterweiterung Münchens. Als sein bedeutendstes Werk gilt der Englische Garten in München, der er als ersten öffentlichen Volksgarten in Deutschland seit 1789 mit Sir B e n j a m i n T h o m p s o n (Graf von - » R u m f o r d ) , später alleine gestaltete. S. veröffentlichte u. a. Beiträge zur bildenden Gartenkunst für angehende Gartenkünstler und Gartenliebhaber (1818, 2 1825, Nachdr. 1982 und 1998). 1808 erhielt S. den persönlichen bayerischen Adel, 1822 wurde er als Mitglied der Royal Horticultural Society. CD GBBE
Scotoni-Gassmann,
Eugen, Unternehmer, * 2 9 . 7 . 1 8 7 3 Wien, t 2 9 . 5 . 1961 Zürich. Der aus einer aus Südtirol gebürtigen Unternehmerfamilie stammende S.-G. erwarb 1931 die Berliner Terra-Film A G , die von seinen Söhnen und einem Schwiegersohn geleitet wurde. Das Unternehmen mit Produktions-, Verleih- und Filmfinanzierungsabteilungen in Berlin und Zürich orientierte sich seit 1933 an den nationalsozialistischen Kulturvorstellungen. Der erste größere Propagandafilm des „Dritten Reiches" (Blutendes Deutschland, 1933) wurde von der Terra-Film A G produziert. Filme wie Wilhelm Teil (1934) und Das Fähnlein der sieben Aufrechten (1935) propagierten Gemeinsamkeiten zwischen der Schweiz und Deutschland. Nach der deutschen Verstaatlichung der Terra-Film A G Mitte der dreißiger Jahre zog sich die Familie Scotoni aus dem Filmgeschäft zurück, betrieb aber noch bis 1985 eine Kinokette in Zürich.
Scriptoris, Paul, Franziskaner, Theologe, * um 1460 Weil der Stadt, t 21. 10.1505 Kaysersberg (Elsaß). Nach dem Studium in Paris bei Stephan Brulefer, in dessen Verlauf er sich dem skotistischen Realismus seines Lehrers anschloß, war S. Guardian im Franziskanerkonvent in Tübingen. Im dortigen Barfüßerkloster hielt er seit 1494 Vorlesungen über Mathematik, Astronomie, Geographie und Theologie. S., der als Lehrer und Prediger große Anerkennung genoß, gehörte neben Konrad —> Summenhart zu den kritischen Theologen, die sich gegen E n d e des 15. Jh. offen für kirchliche R e f o r m e n aussprachen. Er wandte sich u. a. gegen Mißstände betreffend die Sakramente, den Ablaßhandel und das Gelübde. Einige seiner Schüler (u. a. Konrad —»Pellikan) schlossen sich später der R e f o r m a t i o n an. Unter d e m Vorwurf der Häresie 1501 seiner Ämter enthoben und nach Basel versetzt, ging S. 1502 nach R o m . 1505 von der Ordensleitung nach Toulouse berufen, starb er auf d e m Weg dorthin. Er veröffentlichte u . a . Lectura [...] declarando subtilissimas Doctoris Subtilis sententias circa Magistrum in primo libro (1498). DP BBKL Scriver,
Christian, evang. Theologe, Schriftsteller, * 2. 1. 1629 Rendsburg, t 5 . 4 . 1693 Quedlinburg. Nach dem Studium der Theologie in Rostock, w o Joachim —> Lütkemann großen Einfluß auf ihn ausübte, wurde S. 1653 Archidiakon in Stendal und 1667 Pfarrer an St. Jacobi in Magdeburg. Dort mit zahlreichen Nebenämtern betraut, wurde er 1690 Oberhofprediger der Äbtissin und Herzogin —>Anna Dorothea zu Sachsen-Weimar im Stift Quedlinburg. S. schrieb eines der bedeutendsten evang. Erbauungsbücher sowie zahlreiche geistliche Lieder. Während sein SeelenSchatz (5 Tie., 1675-92) viele Neuauflagen erlebte, fand von seinen Liedern nur das Abendlied Der lieben Sonne Licht und Pracht A u f n a h m e in das Evangelische Gesangbuch. Der mit Philipp Jakob —»Spener befreundete S. veröffentlichte ferner Gottholds Zufällige Andachten (1663, zuletzt 1893), Gottholds Siech- und Siegesbette in 365 Betrachtungen (2 Tie., 1687-94, Neuaufl. 1 8 7 0 / 7 1 ) und die Katechismusauslegungen Chrysologia catechetica (1659, zuletzt 1862). S. gehörte zu den Wegbereitern des Pietismus. CD Killy
Scultetus,
Abraham, auch Schultes, reformierter Theologe, * 2 4 . 8 . 1 5 6 6 Grünberg (Schlesien), t 24. 10. 1625 Emden. Nach dem Studium der Theologie in Wittenberg und Heidelberg trat der Calvinist S. 1595 in Heidelberg als Schloßkaplan in den Dienst des Kurfürsten —> Friedrich IV., unter d e m er bald höhere geistliche Ämter erlangte. 1609 reformierte er das Schulwesen in der Oberpfalz und in der Grafschaft Hanau-Münzenberg. Die Organisation der reformierten Kirche Nordwestdeutschlands im Jülicher Erbfolgestreit 1610 geht ebenfalls auf S. zurück, der im Auftrag des Kurfürsten auch das brandenburgische Kirchen- und Schulwesen visitierte. 1614 in Heidelberg zum Hofprediger ernannt und 1618 als Prof. der Theologie an die Univ. berufen, folgte S. seinem zum König von Böhmen gewählten Landesherrn —»Friedrich V. von der Pfalz nach Prag, wo er 1619 auf dessen Weisung zum Bildersturm aufforderte. Nach der Niederlage des Winterkönigs am Weißen Berg floh S. durch Schlesien und Brandenburg zunächst nach Heidelberg und von dort nach Württemberg. 1622 wurde er Prediger der reformierten G e m e i n d e Emden. Von seinen dogmatischen und homiletischen Schriften übte vor allem die Kirchenpostille beträchtlichen Einfluß aus. CD RGG
Scultetus,
Andreas, eigentl. Scholtz, auch Schultz, Jesuit, Schriftsteller, * 1622 oder 1623 Bunzlau, t 2 5 . 4 . 1647 Troppau. S. veröffentlichte bereits während seiner Gymnasialzeit lateinische und deutsche Gedichte, die u. a. die Leiden des Kriegs und den Wunsch nach Frieden thematisierten, darunter Friedens Lob- Und Krieges Leid-Gesang (1641). Mit seinem Klassenkameraden —»Angelus Silesius verfaßte er 1642 ein Lobgedicht auf ihren Lehrer Christoph —> Koeler. In späteren Gedichten beschäftigte sich der unter d e m Einfluß Breslauer Jesuiten zum Katholizismus konvertierte S. vor allem mit religiösen T h e m e n , etwa in der an Andreas —»Gryphius orientierten Oesterlichen Triumph Posaune (1642). Nach seinem Noviziat in Brünn wirkte er seit 1646 als Lehrer am Troppauer Jesuitenkolleg. D3 Killy
Scultetus,
Bartolomäus, Astronom, Naturforscher, * 14.5. 1540 Görlitz, t 2 0 . 6 . 1614 Görlitz. S., Sohn eines Vorwerkbesitzers, gehörte seit 1578 dem Rat der Stadt Görlitz an und war seit 1592 mehrfach Bürgermeister. Der u. a. mit Johannes —> Kepler, Tycho Brahe und zahlreichen Paracelsisten befreundete Gelehrte widmete sich vor allem astronomischen und astrologischen Studien, die er mit Hilfe selbstgebauter Instrumente betrieb. Er trat mit Almanachen und Prognostiken hervor und griff in die Auseinandersetzungen um die Gregorianische Kalenderreform ein. S. veröffentlichte u . a . Gnomonice de solaris sive doctrina practica tertiae partis astronomiae (1572), Computus ecclesiasticus (1574), Tabula physica, astronomica et medica de pestilate (1578), Alt und New Schreibkalender, gegen einander verglichen, Auffs Jar 1584 (1584), Prognosticon meteorographicum perpetuum (um 1588) und Diarium humanitatis( 1600). C D Killy
Scultetus, Johannes, Pseud. J. S. Montanus, J. Montanus, Trimontanus, Schriftsteller, Arzt, * 1531 Striegau, t 3 . 6 . 1 6 0 4 Hirschberg (?). Der Sohn eines Wundarztes praktizierte nach medizinischen Studien, die er 1557 mit der Promotion in Bologna abschloß, in Striegau und Hirschberg. Aufgrund seiner M o n o graphie über die Striegauer Siegelerde (Judicium de terra sigillata, 1583) genoß S. hohes Ansehen in medizinischpharmazeutischen Kreisen. Zu seinen Bekannten zählten u. a. Johann Huser und Georg —> Forberger. Für den schlesischen Paracelsismus war seine Mitwirkung an der Verbreitung der Schriften des - » P a r a c e l s u s bedeutsam. CD Killy
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Scultetus Scultetus,
J o h a n n e s , auch Schultes, eigentl. J o h a n n e s S c h u l t h e i ß d . Ä . , Arzt, Schriftsteller, * 1 2 . 1 0 . 1595 U l m , t 1. 12. 1645 Stuttgart. S., S o h n eines D o n a u s c h i f f e r s , w a r v e r m u t l i c h seit 1614 Assistent d e s n i e d e r l ä n d i s c h e n A n a t o m e n A d r i a a n van den Spiegel u n d w u r d e nach w e i t e r f ü h r e n d e n Studien in P a d u a , w o er 1623 d i e m e d i z i n i s c h e D o k t o r w ü r d e e r w a r b , 1625 Stadtarzt in U l m . S e i n e B e d e u t u n g g r ü n d e t sich auf d a s nach s e i n e m T o d v e r ö f f e n t l i c h t e Armamentarium chirurgicum olim auctum triginta novem tabulis (2 Tie., 1655, erneut 1666, 1672, 1693 und 1741, N a c h d r . 1975), e i n e illustrierte I n s t r u m e n t e n k u n d e u n d O p e r a t i o n s l e h r e mit Fallberichten, d i e in m e h r e r e S p r a c h e n übersetzt w u r d e . D i e von d e m H e i d e n h e i m e r Stadtarzt A m a d e u s M e g e r l i n erarbeitete d e u t s c h e F a s s u n g ( W u n d - A r t z n e y i s c h e s Zeug-Hauß, 2 Bde., 1666, N a c h d r . 1974 2 1 9 8 8 , engl. 1674, f r z . 1672 und 1675, 2 1 "712) ist eine w i c h t i g e Q u e l l e f ü r d i e G e s c h i c h t e der deutschen m e d i z i n i s c h e n F a c h s p r a c h e . OD Killy
Sdralek,
M a x , kath. T h e o l o g e , Kirchenhistoriker, * 1 1 . 1 0 . 1 8 5 5 W o s c h z c z y t z (Oberschlesien), f 2 . 7 . 1 9 1 3 Bad Landeck. S. studierte T h e o l o g i e an der U n i v . Breslau und w u r d e 1880 in F r e i b u r g / B r e i s g a u p r o m o v i e r t . I m selben J a h r z u m Priester g e w e i h t , habilitierte er sich 1882 in Breslau f ü r K i r c h e n geschichte u n d K i r c h e n r e c h t und w u r d e 1884 als o. Prof. an die T h e o l o g i s c h e A k a d e m i e in M ü n s t e r b e r u f e n . Seit 1896 lehrte er als O r d i n a r i u s in Breslau, w o er sich v o r n e h m l i c h dem Ausbau des kirchengeschichtlichen Seminars widmete, w a r seit 1900 a u c h D o m k a p i t u l a r und 1 9 0 6 / 0 7 R e k t o r . Zu seinen S c h ü l e r n g e h ö r t e u. a. B e r t h o l d —f Altaner. D e r vor allem als L e h r e r und B e g r ü n d e r einer k i r c h e n g e s c h i c h t l i c h e n S c h u l e b e d e u t s a m e S. w a r mit Heinrich —> Schrörs u n d A l o i s —»Knöpfler H e r a u s g e b e r der „ K i r c h e n g e s c h i c h t l i c h e n Stud i e n " (6 B d e . , 1891-1903) und der „ K i r c h e n g e s c h i c h t l i c h e n A b h a n d l u n g e n " (10 Bde., 1902-10). m BBKL
Sealsfield,
Charles, eigentl. Carl Postl, u r k u n d l . C a r o l u s M a g n u s Postl, w e i t e r e P s e u d . Carl M o r i t z Zeilfels, C. ( C a r l / C h a r l e s ) S i d o n s u . a . , österr. Schriftsteller, * 3 . 3 . 1793 P o p p i t z bei Z n a i m ( M ä h r e n ) , t 2 6 . 5 . 1 8 6 4 Solothurn. S „ S o h n eines W e i n b a u e r n , trat in d e n O r d e n der K r e u z h e r ren m i t d e m roten Stern ein und studierte an der KarlsUniversität in P r a g T h e o l o gie. N a c h der P r i e s t e r w e i h e w u r d e er 1816 Sekretär d e s G r o ß m e i s t e r s des O r d e n s und k a m in K o n t a k t mit liberalnationalen P e r s ö n l i c h k e i t e n d e s b ö h m i s c h e n A d e l s und des Prager G r o ß b ü r g e r t u m s . 1823 floh er unter bis h e u t e nicht völlig geklärten U m s t ä n d e n aus d e m Kloster in die U S A und lebte in der Kleinstadt Kittanning ( A r m s t r o n g C o u n t y , P e n n s y l v a n i a ) , hielt aber r e g e l m ä ß i g e n K o n t a k t zu d e n Städten P i t t s b u r g h und Philadelphia. U n t e r m e h r f a c h e r P s e u d o n y m i s i e r u n g seines N a m e n s n a h m S. dort die Identität als A m e r i k a n e r an, w a r als luth. P a s t o r ( O h i o S y n o d e ) tätig und b e g a n n seine schriftstellerische L a u f b a h n . 1825 b e g a b er sich n a c h N e w O r l e a n s und ließ sich 1826 seinen n e u e n N a m e n C h a r l e s Sealsfield von d e n B e h ö r d e n L o u i s i a n a s in e i n e m s a f e c o n d u c t pass bestätigen. 1826 nach E u r o p a z u r ü c k g e k e h r t , bot er —> M e t t e r n i c h A g e n t e n d i e n s t e an, d i e indes a b g e l e h n t w u r d e n . 1827 erschien sein Reisebericht Die Vereinigten Staaten von Nordamerika, nach ihrem politischen, religiösen und gesellschaftlichen Verhältnisse betrachtet (2 Bde.; rev. engl. F a s s u n g , 1828), d a n a c h
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anonym die gegen das Metternich-Regime gerichtete Schrift Austria as it is, or Sketches of Continental Courts, by an Eye-Witness (zuerst a n o n y m 1827 in L o n d o n ; B u c h a u s g a b e 1828; e n g l . / d t . 1994). 1827-30 hielt sich S. e r n e u t in den U S A auf, seit A n f a n g 1828 wieder in Kittanning, bereiste d i e s ü d w e s t l i c h e n Staaten der U n i o n und Texas, schrieb seinen ersten R o m a n Tokeah; or the White Rose (2 Bde., 1829; rev. F a s s u n g unter d e m Titel The Indian Chief; or, Tokeah and the White Rose. A Tale of the Indians and the White, 3 B d e . , 1829) und w a r 1 8 2 9 / 3 0 in N e w York leitender R e d a k t e u r d e s „Courrier des E t a t s - U n i s " , des publizistischen S p r a c h r o h r s von J o s e p h B o n a p a r t e . 1830-32 ü b e r m i t t e l t e er aus Paris und L o n d o n K o r r e s p o n d e n t e n b e r i c h t e an den „ N e w York M o r n i n g C o u r i e r a n d E n q u i r e r " und publizierte N o v e l len in „ T h e E n g l i s h m a n ' s M a g a z i n e " . Seit 1832 lebte er als Schriftsteller an v e r s c h i e d e n e n Orten in d e r S c h w e i z , zuletzt in S o l o t h u r n . 1853-58 hielt sich S. z u m letzten M a l in den U S A auf, deren Staatsbürger er 1858 w u r d e . Erst in sein e m T e s t a m e n t von 1864 enthüllte er das G e h e i m n i s seines Pseudonyms. Z u n ä c h s t J o u r n a l i s t u n d Reiseschriftsteller (Transatlantische Reiseskizzen und Christopherus Bärenhäuter, 2 Bde., 1834), war S. d e r erste b e d e u t e n d e d e u t s c h s p r a c h i g e Schilderer a m e r i k a n i s c h e r L a n d s c h a f t , d e m es g e l a n g , politische V o r g ä n g e t h e m a t i s c h zu integrieren. B e e i n f l u ß t vor allem von J a m e s F e n i m o r e C o o p e r und Walter Scott, b e s c h r i e b er in seinen R o m a n e n vor d e m H i n t e r g r u n d a b e n t e u e r l i c h e r H a n d l u n g e n die sich e n t w i c k e l n d e a m e r i k a n i s c h e N a t i o n (Der Legitime und die Republikaner. Eine Geschichte aus dem letzten amerikanisch-englischen Kriege, 3 B d e . , 1833, e i n e erweiterte F a s s u n g von Tokealr, Der Virey und die Aristokraten, oder Mexiko im Jahre 1812, 3 B d e . , 1835; Lebensbilder aus beiden Hemisphären, 6 Tie., 1835-37; Neue Land- und Seebilder: Die deutsch-amerikanischen Wahlverwandtschaften, 4 B d e . , 1 8 3 9 / 4 0 ; Süden und Norden, 3 Bde., 1842/43). Zu seinem erfolgreichsten Buch wurde Das Cajütenbuch, oder Nationale Charakteristiken (2 B d e . , 1841). Sein erzählerisches Werk, d a s zugleich unterhalten und a u f k l ä r e n will, zielt auf d i e D a r s t e l l u n g g r o ß e r sozialer und historischer B e w e g u n g e n ; neben zeitgeschichtlichen Daten verarbeitete S. g e o g r a p h i s c h e u n d e t h n o g r a p h i s c h e F a k ten. Als H e l d e n galten i h m nicht e i n z e l n e P e r s o n e n , s o n d e r n g a n z e V ö l k e r , bei deren C h a r a k t e r i s i e r u n g er zahlreiche Ster e o t y p e v e r w a n d t e . Zentral ist d e r G e g e n s a t z z w i s c h e n d e m E u r o p a d e r R e s t a u r a t i o n und d e m r e p u b l i k a n i s c h e n A m e r i k a und den mit ihm v e r b u n d e n e n F r e i h e i t s h o f f n u n g e n . S. thematisierte d e n zivilisatorischen Fortschritt der M e n s c h h e i t , dessen Voraussetzung er in einer d e m o k r a t i s c h e n Gesells c h a f t s o r d n u n g agrarisch-patriarchalischer P r ä g u n g sah. Er w a r n t e v o r d e n sozialen F o l g e n d e r I n d u s t r i a l i s i e r u n g und lehnte die e h e r an E u r o p a orientierte g e s e l l s c h a f t l i c h e E n t w i c k l u n g der N e u e n g l a n d s t a a t e n ab. In politisch b e l e h r e n d e r A b s i c h t w o l l t e er seine Leser i n f o r m i e r e n , w e l c h e s Verhalten aus der „ a l t e n " Welt f ü r d e n gesellschaftlichen Fortschritt untauglich sei. S. war in den dreißiger J a h r e n und zu B e g i n n der vierziger J a h r e d e s 19. Jh. als A u t o r g r o ß e r A m e r i k a - R o m a n e bekannt. D a s von j u n g d e u t s c h e n Literaturkritikern g e f ö r d e r t e Intere s s e an seinen B ü c h e r n ließ n a c h 1848 nach und w u r d e überlagert von d e r B e s c h ä f t i g u n g mit seiner g e h e i m n i s u m w i t t e r ten B i o g r a p h i e . Erst seit d e n siebziger J a h r e n d e s 20. Jh. r ü c k t e sein Werk w i e d e r in d e n Blick l i t e r a t u r w i s s e n s c h a f t licher F o r s c h u n g . 2 0 0 1 w u r d e in Wien d i e I n t e r n a t i o n a l e Charles Sealsfield-Gesellschaft gegründet. WERKE: G e s a m m e l t e Werke. 18 B d e . , Stuttgart 1843-46. A u s g e w ä h l t e Werke. Hrsg. v. O t t o R o m m e l , 8 B d e . , T e s c h e n 1919-21. - S ä m t l i c h e Werke. H r s g . v. Karl J. R. A r n d t . Hild e s h e i m u . a . 1 9 7 2 f f . S u p p l e m e n t r e i h e . H r s g . v. A l e x a n d e r Ritter. H i l d e s h e i m u . a . 1 9 9 0 f f .
Sebald LITERATUR: O t t o H e l l e r / T h e o d o r e H. L e o n : C. S. Bibliog r a p h y [ . . . ] . St. L o u i s 1939. - S . - B i b l i o g r a p h i e 1945-1965. In Z u s a m m e n a r b e i t mit H a n s Freising hrsg. v. Felix B o r n e m a n n . Stuttgart 1966. - A. Ritter: S . - B i b l i o g r a p h i e 1966-1975. Stuttgart 1976. - Ders.: S.-Bibliographie 1976-1986. In: S c h r i f t e n r e i h e der C h a r l e s - S e a l s f i e l d - G e s e l l schaft. Bd. 1, Stuttgart 1987, S. 50-65. Ders.: C. S. B i b l i o g r a p h i e 1998-2000. In: S.-Studien 1. M ü n c h e n 2 0 0 0 , S. 177-202. - Ders.: S. B i b l i o g r a p h i e 1998-2000. In: S.-Studien 2. M ü n c h e n 200, S. 177-181. - E d u a r d Castle: D e r g r o ß e U n b e k a n n t e . D a s L e b e n von C . S. (Karl Postl). W i e n / M ü n c h e n 1952. N e u a u s g . H i l d e s h e i m u . a . 1993. F r a n z S c h ü p p e n : C . S.: Karl Postl. Ein österreichischer E r z ä h l e r der B i e d e r m e i e r z e i t im S p a n n u n g s f e l d von Alter und N e u e r Welt. F r a n k f u r t / M a i n u . a . 1981. - Walter G r ü n z w e i g : D a s d e m o k r a t i s c h e K a n a a n . C. S.s A m e r i k a im K o n t e x t a m e r i k a n i s c h e r Literatur und Ideologie. M ü n c h e n 1987. - G ü n t e r Schnitzler: E r f a h r u n g und Bild. D i e dichterische W i r k l i c h k e i t des C . S. (Karl Postl). F r e i b u r g / B r e i s g a u 1988. - F r a n z B. S c h ü p p e n (Hrsg.): N e u e S.-Studien. A m e rika u n d E u r o p a in der B i e d e r m e i e r z e i t . Stuttgart 1995. - Jeffrey L. S a m m o n s : I d e o l o g y , M i m e s i s , F a n t a s y : C. S., Friedrich G e r s t ä c k e r , Karl M a y , a n d O t h e r G e r m a n N o v e l i s t s of A m e r i c a . C h a p e l H i l l / L o n d o n 1998. - W y n f r i d Kriegleder: Vorwärts in die Vergangenheit. D a s Bild d e r U S A im d e u t s c h s p r a c h i g e n R o m a n von 1776 bis 1855. T ü b i n g e n 1999. - A . Ritter (Hrsg.): C . S. P e r s p e k t i v e n n e u e r e r Fors c h u n g . W i e n 2 0 0 4 (darin: S . - B i b l i o g r a p h i e 2 0 0 0 - 2 0 0 3 ) . Ernst G r a b o v s z k i : Z w i s c h e n Kutte und M a s k e . D a s g e h e i m nisvolle L e b e n d e s C. S. Hrsg. v. J o h a n n e s S a c h s l e h n e r . Wien 2 0 0 5 . - A . Ritter (Hrsg.): C. S. L e h r j a h r e eines R o m a n c i e r s 1808-1829. Vom s p ä t j o s e f i n i s c h e n P r a g ins dem o k r a t i s c h e A m e r i k a . Wien 2 0 0 7 (darin: S . - B i b l i o g r a p h i e 2004-2007). Bruno Jahn S e b a l d , Eremit, vor 1072 in N ü r n b e r g bestattet. V e r m u t l i c h k a m S. aus D ä n e m a r k n a c h P o p p e n r e u t h b e i m e n t s t e h e n d e n N ü r n b e r g , w o er als E r e m i t lebte. N a c h sein e m T o d w u r d e er v o m Volk als Heiliger verehrt. Im 13. und 14. Jh. e n t s t a n d e n m e h r e r e L e g e n d e n , d i e u . a . d u r c h d a s R e i m o f f i z i u m Nuremberg extolleris ( u m 1280) oder die L e g e n d e n Omnia que gesta sunt (um 1340) tradiert w u r d e n . D i e erste d e u t s c h s p r a c h i g e F a s s u n g d e r S e b a l d u s l e g e n d e Es war ein kunek entstand u m 1380 und schildert S. als dänischen K ö n i g s s o h n und Z e i t g e n o s s e n —»Karls d e s G r o ß e n . D i e P e t e r s k a p e l l e in N ü r n b e r g w u r d e 1230 in St. S e b a l d u m b e n a n n t und 1273 durch d i e n e u e S e b a l d u s k i r c h e ersetzt. tu
BBKL
S e b a l d , W . G. ( W i n f r i e d G e o r g M a x i m i l i a n ) , G e r m a n i s t , Schriftsteller, * 1 8 . 5 . 1 9 4 4 W e r t a c h / A l l g ä u , 14. 1 2 . 2 0 0 1 tödlich v e r u n g l ü c k t bei N o r w i c h (East A n g l i a ) . D e r von H a n s M a g n u s E n zensberger „entdeckte" Autor f a n d erst in den n e u n z i g e r Jahren A n e r k e n n u n g im In- und A u s l a n d - b e s o n d e r s in E n g land, w o sein F r e u n d M i c h a e l Hamburger eine Übersetzung des „ E l e m e n t a r g e d i c h t s " Nach der Natur (1988) veröffentlicht hatte. G r o ß w a r d a h e r die E r s c h ü t t e r u n g , als der leidens c h a f t l i c h e W a n d e r e r S. m i t nur 5 7 J a h r e n bei e i n e m selbstverursachten A u t o u n f a l l in der N ä h e seines W o h n o r t s N o r w i c h u m s L e b e n g e k o m m e n war. Dort hatte er seit 1970 in v e r s c h i e d e n e n F u n k t i o n e n an der U n i v . gelehrt.
G e b o r e n w a r S., der sich M a x n e n n e n ließ und seinen dreiteiligen V o r n a m e n nie ausschrieb, in e i n e m kleinen Ort der Voralpen, w o er mit den Eltern und drei S c h w e s t e r n die ersten acht L e b e n s j a h r e verbrachte. E r w u c h s in einer k l e i n b ü r g e r l i c h - k a t h o l i s c h e n F a m i l i e auf; sein Vater, der bis 1947 als K r i e g s g e f a n g e n e r in F r a n k r e i c h u n d später aus A r b e i t s g r ü n d e n o f t a b w e s e n d war, blieb i h m ein F r e m d e r . D e r M a n n , der S.s K i n d h e i t prägte, w a r sein G r o ß v a t e r mütterlicherseits, dessen Tod bei d e m z w ö l f j ä h r i g e n S. ein f r ü h r e i f e s S e n s o r i u m f ü r d i e G e b r e c h l i c h k e i t und Vergänglichkeit der m e n s c h l i c h e n E x i s t e n z auslöste, das später auch sein g a n z e s Werk b e s t i m m t e . D i e e i g e n t ü m l i c h e A u s d r u c k s w e i s e des G r o ß v a t e r s , der ein antiquiertes, „ p o s t n a p o l e o n i s c h e s " D e u t s c h sprach, b e e i n f l u ß t e den Stil d e s k ü n f t i gen Schriftstellers, d e r sich d u r c h einen recherchierten, arc h a i s i e r e n d e n W o r t s c h a t z und einen k o m p l i z i e r t e n Satzbau a u s z e i c h n e t und e i n e f a s t p e d a n t i s c h e L u s t a m Detail a u f weist, d i e an A d a l b e r t —> Stifter d e n k e n läßt. D i e tiefe L i e b e S.s zu s e i n e m G r o ß v a t e r fand literarischen A u s d r u c k in der E r z ä h l u n g II ritomo in patria, enthalten in d e m S a m m e l b a n d Schwindel. Gefühle ( 1 9 9 0 ) , d e m ersten fiktionalen Prosa werk von S. Z u seiner schriftstellerischen T ä t i g k e i t k a m S. erst spät, n a c h d e m er m e h r e r e E s s a y s zur Literatur veröffentlicht hatte, die in B ä n d e n w i e Die Beschreibung des Unglücks. Zur österreichischen Literatur von Stifter bis Handke ( 1 9 8 5 ) und Unheimliche Heimat. Essays zur österreichischen Literatur ( 1 9 9 1 ) g e s a m m e l t sind. N a c h der G y m n a s i a l z e i t in I m m e n stadt und O b e r s t d o r f studierte S. von 1963 bis 1966 G e r m a n i s t i k u n d A l l g e m e i n e L i t e r a t u r w i s s e n s c h a f t in F r e i b u r g / Breisgau und in Freiburg ( S c h w e i z ) , w o er 1966 d i e Lic e n c e des Lettres e r w a r b . A n s c h l i e ß e n d w i r k t e er zwei J a h r e lang als L e k t o r an der U n i v e r s i t y of M a n c h e s t e r u n d e r w a r b dort den M . A . - A b s c h l u ß . N a c h e i n j ä h r i g e r Lehrertätigkeit in St. Gallen k e h r t e S. nach M a n c h e s t e r z u r ü c k , w o er von 1970 bis 1975 als D o z e n t an der University of East A n g l i a in N o r w i c h unterrichtete und seine Dissertation ü b e r A l f r e d —»Döblin (1973) einreichte. 1975 w a r S. L e h r e r a m G o e t h e Institut in M ü n c h e n , aber schon 1976 k e h r t e er n a c h M a n chester zurück, w o er w i e d e r als D o z e n t unterrichtete, 1988 den Lehrstuhl f ü r N e u e r e D e u t s c h e Literatur erhielt und 1989 d a s British C e n t r e for Literary Translation g r ü n d e t e . 2 0 0 1 , als er u m s L e b e n k a m , stand S. auf d e m H ö h e p u n k t seines S c h a f f e n s und seiner B e k a n n t h e i t : S e i n e n Rom a n Austerlitz ( 2 0 0 1 ) hatte d i e Kritik als sein M e i s t e r w e r k b e g r ü ß t . E r h a n d e l t von e i n e m P r a g e r J u d e n n a m e n s J a c q u e s Austerlitz, d e r erst in h o h e m A l t e r d i e Wahrheit Uber s e i n e Identität erfährt, und vereinigt die beiden wichtigsten T h e m e n , d e n e n S. in seiner P r o s a i m m e r w i e d e r n a c h g e g a n gen ist: E m i g r a t i o n u n d V e r f o l g u n g . W i e die meisten seiner F i g u r e n hat a u c h S. die e i g e n e H e i m a t f r ü h verlassen, n u n m e h r auch j e n e s D e u t s c h l a n d , das ihn abstieß, seit i h m b e w u ß t g e w o r d e n war, d a ß auch er noch in d i e Verantwortung f ü r den H o l o c a u s t verstrickt war, d e n d i e G e n e r a t i o n der Väter b e g a n g e n hatte. Gleich d e m Jäger G r a c c h u s , der als —> K a f k a - Z i t a t d i e vier G e s c h i c h t e n von Schwindel. Gefühle v e r b i n d e t , k ö n n e n sich S.s P r o t a g o n i s t e n in k e i n e m L a n d ihrer Z u f l u c h t wirklich assimilieren; sie bleiben bis ans L e b e n s e n d e verirrte F r e m d e , die n i r g e n d w o h i n g e h ö r e n w i e d i e v o n der S h o a b e t r o f f e n e n A l t e n in d e n vier E r z ä h l u n g e n Die Ausgewanderten (1992) oder w i e d i e Gestalten, von deren z e r s t ö r t e m L e b e n Die Ringe des Saturn. Eine englische Wallfahrt (1995) erzählen, w i e J o s e p h C o n r a d , A l g e r n o n C h a r l e s S w i n b u r n e oder F r a n c o i s R e n e d e C h a t e a u b r i a n d . Im Z e i chen d e s P l a n e t e n d e r M e l a n c h o l i e , unter d e m - w i e er zuweilen betonte - auch er g e b o r e n war, verflicht S. hier viele s c h w e r m ü t i g e E r l e b n i s s e in e i n e m Werk, d a s sich - w i e meistens bei i h m in seinen z w i s c h e n D o k u m e n t a t i o n und Fiktion c h a n g i e r e n d e n Texten - nicht n u r der S p r a c h e bedient, son-
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Sebastian d e m a u c h der W i e d e r g a b e von P h o t o g r a p h i e n , die j e d o c h n u r b e w e i s e n , d a ß e i n e l ü c k e n l o s e R e k o n s t r u k t i o n des G e s c h e h e n e n u n m ö g l i c h ist, und d i e v o r a l l e m zeigen, w i e die M e n s c h e n an ihrer e i g e n e n Z e r s t ö r u n g m i t w i r k e n . S. sind w i c h t i g e Literaturpreise verliehen w o r d e n : u . a . M ö r i k e - P r e i s (1997), J o s e p h - B r e i t b a c h - P r e i s ( 2 0 0 0 ) , H e i n rich-Heine-Preis (2000), B r e m e r Literaturpreis (2001, p o s t u m ) , Preis d e s National B o o k Critics Circle ( 2 0 0 2 , postum). WEITERE WERKE: D e r M y t h u s der Z e r s t ö r u n g im Werk D ö b l i n s . Stuttgart 1980. - L o g i s in e i n e m L a n d h a u s . Ü b e r G o t t f r i e d Keller, J o h a n n Peter Hebel, R o b e r t Walser und andere. M ü n c h e n / W i e n 1998. - L u f t k r i e g und Literatur. M ü n c h e n / W i e n 1999. - C a m p o Santo. M ü n c h e n / W i e n 2 0 0 3 . - „ U n e r z ä h l t " . Z u s a m m e n mit Jan Peter T r i p p . 3 3 T e x t e und 33 R a d i e r u n g e n . M ü n c h e n / W i e n 2 0 0 3 . LITERATUR: F a r f r o m H o m e : W . G. S. Hrsg. v. F r a n z L o q u a i . B a m b e r g 1995. - M a r k u s R. Weber: W . G . S. In: K L G 1996. - W . G . S. H r s g . v. F r a n z L o q u a i . E g g i n g e n 1997 (mit P e r s o n a l b i b l i o g r a p h i e von M a r c e l Atze). - Gabriella R o v a g n a t i : A p p r o d i negati. Destini di ebrei nella p r o s a di W . G . S. In: C u l t u r a Tedesca 16 (2001) S. 187-203. W . G . S. M ü n c h e n 2 0 0 3 (Text + Kritik, H e f t 158) - A k zente 5 0 ( 2 0 0 3 ) H e f t 1. - F r a n z L o q u a i M a r c e l A t z e (Hrsg.): S. L e k t ü r e n . E g g i n g e n 2 0 0 5 . - S u s a n n e Schedel: „ W e r weiß, w i e es vor Zeiten wirklich g e w e s e n ist?". T e x t b e z i e h u n g e n als Mittel d e r G e s c h i c h t s d a r s t e l l u n g bei W . G. S. W ü r z b u r g 2 0 0 4 . - Scott D. D e n h a m (Hrsg.): W . G . S. History - m e m o r y - t r a u m a . Berlin u. a. 2 0 0 6 . - J o n a t h a n L a n g : W . G . S. A critical c o m p a n i o n . E d i n b u r g h 2 0 0 6 . - M i c h a e l N i e h a u s (Hrsg.): W . G . S. Politische A r c h ä o l o g i e und m e l a n c h o l i s c h e Bastelei. Berlin 2 0 0 6 . Gabriella Rovagnati
Sebastian,
A n n a , eigentl. Friedl B e n e d i k t , österr. Schriftstellerin, * 4 . 1 1 . 1916 Wien, t 3 . 4 . 1953 Paris. S., T o c h t e r von E r n s t M a r t i n —» B e n e d i k t , e m i g r i e r t e 1939 nach G r o ß b r i t a n n i e n . Sie w u r d e m i t Elias —»Canetti b e k a n n t , b e g a n n e i n e schriftstellerische Tätigkeit und v e r ö f f e n t l i c h t e die R o m a n e Let Thy Moon Arise (1944), The Monster ( 1 9 4 4 ) und The Dreams (1950). Seit 1946 lebte sie in S t o c k h o l m . OD L e x österr Exillit
Sebastian,
L u d w i g , B i s c h o f von S p e y e r , * 6. 1 0 . 1 8 6 2 F r a n k e n s t e i n , t 2 0 . 5 . 1943 S p e y e r . S. b e s u c h t e das kath. S t u d i e n s e m i n a r in W ü r z b u r g , w u r d e 1887 in B a m b e r g z u m Priester g e w e i h t und w a r seit 1900 S t a d t p f a r r e r von A n s b a c h . Seit 1913 D o m k a p i t u l a r in B a m b e r g , w u r d e er 1917 von K ö n i g —> L u d w i g III. von B a y e r n als N a c h f o l g e r des späteren K a r d i n a l s M i c h a e l von —»Faulhaber z u m B i s c h o f von S p e y e r e r n a n n t und im selben J a h r d u r c h den E r z b i s c h o f von B a m b e r g konsekriert. In seine A m t s z e i t fiel d i e 7 0 0 - J a h r - F e i e r d e s S t . - M a g d a l e n e n Klosters 1928, die 9 0 0 - J a h r - F e i e r d e s S p e y e r e r K a i s e r d o m s 1930 s o w i e die W i e d e r b e g r ü n d u n g d e r M a r i e n w a l l f a h r t i m S p e y e r e r D o m . Als politischer N a t i o n a l i s t k ä m p f t e er g e g e n den S e p a r a t i s m u s in d e n Saar- und P f a l z - G e b i e t e n n a c h d e m Ersten Weltkrieg. CD G a t z 4
Sebastiani, Johann, Kapellmeister, * 30.9. 1622 bei W e i m a r , f F r ü h j a h r 1683 K ö n i g s b e r g ( P r e u ß e n ) . S. erhielt w a h r s c h e i n l i c h einen Teil seiner m u s i k a l i s c h e n A u s b i l d u n g in Italien, k a m n o c h v o r 1650 n a c h K ö n i g s b e r g , w o 1653 d a s K o n z e r t f ü r e i n e H o c h z e i t in D a n z i g seine erste v e r ö f f e n t l i c h t e K o m p o s i t i o n w u r d e . 1661 w u r d e er k u r f ü r s t l i c h - b r a n d e n b u r g i s c h e r H o f k a p e l l m e i s t e r . U n t e r seinen ü b e r h u n d e r t erhaltenen K o m p o s i t i o n e n ragt d i e spätestens 1663 e n t s t a n d e n e M a t t h ä u s p a s s i o n heraus. A l s Vorbild und Vorläufer der P a s s i o n e n J o h a n n Sebastian —> B a c h s und w e g e n der V e r w e n d u n g von C h o r ä l e n als k o n t e m p l a t i v e n E l e m e n t e n s o w i e von freien Rezitativen gilt sie als eines der
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b e d e u t e n d s t e n Oratorien in der M i t t e des 17. J a h r h u n d e r t s . OD M G G S e b b a , G r e g o r , S o z i o l o g e , Statistiker, * 2 2 . 8 . 1905 Libau (Lettland), t 1 5 . 4 . 1985 A t l a n t a (Georgia, U S A ) . N a c h d e m S t u d i u m der R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n in W i e n und I n n s b r u c k , das er 1929 mit der P r o m o t i o n abschloß, w a r S., S o h n eines A p o t h e k e r s , F o r s c h u n g s a s s i s t e n t a m Institut f ü r Statistik der e u r o p ä i s c h e n M i n d e r h e i t s v ö l k e r an der U n i v . Wien. 1933 w e c h s e l t e er in e i n e privates U n t e r n e h m e n und organisierte einen privaten s o z i o l o g i s c h e n F o r s c h u n g s k r e i s . N a c h d e m „ A n s c h l u ß " Österreichs e m i g r i e r t e er in die U S A , w u r d e 1943 eingebürgert, leistete bis 1946 M i l i t ä r d i e n s t und w a r z e i t w e i s e i m O f f i c e of Strategie Services b e s c h ä f t i g t . 1947 f o l g t e S. e i n e m R u f als Prof. f ü r W i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t e n an d i e University of G e o r g i a in Atlanta und g i n g 1959 an d a s G r a d u a t e Institute of Liberal Arts der E m o r y University (Atlanta). S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Social Science Research in Georgia 1930-49 ( 1 9 5 9 , mit M a u r i c e R. B r e w ster) und Bibliographia Cartesiana. A Critical Guide to the Descartes Literature, 1800-1960 (1964). m Hagemann
Sebestyen, G y ö r g y , österr. Schriftsteller, * 30. 10. 1930 Budapest, t 6 . 6 . 1 9 9 0 Wien. S. w u c h s z w e i s p r a c h i g auf u n d studierte in B u d a p e s t Philosophie, S o z i o l o g i e und Literatur (bis 1950) s o w i e E t h n o g r a p h i e (bis 1956). Seit 1946 w a r er F e u i l l e t o n r e d a k t e u r und arbeitete seit 1948 in der D r a m a t u r g i e des M a d a c h T h e a t e r s in B u d a p e s t mit. Seit 1946 w a r er in d e r K o m m u n i s t i s c h e n Partei U n g a r n s tätig, g e h ö r t e zu den G r ü n d e r n d e s Petöfikreises und n a h m aktiv a m A u f s t a n d im O k t o ber 1956 teil. N a c h dessen Scheitern floh er nach Wien, w a r seit 1957 als freier Schriftsteller tätig und w u r d e 1963 österr. Staatsbürger. S. w a r M i t b e g r ü n d e r und C h e f r e d a k t e u r der Kulturzeitschriften „ P a n n o n i a " (seit 1972) und „ m o r g e n " (seit 1976), seit M i t t e der siebziger J a h r e Berater und f e d e r f ü h r e n d e r M i t a r b e i t e r in d e n R e s s o r t s Kulturpolitik, K u n s t und Literatur bei der W i e n e r W o c h e n z e i t u n g „Die F u r c h e " , seit 1988 K o n s u l e n t im österr. A u ß e n m i n i s t e r i u m und Präsident des Österreichischen P E N - C l u b s . 1990 w a r er m a ß g e b l i c h an der G r ü n d u n g d e r A R G E „ D o n a u l ä n d e r " beteiligt. S. trat f ü r P l u r a l i s m u s , V ö l k e r v e r s t ä n d i g u n g und kulturelle Vielfalt in M i t t e l e u r o p a ein. Z u seinen Werken g e h ö r e n die R o m a n e Thennberg oder Versuch einer Heimkehr (1969), Albino (1984) und Die Werke der Einsamkeit (1986). Er schrieb auch Hörspiele, D r e h b ü c h e r , E s s a y s , Studien zur Literatur ( 1 9 8 0 ) s o w i e S a c h b ü c h e r . S. w u r d e u . a . mit d e m F r a n z T h e o d o r C s o k o r - P r e i s ( 1 9 7 5 ) , d e m A n t o n W i l d g a n s - P r e i s (1976) und d e m T i b o r D e r y - P r e i s in U n g a r n (1988) a u s g e z e i c h n e t . 1988 ü b e r n a h m er die P r ä s i d e n t s c h a f t d e s österr. P E N - C l u b s . DP K L G Sebisch,
A l b r e c h t von, a u c h S ä b i s c h , B a u m e i s t e r , * 2 0 . 2 . 1610 Breslau, t 1 5 . 1 1 . 1 6 8 8 Breslau. S. hat s e i n e H e i m a t s t a d t nie f ü r längere Zeit verlassen. N a c h der A u s b i l d u n g arbeitete er als B a u m e i s t e r in Breslau und schuf dort d i e d e n schlesischen Protestanten i m Westfälischen F r i e d e n von 1648 z u g e s t a n d e n e n t u r m l o s e n s o g e n a n n ten F r i e d e n s k i r c h e n . 1651 entstand in einer V e r b i n d u n g aus F a c h w e r k u n d M a s s i v b a u die nicht erhaltene K i r c h e in Glogau, 1655 d i e in J a u e r und 1656 die in S c h w e i d n i t z . S e b o n , Karl-Bernhard, Musiker, * 6 . 3 . 1 9 3 5 Düsseldorf, t 2 2 . 4 . 1 9 9 4 Berlin. N a c h S t u d i e n a m D ü s s e l d o r f e r K o n s e r v a t o r i u m und an der M u s i k h o c h s c h u l e in K ö l n w u r d e S. 1957 Soloflötist an der D e u t s c h e n O p e r Berlin und 1959 Erster Soloflötist d e s dortigen R a d i o - S y m p h o n i e - O r c h e s t e r s . Er e n t w i c k e l t e d i e Technik der F l ö t e weiter, u . a . mit e i n e m d r e i s t i m m i g k l i n g e n d e n T r e m o l o , d e n sog. „ S e b o n - T r i l l e r " , e i n e m Pizzicato und einer M e h r s t i m m i g k e i t s t e c h n i k . S. spielte v o n der P i k k o l o - bis
Seckel zur Baßflöte alle sechs Instrumente. Sein Repertoire reichte von der Musik des Barock bis zur Avantgarde. Für ihn wurden im Laufe der Jahre rund 6 0 0 neue Werke geschrieben, u. a. von Cristobal Halffter, Lucas Voss, Rainer Bischof und Manfred Schubert.
Sebottendorf,
Rudolf Frh. von, eigentl. A d a m Alfred Rudolf Glauer, Pseud. Erwin Torres, Schriftsteller, * 9. 11. 1875 Hoyerswerda, f 8. / 9 . 5 . 1 9 4 5 (im Bosporus ertrunken). S., Sohn eines Lokomotivführers, Schloß das Progymnasium ab und besuchte das Technikum in Ilmenau. Danach f u h r er zur See, arbeitete als Techniker in Ägypten und lebte nach dem Studium am Technikum in Zürich bis 1914 in Konstantinopel, w o er angeblich von Baron Heinrich von Sebottendorf adoptiert wurde und verschiedenen Geheimbünden angehörte. Vermögend geworden, kehrte S. Uber die Schweiz, wo er in Kontakt mit Helena Blavatsky, der Theosophie und der völkischen B e w e g u n g kam, 1917 nach Deutschland zurück. Er wurde Mitglied im Germanenorden, war 1918 in München maßgeblich an der Gründung der ThüleGesellschaft und der Deutschen Arbeiter-Partei D A P (seit 1920 N S D A P ) beteiligt und erwarb im selben Jahr den „Münchner Beobachter" (seit Juli 1919 „Völkischer Beobachter"). 1919 aus München geflohen, kehrte S. 1933 nach Deutschland zurück und ging nach d e m Verbot seines Buches Bevor Hitler kam. Urkundliches aus der Frühzeit der nationalsozialistischen Bewegung (1933, Nachdr. 1983) 1934 erneut in die Türkei. 1942-45 war er dort als Agent der deutschen Abwehr und zugleich f ü r den britischen Secret Service tätig. S. beging vermutlich Selbstmord. Er veröffentlichte u . a . Türkisch (1913), Die Symbole des Tierkreises. Eine Symbolik jeden Grades nach alten Quellen gesammelt (1921), Die Praxis der alten türkischen Freimaurerei. Der Schlüssel zum Verständnis der Alchemie. Eine Darstellung des Rituals, der Lehre, der Erkennungszeichen orientalischer Freimaurer ( 1 9 2 4 , 3 1 9 5 4 , Nachdr. 1977 unter d e m Titel Die geheimen Übungen der türkischen Freimaurer).
Sebrecht,
Friedrich, Schriftsteller, * 2 . 9 . 1 8 8 8 Leipzig, t 7 . 9 . 1956 Saarbrücken. S. studierte Philosophie und Literaturwissenschaft in Leipzig und Würzburg, wurde 1912 promoviert (Berthold Auerbachs dramaturgische Studien) und redigierte anschließend das Feuilleton des „Leipziger Tageblatts". Später war er als Schauspieler und Spielleiter u. a. in Düsseldorf, Weimar, Essen und Wiesbaden tätig. Die meisten seiner vom Expressionismus beeinflußten Dramen entstanden zwischen 1915 und 1920. A n biblischen Stoffen wird in überhöhter Sprache der Kampf der Ideen und Weltanschauungen dargestellt, dem das Individuum ausgeliefert ist. Bei der zeitgenössischen Kritik fanden besonders die Stücke David (1918), Die Sünderin (1918) und Saul (1919) Beachtung. DP Killy
Sechter,
Simon, österr. Musiker, Komponist, Musiktheoretiker, Musikpädagoge, * 1 1 . 1 0 . 1 7 8 8 Friedberg bei Krumau (Böhmen), t 10.9. 1867 Wien. Der Sohn eines Bindermeisters erhielt seit seinem elften Lebensjahr Musikunterricht vom Schullehrer und Chorregenten seines Heimatortes und schrieb im Alter von 13 Jahren seine erste Komposition. 1802 wurde er Schulgehilfe in Pfarrkirchen (Oberösterreich), 1803 Präparand an der Normalschule in Linz und 1804 Hauslehrer eines Gutsverwalters in Wien. In Wien eignete er sich autodidaktisch umfangreiches musiktheoretisches Wissen an, erhielt Klavierunterricht bei Leopold —> Kozeluch und arbeitete seit 1806 (1808?) als Privatmusiklehrer. 1810-25 war S. Klavier- und Gesanglehrer am Blindenerziehungsinstitut in der Josefstadt. Als musiktheoretische Kapazität wurde er von Ludwig van - > Beethoven und Franz —»Schubert anerkannt; G i a c o m o —>Meyerbeer
und Johannes —> Brahms statteten ihm Besuche ab. Zu seinen Schülern zählen u . a . Anton —>Bruckner, Henri Vieuxtemps und Sigismund —»Thalberg. 1 8 2 4 / 2 5 war S. zweiter, 1825-63 erster Hoforganist in Wien. Daneben war er Klavierlehrer der Hofsängerknaben und unterrichtete 1851-67 am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde, deren Ehrenmitglied er 1852 wurde. Er komponierte mehr als 8000 Werke aller Gattungen; nur Orgel- und Klavierstücke sowie zwei Streichquartette (u. a. Die vier Temperamente, op. 6) erschienen im Druck. Er schrieb u. a. Die Grundsätze der musikalischen Komposition (3 Bde., 1853/54). m MGG S e c k e l , Dietrich, Kunsthistoriker, * 6 . 8 . 1910 Berlin, t 1 2 . 2 . 2 0 0 7 Heidelberg. S., Sohn von Emil —>S. und Bruder von Helmut —»S., studierte Kunstgeschichte und Germanistik in Berlin, wurde 1937 promoviert (Hölderlins Sprachrhythmus, Nachdr. 1967) und ging im selben Jahr nach Tokio, wo er bis 1947 als Lektor für Deutsche Sprache und Dozent für Deutsche Literatur an Schulen und der Kaiserlichen Univ. arbeitete. 1948 habilitierte er sich an der Univ. Heidelberg und übernahm 1965 den ersten Lehrstuhl für Ostasiatische Kunstgeschichte im deutschen Sprachraum, den er bis 1976 innehatte. S.s Forschungsschwerpunkt lag auf der Kunst im Buddhismus. Er veröffentlichte u. a. Grundzüge der Buddhistischen Malerei. Eine Einführung (1945), Einführung in die Kunst Ostasiens. 34 Interpretationen (1960) und Das Porträt in Ostasien (3 Bde., 1997-99). S. war ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. 1987 erhielt er für sein Buch Buddhistische Tempelnamen in Japan den Prix Stanislas Julien; 1991 wurde ihm durch den Kaiser von Japan der Orden vom Heiligen Schatz verliehen. S e c k e l , Emil, Jurist, * 1 0 . 1 . 1 8 6 4 N e u e n h e i m (heute zu Heidelberg), t 2 6 . 4 . 1 9 2 4 Todtmoos / S c h w a r z w a l d . S., Sohn eines Apothekers, studierte seit 1882 Rechtswissenschaften in Tübingen und Leipzig und wurde 1887 württembergischer Justizreferent. Seit 1889 Privatgelehrter, wurde er 1895 zum Dr. jur. promoviert und habilitierte sich 1896 bei seinem späteren Schwiegervater Paul —»Hinschius in Berlin. Seit 1898 war er a. o., seit 1901 o . P r o f . an der Univ. Berlin und 1 9 2 0 / 2 1 deren Rektor. S. befaßte sich vor allem mit d e m römisch-kanonischen Recht des Mittelalters. Er veröffentlichte u. a. Beiträge zur Geschichte beider Rechte im Mittelalter (1899) und gab 1907 die 9. Auflage von Heumanns Handlexikon zu den Quellen des Römischen Rechts heraus. 1911 wurde er in die Preußische A k a d e m i e der Wissenschaften a u f g e n o m m e n . S. war der Vater von Dietrich und H e l m u t - > S . t u HRG S e c k e l , Helmut (Paul Georg), Pädiater, * 1 6 . 5 . 1 9 0 0 Berlin, t 1 3 . 4 . 1 9 6 0 Chicago (Illinois, USA). S., Bruder von Dietrich - > S . , studierte 1919-23 Medizin in Berlin und Freiburg/Breisgau und wurde 1925 in Berlin promoviert (Beobachtungen über heredofamiliäre und konstitutionelle Häufung von Stoffwechselleiden beim Diabetis mellitus). Er war Assistent an der Inneren Abteilung des Städtischen Krankenhauses Berlin-Westend (1925-27), am Pharmakologischen Institut der Univ. Hamburg ( 1 9 2 7 / 2 8 ) , an der Universitäts-Kinderklinik Heidelberg ( 1 9 2 8 / 2 9 ) und an der Universitäts-Kinderklinik Hamburg ( 1 9 2 9 / 3 0 ) . Seit 1931 wirkte S. an der Universitäts-Kinderklinik Köln und habilitierte sich dort 1932 für Kinderheilkunde ( K r e i s l a u f system und zirkulierende Blutmenge bei kranken Kindern). Zu seinen frühen Forschungsschwerpunkten zählten Stoffwechselerkrankungen beim Diabetes mellitus und Infektionskrankheiten. 1935 emigrierte er in die U S A und erhielt 1937 eine Professur f ü r Kinderheilkunde am Bobs Roberts Memorial Hospital der University of Chicago.
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Seckendorf S. veröffentlichte u. a. Die Typologie der Halsdiphtherie (1937); 1960 erschien seine Untersuchung zum „VogelkopfZwergwuchs", auch benannt als S.-Syndrom (Bird-Headed Dwarfs. Studies in developmental anthropology including human proportions). ED Seidler
Seckendorf
(-Aberdar), (Franz Karl) Leo(pold) Frh. von, Herausgeber, Lyriker, * 2. 12. 1775 Ansbach, t 6 . 5 . 1809 Ebelsberg bei Linz. Aus fränkischem Uradel stammend, trat S. nach dem Jurastudium in Göttingen und Jena 1798 in den Dienst des weimarischen Hofes. Er fand schnell Z u g a n g zum literarischen Zirkel um —» Goethe, —> Schiller, —> Herder und —> Wieland und trat mit der Anthologie Blüthen griechischer Dichter und dem Neujahrs Taschenbuch von Weimar auf das Jahr 1801 (1800) erstmals als Herausgeber auf. 1802 ging er als Regierungsrat nach Stuttgart, 1807 nach Wien. 1808 gab er mit Joseph L u d w i g —> Stoll die Zeitschrift „Prometheus" heraus. Als Hauptmann der Wiener Landwehr kam S. 1809 in Ebelsberg bei einem Brand ums Leben. Seine „Musenalmanache auf das Jahr 1807" bzw. „1808" (1806 und 1807) enthalten zahlreiche Volkslieder. CD Killy
Seckendorff,
Friedrich Heinrich Frh. von, Militär, Diplomat, * 16.7. 1673 Königsberg (Franken), t 2 3 . 1 1 . 1 7 6 3 Meuselwitz (Sachsen). S., N e f f e Veit Ludwig von —»S.s, trat nach Studien in Jena, Leipzig und Leiden 1693 in die englisch-holländische A r m e e ein, diente dann in der Reichsarmee, im brandenburgischansbachischen Militär und seit 1709 d e m König von Sachsen-Polen. 1717 zum kaiserlichen Generalfeldmarschalleutnant ernannt, war er 1726-34 österr. Gesandter in Berlin, wo er mit Friedrich Wilhelm von —>Grumbkow König - » F r i e d r i c h Wilhelm I. in den Verträgen von Wusterhausen (1726) und Berlin (1728) im Sinne kaiserlicher Politik (Lösung Brandenburg-Preußens aus d e m englisch-französischen Bündnis, Anerkennung der Pragmatischen Sanktion) zu beeinflussen wußte. S. nahm am Polnischen Erbfolgekrieg teil und hatte 1737-39 den Oberbefehl im Türkenkrieg. Nach Mißerfolgen zur Rechenschaft gezogen, legte er seine Ä m t e r nieder und trat 1741 in die bayerische A r m e e ein. Seitdem war S. vorwiegend mit diplomatischen Aufgaben betraut. CD A D B S e c k e n d o r f f , Götz von, Maler, * 3 . 1 0 . 1889 Braunschweig, t 25. 8 . 1 9 1 4 bei Cambrai (Frankreich). Schon während seiner Schulzeit wurde S. bei Fritz —> Mackensen in Worpswede ausgebildet. Nach d e m Abitur folgte er ihm nach Florenz, studierte seit 1908 an der Akademie Ranson in Paris und knüpfte dort Kontakte u. a. mit Paul Claudel, H u g o Häring und Julius —> Meier-Graefe. War seine frühe Malerei von M a x —» Beckmann beeinflußt, so nahm er nach einer Spanien-Reise vor allem El Greco auf. Neben Illustrationen religiöser Dichtungen entstanden vor 1914 vor allem große Wandbilder in Strausberg sowie Deckengemälde in den Provinzialheilanstalten Eberswalde und Görden bei Brandenburg. S. fiel in den ersten Kriegswochen bei C a m brai. S e c k e n d o r f f , Gustav Anton Frh. von, Pseud. Patrik Peale, Volkswirt, Schriftsteller, * 20. 11. 1775 Meuselwitz (Sachsen), t S o m m e r 1823 Alexandria (Louisiana, USA). S. studierte seit 1791 in Leipzig, Freiburg/Breiburg und Wittenberg, ging 1797 nach Philadelphia (Pennsylvania) und war als Musik- und Schauspiellehrer tätig. Später erwarb er Kenntnisse in Volkswirtschaft und Bergbau, die er nach seiner Rückkehr 1807 als Kammerdirektor Herzog Friedrichs von Sachsen-Hildburghausen in R e f o r m e n praktisch umzusetzen suchte. Er scheiterte jedoch und war 1808 als
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Reisender mit Vorträgen zu Kunstgeschichte, Deklamation und Mimik durch Deutschland unterwegs. 1811 wurde S. in Göttingen promoviert, habilitierte sich 1812 und war seit 1814 Prof. am Carolinum in Braunschweig. Seit 1821 lebte S. wieder in den U S A . Er veröffentlichte u. a. die dichterischen Arbeiten Scenen des höchsten Schmerzes (1801) und Feuer! Feuer! (1808) sowie Grundzüge der philosophischen Politik (1817) und Lehrsätze der Denkwissenschaft (1819). • P Killy S e c k e n d o r f f , Karl Siegmund Frh. von, Pseud. Bruder Lustig, Schriftsteller, Komponist, * 26. 11. 1744 Erlangen, t 2 6 . 4 . 1785 Ansbach. Der Sohn eines Bayreuther Hofmusikers studierte in Erlangen Rechtswissenschaften, trat 1761 in die kaiserliche Armee ein und stand 1765-74 als Offizier im Dienst des sardischen Königs. Seit 1775 Geheimer Legationsrat und Kammerherr in Weimar, wechselte er 1784 als Gesandter an den fränkischen Fürstenhöfen in preuß. Dienste. S. übersetzte aus d e m Spanischen und Portugiesischen, schuf Kompositionen u . a . zu —»Goethes Triumph der Empfindsamkeit und Jery und Bätely und schrieb, zuweilen als „Bruder Lustig", Beiträge zum „Tiefurter Journal". Zu seinen Werken zählen u. a. Volks- und andere Lieder mit Begleitung des Fortepiano (1779-82), das Trauerspiel Kailiste (1782) und Das Rad des Schicksals, oder die Geschichte des Tschoangsi (1783). CD Killy S e c k e n d o r f f , Veit L u d w i g von, Staatsmann, Gelehrter, * 2 0 . 1 2 . 1626 Herzogenaurach (Franken), t 1 8 . 1 2 . 1 6 9 2 Halle/Saale. Der aus einem alten fränkischen Ministerial- und reichsstädtischen Geschlecht s t a m m e n d e S„ Sohn eines brandenburgischen A m t m a n n s und Landeshauptmanns, studierte 1642-45 in Straßburg Philosophie, Rechtswissenschaften, Geschichte und Theologie, trat dann in die Dienste Herzog —> Ernsts I. von Sachsen-Gotha (des „Frommen") und wurde 1646 Hofjunker, 1648 Kammerherr und 1651 Hof- und Justitienrat, 1657 Richer am Hofgericht in Jena, 1663 Kanzler, Geheimrat, Kammerdirektor und Präsident des Konsistoriums; im August 1664 nahm er seinen Abschied. Bereits zu Beginn 1665 war er als Kanzler und Präsident des Konsistoriums in Diensten des Herzogs Moritz von Sachsen-Naumburg-Zeitz. 1669 zum kursächsischen Geheimrat ernannt, wurde er 1676 Landschaftsdirektor in Sachsen-Gotha und 1680 zusätzlich Landschafts- und Steuerdirektor von Sachsen-Altenburg. Das letzte A m t beibehaltend, lebte S. seit 1681 auf seinem Gut in Meuselwitz, pflegte intensiven Briefwechsel mit Gottfried Wilhelm —»Leibniz, Samuel von —»Pufendorf und Philipp Jakob —»Spener und verfaßte zahlreiche Rezensionen für Otto —> Menckes „Acta eruditorum". Z u m kurbrandenburgischen Geheimrat ernannt, übernahm S. 1692 das A m t des Kanzlers der neugegründeten Univ. Halle. Neben theologischen, philologischen und staatsrechtlichen Schriften waren vor allem seine staatstheoretischen Werke von Bedeutung, in denen er den deutschen Territorialstaat als Organisation wohlwollend-paternalistischer Reglementierung des Individuums beschrieb. Sein Hauptwerk Teutscher FürstenStaat (1656, ' 1 7 3 7 , Nachdr. 1972), in dem S., Vertreter des Kameralismus und einer luth. Staatslehre, u . a . eine Theorie der Wirtschaftspolitik und der staatlichen Verwaltung (Polizeiwissenschaft) gab, wurde zum Gründungs- und ersten Standardwerk der Verwaltungswissenschaft in Deutschland. 1685 erschien sein Christen-Staat. Weithin bekannt machte ihn auch sein Commentarius historicus et apologeticus de Lutheranismo (3 Bde., 1688-92), eine Entgegnung auf Louis Maimbourgs Histoire du Lutherisme. CD Verwaltung
Sedlmayr S e c k e r , Hans Friedrich, Pseud. Johannes Karst, Kunsthistoriker, * 8 . 4 . 1888 Elberfeld (heute zu Wuppertal), t 7 . 8 . 1960 P f r o n t e n / A l l g ä u . S., Sohn eines Naturwissenschaftlers, studierte Kunstgeschichte, Ägyptologie und Archäologie in Berlin, Halle, Wien und Straßburg, unternahm ausgedehnte Studienreisen durch Europa und wurde 1909 zum Dr. phil. promoviert (Die frühen Bauformen der Gotik in Schwaben, gedruckt 1911). Er assistierte am Hohenlohe-Museum in Straßburg und am Städtischen M u s e u m Magdeburg, leitete seit 1919 die Städtische Gemäldegalerie sowie das Westpreußische ProvinzialKunstgewerbemuseum in Danzig und Ubernahm danach die Direktion des Wallraf-Richartz-Museums in Köln. Seit 1928 war S. als Privatgelehrter und Kunstexperte tätig. Er veröffentlichte u . a . Die Skulpturen des Straßburger Münsters seit der französischen Revolution (1912) und Gebaute Bilder. Grundlagen für eine kommende Wandmalerei (1934), schrieb aber auch Essays und Hörspiele. CD Altpreuß Biogr, Bd 5 S e c k e r w i t z , Johannes, Dichter, * um 1530 Breslau, t 6 . 1 . 1583 Greifswald. S. studierte in Wittenberg, lehrte als Günstling des württembergischen Herzogs 1556-58 in Tübingen Poetik und Geschichte und wurde nach einem Angriff auf einen Studenten zum Rücktritt gezwungen. Es folgten Jahre der Suche nach Gönnern, vor allem in seiner Heimatstadt und am Kaiserhof. 1574 wurde S. Prof. der Poetik an der Univ. Greifswald. Seine Huldigungsgedichte und Dedikationen an p o m m e r s c h e und nordische Fürsten und Staatsmänner ( D a n e i d u m [...] libri IV, 1581; Pomeraneidum libri quinque, 1582) machten ihn z u m bedeutendsten neulateinischen Dichter P o m m e r n s . Neben zahlreichen Kasualgedichten veröffentlichte S. Epen und H y m n e n zu biblischen Stoffen. CD Killy S e d e l m a y r , Jeremias Jakob, Maler, Zeichner, Stecher, * 1706 Augsburg, t 1761 Augsburg. Der Sohn eines Goldschmieds lernte bei Johann Andreas —>Pfeffel d . Ä . und arbeitete später in Augsburg sowie mit Salomon - » Kleiner in Wien. S. stach Selbstvorlagen, aber auch Bildnisse sowie religiöse, mythische und allegorische Darstellungen, meist nach italienischen Vorlagen. Weitere Arbeiten von ihm sind der Katafalk des Prinzen —»Eugen 1736 sowie die Deckengemälde von Daniel —>Gran in der Hofbibliothek Wien 1737. CD T h - B S e d l a c e k , Franz August, österr. Maler, Illustrator, * 2 1 . 1 . 1891 Breslau, nach Februar 1945 vermißt, Festung Thorn. S. begann 1910 ein Architekturstudium an der T H Wien, wechselte 1911 zur technischen C h e m i e und wurde 1921 zum Dr. techn. promoviert. Als Landschaftsmaler und Illustrator Autodidakt, stellte er 1912 in Linz erstmals aus, gründete dort 1913 die Künstlervereinigung „ M A E R Z " und lieferte seit demselben Jahr Illustrationen f ü r „Die Muskete" und den M ü n c h n e r „Simplicissimus". Nach dem Kriegsdienst wandte sich S. der Ölmalerei zu und stellte 1920 in der Wiener Secession aus, deren Mitglied er 1927 wurde. Seit 1938 gehörte er auch d e m Künstlerhaus an. S. war Kustos am Technischen M u s e u m in Wien. Seit 1 . 2 . 1 9 4 5 war S. als Artilleriehauptmann in der Festung Thorn eingesetzt. c p Czeike S e d l a g , Anastasius, Bischof von Kulm, * 2 3 . 4 . 1 7 8 7 Dittmerau (Kr. Leobschütz, Oberschlesien), t 2 3 . 9 . 1 8 5 6 Pelplin (Westpreußen). Der Lehrerssohn studierte Philosophie und Theologie in Breslau, wurde 1810 z u m Priester geweiht und übernahm nach einer Tätigkeit als Kaplan in Falkowitz das Pfarramt in Proskau. Seit 1816 auch Schulinspektor für den Kreis Oppeln, wurde er 1823 zum kath. Schul- und Konsistorialrat bei
der Regierung in Oppeln ernannt. Seit 1832 Ehrendomherr in Breslau, wurde er 1833 Kanoniker des Domkapitels in Pelplin, Ehrendoktor der Katholisch-Theologischen Fakultät der Univ. Breslau und schließlich auf Druck der preuß. Regierung Bischof von Kulm. In dem verarmten und apostolisch vernachlässigten Bistum gelangen ihm trotz zahlreicher Auseinandersetzungen im Brennpunkt des aufkeimenden Nationalitätenkonflikts bleibende pastorale R e f o r m e n . cd
BBKL
S e d l m a i e r , Richard, Kunsthistoriker, * 1 0 . 8 . 1 8 9 0 Würzburg, t 1 . 6 . 1 9 6 3 Tegernsee. S. studierte in München, Würzburg, Wien und Berlin Kunstgeschichte, wurde 1916 mit der Arbeit Grundlagen der Rokoko-Ornamentik in Frankreich promoviert und war seit 1917 Assistent und Kustos am Kunstgeschichtlichen Museum in Würzburg. 1923 habilitierte er sich, wurde 1927 Ordinarius in Rostock, wechselte 1939 an die Univ. Kiel und leitete dort nebenamtlich die Kunsthalle. S. arbeitete vor allem über niederdeutsche Backsteinbaukunst, Geschichte der Ornamentik und Barockbaukunst. S e d l m a i r , Sophie, auch S. Offeney, Sedlmair-Offeney, Sedlmair-RUdinger, Sängerin, * 2 5 . 1 . 1857 Hannover, t 14.10. 1939 Hannover. S. debütierte 1878 als Operettensängerin in Leipzig, nahm Engagements in Mainz und Dresden sowie am Deutschen Theater Amsterdam an und sang 1887 am Thalia-Theater in N e w York. Nach vierjähriger Tätigkeit in Berlin bildete sie ihre S t i m m e in Wien f ü r die Oper aus und debütierte 1893 als Leonore in Danzig. Sie sang in Leipzig, Berlin und Breslau, bis sie 1896 als hochdramatische Sopranistin von Gustav —> Mahler an die Wiener Hofoper geholt wurde, der sie bis 1907 angehörte. Nach Beendigung ihrer Bühnenkarriere lebte S. als Musikpädagogin in Hannover. S. sang alle bedeutenden Opern-Partien ihrer Stimmlage und wurde vor allem als —> Wagner-Interpretin bekannt. CD Kutsch S e d l m a y r , Ernst Conrad, österr. Agrarökonom, * 18.5. 1868 Siegendorf (Burgenland), t 6 . 6 . 1939 Wien. S., Sohn eines Zuckerfabrikdirektors, studierte an der Hochschule für Bodenkultur in Wien und war viele Jahre in der landwirtschaftlichen Praxis tätig, zeitweise als Güterdirektor in Ungarn. 1907-36 war er Prof. der landwirtschaftlichen Betriebslehre an der Hochschule f ü r Bodenkultur in Wien. 1917 wurde er zum Hofrat ernannt. S., einer der besten Kenner der landwirtschaftlichen Verhältnisse in Österreich-Ungarn, veröffentlichte u . a . Die landwirtschaftliche Betriebsstatistik (1926), Fruchtfolgen und die Aufstellung des Fruchtfolgeplanes (1927), Zuckerrübenbau (1928) und Die bäuerliche Landgutswirtschaft (1930, japanisch 1935). Er war der Vater von Hans —»S. CD B ö h m S e d l m a y r , Gabriel (I), Bierbrauer, Essigfabrikant, * 1772 Maisach (Oberbayern), t 19.11. 1839 M ü n c h e n . S., dessen Vater Brauereibesitzer in Maisach war, erwarb 1807 den Spaethbräu, die kleinste von damals 52 Brauereien in München. 1808 betrieb er am Gasteig einen Sommerkeller sowie eine Branntwein- und Essigfabrikation. 1817 kaufte er den Filserbräukeller, den späteren Spaten-Keller, 1827 den Arzberger Keller in München. Nach S.s Tod übernahmen seine Söhne Joseph und Gabriel (II) —>S. die inzwischen drittgrößte Brauerei Münchens. S e d l m a y r , Gabriel (II), Bierbrauer, * 2 6 . 2 . 1811 München, f 1. 10. 1891 Feldafing am Starnberger See. S. übernahm nach dem Tod seines Vaters Gabriel (I) —»S. zusammen mit seinem Bruder Joseph - > S . die väterliche Brauerei in München. 1851 wurde das Grundstück mit dem Silberbauer-Keller an der Marsstraße erworben, wohin die gesamte Brauerei umzog. Von 1867 bis in die neunziger
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Sedlmayr Jahre des 19. Jh. war die Spaten-Brauerei die größte Brauerei Münchens. S. führte eine bessere Mälzungsmethode sowie ein rationelleres Dörrsystem ein, verwendete den Saccharometer und unterstützte die Entwicklung einer Kälteerzeugungsmaschine durch Carl von -»Linde. 1874 übernahmen S.s Söhne Johann, Carl und Anton S. die Brauerei. •D ADB Sedlmayr, Gabriel (III) Ritter von, Bierbrauer, * 5.4. 1850 München, t 14.1. 1931 München. S., Sohn von Joseph —>S., erhielt nach dem Besuch des Polytechnikums in München eine Ausbildung in der elterlichen Brauerei und unternahm Studienreisen in Deutschland, nach Österreich und England. 1870 trat er in die Firma Joseph Sedlmayr, Brauerei zum Franziskanerkeller (Leistbräu) ein, war 1875-1908 Alleinbesitzer der Jos. Sedlmayr'schen Brauerei zum Franziskaner-Leistbräu, nach deren Umwandlung in eine Aktiengesellschaft 1908-22 Vorsitzender des Aufsichtsrats. 1922 übernahm er den Vorsitz des Aufsichtsrats der Spaten-Franziskaner-Leistbräu AG. S. gehörte u.a. dem Aufsichtsrat der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank an. 1916 erhielt er den persönlichen Adel. Sedlmayr, Hans, österr. Kunsthistoriker, * 18.1.1896 Hornstein (Burgenland), t 9.7. 1984 Salzburg. S., Sohn Ernst Conrad —»S.s, studierte nach dem Ersten Weltkrieg zuerst Architektur an der TH Wien, wechselte dann zur Kunstgeschichte und wurde 1923 mit einer Arbeit über Johann Bernhard —»Fischer von Erlach promoviert. 1933 habilitierte er sich an der TH, 1934 an der Univ. Wien, an der er seit 1936 als Institutsvorstand und Prof. der Kunstgeschichte lehrte. 1951 wurde er als Ordinarius an die Univ. München berufen, wo er nach der Emeritierung 1964-69 noch als Honorarprofessor lehrte. Wegen seiner Parteinahme für den Nationalsozialismus mußte er sein Amt 1945 aufgeben. 1965-69 war er Vorstand des neugegründeten Kunstgeschichtlichen Instituts in Salzburg. S. beschäftigte sich vor allem mit der Struktur von Kunstwerken, Fragen der Ikonographie sowie Problemen der Kulturphilosophie. Er schrieb u. a. Die Architektur Borrominis (1930, erw. 2 1939, Neudr. 1973), Die Entstehung der Kathedrale (1950, erw. 1976, 2 1988), Epochen und Werke (2 Bde., 1959/60; 3 Bde., 1977-85) und Gefahr und Hoffnung des technischen Zeitalters (1970). Äußerst folgenreich war sein kulturphilosophisches Werk Verlust der Mitte. Die bildende Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts als Symptom und Symbol der Zeit (1948, 111998), eine christlich-konservative Diagnose der Moderne, und Die Revolution der modernen Kunst (1955, '"1961, Neudr. 1985 und 1996). Postum erschien die Autobiographie Das goldene Zeitalter. Eine Kindheit (1986). CP Metzler Kunsthistoriker Sedlmayr, Joseph, Bierbrauer, * 18.7. 1808 München, t 12.3. 1886 München. Nach dem Tod seines Vaters Gabriel (I) —»S. übernahm S. zusammen mit seinem Bruder Gabriel (II) —>S. die väterliche Brauerei, kaufte 1842 die vermutlich im 15. Jh. gegründete Leistbrauerei und schied als Teilhaber der Spaten-Brauerei aus. 1861 erwarb er die Gesellschaftsanteile des August Deiglmayr, mit dem er seit 1858 die Franziskaner-Brauerei gemeinsam betrieben hatte. S. war der Vater von Gabriel (III) - » S . c n ADB Sedlmayr, Lorenz, Politiker, * 7.4. 1887 Moorenweis bei Fürstenfeldbruck (Oberbayern), f 14.2.1971 München. S. machte eine Buchbinderlehre, war seit 1904 als Geselle tätig und besuchte 1907/08 die Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Elberfeld. Seit 1911 als Verbandssekretär und Schriftleiter des Graphischen Zentralverbandes hauptamtlicher Gewerkschaftssekretär, kam S. 1919 nach München,
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wo er 1921 die Verbandszeitung des Bayerischen Postverbandes übernahm. 1927-33 hatte er die Schriftleitung der Verbandszeitung „Deutsche Post" inne. S. war seit 1907 Mitglied der Zentrumspartei, 1928-33 Vorstandsmitglied im Reichsbeamtenbeirat. Seit 1945 war er als CSU-Mitglied, seit 1946 Funktionär des bayerischen Gewerkschaftsbundes und 1948/49 Staatssekretär für das Post- und Fernmeldewesen am Wiederaufbau in Bayern beteiligt. Sedlmayr, Walter, Schauspieler, * 6.1.1926 München, t 15.7. 1990 München. Ohne Schauspielausbildung wirkte der Sohn eines Tabakwarenhändlers nach 1945 an verschiedenen Unterhaltungsfilmen mit (Der Herrgottschnitzer von Ammergau, 1952; Der Ehestreik, 1954) und wurde 1955 an die Münchner Kammerspiele engagiert, denen er mit Unterbrechungen bis 1974 angehörte. Seit 1960 auch für das Fernsehen tätig, gelang ihm der schauspielerische Durchbruch 1972 mit der Hauptrolle in Hans Jürgen Syberbergs Fernsehfilm Theodor Hirneis oder: Wie man ehem. Hofkoch wird, für die S. mit dem Bundes filmpreis ausgezeichnet wurde. Danach entwickelte er in zahlreichen, zum Teil selbst verfaßten Fernsehserien (u.a. Polizei-Inspektion /, 1974-80; Walter Sedlmayrs Fernseh-lllustrierte, 1982-86) sein Bild in der Öffentlichkeit als Münchner Original mit hintergründigem Charme. S. wurde ermordet. • • Munzinger Sedlnitzki, Leopold Graf von, Bischof von Breslau, * 29.7. 1787 Geppersdorf (Österr.-Schlesien), t 25.3.1871 Berlin. Zum geistlichen Stand bestimmt, erhielt S. früh Kanonikate in Breslau und Neiße. 1811 zum Priester geweiht, war er Assessor beim fürstbischöflichen Vikariatsamt und Referent beim preuß. Oberkonsistorium in Breslau. Er wurde Dompropst, Verweser der Diözese und 1835 auf Wunsch des preuß. Königs Fürstbischof von Breslau. In seinem Bistum sowie von der preuß. Regierung hochgeachtet, zerstritt sich S. mit der Kurie und trat 1840 zurück. Seitdem lebte er mit einem Gehalt aus dem Privatvermögen König —»Friedrich Wilhelms IV. als Wirklicher Geheimer Rat sowie als Mitglied des Staatsrats in Berlin und trat 1862 zur evang. Kirche über. DP BBKL Sedulius, Heinrich, eigentl. Hendrik de Vroom, Franziskaner, Theologe, * 1549 Kleve, t 26.2.1621 Antwerpen. S. studierte in den Niederlanden, trat in Löwen dem Franziskanerorden bei und floh dann wegen einer Epidemie und religiöser Wirren nach Innsbruck. Dort war er 1578-80 Lektor für Theologie am Klerikatstudium, bevor er 1584 in die Niederlande zurückkehrte. S. war zweimal Provinzial und 1618 Generaldefinitor der Observanten. Viel benutzt wurde sein Chronicon provinciae Germaniae Inferioris (ediert in: Collectanea Franciscana 16, 1946). S. schrieb u. a. Apologeticus adversus Alcoranum Franciscanorum pro libro Conformitatum (1607) und Historia seraphica vitae Β. P. Francisci Assisiatis (1613). CD BBKL Seeau, Joseph Anton Graf von, Intendant, * 10.7. 1713 Linz, t 25.3.1799 München. S.s Familie kam nach dem Österreichischen Erbfolgekrieg nach München, wo er 1735 zum kurfürstlichen Kämmerer ernannt wurde. 1753-99 war er Hofmusik-und Hoftheaterintendant. S. machte sich um die Einführung des Deutschen Schau- und Singspiels verdient. Unter seiner Leitung fand u.a. 1781 die Uraufführung der Oper Idomeneo von —»Mozart statt. Seebach, Johann Andreas, Musiker, Musikdirektor, * 14.1. 1777 Tiefenthal bei Erfurt, f 28.6.1823 Magdeburg. S., Sohn eines Lehrers, erhielt ersten Musikunterricht bei seinem Vater und bei Johann Christian —> Kittel und stu-
Seeber dierte 1791-96 Musik beim Stadtmusikus Rose in Ronneburg. Danach als Hornist beim Musikkorps des Magdeburger Theaters tätig, studierte er bei Friedrich Adolph Pitterlin und erhielt 1799 die Organistenstelle in Klosterbergen. 1809 übernahm S. die Leitung der Magdeburger Konzerte, stiftete ein „Dilettanten-Konzert" und wurde nach seiner Entlassung 1813 Organist am Kirchenkollegium St. Ulrich und Levin. 1815 gründete er einen Gesangverein und gehörte 1818 zu den Gründern der „Magdeburger Liedertafel". CD M B L
Seebach,
Karl Albert Ludwig von, Geologe, Paläontologe, * 13.8. 1839 Weimar, t 2 1 . 1 . 1880 Göttingen. S., Sohn eines sachsen-weimarischen Majors und Kammerherrn, erhielt eine Ausbildung im Bergfach und studierte bei Ferdinand —»Roemer in Breslau und bei Ernst —»Beyrich in Berlin. 1862 wurde er mit der Arbeit Die Conchylien-Fauna der Weimarer Trias promoviert und 1863 zum a. o. Prof. an die Univ. Göttingen berufen. In den sechziger Jahren führten ihn Reisen zum Studium von Vulkanen nach Rußland, England, Mittelamerika und auf die griechische Insel Santorin. Seine Forschungen auf diesem Gebiet fanden Eingang in die beiden Veröffentlichungen Typische Verschiedenheiten im Bau der Vulkane und über deren Ursache (1866) und Über den Vulkan von Santorin (1867), mit denen er die alte Einteilung der Vulkane durch Alexander von —»Humboldt ablöste. 1870 wurde S. in Göttingen zum Ordinarius und zugleich ersten Direktor eines geologisch-paläontologischen Instituts ernannt. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Der Hannoversche Jura (1864) und Ueber Vulkane Centraiamerikas (postum 1892). ED A D B
Seebach,
Marie, verh. Niemann, Schauspielerin, * 2 4 . 2 . 1829 Riga, t 3 . 8 . 1897 St. Moritz. S., Schwester Wilhelmine —»S.s, trat bereits in Kinderrollen auf. Während des Gesangstudiums wurde ihre S t i m m e durch Uberanstrengung ruiniert. S. nahm dramatischen Unterricht und debütierte 1846 in Nürnberg. Nach verschiedenen Engagements spielte sie 1850-54 am Hoftheater in Kassel, danach in Hamburg und 1854-56 am Hofburgtheater in Wien. 1857-66 am Hoftheater in Hannover angestellt, unternahm sie zwischen 1867 und 1887 vor allen Gastspielreisen und Tourneen, u. a. durch Rußland und Amerika. 1887 wurde S. Mitglied des königlichen Schauspielhauses Berlin, wo sie 1897 zum letzten Mal auftrat. Sie spielte vor allem klassische naiv-sentimentale, später tragische Rollen. S. gründete 1897 in Weimar ein Heim für alte, hilfsbedürftige Schauspieler, das sogenannte „Marie Seebachstift". • P Lebenswege Thür, 2. Slg.
Seebach,
Richard Camillo von, Jurist, Beamter, * 9 . 7 . 1808 Donndorf, t 3 . 3 . 1 8 9 4 Gotha. Der Offizierssohn studierte Jura in Leipzig und Göttingen, trat 1829 in den sächsischen Staatsdienst ein, wurde 1842 Appellationsgerichtsrat in Dresden und war 1849-88 sachsen-coburg-gothaischer Staatsminister. Er förderte das Schulwesen und vereinheitlichte die sachsen-coburg-gothaische Landesverwaltung.
Seebach,
(Karoline Auguste) Wilhelmine, Schauspielerin, * 4 . 6 . 1832 Riga, t 19.5. 1911 Berlin. S. studierte Gesang am Konservatorium in Köln, debütierte 1849 als Soubrette am Stadttheater in Hamburg und spielte in den folgenden Spielzeiten in Königsberg. Später wechselte sie in das Schauspielfach und spielte u. a. an den Hoftheatern in Mannheim, Coburg, Schwerin und Meiningen. Sie unternahm Gastspielreisen, trat 1884-94 in Königsberg auf und betreute anschließend ihre kranke Schwester, die Schauspielerin Marie - » S . in Berlin. Nach deren Tod führte sie das „Marie Seebachstift" und erweiterte es um eine Schule für Kinder mittelloser Bühnenkünstler. CD Lebenswege Thür, 2. Slg.
Seebaß, Friedrich, Literaturhistoriker, * 17.4. 1887 Gandersheim bei Braunschweig, t 5 . 3 . 1 9 6 3 Tutzing/ Starnberger See. S. studierte seit 1906 Klassische und Deutsche Philologie und wurde 1913 promoviert. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg war er als Literaturhistoriker und Schriftsteller in München und Tutzing tätig. Er beschäftigte sich vor allem mit —»Hölderlin und gab mit Norbert —»Hellingrath 1913-23 eine sechsbändige Gesamtausgabe von dessen Werken heraus. Zu seinen Veröffentlichungen zählen ferner eine Hölderlin-Bibliographie (1922) und Karl Freiherr von Stein. Minister und Christ (1957). CD IGL
Seebeck,
(Ludwig Friedrich Wilhelm) August, Physiker, * 27. 12. 1805 Jena, t 1 9 . 3 . 1 8 4 9 Dresden. S., Sohn T h o m a s —»S.s, lehrte nach dem Studium der Naturwissenschaten und Mathematik 1824-28 und der Promotion 1830 in Berlin (Dissertationes de corporum lucem simpliciter refringentium angulis polarisationis) Physik, zunächst am Friedrich-Werderschen, dann am Cöllnischen Realgymnasium in Berlin und war nebenbei an der allgemeinen Kriegsschule tätig. 1831 wurde er Privatdozent an der Univ. Berlin, 1843 Direktor der Technischen Bildungsanstalt in Dresden, 1849 o . P r o f . der Physik an der Univ. Leipzig. S. führte wichtige systematische Untersuchungen zu akustischen und optischen Themen durch. Er veröffentlichte u . a . Über Härteprüfung an Krystallen (1833). S. erlag einer Pockenerkrankung.
Seebeck,
T h o m a s (Johann), Physiker, * 9 . 4 . 1 7 7 0 Reval, t 10. 12. 1831 Berlin. Der aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie stammende S. studierte Medizin in Berlin und Göltingen, praktizierte dort nach der Promotion (1802) und widmete sich als Privatgelehrter in Jena, Bayreuth und Nürnberg naturwissenschaftlichen Studien. Seit 1818 arbeitete er in Berlin, wo er im selben Jahr in die Preußische A k a d e m i e der Wissenschaften und die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n wurde. S. stellte das Kaliumamalgam dar, entdeckte 1810 mit der Farbempfindlichkeit von feuchtem Silberchlorid die Vorstufe der Farbphotographie und 1818 die optische Aktivität von Zuckerlösung. Unter seinen zahlreichen weiteren Entdeckungen gilt der nach ihm benannte thermoelektrische Effekt (1821, Seebeck-Effekt) als besonders bedeutend für die Experimentalphysik. S. war mit —»Hegel, —»Schelling, Lorenz —»Oken, Johann Wilhelm —»Ritter und —»Goethe befreundet, den er bei seinen optischen Studien beriet. Er veröffentlichte u . a . Einige neue Versuche und Beobachtungen über Spiegelung und Brechung des Lichtes (1813), Über die ungleiche Erregung der Wärme im prismatischen Sonnenbilde (1820) und Magnetische Polarisation der Metalle und Erze durch Temperatur-Differenz (1825, Neuausg. 1895, frz. 1827). S. war der Vater von August —»S. m DSB S e e b e r , (Friedrich Konrad) Guido, Filmtechniker, Kameramann, Publizist, * 2 2 . 6 . 1 8 7 9 Chemnitz, t 2 . 7 . 1 9 4 0 Berlin. Nach einer Photographenlehre im väterlichen Betrieb volontierte S. bei einem Hofphotographen in Karlsbad und Wien und erwarb 1896 zusammen mit seinem Vater in Berlin bei Oskar —»Messter kinematographische Apparate und Filme. In den folgenden Jahren beschäftigte er sich mit Filmtechnik und begann selbst zu drehen. Nach d e m Tod des Vaters verkaufte er das Photogeschäft und arbeitete als Kameramann f ü r Kinofilme. S., der zu den Pionieren des Films gehörte, drehte 1912 die ersten längeren Spielfilme mit Asta —> Nielsen. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg war er als Technischer Direktor und Mitgeschäftsführer der Filmfirma Bioscop wesentlich am Aufbau der Berliner Filmindustrie beteiligt. S. veröffentlichte u . a . Arbeits-Cerät und
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Seeber Arbeits-Stätten des Kameramannes. Geschichte der Aufnahmetechnik und des Aufnahmeapparates. Die moderne Apparatur des Kameramannes. Lampen und Ateliers einst und jetzt (1927, N a c h d r . 1980). m Cinegraph S e e b e r , J o s e p h , österr. kath. T h e o l o g e , Schriftsteller, * 4 . 3 . 1856 B r u n e c k (Südtirol), t 1 9 . 4 . 1919 E n n s (Oberösterreich). N a c h d e m T h e o l o g i e s t u d i u m 1878 in B r i x e n z u m Priester g e w e i h t , Schloß S. ein S t u d i u m der G e r m a n i s t i k in I n n s b r u c k an und w a r a n s c h l i e ß e n d L e h r e r in Brixen und M ä h r i s c h - W e i ß k i r c h e n . 1897 w u r d e er Prof. an der Milit ä r a k a d e m i e in W i e n e r N e u s t a d t , 1898 G a r n i s o n s p f a r r e r in Salzburg u n d 1903 Prof. an d e r T e c h n i s c h e n M i l i t ä r a k a d e m i e in M ö d l i n g . S. w a r als E r z ä h l e r und D r a m a t i k e r tätig. Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Elisabeth von Thüringen. Ein episches Gedicht ( 1 8 8 3 ) u n d Spinges. Szenen aus dem Befreiungskampfe Tirols 1796/97 (1896). m DLL
Seeberg,
(Oskar Theodor) Alfred, evang. Theologe, * 6. 10. 1863 P e d u a (Estland), t 9 . 8 . 1915 A h r e n s h o o p (Pommern). D e r B r u d e r R e i n h o l d —>S.s studierte seit 1883 in D o r p a t T h e o l o g i e , w u r d e 1889 H i l f s p r e d i g e r in D o r p a t u n d Reval und w a r seit 1890 O b e r l e h r e r an der D o r p a t e r Stadttöchterschule. N a c h v e r t i e f t e m S t u d i u m in E r l a n g e n u n d Leipzig und M a g i s t e r p r o m o t i o n g i n g er 1895 als a. o . P r o f . des N e u e n T e s t a m e n t s nach Dorpat, erhielt 1897 einen Lehrstuhl, w e c h s e l t e 1908 nach R o s t o c k u n d 1914 nach Kiel. S e i n e m e t h o d i s c h e n A n s ä t z e galten als wertvoll, seine vor allem religionsgeschichtlichen Forschungsergebnisse waren j e d o c h umstritten. S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Katechismus der Urchristenheit (1903), Die Didache des Judentums und der Urchristenheit ( 1 9 0 8 ) und Christi Person und Werk nach der Lehre seiner Jünger (1912). DP B B K L
Seeberg,
Erich, e v a n g . T h e o l o g e , Kirchenhistoriker, * 8 . 1 0 . 1888 D o r p a t , | 2 6 . 2 . 1 9 4 5 A h r e n s h o o p (Pommern). D e r S o h n R e i n h o l d - > S . s w u c h s in E r l a n g e n und Berlin auf, studierte dort s o w i e in T ü b i n g e n T h e o l o g i e und w u r d e 1912 z u m Lizentiaten p r o m o v i e r t . 1913 habilitierte er sich in G r e i f s w a l d , n a h m als B r i g a d e - und D i v i s i o n s p f a r r e r a m Ersten Weltkrieg teil und w u r d e 1919 a. o. P r o f e s s o r . Ord e n t l i c h e P r o f e s s u r e n hatte er in K ö n i g s b e r g , B r e s l a u , H a l l e und seit 1927 in Berlin inne. E r v e r f o c h t e i n e an der D e u t schen M y s t i k ( M e i s t e r —»Eckhart) und —»Luther orientierte, „ d e u t s c h t u m s b e w u ß t e " T h e o l o g i e , d i e ihn in g r o ß e N ä h e z u m N a t i o n a l s o z i a l i s m u s brachte. N a c h 1933 v e r s c h a f f t e er sich in zahlreichen A m t e r n E i n f l u ß auf die staatliche P o litik g e g e n ü b e r den t h e o l o g i s c h e n F a k u l t ä t e n und steuerte z e i t w e i s e b e i n a h e d a s B e r u f u n g s w e s e n . S. schrieb u . a . Luthers Theologie (2 B d e . , 1929-37), Menschwerdung und Geschichte ( 1 9 3 8 ) u n d Grundzüge der Theologie Luthers (1940). m BBKL S e e b e r g , R e i n h o l d , e v a n g . T h e o l o g e , * 5 . 4 . 1859 P ö r r a f e r (Livland), t 23. 10. 1935 A h r e n s h o o p ( P o m m e r n ) . D e r S o h n eines L a n d w i r t s und B r u d e r A l f r e d —>S.s studierte in D o r p a t und E r l a n g e n T h e o l o g i e und w u r d e 1884 p r o m o v i e r t (Studien zur Geschichte des Begriffes der Kirche mit besonderer Beziehung auf die Lehre von der sichtbaren und unsichtbaren Kirche, e r s c h i e n e n 1885 unter d e m Titel Der Begriff der christlichen Kirche) und habilitierte sich im selben J a h r f ü r das G e b i e t S y s t e m a t i s c h e T h e o l o gie. Seit 1885 a . o . P r o f . der S y s t e m a t i s c h e n T h e o l o g i e in D o r p a t , w u r d e er 1889 o. Prof. der K i r c h e n g e s c h i c h t e in Erlangen, ü b e r n a h m dort 1894 den Lehrstuhl f ü r S y s t e m a t i sche T h e o l o g i e und lehrte 1898-1927 in Berlin. Als theologisch k o n s e r v a t i v e r G e g e n p o l zu A d o l f von —>Harnack
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b e r u f e n , entfaltete S. w i s s e n s c h a f t l i c h w i e politisch - er w a r M e i n u n g s f ü h r e r d e r a n n e x i o n i s t i s c h e n Kriegszielpolitik ( 1 9 1 5 ) u n d der Vaterlandspartei ( 1 9 1 7 / 1 8 ) - breite W i r k u n g . Sein Lehrbuch der Dogmengeschichte (2 H ä l f t e n , 1895-98; 2 1 9 0 8 - 2 0 , 4 B d e . ; N a c h d r . 1 9 5 3 / 5 4 ) konnte sich neben d e m Werk H a r n a c k s b e h a u p t e n . Seit 1909 w a r S. Vorsitz e n d e r der Freien kirchlich-sozialen K o n f e r e n z (seit 1918 d e s Kirchlich-sozialen B u n d e s ) , seit 1923 a u c h Präsident d e s C e n t r a i a u s s c h u s s e s der Inneren M i s s i o n . 1911 initiierte S. d i e G r ü n d u n g des D e u t s c h - E v a n g e l i s c h e n V o l k s b u n d e s und w a r an der G r ü n d u n g des Internationalen Verbandes f ü r I n n e r e M i s s i o n beteiligt. E r b e g r ü n d e t e d i e R e i n h o l d S e e b e r g - S t i f t u n g zur sozialethischen E r z i e h u n g der S t u d e n ten und leitete seit 1927 d a s Institut f ü r Sozialethik und W i s s e n s c h a f t der Inneren M i s s i o n an der U n i v . Berlin. In seinen letzten S c h r i f t e n näherte sich S., der sich f ü r den K a m p f g e g e n den „ j ü d i s c h e n G e i s t " einsetzte und K o n t a k t e zu völkischen Zirkeln unterhielt, P o s i t i o n e n des N a t i o n a l s o z i a l i s m u s an. Er v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Die Grundwahrheiten der christlichen Religion ( 1 9 0 2 , 7 1 9 2 1 ),An der Schwelle des zwanzigsten Jahrhunderts. Rückblicke auf das letzte Jahrhundert deutscher Kirchengeschichte ( 1 9 0 0 , 4 1 9 0 3 unter d e m Titel Die Kirche Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert, 3 1910), Aus Religion und Geschichte (2 Bde., 1906-09), System der Ethik im Grundriß dargestellt (1911, 31936), Christliche Ethik (1911, 3 1 9 3 6 ) und Christliche Dogmatik (2 B d e . , 1 9 2 4 / 2 5 ) . Er w a r der Vater von Erich - ^ S . m Profile L u t h e r t u m
Seebich,
G u s t a v (Karl), Politiker, * 2 4 . 5 . 1899 E b e r s b a c h / F i l s , t 3 1 . 8 . 1985 E b e r s b a c h / F i l s . S. b e s u c h t e d i e V e r w a l t u n g s h o c h s c h u l e in Stuttgart, legte 1921 d i e S t a a t s p r ü f u n g f ü r den g e h o b e n e n Verwaltungsdienst ab und w u r d e 1923 B ü r g e r m e i s t e r von E b e r s b a c h . Seit 1948 L a n d r a t d e s Kreises G ö p p i n g e n , setzte er sich f ü r die freiwilligen Zusammenschlüsse kommunaler Gebietskörpers c h a f t e n ein. Seit 1948 w a r er Vorsitzender d e s L a n d k r e i s tags W ü r t t e m b e r g - B a d e n , 1 9 5 2 - 6 0 P r ä s i d e n t des D e u t s c h e n L a n d k r e i s t a g s . S. war einer der b e d e u t e n d s t e n Vertreter d e s G e d a n k e n s d e r k o m m u n a l e n S e l b s t v e r w a l t u n g in der B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d nach d e m Z w e i t e n Weltkrieg. DD M u n z i n g e r
Seebohm,
H a n s - C h r i s t o p h , I n g e n i e u r , Politiker, * 4 . 8 . 1903 E m a n u e l s s e g e n ( O b e r s c h l e s i e n ) , t 1 7 . 9 . 1967 Bonn. S., S o h n eines B e r g a s s e s s o r s , studierte 1921-28 B e r g w i s s e n s c h a f t e n in Freiberg, M ü n c h e n und Berlin, arbeitete anschließ e n d als R e f e r e n d a r und R e f e r e n t b e i m O b e r b e r g a m t H a l l e / Saale und w u r d e 1933 z u m Dr.-Ing. p r o m o v i e r t . 1933-38 stellvertretender B e r g w e r k s d i r e k t o r in O b e r s c h l e s i e n , w a r er 1 9 3 8 / 3 9 B e t r i e b s d i r e k t o r der E r z b e r g b a u G m b H R i n g e l h e i m in Peine, 1 9 3 9 / 4 0 B e r g w e r k s d i r e k t o r d e r H o h e n lohewerke, w u r d e 1940 G e s c h ä f t s f ü h r e r d e r C . D e i l m a n n B e r g b a u G m b H in D o r t m u n d und B e n t h e i m und g e h ö r t e d e m Vorstand der B r a u n s c h w e i g i s c h e n M a s c h i n e n b a u a n s t a l t an. S. w u r d e 1946 stellvertretender Vorsitzender der D e u t schen Partei, war 1946-48 M i n i s t e r f ü r A u f b a u , Arbeit und G e s u n d h e i t s w e s e n in N i e d e r s a c h s e n und 1946-48 M i t glied d e s L a n d t a g s von N i e d e r s a c h s e n . Er w a r Vizepräsident der Industrie- und H a n d e l s k a m m e r in B r a u n s c h w e i g (seit 1947) s o w i e Vorsitzender der W i r t s c h a f t s v e r b ä n d e Erdöl und M a s c h i n e n b a u in der britischen B e s a t z u n g s z o n e . 1 9 4 8 / 4 9 g e h ö r t e er d e m P a r l a m e n t a r i s c h e n R a t an und war 1949-67 M i t g l i e d des D e u t s c h e n B u n d e s t a g s . A l s B u n d e s m i n i s t e r f ü r Verkehr ( 1 9 4 9 - 6 6 ) betrieb er d e n A u s b a u des F e r n straßennetzes und d e n W i e d e r a u f b a u d e s d e u t s c h e n L u f t f a h r t u n t e r n e h m e n s L u f t h a n s a . Seit 1959 w a r er S p r e c h e r der S u d e t e n d e u t s c h e n L a n d s m a n n s c h a f t . 1960 trat er d e r C D U bei. CD M d B
Seedorf Secbohm,
(Johann Georg) Ludwig, Quäker, Pädagoge, Siedlungsgründer, * 7 . 6 . 1757 Pyrmont, t 2 2 . 3 . 1835 Friedensthal bei Pyrmont. S., Sohn eines K a u f m a n n s und Müllers, wurde zum K a u f m a n n ausgebildet. Nach einem Bankrott als Händler von Mode- und Luxuswaren ging er um 1789 nach Großbritannien, wo er mit den Quäkern in Kontakt kam, und gründete nach der Rückkehr und einer Landschenkung des Fürsten Friedrich von Waldeck 1792 die Quäkersiedlung Friedenthal, zu der auch eine Schule und eine Druckerei gehörten. 1807-11 wirkte S. zudem als fürstlicher Brunnenund Baudirektor. Nach 1810 wegen finanzieller Schwierigkeiten aus der Gemeinde ausgeschlossen oder ausgetreten, wurde er erst 1831 wieder a u f g e n o m m e n . S. trat als Verfasser pädagogischer Schriften und Übersetzer englischsprachiger Quäkerliteratur (u. a. von William Penn) hervor; zu seinen Veröffentlichungen zählen Bemerkungen über verschiedene Gegenstände des Christentums (1794), Gründlicher Unterricht in der Buchstabenkenntnis und im Buchstabiren (1802, Nachdr. 1826) und Neues Lehrgebäude der englischen Aussprache, (1815, Nachdr. 1 8 1 6 , 2 1 8 1 8 ) . m BBKL
Seebold,
Karl, Philosoph, Mathematiker, * 2 7 . 1 2 . 1 7 9 4 Kirberg (Hessen), t 1 2 . 9 . 1 8 6 7 Mannheim. S., Sohn eines Hofkammerrats, studierte seit 1814 Mathematik und Naturwissenschaften in Gießen, wurde 1818 promoviert und Schloß ein Studium der Philosophie in Jena an, w o er sich vor allem dem Philosophen Jakob Friedrich —»Fries anschloß. 1821 habilitierte er sich (Elemente der Arithmetik:), hielt als Privatdozent bis 1823 Vorlesungen über Logik, Ethik und Psychologie in Gießen und ging dann nach Basel, wo er Lektor an der Univ. und Lehrer für Logik am Pädagogium war. 1826 legte er aus konfessionellen Gründen seine Ämter nieder und unterrichtete 1831-37 als Privatgelehrter an der Stiftsschule in Rugby (England) neuere Sprachen. 1840-58 war er Prof. f ü r Geschichte, Geographie und Englisch am R e a l g y m n a s i u m in Mannheim. S. veröffentlichte u . a . Philosophie und religiöse Philosophie (1830). m
Hess Bio, Bd 1
Seeck,
Adelheid, Schauspielerin, * 3. 11. 1912 Berlin, t 17.2. 1973 Stuttgart-Degerloch. Nach Schauspielunterricht debütierte S. in Bunzlau (Niederschlesien), wurde 1940 von Gustaf —»Gründgens entdeckt und an das Berliner Staatstheater geholt, w o sie bis 1944 vornehmlich Salondamen gab. Nach d e m Zweiten Weltkrieg spielte S. in Heidelberg und Hamburg; 1948-55 war sie am Schauspielhaus Düsseldorf unter Gründgens engagiert, dem sie nach Hamburg folgte. Seit 1939 war S. auch beim Film und später in Funk und Fernsehen tätig. 1956 erhielt sie den Bundesfilmpreis f ü r die beste weibliche Nebenrolle in Teufel aus Seide. OD Munzinger
Seeck, Otto, Althistoriker, * 2 . 2 . 1 8 5 0 Riga, t 2 9 . 6 . 1 9 2 1 Münster. Der Kaufmannssohn begann in Dorpat ein Chemiestudium, wechselte zur Geschichte und wurde 1872 bei Theodor —»Mommsen in Berlin promoviert. Nach Studienreisen durch Italien, Frankreich und Griechenland habilitierte sich S. 1877 in Berlin und wurde 1881 a. o . P r o f . an der Univ. Greifswald. Seit 1885 Ordinarius, wechselte er 1907 auf den Lehrstuhl für Alte Geschichte an der Univ. Münster. Stark positivistisch-darwinistisch war S.s Geschichte des Untergangs der antiken Welt (6 Bde. Mit Anhängen, 1895-1920; Nachdr. 1966) ausgerichtet. Er edierte u. a. die Regesten der Kaiser und Päpste für die Jahre 311 bis 476 (1911). • 3 Bursian, Jg. 4 6
S e e c k t , Hans von, Militär, * 2 2 . 4 . 1866 Schleswig, t 27. 12. 1936 Berlin. Der Sohn Richard August von —>S.s trat 1885 in die preuß. A r m e e ein, kam 1899 in den Generalstab und wurde 1913 Chef des Generalstabs des II. Armeekorps. Im Ersten Weltkrieg war er Generalstabsoffizier an der Ostfront, auf dem Balkan und zuletzt in der Türkei. 1919 wurde er Chef des neuerrichteten Truppenamtes im Reichswehrministerium, 1920 Chef der Heeresleitung. Als militärischer Oberbefehlshaber baute S. die Reichswehr als Kadertruppe auf, die er zu einem „Staat im Staat" entwickeln wollte. Überzeugter Monarchist und Gegner der parlamentarischen Demokratie, setzte er die Reichswehr gegen Gegner von links ein, verfolgte dagegen bei Putschversuchen von rechts eine Hinhaltetaktik (Kapp-Putsch, Hitlerputsch). 1923 vorübergehend mit der vollziehenden Gewalt beauftragt, verfolgte er jedoch keine Staatsstreichpläne. Ein Konflikt mit Reichswehrminister Otto —> Geßler führte 1926 zu seiner Verabschiedung im Range eines Generalobersten. 1930-32 war S. für die Deutsche Volkspartei Mitglied des Reichstags und beteiligte sich an der Bildung der Harzburger Front. 1 9 3 4 / 3 5 hielt er sich als militärischer Berater Tschiang Kai-scheks in China auf. S. veröffentlichte u. a. Gedanken eines Soldaten (1929), Landesverteigung (1930), Moltke. Ein Vorbild (1931) und Deutschland zwischen West und Ost (1933). 1938 erschien Aus meinem Leben 1866-1917, 1940 Aus seinem Leben 1918-1936 (beide hrsg. von Friedrich von Rabenau). S e e c k t , Richard August von, Militär, * 4. 11. 1833 Stralsund, t 15.3. 1909 Berlin. S. trat 1851 in die preuß. A r m e e ein, wurde 1862 Divisionsadjutant und nahm 1866 am Feldzug gegen Osterreich teil. 1 8 6 7 / 6 8 Adjutant beim G e n e r a l k o m m a n d o des 2. Armeekorps, kommandierte er seit 1874 ein Infanterieregiment. 1886 wurde S. Generalleutnant und Divisionskommandeur, übernahm 1890 als Kommandierender General das 5. Armeekorps und trat 1897 in den Ruhestand. Er war der Vater von Hans von —>S. CD Priesdorff, Bd 10
Seedorf,
Henry, Bibliothekar, * 1 1 . 1 1 . 1 8 6 3 Bremen, t 5 . 9 . 1 9 2 2 Bremen. S. studierte in Tübingen, Göttingen und Leipzig Klassische Philologie und Germanistik, arbeitete als Assistent am Grimmschen Deutschen Wörterbuch mit und übernahm 1906 die Leitung der Stadtbibliothek Bremen. Er war Vorsitzender der Literarischen Gesellschaft des Bremer Künstlervereins, Vizepräsident der Künstlervereinigung Bremen und Herausgeber der „Mitteilungen aus der Stadtbibliothek Bremen". S. schrieb u . a . Über syntaktische Mittel des Ausdrucks im althochdeutschen Isidor (1888) und Von maurerischer Art und Kunst (1899, 2 1899).
Seedorf,
Wilhelm (Johann Jürgen), Agrarökonom, * 11. 10. 1881 Bostelwiebeck bei Uelzen, t 10.3. 1984 Göttingen. Der Sohn eines Landwirts studierte in Berlin und Göttingen Geschichte, Germanistik und Landwirtschaft, wurde 1906 promoviert (Otto von Münchhausen auf Schwöbber, seine Bedeutung als landwirtschaftlicher Schriftsteller und seine Verdienste um die Begründung der Landwirtschaftslehre) und war seit 1907 Diplom-Landwirt. Nach Praktika und verschiedenen Tätigkeiten in der Landwirtschaft wurde er 1911 Generalsekretär des Landwirtschaftlichen Provinzialvereins in Lüneburg und ging 1915 als Hauptgeschäftsführer der Landwirtschaftskammer für die Provinz Brandenburg nach Berlin. 1920-48 war S. Ordinarius für landwirtschaftliche Betriebslehre an der Univ. Göttingen. Er begründete die Landarbeits- und die Landwirtschaftslehre, die Markt- und die Landvolkslehre und erreichte die Einführung der Schwei-
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Seefehlner neleistungspriifung in Deutschland. S. veröffentlichte u . a . Arbeitsschulung in der Landwirtschaft (1930) und Grundriß der landwirtschaftlichen Marktlehre (1932). CD B ö h m
bedeutende Konzertsängerin. Seit 1976 war sie als Gesangspädagogin tätig. S., die 1947 zur Kammersängerin ernannt wurde, war seit 1948 mit dem Violinisten Wolfgang —»Schneiderhan verheiratet. CD Kutsch
Seefehlner,
Egon (Hugo), österr. Jurist, Musikmanager, Intendant, * 3 . 6 . 1912 Wien, t 2 5 . 9 . 1 9 9 7 Wien. S. studierte an der Univ. Wien Jura, wurde 1937 promoviert und arbeitete dann bei der A E G in Berlin. 1945 wurde er Kulturreferent der Ö V P und Chefredakteur der Kulturzeitschrift „Der T u r m " . 1946-61 war er Generalsekretär der Wiener Konzerthausgesellschaft und 1954-61 stellvertretender Direktor der Wiener Staatsoper. 1961 wurde er Stellvertreter des Generalintendanten, 1972 Generalintendant an der Deutschen Oper Berlin. 1976-82 und 1984-86 war S. Direktor der Wiener Staatsoper. Er veröffentlichte Die Musik meines Lebens. Vom Rechtspraktikanten zum Opernchef in Berlin und Wien (1983). cn ÖML
Seefelder,
Matthias, Chemiker, Industriemanager, * 2 8 . 2 . 1920 B o o s (Kr. Memmingen), t 30. 10.2001 Heidelberg. S. studierte nach Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und Gefangenschaft seit 1947 in München C h e m i e und wurde 1951 zum Dr. rer. nat. promoviert (Zur Kenntnis der aliphatischen Carbodiimide). Im selben Jahr trat er in das Hauptlaboratorium der B A S F ein, übernahm 1962 die Leitung des Farbenforschungslaboratoriums und 1967 die Sparte Farbstoffe und Hilfsmittel. 1971 zum stellvertretenden, 1973 zum ordentlichen Vorstandsmitglied ernannt, war S. seit 1974 Vorstandsvorsitzender. Nach seinem Rücktritt 1983 wechselte er in den Aufsichtsrat der B A S F Aktiengesellschaft, zunächst als Vorsitzender und seit 1990 als Ehrenvorsitzender. Er war Honorarprofessor an der Univ. Heidelberg, korrespondierendes Mitglied der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur und Ehrensenator der T U München. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Opium. Eine Kulturgeschichte (1987) und Indigo (1994). S e e f e l d e r , Richard, Ophthalmologe, * 17. 10. 1875 Nesselbach (Bayern), f 1 2 . 1 0 . 1 9 4 9 Innsbruck. S. studierte in Erlangen und München Medizin, wurde 1898 promoviert (Beitrag zum klinischen Nachweis der Thymusdrüse) und bildete sich seit 1903 an der UniversitätsAugenklinik in Leipzig zum Ophthalmologen aus. 1908 habilitierte er sich (Pathologisch-anatomische Beiträge zur Kenntnis der angeborenen Colobome des Auges), wurde 1914 a. o . P r o f . und ging 1919 als o . P r o f . und Direktor der Universitäts-Augenklinik nach Innsbruck. S. widmete sich vor allem der Entwicklungsgeschichte, der Mißbildungslehre sowie der normalen und anatomischen Pathologie des Auges. Er veröffentlichte u . a . einen Atlas zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Auges (3 Lfg., 1911-14) und Die angeborenen Anomalien und Mißbildungen des Auges (1914). c n Ärzte 2 S e e f r i e d , Irmgard, österr. Sängerin, * 9. 10. 1919 Köngetried (heute zu Apfeltrach, Kr. Unterallgäu),
t 24.11.1988 Wien. S. erhielt ihre Gesangsausbildung u. a. am Konservatorium in Augsburg, debütierte 1940 unter Herbert von —»Karajan in Aachen und wurde 1943 von Karl —»Böhm an die Wiener Staatsoper engagiert, deren E n s e m b l e sie bis zu ihrem Abschied von der B ü h n e 1976 angehörte. Sie sang u . a . an der Mailänder Scala und der Metropolitan Opera in N e w York, wirkte bei den Festspielen in Salzburg (seit 1946) und Aixen-Provence mit und unternahm Konzertreisen u. a. nach Japan, Australien und Südafrika. S., lyrischer Sopran, wurde besonders als Mozart- und Richard —> Strauss-Interpretin bekannt, trat auch in modernen Opern auf und war eine
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S e e g e n , Joseph, österr. Baineologe, * 2 2 . 5 . 1822 Polnä (Böhmen), t 14. 1.1904 Wien. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte in Prag und Wien Medizin, wurde 1847 promoviert (Die naturhistorische Bedeutung der Mineralquellen) und praktizierte 1853-84 in Karlsbad. 1854 habilitierte er sich an der Univ. Wien (Die naturhistorische Bedeutung der Mineralquellen) und lehrte dort seit 1859 als tit. a. ο. Professor. S. führte zahlreiche balneologische Studien und Untersuchungen durch (u. a. zur Zusammensetzung des Karlsbader Heilwassers), zeigte die glycogene Funktion der Leber und veröffentlichte u. a. ein Compendium der allgemeinen und spezifischen Heilquellenlehre (2 Abt., 1 8 5 7 / 5 8 ) und Der Beobachtungen über Diabetes mellitus auf Grundlage zahlreicher Beobachtungen dargestellt (1870, 3 1893). m ÖBL
Seeger, Bernhard, Schriftsteller, * 6. 10.1927 R o ß l a u / Elbe, t 1 4 . 3 . 1 9 9 9 Potsdam. Der Sohn eines Schlossers wurde in Kothen zum Lehrer ausgebildet und war nach der Entlassung aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zunächst als Lehrer in märkischen Dörfern, seit 1952 vor allem als freier Schriftsteller in Stücken bei Potsdam tätig. Bekannt wurde er durch Hörund Fernsehspiele, in denen er sich mit dem A u f b a u einer sozialistischen Gesellschaft, insbesondere auf d e m Land, auseinandersetzte (u.a. Rauhreif, 1963; Hannes Trostberg, 1966; Fiete Stein, 1970; Märkische Chronik, 1983). S. veröffentlichte auch Erzählungen (u. a. Wo der Habicht schießt, 1957; Wie Jasgulla zu seinem Recht kam. Dorfgeschichten, 1960) und R o m a n e ( u . a . Herbstrauch, 1961, ausgezeichnet mit dem Heinrich-Mann-Preis 1962; Der Harmonikaspieler, 1981). Autobiographische Züge trägt der R o m a n Vater Batti singt wieder (1972), der den Genesungsprozeß eines Schriftstellers nach einem Verkehrsunfall schildert. S. wurde 1967 Mitglied des Zentralkomitees der SED, gehörte seit 1966 dem Vorstand des Schriftstellerverbandes der D D R an und war seit 1969 Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Künste. 1963 und 1967 wurde er mit d e m Nationalpreis ausgezeichnet. cn SBZ/DDR Seeger,
Ernst, Jurist, Beamter, * 20. 12. 1884 M a n n h e i m , t 17.8. 1937 Berlin. S., Sohn eines Geheimen Hofrats, studierte Rechtswissenschaften, wurde 1912 in Heidelberg promoviert und trat nach d e m Assessorexamen als Zivilrichter beim Amtsgericht Lichtenbeg (Berlin) in den Justizdienst ein. Während des Ersten Weltkriegs war er seit 1915 beim stellvertretenden Generalstab der A r m e e für Film- und Zensurangelegenheiten tätig. Nach Auflösung des militärischen Bild- und Filmamtes 1919 übernahm er die Reichsfilmstelle beim Innenministerium. Seit 1921 daneben auch als Zensor tätig, wurde S. 1924 zum nebenamtlichen Leiter der Film-Oberprüfstelle ernannt. 1930 ging S. als Referent ins Reichsamt f ü r Landesaufnahme. 1933 wurde er Abteilungsleiter im Reichspropagandaministerium. t u Cinegraph
Seeger,
H e r m a n n , Jurist, * 18.8. 1829 Stuttgart, t 12.6. 1903 Tübingen. Der Sohn des württembergischen Obertribunalprokurators studierte 1847-51 in Tübingen Rechtswissenschaften, wurde 1854 promoviert und arbeitete einige Jahre beim Stadtgericht und Kriminalamt Stuttgart sowie am Gerichtshof in Esslingen. 1858 ging er als a . o . P r o f . nach Tübingen, wo er 1864-1901 den Lehrstuhl für Strafrecht innehatte. S. schrieb u . a . Abhandlungen aus dem Strafrechte (1858), Über das
Seel Verhältnis der Strafrechtspflege zum Gesetz im Zeitalter Ciceros (1869) und Die Strafrechtstheorien Kants und seiner Nachfolger [...] (\ 892). m Biogr Jahrb, Bd 8 S e e g e r , Karl Friedrich, Jurist, Politiker, * 9 . 3 . 1 7 5 7 Oettingen (Ries), t 6 . 1 2 . 1813 F r a n k f u r t / M a i n . S., Sohn eines fürstlich oettingischen Hof-, Regierungs und Konsistorialrats, war seit 1775 als Advokat in Tübingen tätig und lehrte seit 1781 an der Karlsschule in Stuttgart. 1783 als Syndikus nach F r a n k f u r t / M a i n berufen, war er seit 1798 Syndicus primarius und schuf 1 8 0 2 / 0 3 die rechtlichen Grundlagen für die Säkularisierung der geistlichen Besitztümer in der Stadt. 1806 regelte er den Übergang der ehemaligen Reichsstadt in den neuen Primatialstaat und wurde von Carl Theodor von —> Dalberg in die Generalkommission zur Aufsicht über die Selbstverwaltung der Stadt berufen. Nach der Gründung des Großherzogtums Frankfurt war S. als Mitglied des Staatsrats für das Referat der juristischen Angelegenheiten zuständig und arbeitete die seit 1813 gültige Gerichtsverfassung aus. Bald nach d e m Z u s a m m e n bruch des Großherzogtums beging S. angeblich Selbstmord. m
ADB
S e e g e r , Ludwig (Wilhelm Friedrich), Pseud. L. S. Rubens, Schriftsteller, Redakteur, * 30. 10.1810 Wildbad (Württemberg), t 2 2 . 3 . 1864 Stuttgart. Der Sohn eines Realschullehrers studierte seit 1828 Theologie und Philologie in Tübingen, arbeitete als Vikar und Hauslehrer und unterrichtete seit 1838 als Prof. am Realgymnasium und als Dozent an der Univ. in Bern. Dort schrieb er Gedichte und Artikel u. a. für Georg —> Herweghs 21 Bogen aus der Schweiz (1843) und Anthologien Arnold —» Ruges. Als überzeugter Republikaner und Liberaler kehrte S. während der Revolutionszeit 1848 nach Württemberg zurück, war Redakteur der „Ulmer Schnellpost" und wurde 1850 zu sechs Monaten Festungshaft wegen Preßvergehens verurteilt. Seit 1850 vertrat er die württembergische Fortschrittspartei als Landtagsabgeordneter. Neben politischer Publizistik veröffentlichte S. Liebes- und Naturlyrik ( D e r Sohn der Zeit. Freie Dichtung, 1843, erweitert unter dem Titel Gesammelte Dichtungen, 2 Bde., 1 8 6 3 / 6 4 ) und übersetzte Victor Hugo, Shakespeare sowie vor allem Aristophanes' Werke (3 Bde., 1845-48) in einer bis heute nicht wieder erreichten Affinität z u m griechischen Original. OO Killy
Seehaus,
Paul Adolf, Maler, Radierer, * 7 . 9 . 1891 Bonn, t 13.3. 1919 Hamburg. S. wurde in B o n n mit der Dissertation Die Geschichte der Düsseldorfer Buchillustration in der I. Hälfte des 19. Jahrhunderts (1918) zum Dr. phil. promoviert und unternahm Studienreisen durch Skandinavien, Wales und Irland. Als Expressionist gehörte er zum Freundeskreis um Franz - » M a r c und August —»Macke. Postum erschienen 1931 seine Briefe und Aufzeichungen. Cd Th-B
Seehofer,
Arsacius, auch Arsatius S., evang. Theologe, * zwischen 1495 und 1505 München, f 1542 oder 1545 Winnenden (Württemberg). S., Sohn eines Mitglieds des äußeren Rats der Stadt München, studierte in Ingolstadt und Wittenberg, hörte dort Vorlesungen bei - » M e l a n c h t h o n , möglicherweise auch bei —»Luther, und kehrte 1522 als Anhänger der luth. Lehre nach Ingolstadt zurück. N a c h d e m er sich nach einer aufsehenerregenden Verfolgung hiervon losgesagt hatte, konnte er den Grad eines Magisters erwerben. Nach der Veröffentlichung reformatorischer Artikel und aufgrund von Denunziationen wurde er aus der Univ. ausgeschlossen und im Kloster Ettal inhaftiert, was beträchtliches öffentliches Aufsehen er-
regte (Argula von —»Grumbach). S. konnte nach Wittenberg fliehen, wurde von Luther nach Preußen vermittelt und war seit 1534 Lehrer am St.-Anna-Gymnasium in Augsburg. Seit 1536 Pfarrer in Leonberg, betreute er später die G e m e i n d e in Winnenden. S. verfaßte das erste württembergische homiletische Handbuch: Enarrationes evangeliorum dominicalium ad dialecticam methodum et rhetoricam dispositionem accomodatae (1539). DD L M U
Seekatz,
(Johann) Conrad, Maler, * 4 . 9 . 1719 Grünstadt, t 2 5 . 8 . 1768 Darmstadt. S. wurde durch seinen Vater, einen Maler und Vergolder, seinen im selben Beruf tätigen Bruder Johann Ludwig und 1748-51 durch Philipp Hieronymus —»Brinckmann in Mannheim ausgebildet und war seit 1753 H o f m a l e r in D a r m stadt. Er unterhielt enge Beziehungen zu —»Goethes Vater in F r a n k f u r t / M a i n . Seine konventionellen Mythologien nach höfischem Geschmack sowie seine dekorativen religiösen Kompositionen weisen ihn als Maler des R o k o k o aus. Er schuf auch Szenen aus d e m bürgerlichen Alltag sowie Genrebilder mit Kinder- und Bauernfiguren, Viehmarktund Jahrmarktszenen. Als seine bedeutendste Arbeit gelten die Braunshardter Supraporten im Schloßmuseum Darmstadt. DP Lex Kunst
Seel,
Hanns, Politiker, * 1 9 . 2 . 1 8 7 6 München, t 12. 12. 1941 Berlin. S. studierte an der Univ. MUnchen Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft und trat in den höheren Justiz- und Verwaltungsdienst Bayerns ein. 1919 wurde er Landrat in Dachau. Im selben Jahr veröffentlichte er Das militärische Versorgungsverfahren. Seit 1920 im Reichsarbeitsministerium tätig, wurde er 1923 Ministerialrat. Seit 1920 war S. Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei, seit 1932 der N S D A P . 1934 wurde er Abteilungsleiter im Innenministerium. S. verfaßte u . a . das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" von 1933 mit d e m berüchtigten Arierparagraphen.
Seel,
Hans, Pharmakologe, Toxikologe, Baineologe, * 16.9. 1898 Würzburg, t 3 . 5 . 1961 Berlin. Nach d e m Studium der Medizin in Würzburg 1923 promoviert (Untersuchungen über Capsella Bursa Pastoris), habilitierte sich S. 1928 in Halle (Pharmakologische Studien im Gebiete der Sterine). 1930 wurde er Privatdozent für Pharmakologie, Toxikologie und Balneologie sowie Vorstand des Instituts für experimentelle und klinische Pharmakologie an der Univ. Hamburg, 1933 Leiter der Pharmakologischen Abteilung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für physikalische C h e m i e in Berlin-Dahlem, kehrte 1935 mit einem Lehrauftrag f ü r klinische Pharmakologie nach Hamburg zurück und übernahm 1938 die Leitung einer entsprechenden Forschungsstelle in Berlin. S. arbeitete vor allem über Schädlingsbekämpfungsmittel, Pharmakologie der Arzneipflanzen sowie über Ernährungsphysiologie und -therapie. Er veröffentlichte u . a . Pharmakologische Untersuchungen über natürliches und synthetisches Menthol (1927), Pharmakodynamik deutscher Heilpflanzen (1940) und Klinische Pharmakologie der Herz- und Kreislauf-Krankheiten als Grundlage einer individuellen Therapie (1956). CD Poggendorff 6 S e e l , Otto, Philologe, * 14.1. 1907 A n n w e i l e r / P f a l z , t 11.2. 1975 Erlangen. S., Sohn eines Rechnungsrats, studierte in Freiburg, München, F r a n k f u r t / M a i n und Erlangen Klassische Philologie, Archäologie und Geschichte, wurde 1930 in Erlangen promoviert (Sallust. Von den Briefen ad Caesarem zur Coniuratio Catilinae) und habilitierte sich dort 1935 (Unter-
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Seele suchungen Uber die pseudocaesarischen Bella und den Baibusbrief). Seit 1933 w a r er M i t g l i e d der S A , seit 1937 der N S D A P . Seit 1940 a. o. Prof. an der U n i v . E r l a n g e n , hatte er dort seit 1943 den L e h r s t u h l f ü r K l a s s i s c h e P h i l o l o g i e und A l t e G e s c h i c h t e inne. 1945 entlassen, w a r er zunächst als Arbeiter, d a n n als Verlagslektor u n d 1 9 4 8 / 4 9 als G y m n a siallehrer tätig und w u r d e 1950 e r n e u t Prof. an der U n i v . E r l a n g e n . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Cicero. Wort, Staat, Welt ( 1 9 5 3 , 2 1 9 6 1 ) . Er w a r M i t h e r a u s g e b e r der „Erlanger Beiträge zur S p r a c h - und K u n s t w i s s e n s c h a f t " . CD G r ü t t n e r S e e l e , J o h a n n Baptist, Maler, Radierer, L i t h o g r a p h , * 2 7 . 6 . 1774 M e ß k i r c h , t 2 7 . 8 . 1814 Stuttgart. D e r S o h n eines Unteroffiziers interessierte sich f r ü h f ü r militärische S u j e t s und d u r f t e auf B e t r e i b e n der f ü r s t e n b e r g i schen H e r r s c h a f t e n die H o h e K a r l s s c h u l e in Stuttgart bes u c h e n . Seit 1792 als M a l e r in D o n a u e s c h i n g e n , sicherte er sich mit zahlreichen theatralisch-effektvollen G e m ä l d e n (u. a. Der Kampf auf der Teufelsbrücke, 1802) d i e G u n s t u . a . d e s späteren K ö n i g s —»Friedrich I. von W ü r t t e m b e r g , der ihn 1804 z u m H o f m a l e r und G a l e r i e d i r e k t o r in Stuttgart ernannte. S. schuf S o l d a t e n - und S c h l a c h t e n d a r s t e l l u n g e n sow i e Porträts. m Th-B S e e l e n , J o h a n n Heinrich von, P o l y h i s t o r , * 8 . 8 . 1688 Assel ( L a n d K e h d i n g e n ) , t 21. 10. 1762 F l e n s b u r g . S., S o h n eines Pastors, studierte 1711-13 in Wittenberg P h i l o s o p h i e , G e s c h i c h t e , T h e o l o g i e und N a t u r w i s s e n s c h a f ten, w u r d e K o n r e k t o r a m G y m n a s i u m in F l e n s b u r g und ü b e r n a h m 1716 das R e k t o r a t in Stade, 1718 a m Kathar i n e u m in L ü b e c k . Er setzte dort p ä d a g o g i s c h e R e f o r m e n durch, ließ ö f f e n t l i c h e R h e t o r i k ü b u n g e n a b h a l t e n und f ü h r t e w i e d e r w i s s e n s c h a f t l i c h e D i s p u t a t i o n e n ein. 1753 ließ sich S. als Privatgelehrter in F l e n s b u r g nieder. Er unterhielt eine u m f a n g r e i c h e gelehrte K o r r e s p o n d e n z mit Vertretern der F r ü h a u f k l ä r u n g e b e n s o w i e mit luth. O r t h o d o x e n und verö f f e n t l i c h t e ü b e r 3 5 0 S c h r i f t e n aus T h e o l o g i e , P h i l o s o p h i e , Philologie, Historie u n d B i o g r a p h i k , d a r u n t e r De vanitate divinationum ( 1 7 0 9 ) und De codice rarissimo Psalterii [...] (1734). DP Killy S e e l e n b i n d e r , Werner, W i d e r s t a n d s k ä m p f e r , * 2 . 8 . 1 9 0 4 Berlin, t 24. 10. 1944 B r a n d e n b u r g - G ö r d e n . S. Schloß sich 1921 als T r a n s p o r t a r b e i t e r der Arbeitersportb e w e g u n g an u n d g e w a n n als R i n g e r im H a l b s c h w e r g e w i c h t d e s klassischen Stils sechs d e u t s c h e Meistertitel. 1928 trat er bei der I. Internationalen S p a r t a k i a d e in M o s k a u d e r K P D bei. N a c h 1933 nutzte S. A u s l a n d s r e i s e n mit der R i n g e r N a t i o n a l m a n n s c h a f t zu T r e f f e n mit E m i g r a n t e n . Seit 1938 als e n g e r M i t a r b e i t e r von R o b e r t —»Uhrig im W i d e r s t a n d g e g e n die Nationalsozialisten, w u r d e er 1942 von der G e stapo verhaftet, in d i e A r b e i t s e r z i e h u n g s l a g e r W u h l h e i d e und G r o ß b e e r e n e i n g e w i e s e n , v o m Volksgerichtshof z u m Tod verurteilt u n d zwei J a h r e später hingerichtet. S e e l e r , M o r i z , Schriftsteller, R e g i s s e u r , T h e a t e r d i r e k t o r , * 1.3. 1896 G r e i f e n b e r g ( P o m m e r n ) , t 1943 A u s c h w i t z ( ? ) . S. v e r ö f f e n t l i c h t e e r s t m a l s 1 9 1 7 / 1 8 an —> R i l k e u n d G e org —>Heym orientierte, erotisch g e f ä r b t e K a f f e e h a u s l y r i k , u. a. in den Z e i t s c h r i f t e n „ D a s j u n g e D e u t s c h l a n d " und „ D e r Feuerreiter". In d e n z w a n z i g e r Jahren schrieb S. f ü r d a s Kabarett, v e r f a ß t e d i e R e v u e Bei uns um die Gedächtniskirche rum f ü r Friedrich —>Hollaender u n d w a r an R o b e r t —»Siodmaks F i l m Menschen am Sonntag beteiligt. 1922-30 leitete S. d i e „ J u n g e B ü h n e " , an der S t ü c k e u . a . von Bertolt B r e c h t , Carl —> Z u c k m a y e r und M a r i e l u i s e —> F l e i ß e r ura u f g e f ü h r t w u r d e n . N a c h 1933 arbeitete S. b e i m J ü d i s c h e n K u l t u r b u n d R h e i n - R u h r in K ö l n , hielt sich h ä u f i g in W i e n
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auf und lebte d a n n illegal in Berlin. Bei e i n e m Versuch, ins A u s l a n d zu g e l a n g e n , w u r d e er 1942 verhaftet, in das G h e t t o von R i g a deportiert und v e r m u t l i c h 1943 im K o n zentrationslager A u s c h w i t z e r m o r d e t . D e r G e d i c h t b a n d Die Flut von 1937 ist S.s e i n z i g e B u c h v e r ö f f e n t l i c h u n g . OP Killy S e e l i g , Carl ( W i l h e l m ) , s c h w e i z e r . Journalist, Schriftsteller, * 1 1 . 5 . 1894 Z ü r i c h , t 1 5 . 2 . 1962 Zürich. D e r aus einer begüterten I n d u s t r i e l l e n f a m i l i e s t a m m e n d e S. studierte in N e u e n b u r g ( S c h w e i z ) , seit 1916 in Zürich R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n , Literaturgeschichte und S p r a c h e n . N a c h e i n e m Verlagsvolontariat bei R a s c h e r in Z ü r i c h w a r er 1919-23 Teilhaber des Ε. P. Tal-Verlags in W i e n , w o er die R e i h e Die zwölf Bücher mit Werken von R o m a i n R o l l a n d , H e r m a n n - » H e s s e , S t e f a n - > Z w e i g und anderen betreute. D a n a c h lebte S. bis zuletzt als R e z e n s e n t f ü r v e r s c h i e d e n e s c h w e i z e r . Z e i t u n g e n , Essayist und Lyriker (u. a. Gang durch die Dämmerung, 1953) in Zürich. W ä h r e n d der Zeit des N a t i o n a l s o z i a l i s m u s setzte sich S. f ü r zahlreiche E m i g r a n ten ein, u . a . f ü r I g n a z i o Silone, J o s e p h —»Roth und R o b e r t —>Musil. E r schrieb u . a . Albert Einstein und die Schweiz (1945; 2. u m g e a r b . und v e r m e h r t e Aufl. unter d e m Titel Albert Einstein. Eine dokumentarische Biographie, 1954). S. n a h m 1936 B e z i e h u n g e n zu R o b e r t —»Walser auf und w u r d e d e s s e n Förderer, M e n t o r , V o r m u n d (seit 1944) und N a c h l a ß v e r w a l t e r (Wanderungen mit Robert Walser ( 1 9 5 7 , 2 1990). CD D L L
S e e l i g , Wilhelm, Staatswissenschaftler, * 2 . 6 . 1 8 2 1 K a s s e l , t 3 1 . 7 . 1906 Kiel. S. studierte in M a r b u r g , H e i d e l b e r g und Berlin R e c h t s - und S t a a t s w i s s e n s c h a f t e n , w u r d e 1844 in G ö t t i n g e n p r o m o v i e r t und habilitierte sich dort 1845 f ü r Volkswirtschaft. 1852 w u r d e er a. o. Prof., w e c h s e l t e 1853 nach F r e i b u r g / B r e i s g a u und 1854 als O r d i n a r i u s f ü r N a t i o n a l ö k o n o m i e , F i n a n z w i s s e n s c h a f t u n d Statistik nach Kiel. Dort g e l a n g i h m u. a. die E i n r i c h t u n g einer l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n L e h r a n s t a l t bei der U n i v . s o w i e d i e des Statistischen B ü r o s f ü r d a s H e r z o g t u m Holstein, das 1868 im P r e u ß i s c h e n Statistischen B ü r o a u f g i n g . 1871 in den ersten D e u t s c h e n R e i c h s t a g g e w ä h l t , g e h ö r t e S. 1873-93 d e m preuß. A b g e o r d n e t e n h a u s an. Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Die innere Kolonisation in SchleswigHolstein vor hundert Jahren (1895).
S e e l i g e r , Ewald Gerhard (Hartmann), Pseud. Ewger Seeliger, Schriftsteller, * 11. 1 0 . 1 8 7 7 R a t h a u bei B r i e g (Schlesien), t 8 . 6 . 1959 C h a m ( O b e r p f a l z ) . S., S o h n eines Lehrers, b e s u c h t e ein L e h r e r s e m i n a r , unterrichtete seit 1897 in Schlesien, 1899 an der D e u t s c h e n S c h u l e in G e n u a u n d seit 1900 in H a m b u r g , w o er seit 1907 als f r e i e r Schriftsteller tätig war. Seit 1919 in W a l c h e n s e e ( O b e r b a y e r n ) a n s ä s s i g , w a r er 1 9 2 2 / 2 3 v o r ü b e r g e h e n d in der p s y c h i a t r i s c h e n Klinik in H a a r bei M ü n c h e n untergebracht. 1933 w u r d e S. w e g e n Verspottung des N a t i o n a l s o z i a l i s m u s in „ S c h u t z h a f t " g e n o m m e n und später w e g e n der j ü d i s c h e n H e r k u n f t seiner Frau aus d e r R e i c h s s c h r i f t t u m s k a m m e r a u s g e s c h l o s s e n . Seit 1940 lebte er in C h a m . Z u s e i n e m u m f a n g r e i c h e n Werk g e h ö r e n A b e n t e u e r r o m a n e , J u g e n d b ü c h e r ( M a n d u s Frixens erste Reise, 1906) u n d Schelm e n r o m a n e (Junker Schlörks tolle Liebesfahrt, 1919, N e u ausg. 1953 als „ j u g e n d g e f ä h r d e n d " e i n g e s t u f t ) . W e g e n m e h r f a c h e r V e r f i l m u n g ist Peter Voß, der Millionendieb oder Das entwendete Defizit ( 1 9 1 3 , N e u a u f l . 1991) a m b e k a n n testen g e b l i e b e n . Literarhistorisch b e d e u t e n d ist sein Handbuch des Schwindels (1922, N e u a u s g . 1986), das seine Ein-
Seelos Weisung nach Haar provizierte, als lexikalisches Pamphlet gegen Bürokratie, Rassismus und Militarismus. CD Killy S e e l i g e r , Gerhard (Wolfgang), Historiker, * 3 0 . 4 . 1860 Bielitz (Österr.-Galizien), t 24. 11. 1921 Leipzig. S., Sohn eines Bürgermeisters und Bruder von H u g o von —»S., studierte in Berlin und Wien Geschichte und Volkswirtschaft, wurde 1884 promoviert und habilitierte sich 1887 an der Univ. M ü n c h e n . 1895 wurde er o. Prof. der Geschichtlichen Hilfswissenschaften an der Univ. Leipzig, 1903 auch der Mittleren und Neueren Geschichte, war 1 9 0 5 / 0 6 Rektor der Univ. und leitete seit 1907 als Geheimer Hofrat und Direktor das kgl. Historische Seminar der Universität. S. war neben Georg von —> Below entscheidend an den Auseinandersetzungen um den rechtlichen Charakter der politischen Ordnung des Mittelalters beteiligt. Er gab die „Historische Vierteljahrsschrift" heraus und veröffentlichte u . a . Kapitularien der Karolinger (1893) und Die soziale und politische Bedeutung der Grundherrschaft im früheren Mittelalter (1903). 1920 wurde S. Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei. OD Historikerlex S e e l i g e r , Günther, Jurist, Diplomat, * 2 6 . 7 . 1 9 0 6 Berlin, t 3. / 4 . 5 . 1 9 6 6 Mexico City. S. studierte Rechts- und Staatswissenschaften sowie Volkswirtschaft und wurde 1934 promoviert. Während der nationalsozialistischen Herrschaft und des Zweiten Weltkriegs arbeitete er als Jurist für die A E G , die Wirtschaftsgruppe Chemische Industrie und die IG Farben. Nach dem Krieg im regionalen Verwaltungsdienst, wechselte er 1947 in das spätere Bundesministerium für Wirtschaft und wurde 1950 Ministerialdirigent. 1954-58 im Auswärtigen A m t tätig, wurde er 1958 Generaldirektor für Auswärtige Beziehungen bei der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in Brüssel. 1963 kehrte S. als Botschafter in M e x i k o in den diplomatischen Dienst zurück. CO Munzinger S e e l i g e r , Hugo (Hans) Ritter von, Astronom, * 2 3 . 9 . 1849 Bielitz (Österr.-Galizien), t 2. 12. 1924 München. S., Bruder von Gerhard - > S . , studierte in Heidelberg und Leipzig Naturwissenschaften, wurde 1871 promoviert (Zur Theorie der Doppelsternbewegungen) und war 1871-73 Assistent an der Leipziger Sternwarte. Seit 1873 Observator an der Sternwarte in Bonn, habilitierte er sich dort 1877 (Theorie des Heliometers), war als Privatdozent in Leipzig tätig, übernahm 1881 die Sternwarte in Gotha und wurde 1882 als o. Prof. der Astronomie und Direktor der Sternwarte an der Univ. München. Er war Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (seit 1882). S., einer der führenden Astronomen seiner Zeit, untersuchte die Beleuchtungsverhältnisse der Planeten, die Verteilung der Sterne im Raum und Probleme der Himmelsmechanik. Er war der erste Astronom, der die grundlegenden Gleichungen der Beziehungen zwischen verschiedenen statistischen Funktionen der Sterne entwickelte. S. veröffentlichte u. a. Über allgemeine Probleme der Mechanik des Himmels (1892), Theorie der Beleuchtung staubförmiger kosmischer Massen (1893), Betrachtungen über die räumliche Verteilung der Fixsterne (1909) und Die Anwendung der Naturgesetze auf das Universum (1909). S. war der Vater von Rudolf —> S. CP D S B S e e l i g e r , Rudolf, Physiker, * 12. 11. 1886 München, t 2 0 . 1 . 1965 Greifswald. Der Sohn Hugo von —>S.s studierte in München, Tübingen, Heidelberg und Würzburg Naturwissenschaften, wurde 1909 mit der Arbeit Beitrag zur Theorie der Elektrizitäts-
leitung in dichten Gasen promoviert und ging 1912 als Assistent an die Physikalisch-Technische Reichsanstalt BerlinCharlottenburg. 1915 habilitierte er sich an der Univ. Berlin für Physik, wurde 1918 a. o . P r o f . in Greifswald und hatte 1922-55 den Lehrstuhl für Physik inne; 1949 wurde dort für ihn eine Forschungsstelle f ü r Gasentladungsphysik der Deutschen Akademie der Wissenschaften eingerichtet. 1946-48 war er Rektor der Universität. S. arbeitete über Gasentladungen (vor allem über Glimmentladungen) und Plasmen sowie über die physikalischen Vorgänge in der Ionosphäre und bei der Elektroentstaubung. Er veröffentlichte u . a . Einführung in die Physik der Gasentladungen (1927, 2 1934), Angewandte Atomphysik (1938) und Die Grundbeziehungen der modernen Physik (1948). S e e l i n g , (Christian) Heinrich, Architekt, Theaterbaumeister, * 1. 10.1852 Zeulenroda, t 1 5 . 2 . 1 9 3 2 Berlin. S., Sohn eines Maurermeisters und Bauunternehmers, erlernte im väterlichen Geschäft den Maurerberuf und besuchte die Hannoversche Baugewerkschule in Holzminden. Anschließend arbeitete er in verschiedenen Ateliers, ließ sich 1878 als selbständiger Architekt in Berlin nieder und führte 1903-10 mit Richard Seel ein Architekturbüro. Seit 1907 Stadtbaurat in Charlottenburg, wurde er 1911 Senator der Akademie der bildenden Künste sowie Mitglied der Akademie des Bauwesens. Als Vertreter des Historismus entwickelte er sich zum bedeutendsten Theaterarchitekten der Jahrhundertwende. S. baute das Neue Theater, das Theater am Schiffbauerdamm ( 1 8 9 1 / 9 2 ) und die Städtische Oper in Berlin. Er errichtete außerdem Theaterbauten in Halle, Essen, Bromberg, Aachen, F r a n k f u r t / M a i n , Gera, Braunschweig, Kiel und Freiburg (1910). Unter seiner Leitung entstanden zahlreiche öffentliche Bauten, u. a. das Geschäftshaus der AEG-Elektrizitätsgesellschaft in Berlin (1905). CD Lebenswege Thür, 3. Slg. S e e l i n g , Otto, Industrieller, Verbandsfunktionär, * 1 . 3 . 1 8 9 1 Fürth, t 1 . 3 . 1 9 5 5 Fürth. S. machte eine kaufmännische Lehre, holte später das Abitur nach und studierte in Erlangen und F r a n k f u r t / M a i n Rechts- und Staatswissenschaften. Nach der Promotion zum Dr. rer. pol. bei verschiedenen Industrieverbänden tätig, trat er 1922 in den Vorstand der Tafel-, Salin- und Spiegelglasfabrik in Fürth ein. Seit der Gründung der Deutschen Tafelglas A G besaß S. das Tafelglas-Monopol im Reichsgebiet. Bei Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft schied er aus seinen Positionen aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg war S. in Fach- und Industrieverbänden tätig und hatte zahlreiche Aufsichtsratsmandate inne. • • Munzinger S e e l m a n n , Emil Paul, auch S.-Eggebert, Bibliothekar, Philologe, Schriftsteller, * 25. 1. 1859 Oschersleben (Sachsen), f 30. 11. 1915 Bonn. S., Sohn eines Lohgerbers, studierte 1879-82 Lateinische und Romanische Philologie in Berlin und Bonn, trat 1881 bei der Universitätsbibliothek Bonn in den Bibliotheksdienst ein und wurde 1884 in Berlin promoviert. Nach Stationen in Göttingen, Breslau und Halle war er 1892-1908 Oberbibliothekar in Bonn. S. machte sich vor allem um die Erforschung der altwallonischen Poesie und der altfranzösischen Epik verdient. Er veröffentlichte u . a . Bibliographie des altfranzösischen Rolandliedes (1888) und Wiederauffindung der von Karl dem Großen deportierten Sachsen (1895). • a MBL S e e l o s , Gebhard, Diplomat, * 13.3. 1901 München, t 18. 12. 1984 Seehausen (Oberbayern). Nach kaufmännischer Lehre studierte S. Rechts- und Staatswissenschaften, wurde zum Dr. jur. promoviert, trat 1925 in den diplomatischen Dienst ein und war seit 1927 in Madrid
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Seemann und Sydney sowie in Polen und Dänemark tätig. 1944 aus politischen Gründen entlassen, war er nach 1945 bayerischer Bevollmächtigter beim Länderrat in Stuttgart und später in F r a n k f u r t / M a i n . 1949-51 führte er die Fraktion der Bayernpartei im Deutschen Bundestag. 1953 trat S. als Generalkonsul in Istanbul wieder in den Auswärtigen Dienst ein und war Botschafter in Portugal, Griechenland und Brasilien. S. schrieb u . a . Moderne Diplomatie (1953). • 3 Munzinger S e e m a n n , (Hermann Ernst) Albrecht, Drucker, Verleger, * 4. 1. 1863 Leipzig, t 2 3 . 4 . 1 9 5 2 Leipzig. S., Sohn Ernst Arthur —»S.s und Bruder Artur —»S.s, verbrachte seine Lehrzeit in der Piererschen Hofbuchdruckerei in Altenburg und bildete sich danach in anderen deutschen und auch englischen Druckereien weiter. 1887 trat er als Teilhaber in die Druckerei Julius R a m m ein, die seitdem als R a m m & Seemann firmierte und u . a . durch den Druck des „Börsenblatts f ü r den deutschen Buchhandel" (seit 1888) raschen A u f s c h w u n g nahm; 1922 ging sie in der von S. bereits früher erworbenen Buch- und Kunstsdruckerei Ernst Hedrich Nachf. G m b H auf. S. gründete den Verlag Hermann Seemann, übernahm im Ersten Weltkrieg den Woerlschen Reisebücherverlag und 1939 den Verlag Hermann Klemm. S e e m a n n , Artur (Gustav Otto Emil), Pseud. Nautilus, Verleger, * 30. 11.1861 Leipzig, f 23. 12. 1925 Meran. S., Sohn Ernst Arthur —» S.s und Bruder Albrecht —> S.s, besuchte die Handelsschule und wurde bei der Buchhandlung Strauß in Bonn und bei der Kunsthandlung Dietrich & Co. in Brüssel zum Buchhändler ausgebildet. Seit 1888 führte er als eigenes Unternehmen den Verlag der Litterarischen Jahresberichte, der sich später Verlag Artur Seemann nannte und 1895 in den Verlag Ε. A. Seemann einging. Gemeinsam mit seinem Schwager Eugen Twietmeyer führte S. seit 1892 eine Firma namens Ε. A. Seemann Separat Conto, die seit 1897 unter dem N a m e n Seemann & Co. firmierte. Z u m Verlagsprogramm gehörten vor allem kunstgewerbliche Publikationen, aber auch das Handbuch der Ornamentik von Franz Sales Meyer. Seit 1885 Teilhaber der väterlichen Verlagsbuchhandlung in Leipzig, Ubernahm S. 1899 die Geschäftsführung auf volle eigene Verantwortung. Seit 1911 verlegte er das von Ulrich - » T h i e m e und Felix —»Becker herausgegebene Allgemeine Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, dessen erster Band 1907 im Verlag von Wilhelm —> Engelmann erschienen war. 1910 in den Vorstand des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler gewählt, hatte S. 1916-18 das A m t des 1. Vorstehers inne. Er war auch Mitglied des Gründungsausschusses der Deutschen BUcherei. 1923 nahm S. seinen Sohn Eiert in den Verlag auf und setzte sich 1924 in Den Haag zur Ruhe. Er war Herausgeber von Künstlermappen und betätigte sich auch als Lyriker und Essayist ( u . a . Billige Weisheit. Antidoton gegen Rembrandt als Erzieher, 1890; Der Hunger nach Kunst. Betrachtungen, 1901). S e e m a n n , August, Mundartdichter, Lehrer, * 14.9. 1872 Groß-Roge bei Teterow (Mecklenburg), f 2 . 7 . 1 9 1 6 an der Westfront. Der Sohn eines Kleinbauern besuchte nach d e m Tod des Vaters 1888-91 die Präparandenanstalt, 1891-94 ein Seminar für Stadtschullehrer in Berlin und war seit 1894 im Gemeindeschuldienst der Stadt Berlin tätig. S. schrieb u . a . Heitblicken. Plattdütsche Balladen un Lieder (1902) und Bewernadeln. Ein sösst Strutz plattdütscher Gedichte (1913). S e e m a n n , Carl Friedrich, Musiker, Musikpädagoge, * 8 . 5 . 1910 Bremen, t 2 6 . 1 1 . 1983 Freiburg/Breisgau. S. studierte 1928-33 Klavier und Orgel am Kirchenmusikalischen Institut des Leipziger Konservatoriums (u. a. bei
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Günther —> Ramin), war Organist in Flensburg und Verden und trat seit 1936 vor allem als Konzertpianist auf. 1946-74 leitete er die Klavierabteilung der Musikhochschule in Freib u r g / B r e i s g a u , der er 1964-74 als Direktor vorstand. Seit 1972 war er Vizepräsident des Deutschen Musikrats. S e e m a n n , Ernst (Eiert) Arthur (Heinrich), Pseud. A. W(olfgang) Becker, Adolf Bieber, Verleger, * 9 . 3 . 1 8 2 9 Herford, f 5. 10. 1904 Großbothen (Sachsen). Der Sohn eines Juristen begann 1845 eine Buchhändlerlehre bei Velhagen & Klasing in Bielefeld, wurde 1852 Gehilfe bei der Firma Friedrich Volckmar in Leipzig und war 1853-55 bei der Verlags- und Sortimentsbuchhandlung A. Asher & Co. in Berlin tätig. Nach einem Jahr bei dem Antiquariat J. Meyri in Basel kehrte S. 1856 nach Leipzig zurück und redigierte die belletristischen Zeitschriften im Verlag Payne. Er arbeitete eine Zeitlang bei dem von der Rengerschen Buchhandlung begründeten Konversationslexikon der bildenden Kunst mit, anschließend zwei Jahre am Piererschen Konversationslexikon. 1858 eröffnete er in Essen eine Sortimentsund Verlagsbuchhandlung. 1861 verlegte S. den kunstwissenschaftlichen und kunstgewerblichen Verlag nach Leipzig, nachdem er seine Sortimentsabteilung verkauft hatte, brachte u . a . die „Zeitschrift für bildende Kunst" heraus und baute sein Unternehmen zu einem der bedeutendsten KunstVerlage in Deutschland aus. 1897 übergab er den kunstgewerblichen Zweig seinem Schwiegersohn, der ihn unter der Firma Seemann & Co. weiterführte. 1875-86 war S. als Nationalliberaler im Leipziger Stadtverordneten-Kollegium tätig. Im Leipziger Kunstverein fungierte er 1880-1901 als Vorstandsmitglied. S. wirkte auch jahrelang im Vorstand des Börsenvereins der Deutsehen Buchhändler, dessen 1. Schatzmeister er 1884-89 war. Unter seinem Pseudonym A. W . Becker veröffentlichte er Charakterbilder aus der Kunstgeschichte (1862, 3 1869) und Die Kunst und die Künstler des 16., 17. und 18. Jahrhunderts (3 Bde., 1863-65; Erg.-Bd„ 1870, von Charles Clement). S. war der Vater von Artur und Albrecht - > S . DP M e n z S e e m a n n , H u g o Josef, Techniker, Metallurge, * 2 4 . 1 1 . 1899 Stuttgart, t 11.2. 1977 Saarbrücken. S. studierte an den Universitäten München und Erlangen sowie an der T H Darmstadt, nahm a m Ersten Weltkrieg teil und wurde 1924 promoviert (Das kugelförmige Astrolab). 1935 habilitierte er sich an der T H Berlin-Charlottenburg und wurde 1936 Leiter der Forschungsanstalt der Dürener Metallwerke in Berlin. S. beschäftigte sich vor allem mit Metallphysik und Metallurgie und entwickelte das Elektronen-Beugungsmikroskop. Er veröffentlichte u. a. Das kugelförmige Astrolab nach den Mitteilungen von Alfons X. von Kastilien und den vorhandenen arabischen Quellen (mit T h e o d o r Mitteiberger, 1925), Die Instrumente der Sternwarte zu Marägha nach den Mitteilungen von AiUrt (1928) und Wissenschaftliche und technische Aspekte der Metallforschung (1966). Nach S. und d e m schwedischen Physiker H. Bohlin ist das Seemann-Bohlin-Verfahren der Röntgenstrukturanalyse benannt. e n Munzinger S e e m a n n , Margarete, Pseud. Margmann, österr. Schriftstellerin, * 2 6 . 7 . 1 8 9 3 Wien, t 6 . 6 . 1 9 4 9 Wien. S. war seit 1912 Volksschullehrerin in Wien, studierte später Klavier, Violine und Cello und unternahm Reisen durch Albanien, Italien und Deutschland. Seit 1930 lebte sie als freie Schriftstellerin in Wien. Sie schrieb vom Katholizismus (Mutter- und Marienverehrung) geprägte Gedichte, Sinnsprüche, R o m a n e und Aphorismen, u. a. (Hörende Herzen, 3 Bde., 1926). CD Killy
Segal Seemüller,
Joseph (Johann Eusebius), österr. Germanist, * 1 5 . 1 0 . 1 8 5 5 Währing (heute zu Wien), t 20. 1.1920 St. Martin bei Klagenfurt. S., Sohn eines Offizials in der niederösterreichischen Statthalterei, studierte seit 1873 Deutsche Philologie, Klassische Altertumswissenschaft, Sanskrit, vergleichende Sprachwissenschaft und Philosophie in Wien und Straßburg und wurde 1877 in Wien promoviert (Das Verhältnis der althochdeutschen Williramhandschriften, gedruckt unter dem Titel Die Handschriften und Quellen von Willirams deutscher Paraphrase des Hohen Lieds). Nach einem Aufenthalt in Florenz habilitierte er sich 1879 mit einer A u s g a b e von Willirams deutsche Paraphrase des Hohen Lieds (gedruckt bereits 1878), war dann als Gymnasiallehrer tätig und wurde 1890 a. o„ 1893 o. Prof. f ü r Deutsche Sprache und Literatur an er Univ. Innsbruck. 1905-12 war er Ordinarius an der Univ. Wien und leitete seit 1913 die Kanzlei zur Herausgabe des Bayerisch-österreichischen Wörterbuchs. S. veröffentlichte u. a. Zur Kritik der Königsfelder Chronik (1904), Altdeutsche Metrik (1909) und Deutsche Sprachlehre (2 Bde., 1911). Er war seit 1906 wirkliches Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften in Wien und korrespondierendes Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften in Göttingen (seit 1911) und der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften (seit 1917). CD I G L S e e ß e l b e r g , Friedrich, Architekt, Fachschriftsteller, * 2 . 2 . 1861 Veersen bei Uelzen, t 2 0 . 9 . 1 9 5 6 Berlin. Der Bauernsohn studierte an den Technischen Hochschulen Berlin und Hannover sowie an den Universitäten Berlin und Heidelberg Architektur, Kunst- und Baugeschichte. 1898 habilitierte er sich für Architektur und lehrte seitdem an der T H Charlottenburg, 1911-27 als Ordinarius für Philosophie der Baukunst, R a u m k u n s t und historisch-kirchliche Baukunst. S. gründete den Werdandi-Bund. Er veröffentlichte u . a . Die skandinavische Baukunst der ersten nordischchristlichen Jahrhunderte (1897) und Die Totalität der baulichen Gestaltung (1932). DP Munzinger
Seetzen,
Ulrich Jasper, Forschungsreisender, * 30. 1.1767 S o p h i e n g r o d e n / M i d d o g e , t 8 . 9 . 1 8 1 1 Tais (Jemen). S., Sohn eines wohlhabenden Landmanns, studierte seit 1785 Medizin und Naturwissenschaften in Göttingen, wurde 1789 promoviert ( S y s t e m a t u m generaliorum de morbis plantarum brevis dijudicatio) und unternahm als Privatgelehrter ausgedehnte geologische, mineralogische und botanische Studienreisen durch Deutschland, Österreich und Holland. 1794 erwarb er in Jever eine Windsägemühle, eine Muschelkalkbrennerei sowie umfangreichen Grundbesitz und begann einen Baumaterialienhandel. 1800 begann er mit der Vorbereitung einer mehrjährigen Forschungsreise durch Kleinasien, die arabische Halbinsel und Afrika; 1802 brach er auf. Die letzte briefliche Nachricht von S. stammt vom November 1810. Zu seinen Veröffentlichungen gehört Reisen durch Syrien, Palästina, Phönicien, die Transjordan-Länder, Arabia Petraea und Unter-Aegypten (hrsg. von Friedrich Carl Hermann Kruse, Georg Friedrich Hermann Müller u. a., 4 Bde., 1854-59, Nachdr. 2004, auch unter d e m Titel Unter Mönchen und Beduinen. Reisen in Palästina und angrenzenden Ländern 1805-1807, hrsg. von Ulrich Jasper, 2002). m Oldenburg
Seewald,
Richard (Josef Michael), schweizer. Maler, Graphiker, Schriftsteller, * 4 . 5 . 1889 Arnswalde (Neumark), f 2 9 . 1 0 . 1 9 7 6 München. S., Sohn eines Kulturingenieurs, studierte seit 1909 in München Architektur und später Malerei, beschickte seit 1913 zahlreiche Ausstellungen in Deutschland, Frankreich und der Schweiz und unternahm Studienreisen durch Europa. 1924-31 lehrte S. an den Kölner Werkschulen. Im S o m -
mer lebte er in R o n c o (Tessin), wohin er 1932 ganz übersiedelte. 1929 konvertierte er zum kath. Glauben und nahm 1939 die schweizer. Staatsbürgerschaft an. 1954-58 war S. Prof. an der Bayerischen Akademie der bildenden Künste in München. Seine Reiseberichte, Landschafts- und Tierschilderungen mit eigenen Illustrationen versuchen, durch präzise Beschreibung die Tiefendimension der Dinge und G e s c h ö p f e zu erschließen (u. a. Reise nach Elba, 1925; Das griechische Inselbuch, 1957). S. schuf Landschaften, Tierbilder und Figurendarstellungen. In seinen Gemälden näherte er sich dem Stil der Neuen Sachlichkeit. Nach dem Zweiten Weltkrieg gestaltete er Glasgemälde für Kirchen. 1961 freskierte er die M ü n c h n e r Hofgartenarkaden. Als eindrucksvolle Zeitdokumente gelten seine vier autobiographischen Werke Gestehe, daß ich glücklich bin (1942), Der Mann von gegenüber (1963), Neumond über meinem Garten (postum 1970) und Die Zeit befiehlts, wir sind ihr Untertan (postum 1977). t u Killy
Seffner,
Carl (Ludwig), Bildhauer, * 19.6. 1861 Leipzig, t 2 . 1 0 . 1932 Leipzig. S. studierte seit 1877 an der Leipziger Kunstakademie, setzte sein Studium in Berlin, Italien und Paris fort, kehrte 1891 nach Leipzig zurück und wurde 1889 als Bildhauer selbständig. 1897 erhielt er den Professorentitel. S. war seit 1899 Mitglied des Leipziger Kunstvereins, dessen Ehrenmitglied und erster Vorsitzender er später wurde. S. spezialisierte sich auf Porträtbildnerei und schuf u . a . Büsten von Johann Sebastian —»Bach, Robert —> Schumann, Felix —»Mendelssohn Bartholdy und Gotthold Ephraim —> Lessing. DP Lex Kunst S e f r i n , Max, Politiker, * 2 1 . 1 1 1913 Stambach (Pfalz), t 10.8.2000 Thiessow/Rügen. S., Sohn eines Zementarbeiters, durchlief 1930-32 in Pirmasens eine kaufmännische Lehre. 1932-37 zum Flugzeugführer ausgebildet, nahm er am Zweiten Weltkrieg teil. 1946 trat S. in die C D U ein, wurde 1948 ehrenamtlicher Stadtrat in Jüterbog bei Berlin, 1950 Kreisrat im Kreis Luckenwalde und gehörte seit 1952 der Volkskammer an; 1955-58 war er Vorsitzender der CDU-Fraktion. 1958 wurde er als Nachfolger von Otto —> Nuschke stellvertretender Vorsitzender der Ministerrats und folgte im selben Jahr Luitpold —»Steidle als Minister für Gesundheitswesen nach (bis 1971). Seit der Gründung der Deutschen-südostasiatischen Gesellschaft war er deren Präsident, 1961-90 gehörte er als Vizepräsident der Liga für Völkerfreundschaft der D D R an. m DDR S e g a l , Arthur, Maler, Graphiker, Kunsttheoretiker, * 13.7. 1875 Jassy (Rumänien), t 2 3 . 6 . 1944 London. S. studierte an den Kunstakademien Berlin und München und bildete sich in Paris weiter. Während des Ersten Weltkriegs lebte er in der Schweiz und seit 1920 in Berlin. Wegen seiner jüdischen Herkunft als „entarteter" Künstler verfemt, emigrierte S. 1933 nach Palma de Mallorca, später nach London. In seinen Bildern vollzog S., beeinflußt von van Gogh und Matisse, die Entwicklung der modernen Malerei vom Impressionismus zum Neoimpressionismus und Expressionismus nach und wandte sich E n d e der zwanziger Jahre einem objektiven Naturalismus zu. Seine Stilleben und Landschaften sind immer auch Lichtexperimente; S. beschäftigte sich in ihnen mit dem Problem der optischen Gleichwertigkeit aller Bildteile. Er war der Vater von Walter - > S . CD Lex Kunst
Segal,
Walter, Architekt, * 1 5 . 5 . 1 9 0 7 Ascona (Kt. Tessin), t 2 7 . 1 0 . 1985 London. Nach d e m Architekturstudium 1927-32 an den Technischen Hochschulen Delft und Berlin (bei Hans —>Poelzig) sowie
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Segebarth an der Ε Τ Η Zürich war S., Sohn von Arthur —>S., als Architekt in Ascona und Lugano, auf Mallorca ( 1 9 3 4 / 3 5 ) und vorübergehend in Kairo tätig. 1936 ließ er sich mit eigenem Büro in London nieder, lehrte dort 1944-48 an der Architectural Association School und wurde 1973 Prof. am University College London. Bekannt wurde S. vor allem durch seine einfachen, mit wenigen kostengünstigen Standardbauteilen vom Bauherrn selbst zu bauenden Häuser. Er veröffentlichte u . a . Planning and Transport (1945), Home and Environment (1948, 2 1953) und Housing for People (1979). DP Architects
Segebarth,
Johann (Peter Christoph), Seefahrer, Schriftsteller, * 1 6 . 1 0 . 1 8 3 3 W i e c k / D a r ß , t 17.5. 1919 Barth (Pommern). S. ging mit vierzehn Jahren zur See, machte mit zwanzig das Steuermannsexamen und fuhr seit 1857 eigene Handelsschoner auf Routen zum Schwarzen M e e r sowie nach Amerika. 1882 gab er die Seefahrt auf und widmete sich in Prerow der Gemeindepolitik. Zweimal zum Gemeindevorsteher gewählt, machte er aus dem Ort ein Seebad mit eigener Eisenbahnanbindung. Als plattdeutscher Heimatdichter veröffentlichte S. mehrere Erzählbände, u . a . Ut de Demokratentid (1885) und De irste Seemannsreis (1886). OD Leb P o m m e r n , Bd 3 S e g e r , Gerhart (Heinrich), auch G. Henry S., Journalist, Politiker, * 16. 11.1896 Leipzig, t 2 1 . 1 . 1967 N e w York. Der gelernte Steindrucker, Sohn eines Schneiders und sozialdemokratischen Redakteurs, besuchte nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg eine Fortbildungsschule und hörte Vorlesungen an der Univ. Leipzig. 1920 trat er in die S P D ein, war seit demselben Jahr als Redakteur tätig und wurde 1923 Chefredakteur der „Volkszeitung für Südwestdeutschland" in Plauen, 1928 des „Volksblatts für Anhalt" in Dessau; 1932 forderte er in der „Leipziger Volkszeitung" die Ausweisung —> Hitlers als eines unerwünschten Ausländers. 1923-28 war er Generalsekretär der Deutschen Friedensgesellschaft und gehörte 1930-33 d e m Reichstag an. 1933 verhaftet, gelang S. E n d e 1933 die Flucht aus d e m Konzentrationslager Oranienburg nach Prag. Nach Veröffentlichung seines Berichts Oranienburg. Erster authentischer Bericht eines aus dem Konzentrationslager Geflüchteten (1934, Nachdr. 1979, Neuausg. 2004) unternahm er 1 9 3 4 / 3 5 Vortragsreisen durch Europa und die U S A (Reisetagebuch eines Emigranten, 1936). 1935 emigrierte er in die U S A , deren Staatsbürgerschaft er 1942 erhielt, und war 1936-49 Chefredakteur der „Neuen Volkszeitung". Danach schrieb er noch für verschiedene Zeitschriften und als Amerika-Korrespondent für den „Telegraf. DP Spalek 3,4
Seger,
Hermann (August), Keramiker, Technologe, * 26. 12. 1839 Posen, t 30. 10.1893 Berlin. Der Sohn eines Juristen studierte seit 1859 vor allem Chemie an der Gewerbeakademie in Berlin, wurde 1868 in Rostock promoviert (Die technischer Verwertung Schwefelkies führender Schiefer und Tone der Stein- und Braunkohlenformation. Kritik des heutigen Standes der Alaun- und Vitriolgewinnung und Mittel zu deren Hebung) und spezialisierte sich in mehreren Praktika sowie bei Studienaufenthalten in Schweden, Ungarn, Belgien und England auf die wissenschaftliche Erforschung der Tonproduktion. Im Laboratorium der „Deutschen Töpfer- und Ziegler-Zeitung" schuf S. die Grundlagen der modernen Tonchemie. Er stellte die Zusammensetzung der Tone und Kaoline fest und klärte die chemischen Bedingungen der Tonproduktion, u. a. die Frage der Kristallbildung sowie die nach dem Einfluß von Gasen und Säuren im Brennprozeß. 1878 wurde ihm die Leitung der chemisch-technischen Versuchsanstalt der Kgl. Porzellan-Manufaktur Berlin übertragen. Bis heute werden
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die sogenannten Segerkegel, etwa 6 cm hohe, dreiseitige Pyramiden mit unterschiedlichen Erweichungspunkten aus Gemischen von Kaolin, Feldspat, Quarz, M a r m o r und anderen keramischen Zusatzstoffen zur Ermittlung und Überwachung der Gradbrandtemperatur verwendet. Die nach S. benannte Segerformel ist eine Molekularformel zur Darstellung von Glasurzusammensetzungen. Er veröffentlichte u. a. Das kleine Gipsbuch (mit Eduard Cramer, 1901, 3 1907). 1896 erschienen S.s Gesammelte Schriften ( 2 1908, engl. 2 Bde., 1902). DD Matschoß: Tech
Segesser, Agnes von, schweizer. Schriftstellerin, Journalistin, Heraldikerin, * 28. I. 1884 Luzern, t 12.4. 1964 Luzern. S. studierte in Frankreich und England, organisierte die Stiftung Pro Senectute in den kath. Kantonen der Schweiz und veröffentlichte seit Ende der zwanziger Jahre historischbiographische Aufsätze und Essays. Es folgten kulturhistorische R o m a n e sowie Vorträge und andere Arbeiten zur sogenannten geistigen Landesverteidigung während des Zweiten Weltkriegs. Als Präsidentin des Schweizerischen Verbandes katholischer Frauen für Literatur, Journalistik und Kunst, Mitglied des Forum Helveticum und der P r o g r a m m k o m m i s sion von Radio Beromünster setzte sie sich vor allem für die Belange eines schweizer. Regionalkatholizismus, aber auch für das Frauenstimmrecht ein. S. schrieb u. a. Die letzte Burgunderin (1934), Der Geheimkurier (1939) und Heimet Gschichte i Luzerner Sprooch (1940). DP C H 91 Segesser von Brunegg,
Anton Philipp, schweizer. Staatsmann, Rechtshistoriker, * 5 . 4 . 1 8 1 7 Luzern, t 3 0 . 6 . 1888 Luzern. S. v. B. stammte aus einer alten Patrizierfamilie, studierte in Heidelberg, Bonn, Berlin und München Rechtswissenschaften und wurde 1841 in Luzern als Anwalt zugelassen. 1841-47 war er Ratsschreiber der konservativen Regierung. Innerhalb des Nationalrats, d e m er seit 1848 angehörte, vertrat er die gemäßigt katholisch-konservative und föderalistische Opposition. 1863-67 leitete S. v. B. das Staatswirtschaftsdepartement, 1871-75 das Erziehungsdepartement und 1875-88 das Justizdepartement des Kantons Luzern. 1872 war er Schultheiß in Luzern. S. v. B. veröffentlichte eine Rechtsgeschichte der Stadt und Republik Luzern (4 Bde., 1850-58), Ludwig Pfyffer und seine Zeit (4 Bde., 1880-82), Sammlung kleiner Schriften (4 Bde., 1877-87; Bd. 4: Fünfundvierzig Jahre im Luzernischen Staatsdienst). Außerdem redigierte er 4 Bände der Amtlichen Sammlung der ältern eidgenössischen Abschiede 1245-1520 (1858-74). Postum erschienen von ihm Erinnerungen (1891). DP Killy S e g g e l , Karl, Militärarzt, * 7. 1.1837 Wassertrüdingen (Mittelfranken), t 2 . 3 . 1909 München. S., Sohn eines Arztes, studierte in Erlangen, Würzburg, Jena und Berlin Medizin, wurde 1860 promoviert ( U e b e r die Scabies norwegica s. crustosa Boeckii) und trat 1861 als Militärarzt in die bayerische A r m e e ein. Er nahm an den Feldzügen 1866 und 1 8 7 0 / 7 1 teil, praktizierte seit 1864 als Augenarzt in M ü n c h e n und leitete seit 1878 eine von ihm begründete militärische Augenklinik. Seit 1890 Dozent am Operationskurs für Militärärzte, wurde er 1895 zum Vorstand ernannt und erhielt im selben Jahr einen Lehrauftrag f ü r Feldsanitätswesen. S. veröffentlichte u . a . Die objektive Bestimmung der Kurzsichtigkeit und die Bestimmung der Sehschärfe beim Militärersatzgeschäft (1876), Bericht über die Augenkrankenstation des Königl. GarnisonLazareths München (1884) und Die ophthalmoskopischen Erscheinungen bei Hirnsyphilis (1889). DP Ärzte I
Segitz S e g h e r s , Anna, eigentl. Netty Radvanyi, geb. Reiling, Schriftstellerin, * 19.11. 1900 Mainz, t 1 . 6 . 1 9 8 3 Berlin (Ost). S. stammte aus einer jüdischen Kunsthändlerfamilie, studierte in Heidelberg und Köln Kunstgeschichte, Geschichte und Sinologie und wurde 1924 bei Carl Neumann mit der Dissertation Jude und Judentum im Werke Rembrandts promoviert. 1925 heiratete sie den ungarischen Soziologen Läszlo Radvänyi (später Johann Lorenz —> Schmidt), der 1926 Leiter der Marxistischen Arbeiterschule (MASCH) in Berlin wurde. 1928 trat sie der KPD, 1929 dem Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller bei. Geschult an Dostojewski, Balzac und Joseph Conrad, verband S. in ihrer frühen expressionistischen Prosa einen sachlich-knappen Erzählton mit Montage und innerem Monolog, poetischer Metaphorik und filmisch-szenischer Bildlichkeit. Grubetseh (1927) und Der Aufstand der Fischer von St. Barbara (1928) stellen Helden dar, die aus ihrer kleinbürgerlichen Misere ausbrechen. Im ersten Roman Die Gefährten (1932) wird das anarchische Aufbegehren zum politischen Motiv der Entscheidung für den internationalen Klassenkampf. Nach —»Hitlers Machtergreifung wurde S. die wichtigste antifaschistische Schriftstellerin Deutschlands. Im Exil in Paris (1933-40) und Mexiko (1941-47) setzte sie sich für die „Volksfront" der Hitlergegner ein. Mit Wieland —> Herzfelde, Oskar Maria —»Graf und Jan -> Petersen war sie in Paris Herausgeberin der „Neuen Deutschen Blätter" (Prag). In Mexiko gründete sie mit Ludwig —>Renn, Bodo —>Uhse und Alexander —»Abusch die Zeitschrift „Freies Deutschland" und wurde Präsidentin des „Heinrich-Heine-Klubs". In ihren ersten Exilromanen gestaltete S. die psychologische und soziale Lage der mittleren Schichten und Arbeiter vor der nationalsozialistischen Herrschaft. In Der Kopflohn (1933), Der Weg durch den Februar (1935) und Die Rettung (1937) entsteht waches politisches Handeln nicht aus ideologischer Doktrin, sondern aus instinktiver Menschlichkeit ein Motiv, mit dem sie in den Exilerzählungen auch Frauen aus traditionellen Rollen ausbrechen läßt. In ihrer berühmten Rede Vaterlandsliebe (1935) erläuterte sie Heimat entgegen dem nationalsozialistischen Mythos von Blut und Boden als sozialen Lebensraum, geprägt durch Geschichte, Kultur und Natur. S. entwickelte ihre Erzähltheorie im Briefwechsel mit Georg —>Lukäcs (1938/39). Aus der Perspektive der linken Avantgarde argumentierte sie gegen die geschlossene Gestaltung des sozialistischen Realismus und forderte Raum für experimentelle, offene Erzählformen. Das siebte Kreuz (1942) und Transit (1944), ihre besten Romane, geben in epischer Fülle einen differenzierten Einblick in das tatsächliche Leben in Hitlerdeutschland und in die existentielle Krisensituation des Exils. Die kunstvolle, autobiographische Novelle Der Ausflug der toten Mädchen (1946) überblendet Gegenwart mit Traum und Vergangenheit und ergibt ein eindrucksvolles Paradigma weiblicher Erfahrung im 20. Jahrhundert. Die Toten bleiben jung (1949), noch in Mexiko entstanden, verknüpft fünf Familiengeschichten zu einem episch-historischen Abriß der deutschen Gesellschaft von 1918 bis 1945. 1947 kehrte S. nach Ostberlin zurück, wo sie ihren utopischen Sozialismus bald mit der doktrinären DDRWirklichkeit konfrontiert sah. Als Präsidentin des Schriftstellerverbandes (1952-78) blieb sie in ihren Reden und
Schriften während des Kalten Kriegs stets regimetreu; privat versuchte sie zwischen Parteifunktionären und Schriftstellern zu vermitteln. Ihre didaktischen Erzählungen der fünfziger Jahre zielen auf die antifaschistische Umerziehung der Leser. Die Romane Die Entscheidung (1959) und Das Vertrauen (1968) zeichnen die Nachkriegsgesellschaft bis zum Arbeiteraufstand am 17. Juni 1953 im dialektischen Gegeneinander von Fortschritt und Reaktion mit Ausblick auf den allmählichen Sieg der sozialistischen Idee. S.' späte Erzählungen in Die Kraft der Schwachen (1965), Überfahrt (1971) und Sonderbare Begegnungen (1973) weisen wieder auf frühere, phantasiereiche und ästhetisch differenzierte Tendenzen zurück. Sie erhielt u.a. folgende Ehrungen: Kleist-Preis (1928), Büchner-Preis (1947), DDRNationalpreise (1951, 1969, 1971), Ehrenbürgerschaft der Stadt Mainz (1981). WEITERE WERKE: Gesammelte Werke in Einzelausgaben. 14 Bde., Berlin/Weimar 1977-80. - Anna-SeghersWerkausgabe. Hrsg. v. Helen Fehervary und Bernhard Spies. 25 Bde., Berlin 2000 f. - Woher sie kommen, wohin sie gehen. Essays aus vier Jahrzehnten. Hrsg. v. Manfred Behn. Darmstadt/Neuwied 1980. - Über Kunstwerk und Wirklichkeit. 4 Bde., Berlin 1970-79. - Der gerechte Richter. Berlin 1990. - Crisanta. Erzählungen 1950-1952. Mit einem Nachwort von Sonja Hilzinger. Berlin 1994. - Hier im Volk der kalten Herzen. Briefwechsel 1947. Hrsg. v. Christel Berger. Berlin 2000. - Jans muss sterben. Erzählung. Berlin 2000. Anna-Seghers-Werkausgabe. Hrsg. v. Helen Fehervary und Bernhard Spies. 25 Bde., Berlin 2000 f. - Und ich brauch doch so schrecklich Freude. Tagebuch 1924/1925. Die Legende von der Reue des Bischofs Jehan d'Aigremont von St. Anne in Rouen. Hrsg. v. Christiane Zehl Romero. Berlin 2003. LITERATUR: Manfred Behn-Liebherz: Auswahlbibliographie zu A. S. 1974-1981. In: A. S. (Text + Kritik. Heft 38). München 1982, S. 129-147. - Argonautenschiff. Jahrbuch der Anna-Seghers-Gesellschaft Berlin und Mainz. Berlin/ Weimar 1992f. - Klaus Sauer: A. S. Berlin 1992. - Ute Brandes: A. S. Berlin 1992. - Andreas Schrade: A. S. Stuttgart 1993. - Alexander Stephan: A. S. im Exil. Bonn 1993. Christiane Zehl Romero: A. S. Reinbek 1993. - A. S. Eine Biographie in Bildern. Mit einem Essay von Christa Wolf. Hrsg. v. Frank Wagner u.a. Berlin/Weimar 1994. - Sonja Hilzinger: A. S. Stuttgart 2000. - Christiane Zehl Romero: A. S. Eine Biographie 1900-1947. Berlin 2000. - Helen Fehervary: A. S. The Mythic Dimension. Ann Arbor 2001. Christiane Zehl Romero: A. S. Eine Biographie 1947-1983. Berlin 2003. - Pierre Radvanyi: Jenseits des Stroms. Erinnerungen an meine Mutter A. S. Berlin 2005. Ute Brandes S e g i e t h , Paul, Maler, * 2. 1.1884 Königshütte (Oberschlesien), t 5 . 6 . 1 9 6 9 Hundham (zu Schwarzenberg, Oberbayern). S. studierte an den Akademien in Breslau und München (u.a. bei Angelo —»Jank) und war dann in München als Maler und Illustrator u. a. für die „Jugend" tätig. Er gehörte zur Schwabinger Boheme im Umkreis des „Cafe Stefanie", deren Mitglieder (u. a. Erich —> Mühsam, Alexander —> Roda Roda, Emmy Ball-Hennings) er in Porträt- und Charakterstudien zeichnete; ferner schuf er zahlreiche Landschaften. Seit 1943 lebte er in Hundham (Oberbayern). S e g i t z , Martin, Politiker, * 2 6 . 7 . 1 8 5 3 Fürth, t 3 1 . 7 . 1 9 2 7 Fürth. Von Beruf Zinngießer, gehörte S. 1883 zu den Gründern der „Metallarbeiterzeitung" und wurde, nachdem er zeitweilig die „Fürther Bürgerzeitung" expediert hatte, 1890 Redakteur der „Fränkischen Tagespost". Er engagierte sich in der Kommunalpolitik von Fürth, wurde 1894 in Nürnberg erster hauptamtlicher Arbeitersekretär Deutschlands und 1898 für
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Segner die Sozialdemokraten in den Reichstag gewählt. Seit 1897 gehörte er d e m Bayerischen Landtag an. Nach d e m Ersten Weltkrieg führte S. als Staatskommissar die Demobilisierung in Bayern durch. 1 9 1 9 / 2 0 war er bayerischer Innen- und Sozialminister. DO Schröder S e g n e r , Johann Andreas von, Mediziner, Mathematiker, Naturforscher, * 9 . 1 0 . 1 7 0 4 Preßburg, t 5. 10.1777 Halle/Saale. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1725 in Jena Medizin, Physik und Mathematik wurde 1730 zum Dr. med. promoviert (De natura ac principiis medicinae). Nach kurzer Praxis als Stadtphysikus in Preßburg und Debreczin kehrte er als Assistenzprofessor nach Jena zurück und wurde 1733 a. o . P r o f . der Mathematik. 1735 folgte er einem Ruf als Ordinarius für Physik und Mathematik an die Univ. Göttingen, wo er zeitweilig auch als einziger Prof. der Medizinischen Fakultät lehrte. 1755 wechselte S. nach Halle, wo er zum kgl. preuß. Geheimrat ernannt wurde und ein Adelsdiplom erhielt. Er veröffentlichte zahlreiche naturwissenschaftliche Schriften und unternahm besonders auf dem Gebiet der Hydraulik bedeutende Forschungen. Das Segnersche Wasserrad gilt als Grundlage der Turbinenentwicklung (Programma quo theoriam machinae cujusdam hydraulicae praemittit, 1750; Specimen theoriae turbinum, 1755). Als Mathematiker trat S. durch eine Dissertatio epistolica [...] qua regulam Harriotti, de modo ex aequationum signis numerum radicum eas componentium cognoscendi demonstrare conatur (1728) hervor, in der er einen nicht ganz strengen Beweis der Descarteschen Zeichenregel gab. Zu seinen Werken gehören ferner Einleitung in die Natur-Lehre (1746, ' 1 7 7 0 ) und Cursus mathematicus (5 Bde., 1756-68; Bd. 1, Neuausg. 1767). m
DSB
S e h e r r - T h o ß , Stanislaus (Ferdinand Sigismund) Frh. von, Landrat, * 2 3 . 2 . 1827 Polnisch-Neukirch, t 2 9 . 1 . 1907 Lorzendorf (Oberschlesien). S.-T. war Mitbesitzer der Herrschaft Polnisch-Neukirch und Erbherr in Guttmannsdorf. Er begann seine Justizlaufbahn als Appellationsgerichtsreferendar. 1852 wechselte er nach dem Übertritt in den Verwaltungsdienst als Regierungsreferendar an die Regierung zu F r a n k f u r t / O d e r . 1855 wurde S. interimistisch und 1856 definitiv in das Landratsamt von Pleß berufen, das er bis 1872 ausübte. Ihm wurde der Titel Geheimer Regierungsrat verliehen. S.-T. war 1 8 6 2 / 6 3 und 1 8 6 6 / 6 7 konservatives Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses. DP Haunfelder, Preuß Abg
Sehling,
Emil, Jurist, Kirchenrechtler, * 9 . 7 . 1 8 6 0 Essen, t 3 0 . 1 1 . 1 9 2 8 Erlangen. S. studierte die Rechte in Bonn und Leipzig und wurde 1881 promoviert. 1885 habilitierte er sich in Leipzig für Kirchenrecht, war a. o. Prof. in Kiel und Jena und wurde 1888 o. Prof. in Erlangen. Er war Mitherausgeber der „Zeitschrift f ü r Kirchenrecht" und veröffentlichte u . a . Die Kirchengesetzgebung unter Moritz von Sachsen und Georg von Anhalt (1893) und Zur Lehre von den Willensmängeln im kanonischen Recht (1901). Sein wichtiges Quellenwerk Die evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts (5 Bde., 1902-13) wird seit 1951 (seit 2002 von der Heidelberger A k a d e m i e der Wissenschaften) fortgeführt. CD Biogr Jahrb, Bd 10
Sehmer, Theodor (I.), Unternehmer, * 6.7. 1847 Saarbrücken, t 2 9 . 5 . 1907 Partenkirchen (heute zu Garmisch-Partenkirchen). S. machte eine Lehre als B a n k k a u f m a n n mit Auslandspraktikum in L e Havre, das er bei Beginn des Deutsch-Französischen Kriegs abbrechen mußte. Nach Kriegsdienst und Entlassung aus gesundheitlichen Gründen war er Teilhaber einer Maschinenfabrik in Saarbrücken, bis er 1876 mit Lud-
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wig —»Ehrhardt in Schleifmühle eine eigene Maschinenherstellung gründete. S. gehörte zu den Begründern der Mannesmann-Werke zu Bous, der Meguin & Cie. in Dillingen und der Saarbrücker Gußstahlwerke. Als Verbandspolitiker setzte er sich vor allem für einheitliche Preisfestsetzung ein und verfaßte die ersten allgemeinen Lieferbedingungen für den Maschinenbau. Er war der Vater von Theodor (II.) - ^ S . S e h m e r , Theodor (II.), Unternehmer, * 2 . 6 . 1885 Saarbrücken, t 1 5 . 3 . 1 9 7 9 Tegernsee. Der Sohn des Maschinenbau-Industriellen T h e o d o r (I.) —>S. studierte an der T H Berlin-Charlottenburg sowie an den Universitäten Berlin und Kiel Maschinenbau, Volkswirtschaft und Philosophie und wurde 1910 mit der Dissertation Die Eisenerzversorgung Europas zum Dr. rer. pol. promoviert. Seit 1911 war er Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter bei dem Verein Deutscher Eisenhüttenleute in Düsseldorf, dann stellvertretender Syndikus des bayerischen Industriellen· Verbandes, später der Vereinigung Bayerischer Arbeitgeberverbände und mehrerer Fachverbände der bayerischen Industrie. Seit 1921 bzw. 1925 war er Direktor und Vorstandsmitglied der „Inag" Industrie-Unternehmungen A G , Berlin, der Reiniger, Gebbert & Schall A G , Erlangen, der Siemens-Reiniger-Veifa Gesellschaft für medizinische Technik m b H , Berlin, und der „Phönix" Röntgenröhrenfabriken AG, Rudolstadt. Er hielt mehrere Aufsichtsratsmandate und führte die Abteilung Elektromedizin im Zentralverband der Elektrotechnischen Industrie. DD Reichshandbuch
Sehrt, Ernst Theodor, Anglist, * 2 2 . 3 . 1911 Freiburg/ Breisgau, t 6. 12.1983 Göttingen. S., Sohn eines Arztes, wurde 1936 in Freiburg/Breisgau promoviert (Geschichtliches und religiöses Denken bei Thomas de Quincey [1785-1859j), habilitierte sich 1948 und folgte 1949 einem Ruf als o . P r o f . der Englischen Philologie nach Göttingen. Seit 1956 war er ordentliches Mitglied der dortigen Akademie der Wissenschaften. S. war Mitherausgeber der Reihe „Palaestra" (seit 1958) und des „Shakespeare-Jahrbuchs" (seit 1961). Er veröffentlichte vor allem Arbeiten zu Shakespeare und zur Shakespearezeit (u. a. Vergebung und Gnade bei Shakespeare, 1952; Shakespeare und die Ordnung, 1955; Der dramatische Auftakt in der Elisabethanischen Tragödie, 1960, 2 1974; Wandlungen der Shakespeareschen Tragödie, 1961). CD Anglistenlex Seib,
Wilhelm, österr. Bildhauer, * 18.5. 1854 Stockerau (Niederösterreich), t 7 . 3 . 1923 Spannberg (Niederösterreich). Der Sohn eines Juristen am Obersten Gerichtshof studierte seit 1868 an der A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien und wurde 1890 Mitglied des dortigen Künstlerhauses. Er schuf Denkmäler und Grabstätten, u . a . das Sallustdenkmal auf der Parlamentsrampe in Wien (1896) und das Demeliusdenkmal im Arkadenhof der Universität. 1899 wurde S. mit dem Kaiserpreis ausgezeichnet. 1911 erhielt er den Professorentitel. t33 Czeike
Seibert,
Philipp, Politiker, * 2 0 . 3 . 1915 Gimbsheim (Kr. Worms), t 20. 11. 1987 F r a n k f u r t / M a i n . S. machte 1929-32 eine kaufmännische Lehre und war als technischer K a u f m a n n tätig. Nach d e m Zweiten Weltkrieg arbeitete er bei der Südwestdeutschen Eisenbahn und trat noch 1945 in die S P D ein. S. war 1959-79 Vorsitzender der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands und gehörte 1961-76 f ü r die S P D d e m Deutschen Bundestag an. • 3 Munzinger
Seibert,
Wilhelm, Optiker, Fabrikant, * 2 2 . 9 . 1840 Haiger/Dilltal, t 17.7. 1925 W e t z l a r / L a h n . Der Sohn eines Z i m m e r m a n n s wurde bei seinem Onkel, dem Optiker Carl —» Kellner, in Wetzlar sowie bei Friedrich
Seibt —»Belthle, der 1855 als Nachfolger Kellners die Optische Werkstätte leitete, zum Optiker ausgebildet. Daran Schloß sich ein Studium der Mathematik und der Physik in Göttingen an. 1866 gründete S. einen optischen Betrieb in Wetzlar, den er zusammen mit seinem Bruder Heinrich führte. Das seit 1884 als „W. u. H. Seibert, Opt. Institut" firmierende Unternehmen wurde 1927 durch die Leitz-Werke in Wetzlar übernommen. S e i b e r t z , Engelbert, Maler, * 2 1 . 4 . 1 8 1 3 Brilon (Westfalen), t 2. 11. 1905 Arnsberg. Der Sohn Johann Suitbert —>S.s studierte in Düsseldorf, Bonn und M ü n c h e n Malerei (u.a. bei Jakob —»Götzenberger), arbeitete einige Zeit in Prag und kehrte nach Stationen in Wien und Brilon 1845 nach M ü n c h e n zurück. Dort illustrierte er 1846-54 die Cottasche Prachtausgabe von —»Goethes Faust. S. erhielt Aufträge vom bayerischen König und wurde mit d e m Professorentitel ausgezeichnet. Er schuf u. a. Fresken in den Arkaden des Alten nördlichen Friedhofs und einige Kartons zu Fenstergemälden im Dom zu Glasgow. Seit 1871 lebte er in Arnsberg. m Biogr Jahrb, Bd 10 S e i b e r t z , Johann Suitbert, Jurist, Historiker, * 27. 11. 1788 Brilon, f 1 7 . 1 1 . 1 8 7 1 Arnsberg. S. studierte 1805-08 in Gießen und Heidelberg Rechtswissenschaften und wurde 1810 Akzessist am Hofgericht in Arnsberg, 1811 Hofgerichtsadvokat und Prokurator. Er war Patrimonialrichter in Scharfenberg, Justizamtmann in Rüthen und Belecke, Gerichtsdirektor in Brilon, 1837-62 Land- und Stadtgerichtsrat in Arnsberg. Er begründete den Westfälischen Altertumsverein und den Historischen Verein Arnsberg. Sein Urkundenbuch (1839), die Landesund Rechtsgeschichte des Herzogtums Westfalen (1860) sowie die Quellen zur westfälischen Geschichte (3 Bde., 1857-69) sind Grundlagenwerke für die Geschichte der Region. S. wurde von den Universitäten Bonn und Leipzig mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet. CQ Westf Autoren, Bd 1 S e i b o l d , Kaspar, Landwirt, Politiker, * 14.10. 1914 Lenggries, t 15. 10.1995 Lenggries. S. wurde 1946 an der T H M ü n c h e n mit der Arbeit Die Almwirtschaft im Bezirk Miesbach. Maßnahmen zu ihrer Förderung zum Dr. agr. promoviert, war wissenschaftlicher Assistent an der Landwirtschaftlichen Fakultät in Weihenstephan, Lehrbeauftragter am Staatsinstitut f ü r landwirtschaftlichen Unterricht in M ü n c h e n und Persönlicher Referent des Reichsministers a . D . Hermann —>Dietrich. 1945 sozialpolitischer Referent beim Bauernverband, war er 1946-49 bayerischer Vertreter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beim Länderrat in der Bizone, 1947-49 Mitglied des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebiets in F r a n k f u r t / M a i n , 1 9 4 8 / 4 9 des Parlamentarischen Rats des Vereinigten Wirtschaftsgebiets, 1 9 4 9 / 5 0 Referent für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bei der bayerischen Vertretung im Bundesrat. S. gehörte der C S U an. 1952 wurde er Mitglied des Kreistags Bad Tölz, 1955 Mitglied, später Vizepräsident des Bezirkstags Oberbayern. S. war Vorsitzender des Bezirksverbandes Oberbayern im Bayerischen Gemeindetag, 1966-84 Bürgermeister von Lenggries. S e i b o t h , Frank, Politiker, * 9 . 5 . 1912 Proschwitz, t 4 . 7 . 1994 Wiesbaden. S. studierte in Reichenberg Maschinenbau, diente in der tschechoslowakischen Armee, arbeitete anschließend in der Gablonzer Industrie und war journalistisch tätig. Er wurde NSDAP-Gauschulungsleiter in Reichenberg und Gebietsführer der Hitlerjugend im Sudetenland. Während des Zweiten Weltkriegs war er Unteroffizier der Deutschen Wehrmacht und arbeitete seit 1942 beim Bodenamt in Prag.
Im Mai 1945 wurde S. von den Tschechen verhaftet, bis 1948 interniert und ohne Gerichtsverfahren ausgewiesen. In Westdeutschland arbeitete er bis 1950 als Textilvertreter, danach als Journalist und wurde im Juli 1951 Hauptschriftleiter des „Wegweisers für Heimatvertriebene" in Frankf u r t / M a i n . 1949-52 war er Vorsitzender des Kreisverbandes Bergstraße der Heimatvertriebenen, seit 1950 Mitglied des sudetendeutschen Rates und stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes der Heimatvertriebenen in Hessen, 1953-55 Landesobmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft und 1954-57 Vorsitzender des Bundesvorstandes der sudetendeutschen Landsmannschaft. 1950-53 stand er dem Witiko-Bund vor. 1953-57 gehörte er für den Gesamtdeutschen B l o c k / B l o c k der Heimatvertriebenen und Entrechteten ( G B / B H E ) dem Deutschen Bundestag an (seit 1955 als stellvertretender Fraktionsvorsitzender) und war 1955-58 stellvertretender Bundes- und Landesvorsitzender, 1958-61 Vorsitzender des G B / B H E . 1959-66 war er Mitglied und Fraktionsvorsitzender im Hessischen Landtag, nach d e m Wechsel zur S P D 1967-75 Staatssekretär im hessischen Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Umwelt. 1962-67 leitete er die Lotterie-Treuhandgesellschaft m b H Hessen. m
MdB
S e i b t , Ferdinand, Historiker, * 9 . 5 . 1927 Strischowitz (Nordböhmen), t 7 . 4 . 2 0 0 3 München. S. studierte Geschichte, Mittellateinische Philologie, Philosophie und Pädagogik an der Univ. München und wurde 1953 promoviert (De nugis curialium. Studien zum Weltbild und zur geistigen Persönlichkeit Walter Maps). Er unterrichtete an Gymnasien in München, habilitierte sich 1964 mit der Arbeit Hussitica. Zur Struktur einer Revolution ( 2 1990) für Mittlere und Neuere Geschichte und hatte 1969-92 den Lehrstuhl für Geschichte des späteren Mittelalters an der Univ. B o c h u m inne. Uber sein Fach hinaus bekannt wurde S. mit Publikationen wie Glanz und Elend des Mittelalters (1987, 7 1999), Karl IV. Ein Kaiser in Europa (1978, s 2 0 0 0 ) und Die Begründung Europas. Ein Zwischenbericht über die letzten tausend Jahre (2002). Er engagierte sich auf dem Gebiet der Verständigung zwischen Tschechen und Deutschen, u. a. als Mitglied der tschechoslowakisch-deutschen Historikerkommission. Seit 1980 war er Erster Vorsitzender des Collegium Carolinum in München. S e i b t , Georg, Ingenieur, * 2 . 9 . 1874 Meseritz, t 3.4.1934. S. studierte Elektrotechnik und Physik an der T H Charlottenburg, wurde 1902 promoviert und begann als Ingenieur für Funktelegraphie bei der A E G . Nach kurzer Zeit als Oberingenieur bei Telefunken trat er 1904 in das TelegraphenVersuchsamt der Reichspost ein, arbeitete später in Berlin und Übersee für englische und amerikanische Unternehmen und gründete 1910 die eigene Firma zur Herstellung elektrischer und mechanischer Apparate in Berlin. S. hielt über 300 Patente auf dem Gebiet der drahtlosen Fernübertragung. Seine Fabrik beschäftigte A n f a n g der dreißiger Jahre etwa tausend Mitarbeiter. CD Reichshandbuch S e i b t , Karl Heinrich Ritter von, Pädagoge, Schriftsteller, * 2 1 . 3 . 1735 Marienthal (Oberlausitz), t 2 . 4 . 1806 Prag. S. studierte in Prag und Leipzig Philosophie und Rechtswissenschaften, wurde 1763 a. o . P r o f . der schönen Wissenschaften in Prag und hielt Vorlesungen über Moral, Pädagogik, deutschen Stil und Geschichte. 1766 wurde er Sekretär beim erzbischöflichen Konsistorium und Lehrer der Kirchengeschichte im erzbischöflichen Seminar, nach A u f h e b u n g des Jesuitenordens auch Direktor der Philosophischen Fakultät und der Prager Gymnasien. 1794 wurde S. in den Ritterstand erhoben. Er suchte die scholastische Philosophie durch „praktische" Moral und Erziehungslehre zu überwinden. S. war ein Vorkämpfer des theresianisch-josephinischen
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Seidel Reformkatholizismus. Er veröffentlichte u. a. Vom Einfluß der Erziehung auf die Glückseligkeit des Staates (1771), Klugheitslehre (2 Bde., 1799, 2 1824) und Katholisches Lehrund Gebetbuch (1779, B I 8 4 6 ) . CD B L G b L S e i d e l , August, Maler, * 5 . 1 0 . 1 8 2 0 München, t 2 . 9 . 1904 München. S. studierte an der M ü n c h n e r A k a d e m i e der bildenden Künste Malerei, reiste 1845 durch Italien und hielt sich 1863 in Paris auf. Er war Schüler von Carl —»Rottmann, beeinflußt von John Constable und den Malern von Fontainebleau. Bevorzugtes T h e m a seiner Bilder war die bayerische Voralpenlandschaft. CD Th-B S e i d e l , Bruno, Arzt, Dichter, Sprichwortsammler, * um 1530 Querfurt, t 1591 Erfurt. Der aus einer wohlhabenden Familie s t a m m e n d e S. studierte seit 1546 in Wittenberg (u.a. bei Philipp —»Melanchthon), unternahm eine ausgedehnte Kavalierstour durch Deutschland und Schloß ein Medizinstudium in Padua an, wo er vermutlich zum Dr. med. promoviert wurde. Später praktischer Arzt in Arnstadt, lehrte er seit 1566 als Prof. der Physik in Erfurt. In den Poematum libri VII (1555) versammelte er Reisegedichte, Lieder auf —> Luther und Melanchthon sowie Reflexionen über die Dichterexistenz. Die S a m m l u n g Sententiae proverbial.es (1568, ' 1 5 8 9 unter dem Titel Paroemiae ethicae) enthält etwa 3500 Sprichwörter, Bauernund Wetterregeln. Außerdem veröffentlichte S., als Arzt ein Gegner des —>Paracelsus, medizinische Literatur, u . a . De usitato urinarum [...] judicio (1562) und Liber morborum incurabilium (1593, 1662). CD Killy S e i d e l , Friedrich, Zoologe, * 13.7. 1897 Lüneburg, t 15.8. 1992 Marburg. S., Sohn eines Lehrers, nahm am Ersten Weltkrieg teil, studierte 1919-23 Zoologie in Tübingen, Hamburg und Göttingen und wurde 1923 promoviert. 1926 erhielt er an der Univ. Königsberg die Venia legendi im Fach Zoologie, Vergleichende A n a t o m i e und Entwicklungsphysiologie, unterrichte seit 1930 als a. o. Prof. und wurde 1937 zum o. Prof. und Direktor des Zoologischen Instituts der Univ. Berlin ernannt. Nach d e m Zweiten Weltkrieg leitete S. seit 1948 die Abteilung f ü r Entwicklungsphysiologie am Max-Planck-Institut für Tierzucht Mariensee; 1954 übernahm er eine Professur und das Direktorat des Zoologischen Instituts der Univ. Marburg. S. veröffentlichte u. a. Entwicklungsphysiologie der Tiere (2 Bde., 1953; 3 Bde., 2 1972-76) und Entwicklungspotenzen des frühen Säugetierkeimes (1969). Seit 1956 war er Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. S e i d e l , Georg, Schriftsteller, * 28.9.1945 Dessau, t 3 . 6 . 1990 Berlin (Ost). S. machte eine Lehre als Werkzeugmacher, war 1967 Bühnenarbeiter am Theater in Dessau und begann ein Maschinenbaustudium an der Ingenieurschule in Chemnitz (damals Karl-Marx-Stadt). Wegen der Verweigerung des Wehrdienstes exmatrikuliert und 1969 für eineinhalb Jahre als „Bausoldat" eingezogen, war S. anschließend wieder Bühnenarbeiter in Dessau. 1973 wurde er Beleuchter bei der DEFA und 1975 am Deutschen Theater in Ostberlin, an d e m er 1982-87 dramaturgischer Mitarbeiter war. Seit 1987 war S. als freier Schriftsteller tätig. Die Brechungen im Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft der D D R sind T h e m e n seiner Stücke (u.a. Jochen Schanotta, 1987; Carmen Kittel, 1990; Villa Jugend, 1990). S. wurde mit mehreren Preisen (u. a. Frankfurter Autorenstiftung, Deutsche Schillerstiftung) ausgezeichnet. CD K L G
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S e i d e l , Gerhard, Literaturwissenschaftler, * 18.3. 1929 Werdau (Sachsen), t 7 . 1 2 . 2 0 0 0 Berlin. S. studierte 1949-54 u . a . bei Ernst - » B l o c h Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie an der Univ. Leipzig und wurde 1966 mit Studien zur Edition poetischer Werke von Bertolt Brecht zum Dr. phil. promoviert (1970 veröffentlicht unter d e m Titel Die Funktionsund Gegenstandsbedingtheit der Edition, untersucht an poetischen Werken Bertolt Brechts, 2 1977 als Bertolt Brecht - Arbeitsweise und Edition. Das literarische Werk als Prozeß). 1954-60 als Verlagslektor tätig, war er 1960-92 Mitarbeiter der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin und der A k a d e m i e der Künste der D D R , seit 1987 als Prof. 1978-82 leitete S. das Bertolt-Brecht-Archiv, das er zu einer international renommierten Studienstätte machte. Als auf Grundlagenforschung bedachter Editionswissenschaftler arbeitete er vor allem über —> Brecht (Bibliographie Bertolt Brecht. Titelverzeichnis. Bd. 1: Deutschsprachige Veröffentlichungen aus den Jahren 1913-1972 Werke von Brecht, Sammlungen, Dramatik, 1975; Klassifikation Bertolt Brecht. Formal- und Sacherschließung in der Personalbibliographie, 1980), beschäftigte sich aber auch mit der Bibliographie deutschsprachiger literarischer Zeitschriften (u.a. Das Wort, Moskau, 1936-1939. Bibliographie einer Zeitschrift, 1975). S. gab Auswahlbände von Erich —»Kästner, Walter —>Benjamin und Kurt —»Tucholsky heraus. S e i d e l , Hanns, eigentl. Franz Wendelin S„ Politiker, * 12.10. 1901 Schweinheim (heute zu Aschaffenburg), t 5 . 8 . 1961 München. S., Sohn eines früh vesrtorbenen Kaufmanns, studierte in Würzburg, F r e i b u r g / B r e i s g a u und Jena Rechtswissenschaften, Germanistik und Volkswirtschaft. 1929 wurde er in Würzburg mit der Arbeit Die Bedeutung der Ausschließung des Richters in der freiwilligen Gerichtsbarkeit zum Dr. jur. promoviert und als Rechtsanwalt am Landgericht Aschaffenburg zugelassen. 1932 trat S. in die Bayerische Volkspartei ein. Nach vorübergehender Inhaftierung 1933 durch die Nationalsozialisten floh er für einige M o n a t e nach Litauen. 1940-45 war er Soldat. 1945 wurde S. von der amerikanischen Militärregierung zum Landrat des Landkreises Aschaffenburg ernannt und 1946 durch Wahl bestätigt. E n d e 1945 trat er in die C S U ein, zu deren führenden Vertretern in Unterfranken er bald gehörte. In den Flügelkämpfen der Partei zählte er zu den Anhängern Josef —»Müllers. 1946 wurde S. in die Verfassunggebende Landesversammlung, dann in den Bayerischen Landtag gewählt. 1947-54 war er Wirtschaftsminister in den Kabinetten —»Ehard II und III, seit 1952 auch f ü r Verkehrsfragen zuständig. 1954 wurde er Sprecher der CSU-Landtagsfraktion und Oppositionsführer während der von —»Hoegner geführten „Viererkoalition", 1955 Landesvorsitzender der C S U . 1957 wurde S. zum bayerischen Ministerpräsidenten gewählt. Der Wandel Bayerns vom Agrar- zum Industrieland ist mit seinem N a m e n verbunden. Im Januar 1960 trat S., der seit 1958 an den Folgen eines Autounfalls litt und die Amtsgeschäfte nur bedingt fuhren konnte, als Ministerpräsident, im Februar 1961 als CSU-Vorsitzender zurück. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Die Großschiffahrtsstraße Rhein-Main-Donau. Eine wirtschaftliche Idee und ihre Wirklichkeit (1960), Zeitprobleme. Gesammelte Aufsätze und Vorträge (1960) und Vom Mythos der öffentlichen Meinung (1961). CD Zeitgeschichte, Bd 11 S e i d e l , Heinrich (Friedrich Wilhelm Karl Philipp Georg Eduard), Ingenieur, Schriftsteller, * 2 5 . 6 . 1 8 4 2 Perlin (Mecklenburg), t 7. 11.1906 Groß-Lichterfelde (heute zu Berlin). Der Pfarrerssohn studierte an der T H Hannover Maschinenbau, besuchte die Gewerbeakademie Berlin und arbei-
Seidel tete bis 1880 als projektierender Ingenieur in Berlin, wo er u . a . die Dachkonstruktion am Anhalter Bahnhof schuf. Schon 1867-77 Mitglied des literarischen Zirkels „Tunnel über der Spree", war S., ermuntert von Friedrich —> Eggers und Theodor —»Storm, seit 1880 als freier Schriftsteller tätig. Er schrieb Novellen (Daniel Siebenstern, 1879), Gedichte (Glockenspiel, 1889) und humoristische Geschichten, die ihn populär machten, darunter vor allem Leberecht Hühnchen (1900). 1894 erschien Von Berlin nach Berlin. Aus meinem Leben. S. war der Vater von Heinrich Wolfgang —>S. DP D L L S e i d e l , Heinrich Wolfgang, evang. Theologe, Schriftsteller, * 2 8 . 8 . 1 8 7 6 Berlin, f 2 2 . 9 . 1 9 4 5 Starnberg. Der Sohn des Schriftstellers Heinrich —>S. studierte in Berlin Theologie. Er war Seelsorger am Berliner Domstift, seit 1914 im märkischen Eberswalde und Ubernahm 1923 das Pfarramt der Neuen Kirche am Gendarmenmarkt in Berlin. 1934 trat er aus gesundheitlichen Gründen zurück und ging mit seiner Frau Ina —>S. nach Starnberg. S. veröffentlichte Erbauungsliteratur (Das Unvergängliche. Erlebnis und Besinnung, 1937), Biographien (Erinnerungen an Heinrich Seidel, 1912; Theodor Fontane, 1940) sowie die Berlin-Romane Georg Palmerstone (1922) und Krüsemann (1935). • D Killy S e i d e l , Ina, Schriftstellerin, * 1 5 . 9 . 1 8 8 5 H a l l e / S a a l e , t 2 . 1 0 . 1974 Ebenhausen bei München. Die Arzttochter und Schwester von Willy —»S. wuchs in Braunschweig auf, zog nach d e m Selbstmord des Vaters mit der Familie erst nach Marburg, 1897 nach M ü n c h e n und heiratete dort 1907 ihren Vetter, den Pfarrer und Schriftsteller Heinrich Wolfgang —»S. Mit ihm lebte sie bis 1914 in Berlin, 1914-23 in Ebers walde und seitdem wiederum in Berlin. 1934 ließ sie sich in Tutzing am Starnberger See nieder. S. gehörte mit ihren ersten Gedichtbänden (Gedichte, 1914; Neben der Trommel her, 1915) zum Kreis patriotisch-konservativer Schriftsteller. Leitthemen ihrer Lyrik und Prosa während der Weimarer Republik waren die mystische Mütterlichkeit, das „Geheimnis des Blutes" und die Schicksalhaftigkeit des Lebens. Bekannt wurde sie mit d e m R o m a n Das Wunschkind (2 Bde., 1930). Unter anderem als Mitglied der Dichterakademie und Mitherausgeberin der Kriegsbriefe von Nachrichtenhelferinnen (Dienende Herzen, 1942) stellte sie sich trotz ihres Eintretens für Frieden und Abrüstung persönlich in den Dienst der nationalsozialistischen Propaganda. In zwei Elogen zum 50. Geburtstag feierte sie —> Hitler, was sie später als Irrtum bedauerte. Nach 1945 gehörte S. zu den bekanntesten und meistgelesenen Autorinnen der Bundesrepublik. 1948 wurde sie Gründungsmitglied der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften und trat 1955 erneut der Berliner Akademie der Künste bei, nachdem sie 1945 ihre Mitgliedschaft niedergelegt hatte. Zu ihren Werken zählen u. a. die R o m a n e Das Labyrinth (1922), Lennacker. Das Buch der Heimkehr (1938) und Das unverwesliche Erbe (1954), die Erzählung Unser Freund Peregrin. Aufzeichnungen des Jürgen Brook (1940) sowie die Autobiographien Meine Kindheit und Jugend. Ursprung, Erbteil und Weg (1935) und Lebensbericht 1885-1923 (1970). DP Killy S e i d e l , Johann Esaias von, Drucker, Verleger, Kunst- und Buchhändler, * 2 8 . 4 . 1758 Ortenburg, t 20. 11.1827 Sulzbach. Mit acht Jahren begann S., Sohn eines Pfarrers, in der evang.-reformierten Druckerei seines Onkels Georg A. L. Lichtenthaler zu arbeiten, die dessen Urgroßvater 1664 gegründet hatte. Nach auswärtiger Lehre und Tod des Onkels kaufte S. 1785 die Offizin, später auch die evang.luth. und die kath. Druckerei in Sulzbach. U m 1800 eröff-
nete er Filialen in Amberg, Nürnberg und München. Damit war S. einer der bedeutendsten bayerischen Verleger. Im Mittelpunkt seines Wirkens standen die Annäherung der christlichen Konfessionen sowie die Vermittlung zwischen Aufklärung und Romantik. 1807 erwarb er das Sulzbacher Schloß und führte dort seine vier Teilbetriebe zusammen. Nach seinem Tod führten seine Söhne das Unternehmen fort, ehe es 1854 an Friedrich —> Pustet (Regensburg) und 1877 an die Familie Wotschack überging, welche es in stark reduzierter F o r m bis 2006 betrieb (zuletzt nur noch als Buchhandlung). S. druckte u . a . die interkonfessionell konzipierte Bibelübersetzung des Leander van - > E ß (seit 1810), die ersten Gesangbücher für Bayerns evang.-luth. Landeskirche (seit 1811), ferner Das gelehrte Baiern (1804) von Klemens —> Baader, Franz —» Reisingers Baierische Annalen, Johann Christoph von —»Aretins Beyträge zur Geschichte und Literatur sowie die Predigten von Franz Volkmar —> Reinhard (35 Bde., 1795-1812). S e i d e l , Karl August Gottlieb, Schriftsteller, * 13. / 1 4 . 2 . 1754 Löbau (Sachsen), t 21. / 2 2 . 2 . 1 8 2 2 Dessau. Nach einem Studium der Theologie war S. Hauslehrer in Pyrmont, Bibliothekar in Arolsen und seit 1800 Lehrer an der Töchterschule in Dessau. Er verfaßte mehr als 80 Bände Schauspiele, Novellen, Volksgeschichten, R o m a n e , Reisebeschreibungen, pädagogische und autobiographische Schriften sowie zahlreiche Essays, Anthologiebeiträge und Zeitungsartikel. A m erfolgreichsten wurden seine Volksgeschichten der Teutschen (4 Bde., 1786) und seine 14 Novellen (1789-93). Von der Literaturwissenschaft als originell gewürdigt wurde der aus vierzig Vorreden zu ebensovielen - ungeschriebenen - Romananfängen zusammengesetzte Text Friedrich Grumbach oder Meine Geschichte als Dedication [...] an die schönen lesenden Damen zu Gernwiz (1783/84). m Killy S e i d e l , Ludwig Philipp von, Mathematiker, Astronom, * 24. 10. 1821 Zweibrücken, f 13.8. 1896 München. S., Sohn eines Postverwalters, studierte an den Universitäten Berlin, Königsberg und München Naturwissenschaften, wurde 1846 promoviert (Über die beste Form der Spiegel in Teleskopen) und habilitierte sich im selben Jahr an der Univ. München (Untersuchungen über die Konvergenz und Divergenz der Kettenbrüche). Dort lehrte er seit 1851 als a. o . P r o f . und seit 1855 als Ordinarius. 1864 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. S. leistete wichtige Beiträge zur Analysis (Kettenbrüche, gleichmäßige Konvergenz von Funktionenreihen), zur Matrizenrechnung (Gauß-Seidel-Algorithmus zur Lösung von Gleichungssystemen) und zur A n w e n d u n g der Wahrscheinlichkeitsrechnung in der Astronomie. 1 8 5 5 / 5 6 formulierte er die Abbildungsfehlertheorie 3. Ordnung. Außerdem bestimmte S. den Brechungsindex verschiedener S t o f f e und führte mit Carl August von —> Steinheil die ersten photometrischen Messungen an Sternen durch (1859-62). S. befaßte sich auch mit der A n w e n d u n g der Wahrscheinlichkeitsrechnung in der Astronomie und der Medizin. Das nach S. benannte Seideische Gebiet ist jener Bereich um die optische Achse eines abbildenden optischen Systems, der an das paraxiale Gebiet anschließt. Er veröffentlichte u . a . Untersuchungen über die Lichtstärke der Planeten Venus, Mars, Jupiter und Saturn, verglichen mit Sternen (1859), Resultate photometrischer Messungen an zweihundert und acht der vorzüglichsten Fixsterne (1862) und Helligkeits-Messungen an zweihundert und acht Fixsternen. Angestellt mit dem Steinhell'sehen Photometer in den Jahren 1852-1860 (mit Eugen Leonhard, 1867). CD D S B
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Seidel S e i d e l , Robert, Schiftsteller, Redakteur, Sozialpädagoge, * 1 3 . 1 1 . 1 8 5 0 Kirchberg (Sachsen), t 1 9 . 7 . 1 9 3 3 Zürich. Nach einer Lehre als Tuchweber arbeitete S. als Stoff-, Teppich- und Seidenweber, ging 1870 in die Schweiz und war nach einem Studium an der Univ. Zürich (1881-83) als Sekundarlehrer tätig. 1890 übernahm er die Gesamtschriftleitung der Zürcher „Arbeiterstimme" und war 1899-1921 Redakteur des „Grütli-Kalenders". 1905 habilitierte er sich an der T H Zürich f ü r Pädagogik und Sozialpädagogik, 1908 zusätzlich an der Univ. Zürich, w o er 1908-29 als Prof. für Sozialpädagogik lehrte. 1893-1914 vertrat S. die Sozialdemokratie im Großen Stadtrat von Zürich, 1893-1917 auch im Kantonsrat. Er veröffentlichte u.a. Gedichte ( u . a . Aus Kampfgewühl und Einsamkeit, 1895, 5 1902; Gesammelte Gedichte, 1925) und pädagogische und sozialpolitische Schriften, darunter Friedrich der Grosse, „der Heros der deutschen Volksbildung" und die Volksschule (1885) und Sozialdemokratie und staatsbürgerliche Erziehung, 1917, 31918). CD Lex sozialist Lit S e i d e l , Traugott Jakob Hermann, Rhododendronzüchter, * 2 6 . 1 2 . 1 8 3 3 Dresden, t 2 8 . 4 . 1896 Dresden. Schon S.s Großvater war herzoglicher Hofgärtner, und seinem Vater gelang der heimliche Import von RhododendronPflanzen nach Dresden, deren Pflege und Zucht ein Vermögen einbrachte. S. lernte ebenfalls Gärtnerei, trat mit 25 Jahren in den väterlichen Betrieb ein und übernahm ihn zwei Jahre später nach dem Tod des Vaters. Er konzentrierte sich auf Kamelien, Azaleen und Rhododendren, bezog eine neue Freifläche außerhalb des Stadtgebiets, auf deren 67 000 q m modernste Gewächshäuser entstanden. Hier gelang S. die Züchtung von insgesamt 62 winterharten Rhododendron-Sorten, die bald zu den häufigsten Gartenund Topfpflanzen in Europa gehörten. S. übergab den Betrieb 1889 an seine Söhne. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Der Kuchen-Gemüss-Gärtner (1822, Neuausg. 1839), Die Rhodoraceae oder Rhododendreae (1834) und Hülfsblätter zum Studium der Botanik (5 Lfg., 1881-85). CD Leb Sachsen, Bd 1 S e i d e l , Willy, Schriftsteller, * 1 5 . 1 . 1 8 8 7 Braunschweig, t 29.12.1934 München. Der Bruder Ina —>S.s studierte Biologie und Zoologie, dann Germanistik in Freiburg/Breisgau, Jena und München, wurde 1911 mit einer Arbeit über Theodor —> Storm promoviert und lebte während des Ersten Weltkriegs in den USA. 1919 kehrte er nach München zurück. Die Themen und Motive seiner R o m a n e entnahm er häufig seinen Reiseerfahrungen (Ägypten, Samoa, U S A , Java); Kolonialismuskritik, Wüstenerfahrung und Exulantenschicksal prägen Der Garten des Schuchän (1912), Der Buschhahn (1921) und Der neue Daniel (1921). In den zwanziger Jahren schrieb S. vor allem phantastische Erzählungen wie Alarm im Jenseits (1927) und Der Weg zum Chef (1927), zum Teil gesammelt im Zyklus Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen (1930). Der R o m a n Der Gott im Treibhaus. Ein Roman von übermorgen (1925) spielt im Berlin des Jahres 1995. • D Killy S e i d e n b u s c h , Johann Georg, kath. Theologe, Maler, * 5 . 4 . 1641 München, t 10.12. 1729 Aufhausen. S., Sohn eines Tuchmachers, besuchte seit 1651 das Jesuitengymnasium in München, war nach kurzem Logikstudium 1660/61 Kammerdiener des Abts von Kloster Scheyern sowie Maler am dortigen Hochaltar und studierte 1662-65 Theologie in Ingolstadt. 1666 in Freising zum Priester geweiht, übernahm er 1667 die Pfarrgemeinde Aufhausen, ließ später die dortige Wallfahrtskirche errichten und gründete
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1672 ein Oratorianerinstitut. Kirchenmalerei von S. findet sich u . a . in der Klosterkirche Prüfening, in St. E m m e r a m / Regensburg und Ingolstadt. Er verfaßte und komponierte auch geistliche Lieder. DD Regensbugrg, Teil 1 S e i d e n f a d e n , Theodor, Schriftsteller, * 14. 1. 1886 Köln, t 6 . 8 . 1979 Hattingen. Der Bauernsohn studierte in Köln und B o n n Musik und Literatur und war anschließend als Volksschullehrer tätig. Seit 1924 war er Direktor einer Volksschule in Königshoven und 1934-49 Stadtschulrat in Köln. S. veröffentlichte pädagogische Schriften, religiös-mystische Gedichte ( Z u m ewigen Frieden, 1968) und Schauspiele (Volksspiel vom St. Christopherus, 1924) sowie R o m a n e (Der Meister von Brügge, 1942), welche die Harmonie eines geschlossenen mittelalterlichen Weltbildes gegen die moderne Welt behaupten. Seine Sammlungen Deutsches Heldenbuch (1930) und Deutsches Schicksalsbuch (1932) dienten auch nationalsozialistischen Interessen. CD Westf Autoren, Bd 3 S e i d e n s c h n u r , Fritz Karl Georg, Mineraloge, Chemiker, * 14.5. 1876 Berlin, t 19. 10. 1947 Wernigerode. S. studierte an der T H Charlottenburg, wurde DiplomIngenieur und arbeitete 1899-1905 als Chemiker beim Berliner Holzkomptoir. 1905-13 war er Chemiker und Prokurist der Rütgerswerke A G , 1913-19 Abteilungsleiter und stellvertretendes Vorstandsmitglied der Deutschen Erdöl-AG in Berlin. 1921 ging er als Ordinarius f ü r Wärmewirtschaft an die Bergakademie Freiberg, übernahm zugleich die Leitung der wärmewirtschaftlichen Abteilung des Staatlichen Braunkohleforschungsinstituts. S. veröffentlichte u . a . Frage der wirtschaftlichen Verwertung bituminöser Braunkohle (1921). CD Poggendorff 6 S e i d e n s t ü c k e r , Johann Heinrich Philipp, Schulmann, * 2 1 . 8 . 1765 Hainrode, t 2 3 . 5 . 1 8 1 7 Soest. S. studierte seit 1785 Theologie und Philosophie in Braunschweig und Helmstedt, unterrichtete dort am Pädagogium Griechisch, Latein und Hebräisch und wurde Kollaborator. 1786 in die Herzogliche deutsche Gesellschaft aufgenommen, wurde er 1793 deren Aufseher. Im Jahr der Promotion (1789) übernahm S. das A m t des Kustos an der Universitätsbibliothek. 1796 wurde er Rektor der lateinischen Schule in Lippstadt, 1810 des Archigymnasiums in Soest. S.s Methode des französischen Sprachunterrichts wurde von Karl —>Ploetz ausgebaut. S. schrieb mehrere Elementarbucher über den Fremd- und Altsprachenunterricht (u. a. das oft aufgelegte Elementarbuch zur Erlernung der französischen Sprache, 2 Bde., 1811-14) sowie Über Schulinspection oder Beweis, wie nachtheilig es sei, solche den Predigern zu überlassen (1797) und Geist und Methode des Schulunterrichts (1810). CD Westf Autoren, Bd 1 S e i d l , Andreas, Maler, * 1760 München, t 1834 München. Der Sohn eines Hofkistlers erhielt zunächst Unterricht bei den Hofbaumeistern Carl Albrecht —»Lespilliez und Franz Ignaz —>Oefele, hielt sich 1781-88 in Italien auf und wurde dort von mehreren Akademien als Mitglied a u f g e n o m m e n . Nach seiner Rückkehr wurde er 1792 zum Wirklichen Professor an der M ü n c h n e r A k a d e m i e der bildenden Künste ernannt. S. malte u. a. die Pfarrkirche in Altfraunhofen aus und gestaltete die Dekorationen an der Fassade und im Treppenhaus der kurfürstlichen Galerie am Hofgarten nach Entwürfen von Augustin —> D e m m e l . Er hinterließ vier Ölbilder in der Sakristei von St. Peter in München sowie das Gemälde Erwachen des heiligen Joseph in der Pfarrkirche Haidhausen. CD A D B
Seidl S e i d l , Anton, Dirigent, * 7 . 5 . 1 8 5 0 Pest (heute zu Budapest), t 2 8 . 3 . 1 8 9 8 N e w York. S. studierte 1870-72 an der Univ. und am Konservatorium in Leipzig. Von Hans —»Richter an Richard —»Wagner empfohlen, wurde er dessen Assistent, Sekretär, Helfer in der Nibelungenkanzlei und Hausgenosse. Seit 1875 dirigierte er im Leipziger Wagnertheater, auf dessen Auslandsreisen sowie in Bremen. 1883 heiratete er die Sängerin Augste —> SeidlKraus. 1885 übernahm S. die Leitung des deutschen Repertoires an der Metropolitan Opera in N e w York. Von dort aus unternahm er mehrere Gastspielreisen mit der „Seidl Society". Seit 1891 war S. auch ständiger Dirigent der N e w York Philharmonie Society. 1897 gab er ein Gastspiel an der Londoner Covent Garden Opera. S. war neben Hans Richter der bedeutendste Dirigent der Opern Richard Wagners zu seiner Zeit und setzte vor allem dessen Werk in Amerika durch. m MGG S e i d l , Arthur, Dramaturg, * 8 . 6 . 1863 München, t 11.4. 1928 Dessau. S. studierte in München, Tübingen, Berlin und Leipzig Geschichte, Literatur, Musik- und Kunstgeschichte. Daneben nahm er in M ü n c h e n und Regensburg Unterricht in Violoncello, Klavier, Orgel und Komposition. 1887 wurde S. mit der Arbeit Vom Musikalisch-Erhabenen. Prolegomena zur Aesthetik der Tonkunst promoviert. In den folgenden Jahren arbeitete er als Redakteur u . a . für die „Deutsche Wacht", die „Neue Hamburger Zeitung", die „Münchener Neuesten Nachrichten" und „Die M o d e r n e " . 1 8 9 8 / 9 9 am NietzscheArchiv in Weimar tätig, wurde er 1903 Musikdramaturg am Hoftheater in Dessau und lehrte seit 1904 als Prof. am Leipziger Konservatorium. Das Werk Richard —> Wagners stand im Mittelpunkt seiner Schriften (u. a. Zur Geschichte des Erhabenheitsbegriffes seit Kant, 1889). Q3 M G G S e i d l , Emanuel von, Architekt, * 22. 8. 1856 München, t 2 5 . 1 2 . 1 9 1 9 München. S. studierte an der T H München Architektur, absolvierte ein bautechnisches Praktikum bei den Bayerischen Verkehrsanstalten und arbeitete später als Innenarchitekt u . a . im Büro seines Bruders Gabriel von —>S. S., der 1906 nobilitiert wurde, zählte zu den führenden Villenarchitekten Süddeutschlands. Zu seinen Bauten in München gehören die Fassade des Theresien-Gymnasiums, das Restaurant Augustinerbräu und der Tierpark Hellabrunn. Nach d e m Tod seines Bruders vollendete er das Deutschen M u s e u m in M ü n c h e n . S.s Stil verarbeitet im Sinn des Historismus Elemente der Renaissance und des Barock. Er veröffentlichte u . a . Mein Land- und Stadthaus (1919). DP Lex Kunst S e i d l , Erich, Geophysiker, * 3. 10. 1880 Breslau, t 2 9 . 6 . 1939 Berlin. Als Bergbaubeflissener der preuß. Staatlichen Bergwerksverwaltung studierte S., Sohn eines Baurats, an der Univ. München und an der Bergakademie Berlin 1901-05 Bergwissenschaften, wurde Bergreferendar und 1909 Bergassessor. Seit 1919 Hilfsreferent im Reichsschatzrat, wurde er wenig später Regierungsrat in der Industrieabteilung des Reichsschatzministeriums. Seit 1920 vertrat S. als Ministerialrat das Reich im Aufsichtsrat mehrerer Unternehmen der Metallindustrie. 1923 an der T H Braunschweig zum Dr.-Ing. promoviert (Die geologischen Gesetzmäßigkeiten, welche im Hessisch-Thürinigischen [Werra-Fulda]-Gebiet für den Zechstein-Kalisalzbergbau maßgebend sein müssen), arbeitete er seitdem als Privatgelehrter auf den Gebieten der technischen Mechanik und der Geophysik (Bruch- und FließFormen der Technischen Mechanik und ihre Anwendung auf Geologie und Bergbau, 5 Bde., 1930-34). 1935 wurde er Präsident des staatlichen Material-Prüfungsamtes. S. starb durch Selbstmord. t u Reichshandbuch
S e i d l , Erwin, Jurist, Rechtshistoriker, * 6. 11. 1905 München, t 4 . 4 . 1987 Jettingen (Württemberg). S. Schloß 1929 in München das Studium der Rechtswissenschaften mit der Promotion ab (Der Eid im ptolemäischen Recht) und habilitierte sich dort 1932. 1937 wurde er a. o., 1941 o. Prof. an der Univ. Greifswald, lehrte 1942-57 an der Univ. Erlangen und 1958-71 an der Univ. Köln, wo er 1958 das Institut für Römisches Recht gründete. S. war korrespondierendes Mitglied der Österreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften seit 1963 und Mitglied der Accademia Nazionale di Scienze, Lettere e Arti di Palermo seit 1977. Er beschäftigte sich vor allem mit antiker Rechtsgeschichte und juristischer Papyruskunde. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Der Eid im römisch-ägyptischen Provinzialrecht (2 Bde. 1933-35), Einführung in die ägyptische Rechtsgeschichte (1939, 3 1958), Ptolemäische Rechtsgeschichte (1947, 2 1962), Römisches Privatrecht (1949, 2 1963), Römische Rechtsgeschichte (1949, 3 1971), Ägyptische Rechtsgeschichte der Saiten- und Perserzeit (1956, 2 1968) und Rechtsgeschichte Ägyptens als römischer Provinz (1973). m
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S e i d l , Florian, Schriftsteller, * 3 0 . 4 . 1 8 9 3 Regensburg, t 6 . 1 2 . 1972 Rosenheim. Der Sohn eines Lehrers ergriff den väterlichen Beruf, engagierte sich A n f a n g der zwanziger Jahre in der Laienspielbewegung und schrieb erste Theaterstücke, darunter Ein Spiel der Liebe (1926) und Heilige Heimat (1926). 1929 erschien Blut, eine S a m m l u n g historischer Prosaballaden, die den Kampf der Geschlechter zum T h e m a hat. Seine während des „Dritten Reiches" entstandenen R o m a n e stellte S. ausdrücklich in den Dienst nationalsozialistischer Ideologie (Der deutsche Roman, 1937; Das harte Ja, 1941). Nach 1945 veröffentlichte er nur noch wenig, u . a . die Gedichtsammlung gefüllt mit dem wissen der jähre (1973). CD Killy S e i d l , Franziska, geb. Vicari, österr. Physikerin, * 1 . 7 . 1 8 9 2 Wien, t 2 3 . 6 . 1983 Wien. S., Tochter eines Geschäftsinhabers, heiratete 1911 den Gymnasiallehrer Wenzel S., studierte an der Univ. Wien Physik und Naturwissenschaften, wurde 1923 promoviert (Ueber eine neue Messung kurzer Zeiten mit dem HelmholtzPendel) und habilitierte sich 1933 als erste Frau in Wien für Experimentalphysik. Seit 1923 Assistentin am Ersten Physikalischen Institut, wurde sie 1942 apl. Professorin. Sie leitete den Verein zur Förderung des physikalischen und chemischen Unterrichts und war Mitglied der P r ü f u n g s k o m mission für das Lehramt an Mittelschulen. 1946 wurde sie zur a. o., 1963 zur o . P r o f . ernannt. S. erfand das patentierte membranlose Telephon und arbeitete u. a. über Ultraschall, Schalloptik, elektrisches Verhalten von Isolatoren und Schwingkristall (Adsorptionspotential und Phasengrenzpotential schwer angreißarer Gläser, 1931). CD Keintzel S e i d l , Friederike, österr. Politikerin, * 22. 1. 1936 Wien, t 10. 11. 1987 Wien. S. trat 1953 als kaufmännische Angestellte in den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ein und engagierte sich in der Sozialistischen Jugend sowie in der SPÖ. Seit 1969 Mitglied des Wiener Gemeinderats, wurde sie 1983 amtsführende Stadträtin f ü r Personal, Rechtsangelegenheiten und Konsumentenschutz und arbeitete eines der ersten österr. Frauenförderungsprogramme f ü r den öffentlichen Dienst aus. Die Politik der bevorzugten Förderung bei gleicher Qualifikation hat die praktische Umsetzung des Gleichberechtigungsgrundsatzes entscheidend vorangetrieben. t r i Czeike
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Seidl S e i d l , Gabriel von, Architekt, * 9. 12. 1848 München, t 2 7 . 4 . 1913 München. Der Bruder des Architekten Emanuel von —>S. arbeitete bis 1870 als Maschinentechniker, studierte dann an der Münchner Akademie Architektur und gründete nach einem Aufenthalt in R o m 1878 ein Atelier für Innendekoration. S. entwickelte sich zum bedeutendsten Vertreter der historisierenden Münchner Architektur um die Jahrhundertwende. Hauptwerke sind das Bayerische Nationalmuseum in München (1894-99) und das Historische M u s e u m der Pfalz in Speyer (begonnen 1907). In München schuf S. außerdem das Karlsplatz-Rondell, die St Anna-Kirche (1885-92), die Lenbach-Villa (1887-91), den Ruffini-Block und das Künstlerhaus am Lenbachplatz (1893), aber auch die Isarbrücke in Grünwald bei M ü n c h e n und das Deutsche M u s e u m (begonnen 1906). S. wurde nobilitiert (1900) und zum Ritter des Ordens Pour le merite für Wissenschaft und Künste ernannt. • • Lex Kunst S e i d l , Johann Gabriel, Pseud. Emil Ledie, Meta C o m m u nis, J. Siegl, Gabriel, österr. Schriftsteller, * 2 1 . 6 . 1804 Wien, t 18.7. 1875 Wien. S., Sohn eines Hof- und Gerichtsadvokaten, studierte 1819-26 in Wien Philosophie und Rechtswissenschaften, war seil 1829 Gymnasiallehrer in Cilli (Untersteiermark) und wurde 1840 Kustos am Wiener Münz- und Antikenkabinett. Bis zur Revolution 1848 war er auch als Zensor tätig. 1856-71 leitete er die k. u . k . Schatzkammer. S. veröffentlichte eine Vielzahl topographischer, numismatischer und epigraphischer Studien zur österr. Provinzialarchäologie und redigierte seit 1850 die von ihm mitbegründete „Zeitschrift für österreichische Gymnasien". Eine erste S a m m l u n g seiner Dichtungen (3 Bde.) erschien 1826-28. Weitere Publikationen lyrischer Kleinformen ( B i f o l i e n , 1836; Flinserln, 4 Tie., 1828-37) machten ihn bei den Zeitgenossen populär. 1828-58 gab S. das Taschenbuch „Aurora" heraus. Er trat auch als Erzähler und Dramatiker hervor. S. gilt als bedeutender Vertreter der literarischen Vormärzpublizistik und Biedermeierpoesie Österreichs. Er schrieb zahlreiche, von Franz —> Schubert, Robert - » Schumann und Carl —> L o e w e vertonte Gedichte. S. war Autor des Textes der Kaiserhymne Gott erhalte, Gott beschütze (1854). OD Killy S e i d l , Walter, Schriftsteller, Redakteur, * 17.4. 1905 Troppau (Böhmen), t 2 9 . 8 . 1937 Neapel. Der Sohn eines Reichsratsabgeordneten studierte Musikwissenschaft und Literaturgeschichte an der Univ. Grenoble und arbeitete anschließend als Musikreferent beim „Prager Tagblatt". Im Spannungsfeld deutscher, französischer und tschechischer Kulturtradition entstanden zeitkritische, polemischsatirische Bühnenstücke, darunter das „katholische Mysterienspiel" Die Rache des Psychoanalytikers, und R o m a n e , die sich vor allem mit den politischen Vorstellungen und individuellen Eigenarten des Kleinbürgertums auseinandersetzten. S. schrieb u . a . den Musikerroman Anasthase und das Untier Richard Wagner (1930), die Stücke Welt vor der Nacht und Wirbel in der Zirbeldrüse (beide 1930) sowie den Bildungsroman Der Berg der Liebenden (1936, Neuausg. 2004). S. starb an den Folgen einer Austernvergiftung. CD Killy S e i d l , Wenzel, österr. Komiker, Volkssänger, * 1 4 . 1 . 1 8 4 2 Gumpendorf (heute zu Wien), t 6 . 3 . 1921 Wien. Der Sohn eines Knopfdrechslers und Logenschließers trat im Theater an der Wien in Kinderrollen auf und durchlief eine Kellnerlehre. 1863 debütierte er als Sänger in der Gesellschaft von Karl Drexel und gehörte dann verschiedenen Sängergesellschaften an. 1879 gründete er mit dem Dichter Wilhelm —> Wiesberg eine eigene Gesellschaft, die damals zu den erfolgreichsten in Wien gehörte. Konzertreisen führten S. und seine Gesellschaft, die er seit 1890 allein führte, auch ins Ausland. CD O M L
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S e i d l - D i t t m a r s c h , Siegfried, Staatsrat, * 4 . 1 . 1 8 8 7 P a m m i n (Neumark), t 2 2 . 2 . 1934 Berlin. S.-D. trat als Abiturient in die preuß. A r m e e ein. Schwerkriegsbeschädigt fand er nach dem Ersten Weltkrieg Verwendung im preuß. Kriegsministerium und im Reichswehrministerium, quittierte aber 1921 den Dienst. Er trat früh der N S D A P und der SS bei, wurde Chef des Führungsstabes beim Reichsführer SS. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde S.-D. Chef des SS-Stabes und Mitglied des Reichstags. tri Munzinger S e i d l - H o h e n v e l d e r n , Ignaz, österr. Jurist, * 15.6. 1918 Mährisch-Schönberg, t 2 5 . 7 . 2 0 0 1 . S.-H., Sohn eines Textilindustriellen, studierte Rechtswissenschaften in Genf, Wien und Innsbruck und wurde 1946 promoviert. Anschließend arbeitete er im österr. Bundeskanzleramt, war 1947-49 f ü r den Verfassungsdienst tätig und wechselte 1949-50 in die O E C D Rechtsabteilung. Seit 1950 hatte S.-H. erneut eine Anstellung beim Bundeskanzleramt inne, habilitierte sich 1951 in Wien und lehrte 1958-64 als a. o. Prof. an der Univ. Saarbrücken. Seit 1965 o. Prof. an der Univ. Köln, lehrte er 1981-88 als Ordinarius an der Univ. Wien. S.-H. war Mitglied der Österreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften sowie des Institut de droit international, dem er auch als Kommissionspräsident verbunden war. Er veröffentlichte u . a . Internationales Konfiskationsund Enteignungsrecht (1952, Nachdr. 1996), Völkerrecht (1965, '"2000; vollst, neubearb. Aufl. von Torsten Stein und Christian von Buttlar, " 2 0 0 5 ) , Das Recht der Internationalen Organisationen einschließlich der Supranationalen Gemeinschaften (1967, 7 2000) und Lexikon des Völkerrechts (Hrsg., 1985, 3 2001). c d Almanach Öst Akad, Jg. 151 S e i d l - K r a u s , Auguste, geb. Kraus, österr. Sängerin, Gesangspädagogin, * 2 8 . 8 . 1853 Wien, t 17.7. 1939 N e w York. S.-K. bildete ihre Stimme bei Mathilde —»Marchesi in Wien aus, gab 1877 ihr Debüt an der Hofoper und erhielt dort auch ihr erstes Engagement. 1 8 8 1 / 8 2 war sie am Opernhaus in Leipzig engagiert. Dort lernte sie den Dirigenten Anton Seidl kennen, den sie 1883 heiratete. 1882 Schloß sie sich Angelo —»Neumanns reisendem Wagnertheater an und gastierte in ganz Europa. 1883 in Bremen engagiert, sang sie seit 1884 an der N e w Yorker Metropolitan Opera. Nach d e m Tod ihres Mannes 1898 gab S.-K. ihre Bühnenkarriere auf und war seitdem als Gesangspädagogin tätig. c n Kosch: Theater S e i d l e i n , Lorenz Ritter von, Politiker, * 1 5 . 1 1 . 1 8 5 6 Bamberg, t 1 8 . 8 . 1 9 3 5 München. Der Sohn eines Mühlenbesitzers studierte seit 1877 Rechtswissenschaften und trat 1885 in den bayerischen Staatsdienst ein. 1890 wurde er Generaldirektionsseketär im Fiskalat der Staatseisenbahnen, 1899 Generaldirektionsrat, 1902 Regierungsdirektor bei der Generaldirektion und wechselte S. 1905 als Ministerialrat in das bayerische Verkehrsministerium. Nach f ü n f j ä h r i g e r Tätigkeit als Präsident der Eisenbahndirektion Nürnberg war S. 1912-18 Staatsminister für Verkehrsangelegenheiten. S e i d l e r , Alma, verh. Eidlitz, österr. Schauspielerin, * 8 . 6 . 1899 Leoben (Steiermark), t 8. 12. 1977 Wien. Die Tochter eines kaiserlichen Ministerpräsidenten erhielt Privatunterricht beim Burgtheaterdirektor, debütierte 1917 am Wiener Volkstheater und wurde 1918 Hofschauspielerin am Burgtheater. Sie entwickelte sich zu einer der bedeutendsten Schauspielerinnen ihrer Zeit, die sowohl klassische, als auch moderne, komische und tragische Rollen mit gleich starker Ausdruckskraft und großer Wandlungsfähigkeit verkörperte. S. spielte u. a. die Hedwig in Henrik Ibsens Drama Die Wildente (1918) und das Hannele
Seidlitz in Gerhart —> Hauptmanns Hanneies Himmelfahrt (1935). Zuletzt übernahm sie Mutterrollen. Der ihr zu Ehren gestiftete Alma-Seidler-Ring für die bedeutendste Bühnenschauspielerin des deutschen Sprachraums wurde 1979 erstmals an Paula —»Wessely verliehen. S. war mit Karl —»Eidlitz verheiratet. c d Czeike S e i d l e r , Herbert, österr. Germanist, * 18.8. 1905 Feldkirch (Vorarlberg), t 14.6. 1983 Wien. Der aus einer Beamtenfamilie stammende S. studierte Germanistik, Romanistik und Philosophie in Innsbruck und Wien, wurde 1927 in Innsbruck promoviert und habilitierte sich dort 1944 ( J a k o b Fallmerayers geistige Entwicklung. Ein Beitrag zur deutschen Geistesgeschichte, 1947); nach Aberkennung der Habilitation wegen seiner Mitgliedschaft in der N S D A P (seit 1940) und kommissarischer Gauschulungsleitung 1941-43 habilitierte er sich 1951 erneut. Seit 1929 Gymnasiallehrer und 1933-40 Lehrer an der Lehrerbildungsanstalt in Innsbruck, wurde S. 1948 vorübergehend pensioniert; seit 1951 war er Privatdozent an der Univ. Innsbruck und Lehrer an der dortigen Handelsakademie. 1958 ging er als Prof. nach Johannesburg, lehrte 1 9 6 4 / 6 5 an der Univ. Salzburg und war 1965-75 o. Prof. f ü r Österreichische Literaturgeschichte und Allgemeine Literaturwissenschaft an der Univ. Wien. S. wurde vor allem durch theoretische Arbeiten über Sprachkunst und Stil bekannt (Allgemeine Stilistik; 1953, 2 1963; Die Dichtung, 1959, 2 1965; Grundlagen einer Wissenschaft von Sprachkunst, 1978), veröffentlichte aber auch Studien zu Grillparzer und Stifter (1970) und Österreichischer Vormärz und Goethezeit (1982). Seit 1973 war er wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. S. gehörte zu den Begründern der Zeitschrift „Sprachkunst". t u IGL S e i d l e r , Louise (Caroline Sophie), Malerin, Zeichnerin, Kopistin, * 1 5 . 5 . 1 7 8 6 Jena, t 7. 10. 1866 Weimar. Die Tochter eines Universitätsstallmeisters besuchte ein Mädchenpensionat in Gotha und erhielt ihre künstlerische Ausbildung in Jena sowie an den Akademien in Dresden, wo sie Caspar David - » F r i e d r i c h und Georg Friedrich —> Kersting kennenlernte. Von beiden beeinflußt, wandte sie sich dem Porträt zu. 1818-2.3 setzte sie ihre Studien in R o m fort, wo sie Anregungen der Nazarener aufnahm. Seit 1824 lebte sie in Weimar, war seit 1837 Hofmalerin und führte die Aufsicht über die Gemäldegalerie der Freien Zeichenschule. S. war geschätzt als Kopistin und Malerin von Bildnissen. Ihre Memoiren Erinnerungen der Malerin Louise Seidler (5 Bde., 1874, Neudr. hrsg. von Hermann Uhde, 1922) gelten als bedeutendes kulturgeschichtliches Dokument über das deutsche Geistesleben in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. DP Lebenswege Thür, 3. Slg. S e i d l e r - W r a n i t z k y , Karoline, geb. Wranitzky, österr. Sängerin, * 7. 12.1772 Wien, t 4 . 9 . 1872 Berlin. S. erhielt Gesangsunterricht bei ihrem Vater, einem Kapellmeister, trat in kleineren Rollen an der Wiener Hofoper auf und spielte dann an verschiedenen Provinztheatern. 1816 wurde sie an die Berliner Hofoper engagiert, wo sie bis zu ihrem Abschied von der Bühne 1838 Ensemblemitglied war. In der Uraufführung von Carl Maria von —»Webers Freischütz sang S. die Partie der Agathe. CD Ö B L S e i d l h o f e r , Bruno, österr. Musiker, Musikpädagoge, * 5 . 9 . 1905 Wien, t 19.2. 1982 Wien. S. studierte 1921-29 an der Wiener Musikakademie Klavier und Komposition bei Franz —» Schmidt, Orgel bei Franz Schütz und war Privatschüler von Alban —»Berg. 1938-81 unterrichtete er an der A k a d e m i e f ü r Musik und darstellende Kunst in Wien und war 1962-68 Gastprofessor an der Musikhochschule in Köln. S., der zahlreiche Konzerte gab, auch
als Organist, war ein Vertreter der Wiener Klavierschule; aus seiner Meisterklasse ging u. a. Rudolf Buchbinder, Friedrich —»Gulda und Hans Petermandl hervor. m ÖML S e i d l i n , Oskar, bis 1943 Salo Oskar Koplowitz, Pseud. Stefan Brockhoff (gemeinsam mit Dieter C u n z und Richard Plant), Germanist, Schriftsteller, * 1 7 . 2 . 1 9 1 1 Königshütte (Oberschlesien), t 11.12. 1984 Bloomington (Indiana, USA). S., Sohn eines Holzgroßhändlers, studierte seit 1929 Germanistik, Geschichte und Philosophie in Freiburg/Breisgau, F r a n k f u r t / M a i n und Berlin, nach der Emigration 1933 in Basel und Lausanne und wurde 1935 in Basel promoviert (Otto Brahm als Theaterkritiker, gedruckt 1936, Nachdruck 1978 unter d e m Titel Der Theaterkritiker Otto Brahm). 1938 ging er in die USA, wurde 1939 Lecturer, 1941 Assistant Professor am Smith College in Northampton (Massachusetts) und nahm seit 1942 am Zweiten Weltkrieg teil. 1943 erhielt S. die amerikanische Staatsbürgerschaft. Seit 1946 war er Assistant Professor, seit 1948 Associate Professor und 1950-72 Professor of German an der Ohio State University in C o l u m b u s und lehrte 1972-74 an der Indiana State University in Bloomington. S. beschäftigte sich vor allem mit der Literatur der Deutschen Klassik und Romantik, aber auch mit T h o m a s —»Mann und Gerhart —»Hauptmann sowie mit komparatistischen Fragestellungen (Essays in German and Comparative Literature, 1961, Nachdr. 1966; Versuche über Eichendorff, 1965. 3 1985; Von erwachendem Bewußtsein und vom Sündenfall. Brentano, Schiller, Kleist, Goethe, 1979). Daneben veröffentlichte er zahlreiche Kriminalromane sowie Jugendbücher (u. a. SOS Genf, mit Richard —»Plant) und Gedichte. 2001 erschien sein Briefwechsel mit William Henry Rey unter dem Titel „Bete für mich, mein Lieber..." (hrsg. von W . H. Rey). Seit 1973 war S. korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. CD I G L S e i d l i t z , Ernst Julius Frh. von, Gutsbesitzer, Herrnhuter, * 13. 10. 1695 Mittel-Peilau (Schlesien), t 3 . 7 . 1 7 6 6 Gut Ober-Peilau (Schlesien). Der Sohn eines schlesischen Gutsbesitzers Schloß sich früh der Herrnhuter Brüdergemeine an. 1739 wurde er von einem kaiserlichen Gericht in Jauer wegen seines Glaubens zu Kerkerhaft verurteilt. Nach der Annexion ÖsterreichischSchlesiens durch Preußen aus der Haft entlassen, begann S. auf seinem Hof mit dem Bau eines Bethauses für die Erweckungsbewegung, das 1742 eingeweiht und in kurzer Zeit Zentrum einer weiteren Brüdergemeine nach d e m Vorbild Herrnhuts wurde. Neben d e m Vorsteheramt für die neue G e m e i n d e Gnadenkreis übernahm er später die gleiche Funktion für die beiden anderen Gemeinden in Schlesien. S. zählte zu den bedeutendsten Förderern der evang. Brüdergemeinen in Schlesien. DP Leb Schlesien, Bd 3 S e i d l i t z , Wilfried von, Geologe, * 3 1 . 8 . 1 8 8 0 Berlin, t 3 1 . 3 . 1945 bei Eisenach. S., Sohn eines Geheimrats und Generaldirektors der Sächsischen Kunstsammlungen, studierte seit 1900 Geologie und Paläontologie in Freiburg/Breisgau und München, wurde 1906 promoviert (Geologische Untersuchungen im östlichen Raetikon) und habilitierte sich 1907 in Straßburg für diese Fächer. Seit 1913 a. o . P r o f . in Jena, wurde er dort 1930 Lehrstuhlinhaber und war seit 1934 Präsident der Preußischen Geologischen Landesanstalt in Berlin. Seit 1934 lehrte er als Honoraiprofessor an der dortigen Technischen Hochschule. 1935 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . Er arbeitete vor allem über Probleme der Geotektonik und veröffentlichte u. a. Revolutionen in der Erdgeschichte (1920), Entstehen und Vergehen der Alpen (1926, 2 1934), Der Bau der Erde und
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Seidlmayer die Bewegungen ihrer Oberfläche (1932) und Grundzüge der Geologie von Deutschland (1933). S. wurde 1945 Opfer der letzten Kriegshandlungen in Eisenach. S e i d l m a y e r , Michael, Historiker, * 4 . 4 . 1 9 0 2 Straubing (Niederbayern), t 14.3. 1961 Würzburg. Nach d e m Studium der Geschichte habilitierte sich S. 1933 an der Univ. München, arbeitete als Privatdozent vor allem über Probleme der mittelalterlichen Geschichte Italiens und Spaniens und wandte sich später Themen der Religionsund Geistesgeschichte zu. 1940 aus politischen Gründen von den Nationalsozialisten entlassen, Ubernahm er 1946 eine Lehrstuhlvertretung in Würzburg und wurde im selben Jahr Ordinarius und Vorstand des Historischen Seminars. S. schrieb u. a. Geschichte des italienischen Volkes und Staates. Vom Zusammenbruch des Römischen Reiches bis zum Weltkrieg (1940), Das Mittelalter. Umrisse und Ergebnisse des Zeitalters. Unser Erbe (1948, neu hrsg. von Herbert —> Grundmann, 1962) und Weltbild und Kultur Deutschlands im Mittelalter (1953). CD R G G S e i f e r l e , Eugen, schweizer. Veterinäranatom, Kynologe, * 4 . 7 . 1901 Winterthur, t 3 . 9 . 1983 Rüschlikon (Kt. Zürich). S. studierte Landwirtschaft und Tiermedizin in Zürich, wurde 1928 promoviert (Wesen, Verbreitung und Vererbung hyperdaktyler Hinterpfoten beim Haushund) und arbeitete drei Jahre am kantonalen Veterinäramt in Zürich. Seit 1931 Prosektor an der veterinärmedizinischen Anatomie, habilitierte er sich 1933 (Ueber Art und Altersmerkmale der weiblichen Geschlechtsorgane unserer Haussäugetiere, gedruckt 1932) und übernahm im selben Jahr als Extraordinarius die Leitung des Instituts. Seit 1940 Lehrstuhlinhaber, betrieb S. vor allem anatomische und kynologische Forschungen, gab das Lehrbuch der Anatomie der Haustiere (mit Josef Frewein u.a., 5 Bde., 1954-60; Bd. 1: Bewegungsapparat, 1954, "2004, engl. 1986, italien. 1991; Bd. 2: Eingeweide, 1960, ' 2 0 0 4 , engl. 1973, 2 1979, italien. 1979; Bd. 3: Kreislaufsystem, 1976, "2005, engl. 1981, italien. 1 9 9 1 , 2 1 8 8 2 , erneut 1993; Bd. 4: Nervensystem, 1975, "2004, italien. 1988; Bd. 5: Anatomie der Vögel, 1 9 7 3 , 3 2 0 0 4 , engl. 1977, italien. 1984, erneut 1985) heraus und engagierte sich im Umweltschutz. DD C H 9 1 S e i f e r t , Alfred Julius, Maler, * 6 . 9 . 1 8 5 0 Praskoles (Bez. Horowitz, Böhmen), t 4 . 2 . 1901 München. Der Sohn eines kaiserlichen Rats übte sich bei einem Prager Maler in Landschaftsmalerei und besuchte seit 1869 die Kunstakademie in München. Später ließ er sich als Maler in M ü n c h e n nieder. S. schuf vor allem Historiengemälde ( u . a . Wie Philippine Welser 1562 den Prediger Jan Augusti von der Sekte der böhmischen Brüder im Kerker des Schlosses Bürglitz besuchte) und zahlreiche hervorragende Karikaturen und Humoresken. c n BLGbL S e i f e r t , Alwin, Architekt, Gartenkünstler, * 3 1 . 5 . 1 8 9 0 München, t 2 7 . 2 . 1972 D i e s s e n / A m m e r s e e . Der Sohn eines Baumeisters machte eine Maurerlehre, studierte an der T H München Architektur und erwarb 1913 das Diplom. Seitdem freier Architekt, spezialisierte er sich nach 1920 auf Garten- und Landschaftsgestaltung und nahm 1932-44 an der T H einen Lehrauftrag über diese T h e m a tik wahr. Sein Einsatz für einen naturgemäßen Straßen- und Wasserbau machte ihn auch international bekannt. Seit 1950 war S. a. o . P r o f . , 1 9 5 4 / 5 5 Inhaber des Lehrstuhls für Landschaftspflege und -gestaltung, Straßen- und Wasserbau an der T H München. Er veröffentlichte u. a. Im Zeitalter des Lebendigen. Natur - Heimat - Technik (1941, '1943), Italienische Gärten (1950), Der Kompost in der bäuerlichen Wirtschaft (1950, 3 1960, unter d e m Titel Der Kompost im Garten ohne Gift, 4 1963, 5 1965, unter dem Titel Gärtnern
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ohne Gift, 6 1967, unter dem Titel Gärtnern, Ackern, ohne Gift, 1971, "2008, frz. 1974, auch 1977, niederländ. 1978, ungar. 1981, span. 1988) und Ein Leben für die Landschaft (1962). c p Munzinger S e i f e r t , Ernst (Hubert), Orgelbauer, * 9 . 5 . 1 8 5 5 Sülzdorf bei Meiningen, t 2 7 . 4 . 1928 Köln. S. lernte in Dresden Orgelbau, erfand mit der Membranlade die erste pneumatische Windlade und gründete 1885 in Köln eine Orgelbauanstalt. Zwischen 1885 und 1928 errichtete er zahlreiche Orgeln im rheinisch-westfälischen Raum, von denen die meisten während des Zweiten Weltkriegs zerstört wurden. Lediglich die Werke im Quirinusmünster in Neuß und in der Basilika in Kevelaer konnten durch die 1905 gegründete Filiale in Kevelaer restauriert werden. Später übernahmen drei seiner S ö h n e den Orgelbau. S. gilt als einer der bedeutendsten Vorkämpfer des modernen Orgelbaus. DP M G G S e i f e r t , Ernst, Chirurg, * 9 . 1 1 . 1887 Würzburg, t 29. 8. 1969 Würzburg. S., Sohn eines Internisten, studierte seit 1907 in Erlangen, Würzburg und Kiel Medizin, wurde 1913 promoviert (Kritische Studie zur Lehre vom Zusammenhang zwischen Nase und Geschlechtsorganen) und war als Assistent in Würzburg, Hamburg und London tätig. 1913-19 war er Mitglied der Fortschrittlichen Volkspartei. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg habilitierte er sich 1919 in Würzburg für Chirurgie (Zur Funktion des großen Netzes. Eine experimentelle Studie. Zugleich ein Beitrag zur Kenntnis vom Schicksal feinkörniger Stoffe in der Peritonealhöhle), wurde dort 1923 a . o . P r o f . und war 1938-45 Ordinarius, 1938-42 auch Rektor. Seit 1933 gehörte S. der S A und der N S D A P an. 1950 wurde er Chirurg an der Rotkreuz-Klinik in Würzburg. S. veröffentlichte u. a. Chirurgie des Kopfes und des Halses für Zahnärzte (1922, 2 1931), Wesen, Erkennung und Behandlung der Krebskrankheit (mit Fritz —»König, 1937), Leitfaden der örtlichen Betäubung (1955) und Der Wandel im menschlichen Schmerzerleben (1960). DP Grüttner S e i f e r t , Franz, österr. Bildhauer, * 2 . 4 . 1866 Schönkirchen (Niederösterreich), t 19.1. 1951 Linz. S. studierte Bildhauerei bei E d m u n d von - > H e l l m e r und Karl —»Kundmann an der Kunstakademie Wien, machte 1890-1900 durch Preise bei Denkmals-Ausschreibungen auf sich a u f m e r k s a m und schuf nach 1900 u. a. das Ferdinandvon-Saar-Denkmal (1914) im Wiener Wertheimsteinpark. Bis zu seinem Rückzug ins Privatleben 1928 folgten noch zahlreiche weitere Denkmäler sowie Büsten und Grabsteine. 1916 wurde S. zum Prof. ernannt. Er erhielt u . a . die Große und die Kleine Staatsmedaille sowie 1946 den Goldenen Lorbeer des Künstlerhauses Wien. t u Czeike S e i f e r t , Hans (Julius Carl), Mineraloge, Petrologe, * 2 4 . 4 . 1893 Altona, t 16.4. 1976 Steinfurt. S. studierte mit Unterbrechung durch die Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1911-20 Mineralogie und Geologie in Marburg, Heidelberg, Berlin, Kiel und F r a n k f u r t / M a i n , wurde 1923 promoviert (Über Wachstum und Auflösung von Kristallen, insb. Natriumchlorat) und habilitierte sich 1928 für Mineralogie und Petrographie in Berlin. Seit 1932 Kustos am Mineralogisch-petrographischen Institut und M u s e u m der Univ. Berlin, wurde er dort 1935 a . o . P r o f . und 1939 apl. Professor. 1941 ging S. als Extraordinarius nach Halle. 1943 wurde er als o . P r o f . und Direktor des Mineralogischpetrographischen Instituts an die Univ. Münster berufen. S. arbeitete vor allem auf den Gebieten der Mineralogie, Petrographie, Kristallographie und Geochemie. Er Studien am „Neuen Lager" der Kieslagerstätte von Meggen (Lenne)
Seifried (mit Erwin Nickel und Erich Bruckmann, 19529 und Strukturgelenkte Grenzflächenvorgänge in der unbelebten und belebten Natur (1971). c n Poggendorff 6 S e i f e r t , (Karl Johannes) Herbert, Mathematiker, * 2 7 . 5 . 1907 Bernstadt (Sachsen), t 1. 10. 1996 Heidelberg. Der Sohn eines Justizbeamten studierte seit 1926 Mathematik und Physik an der T H Dresden und der Univ. Göttingen. 1930 wurde er in Dresden zum Dr. rer. techn. (Konstruktion dreidimensionaler geschlossener Räume) und 1932 in Leipzig zum Dr. phil. promoviert (Topologie dreidimensionaler gefaserter Räume). 1934 habilitierte er sich in Dresden mit der Arbeit Verschlingungsinvarianten, erhielt den Titel eines a. o . P r o f . und übernahm 1935 die Vertretung eines mathematischen Lehrstuhls in Heidelberg, wo er 1937 als persönlicher Ordinarius in ein Extraordinariat eingewiesen wurde. 1946 übertrug man ihm ein Ordinariat im vollen Sinne; 1975 wurde S. emeritiert. Sein Hauptforschungsgebiet war die algebraische Topologie. Z u s a m m e n mit William - > T h r e l f a l l veröffentlichte S., einer der Pioniere der Topologie, ein Lehrbuch der Topologie (1934) und Variationsrechnung im Grossen (Theorie von Marston Morse) (mit William Threlfall, 1938, Nachdr. 1971). S. war seit 1948 ordentliches Mitglied der Heidelberger A k a d e m i e der Wissenschaften. c n Jb HAW 1997 S e i f e r t , Jürgen, Jurist, Politikwissenschaftler, * 18.4. 1928 Berlin, t 4 . 6 . 2 0 0 5 Hannover. S., dessen Vater im Nachrichtendienst des Reichsluftfahrtministeriums tätig war, durchlief eine Ausbildung zum Werkzeugmacher und studierte seit 1951 in Münster Rechtsund Staatswissenschaften sowie Philosophie bei Joachim —> Ritter. 1954 trat er S P D bei, engagierte sich seit 1957 im Sozialistischen Deutschen Studentenbund und wurde 1961 aus der S P D ausgeschlossen. Als Assistent von Arcadius —>Gurland an der T H Darmstadt und juristischer Berater für Gewerkschaften tätig, wurde er 1966 in Münster zum Dr. jur. promoviert ( D e r Notstandsausschuß, gedruckt 1968) und war 1971-93 Prof. f ü r Politische Wissenschaft an der Univ. Hannover. 1979 zählte er zu den Mitbegründern des Republikanischen Anwaltsvereins und war Co-Direktor am Deutschen Institut für Föderalismusforschung in Hannover. Ferner gehörte er dem Kuratorium für eine neue bundesdeutsche Verfassung an und stand 1983-87 der Humanistischen Union vor (Mitglied seit 1964). Seit 1998 gehörte er für „Die G r ü n e n " der G10-Kommission des Bundestags zur Kontrolle der Geheimdienste an. S. war Mitherausgeber der Zeitschriften „Kritische Justiz" und „Vorgänge". Zu seinen Veröffentlichungen zählen Gefahr im Verzuge. Zur Problematik der Notstandsgesetzgebung (1962, 3 1965), Die Spiegel-Affäre (mit Alfred Grosser, 2 Bde., 1966), Grundgesetz und Restauration (1974,31977, ab "1983 unter d e m Titel Das Grundgesetz und seine Veränderung), Logik der Destruktion. Der zweite Golfkrieg als elektronischer Krieg und die Möglichkeiten seiner Verarbeitung im Bewußtsein (1992) und Politik zwischen Destruktion und Gestaltung (1997). S e i f f a r t , Daniel, Schriftsteller, * 12.4. 1661 Zwickau, t 10.4. 1706 Zwickau. S. war in den Pfarrgemeinden K l e i n s o m m e r n / T h ü r i n g e n und Büchel tätig und wurde 1699 Diakon an der Oberkirche in Zwickau. Im Anschluß an einige Werke der emblematischen Tradition veröffentlichte er umfangreiche Erbauungsbücher (Christholds Biblia in imaginibus sive mysticoemblematico historica. Das ist: Bilder-Bibel [...], 1705; Biblische Bilder-Ergötzlichkeiten, 1712), die vor allem als Beispiele spätorthodoxer Symbolik von Bedeutung sind, aber auch Spuren frühaufklärerischen Denkens enthalten. • 3 Killy
S e i f f e r t , Alfred, Hals-Nasen-Ohren-Arzt, * 2 6 . 9 . 1883 Tharnau bei Grottkau (Schlesien), t 22. 1.1960 Heidelberg. S. studierte in Breslau, Berlin, Greifswald und München Medizin und wurde 1913 promoviert (Die Killiansche Schwebelaryngoskopie und ihre erweiterte Anwendung). 1923 habilitierte er sich an der Univ. B o n n f ü r Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, wurde dort 1928 a . o . P r o f . , 1931 in Kiel und ging 1942 als Ordinarius und Direktor der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkranke nach Heidelberg. S. arbeitete vor allem über Tumore und Entzündungen des Ösophagus sowie des Respirationstrakts. Er veröffentlichte u. a. Der Operationskursus des Hals-, Nasen- und Ohrenarztes (2 Bde., 1932). CD Ärzte 2 S e i f f e r t , Konrad (Julius Friedrich), Schriftsteller, * 2 3 . 9 . 1895 Brätz (Posen), t 1 8 . 1 . 1 9 6 9 Berlin. S. besuchte eine Handelsschule, wurde zum Buchhändler ausgebildet und studierte Volkswirtschaft und Zeitungswissenschaft in Berlin. Anschließend war er Redakteur und schrieb Werbetexte; 1924 veröffentlichte er den Gedichtband Traum und Taumel. Der 1931 erschienene Antikriegsroman Brandfackeln Uber Polen wurde 1933 von den Nationalsozialisten verboten und verbrannt, S. kurzzeitig verhaftet. Danach verfaßte er exotische Abenteuergeschichten wie Morgan erobert Panama (1937). Nach Kriegsende war S. als Geschäftsführer, Verlagsdirektor und Chefredakteur tätig, schrieb für „Frankfurter Zeitung" und das „Berliner Tageblatt" und publizierte Erzählungen (u.a. Wem gehört der schwarze Drachen, 1965). CD D L L S e i f f e r t , Manfred, Agrarwissenschaftler, * 2 5 . 7 . 1 9 2 4 Bibra, t 26. 11.2004 Rostock. S. wurde nach d e m Studium der Naturwissenschaften (seit 1946) in Jena 1951 promoviert (Die Acarose der Kartoffel eine bisher unbekannte Krankheit), war anschließend am Institut f ü r Pflanzenzüchtung in Groß-Lüsewitz unter Rudolf —> Schick tätig und übernahm 1953 einen Lehrauftrag für das Gebiet Acker- und Pflanzenbau an der Landwirtschaftlichen Fakultät in Rostock. 1956 habilitierte er sich dort mit der Studie Die Bedeutung der Züchtung für die Ertragssteigerung im Kartoffelbau in den letzten 5 Jahrzehnten und wurde 1957 zum o. Prof. und Direktor des Instituts für Acker- und Pflanzenbau ernannt. Seine Forschungen galten vor allem dem Anbau von Getreide. S. veröffentlichte u . a . Braugerste (Hrsg., 1963), Landwirtschaftlicher Pflanzenbau (1965, 2 1968) und Drusch- und Hackfruchtproduktion (Hrsg., 1981, 3 1988). S e i f f e r t , Max, Musikwissenschaftler, * 9 . 2 . 1 8 6 8 Beeskow (Brandenburg), t 1 3 - 4 . 1 9 4 8 Schleswig. S. studierte an der Univ. Berlin Klassische Philologie und Musikwissenschaft, wurde 1891 mit der Dissertation J. P. Sweelinck und seine direkten deutschen Schüler promoviert und arbeitete seitdem als Privatgelehrter sowie Lehrer für ältere Musik an der Musikhochschule und an der Akademie für Kirchen- und Schulmusik in Berlin. 1921 gründete S. das Fürstliche Institut für musikwissenschaftliche Forschung in Bückeburg, das er 1935 als Staatliches Institut für Deutsche Musikforschung mit Unterstützung der nationalsozialistischen Machthaber nach Berlin verlegte. S. gilt als einer der besten Kenner der deutschen und niederländischen Barockmusik, deren Quellen er umfassend edierte und publizierte. m MGG S e i f r i e d , Josef, Gewerkschafter, Politiker, * 9 . 5 . 1 8 9 2 München, t 9 . 7 . 1962 München. Nach dem Besuch einer Mittelschule im Zeitungswesen tätig, engagierte sich S. früh in der Gewerkschaftsbewegung, wurde hauptamtlicher Funktionär der freigewerkschaftlichen
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Seifrit Angestelltenbewegung und 1928 f ü r die S P D in den Bayerischen Landtag gewählt. Als entschiedener Gegner des Nationalsozialismus wurde S. in „Schutzhaft" g e n o m m e n und in den letzten beiden Kriegsjahren als Zwangsarbeiter eingesetzt. Nach Kriegsende war er Gewerkschafter, Stadtrat in München und 1945-47 bayerischer Innenminister. • 3 Schröder S e i f r i t , Dichter, 14. Jh. S. war vermutlich bairischer oder österr. Herkunft, worauf sprachliche Kriterien in seinem Werk schließen lassen. Er war der Verfasser eines der großen mittelalterlichen Alexanderepen. Es wurde, wie es im Text selbst heißt, in der Martinsnacht 1352 vollendet. Das Epos umfaßt über 9000 Reimpaarverse und ist neben den Prosaversionen des Meisters —>Wichwolt (um 1400) und Johann —> Hartliebs (um 1459) häufig abgeschrieben worden. CD Killy S e i f r i z , Adalbert, Jurist, Politiker, * 2 2 . 8 . 1902 Neresheim, t 2 3 . 2 . 1 9 9 0 Stuttgart. Der Sohn eines Richters studierte Rechtswissenschaften in Tübingen, Heidelberg und Kiel, trat nach der Promotion 1926 (Die staatsrechtliche Stellung des württembergischen Staatspräsidenten) in den württembergischen Justizdienst, später in den Verwaltungsdienst ein und wurde 1930 Leiter des Arbeitsamtes Schwäbisch G m ü n d . 1946-54 war er Referent im Wirtschaftsministerium von Württemberg-Baden bzw. Baden-Württemberg und leitete 1955-57 das Landesgewerbeamt, 1957-60 das Landesarbeitsamt. Seit 1960 Landtagsabgeordneter für die C D U , vertrat er seit 1963 als Staatssekretär, 1966-72 als Minister für Bundesangelegenheiten die Interessen Baden-Württembergs in Bonn. CD B W B , Bd 2 S e i f r i z , Max, Musiker, Kapellmeister, Komponist, * 9. 10. 1827 Rottweil, t 20. 12.1885 Stuttgart. Seit 1841 Violinist der Fürstlich Hohenzollernschen Kapelle zu Hechingen, spielte S. seit 1849 im Orchester des Stadttheaters in Zürich und wurde 1857 Hofkapellmeister an der Residenz des Fürsten von Hohenzollern in Löwenberg. Nach d e m Tod des Fürsten ging er 1869 nach Stuttgart, wo er 1870 zum Kgl. Hofmusikdirektor ernannt wurde. S. komponierte u. a. Männerchöre, Vertonungen, eine Oper sowie eine Ouvertüre zu —»Schillers Jungfrau von Orleans. Mit Eduard Singer veröffentlichte er eine Große theoretisch-praktische Violinschule [...] (2 Bde., 1881-84). CD Leb Schwaben, Bd 4 S e i g e w a s s e r , Hans, Politiker, * 1 2 . 8 . 1 9 0 5 Berlin, t 18.10.1979 Rom. Der uneheliche Sohn einer Verkäuferin wurde von einem Arbeiter adoptiert, machte 1921-23 eine Banklehre und war bis 1924 als Bankangestellter tätig. 1921 wurde er Mitglied der U S P D und der Gewerkschaft, 1922 der S P D und war seit 1928 Mitglied, seit 1930 Vorsitzender der Reichsleitung der Jungsozialisten sowie 1931 Mitbegründer der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands und Mitglied des Parteivorstandes. 1932 wechselte S. zur KPD. Seit 1933 in der Widerstandsbewegung „Rote Hilfe" tätig, wurde er 1934 verhaftet und zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt und war dann bis 1945 im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert. 1945-50 war er Mitarbeiter Franz —»Dahlems im Zentralkomitee der KPD, wurde 1946 Mitglied der S E D und gehörte bis 1950 d e m Parteivorstand bzw. d e m Zentralkomitee an. 1950 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Verfolgten des Naziregimes und war 1953-59 Büroleiter des Präsidenten des Komitees der Antifaschistischen Widerstandskämpfer. 1950-79 war S. Mitglied der Volkskammer, 1950 stellvertretender Vorsitzender, 1953-59 Vorsitzender des Nationalrats der Nationalen Front der D D R und 1960-79 Staatssekretär f ü r Kirchenfragen. CD Mielke
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S e i l e r , Anna, schweizer. Krankenhausstifterin, | 1360 Bern. Die Tochter eines Tuchherrn heiratete den Vorsteher des Niederen Spitals in Bern, Heinrich S., und war nach dessen Tod eine der reichsten Frauen Berns. Mit der Stiftungsurkunde vom 29. N o v e m b e r 1354 übereignete sie ihren gesamten Besitz für die S c h a f f u n g eines Spitals zur Behandlung Unbemittelter und Pflegebedürftiger. Im Sinn des Stiftungsgedankens werden noch in der Gegenwart in diesem Spital A r m e gratis behandelt. CD C H 91 S e i l e r , Burkhard Wilhelm, Chirurg, * 1 1 . 4 . 1 7 7 9 Erlangen, t 2 7 . 9 . 1843 Dresden. S., Sohn von Georg Friedrich —>S., studierte seit 1796 in Erlangen Medizin und wurde 1799 promoviert (Anatomia corporis humani senilis). Nach Reisen durch Deutschland, Frankreich und Italien war er seit 1802 Prosektor an der Univ. Wittenberg, wurde 1804 Supplent der Chirurgie und Staatsarzneikunde und 1807 Ordinarius f ü r Chirurgie und Anatomie. Nach der Auflösung der Univ. Wittenberg und interimistischen Tätigkeiten als Kreisphysikus und praktischer Arzt wurde S., seit 1813 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, 1814 mit der Ausarbeitung eines Planes zur Reorganisation des Collegium medicochirurgicum bzw. der Neueinrichtung einer ärztlichen Ausbildungsstätte in Dresden beauftragt und wurde 1815 erster Direktor sowie Prof. f ü r Anatomie und Physiologie an der Medizinisch-Chirurgischen Akademie. 1824 erhielt er Sitz und S t i m m e in der Landesregierung, wurde 1827 zum Hofund Medizinalrat ernannt und mit der Redaktion und Neubearbeitung der sächsischen Pharmakopoe, der Einrichtung einer Blutegelzuchtanstalt in Moritzburg sowie mit der Leitung der Cholerakommission beauftragt. Er veröffentlichte u. a. Die Gebärmutter und das Ei des Menschen in den ersten Schwangerschaftsmonaten (1832). CD Heidel/Lienert S e i l e r , Franz, schweizer. Hotelier, * 1.5. 1897 Brig (Kt. Wallis), t 2 4 . 1 2 . 1 9 6 6 Zermatt. S. studierte Jura in Lausanne und Bern, wurde 1919 promoviert und praktizierte als Notar und Anwalt in Brig, wo er auch die Redaktion des „Briger Anzeiger" übernahm. Seit 1923 in der Geschäftsleitung der Schweizerischen Hotel-Treuhandgesellschaft, bestellte ihn der Bundesrat 1926 zu deren Direktor. In den fünfziger Jahren übernahm S. außerdem wichtige Positionen in der internationalen Hotellerie-Vereinigung sowie im Comite du Tourisme der O E C D . Seit 1921 war er Mitglied und Präsident des ehemaligen Familienunternehmens Seiler Hotels Zermatt A G . S e i l e r , Georg Friedrich, evang. Theologe, * 24. 10.1733 Creußen bei Bayreuth, t 13.5. 1807 Erlangen. S. studierte seit 1754 Philosophie und Theologie in Erlangen, hörte auch Mathematik, Orientalistik, Naturwissenschaften und Geschichte. Er beaufsichtigte nach 1759 j u n g e Adlige in Tübingen, war Diakon in Neustadt und Prediger in Coburg. 1769 wurde S. o . P r o f . der Theologie in Erlangen, 1772 Universitätsprediger, 1775 Mitglied des Konsistoriums zu Bayreuth, 1788 auch Superintendent. Zahlreiche R u f e an andere Universitäten lehnte er ab. 1785 gründete er eine Bibelanstalt in Erlangen. S. schrieb u. a. Der Geist und die Gesinnungen des vernunftmäßigen Christentums zur Erbauung (1769). Er war der Vater von Burkhard Wilhelm —>S. CD Fränk Leb, Bd 17 S e i l e r , Jakob, schweizer. Zoologe, * 16.5. 1886 Merishausen, t 1 9 . 8 . 1 9 7 0 Zürich. S. studierte in Genf, Zürich und München Naturwissenschaften und Zoologie, wurde 1914 promoviert (Das Verhalten
Seinsheim der Geschlechtschromosomen bei Lepidoptereri) und habilitierte sich 1923 in München (GeschlechtschromosomenUntersuchungen an Psychiden. IV. Die Parthenogenese der Psychiden. Biologische und zytologische Beobachtungen). Seit 1927 war er dort a. o. Prof. der Zoologie, 1933-57 Ordinarius am landwirtschaftlichen Anatomisch-Physiologischen Institut der ΕΤΗ Zürich. S. ( 1940 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt, arbeitete über Geschlechterbestimmung und Geschlechtsdimorphismus sowie über Zytologie der Parthenogenese und Polyploidie verschiedener Rassen, u. a. bei Mottenarten und Schmetterlingen.
a. o.Prof. an die TH Hannover berufen. Seit 1936 Oberregierungsrat, wurde S. 1940 apl. Prof. und wechselte im selben Jahr an die Univ. Hamburg und wurde Abteilungsleiter beim Seewetteramt Hamburg-Nienstedten. Er veröffentlichte u.a. Grundzüge der Flugmeteorologie des Luftwegs nach Ostasien (1927), Atmosphärische Grenzschicht (1929), Eindrucke und Meteorologische Erfahrungen auf der Weltfahrt des Luftschiffs „Graf Zeppelin" (1930), Maritime Meteorologie (= Handbuch der Fliegerwetterkunde, 1939) und Meteorologische Navigation (1940). DD Poggendorff 6
OD CH 91
S e i l l e r , Johann Kaspar, österr. Jurist, Bürgermeister von Wien, * 20. 10. 1802 Marburg/Drau, t 1 0 . 2 . 1 8 8 8 Wien. S. studierte seit 1817 Rechtswissenschaften und Philosophie an den Universitäten Graz und Wien, wurde 1826 promoviert und war seit 1831 Hof- und Gerichtsadvokat in Wien. Als überzeugter Demokrat beteiligte er sich an der Revolution von 1848, wurde in den im selben Jahr konstituierten Gemeinderat von Wien und dort zum Präsidenten gewählt. Die kommunale Körperschaft und die von ihr entworfene Gemeindeordnung wurden 1850 vom Kaiser sanktioniert. 1851 wählte der Rat S. zum Bürgermeister. In den zehn Jahren seiner Amtszeit wandelte sich Wien durch Eingemeindungen, Schleifung der Mauern, Reorganisation der Verwaltung, Verbesserung der Stadtgewerke sowie des Bildungs- und Sozialwesens zur modernen Großkommune. CD Czeike
Seiler, Johannes, Maler, Bildhauer, * 5 . 8 . 1 8 7 1 Nürnberg, t 17.4. 1954 Nürnberg. Der Sohn eines Juristen und Politikers besuchte 1888-90 die Kunstgewerbeschule und studierte anschließend an der Kunstakademie München, u.a. als Meisterschüler bei Syrius —>Eberle. 1895 wurde er mit der Silbernen Medaille ausgezeichnet, unternahm Studienreisen nach Rom und Florenz und gründete 1898 ein eigenes Atelier in München. Anfangs mit kunstgewerblichen Kleinplastiken erfolgreich, schuf er später zahlreiche Porträtbiisten akademischer und künstlerischer Lokalprominenz in München und Nürnberg. 1913 siedelte S. nach Nürnberg über, wo er 1928 den Bund fränkischer Künstler gründete. Neben Kriegerdenkmälern sind vor allem seine figuralen Arbeiten am Neuen Rathaus in München von Bedeutung. e n Reichshandbuch Seiler, Karl Wilhelm, Maler, * 3 . 8 . 1 8 4 6 Wiesbaden, t 1.3. 1921 München. S. studierte an der Bauakademie Berlin sowie in München bei Karl —>Raupp, wo er sich nach der Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 als Maler niederließ. 1889 wurde er zum Prof., 1890 zum Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste ernannt. 1893 wechselte er als Lehrer der Malklasse an die Hochschule der Bildenden Künste in Berlin, wo er 1895 in die Akademie der Künste aufgenommen wurde. Im selben Jahr zog S. nach München.
t u Th-B S e i l e r n , Johann Friedrich Reichsgraf, Politiker, * 1646 Ladenburg, t 8 . 1 . 1 7 1 5 Wien. Der Sohn eines protestantischen Färbermeisters studierte in Heidelberg, Orleans und Padua Philosophie sowie Rechtswissenschaften und wurde Privatsekretär des Kurfürsten —»Karl Ludwig von der Pfalz. Als Regierungsrat und Staatssekretär versuchte er die politische Sicherung der Kurpfalz, scheiterte jedoch im 2. Eroberungskriegs Ludwigs XIV. 1674. Beim Kurfürsten in Ungnade gefallen, wechselte er in den österr. Staatsdienst und zum kath. Glauben. Als einer der bedeutendsten Diplomaten der Reichspolitik wurde S. auf dem Höhepunkt seiner Karriere 1705 zum österr. Hofkanzler ernannt. Er gilt als Reichspatriot, der Wesentliches zur beständigen Identifikation von habsburgischem Kaiserhaus und Reich beitrug. Sein Schwiegersohn Johann Friederich de Keuckelier spielte als österr. Hofkanzler seit 1735 eine bedeutende innenpolitische Rolle. DO Leb Saarpfalz S e i l k o p f , Heinrich (Andreas Karl), Meteorologe, * 2 5 . 1 2 . 1 8 9 5 Frankfurt/Oder, f 2 7 . 6 . 1 9 6 8 Hamburg. S. studierte in Berlin und wurde 1920 promoviert (Der Witterungsverlauf in Norddeutschland beim Vorübergange barometrischer Teildepressionen, auf Grund der Beobachtungen des Meteorologischen Observatoriums Potsdam bearbeitet). Er trat als Meteorologe in den Dienst der Deutschen Seewarte Hamburg, leitete 1924-27 die Flugwetterwarte Hannover und kehrte 1927 als Leiter des Seeflugreferats der Wetterwarte nach Hamburg zurück. Im selben Jahr habilitierte er sich an der T H Hannover, stieg 1929 zum Regierungsrat auf und wurde 1931 als nichtbeamteter
S e i n e m e y e r , Meta, Sängerin, * 5 . 9 . 1 8 9 5 Berlin, t 19.8. 1929 Dresden. Die Tochter eines Kriminalkommissars debütierte 1918 am Deutschen Opernhaus in Berlin als Eurydike in Christoph Willibald Glucks Orpheus und blieb dort bis 1925 engagiert. Nach ihrem Wechsel an die Staatsoper Dresden gab sie u. a. in der Uraufführung von Ferruccio —»Busonis Doktor Faustus die Herzogin von Parma sowie die Maddalena in Umberto Giordanos Andrea Chenier. Tourneen und Gastspiele führten sie in den zwanziger Jahren durch Europa sowie durch Nord- und Südamerika. Auf dem Sterbebett heiratete S. den Dirigenten Frieder Weißmann. t u Kutsch S e i n s h e i m , Adam Friedrich Graf von, Fürstbischof von Würzburg und Bamberg, * 16.2. 1708 Sünching (Bayern), t 1 8 . 2 . 1 7 7 9 Würzburg. S., Sohn eines kurbayerischen Geheimen Rats und Hofratspräsidenten und einer Gräfin von Schönborn, erwarb nach 1718 geistliche Pfründen in Würzburg, Bamberg und Köln und studierte Philosophie und Jura an den Universitäten Salzburg, Würzburg und Leiden sowie 1725-27 am Collegium Germanicum in Rom. Seit 1742 war er Auditor Rotae. 1748 wurde S. würzburgischer, 1751 kaiserlicher Geheimer Rat sowie 1755 mit Unterstützung des Kaiserhauses Bischof von Würzburg. Seit 1757 war er auch Bischof von Bamberg. Im Siebenjährigen Krieg nahm S. aktiv für die habsburgische Seite Partei. In der folgenden Friedenszeit versuchte er, seine Hochstifter durch Verwaltungs- und Justizreformen, aktive Wirtschaftspolitik und durchgreifende Restrukturierung der Bildungsinstitutionen der Aufklärung zu öffnen. t u BBKL S e i n s h e i m , Georg Ludwig Frh. von, Beamter, Militär, * 26.1. 1514, t 11.10.1591 Marktbreit (Franken). Protestantisch erzogen, trat S. nach der Teilnahme an kaiserlichen Feldzügen 1532 in Ungarn und Italien 1534 in den Dienst Pfalzgraf —»Otto Heinrichs in Neuburg. Er machte Karriere als Beamter und Rechtspfleger in Sulzbach und Cadolzburg und trat 1549 unter Zusicherung freier Konfessionsausübung in würzburgische Dienste. 1553 Befehlshaber der Truppen des Bistums gegen Markgraf —> Albrecht Alcibiades, war er 1564-73 Kreisobrist des Fränkischen Kreises und wurde 1576 Feldmarschall des Lands-
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Seinsheim berger B u n d e s . 1580 w u r d e S. in den erblichen Freiherrenstand e r h o b e n . A l s B e a m t e r m e h r e r e r L a n d e s h e r r e n g e h ö r t e S. zu d e n b e d e u t e n d s t e n Vertretern d e s R e i c h s g e d a n k e n s i m fränkischen Raum. S e i n s h e i m , J o s e p h F r a n z M a r i a Graf v o n , K o n f e r e n z minister, * 1707 B a m b e r g , t 1787 M ü n c h e n . D e r aus einer f r ä n k i s c h e n M i n i s t e r i a l e n f a m i l i e s t a m m e n d e S. erledigte f ü r —»Karl VII. kleinere d i p l o m a t i s c h e M i s s i o n e n und w u r d e dann k u r p f ä l z i s c h e r Wirklicher G e h e i mer Rat, k u r f ü r s t l i c h e r K ä m m e r e r und H o f r a t s o w i e G e h e i m e r K o n f e r e n z m i n i s t e r unter —»Maximilian III. J o s e p h . 1745-48 f ü h r t e er als G e s a n d t e r M a x i m i l i a n s in W i e n Subsid i e n v e r h a n d l u n g e n mit Österreich. 1753 w a r er b a y e r i s c h e r K r i e g s m i n i s t e r und 1760-64 a u ß e n p o l i t i s c h e r Berater. U n ter —» Karl T h e o d o r w a n d t e er sich g e g e n einen Tausch von A l t b a y e r n g e g e n die s p a n i s c h e n N i e d e r l a n d e . 1 7 6 1 / 6 2 w a r S. als N a c h f o l g e r von S i g m u n d von —»Haimhausen und nach d e m Rücktritt J o h a n n J o s e p h F r a n z von —»Baumgartens 1769-87 P r ä s i d e n t der B a y e r i s c h e n A k a d e m i e der Wissens c h a f t e n . S., d e r d e n j u n g e n —»Montgelas protegierte, w u r d e 1759 E h r e n m i t g l i e d der A k a d e m i e . S e i n s h e i m , Karl A u g u s t J o s e p h M a r i a Graf von, Politiker, * 1 7 . 2 . 1784 M ü n c h e n , f 29. 1 1 . 1 8 6 4 M ü n c h e n . S. war der S o h n von M a x i m i l i a n J o s e p h von —»S. Er studierte R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n in L a n d s h u t und G ö t t i n g e n . Als j u n g e r M a n n begleitete er K r o n p r i n z —»Ludwig (I.) nach Italien. 1808-24 w a r er Kreis- und R e g i e r u n g s r a t in Trient, S t r a u b i n g , S a l z b u r g und M ü n c h e n , 1824-32 R e g i e r u n g s direktor u n d 1832-40 R e g i e r u n g s p r ä s i d e n t d e s Isarkreises. D a n e b e n g e h ö r t e S. 1827-43 der A b g e o r d n e t e n k a m m e r an, der er seit 1840 als P r ä s i d e n t vorstand. Seit 1837 Staatsrat, w a r S. 1840-47 F i n a n z m i n i s t e r , trat j e d o c h a u f g r u n d der A f f ä r e um Lola —»Montez zurück. 1845 w u r d e S. z u m R e i c h s r a t auf L e b e n s z e i t e r n a n n t . S e i n s h e i m , M a x i m i l i a n J o s e p h ( C l e m e n s M a r i a ) Graf v o n , S t a a t s m a n n , * 1 0 . 1 0 . 1751, t 1 2 . 9 . 1803 M ü n c h e n . S. w a r O b e r s t e r E r b k ä m m e r e r d e s H e r z o g t u m s F r a n k e n und stand als G e h e i m r a t in k u r p f ä l z i s c h - b a y e r i s c h e n Diensten. Als Vizepräsident d e r obersten L a n d e s r e g i e r u n g war er B e rater von K u r f ü r s t —»Karl T h e o d o r . S. galt als R e f o r m e r . Er w a r er Vater von Karl A u g u s t J o s e p h M a r i a Graf von —»S. S e i p e l , Ignaz, Prälat, österr. Politiker, * 1 9 . 7 . 1876 Wien, t 2 . 8 . 1 9 3 2 P e r n i t z (Niederösterreich). S. b e g a n n seine Karriere als Priester und T h e o l o g e und blieb sein g a n z e s L e b e n lang ein Priesterpolitiker. Schon w ä h r e n d seiner W i r k s a m k e i t als Prof. der M o r a l t h e o l o g i e in Salzburg (1908-17) engagierte er sich f ü r p o l i t i s c h e T a g e s f r a gen i m S i n n e d e s politischen K a t h o l i z i s m u s . N o c h in Salzburg e n t w i c k e l t e S. seine Position z u m P r o b l e m „ N a t i o n u n d Staat", zur F r i e d e n s p r o b l e m a t i k und zur „sozialen F r a g e " . 1917 nach Wien z u r ü c k g e k e h r t , ü b e r n a h m er die N a c h f o l g e seines Lehrers F r a n z —> S c h i n d l e r als Prof. der M o r a l t h e o l o gie. I m Herbst d e s J a h r e s 1918 trat er als M i n i s t e r f ü r soziale F ü r s o r g e in d i e von d e m V ö l k e r r e c h t l e r und Pazifisten H e i n rich —»Lammasch g e b i l d e t e letzte kaiserliche R e g i e r u n g ein. Als g e l e h r t e r Geistlicher, d e r zunächst keinerlei weltliche A m b i t i o n e n zu haben schien, w u r d e er von d e r F ü h r u n g der Christlichsozialen Partei häufig u m R a t g e f r a g t . A l s Part e i o b m a n n (1921) löste er d i e s c h w i e r i g e A u f g a b e , d i e s e Partei auf d e n B o d e n der R e p u b l i k zu f ü h r e n und sie auf ein österr. S t a a t s b e w u ß t s e i n zu verpflichten. 1922 bildete
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S. seine erste R e g i e r u n g und blieb bis 1928 der f ü h r e n d e Politiker Österreichs. D u r c h e i n e Koalition seiner Partei mit den G r o ß d e u t s c h e n ( „ B ü r g e r b l o c k " ) sicherte er sich im Parlament eine Mehrheit für eine umfassende Sanierungspolitik. D e r V ö l k e r b u n d in G e n f g e w ä h r t e e i n e A n l e i h e zur Ü b e r w i n d u n g d e r österr. W ä h r u n g s k r i s e ( U m s t e l l u n g von K r o n e auf Schilling). M i t der G e n f e r A n l e i h e verpflichtete sich die österr. R e g i e r u n g aber a u c h z u m Verzicht auf d e n „ A n s c h l u ß " Österreichs an das D e u t s c h e R e i c h u n d zu einer harten Sparpolitik. D i e s e Politik f ü h r t e zu einer V e r s c h ä r f u n g d e s K a m p f e s z w i s c h e n der christlichsozialen R e g i e r u n g s p a r t e i , der s o z i a l d e m o k r a tischen O p p o s i t i o n und d e m stärker w e r d e n d e n L a g e r der D e u t s c h n a t i o n a l e n . Erster H ö h e p u n k t der b ü r g e r k r i e g s ä h n liche F o r m e n a n n e h m e n d e n A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n w a r der S t u r m der S o z i a l d e m o k r a t e n auf den Justizpalast als Protest g e g e n d e n F r e i s p r u c h von M i t g l i e d e r n der d e u t s c h n a tionalen F r o n t k ä m p f e r v e r e i n i g u n g d u r c h ein G e s c h w o r e n e n gericht ( 2 5 . 7 . 1927). S. betrachtete d e n der s o z i a l d e m o k r a t i schen F ü h r u n g entglittenen A r b e i t e r a u f s t a n d als R e v o l u t i o n . In einer P a r l a m e n t s r e d e beharrte er auf der u n n a c h g i e b i g e n W a h r u n g der Staatsautorität. S. war es z w a r g e l u n g e n , den österr. Staat w i r t s c h a f t l i c h zu sanieren und die T h e s e von d e s s e n L e b e n s u n f ä h i g k e i t zu widerlegen. A n der A u f g a b e der Ü b e r w i n d u n g der Part e i e n k ä m p f e ist er gescheitert. Der G e g e n s a t z zu den von d e m „ A u s t r o m a r x i s t e n " O t t o —»Bauer g e f ü h r t e n Sozialdem o k r a t e n w u r d e nicht zuletzt durch S.s scharf antisozialistischen K u r s i m m e r größer. W a h l v e r l u s t e zeigten, d a ß sich d i e Christlichsozialen als R e g i e r u n g s p a r t e i verbraucht hatten. 1929 trat S. zurück. 1930 b e m ü h t e er sich vergeblich u m d i e Wahl z u m B u n d e s p r ä s i d e n t e n , n a h m an der kurzlebigen R e g i e r u n g —»Vaugoin teil u n d näherte sich mit seinen ständestaatlichen S y m p a t h i e n und seinen Vorstellungen von einer p r ä s i d i a l - d e m o k r a t i s c h e n V e r f a s s u n g der H e i m w e h r b e w e g u n g und deren klerikal-faschistischen P o s i t i o n e n . WERKE: D i e w i r t s c h a f t s e t h i s c h e n L e h r e n der K i r c h e n v ä t e r . Wien 1907. - N a t i o n und Staat. W i e n 1916. - D e r K a m p f u m die ö s t e r r e i c h i s c h e Verfassung. W i e n u. a. 1930. LITERATUR: A l f r e d D i a m a n t : Austrian C a t h o l i c s and t h e First R e p u b l i c . D e m o c r a c y , c a p i t a l i s m and social order, 1918-1934. P r i n c e t o n 1960. - E r n s t Karl Winter: I. S. als dialektisches P r o b l e m . W i e n u. a. 1966. - K l e m e n s von K l e m perer: I. S. S t a a t s m a n n einer Krisenzeit. G r a z u . a . 1976. Ernst H a n i s c h : D i e I d e o l o g i e des Politischen K a t h o l i z i s m u s in Österreich 1918-1938. Wien u . a . 1977. - Friedrich R e n n hofer: I. S. M e n s c h und S t a a t s m a n n . W i e n u . a . 1978. - R u dolf N e c k u . a . (Hrsg.): D i e E r e i g n i s s e des 15. Juli 1927. W i e n 1979. - J o h n W . B o y e r : C u l t u r e a n d Political Crisis in Vienna. Christian S o c i a l i s m in p o w e r , 1897-1918. C h i c a g o / L o n d o n 1995. - Ders.: W i e n e r K o n s e r v a t i v i s m u s v o m Reich zur R e p u b l i k - I. S. u n d d i e österreichische Politik. In: Ulrich E. Z e l l e n b e r g (Hrsg.): K o n s e r v a t i v e Profile. Ideen & Praxis in d e r Politik z w i s c h e n F M R a d e t z k y , Karl K r a u s und Alois M o c k . G r a z 2 0 0 3 , S. 341 - 3 6 1 . Helmut Rumpier S e i p e l t , J o s e p h , österr. S ä n g e r , R e g i s s e u r , C h o r d i r e k t o r , K o m p o n i s t , * 5. 11. 1787 R a g e n d o r f ( U n g a r n ) , t 2 1 . 2 . 1847 M a r i a h i l f ( h e u t e zu W i e n ) . D e r S o h n eines S c h u l l e h r e r s arbeitete nach d e m B e s u c h d e n G y m n a s i u m s in P r e ß b u r g in e i n e m G e s c h ä f t in Triest. N a c h Wien z u r ü c k g e k e h r t , w u r d e er d u r c h V e r m i t t l u n g von Josef von —»Seyfried C h o r s ä n g e r a m T h e a t e r an der Wien, n a h m später Unterricht bei A n t o n i o —»Salieri u n d debütierte als B a ß in L e m b e r g . Es folgten E n g a g e m e n t s in H e r m a n n s t a d t und T e m e s v a r (1809). D a n a c h w a r er als S ä n g e r und Reg i s s e u r in L i n z ( 1 8 0 9 - 1 2 ) , Pest und K a s c h a u , 1815-18 als T h e a t e r d i r e k t o r in B r o d y (Galizien) tätig und k e h r t e d a n n an d a s T h e a t e r an der W i e n zurück, w o er alle g r o ß e n Partien seines F a c h s s a n g und n a c h d e m A b s c h i e d von d e r B ü h n e
Seitter Chordirektor war. 1822-24 und 1831-35 war er am Kärntnertortheater engagiert; 1825-27 gastierte er am Theater in der Josefstadt. S., der auch als Konzertsänger auftrat, führte 1827-33 eine Musikschule in Wien. Nach 1830 war er als Regens chori u. a. in Mariahilf tätig. Zu seinen Kompositionen gehört Vokalmusik, darunter Kantaten und Gesänge. m ÖML S e i p p e l , Claude, schweizer. Ingenieur, * 14.6. 1900 Zürich, t 1 . 8 . 1 9 8 6 Zürich. S. studierte an der Ε Τ Η Zürich Elektrotechnik und trat 1922 in die Abteilung Maschinenbau der Brown, Boveri und Cie. (BBC) in Baden (Schweiz) ein. Nach einem fünfjährigen Aufenthalt in Amerika entwickelte er den ersten industriell einsetzbaren Axial-Verdichter zur Verdichtung der Verbrennungsluft bei Dampferzeugern. Bedeutender war die Entwicklung der ersten wirtschaftlichen Gasturbine (Landesausstellung 1939) unter seiner Leitung. S. wurde daraufhin Direktor aller thermischen Abteilungen bei B B C . Er veröffentlichte u. a. Überschall-Windkanäle (1944), From Stodola to modern turbine engineering (1953), Die Entstehungsgeschichte des vielstufigen Axialkompressors bei Brown Boveri (1974) und Die Kenngrössen der Turbinen-Schaufelgitter (1979). DP C H 91 S e i p p e l , Edda, Schauspielerin, * 19. 12.1919 Braunschweig, t 1 2 . 5 . 1 9 9 3 München. S. erhielt eine Ballettausbildung, stand bereits als Vierzehnjährige im Kabarett der Namenlosen auf der Bühne und durchlief eine Schauspielausbildung in Berlin. 1937 debütierte sie am Theater in Neustrelitz, wo sie bis 1938 engagiert war, und trat anschließend an verschiedenen Bühnen auf. 1942-46 und 1950-55 spielte sie am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, 1946-49 an den dortigen Kammerspielen, 1 9 4 9 / 5 0 am Staatstheater in Stuttgart und 1956-58 an den Städtischen Bühnen Frankfurt. 1962 war sie an den Kammerspielen in M ü n c h e n , dann freischaffend tätig, u . a . am Euro-Studio Titisee-Neustadt und zuletzt am Residenztheater in M ü n c h e n . Seit 1964 übernahm sie zahlreiche Film( u . a . in Ödipussi, 1987) und Fernsehrollen. Zu ihren Auszeichnungen gehören der Bundesfilmpreis (1966) und die Goldene Kamera (1980). S e i s e n e g g e r , Jakob, auch Seisenecker, Seiseneker, Seysenegger, Zeyssnegger, Zeysznegger u. a., Jakub, österr. Maler, * 1505, t 1567 Linz. Der wahrscheinlich aus Niederösterreich stammende S. wurde 1531 H o f m a l e r König —»Ferdinands und unternahm in dessen Auftrag zahlreiche Reisen. Sein Ausbildungsgang und seine genaue Herkunft bleiben umstritten. Aus seinem vielfältigen Werk bleiben lediglich zahlreiche Porträts von Mitgliedern des Hauses Habsburg und anderen Adligen greifbar, deren eleganter Stil mehr die F o r m des Porträtierten und weniger dessen Individualität betont; neu waren insbesondere seine ganzfigurigen Bildnisse. Seine letzten Lebensjahre verbrachte S. in seiner mutmaßlichen Heimatstadt Linz. CP B L G b L Sei Ii, Isidor Wilhelm, Musiker, Konservatoriumsdirektor, Komponist, * 23. 12. 1840 Dresden, t 2 5 . 9 . 1905 Köln. Der Sohn eines K a m m e r m u s i k e r s studierte in Dresden und Leipzig Klavier, begann 1859 eine Konzertreise, deren Kölner Station seine Verpflichtung durch Ferdinand von —»Hiller an das dortige Konservatorium 1861 zur Folge hatte. 1878 wurde er dort zum Prof. für Klavier ernannt. 1884-1902 war er stellvertretender Direktor der Anstalt, 1873-1900 daneben Dirigent der Kölner Musikalischen Gesellschaft. Er fand als Pianist, fortschrittlicher Programmgestalter, Begleiter und Pädagoge Anerkennung. Zu seinen Schülern zählte u . a . Engelbert - > H u m p e r d i n c k . S. komponierte u . a . Klaviermusik sowie die Oper Der vierjährige Posten (1887). Er starb durch Selbstmord. m MGG
S e i t e i b e r g e r , Franz, österr. Neurologe, Psychiater, * 4 . 1 2 . 1916 Wien, t 2. 11.2007 Wien. S., der 1938 der SS beitrat, Schloß das Medizinstudium an der Univ. Wien 1940 mit der Promotion ab, durchlief eine Facharztausbildung in Neurologie und Psychiatrie und habilitierte sich 1954 bei Julius Hallervorden f ü r Neurologie, Neuroanatomie und Neuropathologie; die in seiner Habilitationsschrift an den von Hallervorden präparierten Gehirnen von „Euthanasie"-Opfern diagnostizierte Erkrankung wurde später Seitelberger-Krankheit genannt. Seit 1958 war er a. ο., 1959-87 o. Prof. und Direktor des Neurologischen Instituts der Univ. Wien (1975-77 Rektor) und leitete 1970-90 das Institut für Hirnforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Er war Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (seit 1969), der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften und der International Brain Research Organization sowie 1974-78 Präsident der International Society of Neuropathology. S. trat vor allem mit Arbeiten zu Alterungs- und Abbauprozessen im Gehirn, zu neurologischen Erkrankungen sowie zu Gehirnevolution und zur medizinischen Anthropologie hervor. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Rhythmische Funktionen in biologischen Systemen (hrsg. mit Gustav Lassmann, 2 Tie., 1977), Aspekte des menschlichen Alterns (1982) und Gehirn, Bewußtsein und Erkenntnis (mit Erhard Oeser, 1988, 2 1995). 1961 war S. Gründungsherausgeber der „Acta Neuropathologica". Von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften wurde er 1987 mit dem SchrödingerPreis geehrt. S e i t e r i c h , Eugen (Viktor Paul), kath. Theologe, Erzbischof von Freiburg, * 9 . 1 . 1 9 0 3 Karlsruhe, t 3 . 3 . 1 9 5 8 Freiburg/Breisgau. Nach der Priesterweihe 1926 war S., Sohn eines Hofkutschers, Vikar in Baden-Baden, N e u s t a d t / S c h w a r z w a l d und Heidelberg und ging 1932 als Repetitor an das erzbischöfliche Konvikt in Freiburg. 1930 wurde er zum Dr. phil. und 1936 zum Dr. theol. (Die Gottesbeweise bei Franz Brentano) promoviert, habilitierte sich 1938 mit der Schrift Wege der Glaubensbegründung nach der sogenannten Immanenzapologetik, wurde Prof. und Subregens des Priesterseminars St. P e t e r / S c h w a r z w a l d und folgte 1949 einem Ruf auf den Lehrstuhl für Apologetik und Religionswissenschaft der Univ. Freiburg. 1952 wurde S. Titularbischof von Binda und Weihbischof von Freiburg, 1954 Erzbischof von Freiburg. Er schrieb u . a . Die Glaubwürdigkeitserkenntnis (1948). m BBKL S e i t l e r , Heino, österr. Schriftsteller, Clown, M u s e u m s leiter, * 2 4 . 1 2 . 1 9 0 2 Wien, t 1 5 . 3 . 1 9 7 4 Wien. S. machte eine kaufmännische Lehre, war seit 1918 Angestellter und Kanzleibeamter und besuchte daneben eine Theaterschule. Seit 1924 trat er als Tierstimmenimitator und Clown auf und schrieb Artikel über Zirkus und Variete. 1927-40 arbeitete er für das „Neuigkeits-Welt-Blatt" und war 1930-33 Chefredakteur der „Österreichischen Illustrierten Zeitung". 1935 gründete S. ein Circus- und C l o w n m u seum. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er als Schauspieler, Pressereferent, Verleger und Journalist tätig. 1968 übergab S. seine Privatsammlung der Stadt Wien; das im selben Jahr eröffnete Österreichische Circus- und C l o w n m u s e u m leitete S. bis zu seinem Tod. CD Czeike S e i t t e r , Heinrich, schweizer. Botaniker, * 2 8 . 3 . 1902 St. Margrethen (Kt. St. Gallen), f 3 . 9 . 1991 Sargans (Kt. St. Gallen). S. machte eine Schlosserlehre und war 1927-67 Zugführer bei der Schweizerischen Bundesbahn in Sargans. 1968-73 erforschte er als wissenschaftlicher Assistent der Regionalstelle der Ε Τ Η Zürich für die Kartierung der Schweizer
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Seitz Flora (Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen in der Schweiz) vor allem die Nordostschweiz. Er berücksichtigte dabei besonders die Vertikalverbreitung der Pflanzenarten sowie ökologische, erd- und florengeschichtliche Aspekte. S. veröffentlichte u . a . Die Flora des Fürstentums Liechtenstein (1977), Florengeschichte des Sarganserlandes (mit Hans Conrad, 1984) und Flora der Kantone St. Gallen und beider Appenzell (2 Bde., 1989). CD C H 91 S e i t z , Adalbert, Zoologe, * 2 4 . 2 . 1860 Mainz, t 5 . 3 . 1 9 3 8 Darmstadt. S. studierte 1880-85 Naturwissenschaften, insbesondere Zoologie, und Medizin in Gießen (Promotion 1887, Betrachtungen über die Schutzvorrichtungen der Thiere), unternahm als Schiffsarzt weite Reisen und habilitierte sich 1891 {Allgemeine Biologie der Schmetterlinge). 1893-1908 war er Direktor des Frankfurter Zoologischen Gartens; während seiner Amtszeit entstand das erste Insektenhaus in einem deutschen Zoo. S veröffentlichte u. a. Die Großschmetterlinge der Erde (16 Bde., 1906-54, engl. 1906-40, frz. 1906-45), Die Seidenzucht in Deutschland (1918) und Goyaz-Reise (2 Tie., 1931/32). C D Frankf Biogr S e i t z , Alexander, auch Seytz, Sitz, Sytz, Fachschriftsteller, Dramatiker, Arzt, * u m 1470 M a r b a c h / N e c k a r , t um 1545. S. studierte 1488-95 Theologie und Medizin in Tübingen, ließ sich nach weiteren Studien in R o m und Padua als Arzt in Württemberg nieder, mußte aber 1514 nach seiner Beteiligung am Aufstand des „Armen Konrad" aus Württemberg fliehen und führte seitdem ein unstetes Leben vor allem in der Schweiz (u.a. 1527-30 und 1 5 3 2 / 3 3 in Basel) und Süddeutschland (u.a. 1519-21 in München), das ihn bis zuletzt durch politische Aktivitäten und Engagement f ü r die Reformation in Schwierigkeiten brachte. In seinen Schriften griff S. zentrale Themen der ersten Hälfte des 16. Jh. auf, die er theoretisch, praxisbezogen wie auch sozialkritisch behandelte, u . a . Ain schöner Tractat von dem saturnischen Geschosz der Pestilentz (1521). Seine einzigen Dichtungen Tragedi vom grossen Abentmal (1540) und Das truncken schwert gottes (1544) sind auch theatergeschichtlich von Interesse. CD D L L S e i t z , Alexander Maximilian, Maler, * 12. 10. 1811 München, t 1 5 . 4 . 1 8 8 8 R o m . Der Sohn eines Historienmalers besuchte bereits mit zwölf Jahren die Kunstakademie, war u. a. Schüler von Peter von —»Cornelius und beschickte seit 1829 erfolgreich Ausstellungen. S. wandte sich vor allem der religiösen Malerei zu, schuf unter der Leitung von Heinrich Maria —»Hess vier Freskenbilder für die Heiliggeistkirche in M ü n c h e n und ging 1833 nach R o m , wo er den Nazarenern anschloß. Zu seinen Werken gehören u. a. Salvator Mundi, Heimkehr des verlorenen Sohnes und Die klugen und die törichten Jungfrauen (1841, R o m , S. Trinitä d e ' Monti). S. war der Vater von Ludwig und Rudolf —»S. m BBKL S e i t z , Eugen, Mediziner, * 19. 11. 1817 Bad Vilbel, f 2 . 4 . 1899 Wiesbaden. S., Sohn eines Landrats, studierte Medizin in Göttingen und Gießen und wurde 1842 promoviert. Nach der Habilitation war er 1856-79 Prof. der speziellen Pathologie und Therapie sowie Direktor der Medizinischen Klinik in Gießen. S. veröffentlichte u. a. Die Auscultation und Percussion der Respirationsorgane (1860) sowie Die Erkältungskrankheiten (1875) und g a b das zu seiner Zeit grundlegende, von Felix von —»Niemeyer begründete Lehrbuch der speciellen Pathologie und Therapie (2 Bde., 9 1874-77, " 1 8 8 4 / 8 5 ; russ. 3 Bde., 1 8 8 1 / 8 2 ) heraus. 1855 war S. zusammen mit Louis Auguste Desmarres Herausgeber der 2. Auflage von dessen
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Handbuch der gesammten Augenheilkunde [...], das er mit Karl Wilhelm —»Zehender in eine gänzlich neu gestalteten Ausgabe 1869 in zwei Bänden veröffentlichte. C D Hess Bio, Bd 3 S e i t z , Franz, Pseud. Georg Laforet, Produzent, Regisseur, Drehbuchautor, * 2 2 . 1 0 . 1 9 2 1 München, t 1 9 . 1 . 2 0 0 6 München. S., Sohn eines Filmproduzenten und Regisseurs und einer Schauspielerin und Enkel von Xaver —»Terofal, nahm seit 1940 am Zweiten Weltkrieg teil, begann 1943 das Studium der Medizin und wandte sich nach 1945 der Malerei und Kunstgeschichte zu. 1949 als Volontär und Filmarchitekt erstmals beim Film tätig, war er 1951 Mitgründer der Filmproduktionsgesellschaft Allegro-Film und wurde später Geschäftsführer der Ariston-Film G m b H . Mit der 1956 in München gegründeten Franz Seitz Filmproduktion produzierte S. zunächst vor allem Heimatfilme, dann häufig im Schulmilieu angesiedelte Unterhaltungsfilme und widmete sich daneben der Literaturverfilmung (insbesondere Werke von T h o m a s —»Mann) und M ü n c h n e r Stoffen (u.a. Die Jugendstreiche des Knaben Karl, 1977, nach Karl —»Valentin); bekannt wurde er als Produzent von Filmen Volker Schlöndorffs (Der junge Törless, 1965, nach Robert - » M u s i l ; Die Blechtrommel, 1979, nach Günter Grass; 1980 Oscar als bester fremdsprachiger Film). S. betätigte sich auch als Regisseur und Verfasser von Drehbüchern (Doktor Faustus, 1 9 8 1 / 8 2 , Buch und Regie). Seit 1981 Vorsitzender des Verbands deutscher Spielfilmproduzenten, war er ferner Präsident der Spitzenorganisation der deutschen Filmwirtschaft (seit 1997) und Vizepräsident des internationalen Produzenten-Verbands und wirkte in verschiedenen Positionen bei der Film-Förderungs-Anstalt. S. wurde u . a . mit d e m Orden Chevalier dans l'Ordre des Arts et des Lettres (1989), dem Ehrenpreis des Bayerischen Filmpreises (1990) und der Berlinale Kamera (1997) ausgezeichnet. C D Cinegraph S e i t z , Friedrich, Musiker, Komponist, * 1 2 . 6 . 1 8 4 8 Günthersleben bei Gotha, t 2 2 . 5 . 1 9 1 8 Dessau. S., Sohn eines Landwirts, lernte Violine und wurde 1869 Mitglied der Hofkapelle in Sondershausen. Seit 1875 Konzertmeister am Stadttheater in Magdeburg, betätigte er sich auch als Solist und K a m m e r m u s i k e r und gründete eine Musikschule. 1884-1908 leitete er als Hofkonzertmeister die Hofkapelle in Dessau. S. komponierte zahlreiche Violinstücke sowie acht zu seiner Zeit beliebte Schülerkonzerte für Violine und Pianoforte. CD M B L S e i t z , Gustav (Adolf), Bildhauer, Zeichner, * 1 1 . 9 . 1 9 0 6 Neckarau (heute zu Mannheim), t 26. 10.1969 Hamburg. Nach einer kunsthandwerklichen Bildhauerlehre studierte S., Sohn eines Gipsermeisters, 1924-32 an der A k a d e m i e in Karlsruhe und an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin-Charlottenburg. 1933-38 arbeitete er im Meisteratelier von H u g o —»Lederer sowie als freier Bildhauer. Im Zweiten Weltkrieg zum Kriegsdienst verpflichtet, wurde er 1946 als Prof. auf den Lehrstuhl f ü r plastisches Gestalten an die T H Berlin-Charlottenburg berufen. 1947 wechselte er an die Hochschule für bildende Künste in Westberlin und wurde 1958 Prof. und Leiter der Grundklasse Plastik an der Staatlichen Kunsthochschule Hamburg. S. schuf Plastiken, Bildnisse und Reliefs. Zu seine Werken gehören das Denkmal für die Opfer des Faschismus in Weimar sowie ein Porträtkopf Bertolt —»Brechts. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet. 1968 war S. auf der Biennale in Venedig vertreten. Er veröffentlichte u. a. Studienblätter aus China (1952, mit einem Geleitwort von Anna - » S e g h e r s ) . C D B W B , Bd I
Seitz S e i t z , Johannes, auch Seiz, Baumeister, * 1 0 . 7 . 1 7 1 7 Wiesentheid bei Kitzingen, t 2 3 . 1 1 . 1779 Ehrenbreitstein (heute zu Koblenz). S. lernte seit 1733 bei seinem Vater und bei Balthasar —»Neumann, der ihn 1738 als Zeichner zum Bau der Residenz nach Würzburg holte. Für N e u m a n n übernahm er anschließend die Bauleitung etwa des Dikasterialbaus sowie des Schlosses Schönbornlust bei Koblenz. Unter seiner Oberleitung entwarf S. kleinere Kirchenbauten. Seit 1750 kurtrierischer Hofwerkmeister, seit 1761 Ingenieur und Stückhauptmann am Hof des Kurfürsten —> Johann Philipp von Walderdorf, schuf S. die neue kurfürstliche Residenz in Trier sowie die Schlösser E n g e r s / R h e i n und Quint bei Trier. Als bedeutendster Schüler N e u m a n n s setzte er sich von dessen schwerem rheinisch-fränkischen Barock stilistisch durch heitere schmuckvolle Leichtigkeit ab. S. erarbeitete auch den Entwurf für das Koblenzer Schloß. CD Th-B S e i t z , Johannes, evang. Pfarrer, Missionar, * 7 . 2 . 1839 Neuweiler (Kr. Calw), t 4 . 7 . 1921 B r a m b a c h / V o g t l a n d . S. trat 1860 in die Missionsschule des „Deutschen Tempels" ein, wurde Evangelist und arbeitete in der Inneren Mission in Murrhardt, Stuttgart sowie in Schlesien. Dort löste er sich von der Tempel-Vereinigung und gründete 1878 den Evangelischen Reichsbrüderbund, 1893 und 1898 Erholungsheime in Preußisch Bahnau und Teichwolframsdorf bei Zwickau; letzteres leitete er bis zu seinem Tod. S. galt als Erweckungsprediger mit apostolischen Kräften, d e m auch die Fähigkeit der Krankenheilung durch Gebet nachgesagt wurde. Er war neben Otto —> Stockmayer Hauptvertreter der Heiligungsbewegung innerhalb der Gemeinschaftsbewegung. Seine Autobiographie Erinnerungen und Erfahrungen erschien 1919 ( 4 1989). CD Altpreuß Biogr, Bd 2 S e i t z , Joseph, kath. Theologe, * 3 1 . 5 . 1876 Dietfurt, t 2 9 . 8 . 1924 Wachenzell bei Eichstätt. S. empfing 1901 die Priesterweihe und war seit 1907 Pfarrer in Wachenzell. Besonders auf dem Gebiet der Volksmission engagiert, gründete er 1918 die „Eichstätter Weltpriestervereinigung zur Abhaltung von Volksmissionen". S. gab eine Neuausgabe des Lehrbuchs der Pastoraltheologie von Johann Evangelist Ritter von - > P r u n e r (Bd. 1: 3 1920, "1923; Bd. 2: 3 1922) heraus, ergänzt und aktualisiert durch den inzwischen bekannten Codex Iuris Canonici (1917). Er schrieb ferner Die Verehrung des heiligen Joseph, in ihrer geschichtlichen Entwicklung bis zum Konzil von Trient dargestellt (1908). m LThK S e i t z , Karl, österr. Politiker, * 4 . 9 . 1869 Wien, t 3 . 2 . 1950 Wien. S. wuchs nach dem frühen Tod seines Vaters, eines Brennstoffhändlers, im städtischen Waisenhaus von Wien auf, besuchte das Lehrerseminar in St. Pölten und engagierte sich früh politisch. Er gründete mit anderen die „Freie Lehrerstimme" und war seit 1896 O b m a n n des Zentralvereins der Wiener Lehrerschaft. 1901 wurde S. in den Reichsrat gewählt, seit 1902 gehörte er dem Niederösterreichischen Landtag an. 1918-20 war er einer der drei Präsidenten der Provisorischen Nationalversammlung und bis zum 9. 12.1920 als 1. Präsident der Konstituierenden Nationalversammlung Staatsoberhaupt der Republik. 1920-34 war S. als Nachfolger Victor —> Adlers O b m a n n der sozialdemokratischen Partei und gehörte d e m Nationalrat an. Als Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien (1923-34) führte das unter Jakob —»Reumann eingeleitete k o m m u nale R e f o r m p r o g r a m m des „Roten Wien" ( u . a . Wohnbauprogramme, Ausbau des Fürsorge- und Gesundheitswesens, Reformierung des Schulwesens) weiter. Im Februar 1934 wurde er von der Regierung -> Dollfuß seines Amtes enthoben und vorübergehend in H a f t g e n o m m e n . Nach dem
20. Juli 1944 verhaftet, wurde er in das Konzentrationslager Ravensbrück eingeliefert und war dann in Thüringen interniert. Im April 1945 befreit, wurde er zum Ehrenvorsitzenden der S P Ö ernannt und war bis zu seinem Tod Abgeordneter zum Nationalrat. S. schrieb Volksschule oder Pfaffenschule? (1902), Arbeiter oder Soldaten? (1917) und Die Schmach von Genf und die Republik (1922). OD Czeike S e i t z , Ludwig, Maler, Galeriedirektor, * 11.6. 1844 Rom, t 11.9. 1908 Albano. Der Sohn des Malers Alexander Maximilian —»S. wuchs als Schüler seines Vaters im Kreis der Nazarener auf, studierte in R o m Malerei und wurde 1887 Inspektor der Vatikanischen Galerie. Er gehörte mehreren kath. KUnstlervereinigungen an. 1894 wurde er Direktor der Vatikanischen Galerie. S. schuf Fresken und religiöse Malereien, u . a . für die Kathedrale von Diakovar, die Schloßkapelle zu Heiligenberg am Bodensee und die Galleria di Candelabri im Vatikan. CD Biogr Jahrb, Bd 13 S e i t z , Ludwig, Gynäkologe, * 2 4 . 5 . 1872 P f a f f e n h o f e n / Roth (Bayern), t 19.6. 1961 P f a f f e n h o f e n / R o t h . S., Sohn eines Gastwirts und Bierbrauers, studierte seit 1893 in München, Berlin und Heidelberg Medizin, wurde 1898 promoviert (Einige statistische Angaben über den Einfluß der Lues auf den Verlauf der Schwangerschaft) und spezialisierte sich auf Gynäkologie. 1899-1910 Assistent und Oberarzt an der Münchner Frauenklinik, habilitierte er sich 1903 für Geburtshilfe und Gynäkologie (Die fötalen Herztöne während der Geburt) und wurde 1903 o . P r o f . in Erlangen, 1921 in F r a n k f u r t / M a i n . 1934 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählten die pathologische Biologie der Schwangerschaft, die Röntgentiefentherapie und die Eklampsie. S. veröffentlichte u . a . Biologie und Pathologie des Weibes (hrsg. mit Josef Halban, 8 Bde., 1923-29; 10 Bde. und 2 Erg.-Bde., 2 1941-58), Die Schwangerschaftstoxikosen (Gestosen) und -dyskrasien (1927), Wachstum, Geschlecht und Fortpflanzung als ganzheitliches erbmäßig-hormonales Problem (1939), Die Wirkungseinheit des Lebens. Eine Einheits-, Spezial- und Ganzheitsbetrachtung der Lebensvorgänge unter normalen und krankhaften Bedingungen (1950) und Fortpflanzung, Geschlechtlichkeit, physocellulare Wirkungseinheit (1959). Er war der Vater von Walter —>S. CD Arzte 2 S e i t z , Otto, Maler, * 3 . 9 . 1846 München, t 13.3. 1912 München. Aus einer Künstlerfamilie stammend, studierte S., Sohn eines Graveurs, u. a. bei Karl von —> Piloty Malerei an der Münchner Kunstakademie, wo er von 1873 bis zu seinem Tod als Lehrer tätig war. Er schuf seit 1869 vor allem Historiengemälde aus der englischen Geschichte im Stil von Piloty, später bevorzugt Genrebilder. Weiterhin zählen Holzschnitte, Porträts ethnographischer Charakterköpfe und humoristisch angelegte „Volkstypen" zu seinem Werk. S. war Mitarbeiter der M ü n c h n e r Kulturzeitschrift „Jugend". Zu seinen Schülern gehörte u . a . Heinrich —>Brüne. CO Biogr Jahrb, Bd 17 S e i t z , Rudolf Ritter von, Maler, * 1 5 . 6 . 1 8 4 2 München, t 18.6. 1910 München. S. erhielt wie sein Bruder L u d w i g —>S. die erste künstlerische Ausbildung beim Vater Alexander Maximilian —> S. und studierte später an der Kunstakademie u . a . bei Karl von —> Piloty. 1878 gründete er mit Gabriel von —> Seidl ein Atelier für Innendekoration und half bei der Innenausstattung des Bayerischen Nationalmuseums, dessen Konservator er 1883 wurde. Seit 1888 lehrte er als Prof. an der Kunstakademie. 1900 wurde S. in den Adelsstand erhoben. Er schuf
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Seitz dekorative Malereien in zahlreichen öffentlichen und privaten Gebäuden in M ü n c h e n und im übrigen Süddeutschland, u . a . die Deckengemälde im nordwestlichen Eckpavillon der Münchner Residenz und Glasmalereien im Sitzungssaal des Münchner Rathauses. CD Th-B S e i t z , Walter, Internist, * 2 4 . 6 . 1 9 0 5 München, t 10.2. 1997 München. S., Sohn von Ludwig —>S., war nach dem Studium und der Promotion (1932, Weitere Untersuchungen über das Muskeltraining) 1934-39 Assistent an der Charite in Berlin und habilitierte sich dort 1939 (Die Dehydrierung des Glyzerinaldehyds durch Serum oder Adrenalin). 1939-41 war er wissenschaftlicher Berater der Schering A G , 1942-44 Oberarzt am Augusta-Hospital, 1 9 4 6 / 4 7 Oberarzt an der I. Medizinischen Klinik und Dozent an der Humboldt-Universität in Berlin. 1947 wurde S. a. o.Prof., 1959 o . P r o f . an der Univ. München und war 1947-73 Direktor der Medizinischen Poliklinik. 1950-54 gehörte S. für die S P D dem Bayerischen Landtag an; er initiierte u . a . den „Landesgesundheitsrat". S. führte als erster deutscher Lehrstuhlinhaber die Psychosomatik in die Innere Medizin ein und war viele Jahre Vorsitzender des M ü n c h n e r „Instituts für Psychotherapie". Er gilt als Wegbereiter psychotherapeutischer Einrichtungen an Universitätskliniken. S. veröffentlichte u. a. Die Infektionskrankheiten - ihre Entstehung und ihre Behandlung (mit Kurt Ballowitz, 1947, 2 1948), Taschenbuch der inneren Medizin (1950, " 1 9 9 5 ) und Der Zuckerkranke und sein Arzt (1950, 7 1966). S e i t z , Wilhelm (Georg Gustav), Physiker, * 3 0 . 9 . 1872 München, t 10. 1. 1945 Aachen. Der Sohn eines Kunstmalers studierte in München als Schüler von Leo —»Graetz sowie in Göttingen Physik und Naturwissenschaften, wurde 1898 promoviert (Ueberdie Bestimmung des Diffusionscoefficienten nach der elektrolytischen Methode von H. F. Weber) und habilitierte sich 1901 in Würzburg (Beiträge zur Kenntnis der Kathodenstrahlen). 1906 wechselte S. als hauptamtlicher Dozent an die T H Aachen, wo er seit 1920 als a . o . P r o f . und seit 1922 als Ordinarius lehrte. Seine Forschungen galten vor allem der Kathoden- und der Röntgenstrahlung (Absorption sehr weicher Röntgenstrahlen in Gasen, 1913), der Farbenlehre und der Theorie der Beugung von elektrischen Wellen. • 3 Poggendorff 4-6 S e i v e r t , Gustav (Gottlieb), auch Seiwert, Archivar, Historiker, Schriftsteller, * 8 . 7 . 1 8 2 0 Hermannstadt, t 17. 1. 1875 Hermannstadt. Als Halbwaise aufgewachsen, trat S. 1841 in den Justizdienst in Neumarkt ein, studierte 1843-45 Rechtswissenschaften in Berlin und kehrte als Beamter in Hermannstadt nach Siebenbürgen zurück. Seit 1861 Magistratsrat, wurde er 1872 zugleich zum Archivar des sächsischen Nationalarchivs und des Hermannstädter Archivs ernannt. S. veröffentlichte u . a . Arbeiten zur Geschichte des Zunft- und Geldwesens, kulturhistorische Mitteilungen in der Wochenschrift „Transsilvania" (1862-64) und im „Archiv des Vereines für siebenbürgische L a n d e s k u n d e " (1864-76) sowie Die Stadt Hermannstadt (1859) und den Erzählband Culturhistorische Novellen aus dem Siebenbürger Sachsenlande (3 Bde., 1866/67). CD Killy S e i w e r t , Franz Wilhelm, Maler, Graphiker, * 9 . 3 . 1894 Köln, t 3 . 7 . 1933 Köln. S. gehörte in den zwanziger Jahren zu den Gründungsmitgliedern der „Gruppe progressiver Künstler" in Köln. Er entwickelte einen der Richtung Fernand Legers vergleichbaren sozialkritischen Konstruktivismus, der Abstraktion als Ausdrucksmittel von E n t f r e m d u n g auffaßt. Stilistisch beeinflußt
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von Kubismus und Konstruktivismus, abstrahierte S. vor allem Symbole der modernen Arbeitswelt, etwa die Fabrik, den Schornstein oder auch den arbeitenden Menschen. Cd Lex Kunst S e k e l , Leo, Presseverleger, * 2 1 . 4 . 1 8 9 7 Drohobitsch (Galizien), t 26. 11.1976 F r a n k f u r t / M a i n . Vor d e m Zweiten Weltkrieg K a u f m a n n in Bromberg, wanderte S. nach 1945 nach Palästina aus und arbeitete im Druckerei- und Zeitungswesen. 1957 kehrte er zurück und richtete in F r a n k f u r t / M a i n eine Druckerei ein. 1959 gründete S. mit den „Frankfurter Jüdischen Nachrichten" das erste in Hessen erscheinende jüdische Periodikum der Nachkriegszeit. S e k l e s , Bernhard, Musikpädagoge, Komponist, * 2 0 . 3 . 1872 F r a n k f u r t / M a i n , t 8 . 1 2 . 1934 F r a n k f u r t / Main. S. studierte am Hochschen Konservatorium in F r a n k f u r t / Main, volontierte als Theaterkapellmeister in Heidelberg und Mainz und kehrte 1896 als Theorielehrer an seine Ausbildungsstätte zurück. Dort unterrichtete er später auch Komposition und Instrumentation. 1923 wurde S. kommissarischer, 1924 künstlerischer Direktor des Konservatoriums, an d e m er 1928 die erste Jazz-Klasse in Deutschland einrichtete; zu seine Schülern zählte Paul —»Hindemith. 1933 wurde S. wegen seiner jüdischen Herkunft entlassen. Seine nahezu 40 Kompositionen umfassen alle musikalischen Sparten. S. veröffentlichte Unterrichts werke wie Musikdiktat (1901) und Instrumentationsbeispiele (1912). DD M G G S e k y r a , Hugo-Michael, österr. Industriemanager, * 10.6. 1941 M a n n e r s d o r f / L e i t h a (Niederösterreich), t 19.11. 1998 Wien. Nach d e m mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaft in der Industrie tätig, war S. Direktionssekretär der Ranshofener Aluminiumwerke. Nach verschiedenen Aufgaben im Bereich der verstaatlichten Industrie stand er 1986-92 an der Spitze der Österreichischen Industrieholding A G ; seit 1990 war er Vorstandsvorsitzender und Generaldirektor der Austrian Industries. Unter seiner Führung wurden Strukturveränderungen mit d e m Ziel einer Wiedererstarkung der verstaatlichten Industrie vorgen o m m e n . 1995-97 war er Mitglied des Aufsichtsrats der Auricon Beteiligungs A G und 1998 Vorstandsvorsitzender des tschechischen Chemie- und Rüstungskonzerns Chemapol. S. beging vermutlich Selbstmord. S e l b , Josef Anton, Maler, Lithograph, * März 1784 S t o c k a c h / L e c h t a l , t 1 2 . 4 . 1 8 3 2 München. S. lernte bei seinem Bruder, studierte an der Münchner Kunstakademie Malerei und kam über Aloys —»Senefelder mit der Lithographie in Berührung. 1816 übernahm er die Lithographische Anstalt des Kunsthändlers Zeller, in der er 1817 36 Blätter einer Gallerie berühmter Personen älterer und neuerer Zeit veröffentlichte. Seit 1820 setzte S. die u. a. von Karl von —> Piloty begonnene Herausgabe des M ü n c h ner Galeriewerks fort. CD T h - B S e l b , Walter, Jurist, Rechtshistoriker, * 2 2 . 5 . 1929 München, t 2 . 6 . 1994 Gainfarn (Niederösterreich). Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg (Promotion 1954, Qualifikationsfragen unter besonderer Berücksichtigung des internationalen Familien- und Erbrechts) im Gerichtsdienst tätig, habilitierte sich S. dort 1962 und wurde 1963 Ordinarius für römisches Privatrecht an der Univ. Wien. In seiner Habilitationsschrift Schadensbegriff und Regreßmethoden (1963) begründete S. die Lehre vom normativen Schadensbegriff. Als Rechtshistoriker beschäftigte er sich vor allem mit d e m Römischen Recht (Römisches Privatrecht, mit Herbert Hausmaninger,
Seier 1981, 8 1997), mit Orientalischem Kirchenrecht (Orientalisches Kirchenrecht, 2 Bde., 1981-89) und dem sogenannten Syrisch-Römischen Recht, von d e m er als erster nachwies, daß es in der Hauptsache Römisches Recht war (Zur Bedeutung des syrisch-römischen Rechtsbuches, 1964). Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Rechtsordnung und künstliche Reproduktion des Menschen (1987) und Antike Rechte im Mittelmeerraum (1993). 1990 erschienen die von ihm übersetzten und herausgegebenen Sententiae Syriacae. Seit 1976 war S. wirkliches Mitglied der Österreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften. CD Fellner
Seibert,
Elisabeth, geb. Rohde, Juristin, Politikerin, * 2 2 . 9 . 1896 Kassel, t 9 . 6 . 1986 Kassel. Die Tochter eines Justizoberwachtmeisters besuchte die Höhere Handelsschule, volontierte als Auslandskorrespondentin bei einer Exportfirma und arbeitete zu Beginn des Ersten Weltkriegs bei der Post. 1918 wurde sie Mitglied der SPD. Mit dreißig Jahren holte sie das Abitur nach, studierte Rechtswissenschaften in Marburg, Göttingen und Kassel, wurde 1930 promoviert (Ehezerrüttung als Scheidungsgrund) und erhielt 1934 die Rechtsanwaltszulassung. Nach 1945 war sie auch als Notarin tätig. S. war Mitglied der Stadtverordnetenversammlung in Kassel, der Verfassunggebenden Versammlung in Hessen und 1946-58 Mitglied des Hessischen Landtags. S. gehörte d e m Parlamentarischen Rat an, wo sie sich besonders für die Verankerung der Gleichberechtigung von M a n n und Frau im Grundgesetz einsetzte. CD D e m o k r Wege
Selbmann,
Fritz, Politiker, Schriftsteller, * 2 9 . 9 . 1899 Lauterbach (Hessen), t 2 6 . 1 . 1975 Berlin. S., Sohn eines Kupferschmieds, arbeitete seit 1915 als Bergmann, wurde 1918 Mitglied eines Arbeiter- und Soldatenrats, 1920 der U S P D und 1922 der KPD. Er leitete 1925-29 den Roten Frontkämpferbund im Ruhrgebiet, 1931-33 die K P D in Sachsen. 1929 wurde er an der Lenin-Schule in Moskau als Journalist ausgebildet. 1930-32 war er Mitglied des Preußischen Landtags, 1 9 3 2 / 3 3 des Reichstags. 1 9 3 3 / 3 4 war er im Zuchthaus, danach in den Konzentrationslagern Sachsenhausen, Flossenbürg und Dachau; 1945 gelang ihm die Flucht aus einem Evakuierungstransport. 1946 in die S E D eingetreten, war S. 1946-50 Mitglied des Landtags in Sachsen, 1946-48 Minister für Wirtschaft und Wirtschaftsplanung der Landesregierung Sachsen, 1949-63 Mitglied des Deutschen Volksrats bzw. der Volkskammer, 1949-55 Minister für Berg- und Hüttenwesen und 1953-61 stellvertretender Vorsitzender der Staatlichen Planungskommission. 1954-58 war S. Mitglied des Zentralkomitees der S E D und 1956-58 stellvertretender Vorsitzender des Ministerrats. 1961-64 stellvertretender Vorsitzender der Volkswirtschaftsrats, war er anschließend freiberuflicher Schriftsteller und 1969-75 Vizepräsident des Schriftstellerverbandes der D D R . S. verfaßte politische und wirtschaftspolitische Schriften, R o m a n e mit zeitgeschichtlicher und autobiographischer Thematik (u. a. Die Heimkehr des Joachim Ott, 1962, 1979 verfilmt, Regie: Edgar Kaufmann; Der Mitläufer, 1972), Erzählungen (Ein Mann und sein Schatten, 1962) und Essays. 1969 erschien seine Autobiographie Alternative, Bilanz, Credo. TD Killy
Selchow,
Bogislaw (Werner Heinrich) Frh. von, Schriftsteller, * 4 . 7 . 1 8 7 7 Köslin (Pommern), t 6 . 2 . 1943 Berlin. S. trat nach dem Abitur in die kaiserliche Marine ein, studierte seit 1919 in Berlin und Marburg Geschichte, Philologie und Philosophie und wurde 1923 promoviert. Er veröffentlichte geschichtsphilosophische, rechtshistorische und biographische Werke sowie Lyrik. S. war Führer der Marburger Studenten im Kapp-Putsch und lebte danach in Berlin. Er schrieb u . a . Der deutsche Mensch (1933) und Der Glaube in der deutschen Ich-Zeit (1933). CD D L L
Seid,
Georg Sigismund, Jurist, Reichsvizekanzler, * 21. 1. 1516 Augsburg, t 2 6 . 5 . 1565 Wien. Aus einer Goldschmiedefamilie stammend, studierte S. seit 1531 in Ingolstadt und Frankreich die Rechte, wurde in Bologna promoviert und arbeitete für die Fugger, das Hochstift Freising und die bayerischen Herzöge. 1546 bayerischer Gesandter am kaiserlichen Hof, wurde er 1547 auf Vorschlag Anton —> Fuggers zum Reichshofrat und 1551 von König —»Ferdinand zum Reichsvizekanzler ernannt. S. verfaßte mehrere Denkschriften zur Reichsreform, wickelte die Abdankung —»Karls V. sowie die Kaiserwahl Ferdinands ab und vermittelte mehrmals zwischen den Konfessionsparteien. S. starb durch einen Unfall bei der Rückkehr von einer Audienz bei Kaiser —> Maximilian II. CD H R G S e l d t e , Franz, Politiker, * 2 9 . 6 . 1 8 8 2 Magdeburg, t 1 . 4 . 1 9 4 7 Fürth (Bayern). S., dessen Vater Besitzer einer Chemiefabrik war, studierte an der T H Braunschweig C h e m i e und Naturwissenschaften. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg, in dem er einen A r m verloren hatte, begründete er 1918 den national-konservativen Wehrverband „Der Stahlhelm. Bund deutscher Frontsoldaten". Seit 1924 war er 1. Bundesführer des Verbandes, den er in antirepublikanischer Opposition gegen Erfüllungs- und Verständigungspolitik führte, so 1929 im Kampf gegen den Young-Plan mit Alfred —»Hugenberg und —> Hitler und 1931 in der Harzburger Front. 1933-45 war S. Reichsarbeitsminister und Mitglied des Reichstags, 1 9 3 3 / 3 4 auch Reichskommissar für den Arbeitsdienst. Seit April 1933 befürwortete er die Überführung der „Stahlhelm"-Mitglieder in die S A und trat im selben Jahr in die N S D A P ein. 1 9 3 4 / 3 5 leitete S. als Bundesführer des nationalsozialistischen deutschen Frontkämpferbundes den noch selbständigen Teil des „Stahlhelm". Ein Rücktrittsgesuch 1935 lehnte Hitler ab; S. blieb Minister, jedoch ohne Einfluß. S., im Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß angeklagt, starb in der Haft. Die aus den Einzelteilen M. G. K. (1929), Dauerfeuer (1931) und Vor und hinter den Kulissen (1931) bestehende Romantrilogie Der Vater aller Dinge ist eine Idealisierung des Frontsoldaten. CD Hillesheim
Selenka,
(Hermann) Emil (Robert), Zoologe, * 2 7 . 2 . 1842 Braunschweig, t 2 0 . 2 . 1902 München. S., Sohn eines Buchbindermeisters, studierte seit 1863 in Göttingen Zoologie und Naturwissenschaften, assistierte dort nach der Promotion 1876 (Beiträge zur Anatomie und Systematik der Holothurien) am Zoologisch-Anatomischen Institut und wurde 1868 als Ordinarius für Zoologie und Vergleichende Anatomie an die Univ. Leiden berufen. 1874 wechselte S. nach Erlangen. 1896 legte er seine Professur nieder und ging nach München, w o er Honorarprofessor an der Philosophischen Fakultät war. S. veröffentlichte wichtige entwicklungsgeschichtliche Arbeiten (Studien über die Entwicklungsgeschichte der Tiere, 5 Tie., 1883-92), aber auch Reiseberichte (Sonnige Welten. Ostasiatische Reiseskizzen, mit Leonore S., 1896, '1925). Er engagierte sich in der Friedensbewegung und gehörte d e m Kreis um Bertha von - » Suttner an. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Zoologisches Taschenbuch für Studierende (2 Tie., 1876, "1929-31, frz. 1898), Die Sipunculiden. Eine systematische Monographie (1883) und Der Schmuck des Menschen (1900). S.s Frau Lenore nahm aktiv an seinen Forschungen teil und engagierte sich ihrerseits in der Frauenfrage, CD Braunschweig 2 S e i e r , Eduard (Georg), Amerikanist, Völkerkundler, * 5 . 1 2 . 1849 C r o s s e n / O d e r , t 23. 11. 1922 Berlin. Nach dem Studium der Mathematik und Naturwissenschaften 1869-73 in Breslau und Berlin war S., Sohn eines Lehrers und Organisten, zunächst als Lehrer tätig, bearbeitete während einer Krankheit Werke über prähistorische und altamerikanische Kultur von Jean-Franijois-Albert du Pouget
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Selhamer de Nadaillac und trat 1884 als Hilfsarbeiter in das Kgl. M u seum für Völkerkunde in Berlin ein. 1887 mit einer Arbeit über Das Konjugationssystem der Maya-Sprachen in Leipzig promoviert, habilitierte er sich 1894 für Amerikanische Sprachen, Volkskunde und Altertumskunde an der Univ. Berlin und wurde 1899 a. o. Professor. Seit 1904 war er Abteilungsdirektor am Völkerkundemuseum. S., seit 1908 Mitglied der Preuß. Akademie der Wissenschaften, unternahm zahlreiche Reisen nach Mittel- und Südamerika {Reisebriefe aus Mexiko, 1889) und unterrichtete 1910/11 an der Escuela de Antropologia de Mexico. Er befaßte sich vor allem mit den prähispanischen Sprachen Mittelamerikas, insbesondere mit ihren schriftlichen Zeugnissen (Inschriften, Bilderhandschriften), zu deren Verständnis er maßgeblich beitrug, und übersetzte u . a . das Popol Vuh (1975, hrsg. von Gerdt Kutscher) und aztekische Texte Bernardino de Sahaguns. Seine Gesammelten Abhandlungen zur amerikanischen Sprach- und Alterthumskunde erschienen 1902-23 in fünf Bänden (Nachdr. 1960/61). CD DBJ, Bd 5 S e l h a m e r , Christoph, Prediger, * u m 1635 Burghausen (Oberbayern), t 17-10. 1708 ( 1 7 0 9 ? ) Salzburg. Die Angaben über S.s Lebenslauf sind widersprüchlich; eine konsistente zeitliche A b f o l g e läßt sich nicht herstellen. S. betrieb Universitätsstudien in Ingolstadt und Salzburg, wo ihn ein Matrikeleintrag von 1674 nachweist. Vorher wirkte er als Pfarrer und Seelsorger in Weilheim und Vilgertshofen. In vielen seiner Predigtsammlungen nach 1678 bezeichnet er sich als Stadtkaplan von Salzburg. S. veröffentlichte zwischen 1678 und 1704 zahlreiche Predigtzusammenstellungen, die vor allem durch die Kraft der Sprache beeindrucken, aber auch kulturgeschichtlich interessante Einblicke in das Alltagsleben der Zuhörer geben (u. a. Tuba Analogica, Das ist: Sittliche Lehr/und Gleichnuß-Predigten [...], 1678; Tuba Tragica, Das ist: Erschreckliche Trauer-Geschicht, 1696; Tuba civica, 1704). t u Killy S e l i g e r , Josef, Politiker, * 1 7 . 2 . 1 8 7 0 Schönborn (Bez. Reichenberg, Böhmen), t 18. 10. 1920 Teplitz-Schönau. Der aus einer kleinbäuerlichen Familie stammende S. war mit 14 Jahren als Textilarbeiter tätig und befand sich 1 8 8 7 / 8 8 auf Wanderschaft in Schlesien, Sachsen und im Rheinland. 1893 wurde er sozialdemokratischer Funktionär in Teplitz, 1897 Mitglied der Parteikontrolle und 1907 Mitglied des österr. Reichsrats. 1907-19 war S. Vorsitzender des Landesverbandes Deutschböhmen der deutsch-österreichischen Sozialdemokratie. 1 9 1 8 / 1 9 einer der Organisatoren des Versuchs, die deutschsprachigen Gebiete des Königreichs B ö h m e n von der künftigen Tschechoslowakei zu lösen, Ubernahm er nach der Amnestie 1919 den Votsitz der neugegründeten Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakei und wurde 1920 Mitglied der Nationalversammlung. Er war Redakteur, später Chefredakteur der 1894 gegründeten „Volksstimme" (seit 1898 „Freiheit"). Nach S. ist die Seliger-Gemeinde benannt, eine der Gesinnungsgemeinschaften der vertriebenen Sudetendeutschen in Deutschland. 0 3 BLGbL S e l i g e r , Max, Maler, Kunstgewerbler, * 12.5. 1865 Bublitz (Pommern), f 1 0 . 5 . 1 9 2 0 Leipzig. S. besuchte die kgl. Kunstschule und die Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums in Berlin, war u. a. Schüler von Max Friedrich —»Koch und unterrichtete seit 1894 selbst an der Lehranstalt. Seit 1901 Direktor der Akademie f ü r graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig, reorganisierte er die Anstalt nach d e m Prinzip des Werkstattgedankens und begründete 1914 die Leipziger Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik. Er schuf Wandbilder und Mosaiken f ü r zahlreiche öffentliche Gebäude, u. a. für den Reichstag und die Golgathakirche in Berlin sowie für die Eingangshalle der Deutschen Bücherei in Leipzig. CD Th-B
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S e l i g m a n n , Adalbert Franz, Pseud. Plein Air, österr. Kunstkritiker, Schriftsteller, Maler, * 2 . 4 . 1 8 6 2 Wien, t 13.12. 1945 Wien. S. studierte an den Kunstakademien in Wien und München, u . a . bei Alexander —»Wagner, kehrte 1887 nach Wien zurück und unterrichtete 1892-99 K o s t ü m k u n d e am dortigen Konservatorium. 1892 gründete er auch die Kunstschule für Frauen und Mädchen, die 1910 als Wiener Frauen-Akademie staatlich anerkannt wurde. Im selben Jahr erhielt S. den Professorentitel für Kostümkunde und Kunstgeschichte. Er illustrierte R o m a n e L u d w i g —» Ganghofers und schuf Gemälde u. a. für das Allgemeine Krankenhaus und das Palais des Erzherzog —»Friedrich in Wien. S. schrieb Kunstkritiken für die „Neue Freie Presse" sowie Kritischen Studien von Plein Air (1904). m Th-B S e l i g m a n n , Caesar, jüdischer Theologe, * 1 4 . 1 2 . 1 8 6 0 L a n d a u / P f a l z , t 3 . 6 . 1950 London. S., Sohn eines Rabbiners, studierte 1879-88 in München, Breslau und Halle Philologie und jüdische Theologie, wurde nach der Promotion (1883 in Halle) und dem Rabbinerexamen Prediger bei der religiösen R e f o r m g e m e i n d e Israelitischer Tempelverband in Hamburg und war 1902-37 Rabbiner der Israelitischen G e m e i n d e in F r a n k f u r t / M a i n . 1939 emigrierte er nach Großbritannien, w o er für die Society for Jewish Studies arbeitete und die Liberal Jewish Congregation mitbegründete. S. war 1912-37 Präsident der Vereinigung der liberalen Rabbiner Deutschlands; 1908 gehörte er zu den Begrüdnern des Vereins für das liberale Judentum und gab bis 1922 dessen Zeitschrift „Liberales J u d e n t u m " heraus. Sein Israelitisches Gebetbuch (1910) fand bei den jüdischen R e f o r m g e m e i n d e n in Deutschland weite Verbreitung. Er veröffentlichte u . a . Judentum und moderne Weltanschauung (1905) und Geschichte der jüdischen Reformbewegung von Mendelssohn bis zur Gegenwart (1922). 1975 erschienen seine Erinnerungen (hrsg. von Erwin Seligmann). CD B H d E , Bd 1 S e l i g m a n n , Franz R o m e o , österr. Mediziner, Medizinhistoriker, * 3 0 . 6 . 1 8 0 8 Nikolsburg (Mähren), t 1 5 . 9 . 1 8 9 2 Wien. Der Arztsohn begann mit siebzehn Jahren das Studium der Medizin und Philologie an der Univ. Wien, wurde 1830 promoviert (De re medica persarum) und arbeitete als CholeraArzt. Seit 1833 hielt er Vorlesungen über Geschichte der Medizin an der Univ. Wien, praktizierte als Sekundararzt am Allgemeinen Krankenhaus, wurde 1849 a. o . P r o f . und hatte seit 1869 den Lehrstuhl für Geschichte der Medizin in Verbindung mit der Geschichte der Volkskrankheiten inne. S., seit 1863 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, veröffentlichte u. a. Götter, Satyrn, Faune (1838), Die Heilsysteme und die Volkskrankheiten (1850) und Die Begräbnisse in kulturhistorischer Beziehung (1864). Er war 1863 bei der Exhumierung von - » B e e t h o v e n s Leiche anwesend, untersuchte und vermaß die Knochenfragmente und fertigte einen A b g u ß von dessen Schädel an. CD N Ö B , Bd 6 S e l i g m a n n , Kurt (Leopold), schweizer. Maler, Graphiker, Schriftsteller, * 2 0 . 7 . 1900 Basel, t 2. 1. 1961 Sugar Loaf (New York, USA). S., Sohn eines Möbelhändlers und -fabrikanten, war Schüler von Ernst Buchner und Eugen A m m a n n in Basel. 1 9 1 9 / 2 0 studierte er an der Ecole des Beaux-Arts in Genf, führte 1920-27 das elterliche Geschäft in Basel, und setzte 1927 das Studium an der A k a d e m i e in Florenz und 1929 an der Akademie Lhote in Paris fort. S. wurde Mitglied der Gruppe 33 in Basel und Schloß sich 1934 der surraelistischen Bewegung an. 1939 wanderte er in die U S A aus und wurde später amerikanischer Staatsbürger. 1951-57 unterrichtete er an der
Seile New School for Social Research. Im Mittelpunkt seines gestalterischen Werks stehen surrealistisch verfremdete Bilder magischer Thematik. Seine okkultistischen und esoterischen Erfahrungen sammelte er in Büchern wie The mirror of magic (1948). S. beging Selbstmord. C D Schweiz Kunst Seligmann, Walter Eduard
Serner, Walter
Seligsohn, Arnold, Jurist, * 13.9. 1854 Samotschin (Posen), t Januar 1939 Berlin. Der Kaufmannssohn studierte 1871-74 in Leipzig, Heidelberg und Berlin Rechtswissenschaften und war seit 1882 als Rechtsanwalt und Notar in Berlin zugelassen. S. war Mitherausgeber der „Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Konkursrecht" (bis 1933) und veröffentlichte zahlreiche Werke und Kommentare zum Patentrecht, darunter Patentgesetz. Kommentar (ß 1920), Warenzeichengesetz ( 3 1925) und Gesetz zum Schutz der Waren-Bezeichnungen (1926). Er war Vorsitzender des Kuratoriums der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums. c d Reichshandbuch Selim, Josma, eigentl. Hedwig Josma Benatzky, geb. Fischer, österr. Sängerin, Diseuse, * 5.6.1884 Wien, t 25.8. 1929 Berlin. Nach einer Gesangausbildung wandte sich S. dem Kabarett zu und trat u.a. in der „Hölle" und seit 1912 im „Simplicissimus" in Wien auf. 1914 heiratete sie Ralph —> Benatzky, der rund 500 Lieder für sie schrieb und mit dem sie mit Chansons und Wienerliedern auf Tournee ging. S. galt in den zwanziger Jahren als die bedeutendste Diseuse des deutschsprachigen Raums. 1928 nahm sie Abschied von der Bühne. Selinko, Annemarie, verh. Kristiansen, österr. Schriftstellerin, * 1.9. 1914 Wien, t 28.7. 1986 Kopenhagen. Die Tochter eines Textilhändlers studierte Sprachen und Geschichte an der Univ. Wien, erhielt 1932/33 Schauspielunterricht, war als Journalistin tätig (u. a. für die französische Zeitschrift „L'Intransigeant") und veröffentlichte 1937 den Unterhaltungsroman Ich war ein häßliches Mädchen. Nach der Heirat mit dem dänischen Diplomaten Erling Kristiansen 1938 lebte sie in Kopenhagen, nach vorübergehender Inhaftierung 1943 in Stockholm; 1945 kehrte sie nach Dänemark zurück und lebte später für kurze Zeit in Paris und London. S. war neben Vicki —>Baum die erfolgreichste deutschsprachige Unterhaltungsschriftstellerin der Zeit (Morgen ist alles besser, 1938, Neuausg. 1951; Heute heiratet mein Mann, 1940, Neuausg. 1950, 1954, 1959). Der Roman Desiree (1951) wurde als Weltbestseller in 25 Sprachen übersetzt und 1956 mit Marlon Brando und Jean Simmons verfilmt. n a Killy Seil, Georg Wilhelm August, Jurist, * 6. 10. 1804 Darmstadt, t 25.3. 1846 Darmstadt. S. studierte seit 1822 in Gießen und Heidelberg Rechtswissenschaften und erhielt 1829 die Zulassung als Hofgerichtsakzessist in Darmstadt. Im selben Jahr promoviert, habilitierte er sich 1830 und wurde 1834 aufgrund der Arbeit Versuche im Gebiete des Zivilrechts (1833) als Ordinarius an die Univ. ZUrich berufen. Dort lehrte er Römisches Recht, Pandekten und Kriminalrecht, trat in Kontakt mit Georg —> Büchner und Georg —> Herwegh und wurde von den Behörden mehrmals als juristischer Gutachter herangezogen. 1841 kehrte S. als Lehrstuhlinhaber nach Gießen zurück. DD Hess Bio, Bd 2 Seil, Hans Joachim, Pseud. Nikolaus Steigert, Schriftsteller, * 25.7.1920 Neustettin, t 30.5.2007 Freiburg/ Breisgau. S., Sohn eines Glasmalers, trat 1938 in die Reichswehr ein und nahm seit 1939 am Zweiten Weltkrieg teil. Er studierte seit 1946 u.a. bei Theodor W. —>Adorno und
Max —> Horkheimer in Frankfurt/Main Philosophie, Germanistik und Ethnologie und wurde 1953 promoviert (Der schlimme Tod bei den Völkern Indonesiens). Auf seine Zeit als Auslandskorrespondent in Spanien 1960-68 folgten Reisen nach Afrika und Lateinamerika. Seit 1978 lebte S. als freier Schriftsteller in Freiburg/Breisgau. Er schrieb Romane (Chantal, 1953; Auf der Fährte eines Sohnes, 1970), Erzählungen (Joseph Conrad besucht seine Übersetzerin, 1994; Der lange Nachruf auf den gefallenen Freund, 2000), Essays, Hörspiele, Aphorismen und Lyrik. Besonders bekannt wurden seine Reisetexte, in denen er eigene Erfahrungen und Erlebnisse verarbeitete, u.a. Verlockung Spanien (1963), An Spaniens Fell zerren Dämonen (1968) und Der rote Priester (1976). C D KLG Seil, Karl (Wilhelm Johannes), evang. Theologe, Kirchenhistoriker, * 29. 11.1845 Gießen, t 22. 12. 1914 Bonn. S. studierte seit 1863 in Göttingen und Gießen Theologie und Geschichte, wurde 1869 promoviert und war Vikar, später Stadtpfarrer in Darmstadt. 1882 wurde er Oberkonsistorialrat und Superintendent der Provinz Starkenburg, 1891 o. Prof. der Kirchengeschichte an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Univ. Bonn. S. schrieb u.a. Goethes Stellung zu Religion und Christentum (1899) und Katholicismus und Protestantismus in Religion, Praxis, Kultur (1908). c d BBKL Seile, Christian Gottlieb, auch Seil, Mediziner, Philosoph, * 7.10. 1748 Stettin, t 9.11.1800 Berlin. S., Sohn eines Grobschmieds, erlernte bei seinem Stiefvater, einem Apotheker, Pharmazie, studierte seit 1766 in Berlin, Göttingen und Halle Medizin, wurde 1770 promoviert (Methodi febrium naturalis rudimenta) und praktizierte seitdem in Berlin. Seit 1778 an der Charite tätig, wurde er 1785 Leibarzt —> Friedrichs des Großen und behandelte später auch -»Friedrich Wilhelm II. und -»Friedrich Wilhelm III. S. wurde zum Geheimen Rat ernannt. Er veröffentlichte u. a. Studium physico-medicum, oder Einleitung in die Natur- und Arzeneiwissenschaft (1772, 2 1787, frz. 1794), Rvdimenta pyretologiae methodicae (1773, 3 1789, frz. 1800, erneut 1801, 1802 und 1817), Urbegriffe von der Beschaffenheit, dem Ursprünge und Endzwecke der Natur (1776), Medicina clinica (1781, 8 1802, frz. 1787, 2 Bde., 2 1794/95, italien. 2 Bde., 1788/89, 2 1794/95) und Krankheitsgeschichte des höchstseligen Königs von Preußen Friedrich's II. Majestät (1786, unter dem Titel Dort bin ich ohne Sorgen, Krankheit und Sterben Friedrichs des Großen, 1992, erneut 1993, niederländ. 1786, 2 1791, frz. 1787, 2 1794). S. arbeitete auch als Übersetzer. In Gegnerschaft zu —>Kant publizierte er u.a. Grundsätze der reinen Philosophie (1788, Nachdr. 1969). Seit 1786 war er Mitglied, seit 1797 Direktor der Philosophischen Klasse der Akademie der Wissenschaften in Berlin, sowie Mitglied der Akademie in Stockholm, der Gesellschaft der Ärzte in London, der Schweizer Ärzte und des Königlichen Kollegiums der Ärzte in Madrid. C D Leb Stettin Seile, Götz von, Bibliothekar, * 28.1.1893 Torgau, t 6.10. 1956 Göttingen. S., Sohn eines Oberstleutnants, studierte in Göttingen und Kiel Philosophie, Germanistik, Geschichte und Iranische Philologie und wurde nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1920 promoviert. Er erforschte den Staatsbildungsprozeß in Preußen und beschäftigte sich mit der deutschen Universitätsgeschichte (u. a. Die Georg-August-Universität zu Göttingen, 1937; Geschichte der Albertus-Universität zu Königsberg/Ρr., 1944). 1939-45 lehrte er als Honorarprofessor an der Univ. Königsberg. Nach dem Zweiten Weltkrieg redigierte er u. a. das „Jahrbuch der Albertus-Universität zu Könisgberg/Pr." (seit 1951 ff.). C D Altpreuß Biogr, Bd 2
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Seile S e i l e , Thomas, Dichter, Kirchenmusiker, * 2 3 . 3 . 1 5 9 9 Zörbig bei Bitterfeld, f 2 . 7 . 1663 Hamburg. Im S o m m e r 1622 an der Univ. Leipzig immatrikuliert, wurde S. 1624 Lehrer in Heide (Holstein) und 1625 Rektor und Leiter der Kirchenmusik in Wesselburen. Seit 1634 war er Kantor in Itzehoe, seit 1641 am Johanneum in Hamburg. Nach Vorschlägen zur R e f o r m der Kirchenmusik in der Hansestadt wurde S. Musikdirektor der Hauptkirchen Hamburgs. Er komponierte geistliche Werke, die zu den eigenständigen Vorläufern des deutschen Kunstlieds und der Passionsoratorien zählen. S. schrieb auch an italienischer Schäferlyrik orientierte Dichtungen (Deliciae Pastorum [...] Arcadische Hirten-Frewd, 1624; Amorum musicalium, 1635). • α MGG S e l l e n y , Joseph, österr. Maler, Lithograph, * 2 . 2 . 1824 Wien, t 2 2 . 5 . 1875 Wien. Der Sohn eines herrschaftlichen Revierjägers wurde bei Thomas —> Ender und Franz —> Steinfeld zum Maler ausgebildet, eignete sich umfassende Bildung an und lebte 1 8 5 4 / 5 5 in R o m . 1857-59 begleitete er als Landschaftsmaler die Fregatte Novara auf ihrer Weltreise. 1 8 5 9 / 6 0 hielt er sich im Gefolge Erzherzog —> Maximilians in Brasilien auf. S. war auch als Dekorateur der Villa in Bad Ischl sowie als Zeichenlehrer des Kronprinzen für das Kaiserhaus tätig. 1861 wurde er Mitglied des Wiener Künstlerhauses, 1 8 6 7 / 6 8 dessen Vorstand. Während der Sichtung der kaiserlichen Kunstsammlung in Ischl 1875 verfiel er in geistige Umnachtung und wurde in eine Privatheilanstalt eingeliefert. c d Czeike S e i l h e i m , Hugo, Gynäkologe, * 2 8 . 1 2 . 1 8 7 1 Biblis bei W o r m s / R h e i n , t 2 2 . 4 . 1936 Leipzig. Der Arztsohn studierte in Gießen, Erlangen, Berlin und Freiburg/Breisgau Medizin, wurde 1895 promoviert ( U e b e r die Verbreitungswege des Karzinoms in den weiblichen Sexualorganen durch Einimpfung und auf dem Lymph- oder Blutwege) und habilitierte sich 1898 für Geburtshilfe und Gynäkologie in Freiburg. 1902 wurde er dort a. o.Prof., 1905 Direktor der Gynäkologischen Abteilung am Städtischen Krankenhaus in Düsseldorf, 1907 Lehrstuhlinhaber in Tübingen, 1917 in Halle und 1926 in Leipzig. S„ 1909 in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt, arbeitete besonders über mit der Geburt zusammenhängende Fragen; er befaßte sich theoretisch auch mit Problemen der Geschlechtsbeziehungen und mit Frauenfragen. Er veröffentlichte u . a . Leitfaden für die geburtshülftich-gynäkologische Untersuchung (1901, unter d e m Titel Die geburtshilflichgynäkologische Untersuchung. Ein Leitfaden für Studierende und praktische Ärzte, 4 1923, frz. 1906), Das Geheimnis des Ewig- Weiblichen. Ein Versuch zur Naturgeschichte der Frau (1911, 2 1924, niederländ. 1918), Die Geburt des Menschen nach anatomischen, vergleichend anatomischen, physiologischen, physikalischen, entwicklungsmechanischen, biologischen und sozialen Gesichtspunkten (1913) und Hygiene und Diätetik der Frau (1926, Nachdr. 2007). CO Munzinger S e l l i e n , Reinhold, Verleger, * 3 1 . 3 . 1 9 0 4 Treuburg (Ostpreußen), t 2 5 . 3 . 1994 Wiesbaden. S., Sohn eines Beamten, studierte an der Handelshochschule und der Univ. Königsberg sowie in F r a n k f u r t / M a i n , bestand 1928 das D i p l o m - K a u f m a n n - E x a m e n und war kurze Zeit in einem Elektrizitätsunternehmen tätig. 1929 gründete er unter Mitwirkung von Theodor Gabler den Betriebswirtschaftlichen Verlag Dr. Th. Gabler in Wiesbaden. 1938 schied Gabler aus. 1940 wurde S. an der Univ. Frankfurt zum Dr. rer. pol. promoviert. 1932 gründete er die Zeitschrift „Wirtschaftsprüfer und Steuersachverständiger" (nach zwölf Ausgaben eingestellt), 1933 das „Magazin
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des K a u f m a n n s " (1946 neu begründet unter d e m N a m e n „Wirtschafts-Magazin"); neben diesem war das wichtigste Verlagswerk während des Zweiten Weltkriegs die Herausgabe der „Soldatenbriefe zur Berufsförderung", Ausgabe A, in der Reihe der „Tornisterschriften". 1946 begann S. mit d e m Wiederaufbau des Verlags, in den im selben Jahr sein Bruder Helmut eintrat, der geistige Urheber eines Wirtschafts-Lexikon, das 1953 in der ersten, 1997 in der 14. Auflage (4 Bde.) erschien. 1972 wurde der Gabler Verlag zum Teil, 1978 ganz vom Bertelsmann-Konzern übernommen (inzwischen im Springer Verlag, Berlin). S e l l i e r , Arthur, Verleger, * 15. 11. 1860 Grüben (Schlesien), t 1 6 . 6 . 1 9 5 1 München. S. machte 1877-83 eine Buchhändlerlehre bei Lorentz in Leipzig und verbrachte seine Gesellenjahre in Heidelberg und Bonn. Als selbständiger Buchhändler begann er in Turin, wo er 1883 mit G. Rosenberg die Firma Rosenberg & Sellier mit Sortiment und wissenschaftlichem Verlag gründete; 1892 schied S. aus. 1893 erwarb er von Josef Eichbichler in M ü n c h e n die rechts- und staatswissenschaftliche Buchhandlung J. Schweitzer („Sortiment"), der er ein Leihinstitut für juristische Literatur angliederte und kaufte 1898 den J. Schweitzer Verlag in M ü n c h e n . Z u m Verlagsprogramm gehörten u . a . Julius von —»Staudingers Kommentar zum BGB (zum erstenmal 1898 erschienen), weitere juristische Text- und Handausgaben sowie Fachperiodika wie die „Gemeindezeitung" und die „Juristische Monatsschrift". S. kaufte auch die Buchdruckerei Dr. Franz Paul Datterer & Cie. in Freising. Er war 1900 Vorstandsmitglied des Münchner Buchhändlervereins, 1904-10 Vorstandsmitglied des Deutschen Verlegervereins und 1905-09 des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler. 1910 gründete er die Arbeitsgemeinschaft rechts- und staatswissenschaftlicher Verleger. 1914 erwarb S. die juristische Verlagsbuchhandlung H. W . Müller in Berlin. 1919 traten die Söhne Arthur L. - » S . und Robert S. als Teilhaber in die Firmen S.s ein. Im selben Jahr wurde das Schweitzer Sortiment in eine O H G umgewandelt. 1928 wurde in Berlin eine Filiale des J. Schweitzer Sortiments eröffnet, 1935 eine Filiale des J. Schweitzer Verlags. 1939 übertrug S. eine Teilhaberschaft am J. Schweitzer Verlag auf den Verlag Walter de Gruyter & Co., Berlin; 1945 wurde das J. Schweitzer Sortiment in München verkauft. S e l l i e r , Arthur L(ouis), Verleger, * 1 5 . 7 . 1 8 8 9 Arnstadt (Thüringen), f 2 5 . 2 . 1967 München. S., Sohn Arthur —>S.s, besuchte die Höhere Handelsschule in Neuenburg (Schweiz), begann 1908 die Buchhändlerlehre bei Francke in Bern, setzte sie 1910 im J. Schweitzer Sortiment in München fort, machte 1911-13 ein Volontariat bei Otto Harrassowitz, F. Volckmar und Franz Wagner in Leipzig und arbeitete seit 1913 im J. Schweitzer Sortiment. 1919 wurde er als Gesellschafter in die väterliche Verlagsgruppe (J. Schweitzer Sortiment, J. Schweitzer Verlag, H. W. Müller Verlag, Dr. F. P. Datterer & Cie.) a u f g e n o m m e n . Seit 1925 war S. Vorsitzender des Steuerausschusses des Börsenvereins Deutscher Buchhändler, 1925-45 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft rechts- und staatswissenschaftlicher Verleger, 1930-34 Schatzmeister des Deutschen Verlegervereins. Seit 1934 war er ehrenamtlich in urheberrechtlichen Ausschüssen tätig. 1935 übernahm er die Leitung der Filialen von J. Schweitzer in Berlin. S., seit 1933 Mitglied der N S D A P , gehörte zu den Gründungsmitgliedern der nationalsozialistischen A k a d e m i e f ü r Deutsches Recht und war Mitglied der Sachverständigenkammer für Literatur. 1939 eingezogen, kehrte S. 1945 aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurück und begann 1947 mit d e m Wiederaufbau des J. Schweitzer Verlags. 1948-57 war er Mitglied des
Seilner Staatsgerichtshofs von Hessen, 1949-53 Mitglied (1953 Vorsitzender) des Satzungs- und Rechtsausschusses des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels; ebenfalls 1949-53 war er Mitglied des Urheber- und Verleger-Ausschusses. S. war Experte für das Urheberrecht, obwohl er nicht Jurist war. Die Univ. Köln verlieh ihm 1954 die juristische Ehrendoktorwürde. S e l l i n , Ernst (Franz Max), evang. Theologe, * 2 6 . 5 . 1867 Altschwerin, f 1-1· 1946 Eisenach. Der Sohn eines Kirchenrats studierte in Rostock, Erlangen und Leipzig Theologie, war 1891-94 Gymnasialoberlehrer in Parchim und 1894-97 Privatdozent an der Univ. Erlangen. 1897 wurde er Prof. in der k. k. Evangelisch-Theologischen Fakultät in Wien, ging 1908 nach Rostock, 1913 an die Univ. Kiel und lehrte von 1921 bis zu seiner Emeritierung 1935 an der Univ. Berlin. S. fand als Exeget, Einleitungswissenschaftler und Ausgräber (Thaanak 1901-03, Jericho 1908/09, Sichern 1 9 1 3 / 1 4 und 1926-34) Beachtung. Er schrieb u.a. Einleitung in das Alte Testament (1910, 7 1935; "1950, 9 1959, bearb. von Leonhard - ^ R o s t ; "'1965, bearb. von Georg —»Fohrer), Geschichte des israelitisch-jüdischen Volkes (2 Tie., 1924-32) und Alttestamentliche Theologie auf religionsgeschichtlicher Grundlage (2 Bde., 1933). OD R G G S e l l i n g , Eduard, Mathematiker, * 5. 11.1834 Ansbach, t 31.1. 1920 München. S., Sohn eines Gymnasiallehrers, studierte seit 1852 in München und Göttingen Naturwissenschaften und Mathematik und wurde 1859 promoviert (Lieber Primzahlen und die Zusammensetzung aus ihnen in den rationellen und in complex-irrationellen Zahlengebieten). 1860 ging er als a. o. Prof. der Mathematik an die Univ. Würzburg, übernahm später auch die Aufgabe des Konservators am Astronomischen Kabinett und trat 1907 in den Ruhestand. S. erfand einige Rechenmaschinen (Eine neue Rechenmaschine, 1887) und erarbeitete zahlreiche Formeln für die politische Sozialstatistik (Formeln für empirische Zahlenreihen, insbesondere zum Ersatz der Sterbe- und Individualitäts-Tafeln, 1890). CD Poggendorff 3-4 S e l l m a i r , Josef, kath. Theologe, Pädagoge, * 2 1 . 2 . 1 8 9 6 Thalhausen (Oberbayern), f 23.7. 1954 Ludwigshafen. Der Bauernsohn studierte nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft seit 1920 Theologie in Freising, wurde 1922 zum Priester geweiht und war als Seelsorger und Religionslehrer in München tätig. Nach der Promotion und der Habilitation übernahm er 1945 eine a. o. Professur f ü r Pädagogik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Regensburg und wechselte 1947 auf den Lehrstuhl für Religionspädagogik an der Univ. München. Er schrieb u . a . Der Mensch in der Tragik (1939, 3 1948), Der Priester in der Welt (1939, 6 1953), Bildung in der Zeitenwende (1951) und Bildung und Leben (1952). DD B B K L S e l l m a n n , Dieter, Chemiker, * 12.2.1941 Berlin, t 7 . 5 . 2 0 0 3 Erlangen. S. studierte Chemie an den Universitäten Tübingen und München, wurde 1967 promoviert (Spektroskopische Untersuchungen der Platin-Olefin-Bindung), arbeitete 1 9 6 7 / 6 8 als Research Associate an der Princeton University (USA) und kehrte anschließend an die TU München zurück. Dort habilitierte er sich 1972 (N2-Fixierung. Komplexierung des N-N-Systems), war als Privatdozent und Wissenschaftler Rat tätig und übernahm 1976-80 eine Professur für Allgemeine, Anorganische und Analytische Chemie an der Univ. Paderborn. Seit 1980 hatte er den Lehrstuhl für Anorganische und Allgemeine Chemie an der Univ. Erlangen-Nürnberg inne.
S.s wissenschaftliches Interesse galt der Chemie der Metalle, der Katalyse und der Stickstoff- und Wasserstoffchemie. Für seine Forschungen wurde er u . a . 1975 mit dem Carl-Duisberg-Gedächtnispreis ausgezeichnet. S e i l n e r , Gustav Rudolf, Schauspieler, Regisseur, Intendant, * 2 5 . 5 . 1 9 0 5 Traunstein (Oberbayern), t 8. 5 . 1 9 9 0 Burgberg-Königsfeld/Schwarzwald. S. entstammte einer musikund theaterliebenden Familie; sein Vater war Senatspräsident in der Münchner Justizverwaltung. Bereits als Abiturient spielte S. mit Erika —»Mann an der gemeinsam begründeten Bayerischen Landesbühne und gab sein Germanistikstudium bald zugunsten einer Anstellung als Schauspieler am Nationaltheater Mannheim auf. Es folgten bis 1931 Engagements in Oldenburg, Gotha und Coburg, bei denen er auch als Dramaturg und Regisseur tätig wurde. Von 1932 bis 1940 war S. Oberspielleiter des Schauspiels und leitender Dramaturg am Landestheater Oldenburg, wo er auch die Leitung der Niederdeutschen Bühne übernahm. 1935 wurde er Leiter der „Kultstätte Stedingehre" und stellvertretender Landesleiter der Reichstheaterkammer. In den Jahren 1940-43 war S. Intendant des Göttinger Stadttheaters und 1 9 4 3 / 4 4 Generalintendant der Städtischen Bühnen Hannover. Über S.s Tätigkeit als Regisseur und Intendant gibt es bislang keine genaueren Darstellungen. Die Jahre nach 1945, in denen S. nicht am Theater tätig war, betrachtete er später als besonders fruchtbar für seine Entwicklung. Nach drei Spielzeiten als Regisseur in Kiel (1948-50) und Essen ( 1 9 5 0 / 5 1 ) begann S.s Karriere als eines der erfolgreichsten Regisseure der Nachkriegszeit. 1951 übernahm er die Intendanz des Hessischen Landes theaters Darmstadt, wo er vor allem durch seine Interpretationen von Sophokles, Shakespeare, —> Kleist, aber auch des Spätwerks von Ernst —» Barlach und des Absurden Theaters (Eugene Ionesco) Spielpläne realisierte, die in der Fachkritik wie beim Publikum große Resonanz fanden. S.s Interesse galt insgesamt eher den philosophischen als den psychologischen Aspekten der von ihm inszenierten Werke. Das Jahrzehnt der Darmstädter Intendanz S.s war durch die Partnerschaft mit dem Bühnenbildner Franz Mertz wesentlich bestimmt. Partner im Bereich der Oper war Harro Dicks, der mit einem kontrastreichen Spielplan und engagierten Interpretationen die Schauspielarbeit S.s ergänzte. 1959 inszenierte S. an der Deutschen Oper Berlin die szenische Uraufführung von Arnold -> Schönbergs Moses und Aron (musikalische Leitung: Hermann —»Scherchen). Seit dieser Aufführung, die ein ebenso großer Publikumsskandal wie Presseerfolg war, begann S. sich dem Musiktheater zuzuwenden. Er wurde zum Intendanten der Deutschen Oper in Berlin berufen - in Konkurrenz zu Wieland —»Wagner. Während der Ära S. (1961-72) entwickelte sich das Westberliner Opernhaus international zu einem der angesehensten Ensembles und war konturiertes Pendant zur Komischen Oper Walter —> Felsensteins im Osten der geteilten Stadt. Das Repertoire enthielt Werke vom Barock bis in die Gegenwart. S. inszenierte zahlreiche Erst- und Uraufführungen (u.a. Hans Werner Henze, Der junge Lord, 1965; Aribert Reimann, Melusine, 1971), aber auch viele Werke des traditionellen Repertoires wie —»Wagners Ring des Nibelungen ( 1 9 6 6 / 6 7 ) mit dem Bildhauer Fritz - » W o t r u b a als Bühnenbildner. Zu S.s Dirigenten gehörten Ferenc Fricsay,
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Seilner Lorin Maazel, Eugen —»Jochum, Bruno —» Maderna und Karl —»Böhm. Stets galt S.s Interesse der Pflege des Ensembles. Seit 1972 wirkte S. noch einmal als Schauspieler: in der Hauptrolle des Films Der Fußgänger von Maximilian Schell (1972) und als Vater in der Verfilmung von Heinrich —» Bolls R o m a n Ansichten eines Clowns (1975). Bis zu seinem Lebensende inszenierte S. als Gast an deutschen Schauspielund Opernhäusern. WERKE: G. R. S . / W e r n e r Wien: Theatralische Landschaft. Bremen 1962. LITERATUR: Georg Hensel: Kritiken. Ein Jahrzehnt S.Theater. Darmstadt 1962. - G. R. S. Regisseur und Intendant 1905-1990. Ausstellungskatalog der Theaterwissenschaftlichen S a m m l u n g der Universität Köln, 1996 (enthält ein vollständiges Verzeichnis aller Inszenierungen S.s und eine umfangreiche Bibliographie seiner Aufsätze sowie der Publikationen über S.). - Gerald Köhler: Das instrumentale Theater des G. R. S. Unter besonderer Berücksichtigung seiner Bewegungsregie. Köln 2002. Klaus Schultz
Sellner,
Joseph, österr. Musiker, Komponist, * 1 3 . 5 . 1 7 8 7 Landau (Frankreich?, Pfalz?), t 17.5. 1843 Wien. S. kam in j u n g e n Jahren mit seinen Eltern nach Österreich. Er beherrschte früh verschiedene Instrumente, darunter Violine, Flöte, Trompete, gehörte 1803-06 als Trompeter einem österr. Reiterregiment an, w o er auch Klarinette und Horn erlernte, und war dann Kapellmeister in Diensten eines ungarischen Adligen. 1813 wurde er von Carl Maria von —» Weber an das Ständetheater in Prag verpflichtet. S. gab in Prag auch Gitarrenkonzerte und erhielt bei Wenzel Johann —»Tomaschek Unterricht in Harmonielehre. Seit 1817 Oboist im Orchester des Kärntnertortheaters in Wien, spielte er später am Theater an der Wien und wurde 1837 Erster Oboist des Hofburgtheaterorchesters. Seit 1821 unterrichtete er Oboe am Konservatorium der Gesellschaft der M u sikfreunde, an d e m er 1823-38 auch die Gesamtübungen der Instrumentalschüler leitete. Seit 1822 war S. Mitglied der Hofmusikkapelle. In Zusammenarbeit mit Stephan Koch entwickelte S. die sog. Sellner-Koch-Oboe, die die Grundlage für spätere „Wiener O b o e " bildete. Er komponierte u. a. Konzerte f ü r O b o e und Orchester sowie Stücke f ü r Gitarre. Seine Theoretisch-praktische Oboe Schule (3 Tie., auch frz. und italien.) erschien 1825. c d ÖBL
Sello,
Georg (Emil Ludwig), Archivar, Historiker, * 2 0 . 3 . 1850 Potsdam, t 17.7. 1926 Oldenburg. S., Sohn eines Oberhofgärtners, studierte seit 1868 Jura, Germanistik, Kunstgeschichte und historische Hilfswissenschaften in Berlin und Jena und wurde 1873 in Jena zum Dr. jur. promoviert. 1876 von Kronprinz Friedrich Wilhelm, dem späteren Kaiser —» Friedrich III. mit Forschungen zum Kloster Lehnin beauftragt (Lehnin. Beiträge zu Kloster und Amt, 1881), gab er die juristische Laufbahn auf und wurde 1878 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter im Geheimen Staatsarchiv in Berlin. Seit 1880 Archivsekretär am Staatsarchiv Coblentz bei Bautzen, seit 1884 am Staatsarchiv Magdeburg, übernahm er 1889 die Leitung des Großherzoglichen Haus- und Staatsarchivs in Oldenburg (seit 1905 als Geheimer Archivrat). 1892 begründete er mit Hermann —»Oncken das .Jahrbuch f ü r das Herzogtum Oldenburg", als sein Hauptwerk gilt Die territoriale Entwicklung des Herzogtums Oldenburg (1917, Nachdr. 1975). c d Oldenburg S e l l o , Gottfried, Kunstkritiker, * 4 . 2 . 1913 Posen, f 3 0 . 1 . 1 9 9 4 Hamburg. S. studierte in Berlin Jura sowie Kunstgeschichte, Musikwissenschaft, Germanistik und Philosophie. Nach d e m Zweiten Weltkrieg gründete er in Hamburg die „Galerie der Jugend" und betätigte sich seit 1951 journalistisch (u.a. f ü r
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„Die Zeit"). Seit 1967 arbeitete er als Fernsehautor, und schuf Serien wie „Reisewege zur Kunst", „Kunst heute" und „Kunstlandschaften in der D D R " . S. verfaßte Bücher auch über Tilman - » R i e m e n s c h n e i d e r , A d a m —»Elsheimer und Caspar David —» Friedrich. S e l l o , Leopold, Bergbeamter, * 25. 10. 1785 Potsdam, t 17.5. 1874 Saarbrücken. Der aus einer Gärtnerfamilie stammende S., Sohn eines preuß. Hofgärtners, besuchte 1801-03 die Bergakademie in Berlin, war dann in Schlesien in der Montanverwaltung tätig und studierte 1809-11 an der Bergakademie in Freiberg (Sachsen). Danach im preuß. Staatsdienst, übernahm er 1816 als Bergamtsdirektor die Leitung der Bergamtskommission in Saarbrücken und stieg bis 1846 zum Geheimen Bergrat auf. S. führte im Saarland die Tiefbautechnik ein und war maßgeblich an dessen Ausbau zu einem bedeutenden Steinkohlerevier beteiligt. 1859-66 gehörte er dem preuß. Abgeordnetenhaus an. CD Leb Saarland, Bd 3 S e l m a n a g i c , Selman, Architekt, * 2 5 . 4 . 1905 Srebrenica (Bosnien), t 7 . 5 . 1 9 8 6 Berlin. Nach einer Tischlerausbildung in Jugoslawien begann S. 1929 das Studium der Architektur am Bauhaus Dessau sowie in Berlin bei L u d w i g —»Hilbersheimer und Ludwig —»Mies van der Rohe. 1933-39 unternahm er Studienreisen durch Europa, Nordafrika und Vorderasien. Während des Zweiten Weltkrieg war er Mitarbeiter der Bauabteilung der U f a im Kinobau und seit 1942 Film-Architekt. Nach dem Krieg Mitarbeiter des Stadtplanungskollektivs beim Magistrat von Groß-Berlin, wurde S. einer der angesehensten Architekten der D D R . Er projektierte u. a. das frühere Walter-Ulbricht-Stadion in Berlin sowie die Kunsthochschule in Berlin-Weißensee, an der er 1950-70 als Professor die Architekturabteilung leitete.
Seinecker,
Nikolaus, auch Selneccer(us), Schellenecker, evang. Theologe, Schriftsteller, * 6. 12.1530 Hersbruck, t 2 4 . 5 . 1592 Leipzig. Der Sohn eines Hersbrucker Stadtschreibers und späteren Anwalts in Nürnberg studierte seit 1549 in Wittenberg, wo er 1554 den Grad eines Magisters erwarb. 1555 wurde S. Mitglied der Artistenfakultät, 1556 deren Dekan und 1558 auf E m p f e h l u n g —»Melanchthons, dessen Schüler er war, dritter Hofprediger in Dresden. 1564 entlassen, wurde er 1565 als Prof. der Theologie nach Jena berufen, mußte aber auch das dortige A m t nach zwei Jahren wegen theologischer Auseinandersetzungen verlassen. Kurfürst —»August von Sachsen übertrug ihm 1568 eine Professur an der Univ. Leipzig, verbunden mit der Pfarrstelle an der Thomaskirche und dem A m t des Superintendenten. 1570 zum Dr. theol promoviert, wurde S. 1571 nach Braunschweig-Wolfenbüttel beurlaubt, führte 1573 eine luth. Kirchenordnung in Oldenburg ein und kehrte anschließend nach Leipzig zurück. 1589 abgesetzt, wurde er Superintendent in Hildesheim; und 1591 nach Leipzig zurückberufen, starb er kurz vor seiner Ankunft. S. war Mitverfasser der Konkordienformel 1577 und des Konkordienbuchs 1580 und veröffentlichte über 170 deutsche und lateinische Werke, darunter geistliche Literatur ( T h e o p h a n i a , 1552) und Gesangbuchtexte, die heute noch gesungen werden (Laß mich Dein sein und bleiben). CD B B K L S e l p i n , Herbert, Regisseur, * 2 9 . 5 . 1 9 0 2 Berlin, t 1 . 8 . 1 9 4 2 Berlin. S. brach ein Medizinstudium ab, arbeitete als Buchhändler, Börsen Vertreter, Kunstantiquar und Berufstänzer in Berlin und kam Mitte der zwanziger Jahre als Hospitant und Volontär zur Ufa. 1931 debütierte er als Regisseur mit der Komödie Chauffeur Antoinette. 1933 verantwortete er die deutschsprachige Fassung des faschistischen Dokumentarfilms Schwarzhemden. Unter den Nationalsozialisten drehte
Sembach S. apologetische Kolonialgeschichtsfilme wie Die Reiter von Deutsch-Ostafrika; er schuf auch F i l m e über paradoxe Außenseiter (u.a. Ein Mann auf Abwegen, Heiratsschwindler). Die Denunziation abfälliger Bemerkungen über die Wehrmacht und seine folgende Weigerung der R ü c k n a h m e vor Joseph —»Goebbels führten zu seiner Verhaftung und dem Ausschluß aus der Reichskulturkammer. S. beging in seiner Zelle Selbstmord. Cd Cinegraph S e i t e r , Hugo, Hygieniker, * 4 . 2 . 1878 Werdohl (Westfalen), t 28. 12.1952 Bad Godesberg (heute zu Bonn). S., Sohn eines Kaufmanns, studierte in Berlin, B o n n und München Medizin, wurde 1902 promoviert (Einiges über die Methodik der quantitativen Fettbestimmungen in den Faeces des Menschen) und assistierte am Hygiene-Institut in Bonn, wo er sich 1905 für Hygiene habilitierte. Seit 1911 a. o. Prof., ging er 1912 nach Leipzig, wurde 1917 o.Prof. und Direktor des Hygiene-Instituts der Univ. Königsberg und lehrte 1926-46 in Bonn. S., seit 1936 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, arbeitete über Bakteriologie, Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung sowie über Tuberkulose-Immunität. Er gab ein Handbuch der deutschen Schulhygiene (4 Bde., 1914) und einen Grundriß der Hygiene (2 Bde., 1920, span. 1 9 2 5 / 2 6 ) heraus. Cd Altpreuß Biogr, Bd 2 S e i t m a n n , Christian Wilhelm, Fabrikant, * 6 . 4 . 1870 Schlottenhof (heute zu Arzberg/Fichtelgebirge), t 1 8 . 1 2 . 1 9 2 1 Miltach/Bayerischer Wald. S. machte eine Lehre in der Porzellanfabrik L e h m a n n in Arzberg (Oberfranken), besuchte die Porzellanfachschule Teplitz-Schönau und gründete 1901 in Vohenstrauß mit seinem Bruder die Porzellanfabrik Johann Seitmann. 1910 trennte er sich von seinem Bruder und gründete in Weiden die Porzellanfabrik Christian Seitmann. S. war der Vater von Wilhelm - > S . S e i t m a n n , Wilhelm, Fabrikant, * 2 8 . 6 . 1896 Schlottenhof (Oberfranken), t 2 7 . 9 . 1967. Der Sohn des Begründers der Porzellanfabrik Christian Wilhelm —»S. in Weiden führte die Firma nach d e m Tod des Vaters gemeinsam mit der Mutter weiter. 1939 baute er ein Werk in Krummenaab, 1940 eines in Erbendorf. S. war zeitweilig Präsident der Industrie- und Handelskammer in Regensburg. Er machte sich um die Entwicklung neuer Arbeitsmethoden sowie um die Automation in der Porzellanindustrie verdient. S e l v e , Gustav, Industrieller, * 2 8 . 2 . 1842 Peddensiepen (heute zu Lüdenscheid), t 7 . 1 1 . 1 9 0 9 Bonn. Der Sohn eines Mühlenbesitzers besuchte die Gewerbeschule in Iserlohn, trat mit neunzehn Jahren in das 1861 vom Vater gegründete Messingwalzwerk ein und wurde 1883 alleiniger Inhaber. Unter seiner Leitung erreichte das Werk eine Weltstellung auf den Gebieten der Kupfer-, Aluminiumund Messingverarbeitung. S. richtete Schulen und eine Unterstützungskasse ein, ließ Werkswohnungen bauen und war Präsidiumsmitglied der Zentralstelle zur B e k ä m p f u n g der Tuberkulose. S e l v e - W i e l a n d , Else von, Unternehmerin, * 10.3. 1888 Ulm, t 1 3 . 9 . 1 9 7 1 Lindau. Die Tochter des Mitinhabers der Wieland-Metallwerke in Ulm heiratete 1910 den Inhaber der Schweizerischen Metallwerke Selve & Co. und führte das Werk nach dessen Tod 1933 als Alleininhaberin weiter. Unter ihrer Leitung überstand das Werk die Kriegs- und Krisenjahre und entwickelte sich in einem beständigen Modernisierungsprozeß zu einem industriellen Großunternehmen. S.-W. verlegte einen Teil der Betriebsstätten nach Uetendorf (Kt. Bern). Für den Ausbau und Unterhalt werkseigener Sozialeinrichtungen gründete sie mehrere Stiftungen. CD C H 91
S e l y e , Hans, eigentl. Johann Hugo Bruno S., Mediziner, Biochemiker, * 2 6 . 1 . 1 9 0 7 Wien, t 1 6 . 1 0 . 1 9 8 2 Montreal. S., Sohn eines Arztes, studierte 1916-24 an der Deutschen Univ. Prag, in Paris und R o m Medizin und Naturwissenschaften, wurde 1929 zum Dr. med. und 1931 mit einer chemischen Dissertation zum Dr. phil. promoviert. Nach einer Assistenz in experimenteller Pathologie ging er als Stipendiat zunächst an die Johns Hopkins University (Baltimore, USA), 1932 an das Institut für Biochemie der McGill University in Montreal (Kanada). Dort erhielt er 1934 eine a. o. Professur, 1945 einen Lehrstuhl für Biochemie und war bis 1977 Direktor des Instituts für experimentelle Pathologie und Chirurgie. 1976 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Als einer der Wegbereiter der modernen Medizin erforschte und benannte er das Streß-Phänomen, untersuchte das H o r m o n s y s t e m sowie seine Auswirkungen auf Leben und Pathogenese. S. veröffentlichte u . a . The story of the adaption syndrome (1952, dt. Einführung in die Lehre vom Adaptationssyndrom, 1953, italien. 1955), The stress of life (1956, Neuausg. 1976 und 1998, dt. Streß beherrscht unser Leben, 1957, Neuausg. 1991, frz. 1962, Neuausg. 1975, Ungar. 1966) und Hormones and resistance (2 Bde., 1971). Autobiographisch sind From dream to discovery. Of being a scientist (1964; dt. Vom Traum zur Entdeckung, 1965) und The stress of my life. A scientist's memoirs (1977, 2 1979, dt. Streß - mein Leben, 1979). CD Munzinger S e l z , Otto, Psychologe, * 1 4 . 2 . 1 8 8 1 München, t 2 7 . 8 . 1943 Konzentrationslager Auschwitz. S., Sohn eines Bankiers, studierte Rechtswissenschaften in Berlin und München, besuchte auch philosophische und psychologische Veranstaltungen und ging nach der Zweiten P r ü f u n g f ü r den höheren Justiz- und Verwaltungsdienst zum Studium der Philosophie nach München, w o er 1909 bei T h e o d o r —»Lipps zum Dr. phil. promoviert wurde (Die psychologische Erkenntnistheorie und das Transzendenzproblem. Untersuchungen zur Entstehung des Transzendenzproblems und zur Transzendenztheorie des älteren englischen Empirismus). 1912 habilitierte er sich in Bonn, war Privatdozent für Philosophie und Psychologie, seit 1921 a. o. Prof. f ü r Rechtsphilosophie und wechselte 1923 auf den Lehrstuhl für Philosophie, Psychologie und Pädagogik an der Handelshochschule M a n n h e i m , deren Rektorat er 1 9 2 9 / 3 0 innehatte. Wegen seiner jüdischen Herkunft wurde er nach der nationalsozialistischen M a c h t ü b e r n a h m e 1933 aus d e m Lehramt entlassen. 1938 inhaftiert, konnte er 1939 in die Niederlande emigrieren. 1943 von den deutschen Besatzern in Amsterdam erneut festgenommen, wurde S. 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Ausgehend von Oswald - » K ü l p e , dessen Vorlesungen über Logik (1923) er aus d e m Nachlaß herausgab, führte S. die Arbeit von Narziß —»Ach und Karl —»Bühler weiter. S. gilt als einer der wichtigsten Vorläufer der Kognitionswissenschaft. Er veröffentlichte u. a. Über die Gesetze des geordneten Denkverlaufs (1913), Zur Psychologie des produktiven Denkens und des Irrtums (1922) und Die Gesetze der produktiven und der reproduktiven Geistestätigkeit (1924). DO Bad Bio N.F., Bd 3 S e m b a c h , Carl, Zirkusdirektor, * 8 . 1 2 . 1 9 0 8 F r a n k f u r t / Main, t 18. 1. 1984 München. S., Sohn eines Steueroberinspektors, war als Dompteur und Raubtierlehrer u. a. 1 9 3 3 / 3 4 beim Circus Krone in München tätig, heiratete 1935 Frieda Krone (—»Sembach-Krone) und widmete sich danach vor allem der Arbeit mit Elefanten und Pferden, die dem Circus Krone neben den Raubtieren zu Weltruhm verhalfen. Nach dem Tod von Carl - » K r o n e 1943 übernahm S. mit seiner Frau die Leitung des Unter-
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Sembach-Krone nehmens, das bereits 1945 den Betrieb wieder aufnehmen und seit 1949 erneut auf Tournee gehen konnte. 1962 wurde zusätzlich ein festes Zirkusgebäude in München eröffnet. CD G B B E
Sembach-Krone,
Frieda, geb. Krone, Artistin, Zirkusdirektorin, * 15.4. 1915 Wien, t 2 . 1 1 . 1 9 9 5 Starnberg (Bayern). Die Tochter des Zirkusdirektors Carl —»Krone und einer Raubtierdompteuse begann ihre Zirkuslaufbahn in dem von ihrem Vater gegründeten Circus Krone im Alter von zwölf Jahren mit der Pferdedressur. Als „Prinzessin der P f e r d e " war S.-K. eine in ganz Europa gefeierte Attraktion. 1943 übernahm sie die große Elefantenherde, die sie bis 1980 vorführte. Seit 1935 mit Carl —>S. verheiratet, übernahm sie 1943 die Leitung des Circus Krone, der bald nach d e m Zweiten Weltkrieg den Betrieb wieder a u f n a h m , 1962 einen Zirkusbau in München eröffnete und zum größten Zirkus Europas wurde. Nach dem Tod Carl S.s 1984 führte S.-K., die ihre Erinnerungen unter dem Titel Circus Krone. Eure Gunst - unser Streben (hrsg. von Hellmuth Schramek) 1969 veröffentlichte, die Zirkusdirektion mit ihrer Tochter Christel S.-K. weiter. DP G B B E
Sembdner,
Helmut, Germanist, * 27. 1.1914 Posen, t 2 5 . 6 . 1997 Stuttgart. S., Sohn eines Reichsbahnrats, studierte seit 1933 Germanistik und Zeitungswissenschaft in Berlin und wurde 1939 mit der Arbeit Die Berliner Abendblätter Heinrich von Kleists, ihre Quellen und ihre Redaktion (Nachdr. 1979) promoviert. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg 1939-45 wurde er Dozent an der Volkshochschule in Norder-Dithmarschen, unterrichtete 1950-63 an der Freien Waldorfschule in Stuttgart und war 1964-77 zunächst Akademischer Rat, dann Oberrat und Dozent an der Univ. Stuttgart. 1984 wurde ihm der Professorentitel durch das Land Baden-Württemberg verliehen. 1953-63 war er Mitherausgeber der Zeitschrift „Erziehungskunst". S. veröffentlichte u. a. Kleists Lebensspuren (1957, 7., erw. Aufl. 1996), Kleist-Bibliographie. 1803-1862 (1966), Kleists Nachruhm. Eine Wirkungsgeschichte in Dokumenten (1967, 4. erw. Aufl. 1996) und In Sachen Kleist. Beiträge zur Forschung (1974, 3. erw. Aufl. 1994). Er gab von —» Kleist u. a. Sämtliche Werke und Briefe (2 Bde., 1952, ' 1993) sowie eine einbändige Werkausgabe (1966, f '1994) heraus. DP IGL
Sembrich,
Marcella, eigentl. Prakseda Marcelina Kochanska, Sängerin, * 15.2. 1858 Wisniewczyk (Galizien), t 11. 1. 1935 N e w York. S. studierte seit 1870 am Konservatorium in Lemberg bei ihrem späteren M a n n Wilhelm Stengel Klavier, wurde 1874 von Franz —>Liszt zur Gesangsausbildung ermuntert und debütierte nach Studienjahren in Wien und Mailand 1877 in Athen, 1878 ein zweites Mal an der Dresdner Hofoper. 1880 wurde sie für fünf Jahre an die Covent Garden Opera London engagiert. 1898-1909 gehörte S. dem Ensemble der Metropolitan Opera New York an. 1917 zog sie sich von der Bühne zurück. Seit 1924 leitete S. die Meisterklassen für Gesang am Curtis Institute of M u s i c in Philadelphia und an der Juillard School of Music in N e w York. t u ÖBL
Sembritzki,
Johannes (Karl), auch Sembrzycki, Publizist, * 10. 1. 1856 Marggrabowa (Ostpreußen), f 8.3. 1919 Memel. Der Sohn eines Lehrers und Sammlers von Volksliedern der Masuren wurde 1874 wegen Mißachtung der Schulordnung vom G y m n a s i u m Lyck verwiesen, durchlief eine Ausbildung zum Apotheker und trat seit 1882 als Publizist und Redakteur masurischsprachiger Zeitungen für Kultur und Sprache der Masuren ein. Seit 1884 arbeitete er in Tilsit beim „Volksfreund für Littauen" und befaßte sich mit Geschichte
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und Brauchtum der Litauer als zweiter Minderheit in Ostpreußen. 1893 zog S., der die freie kulturelle Entfaltung aller Volksgruppen in Ostpreußen befürwortete, nach Memel und näherte sich wieder d e m deutschen Geistesleben an. Er veröffentlichte u. a. eine Geschichte der Stadt Memel (1900). • P Altpreuß Biogr, Bd 2
Semeleder,
Friedrich (Anton), auch Frederico S., österr. Laryngologe, * 2 9 . 2 . 1832 Wiener Neustadt, t 17.10. 1901 Cordoba (Veracruz, Mexiko). S., Sohn eines Rechtsanwalts, studierte seit 1849 an der Univ. Wien Medizin, wurde 1856 promoviert und spezialisierte sich auf Chirurgie und Laryngologie. Er entwickelte den Kehlkopfspiegel, der d e m untersuchenden Arzt die freie beidhändige Arbeit ermöglichte, und habilitierte sich 1861 für Laryngo-Rhinoskopie. 1863 veröffentlichte S. sein Hauptwerk Die Laryngoskopie und ihre Verwerthung für die ärztliche Praxis (und engl. 1866). 1864 folgte er Erzherzog —> Maximilian nach Mexiko, wurde kaiserlicher Leibarzt und Sanitätschef des österr. Freiwilligenkorps. Nach der Niederlage der kaiserlichen Truppen und der Hinrichtung Maximilians blieb S. in Mexiko und gründete 1864 die Academia Nacional de Medicina de Mexico, der er bis 1872 als Vizepräsident bzw. Präsident vorstand. Zu seinen Veröffentlichungen gehört ferner El dolor. Estudio di patologia (1892). Cd Ö B L S e m l e r , Christian August, Pseud. Johann Oporin, Bibliothekar, Privatgelehrter, * 13.7. 1767 Weißenfels, t 18.12. 1825 Dresden. Nach dem Besuch der Landesschule zu Pforta und d e m Studium der Theologie in Leipzig war S. Lehrer am Pädagogium in H a l l e / S a a l e , schied j e d o c h bald wegen Kränklichkeit aus und ließ sich in Dresden als Privatgelehrter nieder. 1800 wurde er dort als Sekretär an der kgl. Öffentlichen Bibliothek angestellt. S. widmete sich in seinen Veröffentlichungen als einer der ersten vor allem Fragen der praktischen Ästhetik im Garten- und Landschaftsbau und bei der Innenarchitektur. Er schrieb u. a. Versuch Uber die regelmäßigen Gärten (1794, anonym), Ideen zu einer Gartenlogik (1803) und Ideen zu allegorischen Zimmerverzierungen (1806). DP D L L S e m l e r , Christoph, evang. Theologe, * 2. 10. 1669 H a l l e / S a a l e , t 8 . 3 . 1740 H a l l e / S a a l e . S. studierte seit 1688 in Leipzig und Jena Theologie, Naturwissenschaften und Philosophie und unterhielt seit 1694 in Halle Beziehungen zu Christian —>Thomasius, später auch zu Christian —> Wolff. 1697 erwarb er den Grad eines Magisters und hielt Vorlesungen über Mathematik, Philosophie und Theologie. 1699 übernahm er das A m t des Predigers und Schulinspektors in Halle. S. galt als bedeutender Universalgelehrter und Erfinder. Er begründete die RealschulBewegung in Deutschland, die er u. a. mit den Aufsätzen Nützliche Vorschläge von Aufrichtung einer Mathematischen Handwerksschule (1705) und Neu eröffnete Mathematische und Mechanische Real-Schule (1709) begleitete. Trotz der Befürwortung durch Gottfried Wilhelm —> Leibniz scheiterten die von ihm versuchten Gründungen 1707, 1708 und 1739; sie waren jedoch Ausgangspunkt f ü r die erfolgreiche Realschulgründung durch Julius —> Hecker 1747 in Berlin. DP Killy S e m l e r , Johann (Ferdinand), Jurist, Politiker, * 16.12. 1898 Hamburg, t 3 1 . 1 . 1973 München. S., dessen Vater als Rechtsanwalt tätig war und dem Reichstag angehörte, studierte in Freiburg, Berlin und Kiel Rechtsund Staatswissenschaften, wurde zum Dr. jur. promoviert (Der Nord-Ostseekanal und der Friedensvertrag von Versailles) und praktizierte während der Weimarer Republik sowie während der nationalsozialistischen Herrschaft als
Semmelroth Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer in Hamburg, Berlin und München. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er in München Mitglied der Verfassunggebenden Versammlung und gehörte als Direktor der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebiets 1947/48 dem Frankfurter Wirtschaftsrat an, aus dem er auf Verlangen der amerikanischen Militärregierung ausschied. 1950-53 saß S. für die CSU im Deutschen Bundestag. Danach war er Delegierter der Beratenden Versammlung des Europarats und Vizepräsident des Deutschen Rats der Europa-Bewegung. ••
Rößler/Franz
S e m l e r , Johann Salomo, evang. Theologe, * 18.12.1725 Saalfeld, t 14.3.1791 Halle/Saale. Der Sohn des luth. Archidiakonus und späteren Superintendenten Matthias Nicolaus S. und der Pfarrerstochter Eleonore Henrike, geb. Kämpfer[in], studierte von 1743 bis 1750 an der Univ. Halle klassische Sprachen, Geschichte, Philosophie, Logik, Mathematik, hauptsächlich jedoch Theologie. Bleibende Anregungen empfing er durch Siegmund Jakob —»Baumgarten. Schon als Student arbeitete S. dem verehrten Lehrer bei der Neuausgabe des Concordienbuchs zu und betätigte sich als Rezensent in Baumgartens „Nachrichten von einer hallischen Bibliothek". Seine erste selbständige Abhandlung veröffentlichte er 1745, Beginn einer reichen wissenschaftlichen Produktion. In seiner Dissertation zum Magisterexamen 1750 setzte sich S. kritisch mit dem englischen Neutestamentier William Whiston auseinander. Nach einem Intermezzo als Redakteur der „Koburger Staatsund Gelehrten-Zeitung" und Lehrer des Arabischen erhielt S. eine Professur für deutsche Reichsgeschichte und lateinische Poesie in Altdorf. 1752 setzte Baumgarten gegen den Widerstand der pietistischen Fakultätsmehrheit S.s Berufung als Prof. der Theologie an die Hallenser Univ. durch. S. entschied sich nur zögernd zur Annahme. In Halle lehrte er von 1753 bis zu seinem Tod. Dem Andenken seiner früh verstorbenen Frau widmete er 1772 eine Schrift „nebst einiger Nachricht seines eigenen Lebens". 1781/82 ließ er D. Joh. Salomo Semlers Lebensbeschreibung von ihm selbst abgefaßt folgen. S.s äußerlich ereignisarmes Leben war um so reicher angefüllt mit gelehrter Forschung und literarischer Tätigkeit. Er betätigte sich in der Hermeneutik, der Exegese, der Kirchengeschichte, Dogmatik, Ethik, Polemik und Symbolik. Auch als Übersetzer und Herausgeber trat er hervor. Neben Baumgarten, dem 1757 verstorbenen Lehrer, und Johann August —»Ernesti, seinem wissenschaftlichen Freund, war S. der bedeutendste protestantische Theologe Deutschlands im 18. Jahrhundert. Seine Hauptanstrengung galt der Verwissenschaftlichung der Theologie, eingeschlossen die Reform des Theologiestudiums (Versuch einer nähern Anleitung zu nützlichem Fleisse in der ganzen Gottesgelehrsamkeit, 1757). S. wollte Bibel und geschichtliche Überlieferung des Christentums durch das Ernstnehmen des Menschen als eines vernünftigen Wesens neu zum Sprechen bringen. In seinem wichtigsten Werk Abhandlung von freier Untersuchung des Canon (1771 -75), das ihm aus orthodoxen wie aus pietistischen Kreisen heftige Anfeindungen eintrug, zeigte S. die historische Entstehung des biblischen Kanons. Ungefähr gleichzeitig mit der Abhandlung legte S. die Institutio ad doctrinam Christianam liberaliter discendam (1774) vor, einen Aufriß seiner Dogmatik. Sie gab der religiösen Erfahrung viel Raum. Grundlegend war S.s Unterscheidung von Theologie und Religion. Sie ermöglichte theologische Kritik ohne Zerstörung des Glaubens. Außerdem differenzierte S. zwischen öffentlicher und privater Religion. Den Deismus und Indifferentismus bekämpfte er. Im Fragmentenstreit erhob S. scharfen Widerspruch gegen den „Fragmentisten" (Beantwortung der Fragmente eines Ungenannten, 1779). Ebenso protestierte er gegen die Berufung Carl
Friedrich —> Bahrdts nach Halle (Antwort auf das Bahrdische Glaubensbekenntnis, 1779). In S.s Theologie verbanden sich Luthertum und aufgeklärte Rationalität mit Zügen der theologia mystica. Politisch ein Bewunderer der preuß. Monarchie, billigte S. auch das „Königlich-Preußische Religions-Edikt" von 1788. Nach seiner Meinung sorgte das Edikt gleichermaßen für individuelle Gewissensfreiheit und öffentliche Religionsordnung (Vertheidigung des Königl. Edikts vom 9 lcn Jul. 1788). Während S.s Akkomodationstheorie, der Perfektibilitätsglaube u.a. keinen Bestand hatten, erzielte er als Bahnbrecher der historisch-kritischen Methode bleibende Wirkungen. WEITERE WERKE: Apparatus ad liberalem Novi Testamenti interpretationem. Halae 1767. - Versuch eines fruchtbaren Auszugs aus der Kirchengeschichte. 3 Bde., Halle 1773-78. Versuch einer freiem theologischen Lehrart, zur Bestätigung und Erläuterung seines lateinischen Buchs. Halle 1777. Ueber historische, gesellschaftliche und moralische Religion der Christen. Leipzig 1786. LITERATUR: Gottfried Hornig: Die Anfänge der historischkritischen Theologie. J. S. S.s Schriftverständnis und seine Stellung zu Luther. Göttingen 1961. - Wolfgang Schmittner: Kritik und Apologetik in der Theologie J. S. S.s. München 1963. - Hans-Eberhard Heß: Theologie und Religion bei J. S. S. Augsburg o.J. (1974). - Hartmut H. R. Schulz: J. S. S.s Wesenbestimmung des Christentums. Würzburg 1988. - Andreas LUder: Historie und Dogmatik. Ein Beitrag zur Genese und Entfaltung von J. S. S.s Verständnis des Alten Testaments. B e r l i n / N e w York 1995. - Gottfried Hornig: J. S. S. Studien zu Leben und Werk des Hallenser Aufklärungstheologen. Tübingen 1996 (Bibliogr.). - Gottfried Hornig: S„ J. S. In: TRE, Bd. 31, 2000, S. 142-148. Martin Laube: Die Unterscheidung von öffentlicher und privater Religion bei J. S. S. In: Zeitschrift für neuere Theologiegeschichte 11 (2004) S. 1-24. Kurt Nowak
Semm, (Karl Stephan) Kurt, Gynäkologe, * 23.3. 1927 München, f 1 6 . 7 . 2 0 0 3 Tucson (Arizona, USA). S. durchlief eine Ausbildung zum Instrumentenmacher, wurde nach dem Studium der Medizin 1951 in München promoviert (Aktivitätsbestimmung der Serum-Oxytocinase als Schwangerschaftsreaktion) und habilitierte sich in München 1958 (Der Oxytocin-Oxytocinase-Haushalt, unter besonderer Berücksichtigung des Wehen-Problems). Er wurde 1964 zum apl. Prof., 1970 zum o.Prof. und Direktor der Frauenklinik sowie der Michaelishebammenschule ernannt. S., der 1973 das Zentrum für operative Medizin begründete, gilt mit den von ihm entwickelten Apparaten und Instrumenten als Wegbereiter der minimal invasiven Chirurgie. Er beschäftigte sich vor allem mit Gynäkologie und Geburtshilfe; ihm ist die Einführung der Laparoskopie in die gynäkologische Diagnostik und Therapie zu verdanken. S. gab mehrere Fachzeitschriften heraus und produzierte wissenschaftliche Filme. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Pelviskopie und Hysteroskopie. Lehrbuch und Atlas (1976, engl., frz., span., portugies. 1977), Die Kieler U-Frauenklinik und Michaelis-Hebammenschule 1805-1980 (1980), Extracorporal fertilization - Insemination (1981), Hormone und Fermente in der Schwangerschaft (1983) und Pelviskopie. Ein operativer Leitfaden (1988-98, engl., frz., chines., japan.). 1967 gründete S. die Deutsche Gesellschaft für Endoskopie und war 1977/78 und 1988/89 deren Präsident.
Semmelroth, Otto, Jesuit, Theologe, * 1.12.1912 Bitburg, t 24.9. 1979 O f f e n b a c h / M a i n . S. trat 1932 in die Gesellschaft Jesu ein, studierte Theologie und wurde zum Dr. theol. promoviert. Später wurde er Prof. für Dogmatik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt/Main und wirkte als
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Semmelweis Konzilstheologe. N e b e n seinem H a u p t w e r k Die Kirche als Ursakrament (1953) veröffentlichte S. u . a . Maria, Urbild der Kirche (1954) und Die Welt als Schöpfung (1962). CD LThK
Semmelweis,
Ignaz Philipp, Mediziner, Geburtshelfer, * 1.7. 1818 Buda-Tabän (Budapest), t 13.8. 1865 Wien. A l s S o h n einer K a u f m a n n s f a milie studierte S. von 1837 bis 1844 in Pest (Budapest) und Wien Medizin. 1844 w u r d e er mit e i n e m Tractatus de vita plantarum in Wien promoviert. 1846 trat er als Assistenzarzt in die 1. Gebärabteilung des W i e n e r A l l g e m e i n e n Krankenhauses ein. Bereits 1847 gelang ihm dort der Nachweis, d a ß das Kindbettfieber eine septische W u n d i n f e k t i o n ist, die durch ein strenges D e s i n f e k tionsregime im Gebärsaal ( u . a . durch H ä n d e w a s c h u n g mit C h l o r k a l k l ö s u n g ) vermieden werden kann. Zu dieser Erkenntnis war S. durch den Vergleich der Kindbettfiebersterblichkeit in d e r 1. und 2. Gebärabteilung gelangt. W ä h r e n d in der 2., der H e b a m m e n a u s b i l d u n g dienenden A b t e i l u n g die E r k r a n k u n g s z a h l e n stets niedrig waren, traten in der 1. Klinik, w o im A n s c h l u ß an Leichensektionen Studenten ihre praktische geburtshilfliche A u s b i l d u n g erhielten, zahlreiche Fälle an Puerperalsepsis auf. Mit der erfolgreichen P r o p h y laxe dieser d a m a l s meist tödlich verlaufenden E r k r a n k u n g w u r d e S. z u m „Retter d e r M ü t t e r " und Wegbereiter der Antisepsis. Trotz der Unterstützung n a m h a f t e r Vertreter der Wiener M e d i z i n i s c h e n Fakultät w i e Josef —»Skoda, Carl von R o k i t a n s k y und Ferdinand von - » H e b r a blieb ihm zunächst die offizielle A n e r k e n n u n g seiner Verdienste versagt. O b g l e i c h man ihn schließlich 1850 auf seinen Antrag hin z u m Dozenten f ü r theoretische Geburtshilfe, die sich auf P h a n t o m - Ü b u n g e n und D e m o n s t r a t i o n e n beschränkte, ernannt hatte, kehrte S. enttäuscht nach Pest zurück. H i e r war er seit 1851 als Primararzt der Gebärabteilung am Städtischen St. Rochus-Spital tätig. 1855 w u r d e er zum o . P r o f . der G e b u r t s h i l f e an der Pester Univ. ernannt. Einen R u f nach Zürich schlug er 1857 aus. 1861 veröffentlichte S. sein b e r ü h m t e s Werk Die Aetiologie, der Begriff und die Prophylaxis des Kindbettfiebers, in d e m er mit einer exakten p a t h o l o g i s c h - a n a t o m i s c h e n , tierexperimentellen und statistischen B e w e i s f ü h r u n g seine E r k e n n t n i s s e Uber die (oft auch iatrogenen) U r s a c h e n d e r Puerperalsepsis z u s a m m e n f a ß t e . Er gehört d a m i t zu j e n e n b e d e u t e n d e n Ärzten, die, w i e später auch Joseph Lister, bereits in der vorbakteriologischen Ä r a die G r u n d l a g e n f ü r eine erfolgreiche B e k ä m p f u n g infektiöser E r k r a n k u n g e n gelegt haben. In seinen letzten L e b e n s j a h r e n hat sich S. auf d e m Gebiet d e r operativen G y n ä k o l o g i e , wobei er seine antiseptische M e t h o d e ebenfalls a n w a n d t e , Verdienste e r w o r b e n . Publizistisch ist er in dieser Zeit u . a . mit A u f s ä t z e n über die Ovarialzysten-Operation und über M e n s t r u a t i o n s s t ö r u n g e n hervorgetreten. N a c h d e m er im S o m m e r 1865 s c h w e r erkrankt war und in einer Wiener Nervenheilanstalt A u f n a h m e g e f u n d e n hatte, erlag S. bald darauf unter tragischen U m s t ä n d e n einer Sepsis. WERKE: S . ' g e s a m m e l t e Werke. Hrsg. und z u m Teil aus d e m Ungarischen übersetzt von Tiberius von G y ö r y . J e n a 1905. N e u a u s g . Saarbrücken 2007. LITERATUR: Isidor Fischer: I. P. S. In: G e s c h i c h t e der G e burtshilfe in Wien. L e i p z i g / W i e n 1909, S. 2 8 5 - 3 0 7 . - E r n a L e s k y : I. P. S. und die Wiener M e d i z i n i s c h e Schule. Wien 1964. - G y ö r g y G o r t v a y / I m r e Zoltän: I. P. S. Retter der
400
Mütter. Leipzig 2 1 9 7 7 . - Joszef Antall: I. S. In: Klassiker der M e d i z i n . Hrsg. v. Dietrich von E n g e l h a r d t / F r i t z Hartm a n n . B d . 2, M ü n c h e n 1991, S. 190-202. - Peter Schneck: P. S. In: Fachlexikon A B C Forscher und Erfinder. T h u n , F r a n k f u r t / M a i n 1992, S. 5 2 5 - 5 2 6 . - Codell C a r t e r / B a r b a r a Carter: C h i l d b e d Fever. Α Scientific B i o g r a p h y of I. S. Lond o n 1994. - S o n i a Horn: I. P. S. In: Ärztelexikon. Hrsg. v. W o l f g a n g U. E c k a r t / C h r i s t o p h G r a d m a n n . M ü n c h e n 1995, S. 327-329. Peter Schneck S e m m e r , Gerd, Pseud. M o r i t z Messer, Schriftsteller, * 2 1 . 1 2 . 1919 P a d e r b o r n , t 12. 1 1 . 1 9 6 7 Ratingen. S., S o h n eines Schneiders, m a c h t e eine Schneiderlehre, studierte T h e a t e r w i s s e n s c h a f t e n , G e r m a n i s t i k , R o m a n i s t i k und K u n s t g e s c h i c h t e in Wien und arbeitete seit E n d e 1951 als D o l m e t s c h e r und Regieassistent f ü r Erwin —>Piscator, u . a . in G i e ß e n und Berlin. N a c h 1953 war er unter seinem Pseudo n y m R e d a k t e u r des „Deutschen M i c h e l " , d e r „Deutschen Volkszeitung" und der „ S t i m m e des Friedens". 1959 ließ er sich als freier Schriftsteller in Ratingen-Tiefenbroich nieder. S. schrieb Lyrik und Prosa, die sich mit W i e d e r a u f r ü s t u n g , N e o f a s c h i s m u s und A t o m w a f f e n p o l i t i k in der B u n d e s r e p u blik auseinandersetzte (u. a. Die Engel sind müde. Verse und andere Prosa aus dem Schlaraffenland, 1959; Widerworte. Gedichte und Chansons, 1965). F e r n e r übersetzte und k o m mentierte er Lieder der Französischen Revolution (ζ.a ira, 1958). CD Westf Autoren, B d 4 S e m m i g , (Friedrich) H e r m a n , Pseud. Friedrich Schmidt, Ernst N a u m a n n , Schriftsteller, * 2 3 . 6 . 1820 Döbeln (Sachsen), t 2 2 . 6 . 1 8 9 7 Leipzig. D e r Sohn eines Sattlermeisters studierte seit 1839 Theologie, G e s c h i c h t e und Philosophie in Leipzig und w u r d e 1845 z u m Dr. phil. promoviert. Als B u r s c h e n s c h a f t e r v e r b ü ß t e er eine Haftstrafe. S. veröffentlichte sozialkritische Schriften (Sächsische Zustände nebst Randglossen und Leuchtkugeln, 1846) und machte die B e k a n n t s c h a f t von oppositionellen Schriftstellern ( u . a . L o u i s e —»Otto-Peters, H e r m a n n —»Jellinek). 1848 g r ü n d e t e er mit anderen den Sozialistischen Verein, k ä m p f t e 1849 gegen die sächsische R e g i e r u n g in Dresden und m u ß t e ins f r a n z ö s i s c h e Exil fliehen. Dort war er als Lehrer und Publizist tätig und veröffentlichte mehrere dramatis c h e Werke. Obgleich 1865 amnestiert, kehrte S. erst 1870 nach Leipzig zurück, w o er sich später in zahlreichen Schriften f ü r die d e u t s c h - f r a n z ö s i s c h e Verständigung einsetzte. S.s in den f ü n f z i g e r Jahren im f r a n z ö s i s c h e n Exil entstandenes D r a m a über den W e b e r - A u f s t a n d Schloß und Fabrik oder Die schlesischen Weber w u r d e erst 1988 veröffentlicht (hrsg. von H a n s Adler). S. war der Vater von J e a n n e Berta —>S. tu
Killy
S e m m i g , J e a n n e Bertha, Schriftstellerin, * 1 6 . 5 . 1867 Orleans, t 2 8 . 7 . 1958 Radebeul bei Dresden. Die Tochter des Schriftstellers H e r m a n —> S. kehrte 1871 mit ihrem Vater nach Leipzig zurück, besuchte 1883-86 das L e h rerinnenseminar Callnberg-Lichtenstein und war 1886-90 als Hauslehrerin in Altenburg tätig. 1891-1930 war sie Volksschullehrerin in Dresden. Nach Verlust ihrer W o h n u n g in Dresden und ihrer H a b e durch B o m b e n t r e f f e r lebte sie seit 1946 in e i n e m Altersheim in R a d e b e u l . S. schrieb vor allem Lyrik ( u . a . Gedichte, 1897; Enzio, 1901), N o v e l l e n ( u . a . Wandlungen, 1937) und E r z ä h l u n g e n . Sie veröffentlichte auch eine B i o g r a p h i e ihres Vaters: Die Wege eines Deutschen. Ein Zeit- und Lebensbild (1921). CD D L L
Semmler,
Friedrich W i l h e l m , C h e m i k e r , * 1 1 . 5 . 1860 Hochzeit bei A r n s w a l d e ( P o m m e r n ) , f 15.3. 1931 R a m i n (Pommern). S. studierte N a t u r w i s s e n s c h a f t e n in Straßburg und Breslau, w u r d e 1887 promoviert ( C h e m i s c h e Untersuchungen Uber das ätherische Oel in Allium ursinum L.) und habilitierte
Semper sich 1890 in Greifswald. 1896 erhielt er dort den Titel Professor. 1901 wurde er a. o.Prof., 1904 o. Honorarprofessor und folgte 1909 einem Ruf als o . P r o f . an die T H Breslau, deren Rektor er 1818-20 war. S., der Gutsbesitzer auf Ramin war, veröffentlichte u. a. Die ätherischen Öle nach ihren chemischen Bestandteilen unter Berücksichtigung der geschichtlichen Entwicklung (4 Bde., 1905/06), Verwendung der Kartoffelernte (1916), Die deutsche Landwirtschaft während des Krieges und ihre zukünftigen Arbeitsziele nach Friedensschluß (1917) und Ersatzfuttermittel (1918). S. war Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei und gehörte der 1919 Verfassunggebenden Versammlung in Weimar an. c d Poggendorff 4-6
Semon,
Richard Wolfgang, Zoologe, Anatom, * 2 2 . 8 . 1859 Berlin, t 27. 12.1918 München. S., Sohn eines Bankiers und Börsenmaklers, studierte seit 1879 in Jena Zoologie (u. a. bei Ernst —> Haeckel) und seit 1881 Medizin in Heidelberg. 1883 wurde er dort in den Naturwissenschaften (Das Nervensystem der Holothurien) und 1886 in der Medizin (Beiträge zur Naturgeschichte der Synaptiden des Mittelmeeres) promoviert. 1 8 8 5 / 8 6 arbeitete er an der Zoologischen Station in Neapel. Seit 1886 Assistent am Anatomischen Institut in Jena, habilitierte er sich dort 1887 für normale und vergleichende Anatomie (Die indifferente Anlage der Keimdrüsen beim Hühnchen und ihre Differenzierung zum Hoden) und wurde 1891 zum a. o. Prof. ernannt. 1891-93 hielt er sich zu Forschungszwecken in Australien und auf d e m Malaiischen Archipel auf, kehrte nach Jena zurück und war dort als a . o . P r o f . und Erster Assistent am Anatomischen Institut tätig, bevor er sich 1897 als Privatgelehrter in München niederließ. S., seit 1895 Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina, beschäftigte sich mit anatomischen und entwicklungsgeschichtlichen Fragen sowie mit vergleichender Morphologie. Von S. stammen die Begriffe M n e m e und E n g r a m m , die er im Z u s a m m e n h a n g mit lamarckistischen Vorstellungen prägte. S. veröffentlichte u . a . Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres (1896, 2 1903, engl. 1899), Die Mneme als erhaltendes Prinzip im Wechsel des organischen Geschehens ( 1 9 0 4 , 4 5 1920, Nachdr. 2006, engl. 1921) und Das Problem der Vererbung , erworbener Eigenschaften' (1912). Er starb durch Selbstmord. CD D S B
Sempell,
Oskar, Jurist, Hüttendirektor, Unternehmer, * 2 . 3 . 1876 Mönchen-Gladbach, f 30. 10.1942 Berlin. Der Sohn eines Fabrikbesitzers studierte Jura in Göttingen, München und Bonn und wurde 1899 in Erlangen mit der Arbeit Gemeinrechtliche Streitfragen auf dem Gebiete der Werkverdingung und ihre Entscheidung durch das bürgerliche Gesetzbuch promoviert. Seit 1903 Assessor, war er bis 1916 im preuß. höheren Justizdienst in Osnabrück, Göttingen (Stadtsyndikus 1911) und Dortmund tätig, zuletzt als hauptamtliches Magistratsmitglied in Dortmund. 1916 wurde er stellvertretendes, 1920 ordentliches Vorstandsmitglied der Deutsch-Luxemburgische Bergwerks- und Hütten-AG. An der Gründung und Finanzierung der Vereinigten Stahlwerke A G 1926 maßgeblich beteiligt, leitete S. als Vorstandsmitglied deren Verwaltungsstelle in Berlin. Er gehörte dem sogenannten Stillhalteausschuß und dem Ausschuß für Auslandsschulden der Reichsbank sowie der Zulassungsstelle der Berliner Börse an. S. war Mitglied mehrerer Vorstände (u. a. Siemens-Schuckert A G , Siemens & Halske AG, Mitteldeutsche Stahlwerke A G , hier Vorsitzender ohne Beteiligung am operativen Geschäft) und Aufsichtsräte. OP Nekrologe Industrie S e m p e r , Emanuel, Bildhauer, * 6. 12.1848 Dresden, t 1 6 . 1 1 . 1 9 1 1 Dessau. Der Sohn des Architekten Gottfried —>S. und Bruder von Manfred —>S. besuchte seit 1866 die Kunstakademie Dres-
den, anschließend die Kunstschule in Nürnberg, 1869-71 verschiedene Ateliers in Berlin und unternahm eine Studienreise durch Italien. Anschließend arbeitete er u. a. an der Ornamentik in d e m von seinem Vater gebauten Hoftheater in Dresden und unterrichtete als Lehrer an der Kunst- und Gewerbeschule in Erfurt. Seit 1883 lebte S. als freischaffender Künstler in Dessau. Neben Brunnen und Denkmälern schuf er u. a. das Porträtmedaillon auf d e m Grabstein seines Vaters in R o m sowie eine Bronzestatue desselben in Hamburg. S e m p e r , Gottfried, Architekt, * 29. 11. 1803 Altona (heute zu Hamburg), t 1 5 . 5 . 1 8 7 9 R o m . Das Interesse an der Militärwissenschaft führte S. 1823 vom dänischen Altona, wo die Familie seit 1806 lebte, zum Studium der Mathematik bei Bernhard Friedrich —»Thibaut nach Göttingen. Daneben hörte er Vorlesungen zur Geschichte und Statistik bei Arnold Ludwig Hermann —> Heeren. 1 8 2 5 / 2 6 wandte er sich der Architektur zu, schrieb sich zunächst (28. 10.1825) an der Münchner Akademie der bildenden Künste ein und fand im Dezember 1826 A u f n a h m e in die Architekturschule des Kölners Franz Christian —»Gau in Paris. Seit März 1828 arbeitete S. als Volontär bei den Hafenbauten in Bremerhaven, begab sich im August 1829 wiederum zu Gau nach Paris, erlebte dort den Ausbruch der Julirevolution 1830 und trat einen Monat später eine mehrjährige Studienreise nach Südfrankreich, Italien und Griechenland an. E n d e 1833 in seine Heimatstadt zurückgekehrt, erregte er mit Vorläufigen Bemerkungen über bemalte Architektur und Plastik bei den Alten (1834) Aufsehen. Darin verband er seine Überzeugung von der vollständigen B e m a l u n g antiker M o n u m e n t e mit dem Anspruch an die Architektur als einer an der klassischen Antike orientierten „Monumentalkunst". Nach kurzer praktischer Tätigkeit in Altona wurde er auf Empfehlung Gaus 1834 Prof. für Baukunst an der Dresdner Kunstakademie. Das dortige Wirken begründete seinen Ruf als eines herausragenden Baumeisters der Zeit. Nach seinen Plänen entstanden u. a. das städtische Frauenhospital (1836-38) und die Synagoge (1838-40). In einer Phase allgemeiner stilistischer Unsicherheit schuf er mit d e m ersten Dresdner Hoftheater (1838-41), dem dortigen M u s e u m (1847-55), der Villa Rosa ( 1 8 3 9 / 4 0 ) und dem Stadtpalais für den Bankier Martin Wilhelm Oppenheim (1845-48) beispielgebende Bauten in den Formen einer ausgereiften Neorenaissance, die sich Jahrzehnte später als dominierende Richtung durchzusetzen begann. Die zähen Auseinandersetzungen um öffentliche Bauten, insbesondere die glücklose Beteiligung an Wettbewerben - u. a. für die Börse (1837) und die Nikolaikirche (1843-45) in Hamburg - , bestärkten S. in seinen demokratischen Überzeugungen, die auch seine Auffassungen vom Z u s a m m e n hang von Gesellschaft und Architektur bestimmten. S. nahm 1849 an den Dresdner Maikämpfen teil, wurde steckbrieflich verfolgt, floh und durchlebte Jahre ohne größere A u f t r ä g e im Pariser und Londoner Exil. Er nutzte die Zeit zur Abfassung der an der Dresdner Akademie in Anfängen entwickelten „Vergleichenden Baulehre", in der die Formen eines Gebäudes, in Analogie zur Naturgeschichte, aus deren historischer Entwicklung hervortreten sollen. Mit diesem theoretischen Ansatz trat er erstmals in der Broschüre Die vier Elemente der Baukunst (1851) an die Öffentlichkeit. Die Mitwirkung an der Weltausstellung in London (1851), w o er die Abteilungen Kanadas, der Türkei, Schwedens und
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Semper Dänemarks gestaltete, und die Reflexion über die dort zutage getretenen Kunstzustände in der Schrift Wissenschaft, Industrie und Kunst (1852) führten im September 1852 zur Anstellung als Prof. am neugegründeten Department of Practical Art im Marlborough House in London. Dort hatte er Gelegenheit, die Gegenstände der „verschiedenen Zweige der industriellen Künste" zu sammeln und die Baukunst und ihre Stilformen in den Rahmen einer allgemeinen Kunstformenlehre und deren „Urtechniken" zu stellen. Damit war das definitive Programm seines theoretischen Hauptwerks gefunden, an dessen Manuskript er seit Sommer 1855 arbeitete und das unter dem Titel Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten [...] als Fragment in zwei Bänden 1860 und 1863 erschien. 1855 folgte S. dem Ruf, die Direktion der Bauschule am eidgenössischen Polytechnikum in Zürich zu übernehmen. Obgleich die dortigen Verhältnisse seinen weitreichenden Ansprüchen in Lehre und Baupraxis nicht entsprachen, konnte er mit dem Bau des Eidgenössischen Polytechnikums (1859-68), des Geschäfts- und Wohnhauses Fierz (1865-70) in Zürich und des Stadthauses in Winterthur (1863-69) wieder in breiterem Maße praktisch tätig werden. Größere Anerkennung durch Berufung in internationale Wettbewerbs- und andere Gremien und durch Bauaufträge erreichten ihn von außen. Während das Projekt eines Wagner-Festspielhauses in München für —> Ludwig II. (1864-67) an den gegensätzlichen Positionen der Beteiligten scheiterte, wurde in Dresden nach seinen Plänen (September 1870) und unter der Bauführung seines Sohnes Manfred —»S. das zweite Hoftheater (1871-78, „Semper-Oper") gebaut. In Wien, wohin S. 1871 übersiedelte, versuchte er, mit den Planungen zum Kaiserforum (1869-71) und den damit verbundenen Museen (1871-91) und dem Burgtheater (1873-88) noch einmal seinem Begriff von Baukunst als „monumentaler Festlichkeit" Gestalt zu verleihen. Die wachsenden Querelen mit dem österr. Partner Carl —> Hasenauer ließen ihn die praktische Mitarbeit schließlich Anfang 1876 aufgeben. Eines zunehmenden Asthmaleidens wegen hielt sich S. in seinen letzten Lebensjahren überwiegend in Italien auf. Museum Donner in Neumühlen bei Altona (1834-36). - Ausgestaltung des Antikensaales im Japanischen Palais zu Dresden ( 1 8 3 5 / 3 6 ) . - Kaserne in Bautzen (1842-44). - Wohnhaus für den Bruder Wilhelm in Hamburg (1842-46). - „Mixed Fabrics Court" im Kristallpalast zu Sydenham ( 1 8 5 4 / 5 5 ) . - Kirchturm Affoltern ( 1 8 6 0 / 6 1 ) . Sternwarte in Zürich (1861-64). - Treichlersches Waschschiff in Zürich (1862-64). - Villa Garbald in Castasegna (1862/63). WEITERE WERKE:
Constantin Lipsius: G. S. in seiner Bedeutung als Architekt. Berlin 1880. - Hans Semper: G. S. Bild seines Lebens. Berlin 1880. - Martin Fröhlich: Zeichnerischer Nachlaß an der Ε Τ Η Zürich. Katalog. Basel / Stuttgart 1974. - Wolfgang Herrmann: G. S. im Exil. Basel/Stuttgart 1978. - G. S. zum 100. Todestag. Ausstellungskatalog. Dresden 1979. - Wolfgang Herrmann: G. S. Theoretischer Nachlaß an der Ε Τ Η Zürich. Katalog und Kommentare. B a s e l / B o s t o n / S t u t t g a r t 1981. - Heinz Quitzsch: G. S. Praktische Ästhetik und politischer Kampf. Braunschweig/ Wiesbaden 1981. - Martin Fröhlich: G. S. Z ü r i c h / M ü n c h e n 1991. - Heidrun Laudel: G. S. Architektur und Stil. Dresden 1991. - Harry Francis Mallgrave: G. S. Architect of the nineteenth century. New H a v e n / L o n d o n 1996 (dt. Zürich 2001). - G. S. 1803-1879. Architektur und Wissenschaft München. Hrsg. ν. Winfried Nerdinger und Werner Oechslin. Zürich u . a . 2003. - G. S. - Dresden und Europa. Die moderne Renaissance der Künste. Hrsg. ν Henrik Karge. LITERATUR:
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M ü n c h e n / B e r l i n 2007. - G. S. und Wien. Hrsg. v. Rainald Franz und Andreas Nierhaus. W i e n / K ö l n / W e i m a r 2007. Heidrun Laudel S e m p e r , Karl (Gottfried), Zoologe, * 6 . 7 . 1 8 3 2 Altona (heute zu Hamburg), t 2 9 . 5 . 1 8 9 3 Würzburg. Der Neffe Gottfried - > S . s studierte 1851-54 Ingenieurwesen in Hannover, danach Zoologie, Histologie und vergleichende Anatomie in Würzburg und wurde 1856 mit der Arbeit Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Pulmonaten promoviert. Er bereiste 1858-65 die Philippinen und die Palauinseln (1862). 1866 wurde er Privatdozent in Würzburg, 1869 o. Prof. der Zoologie und vergleichenden Anatomie sowie Direktor des Zoologischen Instituts in Würzburg. Seit 1891 war S. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er verfaßte länderkundlich-ethnographische Arbeiten (u. a. Reisen im Archipel der Philippinen, 10 Bde., 1868-1905) sowie einzelne Studien über Histologie und Entwicklungsgeschichte der Mollusken. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Die Verwandtschaftsbeziehungen der gegliederten Thiere (2 Tie., 1 8 7 5 / 7 6 ) und Die natürlichen Existenzbedingungen der Thiere (2 Bde., 1880; engl. 1880, 5 1899). m DSB S e m p e r , Manfred, Architekt, Fachschriftsteller, * 3 . 5 . 1 8 3 8 Dresden, t September 1913 Weferlingen (Kr. Gardelegen). S., Bruder von Emanuel —>S., studierte 1856-59 bei seinem Vater Gottfried —>S. an der Ε Τ Η Zürich Architektur, bildete sich 1860/61 in Paris weiter und hielt sich nach einem Praktikum in Zürich zu Studienzwecken 1 8 6 4 / 6 5 in Italien auf. 1870-78 führte er die Bauaufsicht beim Hoftheaterbau seines Vaters in Dresden. Später schuf er zahlreiche öffentliche Gebäude, Nutzbauten, Villen und Privathäuser, vor allem in Hamburg (u. a. Naturhistorisches Museum, Hamburg) und in Oberbayern. S. entwarf auch das Grabmal für seinen Vater in R o m .
S e m p e r , (Johann) Max, Paläontologe, * 29. 8. 1870 Altona (heute zu Hamburg), t 2 4 . 2 . 1952 Valley bei Holzkirchen (Oberbayern). Der N e f f e Karl —»S.s und Großneffe Gottfried —»S.s studierte 1891-96 in München Naturwissenschaften, wurde 1896 promoviert (Das pciläothermale Problem spec, die klimatischen Verhältnisse des Eocän in Europa und im Polargebiet) und habilitierte sich 1899 an der T H Aachen. Dort lehrte er als Ordinarius Paläontologie und Geologie, außeramtlich auch Kultur- und Religionsgeschichte. 1924 wurde S. entpflichtet. Er veröffentlichte u. a. Die geologischen Studien Goethes (1914) und Rassen und Religionen im alten Vorderasien (1930). CP Poggendorff 4-6 S e m r a u , Alfred, evang. Theologe, * 2 4 . 4 . 1 8 8 2 Obergruppe (Westpreußen), t 1 8 . 7 . 1 9 4 7 Greifswald. Der Sohn eines Gutsbesitzers studierte in Halle, Erlangen und Königsberg Theologie und Philosophie, betreute die Pfarrgemeinde Poldersee (Kr. Berent) und wurde 1912 Geistlicher des Westpreußischen Provinzialvereins für Innere Mission in Danzig. 1916-31 war er Pfarrer an der Christuskirche in Danzig-Langfuhr. 1924 wurde S. für die Deutschnationale Völkspartei in den Danziger Volkstag gewählt, dem er 1926-28 als Präsident vorstand. Seit 1931 Superintendent und Konsistorialrat in Stettin, zog er sich nach 1945 nach Sellin auf Rügen zurück. S. gründete den Evangelischen Presseverband für Westpreußen und gab das „Danziger Kirchenblatt" heraus. CD Altpreuß Biogr, Bd 2
Senator,
Hermann, Internist, * 6. 12. 1834 Gnesen (Posen), t 14.7. 1911 Berlin. S. studierte seit 1853 in Berlin Medizin, wurde 1857 promoviert (De morborum hepatis causis et evolutione) und
Sendler habilitierte sich 1868 f ü r I n n e r e M e d i z i n und Staatsarzneik u n d e . 1875 w u r d e er a. o. Prof. und C h e f a r z t a m A u g u s t a Hospital, 1881 leitender A r z t an der C h a r i t e in Berlin, leitete seit 1888 die 3. M e d i z i n i s c h e Klinik und d i e Universitätspoliklinik und w a r seit 1899 o. H o n o r a r p r o f e s s o r . S. w a r seit 1892 M i t g l i e d der D e u t s c h e n A k a d e m i e d e r N a t u r f o r scher L e o p o l d i n a . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Untersuchungen über den fieberhaften Process und seine Behandlung (1873), Die Krankheiten des Bewegungsapparates (1879), Die Albuminurie im gesunden und kranken Zustande (1882, 2 1890, engl. 1884), Die Erkrankungen der Niere (= Specielle Pathologie und Therapie, B d . 19.1, 1896, 2 1 9 0 2 , engl. 1905) und Krankheiten und Ehe ( 1 9 0 4 , 2 1 9 1 6 , engl. 2 B d e . , 1 9 0 4 / 0 5 , 2 1 9 0 8 , a u c h 1909). CD Ä r z t e 2
Sendelbach,
Senckenberg,
Senden-Bibran,
Heinrich Christian von, Jurist, Historiker, * 1 9 . 1 0 . 1 7 0 4 F r a n k f u r t / M a i n , ! 3 0 . 5 . 1 7 6 8 Wien. S., S o h n eines Stadtarztes und B r u d e r J o h a n n Christian —»S.s, studierte in H a l l e und L e i p z i g R e c h t s w i s s e n s c h a f ten u n d ließ sich 1729 als R e c h t s a n w a l t in F r a n k f u r t / M a i n nieder. 1730 n a h m er ein A n g e b o t als R e c h t s b e i s t a n d der Wild- und R h e i n g r a f e n zu D h a u n an. 1744 k e h r t e er n a c h F r a n k f u r t zurück, w u r d e z u m R e i c h s h o f r a t e r n a n n t und 1751 in d e n R e i c h s f r e i h e r r e n s t a n d e r h o b e n . S., einer d e r besten K e n n e r der R e i c h s v e r f a s s u n g , erarbeitete zahlreiche reichsrechtliche D e d u k t i o n e n zur U n t e r m a u e r u n g der ständischen H e r r s c h a f t s s t r u k t u r i m Reich s o w i e d e s d e u t s c h e n L e h n s rechts. Er war der Vater von R e n a t u s von —>S. m HRG S e n c k e n b e r g , J o h a n n Christian, M e d i z i n e r , g e t a u f t 2 8 . 2 . 1 7 0 7 F r a n k f u r t / M a i n , t 15. 11. 1772 F r a n k f u r t / M a i n . D e r B r u d e r d e s R e i c h s j u r i s t e n H e i n r i c h C h r i s t i a n von —>S. seit 1730 studierte M e d i z i n in H a l l e und G ö t t i n g e n ( P r o m o t i o n 1737, De lilii convallium ejusque imprimis baccae viribus), w u r d e Leibarzt des L a n d g r a f e n von H e s s e n H o m b u r g , 1751 L a n d p h y s i k u s u n d 1755 S t a d t p h y s i k u s der R e i c h s s t a d t F r a n k f u r t / M a i n . Seit 1755 betreute S. z u d e m d e n L a n d g r a f e n —> W i l h e l m von H e s s e n - K a s s e l , der i h m den Titel eines H o f r a t s verlieh. A u s s e i n e m V e r m ö g e n g r ü n d e t e der k i n d e r l o s e S. 1763 e i n e S t i f t u n g als T r ä g e r eines Instituts f ü r M e d i z i n und N a t u r f o r s c h u n g s o w i e eines B ü r g e r spitals, in deren R ä u m e n 1817 unter der L e i t u n g d e s A r z tes P h i l i p p J a k o b —> C r e t z s c h m a r d i e S e n c k e n b e r g i s c h e N a t u r f o r s c h e n d e G e s e l l s c h a f t g e g r ü n d e t wurde, die seit 1820 auch ein N a t u r h i s t o r i s c h e s M u s e u m betrieb und ein entsprechendes Forschungsperiodikum herausgab. Einen angebotenen Adelstitel schlug S. aus. Z u seinen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n g e h ö r e n Bedencken von dem Gehalt und denen Kräften des Fachinger Sauer-Wassers (mit J o h a n n P h i l i p p B u r g g r a v u n d C h r i s t o p h e L e C e r f , 1749, 3 1 7 7 4 , N a c h d r . 1911) und Stiftungsbriefe zum Besten der Artzneykunst und Armenpflege ( 1 7 7 0 , N a c h d r . 1963). S. starb b e i m Sturz von e i n e m B a u gerüst w ä h r e n d der A r b e i t e n a m Bürgerspital. CD Frankf B i o g r
Senckenberg, R e n a t u s ( L e o p o l d Christian Karl) v o n , Jurist, Historiker, * 2 3 . 5 . 1 7 5 1 W i e n , t 1 9 . 1 0 . 1 8 0 0 Gießen. D e r S o h n von Heinrich Christian von - > S . studierte in G ö t t i n g e n und S t r a ß b u r g R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n mit S c h w e r p u n k t Reichsstaatsrecht, durchlief ein P r a k t i k u m a m R e i c h s k a m m e r g e r i c h t und leitete a n s c h l i e ß e n d die S t i f t u n g seines O h e i m s J o h a n n Christian —>S. in F r a n k f u r t / M a i n . Seit 1755 A s s e s s o r bei der hessischen R e g i e r u n g in G i e ß e n , stieg er 1780 z u m R e g i e r u n g s r a t auf und quittierte 1784 den Dienst, u m sich als Privatgelehrter r e c h t s w i s s e n s c h a f t l i c h e n und literarischen Studien zu w i d m e n . W ä h r e n d einer Dienstreise in Wien unter d e m Verdacht der U r k u n d e n b e s e i t i g u n g verhaftet, w u r d e S. n a c h längerer H a f t aus den österr. Staaten v e r b a n n t . S e i n e g r o ß e B i b l i o t h e k v e r m a c h t e S. d e r U n i v e r sitätsbibliothek G i e ß e n . c n ADB
H e r m a n n Josef, Schriftsteller, * 8 . 4 . 1894 E r l e n b a c h - H ö f e / S p e s s a r t , t 1 2 . 6 . 1 9 7 2 Schliersee. D e r B a u e r n s o h n w u r d e L e h r e r u n d v e r k e h r t e im Kreis u m den f r ä n k i s c h e n D r a m a t i k e r Julius M a r i a —»Becker. I m Ersten Weltkrieg s c h w e r v e r w u n d e t , studierte S. 1919-22 Philologie, P ä d a g o g i k und K u n s t g e s c h i c h t e in J e n a , W ü r z b u r g und M ü n c h e n . Dort w a r er seit 1923 Lehrer, schrieb f ü r vers c h i e d e n e Z e i t u n g e n und Zeitschriften u n d stand d e m Kreis u m G e o r g —> Britting nahe. In L a n d s c h a f t s s c h i l d e r u n g e n , G e d i c h t e n u n d Versepen stellte S. den bäuerlichen J a h r e s ablauf in seiner H e i m a t als g o t t g e f ä l l i g e und n a t u r n a h e O r d n u n g s f o r m dar ( E r d g e s c h w i s t e r , 1953; Saat und Erde. Tag und Nacht. Ein Bauernjahr, 1959; Kind zwischen Wäldern, 1976). OD Killy G u s t a v , Militär, * 2 3 . 7 . 1 8 4 7 Reisicht (Niederschlesien), t 2 3 . 1 1 . 1909 Berlin. S.-B. trat 1862 in d i e preuß. M a r i n e ein, w u r d e 1867 Offizier und b e s u c h t e 1872-74 d i e M a r i n e a k a d e m i e . N a c h dreijähriger S e e r e i s e mit S t a t i o n e n in C h i n a , J a p a n und A u s t r a lien n a h m er a m R u s s i s c h - T ü r k i s c h e n Krieg teil u n d reiste 1881-83 u m d i e Erde. Seit 1883 S t a b s c h e f d e r N o r d s e e s t a tion, w u r d e er 1886 als A b t e i l u n g s c h e f zur A d m i r a l i t ä t versetzt und 1889 mit d e r B i l d u n g eines M a r i n e k a b i n e t t s b e i m K a i s e r b e a u f t r a g t . B i s 1906 C h e f des Kabinetts, w u r d e S.-B 1903 A d m i r a l . CD B i o g r J a h r b , B d 14 S e n d e r , C l e m e n s , B e n e d i k t i n e r , C h r o n i s t , * 2 3 . 1 1 . 1475 L a u i n g e n , f 2 6 . 2 . 1537. S. trat im A u g u s t 1496 in das B e n e d i k t i n e r s t i f t St. Ulrich und A f r a in A u g s b u r g ein und w u r d e 1501 z u m Priester g e w e i h t . N a c h e i n e m m e h r j ä h r i g e n A u f e n t h a l t im Kloster Irsee bei K a u f b e u r e n (von 1517 bis v e r m u t l i c h 1524) k e h r t e er nach A u g s b u r g zurück, w o er seit 1527 Prior war. S. v e r f a ß t e kleinere kirchenrechtliche, t h e o l o g i s c h e und a s t r o l o g i s c h e A b h a n d l u n g e n , v o r allem aber e i n e z w ö l f b ä n d i g e W e l t c h r o n i k Chronographia ( 1 5 2 3 - 3 4 ) und e i n e G e s c h i c h t e A u g s b u r g s Chronicon Augustanum (1528, d e u t s c h e F a s s u n g : Die Chronik von Clemens S. von den ältesten Zeiten der Stadt bis zum Jahre 1536, hrsg. von Friedrich R o t h , 2 1 9 6 6 ) . CD B B K L S e n d e r , Tony, a u c h Toni S., eigentl. S i d o n i e Z i p p o r a S., Politikerin, Journalistin, * 29. 1 1 . 1 8 8 8 B i e b r i c h / R h e i n , t 2 6 . 6 . 1964 N e w York. S., deren Vater K a u f m a n n und Vorsteher der j ü d i s c h e n G e m e i n d e war, b e s u c h t e d i e H a n d e l s s c h u l e in F r a n k f u r t / M a i n und g i n g 1910 n a c h Paris, w o sie sich der Sozialistischen Partei a n s c h l o ß . 1917 w a r S. G r ü n d u n g s m i t g l i e d der U S P D , w ä h r e n d d e r N o v e m b e r r e v o l u t i o n 1919 Generalsekretärin des Vorstandes des Arbeiter- und S o l d a t e n r a t s in F r a n k f u r t / M a i n . I m selben J a h r zur S t a d t v e r o r d n e t e n g e w ä h l t , übern a h m sie die R e d a k t i o n der U S P D - Z e i t u n g „Volksrecht". Seit 1920 g e h ö r t e sie d e m R e i c h s t a g an, z u n ä c h s t f ü r die U S P D , d a n n f ü r d i e S P D . 1933 emigrierte sie ü b e r F r a n k reich und Belgien in d i e U S A . S. w u r d e 1941 Vorstandsmitglied des s o z i a l d e m o k r a t i s c h e n „ G e r m a n A m e r i c a n C o u n c i l f o r t h e Liberation of G e r m a n y f r o m N a z i s m " , erhielt 1943 die a m e r i k a n i s c h e S t a a t s b ü r g e r s c h a f t und w a r seit 1944 in zahlreichen K o m m i s s i o n e n d e r U N O tätig. S i e schrieb u . a . Die Frauen und das Rätesystem (1919) und Autobiography of α German Rebel ( 1 9 3 9 ; dt. Autobiographie einer deutschen Rebellin, 1981). CP D e m o k r W e g e
Sendler,
H a n s - J ö r g , I n d u s t r i e m a n a g e r , * 1 6 . 9 . 1910 M a l m e d y (Belgien), t 1 7 . 1 1 . 1 9 8 5 D ü s s e l d o r f . D e r S o h n eines Justizrats studierte Volks- und Betriebswirtschaft, Schloß ein Volontariat als B a n k k a u f m a n n an und w u r d e i m Alter von z w a n z i g Jahren Leiter der S ü d a m e r i k a A b t e i l u n g eines S o l i n g e r Verarbeitungsbetriebs. Seit 1931 Direktionsassistent bei der Solinger G e s e n k s c h m i e d e , trat S. 1933 in d e n K o n z e r n seines O n k e l s O t t o —> Wolff ein.
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Sendler 1935 w u r d e er Vorstandsmitglied der T o c h t e r E i s e n h u t t e n g e s e l l s c h a f t R a t i n g e n , 1939 der Eisen- und H ü t t e n w e r k e A G und ü b e r n a h m nach K r i e g s e n d e d i e aus d e m O t t o - W o l f f K o n z e r n ausgegliederten S t a h l w e r k e B o c h u m A G . Seit 1956 auch M i t g l i e d des Vorstandes der K l ö c k n e r - W e r k e A G , w u r d e er 1963 dessen S p r e c h e r und w a r 1970-74 Vorsitzender. c n Munzinger
a. o., 1857 o . P r o f . der B o t a n i k und K o n s e r v a t o r des Herb a r i u m s . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Die Vegetationsverhältnisse Südbayerns nach Grundsätzen der Pflanzengeographie [...] (1854). 1860 erschien Die Vegetations-Verhältnisse des Bayerischen Waldes (nach d e m M a n u s k r i p t von S. vollendet von W i l h e l m von - > G ü m b e l und L u d w i g von - > R a d l k o f e r ) . c n ADB
Sendler,
Senefelder,
Horst, Jurist, * 1 7 . 6 . 1 9 2 5 K a m e n z ( S a c h s e n ) , t 13. 1 . 2 0 0 6 Berlin. S., S o h n e i n e s K a n t o r s u n d Volksschullehrers, studierte z u n ä c h s t G e s c h i c h t e und G e r m a n i s t i k , seit 1949 R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n an der Freien U n i v . Berlin, w u r d e 1956 p r o m o v i e r t (Die Verwertung rechtswidrig erlangter Beweismittel im Strafprozeß mit Berücksichtigung des angloamerikanischen und des französischen Rechts) u n d trat d a n n in d e n V e r w a l t u n g s d i e n s t d e s Senats von Berlin ein (seit 1962 Senatsrat). 1966 z u m R i c h t e r a m B u n d e s v e r w a l t u n g s gericht e r n a n n t , w u r d e er 1971 P r ä s i d e n t des 7. S e n a t s und w a r seit 1976 Vizepräsident, 1980-91 Präsident des B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t s . 1969 w u r d e er z u m H o n o r a r p r o f e s s o r f ü r Verwaltungs- u n d V e r f a s s u n g s r e c h t an d e r Freien U n i v . Berlin e r n a n n t . 2 0 0 6 erschien von S. Recht Gerechtigkeit - Rechtsstaat. Beiträge zwischen 1964 und 2005 (hrsg. von K o n r a d R e d e k e r ) . CD M u n z i n g e r
Sendrey,
A l f r e d , bis 1940: A l a d ä r S z e n d r e i , auch S z e n drey, Dirigent, * 2 9 . 2 . 1 8 8 4 B u d a p e s t , t 3 . 3 . 1 9 7 6 L o s Angeles. S. studierte 1 9 0 0 - 0 4 an d e r U n i v . s o w i e a m K o n s e r v a t o r i u m in B u d a p e s t . Bei H a n s —>Koeßler n a h m er K o m p o s i t i o n s u n terricht. Er dirigierte 1905-07 in Köln, 1907 in M ü h l h a u s e n , 1909 in B r ü n n , 1911 / 1 2 d i e G r a n d O p e r a C o m p a n y in C h i cago, 1 9 1 2 / 1 3 an der H a m b u r g e r O p e r , 1 9 1 3 / 1 4 d i e C e n tury O p e r a C o m p a n y in N e w York, 1 9 1 4 / 1 5 a m D e u t s c h e n O p e r n h a u s in Berlin, 1 9 1 5 / 1 6 an der Volksoper in W i e n , 1916-18 d i e M i l i t ä r o p e r der Ö s t e r r e i c h i s c h - u n g a r i s c h e n Arm e e , 1918-24 an d e r L e i p z i g e r O p e r und 1924-33 d i e L e i p ziger S y m p h o n i k e r . Z u g l e i c h w a r er Gastdirigent bei anderen e u r o p ä i s c h e n O r c h e s t e r n und 1926 M u s i k d i r e k t o r d e s M i t t e l d e u t s c h e n R u n d f u n k s in Leipzig. 1931 w u r d e er m i t d e r Arbeit Rundfunk und Musikpflege an d e r U n i v . L e i p zig p r o m o v i e r t . 1933 entlassen, emigrierte S. nach Paris. E r beriet d a s F r a n z ö s i s c h e R a d i o m i n i s t e r i u m in m u s i k a l i s c h e n F r a g e n , lehrte Dirigieren und w a r 1934-39 P r o g r a m m d i r e k tor des F r a n z ö s i s c h e n R u n d f u n k s . 1940 e m i g r i e r t e S. in d i e U S A , arbeitete z u n ä c h s t als M u s i k l e h r e r und w a r 1948-52 Prof. a m W e s t l a k e C o l l e g e of M u s i c in L o s A n g e l e s . Er unterrichtete 1950-65 in H o l l y w o o d H e n r y M a n c i n i , G e o r g e Antheil, Jack H a y e s , D o m i n i c Frontiere, A l Pellegrini und Alan L e r n e r . Z u g l e i c h w a r er 1956-65 O r g a n i s t und m u s i k a lischer Leiter des Sinai T e m p l e in W e s t w o o d ( K a l i f o r n i e n ) . 1958 w u r d e er Prof. f ü r M u s i k an der University of J u d a i s m in L o s A n g e l e s . S. k o m p o n i e r t e O r c h e s t e r w e r k e , C h ö r e , Lieder und d i e O p e r Der tiirkisenblaue Garten (1920). Er veröffentlichte u . a . Dirigierkunde ( 1 9 3 2 , 3 1 9 5 6 ) , Bibliography of Jewish music (1951, N a c h d r . 1969) und The music of Jews in the diaspora (1970). OP N G r o v e D
Sendtner,
Otto, B o t a n i k e r , * 2 7 . 6 . 1 8 1 3 M ü n c h e n , t 2 1 . 4 . 1859 E r l a n g e n . S., S o h n e i n e s Ä s t h e t i k p r o f e s s o r s , studierte in M ü n c h e n N a t u r w i s s e n s c h a f t e n , w a r als Privatsekretär und -archivar in Schlesien tätig, w u r d e 1841 in M ü n c h e n mit der Arbeit De Cyphomandra, novo Solanacearum genere tropicae Americae p r o m o v i e r t und g i n g im selben J a h r als K o n s e r v a tor d e s herzoglich l e u c h t e n b e r g i s c h e n N a t u r a l i e n k a b i n e t t s nach Eichstätt. N a c h zahlreichen F o r s c h u n g s r e i s e n habilitierte er sich 1848 in M ü n c h e n ( B e o b a c h t u n g e n Uber die klimatische Verbreitung der Laubmoose durch das österreichische Küstenland und Dalmatien) und w u r d e dort 1853
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( J o h a n n N e p o m u k ) A l o y s , E r f i n d e r der L i t h o g r a p h i e , * 6 . 1 1 . 1 7 7 1 P r a g , t 2 6 . 2 . 1834 M ü n c h e n . S., S o h n eines S c h a u s p i e l e rehepaars, e r w a r b sich K e n n t nisse in M e c h a n i k , C h e m i e und P h y s i k w ä h r e n d seiner S c h u l a u s b i l d u n g in M ü n c h e n , w o sein Vater J o h a n n e s Peter S. 1778 e i n e A n s t e l l u n g als S c h a u s p i e l e r erhalten hatte. M i t k u r f ü r s t l i c h e r Unterstützu n g studierte S. J u r a in Ingolstadt. N a c h d e m Tod d e s Vaters mittellos g e w o r d e n , v e r s u c h t e er sich als d r a m a t i s c h e r D i c h t e r u n d S c h a u s p i e l e r und w u r d e durch d e n D r u c k seiner T h e a t e r s t ü c k e mit d e n t e c h n i s c h e n M i t t e l n der B u c h d r u c k e r e i vertraut. Z u n ä c h s t e n t w i c k e l t e er ein Verfahren, auf einer K u p f e r p l a t t e mit einer selbst entwickelten T i n t e verkehrt zu schreiben und d i e Platte zu ätzen. A l s er im Juli 1796 e i n e K e l h e i m e r Platte (Kalkstein) nach d e m s e l b e n Verfahren b e h a n d e l t e , k o n n t e er von den e r h a b e nen und s c h w a r z e i n g e f ä r b t e n Stellen A b d r u c k e herstellen: ein S t e i n d r u c k v e r f a h r e n , d a s d e r T h e o l o g e S i m o n S c h m i d t in M ü n c h e n bereits e t w a 10 J a h r e f r ü h e r benutzt hatte. N a c h d e m der Versuch, in Ingolstadt S o l d a t zu w e r d e n , f ü r ihn als A u s l ä n d e r gescheitert war, g r ü n d e t e S. mit d e m M ü n c h n e r H o f m u s i k e r F r a n z —»Gleißner e i n e F i r m a z u m D r u c k von Noten. 1 7 9 7 / 9 8 e n t w i c k e l t e S. ein neues, von ihm „ C h e m i s c h e D r u c k e r e y " g e n a n n t e s F l a c h d r u c k v e r f a h r e n (Lithographie). Z u r selben Zeit (1797) konstruierte er eine von H a n d zu b e d i e n e n d e S t a n g e n - o d e r G a l g e n p r e s s e , bei der ein pend e i f ö r m i g a u f g e h ä n g t e s R e i b h o l z ü b e r d a s auf d e m Stein l i e g e n d e Papier f ä h r t und es a n d r ü c k t . F ü r den D r u c k auf R e i s e n e n t w i c k e l t e er bis 1816 e i n e kleine tragbare H a n d p r e s s e in e i n e m Kasten. E n d e 1799 zog S. nach O f f e n b a c h u m , d a der Verleger Joh a n n A n t o n —> A n d r e d e n S t e i n d r u c k f ü r den D r u c k von N o t e n aus —> M o z a r t s N a c h l a ß v e r w e n d e n wollte. D e r bes o n d e r s f ü r N o t e n , S c h r i f t e n , F o r m u l a r e , a b e r a u c h f ü r Graphik g e e i g n e t e S t e i n d r u c k breitete sich - u n t e r Patentstreitigkeiten - schnell nach E n g l a n d , Schottland, F r a n k r e i c h und Österreich aus, w o S. a u c h Versuche f ü r K a t t u n d r u c k untern a h m . Dabei unterstützten ihn s e i n e B r ü d e r und d e r B r u der A n d r e s . In B a y e r n k a m es zu A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n mit staatlichen Stellen, d i e e i g e n e S t e i n d r u c k e r e i e n einrichteten, bis schließlich nach einer K l a g e S. 1809 z u m Kgl. I n s p e k t o r der L i t h o g r a p h i e mit f e s t e m J a h r e s g e h a l t e r n a n n t w u r d e . In den F o l g e j a h r e n b e f a ß t e sich S. m i t V e r b e s s e r u n g e n und weiteren A n w e n d u n g e n seiner E r f i n d u n g , und 1818 erschien, n a c h d e m bereits a n d e r e ü b e r L i t h o g r a p h i e publiziert hatten, in M ü n c h e n u n d W i e n sein Vollständiges Lehrbuch der Steindruckerey (frz., engl. 1819). Von 1819 bis 1824 hielt sich S. in Paris auf. N a c h seiner R ü c k k e h r nach M ü n c h e n v e r f a ß t e er einen A n h a n g Behandlungsart des Überdruckes auf der kleinen lithographischen Handpresse zu s e i n e m L e h r b u c h ; ein zweiter Teil k o n n t e j e d o c h nicht m e h r verwirklicht w e r d e n . 1827 legte S. sein A m t als I n s p e k t o r nieder und starb 1834 an e i n e m G e h i r n s c h l a g . LITERATUR: H y a c i n t h H o l l a n d : S. In: A D B , B d . 34, 1892, S. 8 - 2 3 . - H a n s - J ü r g e n Wolf: S c h w a r z e K u n s t . E i n e illu-
Senger strierte Geschichte der Druckverfahren. F r a n k f u r t / M a i n 2 1981. - Michael H e n k e r / K a r l h e i n z S c h e r r / E l m a r Stolpe: Von S. zu Daumier. Die A n f ä n g e der lithographischen Kunst. M ü n c h e n u . a . 1988. - A n k e Harder: Der Steindruck als Vorläufer des Offsetdruckverfahrens. In: Beiträge zur Geschichte von Technik und technischer Bildung in der Polygrafie. 1. Leupold-Kolloquium. Leipzig 1990, S. 22-29. Mario Derra: Der Solnhofener Naturstein und die Erfindung des Flachdrucks durch A. S. Weißenburg 2002. Helmut
Lindner
Senestrey,
Ignaz von, kath. Theologe, Bischof von Regensburg, * 13.7. 1818 Bärnau (Oberpfalz), t 1 6 . 8 . 1 9 0 6 Regensburg. Der Sohn eines Justizbeamten studierte am Collegium Germanicum in R o m , wurde 1839 zum Dr. phil. promoviert und nach d e m Theologiestudium 1842 zum Priester geweiht. Seit 1847 Pfarrer in Kühbach (Schwaben), wurde S. 1853 D o m kapitular in Eichstätt und 1858 Bischof von Regensburg. Er gründete 1872 ein Klerikalseminar, 1881 und 1885 j e ein Knabenseminar in Regensburg und Straubing. S. war engagierter Verfechter des Unfehlbarkeitsdogmas auf dem Ersten Vatikanischen Konzil. t u Regensburg, Teil 2
Senfft von Pilsach,
Ernst Frh., Politiker, * 2 4 . 5 . 1795 Schloß Reck bei H a m m (Westfalen), t 13.11. 1882 Gramenz (Hinterpommern). S. v. P. trat als Schüler in das preuß. Heer ein, wurde 1814 Leutnant und fand während der Befreiungskriege Kontakt zu religiösen Erweckungskreisen in P o m m e r n . Nach seinem Ausscheiden aus der A r m e e 1821 erwarb er Güter in Pommern und wurde einer der führenden Gutsbesitzer dieses Landesteils. Nach 1845 war S. v. P. als Oberfinanzrat einige Zeit mit Meliorationsaufgaben in P o m m e r n betraut. 1852-66 war er dort Oberpräsident. Der streng konservative S. v. P. gehörte zu den Gründungsmitgliedern der „Kreuzzeitung". Von —»Wilhelm I. geschätzt und mit —»Bismarck befreundet, besaß er zeitweilig bedeutenden politischen Einfluß in Preußen und im Reich.
Senfft von Pilsach,
Friedrich Christian L u d w i g Graf, Diplomat, Jurist, * 4. 1.1774 Oberschmon bei Querfurt, t 1 7 . 2 . 1 8 5 3 Innsbruck. Nach dem Jurastudium trat S. v. P., der einem alten pfälzischen Adelsgeschlecht entstammte, 1796 als Hof- und Justizienrat in den kursächsischen Staatsdienst ein, wurde 1806 zunächst Gesandter in Paris, 1807 in Berlin und 1810 auf Wunsch Napoleons sächsischer Außenminister. Als Gegner Preußens suchte er die Anbindung an Österreich und trat nach der G e f a n g e n n a h m e des sächsischen Königs —» Friedrich August als Geheimer Rat in den österr. Staatsdienst über. Unter —»Metternich war S. v. P. seit 1825 als Gesandter in Turin, seit 1832 in Florenz, seit 1836 in Den Haag und 1840-47 in München tätig. m ADB
Senil,
Ludwig, auch Sennffel, Senffl, Sempfel, Senphlius, Senfli, Sennfl u.a., Komponist, * um 1490 Basel oder Zürich, t zwischen Januar und März 1543 München. S., der vermutlich schweizer. Herkunft war, trat um 1496 als Sänger und Notist der Hofkapelle in Augsburg in den Dienst König —» Maximilians I. und wechselte noch im selben Jahr als Choralist und Musik-Elementarschüler nach Wien, wo er Schreiber und Kompositionsschüler des Hofkomponisten Heinrich —»Isaac wurde. O b S. seinem Lehrer 1497-1500 an den Hof —»Friedrichs des Weisen folgte, ist fraglich. Auf jeden Fall erscheint er 1504 in Zürich und 1 5 0 7 / 0 8 im kaiserlichen Gefolge auf dem Reichstag in Konstanz und ist seit 1515 in Wien nachgewiesen, wo er anstelle Isaacs kompositorische Aufgaben für die Hofkapelle übernahm. Nach Auflösung der Kapelle 1520 u . a . in Augsburg als Musikherausgeber tätig, leitete S. seit 1523 als Kapellmeister die
Hofkapelle in München. Trotz seiner Neigung zu humanistischen Ideen und zur Reformation sowie freundschaftlichem Briefwechsel mit —»Luther blieb S. Katholik. Er gehört zu den bedeutendsten deutschen Komponisten des 16. Jahrhunderts. Neben Liedern und Oden an die Humanisten schrieb er Kirchenmusik, Messen, Psalmen und Motetten. Bedeutend sind sein Motettenkreis über Da Jesus an dem Kreuze stund und seine deutschen Lieder. ED M G G
Senfter,
Johanna, Komponistin, * 27. 11. 1879 O p p e n h e i m / R h e i n , f 11.8. 1961 O p p e n h e i m / R h e i n . S. studierte seit 1895 am Hochschen Konservatorium in F r a n k f u r t / M a i n Klavier, Violine, Orgel und Komposition, erhielt 1907 Privatunterricht bei M a x —»Reger, setzte das Studium am Konservatorium Leipzig fort und lebte danach als Komponistin und freischaffende Künstlerin in Oppenheim. 1910 erhielt S. den Arthur-Nikisch-Preis. 1921 gründete sie den Musikverein Oppenheim, 1923 den Oppenheimer Bachchor. 1948 wurde S. von Elsa Reger in das Kuratorium des neugegründeten Max-Reger-Instituts berufen. Der Stil ihrer 134 numerierten und zahlreichen weiteren Werke ist geprägt von kontrapunktischen Formen, chromatischer Melodieführung und extremer Satzdichte. S. komponierte vor allem Orchester- und K a m m e r m u s i k , u. a. neun Symphonien. CD M G G
Seng,
Willi, Widerstandskämpfer, * 11.2. 1909 Berlin, t 2 7 . 7 . 1944 Köln. S. machte eine Schneiderlehre, engagierte sich 1920 im Arbeitersport und nahm 1929 an der Spartakiade in Moskau teil. Seit 1930 Mitglied der „Roten Hilfe", trat er 1932 der K P D bei und wurde nach der nationalsozialistischen M a c h t ü b e r n h a m e 1933 im Konzentrationslager Oranienburg inhaftiert. Seit seiner Entlassung Verbindungsmann im Widerstand in Berlin und Düsseldorf, floh er 1935 nach A m sterdam und besuchte 1937 die Leninschule in Moskau. Danach war S. als Instrukteur der KPD-Auslandsleitung illegal in Dortmund, Essen und Oberhausen tätig. Nach d e m Einmarsch deutscher Truppen lebte er unter falschem N a m e n in den Niederlanden, bis er E n d e 1940 beauftragt wurde, im Ruhrgebiet eine illegale Organisation aufzubauen. 1943 von der Gestapo verhaftet, wurde er im Mai 1944 verurteilt und in Köln ermordet. m Widerstand
Sengelmann,
Heinrich Matthias, evang. Theologe, * 2 5 . 5 . 1821 Hamburg, t 3 . 2 . 1899 Alsterdorf, Hamburg. S., Sohn eines Viehhändlers, studierte seit 1840 Theologie in Leipzig, wurde mit der Dissertation Das Buch von den sieben weisen Meistern promoviert und arbeitete zunächst als Privat- und Hauslehrer in Hamburg. 1846-52 wirkte er als Pastor in Moorfleet, 1852-67 als Diakon an der Michaeliskirche in Hamburg. S. kam früh mit der Erweckungsbewegung in Berührung, war Freund und Schüler von August —»Tholuck und gründete 1850 eine „christliche Arbeitsschule", um Jungen ohne Ausbildung auf eine Berufstätigkeit vorzubereiten. Nach einer Erweiterung der Schule zum St. Nikolaistift (1853) und Verlegung der Einrichtung auf einen Bauernhof in Alsterdorf (1860) richtete er dort 1863 zusätzlich einen Bereich zur Betreuung geistig und körperlich Schwerbehinderter Menschen ein. Die von ihm 1874 eingeführte „Conferenz der Idioten-Heil-Pflege" war Vorläufer des heutigen „Bundesverbandes Evangelischer Behindertenhilfe". S. veröffentlichte u . a . Idiotophilus. Systematisches Lehrbuch der Idiotenpflege (1885). CD R G G S e n g e r , A d a m , kath. Theologe, Kirchenrechtler, Weihbischof von Bamberg, * 2 0 . 6 . 1860 Döringstadt (heute zu Ebensfeld, Oberfranken), t 1 7 . 3 . 1 9 3 5 Bamberg. Der Sohn eines Polizeikommissars studierte an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Bamberg, wurde 1882 zum Priester geweiht und war an verschiedenen
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Senger Orten in Franken seelsorgerisch tätig. Seit 1891 Domprediger und Vikar in Bamberg, studierte er 1893-95 an der Gregoriana in R o m Kirchenrecht und kehrte als Religionslehrer am G y m n a s i u m 1896 nach Bamberg zurück. Seit 1902 Mitglied des Domkapitels, wurde er 1911 Generalvikar, 1912 Titularbischof von C o m a n a und Weihbischof von Bamberg. S. war ein Förderer der kath. sozialen Bewegung. Er schrieb u. a. Kolping und sein Werk mit Rücksicht auf seine soziale Bedeutung (1885) und Die Ehegesetzgebung der katholischen Kirche (1927). m Gatz 4 S e n g e r , Hugo Franz Ludwig von, Dirigent, Komponist, * 13.9. 1835 Nördlingen, t 18. 1. 1892 Genf. S. studierte Rechtswissenschaften und Musik in München und Leipzig, schloß sich nach der Promotion zum Dr. jur. und musikalischer Ausbildung in Leipzig einer wandernden Operntruppe an und war 1861-65 in St. Gallen als Musiklehrer und Dirigent am Stadttheater tätig. Seit 1865 Theaterkapellmeister in Zürich, seit 1866 in Lausanne, arbeitete er seit 1869 als Symphonie- und Oratoriendirigent sowie als Lehrer am Konservatorium in Genf, w o er 1880 die Societe de l'orchestre gründete. S. war Begründer und Organisator eines vielfältigen Musiklebens in der französischen Schweiz. Vor allem von Berlioz, —> Schumann und —> Wagner beeinflußt, komponierte er Sololieder, Chorwerke, Orchester- und K a m m e r m u s i k e n ; als bedeutsam gilt u. a. Fete des Vignerons (1889). m MGG S e n g e r , Ulrich, Techniker, * 2 4 . 4 . 1900 Nordhausen (Thüringen), t 2 9 . 7 . 1973 Weilheim (Oberbayern). Nach dem Maschinenbaustudium in Hannover und Breslau trat S. 1922 in das Unternehmen B B C M a n n h e i m ein, wurde 1930 Leiter der Turbinenversuchsabtei lung und war 1940-48 Direktor und Chefingenieur für Dampfturbinen, Turboverdichter und Gasturbinen. 1948 wurde er Ordinarius für Thermische Strömungsmaschinen und Dampfkraftanlagen sowie Direktor des Maschinenlaboratoriums an der T H Stuttgart; seit 1955 leitete er zusätzlich das neugegründete Institut für Turboflugtriebwerke und war 1 9 5 8 / 5 9 Rektor der T H (Antrittsrede: Über den Wirkungsgrad). S. war maßgeblich an der Entwicklung und A u s f ü h r u n g zahlreicher Höhenprüfstände für Kolbenmotoren und später f ü r Turboflugtriebwerke beteiligt. 1960-66 wurde aufgrund seiner Vorarbeiten das Institut für Turboflugtriebwerke mit Höhenprüfstand eingerichtet, das S. bis 1968 leitete. CD Univ Stuttgart S e n g e r , Valentin, Pseud. Valentin Rabis, Journalist, Schriftsteller, * 2 8 . 1 2 . 1 9 1 8 F r a n k f u r t / M a i n , t 4 . 9 . 1997 Frankfurt/Main. Nach einer Lehre als technischer Zeichner und d e m Besuch einer Maschinenbauschule war S. als Konstrukteur und als Betriebsleiter tätig. Nach d e m Zweiten Weltkrieg in der D D R ansässig, wurde er nach dem Ausschluß aus der S E D Redakteur beim Hessischen R u n d f u n k / F e r n s e h e n und war verantwortlich für Wirtschafts- und Sozialpolitik. S. schrieb R o m a n e (Die Buchsweilers, 1991), Erinnerungen (u.a. Kaiserhofstraße 12, 1978; Kurzer Frühling, 1984), Essays und Hörspiele. c d DLL
Senger-Bettaque,
Katharina, Sängerin, * 2 . 8 . 1 8 6 2 Berlin, t u m 1927. Als Mitglied des Ballettkorps der Königlichen Oper Berlin wurde S.-B. von Hofkapellmeister Heinrich —>Dorn entdeckt und zur Opernsängerin ausgebildet. Nach ihrem Bühnendebüt 1879 erhielt sie Engagements in Mainz, Leipzig, Rotterdam und Bremen, sang 1888 in Bayreuth und wurde 1893 an das Hamburger Stadttheater verpflichtet. Seit 1895 Mitglied der Kgl. Oper in München, wurde sie dort 1897 Kammersängerin und wechselte 1906 nach Stuttgart. Zuletzt lebte sie in Berlin. Als international renommierte
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Konzert- und Opernsängerin gab sie u . a . mehrere Gastspiele in —»Wagner-Opern an der Metropolitan Opera in N e w York. t u Kutsch
Senger und Etterlin,
Ferdinand (Maria) von, Militär, Militärschriftsteller, * 8 . 6 . 1923 Tübingen, t 10. 1. 1987 Ühlingen-Birkendorf bei Waldshut. Der Sohn von Frido von —> S. u. E. nahm seit 1940 am Zweiten Weltkrieg teil, studierte 1945-48 in Göttingen, Zürich und Oxford Jura, wurde 1952 promoviert und war seit 1953 im Bundesinnenministerium tätig. 1956 trat S. u. E. in die Bundeswehr ein und wurde Mitglied des Generalstabs und Heeresplaner. 1967-69 war er Stabsoffizier im Hauptquartier der britisch geführten Heeresgruppe Nord in Mönchengladbach und wurde 1970, unter Beförderung zum Brigadegeneral, in den Führungsstab des Heeres versetzt. Seit 1972 befehlshabender Generalmajor, wurde er 1974 Divisionsk o m m a n d e u r und übernahm 1978 als Generalleutnant das I. Korps in Münster (Westfalen). 1979-83 war er, seit 1979 General, NATO-Oberbefehlshaber Europa-Mitte in Brunssum (Niederlande). S. u. E. verfaßte militärhistorische und wehrtechnische Werke, u. a. das Taschenbuch der Panzer 1943-1954 (1954). CD Kilian
Senger und Etterlin,
Frido von, Militär, Publizist, * 4 . 9 . 1891 Waldshut, t 4. 1. 1963 Freiburg/Breisgau. S. u. E. studierte 1911-14 in Freiburg und Oxford Rechtsund Wirtschaftswissenschaften, nahm seit 1917 am Ersten Weltkrieg teil und wurde nach Kriegsende in die Reichswehr übernommen. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs führte er eine Kavalleriebrigade. Seit 1943 Kommandierender General und Wehrmachtsbefehlshaber in Südeuropa, kapitulierte er 1945 als Chef der Übergabekommission der Heeresgruppe Südwest. Nach d e m Krieg war S. u. E. als Erzieher, später als Publizist und Berater des Verteidigungsministeriums tätig. Seine Memoiren Krieg in Europa (1960) zeigen S. u. E. als Vertreter eines apolitischen Soldatentums. Er war der Vater von Ferdinand von —>S. u. E. DO B W B , Bd 2 S e n g l e , Friedrich, Germanist, * 14. 11. 1909 Tellicherry (Kerala, Indien), t 14.3. 1994 Seefeld (Kr. Starnberg). S., Sohn eines Pfarrers und Missionars und einer Germanistin und Romanistin, studierte zunächst evang. Theologie und Klassische Philologie, dann Germanistik, Anglistik und Geschichte in Tübingen, Berlin und F r a n k f u r t / M a i n und wurde 1936 in Tübingen zum Dr. phil. promoviert (Goethes Verhältnis zum Drama, gedruckt 1937). 1937 trat er in die N S D A P ein und nahm seit 1939 am Zweiten Weltkrieg teil. 1942 habilitierte sich S. in Tübingen (die revidierte Fassung der Habilitationsschrift wurde 1952 unter dem Titel Das deutsche Geschichtsdrama. Geschichte eines literarischen Mythos gedruckt, 2 1969 unter d e m Titel Das historische Drama in Deutschland), wurde 1949 apl. Prof. und ging 1951 als a. o . P r o f . nach Köln. 1952 wurde er o . P r o f . der neueren deutschen Literaturgeschichte in M a r b u r g / L a h n , 1959 in Heidelberg und lehrte 1965-78 in München. S. war Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften in Heidelberg sowie der Bayerischen und der Österreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften. Er war Mitherausgeber der „Deutschen Vierteljahrsschrift" (1956-61), der „Deutschen Neudrucke, Reihe 18. Jahrhundert" (1964-76) und des „Internationalen Archivs für Sozialgeschichte der deutschen Literatur" (1976-82). S. arbeitete vor allem zur deutschen Literatur des 18. und 19. Jh. sowie zur Theorie der literarischen Gattungen. Er veröffentlichte u . a . Wieland (1949), Arbeiten zur deutschen Literatur. 1750-1850 (1965), Die literarische Formenlehre (1967, 2. Aufl. unter dem Titel Vorschläge zur Reform der literarischen Formenlehre, 1969), die grundlegende
Senn Darstellung Biedermeierzeit. Deutsche Literatur im Spannungsfeld zwischen Restauration und Revolution 1815-1848 (3 Bde., 1971-80) und Das Genie und sein Fürst. Die Geschichte der Lebensgemeinschaft Goethes mit dem Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach (1993). CD IGL S e n g l e r , Jakob, kath. Theologe, Philosoph, * 1 1 . 9 . 1 7 9 9 Heusenstamm bei F r a n k f u r t / M a i n , t 5.11. 1878 Freiburg/ Breisgau. Der aus einfachen Verhältnissen stammende S. erlernte nach dem frühen Tod seines Vaters das Schuhmacherhandwerk, studierte seit 1824 kath. Theologie in Tübingen, seit 1827 in F r a n k f u r t / M a i n und ging nach dem Examen (1828) zum Studium der Philosophie (bei —»Schelling, —»Baader und —»Görres) nach München. 1830 gründete er die „Kirchenzeitung für das katholische Deutschland", die bis 1833 bestand und zu deren bekanntesten Mitarbeitern neben dem Theologen Ignaz —> Döllinger die Philosophen Immanuel Hermann —> Fichte und Christian Hermann —> Weiße gehörten. 1831 wurde S. Prof. an der Theologischen Fakultät, 1832 Prof. der Philosophie in Marburg und erhielt 1842 eine Professur in Freiburg/Breisgau. Wie I. H. Fichte vertrat er einen spekulativen Idealismus. Zusammen mit diesem war er an der Gründung der „Zeitschrift f ü r Philosophie und spekulative Theologie" beteiligt. Neben seinem Hauptwerk Die Idee Gottes (2 Bde., 1845-52) veröffentlichte S. u . a . Über das Wesen und die Bedeutung der spekulativen Philosophie und Theologie in der gegenwärtigen Zeit, mit besonderer Rücksicht auf die Religionsphilosophie (2 Tie., 1834-37) und Erkenntnislehre (Bd. 1, 1858). S e n h o f e r , Karl, österr. Chemiker, Pharmakologe, * 29.9. 1841 Griesbruck bei Klausen (Südtirol), t 17.10. 1904 Innsbruck. S., Sohn eines Berg- und Hüttenverwalters, studierte Pharmazie an der Univ. Innsbruck (Promotion 1869). 1874 wurde er a. o. Prof. der medizinischen Chemie und hatte 1876-1902 den Lehrstuhl für Chemie an der Philosophischen Fakultät der Univ. Innsbruck inne, deren Rektor er 1 8 9 2 / 9 3 war. 1883 wurde er korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien. S. beschäftigte sich vor allem mit den aromatischen Verbindungen im Bereich der organischen Chemie. Er schrieb u . a . Über directe Einführung von Carboxylgruppen in Phenole und aromatische Säuren (mit Karl Brunner, 1879). CP Ö B L
Senitz,
Elisabeth von, Pseud. Celinde, Schriftstellerin, * 2. 11. 1629 Rankau (Schlesien), t 12.2. 1679 Rankau. S. stammte aus einer schlesischen Adelsfamilie, lebte als Hofdame am Oelser Hof und zog sich nach einer unglücklichen Liebesaffäre auf ihr Gut bei Breslau zurück, wo sie den Rest ihres Lebens verbrachte. Sie widmete sich dort ganz ihren erbaulichen Dichtungen und ihrer Korrespondenz mit der gelehrten Welt. Unter dem Namen Celinde wurde sie 1673 in den Pegnesischen Blumenorden aufgenommen. Sigmund von —¥ Birken widmete ihr den zweiten Teil seiner Pegnesis. S. veröffentlichte neben einigen Kasualgedichten einen Band geistlicher Lieder (Andächtige Kreutz-Gedancken, 1676). Ihr Passionslied O, Du Liebe meiner Liebe wurde in viele Gesangbücher aufgenommen. DP Killy
chen Europas (gedruckt 1925 unter dem Titel Germanische Lehnwortstudien) promoviert, habilitierte er sich 1922 an der Univ. Kaunas und war dort bis 1930 als Dozent tätig. 1931 -38 lehrte er als Professor of Germanic and IndoEuropean Philology an der University of Wisconsin in Madison und war 1938-48 Professor of Germanic Philology, 1948-69 Professor of Slavic and Baltic Studies an der University of Pennsylvania in Philadelphia. S., seit 1936 amerikanischer Staatsbürger, arbeitete vor allem über das Litauische. Er veröffentlichte u.a. Kleine litauische Sprachlehre (1929, Nachdr. 1974) und Handbuch der litauischen Sprache (2 Bde., 1957-66) und erarbeitete u . a . mit Max —> Niedermann ein Wörterbuch der litauischen Schriftsprache (5 Bde., 1932-63). DP IGL
Senn,
(Hans) Jakob, Pseud. Ernst bzw. August Vonthal, Häiri Häichä Häiggels Häier, schweizer. Mundartdichter, * 2 4 . 3 . 1824 Fischenthal (Kt. Zürich), t 3 . 3 . 1879 Zürich. Der Sohn eines Webers bildete sich autodidaktisch, arbeitete nach der Volksschule im Beruf des Vaters und wechselte 1856 als Gehilfe in den Buchhandel. Seit 1864 Gastwirt, wanderte er 1868 nach Argentinien aus und kehrte 1878 als Generalkonsul Uruguays in die Schweiz zurück. S. gehörte seit 1847 zum Freundeskreis um Jakob —> Stutz. Seine Gedichte und Kleinformen (u.a. Bilder und Asichte vo ZUri, 1858; Chelläländer Schtückli, 1864, Neudr. 1951) gelten als beispielhaft f ü r die schweizer. Mundartliteratur im 19.Jahrhundert. Sein autobiographischer Roman Hans Grünauer erschien postum 1888 (Neudr. unter dem Titel Ein Mann des Volkes, 1966). S. beging Selbstmord. DP Killy
Senn,
Johann Chrysostomus, österr. Lyriker, Philosoph, * 1 . 4 . 1 7 9 5 Pfunds (Tirol), t 3 0 . 9 . 1 8 5 7 Innsbruck. S., Sohn eines Landrichters und späteren Wiener Ratsherrn, studierte Jura und Philosophie und verkehrte seit 1815 im Kreis um Franz —> Schubert, der einige seiner frühen Gedichte vertonte. 1820 wegen des Verdachts konspirativer Umtriebe in Untersuchungshaft genommen und schließlich nach Tirol abgeschoben, war er als Schreiber tätig und trat 1823 in den Militärdienst ein. 1832 nahm S. aus gesundheitlichen Gründen seinen Abschied und ließ sich als Anwalt und freier Schriftsteller in Innsbruck nieder. Die Veröffentlichung seiner politischen Lyrik (Der Mundfluß, 1838; Napoleon und das Glück, 1841) wurde immer wieder durch die Zensur behindert; populär wurde sein patriotisches Lied Der rote Tiroler Adler. In zahlreichen Gedichten setzte sich S. mit der Philosophie des Deutschen Idealismus auseinander. Er veröffentlichte ferner Glossen zu Goethes Faust (1845). c d ÖBL
Senn,
Karl (Johann Baptist), auch Carl S., Musiker, Komponist, Mediziner, Jurist, * 31. 1.1878 Innsbruck, t 2 6 . 7 . 1964 Innsbruck. Vom Vater, einem Schuldirektor und Chordirigenten, erhielt S. den ersten Musikunterricht; mit 15 Jahren komponierte er seine erste Orchestermesse. 1894-98 studierte er Orgel, Klavier und Musiktheorie, danach Medizin und Jura und wurde 1905 zum Dr. jur. promoviert. 1899-1924 war er Beamter im österr. Staatsdienst. Nebenberuflich betätigte er sich als Organist, Dirigent, Konzertbegleiter und Musikkritiker. Seit 1932 arbeitete S. als freischaffender Komponist. Seine Liedund Kirchenmusikkompositionen fanden weite Verbreitung. Die Instrumentalkompositionen nach 1930 gelten jedoch als die bedeutenderen Werke; sie orientieren sich formal an Richard Strauss und Bela Bartök. EP M G G
Senn,
Alfred, Baltologe, Slawist, * 19.3. 1899 Blotzheim (Elsaß), f 9 . 2 . 1978 Ashford (Connecticut, USA). S., Sohn eines Bauern, wuchs in der Schweiz auf und studierte seit 1918 Germanistik, Griechisch, Sanskrit, Semitische Sprachen und Slawistik in Freiburg (Schweiz). 1921 mit der Arbeit Die germanischen Lehnwörter in den Spra-
Senn,
Kurt Wolfgang, schweizer. Musiker, Musikpädagoge, * 1 1 . 3 . 1 9 0 5 Szczakowa (Galizien), t 25.6. 1965 Bern. S. besuchte das Konservatorium in Basel, studierte Orgel, Klavier und Musiktheorie in Leipzig und unterrichtete
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Senn seit 1928 an d e r M u s i k a k a d e m i e Zürich. 1938 ging er als M ü n s t e r o r g a n i s t nach B e r n u n d d o z i e r t e an der dortigen U n i v . ü b e r p r a k t i s c h e u n d t h e o r e t i s c h e K i r c h e n m u s i k . Später g a b er a u c h O r g e l u n t e r r i c h t a m K o n s e r v a t o r i u m . Seit 1957 lehrte er als H o n o r a r p r o f e s s o r . S. konzertierte in zahlreichen e u r o p ä i s c h e n L ä n d e r n , initiierte 1952 und 1962 internation a l e K i r c h e n m u s i k k o n g r e s s e in B e r n u n d brachte zahlreiche W e r k e z e i t g e n ö s s i s c h e r schweizer. K o m p o n i s t e n zur Uraufführung. m C H 91
Senn,
Paul, schweizer. P h o t o g r a p h , * 1 4 . 8 . 1 9 0 1 Rothrist (Kt. A a r g a u ) , t 2 5 . 4 . 1 9 5 3 B e r n . S. m a c h t e 1917-21 e i n e G r a p h i k e r l e h r e in B e r n , arbeitete 1 9 2 2 - 3 0 als G r a p h i k e r und W e r b e b e r a t e r in F r a n k r e i c h , S p a nien, E n g l a n d , B e l g i e n und D e u t s c h l a n d und w a r 1924-30 auch f ü r d i e „Basler N a c h r i c h t e n " tätig. 1930 e r ö f f n e t e er ein e i g e n e s S t u d i o in B e r n . Als R e p o r t a g e n p h o t o g r a p h lieferte er im S p a n i s c h e n B ü r g e r k r i e g s o w i e w ä h r e n d und nach d e m Z w e i t e n Weltkrieg B i l d e r f ü r d i e „ Z ü r c h e r Illustrierte", „ D u " , „ D i e Tat", „ P a r i s - M a t c h " u n d „ L i f e " . 1951 b e g r ü n d e t e S. mit a n d e r e n das K o l l e g i u m S c h w e i z e r P h o t o g r a p h e n . E r v e r ö f f e n t l i c h t e m e h r e r e B i l d b ä n d e , u . a . Pablo Casals (1941), Bauer und Arbeiter ( 1 9 4 3 ) und Bern (1953). DD C H 91
Beitrag zur A k a d e m i s i e r u n g d e s c h y m i a t r i s c h e n D i s k u r s e s . U n a b h ä n g i g d a v o n blieben s e i n e m e d i z i n i s c h e n A u f f a s s u n gen ü b e r w i e g e n d h u m o r a l p a t h o l o g i s c h orientiert, seine klassisch an G a l e n orientierte P a t h o p h y s i o l o g i c , S e m i o t i k und T h e r a p i e (lnstitutionum medicinae libri V, 1620) waren kanonisierter L e h r s t o f f der m i t t e l e u r o p ä i s c h e n M e d i z i n bis in d i e z w e i t e H ä l f t e des 17. J a h r h u n d e r t s . WEITERE WERKE: D e f e b r i b u s libri IV. W i t t e n b e r g 1619. D e s c o r b u t o tractatus. Wittenberg 1624. - P r a c t i c a e m e d i cinae libri VI. A n v e r s c h i e d e n e n O r t e n erschienen, 1628. O p e r a o m n i a . A n v e r s c h i e d e n e n Orten e r s c h i e n e n , 1641, 1650, 1 6 5 0 / 5 1 , 1656, 1666, 1676. LITERATUR: K u r d L a s s w i t z : G e s c h i c h t e der A t o m i s t i k v o m Mittelalter bis N e w t o n . B d . 1, H a m b u r g / L e i p z i g 1890, S. 4 3 6 - 4 5 4 . - W o l f g a n g U . Eckart: G r u n d l a g e n d e s m e d i z i n i s c h - w i s s e n s c h a f t l i c h e n E r k e n n e n s bei D . S. Diss, m e d . M ü n s t e r 1978. - H a n s K a n g r o : S., D. In: D S B , B d . 12, 1975, S. 3 1 0 - 3 1 3 . - W o l f g a n g U. Eckart: „ A u c t o r i t a s " versus „Veritas" or: Classical authority and its role f o r the perception of truth in the w o r k of D. S. ( 1 5 7 2 - 1 6 3 7 ) . In: C l i o M e d i c a 18 (1983) S. 131 - 1 4 0 . - W o l f g a n g U . Eckart: A n t i p a r a c e l s i s m u s , o k k u l t e Qualitäten und m e d i z i n i s c h - w i s s e n s c h a f t l i c h e s E r k e n n e n im Werk D. S.s ( 1 5 7 2 - 1 6 3 7 ) . In: A u g u s t B u c k (Hrsg.): D i e o k k u l t e n W i s s e n s c h a f t e n in der R e n a i s s a n c e . W i e s b a d e n 1992, S. 140-157.
Sennert,
A n d r e a s , e v a n g . T h e o l o g e , Orientalist, Bibliothekar, g e t a u f t 7 . 5 . 1 6 0 6 Wittenberg, t 2 0 . 1 2 . 1 6 8 9 Wittenberg. D e r S o h n eines M e d i z i n e r s studierte Orientalistik und T h e o l o g i e in Wittenberg, w u r d e dort 1638 a. o . P r o f . und erhielt 1640 einen L e h r s t u h l f ü r orientalische S p r a c h e n . Er erkannte, d a ß d i e hebräischen T e x t e der Bibel erst nachträglich vokalisiert w o r d e n sind, u n d betrieb k o m p a ratistische L i n g u i s t i k (Hypotyposis harmonica linguarum orientalium chaldaica, syrica et arabica cum matre hebrea, 1663). A l s T h e o l o g e f o r m u l i e r t e er in R e a k t i o n auf den D r e i ß i g j ä h r i g e n Krieg d a s kirchliche R e f o r m p r o g r a m m Christianus non Christianus (1648). A l s B i b l i o t h e k a r der W i t t e n b e r g e r Universitätsbibliothek g a b S. e i n e B e s c h r e i b u n g d i e s e r B i b l i o t h e k (Bibliotheca Academiae Wittenbergensis publica, 1678) heraus. DP R G G
Sennert,
Daniel, Arzt, N a t u r f o r s c h e r , * 2 5 . 1 1 . 1572 B r e s l a u , t 2 1 . 7 . 1 6 3 7 Wittenberg. Der S o h n eines S c h u s t e r s studierte seit 1593 d i e A r t e s liberales in Wittenberg und e r w a r b 1598 den G r a d eines M a g i s t e r a r t i u m ; es f o l g t e ein S t u d i u m d e r M e d i z i n an der W i t t e n berger L e u c o r e a mit kurzen S t u d i e n a u f e n t h a l t e n in Leipzig, J e n a u n d F r a n k f u r t / O d e r . N a c h kurzer ärztlicher Tätigkeit in Berlin u n d e i n e m A u f e n t h a l t in Basel ( 1 6 0 1 ) w u r d e er 1601 in Wittenberg z u m D o c t o r m e d i c i n a e p r o m o v i e r t u n d bereits 1602 als N a c h f o l g e r des J o h a n n e s von —> Jessen z u m Prof. der A n a t o m i e und B o t a n i k e r n a n n t . S. lehrte indessen d i e g e s a m t e M e d i z i n . M i t seiner E r n e n n u n g zugleich k u r f ü r s t licher Leibarzt, bekleidete er sechs M a l ( 1 6 0 5 , 1611, 1617, 1623, 1629, 1635) das R e k t o r a t der L e u c o r e a . 1637 starb er an der Pest. S. schätzte Aristoteles, w a r aber in seinen n a t u r p h i l o s o p h i schen S c h r i f t e n ( E p i t o m e naturalis scientiae, 1618; Hypomnemata physica, 1636) kein d o g m a t i s c h e r Aristoteliker; charakteristisch ist hier, w i e a u c h in der M e d i z i n , sein off e n e r E k l e k t i z i s m u s . Typisch h i e r f ü r w a r in der P h y s i k sein Versuch einer W i e d e r b e l e b u n g des A t o m i s m u s z u m Z w e c k e einer - nicht d u r c h g ä n g i g e n - m e c h a n i s t i s c h e n E r k l ä r u n g der Natur, w ä h r e n d in d e r M e d i z i n , b e s o n d e r s in De chymicorum cum Aristotelicis et Galenicis consensu ac dissensu (1619), das B e m ü h e n um eine Vermittlung zwischen Aristotelismus, G a l e n i s m u s und d e r j u n g e n C h y m i a t r i e f ü r diese H a l t u n g steht. S. leistete d u r c h s o l c h e K o n z i l i a n z einen w i c h t i g e n
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Wolfgang
U.
Eckart
Sennholz,
H a n s F., W i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t l e r , * 3 . 2 . 1922 B e r g k a m e n , f 2 3 . 6 . 2 0 0 7 G r o v e City (Pennsylvania, USA). S., S o h n eines B e r g m a n n s , n a h m a m Z w e i t e n Weltkrieg teil und b e g a n n in a m e r i k a n i s c h e r G e f a n g e n s c h a f t das S t u d i u m der W i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t e n , d a s er n a c h der R ü c k k e h r bis 1948 an d e r U n i v . M a r b u r g fortsetzte. 1949 in K ö l n p r o m o viert, g i n g er zu weiteren S t u d i e n bei L u d w i g von —» M i s e s an die N e w York University und e r w a r b 1955 den G r a d eines P h . D . N a c h kurzer Lehrtätigkeit a m I o n a C o l l e g e in N e w R o chelle ( N e w York) war er 1956-92 P r o f e s s o r of E c o n o m i c s a m G r o v e City C o l l e g e ( P e n n s y l v a n i a ) . D a n e b e n g e h ö r t e er seit 1957 d e m E c o n o m i s t s ' National C o m m i t t e e on M o n e tary Policy an ( 1 9 7 0 - 8 5 als D i r e k t o r und Vizepräsident) u n d w a r 1992-97 P r ä s i d e n t der F o u n d a t i o n of E c o n o m i c E d u c a tion in Irvington on H u d s o n ( N e w York). S. v e r ö f f e n t l i c h te u . a . How can Europe survive ( 1 9 5 5 ) , Age of Inflation (1977, 2 1979), Money and Freedom (1985), The Politics of Unemployment ( 1 9 8 7 ) und Debts and Deficits (1987).
Sensburg,
E r n s t P h i l i p p von, S t a a t s m a n n , * 1 . 7 . 1 7 5 2 L o n n e r s t a d t bei B a m b e r g , t 3 . 7 . 1831 Karlsruhe. S. studierte P h i l o s o p h i e , w u r d e 1772 z u m M a g i s t e r p r o m o viert u n d Schloß an der U n i v . W i e n ein S t u d i u m der R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n an. 1783 trat er als H o f - und Kabinettsrat in den D i e n s t d e s F ü r s t b i s c h o f s von S p e y e r . N a c h d e r B e s i t z n a h m e d e s H o c h s t i f t s S p e y e r durch B a d e n 1802 w u r d e S. m i t Sitz im ersten und zweiten Senat im gleichen R a n g in den b a d i s c h e n Staatsdienst ü b e r n o m m e n . N a c h Tätigkeiten in der M e d i a t i s i e r u n g s k o m m i s s i o n , im Justiz- u n d I n n e n m i n i s t e r i u m w u r d e er 1809 Leiter d e s S t e u e r d e p a r t e m e n t s . 1810 z u m Staatsrat e r n a n n t u n d 1815 in d e n F r e i h e r r e n s t a n d e r h o b e n , w u r d e er im selben J a h r b a d i s c h e r F i n a n z m i n i s t e r . 1 8 2 4 - 3 0 leitete er d i e Politik d e s H e r z o g t u m s als b a d i s c h e r Staatsminister. S. v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Pragmatische Untersuchung des Ursprungs und der Ausbildung alter Abgaben und neuer Steuern [...] (1823).
Sensburg,
Franz Ludwig, Redakteur, * 5 . 9 . 1 8 2 5 Weidenberg, t nach 1856. S., S o h n eines Landrichters, studierte seit 1845 die R e c h t e in M ü n c h e n , w o er sich der B u r s c h e n s c h a f t „ R h e n a n i a " an-
Seraphim Schloß. Seit 1848 gab er die Zeitschrift „Vorwärts!" heraus, die zum Anzeigenorgan des bayerischen Arbeiterbildungsvereins und des 1848 gegründeten Münchner demokratischen Vereins wurde. 1848 wurde S. aus politischen Gründen vorübergehend inhaftiert. Der „Vorwärts!" erschien zuletzt im Mai 1849 mit einem Aufruf zum bewaffneten Kampf. Im Juni nahm S. an den Kämpfen der badischen Revolutionsarmee in Rastatt teil, wurde aber bald verhaftet und erst 1850 freigelassen. 1850/51 arbeitete er in der Redaktion des „Bayerischen Eilboten". U m 1854 war er als Privatsekretär in Graz, Wien und München und seit 1856 in der bayerischen Finanzverwaltung tätig. m Koszyk
Sensenschmidt,
Johann, auch Sensenschmit, Johannes S., Drucker, f vor 13.6. 1491 Bamberg. S., dessen N a m e erstmals 1472 nachgewiesen ist, druckte zunächst allein in Nürnberg, später mit wechselnden Partnern, darunter Heinrich —> Keffer, einem Gesellen Johannes —> Gutenbergs, vorwiegend theologische und philosophische Schriften. Wegen der wachsenden Konkurrenz in Nürnberg ging S. 1 4 7 9 / 8 0 nach Bamberg, w o er vor allem kirchliche und liturgische Schriften druckte. S., der auch als Wanderdrucker tätig war, gilt als Erstdrucker von Nürnberg, Freising, Regensburg und Dillingen und zählt wegen der mustergültigen Typographie zu den bedeutendsten deutschen Frühdruckern. CD M G G
Sentpaul,
Frithjof, Sänger, * 2 1 . 8 . 1908 Koblenz, t 2 6 . 5 . 1993 Reutlingen. S. ließ sich in Berlin bei Julius von —> Raatz-Brockmann ausbilden und kam nach ersten Engagements in Liegnitz ( 1 9 3 7 / 3 8 ) und Krefeld (1938-41) an die Württembergische Staatsoper in Stuttgart, der er bis Kriegsende angehörte. Danach als Gast in Bielefeld, war er 1954-74 wieder in Stuttgart tätig. S. feierte u . a . Erfolge in den Grafenrollen in —»Mozarts Hochzeit des Figaro und in —»Lortzings Wildschütz', in fast allen -> Rennert-Inszenierungen besetzte er kleinere Charakterrollen. 1957 sang er bei den Schwetzinger Festspielen in der Uraufführung der Oper Der Revisor von Werner - » E g k und wirkte 1 9 6 0 / 6 1 bei Wieland —> Wagners Bayreuther Meistersinger-Konzeption mit. CD Kutsch
Sepp
von Rainegg (auch Rechegg) und Seppenburg, Anton, Jesuit, Missionar, * 2 2 . 1 1 . 1655 Kaltem (Südtirol), t 13.1. 1733 San Jose (Argentinien). Der Sohn eines Gutsherrn erhielt eine musikalische Ausbildung, studierte am Brixener Priesterseminar Theologie und wurde in Wien zum Priester geweiht. 1674 trat S. in die Gesellschaft Jesu ein. 1683 bewarb er sich f ü r die Südamerikamission, wurde jedoch erst 1689 entsandt und k a m 1691 in Buenos Aires an. Er wurde mit der Neugründung einer Reduktion für 3000 Menschen betraut, die 1703 als San Juan Baptista in Brasilien eingeweiht wurde. Als Arzt, Richter, Farmer, Viehzüchter, Musiker, Maler und Architekt entfaltete S. hier zahlreiche Talente. Er veröffentlichte eine Reisebeschreibung (1696) und Continuatio (1709, dt. 1710). CD B B K L
Sepp,
Johannes N e p o m u k , Historiker, Politiker, * 9 . 8 . 1816 Tölz (Oberbayern), t 5 . 6 . 1909 München. Der Sohn eines Färbereibesitzers studierte Theologie, Philologie und Geschichte, hielt als Privatdozent Vorlesungen über Geschichte und veröffentlichte als Laientheologe mehrere populäre Werke zum Neuen Testament ( u . a . Das Leben Christi, 5 Bde., 1843-46). S. engagierte sich auch in der bayerischen Innenpolitik, stand d e m Kreis um Joseph von —> Görres nahe und trat in der Vorrevolutionszeit für die kulturpolitische Reaktion ein. Nach 1848 zunächst in der Bayerischen Patriotenpartei aktiv, gründete er in der Folge
des Kriegs 1 8 7 0 / 7 1 und der Reichseinigung eine neue „Freie Vereinigung", die jedoch o h n e Bedeutung blieb. Seine Autobiographie erschien postum 1916. n a Biogr Jahrb, Bd 14
Seppeier,
Eduard, Konstrukteur, * 1.10. 1883 Bocholt, t 1945 Internierungslager Jamlitz (UdSSR). Der Sohn eines Gymnasiallehrers studierte Maschinenbau an der T H Hannover und gründete nach Tätigkeit in verschiedenen Unternehmen sowie in der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt 1917 in Berlin die F i r m a Eduard Seppeier, Konstruktionsbüro für Flug- und Fahrindustrie. Aus der zunächst im Keller eines Wohnhauses eingerichteten Versuchswerkstatt wurde mit der Zeit eine m o d e r n e Fabrik; ihr Gründer galt bald als führender Spezialist für Motorenprüfstände in Europa. Einige seiner Erfindungen, wie die von ihm konstruierten Meßgeräte für den Benzinverbrauch, werden - weiterentwickelt - noch heute verwendet. 1936 wandelte S. das Unternehmen in die Familienstiftung Seppeier Stiftung für Flug- und Fahrwesen um. 1945 wurde das Berliner Hauptwerk von der russischen Besatzungsmacht demontiert und S. in ein Spezialistenlager im Osten der Sowjetunion verschleppt, wo er im S o m m e r des Jahres starb. CD Männer Wirtschaft
Seppelt,
Franz Xaver, kath. Theologe, Kirchenhistoriker, * 13. 1. 1883 Breslau, f 2 5 . 7 . 1 9 5 6 München. S., Sohn des Rektors der Domschule in Breslau, studierte seit 1902 in M ü n c h e n und Breslau Geschichte und Theologie, besuchte seit 1905 das dortige Priesterseminar und wurde 1906 zum Priester geweiht. 1907 zum Dr. theol. promoviert, habilitierte er sich 1910 für Kirchengeschichte und wurde 1915 a. o . P r o f . , 1920 o . P r o f . der Kirchengeschichte an der Univ. Breslau. Für die Zentrumspartei engagierte sich S. im Stadtrat und im Schlesischen Provinziallandtag. 1929-33 war er Mitglied des preuß. Staatsrats. 1946-52 lehrte S. an der Univ. München. Sein Lebenswerk ist eine Geschichte des Papsttums (Bd. 1, 2, 4 und 5, 1931-41; im R a h m e n der erweiterten 2. Aufl. unter dem Titel Geschichte der Päpste erschien 1956 erstmals der 3. Band). CD B B K L
Sequenz,
Heinrich, österr. Elektrotechniker, * 1 3 . 1 . 1 8 9 5 Wien, t 11.5. 1987 Wien. S., Sohn eines Beamten, studierte seit 1913 an der Univ. und der T H Wien Elektrotechnik, Maschinenbau, Mathematik und Physik. Er nahm am Ersten Weltkrieg teil und war 1915-20 in russischer Gefangenschaft. 1927 wurde er an der T H Wien zum Dr. techn. (Der Widerstand von Gleichstromankerwicklungen und seine Messung) promoviert und lehrte seit 1929 als Prof. an der Höheren Gewerbeschule in Wien. 1931 trat er in die N S D A P ein. 1932 habilitierte er sich an d e r T H Wien. 1935 in Karlsruhe zum Dr.-Ing. promoviert (Versuch einer allgemeinen Theorie der GleichstromAnkerwicklungen), wurde S. 1937 Prof. für Elektromaschinenbau an der T H Stuttgart. 1938 wurde er an der Univ. Wien zum Dr. phil. promoviert und lehrte 1939-45 als o . P r o f . für Elektromaschinenbau an der dortigen T H , deren Rektor er 1943-45 war. 1945 außer Dienst gesetzt und bis 1947 in Internierungshaft, war er 1949-54 Konsulent der Elin AG für elektrische Industrie. 1952 wurde S. die Lehrbefugnis wieder erteilt. Seit 1953 Honorarprofessor, wurde er 1954 o . P r o f . für Elektrische Anlagen an der T H Wien. Seit 1939 war er Schriftleiter der Zeitschrift „Elektrotechnik und Maschinenbau". S. veröffentlichte u . a . Elektrische Maschinen (1942, 8 1971, mit Theodor Bödefeld) und Die Wicklungen elektrischer Maschinen (3 Bde., 1950-54, Neuausg. 1973, tschech. 1980). CP Grüttner
Seraphim,
Hans-Jürgen, Wirtschaftswissenschaftler, * 3 . 2 . 1 8 9 9 Riga, t 11.9. 1962 Beelen bei Warendorf. S. wuchs im Baltikum und in Sibirien auf, war Kriegsfreiwilliger im deutschen Heer, gehörte der Baltischen Land-
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Serarius wehr an, studierte in Königsberg und Graz Wirtschaftsund Staats Wissenschaften und wurde 1922 promoviert. 1924 habilitierte er sich, wurde 1927 a. o . P r o f . in Rostock und erhielt dort als Direktor des Deutschen Forschungsinstituts für Agrar- und Siedlungswesen 1930 ein persönliches Ordinariat. Seit 1933 o . P r o f . , ging er 1936 an die Univ. Leipzig und lehrte seit 1945 an der Univ. Münster, wo er 1947-62 geschäftsführender Direktor des Instituts für Genossenschaftswesen war. S. beschäftigte sich vorwiegend mit Agrarpolitik und -Wirtschaft sowie mit osteuropäischer Volkswirtschaft. Zu seinen Veröffentlichungen gehört u. a. Das Heuerlingswesen in Nordwestdeutschland (1947). S. starb an den Folgen eines Autounfalls. CD Munzinger S e r a r i u s , Nikolaus, Jesuit, Kirchenhistoriker, * 5. 12. 1555 Rambervillers (Lothringen), t 2 9 . 7 . 1609 Mainz. S. studierte 1569-73 in Köln Philosophie und lehrte in den untersten Gymnasialklassen, später als Prof. der Theologie und Exegese an den Universitäten Würzburg und Mainz. Er galt als bedeutender Hebraist, Orientalist und Exeget. Neben Kommentaren zu Büchern des Alten Testaments veröffentlichte S. eine Geschichte der Stadt M a i n z Moguntiacarum rerum ab initio usque ad [...] hodiernum archiepiscopum [...] (5 Bde., 1604). CD B B K L S e r a u k y , Walter (Karl August), Musikwissenschaftler, * 2 0 . 4 . 1903 H a l l e / S a a l e , t 2 0 . 8 . 1959 Halle/Saale. S„ Sohn eines Versicherungsagenten, studierte seit 1922 in Halle und Leipzig Musikwissenschaft (bei Arnold Schering), Germanistik, Geschichte und Philosophie. 1929 wurde er mit einer Dissertation über Die musikalische Nachahmungsästhetik im Zeitraum von 1700 bis 1850 promoviert und habilitierte sich 1932. 1933 vorübergehend Mitglied der SA, trat er 1937 in die N S D A P ein. Seit 1940 apl. Prof. an der Univ. Halle, vertrat er 1 9 4 3 / 4 4 den Lehrstuhl f ü r Musikwissenschaft in Leipzig, wurde 1948 Lektor f ü r Musikwissenschaftliche Propädeutik und Neuere Musikgeschichte an der Univ. Halle und folgte 1949 einem Ruf nach Leipzig, wo er bis zu seinem Tod als o. Prof. der Musikwissenschaft wirkte. S. führte eine Rekonstruktion und Neuordnung des Leipziger Musikinstrumenten-Museums durch und veröffentlichte u. a. eine Musikgeschichte der Stadt Halle (3 Text-Bde., 1935-42; 2 Musik-Bde., 1940-43) und Georg Friedrich Händel. Sein Leben, sein Werk (Bd. 3-5, 1956-58, Bd. 1-2 sind nicht erschienen). CP M G G S e r g e l , Albert, Schriftsteller, * 4 . 1 1 . 1876 Peine, t 2 6 . 6 . 1946 Berlin. S., Sohn eines Briefträgers, studierte Germanistik und Klassische Philologie in Freiburg/Breisgau, München, Göttingen, Greifswald und Rostock und wurde 1907 in Rostock zum Dr. phil. promoviert. Zunächst im Bibliotheks- und Archivdienst tätig, lebte er seit 1908 als freier Schriftsteller in Karlshorst bei Berlin. S. schrieb Feuilletons, Bühnendichtungen, Kinderbücher, vor allem jedoch Lyrik (Eiserne Saat. Kriegsgedichte, 1914, 4 1915; Glockentraum, 1926; HitlerFriihling. Lieder um den Führer, 1933), und veröffentlichte mehrere Bände mit Kindergedichten und -liedern, u . a . Ringelreihen (1907) und Klein-Seelchen, Kindergedichte und Blumengesichte (1934). Einige seiner Gedichte wurden von Engelbert —> Humperdinck vertont. DP D L L S e r i n g , Max, Agrarökonom, Politiker, * 1 8 . 1 . 1 8 5 7 B a r b y / E l b e , f 12. 11. 1939 Berlin. S., Sohn eines Lehrers, studierte seit 1876 in Straßburg und Leipzig Jura, trat 1879 in den elsässischen Justiz- und Verwaltungsdienst ein und unternahm 1883 im Auftrag der preuß. Regierung eine agrarökonomische Studienreise durch
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Nordamerika. Seit 1885 a. o. Prof. an der Univ. Bonn, wechselte er 1889 an die Landwirtschaftliche Hochschule in Berlin, wo er 1897-1925 den Lehrstuhl f ü r Staatswissenschaften innehatte. S. war im Verein f ü r Socialpolitik sowie in der Gesellschaft für innere Kolonisation tätig. Das Reichssiedlungsgesetz von 1919 hat er wesentlich beeinflußt. 1922 gründete er das Deutsche Forschungsinstitut f ü r Agrar- und Siedlungswesen in Berlin, das als „Sering-Institut" internationale Maßstäbe setzte. 1933 von Hermann —>Göring in den preuß. Staatsrat berufen, nahm S. entschieden gegen das Reichserbhofgesetz Stellung und wurde daraufhin aller seiner Ämter enthoben. Er veröffentlichte u. a. Die Politik der Grundbesitzverteilung in den großen Reichen (1912), Agrarkrisen und Agrarzölle (1925) und Deutsche Landwirtschaft (1932). DP M B L S e r k i n , Rudolf, Musiker, Musikpädagoge, * 2 8 . 3 . 1 9 0 3 Eger (Böhmen), f 8 . 5 . 1991 Guildford (Vermont, USA). Der Sohn eines Sängers erhielt seine erste musikalische Ausbildung beim Vater, studierte seit 1912 in Wien Klavier und Komposition und debütierte 1915 mit den Wiener Symphonikern. Nach weiteren Studien begann er 1920 in Berlin seine eigentliche Konzertlaufbahn mit Adolf —> Busch, dem er 1922 nach Darmstadt folgte, und unternahm Konzertreisen durch ganz Europa. 1927 verließ S. Deutschland, ließ sich zunächst in Basel nieder und ging 1939 in die USA. Seit demselben Jahr unterrichtete er an der Klavierabteilung des Curtis Institute of Music in Philadelphia, das er 1968-75 als Direktor leitete. 1951 gründete er mit Busch die Marlboro School of Music and Festival (bei Brattleboro, Vermont). S. gilt als einer der bedeutendsten Pianisten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. CD M G G Serner, Friedrich Wilhelm steller, *
Walter, urspr. W. Eduard Seligmann, Pseud. Bahnweiler, Erich Buchholz, Jens Petersen, von Sassenhofen, Wladimir Senakowski, Schrift1 5 . 1 . 1 8 8 9 Karlsbad, t August 1942. S., dessen Eltern in den achtziger Jahren des 19. Jh. „Seligmanns israelitische Restauration am Marktplatz" in Karlsbad betrieben, ging 1909 nach Wien, trat zum kath. Glauben über und änderte den Familiennamen in Serner. Im selben Jahr begann er dort das Studium der Rechtswissenschaften, das er 1912 in Greifswald fortsetzte, und wurde 1913 promoviert (Die Haftung des Schenkers wegen Mängel im Rechte und wegen Mängel der verschenkten Sache). Bereits seit 1909 schrieb er - Karl - » Kraus war sein Vorbild - Kritiken und Essays, vor allem zu Theater und Bildender Kunst, für die von seinem Vater herausgegebene „Karlsbader Zeitung", seit 1912 in Berlin auch für Franz —»Pfemferts „Aktion". Als überzeugter Pazifist ging S., der die ästhetische Revolte einer politischen Radikalisierung vorzog, E n d e 1914 ins Exil nach Zürich. Er arbeitete an der von H u g o Kersten und Emil —>Szittya herausgegebenen Zeitschrift „Der Mistral" (Nachdr. 1977) mit, redigierte deren dritte und letzte N u m m e r und gab selbst „Sirius. Monatsschrift für Literatur und Kunst" (8 Hefte, 1 9 1 5 / 1 6 ) heraus. 1917 Schloß sich S. dem Kreis der Zürcher Dadaisten an. Gemeinsam mit Tristan Tzara und Otto - » F l a k e gab er 1919 das einzige Heft der Zeitschrift „Der Zeltweg" (Nachdr. 1977) heraus und schrieb mit Hans —>Arp und Tzara die simultaneistische Dichtung Die Hyperbel vom Krokodücoiffeur und dem Spazierstock (1919). 1920 nahm S. in Paris an dem „Festival dada" teil, zog sich dann jedoch von der
Sertürner Dada-Bewegung zurück. In den folgenden Jahren reiste er durch Europa, zum Teil zusammen mit Christian —»Schad, und hielt sich vor allem in Italien, der Schweiz, in Barcelona, Paris, Wien und seit 1929 in Prag auf. 1938 heiratete S., der sich seinen Lebensunterhalt in Prag vermutlich als Privatlehrer verdiente, seine langjährige Freundin Dorothee Herz. Am 10.8. 1942 wurde das Ehepaar nach Theresienstadt und wenige Tage später weiter nach dem Osten deportiert, wo sie vermutlich in den fahrbaren Gaskammern in der Gegend von Minsk ermordet wurden. 1920 erschien in der Reihe „Die Silbergäule" im Paul —»Steegemann Verlag in Hannover S.s erste eigenständige Veröffentlichung, die 1918 entstandene, gegen „rabiate Langeweile; oder: panische Resignation; oder: transzendentales Ressentiment etc." gerichtete Schrift Letzte Lockerung, manifest dada. Das Manifest, das keine Normen der Kunstproduktion und -rezeption implizierende Produktionsästhetik sein will, stellt alle Werte als bloße Fiktionen dar, kritisiert das Pathos, mit dem sich Moral umgibt, und spricht vom Bankrott aller Ideologien („Weltanschauungen sind Vokabelmischungen"). Anders als Nietzsche - trotz seiner Nähe zu ihm - verzichtete S. auf das Versöhnungsphänomen Kunst; sie, die „infantilste Form von Magie", sei nur eine „Verlegenheitsgeste", „Unfug" wie alle Philosophien und Religionen. Der nach dem Zerwürfnis mit Tzara (er verwendete offensichtlich große Teile der Letzten Lockerung für sein auf Französisch verfaßtes Manifest Dada 1918) im Winter 1920 überarbeitete Text - inbesondere alle Anspielungen auf seine dadaistische Herkunft wurden getilgt, das Wort „dada" wurde grundsätzlich durch „rasta" ersetzt - wurde 1927 im Rahmen der siebenbändigen Werkausgabe des Paul Steegemann Verlags erneut und um einen zweiten Teil, das praktische Handbrevier, ergänzt publiziert - mit dem neuen Untertitel Ein Handbrevier für Hochstapler und solche, die es werden wollen. S. schrieb zudem Kriminalgeschichten über die Halb- und Unterwelt, in denen es vor allem um die Darstellung gesellschaftlicher Prozesse geht (Zum blauen Affen. Dreiunddreißig hahnebüchene Geschichten, 1920, veränd. Neuaufl. 1923, Neuausg. 1964; Der elfte Finger, 1923, Neuausg., ausgew. von A. Matthes, 1972; 2., verm. Aufl. 1974; Der Pfiff um die Ecke, 1925; Die tückische Straße, 1926), den Kurzroman Die Tigerin. Eine absonderliche Liebesgeschichte (1925, Neuausg. 1971; verfilmt 1992, Regie: Karin Howard) und das Theaterstück Posada oder Der Große Coup im Hotel Ritz. Ein Gauner-Stück in drei Akten). Nach erstarkendem Interesse in den sechziger Jahren, gefördert u.a. von Hans —»Richter, Max —»Ernst, Helmut —» Heißenbüttel und Jörg Drews, ist die Entdeckung der Bedeutung von S.s Werk in den späten siebziger und frühen achtziger Jahren des 20. Jh. vor allem Thomas Milch und dem Verleger Klaus Renner zu verdanken. WERKE: Das gesamte Werk. Hrsg. v. Thomas Milch. 8 Bde. mit 3 Supplementbänden. München 1979-92. - Gesammelte Werke in zehn Bänden. Hrsg. v. T. Milch. 10 Bde., München 1988. LITERATUR: Christian Schad: Relative Realitäten. Erinnerungen um W. S. In: W. S.: Die Tigerin. München 1971, S. 211-312. Neuausg. Mit einer Nachbemerkung von Bettina Schad. Augsburg 1999. - Alfons Backes-Haase: „Über topographische Anatomie, psychischen Luftwechsel und Verwandtes". W. S. - Autor der „Letzten Lockerung". Bielefeld 1989. - Herbert Wiesner (Hrsg.): Dr. W. S. 1889-1942. Ausstellungsbuch. Berlin 1989. - Andreas Puff-Trojan: Wien/ Berlin/Dada. Reisen mit Dr. S. Wien 1993. - Jonas Peters: „Dem Kosmos einen Tritt!" Die Entwicklung des Werks von W. S. und die Konzeption seiner dadaistischen Kulturkritik.
Frankfurt/Main u. a. 1995. - Andreas Puff-Trojan/Wendelin Schmidt-Dengler (Hrsg.): Der Pfiff aufs Ganze. Studien zu W. S. Wien 1998. Bruno Jahn Serr, Johann Jakob, Maler, Galerist, * 21. 11. 1807 Rhodt, t 1.5.1880 Heidelberg. Der Sohn eines Winzers studierte seit 1825 ohne Abschluß Malerei an der Münchner Akademie der bildenden Künste. Er malte Porträts in Öl und Pastell. 1848 beteiligte er sich an der revolutionären Bewegung in der Pfalz und flüchtete nach deren Niederschlagung nach Frankreich. Später ging er nach Karlsruhe, dann nach Heidelberg, wo er die Galerie pfälzischer Künstler gründete. CD Th-B Sertürner, Friedrich Wilhelm (Adam), Apotheker, Naturforscher, * 19.6. 1783 Neuhaus (heute zu Paderborn), t 20.2. 1841 Hameln. Der Sohn eines fürstbischöflichen Ingenieurs begann 1799 seine Lehrzeit in der Hofapotheke in Paderborn. Nach bestandenem Examen (1803) trat er 1805 eine Gehilfenstelle in der Ratsapotheke in Einbeck an. 1809 erhielt er von der französisch-westfälischen Regierung die Erlaubnis zur Eröffnung einer zweiten Apotheke in Einbeck, die jedoch unter den veränderten politischen Verhältnissen 1817 wieder geschlossen werden mußte. 1820 erwarb S. die Ratsapotheke in Hameln, die er bis zu seinem Tod leitete. S., der über keine akademische Ausbildung verfügte, wandte sich schon als Lehrling naturwissenschaftlichen Untersuchungen zu. 1804 gelang ihm die Isolierung eines Stoffs aus dem Opium, den er später Morphium nannte. S. erkannte den basischen Charakter dieses ersten Alkaloids - im Unterschied zu französischen Forschern - und führte Tier- sowie Selbstversuche durch. Mit seiner Entdeckung, die er zwar bereits 1805 in Johann Bartholomäus —»Trommsdorffs „Journal der Pharmacie" veröffentlichte, die aber erst nach 1817 vor allem durch Joseph Louis Gay-Lussac größere Beachtung fand, wurde er zum Begründer der Alkaloidchemie und damit der modernen Arzneimittelforschung und -therapie. In späteren Jahren verlor sich S. zum Teil in naturphilosophischen Spekulationen. Daneben beschäftigte er sich mit der Cholera, als deren Ursache er ein „belebtes, also sich selbst fortpflanzendes . . . Wesen" ansah, und mit Ballistik. Auf Initiative —»Goethes wurde S. 1817 von der Univ. Jena zum Dr. phil. promoviert. WERKE: Ueber das Morphium, eine neue salzfähige Grundlage, und die Mekonsäure, als Hauptbestandtheile des Opiums. In: Annalen der Physik N. F. 25 (1817) S. 56-89. - System der chemischen Physik. 2 Bde., Göttingen 1820-22. Annalen für das Universalsystem der Elemente. 3 Bde., Göttingen 1826-29. LITERATUR: Franz Krömeke: F. W. S„ der Entdecker des Morphiums. Lebensbild und Neudruck der OriginalMorphiumarbeiten. Jena 1925. - Günther Kerstein: Ueber den Zeitpunkt der Entdeckung des Morphium durch S. In: Deutsche Apotheker-Zeitung 94 (1954) S. 968-969. - Johannes Valentin: Der erkenntnistheoretische Wandel S.s im Jahre 1804. In: Deutsche Apotheker-Zeitung 97 (1957) S. 573-574. - Christoph Friedrich: Zum 150. Todestag des Entdeckers des Morphins, F. W. S. In: Pharmazeutische Zeitung 136 (1991) S. 1935-1941. - Klaus Meyer: F. W. S. Apotheker und Pharmazeut in Einbeck. Oldenburg 1996. Anett Piehler: Leben und Werk des F. W. A. S. Diss. med. Leipzig 1999. - Christoph Friedrich: Von der pflanzlichen Droge zum Arzneistoff. Eine historische Betrachtung aus
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Servaes Anlass der Entdeckung des Morphins vor 200 Jahren. In: Zeitschrift f ü r Phytotheraphie 26 (2005) S. 106-112. - Manfred Rudolf Kesselmeier: F. W. S. (1783-1841). Apotheker und Forscher. Diss. rer. nat. Marburg 2007. Christoph Friedrich
Servaes,
August, eigentl. Carl Anton Friedrich Hubert S., Unternehmer, * 31. 12. 1832 Düsseldorf, t 12.7. 1923 Gernsbach (Baden). Der aus einer Pfarrerfamilie stammende S. studierte Jura in Heidelberg, Bonn und Greifswald und trat 1859 als Landgerichtsassessor in die Leitung der Phoenix A G für Bergbau und Hüttenbetrieb in Laar bei Ruhrort (heute zu Duisburg) ein. 1866 nahm er am Deutschen Krieg teil. 1873 wurde er zum Vorstandsvorsitzenden des Phoenix bestellt; unter seiner Führung wurde das Unternehmen, das die zum Betrieb elektrischer Straßenbahnen erforderliche Rillenschiene entwickelte, zum drittgrößten Stahlunternehmen an der Ruhr. Die Nordwestliche Gruppe des Vereins Deutscher Eisenund Stahlindustrieller berief S. zu ihrem Vorsitzenden, der er über seine Pensionierung (1902) hinaus bis 1914 blieb. 1879 wurde er als Parteiloser in den Reichstag gewählt. S. war Mitbegründer der Handelskammer Ruhrort.
Servaes,
Dagny, eigentl. D a g m a r S., Schauspielerin, * 10.3. 1894 Berlin, t 10.7. 1961 Wien. Die Tochter von Franz —>S. und einer Sängerin wurde an der Akademie f ü r Musik und Darstellende Kunst in Wien ausgebildet, war 1912 am Hoftheater in Meiningen engagiert und trat seit 1913 an Berliner Bühnen auf. 1916 in Stein unter Steinen erstmals für den Film tätig, wandte sie sich nach ersten Erfolgen ( u . a . in Das Weib des Pharao, 1922; Regie: Ernst —> Lubitsch) erneut d e m Theater zu und spielte unter M a x —»Reinhardt. Seit 1936 in Wien ansässig, trat sie 1938-48 vor allem am Theater in der Josefstadt, 1950 am Volkstheater auf und gehörte seit 1952 dem Ensemble des Burgtheaters an. CO Kosch: Theater
Servaes,
Franz (Theodor Hubert), Pseud. M a x Haese, Albrecht Schütze, Journalist, Kunstkritiker, Schriftsteller, * 1 7 . 6 . 1 8 6 2 Köln, t 14.7. 1947 Wien. S., Sohn eines Arztes, studierte seit 1881 Kunstgeschichte und Germanistik in Tübingen, Leipzig, Straßburg und Bonn und wurde 1887 zum Dr. phil. promoviert. Anschließend war er als Kunst- und Theaterkritiker in Berlin tätig ( u . a . f ü r die „Vossische Zeitung") und wurde 1899 Feuilletonredakteur der „Neuen Freien Presse" in Wien. 1914-32 lebte er erneut in Berlin und kehrte dann nach Wien zurück. S. verfaßte literatur- und kunsthistorische Studien, darunter Theodor Fontane. Ein literarisches Porträt (1900), Max Klinger (1902, "1908) und Rembrandt im Rahmen seiner Zeit (1926), ferner Erzählungen, Essays und Theaterstücke sowie Michael De Ruyters Witwerjahre. Der Roman eines Lebensdilettanten (1909) und Jahr der Wandlung. Goethes Schicksalswende 1775. Nacherlebt von Franz Servaes (1935). Er war der Vater von Dagny —> S. DP D L L S e r v a t i u s , Robert, Jurist, * 3 1 . 1 0 . 1894 Köln, t 7 . 8 . 1 9 8 3 Köln. S. studierte 1918-22 in Marburg, München, Berlin und Bonn Rechtswissenschaften, wurde 1925 promoviert (Die „heilende Reue " nach dem Rechte der Reichsabgabenordnung) und ließ sich in Köln als Rechtsanwalt nieder. Politisch unbelastet, übernahm S. bei den Nürnberger Prozessen gegen die Haupttäter des nationalsozialistischen Regimes die Verteidigung. Es folgten Mandate in anderen Kriegsfolgenprozessen und 1961 die weltweit aufsehenerregende Verteidigung Adolf —> Eichmanns in Jerusalem. CD Munzinger
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Servauter,
Peter, K a u f m a n n , * Antwerpen (?), f 1574 Basel (?). S. war K a u f m a n n in Antwerpen, mußte die Stadt j e d o c h wegen seines calvinistischen Glaubensbekenntnisses 1568 auf der Flucht vor der Gegenreformation verlassen und ließ sich in Basel nieder. Dort wurde er 1569 Mitglied der Safranzunft, handelte erst en Detail und später auch en Gros. S., der in Basel die erste Werkstatt (Seidenbandherstellung) einrichtete, gilt als Begründer dieses Handwerks. Die Posamentenindustrie entwickelte sich nach Einführung des mechanischen Webstuhls 1670 zum wichtigsten Wirtschaftszweig der Stadt. CD C H 91
Servi,
Helly, österr. Schauspielerin, * 2 9 . 9 . 1 9 2 3 Wien, t 13.10. 1990 Wien. Die Tochter eines Gymnasiallehrers trat als Kind neben Hansi Niese (—> Jarno) auf, studierte später am M a x Reinhardt-Seminar und wurde 1 9 3 8 / 3 9 an das Theater in der Josefstadt engagiert. Nach zahlreichen Nebenrollen entwickelte sie sich mehr und mehr zur Volksschauspielerin und Charakterdarstellerin, die sowohl komödiantische als auch tragische Rollen eindrucksvoll präsentierte. Ihren letzten Auftritt hatte sie in dem Lustspiel Dr. med. Hiob Prätorius von Curt —»Goetz. c d Czeike S e s s l e r ( - Z e i z ) , Thomas, eigentl. Gabriel Peter Hanno Zeiz, Pseud. Gabriel Thomas, Peter Thomas, österr. Schriftsteller, Journalist, Verleger, * 14. 12. 1915 Berlin, t 7 . 1 2 . 1995 Dietersburg. Der Sohn von August Hermann —>Zeiz wuchs in Berlin auf und wurde 1933 wegen sozialistischer Betätigung der Schule verwiesen. Danach journalistisch tätig, ging er 1935 nach Wien, arbeitete u . a . im Georg Marton Verlag und am ScalaTheater und emigrierte 1938 nach Zürich, wo er den Neuen Bühnenverlag betrieb; nach der Inhaftierung wegen Aktivität für das Office of Strategie Services gelangte er nach Frankreich. 1945 kehrte S. nach Wien zurück, trat erneut in den Georg Marton Verlag ein und gründete 1957 in München den T h o m a s Sessler Verlag; 1966 erwarb er den Georg Marton Verlag und die Wiener Verlagsanstalt und gründete 1967 in Wien eine Niederlassung des T h o m a s Sessler Verlags (seit 1989 Hauptsitz). S. verfaßte Gedichte (u.a. Bienenlegend und andere Parabelchen, 1946; Die Unendlichkeit wird bleiben, 1969; . . . Findest du das Tal der Perlen ..., 1986) und Schauspiele. c d Lex österr Exillit
Sethe,
Christoph, Jurist, * 2 5 . 4 . 1767 Kleve, t 3 0 . 4 . 1 8 5 5 Berlin. S. studierte Rechtswissenschaften in Duisburg, Göttingen und Halle, war Referendar am Berliner Kammergericht und seit 1794 Geheimer Rat in Kleve. Nach der französischen Besetzung ließ er sich 1803 in Münster nieder, wurde 1814 Chefpräsident des dortigen Oberlandesgerichts und reorganisierte nach Kriegsende 1815 die Justiz der Rheinprovinz. 1819 wurde er als Chefpräsident des Rheinischen Revisionsund Kassationshofes nach Berlin und dort kurze Zeit später auch in den Staatsrat berufen. S. gilt als einer der bedeutendsten preuß. Juristen der Restaurationsepoche. c d ADB S e t h e , Kurt, Ägyptologe, * 3 0 . 9 . 1869 Berlin, t 6 . 7 . 1934 Berlin. Der Sohn eines Amtsgerichtsrats studierte seit 1887 Jura, dann Klassische Philologie und semitische Sprachen in Tübingen und Berlin und wurde 1892 promoviert. 1895 habilitierte er sich in Berlin, wurde 1900 a. o. Prof. in Göttingen, erhielt dort 1907 einen Lehrstuhl und wechselte 1923 als Ordinarius an die Univ. Berlin. S. gab Die altägyptischen Pyramidentexte (4 Bde., 1908-22, 2 1960) und Dramatische Texte zu altaegyptischen Mysterienspielen (2 Bde., 1928) heraus und verfaßte Arbeiten zu Religion, Geschichte und Sprache
Seuffert Altägyptens, u.a. Das ägyptische Neuägyptischen und Koptischen Die Ägyptologie (1921).
Verbum im Altägyptischen, (3 Bde., 1899-1902) und CD Dawson
S e t h e , Paul, Schriftsteller, Journalist, * 12.12.1901 Bochum, t 21.6. 1967 Hamburg. S. studierte seit 1920 in Bonn Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte, arbeitete in den zwanziger Jahren als Zeitungsredakteur im Rheinland und wurde 1932 mit der Arbeit Die ausgebliebene Seeschlacht. Eine Betrachtung der englischen Flottenführung 1911-1915 (gedruckt 1933) zum Dr. phil. promoviert. Danach Redakteur der „Frankfurter Zeitung" bis zu ihrem Verbot 1943, gehörte S. 1949 zu den fünf Lizenznehmern und Herausgebern der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung"; 1955 schied er wegen schwerwiegender politischer Differenzen aus dem Herausgeberkollegium aus. 1955-60 leitete er das Ressort Politik, 1 9 6 2 / 6 3 dasjenige für Dokumentation und Zeitgeschichte der Zeitung „Die Welt" in Hamburg; danach war er Ressortleiter Das politische Buch der Wochenzeitung „Die Zeit". S. trat für eine Verständigung mit den kommunistischen Staaten des Ostblocks ein. Er war Herausgeber der „Jüngsten deutschen Geschichte" und schrieb u.a. Schicksalsstunden der Weltgeschichte (1952; 9., neubearb., Aufl. 1966), Zwischen Bonn und Moskau (1956, 3 1957) und Geschichte der Deutschen (1962, 4 1977). c d DLL S e t o n , Francis, eigentl. Frank Sitten, Wirtschaftswissenschaftler, * 29.1. 1920 Wien, t 7. 1.2002 Oxford. Als Achtzehnjähriger nach England emigriert, studierte S. Philosophie, Politik und Volkswirtschaft an der Univ. Oxford. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg setzte er sein Studium fort und wurde 1954 mit der Arbeit The Social Accounts of the Soviet Union promoviert. Seit 1950 Research Fellow am Nuffield College der Univ. Oxford, wurde er nach der Promotion Official Fellow und 1971 Senior Fellow. Neben Arbeiten zur Sowjetwirtschaft befaßte er sich mit abstrakter Wirtschaftstheorie und der mathematischen Behandlung werttheoretischer Probleme. S. veröffentlichte u. a. The Tempo of Soviet Industrial Expansion (1957), Shadow Wages in the Chilean Economy (1972) und The Evaluation of Economic Structure and Performance across Time, Space and'Economic Systems (1985). CD Hagemann
Settegast, (Joseph) Anton (Nikolaus), Maler, * 8.2. 1813 Koblenz, t 19.3. 1890 Mainz. S. studierte 1827-31 an der Düsseldorfer Kunstakademie u. a. bei seinem späteren Schwiegervater Philipp —>Veit Malerei, arbeitete in Frankfurt/Main und Mainz und verbrachte die Jahre 1838-43 mit kurzer Unterbrechung in Rom. Nach seiner Rückkehr ließ er sich wieder in Frankfurt nieder und lebte später in Aachen, Münster, Koblenz und Mainz. Verspätet Schloß S. sich den Nazarenern an. Er schuf Altarund Kirchenbilder sowie Porträts, u.a. das 1838 in München entstandene Bildnis von Joseph —»Görres. CD Th-B
Settegast, Hermann Gustav, Agronom, * 3 0 . 4 . 1 8 1 9 Königsberg (Preußen), t 12.8.1908 Berlin. Der Sohn eines Gerichtskalkulators absolvierte eine neunjährige landwirtschaftliche Ausbildung in Ostpreußen, ging 1844 zum Studium der Naturwissenschaften nach Berlin und studierte seit 1845 Agrarökonomie in Hohenheim. 1847 ging er als Administrator der kgl. Domäne und Ausbilder nach Proskau (Schlesien) und übernahm 1858 die Leitung der neugegründeten landwirtschaftlichen Akademie in Waldau. 1862 als Landesökonomierat und Direktor der Akademie nach Proskau zurückgekehrt, lehrte er seit 1868 als Ordinarius für Landwirtschaft an der Univ. Breslau. S., 1873 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt, veröffentlichte u.a. Die Thierzucht (1868, 2 Bde., '1888, Italien. 1882, erneut 1885 und 1886), Die Landwirtschaft und
ihr Betrieb (3 Bde., 1875-79, 3 1885) und Der Idealismus und die deutsche Landwirtschaft (1886). Seine Autobiographie Erlebtes und Erstrebtes erschien 1892. CD Böhm
Settgast-Brockmüller, Ann-Charlott, Schriftstellerin, * 25.9. 1921 Neustrelitz (Mecklenburg), t 5 . 9 . 1988 Schwerin. Die Tochter eines Amtskanzlisten ließ sich zur Buchhalterin ausbilden, arbeitete als Sachbearbeiterin der Sozialversicherung seit 1942 in Schwerin und verfaßte nach dem Krieg ihr erstes mundartliches Hörspiel De Selsen gahn, das 1948 uraufgeführt wurde. 1950 war sie als freie Schriftstellerin tätig. S.-B. schrieb Jugendbücher, biographische Romane (u. a. Weisheit, Narrheit, Gold Johannes-KeplerRoman, 1961; Wagnis einer Frau Bertha-von-SuttnerRoman, 1967), Erzählungen und Hörspiele. 1961 wurde sie mit dem Fritz-Reuter-Preis des Bezirks Schwerin ausgezeichnet. CD DLL
Seubert, Karl Friedrich Otto, Chemiker, * 6 . 4 . 1 8 5 1 Karlsruhe, f 31. 1. 1942 Hannover. Der Sohn eines Naturwissenschaftlers studierte seit 1872 in Karlsruhe, Breslau und Tübingen Naturwissenschaften, wurde 1878 promoviert (Ueber das Atomgewicht des Iridiums) und habilitierte sich 1881 für Chemie an der Univ. Tübingen. Seit 1885 a. o.Prof. der Analytischen und Pharmazeutischen Chemie, wechselte er 1895 an die T H Hannover und wurde 1921 emeritiert. 1907 erhielt er den Titel eines Geheimen Regierungsrats. S. erforschte die Atomgewichte der Platinmetalle und das periodische System der Elemente. Er veröffentlichte u. a. Handbuch der allgemeinen Warenkunde für das Selbststudium wie für den öffentlichen Unterricht (mit Moritz Seubert, 2 Bde., 1 8 6 7 / 7 0 , 2 1 8 8 3 ) und Die Atomgewichte der Elemente aus den Originalzahlen neu berechnet (mit Lothar Meyer, 1883). CD Poggendorff 3-4
Seubert, Werner, Chemiker, * 9 . 2 . 1928 München, t 8 . 9 . 1975 Göttingen. Nach dem Studium der Chemie 1948-52 an der Univ. München wurde S., Sohn eines Handwerkers, promoviert (Äthyl enhydrase, 1955). Anschließend am National Institut of Health in Bethesda (Maryland, USA) und bis 1962 am Max-Planck-Institut für Zellchemie in München tätig, ging er als Oberassistent an das Institut für Physiologische Chemie in Frankfurt/Main, wo er sich habilitierte (Untersuchungen über den biologischen Terpenabbau) und 1967 zum Prof. ernannt wurde. Seit 1968 war er Prof. der physiologischen Chemie an der Univ. Göttingen. S„ seit 1970 Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, beschäftigte sich vor allem mit dem Lipid- und Kohlehydratstoffwechsel. CD Jb AWG 1978
Seuffer, Gustav (Heinrich), Pseud. H. G. Raffus, Schriftsteller, * 8. 1.1835 Ulm, t 24.5. 1902 Ulm. Der Metzgerssohn studierte seit 1853 evang. Theologie und Naturwissenschaften in Tübingen und unterrichtete dann im württembergischen Schuldienst an verschiedenen Orten. Seit 1878 in Ulm, wurde er 1884 Oberreallehrer und 1887 Professor. S. arbeitete an den „Fliegenden Blätter" mit und war 1889-95 Herausgeber des Ulmer „Donau-Boten", für den er pseudonym auch Beiträge schrieb. Er verfaßte Bühnenstücke und Gedichte, vorwiegend in schwäbischer Mundart, u.a. Hellauf, Schwobeland (1879, 2 1896). Gemeinsam mit Richard —> Weitbrecht gab er 1886 s'Schwobaland in Lied und Wort. Eine Sammlung schwäbischer Dialektdichtungen von den Anfängen bis zur Gegenwart heraus. CD DLL
Seuffert, Bernhard (Josef Luther), Germanist, * 23.5. 1853 WUrzburg, t 15.5. 1938 Graz. S., Sohn eines Oberpflegamtsdirektors des Juliusspitals und Bruder von Lothar —>S., studierte seit 1871 in Würzburg und
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Seuffert Straßburg Klassische Philologie, Geschichte und Germanistik, wurde 1876 promoviert und habilitierte sich 1877 für Deutsche Philologie (Die Legende von der Pfalzgräfin Genoveva). Nach Erich —»Schmidt Privatdozent in Würzburg, wurde er 1886 a. o . P r o f . in Graz und lehrte dort 1892-1924 als o. Prof. der Deutschen Philologie; 1 9 1 3 / 1 4 war er Rektor der Universität. S. war Herausgeber der „Deutschen Literaturdenkmale des 18. und 19. Jahrhunderts" (1881-1890), der „Vierteljahrsschrift für Literaturgeschichte" (1888-93) und der „Grazer Studien zur deutschen Philologie" (1895 ff.). Er war Mitredakteur der Weimarer —> Goethe-Ausgabe und Leiter der —> Wieland-Ausgabe der Preußischen Akademie der Wissenschaften. S. veröffentlichte u . a . Maler Maller (1877, 2 1881), Der Dichter des Oberen (1900) und Mörikes Maler Nolten und Mozart [...] (1925). 1914 wurde er korrespondierendes Mitglied der Kgl. Preußischen Akademie der Wissenschaften, 1921 wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien. CD IGL
Seuffert,
Ernst (Clemens Hermann) von, Gynäkologe, * 2 . 6 . 1879 München, t 21. 11. 1952 München. S., Sohn eines Rechtswissenschaftlers, N e f f e von Hermann —»S. und Enkel von Johann A d a m von —>S., studierte in München Medizin (Promotion 1905, Welche Krankheitszustände kennt die Bibel und was berichtet sie zu deren Bekämpfung?), ließ sich an der Geburtshilflich-Gynäkologischen Abteilung der Universitätsklinik zum Facharzt ausbilden und habilitierte sich 1917 für Gynäkologie (StrahlenTiefen-Behandlung. Experimentelle und kritische Untersuchungen zu praktischen Fragen ihrer Anwendung in der Gynäkologie). Seit 1920 als Medizinalrat Leiter der Hebammenschule, wurde er 1922 a. o. Prof.; 1937 trat er von seiner Unterrichtstätigkeit zurück. S. veröffentlichte u . a . Welche Krankheitszustände kennt die Bibel und was berichtet sie über deren Bekämpfung? (1905), Lehrbuch der physikalischen, biologischen und klinischen Grundlagen zur Strahlentiefentherapie und ihrer Anwendung in der Gynäkologie (1923), Die Ursachen und Einteilung der Beckenformen. Die Becken-Sammlung (Das enge Becken) der Universitätsfrauenklinik und Hebammenschule München (1926) und Hygiene der Frau und neuzeitliche Behandlung der Frauenleiden (1927, '1935). m Ärzte 2
Seuffert,
Hermann, Jurist, * 2 8 . 8 . 1836 Ansbach, t 23. 11. 1902 Bonn. Der Sohn Johann A d a m von —>S.s studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg und München, wurde 1861 promoviert (Die Reformatio in pejus im neuen, insbesondere bayerischen Strafprozesse) und habilitierte sich im selben Jahr an der Univ. M ü n c h e n . Dort seit 1868 a. o.Prof., lehrte er seit 1872 als o . P r o f . in Gießen, ging 1879 nach Breslau und wurde 1890 auf den Lehrstuhl für Strafrecht in Bonn berufen. Neben Franz von —> Liszt galt er als einer der bedeutendsten Strafrechtler seiner Zeit, der an der Durchsetzung der bedingten Verurteilung und des Besserungsgedankens gegen die Vergeltungsstrafe wesentlichen Anteil hatte (Ein neues Strafgesetz für Deutschland, 1902). m
Seuffert,
Biogr Jahrb, Bd 10
Johann A d a m von, Jurist, Politiker, * 15.3. 1794 Würzburg, t 1 8 . 5 . 1 8 5 7 Würzburg. S., Sohn Johann Michael von —>S.s, studierte mit Unterbrechung durch die Teilnahme an den Befreiungskriegen Jura und Geschichte in Würzburg, wurde 1815 zum Dr. jur. und zum Dr. phil. promoviert und habilitierte sich 1816 in Göttingen. Seit 1817 a. o. Prof. der Geschichte, der Pandekten und des Bayerisches Zivilrechts, erhielt er 1819 den entsprechenden Lehrstuhl an der Univ. Würzburg. S. wurde 1831 von der Univ. in den Bayerischen Landtag delegiert, 1832 wegen ihm angelasteter Unruhen als Richter nach Straubing strafversetzt und war seit 1834 Rat am Appellationsgericht in
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Ansbach und Eichstätt. Später ließ er sich als Privatgeleherter und politischer Publizist in M ü n c h e n nieder. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Die deutschen Verfassungsreformen, patriotische Reden und Betrachtungen (1848) sowie ein Kommentar zur Gerichtsordnung (1836-40). Er war der Vater von Hermann —> S. D3 L e b Franken, Bd 4
Seuffert,
Johann Michael von, Jurist, Politiker, * 5. 1. 1765 Würzburg, t 9 . 5 . 1 8 2 9 Würzburg. Der Sohn eines Offiziers studierte in Würzburg und Göttingen Rechtswissenschaften. Nach seinem Abschluß als Lie. jur. 1786 ging S. als Praktikant an das Reichskammergericht in Wetzlar und übernahm dann eine Stelle als H o f m e i ster im Dienst des Grafen von Schönborn in Pommersfelden. 1789 als Prof. nach Würzburg berufen, wurde S. 1790 Hofrat und Geheimer Referendar des Fürstbischofs Franz Ludwig von —>Erthal, als dessen Vertrauter er galt. Seit 1803 Mitglied der H o f k o m m i s s i o n , übernahm er die Präsidentschaft des Hofgerichts in Würzburg. 1806-08 stand er als Staatsrat im Dienst von Großherzog —> Ferdinand III. von Würzburg, war seit 1810 H o f k o m m i s s a r und wurde nach der Rückkehr der bayerischen Regierung 1814 wieder Präsident des Hofgerichts. Seit 1817 war S. Präsident des Appellationsgerichts für den Kreis Untermain, daneben zweiter Präsident des Landtags und seit 1820 Staatsrat. S. veröffentlichte u. a. eine Geschichte des deutschen Adels in den hohen Erz- und Domcapiteln (1790), die mit ihrer Kritik an der Praxis der Pfründenvergabe nur an den Adel Aufsehen erregte. In Ueber die Aufstellung größerer Staatenmassen in Teutschland [...] (1799) warnte er vor einer Annexion der deutschen Kleinstaaten durch Mittel- und Großmächte. 1815 wurde er in den Ritterstand erhoben. Er war der Vater von Johann A d a m —>S. CD Fränk Leb, Bd 13
Seuffert,
Johann Philipp, Orgelbauer, getauft 5 . 3 . 1 6 9 3 Gössenheim, f 1 8 . 6 . 1 7 8 0 Würzburg. Spätestens im Alter von zwölf Jahren begann S. seine Lehre beim Würzburger Hoforgelmacher Johann H o f f m a n n . Er unternahm Studienreisen zu Orgelbauern in Österreich, Ungarn, Polen und übernahm nach seiner Rückkehr durch Vermittlung seines Lehrers die Werkstatt des Orgelbauers F. C. Hillenbrand, dessen Witwe er 1722 heiratete. 1731 wurde S. zum Hoforgelmacher in Würzburg ernannt. 1760 übergab er das A m t einem seiner Söhne. Unter den wahrscheinlich 2 0 0 von ihm gebauten Orgeln gilt die für die westfälische Abtei Grafschaft mit 36 Registern als bedeutendste. S. arbeitete mehrfach im Auftrag Balthasar —»Neumanns. CD M G G
Seuffert,
Lothar (Georg Thomas) von, Jurist, * 13.6. 1843 Würzburg, t 8 . 5 . 1 9 2 0 München. S., Bruder von Bernhard —> S., studierte in Würzburg Rechtswissenschaften und war seit 1872 im Justizdienst in Augsburg, M ü n c h e n und Berlin tätig. 1876 wurde er Ordinarius in Gießen, 1881 in Greifswald, 1884 in Erlangen, 1888 in Würzburg und übernahm schließlich 1895 den Lehrstuhl für Deutsches und Römisches Zivilrecht sowie für Zivilprozeß an der Univ. München. S. veröffentlichte u . a . eine Geschichte und Dogmatik des deutschen Konkursrechts (1888) und einen Kommentar zur Zivilprozeßordnung für das deutsche Reich (1881). 1900 wurde S. mit dem persönlichen Adel geehrt. CD L e b Franken, Bd 4
Seuffert,
Walter, Jurist, * 4 . 2 . 1907 Rahway (New Jersey, USA), t 28. 12. 1989 München. Der Nachfahre des Orgelbauers Johann Philipp —>S. und Enkel des Zivilrechtlers Lothar von —»S. studierte 1925-29 in Heidelberg, F r a n k f u r t / M a i n und München Rechtswissenschaften und gründete 1933 gemeinsam mit Walther von Miller eine Kanzlei. Nach d e m Zweiten Weltkrieg trat S. in
Seutter die SPD ein, arbeitete zeitweilig für die Bayerische Staatskanzlei und wurde 1947 als Vertreter seiner Partei zum Zweizonenwirtschaftsrat in Frankfurt delegiert. 1949-67 gehörte er als Wirtschafts- und Haushaltsexperte dem Deutschen Bundestag an. 1967 zum Verfassungsrichter gewählt, übernahm S. im selben Jahr den Vorsitz des Zweiten Senats sowie die Vizepräsidentschaft des Gerichts. Seit 1975 lebte er als Anwalt in München. CD Munzinger
Seul, (Johann Jakob) Hermann, Beamter, Landrat, * 14.8. 1827 Koblenz, t 14.3.1902 Düsseldorf. S. besuchte die Rheinische Ritterakademie in Bedburg und studierte 1845-48 Rechtswissenschaften an den Universitäten in München, Bonn und Berlin. 1848 wurde er Auskultator am Landgericht Koblenz, 1850 Gerichtsreferendar. Im selben Jahr wechselte S. in den Verwaltungsdienst und trat als Regierungsreferendar in die Regierung zu Düsseldorf ein. 1851 wurde er interimistisch, 1853 definitiv zum Landrat von Neuss berufen. 1874 trat er in die provinzialständische Verwaltung der Rheinprovinz über und wurde zum Direktor der Rheinischen Provinzial-Feuer-Sozietät gewählt. Dieses Amt übte er bis zu seinem Tod aus. Als freikonservativer Abgeordneter war er 1867 Mitglied des Reichstags des Norddeutschen Bundes. CP Romeyk S e u m e , Johann Gottfried, Schriftsteller, * 29. 1.1763 Poserna (Sachsen), t 1 3 . 6 . 1 8 1 0 Teplitz (Böhmen). Als Bauernsohn konnte S. durch adelige Förderung die Leipziger Nikolaischule besuchen, studierte seit 1780 Theologie in Leipzig, floh jedoch ein Jahr später wegen religiöser Zweifel vor der Verantwortung gegenüber seinem Förderer nach Frankreich. Schon in Thüringen wurde er von Werbern aufgegriffen und zum englischen Militärdienst in Amerika gepreßt. Erst 1787 nach mehreren Fluchtversuchen gegen Kaution freigelassen, studierte er in Leipzig die Rechte, Philosophie, Klassische Philologie und Geschichte. Nach Erhalt der Lehrerlaubnis 1792 war S. Hofmeister in Livland, russischer Militäradjutant und Leutnant in Warschau, bevor er 1794 als Hauslehrer nach Leipzig zurückkehrte. Nach vier Jahren als Lektor bei Göschen in Grimma brach er 1801 zu seiner großen Italienreise auf. Nach der Rückkehr lebte er als Hauslehrer und politischer Literat in Leipzig. Neben den Gedichten von 1804 ( 4 1815) ist die Reisebeschreibung Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 (1803, 2 1805) sein berühmtestes und bis heute fortwirkendes Werk. Neben der Schilderung der sozialen Mißstände in Süditalien enthält es eine große Auseinandersetzung mit Napoleon als Verräter am republikanischen Ethos der Revolution. Die Ende 1809 begonnene Autobiographie S.s erschien 1813 unvollendet und postum als Mein Leben. Seine politischen Essays, Aphorismen und literarischen Arbeiten zeugen von einem für die deutschen Verhältnisse der Zeit ungewöhnlich hohen politischen Bewußtsein, das in seinen Bezügen zur griechischen Antike gründet, zugleich aber auf den revolutionären Citoyen Frankreichs verweist. Die Diskrepanz zwischen beschaulichem Leben als akademischer Kleinbürger und militärischem Kampf auf den Schauplätzen der Weltveränderung macht seine Biographie exemplarisch, in der die deutsche Problematik der Zeit Gestalt annimmt. Zu seinen Werken gehören außerdem Einige Nachrichten über die Vorfälle in Polen im Jahre 1794 (1796), Obolen (2 Bde., 1796-98), Mein Sommer 1805 (1806, 2 1815, Neudr. 1987) und Miltiades (1808). DP Killy S e u r e n , Günter, Schriftsteller, * 18.6.1932 Wickrath/ Rheinland, t 11.12.2003 München. Der Sohn eines Maschinenschlossers arbeitete nach dem Abitur als Filmkritiker, Comic-Texter und Autor, u.a. für die „Neue Post" (Düsseldorf) und veröffentlichte seit den späten Fünfzigern auch Gedichte und Erzählungen. Der
1964 erschienene Roman Das Gatter (verfilmt unter dem Titel Schonzeit der Füchse, Regie: Peter Schamoni, 1966; „Silberner Bär" für das Drehbuch) machte S. schlagartig zu einem bekannten Vertreter des Neuen Realismus der Nachkriegsgeneration. In den folgenden Jahren verfaßte er zunehmend Hör- und Fernsehspiele sowie Drehbücher, etwa für die Fernsehreihe „Schätze dieser Erde" (1989 auch als Buch). Daneben erschienen weitere Romane S.s, darunter Lebeck (1966), Das Kannibalenfest (1968), Der Abdecker (1970), Die Krötenküsser (2000) und Das Floß der Medusa (2004); autobiographisch geprägt ist Die fünfte Jahreszeit (1979). S. erhielt 1963 den Landes-Förderpreis NordrheinWestfalen, 1967 den Georg-Mackensen-Literaturpreis und 1987 den Filmpreis des Hauptverbands deutscher Filmtheater. c d KLG
Seuse, Heinrich -»Heinrich Seuse S e u s s e , Johannes, auch Seuss, Seiss, latiniert: Janus Seus(s)ius, Schriftsteller, * 8.6. 1566(a. St.) Artern, t Frühjahr 1631 Dresden. Aus der Grafschaft Mansfeld stammend, studierte S. seit 1580 in Jena, seit 1584/85 in Leipzig, trat in österr. Adelsdienste und mußte infolge der „Steirischen ReligionsReformation" Österreich 1600 verlassen. Später war er kurfürstlicher Rat und Konsistorialrat in sächsischen Diensten. S. war u.a. mit Johannes - > K e p l e r und Heinrich —> Schütz befreundet und förderte zahlreiche literarische Talente, darunter Martin —> Opitz. Sein literarisches Schaffen beschränkte sich hauptsächlich auf humanistische und volkssprachliche Gelegenheitsgedichte aus höfischen Anlässen. S.s kaum kommentierte Briefe sind bedeutsame kulturgeschichtliche Zeugnisse zur Wirkungsgeschichte von Literatur im frühen 17. Jahrhundert. • • Killy
Seutter, Bartholomäus, auch Saiter, Seiter, Seuter, Seyder, Kupferstecher, Porzellan- und Fayencemaler, * vor 15. 1.1678 Augsburg, begraben 15.9.1754. S. stammte aus einer weitverzweigten Augsburger Künstlerfamilie und entwickelte als Goldarbeiter, Emailleur, Porzellan- und Fayencemaler, Seidenfärber und Kupferstecher sowie als Händler und Verleger seiner Werke vielfältige Aktivitäten. Als Kupferstecher unternahm er erste Farbstichversuche. Als Hausmaler entwickelte er zarte Dekors aus Blumen, Insekten und Vögeln, mit denen vorwiegend Porzellane aus Meißen bemustert wurden.
Seutter, Johann (III), auch Saiter, Seiter, Seuter, Seyder, Maler, Kupferstecher, * 1686 Augsburg, begraben 29.9. 1719 Augsburg. S. war in Augsburg, um 1710-13 auch in Berlin tätig. Sein Werk besteht überwiegend aus Bildnissen, darunter zahlreiche Porträts protestantischer Geistlicher, sowie Historienmalereien. S. war der Vater von Johann Gottfried —>S.
Seutter, Johann Gottfried, auch Saiter, Seiter, Seuter, Seyder, Kupferstecher, Zeichner, * 8.8. 1717 Augsburg, t 1800 Augsburg. Der Sohn von Johann III. —»S. wurde von seinem Stiefvater Johann Elias —> Ridinger und dem Nürnberger Georg Martin ->Preißler ausgebildet. Er arbeitete um 1743 in Florenz, Rom und Venedig, kehrte etwa 1750 nach Augsburg zurück, lebte anschließend wieder in Venedig, bevor er sich 1758 endgültig in Augsburg niederließ. S. schuf u.a. Kupferstiche nach Vorlagen von Tizian, Raffael und Rembrandt.
Seutter, Matthäus, Geograph, Kartograph, Verleger, * 20.9. 1678, begraben 16.3. 1757. S. war Schüler Johann Baptist - > H o m a n n s in Nürnberg und gründete 1707 in Augsburg eine kartographische Anstalt, in der er etwa 500 Karten, seit 1728 auch Atlanten sowie Glo-
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Severin ben herstellte. Der Verlag, in dem auch Adelsstammbäume, Flaggen- und Waffentafeln erschienen, erwarb sich bald bedeutenden Ruf und wurde Uber mehrere Generationen im Familienkreis weitergeführt. S. führte den Titel eines kaiserlichen Geographen und Kunstverlegers. DP Th-B
Severin, Carl Theodor, Architekt, * 13.9. 1763 Mengeringhausen (Waldeck), t 2 0 . 2 . 1 8 3 6 Doberan. Seine Ausbildung zum Baumeister erhielt S. vermutlich in Berlin. In den achtziger Jahren des 18. Jh. arbeitete er als Baukondukteur und Berechner der Schiffbauerei in Schwerin. 1810 ging er als Landbaumeister für mehrere Bezirke ( u . a . Rostock, Bützow) nach Doberan. Seit 1815 betreute S. als Baubeamter auch die Rostocker Universitätsbauten. 1819 zum Oberlandbaumeister ernannt, trat er 1835 in den Ruhestand. S. schuf Hof- und Schloßbauten, Theaterbauten, öffentliche Gebäude, Geschäfts- und Bürgerhäuser in Norddeutschland. Er gilt als bedeutendster Architekt des Klassizismus in Mecklenburg. Zu seinen bedeutendsten Werken zählt der neue Saal im Salongebäude (1819-21) und das sogenannte Prinzengebäude ( 1 8 2 1 / 2 2 ) in Doberan. OD Th-B
Severin,
Jochen, Journalist, Verleger, Filmproduzent, K a u f m a n n , * 18.6. 1927 Hagen, f April 1995 Berlin. Der Sohn eines Buchhändlers war von Mai bis Juni 1945 Angestellter des Bezirksamts Berlin-Wilmersdorf, dann vorübergehend Geschäftsführer der Rex-Film B l ö h m e r & Co. sowie 1 9 4 5 / 4 6 Reporter der Tageszeitung „Der Berliner" und 1 9 4 6 / 4 7 des „Tagesspiegel". 1947 wechselte er als Redakteur und Ressortleiter zur „Neuen Zeitung". 1 9 5 4 / 5 5 arbeitete S. als freier Journalist, war 1956-58 Pressechef der „Gloria-Film" (München) und betätigte sich danach als Filmproduzent. Zu seinen bekanntesten Produktionen zählen Die Brücke (1959) und Das Wunder des Malachias (1961). Seit 1965 war S. Geschäftsführer der Firmengruppe Finanz- und Handels-AG, in der er seine Firmen- und Immobilienbeteiligungen organisierte. 1980 gründete er mit Wolf Jobst Siedler die Severin und Siedler Verlag G m b H . Nach internen Differenzen verkaufte S. seine Anteile an den Bertelsmann Verlag und leitete seit 1984 den Quadriga Verlag, den er 1986 verkaufte.
Severing,
(Wilhelm) Carl, Gewerkschafter, Politiker, * 1.6. 1875 Herford, t 2 3 . 7 . 1952 Bielefeld. S., Sohn eines Zigarrensortierers, erlernte den Beruf eines Werkzeugschlossers, Schloß sich früh der Sozialdemokratie und der Gewerkschaftsbewegung an und wurde 1902 Geschäftsführer des Metallarbeiterverbandes in Herford. 1907-12 gehörte er für die S P D dem Reichstag an. 1912 übernahm er die Schriftleitung der Bielefelder „Volkswacht" und arbeitete an den „Sozialistischen Monatsheften" mit. 1919 wurde er in die Nationalversammlung und in die preuß. Landesversammlung gewählt, war 1920-23 erneut Mitglied des Reichstags und 1921-33 Mitglied des Landtags in Preußen. S. gehörte von Beginn an zum revisionistischen Flügel der SPD. Als Reichs- und Staatskommissar für das Ruhrgebiet und Westfalen 1 9 1 9 / 2 0 leitete S. die Niederwerfung der „Roten A r m e e " während des Kapp-Putsches. 1920-26 (mit einer kurzen Unterbrechung 1921) und 1930-32 war er preuß. Innenminister, 1928-30 Reichsinnenminister und 1930-32 erneut preuß. Innenminister. Durch die Einsetzung - ^ P a p e n s zum Reichskommissar f ü r Preußen 1932 entmachtet, zog er sich nach kurzer Inhaftierung ins Privatleben zurück, ohne an Widerstandsaktionen teilzunehmen. 1945-52 baute er mit anderen die rheinischwestfälische S P D wieder auf und war seit 1947 Mitglied des Landtags in Nordrhein-Westfalen. S. schrieb u . a . Mein Lebensweg (2 Bde., 1950). CD Westf Autoren, Bd 3
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S e x a u , Richard Wilhelm, Privatgelehrter, Schriftsteller, * 11.1. 1882 Karlsruhe, t 2 3 . 8 . 1962 M ü n c h e n . Der Sohn eines G r o ß k a u f m a n n s studierte Philosophie, Staatswissenschaften, Literatur-, Kunst- und Musikgeschichte in Berlin, Heidelberg, Bern und München und wurde 1905 promoviert ( D e r Tod im deutschen Drama des 16. und 17. Jahrhunderts, Neudr. 1976). Seit 1920 lebte er als freier Schriftsteller auf seinem Landsitz Ascholding bei München. Seine Erzählungen, Schauspiele und Essays exemplifizieren ein gelebtes Christentum in Liebe zu Kunst und Natur (Venus und Maria, 1932; Bernd Carps Höllenfahrt und Erlösung, 1933). Sein größter Erfolg war der Bismarck-Roman Kaiser und Kanzler (1936). Die Novellen Gemeistertes Leben erschienen 1957. • • Killy
Sexl,
R o m a n (Ulrich), österr. Physiker, * 19. 10. 1939 Wien, t 1 0 . 7 . 1 9 8 6 Wien. S. studierte Physik und Mathematik, erhielt vor dem Abschluß des Studiums eine Anstellung am Institut für Theoretische Physik der Univ. Wien, wurde 1961 promoviert (Zum Kronig-Penney-Modell eines Kristalles) und Schloß einen Studienaufenthalt am Princeton Institute for Advanced Studies an. 1971 wurde er Ordinarius für allgemeine Relativitätstheorie, Kosmologie und Didaktik der Physik an der Univ. Wien und leitete 1971-75 das Institut für Weltraumforschung der Österreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften. S. arbeitete vor allem auf den Gebieten der Relativitätstheorie, Kosmologie, Quantenphysik und Physikdidaktik. Er schrieb u . a . Relativitätstheorie (1973, Nachdr. 1986), Gravitation und Kosmologie. Eine Einführung in die Allgemeine Relativitätstheorie (mit Helmut K. Urbantke, 1975 , 5 2002), Weiße Zwerge - Schwarze Löcher (mit Hannelore Sexl, 1975, 2 1977, Nachdr. 1987, engl. 1979, italien. 1981), Relativität, Gruppen und Teilchen (mit Η. K. Urbantke, 1976, •"1992, engl. 2001), Raum, Zeit, Relativität (mit Herbert K. Schmidt, 1978, "2000, italien. 1978) und Die Deutungen der Quantentheorie (mit Kurt Baumann, 1984, 3 1987, Nachdr. 1992 und 1999). 1980 wurde S. für seine vielfältigen didaktischen Arbeiten als erster mit d e m Robert-Wichard-PohlPreis ausgezeichnet. CD Czeike
Seybold, August, Botaniker, * 7. 12. 1901 H e i d e n h e i m / Brenz, t 11. 12. 1965 Heidelberg. S. studierte Naturwissenschaften und Biologie, wurde 1924 in München promoviert (Über die Drehung bei der Entfaltungsbewegung der Blätter) und habilitierte sich 1929 an der Univ. Köln (Die physikalische Komponente der pflanzlichen Transpiration). 1934 wurde er Ordinarius für Botanik an der Univ. Heidelberg, wo er später auch Leiter des Botanischen Gartens der Stadt war. Seit 1937 war S. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er beschäftigte sich vor allem mit Pflanzenfarbstoffen, insbesondere den Chlorophyllen, sowie mit der Verbreitung des Vitamin C. S. veröffentlichte u . a . Untersuchungen über die Formgestaltung der Blätter der Angiospermen (1927, Nachdr. 1999), Über den Gehalt von Vitamin C in Pflanzen (mit Hermann Mehner, 1948) und Untersuchungen Uber den Farbwechsel von Blumenblättern, Früchten und Samenschalen (1954). Ab der 50. Auflage (1940) war er Bearbeiter von Otto —» Schmeils Lehrbuch der Botanik. Seybold,
Christian, Maler, * 1697 (?) Mainz, t 1 9 . 5 . ( 2 9 . 9 . ) 1768 Wien. S. war als Maler Autodidakt. Sein Bildungs- und Berufsweg liegt im dunklen. Erstmals erwähnt wird er 1749 als kaiserlicher K a m m e r m a l e r in Wien, wo er später auch in die Akademie der Künste a u f g e n o m m e n wurde. S. gilt als bedeutender Porträtmaler in der Nachfolge Balthasar —»Denners. Er malte seine Bildnisse vorwiegend in Pastell und in Öl. CD T h - B
Seydel S e y b o l d , Christian Friedrich, Orientalist, * 6 . 1 . 1859 Waiblingen bei Stuttgart, t 2 7 . 1 . 1 9 2 1 Tübingen. Der Sohn eines Küfers studierte seit 1878 Theologie und orientalische Sprachen in Tübingen, wurde 1883 promoviert und war als Repetent in Heilbronn tätig. 1886-91 lebte er in Petropolis und Lissabon, war Privatsekretär des brasilianischen Kaisers Dom Pedro II. und unterwies ihn im Hebräischen, Griechischen, Arabischen und Sanskrit. 1892 erhielt S. einen Lehrauftrag für Orientalistik an der Univ. Tübingen, wurde 1897 a. o. und 1901 o.Professor. Er veröffentlichte u . a . ein Glossarium Latino-Arabicum (1900) und ein Verzeichnis arabischer Handschriften der Universitätsbibliothek Tübingen (1907). CD Württ Nekrolog, Jg. 1 9 2 0 / 2 1 S e y b o l d , David Christoph, Lehrer, Schriftsteller, * 2 6 . 5 . 1747 Brackenheim (Württemberg), t 10. oder 1 9 . 2 . 1 8 0 4 Tübingen. S., Sohn eines Stadtschreibers, wurde in Blaubeuren, Bebenhausen und Tübingen zum Theologen ausgebildet, erwarb 1767 den Grad eines Magister artium und ging 1769 zur Vertiefung seiner Studien nach Halle. Seit 1771 Prof. in Jena, wurde er 1774 Rektor des G y m n a s i u m s in Speyer, 1776 in G r ü n s t a d t / P f a l z und 1779 in Buchsweiler (Elsaß). 1792 von den revolutionären Wirren vertrieben, wurde er nach entbehrungsreichen Jahren 1796 Prof. der alten Literatur in Tübingen. Neben der Übersetzung und Edition lateinischer und griechischer Literatur (u. a. Lukian) veröffentlichte S. zahlreiche Reden und Schulprogramme (Kleine Schriften vermischten Inhalts, 1792), moraldidaktische Werke wie Predigten des Magister Sebaldus Nothanker (1774-76) und Hartmann, eine Wirtembergische Klostergeschichte (1778) und R o m a n e (Reizenstein. Die Geschichte eines deutschen Offiziers, 1778/79• Barbara Pfisterin, 1782). c d Killy S e y b o l d , Johann Georg, Lehrer, Schriftsteller, * 16.8. 1617 Schwäbisch Hall, t 9 . 4 . 1686 Schwäbisch Hall. Über S.s Leben ist wenig bekannt. Sein Geburtsjahr läßt sich nur mittelbar erschließen. Sein Beruf als Gymnasiallehrer in Schwäbisch Hall ist auf den Titelblättern seiner Veröffentlichungen vermerkt. Das letzte gesicherte Lebenszeugnis stammt aus d e m Jahr 1677. S. veröffentlichte u. a. das Schulbuch Officina scholastica ( 3 1678) und galt zu seiner Zeit als einer der bedeutendsten Didaktiker der lateinischen Sprache. Seine deutsch-lateinischen Wörterbücher, Gesprächsbüchlein und Grammatiken wurden bis in das 18. Jh. aufgelegt. Die Sprichwortsammlungen Selectiora Adagia LatinoGermanica (1665) und Viridarium Selectissimis [...] (1677) sicherten ihm darüber hinaus Bekanntheit. DP Killy
Seydel,
Eugen, österr. Beamter, * 20. 10.1879 Wien, t 5 . 3 . 1958 Wien. S. studierte Rechtswissenschaften an der Univ. Wien, trat 1902 in die Wiener Polizeidirektion ein und wurde bald in deren staatspolizeiliche Abteilung versetzt. Seit 1915 mit der Staatspolizeibehörde dem Innenministerium unterstellt, wurde er 1930 als Abteilungsleiter in das Bundeskanzleramt versetzt. 1932 wurde S. Polizeivizepräsident von Wien, 1933 Sicherheitsdirektor der Stadt. Nach dem Sturm auf das Kanzleramt und der E r m o r d u n g —> D o l l f u ß ' trat S. 1934 in den Ruhestand. S. starb an den Folgen eines Verkehrsunfalls. • • Munzinger
Seydel,
Friedrich Gustav, Hydrotherapeut, Urologe, * 6. 12. 1812 Dresden, t 10.5. 1865 Dresden. S., Sohn eines Hausbesitzers, studierte seit 1833 an der Univ. Leipzig Medizin, wurde 1837 in Dresden promoviert (De genesi auris externae in hominibus) und spezialisierte sich
auf Urologie. Nach Studienreisen durch Österreich, Frankreich, Belgien und die Schweiz ließ er sich 1843 als praktischer Arzt und Spezialist für Erkrankungen der H a r n w e g e in Dresden nieder. 1862 wurde S. zum Hofrat ernannt. Er untersuchte den Einfluß verschiedener Heilquellen auf die Erkrankungen der Harnwege. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Der Blasenkatarrh und seine Behandlung (1834), Die natuerlichen und kuenstlichen Heilwaesser von Vichy, als ein wichtiges Mittel gegen Krankheiten der Urinwerkzeuge (1841, 2 1844), Die Harnbeschwerden, ihre Ursachen und Wirkungen sowie ihre Behandlung (1844, 4 1881), Die Krankheiten der Harnwerkzeuge, der Hoden und der Vorsteherdrüse (1845) und Die Stricturen der Harnröhre und ihre Behandlung (1854). CP Ärzte 1 S e y d e l , Karl (Johannes), Geburtshelfer, * 2 8 . 5 . 1839 Chelchen (Kr. Treuburg), t 15. 11. 1913 Königsberg (Preußen). Der Sohn eines Gutsbesitzers studierte Medizin in Königsberg, Bonn und Berlin, wurde 1861 promoviert (De generatione ossium novorum ex periosteo in operationibus chirurgiorum adhibita) und durchlief in Königsberg Fachausbildungen zum Chirurgen und Gynäkologen. Seit 1868 Privatdozent für Geburtshilfe und Stadtwundarzt, erhielt er 1886 auch die Lehrbefugnis für Gerichtsmedizin und war seit 1891 a. o. Prof. der Geburtshilfe und Hygiene. 1891 wurde S. in das Medizinalkollegium a u f g e n o m m e n und 1894 zum Medizinrat ernannt. Er veröffentlichte u . a . einen Leitfaden für gerichtliche Medizin (1895). CD Kreuter
Seydel,
Karl Ritter von, Militärarzt, * 1 6 . 9 . 1 8 5 3 L a u f e n / Salzach, f 16.9. 1939 München. S., Sohn eines Landrichters, studierte an der Univ. München Medizin, wurde 1878 promoviert (Zwölf Fälle von Genu vulgum) und trat anschließend in den militärärztlichen Dienst ein. 1886 habilitierte er sich f ü r Chirurgie in München (Antiseptik und Trepanation). Er lehrte seit 1890 an der Militärärztlichen A k a d e m i e und seit 1901 als Honorarprofessor an der Univ. München. 1910 nahm S. als Generalstabsarzt seinen Abschied. Er veröffentlichte u. a. Ueber den Einfluss der Fortschritte des Waffen wesens auf die Kriegschirurgie in den letzten 2 Jahrzehnten (1891) und Lehrbuch der Krieg2 schirurgie (1893, 1905, russ. 1905). m Ärzte 2
Seydel,
Karl Theodor, Politiker, * 1 4 . 7 . 1 8 1 2 Minden, t 9 . 1 . 1 8 7 3 Berlin. Der Sohn eines Gutsbesitzers und Unternehmers begann 1829 das Studium der Staatswissenschaften in Königsberg, Schloß es in Minden ab und wurde dort Regierungsreferendar. Nach d e m Assessorexamen 1839 in Minden, Posen und seit 1842 im Berliner Finanzministerium im Büro des Leiters der Seehandlung tätig, wurde er 1845 wegen Artikeln in den „Hallischen Jahrbüchern" und der „Leipziger Allgemeinen Zeitung" nach Oppeln strafversetzt, kehrte jedoch im selben Jahr nach Berlin zurück. 1845 zum Regierungsrat ernannt, wurde er 1847 Geheimer Finanzrat und 1854 Geheimer Oberfinanzrat. Seit 1859 Regierungspräsident in Sigmaringen, wurde er 1862 zum Oberbürgermeister von Berlin gewählt. CO Leb Berlin 7
Seydel,
(Hugo) Martin, Sänger, Rhetor, * 1 0 . 2 . 1 8 7 1 Gohlis bei Leipzig, t 2 5 . 8 . 1934 Wittdün. S. begann 1890 das Medizinstudium, setzte 1891 mit Philosophie und Musik fort und wurde 1894 mit der Dissertation Arthur Schopenhauers Metaphysik der Musik promoviert. Daneben bildete er bei Friedrich Renner seine S t i m m e aus. 1898 wurde er Privatlehrer für Gesang und Deklamation in Leipzig, 1900 Lehrer der Vortragskunst an der Univ. Leipzig, hielt seit 1904 auch liturgische Übungen für Theo-
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Seydel logiestudenten und war seit 1913 Professor. S. schrieb u . a . Über Stimme und Sprache und wie man sie gebrauchen soll (1902) und Grundfragen der Stimmkunde (1909). S e y d e l , M a x von, Pseud. M a x Schlierbach, Jurist, Dichter, * 7 . 9 . 1846 Germersheim, t 2 3 . 4 . 1901 M ü n c h e n . S., Sohn eines bayerischen Generalmajors, wuchs seit 1854 in München auf, studierte dort und in Würzburg Rechtswissenschaften und wurde 1869 an der Univ. Würzburg promoviert (Die gemeinrechtliche Lehre vom macedonianischen Senatsbeschlusse). Seit 1872 Hilfsarbeiter im Bayerischen Staatsministerium des Innern, stieg er im Ministerialdienst bis 1880 zum Regierungsrat auf und lehrte daneben 1873-81 als Prof. für Staatsrecht an der bayerischen Kriegsakademie. Seit 1881 war S. o . P r o f . für bayerisches Verfassungsund Verwaltungsrecht an der Univ. München. Neben juristischen Schriften, darunter das als bedeutendste Gesamtdarstellung f ü r einen Einzelstaat geltende Bayerische Staatsrecht (7 Bde., 1884-94) veröffentlichte S. auch Gedichte (1872 und 1880) und eine Übersetzung von Lukrez (1881). Ferner war er Mitherausgeber der „Annalen des Deutschen Reiches" (seit 1881) und des Handbuchs des öffentlichen Rechts (seit 1892). 1893 wurde er nobilitiert. CP G B B E S e y d e l , Wolfgang, auch Seidel, Sedelius, Benediktiner, Humanist, * 1 4 9 1 / 9 2 Bergham-St. Peter (Gemeinde Mauerkirchen, Oberösterreich), 11.6. 1562 München. S. besuchte die Lateinschule in Ingolstadt, trat 1517 in Tegernsee in den Benediktinerorden ein und empfing 1522 die Priesterweihe. 1532-60 war er herzoglich-bayerischer Prediger an der Augustinerkirche in München und wurde von Papst Julius III. zum Missionar für Deutschland bestimmt. S. predigte u . a . in Augsburg (1555) und Salzburg (1553-55) und nahm am Konzil von Trient teil. Von seinen zahlreichen theologischen Schriften sind nur sechs gedruckt, darunter Curae pastoralis ratio brevis (1555) und Geistlicher Laienspiegel (1559). Über dreißig Handschriften befinden sich in der Bayerischen Staatsbibliothek in München. Mathematisch-astronomische Studien, Kenntnisse der antiken Sprachen sowie der Rhetorik und eigene poetische Versuche weisen S. als bedeutenden Klosterhumanisten aus. DD LThK S e y d e l m a n n , Crescentius Josephus, Maler, Zeichner, getauft 2 6 . 7 . 1 7 5 0 Dresden, t 2 7 . 3 . 1829 Dresden. S., Sohn eines Tenoristen der kurfürstlich sächsischen Hofkapelle und Bruder von Franz —»S., studierte an der Dresdner Kunstakademie Malerei, vertiefte seine Studien mit einer Pension des sächsischen Kurfürsten 1772-79 in R o m und arbeitete nach seiner Rückkehr als erster Zeichner für den dritten Band des Galeriewerkes. Seit 1782 Mitglied der Akademie, verbrachte er später noch einige Jahre in Rom, bis er 1796 als zweiter Prof. an die A k a d e m i e berufen wurde. Zu seinen bekanntesten Werken zählen eine Heilige Nacht nach Correggio (1818) und eine Madonna della Sedia nach Raffael (1821). m Th-B S e y d e l m a n n , Franz, auch Seidelmann, Komponist, Dirigent, getauft 8. 10.1748 Dresden, ΐ 23. 10.1806 Dresden. S., Bruder Crescentius Josephus —»S.s, erhielt seine musikalische Ausbildung beim kursächsischen Kirchen- und Kammerkompositeur Johann Gottlieb —»Naumann, den er 1765 für drei Jahre nach Italien begleitete. Nach seiner Rückkehr komponierte er hauptsächlich Kirchenmusik f ü r die kath. Hofkirche und wurde 1772 als Kirchenkomponist fest angestellt. Seit 1778 kurfürstlicher Kapellmeister, beschloß er 1790 seine Opernkompositionen mit Amore per oro, während er bis zuletzt Kirchenmusik schrieb. Als seine beste italienische Oper gilt die 1789 auch in Wien aufgeführte Turco in Italia. CD M G G
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S e y d e l m a n n , Karl, Schauspieler, * 2 4 . 4 . 1 7 9 3 Glatz (Schlesien), t 1 7 . 3 . 1 8 4 3 Berlin. Nach der Teilnahme an den Befreiungskriegen spielte S. zuerst am Liebhabertheater des Grafen Herberstein in Grafenort und debütierte u m 1815 in Breslau, w o er bis 1819 engagiert war. Stationen in Olmütz und Prag folgte ein längeres Engagement am Hoftheater in Kassel. Über Darmstadt kam S. 1829 nach Stuttgart und 1838 schließlich an das Königliche Schauspielhaus Berlin, w o er bis zu seinem Tod auftrat. In Stuttgart und Berlin hatte S. seine größten Erfolge. CD Leb Schlesien, Bd 1 S e y d e w i t z , Max, Pseud. Peter Michel, Journalist, Publizist, Parteifunktionär, * 19.12. 1892 Forst (Lausitz), t 8 . 2 . 1987 Dresden. Der Sohn eines Gerbers erlernte die Buchdruckerei, engagierte sich früh in der Gewerkschaftsbewegung und in der Sozialdemokratie und war seit 1918 Redakteur verschiedener sozialdemokratischer Zeitschriften. 1924 für die S P D in den Reichstag gewählt, wurde er 1931 als Parteilinker ausgeschlossen. Er war im selben Jahr Mitbegründer und bis 1933 einer der Vorsitzenden der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAPD), emigrierte 1933 und war als Publizist in Prag, Norwegen und Schweden tätig (u. a. Hakenkreuz über Europa, 1939). Nach der Rückkehr 1946 Schloß sich S. der K P D an, war Chefredakteur der Zeitschrift „Einheit", trat in die S E D ein und wirkte 1 9 4 6 / 4 7 als Intendant des Berliner R u n d f u n k s . 1947-49 Mitglied des SED-Parteivorslandes, 1947-52 Ministerpräsident des Landes Sachsen und 1950-87 Abgeordneter der Volkskammer, war er 1955-67 Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, wurde 1960 Prof. und 1968 Ehrenpräsidenten des Rats für M u seumsfragen beim Minister für Kultur. S. veröffentlichte u. a. die Autobiographie Es hat sich gelohnt zu leben (2 Bde., 1976-78, •'1984) sowie mit seiner Frau Ruth - > S . Die Dresdener Kunstschätze (1960), Die Dame mit dem Hermelin (1963) und Das Mädchen mit der Perle ( 1 9 7 2 , 4 1 9 8 5 ) .
• 3 DDR S e y d e w i t z , Otto T h e o d o r von, Politiker, * 1 1 . 9 . 1 8 1 8 Grobadegast (Anhalt), t 1 2 . 1 1 . 1 8 9 8 Gut Biesig (Kr. Görlitz). S. studierte bis 1840 Rechtwissenschaften in Berlin, war am Land- und Stadtgericht in Görlitz tätig und 1 8 4 4 / 4 5 kommissarischer Landrat des Kreises Merseburg. 1858-64 war er Landrat des Kreises Görlitz, danach Landeshauptmann und Landesältester der preuß. Oberlausitz, 1879-94 Oberpräsident der Provinz Schlesien und Regierungspräsident in Breslau; als Wirklicher Geheimer Rat trat er in den Ruhestand. S. war Mitglied der Zentrallandwirtschaftsdirektion, Präsident der Oberlausitzer Gesellschaft der Wissenschaften und Kurator der Univ. Breslau. Er gehörte seit 1845 d e m Oberlausitzer Kommunallandtag an, war Mitglied des schlesischen Provinziallandtags und der konservativen Fraktion im Reichstag des Norddeutschen Bundes. S e y d e w i t z , Ruth, geb. Levy, Journalistin, Schriftstellerin, * 2 6 . 6 . 1905 Oppeln, t 2 8 . 3 . 1989 Dresden. Die Tochter eines K a u f m a n n s wurde Schneiderin, war Gasthörerin an der Univ. Breslau und besuchte die Kunstgewerbeschule Wien. S. gehörte d e m Zionistischen Jugendverband Blau-Weiß an, trat 1923 in die S P D ein und heiratete 1929 M a x —>S., mit dem sie beim „Sächsischen Volksblatt" in Zwickau arbeitete. 1929-33 leitete sie die Marxistische Verlagsgesellschaft Berlin und war seit 1931 Chefredakteurin von „Der K l a s s e n k a m p f ' . 1933 emigrierte sie nach Teplitz und Prag, 1938 nach Rotterdam und Oslo, wurde 1940 in Stockholm interniert und nach Lund verbannt und trat 1942 in die K P D ein. Nach ihrer Rückkehr 1945 wurde sie Redakteurin im Dietz Verlag Berlin und Leiterin des
Seyffardt Volksbildungsamtes Teltow. S. gründete den Verlag Neues Leben. 1946 wurde sie Mitglied der SED. 1947 folgte sie ihrem Mann nach Dresden und hatte die Leitung der Pressestelle der Landesregierung inne. S. gehörte 1948-52 dem Landtag in Sachsen an und war 1958-62 Stadtverordnete in Dresden. 1951 wurde sie Landesvorsitzende des sächsischen Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands. S. veröffentlichte u . a . Wo das Leben ist (1954), Liebe durch die Jahrhunderte. Von Minnesang, Frauenrecht und Menschengliick (1970) sowie mit ihrem Mann zahlreiche zeitund kunstgeschichtliche Werke, u. a. Die Dresdener Kunstschätze (1960), Die Dame mit dem Hermelin (1963) und Das Mädchen mit der Perle (1972, 4 1985). Ihre Erinnerungen Alle Menschen haben Träume erschienen 1976. CO Killy S e y d l i t z , Friedrich Wilhelm von, Militär, * 3 . 2 . 1 7 2 1 Kalkar, t 8. I I . 1773 Ohlau. Der Sohn eines preuß. Rittmeisters trat nach militärischer Erziehung 1740 in die preuß. A r m e e ein, geriet im ersten Schlesischen Krieg 1742 in Gefangenschaft, wurde jedoch nach wenigen Wochen ausgewechselt. Im Zweiten Schlesischen Krieg stieg S. 1752 zum R e g i m e n t s k o m m a n d e u r auf und entwickelte die ihm unterstellten Truppen in kurzer Zeit zu mustergültigen Einheiten. Im Siebenjährigen Krieg erwies er sich auch als Militärtaktiker und -Stratege von außergewöhnlichem Format. Sein Einsatz der Kavallerie war entscheidend für die Siege bei Roßbach (1757) und Zorndorf (1758). Nach d e m Frieden mit der Inspektion aller in Schlesien stehenden Kavallerieregimentern betraut, wurde er 1767 General der Kavallerie. S. machte die Kavallerie zum schlachtentscheidenden Truppenteil. S e y d l i t z - K u r z b a c h , Ernst (Friedrich August) von, Pädagoge, * 2 8 . 4 . 1 7 8 4 Tschöplau (Kr. Freystadt), t 18.5. 1849 Breslau. Im Geist der Herrnhuter Brüdergemeine erzogen, besuchte S.-K., Sohn eines preuß. Majors, 1801-04 das Theologische Seminar in Niesky und das Lehrer- und Predigerseminar in Gnadenfeld und unterrichtete anschließend an der Knabenanstalt in N e u w i e d / R h e i n . Seit 1813 war er erster Lehrer in Ebersdorf (Reuß), 1815 Mitinspektor und 1819-32 Inspektor an den Gnadenfelder Anstalten. 1832-45 war er Rittergutsbesitzer. S.-K. gehörte zu den bedeutendsten praktischen Pädagogen der Brüdergemeine. Er veröffentlichte u . a . einen Leitfaden der Geographie (1824), dessen 4. Aufl. 1846 er noch erlebte. Aus den beiden im ursprünglichen Leitfaden vereinigten Kursen entwickelte sich im L a u f e der Zeit eine Lehrbücher-Reihe. Der N a m e Seydlitz ist inzwischen für einen besonderen Typus geographischer LehrbUcher zum Sachbegriff geworden. • • Leb Schlesien, Bd 1 S e y d l i t z - K u r z b a c h , Walther (Kurt) von, Militär, * 2 2 . 8 . 1888 Hamburg, f 2 8 . 4 . 1976 Bremen. S., Nachfahre des preuß. Reitergenerals Friedrich Wilhelm von —> Seydlitz, trat 1908 in die preuß. A r m e e ein, nahm am Ersten Weltkrieg teil und wurde als Regiments-Adjutant und Batteriechef in die Reichswehr ü b e r n o m m e n . Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs war er Generalmajor und Divisionskommandeur. Bei Stalingrad mit der 6. A r m e e eingeschlossen und in russische Gefangenschaft geraten (seit Februar 1943), begründete und leitete er dort den kollaborierenden „Bund Deutscher Offiziere" und nahm im kommunistisch geführten „Nationalkomitee Freies Deutschland" die Position eines Vizepräsidenten ein. Im August 1944 wurde S. in Deutschland von einem Kriegsgericht in Abwesenheit zum Tod verurteilt. Nach Kriegsende mit der sowjetischen Politik in Konflikt geraten, wurde er 1950 von einem sowjetischen Gericht zum Tod verurteilt, später begnadigt und 1955 aus der Kriegsgefangenschaft in die Bundesrepublik Deutschland entlassen. CD Munzinger
S e y f e r , Hans von, auch Syfer, Bildhauer, * u m 1460, t zwischen 13. und 2 7 . 3 . 1 5 0 9 Heilbronn oder Speyer. S. stammte vermutlich aus Sinsheim, wurde 1502 Bürger von Heilbronn und erhielt dort 1505 den ersten nachgewiesenen Auftrag als Bildhauer für die Errichtung eines Steinkreuzes vor dem Sülmer Tor. Zu seinen bedeutendsten Werken zählen die bereits 1498 vollendeten Figuren im Mittelschrein des Hochaltars der Kilianskirche in Heilbronn, die Kreuzigungsgruppe hinter dem Chor der Leonhardskirche in Stuttgart von 1501 sowie der Ölberg beim D o m in Speyer (1506-09). S. gilt als Meister der oberrheinischen Spätgotik. CD Lex Kunst S e y f e r t , Bernhard, österr. Gynäkologe, * 1817 D r u m (Böhmen), t 7 . 5 . 1 8 7 0 Prag. S. studierte an der Deutschen Univ. Prag Medizin, wurde 1844 promoviert (Diss, sistens cyanosin) und war Sekundararzt am Prager Krankenhaus. 1847-51 spezialisierte er sich an der Prager Gebäranstalt f ü r Gynäkologie und Geburtshilfe. 1851 mit der Lehrstuhlvertretung f ü r diese Fächer beauftragt, wurde S., der sich gegen die antispetische Prophylaxe des Kindbettfiebers von Ignaz Philipp —¥ Semmelweis erklärte, 1854 Ordinarius. Gleichzeitig wurde ihm die Leitung der Geburtshilfe- und der Frauenklinik übertragen. m
BLGbL
S e y f e r t , (Hermann) Richard, Pädagoge, Politiker, * 2 0 . 4 . 1862 Dresden, t 2 3 . 8 . 1940 Dresden. S., Sohn eines Schmieds und späteren Ingenieurs, besuchte 1876-81 das Lehrerseminar Waldenburg in Sachsen, war danach Hilfslehrer in Hohenstein-Ernstthal, leitete seit 1888 Schulen in Zwickau und Oelsnitz und studierte 1895-97 an der Univ. Leipzig, wo er 1902 promoviert wurde ( Ü b e r die Auffassung einfachster Raumformen). Seit 1903 Seminarlehrer in Annaberg, seit 1908 Seminardirektor in Zschopau, wurde er 1919 Schulrat und im selben Jahr Geheimer Schulrat. 1918 in den Sächsischen Staatsrat berufen, war er 1919 Vortragender Rat im Kultusministerium und 1 9 1 9 / 2 0 Minister für Kultus und Unterricht. 1923-31 wirkte er als Prof. und Direktor des Pädagogischen Instituts der T H Dresden. S. setzte sich im Sinn der Arbeitsschulbewegung vor allem für „schaffendes Lernen" und für die akademische Volksschullehrerbildung ein und veröffentlichte u. a. Die Arbeitskunde in der Volks- und allgemeinen Fortbildungsschule (1895), Allgemeine praktische Bildungslehre (3 Tie., 1930), Volkstümliche Bildung als Aufgabe der Volksschule (1931) und Vom schaffenden Lernen (1933). DP Sachs Pari S e y f f a h r t , Karl, auch Car(o)l S„ Seyf(f)art, Seyffardt, evang. Pfarrer, Lyriker, * 17.1. 1630 H a l l e / S a a l e , t 16.7. 1681 (1683?) Gröbzig bei Kothen (Anhalt). S. besuchte das G y m n a s i u m in Halle, studierte seit 1650 an der Univ. Wittenberg Philosophie und wurde 1656 Prediger in Peissen und Lependorf (Saalekreis). Seit 1662 betreute er die Pfarrgemeinde Gröbzig. In der Deutschgesinnten Genossenschaft führte er den Namen „Der M ü h s a m e " . Neben einigen Leichenpredigten und zwei geistlichen Gedichten erschien von ihm als selbständiges Werk der Poetische ClücksTopff(\(f!\) mit Rätseln, Epigrammen und Gedichten. Mehrmals neu aufgelegt wurde daraus die Verssatire Wunderliches Jungfer-Leben. DP Killy S e y f f a r d t , Ernst Hermann, Komponist, * 6 . 5 . 1859 Krefeld (Rheinland), t 3 0 . 1 1 . 1942 GarmischPartenkirchen. Nach dem Studium der Musik am Kölner Konservatorium und an der Kgl. Hochschule für Musik in Berlin übernahm S. 1887 als Dirigent den Damenchor und die Liedertafel in Freiburg/Breisgau. 1892 wechselte er als Leiter des Neuen Singvereins nach Stuttgart, w o er auch Dozent für Theorie und Klavier am Konservatorium wurde. S. komponierte
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Seyffardt thematische Werke (Aus Deutschlands großer Zeit, Sonnenaufgang), aber auch K a m m e r m u s i k , Klaviersonaten, Chöre und die Oper Die Glocken von Plurs (1912). S e y f f a r d t , Ludwig Friedrich, Fabrikant, Politiker, * 18.6. 1827 Krefeld, t 2 6 . 1 . 1901 Krefeld. Nach d e m Abitur machte S. eine kaufmännische Lehre und wurde 1857 Mitinhaber der Seidenfabrik „H. vom Bruck S ö h n e " in Krefeld, Rheydt und London. Er war Mitglied des Nationalvereins, der Handelskammer und der Ständigen Deputation des Volkswirtschaftlichen Kongresses, Vorsitzender der städtischen A r m e n k o m m i s s i o n und des Deutschen Vereins f ü r A r m e n p f l e g e und Wohltätigkeit. S. gehörte der Stadtverordnetenversammlung in Krefeld an, war 1873-98 Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses und gehörte dem Reichstag des Norddeutschen Bundes an; 1893-98 saß er im Zentralvorstand der nationalliberalen Partei.
Seyffert, Rudolf, Betriebswirtschaftler, * 15.3. 1893 Leipzig, t 16.2. 1971 Köln. S., Sohn eines Malers, machte eine kaufmännische Lehre, studierte Betriebswirtschaft an den Handelshochschulen Leipzig und M a n n h e i m sowie an der Univ. Leipzig an und war nach der Promotion 1914 (Die Reklame des Kaufmanns, gedruckt 1919, 3 1925) Assistent am Betriebswirtschaftlichen Institut der Handelshochschule Mannheim. 1919 in F r a n k f u r t / M a i n zum Dr. rer. pol. promoviert, habilitierte er sich 1922 in Köln, wurde 1924 Ordinarius f ü r Betriebswirtschaftslehre und gründete 1928 das Institut f ü r Handelsforschung. S. beschäftigte sich vor allem mit der Geschichte der Betriebswirtschaftslehre sowie mit Handelsbetriebslehre und Werbung. Er schrieb u . a . Über Begriff, Aufgaben und Entwicklung der Betriebswirtschaftslehre (1925), Wirtschaftslehre des Handels (1951) und Werbelehre (2 Bde., 1966).
Seyffarth,
Seyfried, Heinrich Wilhelm, Pseud. Tlantlaquatlapatli, Julie Caroline T., geb. von Ipsilischnipsilischnipsi, Schriftsteller, * 2 8 . 7 . 1 7 5 5 F r a n k f u r t / M a i n , t 2 0 . 4 . 1800 Braunschweig. S. studierte in Göttingen Rechtswissenschaften, war nach seiner Rückkehr nach Frankfurt Schauspieler an einem von ihm gegründeten Liebhabertheater und verfaßte M u n d artstücke für diese Bühne. Seit 1783 war er Schauspieler bei der Großmannschen Gesellschaft in F r a n k f u r t / M a i n , wechselte 1785 als Theaterdichter zur Kesseischen Gesellschaft und lebte später als Privatier in Braunschweig und Berlin. Neben Bühnenstücken (u.a. Der Neujahrstag, 1790, Posse; Die Thronfolge. Ein fürstliches Familiengemälde, 1796) schrieb S. Gelegenheitsgedichte und Aufsätze über das Theater. CD D L L
Seyffer,
Seyfried, Ignaz Ritter von, eigentl. Ignatius Josephus Maria Franciscus Ritter von S., österr. Kapellmeister, Komponist, Musikschriftsteller, * 15.8. 1776 St. Ulrich (heute zu Wien), t 2 7 . 8 . 1841 Neubau (heute zu Wien). S., Bruder von Josef von —> S., erhielt u. a. bei —»Mozart und Leopold —>Kozeluch Musikunterricht, durchlief 1792-94 in Prag die philosophischen Jahrgänge und studierte 1 7 9 5 / 9 6 in Wien Rechtswissenschaften. Nach Ende seiner Studien wandte er sich ganz der Musik zu und wurde nach Kompositionsunterricht bei Johann Georg —»Albrechtsberger 1797 Kapellmeister und Hauskomponist an Emanuel - > Schikaneders Freihaustheater; 1801-26 arbeitete er in gleicher Eigenschaft am Theater an der Wien. S. vertonte Libretti verschiedener Textdichter, vor allem von Schikaneder. Er war u. a. mit —> Beethoven befreundet und leitete 1805 die Uraufführung von dessen Oper Fidelio. S.s Opern, Singspiele, Ballette, Parodien (Die Pfaueninsel, 1797; Die Druiden, 1802) zählten zu den am häufigsten aufgeführten Musikdarbietungen seiner Zeit. Er schrieb Ludwig van Beethoven's Studien im Generalbasse, Contrapuncte und in der Compositionslehre (1832, 2 1853, Neuausg. 1967). Zu seinen Schülern gehörte Franz von —> Suppe. S. war Ehrenmitglied der Gesellschaft der Musikfreunde (1826) und der Schwedischen A k a d e m i e der Musik in Stockholm (1833). CD M G G
Johann Gabriel, auch Seifarth, Seiffart, Seyfart, Musiker, Komponist, * 1711 Reisdorf, t 6 . 4 . 1 7 9 6 Berlin. S. studierte bei Johann Gottfried —»Walther Musik und Klavier sowie später in Zerbst bei Carl - » H ö c k h Violine und bei Johann Friedrich —»Fasch Komposition. Nach Konzerten in Berlin, wurde er dort K a m m e r m u s i k u s des Prinzen —»Heinrich von Preußen und 1741 Kapell-Bedienter der dortigen kgl. Kapelle. Seit 1749 Mitglied der Musikübenden Gesellschaft, erhielt S. seit 1757 zusätzliche Entlohnung als Komponist der höfischen Ballettmusik. Die meisten seiner Werke, darunter auch Kirchenmusik-Komposition, gelten als verloren. Die überlieferten Lieder und Kantaten sowie die Instrumentalmusik wirken formal konservativ, aber harmonisch und melodiös. CD M G G August (Friedrich), Maler, Kupferstecher, * 9 . 8 . 1774 L a u f f e n / N e c k a r , t 15.8. 1845 Stuttgart. S. besuchte die Hohe Karlsschule, wurde dort von Johann Gotthard —> Müller in Zeichnen und Kupferstich unterrichtet und studierte seit 1802 bei Martin von —> Molitor an der Wiener Kunstakademie. 1807 ließ sich S. als Maler in Cannstatt nieder. Seit 1815 erhielt er vom König jährliches Wartegeld für Radierungen württembergischer Landschaften. Im selben Jahr wurde er ständiger Zeichner für die Ludwigsburger Porzellanmanufaktur, 1822 Verwalter des Kupferstichkabinetts in Stuttgart. DP Leb Schwaben, Bd 7 S e y f f e r , Carl Felix, Astronom, * 25. 1. 1762 Bitzfeld (Württemberg), t 1 7 . 9 . 1 8 2 2 München. S. studierte in Tübingen, erwarb den Grad eines Magisters und erhielt 1789 eine a. o. Professur für Astronomie an der Univ. Göttingen. Seit 1800 o. Prof., folgte er 1804 einem Ruf nach Landshut. 1805 wurde S. zum Astronomen des Topographischen Büros in München bestimmt und als Hofastronom mit der Errichtung einer Sternwarte beauftragt. 1808 wurde er zum Hofrat und Mitdirektor des Topographischen Büros ernannt und 1815 zu dessen alleinigem Leiter befördert. Für besonderes Aufsehen sorgte die Arbeit Bestimmung der Länge von Göttingen, Gotha, Danzig, Berlin und Harefield [...] aus der Sonnenfinsterniß vom 5. September 1793 (1794). CD L M U
Seyffert,
Oskar, Kunstgewerbler, * 1 9 . 2 . 1 8 6 2 Dresden, t 2 2 . 2 . 1 9 4 0 Dresden. Der Kaufmannssohn besuchte die Kunstgewerbeakademie Dresden, wo er später Lehrer war. Er wurde zum Professor und zum Hofrat ernannt. 1897 gründete S. u . a . mit Eugen M o g k den Verein für Sächsische Volkskunde (später Landesverein Sächsischer Heimatschutz), als dessen Vorsitzender er besonders die Einrichtung eines Museums für sächsische Volkskunst betrieb. Im September 1913 eröffnet, erhielt es 1927 den N a m e n Oskar-Seyffert-Museum. CD Munzinger
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Seyfried, Josef Ritter von, Theatersekretär, Librettist, Redakteur, * 2 4 . 3 . 1780 St. Ulrich (heute zu Wien), t 2 8 . 6 . 1849 Wien. S., Bruder von Ignaz von —>S., studierte Jura an der Univ. Wien und war 1801-06 Sekretär und Theaterdichter am Theater an der Wien. Seit 1807 ausschließlich als Theaterdichter, seit 1811 daneben auch als Zeitungsredakteur tätig, war er 1828-36 Kanzleidirektor am Hofoperntheater in Wien. S. schrieb mehr als 2 0 0 Libretti, darunter Titus, der Gütige (1801), die deutsche Bearbeitung von - > Mozarts La clemenza di Tito. CD Ö B L
Siber S e y l e r , Abel, schweizer. Theaterleiter, * 2 3 . 8 . 1 7 3 0 Liestal (Kt. Basel), t 2 5 . 4 . 1800 Rellingen bei Hamburg. S. arbeitete bis 1766 als K a u f m a n n in Hamburg. Als Prinzipal einer eigenen Truppe mit etwa 60 Mitgliedern, Orchester, Ballett, eigenem Theaterdichter und Dekorateur, wurde S. der bedeutendste Förderer des deutschen Theaters seiner Zeit. Er gastierte in Weimar, Leipzig, Dresden und Gotha. S. war an der Errichtung der Nationaltheater in Hamburg und Mannheim beteiligt. 1779-81 war er Direktor des Mannheimer Nationaltheaters, 1781-83 und 1787-92 Regisseur und künstlerischer Leiter des Schleswigschen Hoftheaters, 1783-87 in Hamburg. 1792 wurde er vom Landgrafen mit einer Pension in den Ruhestand entlassen. S. trug wesentlich zur Durchsetzung Shakespeares sowie der Autoren des Sturm und Drang in Deutschland bei. Er war mit Friederike S o p h i e - > S. verheiratet. DP Kosch: Theater S e y l e r , Friederike Sophie, geb. Sparmann, verh. Hensel, Schauspielerin, Schriftstellerin, * 2 3 . 5 . 1738 Dresden, t 2 2 . 1 1 . 1 7 8 9 Schleswig. S., Tochter eines Mediziners, wuchs in zerrütteten Familienverhältnissen auf, floh vor einer erzwungenen Heirat und kam 1754 zur Bühne. 1755 heiratete sie den Schauspieler Johann Gottlieb Hensel, von d e m sie sich 1759 wieder trennte. S. spielte auf Theaterreisen, in Wien, Frankf u r t / M a i n und Hildburghausen und Schloß sich 1765 der Truppe Konrad —»Ackermanns in Hamburg an. 1767 übernahm Abel —>S., denn sie 1772 heiratete, die Truppe als Nationaltheater und gewann Gotthold Ephraim —> Lessing als Dramaturgen. Nach d e m Scheitern der Unternehmung ging S. mit der Truppe auf Theaterreisen durch ganz Deutschland. Als Bühnenschriftstellerin verfaßte sie u. a. Die Familie auf dem Lande (1770) und das romantische Singspiel nach —»Wieland Oberem: Hiion und Amande (1789). m Killy S e y ß - I n q u a r t , Arthur, bis 1906 Seyss, österr. Politiker, * 2 2 . 7 . 1892 Stannern bei Iglau (Mähren), t 1 6 . 1 0 . 1 9 4 6 Nürnberg. Der Sohn eines Mittelschullehrers und späteren Gymnasialdirektors studierte in Wien Jura, nahm am Ersten Weltkrieg teil, ließ sich 1921 als Rechtsanwalt in Wien nieder und engagierte sich in katholisch-nationalen Verbänden. Seit 1931 stand er mit der N S D A P in Kontakt, der er nach d e m „Anschluß" Österreichs 1938 beitrat. 1937 in den Staatsrat berufen, um die Verbindung zur „nationalen Opposition" herzustellen, wurde S.-I. am 1 6 . 2 . 1 9 3 8 nach Gesprächen zwischen -> Schuschnigg und -> Hitler in Berchtesgaden Innenminister und bildete nach d e m Rücktritt Schuschniggs am 1 1 . 3 . 1 9 3 8 als Bundeskanzler die nationalsozialistische Bundesregierung, die am 13.3. 1938 das Gesetz über den Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich beschloß. Als Reichsstatthalter im R a n g e eines SS-Obergruppenführers war er vom 1 5 . 3 . 1 9 3 8 bis 3 0 . 4 . 1 9 3 9 Leiter der österr. Landesregierung. Gegen den Reichskommissar Josef —>Bürckel verlor er rasch an Einfluß; mit Inkrafttreten des Ostmarkgesetzes am 1 . 5 . 1 9 3 9 wurde die Regierung aufgelöst. 1939-45 war S.-I. Reichsminister ohne Geschäftsbereich, nach dem Polenkrieg Stellvertretender Generalgouverneur im Osten und 1940-45 Reichskommissar für die besetzen Niederlande. Wegen Judendeportationen, Geiselerschießungen und Unterdrückungsmaßnahmen in diesen Gebieten wurde er vom Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg zum Tod verurteilt; das Urteil wurde 1946 vollstreckt. m ÖBL S f o n d r a t i , Coelestin I., Taufname: Alois, Benediktiner, Abt von St. Gallen, Kardinal, * 1 0 . 1 . 1 6 4 4 Mailand, t 4 . 9 . 1696 R o m . S. besuchte seit 1656 die Klosterschule in Rorschach, legte 1660 in St. Gallen die Profeß ab und unterrichtete seit 1666
im Kloster Kempten. 1668 kehrte er als Prof. der Philosophie nach St. Gallen zurück, w o er seit 1672 auch Theologie lehrte und 1675 Novizenmeister wurde. Seit 1678 Offizial und Prof. des Kirchenrechts, wechselte er 1679 an die Univ. Salzburg und wurde zum Dr. theol. et jur. utr. promoviert. 1683 kehrte S. nach St. Gallen zurück, wo er 1687 Abt wurde. 1695 zum Kardinal ernannt, starb S. jedoch bald nach seiner A n k u n f t in R o m . Sein theologisches Bemühen galt vor allem d e m Kampf gegen den Gallikanismus (Gallia vindicata, 1688). Als Fürstabt achtete er auf Konfessionsfrieden und Äquidistanz zu Österreich und Frankreich. m BBKL S g a l i t z e r , Max, österr. Mediziner, Radiologe, * 2 0 . 9 . 1884 Prag, t 16.11. 1973 Princeton (New Jersey, USA). S. studierte an der Deutschen Univ. Prag Medizin, wurde 1909 promoviert und assistierte als Kliniker und Pharmakologe in Prag, später als Serologe und Chirurg in Wien. Seit 1916 Vorstand des Röntgenlabors der Klinik unter Anton von —> Eiseisberg, habilitierte er sich 1922 für medizinische Radiologie und wurde 1931 a. o. Professor. Nach d e m „Anschluß" Österreichs 1938 emigrierte S. in die Türkei und ging 1943 als Prof. der Radiologie an die University of Colorado in Denver. Später forschte und lehrte er in Seattle. S. veröffentlichte u . a . Die Röntgenbehandlung der Nervenkrankheiten (mit Otto Marburg, 1930) und Allgemeine Röntgenologie (1931). CD B H d E , Bd 2 S h i n n a r , Felix Elieser, urspr. Schneebalg, Jurist, * 1 . 7 . 1 9 0 5 Stuttgart, t 1983. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1923 Jura in Heidelberg, F r a n k f u r t / M a i n und Tübingen (Promotion 1926 in Heidelberg) und war 1926-34 bei einer Treuhandelsgesellschaft tätig. 1934 emigrierte er nach Palästina, gehörte seit 1937 der Geschäftsführung von „Haaretz" und „Jerusalem Post" an und stand 1939-48 der Israel Discount Bank vor. 1949-51 Mitarbeiter im israelischen Außenministerium, war er 1 9 5 1 / 5 2 leitendes Mitglied der israelischen Delegation bei den Wiedergutmachungsverhandlungen mit der Bundesrepublik und 1953-66 Leiter der israelischen Handelsmission in Köln. Daneben war er 1953-71 Vorsitzender der israelischen Kraftstoffgesellschaft. 1967 erschien von S. der Bericht eines Beauftragten. DD B H d E , Bd 1 S i a r d i , Franz Seraph, Jurist, * 15. 10. 1735 Ottmaring, t 18.2. 1823. S. wirkte in Ingolstadt als öffentlicher Rechtsrepetitor und wurde dort 1765 zum Dr. iur. utr. promoviert. Im selben Jahr erhielt er eine a. o. Professur für Pandekten und Kriminalrecht und hatte seit 1767 ein Titular- und vermutlich seit 1771 eine reguläres Ordinariat inne. Nachdem er seit 1774 Bayerisches Landrecht und Kamerai Wissenschaften gelesen hatte, übernahm S. 1784 wieder die PandektenVorlesung und die Kollegien über „Theorie des Zivil- und Kriminalprozeßes" und „peinliches Recht". Er war 1771 / 7 2 und 1 7 8 2 / 8 3 Rektor, verwaltete das Universitätsvermögen, betreute seit 1788 das Universitätsarchiv und hatte 1785-94 die Administration der Universitätsbibliothek inne. Mit Verlegung der Univ. nach München schied S. aus d e m Lehrbetrieb aus. In seiner Schrift Von dem Rechte der Todesstrafe und der peinlichen Frage (1781) trat er als ein Gegner von Folter und Todesstrafe auf. DD L M U S i b e r , A d a m , Schulmann, Lyriker, * 5 . 9 . 1516 Schönau bei Zwickau, f 2 4 . 9 . 1 5 8 4 Grimma. S. stammte aus einer Familie der Böhmischen Brüder, lehrte in Zwickau, Annaberg und Schneeberg und studierte in Wittenberg, wo er u . a . —>Luther und —>Melanchthon kennenlernte. Uber Freiberg, Halle und Chemnitz kam S. 1550 als
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Siber erster Rektor an die Fürstenschule in Grimma. Er trat als Lyriker hervor und veröffentlichte u. a. Poemata sacra und in den Icones sive Imagines virorum Uteris illustrium (1587, Neudr. 1973) des Nikolaus von - » R e u s n e r . DP D L L S i b e r , Heinrich, Jurist, Rechtshistoriker, * 10.4. 1870 Ihleburg bei Magdeburg, f 2 3 . 6 . 1951 Leipzig. S., Sohn eines Baurats, studierte Rechtswissenschaften in Leipzig (Promotion 1893). Er habilitierte sich dort 1898 und wurde 1901 a . o . , 1903 o.Prof. in Erlangen; 1911 kehrte er als o. Prof. des Römischen und des Bürgerlichen Rechts an die Univ. Leipzig zurück. Im Zentrum seiner wissenschaftlichen Arbeiten stand zunächst die Zivilrechtsdogmatik, seit 1925 wandte er sich auch d e m Römischen Recht zu, zu dem er zahlreiche Beiträge publizierte (u. a. Römisches Recht in Grundzügen für die Vorlesung, 1925, Nachdr. 1968; Die plebejischen Magistraturen bis zur lex Hortensia, 1936; Das Führeramt des Augustus, 1940·, Römisches Verfassungsrecht in geschichtlicher Entwicklung, postum 1952). 1932 wurde S. Mitglied der Sächsischen A k a d e m i e der Wissenschaften. m
G n o m o n 24 (1952)
S i b e r , Thaddäus, Benediktiner, Naturwissenschaftler, * 8 . 9 . 1774 Schrobenhausen, f 3 0 . 3 . 1854 München. Der Sohn eines Stadtschreibers trat 1791 in den Benediktinerorden ein, legte 1795 in Scheyern die Profeß ab und wurde 1799 Prof. am G y m n a s i u m in Ingolstadt. 1801-03 unterrichtete er am Lyzeum in Freising, bis 1810 am Lyzeum in Passau und lehrte schließlich Physik und C h e m i e am Lyzeum in München. 1826 wurde S. Prof. der Mathematik und der Naturwissenschaften an der Univ. München, deren Rektor er 1 8 3 4 / 3 5 und 1 8 3 8 / 3 9 war. Er veröffentlichte mit Thaddäus Anselm —»Rixner u . a . Leben und Lehrmeinungen berühmter Physiker am Ende des XVI. und am Anfange des XVII. Jahrhunderts (mit T h a d d ä u s Anselm Rixner, 7 Hefte, 1819-26, Heft 1, 2 1829) und Grundlinien der Experimentalphysik (1832). Seine Selbstbiographie bis zum Jahre 1803 erschien postum 1896.
Sibote, Dichter, 13. Jh. Der Dichter des Schwanks Frauenerziehung ist möglicherweise identisch mit Meister S. von Erfurt, d e m H o f m u s i k e r König - » M a n f r e d s . Aufgrund sprachlicher M e r k m a l e läßt sich eine thüringische Herkunft vermuten. Sein Werk, eine Reimpaarerzählung, ist in drei Fassungen (806-984 Verse) überliefert (auch Frauenzucht und Die gezähmte Widerspenstige /). DD V L S i b u t u s , Georgius, Humanist, Dichter, * etwa 1480 Tannroda, t nach 1528. S. zählte zum Kreis um Richard Sbrulius und Georg —» Spalatin, die angeregt von d e m humanistischen P r o g r a m m der neugegründeten Univ., nach Wittenberg kamen. Unter den frühen neulateinischen Dichtern hoch angesehen, wurde er von —»Maximilian I. zum Poeta laureatus gekrönt. In den Epistolae obscurorum virorum wird S. indirekt als kenntnisreicher Lehrer der Logik gerühmt. Er stand auch in enger Verbindung mit Andreas —» Karlstadt und Lucas —»Cranach, der eines seiner Gedichte auf ein 1508 in Wittenberg abgehaltenes Turnier mit Holzschnitten versah. S. schrieb u. a. ein Begrüßungsgedicht anläßlich des Besuchs Maximilians I., ein allegorisch-mythisches Festspiel, Erotica und scherzhafte Gelegenheitsgedichte, darunter Carmen de musca Chilianea in tribus horis (1507). CD Killy
Sibylle Ursula, Herzogin von
Holstein-Glücksburg,
geb. Herzogin von Braunschweig-Lüneburg, Dichterin, Übersetzerin, * 8. 12. 1629 Hitzacker, t 12.12. 1671 Glücksburg. Die Tochter Herzog - » A u g u s t s d . J . erhielt eine sorgfältige Erziehung, die durch ihre musisch begabte Stiefmutter Herzogin —»Sophie Elisabeth und Justus Georg —»Schottelius
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geprägt war. S. U. nahm regen Anteil am kulturellen Leben des Wolfenbütteler Hofes, das vom gemeinsamen Dichten, Musizieren, Übersetzen und Inszenieren bestimmt war. Sie übersetzte höfisch-historische R o m a n e aus d e m Französischen ins Deutsche, verfaßte zahlreiche Gelegenheitsgedichte und war auch als Erbauungsschriftstellerin tätig. Ihr 1655-58 entstandenes Himmlisches Kleeblatt erschien postum 1674. Als Vierunddreißigjährige heiratete S. U. Herzog Christian von Holstein-Sonderburg, lebte seither in Glücksburg und starb im Kindbett, geschwächt von einer durch ihren M a n n übertragenen Syphiliserkrankung. CD Killy S i b y l l e , Kurfürstin von Sachsen, * 1 7 . 7 . 1 5 1 2 Düsseldorf, t 2 1 . 2 . 1554 Weimar. Die Tochter Herzog Johanns III. von Kleve und Maria, Prinzessin von Jülich-Berg heiratete 1527 Kurfürst —»Johann Friedrich I. den Großmütigen von Sachsen, d e m sie den Anspruch auf das Jülich-Klevesche Erbe mitbrachte. Als entschiedene Anhängerin —»Luthers unterstützte S. ihren Gemahl im Schmalkaldischen Krieg, mußte jedoch nach der Schlacht bei Mühlberg am 14.5. 1547 Wittenberg d e m Kaiser übergeben. S i c a r d v o n S i c a r d s b u r g , August, österr. Architekt, * 6. 12. 1813 Pest (heute zu Budapest), t 11.6. 1868 Weidling (heute zu Klosterneuburg, Niederösterreich). S., Sohn eines Beamten der österr. Nationalbank, studierte 1829-33 am Wiener Polytechnischen Institut, 1832-35 an der Wiener A k a d e m i e der bildenden Künste, unternahm 1839-43 Studienreisen nach Italien und Frankreich, wurde nach seiner Rückkehr nach Wien 1843 promoviert und erhielt 1847 eine Professur für Architektur an der A k a d e m i e der bildenden Künste. Er arbeitete mit Eduard van der —»Nüll zusammen, wobei er den technischen und geschäftlichen Teil der Arbeitsgemeinschaft übernahm. Zu den gemeinsam errichteten Bauten in Wien zählen der Schutzengelbrunnen (1843-46) und das Carl-Theater (1847) sowie das Opernhaus (1861-69) als ihr Hauptwerk am Höhepunkt des Romantischen Historismus. Seit 1861 war S. Mitglied des Künstlerhauses. 1865-67 leitete er eine Spezialschule für Architektur an der Akademie der bildenden Künste, an der August —»Weber zu seinen Schülern zählte. c n ÖBL S i c h a r d t , Johannes, auch Sichard, Jurist, Humanist, * 1499 Tauberbischofsheim, t 9 . 9 . 1 5 5 2 Tübingen. S., Sohn eines Gastwirts, studierte seit 1514 an der Univ. Ingolstadt, erwarb 1518 den Grad eines Magister artium und wurde vom M ü n c h n e r Magistrat an die dortige Schola poetica berufen. 1521 gab er seine Stellung auf, ging als Privatlehrer nach Freiburg und wurde 1524 Lehrer für Rhetorik und o. Prof. der Rechte in Basel. 1 5 2 6 / 2 7 unternahm er eine archivalische Forschungsreise zu den rheinischen Klöstern und Domstiften und nahm 1530 in Freiburg bei Ulrich —> Zasius seine juristischen Studien wieder auf. 1531 wurde S. in F r a n k f u r t / M a i n promoviert und war seit 1535 Prof. der Rechtswissenschaften in Tübingen; 1 5 3 5 / 3 6 , 1 5 4 2 / 4 3 und 1549 war er Rektor der Universität. 1544 wurde er zum besoldeten herzoglichen Rat ernannt. Od Kleinheyer S i c h a r d t , Willy (Gustav Friedrich Adolf), Bauingenieur, * 18.5. 1890 Neudietendorf bei Erfurt, f 3 1 . 1 0 . 1 9 5 3 Bremen. S., Sohn eines Eisenbahninspektors, studierte seit 1908 zunächst Naturwissenschaften in Jena, dann Bauingenieurwesen an der T H Charlottenburg und wurde 1913 DiplomIngenieur. Seit 1913 war er Regierungsbauführer, seit 1920 Regierungsbaumeister im Dienst der Deutschen Reichsbahn in Berlin, arbeitete 1921-46 als Oberingenieur, Handelsbevollmächtigter und Zweigniederlassungsleiter der Siemens Bauunion in Berlin, wurde 1927 promoviert (Das Fassungsvermögen von Rohrbrunnen und seine Bedeutung für die
Sick Grundwasserabsenkung) und habilitierte sich 1930 an der T H Berlin. Seit 1939 nichtbeamteter a. o . P r o f . , war S . nach dem Zweiten Weltkrieg freiberuflich tätig und erhielt nach seiner Umhabilitierung an die T H Hannover 1951 die Lehrbefugnis für das Fachgebiet Wasserhaltung im Ingenieurbau. S i c h e l , (Friedrich) Julius, Ophthalmologe, * 1 4 . 5 . 1802 Frankfurt/Main, t 11. 1 1 . 1 8 6 8 Paris. S. studierte Medizin in Tübingen und Berlin und wurde 1825 promoviert (Historiae Phthiriasis internae verae fragmentum). 1 8 2 5 - 2 9 war er Assistent an der Ophthalmologischen Klinik unter Friedrich - > Jäger von Jaxtthal in Wien, 1 8 2 9 / 3 0 an der Klinik unter Johann Lukas —»Schönlein in Würzburg. 1 8 3 0 ging S . nach Paris, wo er 1832 die erste ophthalmologische Klinik errichtete. Später war er auch Augenarzt der Erziehungsanstalten der Ehrenlegion, ständiger Ehrenpräsident des internationalen ophthalmologischen Kongresses und Ehrenpräsident des deutschen ärztlichen Vereins in Paris. 1854 wurde S. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. Er veröffentlichte u. a. Propositions generates sur l'Ophthalmologie, suivies de l'histoire de Γ Ophthalmie rhumatismale ( 1 8 3 3 , dt. Allgemeine Grundsätze die Augenheilkunde betreffend, nebst einer Geschichte der rheumatischen Augenentzündung, 1834), Traiti de l'ophthalmie, la cataracte et l'amaurose ( 1 8 3 7 , dt. Ober die Augenentzündungen, den grauen und schwarzen Staar, 1840) und Iconographie Ophthalmologique (2 Tie., 1852-59). S i c h e l , Nathanael, Maler, * 8. 1 . 1 8 4 3 Mainz, t 5 . 1 2 . 1907 Berlin. Zunächst als Lithograph tätig, studierte S . 1 8 5 9 - 6 2 an der Akademie der Künste in Berlin, wurde 1861 mit der Großen Goldenen Medaille für Kunst ausgezeichnet und setzte seine Ausbildung bei Julius Schräder fort. 1863 gewann er den Rompreis mit dem Gemälde Josef deutet die Träume des Pharao. 1 8 6 6 - 6 8 studierte S . in R o m , wo er große Historienbilder schuf (u. a. Don Carlos von Philipp II. gefangengenommen). Nach seiner Rückkehr 1869 war er als Porträtmaler in Frankfurt/Main, Mannheim und Mainz tätig und arbeitete 1 8 7 4 - 9 9 in Berlin an seinen idealisierten orientalischen Frauen- und Mädchengestalten (Die Bettlerin vom Pont des Arts\ Tanzende Orientalin).
Sichelbart,
Ignaz, auch Sichelbarth, Sickelbart, Sickelpart, Ai C h ' i - m e n g , Ignatius S., Jesuit, Theologe, Maler, * 2 6 . 9 . 1708 Neudek ( B e z . Gralitz, B ö h m e n ) (?), t 6. 10. 1 7 8 0 Peking. S. trat in Brünn in die Gesellschaft Jesu ein, studierte Theologie in Olmütz, ging 1745 in die Mission nach China und ließ sich in der Malerei ausbilden. 1768 wurde er Hofmaler des Kaisers Quian Long und blieb auch nach der Aufhebung des Jesuitenordens in dieser Stellung. S. malte - teils in Öl auf Glas, teils in Wasserfarben auf Seide - vor allem Porträts, Landschaften, Früchte und Tiere. 1778 wurde er zum Mandarin erhoben. CD B L G b L S i c h e r , Fridolin, schweizer. Musiker, Chronist, Kopist, * 6 . 3 . 1490 Bischofszell (Kt. Thurgau), t 1 3 . 6 . 1546 Bischofszell. Der einer Bürgerfamilie entstammende S . begann als Dreizehnjähriger eine Lehre bei dem Konstanzer Münsterorganisten Martin Vogelmeier, durchlief dann vermutlich eine theologische Ausbildung am Bischofszeller Chorherrenstift und erhielt dort 1510 eine Kaplaneipfründe sowie das Organistenamt. 1512 setzte er in Konstanz seine Orgelausbildung fort, war 1516-31 Organist an der Klosterkirche in St. Gallen und übernahm, von der Reformation vertrieben, 1531 die St.-Michaelis-Pfründe in Ensisheim (Elsaß). 1537 kehrte S . in sein Amt in Bischofszell zurück. Von ihm ist in der Stiftsbibliothek St. Gallen eine 1503-31 entstandene
Orgeltabulatur erhalten, die 176 Liedbearbeitungen und Orgelstücke der Meister seiner Zeit und einige selbstkomponierte Präludien und Fantasien enthält. ED M G G
Sicherer,
Hermann Anton Wilhelm von, Jurist, * 1 4 . 9 . 1839 Eichstätt, t 2 1 . 9 . 1901 München. Der Sohn eines Gymnasialprofessors studierte Rechtswissenschaften in München, wo er 1862 zum Dr. jur. promoviert wurde (Legitimation des Wechselinhabers durch ein dem Protest vorausgegangenes Blankogiro). 1865 habilitierte er sich in München und wurde dort 1868 a . o . , 1871 o . P r o f . ; 1 8 8 8 / 8 9 war er Rektor. S., der sich vor allem mit der deutschen Rechts- und Staatsgeschichte beschäftigte, veröffentlichte u.a. Staat und Kirche in Bayern 1799-1821 (1874), Secundogenitur und Primogenitur ( 1 8 8 7 ) und Die Genossenschaftsgesetzgebung in Deutschland ( 1 8 7 2 ) . 1896 wurde er kgl. Geheimrat. S. war seit 1898 Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Sichowsky,
Richard von, Schrift- und Buchkünstler, * 2 8 . 5 . 1911 Hamburg, t 2 8 . 1 . 1975 Hamburg. Der aus einer Handwerkerfamilie stammende S . durchlief eine Schriftsetzerlehre, studierte 1 9 3 5 - 3 7 an der Meisterschule für Deutschlands Buchdrucker in München und war seit 1946 Lehrer der Fachklasse für Typographie an der Akademie für bildende Künste in Hamburg. 1949 gründete er die Grillen-Presse, die durch großenteils mit Holzschnitten von Gerhard —> Mareks illustrierte B ü c h e r bekannt wurde. S i c h r o v s k y , Heinrich (Joachim) von, auch Sichrowsky, österr. Eisenbahnfachmann, Verwaltungsbeamter, Schriftsteller, * 1 2 . 6 . 1794 Wien, t 1 0 . 7 . 1 8 6 6 Baden (Niederösterreich). S . , Sohn eines Handelsmanns, wurde Prokurist in einem Wiener Großhandels- und Bankhaus, in dessen Auftrag er Geschäftsreisen durch Europa unternahm, und lernte in L i verpool die neueröffnete erste Eisenbahn kennen. Gemeinsam mit Leopold von Wertheimstein und Salomon Mayer von —»Rothschild begann er 1836 mit dem B a u der KaiserFerdinands-Nordbahn, deren erste, 14 Kilometer lange Teilstrecke Floridsdorf-Deutsch Wagram 1837 dem Verkehr übergeben werden konnte. S . wurde zum Generalsekretär ernannt und 1864 in die Direktion der Nordbahn gewählt. Er betätigte sich auch schriftstellerisch (Oden, Balladen, humoristische Traktate, satirische Epigramme) und als Vortragender von Stegreifliedern. S . wurde in den Ritterstand erhoben und erhielt 1850 als einer der ersten Juden das Wiener Bürgerrecht. DP Ö B L
Sick,
Karl, Schauspieler, Regisseur, * 12. 1. 1865 Altona (heute zu Hamburg), t 2 2 . 4 . 1 9 2 2 München. Nach seiner Ausbildung an der Theaterakademie in Hamburg debütierte S . 1 8 8 0 an den Vereinigten Staatstheatern Schleswig-Flensburg, trat dann an verschiedenen Theatern auf und wurde 1 8 9 0 Mitglied der Meininger Truppe, mit der er 1891 / 9 2 eine U S A - T o u r n e e unternahm. 1 8 9 3 - 9 5 war S . am Irving-Place-Theater in New York engagiert, wurde nach seiner Rückkehr 1896 an das Deutsche Theater in München verpflichtet und spielte 1897 am Stadttheater in Magdeburg, 1 8 9 8 / 9 9 am Neuen Theater in Berlin, dann am Schauspielhaus in München. 1906 wurde er erster Regisseur des Theaters am Thomasring in Leipzig. S i c k , Paul, Chirurg, * 1 1 . 4 . 1 8 7 1 Stuttgart, t 2 0 . 7 . 1 9 4 7 Leipzig. Das Medizinstudium in Tübingen, Straßburg und Greifswald Schloß S . , Sohn eines Obermedizinalrats, 1894 mit der Promotion ab (Ein Beitrag zur Kenntnis der Aconitwirkung). 1 8 9 6 - 9 9 war er an der Chirurgischen Universitätsklinik in Greifswald, 1 8 9 9 - 1 9 0 6 in Kiel tätig, wo er sich 1900 für
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Sickel Chirurgie habilitierte ( D e r Erreger der Strahlenpilzkrankheit). 1906 wurde S. Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Diakonissen-Krankenhauses in Leipzig, 1914 a. o. Professor. Er veröffentlichte u . a . Die Krankenpflege in ihrer Begründung auf Gesundheitslehre mit besonderer Berücksichtigung der weiblichen Krankenpflege (1884, 5 1922).
zur Schließung der Fakultät 1939 durch die Nationalsozialisten wirkte. S. war 1903-29 Mitherausgeber der „Biblischen Zeitschrift" und setzte in der kath. Exegese die sogenannte Zweiquellentheorie durch. Er schrieb u. a. eine Einleitung in das Neue Testament (1916, 5 6 1939). DP LThK
S i c k e l , (Gustav Adolph) Friedrich, evang. Theologe, Pädagoge, * 11.4. 1799 Athenstedt bei Halberstadt, t 3 0 . 9 . 1865 G r o ß Rosenburg (Kr. Calbe). S., Sohn eines Predigers, nahm 1815 als Freiwilliger am Feldzug gegen Napoleon teil, studierte seit 1817 Theologie und Philologie in Halle und war seit 1820 Rektor in Schwanebeck bei Halberstadt. 1822 in Halle zum Dr. phil. promoviert, wurde er Lehrer, 1823 Direktor am Königlichen Schullehrerseminar in Halberstadt, 1824 Diakonus in Schwanebeck und 1829 Direktor der Höheren Töchterschule in Magdeburg. Seit 1836 wirkte er als Prediger und Superintendent in Atzendorf, wo er auch mit der Schulaufsicht betraut war, seit 1849 als Prediger im Kreis Rosenburg und als Superintendent von C a l b e / S a a l e . Er veröffentlichte zahlreiche pädagogische Arbeiten sowie eine Predigtlehre unter dem Titel Grundriß der christlichen Halieutik (1829), die psychologische Einsichten zu verwerten suchte. CD M B L
S i c k e n b e r g e r , Otto, kath. Theologe, Philosoph, * 5 . 7 . 1867 München, ΐ 1 0 . 1 . 1 9 4 5 Klebing bei Erding. S. studierte Theologie am Lyzeum in Freising, empfing 1890 die Priesterweihe und wurde 1895 in München zum Dr. phil. promoviert ( U e b e r die sogenannte Qualität des Urteils. Eine logische Studie als Beitrag zur Lehre von den Subjektsformen des Urteils). Er war Dozent f ü r Theologie und Präfekt am Freisinger Klerikalseminar und seit 1900 Prof. der Philosophie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Passau, wurde jedoch 1901 wegen seiner Reformschrift Kritische Gedanken über die innerkirchliche Lage (Bd. 1, 1902, 2 1903; Bd. 2, 1904) beurlaubt und 1903 pensioniert. Als S. 1910 standesamtlich eine E h e einging, wurde er exkommuniziert. Seit 1901 war er Mitarbeiter der „Freien Deutschen Blätter", seit 1902 der Zeitschrift „Das Z w a n zigste Jahrhundert. Wochenschrift für Politik, Wissenschaft und Kunst", die 1909 in „Das neue Jahrhundert. Organ der deutschen Modernisten" umbenannt wurde. 1906 übernahm S. den Vorsitz der M ü n c h n e r Krausgesellschaft. Seine Stellungnahmen zur Zölibatsproblematik lösten die erste größere Zölibatsdiskussion in den damaligen kath. Reformkreisen aus. DD B B K L
S i c k e l , (Friedrich Adolf) Theodor Ritter von, Historiker, * 18. 12.1826 A k e n / E l b e (Sachsen), t 2 1 . 4 . 1908 Meran (Südtirol). Der Pfarrerssohn studierte Theologie, Philologie und Geschichte in Halle und Berlin, wurde 1850 zum Dr. phil. promoviert und besuchte Vorlesungen an der Ecole des Chartes in Paris. 1852-54 führte S. im Auftrag der französischen Regierung Archivforschungen in Italien, Frankreich und Osterreich durch, habilitierte sich 1855 in Wien und wurde 1857 a. o . P r o f . der historischen Hilfswissenschaften. 1867-91 war er o . P r o f . der historischen Hilfswissenschaften und 1869-91 Vorstand des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. 1881 gründete er das österreichische Historische Institut in R o m und leitete es bis 1901. Gemeinsam mit Julius von Ficker war S. Begründer der modernen Urkundenkritik. Er veröffentlichte u. a. Beiträge zur Diplomatik (8 Bde., 1861-82), Kaiserurkunden in Abbildungen (11 Tie., 1 8 9 0 / 9 1 , mit Heinrich von - > S y b e l ) und Römische Berichte (5 Bde., 1895-1901). DP Ö B L S i c k e l , Wilhelm, Jurist, Rechtshistoriker, * 6. 11. 1847 Roßleben (Thüringen), t 2 5 . 8 . 1929 H a l l e / S a a l e . S. studierte seit 1867 Rechtswissenschaften in Bonn, Halle und Berlin, wo er 1871 promoviert wurde, und setzte seine Studien nach der Referendarzeit seit 1873 in Göttingen fort. Dort habilitierte er sich 1876, wurde 1884 Prof. der Deutschen Rechtsgeschichte, des Deutschen Privatrechts, Handelsrechts, Staatsrechts und Kirchenrechts in Marburg und lehrte seit 1888 als o. Prof. der Deutschen Rechtsgeschichte, des Deutschen Privatrechts und Kirchenrechts in Straßburg. S. veröffentlichte u . a . eine Geschichte der deutschen Staatsverfassung (1879). S i c k e n b e r g e r , Joseph, kath. Theologe, * 1 9 . 3 . 1 8 7 2 Kempten, t 2 7 . 3 . 1 9 4 5 Kitzbühel (Tirol). S. studierte Theologie, empfing 1896 die Priesterweihe und wurde 1900 mit der Arbeit Titus von Bostra. Studien zu dessen Lukashomilien promoviert. 1902 habilitierte er sich in München für neutestamentliche Bibelwissenschaft (Die Lukas-Katene des Niketas von Herakleia). Seit 1903 war er hier a . o . P r o f . der Patrologie, folgte 1905 einem Ruf als o . P r o f . der Patrologie und Christlichen Archäologie nach Würzburg und lehrte seit 1906 als Prof. der Exegese in Breslau. 1924 übernahm S. den Lehrstuhl für biblische Hermeneutik und neutestamentliche Exegese in München, w o er bis
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S i c k i n g e n , Franz von, Reichsritter, * 2 . 3 . 1 4 8 1 Ebernburg (heute zu Bad Münster am Stein-Ebernburg), t 7 . 5 . 1523 Burg Nanstein (oberhalb Landstuhl). S. übernahm 1505 die väterliche Herrschaft, erlangte durch zahlreiche Fehden eine starke Stellung am Mittelrhein und war Oberamtmann der Rheingrafen und pfälzischer Amtmann in Kreuznach. Seit 1515 wegen einer Fehde gegen Worms geächtet, trat er 1516 zunächst in französische, nach A u f h e b u n g der Acht 1517 in kaiserliche Dienste und wurde Feldhauptmann Kaiser —> Maximilians I. 1519 nahm S. an der Vertreibung Herzog —> Ulrichs von Württemberg teil, wurde von Kaiser —»Karl V. zum Rat und Kämmerer ernannt und nahm 1520 den verfolgten Ulrich von —> Hutten auf der Ebernburg auf. Durch ihn f ü r die Reformation gewonnen, gewährte er Anhängern der neuen Lehre Zuflucht. Nach der Teilnahme am Wormser Reichstag 1521 warb S. auf eigene Kosten ein Heer, mit d e m er gegen Frankreich zog, das er aber nach d e m erfolglosen Ausgang des Feldzuges entlassen mußte. Zur Sicherung der Rechte des niederen Adels gegenüber den Landesherren gründete S. den Landauer Bund, begann 1522 als Hauptmann der oberrheinischen Ritterschaft den Kampf gegen Trier, konnte die Stadt jedoch nicht einnehmen und wurde als Landfriedensbrecher erneut geächtet. Von den Truppen der verbündeten Fürsten von Trier, Hessen und der Pfalz in seiner Burg belagert, starb er schwer verwundet am Tag der Übergabe. • • BBKL
S i c k i n g e r , Anselm, Bildhauer, Architekt, * 2 0 . 4 . 1 8 0 7 Owingen (Hohenzollern-Hechingen), f 1 7 . 1 0 . 1 8 7 3 München. Seine künstlerische Ausbildung erhielt S. bei Konrad Volm in Owingen, war zwei Jahre in Uberlingen tätig und wurde dann Mitarbeiter des Bildhauers Johann N e p o m u k —» Haller in München. Nach dessen Tod 1826 gründete er eine eigene Werkstatt und erhielt zahlreiche Aufträge von König Ludwig I. S. war vorwiegend als Altarbauer tätig; er schuf die Altäre in Velden und in der Jodocus-Kirche in Landshut.
Siebeck S i c k i n g e r , (Joseph) Anton, Pädagoge, * 2 1 . 9 . 1858 Harpolingen (heute zu Bad Säckingen), t 2 1 . 9 . 1 9 3 0 Oberstdorf. Nach dem mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Klassischen Philologie in Heidelberg unterrichtete S. seit 1883 am G y m n a s i u m in Karlsruhe, seit 1890 am G y m n a s i u m in Bruchsal. 1895 ging er als Stadtschulrat nach M a n n h e i m , w o er bis 1925 die Leitung des Volks- und Fortbildungswesens innehatte und das sogenannte Mannheimer Schulsystem schuf. S. förderte das Schulturnen, ließ Turnhallen und Spielplätze erbauen, führte 1908 pflichtmäßige Spielnachmittage und 1921 Pflichtschwimmunterricht ein. Er veröffentlichte u . a . Arbeitsunterricht, Einheitsschule, Mannheimer Schulsystem (1920). CH Bad Bio N.F., Bd 3 S i c k i n g e r , Gregorius, schweizer. Holzschneider, Kupferstecher, Radierer, Maler, * 1558 (?) Solothurn, t 1631 Solothurn. Über die Ausbildung von S., Sohn eines Armbrusters, liegen keine gesicherten Angaben vor. Er trat erstmals 1575 mit zwei Exlibris hervor, schuf dann Holzschnitte meist für die Basler Druckerei Petri (u.a. für Ausgaben der Kosmographey Sebastian —> Münsters) sowie Kupferstiche und Radierungen; bekannt wurden insbesondere seine Stadtansichten von Freiburg (Schweiz), Freiburg/Breisgau, Solothurn und Bern, w o sich S. vorübergehend aufhielt. Ferner sind von ihn Wandmalereien und Zeichnungen überliefert. S. starb verarmt im Spital von Solothurn. CD Leb Baden-Württ, Bd 20 S i c k l e r , Friedrich Karl Ludwig, Pädagoge, Altertumsforscher, Paläontologe, Schriftsteller, * 3. 11.1773 Gräfentonna, t 8 . 8 . 1 8 3 6 Hildburghausen. S., Sohn von Johann Volckmar —>S., studierte seit 1791 in Jena Theologie und Philosophie, 1 7 9 4 / 9 5 in Göttingen Philologie. 1795 übernahm er in Jena eine H o f meisterstelle, wurde 1798 zum Dr. phil. promoviert (Die Uebereinstimmung der Aristotelischen Philosophie mit der neueren transcendentalen), legte in Gotha die theologische Staatsprüfung ab und erwarb 1799 den Grad eines Magister artium. Nach einem zweieinhalbjährigen Aufenthalts in Paris war er 1805-07 Hauslehrer bei Wilhelm von -H> Humboldt in R o m und begleitete dann bis E n d e 1809 eine amerikanische Familie auf einer Italienreise. S. machte sich um die Erforshung antiker Altertümer in der U m g e b u n g R o m s und Neapels verdient (Plan topographique de la Campagne de Rome, 1811, ' 1 8 2 4 , engl. 1818; Pantogramma ou vue descriptive generale de la Campagne de Rome, 1811, 4 1824). 1811 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Akademie der Altertümer auf d e m Capitol in R o m ernannt. Im selben Jahr nach Gotha zurückgekehrt, wurde S. 1812 Direktor des in Hildburghausen neugegründeten G y m n a s i u m s und erhielt als Schulrat Sitz und Stimme in der Landesregierung; 1819 wurde er zum Oberkonsistorialrat befördert. Er veröffentlichte u. a. Der Gesundbrunnen von Liebenstein (1801) und Geschichte der Obstkultur (1802), versuchte sich aber auch als Satiriker, Lyriker und Essayist. 1810/11 gab er mit dem Landschaftsmaler Johann Christian Reinhardt den „Almanach aus R o m für Künstler und Freunde der bildenden Kunst" heraus. S. war auch als Geologe, Botantiker und Paläozoologe tätig (Die vorgeschichtlichen FährtenAbdräcke urweltlicher Thiere im bunten Sandstein, 1834). CP Lebenswege Thür, 1. Slg. S i d l e r , Alfred(-Franz), schweizer. Maler, * 5 . 2 . 1905 Luzern, t 22. 1.1993 Luzern. S. machte seit 1921 eine Lehre als Maschinenzeichner, besuchte Abendkurse an der Ecole des Beaux-Arts in Genf und arbeitete 1928-30 in der Maschinenindustrie in Winterthur. Danach in Lugano ansässig, hielt er sich 1935 in Griechenland und 1937-39 in Paris auf, wo er an der Academie
de la Grande Chaumiere studierte. 1946 ließ sich S. als freischaffender Künstler in Luzern nieder, w o er 1950-70 Lehrer für Farbe und F o r m an der Kunstgewerbeschule war. 1963 erhielt er den Kunstpreis der Stadt Luzern. In seinem Frühwerk, das an die französische Peinture in der Nachfolge Cezannes anschloß, schuf S. Landschaften, Stilleben, Figurenkompositionen und Bildnisse, seit Mitte der vierziger Jahre vorwiegend Landschaften; Mitte der sechziger Jahre ging er zur abstrakten Komposition über. CD Schweiz Kunst S i d l e r , Georg Joseph, schweizer. Politiker, * 2 5 . 6 . 1782 Zug, t 2 7 . 5 . 1 8 6 1 Zürich. S. studierte seit 1801 Philosophie in Freiburg/Breisgau, 1805-08 Philosophie, Rechtswissenschaften, Mathematik und Astronomie in Salzburg und Wien und wurde 1808 Polizeidirektor in Zug. 1814-36 war er Kantonsstatthalter, 1818-20 und dann bis 1836 mit jeweils zweijähriger Unterbrechung für j e zwei Jahre Zuger L a n d a m m a n n und 1810-33 Tagsatzungsgesandter. 1814 war S. an der Ausarbeitung der Zuger Verfassung beteiligt und setzte sich 1832 als Mitglied der Tagsatzungskommission zur Revision des Bundesvertrages mit Nachdruck für einen engeren staatlichen Zusammenschluß der Eidgenossen ein. 1837-48 war er Zollrevisor, 1845-61 Großrat und 1848-61 Mitglied des Nationalrats. S i d l e r , Martha, schweizer. Pädagogin, * 30. 12.1889 Ottenbach bei Zürich, f 3 . 7 . 1960 Zürich. S. erhielt 1910 ihr Lehrerinnendiplom, unterrichtete an Auslandsschweizer- und Volksschulen und wurde 1924 in Zürich zum Dr. phil. promoviert. 1926 gründete sie die erste schweizer. (Real-)Beobachtungsklasse für psychopathische Kinder in Zürich, deren Leitung sie übernahm, und war Dozentin f ü r Pädagogik und Psychologie und 1929-33 Erziehungsberaterin am Heilpädagogischen Seminar in Zürich. 1931-40 war sie Redakteurin der „Heilpädagogik", seit 1945 der Zeitschrift „Pro Infirmis". S. schrieb u . a . Gefährdete Jugend und ihr Erwachsenenleben (1950). S i d o w , M a x (Paul Otto), Dramaturg, Schriftsteller, * 2 1 . 3 . 1897 C a l b e / S a a l e , t 10.12. 1965 Hamburg. Das Studium der Kunstgeschichte, Germanistik, Philosophie und Pädagogik in Münster, Leipzig und Jena Schloß S. 1923 mit der Promotion zum Dr. phil. ab, übernahm das väterliche Kaufmannsgeschäft in Zeitz und war auch als Theaterkritiker und Schriftsteller tätig. 1933 wurden einige seiner Bücher verboten; später erhielt er Schreibverbot. 1946-48 war S. Chefdramaturg an der Jungen Bühne in Hamburg, wo er später als freier Schriftsteller lebte. Er veröffentlichte u . a . Spiel mit dem Feuer. Novellen zwischen Tod und Leben (1926) und den Gedichtband Requiem (1947). 1946 gab er aus d e m Nachlaß des mit ihm befreundeten Theodor —>Däubler den Band Griechenland ( 2 1947) heraus. m DLL S i e b e , Josephine Maria, Schriftstellerin, * 10. 11.1870 Leipzig, t 2 7 . 7 . 1 9 4 1 Leipzig. Nach einer Tätigkeit im Photogeschäft ihres Vaters lebte S. als freie Schriftstellerin zurückgezogen in Leipzig. Seit 1904 war sie Redakteurin der Frauenbeilage des „Leipziger Tageblatts", später des Frauenteils von „Reclams Universum". S. schrieb u. a. Oberheudorfer Buben- und Mädelgeschichten. 16 heitere Erzählungen (1908) und Das Haus im Walde. Erzählung aus dem grünen Wald. Eine Kindergeschichte (1931). CD D L L S i e b e c k , Hans Georg, Verleger, * 4 . 1 0 . 1911 Tübingen, t 2 4 . 1 0 . 1990 Tübingen. Der Sohn Oskar —> S.s ging als Volontär nach London, Basel, Berlin und Halle/Saale. 1935 trat er in den geschrumpften väterlichen Verlag ein, dessen meiste Autoren inzwischen
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Siebeck verboten waren. 1942-45 leistete er Kriegsdienst. S. beteiligte sich intensiv am Aufbau des Buchhandels und des Verlagswesens der Nachkriegszeit. Im Börsenverein des Deutschen Buchhandels war er Vorstandsmitglied, Schatzmeister und Vorstandsmitglied des Verlegerausschusses. Seit 1946 verlegte S. vor allem theologische, rechts- und staatswissenschaftliche Werke und brachte den Verlag wieder zur Weltgeltung auf diesen Wissenschaftsgebieten. 1970 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Uni-Taschenbücher G m b H . S. war Ehrendoktor der Univ. Tübingen.
Siebeck,
H e r m a n n , Philosoph, * 2 8 . 9 . 1842 Eisleben, t 2 6 . 1 2 . 1 9 2 0 Gießen. S., Sohn eines Musikers und Rektors, studierte seit 1860 Philosophie und Philologie in Leipzig und Berlin, war nach der Promotion zum Dr. phil. 1863 in Halle (De doctrina cognitionis Platonica) als Oberlehrer in Gera, Stargard und Halle tätig und habilitierte sich 1872 in Halle (De doctrina idearum qualis est in Piatonis Philebo). 1875 wurde er o. Prof. in Basel, 1883 in Gießen. S. veröffentlichte u . a . Untersuchungen zur Philosophie der Griechen (1874, 2 1888), Das Wesen der ästhetischen Anschauung. Psychologische Untersuchungen zur Theorie des Schönen und der Kunst (1875), Geschichte der Psychologie (Teil 1, 1880-84), Lehrbuch der Religionsphilosophie (1893), Aristoteles (1899,41922), Goethe als Denker (1902, 2 1903) und Grundfragen zur Psychologie und Ästhetik der Tonkunst (1909). CD Cat Prof Hai
Siebeck,
Oskar, Verleger, * 2 9 . 7 . 1 8 8 0 Tübingen, t 2 4 . 2 . 1936 Berlin. Der Sohn Paul —> S.s und Bruder Richard —> S.s Schloß das Studium in Tübingen und Leipzig 1904 mit der Promotion zum Dr. phil. ab und ging als Volontär nach Bern und Zürich. 1906 trat er in den väterlichen Verlag ein, f ü r den er seit 1913 in Berlin tätig war, führte ihn nach dem Tod des Vaters 1920 als verantwortlicher Leiter weiter und baute ihn erheblich aus. S. war Mitbegründer der Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlicher Verleger. Er war der Vater von Hans Georg —> S.
Siebeck,
Paul, Verleger, * 7 . 3 . 1 8 5 5 Tübingen, t 20. 11. 1920 Heilbronn. Nach einer Lehre in der väterlichen H. Lauppschen Buchhandlung in Tübingen baute S. den 1877 übernommenen Verlag und den 1878 erworbenen Heidelberger Verlag Jacob Christian B e n j a m i n M o h r zu einem bedeutenden wissenschaftlichen Verlag aus, der von seinem Sohn Oskar —»S. weitergeführt wurde. Er verlegte Werke aus den Bereichen Philosophie, Geschichte, Theologie, Religionswissenschaft, Medizin, Rechts- und Staatswissenschaft. 1886 war S. Mitbegründer des Deutschen Verlegervereins. Er war der Vater von Richard —>S. S i e b e c k , Richard, Internist, * 1 0 . 4 . 1 8 8 3 F r e i b u r g / B r e i s gau, t 15.5. 1965 Heidelberg. Der Sohn Paul —>S.s und Bruder Oskar —>S.s studierte Medizin in Tübingen, Freiburg/Breisgau und Berlin, wurde 1907 in Heidelberg promoviert (Versuche Uber den Kreislauf der Peripherie) und war 1908-14 Assistent und Oberarzt an der dortigen Medizinischen Klinik. 1912 habilitierte sich S. in Heidelberg für Innere Medizin (Über die osmotischen Eigenschaften der Nieren) und wurde 1918 a. o. Professor. 1924-31 war er o. Prof. und Direktor der Medizinischen Poliklinik in Bonn ( 1 9 3 0 / 3 1 Rektor, Rede: Zusammenhänge im Krankheitsablaufe und Lebensgestaltung, 1930), seit 1931 in Heidelberg, 1934-41 o.Prof. und Direktor an der Medizinischen Klinik der Charite in Berlin und lehrte 1941-52 wieder in Heidelberg. S. war seit 1938 Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Er arbeitete über krankhafte Veränderungen der Kreislauf- und Atmungsorgane sowie der Nieren. Sein besonderes Interesse galt der
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anthropologischen Medizin. S. veröffentlichte u . a . Die Beurteilung und Behandlung Herzkranker ( 1 9 3 5 , 3 1 9 4 7 ) , Über seelische Krankheitsentstehung (1939, Nachdr. 1940) und Medizin in Bewegung, 1949, 3 1983, span. 1957).
Siebeck,
(Hermann) Rudolph, Gärtner, * 13.4. 1812 Leipzig, f 1 9 . 7 . 1 8 7 8 Graz. S., dessen Vater Direktor eines Erziehungsheims war, lernte 1826-29 in Altenburg Gartenbau und studierte seit 1829 Botanik an der Univ. Leipzig. Seit 1842 war er Gärtner des Naturforschers Karl Alexander von Hügel in Wien und 1846-57 Stadtgärtner in Leipzig. Er kehrte nach Wien zurück, arbeitete zunächst beim Freiherrn von —> Sina und wurde 1861 als erster Stadtgärtner Leiter des Stadtgartens, war jedoch zunächst der Stadterweiterungskommission unterstellt. Zu seinen bedeutendsten Leistungen zählt die Planung und Schaffung des Wiener Stadtparks (1862). 1871 wird S. erstmals als städtischer Gartendirektor bezeichnet. 1874-76 hatte er die Aufsicht über sämtliche städtischen Grünanlagen Wiens. S. setzte den englischen Landschaftsgartenstil gegen den strengeren französischen Stil durch und legte die großen Parks in der Ringstraßenzone an. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Die bildende Gartenkunst in ihren modernen Formen (2 Tie., 1851-53, 2 1856, Neuausg. 1960), Die Verwendung der Blumen und Gesträuche zur Ausschmückung der Gärten (1860) und Die Theorie der bildenden Gartenkunst in ihren Hauptsachen leichtfaßlich dargestellt (1862). Π3 Ö B L S i e b e l , Erich (Lothar Max), Werkstoffkundler, * 17.5. 1891 Solingen, f 1 7 . 1 0 . 1 9 6 1 Stuttgart. Der Sohn eines Fabrikanten studierte an der T H Charlottenburg, wurde 1922 zum Dr.-Ing. promoviert (Grundlagen zur Berechnung des Kraft- und Arbeitsbedarfs beim Schmieden und Walzen) und war dann in der Industrie tätig. Seit 1925 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kaiser-WilhelmInstitut für Eisenforschung sowie Dozent an der Bergakademie Clausthal, folgte er 1931 einem Ruf als o.Prof. der Werkstoffkunde und Festigkeitslehre an die T H Stuttgart. 1940-47 war S. Präsident des Staatlichen Materialprüfungsamtes Berlin-Dahlem, übernahm dann wieder seinen Lehrstuhl in Stuttgart und wurde 1948 emeritiert. 1947-52 war S. Präsident des Deutschen Normenausschusses. Er verfaßte u. a. Die Formgebung im bildsamen Zustande. Theoretische Grundlagen der technischen Formgebungsverfahren (1932) und gab das Handbuch der Werkstoffprüfung (5 Bde., 1939-41, 2 1963-60) heraus. S i e b e l , Fritz, Ingenieur, * 2 . 3 . 1 8 9 1 B r o i c h / R u h r , t 2 1 . 4 . 1 9 5 4 Bad Wiessee. Nach seiner Berufsausbildung war S. als Assistent bei der Deutsch-Luxemburgischen Bergwerks- und Hüttengesellschaft, bei H u g o Stinnes und der N a m a g tätig, nahm als Offizier und Flugzeugführer am Ersten Weltkrieg teil und gehörte 1 9 1 8 / 1 9 dem Physikalischen Institut der Deutschen Versuchsanstalt f ü r Luftfahrt an. 1920 wurde er selbständiger Unternehmer, gründete zunächst die Firma Körner und Siebel in Berlin, war dann an dem Leichtflugzeugbau Klemm in Böblingen beteiligt und gründete schließlich gemeinsam mit seinem Vater die Siebel-Flugzeugwerke G m b H in Halle/ Saale. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging S. nach Westdeutschland, wo 1949 die Siebel werke G m b H in München entstand, aus der sich die Siebel werke ATG G m b H entwickelte. S i e b e l , Tillmann, Gerber, Führer der Siegerländer Erweckungsbewegung, * 2 8 . 6 . 1 8 0 4 Freudenberg (Siegen), t 15.9. 1875 Freudenberg (Siegen). S. entstammte einer pietistischen Familie und erlernte wie sein Vater und Großvater den Beruf des Rotgerbers. Nach einem Erweckungserlebnis in Elberfeld gründete er einen Le-
Siebenmann severein zur gemeinsamen Andacht und d e m Studium von Erbauungsliteratur. Später wurde er Vorstandsmitglied der Rheinischen Missionsgesellschaft und gründete Hilfsvereine im Siegerland. Er gehörte damit zu den Begründern des Siegerländer Gemeinschaftswesens. 1852 richtete S. mit Freunden den Verein f ü r Reisepredigt ein, um die Evangelisation im Siegerland weiter voranzutreiben. 1857 entstand in Haardt bei Siegen ein Vereinshaus, das zum Zentrum der Gemeinschaftschristen wurde. S.s Werk wurde von seinen Neffen und Großneffen fortgeführt. S i e b e l i s t , Arthur, Maler, Graphiker, * 2 1 . 7 . 1870 Loschwitz (heute zu Dresden), t 5. 1. 1946 Hittfeld (heute zu Seevetal). Nach einer vierjährigen Tätigkeit als Zeichner in einer kunstgewerblichen Werkstatt hielt sich S. eineinhalb Jahre in München auf und ließ sich dann als freischaffender Künstler in Hamburg nieder. Er gab Malunterricht und übernahm 1900 die Leitung der Kurse der Lehrervereinigung zur Pflege der künstlerischen Bildung in Hamburg. S. schuf vorwiegend Bildnisse und Landschaftsbilder. Er war Mitglied des deutschen Künstlerbundes. S i e b e n , Wilhelm (Ludwig), Dirigent, * 2 9 . 4 . 1 8 8 1 L a n d a u / P f a l z , t 2 3 . 8 . 1 9 7 1 München. Der Sohn eines Juristen studierte seit 1898 zunächst Rechtswissenschaften, dann Philosophie in München sowie Musik an der dortigen Kgl. A k a d e m i e der Tonkunst und in Prag. Seit 1905 war S. Lehrer für Violine an der Akademie der Tonkunst in München, wurde 1916 zum Kgl. Prof. ernannt und leitete ein Streichquartett. Gefördert von Bruno —> Walter, wandte er sich dem Dirigieren zu und wurde 1918 Dirigent der Symphoniekonzerte und der Singakademie in Königsberg. Seit 1920 war er städtischer Musikdirektor, seit 1927 auch musikalischer Oberleiter der Städtischen Oper in Dortmund. 1 9 2 5 / 2 6 war er beurlaubt, um den Konzertverein in Stockholm zu leiten. 1951 ging S. als Generalmusikdirektor in Pension. S i e b e n b i i r g e r , Martin, genannt Capinius, Bürgermeister von Wien, * um 1475 Hermannstadt (?), t 1 1 . 8 . 1 5 2 2 Wiener Neustadt. S. studierte seit 1491 Rechtswissenschaften in Wien, wurde 1497 promoviert und lehrte als Prof. an der Univ. Wien. 1512 wurde er Stadtrichter, 1513 Ratsherr und erwirkte nach dem Tod Kaiser —> Maximilians I. die Vertreibung des kaiserlichen Beamtenregimes und die M a c h t ü b e r n a h m e der österr. Stände. 1 5 1 9 / 2 0 reiste S. mit einer ständischen Abordnung über Venedig, R o m und Neapel nach Barcelona, wurde hier bei Kaiser —»Karl V. vorstellig und verweigerte mit seiner Partei der vom Kaiser eingesetzten Kommission die Huldigung. 1521 wurde er Bürgermeister von Wien, 1522 wieder Ratsherr. Im selben Jahr wurde er zum Tod verurteilt und enthauptet. Er war der Vater von T h o m a s —>S. m Czeike S i e b e n b ü r g e r , T h o m a s , Bürgermeister von Wien, * 1512 Wien, t vor 1 2 . 3 . 1 5 7 8 Wien. Der Sohn Martin - > S . s erhielt das von seinem Vater erworbene Vermögen und war 1 5 4 2 / 4 3 Mitglied des Äußeren Rats, 1544-47 Stadtgerichtsbeisitzer und 1 5 4 8 / 5 9 , 1562-65 und 1568-71 Mitglied des Inneren Rats von Wien. 1 5 6 0 / 6 1 war S. Bürgermeister, 1 5 6 6 / 6 7 Stadtrichter, 1569 Hauptmann der Stadtguardia und 1573-78 Superintendent der landesfürstlichen Bauten in Wien. 1577 wurde er in den Adelsstand erhoben. c d Czeike S i e b e n h a a r , Malachias, Kantor, Komponist, * 6 . 3 . 1 6 1 6 Creibitz bei Rumburk (Böhmen), t 6 . 1 . 1 6 8 5 Magdeburg. S. studierte 1637-41 in Wittenberg, w o er Freundschaft mit Philipp von —»Zesen Schloß, die später zu einer engen künstlerischen Zusammenarbeit führte. S. war kurze Zeit als Kan-
tor in Tangermünde tätig und wurde 1644 Kantor, Musikdirektor und Schulkollege an der Stadtschule in Magdeburg. Seit 1651 Pfarrer in Nischwitz (Sachsen), kehrte er 1656 als zweiter Prediger an die St. Ulrichskirche nach M a g deburg zurück. Neben doppelchörigen Motettenkompositionen schrieb er, angeregt von Zesen, zahlreiche Lieder und gehörte zu den Mitarbeitern von dessen Liedersammlung. S. war auch Mitglied der von Zesen gestifteten Deutschgesinnten Genossenschaft. DD M G G S i e b e n k ä s , Johann, auch Siebenkäß, Siebenkees, Musiker, getauft 23. 12.1714 Nürnberg, t 22. 1. 1781 Nürnberg. Der Sohn eines Bäckers studierte 1726-30 Musik bei Johann David —» Heinichen in Dresden, konzertierte 1730 erfolgreich als Klavierspieler vor Kurfürst —»Friedrich August I. von Sachsen, König —»Friedrich Wilhelm I. von Preußen und dessen Sohn, dem späteren König —» Friedrich II. Nach seiner Rückkehr nach Nürnberg arbeitete S. zunächst in der väterlichen Bäckerei, übernahm 1737 das Organistenamt bei St. Walburg und wurde 1743 Organist auf d e m sogenannten Musikchor der Frauenkirche. Seit 1764 wirkte er als Organist an St. Lorenz und seit 1775 als oberster Nürnberger Organist an St. Sebald. 1761-71 führte S. mit der Stadtmusik regelmäßig Oratorien auf. Er war der Vater von Johann Philipp —»S. DP M G G S i e b e n k e e s , Johann Christian, Jurist, Historiker, * 2 0 . 8 . 1753 Wöhrd (heute zu Nürnberg), | 2 2 . 1 1 . 1 8 4 1 Nürnberg. S., Sohn eines Lebensmittelhändlers, nahm 1770 in Altdorf das Studium auf. 1773-76 studierte er Rechtswissenschaften und Geschichte in Göttingen. 1776 an der Univ. Altdorf zum a. o. Prof. ernannt, wurde er 1778 mit einer Dissertation über das Nürnberger Ehegattenrecht zum Dr. jur. utr. promoviert. 1778 wurde S. o. Prof. des Natur- und Völkerrechts, wenig später des Staats- und Lehensrechts, 1795 auch Prof. des Kirchenrechts. Seit 1806 hielt er auch historische Vorlesungen. S. war achtmal Dekan der Juristischen Fakultät und f ü n f m a l Rektor der Univ. Altdorf. Nach deren A u f h e b u n g 1809 wurde er zum Prof. der Literärgeschichte an der Univ. Landshut ernannt, wo er 1810 auch z u m Leiter der Universitätsbibliothek bestellt wurde. 1826 wurde S. mit dem Titel eines Geheimen Hofrats in den Ruhestand versetzt. Er veröffentlichte u. a. Von der Intestaterbfolge nach Nürnbergischen Rechten (1787) und Materialien zur Nürnbergischen Geschichte (4 Bde., 1792-95). CD L M U S i e b e n l i s t , Josef, Journalist, Schriftsteller, * 9 . 2 . 1847 Preßburg, t 1916 Wien. S. studierte Rechtswissenschaften, Philosophie und Medizin, arbeitete als Journalist und war gemeinsam mit seinem Bruder August Redakteur des literarischen Teils der „Westungarischen Grenzboten". 1872-77 war er Redakteur der „Grenzboten" und ging dann nach Wien, war seit 1877 Mitarbeiter des „Neuigkeits-Welt-Blatts" und gründete 1890 mit seinem Bruder das Wochenblatt „Im Salon". S. war als Feuilletonist, Übersetzer und Dramatiker (u. a. Das Gesetz der Vererbung) tätig. Od D L L S i e b e n m a n n , Friedrich, schweizer. Oto- und Laryngologe, * 2 2 . 5 . 1 8 5 2 Uerkheim (Kt. Aargau), t 4 . 4 . 1928 Basel. S., Sohn eines Pfarrers, studierte seit 1871 Medizin in Zürich, Würzburg und Bern, legte 1875 die ärztliche Staatsprüfung ab und war dann als Landarzt in Muri, Brugg und Klosters tätig, bevor er 1883 in Basel promoviert wurde (Die Fadenpilze Aspergillus flavus, niger und fumigatus. Eurotium repens [und Aspergillus glancus] und ihre Beziehungen zur Otomycosis aspergillina, unter d e m Titel Die Schimmelmycosen des menschlichen Ohres, 2 1889). Seine Fachausbildung in Oto- und Laryngologie absolvierte S. in
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Siebenpfeiffer Wien und München, habilitierte sich 1888 in Basel f ü r diese Fächer (Neue botanische und klinische Beiträge zur Otomykose) und wurde 1892 a. o. Professor. 1903-22 lehrte er als Ordinarius für Oto- und Laryngologie in Basel und war 1896-1922 Vorstand der Otolaryngologischen Universitätsklinik und Poliklinik im Bürgerspital. S. veröffentlichte u. a. Die Korrosionsanatomie des knöchernen Labyrinths des menschlichen Ohres (1890), Das Gehörorgan (1899), Die Blutgefässe im Labyrinthe des menschlichen Ohres (1894) und Grundzüge der Anatomie und Pathogenese der Taubstummheit (1904). DP Biogr Lex Aargau
Siebenpfeiffer,
Philipp Jakob, Jurist, Publizist, * 1 2 . 1 1 . 1 7 8 9 Lahr, f 1 4 . 5 . 1 8 4 5 Bümplitz bei Bern. Nach dem mit der Promotion 1818 in Mainz ( Ü b e r Gemeindegüter und Gemeindeschulden) abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaften in Freiburg/Breisgau, wo er Freundschaft mit Karl Wenzeslaus Rodecker von —> Rotteck geschlossen hatte, nahm S., Sohn eines Schneiders, an den Befreiungskriegen teil und war dann zunächst als Jurist im badischen, seit 1815 im bayerischen Staatsdienst tätig. 1818 wurde er Landkommissär des Kreises Homburg. Seit 1830 gab S. die Zeitschrift „Rheinbayern" (seit 1832 „Deutschland") heraus, wurde wegen seiner freiheitlichen Äußerungen als Landkommissär abgelöst und gründete 1831 den „Boten aus d e m Westen", der 1832 verboten wurde. 1832 initiierte er das demokratische Hambacher Nationalfest und gründete gemeinsam mit Johann Georg August —> Wirth den Deutschen Preßverein und den Deutschen Reformverein. 1833 verhaftet und zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt, floh S. in die Schweiz, war seit 1834 a. o . P r o f . des Straf- und Staatsrechts in Bern und wurde 1840 erster Sekretär des Justizdepartements. 1842 fiel er in geistige U m nachtung. S. schrieb u . a . Über die Frage unserer Zeit, in Beziehung auf Gerechtigkeitspflege (1823). DP D e m o k r Wege S i e b e r , Carl, eigentl. Caspar S„ Sänger, * 1 7 . 9 . 1 7 9 6 Zürich, t 8 . 3 . 1 8 2 9 Kassel. S. erhielt seine Gesangsausbildung bei Aloysia - » L a n g e Weber, der Schwägerin —»Mozarts, debütierte 1815 als Klonmal in Bernhard Anselm —»Webers Oper Sulmalla in Berlin und setzte hier und in Wien sein Studium fort. 1818 kehrte er nach Berlin zurück, sang als seine Antrittsrolle an der dortigen Hofoper den Sarastro in der Zauberflöte und übernahm 1825 in der Uraufführung von Gaspare —» Spontinis Oper Alcidor die Partie des Großmagiers. S. trat auch am Theater am Kärntnertor in Wien auf, gastierte an verschiedenen italienischen Theatern und wechselte 1827 von Berlin an das Hoftheater von Kassel. Er war der Vater von Ferdinand —> S. DD Kutsch S i e b e r , Ferdinand, Sänger, Gesangspädagoge, * 5. 12.1822 Wien, f 1 9 . 2 . 1 8 9 5 Berlin. Der Sohn Carl —>S.s erhielt seine Gesangsausbildung bei Johann Aloys —> Miksch in Dresden und gab hier 1842 sein erstes Konzert. Nach einer erfolgreichen Kunstreise durch Süddeutschland wurde er 1843 an das Hoftheater in Detmold verpflichtet, sang hier 1844-47 u. a. den Sarastro in der Zauberflöte, den Marcel in Les Huguenots und den Osmin in der Entführung aus dem Serail und gastierte in Hamburg, Schwerin und Hannover. 1846 unternahm S. eine Tournee durch Süddeutschland und die Schweiz und setzte seine Ausbildung bei Girolamo Forini und Feiice Ronconi in Italien fort. Seit 1849 wieder in Dresden, trat er vorwiegend als Konzertsänger auf und war als Gesanglehrer tätig. 1849 in das Blochmannsche Institut in Dresden eingetreten, wurde er 1854 an die Kgl. M u s i k a k a d e m i e berufen und 1864 zum Prof. ernannt. S. veröffentlichte u . a . Vollständiges Lehrbuch der Gesangskunst (1858, 2 1878) und Catechismus der Gesangskunst (1862, 6 1903). CD Ö B L
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S i e b e r , Hugo, schweizer. Nationalökonom, * 13. 1.1911 Aetingen (Kt. Solothurn), t 2 4 . 7 . 1 9 9 0 Bern. S. studierte seit 1935 Nationalökonomie und Rechtswissenschaften in Bern, war 1942-47 Mitarbeiter der Preisbildungskommission des Eidgenössischen Volkswirtschaftlichen Departements und lehrte 1947-53 als a.o., 1953-76 als o . P r o f . der theoretischen Volkswirtschaftslehre in Bern. Er befaßte sich besonders mit Fragen der Wirtschaftsordnung, der Wettbewerbs und der Konjunkturpolitik und war u. a. Berater der Preisbildungs- und Kartellkommission. 1979 wurde S. als erster Schweizer mit d e m Max-Schmidheiny-Preis ausgezeichnet. S i e b e r , Josef, Schauspieler, * 2 8 . 4 . 1900 W i t t e n / R u h r , t 3 . 1 2 . 1962 Hamburg. Nach einer Schlosserlehre f u h r S., Sohn eines Steinkippers und Schachtmeisters, sieben Jahre als Matrose der Handelsmarine zur See, wandte sich 1923 der Bühne zu und debütierte als Baß-Bariton in Hagen (Westfalen). Er wechselte in das Schauspielfach, war am Städtischen Schauspielhaus in Hagen (1924), am Stadttheater in Würzburg (1926) und am Stadttheater in Aachen (1927) engagiert, bevor er 1931 an das Hessische Landestheater in Darmstadt verpflichtet wurde. 1933-45 war S. Ensemblemitglied der Berliner Volksbühne, trat nach Kriegsende dort an verschiedenen Bühnen auf und 1949-54 an den Hamburger Kammerspielen. Er war auch Sprecher beim Nordwestdeutschen R u n d f u n k und wirkte in Heimatfilmen wie Grün ist die Heide (1951), Heideschulmeister Uwe Karsten (1954) und Die Mädels vom Immenhof (\955) mit. Seit 1954 lebte S. in München. CD Cinegraph S i e b e r , Justus, Dichter, * 7 . 3 . 1628 Einbeck, t 2 3 . 1 . 1695 Schandau. Der einer alteingesessenen Einbecker Bürgerfamilie entstammende S. hielt sich zu Studienzwecken in Helmstedt, Leipzig und Wittenberg auf, wo er 1659 den Grad eines Magisters erwarb, und hatte verschiedene Anstellungen als Hauslehrer inne, u . a . 1 6 4 9 / 5 0 in Lüneburg. Schließlich übernahm S. die Pfarrstelle in Schandau. Neben Predigten (Evangelische Spruch-Postill Oder Erklärung Der Fürnehmsten Sprüche, 1673) veröffentlichte er u . a . die Gedichtsammlung Poetisierende Jugend/Oder Allerhand Geist- und Weltliche Teutsche Getichte (1658). Mit Davids [...] HatjfenPsalme [...] (1685) erreichte er den Höhepunkt seines dichterischen Schaffens. CD Killy
Sieberg,
August (Heinrich), Meteorologe, Geophysiker, * 2 3 . 1 2 . 1875 Aachen, t 18.11. 1945 Jena. Nach dem Studium der Naturwissenschaften an der T H Aachen und an den Universitäten Straßburg, Freiburg/Breisgau und Jena wurde S., Sohn eines Kaufmanns, 1895 Assistent am Meteorologischen Observatorium in Aachen. Seit 1904 war er Hilfsarbeiter an der Kaiserlichen Hauptstation für Erdbebenforschung in Straßburg, seit 1910 nebenamtlicher Mitarbeiter des Zentralbüros Straßburg der Internationalen Seismologischen Assoziation. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg ging er nach Jena, wo das Institut für Erdbebenforschung weitergeführt wurde, wurde 1921 promoviert und habilitierte sich 1922 f ü r Geophysik (Die Verbreitung der Erdbeben auf Grund neuerer makro- und mikroseismischer Beobachtungen und ihre Bedeutung für Fragen der Technik). Seit 1923 an der Reichsanstalt für Erdbebenforschung tätig (seit 1936 war er deren Direktor), wurde er 1924 nichtbeamteter a. o. Prof. an der Univ. Jena. 1933 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Er veröffentlichte u . a . Handbuch der Erdbebenkunde (1904), Einführung in die Erdbeben- und Vulkankunde Süditaliens (1914), Geologische, physikalische und ange-
Siebertz wandte Erdbebenkunde (1923), Geologische Einführung in die Geophysik (1927) und Erdbebenforschung und ihre Verwertung für Technik, Bergbau und Geologie (1933). ED Poggendorff 4-6 S i e b e r t , August (Friedrich), Mediziner, * 3 1 . 7 . 1 8 0 5 München, t 1 • 7 . 1 8 5 5 Jena. S. studierte seit 1824 zunächst Philosophie und Theologie in Erlangen, wandte sich dann in Würzburg der Medizin zu und wurde 1829 promoviert (Beiträge zur pathologischen Anatomie der Tuberculose, der Malacien, der Magenscirrhen und des Aorten-Aneurysmas). 1829-31 war er in Bamberg als Assistenzarzt am Städtischen Krankenhaus tätig, danach als praktischer Arzt. 1846 wurde er erster o. Prof. der Inneren Medizin und Direktor der Medizinischen Abteilung der Landesheilanstalten in Jena; 1 8 5 3 / 5 4 war er Rektor der Universität. 1853 erfolgte seine Ernennung zum Hofrat. S. war Mitherausgeber der „Jenaischen Annalen für Physiologie und Medizin" (2 Bde., 1849), gab 1841-46 die „Zeitschrift für Staatsarzneikunde" heraus und veröffentlichte Technik der medizinischen Diagnostik (3 Bde., 1844/45). Er war der Vater von Friedrich —»S. S i e b e r t , Emil, Sänger, * 2 5 . 8 . 1825 Mannheim, t 21.5. 1890 Graz. Der Sohn Franz —>S.s erhielt 1850 in München sein erstes Engagement, trat dann an den Theatern von Regensburg, Augsburg, Pest und Nürnberg auf und war 1 8 6 7 / 6 8 am Hoftheater in Kassel engagiert. In den siebziger und achtziger Jahren gastierte S. an zahlreichen führenden Opernbühnen im deutschen Sprachraum, hatte vor allem als Tenorbuffo und Komödiant großen Erfolg und trat auch als Dialektkomiker (u. a. in selbstverfaßten Einaktern und Possen) im Bereich der Sprechbühne auf. Seine Glanzrolle war der Peter in Albert —»Lortzings Die beiden Schützen. Er komponierte auch Musik zu Theaterstücken sowie Orchester- und Klavierwerke. S. beging Selbstmord. CD Kutsch S i e b e r t , Franz, Sänger, * 1788 Einsiedel/Thüringisches Erzgebirge, f 10.4. 1858 Einsiedel. S. gab 1815 als Sarastro in der Zauberflöte sein Debüt in F r a n k f u r t / M a i n , trat 1 8 1 5 / 1 6 am Ständischen Theater in Prag und 1 8 1 7 / 1 8 am Opernhaus in Leipzig auf. 1818-21 und 1829-31 war er an der Hofoper in Wien, 1 8 2 2 / 2 3 in Dresden engagiert. 1831-34 sang S. in Karlsruhe, 1 8 3 5 / 3 6 am Hoftheater in Mannheim. 1827 und 1828 gastierte er am Theater in Riga, wo er u. a. die Partien des Don Giovanni, des Figaro in Die Hochzeit des Figaro und des Kaspar im Freischütz übernahm. S. war der Vater von Emil - ^ S . CD Kutsch S i e b e r t , Friedrich, Psychiater, Neurologe, * 2 2 . 2 . 1 8 2 9 Würzburg, t 2 0 . 5 . 1 8 8 2 Jena. Der Sohn August —>S.s studierte seit 1849 Medizin in Jena und Würzburg, wurde 1853 promoviert (De morbo maculoso Werlhofii) und war anschließend Assistent seines Vater in der Medizinischen Klinik in Jena sowie in der dortigen Chirurgischen Klinik. 1855 habilitierte sich S. f ü r Pathologische Anatomie, wurde 1865 Physikus und erhielt die Direktion der alten Irrenanstalt in Jena, 1866 auch die der landwirtschaftlichen Kolonie Kapellendorf. 1870 wurde die unter seiner Leitung neuerbaute Irrenanstalt in Jena eröffnet. Im selben Jahr erhielt S., Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina seit 1862, eine a. o. Professur für Psychiatrie an der Univ. Jena. Er schrieb u.a. Ueber die Ursachen der Nervosität in unserer Zeit. CD Kreuter S i e b e r t , Georg, Maler, Graphiker, * 13.5. 1896 Dresden, t 6. 11. 1984 Köln. Seine künstlerische Ausbildung erhielt S. 1913-16 an der Kunstgewerbeschule in Dresden, 1919-21 an der dortigen
Akademie der bildenden Künste und 1921-23 an der Kunstakademie in München; 1923-26 setzte er seine Studien in Dresden fort. 1933-42 war er Prof. an der Hochschule f ü r Bildende Künste in Karlsruhe und lehrte 1943-45 an der Akademie f ü r bildende Künste in Dresden. Nach dem Zweiten Weltkrieg war S. als freischaffender Künstler tätig, seit 1961 in Westdeutschland. Im Stil der Neuen Sachlichkeit schuf er Landschaften und Bildnisse, darunter Hamburger Zimmermann (1929), ein Porträt, f ü r das S. auf der Pariser Weltausstellung 1937 ein Ehrendiplom erhielt. S i e b e r t , Hans, eigentl. Johannes Georg S., Pädagoge, * 20.7. 1910 Niedervellmar, t 7 . 4 . 1979 Dresden. S., Sohn eines Landarbeiters, studierte 1930-32 an der Pädagogischen Akademie in Kassel, unterrichtete an der dortigen Volkshochschule und wurde 1933 wegen seiner KPDMitgliedschaft aus dem Schuldienst entlassen. Im Widerstand gegen die Nationalsozialisten engagiert, wurde er im Konzentrationslager Lichtenburg interniert und emigrierte nach seiner Entlassung Ende 1935 nach England, wo er Mitarbeiter des Free German Institute war. 1947 kehrte er nach Deutschland zurück, trat der S E D bei und war Leiter der Schulabteilung in der Deutschen Verwaltung für Volksbildung. 1949 wurde S. Direktor des Deutschen Pädagogischen Zentralinstituts, 1950 Leiter der Hauptabteilung f ü r Unterricht und Erziehung im Ministerium für Volksbildung der D D R und war 1952-59 Direktor des Pädagogischen Instituts in Dresden. 1960-75 lehrte er als Prof. der Geschichte und Theorie der sozialistischen Pädagogik an der T H bzw. TU Dresden. S. veröffentlichte u.a. Adolph Diesterweg. Seine Bedeutung für die Entwicklung der Erziehung und Bildung in Deutschland (1953). CD D D R S i e b e r t , Klara (Maria), auch Clara S., geb. Ritter, Lehrerin, Politikerin, * 2 . 8 . 1873 Schliengen (Baden), t 2 3 . 3 . 1963 Karlsruhe. Nach dem Besuch des Lehrerinnenseminars in Basel war S., Tochter eines Arztes, 1917-19 Referentin f ü r Arbeiterinnenfürsorge in der Frauenabteilung des XIV. Badischen Armeekorps. 1919 wurde sie in den Badischen Landtag gewählt und gehörte dort bis 1933 dem Vorstand der badischen Zentrumspartei an. 1 9 3 2 / 3 3 war sie für die Zentrumspartei Mitglied des Reichstags. S. veröffentlichte u . a . Frau und Volk (Hrsg., 1929) und Heilige Zeit der Kindheit (1930, h l 9 3 5 ) . CD Bad Bio N.F., Bd 3 S i e b e r t , Ludwig, Politiker, * 17.10. 1874 Ludwigshafen, t 1.11. 1942 S t o c k / C h i e m s e e . Nach dem Studium der Rechtswissenschaften trat S. 1897 in den bayerischen Staatsdienst ein und war seit 1901 Amtsanwalt in Neustadt /Weinstraße und 1 9 0 5 / 0 6 Staatsanwalt in Fürth. 1 9 0 7 / 0 8 Magistrat in Lindau, wurde er 1908 Bürgermeister von Rothenburg/Tauber und Mitglied des Bezirkstags Rothenburg, 1919 Erster Bürgermeister und 1924 Oberbürgermeister von Lindau. 1931 trat S. in die N S D A P ein, war 1 9 3 2 / 3 3 Mitglied des Bayerischen Landtags und wurde 1933 Bayerischer Finanzminister, Reichstagsmitglied und Bayerischer Ministerpräsident. Er war 1 9 3 3 / 3 4 und 1936-42 bayerischer Wirtschaftsminister, seit 1935 Chef der Bayerischen Staatskanzlei und seit 1939 Präsident der Deutschen Akademie München. S. veröffentlichte Die neuen Wege in der deutschen Wirtschaft (1936, 2 1938). S i e b e r t z , Paul, Redakteur, Verleger, * 11.8. 1877 Roisdorf (heute zu Bornheim), t 2 5 . 2 . 1 9 5 4 München. S. war 1900-02 Redakteur der „Allgäuer Zeitung" in Kempten, wurde dann Chefredakteur des „Bayerischen Kurier" in München und leitete 1907-11 das von ihm herausgegebene Blatt „Vaterland" in Wien, wo er 1910 auch den Verlag und die Druckerei St. Norbertus übernahm. 1920 wurde dieser
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Siebholz Verlag mit d e m Verlag Kösel und Pustet in M ü n c h e n vereinigt und S. alleiniger Geschäftsführender sowie persönlich haftender Gesellschafter des Unternehmens. Er schrieb mehrere Biographien, u. a. Karl Benz. Ein Pionier der Motorisierung (\943, 2\950). t u DLL S i e b h o l z , Gerhard, Komponist, Produzent, * 4 . 4 . 1 9 3 2 Eberswalde, t 1 3 . 2 . 2 0 0 3 Berlin. S. wurde 1951-56 an der Hochschule für Musik Berlin und an der Ingenieurschule Berlin-Lichtenberg zum Tonmeister/ Tonregisseur und Niederfrequenzingenieur ausgebildet und war 1956-60 Tonmeister für Tanz- und Unterhaltungsmusik beim R u n d f u n k , 1960-75 beim Volkseigenen Betrieb Deutsche Schallplatten, danach freischaffender Tonregisseur. Er komponierte mehr als 1000 Schlager (u.a. Kinder, Kinder, ich hab keine Zylinder, Der Fußball ist rund wie die Welt, Die erste Nacht am Meer) und Filmmusiken (Nicht Schummeln, Liebling, 1974, Regie: Joachim —> Hasler) sowie Orchester- und Ballettmusik. Der Schlager Die Sprache der Liebe ist leis wurde 1972 beim World Pop Song Festival in Tokio als beste Komposition ausgezeichnet. CD D D R S i e b m a c h e r , Johann, auch Hans Sibmacher, Maler, Kupferstecher, getauft 12.4. 1561 Nürnberg, begraben 2 3 . 3 . 1612 Nürnberg. Die erste datierte Arbeit von S. stammt von 1590. 1601 nennt er sich in einer Eingabe an Kaiser —»Rudolf II. „Radierer und Bürger zu Nürnberg". S. war Begründer des nach ihm benannten Siebmacher Wappenbuches, für das er ein Wappenbüchlein (1596) und das New Wappenbuch (2 Bde., 1605-09) vorbereitete hatte; Teile und Ergänzungsbände folgten zeitweise unter anderen Namen. CD T h - B S i e b o l d , A d a m Elias von, Gynäkologe, * 5 . 3 . 1775 Würzburg, t 1 2 . 6 . 1 8 2 8 Berlin. Ursprünglich für die kaufmännische Laufbahn bestimmt, begann der Sohn Karl Kaspar von —>S.s eine Ausbildung in einem Augsburger Comptoir, wandte sich dann in Würzburg dem Studium der Medizin zu, das er in Jena und Göttingen fortsetzte und 1798 in Würzburg mit der Promotion abschloß {De diagnosi conceptionis et graviditatis saepe dubiam). Wenige M o n a t e später habilitierte sich S. dort, erteilte als Privatdozent Hebammenunterricht und wurde 1799 a. o . P r o f . und Hebammenlehrer. 1800 unternahm er eine Studienreise nach Wien, eröffnete 1805, inzwischen Ordinarius, eine Entbindungsklinik in Würzburg und folgte 1816 einem Ruf nach Berlin. Seit 1804 war S. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Hier gründete er eine geburtshilfliche Klinik an der Univ., eine geburtshilfliche Poliklinik und eine Frauenklinik. S. reformierte die akademische Ausbildung in der Geburtshilfe und veröffentlichte u. a. Lehrbuch der theoretisch-praktischen Entbindungskunde (2 Bde., 1 8 0 3 / 0 4 , Μ 1 8 2 1 - 2 4 ) , Handbuch zur Erkenntniß und Heilung der Frauenzimmerkrankheiten (2 Bde., 1811-16, 2 1821-29, italien. 1925-26, niederländ. 4 Bde., 1822-27), Ueber den Gebärmutter-Krebs, dessen Entstehung und Verhütung (1824) und Versuch einer pathologisch-therapeutischen Darstellung des Kindbettfiebers (1826). S. war der Vater von Eduard Kaspar Jakob und Karl Theodor Ernst von —»S. S i e b o l d , Alexander (Georg Gustav) Frh. von, Diplomat, * 16.8. 1846 Leiden, t 23. 1.1911 Pegli bei Genua (Italien). Der Sohn Philipp Franz von —»S.s wuchs in Boppard und Bonn auf, reiste 1859 mit seinem Vater nach Japan und trat 1861 als Dolmetscher der japanischen Sprache in den Dienst der großbritannischen Regierung. 1868 übernahm S. die Vertretung des ersten Dragomans der englischen Gesandtschaft und die Leitung der Studien der Dolmetschereleven, trat 1870 in den japanischen Dienst über und wurde Attache
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im neugebildeten Ministerium für Kommunikationswesen. 1870 wurde S. zum Dank für die mit seiner Unterstützung zustandegekommene Österreich-ungarische handelspolitische Mission in Japan in den erblichen österr. Freiherrenstand erhoben. 1 8 7 3 / 7 4 hatte er die diplomatische Vertretung Japans in R o m inne, wurde 1875 in das Finanzministerium berufen und 1879 Honorarlegationssekretär bei der japanischen Gesandtschaft in Berlin. Seit 1885 wieder in Japan, kehrte S. 1887 nach Europa zurück, wobei er direkt d e m japanischen Minister f ü r Auswärtige Angelegenheiten unterstellt war, und wurde 1905 zum japanischen Legationsrat ernannt. CD Biogr Jahrb, Bd 16 S i e b o l d , Eduard Kaspar Jakob von, Gynäkologe, * 19.3. 1801 Würzburg, t 2 7 . 1 0 . 1 8 6 1 Göttingen. Der Sohn A d a m Elias von —> S., Bruder Karl Theodor Ernst von —>S.s und Vetter Philipp Franz Jonkheer von —>S.s Schloß das Medizinstudium in Berlin und Göttingen 1826 in Berlin mit der Promotion ab (De scirrho et carcinomate uteri, adjectis tribus totius uteri exstirpationis observationibus), war Assistent an der von seinem Vater geleiteten Universitäts-Entbindungsanstalt und habilitierte sich 1827 f ü r Geburtshilfe in Berlin, wo er nach dem Tod seines Vater 1828 dessen Lehrstuhl drei Semester lang vertrat. 1829 wurde S. o . P r o f . der Geburtshilfe in Marburg, 1833 in Göttingen. Er veröffentlichte u. a. Versuch einer Geschichte der Geburtshülfe (2 Bde., 1839-45, 3 Bde., 2 1901-04, frz. 1891 /92), Lehrbuch der Geburtshülfe ( 1 8 4 1 , 2 1 8 5 4 ) und Geburtshülfliche Briefe (1862, frz. 1866). S i e b o l d , Karl Kaspar von, Anatom, Chirurg, * 4. 11.1736 Nideggen bei Jülich, t 3 . 4 . 1 8 0 7 Würzburg. S. studierte 1752-57 Philosophie in Köln, erhielt dann eine zweijährige praktische Ausbildung in Chirurgie bei seinem Vater, einem Wundarzt, und war 1757-60 Feldarzt in französischen Spitälern. Seit 1760 Assistent im Würzburger Juliusspital, studierte er 1760-63 Naturwissenschaften und Medizin an der dortigen Univ., unternahm dann eine Studienreise nach Frankreich, England und Holland und wurde 1769 promoviert wurde. Anschließend lehrte S. Anatomie, Chirurgie und Geburtshilfe an der Univ. Würzburg. 1777 wurde er zum fürstbischöflichen Leibarzt und Hofrat ernannt, 1801 in den Reichsadel erhoben und war seit 1803 Medizinalrat des Herzogtums Würzburg. S. führte als erster in Deutschland den Schambeinfugenschnitt durch und veranstaltete anatomische Präparierübungen. 1771 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Er veröffentlichte u . a . Collectio observationum medico-chirurgicarum (1769), Practischer Unterricht der Hebammenkunst für die Hebammen (mit Johann Bartholomäus R u p p , 1780), Chirurgisches Tagebuch (1792) und Praktische Beobachtungen über die Kastration (1802). S. war der Vater von A d a m Elias von —>S. S i e b o l d , Karl Theodor Ernst von, Physiologe, Zoologe, * 1 6 . 2 . 1 8 0 4 Würzburg, t 7 . 4 . 1885 München. Der Sohn von A d a m Elias von —>S., Bruder von Eduard Kaspar Jakob von —»S. und Vetter von Philipp Franz von —»S. studierte 1823-28 Medizin in Berlin und Göttingen, widmete sich daneben zoologischen Studien und wurde 1828 zum Dr. med. promoviert (Observationes quaedam de salamandris et tritonibus). Seit 1831 war S. Kreisphysikus in Heilsberg (Ostpreußen), seit 1834 in Königsberg und wurde im selben Jahr Direktor der Hebammenschule in Danzig. Er setzte seine zoologischen Forschungen fort, verfaßte zahlreiche wissenschaftliche Abhandlungen und wurde 1840 auf Vermittlung Alexander von -H>Humboldts als o . P r o f . der Zoologie und vergleichenden Anatomie nach Erlangen berufen; er hielt auch Vorlesungen über Veterinärmedizin, Physiologie und Histologie. Seit 1845 lehrte S. in Freiburg/
Sieczynski Breisgau, seit 1850 als Prof. der Physiologie in Breslau und seit 1853 als Prof. der Physiologie und vergleichenden Anatomie in München, wo er 1855 Konservator der zoologischen Staatssammlungen wurde. S., seit 1840 Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina, war Begründer der wissenschaftlichen Parthenogenese, erkannte die Einzeller als selbständige Gruppe und entdeckte die Jungfernzeugung bei Insekten. 1848 gründete er zusammen mit Albert von —»Koelliker die „Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie". S. veröffentlichte u . a . Lehrbuch der vergleichenden Anatomie (hrsg. mit Hermann Friedrich —>Stannius, 2 Bde., 1846-48), Wahre Parthenogenesis bei Schmetterlingen und Bienen (1856, engl. 1857) und Die Süßwasserfische von Mitteleuropa (1863). CD D S B S i e b o l d , Philipp Franz von, seit 1842 Jonkheer, Mediziner, Naturforscher, Ethnologe, * 1 7 . 2 . 1 7 9 6 Würzburg, t 18.10. 1866 München. S., Enkel von Karl Kaspar von —>S. und Vetter von Eduard Kaspar Jakob und Karl Theodor Ernst von —>S., bereiste nach seinem 1820 mit der Promotion (De lingua) abgeschlossenen Studium der Medizin seit 1826 als Mitglied einer niederländischen Gesandtschaft Japan und betrieb dort naturhistorische und ethnographische Studien. 1822 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. 1829 wurde er wegen Spionageverdachts ausgewiesen, ging in die Niederlande und legte in Leiden den Botanischen Garten und das erste ethnographische M u s e u m an. 1842 erhielt er den niederländischen Adelstitel Jonkheer. Seit 1845 war S. Berater des holländischen Königs und des russischen Kaisers in japanischen Angelegenheiten. 1859-62 unternahm S. eine zweite Reise durch Japan, war 1861 Berater des Staatsrats des Shogun und förderte die Einführung der europäischen Wissenschaften in Japan. Mit seinem Hauptwerk Nippon. Archiv zur Beschreibung von Japan und dessen Neben- und Schutzländern [...] (7 Bde., 1832-52, 2 Bde., 2 1897, Nachdr. 1969, frz. 5 Bde., 1838-40, Atlas 1899) erweiterte S. wesentlich die geographischen Kenntnisse von Ostasien und lieferte auch erstmalig ausführliche Berichte über japanische Geschichte, Staatswesen, Religion, Kunst, Wissenschaft, Handel und Landwirtschaft. Er war der Vater von Alexander von —> S. CD Czeike S i e b o l d , Regina Josepha von, geb. Henning, verh. Heiland, Geburtshelferin, * 14.12. 1771 Geismar, t 2 8 . 2 . 1 8 4 9 Darmstadt. S., Tochter eines kurmainzischen Kammersekretärs, war in zweiter Ehe mit dem Hof- und Medizinalrat Theodor Damian von S. verheiratet. 1 8 0 6 / 0 7 erhielt sie eine geburtshilfliche Ausbildung in Würzburg. Neben der praktischen Ausübung ihres Berufes unterstützte S. ihren Mann in der H e b a m m e n ausbildung und wurde 1815 in Anerkennung ihrer Verdienste von der Univ. Gießen zur Dr. honoriae artis obstetriciae promoviert. Sie war die Mutter von Charlotte - » Heidenreich. CD Eichsfeld S i e b s , T h e o d o r (Friedrich Clemens), Germanist, * 2 6 . 8 . 1862 Bremen, t 2 8 . 5 . 1941 Breslau. Nach d e m 1885 mit der Promotion zum Dr. phil. abgeschlossenen Studium der Germanistik, Klassischen Philologie und Vergleichenden Sprachwissenschaft in Tübingen und Leipzig hielt sich S., Sohn eines Kaufmanns, längere Zeit in R o m auf und habilitierte sich 1888 in Breslau (Zur Geschichte der englisch-friesischen Sprache, gedruckt 1889, Nachdr. 1966). Seit 1890 war er Privatdozent, seit 1894 a. o. Prof. der Deutschen Sprache und Literatur in Greifswald, 1902-29 o . P r o f . in Breslau, 1903-22 zudem Direktor des dortigen Instituts für Kirchenmusik und 1902-39 Vorsitzender der Schlesischen Gesellschaft f ü r Volkskunde. S. gab die „Mitteilungen der Schlesischen Gesellschaft für Volkskunde" (1903-39) und
„Wort und Brauch" (1903-39) heraus. 1917 wurde er zum Geheimen Regierungsrat ernannt. S. beschäftigte sich vor allem mit dem Friesischen (u.a. Geschichte der friesischen Litteratur, 1902) und den altfriesischen Rechtsquellen. Sein Werk Deutsche Bühnenaussprache (1898; 1 y 1969 unter dem Titel Deutsche Aussprache, hrsg. von seinem Schwiegersohn Helmut de —> Boor, Hugo —> Moser und Christian Winkler) wurde maßgeblich f ü r die deutsche Bühnenaussprache. Ferner veröffentlichte er Helgoland und seine Sprache (1909, Nachdr. 1968) und Hermann Allmers. Sein Leben und Dichten [...] (1915, Nachdr. 1982). CD I G L S i e b u r g , Friedrich (Carl Maria), Schriftsteller, Publizist, * 18.5. 1893 Altena (Westfalen), f 1 9 . 7 . 1 9 6 4 Gärtringen (Kr. Böblingen). Der Sohn eines Beamten und späteren leitenden Angestellten studierte seit 1912 Philosophie, Geschichte und Nationalökonomie in Heidelberg, M ü n c h e n , Freiburg/Breisgau und Münster. Seit 1914 hatte er Kontakt zum George-Kreis. S. nahm am Ersten Weltkrieg teil, seit 1916 als Fliegeroffizier in Frankreich. 1919 in Münster zum Dr. phil. promoviert (Die Grade der lyrischen Formung. Beiträge zu einer Ästhetik des lyrischen Stils), lebte er seit 1920 als freier Schriftsteller, Journalist und Publizist in Berlin. S. schrieb Theaterund Filmkritiken (u. a. f ü r die „Weltbühne"), einen Rosa —> Luxemburg gewidmeten Gedichtband Die Erlösung der Straße (1921) sowie Erzählungen (Oktoberlegende, 1924). Seit 1924 war er Auslandskorrespondent der „Frankfurter Zeitung" in Kopenhagen, Oslo, Paris (1926-30, 1932-39) und London (1930-32) und arbeitete seit 1929 an Hans —> Zehrers „Tat" mit. S. bekannte sich zum Nationalsozialismus (Es werde Deutschland, 1933), für den er nach 1933 auch tagespublizistisch eintrat. Nach der Besetzung Frankreichs durch deutsche Truppen wurde S. (neben Ernst —»Jünger) in den kulturpolitischen Koordinierungsstab der Besatzungsmacht berufen. 1941 trat er in die N S D A P ein. Nach Differenzen verließ er E n d e 1942 die Deutsche Botschaft und war bis 1943 in der Redaktionszentrale der „Frankfurter Zeitung" tätig. Nach 1945 von der französischen Militärregierung mit Schreibverbot belegt, war er seit 1948 Mitherausgeber der Wochenschrift „Die Gegenwart" und 1956-64 Leiter der wöchentlichen Literaturbeilage der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Der exzellente Frankreichkenner und Befürworter der Verständigung mit d e m Nachbarland S. war einer der einflußreichsten Publizisten der Adenauer-Ara und entschiedener Gegner der Nachkriegsliteratur u m die Gruppe 47. 1953 erhielt S. den Professorentitel des Landes Baden-Württemberg, war seit 1956 ordentliches Mitglied der Akademie der Künste in Berlin und wurde u. a. 1963 mit dem Annette-von-Droste-HülshoffPreis und dem Westfälischen Literaturpreis ausgezeichnet. Er schrieb Essays (u.a. Gott in Frankreich? Ein Versuch, 1929, 3 1940, erw. Neuausg. 1954; Blick durchs Fenster, 1939; Nur für Leser, 1955; Verloren ist kein Wort. Disputationen mit fortgeschrittenen Lesern, postum 1966), Reiseberichte (Die stählerne Blume, 1940) und Biographien (Robespierre, 1935, erw. Neuaufl. 1958; Napoleon, 1956; Chateaubriand, 1959). CD B W B , Bd 3 S i e c z y n s k i , Rudolf, österr. Schriftsteller, Komponist, * 2 3 . 2 . 1879 Wien, t 5 . 5 . 1952 Wien. Das Studium der Rechtswissenschaften in Wien Schloß S. 1904 mit der Promotion zum Dr. jur. ab, trat in den Dienst der niederösterreichischen Landesregierung und war in der k. k. Statthalterei tätig. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde er Hofrat und Amtsleiter der Landesagrarbehörde. S. verfaßte kultur- und sittengeschichtliche Bücher ( u . a . Wiener Sprache, 1947). Bekannt wurde er vor allem als Dichter und
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Siede Komponist von Wienerliedern, u. a. von Wien, du Stadt meiner Träume {Wien, Wien, nur du allein, 1913). S. war Vizepräsident der Gesellschaft „Autoren, Komponisten, Musikverleger" und seit 1925 Präsident des Österreichischen Komponistenbundes. t u ÖML S i e d e , Johann Christian, Schriftsteller, * 19.10. 1765 Magdeburg, t 1 4 . 6 . 1 8 0 6 Berlin. Nach einer Hofmeistertätigkeit in Zichtau (Altmark) war S. Direktor einer Handelsakademie in Berlin und wurde 1801 Geheimer Rat und Geschäftsträger des Fürstentums Anhalt-Kothen in Berlin. Er verfaßte pädagogische Schriften (Handbuch für die äußere Bildung oder Regeln des Anstandes [...], 1791) und trat als Unterhaltungsschriftsteller hervor (Selbstgeständnisse und Leiden der großen Frau oder Ihr geheimes Tagebuch, 1793), die in der Tradition aufklärerischer Popularphilosophie stehen. Seine moraldidaktischen Ansichten faßte er in dem Handbuch für praktische Weltund Menschenkenntniß vom Verfasser des Weltmanns (1797) zusammen. DO D L L
Siedentopf,
Henry Friedrich Wilhelm, Physiker, * 2 2 . 9 . 1872 Bremen, t 8.5. 1940 Jena. S. studierte seit 1891 Physik in Leipzig und Göttingen und wurde 1897 promoviert ( U e b e r die Capillaritätsconstanten geschmolzener Kristalle). 1899-1938 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter der Firma Carl Zeiss in Jena, seit 1907 Leiter der Mikroskopieabteilung. 1918 wurde er Prof. der Mikroskopie an der dortigen Universität. 1 9 0 2 / 0 3 konstruierte S. gemeinsam mit Richard —»Zsigmondy das Ultramikroskop und leistete Pionierarbeit bei der Entwicklung der Mikrokinematographie (Zeitlupe, Zeitraffer) und der Mikrophotographie. 1930 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Er veröffentlichte u . a . Übungen zur wissenschaftlichen Mikroskopie (mit Hermann Ambronn, 2 Tie., 1912/13). CD D S B S i e d e r , Johann, Übersetzer, E n d e 15. J h . / A n f a n g 16. Jh., t vor 1538. Seit 1479 als Kleriker der Diözese Würzburg an der Univ. Köln immatrikuliert, wurde S. 1481 Baccalaureus artium, 1487 Magister und war seit 1484 Kanoniker des Würzburger Stifts. U m 1500 wurde er Sekretär des Würzburger Bischofs Lorenz von —> Bibra. S. übersetzte die Metamorphoses (Der goldene Esel) des Apuleius, denen er die Übersetzung von Lukians Verae historiae voranstellte. Beide Übersetzungen wurden 1500 abgeschlossen und sind dem Wormser Bischof Johann von —> Dalberg gewidmet. DP V L S i e d e r , Kurt, Schauspieler, Theaterdirektor, * 2 3 . 9 . 1899 M a n n h e i m , t 2 8 . 9 . 1964 Aachen. S. erhielt seine Schauspielausbildung in Mannheim, debütierte 1919 am Städtischen Schauspielhaus in Hannover und spielte 1920-24 am Intimen Theater in Nürnberg. 1 9 2 5 / 2 6 trat er an den dortigen Kammerspielen, dann am Stadttheater in Stendal auf und war 1 9 4 5 / 4 6 Intendant des Stadttheaters in Aachen. 1947 übernahm S. die künstlerische Leitung des Westfälischen Landestheaters in Castrop Rauxel und war 1950-64 Direktor des Zimmertheaters des Landkreises Aachen, des späteren Grenzlandtheaters.
Siedhoff,
Werner, Schauspieler, * 3 . 5 . 1899 Duisburg, f 28.11.1976 Frankfurt/Main. Der Sohn eines Amtsgerichtsrats besuchte eine Kadettenanstalt, studierte nach dem Ersten Weltkrieg Kunstgeschichte in Marburg und München und wechselte dann zur Schauspielerei. Bis 1923 Mitglied einer Wanderbühne, war er danach Tänzer und Schauspieler an der Versuchsbühne des Bauhau-
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ses in Dessau, trat in Berlin, Osnabrück und Gera auf und spielte 1942-70 an den Städtischen Bühnen F r a n k f u r t / M a i n . CD Frankf Biogr
Siedler,
Eduard Wolf Jobst, Architekt, * 7 . 3 . 1880 Loburg (Bez. Magdeburg), t 1 . 2 . 1 9 4 9 Berkeley (Kalifornien, USA). Der Sohn eines Oberlandesgerichtsrats studierte Architektur an den Technischen Hochschulen München und Berlin, legte 1903 in Berlin die Regierungsbauführer-, 1908 die Regierungsbaumeisterprüfung ab und wurde 1910 an der T H Darmstadt zum Dr.-Ing. promoviert. S. lebte als selbständiger Architekt in Berlin und lehrte 1926-45 als Prof. an der dortigen T H . Zu seinen wichtigsten Bauten zählen das Rathaus Berlin-Zehlendorf (1926-29), die Siedlung auf dem Tempelhofer Feld ( 1 9 2 7 / 2 8 ) sowie die Erweiterung der Reichskanzlei (1928-30).
Siefarth,
Günter, Journalist, * 2 . 6 . 1929 Düsseldorf, t 1 . 7 . 2 0 0 2 Leverkusen. Zunächst beim Westdeutschen R u n d f u n k tätig, war S. 1961 Mitbegründer der „Sportschau". Für die A R D leitete er 1968-72 das „Apollo-Sonderstudio", das die B e m ü h u n g e n um die erste Mondlandung begleitete und 1969 die Landung moderierte. 1972-75 war er Moderator der Serie „Bilder aus der Wissenschaft", 1980-87 von Wahl-Sondersendungen der A R D . S. befaßte sich vor allem mit der Raumfahrt und veröffentlichte Raumfahrt (1972), Hat sich der Mond gelohnt? (1974) und Geschichte der Raumfahrt (2001).
Siefert,
Paul, auch Sibert, Sievert, Syfert, Musiker, K o m ponist, getauft 2 8 . 5 . 1 5 8 6 Danzig, t 6 . 5 . 1 6 6 6 Danzig. S., Sohn eines Prokurators, war 1607-09 als Stipendiat des Danziger Rats Schüler Jan Pieterszoon Sweelincks in A m sterdam und wurde nach seiner R ü c k k e h r Organist an der Danziger Marienkirche. Seit 1611 wirkte er in gleicher Stellung an der Altstädtischen Kirche in Königsberg, gehörte 1616-23 der Warschauer Hofkapelle an und kehrte 1632 als Organist an die Marienkirche in Danzig zurück. Zu seinen Kompositionen gehören Vokal- und Instrumentalmusik, vorwiegend Orgelwerke, darunter Psalmen Davids (1640). • α MGG
Siefkes,
Wilhelmine, Pseud. Wilmke Anners, Schriftstellerin, * 4. 1 . 1 8 9 0 Leer (Ostfriesland), t 28. 8. 1984 Leer. Die aus einer Bauernfamilie s t a m m e n d e S. war seit 1910 Lehrerin in Jemgun, Fallersleben und Leer und Schloß sich nach d e m Ersten Weltkrieg der S P D an. Sie stand den Ideen der Reformpädagogik nahe. 1933 wurde sie aus dem Schuldienst entlassen und mit Schreibverbot belegt, als sie die Unterschrift unter eine Loyalitätserklärung für —»Hitler verweigerte. Seit Beginn der zwanziger Jahre verfaßte S. hoch- und niederdeutsche Erzählungen, übertrug - » G r i m m s Märchen ins Niederdeutsche und veröffentlichte 1941 den niederdeutschen R o m a n Keerlke (rev. 3 1973). Während des „Dritten Reiches" publizierte sie pseudonym, später wieder unter ihrem eigenen Namen. S. schrieb auch Mundartlyrik (Tüschen Saat und Seise, 1959, erw. 1971) sowie Erinnerungen (1979). DO D L L
Sieg,
Georg Erich, Industrieller, * 26. 11. 1864 Elbing, t 8 . 3 . 1937 Köln. Der K a u f m a n n s s o h n studierte seit 1881 Physik, insbesondere Elektrotechnik, in Berlin und Königsberg, wurde 1887 als Assistent von Hermann von —» Helmholtz promoviert ( U e b e r die Bestimmung von Capillaritätsconstanten an Tropfen und Blasen) und übernahm die Leitung der Akkumulatorenwerke Gottfried Hagen A G in Köln-Kalk, deren Aufsichtsrat er 1929-37 angehörte. S. war auch Geschäftsführer der Elektrischen Blockstationen G m b H und der Sieg & Co. G m b H in Köln. CD Altpreuß Biogr, Bd 2
Siegel S i e g , John, eigentl. Ignatius Johann S., Pseud. Siegfried Nebel, Widerstandskämpfer, Journalist, Schriftsteller, * 3 . 2 . 1903 Detroit (Michigan, USA), t 15. 10. 1942 Berlin. Der aus einer deutsch-amerikanischen Familie s t a m m e n d e S. wuchs seit 1912 in Schlochau (Westpreußen) auf, besuchte 1919-23 das Lehrerseminar in Deutsch Krone und hielt sich 1924-28 wieder in den U S A auf. Seit 1928 lebte er in Berlin, veröffentlichte 1 9 2 8 / 2 9 erste Reportagen in der Monatsschrift „Die Tat" und im „Berliner Tageblatt" und war 1929-33 Feuilletonredakteur der „Roten Fahne". 1933 wurde er von den Nationalsozialisten verhaftet, war als Bauarbeiter und seit 1937 bei der Reichsbahn tätig. S. gehörte einer kommunistischen Widerstandsgruppe an, war seit 1941 Mitherausgeber der illegalen Flugschrift „Die Innere Front" und kam im Oktober 1942 in Gestapohaft, w o er Selbstmord beging. 1989 erschien eine Auswahl aus seinen Schriften unter d e m Titel Einer von Millionen spricht. Skizzen, Erzählungen, Reportagen, Flugschriften (hrsg. von H. Schmidt). CD Lex sozialist Lit S i e g e l , Carl, österr. Philosoph, Mathematiker, * 19.8. 1872 Neuwaldegg (heute zu Wien), t 14.2. 1943 Graz. Das Studium der Philosophie (seit 1890) in Wien und Göttingen Schloß S. 1894 mit der Promotion zum Dr. phil. ab (Vom ebenen Nullsysteme 2. Grades). 1 8 9 5 / 9 6 war er als Assistent an der Lehrkanzel für Höhere Mathematik an der T H Brünn und 1898-1901 dort, seit 1901 in Wien als G y m n a siallehrer tätig. 1900 habilitierte sich S. an der T H Brünn für Philosophie, 1904 an der Univ. Wien für Theoretische Philosophie, ging 1913 als a. o . P r o f . der Philosophie nach Czernowitz, wurde 1919 o . P r o f e s s o r und folgte 1927 einem Ruf als o. Prof. f ü r Philosophie nach Graz. Er veröffentlichte u . a . Zur Psychologie und Theorie der Erkenntnis (1903), Geschichte der deutschen Naturphilosophie (1913), Grundprobleme der Philosophie organisch entwickelt (1925), Alois Riehl. Beitrag zur Geschichte des Neukantianismus (1932) und Nietzsches Zarathustra. Gehalt und Gestalt (1938). S., seit 1939 korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien, starb bei einem Verkehrsunfall. ca
ÖBL
S i e g e l , Carl Ludwig, Mathematiker, * 3 1 . 1 2 . 1896 Berlin, t 4 . 4 . 1981 Göttingen. S., Sohn eines Briefträgers, studierte als Schüler E d m u n d —> Landaus Mathematik in Göttingen, wurde 1921 promoviert (Approximation algebraischer Zahlen), habilitierte sich im selben Jahr in F r a n k f u r t / M a i n (Additive Theorie der Zahlkörper) und wurde z u m Privatdozenten ernannt. Seit 1922 dort Lehrstuhlinhaber, wurde er 1938 o. Prof. in Göttingen. 1940 emigrierte S. in die U S A , war Mitarbeiter des Institute for Advanced Studies in Princeton, seit 1945 als Prof., und kehrte 1951 nach Göttingen zurück, wo er bis zu seiner Emeritierung 1959 als o. Prof. der Mathematik lehrte. S. leistete Bedeutendes auf dem Gebiet der analytischen Zahlentheorie und befaßte sich in seinen Forschungen auch mit Himmelsmechanik. Er war Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften in Göttingen sowie der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina (seit 1958) und korrespondierendes Mitglied zahlreicher weiterer in- und ausländischer Akademien. S. veröffentlichte u . a . Transcendental numbers (1949, Nachdr. 1965, dt. Transzendente Zahlen, 1967), Über die Normalform analytischer Differentialgleichungen in der Nähe einer Gleichgewichtslösung (1952), Vorlesungen über Himmelsmechanik (1956, portugies. 1 9 5 6 , 2 1 9 8 6 , russ. 1959, engl. 1971, Nachdr. 1995) und Analytische Zahlentheorie C2 Bde., 1 9 6 3 / 6 4 , Nachdr. 1991-96). OD H e u e r / W o l f
S i e g e l , C u r t , A r c h i t e k t , * 1 1 . 3 . 1 9 1 1 Brüssel, f 1 6 . 4 . 2 0 0 4 Dornbirn. S. studierte Architektur und Bauingenieurwesen an der T H Dresden, wurde 1939 promoviert (Wirtschaftliche Bemessung und Formgebung von zweistieligen Rahmen des Hochbaus mit Zugband und ohne Zugband) und war dann als Architekt in Magdeburg tätig. Seit 1946 lehrte er Statik an der Hochschule für Baukunst in Weimar und ging 1950 an die T H Stuttgart, wo er bis 1970 als Ordinarius für Statik und Baukonstruktion, später auch f ü r Industriebau sowie für Tragkonstruktionen und konstruktives Entwerfen lehrte. S. begründete die architektonische Tragwerkslehre, die er vor allem in Strukturformen der modernen Architektur (1960, 3 1970) darlegte. Mit dem 1953 von ihm mitbegründeten Büro Siegel, Wonneberg und Partner schuf er neben verschiedenen Instituten der Univ. Stuttgart (darunter das Gebäude der Fakultät für Architektur „ K l " ) , das Verwaltungsgebäude der Boehringer A G in M a n n h e i m (1960) das M u s e u m für Naturkunde am Löwentor (1981) und die Hanns-Martin-Schleyer-Halle (1983) in Stuttgart. Ferner setzte sich S. den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche ein, deren Kuppelgewölbe er in Risszeichnungen dokumentiert hatte und die als Grundlage für die Rekonstruktion dienten. S i e g e l , (Michael) Harro, Puppenspieler, * 24. 1. 1900 Kassel, f 6 . 1 2 . 1985 Göttingen. Nach einer Buchbinderlehre studierte S. Germanistik, Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte in München, besuchte die Kunstakademien in Kassel und Berlin und führte seit 1926 mit selbstgebauten Marionetten auf Tourneen durch Deutschland, später durch Europa, Stücke auf. 1936 erhielt er in Berlin eine Professur für Kunsterziehung, folgte 1943 einem Ruf nach Braunschweig und errichtete hier ein städtisches Marionettentheater. Seit 1946 war S. auch Dozent für Puppenspiel an der Meisterschule für das gestaltende Handwerk, übernahm 1964 für sechs Jahre die Leitung der Künstlerstiftung Villa R o m a n a in Florenz und ließ sich 1978 in Göttingen nieder. S i e g e l , Heinrich, Jurist, * 13.4. 1830 L a d e n b u r g / N e c k a r , t 4 . 6 . 1899 Wien. S. Schloß das Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg und Bonn mit der Promotion ab, habilitierte sich 1853 in Gießen für deutsches Recht, ging 1858 als a. o. Prof. nach Wien und war 1862-97 o.Professor. Er veröffentlichte u . a . eine Geschichte des deutschen Gerichtsverfahrens (1857, Neudr. 1970) und war seit 1870 Herausgeber der „Österreichischen Weisthümer". Seit 1873 war er wirkliches Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften in Wien. m
HRG
S i e g e l , Hermann, Sänger, * 23. 11. 1876 Neuschönefeld bei Leipzig, t 1 1 . 1 1 . 1 9 4 4 Hamburg. S. gab 1910 am Stadttheater in Aussig sein Bühnendebüt und war 1912-18, mit Unterbrechung durch Kriegsdienst, am Deutschen Theater in Prag und 1918-25 an der Volksoper Hamburg verpflichtet. 1925 wurde er Ensemblemitglied des Hamburger Stadttheaters (der späteren Staatsoper) an d e m er bis 1944 auftrat. Hier sang er u. a. in den Uraufführungen der Opern Das Wunder der Heliane (1927) von Erich Wolfgang —> Korngold und Schwarzer Peter (1937) von Norbert Schultze. CD Kutsch S i e g e l , Karl-August, kath. Theologe, Weihbischof, * 14.6. 1916 Lübeck, t 8. 10.1990 Osnabrück. S. studierte Theologie in Münster. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg 1947 zum Priester geweiht, war er als Kaplan tätig. 1953 f ü r R u n d f u n k - und Fernseharbeit freigestellt, übernahm er 1954 die Leitung der Hauptstelle für katholische Fernseharbeit in F r a n k f u r t / M a i n . 1960 beriet er
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Siegel im R a h m e n des Z w e i t e n Vatikanischen K o n z i l s d i e päpstliche K o m m i s s i o n in Fragen der sozialen K o m m u n i k a t i onsmittel. 1961 w u r d e S. der Titel eines P ä p s t l i c h e n G e h e i m k ä m m e r e r s , 1966 der eines Päpstlichen H a u s p r ä l a t e n verliehen. Seit 1967 w a r S. als S t a d t d e c h a n t von H a m b u r g tätig. 1974 w u r d e er z u m Titularbischof von S i n n i p s a und z u m W e i h b i s c h o f von O s n a b r ü c k e r n a n n t . Er wirkte als D o m k a p i t u l a r und B i s c h o f s v i k a r f ü r d i e R e g i o n e n N i e d e r sachsen und B r e m e n , 1978-88 als B i s c h o f s v i k a r f ü r H a m burg und S c h l e s w i g - H o l s t e i n s o w i e als S t a d t d e c h a n t und Vorsitzender des Verbandes der R ö m i s c h - K a t h o l i s c h e n Kirc h e n g e m e i n d e n in H a m b u r g . 1986 verlieh i h m d e r H a m b u r ger S e n a t den Titel e i n e s P r o f e s s o r s . DP G a t z 5 S i e g e l , Paul Willy, G y n ä k o l o g e , * 1 4 . 3 . 1884 D r e s d e n , t 5. 1. 1957 R o t t a u / C h i e m s e e . S., S o h n eines K a u f m a n n s , studierte seit 1904 M e d i z i n in F r e i b u r g / B r e i s g a u , w u r d e 1911 p r o m o v i e r t u n d w a r 1912-18 Assistent an der dortigen Universitätsklinik, w o er sich 1918 f ü r F r a u e n h e i l k u n d e und G e b u r t s h i l f e habilitierte (Gewollte und ungewollte Schwankungen der weiblichen Fruchtbarkeit). 1918-24 w a r S. Oberarzt an der Universitätsklinik in G i e ß e n , w u r d e 1923 a. o . P r o f . u n d ging 1924 als Direktor der P r o v i n z i a l - H e b a m m e n a n s t a l t und L a n d e s f r a u e n k l i n i k nach Insterburg ( O s t p r e u ß e n ) . N a c h d e m Z w e i t e n Weltkrieg ließ er sich als F a c h a r z t f ü r F r a u e n k r a n k h e i t e n in H a m b u r g nieder. S. schrieb u. a. Der Hebammenlehrkurs in Frage und Antwort (1931). m A l t p r e u ß Biogr, B d 2 S i e g e l , Ralph Maria, Komponist, Musikverleger, Schriftsteller, * 8 . 6 . 1 9 1 1 M ü n c h e n , f 2. 8. 1972 M ü n c h e n . D e r S o h n R u d o l f —»S.s studierte u . a . als S c h ü l e r Ernst —»Tochs M u s i k in Köln, Florenz, R o m u n d Berlin u n d erhielt G e s a n g s u n t e r r i c h t . Er w a r als O p e r e t t e n t e n o r a m M e t r o poltheater und im A d m i r a l s p a l a s t in Berlin und seit 1941 a m G ä r t n e r p l a t z t h e a t e r in M ü n c h e n tätig. 1946-49 war S. künstlerischer Leiter und Oberspielleiter d e s N e u e n T h e a t e r s in A u g s b u r g , d a n e b e n R e g i s s e u r a m C o r s o - T h e a t e r in Berlin und a m D e u t s c h e n T h e a t e r in M ü n c h e n . 1948 g r ü n d e t e er in M ü n c h e n die R a l p h M a r i a Siegel M u s i k v e r l a g e , d i e er bis zu s e i n e m T o d leitete. In den dreißiger bis f ü n f z i g e r J a h r e n w a r S. einer der e r f o l g r e i c h s t e n d e u t s c h e n Schlagertexter ( u . a . Ο mia bella Napoli, 1938; Chianti-Lied, 1939; Capri Fischer, 1943). E r arbeitete r e g e l m ä ß i g mit G e r h a r d —»Winkler z u s a m m e n . S. schrieb L u s t s p i e l e ( u . a . Alles für Eva, 1933; Liebeszauber, 1936) u n d k o m p o n i e r t e O p e r e t ten, M u s i c a l s ( u . a . Charley's Tante, U r a u f f ü h r u n g 1967), F i l m m u s i k und S c h l a g e r (u. a. Ich hab noch einen Koffer in Berlin, 1957).
S i e g e l , R u d o l f , Dirigent, * 1 2 . 4 . 1878 Berlin, t 4. 12. 1948 M ü n c h e n . N a c h d e m mit der P r o m o t i o n a b g e s c h l o s s e n e n S t u d i u m der R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n studierte S. u . a . bei E n g e l b e r t H u m p e r d i n c k in Berlin und bei L u d w i g - > T h u i l l e in M ü n c h e n . 1 9 0 6 / 0 7 w a r er als Dirigent in E s s e n , seit 1910 in M ü n c h e n tätig, w o er d i e K o n z e r t g e s e l l s c h a f t f ü r C h o r g e s a n g dirigierte und H a n s —>Pfitzners Armen Heinrich 1911 i m P r i n z r e g e n t e n t h e a t e r als K o n z e r t a u f f ü h r t e . Seit 1912 lebte S. in Berlin, arbeitete hier mit d e m P h i l h a r m o nischen Orchester, war 1914-17 Leiter der M u s i k a l i s c h e n A k a d e m i e in K ö n i g s b e r g und 1 9 1 8 / 1 9 O p e r n d r a m a t u r g in M a n n h e i m . 1919 w u r d e er Städtischer M u s i k d i r e k t o r und Dirigent d e r K o n z e r t g e s e l l s c h a f t in K r e f e l d , w o er 1922-30 als G e n e r a l m u s i k d i r e k t o r wirkte. Später war S. G a s t d i r i g e n t in Berlin und M ü n c h e n . 1914 w u r d e in E s s e n s e i n e L u s t s p i e l o p e r Herr Dandolo a u f g e f ü h r t . S. w a r der Vater von Ralph M a r i a - > S . CD A l t p r e u ß Biogr, B d 2
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Siegelberg,
M a r k , Publizist, * 1 1 . 6 . 1 8 9 5 L u c k ( R u ß l a n d ) , t 4 . 1 2 . 1 9 8 6 Katzelsdorf (Niederösterreich). D a s S t u d i u m in B e r n u n d W i e n Schloß S. mit der P r o m o t i o n z u m Dr. jur. et rer. pol. ab, arbeitete seit 1922 an verschied e n e n Z e i t s c h r i f t e n mit (u. a. „ D e r M o r g e n " , „ D e r T a g " ) und w a r 1934-38 R e d a k t e u r der „ S t u n d e " . 1 9 3 8 / 3 9 in den K o n zentrationslagern D a c h a u und B u c h e n w a l d interniert, e m i grierte er 1939 nach S h a n g h a i , war R e d a k t e u r d e s „ S h a n g h a i J e w i s h C h r o n i c l e " und schrieb T h e a t e r s t ü c k e f ü r d i e E m i g r a n t e n g r u p p e „ D i e sieben S c h a u s p i e l e r " . 1942 ging S. n a c h Australien und w a r seit 1954 H e r a u s g e b e r der „ N e u e n Heim a t u n d W e l t " in M e l b o u r n e , der e i n z i g e n d e u t s c h s p r a c h i gen Z e i t u n g Australiens. In den s e c h z i g e r J a h r e n kehrte er n a c h Österreich zurück. S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Schutzhaftjude 13877 (1940). m L e x österr Exillit
Siegele-Wenschkewitz,
Leonore, geb. Wenschkewitz, e v a n g . T h e o l o g i n , * 2 7 . 7 . 1944 Belgard ( P o m m e r n ) , t 17. 12. 1999 F r a n k f u r t / M a i n . S . - W . , Tochter eines Pfarrers, studierte seit 1963 M u s i k w i s s e n s c h a f t , Latein und T h e o l o g i e an d e n Universitäten Göttingen und T ü b i n g e n und w u r d e 1972 mit der A r b e i t Nationalsozialismus und Kirchen. Religionspolitik von Partei und Staat bis 1935 (gedruckt 1974) p r o m o v i e r t . A n s c h l i e ß e n d arbeitete S . - W . als w i s s e n s c h a f t l i c h e Assistentin a m Lehrstuhl f ü r K i r c h e n o r d n u n g und K i r c h l i c h e Z e i t g e s c h i c h t e in T ü b i n g e n . N a c h A b l e h n u n g ihres H a b i l i t a t i o n s v o r h a b e n s einer G e s c h i c h t e der E v a n g e l i s c h - T h e o l o g i s c h e n F a k u l t ä t der U n i v . T ü b i n g e n von 1898 bis 1945 g i n g sie 1979 als R e petentin an das e v a n g . Stift in T ü b i n g e n . 1983 zur Studienleiterin, 1996 zur Direktorin an d e r e v a n g . A k a d e m i e Arn o l d s h a i n b e r u f e n , w u r d e sie 1984 als Pfarrerin ordiniert und habilitierte sich 1990 f ü r E v a n g . T h e o l o g i e in F r a n k f u r t / M a i n . 1997 w u r d e sie dort z u m a p l . P r o f . und im f o l g e n d e n J a h r zur Vorsitzenden der A r b e i t s g e m e i n s c h a f t f ü r kirchliche Z e i t g e s c h i c h t e e r n a n n t . Seit 1980 g e h ö r t e sie der S t u d i e n k o m m i s s i o n K i r c h e und J u d e n t u m an. Z u ihrem u m f a n g r e i c h e n Werk g e h ö r e n Neutestamentliche Wissenschaft vor der Judenfrage. Gerhard Kittels theologische Arbeit im Wandel deutscher Geschichte (1980) und Zehn Jahre danach. Die Verantwortung von Theologie und Kirche in der Gesellschaft (1989-1999) (2000). π α Frauen Luthertum S i e g e n , Karl (Franz M a x A u g u s t ) , Journalist, Schriftsteller, * 1 2 . 9 . 1 8 5 1 W e i m a r , t 2 8 . 2 . 1917 L e i p z i g . S. studierte seit 1872 G e s c h i c h t e und P h i l o l o g i e in Jena, w o er z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t wurde, w a r d a n n k u r z e Zeit H a u s l e h r e r in Ü b e r l i n g e n a m B o d e n s e e und k a m 1875 als R e d a k t e u r der Z e i t u n g „ D e u t s c h l a n d " nach D r e s d e n . 1 8 7 8 - 8 0 w a r S. C h e f r e d a k t e u r d e s „ C h e m n i t z e r T a g e b l a t t s " und lebte seit 1880 als f r e i e r Schriftsteller in L e i p z i g . 1885-92 w a r er Mitarbeiter an d e r 2. A u f l a g e von S p a m e r s Illustriertem Konversationslexikon. S. w a r als Lyriker und D r a m a t i k e r tätig u n d schrieb u. a. Thüringer Johannisfeier. Allegorisches Festspiel (1878) und Der Chronist. Notizen zur Zeitgeschichte (1885). c n DLL S i e g e n , L u d w i g von, a u c h von S e c h t e n , S e g e n , K u p f e r s t e cher, M a l e r , g e t a u f t 2 . 5 . 1609 K ö l n , t 1680 W o l f e n b ü t t e l . D e r w a h r s c h e i n l i c h auf S c h l o ß S e c h t e m bei B r ü h l / R h e i n l a n d g e b o r e n e S. b e s u c h t e 1621-26 d i e h e s s i s c h e R i t t e r a k a d e m i e in Kassel, seit 1627 als S t u d e n t der R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n die H o h e S c h u l e in H e r b o r n , stand d a n n in I s e n b u r g - B ü d i n g e n s c h e n und P f a l z - Z w e i b r ü c k i s c h e n K r i e g s d i e n s t e n u n d w a r bis 1641 mit U n t e r b r e c h u n g e n K a m m e r j u n k e r a m K a s s e l e r H o f . Von 1641 bis m i n d e s t e n s 1644 hielt er sich in A m s t e r d a m auf und stand seit 1654 in den Diensten des K u r f ü r s t e n von M a i n z . 1666 wird er u r k u n d l i c h als „ g e w e s e n e r S t i f t s h i l d e s h e i m i s c h e r und C h u r k ö l n i s c h e r O b r i s t e n w a c h t m e i s t e r " g e n a n n t . 1679 trat S. in d i e D i e n s t e
Siegfried des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbuttel. Er verwandte als erster f ü r seine Porträts (u. a. Landgräfin —» Amalie Elisabeth, 1642; —»Elisabeth Stuart, 1643) die Schabkunsttechnik. S. schuf auch Modelle für Münzen und Medaillen. C D Braunschweig 1 S i e g e n t h a l e r , Albert, schweizer. Plastiker, * 5. 10. 1938 Endingen (Kt. Aargau), t 2 5 . 5 . 1984 Leibstadt (Kt. Aargau). S. durchlief eine Ausbildung als Steinbildhauer, besuchte die Kunstgewerbeschule Zürich, 1 9 6 0 / 6 1 die Ecole Nationale Superieure des Beaux-Arts in Paris und lebte 1963-67 in London, wo er 1 9 6 5 / 6 6 am Royal College of Art studierte. Mitte der sechziger Jahre wandte er sich der Eisenplastik zu, schuf 1965 die erste farbige Metallplastik und arbeitete mit d e m Maler Willy Müller-Brittnau zusammen. Später entstanden auch Gemeinschaftswerke mit seiner Frau Gillian White, mit der er nach der Rückkerhr in die Schweiz (1967) seit 1972 in Leibstadt lebte. m Schweiz Kunst S i e g e r , Robert, österr. Geograph, * 8 . 3 . 1864 Wien, t 1. 11. 1926 Graz. Der Sohn eines Buchdruckereibesitzers studierte seit 1881 Geschichte und Vergleichende Sprachwissenschaft in Wien und Berlin, wurde 1885 zum Dr. phil. promoviert (Wann entstand der Satt el Arab?) und wandte sich dann in Wien dem Studium der Geographie zu. 1889 legte S. die Lehramtsprüfung in Geographie und Geschichte ab, habilitierte sich 1894 f ü r physikalische Geographie in Wien und wurde 1898 a. o. Prof. der Wirtschaftsgeographie an der dortigen Exportakademie. 1905 folgte er einem Ruf als o.Prof. der Geographie nach Graz (Rektorratsrede 1925: Die Geographie und der Staat). S. veröffentlichte zahlreiche Arbeiten über Österreich (u. a. Die Alpen, 1900, 2 1923; Die geographischen Grundlagen der Österreich-ungarischen Monarchie und ihrer Außenpolitik, 1915; Der österreichische Staatsgedanke und seine geographischen Grundlagen, 1918). Sein Hauptwerk ist die Neubearbeitung der Geographie des Welthandels von Carl Theodor - » A n d r e e (mit Franz - » H e i d e r i c h , 4 Bde., 1910-21; 3 Bde., 1926-30). CO Ö B L S i e g e r t , Emil, österr. Sänger, * 2 6 . 3 . 1902 S c h w a z (Tirol), t 9 . 7 . 1 9 6 1 Wien. Nach d e m Gesangstudium an der Münchner Musikhochschule debütierte S. 1924 an der Bayerischen Staatsoper in München, war in den folgenden Jahren an den Stadttheatern in Mainz, Würzburg und Rostock engagiert und wurde 1939 an die Wiener Volksoper verpflichtet, an der er bis zu seinem Tod als Bassist in Charakter- und Buffopartien wirkte. S. ertrank in einem Schwimmbad. C D Kutsch S i e g e r t , Ferdinand, Pädiater, * 2 2 . 4 . 1 8 6 5 N e u w i e d / Rhein, f 2 1 . 2 . 1946 Köln. Das Medizinstudium in Freiburg/Breisgau, Gießen, Genf und Straßburg Schloß S. 1889 mit der Promotion ab (Ein Beitrag zur Therapie der spina bifida) und war dann Sekundararzt am Hyrtl-Krankenhaus in Wien sowie Assistent am Genfer Pathologischen Institut und Assistent und Oberarzt an der Straßburger Kinderklinik. 1896 habilitierte er sich in Straßburg für Kinderheilkunde, wurde erster Kommunalfürsorgearzt für Säuglingsfürsorge und gründete 1901 eine Säuglingsheilstätte in Straßburg. 1904 ging er als a. o. Prof. nach Halle, wurde im selben Jahr o. Prof. an der A k a d e m i e f ü r praktische Medizin in Köln und lehrte 1919-31 Kinderheilkunde an der Univ. Köln. S. wurde zum Geheimen Medizinalrat ernannt. Er veröffentlichte u. a. Vier Jahre vor und nach der Einführung der Serumbehandlung der Diphtherie (1900), Die Chorea minor (1907) und Die Athyrose im Kindesalter (1928). C D Kreuter
S i e g f r i e d (III.) von Rechenberg, Bischof von Augsburg, t 2 3 . 8 . 1 2 2 7 Brindisi. S. war Domscholaster und Dompropst von Augsburg und wurde 1208 zum Bischof von Augsburg gewählt. 1208 zerstörte er die Burg Schwabegg bei Augsburg, nahm 1209 am Hoftag in Würzburg teil und reiste im selben Jahr nach R o m . S. war Anhänger —»Friedrichs II., nahm 1 2 1 8 / 1 9 am Kreuzzug nach Ägypten und Jerusalem teil und hielt sich 1220 zur Kaiserkrönung in R o m auf. 1221 nahm er die ersten Franziskaner in Augsburg auf, das Ausgangspunkt der Franziskanermission in Deutschland wurde. 1227 begab sich S. mit Landgraf —»Ludwig IV. von Thüringen auf Kreuzfahrt nach Italien. C D Gatz 1 S i e g f r i e d Lander von Spanheim, Landmeister des Deutschen Ordens, t 3 1 . 3 . 1424 Riga(?). Vermutlich einer Trierer niederadligen Familie entstammend, wird L. v. S. erstmals im inneren Rat des livländischen Ordenszweigs 1411 als Komtur von Marienburg genannt. 1413 wurde er Komtur von Fellin. Als Landmeister (seit 1415) beteiligte sich L. an den Waffenstillstandsverhandlungen mit Polen-Litauen, griff in die Auseinandersetzungen am Konzil von Konstanz ein und wurde 1415 Vicarius in temporalibus des Erzstifts Riga, das an den Orden verpachtet worden war. L. v. S. konnte nicht verhindern, daß die Inkorporierung des Domkapitels 1423 aufgehoben wurde, vermochte sich jedoch gegen die Stadt Riga zur Wehr zu setzen. S i e g f r i e d von Feuchtwangen, Hochmeister des Deutschen Ordens, * 1275, t 5 . 3 . 1 3 1 1 begraben in Kulmsee. S. war vermutlich verwandt mit —»Konrad von Feuchtwangen, wurde 1298 Deutschmeister und 1299 Komtur von Wien. 1303 wurde er in Elbing als Nachfolger —»Gottfrieds von Hohenlohe zum Hochmeister des Deutschen Ordens gewählt. Während seiner Amtszeit wurde 1309 die Residenz des Hochmeisters von Venedig nach Marienburg verlegt. 1310 Schloß S. den territorialpolitisch bedeutenden Vertrag mit dem Markgrafen von Brandenburg über den Kauf Pommerellens. CD LexMA S i e g f r i e d II. von Westerburg, Erzbischof von Köln, t 7 . 4 . 1 2 9 7 Bonn. S. war Dompropst von Mainz und wurde 1274 gegen den Willen der Mehrheit des Domkapitels zum Kölner Erzbischof gewählt. Er bemühte sich vor allem um den weiteren Ausbau des kurkölnischen Territoriums und war bis 1282 erfolgreich in seinen Bestrebungen. Im Kampf u m die Erbfolge in Limburg wurde die Stellung Kurkölns durch die Niederlage in der Schlacht bei Worringen schwer erschüttert, S., der selbst am Kampf beteiligt war, g e f a n g e n g e n o m m e n und erst nach einer Reihe von Zugeständnissen freigelassen. Er veranlaßte 1292 die Wahl - » A d o l f s von Nassau zum König und kam dafür vorübergehend in den Besitz der Vogtei Essen und der Reichsstädte Dortmund und Duisburg. S i e g f r i e d I., Graf von Luxemburg, * spätestens 919, t 28. 10.998(7). Der Sohn des Pfalzgrafen Wigerich erwarb durch Tausch von der Abtei St. Maximin in Trier 963 die Feste Luxemburg und konnte seine Herrschaft zwischen den Machtbereichen Metz und Trier ausbauen. 950 wurde S. von König —»Otto I. mit der Abtei Echternach belehnt, hatte eine hohe Stellung am Hof der drei Ottonen inne und eroberte 984 mit Herzog Dietrich I. von Oberlothringen und —»Gottfried d e m Gefangenen Verdun zurück. Er war der Vater des Metzer Bischofs - » D i e t r i c h II. S i e g f r i e d I., Erzbischof von Mainz, t 16.2. 1084. Der vermutlich aus einer mittelrheinischen Adelssippe stamm e n d e S. war seit 1058 Abt in Fulda und wurde 1060 in
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Siegfried Oettingen von Kaiserin —» Agnes zum Erzbischof von M a i n z erhoben. 1064 unternahm er eine Romfahrt und erklärte sich 1069 bereit, die Ehe König —»Heinrichs IV. mit —» Bertha von Turin zu scheiden, w o f ü r dieser ihm Hilfe im thüringischen Zehntstreit zusagte. Als der Investiturstreit auf Deutschland übergriff, stand S. zunächst auf der kgl. Seite, wechselte jedoch 1076 zur päpstlichen Partei und krönte 1077 —»Rudolf von Rheinfelden in Mainz zum Gegenkönig. 1081 krönte er in Goslar den Gegenkönig —»Hermann von Salm. m LexMA
die institutionellen Kompetenzen des Regensburger Stadtherren S. Der Kaiser verbot in Bischofsstädten alle Bürgerinstitutionen, die ohne bischöfliche Zustimmung existierten. Nach Friedrichs Exkommunikation 1239 wurde S. 1240 vom Papst abgesetzt und exkommuniziert. Erst 1245 wandte sich S. vom Kaiser ab. Dieser widerrief sein Edikt von 1232 und stärkte die städtische Eigenverwaltung. S. verlor damit faktisch die Herrschaft Uber Regensburg, verhängte das Interdikt über die Stadt und zog sich ins Exil zurück. i n Gatz 1
S i e g f r i e d II. von Eppstein, Erzbischof von Mainz, Kardinal, * u m 1165, t 9 . 9 . 1 2 3 0 Erfurt. S. war Propst von St. Gangolf und St. Peter in Mainz, von St. Martin in Worms, des Klosters Wyschehrad bei Prag und des Stifts in Brünn sowie Kanzler König —»Otakars I. von Böhmen, als er 1200 von einer weifischen Minderheit zum Erzbischof von Mainz erhoben wurde. Er stand zunächst auf der Seite König —»Ottos IV., wich nach dessen Niederlage 1206 bei Wasserberg nach R o m und wurde zum Kardinalbischof von Santa Sabina ernannt. 1208 kehrte er nach der E r m o r d u n g König —»Philipps nach M a i n z zurück, stand bis zur Absetzung König Ottos auf der Seite der Weifen, wurde 1212 päpstlicher Legat und wechselte auf die Seite —»Friedrichs II., den er 1212 in Mainz und 1215 in Aachen krönte. 1228 krönte er den böhmischen Thronfolger —»Wenzel in Prag. S. erwirkte 1212 den Verzicht Friedrichs II. auf die Mainzer Kirchenlehen, erwarb eine Reihe von Burgen und ließ 1226 städtische Freiheiten und bündische Zusammenschlüsse verbieten. Während seiner Regierungszeit begann sich das Kurfürstenkollegium mit der Mainzer Erststimme zu formieren. CD Gatz 1
S i e g f r i e d , Graf von Sachsen, Statthalter, f 937. S. war vermutlich Sohn des Grafen Thietmar, des Erziehers und Vertrauten König —»Heinrichs I. Er übte neben der markgräflichen Gewalt an mittlerer Elbe und unterer Saale auch die als legatio bezeichnete Stellvertretung des Königs in Sachsen aus, hielt während der Krönungsfeierlicheiten 936 in Aachen im Auftrag —»Ottos I. dessen jüngeren Bruder —»Heinrich in Sachsen in Gewahrsam und sicherte zugleich die Ostgrenze. Im selben Jahr gründete er das Kloster Groningen bei Halberstadt.
S i e g f r i e d I I I . von Eppstein, Erzbischof von Mainz, * um 1195(7), t 9 . 3 . 1249 Bingen. S., Mainzer Domherr und Propst in Aschaffenburg, wurde 1230 als Nachfolger seines Oheims —»Siegfried II. Erzbischof von Mainz und erwirkte gemeinsam mit anderen Fürsten die Erneuerung des Verbots der Städtebünde von 1226 und 1231 die Bewilligung des Statutum in favorem principum durch König —»Heinrich (VII.). 1232 begleitete S. den König zu seinem Vater - » F r i e d r i c h II. nach Cividale (Friaul), ließ sich die Reichsabtei Lorsch übertragen und stimmte bei der Königswahl 1237 in Wien für - » K o n r a d IV., zu dessen Reichsverweser er bestellt wurde. Als S. die Exkommunikation Kaiser Friedrichs II. nicht verkünden ließ, wurde er 1240 gebannt und verbündete sich 1241 mit dem Kölner Erzbischof —»Konrad von Hochstaden. 1243 und 1249 wurde er von Papst Innozenz IV. zum Legaten ernannt, erhielt 1245 die Verwaltung der Abtei Fulda und wählte 1246 —»Heinrich Raspe von Thüringen und 1247 —»Wilhelm von Holland zu Gegenkönigen. 1244 gewährte S. den Mainzer Bürgern das erste große Stadtrecht. CD Gatz 1 S i e g f r i e d , Bischof von Regensburg, t 19.3. 1246 Donaustauf. S. stammte aus d e m Geschlecht der Pfalzgrafen bei Rhein. Er war ein G r o ß n e f f e des Mainzer Erzbischofs —»Siegfried II. von Eppstein. S. war Domkantor von Mainz, bevor er 1227 Bischof von Regensburg wurde. In Apulien wurden ihm von Kaiser —»Friedrich II. die Regalien verliehen. Auseinandersetzungen mit Herzog —»Ludwig I. konnten erst 1229 durch einen Schlichtungsvertrag beendet werden. S. wirkte am Frieden von San Germano-Ceprano mit, durch den Kaiser und Papst vorläufig versöhnt werden konnten. Friedrich ernannte S. daraufhin 1230 zu seinem Hofkanzler. Mit dem Ziel der Entthronung von Friedrichs Sohn —»Heinrich schwor er die rheinischen Fürsten auf die Ziele des Kaisers ein. Im Gegenzug stärkte Friedrich 1232 durch ein Edikt
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S i e g f r i e d der Dörfer, auch Sigfried, Dichter einer Marienlegende, 2. Hälfte 13. Jh. S. war vermutlich mitteldeutscher Herkunft. U m 1300 verfaßte er seine gereimte Marienlegende Frauentrost, die in drei Handschriften aus der ersten Hälfte des 14. Jh. als Ergänzung zu den 25 Marienmirakeln im ersten Buch des Passionais, einer S a m m l u n g von gereimten mittelhochdeutschen Heiligenlegenden erhalten ist. Die Namensbezeichnung des Autors „der Dörfer" leitet sich wohl aus dem Erzählerkommentar zur Legende ab, in dem das Leben im Dorf gerühmt wird. Die Quelle für S.s Marienlegende ist unbekannt, die Legende gehört nicht zu den verbreiteten Marienwundern. CD V L S i e g f r i e d , Arne, schweizer. Maler, Graphiker, * 3 . 9 . 1893 Luzern, t 5. 12. 1985 Schaffhausen. Seine künstlerische Ausbildung erhielt S. an den Akademien in Mailand und München sowie in Paris. Später leitete er eine freie Kunstschule in Zürich. S. malte vorwiegend Landschaftsbilder in Öl und Aquarell mit Motiven aus der Umgebung von Paris und kleinen Städten in der Provence. Er schuf auch einige Mappen werke, u . a . Ecce homo und Die Stadt. S i e g f r i e d , Herbert, Diplomat, * 6. 12. 1901 Schwerin, t 18.4. 1988 München. S. studierte 1920-24 Rechtswissenschaften in Heidelberg, München und Rostock und wurde 1927 promoviert. Seit 1929 Attache im Auswärtigen A m t in Berlin, ging er 1934 als Legationssekretär nach Kairo, kehrte 1937 in das Auswärtige A m t zurück und war 1942-45 in Genf tätig. 1947-51 lebte S. als Rechtsanwalt in Bielefeld. Wieder im diplomatischen Dienst, wurde er 1951 Botschaftsrat in Brüssel, 1954 Gesandter, 1956 Botschafter in Stockholm, 1958 in Kanada und 1963 in Belgien. S i e g f r i e d , Hermann, schweizer. Militär, Kartograph, * 14.2. 1819 Zofingen (Kt. Aargau), t 5 . 1 2 . 1879 Bern. Nach dem Besuch des Lehrerseminars in Karlsruhe studierte S., Sohn eines Rotgerbers, seit 1841 Naturwissenschaften und Mathematik in Genf, arbeitete seit 1844 im topographischen Büro unter General Guillaume-Henri Dufour und erarbeitete 1846-62 in dessen Auftrag den großen topographischen Atlas der Schweiz (Siegfriedatlas). 1859-66 war er Instruktionsoffizier in der Genieabteilung des Generalstabs; 1865 wurde S. als Nachfolger Dufours Chef des Generalstabs und des Eidgenössischen Topographischen Büros. c n Leb Aargau
Siegl Siegfried, Kurt, schweizer. Pharmazeut, Industrieller, * 18.5. 1873 Zofingen (Kt. Aargau), t 22.3.1945 Zofingen. Der Sohn eines Apothekers erlernte seit 1893 die Pharmazie, war als Apothekergehilfe in Deutschland tätig und studierte seit 1896 Pharmazie am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich und an der Univ. Leipzig, an der er 1902 promoviert wurde (Beiträge zur Kenntnis des Benzoylacetons). Seit 1902 war S. wissenschaftlicher und technischer Leiter der 1873 von seinem Vater Samuel Benoni —>S. in Zofingen gegründeten chemischen Fabrik, die 1904 in eine AG umgewandelt wurde und sich unter seiner Leitung zu einem bedeutenden Unternehmen entwickelte. 1935 war er Mitherausgeber der Editio quinta des Pharmakognostischen Atlas zur Pharmakopoea Helvetica. Siegfried, Max (August), Chemiker, * 7.4. 1864 Leipzig, t 22.2. 1920 Leipzig. S. studierte Naturwissenschaften, insbesondere Chemie, in München und Leipzig, wo er 1887 promoviert wurde (Ueber die Einwirkung von Dichloräther auf die Dioxybenzole), war Assistent am dortigen Physiologischen Institut und habilitierte sich 1892 für physiologische Chemie (Ueber die chemischen Eigenschaften des reticulirten Gewebes). 1892 wurde er Leiter der Physiologisch-Chemischen Abteilung der Univ. Leipzig, 1897 a. o.Prof. und 1916 Direktor des Physiologisch-Chemischen Instituts. Seit 1919 lehrte S. als o. Prof. der physiologischen Chemie in Leipzig. Er veröffentlichte u.a. Über partielle Eiweißhydrolyse (1916). S i e g f r i e d , Samuel Benoni, schweizer. Pharmazeut, Industrieller, * 26.9.1848 Niederwil (Rothrist, Kt. Aargau), t 16.3.1905 Zofingen (Kt. Aargau). Nach einer pharmazeutischen Ausbildung in Basel und Bern war S., Sohn eines Pfarrers, in Schwarzenberg/Erzgebirge, Dresden und Bremerhaven als Apothekergehilfe tätig, Schloß das Studium in Zürich 1870 mit dem aargauischen Apothekerexamen ab und gründete 1873 die Firma Siegfried & Dürselen, in der chemisch-pharmazeutische Präparate hergestellt wurden. Seit 1875 war er Alleininhaber des Unternehmens, das seit 1902 von seinem Sohn Kurt —>S. geleitet und 1904 in eine AG umgewandelt wurde. ixi Biogr Lex Aargau S i e g f r i e d , (Friedrich Adolf) Theodor, evang. Theologe, * 28.1. 1894 Berlin, t 28.4. 1971 Marburg/Lahn. S. studierte seit 1912 Philologie, Theologie und Philosophie in Jena und Berlin, wurde 1916 zum Dr. phil. und 1921 zum Lie. theol. promoviert und habilitierte sich im selben Jahr in Jena für systematische Theologie. 1925 ordiniert, habilitierte er sich 1926 nach Marburg um, wo er 1927 nichtbeamteter a.o.Prof., 1940 a.o.Prof. der systematischen Theologie wurde. 1949-63 war S. o.Prof. der systematischen Theologie, Geschichte der Theologie und Religionsphilosophie in Marburg, 1953-63 auch Ephorus der dortigen Hessischen Stipendiatenanstalt. Er schrieb u. a. Das Wort und die Existenz (3 Bde., 1930-33) und Das protestantische Prinzip in Kirche und Welt (1939). Od ΒΒKL S i e g f r i e d , Walther, schweizer. Schriftsteller, * 20.3. 1858 Zofingen (Kt. Aargau), t 1.11. 1947 Partenkirchen (heute zu Garmisch-Partenkirchen). Der Sohn eines Politikers war nach einer kaufmännischen Lehre in Basel als kaufmännischer Angestellter in Basel und Paris tätig, wo er mit künstlerischen und literarischen Kreisen in Berührung kam. Seit 1882 arbeitete S. als Entwerfer in einer Strickereifabrik in St. Gallen, kam 1886 geschäftlich nach München und hatte hier Kontakt mit Literaten, Malern und Musikern. 1890 ließ er sich als freier Schriftsteller in Partenkirchen nieder und veröffentlichte im selben Jahr den Roman Tino Moralt. Kampf und Ende eines Künstlers
( 6 1921). 1906-13 hielt er sich in Wildegg (Kt. Aargau) auf und kehrte dann nach Partenkirchen zurück. Später verfaßte S., der sich in beiden Weltkriegen offen für Deutschland und die Nationalsozialisten einsetzte, vorwiegend Erzählungen (Tag- und Nachtstücke, 1921) und biographische Darstellungen, u.a. Frau Cosima Wagner. Eine Studie (1930). 1926-32 erschien seine dreiteilige Autobiographie Aus dem Bilderbuch eines Lebens. Cd Killy Sieghardt, August, Journalist, Schriftsteller, * 13.3. 1887 Nürnberg, t 29. 10. 1961 Prien (Oberbayern). S. war zunächst als Redakteur in Kufstein tätig, lebte dann als freier Schriftsteller und Redakteur in Nürnberg und schrieb u.a. für die „Bayerische Staatszeitung", die „Nürnberger Zeitung" und die „Fränkische Berg- und Wandersport-Zeitung". Nach dem Ersten Weltkrieg übersiedelte er nach Grassau/Chiemgau. Neben Feuilletons schrieb S. kulturhistorische Heimat-, Wander- und Reisebücher, u. a. Chiemgau-Führer. Land- und Leute zwischen Inn und Salzach (1927) und Nürnberger Umland. Landschaft und Volkstum, Kunst, Kultur, Geschichte (3 Tie., 1956). m DLL Sieghart, Rudolf, bis 1895 Singer, österr. Jurist, Finanzfachmann, * 18.3.1866 Troppau (Schlesien), t 4.8.1934 Luzern. S., Sohn eines früh verstorbenen Rabbiners und Religionslehrers, kam 1883 nach Wien, studierte bis 1887 Rechtswissenschaften und wurde 1892 promoviert. Bereits seit 1884 war er daneben im Parteibüro der Vereinigten Linken tätig, seit 1890 als dessen Leiter. 1894 trat S. in den Staatsdienst ein, arbeitete seit 1895 im Finanzministerium, seit 1897 im Preßdepartement des Ministerpräsidiums und wurde 1902 Vorstand der Präsidialkanzlei im Ministerratspräsidium, 1904 Sektionschef. 1900 habilitierte er sich in Wien für Politische Ökonomie, schied 1910 aus dem Staatsdienst aus und wurde Gouverneur der Allgemeinen österreichischen Boden-Credit-Anstalt. 1916 wurde S., der 1912-18 auch dem Herrenhaus angehörte, auf Befehl Kaiser —> Karls zur Demission gezwungen, 1919 jedoch vom Verwaltungsrat erneut zum Präsidenten der Boden-CreditAnstalt gewählt. 1927 führte S. die Union mit der Verkehrsund Unionsbank durch, konnte jedoch 1929 den Zusammenbruch der Bank nicht verhindern, die dann 1931 mit der Creditanstalt fusioniert wurde. Seine Erinnerungen erschienen 1932 unter dem Titel Die letzten Jahrzehnte einer Großmacht. Menschen, Völker, Probleme des HabsburgerReichs. m ÖBL S i e g i s m u n d , Karl H„ Verleger, * 23.1.1861 Leipzig, t 2.8.1932 Schreiberhau. Nach dem Besuch der Leipziger Buchhändlerlehranstalt kam S. während seiner Lehr- und Wanderjahre nach Bonn, Berlin und Wien und führte dann das 1886 gegründete Verlagsgeschäft in Leipzig, das Soldatenlieder, Memoiren und ähnliches verlegte. Er war Vorsteher des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler in Leipzig (1910-16), Mitbegründer der Deutschen Bücherei in Leipzig und Geschäftsführer des Verlagsausschusses der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft. Siegl, Otto, österr. Komponist, Dirigent, * 6. 10.1896 Graz, t 9. 11. 1978 Wien. Der Sohn eines Bahnbeamten studierte Musik bei Roderich —> Mojsisovics von Mojsvär am Konservatorium in Graz und privat bei Egon —»Kornauth, war nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg Musiklehrer an der Musikschule in Leoben und spielte als Violinist im Wiener Symphonieorchester. 1922-26 wirkte S. als Kapellmeister am Grazer Opernhaus, redigierte 1924-26 die Wiener Zeitschrift „Musikbote" und war 1926-31 städtischer Musikdirektor in Paderborn.
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Siegle Er war Chor- und Orchesterleiter in Bielefeld, Essen und Hagen, dirigierte 1931-33 den Musikverein in Herford und lehrte seit 1933 (seit 1935 als Prof.) Theorie und K o m p o sition an der Staatlichen Hochschule für Musik in Köln, wo er auch die Leitung des Gürzenich-Chores übernahm. 1945 war er vorübergehend Städtischer Musikdirektor in Solingen. 1948 als Theorielehrer an die Wiener Musikakademie berufen, übernahm S. im folgenden Jahr die Leitung der Kompositionsklasse; seit 1949 war er a. o., 1958-67 o. Professor. 1949-51 war er zudem Landesmusikdirektor der Steiermark, 1956-61 Präsident des Steirischen Tonkünstlerbundes. S. komponierte anfangs atonale Werke, entwickelte später aber einen an der Neuromatik orientierten Stil. Sein Werk umfaßt u . a . Chor- und Vokalmusik, Orgelwerke und vier Symphonien. 1957 wurde S. mit dem Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet. DP Ö M L S i e g l e , Gustav von, Industrieller, Politiker, * 2 . 2 . 1840 Nürtingen, t 10. 10.1905 Stuttgart. Der Sohn eines Chemikers und Apothekers studierte am Stuttgarter Polytechnikum C h e m i e und übernahm nach Studienaufenthalten in Frankreich und Großbritannien 1862 die Leitung der Farbenfabrik Heinrich Siegle des Vaters, die er u . a . u m Firmen in Augsburg und Duisburg (1868) erweiterte. 1873 fusionierte die Firma Heinrich Siegle mit der Badischen Anilin- und Sodafabrik ( B A S F ) in Ludwigshafen. S., der mit Kilian —> Steiner befreundet war, wurde Aufsichtsralsmitglied und kaufmännischer Direktor der B A S F und hatte seit 1884 den Vorstandsvorsitz inne. Daneben leitete er die 1889 wieder ausgegliederte Gustav Siegle u. C o m p , in Stuttgart und gründete ein Zweiggeschäft in N e w York. Er war Aufsichtsratsmitglied der Württembergischen Vereinsbank, wurde 1881 zum Geheimen Kommerzienrat ernannt und erhielt mit der Komturwürde des Kronordens den persönlichen Adelstitel. S. gehörte 1866 zu den Begründern der Deutschen Partei und war 1887-98 Mitglied des Reichtags. CD Leb Baden-Württ, Bd 20 S i e g l e , Hans, Sänger, Regisseur, Theaterleiter, * 3 1 . 1 0 . 1 8 8 5 Christiansborg (Goldküste, Westafrika), t 1 1 . 1 1 . 1 9 6 2 Kiel. S., Sohn eines Missionars, gab 1911 als Sänger sein Debüt in Bamberg, wo er bis 1913 engagiert war, trat dann in Lübeck und nach d e m Ersten Weltkrieg am Sommertheater in Bernburg-Klöthen auf; 1919-22 war er am Landestheater Trier verpflichtet. 1922-25 wirkte er als Opernregisseur in H a l l e / S a a l e und 1925-33 in Nürnberg und war 1933-49 Oberspielleiter der Oper in Kiel. Nach 1949 war er jahrelang in leitender Position an der Niederdeutschen B ü h n e sowie als Regisseur tätig. S i e g l i n , H e r m a n n , Agrarwissenschaftler, * 5 . 6 . 1849 Stuttgart, t 12. 8 . 1 9 2 3 Stuttgart. Nach einer landwirtschaftlichen Lehre war S., Sohn eines Apothekers, praktisch in der Schweiz und in Frankreich tätig und studierte an der A k a d e m i e in Hohenheim, an der er 1870 die landwirtschaftliche Diplomprüfung ablegte. S. war Verwalter mehrerer Rittergüter in der Oberpfalz, wurde 1872 von der württembergischen Regierung mit der Einrichtung und Leitung der landwirtschaftlichen Schule in Schwäbisch Hall betraut und war seit 1873 Oberverwalter der Besitzungen des Freiherrn von und zu Brenken in Westfalen. Nach kurzer Tätigkeit als Wanderlehrer der Landeskulturgesellschaft für den Regierungsbezirk Arnsberg wurde S. 1875 Direktor der zu gründenden landwirtschaftlichen Schule in Füchten (Westfalen) und lehrte seit 1884 als Prof. der Landwirtschaft an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Hohenheim. Er schrieb u . a . Die Rinderzucht in Württemberg (1887) und bearbeitete Wilhelm Schäfers Lehrbuch der Milchwirtschaft ("1829, 8 1908).
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Sieglitz,
Georg, Sänger, * 2 6 . 4 . 1 8 5 1 Mainz, t 3. 11.1917 München. S. studierte Medizin in Jena, Straßburg, Gießen, Greifswald und Berlin, erhielt eine Gesangsausbildung am Sternschen Konservatorium und debütierte 1880 als Masetto im Don Giovanni am Stadttheater in Hamburg. 1 8 8 1 / 8 2 trat er am Stadttheater in Posen, 1882 am Opernhaus in Düsseldorf und 1883-86 am Stadttheater in Nürnberg auf und sang dann an der Berliner Kroll-Oper und am Deutschen Opernhaus in Rotterdam. 1 8 8 6 / 8 7 an der Metropolitan Opera in N e w York verpflichtet, war er 1888-98 Mitglied des Deutschen Theaters in Prag und gehörte seit 1898 dem Ensemble der Hofoper in München an, w o er u. a. in den Uraufführungen der Opern Der Bärenhäuter (1899) und Herzog Wildfang (1901) von Siegfried —> Wagner mitwirkte. S. war in BaßBuffo-Partien (u. a. als Leporello im Don Giovanni und als Bartolo in der Hochzeit des Figaro), aber auch in seriösen Baß-Partien ( u . a . als Daland im Fliegenden Holländer) erfolgreich. CD Kutsch
Siegmann,
Ernst, Klassischer Philologe, * 2 9 . 4 . 1915 Hamburg, t 1 9 . 7 . 1 9 8 1 Würzburg. S., Sohn eines Versicherungskaufmanns, studierte seit 1935 Klassische Philologie in Hamburg, Leipzig und F r a n k f u r t / Main, u . a . bei Bruno —»Snell, Wolfgang —»Schadewaldt und Karl —> Reinhardt, und wurde nach Studienaufenthalten in Cambridge, Oxford und am British M u s e u m in London 1941 mit der Dissertation Untersuchungen zu Sophokles' Ichneutai in Hamburg promoviert. Anschließend war S. Lehrbeauftragter und seit 1948 wissenschaftlicher Assistent am Hamburger Seminar. Im selben Jahr wechselte er auf eine Assistentenstelle an die Univ. Heidelberg und habilitierte sich dort 1953 für Klassische Philologie (Literarische griechische Texte der Heidelberger Papyrussammlung). Zunächst Diätendozent in Heidelberg und seit 1959 apl. Prof., folgte er 1960 dem Ruf auf einen Lehrstuhl für Klassische Philologie in Würzburg. S. beschäftigte sich vor allem mit Papyrologie (Literarische griechische Texte der Heidelberger Papyrussammlung, 1956). Ferner erschien von ihm Homer. Vorlesungen über die Odyssee (hrsg. von Joachim Latacz, 1987). m G n o m o n 55 (1983)
Siegmann-Wolff,
Phila, eigentl. Philine Wolff, österr. Sängerin, * 3 0 . 9 . 1875 Wien, t n . e . Ihre Gesangsausbildung erhielt S.-W. in Wien und am Konservatorium in Leipzig und debütierte 1894 als Gilda in der Operette Der Vizeadmiral von Carl - » M i l l ö c k e r . 1 8 9 4 / 9 5 sang sie am Theater in Preßburg und 1896-98 am Carl-Schultze-Theater in Hamburg, mit dem sie eine U S A Tournee unternahm. 1898-1904 war S.-W. am Opernhaus in Leipzig engagiert, bereiste 1899 mit einer deutschen Operettentruppe Rußland und trat seit 1904 am Theater an der Wien auf. 1 9 0 6 / 0 7 war sie am Metropoltheater in Berlin, dann am dortigen Neuen Operettentheater und 1909-11 am Operettentheater in Hamburg verpflichtet. In den folgenden Jahren gab sie zahlreiche Gastspiele. 1918 wurde S.-W. Mitglied der Hamburger Volksoper, übernahm hier fast ausschließlich Opernpartien (u. a. die Marguerite im Faust und die C a r m e n ) und war 1924-26 am Stadttheater in Augsburg tätig. Sie war vor allem als Operettensängerin erfolgreich; sie beherrschte eine umfangreiche Operettenliteratur mit Partien wie der Carlotta in Gasparone und der Laura im Bettelstudenten. • P Kutsch
Siegmund,
Conni, eigentl. Konrad S., Sänger, * 2 3 . 3 . 1897 Sieglar/Zerbst, t 1 2 . 9 . 1 9 6 4 Hannover. Nach einer Gesangsausbildung in Köln trat S. vorübergehend bei einer Wander-Operettentruppe auf, gab 1927 als Sebastino in Tiefland sein Debüt am Stadttheater in Trier und sang 1 9 2 9 / 3 0 am Stadttheater in Duisburg, 1 9 3 0 / 3 1
Siegmund-Schultze am Stadttheater in Beuthen (Oberschlesien) und 1931-33 am Stadttheater in Cottbus. 1 9 3 3 / 3 4 war er am Landestheater in Oldenburg, 1934-36 am Staatstheater in Schwerin und 1936-38 am Theater in Königsberg engagiert. 1938-63 am Staatstheater in Hannover tätig, sang er u . a . in der deutschen Erstaufführung von Benjamin Brittens Albert Herring (1950). Gastspiele führten ihn u . a . an die Staatsopern in Wien, Dresden, München, Stuttgart und Berlin sowie nach Frankreich und Spanien. Höhepunkte seines Repertoires waren der Telramund im Lohengrin, der Hans Sachs in den Meistersingern und der Rigoletto. CD Kutsch S i e g m u n d , Ferdinand, österr. Journalist, Schriftsteller, * 7. 10. 1829 Reichenberg (Böhmen), t 11.2. 1902 Linz. S., Sohn eines Tuchfabrikanten, studierte Medizin in Prag und Wien, wandte sich dann dem Journalismus zu und war als Redakteur in Prag, Wien, Pilsen, Reichenberg und Bozen tätig. 1881-1900 war er Redakteur der „Linzer Zeitung" und arbeitete an der „Libussa" mit. Neben Gedichten in Reichenberger Mundart ( 1 8 6 5 , s 1889) schrieb er eine Reihe populärwissenschaftlicher Werke, u. a. Untergegangene Welten. Eine populäre Darstellung der Geschichte der Schöpfung und der Wunder der Vogelwelt ( 1 8 7 6 / 7 7 ) . DP Ö B L S i e g m u n d , Georg, kath. Theologe, Philosoph, * 2 5 . 6 . 1903 Raumnitz (Kr. Glatz, Schlesien), t 4 . 6 . 1989 Bernhards bei Fulda. S. studierte Theologie, Philosophie und Biologie in Breslau, wurde 1927 zum Dr. phil. (Die Lehre vom Individuationsprinzip bei Suarez), 1934 zum Dr. theol. (Der natürliche Gottesglaube. Psychologische Untersuchungen zu seiner Entwicklung und seinem Aufbau) promoviert und empfing 1928 die Priesterweihe. 1929-45 war er als Studienrat in Neisse, Oppeln und Brieg tätig und lehrte 1946-68 als Ordinarius für Philosophie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Fulda, deren Rektor er 1954-57 war. 1983 wurde er Mitglied der päpstlichen A k a d e m i e der Theologie in R o m . S. war 1946-50 Herausgeber, seit 1950 Mitherausgeber des „Philosophischen Jahrbuchs". Er veröffentlichte u . a . Nietzsche, der „Atheist" und „Antichrist" (1937, 5 1988), Psychologie des Gottesglaubens. Auf Grund literarischer Zeugnisse (1937, 2 1965), Naturordnung als Quelle der Gotteserkenntnis. Neubegründung des teleologi4 schen Gottesbeweises (1941, 1985), Jesus Christus heute (1947, 2 1948), Der kranke Mensch. Medizinische Anthropologie (1951), Der Mensch in seinem Dasein. Philosophische Anthropologie (1953), Der Kampf um Gott (1957), Sein und Nichtsein. Die Frage des Selbstmordes (1961, 2 1970), Gottesglaube und seelische Gesundheit (1962) und Die Natur der menschlichen Sexualität (1969, "'1973). OP D L L S i e g m u n d , Günther, Schauspieler, Regisseur, Schriftsteller, * 1 6 . 5 . 1 9 2 7 Hamburg, t 2 0 . 5 . 1981 Malcesine (Italien). S. war seit 1945 als Schauspieler, Dramaturg und Regisseur am Richard-Ohnsorg-Theater in Hamburg tätig, das er 1970-80 leitete. Als Hausautor schrieb, bearbeitete und übersetzte er Komödien (auch in niederdeutscher M u n d art), darunter Afmunstert. Volksstück in fief Akten (1948), und verfaßte auch Hörspiele. 1973 wurde S. mit d e m FritzStavenhagen-Preis ausgezeichnet. DP D L L S i e g m u n d , Herbert, Pathologe, * 14.4. 1892 Rybnik (Oberschlesien), t 2 2 . 2 . 1 9 5 4 Münster (Westfalen). Das Studium der C h e m i e und Medizin in Breslau und München (1912-16) Schloß S. 1918 mit der Promotion ab (Untersuchungen über den Einfluß der Milzexstirpation auf den Fettgehalt des Blutes) und war 1920-30 Oberarzt am Pathologischen Institut der Univ. Köln. 1921 habilitierte er sich dort für Pathologie und wurde 1926 nichtbeamteter a. o. Professor. Seit 1930 Direktor des Pathologischen Instituts der
Stadt Stuttgart, Ubernahm er 1935 den Lehrstuhl für allgemeine Pathologie und Pathologische Anatomie in Kiel, wo er bis 1942 lehrte. Anschließend folgte er einem Ruf als Ordinarius an die Univ. Münster, deren Rektor er 1943-45 war. S. war 1921-32 Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei, seit 1933 der N S D A P , veröffentlichte u. a. Pathologische Histologie der Mundhöhle (mit Rudolf Weber, 1926, Neubearb. 1964), Theorie der Herderkrankungen (1950) und Diagnose der Herderkrankungen (1953). DP Grüttner S i e g m u n d , Justina, auch Siegemund, geb. Dietrich, H e b a m m e , Verfasserin eines Handbuchs zur Geburtshilfe, * 25. 12. 1636 Ronstadt (Schlesien), t 10.11. 1705 C ö l l n / Spree. Die Pfarrerstochter heiratete als Neunzehnjährige einen Rentschreiber, erlernte autodidaktisch den H e b a m m e n b e ruf, war als Stadthebamme in Liegnitz, dann als fürstliche H e b a m m e in Brieg tätig und wurde 1683 von Kurfürst —»Friedrich Wilhelm als H o f h e b a m m e nach Berlin berufen. Ihre Erfahrungen veröffentlichte sie in d e m bedeutendsten H e b a m m e n b u c h des 17. Jh., das 1690 unter d e m Titel Die Chur-Brandenburgische Hoff-Wehe-Mutter. Ein höchst nöthiger Unterricht von schweren und unrecht stehenden Geburten, in einem Gespräch vorgestellt erschien (unter dem Titel Die königl.-preussische und chur-brandenb. Η of-WeheMutter, 1708, Neuausg. 1723, 1741, 1752 und 1756, Nachdr. 1976, 1985 und 2000). DD Killy S i e g m u n d - S c h u l t z e , Friedrich, evang. Theologe, Sozialpädagoge, * 14.6. 1885 Görlitz, t 11.7. 1969 Soest (Westfalen). S.-S. studierte evang. Theologie in Tübingen, Breslau, Marburg, Halle und Berlin, erwarb den Grad eines Lizentiaten der Theologie und war als Seelsorger in Berliner Arbeiterquartieren tätig. Er gründete 1911 die Sozialistische Arbeitsgemeinschaft und gehörte 1914 zu den Gründern des Weltbundes für Internationale Friedensarbeit der Kirchen und des Internationalen Versöhnungsbundes. 1917 übernahm er die Leitung des Berliner Jugendamtes, lehrte seit 1926 als Honorarprofessor Jugendkunde und Jugendwohlfahrt, Sozialpädagogik und Sozialethik an der Univ. Berlin und war maßgeblich an der ökumenischen B e w e g u n g beteiligt. 1933 emigrierte S.-S. in die Schweiz, war 1934-37 Studentenseelsorger in Zürich und gehörte zu den Initiatoren des 1936 gegründeten Internationalen kirchlichen Hilfskomitees für deutsche Flüchtlinge. 1946 kehrte er zurück, lehrte als Prof. der Sozialethik und Sozialpädagogik in Münster und war Direktor des Sozialpädagogischen Instituts. 1958 gründete S.-S. das Ökumenische Archiv in Soest, das er bis 1968 leitete. Er veröffentlichte u. a. Die Aufgaben des Christentums in der gegenwärtigen Kulturkrisis (1947). e n Demokr Wege S i e g m u n d - S c h u l t z e , Walther, Musikwissenschaftler, * 6 . 7 . 1 9 1 6 Schweinitz/Elster, t 6 . 3 . 1 9 9 3 H a l l e / S a a l e . S.-S., Sohn eines Juristen, studierte 1935-39 Musikwissenschaft, Germanistik und Klassische Philologie an der Univ. Breslau, wurde 1940 mit der Arbeit Mozarts Vokal- und Instrumentalmusik in ihren motivisch-thematischen Beziehungen promoviert und war nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft 1946-48 Lehrer an den Franckeschen Stiftungen in Halle. 1948 wurde er Referent im Ministerium für Volksbildung des Landes Sachsen-Anhalt bzw. beim Rat des Bezirks Halle. 1951 habilitierte er sich mit der Studie Untersuchungen zum Brahmsstil und Brahmsbild an der Univ. Halle und war dort 1954-81 Prof. der Musikwissenschaft und Direktor des Musikwissenschaftlichen Instituts; kommissarisch leitete er das Musikwissenschaftliche Institut der Univ. Leipzig. S.-S. gehörte 1952 zu den
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Siegrist Gründern der Händelfestspiele Halle, war 1955-88 Wissenschaftlicher Sekretär, bis 1991 Präsident der Händelgesellschaft sowie Schriftleiter des „Händel-Jahrbuchs" und Editionsleiter der „Hallischen Händel-Ausgabe". Er veröffentlichte u. a. Georg Friedrich Händel. Leben und Werk (1954) und Georg Friedrich Händel als Wegbereiter der Wiener Klassik (1981). S.-S. förderte die —»Telemann-Forschung in der D D R und schrieb Biographien über Johann Sebastian —»Bach, —>Mozart und Johannes —»Brahms. 1968-89 war er Vizepräsident des Verbandes der Komponisten und Musikwissenschaftler der D D R . CD S B Z / D D R S i e g r i s t , August, Ophthalmologe, * 2 0 . 5 . 1865 Basel, t 13.12.1947. Nach dem Medizinstudium in Basel, Zürich, Würzburg, Bern, Lausanne und Wien und der Promotion in Bern (1892) erhielt S. seine praktische Ausbildung bei Theodor —» Kocher an der chirurgischen Klinik in Bern sowie an den Augenkliniken in Lausanne (bei Marc Dufour), Bern (bei Ernst —»Pflüger) und Wien (bei Ernst —> Fuchs). In Basel 1899 f ü r Augenheilkunde habilitiert (Die Gefahren der Ligatur der grossen Halsschlagadern für das menschliche Auge) wirkte er 1903-35 in der Nachfolge von Pflüger als o.Prof. und Direktor der Universitäts-Augenklinik in Bern. Neben medizinischen Fachveröffentlichungen auf dem Gebiet der Augenheilkunde (u.a. Geschichte der Augenheilkunde in Bern, 1910; Refraktion und Akkomodation des menschlichen Auges, 1925; Der graue Altersstar, 1928; Die skrofulöse Augenentzündung, 1931) beteiligte sich S. an der Entwicklung von Kontaktlinsen. Nach S. sind die „Siegrist spots" und das „Siegrist-Hutchinson-Syndrom" benannt. S i e g r i s t , Hans Emil, schweizer. Mediziner, Politiker, * 2. 12. I860 Konstantinopel, t 2 6 . 7 . 1931 Brugg (Kt. Aargau). S. wuchs auf dem väterlichen Gut in Brugg auf, studierte Medizin in Genf, Zürich, Leipzig und Heidelberg und wurde 1887 promoviert (Klinische Untersuchungen über Leberkrebs nach Beobachtungen auf der medicinischen Klinik in Zürich). Nach seiner Assistenzzeit in Zürich eröffnete er 1888 eine Praxis in Brugg. 1897-1917 war S. dort Stadtammann, gehörte 1889-1929 als Mitglied der freisinnigdemokratischen Partei dem aargauischen Großrat an und war 1911-18 Nationalrat. Seit 1921 wirkte er als Kantonsarzt. S i e g r i s t , Heinrich Ernst, Schriftsteller, * 19. 11.1903 B e r g h e i m / R u h r , t 2 9 . 4 . 1 9 7 0 Schönau bei Eisenach. Der Sohn eines Fabrikarbeiters machte eine kaufmännische Lehre, arbeitete in Berg- und Walzwerken, schloß sich 1925 der K P D an und war nach 1933 in Ostfriesland und in Oldenburg im Widerstand tätig. 1940 zum Kriegsdienst eingezogen, lief er zur Roten A r m e e über und trat 1946 in die S E D ein. Er lebte als freier Schriftsteller in Glienicke und Schönau und veröffentlichte u. a. die Erzählung Zurück ins Dorf der Väter (1956) und den Roman Stürmische Jahre (1960). CD D L L S i e g r i s t , Lucie, schweizer. Sängerin, * 5 . 2 . 1897 Zürich, t 15.3. 1939 Zürich. Nach dem Besuch des Lehrerinnenseminars in Zürich wurde S. im Gesang u. a. bei Lotte —> Leonard in Berlin ausgebildet und trat als Konzertsolistin auf. Sie machte vor allem in der Schweiz eine große Karriere im Bereich des Oratorien- und des Liedgesangs. Sie gastierte auch im Ausland. 1933 sang S. in Zürich in der Uraufführung der ihr gewidmeten Kantate von der Vergänglichkeit des Irdischen von Ernst —» Krenek. S i e g r i s t , Philipp, eigentl. P. Garnhuber, Sänger, * 2 3 . 1 0 . 1 8 2 3 Münnerstadt, t 20.7. 1904 Berlin. In seiner Jugend nach Italien ausgewandert, leistete S. Militärdienst in der A r m e e König Ferdinands von Sizilien,
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wandte sich nach seiner Rückkehr dem Gesang zu und trat vor allem als Baß-Buffo auf. Seit 1849 sang er jeweils eine Spielzeit am Theater in Glatz (Schlesien), am Hoftheater in Altenburg (Thüringen), am Theater in der Josefstadt in Wien, am Hoftheater in Neustrelitz und am Theater in Brandenburg. 1 8 5 4 / 5 5 wirkte S. am Stadttheater in Posen, 1855-59 am Hoftheater in Oldenburg, 1 8 5 9 / 6 0 am Opernhaus in Düsseldorf, 1860/61 als Sänger und Regisseur am Theater in St. Gallen. 1 8 6 1 / 6 2 trat er wieder in Posen auf und war 1862-67 Mitglied des Friedrich-Wilhelmstädtischen Theaters in Berlin. 1867 wandte er sich ganz dem Schauspiel zu und spielte bis 1899 komische alte Rollen am Kgl. Schauspielhaus in Berlin. Seine erfolgreichste Partie war der Leporello im Don Giovanni. S i e g r i s t , Reinhold, Schriftsteller, * 7 . 4 . 1899 Karlsruhe, t 7. 10. 1966 Karlsruhe. Das Studium der Volkswirtschaft in Heidelberg und München Schloß S. 1923 mit der Promotion zum Dr. phil. ab (Zur Grundlegung der theoretischen Sozialökonomik), war seit 1925 Geschäftsführer des Scheffelbundes in Karlsruhe und gründete hier das Scheffelmuseum (1926, seit 1932 Badisches Dichtermuseum). Nach dem Zweiten Weltkrieg widmete er sich dessen Wiederaufbau als Oberrheinisches Dichtermuseum. S. gab die „Mitteilungen des Scheffelbundes" sowie mehrere Anthologien (u. a. Lebende Dichter um den Oberrhein. Lyrik und Erzählung, 1942) heraus und war als Lyriker tätig (u. a. Runde im Steigen. Gedichte und Hymnen, 1948). CD D L L S i e g w a r t , (Karl Peter) Hugo, schweizer. Bildhauer, * 25.4. 1865 Malters (Kl. Luzern), + 1 0 . 7 . 1 9 3 8 Luzern. S. besuchte 1880-84 die Kunstgewerbeschule in Luzern, machte anschließend eine Lehre bei einem Grabsteinhauer in Chur und studierte 1 8 8 5 / 8 6 an der Kunstakademie in München, 1 8 8 6 / 8 7 an der Academie Julian in Paris; 1887-91 war er Schüler Alexandre Falguieres an der dortigen Ecole des Beaux-Arts. 1892 ließ er sich als freischaffender Künstler in Luzern nieder, lebte 1903-17 in München und kehrte dann nach Luzern zurück. Zu seinen Werken zählen das Pestalozzi-Denkmal (1899) in Zürich, das Standbild Albrecht von Hallers (1908) vor der Univ. Bern und der TeilBrunnen (1911) in Luzern. CD Schweiz Kunst
Siegwart-Müller,
Constantin, schweizer. Jurist, Politiker, * 10.10. 1801 Lodrino (Kt. Tessin), t 13. 1.1869 Altdorf. S.-M. studierte Rechtswissenschaften in Würzburg und Heidelberg, wurde 1827 Landesfürsprecher in Uri und ging 1832 nach Luzern, wo er 1835 Staatsschreiber wurde. Seit 1842 Luzerner Regierungsrat, trug er durch die Berufung der Jesuiten nach Luzern maßgeblich zur Verschärfung der politisch-konfessionellen Gegensätze in der Schweiz bei. Als Vorsitzender des Sonderbund-Kriegsrats suchte er seit 1845 Kontakt zu den konservativen europäischen Großmächten, besonders zu Österreich. Nach der Niederlage des Sonderbundes floh er ins Ausland und lebte, als „Landesverräter" gerichtlich verfolgt, im Elsaß, in Sigmaringen und Köln. Seine Erinnerungen Der Kampf zwischen Recht und Gewalt und mein Anteil daran erschienen 1864.
Siehr,
Ernst (Ludwig), Jurist, Politiker, * 5. 10. 1869 Heinrichswalde (Ostpreußen), f 14.11. 1945 Bergen (Rügen). Der Sohn eines Geheimen Justizrats studierte Rechtswissenschaften in Königsberg, München und Berlin, ließ sich 1895 als Rechtsanwalt in Insterburg nieder und war 1895-1911 zugleich Syndikus der dortigen Handelskammer. 1906 wurde er Notar, 1913 Justizrat. 1908-20 war S. Stadtverordneter in Insterburg und gehörte 1912-18 als Mitglied der Fort-
Siemens schrittlichen Volkspartei d e m R e i c h s t a g , 1 9 1 9 / 2 0 der Verf a s s u n g g e b e n d e n N a t i o n a l v e r s a m m l u n g an. 1920-32 w a r er O b e r p r ä s i d e n t der P r o v i n z O s t p r e u ß e n . c d Verwaltung S i e h r , G u s t a v , Sänger, * 1 7 . 9 . 1 8 3 7 A r n s b e r g (Westfalen), t 1 8 . 5 . 1896 M ü n c h e n . S., S o h n eines O b e r r e g i e r u n g s r a t s , studierte M e d i z i n in K ö n i g s b e r g , J e n a und Berlin, ließ sich i m G e s a n g ausbild e n u n d debütierte 1863 als O r o v e s o in Bellinis Norma a m H o f t h e a t e r von Neustrelitz. 1 8 6 4 / 6 5 trat er a m D e u t s c h e n O p e r n h a u s in G ö t e b o r g auf, w a r 1865-70 a m D e u t s c h e n T h e a t e r in Prag engagiert u n d s a n g 1870-81 a m H o f t h e a ter in W i e s b a d e n . Von 1881 bis zu s e i n e m Tod w a r er Ens e m b l e m i t g l i e d der H o f o p e r in M ü n c h e n . S. w u r d e vor allem als —> W a g n e r - I n t e r p r e t b e k a n n t ; er s a n g bei d e n B a y reuther Festspielen u. a. d e n H a g e n in der U r a u f f ü h r u n g der Götterdämmerung (1876) s o w i e den G u r n e m a n z in den S o n d e r v o r s t e l l u n g e n des Parsifal f ü r K ö n i g —»Ludwig II. Weitere g r o ß e Partien waren der Sarastro in der Zauberflöte, der B a s i l i o im Barbier von Sevilla und der C o m m e n d a t o r e im Don Giovanni. CD K u t s c h
Sielmann,
Heinz, T i e r f o r s c h e r , Tierfilmer, * 2 . 6 . 1917 R h e y d t (heute zu M ö n c h e n g l a d b a c h ) , f 6. 1 0 . 2 0 0 6 München. Von z o o l o g i s c h e n Vorfilmen im K i n o begeistert, b e g a n n S., S o h n eines C h e m i k e r s , bereits als J u g e n d l i c h e r Tiere zu p h o t o g r a p h i e r e n u n d drehte 1938 einen F i l m Uber d i e Leb e n s w e i s e e i n h e i m i s c h e r S c h n e p f e n v ö g e l ( V ö g e l über Haff und Wiesen). A n s c h l i e ß e n d filmte er i m A u f t r a g des Orn i t h o l o g e n E r w i n —> S t r e s e m a n n auf Kreta E l e o n o r e n f a l k e n , studierte Z o o l o g i e und B i o l o g i e in P o s e n und w a r n a c h d e m Krieg als K a m e r a m a n n a m Institut f ü r w i s s e n s c h a f t lichen F i l m in H a m b u r g tätig. S. d r e h t e vielbeachtete wiss e n s c h a f t l i c h e D o k u m e n t a t i o n e n , Unterrichts-, F e r n s e h - und K i n o f i l m e mit g e n a u e n B e o b a c h t u n g e n ü b e r d i e P s y c h o l o g i e und das Verhalten der Tiere u n d trug d a m i t n a c h h a l t i g zur K e n n t n i s der N a t u r in der B e v ö l k e r u n g bei. F ü r seinen F i l m Zimmerleute des Waldes (1954) erhielt er d e n B u n d e s f i l m preis; es f o l g t e n international a n e r k a n n t e F i l m e , u. a. über B e r g g o r i l l a s (1958), die G a l ä p a g o s - I n s e l n (mit I r e n a u s EiblE i b e s f e l d t , 1962) und P a p u a N e u g u i n e a (In die Bergdschungel Neuguineas, 1965). 1965-99 m o d e r i e r t e S. d i e F e r n sehserie „ E x p e d i t i o n e n ins Tierreich". S. erhielt n e b e n anderen A u s z e i c h n u n g e n viele weitere b e d e u t e n d e F i l m p r e i s e w i e d e n G o l d e n e n B ä r e n und den B a m b i und w a r 1994 als H o n o r a r p r o f e s s o r f ü r Ö k o l o g i e an der F a k u l t ä t f ü r B i o l o g i e der U n i v . M ü n c h e n tätig. S., dessen S o h n S t e p h a n bei einer g e m e i n s a m e n E x p e d i t i o n 1978 mit 2 4 J a h r e n u m g e k o m m e n war, g r ü n d e t e mit seiner Frau Inge 1994 d i e H e i n z S i e l m a n n - S t i f t u n g , u m j u n g e n M e n s c h e n die N a t u r n a h e zu bringen und - n e b e n weiteren Initiativen z u m N a t u r s c h u t z d u r c h A n k a u f von B i o t o p e n L e b e n s r ä u m e f ü r b e d r o h t e Arten zu s c h a f f e n . S., der ein A r c h i v d e s N a t u r f i l m s anlegte, w a r seit 1981 H e r a u s g e b e r d e r B u c h r e i h e „ K n a u r s T i e r l e b e n " . M i t B e r n h a r d —»Grizmek g a b er seit 1982 der Z e i t s c h r i f t „ D a s T i e r " heraus. S. starb an einer V e r g i f t u n g d u r c h den Verzehr von v e r d o r b e n e m Wildfleisch. WEITERE WERKE: D a s J a h r m i t d e n S p e c h t e n . Berlin u. a. 1958. Engl. L o n d o n 1959. N i e d e r l ä n d . A m s t e r d a m 1961. B a b y s der Wildnis. T i e r k i n d e r lernen d a s L e b e n . H a m b u r g 1971. N i e d e r l ä n d . D e n H a a g 1972. - A b e n t e u e r i m Tierreich. M ü n c h e n u . a . 1972. Frz. Paris 1975. Italien. R o m 1992. E x p e d i t i o n e n ins Tierreich. M ü n c h e n 1980. E n g l . N e w York 1980. S c h w e d . Ö r e b r o 1983. Italien. R o m 1984, 1992. - D i e stille J a g d mit d e r K a m e r a . M ü n c h e n 1985. - M e i n L e b e n . A b e n t e u e r Natur. M ü n c h e n / B e r l i n 1995. LITERATUR: Iris S c h a p e n Ein Pionier d e s Tierfilms. H. S. D i p l o m a r b e i t , H o c h s c h u l e f ü r M u s i k u n d Theater, H a n n o v e r 1999. Dietrich von Engelhardt
Siemens,
Carl v o n , Industrieller, * 3 . 3 . 1 8 2 9 M e n z e n d o r f bei G r e v e s m ü h l e n , t 2 1 . 3 . 1 9 0 6 M e n t o n (Frankreich). D e r B r u d e r von Friedrich, W i l h e l m und W e r n e r von —> S. trat in d i e F i r m a S i e m e n s & H a l s k e ein und g r ü n d e t e 1855 deren r u s s i s c h e Z w e i g n i e d e r l a s s u n g zur A n l a g e u n d Verwaltung von T e l e g r a p h e n l i n i e n in St. P e t e r s b u r g , d i e er bis 1867 und 1 8 8 0 - 9 0 leitete. 1869-80 f ü h r t e S. m i t s e i n e m B r u d e r Wilh e l m d i e S i e m e n s B r o t h e r s & Cie. in L o n d o n . U n t e r seiner p e r s ö n l i c h e n Leitung w u r d e 1874 d a s erste transatlantische Kabel von E n g l a n d nach A m e r i k a gelegt. 1890 kehrte er nach Berlin zurück, ü b e r n a h m g e m e i n s a m mit seinen N e f f e n A r n o l d und W i l h e l m von —> S. d i e L e i t u n g d e s G e s a m t u n t e r n e h m e n s und w a r seit 1897 Vorsitzender des A u f s i c h t s r a t s der S i e m e n s & H a l s k e A G .
Siemens,
Carl Friedrich v o n , Ingenieur, Industrieller, * 5 . 9 . 1 8 7 2 C h a r l o t t e n b u r g ( h e u t e zu Berlin), t 8 . 7 . 1941 Potsdam. D e r j ü n g s t e S o h n des F i r m e n g r ü n d e r s W e r n e r von —»S. hielt sich nach d e m S t u d i u m an der U n i v . S t r a ß b u r g und den T e c h n i s c h e n H o c h s c h u l e n M ü n c h e n u n d Berlin in A m e r i k a , L o n d o n und Paris auf. 1899 trat er als I n g e n i e u r in die F i r m a S i e m e n s & H a l s k e in Berlin ein, leitete seit 1900 die S t a r k s t r o m - A b t e i l u n g von S i e m e n s B r o t h e r s in L o n d o n , kehrte 1909 n a c h Berlin zurück und ü b e r n a h m 1912 den Vorstandsvorsitz d e r S i e m e n s - S c h u c k e r t w e r k e G m b H . N a c h d e m Tod seines B r u d e r s W i l h e l m von —>S. 1919 w u r d e er A u f s i c h t s r a t s v o r s i t z e n d e r von S i e m e n s & H a l s k e und der S i e m e n s - S c h u c k e r t w e r k e . Seit 1921 w a r S. M i t glied und seit 1923 Präsident d e s Vorläufigen R e i c h s wirtschaftsrats, 1924-34 P r ä s i d e n t des Verwaltungsrats der D e u t s c h e n R e i c h s b a h n - G e s e l l s c h a f t . Er w a r A u f s i c h t s r a t s mitglied zahlreicher d e u t s c h e r W i r t s c h a f t s u n t e r n e h m e n u n d g e h ö r t e 1920-24 f ü r die D e u t s c h e D e m o k r a t i s c h e Partei d e m R e i c h s t a g a m . S. war der Vater von E r n s t von —>S.
Siemens,
E r n s t (Albrecht) von, Industrieller, * 9 . 4 . 1903 K i n g s t o n u p o n Hull (England), f 31. 12. 1990 S t a r n b e r g (Oberbayern). D e r S o h n Carl Friedrich - > S . trat nach d e m S t u d i u m der P h y s i k in M ü n c h e n 1929 in d i e S i e m e n s & H a l s k e A G in Berlin ein und w a r seit 1934 Leiter der Abteilung f ü r R u n d f u n k und Kleinfabrikate. 1941 w u r d e er Gen e r a l b e v o l l m ä c h t i g t e r , 1943 V o r s t a n d s v o r s i t z e n d e r d e r Siem e n s & H a l s k e A G und 1945 V o r s t a n d s v o r s i t z e n d e r der S i e m e n s - S c h u c k e r t w e r k e . Seit 1949 w i e d e r Vorstandsvorsitzender der S i e m e n s & H a l s k e A G , ü b e r n a h m er 1956 den A u f s i c h t s r a t s v o r s i t z von S i e m e n s & H a l s k e und der S i e m e n s - S c h u c k e r t w e r k e und w a r z u d e m A u f s i c h t s r a t s v o r sitzender der S i e m e n s - R e i n i g e r - W e r k e in E r l a n g e n u n d der S i e m e n s - E l e k t r o g e r ä t e A G in Berlin und M ü n c h e n . 1966-71 war er A u f s i c h t s r a t s v o r s i t z e n d e r der S i e m e n s A G in B e r lin und M ü n c h e n . 1973 stiftete S. d e n E r n s t - v o n - S i e m e n s M u s i k p r e i s und g r ü n d e t e 1983 g e m e i n s a m mit der S i e m e n s A G d i e E r n s t von S i e m e n s - S t i f t u n g , M ü n c h e n , zur Förder u n g d e s künstlerischen N a c h w u c h s e s auf d e m Gebiet der Musik. CD M u n z i n g e r
Siemens,
( A u g u s t ) Friedrich, I n g e n i e u r , Industrieller, * 8 . 1 2 . 1826 M e n z e n d o r f bei G r e v e s m ü h l e n , t 2 4 . 5 . 1 9 0 4 Dresden. D e r B r u d e r von Carl, W i l h e l m und W e r n e r von —>S. g i n g 1848 als Mitarbeiter seines B r u d e r s W i l h e l m nach E n g l a n d , um dort der F i r m a S i e m e n s & H a l s k e einen A b s a t z m a r k t zu s c h a f f e n . 1856 e n t w i c k e l t e S. einen R e g e n e r a t i v o f e n mit G a s f e u e r u n g . 1863 kehrte er nach D e u t s c h l a n d z u r ü c k und ü b e r n a h m 1867 von s e i n e m B r u d e r H a n s e i n e G l a s h ü t t e bei D r e s d e n , die sich unter seiner L e i t u n g zu e i n e m b e d e u t e n den U n t e r n e h m e n entwickelte. S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Patentirte Regenerativ-Gasöfen ( 1 8 7 7 ) und Heizverfahren mit freier Flammenentfaltung (1885).
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Siemens Siemens, Fritz, Psychiater, * 4 . 2 . 1 8 4 9 Erwitte (Kr. Lippstadt), t 19.5.1935 Stolp (Pommern). S., Sohn eines Kreisbaumeisters, studierte Medizin in Greifswald und Marburg, wo er 1874 promoviert wurde (Beitrag zur Lehre von den multiplen Neuromen), und war Assistent an der dortigen Medizinischen Poliklinik. Seit 1876 arbeitete er an der Psychiatrischen Klinik bzw. ProvinzialIrrenanstalt in Marburg und wurde 1882 zweiter Arzt und Direktionsstellvertreter. 1883 ging er als Direktor an die Provinzial-Heilanstalt in Ueckermünde, war seit 1886 auch Medizinalassessor beim Kgl. Medizinalkollegium der Provinz Pommern und hatte 1887-1914 die Leitung der Irrenanstalt Lauenburg (Pommern) inne. S. veröffentlichte u.a. Psychiatrie und Seelsorge (mit Friedrich Karl August Zinn, 1893) und Zur Frage der Reform des Irrenwesens (mit dems., 1895). m Kreuter
Algemene Dermatologie, Diagnostiek en Therapie (1949. dt. Allgemeine Diagnostik und Therapie der Hautkrankheiten (1952, engl. 1958).
Siemens, Peter von, Industrieller, * 29. 1.1911 Berlin, t 23.5. 1986 München. Der Urenkel von Werner von - » S . trat nach dem Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften 1934 in die Siemens & Halske AG in Berlin ein und war seit 1936 für die Siemens-Reiniger-Werke AG im Vertrieb (vorwiegend in Südamerika) tätig. 1950 wechselte er zu der SiemensSchuckertwerke A G in Erlangen und wurde 1957 Generalbevollmächtigter, 1959 stellvertretendes Vorstandsmitglied und 1963 Mitglied des Aufsichtsrats. Nach der Neuordnung der Siemensgruppe 1967 war er stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender, 1971-81 Aufsichtsratsvorsitzender der Siemens AG, Berlin/München.
Siemens, Georg von, Bankier, * 21. 10.1839 Torgau,
Siemens, (Ernst) Werner von, Unternehmer, Erfinder,
t 23. 10. 1901 Berlin. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Berlin war S. als Assessor tätig und ging 1868 im Auftrag seines Vetters Werner von —> S. nach Teheran, wo er an der Gründung der Indo-Europäischen Telegraphengesellschaft mitwirkte. Seit 1870 leitete er die von ihm mitgegründete Deutsche Bank. S. eröffnete als erster in Deutschland Depositenkassen, baute den Scheckverkehr aus und hatte maßgeblichen Anteil an zahlreichen Unternehmungen im Ausland, u.a. am Bau der Anatolischen und der Bagdadbahn. Seit 1874 war er wiederholt Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses und des Reichstags, zunächst als Nationalliberaler, dann als Freisinniger.
* 13.3. 1816 Lenthe (heute zu Gehrden, Niedersachsen), t 6.12. 1892 Berlin. S. wurde als ältestes von 14 Kindern eines agrarwirtschaftlichen Pächters geboren. Seine Schulbildung begann mit elf Jahren im mecklenburgischen Schönberg. Weil seine schulischen Leistungen unbefriedigend blieben, engagierte S.' Vater wechselnde Privatlehrer. Danach besuchte S. das Lübecker Katharineum, verließ dieses jedoch 1834 ohne Abschluß. Da er auch aus finanziellen Gründen nicht studieren konnte, bemühte er sich in Berlin um Aufnahme in das Preußische Ingenieurkorps, allerdings ohne Erfolg; dagegen wurde er beim Artilleriekorps in Magdeburg angenommen. 1835 an die Artillerie- und Ingenieurschule in Berlin abkommandiert, erhielt er hier eine gründliche Ausbildung in Mathematik, Physik und Chemie. Nach dem Tod beider Eltern (1839/40) fühlte sich S. als ältester Sohn für Existenz und Ausbildung seiner jüngeren Geschwister verantwortlich.
Siemens, Hermann von, Chemiker, Industrieller, * 9 . 8 . 1885 Berlin, t 13. 10.1986 München. Der Enkel von Werner von —>S. und von Hermann von - > Helmholtz studierte Chemie und physikalische Chemie in Heidelberg, Jena und Berlin, wo er 1914 promoviert wurde (Dampfdruckmessungen und Thermometrie bei tiefen Temperaturen), und war seit 1919 in den Laboratorien und Verwaltungsstellen der Siemens & Halske AG in Berlin tätig. 1928 wurde S. in den Vorstand des Unternehmens berufen, übernahm 1929 die Leitung des Zentrallaboratoriums für Fernmeldetechnik und war seit 1933 Chef der Zentralabteilung, Gruppe Technik. 1937 wurde er stellvertretender, 1941 Aufsichtsratsvorsitzender von Siemens & Halske und Siemens-Schuckert. 1945 von der amerikanischen Besatzungsarmee interniert, wurde er 1948 entlassen. S. veröffentlichte u. a. Ein Leistungsbericht deutschen Unternehmertums (1952) und Der Streik im Blickfeld eines Unternehmers (1954). m Munzinger
Siemens, Hermann Werner, Dermatologe, * 20.8. 1891 Charlottenburg (heute zu Berlin), t 2.11. 1969 Leiden (Niederlande). Das Medizinstudium in München und Berlin Schloß S., Sohn eines Ingenieurs und Fabrikdirektors, 1918 mit der Promotion ab (Die Erblichkeit des sporadischen Kropfes), war Assistent an den Dermatologischen Universitätskliniken in Breslau und München und habilitierte sich 1923 in München für Dermatologie. Seit 1927 a . o . P r o f . , f o l g t e e r 1929 einem Ruf als Ordinarius nach Leiden, wo er die Leitung der Dermatologischen und der Poliklinik übernahm. 1942 entlassen und vorübergehend in Geiselhaft, wurde er nach Kriegsende wieder eingesetzt. Seit 1966 war S. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er veröffentlichte u. a. Grundzüge der Vererbungslehre, der Rassenhygiene und Bevölkerungspolitik (1917, l 3 1952, engl. 1924, frz.' 1929, niederländ. 1931), Einführung in die allgemeine und spezielle Vererbungspathologie des Menschen (1921, 2 1923) und
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Seine erste Erfindung machte S. 1842 in der Galvanotechnik; seinem Bruder Wilhelm (später William) —>S. gelang es im folgenden Jahr, das Patent in England günstig zu verkaufen. Weitere Erfindungsversuche konzentrierten sich auf die Verbesserung der Telegraphie; S. entwickelte einen arbeitsfähigen elektrischen Telegraphen, den er nicht mehr als Patent verkaufen, sondern selbst unternehmerisch verwerten wollte. Für seine Firmengründung fand er in dem Unternehmer Johann Georg —> Halske einen fähigen Mechaniker. Mit ihm gründete er im Herbst 1847 die Telegraphen-Bauanstalt Siemens & Halske ( S & H ) . Das Kapital kam im wesentlichen von S.' Vetter, dem Justizrat Georg - > S . Zu dieser Zeit war S. noch beim Militär und u.a. beratendes Mitglied der preuß. Telegraphen-Kommission. 1848 wurde das Unternehmen beauftragt, eine erste elektrische Telegraphenlinie zwischen Berlin und Frankfurt, dem Sitz der Nationalversammlung, zu bauen. S. hatte inzwischen auch das Isolierproblem der stromführenden Drähte durch die Konstruktion einer Presse lösen können, mit der ein Draht nahtlos und wasserdicht ummantelt werden konnte. Dem ersten Auftrag folgten schnell weitere, so daß S. 1849 seinen Abschied vom Militär nahm. Seinen Bruder Carl - > S . stellte er als Konstrukteur ein. Einen großen Rückschlag erfuhr das Unternehmen 1851, als ihm die preuß. Telegraphen-Kommission wegen permanenter Störfälle auf der Linie Berlin-Frankfurt weitere Aufträge entzog. Der Versuch, in Frankreich Fuß zu fassen,
Siemens schlug 1852 fehl; d a g e g e n e r w i e s sich das R u ß l a n d g e s c h ä f t als a u ß e r o r d e n t l i c h e r f o l g r e i c h . Seit 1851 erhielt d i e F i r m a ständig w a c h s e n d e r u s s i s c h e A u f t r ä g e . Z u ihrer P f l e g e und zur L e i t u n g d e s R u ß l a n d g e s c h ä f t s siedelte Carl S. 1853 n a c h St. P e t e r s b u r g über. B i s 1855 w u r d e n m e h r e r e T e l e g r a p h e n linien g e b a u t , von d e n e n die V e r b i n d u n g e n nach S e w a s t o pol a m S c h w a r z e n M e e r und nach W a r s c h a u d i e b e d e u tendsten waren. N a c h der r u s s i s c h e n N i e d e r l a g e i m K r i m krieg 1856 blieben weitere G r o ß a u f t r ä g e z u n ä c h s t aus, aber g ü n s t i g e W a r t u n g s v e r t r ä g e sicherten weiterhin h o h e E i n n a h m e n . S & Η erlangte bei der A u s r ü s t u n g der E i s e n b a h n l i n i e n m i t T e l e g r a p h e n - u n d S i g n a l e i n r i c h t u n g e n , w i e a u c h später i m G e s c h ä f t mit B e l e u c h t u n g s t e c h n i k , einen w i c h t i g e n Vors p r u n g vor a n d e r e n B e w e r b e r n . Carl S. f ü h r t e das r u s s i s c h e G e s c h ä f t seit 1855 auf e i g e n e R e c h n u n g , so d a ß n e b e n der t e c h n i s c h e n vor allem die p e r s ö n l i c h e B i n d u n g z w i s c h e n d e n beiden B r ü d e r n W e r n e r und Carl d i e Einheit d e s U n t e r n e h m e n s garantierte. D a s G e s c h ä f t d e r L o n d o n e r Filiale gestaltete sich nicht i m m e r in g e w ü n s c h t e r Weise. A u c h dort hatte S. e i n e m seiner B r ü d e r , W i l h e l m S., d i e G e s c h ä f t s f ü h r u n g übertrag e n , der sich j e d o c h nicht im g l e i c h e n M a ß e d e m Berliner S t a m m h a u s u n t e r o r d n e n w o l l t e w i e Carl in St. Petersburg. A l s a u s l ä n d i s c h e F i r m a hatte S & Η es a u f d e m britischen M a r k t o h n e h i n s c h w e r , sich d u r c h z u s e t z e n . N a c h d e m j e d o c h e i n e P a r t n e r s c h a f t mit einer e n g l i s c h e n F i r m a zur Verlegung von S e e k a b e l n e i n g e g a n g e n war, g i n g es seit 1857 bergauf. A l s d i e britische R e g i e r u n g S. und seinen B r u d e r Wilh e l m 1859 zu B e r a t e r n f ü r T i e f s e e k a b e l m a c h t e und sie mit der Ü b e r p r ü f u n g s ä m t l i c h e r Staatskabel b e a u f t r a g t e , war der M a r k t z u g a n g e n d g ü l t i g gesichert; 1863 e r ö f f n e t e d i e L o n d o n e r Filiale e i n e e i g e n e K a b e l f a b r i k . Weil d i e E r g e b n i s s e negativ ausfielen, f o r d e r t e H a l s k e d i e S c h l i e ß u n g der L o n d o ner Filiale. S. setzte sich j e d o c h d u r c h , d a er bei d e m Plan, ein „ W e l t g e s c h ä f t " a u f z u b a u e n , nicht auf e i n e britische Filiale verzichten wollte. Seit 1865 w u r d e das G e s c h ä f t unter d e m N a m e n S i e m e n s B r o t h e r s f o r t g e f ü h r t . H a l s k e schied 1867 aus d e m B e r l i n e r U n t e r n e h m e n aus, beließ j e d o c h sein Kapital im U n t e r n e h m e n . I n n e r h a l b von z w a n z i g Jahren w a r es S. g e l u n g e n , ein international o p e r i e r e n d e s T e l e g r a p h e n b a u u n t e r n e h m e n a u f z u b a u e n , das sich organisatorisch g a n z auf d i e K o o p e r a t i o n i n n e r h a l b der F a m i l i e g r ü n d e t e . U n t e r n e h m e r i s c h und finanziell lag der S c h w e r p u n k t in Berlin. D i e K o n s t r u k t i o n der I n d o - E u r o p ä i s c h e n T e l e g r a p h e n l i n i e 1867-70 stellt einen u n t e r n e h m e r i s c h e n H ö h e p u n k t dar. S., der d i e B e d e u t u n g der b e s t e h e n d e n V e r b i n d u n g z w i s c h e n L o n d o n und K a l k u t t a e b e n s o e r k a n n t hatte w i e deren t e c h n i s c h e Defizite, wartete nicht auf einen R e g i e r u n g s a u f t r a g , s o n d e r n b e m ü h t e sich u m K o n z e s s i o n e n f ü r e i n e S t r e c k e n f ü h r u n g ü b e r die in F r a g e k o m m e n d e n Staatsgebiete. D i e V e r b i n d u n g k o n n t e in w e n i ger als zwei Jahren fertiggestellt und einer e i g e n s g e g r ü n d e ten B e t r e i b e r g e s e l l s c h a f t übergeben w e r d e n . 1874 verlegte S i e m e n s B r o t h e r s mit e i n e m Spezialschiff ein Transatlantikkabel, w e l c h e s technisch e i n w a n d f r e i f u n k t i o n i e r t e . D i e von S. d a f ü r g e g r ü n d e t e B e t r e i b e r g e s e l l s c h a f t e r w i e s sich j e d o c h als nicht k o n k u r r e n z f ä h i g , so d a ß G e o r g S., Mitb e g r ü n d e r d e r D e u t s c h e n B a n k , als G r o ß a k t i o n ä r erheblic h e Verluste h i n n e h m e n m u ß t e . D i e K o o p e r a t i o n z w i s c h e n S & H und der D e u t s c h e n B a n k blieb j e d o c h über S . ' T o d h i n a u s bestehen. A u c h auf finanziellem G e b i e t b e d i e n t e sich S. e r f o l g r e i c h f a m i l i ä r e r B e z i e h u n g e n . A u c h a u ß e r h a l b der Elektrotechnik hatte S. E r f i n d u n g e n gem a c h t , ζ. B. ein Gerät z u m B e s t i m m e n d e s A l k o h o l a n t e i l s in Flüssigkeiten. S e i n e b e d e u t e n d s t e E n t d e c k u n g w a r 1866 d i e d e s d y n a m o - e l e k t r i s c h e n Prinzips u n d die K o n s t r u k t i o n der ersten D y n a m o m a s c h i n e . Als A n w e n d u n g s f e l d e r zog er d i e B e l e u c h t u n g u n d die E r z e u g u n g von K r a f t s t r o m f ü r E l e k t r o m o t o r e n und elektrisch betriebene B a h n e n in B e t r a c h t .
W ä h r e n d sich d i e E n t s c h e i d u n g f ü r das B o g e n l i c h t wirtschaftlich als S a c k g a s s e erwies, k o n n t e S & H n a c h neun Jahren d i e erste D y n a m o r e i h e mit einer L e i s t u n g von bis zu 5 k W a n b i e t e n ; s c h o n 1879 w u r d e n ü b e r 3 5 0 D y n a m o m a s c h i n e n v e r k a u f t . Im S t a r k s t r o m g e s c h ä f t e n t s t a n d e n sehr schnell k o n k u r r i e r e n d e U n t e r n e h m e n , von d e n e n d i e A E G das w i c h t i g s t e w u r d e , der u r s p r ü n g l i c h von S. d i e R o l l e einer „ I n s t a l l a t i o n s a g e n t u r " f ü r S & Η z u g e d a c h t w o r d e n war. E i n e L i e b l i n g s i d e e v e r f o l g t e S. mit der Elektrifizierung des Verkehrs, w o b e i er zuerst an Straßen- und B e r g w e r k s b a h n e n dachte. A u f der Berliner GeWerbeausstellung 1879 k o n n t e er die erste elektrische L o k o m o t i v e m i t W a g e n z u g präsentieren; 1881 b a u t e er in Berlin d i e erste elektrische S t r a ß e n b a h n l i n i e der Welt. D e r Verbreitung vor allem des S t r a ß e n b a h n s y s t e m s standen a n f a n g s S i c h e r h e i t s b e d e n k e n g e g e n ü b e r , weil es seinen S t r o m aus einer M i t t e l s c h i e n e b e z o g . Erst d i e E r f i n d u n g der S t r o m a b n e h m e r b ü g e l in den U S A brachte den Erfolg. D a der B a u von S t r a ß e n b a h n l i n i e n w i e von Elektrizitätsv e r s o r g u n g s u n t e r n e h m e n g r ö ß e r e s Kapital e r f o r d e r t e , als die Städte n e b e n der meist v o r h a n d e n e n G a s v e r s o r g u n g zu investieren bereit oder in der L a g e w a r e n , m u ß t e S & H e i g e n e S t r a ß e n b a h n u n t e r n e h m e n und E l e k t r i z i t ä t s w e r k e g r ü n d e n . S & H , d a s sich auf die finanziellen R e s s o u r c e n der F a m i l i e stützte, fiel es s c h w e r , das e r f o r d e r l i c h e Kapital a u f z u b r i n gen. O b g l e i c h S. w u ß t e , d a ß sich d i e A E G anschickte, sein U n t e r n e h m e n zu überflügeln, bestand er auf d e r F o r m des F a m i l i e n u n t e r n e h m e n s . E b e n s o w e n i g sah er d i e N o t w e n d i g keit, d a s A b s a t z s y s t e m zu m o d e r n i s i e r e n . W ä h r e n d er Fors c h u n g und E n t w i c k l u n g in d e n Vordergrund stellte, d i e Prod u k t i o n s t e c h n i k ständig e r n e u e r t e und a u c h versuchte, die B i n d u n g seiner A n g e s t e l l t e n und Arbeiter an d a s U n t e r n e h m e n zu verstärken, v e r n a c h l ä s s i g t e er d e n A u f b a u eines m o d e r n e n Vertriebssystems. Patriarchalisch leitete er als Seniorchef u n d F a m i l i e n o b e r h a u p t das „ W e l t g e s c h ä f t " . A l s E r b e n waren seine K i n d e r a u s e r s e h e n . S e i n e beiden älteren S ö h n e A r n o l d und W i l h e l m - > S . w u r d e n 1882 b z w . 1884 als Miti n h a b e r in die G e s c h ä f t s l e i t u n g a u f g e n o m m e n . Es w a r g e w i ß in S . ' S i n n , d a ß sein dritter S o h n Carl Friedrich —»S. später die G e s c h ä f t s l e i t u n g des U n t e r n e h m e n s ü b e r n a h m . S. hat seit 1855 ein S y s t e m betrieblicher S o z i a l l e i s t u n g e n a u f g e b a u t , das a n f ä n g l i c h n u r den leitenden A n g e s t e l l t e n z u g u t e k a m , i m L a u f e der Zeit aber a u s g e w e i t e t w u r d e . Seit 1872 w u r d e bei S & H n u r noch n e u n S t u n d e n g e a r b e i tet und gleichzeitig e i n e P e n s i o n s k a s s e f ü r B e s c h ä f t i g t e mit f ü n f u n d z w a n z i g j ä h r i g e r B e t r i e b s z u g e h ö r i g k e i t eingerichtet. Politisch e n g a g i e r t e sich S. nur w ä h r e n d eines relativ kurzen Z e i t r a u m s . O h n e sich aktiv zu beteiligen, b e g r ü ß t e er die R e v o l u t i o n 1848. 1860 trat er in den N a t i o n a l v e r e i n ein, g e h ö r t e 1861 zu den G r ü n d u n g s m i t g l i e d e r n der liberalen D e u t s c h e n Fortschrittspartei, d i e g e g e n d e n —>Bism a r c k s c h e n V e r f a s s u n g s b r u c h o p p o n i e r t e , und w a r f ü r e i n e L e g i s l a t u r p e r i o d e deren A b g e o r d n e t e r i m P r e u ß i s c h e n L a n d tag. D i e militärischen und politischen E r f o l g e B i s m a r c k s ließen ihn j e d o c h seit 1866 zu dessen A n h ä n g e r w e r d e n . Seit 1855 g e h ö r t e S. d e m Ä l t e s t e n k o l l e g i u m d e r Berliner H a n d e l s k a m m e r an, e n g a g i e r t e sich in der F r a g e der Patents c h u t z g e b u n g und n a h m 1879 an der G r ü n d u n g d e s Elektrotechnischen Vereins teil. 1885 e r m ö g l i c h t e er durch e i n e S t i f t u n g die G r ü n d u n g der P h y s i k a l i s c h - T e c h n i s c h e n R e i c h s anstalt. S. w u r d e von v e r s c h i e d e n e n A k a d e m i e n und Universitäten geehrt und 1874 als erster N i c h t - A k a d e m i k e r und T e c h n i k e r zur M i t g l i e d d e r P r e u ß i s c h e n A k a d e m i e der Wiss e n s c h a f t e n g e w ä h l t , 1888 geadelt. Sein persönliches E n g a g e m e n t galt in erster L i n i e s e i n e m F a m i l i e n u n t e r n e h m e n , das er zu einer G r ö ß e f ü h r t e , w e l c h e d i e Fesseln der f a m i l i ä r e n Grundlage sprengen mußte. WERKE: L e b e n s e r i n n e r u n g e n . Berlin 1892. München 18 1986. - W i s s e n s c h a f t l i c h e und t e c h n i s c h e A r b e i t e n . B e r lin 2 1 8 8 9 .
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Siemens LITERATUR: C o n r a d M a t s c h o ß : W . v. S. Ein k u r z g e f a ß t e s L e b e n s b i l d nebst einer A u s w a h l seiner B r i e f e . 2 Bde., Berlin 1916. - S i g f r i d von Weiher: W . v. S. Ein L e b e n f ü r Wiss e n s c h a f t , T e c h n i k u n d Wirtschaft. G ö t t i n g e n 1 9 6 6 , 2 1 9 7 4 . W i l f r i e d F e l d e n k i r c h e n : W . v. S. E r f i n d e r u n d internationaler U n t e r n e h m e r . B e r l i n / M ü n c h e n 1992. E r w . und veränderte A u s g . M ü n c h e n 1996. Harm G. Schröter
Siemens,
(Carl) W i l h e l m , seit 1883 Sir W i l l i a m S., Ingenieur, Industrieller, * 4 . 4 . 1823 L e n t h e bei H a n n o v e r , t 19.11.1883 London. Der B r u d e r von Friedrich, Carl und W e r n e r von —>S. studierte 1 8 4 1 / 4 2 P h y s i k und C h e m i e in G ö t t i n g e n , erhielt e i n e p r a k t i s c h e A u s b i l d u n g in einer M a g d e b u r g e r M a s c h i n e n f a b r i k u n d reiste 1843 nach E n g l a n d , u m d i e elektrot e c h n i s c h e n E r f i n d u n g e n seines B r u d e r s W e r n e r zu verwerten. 1850 ü b e r n a h m er d i e e n g l i s c h e Vertretung der F i r m a S i e m e n s & H a l s k e , die er 1858 in ein Z w e i g u n t e r n e h m e n u m w a n d e l t e und 1865 als S i e m e n s B r o t h e r s & Cie. verselbständigte. S. e r f a n d 1847 e i n e R e g e n e r a t i v d a m p f m a s c h i n e , 1867 e i n e h y d r a u l i s c h e B r e m s e und b a u t e 1874 den ersten K a b e l d a m p f e r . Sein U n t e r n e h m e n verlegte d i e ersten T i e f s e e k a b e l von R i o d e J a n e i r o nach M o n t e v i d e o ( 1 8 7 4 ) s o w i e z w i s c h e n Irland und den U S A (1875). S. b e s a ß S t a h l w e r k e , in d e n e n Stahl unter V e r w e n d u n g d e s von ihm g e m e i n s a m mit s e i n e m B r u d e r Friedrich e n t w i c k e l t e n R e g e n e r a t i v o f e n s n a c h d e m S i e m e n s - M a r t i n - V e r f a h r e n hergestellt w u r d e . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Einige wissenschaftlichtechnische Fragen der Gegenwart (2 Tie., 1879-83), On the conservation of solar energy (1883, dt. Über die Erhaltung der Sonnen-Energie, 1885) u n d On the regenerative gas furnace (1886). DP D S B
Siemens,
W i l h e l m v o n , I n g e n i e u r , Industrieller, * 3 0 . 7 . 1 8 5 5 Berlin, t 14. 1 0 . 1 9 1 9 A r o s a . D e r S o h n von W e r n e r von —>S. und B r u d e r von Carl Friedrich von —>S. studierte M a t h e m a t i k u n d P h y s i k in Heidelberg, Stuttgart, L e i p z i g u n d Berlin, trat 1879 in d i e väterliche F i r m a S i e m e n s & H a l s k e in Berlin ein, w u r d e 1884 Teilhaber und nach d e m A u s s c h e i d e n seines Vaters 1890 f ü h r e n d e Persönlichkeit d e s U n t e r n e h m e n s . S. f ö r d e r t e b e s o n d e r s d i e G l ü h l a m p e n f a b r i k a t i o n , w a r M i t e r f i n d e r der T a n t a l l a m p e , erf a n d d e n S c h n e l l t e l e g r a p h e n , den elektrischen B a h n a n t r i e b und d i e elektrische F e r n s t e u e r u n g . OD M a t s c h o ß : Tech S i e m e r , Laurentius, Taufname: Josef, Dominikaner, Theologe, * 8 . 3 . 1 8 8 8 E l i s a b e t h f e h n (Barßel, O l d e n b u r g ) , t 2 1 . 1 0 . 1 9 5 6 Köln. S., S o h n eines K a n a l b a u m e i s t e r s , trat 1908 in den D o m i n i k a nerorden ein, studierte 1909-16 P h i l o s o p h i e u n d T h e o l o g i e in D ü s s e l d o r f und w u r d e 1914 z u m Priester g e w e i h t . N a c h der T e i l n a h m e a m Ersten Weltkrieg als M a r i n e p f a r r e r studierte er P h i l o s o p h i e , G e r m a n i s t i k und G e s c h i c h t e an der U n i v . M ü n s t e r und w a r 1921-32 R e k t o r d e s D o m i n i k a n e r Internats und G y m n a s i u m s Vechta u n d 1932-46 Provinzial der Teutonia. E r v e r a n l a ß t e d i e H e r a u s g a b e d e r D e u t s c h e n T h o m a s - A u s g a b e s o w i e des A r c h i v s des d e u t s c h e n D o m i n i k a n e r o r d e n s und e r w ä h l t e W a l b e r b e r g z u m Sitz des D o m i n i k a n e r g e n e r a l s t u d i u m s in D e u t s c h l a n d . W ä h r e n d der Herrs c h a f t der Nationalsozialisten war S. 1 9 3 4 / 3 5 inhaftiert und g e h ö r t e d a n n d e r W i e d e r s t a n d s g r u p p e u m Carl Friedrich —»Goerdeler an. N a c h d e m 2 0 . 7 . 1944 k o n n t e er sich einer F e s t n a h m e entziehen. N a c h d e m Z w e i t e n Weltkrieg richtete S. in Walberberg e i n e B e g e g n u n g s s t ä t t e ein und g e h ö r t e zu den G r ü n d e r n der K a t h o l i s c h - D e u t s c h e n A k a d e m i k e r s c h a f t , deren G e n e r a l s e k r e t ä r er bis 1951 war. E r trat auch als Prediger s o w i e in H ö r f u n k und F e r n s e h e n auf. S. v e r ö f f e n t lichte u . a . Wie ich den Fernen Osten erlebte ( 1 9 3 7 ) , So sind wir Menschen ( 1 9 5 6 , 5 1 9 5 8 ) und Aufzeichnungen und Briefe (1957, 21958). m Oldenburg
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Siemering,
(Leopold) Rudolf, Bildhauer, * 1 0 . 8 . 1 8 3 5 K ö n i g s b e r g , t 2 3 . 1 . 1 9 0 5 Berlin. S. b e s u c h t e d i e K u n s t a k a d e m i e K ö n i g s b e r g und w a r seit 1858 S c h ü l e r u . a . von G u s t a v H e r m a n n - » B l ä s e r an der Berliner K u n s t a k a d e m i e . 1862 g e w a n n er den Preis f ü r den E n t w u r f des B e r l i n e r S c h i l l e r - D e n k m a l s . 1 8 6 2 / 6 3 unt e r n a h m S. e i n e Studienreise n a c h Italien u n d w a r später Prof. und D i r e k t o r d e s R a u c h - M u s e u m s in Berlin. Z u seinen W e r k e n zählen das Standbild K a i s e r —> W i l h e l m s I. f ü r d i e R u h m e s h a l l e im Berliner Z e u g h a u s (1888), die S t a t u e der Hl. G e r t r u d auf der g l e i c h n a m i g e n B e r l i n e r B r ü c k e (1896) und das H a y d n - M o z a r t - B e e t h o v e n - D e n k m a l f ü r d e n Tiergarten in Berlin (1904). m A l t p r e u ß B i o g r , Bd 2
Siemerling,
Ernst, P s y c h i a t e r , N e u r o l o g e , * 9 . 1 1 . 1 8 5 7 M ü s s o w bei G r e i f s w a l d , t 7. 1 . 1 9 3 1 Berlin. S. studierte M e d i z i n in M a r b u r g und L e i p z i g , w u r d e 1882 in M a r b u r g p r o m o v i e r t ( B e i t r ä g e zur Embryologie der Excretionsorgane des Vogels), w a r Volontärassistent in der Anstalt N i e t l e b e n bei H a l l e und 1884-93 A s s i s t e n t der Psychiatrischen und N e r v e n k l i n i k der C h a r i t e in Berlin. 1888 habilitierte er sich dort f ü r P s y c h i a t r i e u n d N e u r o l o g i e . 1892 w u r d e S. a. o . P r o f . in Berlin, 1893 o . P r o f . d e r Psychiatrie und N e u r o l o g i e s o w i e Direktor der N e r v e n k l i n i k in T ü b i n gen und ü b e r n a h m 1900 d e n n e u g e s c h a f f e n e n L e h r s t u h l f ü r P s y c h i a t r i e u n d N e u r o l o g i e in Kiel. N a c h seiner E m e r i tierung 1925 ließ er sich in B e r l i n - C h a r l o t t e n b u r g nieder. S. hatte z e i t w e i s e die R e d a k t i o n des „ A r c h i v s f ü r Psychiatrie und N e r v e n k r a n k h e i t e n " inne, g a b mit O t t o —>Binswanger u n d A u g u s t —» C r a m e r ein Lehrbuch der Psychiatrie (1904, fi 1923, italien. 1927) heraus und v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Casuistische Beiträge zur forensischen Psychiatrie (1897), Psychiatrie im Wandel der Zeiten ( 1 9 0 4 ) u n d Geisteskrankheit und Verbrechen (1909). CD Kreuter
S i e m s , Friedrich, S c h a u s p i e l e r , R e g i s s e u r , Intendant, * 8 . 1 1 . 1896 H a m b u r g , t 1 0 . 1 2 . 1963 T ü b i n g e n . N a c h e i n e m U n i v e r s i t ä t s s t u d i u m in Kiel und Berlin n a h m S. S c h a u s p i e l u n t e r r i c h t an d e r S c h u l e des D e u t s c h e n T h e a ters in Berlin, debütierte 1920 an d e n H a m b u r g e r K a m m e r spielen und w a r 1 9 2 1 - 2 6 a m dortigen D e u t s c h e n Schauspielh a u s engagiert. E r spielte j e w e i l s e i n e Spielzeit in Stuttgart, B r e m e n und Kassel, w a r 1930-33 O b e r r e g i s s e u r , 1933-35 I n t e n d a n t a m S t a d t t h e a t e r in Stettin und 1 9 3 6 / 3 7 Intendant in G e r a . A n s c h l i e ß e n d w a r S. bis 1944 G a s t r e g i s s e u r , w u r d e n a c h K r i e g s e n d e I n t e n d a n t der Städtischen B ü h n e n in L ü b e c k u n d 1948 Oberspielleiter des S c h a u s p i e l s der Stadt K ö l n . 1956 ü b e r n a h m er d i e L e i t u n g der L u i s e n b u r g e r Festspiele in W u n s i e d e l u n d w a r als G a s t r e g i s s e u r tätig.
Siems,
M a r g a r e t h e , Sängerin, * 30. 12. 1879 Breslau, t 13.4. 1952 D r e s d e n . Ihre G e s a n g s a u s b i l d u n g erhielt S. nach a n f ä n g l i c h e m Violinund K l a v i e r s t u d i u m bei A g l a j a - » O r g e n i in D r e s d e n und bei P a u l i n e Viardot-Garcia in Paris und debütierte 1902 als M a r guerite d e Valois in G i a c o m o M e y e r b e e r s Les Huguenots a m D e u t s c h e n T h e a t e r in Prag, an d e m sie bis 1908 auftrat. S. k a m d a n n an d i e H o f o p e r in D r e s d e n , w i r k t e dort in d e n U r a u f f ü h r u n g e n der O p e r n Elektro ( 1 9 0 9 , C h r y s o t h e m i s ) und Rosenkavalier (1911, M a r s c h a l l i n ) von R i c h a r d —> Strauss mit u n d g a b a u c h zahlreiche Gastspiele, die sie u . a . an d i e H o f o p e r n in Berlin, Stuttgart und W i e n s o w i e n a c h L o n d o n , M a i l a n d , St. Petersburg und A m s t e r d a m f ü h r ten. Seit 1920 unterrichtete S. a m S t e r n s c h e n K o n s e r v a t o r i u m in Berlin, n a h m 1925 in B r e s l a u A b s c h i e d von der B ü h n e u n d erhielt 1937 e i n e P r o f e s s u r a m dortigen K o n s e r vatorium. 1926-37 und seit 1946 lebte sie in D r e s d e n . ••
MGG
Siemund Siemsen,
Anna, verh. Vollenweider, Pseud. Friedrich Mark, Pädagogin, Sozialreformerin, Politikerin, * 18.1. 1882 Mark bei H a m m (Westfalen), t 2 2 . 1 . 1951 Hamburg.
u . a . Preußen, die Gefahr Europas (1937) und Die Tragödie Deutschlands und die Zukunft der Welt (1947). OD Schröder
S., Schwester von August, Hans und Karl —>S., studierte seit 1905 Germanistik, Philosophie und Latein in München (Promotion 1909, Die Form der Wörter in den Versen Hartmanns von Aue [...]), unterrichtete in Detmold, Bremen und Düsseldorf und trat unter dem Eindruck des Ersten Weltkriegs d e m Bund „Neues Vaterland" bei. 1919 verließ sie den Schuldienst und trat in die U S P D ein. Als Mitglied des „Bundes entschiedener Schulreformer" und des „Vereins sozialistischer Lehrer und Lehrerinnen" versuchte sie, ihre bildungspolitischen Ziele - Koedukation und Demokratisierung des Schulwesens - zu verwirklichen, und war 1 9 1 9 / 2 0 Stadtverordnete in Düsseldorf. S. wurde 1921 Leiterin des Großberliner Fach- und Berufsschulwesens in Jena, war 1 9 2 3 / 2 4 mit der Aufsicht Uber die Höheren Schulen des Bezirks W e i m a r / J e n a betraut und hatte 1923 eine Honorarprofessur für Pädagogik an der Univ. Jena inne. Nach ihrer Entlassung 1932 widmete sie sich schriftstellerischen Arbeiten. S., die sich nach der Spaltung der U S P D der S P D angeschlossen hatte, gehörte 1928-30 als Vertreterin des linken Parteiflügels d e m Reichstag an, trat 1931 der Sozialistischen Arbeiterpartei bei und emigrierte 1933 in die Schweiz, w o sie durch die Heirat mit d e m Arbeitersekretär Walter Vollenweider Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis erhielt. Als Redakteurin der Zeitschrift „Die Frau in Leben und Arbeit" erreichte sie große Wirkung innerhalb der Arbeiter- und Frauenbewegung. Über ihre Erfahrungen berichtete sie in den Briefen aus der Schweiz (1947). Nach Kriegsende kehrte S. nach Deutschland zurück und übernahm in Hamburg einen Lehrauftrag für Literatur und Pädagogik. Im Kuratorium der Friedensgesellschaft und der von ihr gegründeten Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit setzte sie sich verstärkt für eine Einigung Europas unter sozialistischen Vorzeichen ein. S. veröffentlichte u. a. Literarische Streifzüge durch die Entwicklung der Gesellschaft (1925, 5 1949), Beruf und Erziehung (1926), Selbsterziehung der Jugend (1929) und Die gesellschaftlichen Grundlagen der Erziehung (1948). Der deutsche Zweig der Sozialistischen B e w e g u n g für die Vereinigten Staaten von Europa wurde später Anna-Siemens-Kreis genannt. CD I G L
Siemsen, Hans, Pseud. Pfarrer Silesius, Schriftsteller, Journalist, * 2 7 . 3 . 1 8 9 1 Mark bei H a m m (Westfalen), t 2 3 . 6 . 1969 Essen. Nach einer Buchhandelslehre studierte S., Bruder von Anna, August und Karl —>S., seit 1912 in München und Paris Kunstgeschichte, wurde nach ersten Beiträgen im „Pan" und in „Die Aktion" 1915 Chefredakteur des „Zeit-Echo" und nahm 1916-18 am Ersten Weltkrieg teil. 1919 mit d e m expressionistischen Antikriegsbuch Auch ich. Auch du. Aufzeichnungen eines Irren hervorgetreten, lebte er als Feuilletonist und Kritiker meist in Berlin und erzielte mit der Erzählung Die Geschichte meines Bruders (1923) einen Erfolg; sein Bericht über eine Reise in die Sowjetunion erschien 1931 unter d e m Titel Rußland - ja und nein (1931). 1934 emigrierte S„ der sich auch für die gesellschaftliche Anerkennung der Homosexualität einsetzte, nach Frankreich und 1941 in die U S A , w o er in N e w York vor allem j o u r n a listisch tätig war. 1948 kehrte S. nach Deutschland zurück, wurde aber nicht mehr schriftstellerisch tätig. Zu S.s weiteren Veröffentlichungen zählen Joachim Ringelnatz. Der Nachlaß (Hrsg., 1935) und Die Geschichte des Hitler-Jungen Adolf Goers (1947, Nachdr. 2000; zuerst engl. Hitler Youth, 1940). 1986-88 erschien eine A u s g a b e seiner Schriften in drei Bänden (hrsg. von Michael Förster). a a Spalek 3,2
Siemsen,
August, Politiker, * 5 . 7 . 1884 Mark bei H a m m (Westfalen), t 2 5 . 3 . 1958 Berlin. Der Sohn eines Pfarrers und Bruder von Anna, Hans und Karl —>S. studierte Germanistik und Geschichte in Tübingen, M ü n c h e n und Göttingen, wurde 1909 promoviert, war 1912-22 am R e f o r m g y m n a s i u m in Essen, dann in Berlin tätig, wurde 1923 zur Einrichtung von Arbeiterabiturientenkursen nach Jena berufen und 1924 in den Wartestand versetzt. S., der während des Ersten Weltkriegs der S P D beigetreten war und 1919-22 der U S P D angehört hatte, war seit 1919 Stadtverordneter und Leiter des Freien Ausschusses f ü r Volksbildung. Nach der Übersiedlung nach Jena wurde er Vorsitzender des Schul- und Erziehungsausschusses der S P D im Bezirk Thüringen, Mitglied der Reichsvorstände der Arbeitsgemeinschaften sozialdemokratischer Lehrer und des Bundes freier Schulgesellschaften sowie Redakteur der „Sozialistischen Erziehung" und der „Sozialistischen Kultur". Seit 1930 gehörte S. dem linken Flügel der SPD-Reichstagsfraktion an, verließ 1931 die Partei und war einer der Gründer der Sozialistischen Arbeiterpartei. 1933 emigrierte er in die Schweiz, 1936 nach Argentinien und war 1937 Mitbegründer der Gruppe „Das Andere Deutschland". 1952 kehrte S. in die Bundesrepublik zurück, ging 1955 in die D D R und wurde Mitglied der SED. Er schrieb
Siemsen,
Karl, Politiker, * 2 . 1 1 . 1 8 8 7 Mark bei H a m m (Westfalen), f 2 . 1 . 1968 Düsseldorf. Der Pfarrerssohn und Bruder von Anna, August und Hans —>S. studierte Rechtswissenschaften in Tübingen, München und Göttingen, legte 1914 die erste juristische Staatsprüfung ab und nahm am Ersten Weltkrieg teil. Nach seiner Rückkehr aus englischer Kriegsgefangenschaft und der zweiten juristischen Staatsprüfung ließ sich S. 1920 als Rechtsanwalt in Düsseldorf nieder. Seit 1922 SPD-Mitglied, war er 1950-62 nordrhein-westfälischer Landtagsabgeordneter und 1956-58 Minister f ü r Angelegenheiten des Bundesrats in Bonn.
Siemssen,
Adolf Christian, Naturwissenschaftler, * 2 . 5 . 1 7 6 8 Altstrelitz, t 17.6. 1833 Rostock. Nach dem Studium der Theologie und der Naturwissenschaften in Bützow und Göttingen war S„ Sohn eines Justiz- und Amtsrats, seit 1789 Hauslehrer in der Nähe von Schwerin und wurde dann Mitarbeiter, später leitender Redakteur der „Monatsschrift von und für Mecklenburg". 1792 promoviert, habilitierte sich S. 1793 in Rostock (Vorläufige Nachricht von den Mineralien Mecklenburgs) und war seit 1796 Kollaborator an der Großen Stadtschule in Rostock. Er gehörte zu den Begründern der Mecklenburgischen naturforschenden Gesellschaft. S. zeichnete die erste physiographische Karte Mecklenburgs und war Begründer der heimischen Ornithologie, Ichthyologie, Conchyologie und Mineralogie. Er veröffentlichte u . a . Die Fische Mecklenburgs (1794), Handbuch der systematischen Kenntniß der Vögel Mecklenburgs (1794) und Systematische Uebersicht der mecklenburgischen Fossilien (1804).
Siemund,
Heinrich, Erfinder des elektrischen Schweißverfahrens, * 2 9 . 9 . 1874 Hoppenrode bei Güstrow, t 2 4 . 8 . 1 9 5 5 am Mahopsac See (bei New York). S. erlernte das Schmiedehandwerk, arbeitete als Geselle in einer Hamburger Maschinenfabrik und entwickelte dort das elektrische Schweißen für Reparatur- und Fabrikationsarbeiten; das Verfahren ließ er sich patentieren. Gemeinsam mit seinem Bruder gründete er eine Werkstatt in Hamburg,
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Siepmann führte Kesselreparaturen auf Schiffen aus und machte 1908 in New York seine Werkstatt bei der Reederei der HamburgAmerika-Linie auf. 1921 zog sich S. auf seinen Landsitz bei New York zurück. S i e p m a n n , Emil, Unternehmer, * 2 5 . 8 . 1 8 6 3 Warstein, t 2. 11. 1950 Warstein. S i e p m a n n , Hugo, Unternehmer, * 2 4 . 8 . 1 8 6 8 Warstein, t 4. 10. 1950 Belecke (heute zu Warstein). Emil S. trat 1891 als Geschäftsführer in die Firma Peters & Cie. in Warstein ein; sein Bruder Hugo übernahm nach einer kaufmännischen Ausbildung 1892 die kaufmännische Leitung des Unternehmens, das sich in den folgenden Jahren als Gesenkschmiede zu einem erfolgreichen Zulieferbetrieb vor allem für den Automobil- und Eisenbahnbau entwickelte. 1911 erwarben die Brüder das Unternehmen und wandelten es 1938 in die Siepmann-Werke AG um. S i e p m a n n , Heinrich, Künstler, * 3 0 . 1 1 . 1 9 0 4 M ü l h e i m / Ruhr, t 16.12.2002 M ü l h e i m / R u h r . S. studierte 1925-27 an der Folkwang-Schule in Essen und war seit 1928 u. a. in Berlin, Xanten, Kassel und München als Maler tätig. 1941-45 nahm er am Zweiten Weltkrieg teil. S. schuf zunächst zahlreiche Stilleben und Landschaften (häufig die rheinische Industrielandschaft) und wandte sich nach 1945 einer von Tachismus und informeller Malerei, vor allem aber vom Konstruktivismus ausgehenden gegenstandslosen Malerei zu. Zu seinen Werken zählen auch Radierungen, Zeichnungen, Collagen, skulpturale Objekte und architekturbezogenen Arbeiten, darunter Reliefs, Glasfenster und Mosaiken. 1947 zählte er zu den Gründern der Gruppe „junger westen".
Sierck, Detlef -»Sirk, Douglas S i e r c k e , Alfred, Bühnenbildner, * 1.12.1910 Hannover, t 2 . 4 . 1985 Hamburg. Seine Ausbildung zum Bühnenbildner erhielt S. vermutlich in Hamburg und Frankfurt. 1931-34 arbeitete er in Stettin, 1935/36 in Hildesheim und 1938-42 am Theater in Gera, wo er auch Spielleiter war. 1943/44 wirkte S. in Braunschweig, 1945-48 als Gast in Lübeck, 1946-58 als Buhnenbildner, Ausstattungsleiter und Regisseur an der Staatsoper Hamburg, 1956-58 auch in Essen. S i e r p , Friedrich, Chemiker, Wasserwirtschaftler, * 12.7.1886 Warburg, t 11.7. 1972 Paderborn. S., Bruder Heinrich —>S.s, studierte Pharmazie, Chemie, Biologie und Botanik in Bonn und Münster, war Assistent an der Landwirtschaftlichen Versuchsstation, dann am Chemischen Institut der Univ. Münster, 1918-21 am Chemischen Institut der Univ. Tübingen und wurde 1920 promoviert (Ueber Eisen-Oxalsäure-[Malonsäure-] Verbindungen). 1921-23 war S. Chemiker bei der Emschergenossenschaft, anschließend bis 1954 Chefchemiker beim Ruhrverband. Er veröffentlichte zahlreiche Studien zur Abwasserreinigung (Die gewerblichen und industriellen Abwässer. Entstehung, Schädlichkeit, Verwertung, Reinigung und Beseitigung, 1953, Μ 967) und erkannte die Bedeutung der Fischerei für die Reinhaltung der Gewässer. S. war langjähriger Geschäftsführer der Rheinisch-Westfälischen RuhrfischereiGenossenschaft und Vorsitzender des Landesfischerei Verbandes Nordrhein-Westfalen. 1969 erhielt er den Professorentitel. S i e r p , Heinrich (Matthias Emil), Jesuit, Chemiker, * 23.8. 1873 Essen, t 22.2. 1955 Bochum. Der Bruder Friedrich —>S.s trat in die Gesellschaft Jesu ein, studierte Literaturwissenschaft, Philosophie und Theologie an der Philosophisch-Theologischen Fakultät in Valkenburg sowie Chemie an den Universitäten Löwen, Kopenhagen, Berlin und Göttingen. Nach mehrjähriger Tätgkeit als Prof.
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der Naturwissenschaften in Valkenburg und weiterer Ausbildung in England wurde er an das von Jesuiten geleitete St. Francis Xavier College der Univ. Bombay (Indien) berufen, war zeitweise dessen Rektor und Mitglied des Universitätssyndikats und unternahm Forschungsreisen durch Indien und Belutschistan. Ende 1915 wurde S. von der britischen Kolonialverwaltung interniert und nach England gebracht. 1916-27 war er Chefredakteur der Zeitschrift „Stimmen der Zeit". Wegen eines Augenleidens mußte S. seine wissenschaftliche Tätigkeit aufgeben und lebte im Ruhestand im St.-Ignatius-Haus in Essen. Nach der Beschlagnahme des Hauses durch die Gestapo 1941 war er in der Pfarr-, und später in Bochum in der Krankenhausseelsorge tätig. S. veröffentlichte Inorganic chemical analysis (1916, Μ 926) und Demokratie und Weltanschauung (1919, 2 1920). S i e s m a y e r , (Franz) Heinrich, Gartenarchitekt, * 26.4. 1817 Mainz, t 22.12. 1900 Frankfurt/Main. Nach einer Gärtnerlehre in Frankfurt/Main war der Bruder von Karl Friedrich von S. technischer Leiter bei der Gestaltung der Kuranlagen in Wiesbaden und danach als Dekorateur im Schloß Biebrich tätig. 1840 machte er sich in Bockenheim selbständig, gründete 1842 mit seinem Vater Jakob Philipp und dem Bruder Nikolaus die Gartenbaufirma Gebrüder Siesmayer und wurde schließlich zum preuß. Gartenbaudirektor und hessischen Hofgarten-Ingenieur ernannt. S. arbeitete an über tausend Gartenbauprojekten (u. a. den Kuranlagen von Homburg v . d . H. und Bad Schwalbach). Nach 1866 mit dem Verkauf der herzoglich-nassauischen Gewächshäuser und der Wintergärten von Biebrich beauftragt, entwickelte er einen Plan, die Sammlung für Frankfurt zu erwerben, wo damit bis 1871 der Palmengarten angelegt wurde. 1892 erschienen S.s Erinnerungen Aus meinem Leben (Nachdr. 1977; Neuausg. unter dem Titel Lebenserinnerungen, hrsg. von Thorsten Reuter, 2006). S i e s m a y e r , Karl Friedrich von, Gärtner, * 11.3.1821 Wörsdorf, f 8. 11.1902 St. Petersburg. Der Bruder Heinrich —>S.s erlernte den Beruf eines Gärtners, arbeitete in Wien und mehrere Jahre in Frankfurt/ Main und trat nach einer Tätigkeit in Gent in den Dienst der Großfürstin Helena Pawlowna in St. Petersburg. Von Zar Alexander II. berufen, wirkte S. über 37 Jahre lang als russischer Hofgärtner und Direktor des Taurischen Gartens in St. Petersburg, in dem er die berühmten Palmenkulturen anlegte und 1899 die Internationale Gartenbau-Ausstellung organisierte. S i e v e k i n g , Amalie (Wilhelmine), Krankenpflegerin, * 25.7. 1794 Hamburg, t 1.4. 1859 Hamburg. Die Tochter eines Kaufmanns und Ratsherrn bestritt nach dem Tod ihrer Eltern ihren Lebensunterhalt mit Stickereien, wurde religiös von der Erweckungsbewegung geprägt und gründete 1816 mit anderen Frauen eine Freischule für mittellose Mädchen, die bis 1858 bestand. Während der Choleraepidemie in Hamburg 1831 war S. freiwillig als Krankenpflegerin tätig und gründete 1832 den Weiblichen Verein für Armen- und Krankenpflege, der wegweisend für die karitative, konfessionell gebundene Berufstätigkeit von Frauen im 19. Jh. war. Sie gilt als Begründerin der weiblichen Diakonie in der evang. Kirche. S. verfaßte u.a. Eine Ermahnung zur Armen- und Krankenpflege (1850). Emma Poel veröffentlichte unter dem Titel Denkwürdigkeiten aus dem Leben von Amalie Sieveking in deren Auftrage von einer Freundin derselben verfaßt (1860) ihre Lebenserinnerungen. 1911 erschienen S.s Werke (hrsg. von Richard Renne), CD B B K L S i e v e k i n g , Georg Heinrich, Kaufmann, * 28. 1. 1751 Hamburg, t 25. 1.1799 Hamburg. S„ Sohn eines Kaufmanns, erhielt Privatunterricht, machte eine kaufmännische Lehre, besuchte die Handelsakademie
Sievers seines Oheims Johann Georg - » B ü s c h und wurde Teilhaber, später Inhaber des Tuchhauses Voght und Sieveking, das er zun einem der größten Europas ausbaute. Seine Handelsverbindungen erstreckten sich nach Rußland, Nordamerika, Indien und Afrika. Als Senator der Reichs- und Hansestadt Hamburg führte S. ein großes Haus, das den Freiheitskämpfern seiner Zeit offenstand, und war 1792 Präsident der Societe de Lecture, in der sich Hamburger Kaufleute und Publizisten mit in der Stadt lebenden Franzosen u m den Gesandten Francois Lehoc zusammenfanden. S. veröffentlichte Fragmente über Luxus, Bürger-Tugend und Bürger-Wohl, für hamburgische Bürger, die das Gute wollen und können (1797). DP D e m o k r Wege S i e v e k i n g , Heinrich (Johann), Wirtschaftswissenschaftler, * 2 0 . 8 . 1871 Hamburg, t 25. 12. 1945 Hamburg. S. studierte Rechtswissenschaften, Geschichte und Volkswirtschaft in Leipzig, wurde 1893 zum Dr. jur., 1895 zum Dr. phil. promoviert und habilitierte sich 1897 in Freiburg/ Breisgau für Volkswirtschaft. Seit 1901 a. o . P r o f . , ging er 1903 nach Marburg, 1907 als o . P r o f . nach Zürich und war 1922-36 o . P r o f . der Volkswirtschaft und Wirtschaftsgeschichte in Hamburg. S. veröffentlichte u . a . Mittlere Wirtschaftsgeschichte. Vom Ausgang der Antike bis zum Beginn des neunzehnten Jahrhunderts (1921). S i e v e r s , (Georg) Eduard, Sprachwissenschaftler, * 2 5 . 1 1 . 1850 Lippoldsberg/Weser (heute zu Wahlsburg), t 3 0 . 3 . 1932 Leipzig. Der Sohn eines Berginspektors und späteren MUnzverwalters studierte seit 1867 Klassische und Germanische Philologie in Leipzig, w o er 1870 zum Dr. phil. promoviert wurde (Untersuchungen über Tatian), und wandte sich dann in Berlin und auf einer Bibliotheksreise durch Großbritannien 1871 d e m Studium der Anglistik zu. Seit 1871 a. o. Prof. in Jena, wurde er 1876 o.Prof. f ü r Germanische und Romanische, 1881 für Deutsche Philologie und folgte 1883 einem Ruf nach Tübingen, 1887 nach Halle und 1892 nach Leipzig, wo er bis zu seiner Emeritierung 1922 lehrte; 1 9 0 1 / 0 2 war er Rektor der Univ. Leipzig. S. verfaßte die wichtige Textuntersuchung Heliand und die angelsächsische Genesis (1875), eine Angelsächsische Grammatik (1882, λ 1898, Nachdr. 1922), phonetische Untersuchungen (u.a. Grundzüge der Lautphysiologie, 1876, ab 2 1881 unter dem Titel Grundzüge der Phonetik, 5 1901) und eine Altgermanische Metrik (1893) und entwickelte die „Schallanalyse", ein Verfahren der Zuordnung von phonetischen Eigenschaften gelesener dichterischer Texte zu Körpereinstellungen und -bewegungen eines geübten Interpreten (Rhythmisch-melodische Studien, 1912). S. gab auch althochdeutsche Dichtung heraus (Tatian, 1872, 2 1892, Nachdr. 1966; Die althochdeutschen Glossen, mit Elias von Steinmeyer, 5 Bde., 1879-1922, Nachdr. 1 9 6 8 / 6 9 und 1999). 1892-1906 und 1925-32 war er Mitherausgeber der „Beiträge zur Geschichte der Deutschen Sprache und Literatur". Als korrespondierendes Mitglied gehörte S. seit 1889 der Bayerischen, seit 1900 der Preußischen Akademie Wissenschaften und seit 1902 der A k a d e m i e der Wissenschaften in Wien an, als ordentliches Mitglied seit 1892 der Sächsischen Gesellschaft (seit 1918 Akademie) der Wissenschaften. ixi I G L S i e v e r s , Georg L u d w i g Peter, Schriftsteller, Journalist, * 1766 Braunschweig, t nach 1830. S. war Redakteur in Kassel, später Mitarbeiter am Brockhausschen Konversationslexikon in Altenburg. Seit 1822 war er bei der „Zeitschrift für Literatur und Kunst, Theater und M o d e " in Wien Redakteur der Rubrik „Mitteilungen über Künste und Wissenschaft und geselliges Leben in Italien" und hielt sich dafür häufig in R o m und Neapel auf.
S. schrieb auch für das „Morgenblatt für gebildete Stände" und die „Allgemeine musikalische Zeitung" und war als Romanautor (Die Kleinstädter, 1809) und Dramatiker tätig (u. a. Die komische Ehe, 1802; Lessings Schädel, 1807, Lustspiel). t u Killy S i e v e r s , Hans (Daniel Charles), Lehrer, Politiker, * 2 5 . 2 . 1 8 9 3 Hamburg, t 16.2. 1965 Kiel. Nach dem Besuch des Lehrerseminars (1908-14) und der Teilnahme am Ersten Weltkrieg war S., Sohn eines Kaufmanns, als Lehrer tätig. Er trat 1916 in die S P D ein, wechselte 1917 zur U S P D , 1920 zur K P D und kehrte 1922 zur S P D zurück. 1920 war S. Minister für Volksbildung, 1920-33 Mitglied des Landtags und 1927-30 Minister für Justiz und Volksbildung der braunschweigischen Regierung —> Jasper. 1933 nach Dänemark emigriert, war er seit 1938 im Auftrag der dänischen Regierung als Lagerleiter in Odensee für deutsche Flüchtlinge tätig, floh 1940 nach Stockholm, arbeitete als Journalist und Sprachlehrer und kehrte 1945 nach Dänemark zurück, wo er 1945-48 Berater der dänischen Flüchtlingsverwaltung war und Schulunterricht für deutsche Kinder organisierte. Seit 1948 in Kiel ansässig, wurde er Regierungsdirektor und war Leiter der Allgemeinen Abteilung des schleswig-holsteinischen Ministeriums des Innern ( 1 9 4 8 / 4 9 ) sowie des Ministeriums f ü r Volksbildung ( 1 9 4 9 / 5 0 ) . 1948-57 war er Regierungsdirektor in der schleswig-holsteinischen Ministerialverwaltung, 1954-57 Leiter des Landesentschädigungsamtes. S. gründete das Internationale Institut für Erziehungswesen, das im Internationalen Schulbuchinstitut seine Fortsetzung fand. CD Herlemann S i e v e r s , Jakob Johann Graf von, Diplomat, * 19.3. 1731 Wesenberg (Estland), t 2 3 . 7 . 1 8 0 8 Bauerhof (Livland). S. kam 1734 zu seinem Oheim, der eine hohe Stellung am russischen Hof innehatte, trat 1744 als Kollegienjunker in das Collegium des Auswärtigen ein und wurde 1748 Sekretär an der russischen Gesandtschaft in Kopenhagen. 1749-56 war er in gleicher Stellung in London tätig, nahm in der russischen A r m e e am Siebenjährigen Krieg teil und quittierte 1763 als Generalmajor den Dienst. 1764 von -H> Katharina II. zum Gouverneur von Nowgorod ernannt, setzte sich S. für die Landesentwicklung ein, trat 1781 aus Protest gegen die Günstlingswirtschaft am Zarenhof zurück, übernahm 1792 die Gesandtschaft in Polen und war leitend an der zweiten und dritten Teilung des Königreiches beteiligt. D a f ü r wurde S. von Zar Paul I. 1796 zum Senator, 1797 zum Chef der Wohltätigkeitsanstalten und dann des neuen Departements der Wasserkommunikation ernannt und 1798 in den erblichen Grafenstand erhoben. 1800 schied er aus d e m russischen Staatsdienst aus. S i e v e r s , Johannes (Georg Ludwig), Kunsthistoriker, Ministerialbeamter, * 2 7 . 6 . 1 8 8 0 Berlin, t 2 0 . 6 . 1969 Berlin. Der Sohn eines Kunstmalers studierte nach einer Ausbildung bei seinem Vater seit 1901 Kunstgeschichte in München, Berlin und Halle und wurde 1906 zum Dr. phil. promoviert (Pieter Aertsen. ein Beitrag zur Geschichte der niederländischen Kunst im 16. Jahrhundert). Zunächst Volontär bei den Königlichen Museen Berlin, wurde er 1912 Hilfsarbeiter in der Kunstabteilung des preuß. Kultusministeriums und war nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1918-33 im Kunstreferat des Auswärtigen Amtes tätig. 1917 wurde er zum Prof. ernannt. S. befaßte sich mit dem Werk von Käthe —> Kollwitz und den Berliner Palaisbauten von Karl Friedrich —> Schinkel. Seine Memoiren erschienen 1966 unter dem Titel Aus meinem Leben. CD Wendland
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Sievers S i e v e r s , M a x (Wilhelm Georg), Pseud. Thaller, Mass, Publizist, Widerstandskämpfer, * 1 1 . 7 . 1 8 8 7 Berlin, t 17. 1. 1944 Brandenburg. S. war bis 1907 ungelernter Arbeiter, dann kaufmännischer Angestellter. Nach d e m Ersten Weltkrieg wurde er USPD-Stadtverordneter für Berlin-Neukölln, gab 1919 die Zeitschrift „Der Arbeiterrat" heraus, trat 1920 in die K P D ein, war Redakteur der „Roten Fahne" und Sekretär der Reichszentrale. Seit 1921 Mitglied der SPD, wurde er 1922 Sekretär, später Vorsitzender des Vereins für Freidenkertum bzw. des Deutschen Freidenker-Verbandes und Herausgeber der Zeitschrift „Der Freidenker". Im März 1933 in „Schutzhaft" g e n o m m e n , floh S. im selben Jahr nach Belgien und setzte seine politische Tätigkeit in Brüssel fort. 1934-38 war er Herausgeber des „Informationsbriefs" („Sievers-Korrespondenz", „Siko"), 1937-39 der Wochenschrift und der Schriftenreihe „Freies Deutschland". Seit 1935 propagierte S. eine „volkssozialistische" B e w e g u n g und unternahm Vortragsreisen durch Europa und in die U S A . 1940 von belgischen Behörden interniert, konnte er beim Transport nach F r a n k f u r t / M a i n fliehen, versuchte vergeblich Uber die Grenze in die Schweiz zu gelangen und wurde in Straßburg inhaftiert. Nach seiner Freilassung lebte S. unter dem N a m e n Loth in der N ä h e von Lille, wurde 1943 denunziert, von der Gestapo verhaftet und hingerichtet. Er veröffentlichte u . a . Unser Kampf gegen das Dritte Reich. Von der nazistischen Diktatur zur sozialistischen Demokratie (1939). m B H d E , Bd 1 S i e v e r s , (Friedrich) Wilhelm, Geograph, * 3. 12.1860 Hamburg, t 1 1 . 6 . 1 9 2 1 Gießen. S., Sohn eines K a u f m a n n s , studierte Geschichte in Jena, dann Geographie in Göttingen und Leipzig, wurde 1883 promoviert (Abhängigkeit der Confessionsverteilung) und reiste 1884-86 zu Studienzwecken nach Venezuela und Kolumbien. 1887 habilitierte er sich in Würzburg für Geographie (Ueber Schotter-Terrassen [Mesas], Seen und Eiszeit im nördlichen Südamerika), ging 1890 nach Gießen und wurde hier 1891 a.o., 1903 o . P r o f . und Direktor des Geographischen Instituts. S. unternahm mehrere Forschungsreisen nach Südamerika. Er war Herausgeber und teilweise Verfasser der Allgemeinen Länderkunde (mit Emil —»Deckert und Friedrich Gustav Hahn, 5 Bde., 1891-95, 3 1913-33). S. schrieb u. a. Reise in der Sierra Nevada de Santa Marta (1887), Die Cordillere von Merida (1888), Venezuela (1888, Neuausg. 1921), Die Cordillerenstaaten (2 Bde., 1913) und Reisen in Peru und Ecuador ausgeführt 1909 (1914). DD Poggendorff 4-6 S i e v e r s , Wolfram (Heinrich Friedrich), Politiker, * 10.7. 1905 Hildesheim, t 2 . 6 . 1 9 4 8 L a n d s b e r g / L e c h . Von Beruf Buchhändler, trat S., Sohn eines Kirchenmusikers, 1929 in die N S D A P ein und gehörte zum nationalrevolutionären Kreis um Friedrich Hielscher. Nach erneutem Eintritt in die N S D A P 1933 wurde er 1935 Mitglied der SA. 1935 wurde er Geschäftsführer des „Ahnenerbes" der SS, 1943 stellvertretender Leiter des Geschäftsführenden Beirats des Reichsforschungsrats. Nach d e m Zweiten Weltkrieg verhaftet, wurde S. wegen seiner Beteiligung an der E r m o r d u n g von Häftlingen im Konzentrationslager Natzweiler-Struthof zur Anlage einer Skelett- und Schädelsammlung durch August Hirt im August 1947 zum Tod verurteilt und im folgenden Jahr hingerichtet. DP Grüttner S i e v e r t , Ludwig, Bühnenbildner, * 17.5. 1887 Hannover, t 11.12.1966 München. Nach einer Lehre als Theatermaler in Aachen war S. seit 1904 in Düsseldorf, München und Coburg und 1912-24 als Bühnenbildner in Freiburg/Breisgau, 1914-19 in Mannheim tätig und wirkte 1919-37 an den Städtischen Bühnen
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Frankfurt, wo er 1921 seine erste selbständige Regiearbeit durchführte und dann vor allem durch seine stark stilisierten Bühnenbilder und Interpretationen expressionistischer Werke bekannt wurde. 1937-43 war S. Ausstattungsleiter der Staatsoper in München, gastierte seit 1941 an der Staatsoper in Wien und war nach 1945 Gast an mehreren Bühnen. Seit 1959 lehrte er als Prof. an der Akademie für angewandte Kunst in München. 1944 veröffentlichte S. Lebendiges Theater. Drei Jahrzehnte deutscher Theaterkunst (mit Ernst Leopold Stahl). CD M G G S i e v e r t s , Adolf (Ferdinand), Chemiker, * 7 . 1 0 . 1874 Hamburg, t 8 . 1 . 1 9 4 7 Jena. S. studierte seit 1894 C h e m i e in Dresden, Leipzig und Göttingen, wurde 1898 promoviert (Beiträge zur Kenntnis des Pinols), habilitierte sich 1907 in Leipzig (Über Okklusion und Diffusion von Gasen durch Metalle) und wurde hier 1915 a. o. Professor. 1919 folgte er einem Ruf nach Greifswald, wurde 1921 o. Prof. und lehrte seit 1922 als o. Prof. der anorganischen und analytischen C h e m i e in F r a n k f u r t / M a i n . Seit 1927 war S. o . P r o f . und Direktor des Chemischen Labors in Jena. S. beschäftigte sich vor allem mit Festkörperreaktionen, insbesondere mit Synthese und Charakterisierung metallischer Hybride. Er veröffentlichte u. a. Palladium und Wasserstoff (1914) und Die Eroberung der Luft durch die Chemie (1916). S. war der Vater von Rudolf —>S. m Stolz S i e v e r t s , Rudolf (Hubert), Jurist, * 3 . 1 1 . 1903 Meißen, t 2 8 . 4 . 1980 Heidelberg. Der Sohn von Adolf —>S. studierte Rechtswissenschaften in Greifswald, Frankfurt und Hamburg, wurde 1928 promoviert (Die Wirkungen der Freiheitsstrafe und Untersuchungshaft auf die Psyche der Gefangenen) und habilitierte sich dort 1932 f ü r Strafrecht (Beiträge zur Lehre von den subjektiven Unrechtselementen im Strafrecht, gedruckt 1934). 1934 übernahm S. hier einen Lehrstuhl f ü r Strafrecht, Kriminologie, Jugendrecht und -fürsorge sowie für Rechtsvergleichung, den er bis zu seiner Emeritierung 1971 innehatte. S. leistete Vorarbeiten f ü r das Jugendgesetz von 1943 und beteiligte sich als Mitglied des Fachausschusses für Jugendrecht an der R e f o r m des Jugendgesetzes von 1953. Er war Redakteur der „Monatsschrift für Kriminalpsychologie und Strafrechtsreform" und Herausgeber des Handwörterbuchs der Kriminologie. S i e w e r t , Clara, Malerin, Graphikerin, * 9 . 1 2 . 1862 Gut Budda (Kr. Preuß. Stargard, Westpreußen), t 1 1 . 1 0 . 1 9 4 5 Berlin. Die Tochter eines Gutsbesitzers erhielt ihre Ausbildung u . a . bei Karl —> Stauffer-Bern in Berlin, wo sie sich als freischaffende Malerin niederließ. S. schuf zahlreiche Zeichnungen, Lithographien und Gemälde, in denen sie häufig Motive ihrer westpreußischen Heimat verwandte. t u Altpreuß Biogr, Bd 2 S i e w e r t , Curt, Militär, * 5 . 4 . 1899 Ratzeburg, t 13.6. 1983 Hannover. Nach d e m Ersten Weltkrieg wurde S. in die Reichswehr übernommen, absolvierte einen Kurs an der Kriegsakademie und wurde in den Generalstab versetzt. Er war erster Generalstabsoffizier bei Generaloberst Werner von —>Fritsch und bei d e m späteren Generalfeldmarschall Walther von —»Brauchitsch und 1941-43 Chef des Generalstabs eines Armeekorps. 1943-45 kommandierte S. eine Infanteriedivision, seit 1944 als Generalleutnant. Nach seiner Rückkehr aus britischer Kriegsgefangenschaft wurde er 1948 Exportleiter in einem Industrieunternehmen, 1956 als Generalmajor in die Bundeswehr übernommen und 1958 zum Befehlshaber im Wehrbereich II ernannt.
Sigerus S i e w e r t , Hans, Sänger, * 26. 11.1872 Cordova (Argentinien), t 3 1 . 3 . 1 9 4 1 Berlin. S., dessen Vater Prof. der C h e m i e in Cordova war, studierte Pharmazie in Deutschland und war dann als Apotheker in Breslau tätig. Als man dort auf seine S t i m m e a u f m e r k s a m wurde, nahm er Gesangsunterricht und debütierte 1899 am Opernhaus in Köln. Im selben Jahr an das Opernhaus in Breslau engagiert, sang er 1909-11 am Stadttheater in Hamburg, 1911-16 a m Opernhaus in Karlsruhe und 1 9 1 6 / 1 7 am Stadttheater in Essen. 1919-23 war er Mitglied des Stadttheaters in Königsberg. S. trat auch als Konzert- und Oratorientenor hervor. Gastspiele führten ihn u. a. an die Hofopern in München, Wien, Dresden und Stuttgart. CD Kutsch S i e w e r t , Robert, Politiker, * 30. 12. 1887 Schwersenz (Kr. Posen), t 2 . 1 1 . 1973 Berlin. S., Sohn eines Z i m m e r m a n n s , erlernte den Beruf eines Maurers, trat 1905 dem Lokalverband der Maurer bei und Schloß sich 1906 der S P D an. 1919 trat er in die K P D ein. 1920-24 war S. Mitglied des Zentralausschusses der K P D , gehörte 1920-29 dem Sächsischen Landtag an, war seit 1925 Leiter der Vereinigung der Internationalen Verlagsanstalt und seit 1926 des Verlags „Einheit". 1933-35 gehörte er der K P D O (KPD-Opposition) an. 1935 verhaftet und bis 1938 in Luckau inhaftiert, wurde er dann in das Konzentrationslager Buchenwald überstellt und 1945 befreit. 1946-50 war S. erster Vizepräsident der Provinzialverwaltung bzw. Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt und seit 1946 Mitglied des SED-Landesvorstandes. 1950 wegen seiner früheren K P D O Zugehörigkeit seines Amtes enthoben, wurde er in das Ministerium für Aufbau bzw. Bauwesen der D D R versetzt. m
DDR
S i e w e r t h , Gustav, Philosoph, Pädagoge, * 2 8 . 5 . 1 9 0 3 Hofgeismar, t 5. 10. 1963 Trient. S. studierte Philosophie, Pädagogik und kath. Theologie, wurde 1933 in Freiburg/Breisgau promoviert (Der metaphysische Charakter des Erkennens nach Thomas von Aquin aufgewiesen am Wesen des sinnlichen Aktes) und habilitierte sich dort 1938 (Die Apriorität der Erkenntnis als Einheitsgrund der philosophischen Systematik des Thomas von Aquin). Eine Universitätslaufbahn scheiterte aus politischen Gründen. 1945 wurde S. Rektor der Pädagogischen Akademie in Aachen, 1961 der Pädagogischen Hochschule in Freiburg. Er veröffentlichte u. a. Der Thomismus als Identitätssystem ( 1 9 3 9 , 2 1 9 6 1 ) , Das Sein als Gleichnis Gottes (1958), Wagnis und Bewahrung. Zur metaphysischen Begründung des erzieherischen Auftrages (1958, 2 1964), Das Schicksal der Metaphysik von Thomas zu Heidegger (1959), Metaphysik der Kindheit (1957, "1963), Philosophie der Sprache (1962) und Grundfragen der Philosophie im Horizont der Seinsdijferenz (1963). CD LThK S l e w i n g , Rolf, Zoologe, * 9 . 1 0 . 1 9 2 5 Lemgo, t 11.8. 1985 Erlangen. Nach d e m 1951 mit der Promotion (Morphologische Untersuchungen an Tanaidaceen und Lophogastriden) abgeschlossenen Studium habilitierte sich S. 1955 für Zoologie (Untersuchungen zur Morphologie der Malacostraca [Crustacea]), wurde 1961 apl. Prof. und war 1967-85 Ordinarius und Direktor des Ersten Zoologischen Instituts in Erlangen. In seinen Forschungen befaßte er sich mit Embryologie, Morphologie sowie mit der Entwicklungs- und Stammesgeschichte der Tiere. S. veröffentlichte u . a . ein Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungsgeschichte der Tiere (1969) und Evolution (Hrsg., 1978, 3 1987). S i g e h e r , Sangspruchdichter, 2. Hälfte 13. Jh. Über S.s Herkunft ist nichts bekannt; sprachliche Merkmale in seinen Texten lassen jedoch auf den oberdeutschen Raum schließen. Nach 1350 hielt er sich vermutlich am Prager Hof
auf. Von S. sind 18 Sprüche und ein Marienlied überliefert; alle Texte stehen in der „Großen Heidelberger Liederhandschrift". In Anlehnung an sein Vorbild —»Walther von der Vogelweide kommentiert er mit einigen Sprüchen die Lage im Reich, andere folgen religiösen T h e m e n . Das unter S.s Namen tradierte Marienlied ist vermutlich das früheste Gattungsbeispiel. t u VL S i g e l , Franz, Militär, * 18. 11. 1824 Sinsheim (Baden), t 2 1 . 8 . 1902 New York. Der Sohn eines Oberamtmanns wurde nach dem Besuch der Kadettenanstalt 1841 badischer Infanterie-Leutnant, nahm 1847 seinen Abschied und stellte in M a n n h e i m ein Freikorps auf. S. war führend an den badischen Aufständen 1848 und 1849 beteiligt, floh nach der Niederlage in die Schweiz, 1851 nach England und ging 1852 nach Amerika. Er lebte zunächst in N e w York, seit 1858 als Lehrer in St. Louis und wurde hier bald Leiter aller städtischen Schulen. Im Sezessionskrieg General der Unionstruppen, legte S. 1865 sein K o m m a n d o nieder und ging als Journalist nach N e w York, wo er den „New York Monthly" gründete. m
D e m o k r Wege
S i g e r i s t , Henry E(rn[e]st), schweizer. Medizinhistoriker, * 7 . 4 . 1 8 9 1 Paris, t 1 7 . 3 . 1 9 5 7 Pura (Kt. Tessin). Der Sohn eines Schaffhauser Fabrikanten studierte 1910/11 orientalische Sprachen in Zürich und London, seit 1911 Medizin in Zürich und M ü n c h e n und wurde 1917 in Zürich zum Dr. med. promoviert (Experimentelle Untersuchungen Uber die Einwirkung chronischer Kampherzufuhr auf das normale und pathologische Herz). Nach seiner Fachausbildung in Leipzig habilitierte er sich 1922 in Zürich für Geschichte der Medizin (Studien und Texte zur frühmittelalterlichen Rezeptliteratur) und war hier seit 1924 Titularprofessor. S. war seit 1925 o . ö . P r o f . der Medizingeschichte und Direktor des Medizinisch-historischen Instituts in Leipzig, 1932-47 Prof. der Geschichte und Soziologie der Medizin sowie Institutsleiter an der Johns Hopkins University in Baltimore (USA) und danach Prof. an der Yale University in N e w Haven (Connecticut). S., seit 1932 Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina, gilt als Begründer der soziologisch orientierten Medizingeschichte. Mit Gustav A. Wehrli begründete er die „Zürcher Medizingeschichtlichen Abhandlungen". S. war Herausgeber u . a . der „ M o n u m e n t a medica" (1924 ff.), der „Beiträge zur Geschichte der Medizin an der Universität Leipzig" (1928 ff.) und der „Publications of the Johns Hopkins Institute of Medicine" ( 1 9 3 4 f f . ) Er veröffentlichte u . a . Antike Heilkunde (1926, erneut 1933), Große Ärzte. Eine Geschichte der Heilkunde in Lebensbildern (1932, ab der 6. Aufl. 1970 hrsg. und erw. von L. Norpoth), Civilization and Disease (1943, dt. Krankheit und Zivilisation, 1952) und A History of medicine (2 Bde., 1951-61). S.s Autobiographische Schriflen erschienen postum 1970. c n DLL
S i g e r u s , Emil, Volkskundler, Kunstsammler, Historiker, * 19.2. 1854 Hermannstadt (Siebenbürgen), t 2 5 . 3 . 1947 Hermannstadt. S., Sohn eines Obersenators und Sekretärs des Landwirtschaftlichen Vereins, war seit 1890 Angestellter, später bis 1915 Direktor der Versicherungsgesellschaft Transsylvania und daneben Redakteur des „Siebenbürgisch-deutschen Tageblatts" in Hermannstadt. Er widmete sich der Erforschung des siebenbürgischen Volksguts und gründete 1885 das Karpatenmuseum in Hermannstadt, dessen Kustos er bis 1905 war; 1918 wurde es dem Brukentalmuseum eingegliedert und bildete den Grundstock zu dessen Volkskundeabteilung. 1906 gab S. die M a p p e Siebenbürgisch-Sächsische Leinen-
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Sigg Stickerei heraus, d i e m e h r e r e A u f l a g e n , a u c h i m A u s l a n d , erlebte, und v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . e i n e Chronik der Stadt Hermannstadt (1930). 1881-1901 w a r er S e k r e t ä r d e s Siebenbürgischen Karpathenvereins. DP Ö B L S i g g , F e r d i n a n d , B i s c h o f der m e t h o d i s t i s c h e n Kirche, * 2 2 . 3 . 1901 T h a l w i l ( S c h w e i z ) , t 27. 10. 1965 Z ü r i c h . D e r S o h n eines S c h r e i n e r m e i s t e r s b e s u c h t e 1924-27 d a s Frankfurter Predigerseminar der Methodistenkirche, war 1928-36 Sekretär des B i s c h o f s J o h n L o u i s —»Nuelsen und w u r d e 1936 Direktor d e s s c h w e i z e r . Verlags d e r M e t h o d i stenkirche, d e r Christlichen V e r e i n s b u c h h a n d l u n g in Z ü r i c h , die er bis 1955 leitete. 1954 w u r d e S. in B r ü s s e l von der n e u g e b i l d e t e n Z e n t r a l k o n f e r e n z der M e t h o d i s t e n k i r c h e in Mittel- und S ü d e u r o p a z u m B i s c h o f g e w ä h l t . E r w a r a u c h Präsident des S c h w e i z e r i s c h e n E v a n g e l i s c h e n M i s s i o n s r a t s . S i g g e l , A l f r e d (Karl G u s t a v J o h a n n e s ) , Orientalist, * 1 5 . 8 . 1884 Berlin, t 2 3 . 2 . 1959 M a i n z . M e h r e r e J a h r e als Volksschullehrer tätig, studierte S. orientalische S p r a c h e n in Berlin, w u r d e 1913 z u m Dr. phil. promoviert, w a r 1911-19 Studienrat und 1919-26 Stadtschulrat in Berlin. Seit 1926 B ü r g e r m e i s t e r des B e z i r k s BerlinL i c h t e n b e r g , w u r d e er nach d e r M a c h t ü b e r n a h m e d u r c h die Nationalsozialisten seines A m t e s e n t h o b e n . Seit 1946 w a r S. stellvertretender Direktor des Instituts f ü r O r i e n t f o r s c h u n g der D e u t s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n zu Berlin und w u r d e 1947 Prof. mit L e h r a u f t r a g f ü r G e s c h i c h t e der N a t u r w i s s e n s c h a f t e n an der dortigen H u m b o l d t - U n i v e r s i t ä t . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . ein Arabisch-deutsches Wörterbuch der Stoffnamen aus den drei Naturreichen (1949). S i g h a r t , J o a c h i m (Maria), kath. T h e o l o g e , P h i l o s o p h , Kunsthistoriker, * 16. 1. 1824 Altötting, t 2 0 . 1 2 . 1 8 6 7 München. S. studierte P h i l o s o p h i e u n d T h e o l o g i e in M ü n c h e n , w o er 1845 z u m Dr. theol. p r o m o v i e r t w u r d e , e m p f i n g 1846 d i e P r i e s t e r w e i h e und w a r seit 1847 Repetitor a m F r e i s i n g e r K l e rikalseminar. Dort w u r d e er 1850 Prof. der P h i l o s o p h i e und hielt a u c h k u n s t g e s c h i c h t l i c h e Vorlesungen. Seit 1863 w a r S. M i t g l i e d der B a y e r i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n , seit 1866 D o m k a p i t u l a r in M ü n c h e n . Er schrieb u. a. e i n e Geschichte der bildenden Künste in Bayern (2 Bde., 1 8 6 2 / 6 3 ) . S i g i s m u n d von L u x e m b u r g , K ö n i g von U n g a r n , d e s R e i c h e s und von B ö h m e n , Kaiser, * 14. / 1 5 . 2 . 1368 P r a g , t 9. 1 2 . 1 4 3 7 Z n a i m ( M ä h r e n ) . D e m j ü n g e r e n S o h n K a i s e r —> Karls IV. aus d e r vierten E h e mit Elisabeth von P o m m e r n , 1373 z u m M a r k g r a f e n von B r a n d e n b u r g e r h o b e n , g e l a n g es nach d e m Tod L u d w i g s des G r o ß e n 1382 nicht, in P o l e n d i e N a c h f o l g e anzutreten; er k o n n t e sich a b e r nach d e r i m H e r b s t 1385 erz w u n g e n e n Heirat mit d e s s e n Tochter M a r i a 1387 die ung a r i s c h e K r o n e sichern. S e i n e R e g i e r u n g , durch e i n e N i e derlage 1396 bei N i k o p o l i s g e g e n d i e O s m a n e n erschüttert und von einer L i g a der B a r o n e ü b e r w a c h t , d i e ihn 1401 zeitweilig g e f a n g e n s e t z t e und 1403 den P r ä t e n d e n t e n L a d i s l a u s von N e a p e l unterstützte, k o n n t e erst nach 1405 als u n g e f ä h r det gelten. Versuche, sich auf K o s t e n seines S t i e f b r u d e r s —> Wenzel IV. in B ö h m e n festzusetzen und R e i c h s p o l i t i k zu betreiben, scheiterten. D e n n o c h w u r d e er 1 4 1 0 / 1 1 als N a c h f o l g e r —> R u p r e c h t s von der P f a l z in zwei W a h l g ä n g e n z u m R ö m i s c h e n K ö n i g gekürt. Z w a r k o n n t e S. bei s e i n e m ersten A u f e n t h a l t in Italien 1412-14 nicht die W i e d e r h e r s t e l l u n g der R e i c h s g e w a l t erreichen, a b e r i m m e r h i n die V o r a u s s e t z u n g e n f ü r das Z u s a m m e n t r e t e n d e s K o n z i l s von K o n s t a n z s c h a f f e n , auf d e m d a s K i r c h e n s c h i s m a d u r c h d i e A b s e t z u n g der drei P ä p s t e und die Wahl M a r t i n s V . 1417 b e e n d e t w u r d e ; d i e v o m K ö n i g
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v e r l a n g t e K i r c h e n r e f o r m w u r d e j e d o c h vertagt. D i p l o m a t i s c h e M i s s i o n e n f ü h r t e n ihn 1 4 1 5 / 1 6 n a c h P e r p i g n a n , Paris u n d L o n d o n , blieben aber, w i e a u c h die A u s g l e i c h s b e m ü h u n g e n z w i s c h e n P o l e n / L i t a u e n und d e m D e u t s c h e n O r d e n , o h n e d a u e r h a f t e n Erfolg. D i e von seiner M i t v e r a n t w o r t u n g f ü r den T o d d e s R e f o r m a t o r s Jan H u s überschattete N a c h f o l g e in B ö h m e n verstrickte ihn n a c h 1420 in k r ä f t e z e h rende, erst 1436 d u r c h einen K o m p r o m i ß beigelegte A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n mit d e n H u s s i t e n . S.s Insistieren w a r 1431 das Z u s t a n d e k o m m e n d e s Konzils von Basel zu d a n k e n , d e m er j e d o c h trotz seines d u r c h d i e K a i s e r k r ö n u n g 1433 erhöhten Prestiges k e i n e I m p u l s e zu g e b e n v e r m o c h t e . Wegen seiner M a c h t - und Mittellosigkeit k o n n t e er w e d e r d i e überfällige R e i c h s r e f o r m d u r c h s e t z e n n o c h das Vordringen der O s m a n e n , d a s k o n t i n u i e r l i c h e A u s g r e i f e n B u r g u n d s und d i e weitere A u s h ö h l u n g der R e i c h s h o h e i t in Italien a u f h a l ten. D e m mit seiner e i n z i g e n T o c h t e r —> Elisabeth aus der E h e mit —> B a r b a r a von CiIii verheirateten H a b s b u r g e r —> Albrecht V . (II.) w u ß t e er i m m e r h i n d i e N a c h f o l g e in allen seinen R e i c h e n zu sichern. E i n e g e w i s s e W i d e r s p r ü c h l i c h k e i t k e n n z e i c h n e t e sein L e b e n und Werk. Die Z e i t g e n o s s e n w u ß t e n seine L i e b e n s w ü r d i g keit, u m f a s s e n d e B i l d u n g , Urteilskraft und d a s d i p l o m a t i s c h e G e s c h i c k zu r ü h m e n , beklagten aber a u c h s e i n e U n zuverlässigkeit u n d V e r s c h w e n d u n g s s u c h t . N o c h w e i t g e h e n d d e m mittelalterlichen Weltbild verhaftet, s u c h t e er e r k a n n t e n staatlichen, kirchlichen u n d g e s e l l s c h a f t l i c h e n F e h l e n t w i c k lungen g e g e n z u s t e u e r n , o h n e r i c h t u n g w e i s e n d e A l t e r n a t i v e n a u f z e i g e n zu k ö n n e n . K a i s e r S.s B e d e u t u n g liegt nicht zuletzt darin, d a ß er die W e i c h e n s t e l l u n g v o r w e g n a h m , d i e z u m Entstehen des s u p r a n a t i o n a l e n H a b s b u r g e r r e i c h e s beitrug und M i t t e l e u r o p a die J a h r h u n d e r t e ü b e r d a u e r n d e n territorialen K o n t u r e n gab. LITERATUR: J o s e p h von A s c h b a c h : G e s c h i c h t e Kaiser Sigm u n d s . 4 Bde., H a m b u r g 1838-45. N e u d r . A a l e n 1964. E l e m e r M ä l y u s z : K a i s e r S. in U n g a r n . B u d a p e s t 1990. W i l h e l m B a u m : K a i s e r S. H u s , K o n s t a n z und T ü r k e n k r i e g e . G r a z u . a . 1993. - Josef M a c e k t u . a . (Hrsg.): S. von L u x e m b u r g . K a i s e r und K ö n i g in M i t t e l e u r o p a 1387-1437. Warendorf 1994. - Jörg K. H o e n s c h : K a i s e r S. H e r r s c h e r an der S c h w e l l e zur N e u z e i t 1368-1437. M ü n c h e n 1996. Jörg K. Hoensch S i g i s m u n d , M a r k g r a f von B r a n d e n b u r g , E r z b i s c h o f von Magdeburg, * 1 1 . 1 2 . 1538 Berlin, t 1 3 . 9 . 1566 M o r i t z burg/Halle. D e r protestantisch e r z o g e n e S. w u r d e v i e r z e h n j ä h r i g z u m E r z b i s c h o f und A d m i n i s t r a t o r von M a g d e b u r g und H a l b e r stadt postuliert. 1554 ü b e r n a h m er das B i s t u m Halberstadt und d i e R e g i e r u n g d e s E r z s t i f t s M a g d e b u r g . 1556 erlangte er d i e p ä p s t l i c h e B e s t ä t i g u n g f ü r Halberstadt, 1562 f ü r M a g deburg. S. w a r ein F ö r d e r e r der R e f o r m a t i o n und b e k a n n t e sich 1566 auf d e m R e g e n s b u r g e r R e i c h s t a g zur A u g s b u r g e r Konfession. CD G a t z 2 S i g i s m u n d , Berthold (August Richard), Mediziner, Politiker, Schriftsteller, * 1 9 . 3 . 1819 Stadtilm ( T h ü r i n g e n ) , t 1 3 . 8 . 1864 R u d o l s t a d t . S., S o h n eines J u s t i z a m t m a n n s , studierte in Leipzig, J e n a und W ü r z b u r g M e d i z i n u n d N a t u r w i s s e n s c h a f t e n ( P r o m o tion 1842, Ueber die Klassifikation der Hautkrankheiten) und w u r d e A r z t in B l a n k e n b u r g . 1844 g i n g er als H a u s l e h rer in d i e S c h w e i z und hielt sich 1845 in E n g l a n d auf. N a c h m e d i z i n i s c h e n Studien in Paris kehrte er n a c h B l a n k e n b u r g zurück, w o er 1846 seine Tätigkeit als Arzt w i e d e r a u f n a h m und 1 8 4 9 / 5 0 B ü r g e r m e i s t e r war. 1850 g i n g S. als L e h r e r f ü r Naturwissenschaften, Mathematik, Geographie und Englisch an d a s G y m n a s i u m in R u d o l s t a d t ; 1854 w u r d e er P r o f e s s o r . S. v e r f a ß t e v o l k s k u n d l i c h e S c h r i f t e n u n d w a r a u c h als Lyriker tätig. Z u seinen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n g e h ö r e n u . a . Kind
Sigmund und Welt (1856, 2 1897), Asclepias. Bilder aus dem Leben eines Landarztes (1857), Die Familie als Schule der Natur (1857) und Landeskunde des Fürstentums SchwarzburgRudolstadt (2 Tie., 1 8 6 2 / 6 3 , Nachdr. 1 9 9 2 / 9 3 ) . CD D L L S i g l , Eduard, Sänger, * 22. 11.1810 Passau, t 11.8. 1882 München. Bereits als Fünfjähriger bereiste S., Bruder von Caterina —»Sigl-Verspermann, mit seinem Vater, der H o f m u s i k u s am Hof des Fürstbischofs von Passau war, Deutschland, Holland und Frankreich und konzertierte als Cellist. 1829 wurde er Violoncellospieler im Orchester der Hofoper in München, erhielt daneben eine Gesangsausbildung und debütierte 1832 als Bassist. Zunächst weiterhin als Cellist tätig, erhielt er 1837 ein Engagement als Sänger und blieb fast f ü n f z i g Jahre lang Ensemblemitglied des Münchner Opernhauses. S. wirkte u . a . in der Uraufführung von Franz —»Lachners Oper Catharina Cornaro sowie in mehreren Münchner Premieren zeitgenössischer Opern mit, u. a. 1841 als van Bett in Zar und Zimmermann und 1854 als Falstaff in den Lustigen Weibern von Windsor. Seine Glanzrolle war der Papageno in der Zauberflöte. CD Kutsch S i g l , Georg, österr. Industrieller, * 13.1. 1811 Breitenfurt (Niederösterreich), t 9 . 5 . 1 8 8 7 Währing (heute zu Wien). S., Sohn eines Bauern, erlernte das Schlosserhandwerk, arbeitete seit 1832 in der Buchdrucker- und Schnellpressenfabrik Hellwig & Müller in Wien und gründete 1840 in Berlin, 1846 in Wien eine Fabrik für Buchdruckerpressen. 1 8 5 0 / 5 1 erfand er die lithographische Schnellpresse, wandte sich in den fünfziger Jahren d e m Lokomotivbau zu und erwarb 1867 die bereits seit 1861 von ihm gepachtete ehemalige Günthersche Lokomotivfabrik in Wiener Neustadt. Von dort aus belieferte S. Deutschland, Rußland und Ungarn. Er produzierte auch Dampfmaschinen, Dampfkessel, landwirtschaftliche Maschinen sowie weiterhin Buchdruckerpressen. CD Ö B L S i g l , Johann Baptist, Journalist, Politiker, getauft 2 7 . 3 . 1 8 3 9 Ascholtshausen (Niederbayern), t 9 . 1 . 1902 München. S., Sohn eines Bauern, studierte seit 1858 Philosophie, Theologie und Rechtswissenschaften in M ü n c h e n . Anschließend arbeitete er als Journalist für die „Landshuter Zeitung", die „Augsburger Allgemeine Zeitung" und das „Straubinger Tagblatt". 1862 lebte er vorübergehend als Novize bei den Benediktinern von St. Bonifaz in München, entschied sich dann jedoch für eine Fortsetzung seiner journalistischen Laufbahn. Seit 1865 Mitarbeiter des „Volksboten" und des „Straubinger Tagblatts", berichtete S. seit 1866 als Kriegskorrespondent aus B ö h m e n . Nach einer Zwischenstation als Redakteur des „Volksboten" gründete er 1869 die Zeitung „Das Bayerische Vaterland". 1892 zählte er zu den Gründern des Bayerischen Bauernbunds, für den er 1893-98 dem Reichstag angehörte. 1 8 9 8 / 9 9 war er Mitglied des Bayerischen Landtags. S. veröffentlichte u . a . Die Schule des Verbrechens - die Loge. Ein milder Beitrag zur Charakteristik der Freimaurer (1869). CD D L L S i g l - V e s p e r m a n n , Caterina, geb. Sigl, Sängerin, * 1803 Passau, t 3 0 . 7 . 1877 München. Die Schwester Eduard - » S i g l s erhielt ihre Gesangsausbildung in München, gab 1818 ihr Debüt an der dortigen Hofoper und blieb während ihrer gesamten Karriere Mitglied dieses Hauses. Hier kreierte S.-V. einige wichtige Partien in Opern-Erstaufführungen, u . a . 1821 die Marzelline im Fidelia, 1822 das Ännchen im Freischutz und 1825 die Titelfigur in Euryanthe. 1828 heiratete sie Wilhelm —»Vespermann, nahm 1833 wegen ihres Gesundheitszustandes Abschied von der B ü h n e und gab bis 1841 nur noch gelegentlich Konzerte. CD Kosch; Theater
S i g l e , Jakob, Fabrikant, * 17. 11. 1861 Kornwestheim bei Stuttgart, t 5 . 7 . 1 9 3 5 Wiesbaden. Nach einer Schuhmacherlehre war S. seit 1878 als Geselle in Marbach und Stuttgart tätig und eröffnete 1885 in Kornwestheim ein Schuhmachergeschäft, das er zur Schuhfabrik J. Sigle & Cie. ausbaute. Seit 1930 unter dem Firmennamen Salamander, entwickelte es sich zu einem der großen europäischen Unternehmen der Schuhindustrie. 1926 wurde S. zum Geheimen Kommerzienrat ernannt. S i g l e r , Pauline, Sängerin, * 19.9. 1859 München, t April 1909 München. Nach ihrer Gesangsausbildung an der Münchner Musikhochschule gab S. 1878 ihr Bühnendebüt an der Hofoper in Dresden, deren Mitglied sie bis 1883 war. Danach war sie bis 1897 an der Hofoper in München tätig, w o sie 1888 in der Uraufführung von Richard —» Wagners Jugendoper Die Feen die Z e r m i n a sang. Zu den Rollen ihres Bühnenrepertoires zählten u. a. die Brangäne im Tristan und die Azucena im Troubadour. S i g m u n d , Herzog von Bayern-München, * 26.7.1439 wahrscheinlich Straubing, t 1.2. 1501 Schloß Blutenburg bei München. S. war ein Sohn von Herzog —» Albrecht III. und Bruder von —» Johann IV., mit dem er seit 1460 regierte. Nach Johanns Tod 1463 regierte S. allein, bis sich 1465 sein jüngerer Bruder - » A l b r e c h t IV. an der Regierung beteiligte. 1467 verzichtete S. auf das A m t des Herzogs. S. galt als Förderer der Künste; unter ihm arbeiteten u . a . Erasmus - » G r a s s e r und Jan —»Polack. Er veranlaßte die Grundsteinlegung der M ü n c h n e r Frauenkirche und den Bau der Blutenburg. CD Grünw Portr, Bd 13 S i g m u n d der Münzreiche, Herzog (seit 1477 Erzherzog) von Österreich und Graf von Tirol, auch Sigismund, * 26. 10. 1427 Innsbruck, t 4 . 3 . 1 4 9 6 Innsbruck. Der einzige überlebende Sohn Herzog —»Friedrichs IV. stand bei dessen Tod noch unter der Vormundschaft des späteren Kaisers —»Friedrich III., bis die Tiroler Stände 1446 die eigenständige Regierung S.s in Tirol und in den habsburgischen Gebieten vor dem Arlberg erzwangen. Seine Versuche, die Landesherrschaft auszubauen, scheiterten am Widerstand des Brixener Fürstbischofs —»Nikolaus von Kues. Als seine militärischen und diplomatisch-politischen Versuche zur Wiedergewinnung des Thurgaus scheiterten, Schloß S. 1474 in der Ewigen Richtung einen dauerhaften Frieden mit den schweizer. Eidgenossen. 1477 verlegte er die Münzstätte von Meran nach Hall und ließ dort die erste Großsilbermünze (Taler) prägen. Seit 1460 ließ er die Hofburg in Innsbruck errichten. 1481-86 führte S. eine M ü n z r e f o r m durch. 1487 in einen Krieg mit Venedig verwickelt, mußte S. Tirol und die Vorlande 1490 an Kaiser —»Maximilian I. abtreten. Mit S., der keine legitimen Nachk o m m e n hinterließ, erlosch die ältere tirolische Nebenlinie der Habsburger. TD R ö ß l e r / F r a n z S i g m u n d von Volkersdorf, Erzbischof von Salzburg, * u m 1395 Volkersdorf bei Enns (Oberösterreich), t 3 . 1 1 . 1 4 6 1 Salzburg. Seit 1424 Salzburger Domherr, war S. seit 1429 Verwalter des gottesdienstlichen Stiftungsvermögens an der Kathedralkirche und Dompropst. 1452 wurde er zum Erzbischof von Salzburg gewählt. Während seiner Regierungszeit wurde Salzburg in die politischen Wirren unter Kaiser —»Friedrich III. verstrickt. S. vermittelte erfolgreich zwischen dem Kaiser und der österr. Ständeopposition im Streit um die Stellung des —»Ladislaus Postumus, der schließlich zum König von B ö h m e n gekrönt wurde. 1454 kam es zu heftigen Auseinandersetzungen des Erzbischofs mit Friedrich III. um die Propstei Berchtesgaden. CD Gatz 2
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Sigmund von Ilanor S i g m u n d v o n I l a n o r , Karl L u d w i g von, österr. Syphilidologe, Seuchenhygieniker, * 2 7 . ( 2 8 . ?) 8 . 1 8 1 0 Schäßburg (Siebenbürgen), t 1.2. 1883 Padua (Italien). Das Studium an der medizinisch-chirurgischen JosephsA k a d e m i e in Wien Schloß S., Sohn eines Pfarrers, 1836 mit der Promotion zum Dr. chir. und zum Magister der Geburtshilfe und Augenheilkunde ab, wurde 1837 in Prag zum Dr. med. promoviert und unternahm 1841 auf Staatskosten eine Studienreise nach Deutschland, Frankreich, Belgien und England. 1842 wurde er Primarius einer chirurgischen Abteilung im Allgemeinen Krankenhaus in Wien und habilitierte sich hier 1844 für Theoretische Chirurgie, Instrumenten- und Bandagenlehre. 1848 übernahm er die Leitung einer von ihm angeregten Abteilung für Geschlechtskranke im Allgemeinen Krankenhaus sowie den neueingerichteten a. o. Lehrstuhl für Syphilis, der 1869 in ein Ordinariat umgewandelt wurde. S. erwarb sich auch auf dem Gebiet der Seuchenhygiene große Verdienste; als Anhänger von Ignaz Philipp —> Semmelweis praktizierte er früh dessen anti- und aseptische Grundsätze. S. veröffentlichte u . a . Die Quarantäne-Reform und die Pestfrage (1850), Das von mir geübte Verfahren der Einreibungskur mit grauer Salbe bei Syphillis (1856, unter dem Titel Die Einreibungscur mit grauer Quecksilbersalbe bei Syphilisformen, "1859, 3 1878, niederländ. 1867, ungar. 1868), Südliche klimatische Curorte mit besonderer Rücksicht auf Venedig, Nizza, Pisa, Meran und Triest. Beobachtungen und Rathschläge (1857, 3 1875) und Vorlesungen über neuere Behänd! ungsweisen der Syphilis (1876, 3 1883). m OBL S i g m u n d t , Adolf, Sänger, * 2 6 . 9 . 1845 Ulm, t April 1918 Stuttgart. Der Sohn eines Regierungsrats studierte am Stuttgarter Polytechnikum, ließ dann in Stuttgart, Wien und Berlin seine S t i m m e ausbilden und war als Konzertsänger tätig. Seit 1874 Prof. am Genfer Konservatorium, begann er 1879 seine Bühnenkarriere am Opernhaus in Leipzig, wo er als Gounods Faust debütierte. Nach Engagements an den Stadttheatern in Bremen und Würzburg wirkte S. seit 1884 am Hoftheater in Coburg und lebte seit 1892 als Gesangspädagoge in Stuttgart. Zu seinen Partien zählten der Tannhäuser, der Lohengrin und der Lyonel in Martha. S i g r i s t e n , Anton, auch Sigrist, schweizer. Bildhauer, * um 1700 Brig (Kt. Wallis), t 1 9 . 9 . 1 7 4 5 Oberwald. S. schuf zahlreiche geschnitzte Altäre, die eine eigenständige, szenisch dynamische Gestaltung mit ausdruckstarken Figuren zeigen. Sein erstes bekanntes Meisterwerk ist der Taufbrunnen der Pfarrkirche Oberwald mit kelchförmigem Giltsteinbecken und Aufsatz. Weitere Arbeiten sind u. a. der Altar in der Kapelle in Hochfluh (Kt. Wallis; 1 7 3 1 / 3 2 ) und die Barockaltäre der Peter- und Paulskirche in MeierhofObersaxen (Kt. Graubünden). S i g w a r t , Christoph, evang. Theologe, Philosoph, * 2 8 . 3 . 1830 Tübingen, t 5 . 8 . 1904 Tübingen. Nach d e m mit der Promotion zum Dr. theol. et phil. abgeschlossenen Studium der Theologie und Philosophie war S. seit 1852 Lehrer in H a l l e / S a a l e , wurde 1855 Repetent am Theologischen Seminar in Tübingen und lehrte seit 1859 als Prof. am Seminar in Blaubeuren. 1863-1903 (seit 1865 als Ordinarius) war er Prof. der Philosophie und Inspektor des Evangelisch-Theologischen Seminars in Tübingen. Er wurde zum kg], württembergischen Geheimen Staatsrat ernannt und war seit 1885 korrespondierendes Mitglied der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften. S. widmete sich vor allem Fragen der Ethik und der Logik; er vertrat eine materiale Ethik und sah die A u f g a b e der Logik in der Ausarbeitung einer allgemeinen Methodenlehre des Denkens. S. veröffentlichte u. a. Beiträge zur Lehre vom hypothetischen Urteile (1871), Logik (2 Bde., 1873-78, 5 1924, seit 4 1911 mit
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Zusätzen von [seinem Schwiegersohn] Heinrich —> Maier; engl. 1895), Die Lebensgeschichte Giordano Brunos (1880), Votfragen der Ethik (1886, 2 1907) und Die Impersonalien. Eine logische Untersuchung (1888). • • Enz Phil Wiss S i g w a r t , Georg Friedrich, Mediziner, * 8 . 4 . 1711 GroßBettlingen (Württemberg), t 9 . 3 . 1795 Tübingen. S., Sohn eines Pfarrers, studierte Theologie in Tübingen und war nach 1734 vier Jahre lang als Lehrer in F r a n k f u r t / M a i n tätig. Nach dem Studium der Medizin, der Promotion 1742 in Halle (De sanatione opthalmiae sine ophthalmicis externis ut singulari specie solidae praxeos medicae) und einer wissenschaftlichen Reise ließ er sich als praktischer Arzt in Stuttgart nieder, wo er 1746 zum H o f m e d i k u s ernannt wurde. Seit 1753 war S. Prof. der Anatomie und Chirurgie in Tübingen. S i g w a r t , Heinrich Christoph Wilhelm von, evang. Theologe, Philosoph, * 3 1 . 8 . 1789 R e m m i n g s h e i m bei Rottenb u r g / N e c k a r , t 1 6 . 1 1 . 1 8 4 4 Stuttgart. S., Sohn eines Stabsamtmanns, trat 1807 in das Tübinger Stift ein, studierte Philosophie, Philologie und Theologie an der dortigen Univ., wurde 1813 Repetent im Stift und 1815 Stadtvikar in Stuttgart. Seit 1816 lehrte er als a. o.Prof., seit 1818 als o. Prof. der Philosophie in Tübingen. Neben Logik, Metaphysik und Ethik hielt S. Vorlesungen über Naturrecht, Anthropologie und Psychologie. 1834 wurde er Ephorus des Tübinger Stifts. Er veröffentlichte u . a . Handbuch zu Vorlesungen Uber die Logik (1818, 141 835), Handbuch der theoretischen Philosophie (1820), Grundzüge der Anthropologie (1827), Das Problem des Bösen oder die Theodicen (1840), Die Propädeutik der Geschichte der Philosophie oder über den Begriff, die Methode und den Anfang der Geschichte der Philosophie (1840) und Geschichte der Philosophie vom allgemeinen wissenschaftlichen und geschichtlichen Standpunkt (3 Bde., 1844). CD B B K L S i k o r s k i , Hans (Carl), Musikverleger, * 3 0 . 9 . 1 8 9 9 Jersitz (heute zu Posen), t 2 2 . 8 . 1972 Bad Wiessee (Oberbayern). S. studierte Philosophie und Nationalökonomie und wurde 1932 in Marburg mit der Dissertation Die Wirtschaftspolitik der deutschen Studenten und ihre Aufgaben für die Zukunft promoviert. Er war seit 1926 Geschäftsführer des von ihm 1921 mitbegründeten Deutschen Studentenwerks. Nach der M a c h t ü b e r n a h m e durch die Nationalsozialisten verlor S. diese Stellung, wurde Generaldirektor eines Berliner Zeitungsverlags und gründete 1935 einen Bühnen- und Musikverlag, der seit 1945 seinen Hauptsitz in Hamburg hat und als Musikverlag Hans Sikorski firmiert. D e m Verlag, der sich auf Tanz- und Unterhaltungsmusik spezialisiert hat, gehören zahlreiche Einzelfirmen an. In der Edition Sikorski werden vorwiegend Chor- und Unterrichtswerke sowie zeitgenössische Kompositionen veröffentlicht. S. war seit 1939 Beiratsmitglied der S T A G M A (Staatlich genehmigte Gesellschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte) und trat 1949 in den Beirat und Aufsichtsrat ihrer Nachfolgerin G E M A (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) ein. Er war auch Vorstandsmitglied des Deutschen Musikverlegerverbandes, des Verbandes deutscher Bühnenverleger und Mitglied des Deutschen Musikrats. DP M G G S i l b e r , Käte, Germanistin, * 1 6 . 2 . 1 9 0 2 Posen, t 10.1. 1979 Edinburgh. S., Tochter eines K a u f m a n n s , wurde bis 1926 zur Lehrerin ausgebildet und studierte anschließend Deutsche Sprache und Literatur, Geschichte und Philosophie in Berlin. 1932 mit der Arbeit Anna Pestalozzi-Schultheß und der Frauenkreis um Pestalozzi promoviert, unterrichtete sie seit 1933 an jüdischen Schulen in Berlin und emigrierte 1939 nach Großbritannien. Zunächst als Hausangestellte, dann als
Silbermann Schul- und Sprachlehrerin in Edinburgh tätig, war sie seit 1946 Assistant Lecturer, seit 1949 Lecturer und 1963-73 Senior Lecturer in German Language and Literature an der Univ. Edinburgh. S. trat vor allem mit Arbeiten zu Johann Heinrich —> Pestalozzi hervor (Pestalozzi- Der Mensch und sein Werk, 1 9 5 7 , 4 1 9 7 6 ; Pestalozzis Beziehungen zu England und Amerika, 1963). OD I G L S i l b e r b a u e r , Fritz, österr. Maler, * 4 . 1 2 . 1 8 8 3 Leibnitz (Steiermark), t 3 1 . 1 2 . 1 9 7 4 Graz. S. wurde 1902-04 und 1 9 0 9 / 1 0 an der Landeskunstschule in Graz, 1904-08 an der Kunstgewerbeschule in Dresden und 1910-14 bei Ferdinand —»Schmutzer an der A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien zum Lithographen ausgebildet. 1923 war er Mitgründer der Grazer Secession, leitete 1928-53 die Grazer Landeskunstschule und lehrte dort als Prof. der Freskomalerei. Neben Fresken schuf er vor allem Mosaiken, Gobelins und Glasmalerei sowie 1933 den Kreuzweg der Jubiläumskreuzkirche in Autal bei Graz. S i l b e r e r , Geza, Pseud. Sil-Vara, österr. Journalist, Schriftsteller, * 1. 12.1876 Werschetz (Banat), t 5 . 4 . 1 9 3 8 Wien. Der Sohn eines Zahnarztes wuchs in Wien auf und erhielt dort und in England eine kaufmännische Ausbildung. Er wurde Literaturkritiker und Feuilletonist der „Neuen Freien Presse" in Wien, hielt sich 1894-1914 als ihr literarischer Korrespondent in London auf und war Mitarbeiter zahlreicher anderer österr. und deutscher Blätter. S. schrieb Dramen ( u . a . Die Frau von vierzig Jahren, 1913; Mädchenjahre einer Königin, 1933) und Erzählungen sowie das mehrfach übersetzte Buch Englische Staatsmänner (1916). Er war auch als Übersetzer tätig. cn ÖBL S i l b e r e r , Herbert, österr. Journalist, Schriftsteller, * 2 8 . 2 . 1882 Wien, t 1 2 . 1 . 1 9 2 3 Wien. S., Sohn von Victor —>S., war Redakteur der „Allgemeinen Sport-Zeitung" und der „Wiener Luftschiffer-Zeitung" in Wien. Angeregt von Sigmund —> Freud und Wilhelm —»Stehel befaßte er sich daneben mit Mystik und Psychoanalyse und wurde 1910 Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung. Er verfaßte philosophische, psychologische und esoterische Schriften, darunter Probleme der Mystik und ihrer Symbolik (1914, Nachdr. 1961), Der Traum. Einführung in die Traumpsychologie (1919), Der Seelenspiegel. Das enoptrische Moment im Okkultismus (1921) und Der Aberglaube (1923). S. beging Selbstmord. DP Mühl leitner S i l b e r e r , Rosa, eigentl. Miriam Rose S., österr. Bildhauerin, Schriftstellerin, * 4 . 1 . 1873 Wien, | 2 3 . 9 . 1 9 4 2 Konzentrationslager Theresienstadt. S., Tochter eines Arztes, studierte Bildhauerei bei Rudolf von —>Weyr in Wien, unternahm Studienreisen nach Paris, R o m und London und wurde Mitglied der Vereinigung „Wiener Frauenkunst". Sie schuf Skulpturen symbolischen und mythologischen Inhalts (u. a. Sonnenaufgang·, lo und Jupiter) und schrieb u . a . das Opernlibretto Der türkisblaue Garten (1920) und den R o m a n An einen Pagen. Briefe aus Rom (1921), ferner Gedichte und Essays. In den zwanziger und dreißiger Jahren war S. auch als Feuilletonistin und Literaturkritikerin der „Neuen Freien Presse" tätig. CO Ö B L S i l b e r e r , Victor, österr. Publizist, Aeronaut, * 2 5 . 1 0 . 1 8 4 6 Wien, t Π . 4 . 1 9 2 4 Wien. S., Sohn eines Magistratsbeamten, übte zahlreiche Sportarten aus, gründete den Wiener Regattenverein und den Osterreichischen Ruderverband und hielt sich einige Zeit in den U S A auf, wo er als Redakteur einer N e w Yorker Zeitung arbeitete und f ü r das „Wiener Fremdenblatt" und die „Abendzeitung" schrieb. 1869 kehrte er nach Wien zurück,
gründete das „Wiener Salonblatt", war 1 8 7 0 / 7 1 Korrespondent der „Neuen Freien Presse" im Deutsch-Französischen Krieg und wurde 1873 Chefredakteur der „Militär-Zeitung", die er 1874 kaufte. 1880 gründete S. die „Allgemeine SportZeitung" und gab Handbücher zu verschiedenen Sportarten heraus. Seit 1882 unternahm er etwa 150 Luftfahrten in einem Rohseideballon, errichtete 1885 die Wiener Aeronautische Anstalt, die selbst Ballone erzeugte, und gründete 1901 den Wiener Aero-Club (seit 1908 Österreichischer AeroClub), dessen Präsident er wurde. S. veröffentlichte u. a. Die Generalität der k. k. Armee (1877) und Handbuch des RuderSport (1879, 3 1897). Er war der Vater von Herbert - > S . •3
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S i l b e r g l e i t , Heinrich, Statistiker, * 2 . 7 . 1 8 5 8 Gleiwitz (Oberschlesien), t 15.3. 1939 Berlin. Das Studium der Mathematik und Staatswissenschaften in Breslau, Leipzig und Berlin Schloß S., Sohn eines Kaufmanns, 1886 in Gießen mit der Promotion ab und wurde Mitarbeiter des Berliner Statistischen Amtes. 1890-1903 war er Direktor des Statistischen A m t e s in Magdeburg, 1903-06 in Schöneberg, 1906-23 in Berlin. Als 1927 bei der A k a d e m i e für die Wissenschaft des Judentums eine Sektion für Statistik und Wirtschaft gegründet wurde, übernahm S. deren Leitung, entwickelte ein Programm zur bevölkerungspolitischen Forschung über Juden und edierte innerhalb dieses Prog r a m m s das Quellenwerk Die Bevölkerungsund Berufsverhältnisse der Juden im Deutschen Reich (1930). S. war Herausgeber des „Statistischen Jahrbuches der Stadt Berlin". Er veröffentlichte u . a . Magdeburg's Industrie, Handwerk und Handel und deren gewerbliche Steuerkraft (1901), Das statistische Amt der Stadt Berlin 1862-1912 (1912) und Der Fermat'sche Satz (1918). m DLL S i l b e r h u b e r , Anton, österr. Tourismusfachmann, * 8 . 6 . 1 8 3 9 Wien, t 7 . 3 . 1 8 9 9 Wien. S. war 1 8 5 6 - 7 4 / 7 6 im Wiener Militärgeographischen Institut tätig, leitete dann ein Reisebüro in Wien und wurde 1891 Direktor der Kuranstalten der k. k. privaten Südbahngesellschaft in Opatija (Kroatien). 1881-91 war er Präsident des Österreichischen Touristenklubs und gründete 1881 die „Österreichische Touristenzeitung", deren Redaktion er bis 1889 vorstand. S. begleitete Kronprinz —> Rudolf auf einigen Reisen nach Kroatien, ins Küstenland und auf vorgelagerte Inseln. 1891 wurde er D i r e k t o r d e r Kuranstalten der Südbahngesellschaft in Abbazia. Nach seiner Rückkehr nach Wien 1897 eröffnete S. dort wieder sein Reisebüro. m
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S i l b e r m a n n , Alphons, Soziologe, * 11.8. 1909 Köln, t 4 . 3 . 2 0 0 0 Köln. S., Sohn eines Druckereibesitzers, studierte Rechts- und Sozialwissenschaften in Freiburg/ Breisgau, Grenoble und Köln und wurde an der Musikhochschule in Köln im Klavierspiel und im Dirigieren (bei Hermann —»Abendroth) ausgebildet. 1934 bei Hans —» Kelsen in Köln mit einer Arbeit zum T h e m a Haftung und Wiedergutmachung im Völkerrecht zum Dr. jur. promoviert, emigrierte er nach Amsterdam, wo er als Musikkritiker der „Nieuwe Rotterdamsche Courant" tätig war, dann nach Paris und verdiente seinen Lebensunterhalt als Kellner, Barpianist und Spielautomatenaufsteller. 1938 ging er nach Australien, gründete in Sydney eine Kette von Hamburger-Lokalen und lehrte 1938-52 als Musiksoziologe am N e w South Wales State Conservatory of Music. Inzwischen australischer
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Silbermann Staatsbürger, ü b e r n a h m S. 1953 d i e L e i t u n g einer Fors c h u n g s g r u p p e b e i m C e n t r e d ' E t u d e s R a d i o p h o n i q u e s in Paris, d i e sich s o z i o l o g i s c h e n A s p e k t e n der M u s i k im R u n d f u n k w i d m e t e . 1954 organisierte er den ersten C o n g r e s International sur les aspects s o c i o l o g i q u e s d e la m u s i q u e ä la radio. Seit 1958 w a r er L e h r b e a u f t r a g t e r an der U n i v . K ö l n und an der dortigen Staatlichen H o c h s c h u l e f ü r M u s i k , w u r d e 1962 H o n o r a r p r o f e s s o r und lehrte seit 1964 S o z i o l o g i e der K u n s t und der M a s s e n k o m m u n i k a t i o n an der U n i v . L a u sanne. 1969 k e h r t e er als W i s s e n s c h a f t l i c h e r R a t u n d Prof. nach K ö l n z u r ü c k und ü b e r n a h m die L e i t u n g der A b t e i l u n g Massenkommunikation im Forschungsinstitut f ü r Soziologie d e r Universität. N a c h der E m e r i t i e r u n g 1974 lehrte er an der U n i v . B o r d e a u x und an der U n i v e r s i t e R e n e Descartes (Sorb o n n e ) in Paris. S., dessen K u n s t s o z i o l o g i e v o m k o n k r e t e n K u n s t e r l e b n i s ausgeht ( E m p i r i s c h e Kunstsoziologie, 1973), b e s c h ä f t i g t e sich in zahlreichen S t u d i e n mit den B e z i e h u n g e n z w i s c h e n M u s i k , M u s i k l e b e n und G e s e l l s c h a f t ( u . a . La musique, la radio et 1'auditeur, 1954, dt. Musik, Rundfunk und Hörer. Die soziologischen Aspekte der Musik am Rundfunk, 1959; Wovon lebt die Musik? Die Prinzipien der Musiksoziologie, 1957). W e g w e i s e n d e Studien legte er auf den G e b i e t e n M a s s e n k o m m u n i k a t i o n u n d M e d i e n f o r s c h u n g vor, i n s b e s o n d e r e zu Fragen der W i r k u n g e n der M e d i e n und deren K o n z e n t r a tion auf d i e G e s e l l s c h a f t ( B i l d s c h i r m und Wirklichkeit. Über Presse und Fernsehen in Gegenwart und Zukunft, 1966; Vorteile und Nachteile des kommerziellen Fernsehens, 1968; Die Konzentration der Massenmedien und ihre Wirkungen, mit E r n e s t Z a h n , 1970). Im B e r e i c h A l l t a g s s o z i o l o g i e galt sein Interesse u . a . d e m W o h n v e r h a l t e n d e r D e u t s c h e n ( V o m Wohnen der Deutschen, 1963; Das Wohnerlebnis in Ostdeutschland, 1993), i n s b e s o n d e r e d e r e n B a d e z i m m e r k u l t u r (Der Deutschen Badezimmer, mit M i c h a e l B r ü n i n g , 1991; Badezimmer in Ostdeutschland, 1993) u n d deren W o h n z i m m e r e i n r i c h t u n g e n . In d e n achtziger J a h r e n b e s c h ä f t i g t e sich S. z u n e h m e n d m i t F r a g e n der j ü d i s c h e n Identität und d e m P r o b l e m des A n t i s e m i t i s m u s ( D e r ungeliebte Jude. Zur Soziologie des Antisemitismus, 1981; Sind wir Antisemiten? Ausmaß und Wirkung eines sozialen Vorurteils in der Bundesrepublik Deutschland, 1982; Was ist jüdischer Geist? Zur Identität der Juden, 1984). 1989 erschien seine A u t o b i o g r a p h i e unter d e m Titel Verwandlungen ( 4 1 9 9 0 ) . S. w a r neben R e n e —»König M i t h e r a u s g e b e r der „ K ö l n e r Z e i t s c h r i f t f ü r S o z i o l o g i e und S o z i a l p s y c h o l o g i e " ( 1 9 7 0 ) u n d H e r a u s geber der „Internationalen Z e i t s c h r i f t f ü r K o m m u n i k a t i o n s f o r s c h u n g " (seit 1974). S. w a r M i t g l i e d zahlreicher w i s s e n s c h a f t l i c h e r G e s e l l s c h a f ten, u. a. L a u r e a t d e l'Institut d e F r a n c e (Paris). WEITERE WERKE: D a s i m a g i n ä r e T a g e b u c h d e s Herrn J a c q u e s O f f e n b a c h . Berlin 1960. E r w . N e u a u s g . M ü n c h e n 1991. - Hrsg.: D i e M a s s e n m e d i e n u n d ihre F o l g e n . K o m m u n i k a t i o n s s o z i o l o g i s c h e S t u d i e n . M ü n c h e n / B a s e l 1970. Kein Brett vor d e m K o p f . Ketzereien eines S o z i o l o g e n . W i e n / D ü s s e l d o r f 1979. - H a n d w ö r t e r b u c h der M a s s e n k o m m u n i k a t i o n und M e d i e n f o r s c h u n g . 2 Bde., Berlin 1982. - D e r Übersetzer. E i n e berufs- und literatursoziol o g i s c h e U n t e r s u c h u n g . W i e s b a d e n 1985 (mit A l b i n H ä n s e roth). - L ü b b e s M a h l e r - L e x i k o n . B e r g i s c h Gladbach 1986. - H a n d b u c h zur e m p i r i s c h e n M a s s e n k o m m u n i k a t i o n s forschung. Eine kommentierte Bibliographie. Frankfurt/ M a i n 1986. - G l ü c k l i c h u n d b e d e u t s a m . G e s p r ä c h m i t H a n s B ü n t e in d e r R e i h e „ Z e u g e n des J a h r h u n d e r t s " . Hrsg. v. I n g o H e r m a n n . G ö t t i n g e n 1994. - D i e K ü c h e im W o h n e r l e b n i s d e r D e u t s c h e n . E i n e s o z i o l o g i s c h e Studie. O p l a d e n 1995. Propheten des Untergangs. Das Geschäft mit den Ängsten. Bergisch G l a d b a c h 1995. - Von d e r K u n s t d e r A r s c h k r i e cherei. Berlin 1997. - T h e s o c i o l o g y of m u s i c . L o n d o n u . a . 1998. - F l a n e u r d e s J a h r h u n d e r t s . Rezitative u n d A r i e n
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aus e i n e m L e b e n . B e r g i s c h G l a d b a c h 1999. - A u s c h w i t z : N i e d a v o n g e h ö r t ? E r i n n e r n und Vergessen in D e u t s c h l a n d . Berlin 2 0 0 0 (mit M a n f r e d Stoffers). LITERATUR: Kurt E. B e c k e r : Z u r Verteidigung d e s M e n s c h lichen. Z u m 80. G e b u r t s t a g d e s S o z i o l o g e n A . S. In: T r i b ü n e 2 8 ( 1 9 8 9 ) H e f t 111, S. 70-74. - Walter N u t z (Hrsg.): K u n s t , K o m m u n i k a t i o n , Kultur. F e s t s c h r i f t z u m 80. G e b u r t s t a g von A. S. F r a n k f u r t / M a i n u . a . 1989. - H a r t m u t Esser: Z u m Tod von A. S. In: K ö l n e r Z e i t s c h r i f t f ü r S o z i o l o g i e und Sozialp s y c h o l o g i e 52 ( 2 0 0 0 ) S. 3 9 5 - 3 9 7 . Bruno Jahn S i l b e r m a n n , A n d r e a s , O r g e l b a u e r , * 1 6 . 5 . 1678 K l e i n b o b r i t z s c h (Sachsen), t 1 6 . 3 . 1734 Straßburg. S., S o h n eines T i s c h l e r m e i s t e r s , e r l e r n t e d a s väterliche H a n d w e r k , arbeitete u m 1700 bei d e m P f ä l z e r O r g e l b a u e r Friderich —»Ring u n d ließ sich 1701 in S t r a ß b u r g nieder, w o er 1703 das B ü r g e r r e c h t e r w a r b . G e m e i n s a m m i t s e i n e m B r u d e r G o t t f r i e d —>S. e r b a u t e er hier 1703 d i e Orgel des M a r g a r e t h e n k l o s t e r s , arbeitete 1704-06 bei Frangois Thierry in Paris u n d b a u t e 1703-33 i n s g e s a m t 3 4 Orgeln und Positive, d a r u n t e r d i e M ü n s t e r o r g e l n von Basel ( 1 7 1 0 / 1 1 ) und S t r a ß b u r g ( 1 7 1 3 - 1 6 ) und die der A b t e i k i r c h e E b e r s m ü n s t e r ( 1 7 2 8 - 3 2 ) , die f a s t vollständig erhalten blieb. S. w a r d e r Vater von J o h a n n A n d r e a s —>S. CD M G G S i l b e r m a n n , G o t t f r i e d , O r g e l b a u e r , * 1 4 . 1 . 1 6 8 3 Kleinbobritzsch ( S a c h s e n ) , t 4. 8. 1753 D r e s d e n . S. durchlief v e r m u t l i c h w i e sein B r u d e r A n d r e a s —»S. e i n e Tischlerlehre, f o l g t e d i e s e m 1701 nach S t r a ß b u r g und w u r d e von i h m i m C e m b a l o - und O r g e l b a u a u s g e b i l d e t . 1710 kehrte er nach S a c h s e n zurück, ließ sich in Freiberg nieder und entfaltete e i n e r e g e Orgel- und Klavierbauertätigkeit. S. konstruierte d a s C e m b a l d ' a m o u r , ein k l a n g v e r s t ä r k e n d e s Klavichord, b e g a n n in d e n dreißiger J a h r e n als einer d e r ersten in D e u t s c h l a n d mit d e m B a u von H a m m e r f l ü g e l n und entw i c k e l t e n e u e R e g i s t e r f o r m e n s o w i e ein e i g e n s t ä n d i g e s System f ü r die B e s e t z u n g der M i x t u r e n und deren Repetition. Er e r b a u t e e t w a 4 6 O r g e l n , d a r u n t e r d i e im F r e i b e r g e r D o m ( 1 7 1 0 - 1 4 ) , in der Z ö b l i t z e r M a r i e n k i r c h e ( 1 7 2 1 / 2 2 ) und die in der kath. H o f k i r c h e in D r e s d e n , d i e von s e i n e m S c h ü l e r Zacharias H i l d e b r a n d t vollendet w u r d e ( 1 7 5 0 - 5 5 ) . CO M G G S i l b e r m a n n , J o h a n n A n d r e a s , O r g e l b a u e r , * 2 4 . 6 . 1712 Straßburg, t 1 1 . 2 . 1783 Straßburg. D e r S o h n A n d r e a s —>S.s erhielt seine A u s b i l d u n g bei sein e m Vater und w a r a m Bau von d e s s e n letzten I n s t r u m e n ten beteiligt. 1741 hielt sich S. bei s e i n e m O n k e l G o t t f r i e d —>S. in Freiberg auf und w u r d e in seinen W e r k e n deutlich von dessen Stil beeinflußt. E r erbaute, teilweise unter M i t w i r k u n g seiner B r ü d e r J o h a n n Daniel, G o t t f r i e d und J o h a n n Heinrich s o w i e seines S o h n e s J o h a n n Daniel 5 4 O r g e l n , u. a. in E t t e n h e i m m ü n s t e r (1769), Riegel ( 1 7 7 0 ) und O f f e n b u r g (1779). CD M G G S i l b e r n a g l , Isidor, kath. T h e o l o g e , Kirchenrechtler, * 1 2 . 1 0 . 1831 L a n d s h u t , t 6 . 4 . 1 9 0 4 M ü n c h e n . D e r S o h n eines Bierbrauers studierte 1849-53 T h e o l o g i e in M ü n c h e n u n d e m p f i n g 1854 d i e Priesterweihe. 1856 w u r d e er in F r e i b u r g / B r e i s g a u z u m Dr. phil. ( A l b r e c h t IV., der Weise, Herzog von Bayern, und seine Regierung) und 1860 in M ü n c h e n z u m Dr. theol. p r o m o v i e r t (Die EidesEntbindung nach dem canonischen Rechte). 1862 habilitierte sich S. dort 1862 f ü r K i r c h e n r e c h t u n d lehrte seit 1863 als a. o., seit 1870 als o . P r o f . d e s Kirchenrechts. Er schrieb ein Lehrbuch des katholischen Kirchenrechts (1880, 4 1 9 0 3 ) und Die kirchenpolitischen und religiösen Zustände im 19. Jahrhundert (1901). CD L T h K
Silvester S i l b e r n a g l , Johann Jakob, österr. Bildhauer, * 6. 1.1837 Bozen (Südtirol), f 2 7 . 3 . 1 9 1 5 Andrian (Südtirol). S. studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien, unternahm 1861 und 1 8 6 7 / 6 8 Studienreisen nach Italien und ließ sich als freischaffender Bildhauer in Wien nieder, wo er bis 1890 tätig war. In Wien schuf er u . a . das Liebenbergdenkmal und das Raffaeldenkmal, verschiedene Plastiken für die Univ. und die Marmorbüsten von Giacomo —> Meyerbeer und Francois-Adrien Boieldieu im Foyer der Oper. 1866-91 war er Mitglied des Künstlerhauses. S i l b e r s t e i n , August (Karl), Pseud. Adolf Ötvös, österr. Journalist, Schriftsteller, * 1.7. 1827 Altofen (heute zu Budapest), t 7 . 3 . 1 9 0 0 Wien. Nach einer kaufmännischen Lehre wandte sich S., Sohn eines Kaufmanns, d e m Studium der Literatur in Wien zu, engagierte sich 1848 als Schriftführer im Ausschuß der akademischen Legion publizistisch für die Ziele der Revolution und mußte nach deren Niederschlagung Österreich verlassen. 1854 wegen unerlaubter Rückkehr zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, wurde er nach einem Jahr begnadigt. S. lebte dann als freier Schriftsteller und Redakteur verschiedener Zeitungen in Wien, war Herausgeber des „Österreichischen Volkskalenders" und der Zeitschrift „Der Wanderer" und schrieb idealisierende Dorfgeschichten (Dorfschwalben aus Österreich, 2 Bde., 1 8 6 2 / 6 3 ) , Lyrik (Lieder, 18649 und R o m a n e (u.a. Die Alpenrose von Ischl, 2 Bde., 1866; Der Hallodri, 1868). 1874-80 war er Redakteur und Herausgeber des „Pester Journal", danach bis zu seinem Tod Mitarbeiter des „Pester Lloyd". m ÖBL S i l c h e r , (Philipp) Fried(e)rich, Musikpädagoge, Musiker, Komponist, Dirigent, * 2 7 . 6 . 1789 Schnait (heute zu Weinstadt, Württemberg), t 2 6 . 8 . 1 8 6 0 Tübingen. Seinen ersten Musikunterricht erhielt S. von seinem Vater, war seit 1806 Lehrer in Schorndorf, später in Ludwigsburg und studierte seit 1815 Klavier und Komposition bei Conradin -> Kreutzer und Johann N e p o m u k —> Hummel in Stuttgart. Seit 1817 war er Universitätsmusikdirektor und Lehrer am evang. Stift in Tübingen, gründete dort 1829 die Akademische Liedertafel und 1839 den Oratorienverein. Im Mittelpunkt seines Schaffens stand die musikalische Volkserziehung im Sinne Johann Heinrich —»Pestalozzis. S. wurde zu einem bedeutenden Volksmusikerzieher und Förderer des Laienchorwesens und veröffentlichte zahlreiche Sammlungen mit Bearbeitungen von Volksliedern für Männerchor, gemischten C h o r sowie f ü r Solostimmen mit Klavier- oder Gitarrenbegleitung. Zu seinen bekanntesten Liedern zählen Ännchen von Tharau, Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, Alle Jahre wieder und Ich hatt' einen Kameraden. S. hat auch die Kirchenmusik bereichert, u. a. durch ein dreistimmiges Schulchoralbuch (1819), ein Chorgesangbuch (1825) bzw. Choralbuch (1828) sowie mit einer Geschichte des evangelischen Kirchengesangs (1844). CD M G G S i l e x , Karl (Heinrich Moritz), Journalist, Schriftsteller, * 6 . 7 . 1896 Stettin, t 18.5. 1982 Köln. Der Pfarrerssohn nahm nach dem Abitur 1914 am Ersten Weltkrieg teil und studierte seit 1918 Nationalökonomie in Kiel und Berlin. Nach der Promotion 1921 (Theorie der Inflation) war er für den Handelsteil des „Hamburger Fremdenblatts" tätig und wurde 1922 Mitarbeiter der politischen Redaktion der „Deutschen Allgemeinen Zeitung", für die er 1925 als Korrespondent nach London ging. 1933-43 war S. Chefredakteur dieser Zeitung in Berlin, schied nach wiederholten Konflikten mit d e m Propagandaministerium 1943 aus dem Redaktionsstab aus und wurde als Korvettenkapitän eingezogen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er zeitweise Chefredakteur des „Heidelberger Tagblatts", seit 1948 Abteilungsleiter des Evangelischen Hilfswerks, Begründer
und jahrelanger Herausgeber der Wochenzeitung „Deutsche K o m m e n t a r e " in Stuttgart sowie der Beilage „Die BücherKommentare". 1955-63 war S. Chefredakteur der Zeitung „Der Tagesspiegel" in Berlin, danach freier Journalist. Er veröffentlichte u . a . Mit Kommentar. Lebensbericht eines Journalisten (1968). ED Leb Stettin S i l e x , Paul, Ophthalmologe, * 2 0 . 3 . 1858 Gorgast, t 2 0 . 1 . 1 9 2 9 Berlin. Das Medizinstudium in Halle, Berlin und Breslau Schloß S. 1883 mit der Promotion ab ( U e b e r Chorea adultorum und Tremor senilis), war Assistent an der Straßburger, dann an der Berliner Universitäts-Augenklinik und habilitierte sich 1890 f ü r Ophthalmologie in Berlin. 1897 wurde er a. ο. Prof. und gründete im selben Jahr eine Poliklinik für Augenkranke sowie eine Privatklinik im St.-Maria-Viktoria-Krankenhaus in Berlin. S. veröffentlichte u . a . Compendium der Augenheilkunde (1891, 12 1920, japan. 3 Bde., 1872) und Neue Wege in der Kriegsblindenfürsorge (1916). S i l l i b , Rudolf, Bibliothekar, * 2 7 . 2 . 1869 Mannheim, t 2 3 . 1 0 . 1946 Badenweiler. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte Geschichte und Nationalökonomie in Heidelberg, Berlin und Greifswald und wurde 1892 in Heidelberg zum Dr. phil. promoviert. 1893-1943 war er an der dortigen Universitätsbibliothek tätig; 1902 wurde er Bibliothekar, 1915 Vorstand der Handschriftenabteilung, 1921 Oberbibliothekar und 1922 Direktor. S. beschäftigte sich mit der Kultur- und Kunstgeschichte Heidelbergs sowie mit der älteren Buchgeschichte. Er war Herausgeber der Faksimile-Ausgabe der Großen Heidelberger Liederhandschrift, die er zusammen mit Friedrich —> Panzer und Arthur —»Haseloff kommentierte. 1908 wurde S. der Titel Professor verliehen. DP Habermann 1 S i l v e r b e r g , Paul, Industrieller, * 6 . 5 . 1 8 7 6 Bedburg, t 5 . 1 0 . 1959 Lugano. Der Sohn eines Textil- und Braunkohlenindustriellen studierte Rechtswissenschaften in München und Bonn, wurde 1902 promoviert und ließ sich 1903 als Rechtsanwalt in Köln nieder. Im selben Jahr wurde S. als Nachfolger seines Vaters Generaldirektor und Vorstandsvorsitzender der Fortuna A G für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation, die er 1908 zur Rheinischen A G für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation, der damals weltweit größten Braunkohlengesellschaft, erweiterte. 1914 wurde S. Vorsitzender der Vereinigungsgesellschaft Rheinischer Braunkohlenwerke und Aufsichtsratsvorsitzender des Rheinischen BraunkohlenbrikettSyndikats, 1925 Aufsichtsratsmitglied und 1927 Vorsitzender der Harpener Bergbau AG. Nach dem Ersten Weltkrieg trat er der Deutschen Volkspartei bei und war stellvertretender Vorsitzender des Reichsverbandes der Deutschen Industrie. 1933 emigrierte S. wegen seiner jüdischen Herkunft in die Schweiz. CD B H d E , Bd 1 S i l v e s t e r Pflieger, Bischof von Chiemsee, t 21. 10. 1453. S. studierte in Padua. 1421 ist er als Dr. jur. can. und als Diakon erwähnt, 1426 als Rektor der Pfarrkirche von Radkersburg und als erzbischöflich-salzburgischer Kanzler. 1427 vertauschte S. die Pfarre Radkersburg mit der Propstei Schliersee, wo er 1427-30 Propst war. 1427 erhielt er ein Passauer Domkanonikat. 1432 Domdechant in Passau, wurde S. 1433 Kanzler des Salzburger Erzbischofs Johannes II. von Reisberg, der ihn 1438 zum Bischof von C h i e m s e e ernannte. Um 1440 wurde er in den Rat König —»Friedrichs III. berufen, nahm in dessen Auftrag mehrmals an Reichstagen teil, begleitete ihn auf Reisen und wurde mit zahlreichen Gesandtschaften betraut, so 1448 an den Landtag zu Krems und 1450 nach Bamberg. CD Gatz 2
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Silving S i l v i n g , Bert, eigentl. Berthold Silbiger, Musiker, Kapellmeister, Komponist, * 10. 12. 1887 Wien, t 9 . 2 . 1 9 4 8 N e w York (USA). S., Sohn eines Versicherungsbeamten, studierte 1898-1904 am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien bei Julius Egghard und Jakob —»Grün sowie Musiktheorie bei Hermann —»Grädener. Nach Konzertreisen als Violinvirtuose durch Deutschland, Frankreich und Großbritannien und Mitgliedschaft im Quartett von Franz Ondricek war er seit 1907 Erster Konzertmeister der städtischen Oper in Budapest, wo er das Tonkünstler-Orchester gründete. 1920 wurde S. künstlerischer Leiter der Wiener Kleinkunstbühne „Chat noir" und 1921 Dirigent des Schönbrunner Schloßparkorchesters. 1923 war er als Musikdirektor beim neugegründeten Radio Hekaphon und 1924-38 für die RAVAG tätig. S. gründete u. a. das „Wiener RadioKünstler-Ensemble" und „Silvings Radio Jazzband". Nebenberuflich betrieb er eine Musikalienleihanstalt. 1939 emigrierte S. in nach N e w York, wo er u. a. an der Musicalrevue Reunion in New York (1940) mitwirkte. Zu seinen Werken gehören Operetten (u.a. Erenypröba, 1910), Lieder und Arrangements. CD Ö B L S i m a , Oskar (Michael), österr. Schauspieler, * 3 1 . 7 . 1896 H o h e n a u / M a r c h (Niederösterreich), t 2 4 . 6 . 1969 Hohenau/March. Der Sohn eines Bäckermeisters besuchte die Handelsakademie, nahm Schauspielunterricht am Konservatorium für Schauspielkunst in Wien und debütierte an der dortigen Volksbühne. Er trat dann in Znaim, Görlitz und Reichenberg auf und wurde nach seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg an das Deutsche Theater Prag engagiert. Danach spielte er am Volkstheater in Wien und am Theater in der Josefstadt und wurde 1927 an die Reinhardt-Bühnen nach Berlin verpflichtet. Seit 1921 war S. auch Filmschauspieler, gab nach dem Beginn der Tonfilmzeit seine Buhnentätigkeit auf und wurde in Bauernschwänken, musikalischen Lustspielen, Heimat- und Schlagerfilmen und Verwechslungspossen ( u . a . Der verkaufte Großvater, Die Försterchristel und Kaiserjäger) bekannt. DP Cinegraph S i m a n d l , Franz, österr. Musiker, Musikpädagoge, Komponist, * 1.8. 1840 Blatna (Böhmen), t 13. 12. 1912 Wien. S. studierte 1854-60 am Konservatorium in Prag Kontrabaß und Musiktheorie, trat seit 1858 als Solist und in Streichquartetten auf und war 1860-68 mit der Militärmusik eines Infantrieregiments in Padua, Triest und Linz stationiert. Seit 1869 im Orchester der Wiener Hofoper, war er seit 1874 Expektant und 1883-1909 wirkliches Mitglied der H o f m u sikkapelle. 1869-1904 gehörte S. den Wiener Philharmonikern an. 1870-1910 lehrte er am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde, seit 1871 als Professor. S. unternahm mehrere Konzertreisen durch Europa; seit 1875 stand er mit Richard —»Wagner und den Bayreuther Festpielen in Verbindung. Er komponierte u. a. Konzerte für Kontrabaß und Orchester, Solostücke für Kontrabaß, Kirchenmusik, die Operette Entführung, Chöre und Lieder. S. war der Hauptorganisator des Musiklebens der Tschechen in Wien. m
ÖBL
S i m a n o w i z , (Kunigunde Sophie) Ludovika, geb. Reichenbach, Malerin, * 2 1 . 2 . 1 7 5 9 Schorndorf (Württemberg), t 2 . 9 . 1827 Ludwigsburg (Württemberg). In Schorndorf und Ludwigsburg aufgewachsen, studierte S., Tochter eines württembergischen Regimentsfeldschers, bei Nicolas —»Guibal an der Stuttgarter A k a d e m i e Malerei und vervollständigte 1787 in Paris ihre Ausbildung. 1788 nach Ludwigsburg zurückgekehrt, wurde sie von Herzog - » F r i e d r i c h Eugen mit Bildnisaufträgen nach Mömpelgard berufen. S. pflegte freundschaftliche Beziehungen mit Christian Friedrich Daniel —» Schubart. 1791 ging sie erneut nach
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Paris, w o sie sich für die Ideen der Französischen Revolution begeisterte, sich aber nicht politisch aktiv zeigte. S. hatte u. a. Kontakt mit Jacques Necker und seiner Tochter sowie mit M a d a m e de Stael. Von der Radikalisierung der Revolution abgestoßen, flüchtete sie 1792 aus Paris und kehrte 1793 nach Ludwigsburg zurück. 1796 zog sie nach Stuttgart, ging aber 1812 wieder nach Ludwigsburg. S. malte zahlreiche Bildnisse u . a . von Friedrich —»Schiller (1793) und seiner Frau Charlotte (1794). m Th-B S i m a r , Hubert Theophil, kath. Theologe, Bischof von Paderborn, Erzbischof von Köln, * 14.12. 1835 Eupen, t 2 4 . 5 . 1902 Köln. Der aus einer wohlhabenden K a u f m a n n s f a m i l i e s t a m m e n d e S. studierte seit 1853 Theologie in Bonn und Münster, wurde 1858 Lizentiat der Theologie und empfing 1859 die Priesterweihe. Seit 1860 Repetent am Bonner Theologenkonvikt, habilitierte er sich im selben Jahr f ü r neutestamentliche Exegese in Bonn und war seit 1864 a. o. Prof. der Moraltheologie, seit 1880 o . P r o f . der Dogmatik. 1891 wurde S. Bischof von Paderborn, 1892 Apostolischer Administrator von Anhalt und 1899 Erzbischof von Köln. Er war Mitbegründer der Görres-Gesellschaft. S. schrieb u . a . Die Theologie des Paulus ( 1 8 6 4 , 2 1 8 8 3 ) , Lehrbuch der katholischen Moraltheologie ( 1 8 6 7 , 3 1 8 9 3 ) , Das Gewissen und die Gewissensfreiheit ( 1 8 7 4 , 2 1 9 0 2 ) , Der Aberglaube ( 1 8 7 7 , 3 1 8 9 4 ) und Lehrbuch der Dogmatik (2 Tie., 1 8 7 9 / 8 0 ; 2 Bde., 4 1899). cn
BBKL
S i m c h o w i t z , Sascha, eigentl. Schachne Wulf S., Schriftsteller, Dramaturg, * 1 . 9 . 1 8 6 4 Minsk, f 2 0 . 7 . 1 9 3 0 Köln. S. studierte Medizin, Literatur, Kunstgeschichte und Philosophie in Jena und Berlin, wurde zum Dr. med. promoviert und war dann als Journalist in Berlin tätig. 1893 ging er nach Köln und war 1894-1903 Theaterkritiker, seit 1904 Dozent der Literaturgeschichte und Theaterkunde an der Handelshochschule. 1903-29 wirkte er als Dramaturg an den Bühnen der Stadt Köln. S. veröffentlichte literatur- und theaterhistorische Arbeiten, darunter Der Positivismus im Mosaismus erläutert und entwickelt auf Grund der alten und mittelalterlichen philosophischen Literatur der Hebräer (1880) und gab die Halbmonatsschrift „Kultur" ( 1 9 0 2 / 0 3 ) sowie die Festschrift 2 5 Jahre Kölner Opernhaus 1902-27 (1927) heraus. m DLL S i m e o n von Trier, Einsiedler, * u m 980 Syrakus, t 1 . 6 . 1 0 3 5 Trier. Der Sohn griechischer Eltern wuchs in Konstantinopel auf, lebte zunächst als Pilgerführer in Jerusalem und war dann M ö n c h in Bethlehem und am Sinai. 1026 Schloß sich S. in Antiochien einer Pilgergruppe mit Abt Eberwin von Trier auf deren Rückreise an, begleitete 1028-30 Bischof —»Poppo von Trier ins Heilige Land und kehrte mit ihm nach Trier zurück. Hier ließ er sich 1030 als Inkluse im Ostturm der Porta Nigra einschließen, behielt aber Kontakt zur Außenwelt. Auf Antrag Poppos wurde S. 1036 von Papst Benedikt IX. heiliggesprochen. • • LexMA S i m l e r , Georg, auch Symler, Humanist, Jurist, * vor 1480 Wimpfen/Neckar, t 1535/36. S. war vielleicht ein Schüler Ludwig —»Dringenbergs in Schlettstadt, wurde um 1500 Rektor der Lateinschule in Pforzheim und unterrichtete hier u . a . Philipp —»Melanchthon. In Tübingen, wo er seit 1510 immatrikuliert war, wurde S. Prof. der Rechtswissenschaften. Seine Observationes de arte grammatica (in einem Sammelband 1512), eine lateinische Grammatik für den Schulgebrauch, zählen zu den Vorläufern der lateinischen Grammatik Melanchthons. m Killy
Simmel S i m l e r , Johann Wilhelm, auch Simmler, schweizer. Dichter, * 6 . 9 . 1605 Zürich, t 14.3. 1672 Zürich. Der Enkel Josias —»S.s studierte Theologie in Genf, Paris und Sedan, wurde 1627 promoviert und wirkte seit 1629 als Pfarrer in Uetikon am See und seit 1631 in Herrliberg (Kt. Zürich). 1638-70 war S. Inspektor und Zuchtherr am Collegium A l u m n o r u m in Zürich. Er gab 1642-72 die Neujahrsblätter der Zürcher Bürgerbibliothek heraus. S. gilt als erster schweizer. Opitzianer. Seine Teutschen Gedichte erschienen erstmals 1648 ( 4 1688). CD Killy S i m l e r , Josias, auch Simmler, schweizer, reformierter Theologe, Historiker, * 6. 11. 1530 K a p p e l / A l b i s , t 2 . 7 . 1576 Zürich. Nach dem Studium in Basel und Straßburg trat S., Sohn eines Pfarrers und Schulleiters, in den kirchlichen Dienst ein, war bereits als Zweiundzwanzigjähriger Prof. des Neuen Testaments und wurde später Prof. des Alten Testaments am Zürcher Carolinum. Er war der Schwiegersohn Heinrich —» Bullingers, für den er zahlreiche Werke ins Lateinische übersetzte. S. verfaßte theologische Abhandlungen, mehrere Biographien und als Ergebnis seiner geographischhistorischen Studien die Descriptio Vallesiae (1574). Sein Hauptwerk De Republica Helvetiorum libri duo (1576) wurde in mehrere Sprachen übersetzt und oft aufgelegt. • D Killy S i m m , Franz (Xaver), österr. Maler, * 2 4 . 6 . 1853 Wien, t 2 1 . 2 . 1 9 1 8 München. Der Sohn eines Kirchenmalers studierte u. a. als Schüler Anselm —» Feuerbachs 1869-76 an der Wiener A k a d e m i e der bildenden Künste, erhielt 1876 den Rompreis und lebte bis 1881 in R o m . Gemeinsam mit seiner Frau Marie —» SimmMayer führte er im Treppenhaus des kaukasischen M u s e u m s in Tiflis mythologische Wandbilder aus, ließ sich anschließend in M ü n c h e n nieder und war vorwiegend als Illustrator tätig, u. a. f ü r die „Fliegenden Blätter". S. schuf auch Dioramenbilder, u. a. Das Innere eines Harems und Der Tod Kaiser Wilhelms 1. (1891). S i m m - M a y e r , Marie, Malerin, * 8 . 6 . 1853 Meran, t 2 5 . 1 0 . 1912 München. Ihre künstlerische Ausbildung erhielt S.-M., Tochter eines Deutschordensrentenverwalters, bei L u d w i g von —»Löfftz in München, unternahm dann eine Studienreise nach R o m und wurde hier von Anselm —» Feuerbach und Franz —> S i m m beeinflußt, den sie 1881 heiratete. Gemeinsam mit diesem ging sie im selben Jahr nach Tiflis, um einen Auftrag für Wandgemälde für das dortige kaukasische M u s e u m auszuführen. Später war S.-M. vorwiegend als Bildnismalerin in München tätig. Zu ihren Gemälden zählen Dame in Weiß (1905), Linzerin und Junge Frau am Teetisch sinnend. CP O B L S i m m e l , Ernst, Mediziner, Psychoanalytiker, * 4 . 4 . 1 8 8 2 Breslau, t 11. 11. 1947 Los Angeles (USA). S. Schloß das Studium der Medizin und Pharmazie 1908 mit der Promotion in Rostock ab (Kritischer Beitrag zur Ätiologie der Dementia praecox) und ließ sich als Arzt in Berlin nieder, wo er den Sozialdemokratischen Ärzteverein mitbegründete. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg durchlief er eine Lehranalyse bei Karl - » A b r a h a m und betrieb dann mit M a x —» Eitingon das Sanatorium Schloß Tegel als erste psychoanalytische Klinik in Deutschland. Er gehörte zu den Mitbegründern des Berliner Psychoanalytischen Instituts und war 1926-30 Vorsitzender der deutschen Psychoanalytischen Vereinigung. 1933 emigrierte er nach Großbritannien und ging in die U S A , deren Staatsbürgerschaft er 1940 erhielt. S., der mit Sigmund —> Freud befreundet war, veröffentlichte u . a . Kriegsneurosen und psychisches Trauma (1918) und gab Anti-Semitism - α social disease (1946, dt.
Antisemitismus, 1993, auch 2002) heraus. 1993 erschienen ausgewählte Schriften unter d e m Titel Psychoanalyse und ihre Anwendungen. CD B H d E , Bd 2 S i m m e l , Georg, Philosoph, Soziologe, * 1. 3 . 1 8 5 8 Berlin, t 2 6 . 9 . 1918 Straßburg. S. entstammte einer großbürgerlichen jüdischen Berliner Familie. Sein Vater Edward S., Gründer und Inhaber der Firma Felix und Sarotti, war um 1830 in Paris zum Katholizismus konvertiert; die Mutter Flora Bodstein war als j u n g e s Mädchen evangelisch geworden. S. wurde wie seine sechs älteren Geschwister evangelisch getauft und christlich erzogen, trat jedoch im Ersten Weltkrieg aus der Kirche aus. Nach d e m frühen Tod des Vaters 1874 hat ihn sein Vormund, der Musikverleger Julius —» Friedländer, vor allem musikalisch gefördert; er testierte S. auch ein Vermögen, das es ihm erlaubte, die akademische Laufbahn einzuschlagen und trotz langer Erfolglosigkeit durchzuhalten. S. studierte seit 1876 an der Univ. Berlin Geschichte bei Theodor —»Mommsen, Heinrich von —» Treitschke, Johann Gustav —»Droysen und Heinrich von —»Sybel, Völkerpsychologie bei Moritz —»Lazarus, Kunstgeschichte bei Herman —»Grimm und Philosophie bei Wilhelm —»Dilthey, Eduard —»Zeller und Hermann —»Helmholtz. Seine 1881 in Berlin eingereichte Dissertation Psychologisch-ethnologische Studien über die Anfänge der Musik wurde u. a. wegen mangelnder Beweisführung abgelehnt, die zusätzlich abgegebene Preisarbeit Darstellung und Beurteilung von Kants verschiedenen Ansichten über das Wesen der Materie dann als Promotionsschrift akzeptiert. 1883 bewarb sich S. bei der Philosophischen Fakultät in Berlin mit einer Arbeit über —»Kants Erkenntnistheorie um die Zulassung zur Habilitation; auch diese Arbeit wurde zunächst aus methodischen Gründen abgelehnt, dann jedoch, vor allem durch die Unterstützung Diltheys, a n g e n o m m e n . S.s theoretische Arbeit, die mit neuen interdisziplinären Fragestellungen, T h e m e n aus dem Alltagsleben und einem gebrochenen Reflexionsstil von A n f a n g an quer zum Wissenschaftsdiskurs seiner Zeit lag, fand mit den Studien Über sociale Differenzierung (1890), Die Probleme der Geschichtsphilosophie (1892) und Einleitung in die Moralwissenschaft ( 1 8 9 2 / 9 3 ) über die Grenzen Deutschlands hinaus Anerkennung; da er aber d e m akademischen Ressortdenken nicht entgegenkommen wollte und die j u n g e Disziplin Soziologie auf Vorbehalte stieß, stiegen die Schwierigkeiten für seine akademische Karriere, die auch durch antisemitische Ressentiments behindert wurde. Erst 1898 wurde S., wiederum nach längeren Auseinandersetzungen, von der Berliner Fakultät zum Extraordinarius für Sozial- und Geschichtsphilosophie vorgeschlagen; nach einer ersten Ablehnung durch das Ministerium erfolgte 1900 die Ernennung. Im selben Jahr heiratete er Gertrud Kinel, Tochter eines Ministerialbeamten, die unter dem Pseudonym Marie Luise Enckendorf als Schriftstellerin und Vorkämpferin der bürgerlichen Frauenbewegung hervortrat und unter ihrem eigenen Namen G. S. auch als Autorin populärphilosophischer Schriften bekannt wurde. Der gemeinsame Sohn Hans Eugen S., später a. o . P r o f . der Medizin in Jena, wurde von den Nationalsozialisten nach einem Lageraufenthalt in Dachau zur Emigration in die U S A gezwungen. S. hatte in Berlin einen außergewöhnlichen Lehrerfolg; seine brillant formulierten Vorlesungen galten als gesellschaftliche Ereignisse und wurden in den großen Tageszeitungen angekündigt. U m die Jahrhundertwende wurde S. mit seiner Philosophie des Geldes (1900) und seiner Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung (1908) zu einem der Begründer der modernen formalen Soziologie und erhielt 1911 die Ehrendoktorwürde der Staatswissenschaften der Univ. Freiburg. Angebote, in den U S A zu lehren, ließen sich nicht realisieren. An der Berliner Univ. wurde er bei B e r u f u n g e n mehrfach übergangen, und auch
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Simmel e i n e 1908 von M a x —> W e b e r und E b e r h a r d —»Gothein unterstützte B e r u f u n g nach H e i d e l b e r g scheiterte. S.s B e r l i n e r H a u s w u r d e zu e i n e m der geistigen und kulturellen Z e n tren, in d e m sich Literaten, K ü n s t l e r u n d N a c h w u c h s w i s s e n s c h a f t l e r w i e Friedrich —> G u n d o l f , M a r t i n —> B u b e r , E r n s t Bloch, Georg - > L u k ä c s , Max ->Dessoir, Rainer Maria —> R i l k e , Gertrud und H e r m a n n —> K a n t o r o w i c z , Heinrich —»Rickert, E d m u n d —>Husserl, S t e f a n —> G e o r g e , B e r n h a r d —» G r o e t h u y s e n und M a x u n d M a r i a n n e —> W e b e r z u m Disput ü b e r d i e Gestalt und Z u k u n f t der m o d e r n e n K u l t u r trafen. Erst 1914 erhielt S. ein Ordinariat an der U n i v . Straßburg. I m Weltkrieg z u n ä c h s t ein f ü h r e n d e r Vertreter d e r d e u t s c h e n K r i e g s i d e o l o g i e , w u r d e S. nach 1917 ein s c h a r f e r Kritiker der Politik unter —»Wilhelm II., von der er d e n R u i n d e s B i s m a r c k - R e i c h e s erwartete. S. starb w e n i g e M o n a t e v o r d e m K r i e g s e n d e und der A u f l ö s u n g d e r R e i c h s u n i v e r s i t ä t S t r a ß b u r g an L u n g e n k r e b s . In allen P e r i o d e n seines w a n d l u n g s r e i c h e n W e r k s hielt S. an der A u f g a b e fest, d a s L e b e n in seiner b e s t ä n d i g e n Entw i c k l u n g u n d in s e i n e m B e z i e h u n g s r e i c h t u m zu e r f a s s e n . S t a n d z u n ä c h s t die D a r l e g u n g d e r M a n n i g f a l t i g k e i t d e r Leb e n s p h ä n o m e n e im Z e n t r u m seines Interesses, hat S. in seiner mittleren P h a s e d a s D e n k p r i n z i p der W e c h s e l w i r k u n g z w i s c h e n d e n kulturellen S i n n f o r m e n und d e m d y n a m i s c h e n L e b e n s p r o z e ß in scharfsichtigen S t u d i e n zu P h ä n o m e n e n der m o d e r n e n K u l t u r zur G e l t u n g gebracht. D e n f r a g m e n t a r i schen A b s c h l u ß seines L e b e n s w e r k s bildete e i n e Kultur- und L e b e n s m e t a p h y s i k . I m p o s t u m publizierten S a m m e l b a n d Lebensanschauungen ( 1 9 1 8 ) e n t w i c k e l t e er d e n B e g r i f f eines absoluten L e b e n s , der d i e Einheit des L e b e n s in s e i n e m m e t a p h y s i s c h e n G r u n d d a r l e g e n wollte. In s e i n e m N a c h r u f auf S. sprach Friedrich G u n d o l f aus, w a s viele Z e i t g e n o s s e n damals spürten: Sein Tod sei „sinnbildlich f ü r das E n d e eines Zeitalters, w i e sein L e b e n der s u b l i m i e r t e Zeitgeist selber w a r " . In der g e g e n w ä r t i g e n S . - F o r s c h u n g tritt seit d e n achtziger Jahren e i n e andere, k o n t r ä r e D e u t u n g i m m e r d e u t l i c h e r hervor: S. ist nicht länger das S y m b o l f ü r e i n e v e r g a n g e n e Welt, s o n d e r n ein Klassiker unter den T h e o r e t i k e r n der M o d e r n e , der d i e B e o b a c h t u n g der u n a u f l ö s l i c h e n S p a n n u n g s verhältnisse in d e r K u l t u r und G e s e l l s c h a f t mit der F r a g e nach der M ö g l i c h k e i t der Einheit d e s i n d i v i d u e l l e n L e b e n s v e r b u n d e n hat. WERKE: G . S. G e s a m t a u s g a b e . H r s g . v. Otthein R a m m s t e d t . 2 4 Bde., F r a n k f u r t / M a i n 1 9 8 9 f f . LITERATUR: B u c h des D a n k e s an G. S. B r i e f e , E r i n n e r u n g e n , B i b l i o g r a p h i e . Zu s e i n e m 100. G e b u r t s t a g a m I. M ä r z 1958 hrsg. v. Kurt G a s s e n und M i c h a e l L a n d m a n n . Berlin 1958, 2 1 9 9 3 . - R u d o l p h H. Weingartner: E x p e r i e n c e and Culture. T h e P h i l o s o p h y of G . S. M i d d l e t o w n / C o n n . 1962. - Heribert J. B e c h e r : G . S. G r u n d l a g e n seiner S o z i o l o g i e . Stuttgart 1971 (Bibliographie). - P e t e r - E r n s t S c h n a b e l : D i e soziolog i s c h e G e s a m t k o n z e p t i o n G . S.s. Stuttgart 1974. - Ders.: G. S. In: K l a s s i k e r des s o z i o l o g i s c h e n D e n k e n s . B d . 1. Hrsg. v. Dirk Kaesler. M ü n c h e n 1976, S. 2 6 7 - 3 1 1 , 394-401 und 4 9 3 - 5 0 1 . - H e i n z - J ü r g e n D a h m e / O t t h e i n R a m m s t e d t (Hrsg.): G . S. und d i e M o d e r n e . N e u e Interpretationen und Materialien. F r a n k f u r t / M a i n 1984. - Α. M . B e v e r s : D y n a mik der F o r m e n bei G . S. E i n e S t u d i e ü b e r die m e t h o d i s c h e und theoretische Einheit seines G e s a m t w e r k s . Berlin 1985. - Otthein R a m m s t e d t (Hrsg.): G . S. und d i e f r ü h e n S o z i o l o g e n . N ä h e und D i s t a n z zu D u r c k h e i m , T o e n n i e s und M a x Weber. F r a n k f u r t / M a i n 1988. - Peter Ulrich H e i n (Hrsg.): G. S. F r a n k f u r t / M a i n u . a . 1990. - W e r n e r J u n g : G. S. zur E i n f ü h r u n g . H a m b u r g 1990. - Felicitas DörrB a c k e s / L u d w i g N i e d e r (Hrsg.): G . S. B e t w e e n M o d e r n i t y and P o s t m o d e r n i t y / G . S. Z w i s c h e n M o d e r n e und P o s t m o d e r n e . W ü r z b u r g 1995. - U t e Faath: M e h r - a l s - K u n s t . Z u r K u n s t p h i l o s o p h i e G . S.s. W ü r z b u r g 1998. - Jürgen G . B a c k h a u s / H a n s - J o a c h i m S t a d e r m a n n (Hrsg.): G . S.s P h i l o s o p h i e
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d e s G e l d e s . E i n h u n d e r t J a h r e d a n a c h . M a r b u r g 2 0 0 0 . - Willfried G e ß n e r : G . S.s P h i l o s o p h i e der Kultur. Berlin 2 0 0 0 . Horst Jürgen Helle: G . S. E i n f ü h r u n g in seine T h e o r i e und M e t h o d e . M ü n c h e n / W i e n 2 0 0 1 . - Otthein R a m m s t e d t (Hrsg.): G . S.s P h i l o s o p h i e d e s G e l d e s . A u f s ä t z e und M a t e rialien. F r a n k f u r t / M a i n 2 0 0 3 . - Periodikum: Simmel Newsletter 1 / 1 9 9 1 ff. Hartmut Ruddies S i m m e l , Paul, Karikaturist, * 2 7 . 6 . 1887 L u d w i g s l u s t ( M e c k l e n b u r g ) , t 2 3 . 3 . 1 9 3 3 Berlin. S. erlernte das S c h l o s s e r h a n d w e r k und b e g a n n 1909 ein Stud i u m an der Berliner K u n s t a k a d e m i e , das er in M ü n c h e n und Paris fortsetzte. N a c h d e m Ersten Weltkrieg ließ er sich in Berlin n i e d e r und w u r d e 1908 H a u p t z e i c h n e r der „Berliner Illustrierten Z e i t u n g " , v e r ö f f e n t l i c h t e s e i n e Karikaturen aber a u c h in der „ M o r g e n p o s t " und d e n „Lustigen B l ä t t e r n " . S. war einer d e r f ü h r e n d e n Berliner Karikaturisten der z w a n ziger J a h r e . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Lachen und nicht verzeifeln (1925), Gesammeltes Gesimmeltes (1926) und Das große Simmel-Album ( 1 9 2 7 , 4 1 9 3 5 ) . S. b e g i n g S e l b s t m o r d . tn
Flemig
S i m m e r , H a n s H., G y n ä k o l o g e , M e d i z i n h i s t o r i k e r , * 2 . 3 . 1 9 2 6 B a r m e n ( h e u t e zu W u p p e r t a l ) , t 2 1 . 7 . 2 0 0 6 Erlangen. S. studierte M e d i z i n in B o n n , G ö t t i n g e n und T ü b i n g e n und w u r d e 1952 p r o m o v i e r t . Er hielt sich zu F o r s c h u n g e n seit 1960 in d e n U S A auf, w u r d e 1963 z u m A s s o c i a t e P r o f e s s o r in L o s A n g e l e s e r n a n n t und w a r w e n i g e J a h r e später Full P r o f e s s o r f ü r F r a u e n h e i l k u n d e und G e b u r t s h i l f e , seit 1967 Prof. f ü r M e d i z i n g e s c h i c h t e . 1974-83 w a r er o . P r o f . an der Univ. Erlangen-Nürnberg. Neben gynäkologischen Fragen b e s c h ä f t i g t e sich S. mit T h e m e n der G e s c h i c h t e der M e d i z i n . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Der Berliner Pathologe Ludwig Pick (1868-1944) (2000). S i m o l e i t , Herbert, kath. T h e o l o g e , W i d e r s t a n d s k ä m p f e r , * 8 . 5 . 1908 Berlin, t 13. 11. 1944 H a l l e / S a a l e . S. trat 1933 in d a s P r i e s t e r s e m i n a r in F u l d a ein u n d e m p f i n g 1939 d i e P r i e s t e r w e i h e . Er w a r K a p l a n in G r e i f s w a l d , seit 1941 an der Propstei in Stettin und betreute als S t a n d o r t p f a r rer S o l d a t e n . W e g e n f r e i m ü t i g e r Ä u ß e r u n g e n ü b e r d i e nationalsozialistische Politik und den Z w e i t e n Weltkrieg w u r d e S. von e i n e m G e s t a p o - A g e n t e n d e n u n z i e r t , A n f a n g 1943 verhaftet und nach G e f ä n g n i s a u f e n t h a l t e n in Stettin, Torgau und Halle hingerichtet. OD B B K L S i m o n I V . , Graf zur Lippe, * 1 5 . 4 . 1554 D e t m o l d , t 7 . 1 2 . 1 6 1 3 Brake. N a c h einer a u s g e d e h n t e n Kavalierstour ü b e r n a h m S. 1575 die R e g i e r u n g seiner G r a f s c h a f t und m o d e r n i s i e r t e diese d u r c h R e f o r m e n d e s g e s a m t e n ö f f e n t l i c h e n L e b e n s u n d der Verwaltung. Er w a r kaiserlicher K o m m i s s a r , O b e r s t d e s Nied e r r h e i n i s c h - W e s t f ä l i s c h e n R e i c h s k r e i s e s , R e i c h s h o f r a t und K a m m e r h e r r . D u r c h d i e B e s t ä t i g u n g einer f r ü h e r e n P r i m o g e n i t u r o r d n u n g k o n n t e S. sein L a n d v o r der völligen A u f teilung b e w a h r e n . S i m o n von A s c h a f f e n b u r g , Maler, * u m 1500, t z w i s c h e n 1 9 . 1 2 . 1546 und 2 8 . 4 . 1 5 4 7 A s c h a f f e n b u r g . D e r vielleicht aus H a l l e / S a a l e s t a m m e n d e Schüler L u cas - » C r a n a c h s war dort seit 1529 N a c h f o l g e r M a t t h i a s —> G r ü n e w a l d s als H o f m a l e r von Kardinal —> Albrecht, m a c h t e E n t w ü r f e f ü r B i l d h a u e r , Tischler u n d G o l d s c h m i e d e und leitete 1 5 3 1 / 3 2 in Halle die A u s s t a t t u n g der M o r i t z burg. 1 5 3 9 / 4 0 organisierte er d e n A b t r a n s p o r t der K u n s t schätze von H a l l e n a c h A s c h a f f e n b u r g , w i r k t e seit 1540 in A s c h a f f e n b u r g u n d ü b e r n a h m hier d i e B a u l e i t u n g des Begin e n h a u s e s im Tiergarten. CD T h - B
Simon S i m o n M a g i s t e r , T h e o l o g e , u m d i e M i t t e d e s 12. Jh. S. g e h ö r t e v e r m u t l i c h einer n i e d e r r h e i n i s c h e n Kloster- und K a t h e d r a l s c h u l e an u n d v e r f a ß t e 1 1 4 0 / 5 0 einen Traktat De sacramentis, der ihn als Vertreter der S i e b e n z a h l der Sak r a m e n t e ausweist. D a s Werk, d a s inhaltlich d e m M a d r i der Tractatus de Septem sacramentis ecclesiae n a h e s t e h t und u. a. auf den S e n t e n z e n s a m m l u n g e n der S c h u l e d e s A n s e l m von L a o n und den K a n o n e s s a m m l u n g e n des I v o von C h a r tres u n d M a g i s t e r Gratian a u f b a u t , hatte g r o ß e n E i n f l u ß auf d i e scholastische S a k r a m e n t e n t h e o l o g i e u n d d i e S c h u l e der Porretaner. S i m o n von S p e y e r , K a r m e l i t e r , t 7 . 1 . 1403 K ö l n . S. trat in d e n K a r m e l i t e r o r d e n ein, studierte seit 1358 T h e o l o g i e in P a r i s und w u r d e 1367 z u m Dr. theol. promoviert. D a n a c h w a r er bis 1385 R e k t o r des K a r m e l i t e r G e n e r a l s t u d i u m s in K ö l n . 1389 w u r d e er einer der ersten P r o f e s s o r e n der U n i v . K ö l n u n d 1395 zweiter D e k a n der T h e o l o g i s c h e n Fakultät. S. schrieb einen S e n t e n z e n k o m m e n tar und e i n e Postille; b e i d e W e r k e sind verschollen. CD L T h K S i m o n , A r t h u r ( J o h a n n Peter C a s p a r ) , C h e m i k e r , * 2 5 . 2 . 1893 B a r m e n (heute zu W u p p e r t a l ) , f 5 . 2 . 1962 Dresden. D a s S t u d i u m der C h e m i e in G ö t t i n g e n Schloß S., S o h n eines K a u f m a n n s , 1922 mit der P r o m o t i o n a b ( B e i t r ä g e zur quantitativen chemischen Analyse des Antimons und zur Kenntnis der Antimonpentoxyd-Hydrate). Er w a r A s s i s t e n t in Göttingen, Clausthal und Stuttgart und habilitierte sich 1927 an d e r T H Stuttgart ( B e i t r ä g e zur Kenntnis der Bleidioxydhydrate und der Oxyde des Bleis), w o er seit 1930 als a. o . P r o f . lehrte. 1932 f o l g t e S. e i n e m R u f als o . P r o f . der anorganischen und a n o r g a n i s c h - t e c h n i s c h e n C h e m i e an die T H Dresd e n . 1946-48 w a r er M i n i s t e r i a l d i r e k t o r und Leiter der A b teilung H o c h s c h u l e und W i s s e n s c h a f t e n des L a n d e s Sachsen u n d a n s c h l i e ß e n d D i r e k t o r d e s Instituts f ü r A n o r g a n i sche und A n o r g a n i s c h - t e c h n i s c h e C h e m i e der T H D r e s d e n . 1954 w u r d e S. M i t g l i e d der D e u t s c h e n A k a d e m i e d e r N a t u r f o r s c h e r L e o p o l d i n a , 1956 der D e u t s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n . M i t E b e r h a r t B a u m g ä r t l v e r ö f f e n t l i c h t e er e i n e Anleitung zum anorganisch-chemischen Praktium für Nichtchemiker (1954). S i m o n , Carl, S c h a u s p i e l e r , R e g i s s e u r , * 14. 12. 1887 C h a r l o t t e n b u r g , t 2 . 9 . 1961 M ü n c h e n . N a c h einer S c h a u s p i e l a u s b i l d u n g bei Albert —»Steinrück debütierte S. 1911 a m T h e a t e r in GUnzburg, Ubernahm nach v e r s c h i e d e n e n E n g a g e m e n t s 1936 die L e i t u n g der Gasts p i e l b ü h n e , der s o g e n a n n t e n L a n d e s b ü h n e in O l d e n b u r g , und w i r k t e 1942-59 a m B a y e r i s c h e n Staatsschauspiel M ü n c h e n . A n s c h l i e ß e n d gastierte er an a n d e r e n M ü n c h n e r B ü h n e n und w a r b e i m F i l m und b e i m R u n d f u n k tätig. S i m o n , Ellen, Sozialarbeiterin, * 1 6 . 7 . 1 8 9 5 N o r d h a u s e n bei Erfurt, f 13.7. 1982 Berlin. S. studierte seit 1915 Volkswirtschaft, R e c h t s w i s s e n s c h a f ten, P h i l o s o p h i e und P s y c h o l o g i e in Halle, Jena, M a r b u r g und H a m b u r g u n d w u r d e 1921 in M a r b u r g z u m Dr. j u r . promoviert. 1 9 2 2 - 2 5 war sie Leiterin d e s n o r d w e s t d e u t s c h e n Bezirks des Deutschen Zentralausschusses für die Quäkers p e i s u n g in H a m b u r g , 1925-31 Abteilungsleiterin d e s dortig e n J u g e n d a m t e s . Seit 1920 w a r sie Mitarbeiterin der Sozialen A r b e i t s g e m e i n s c h a f t und Schloß sich 1930 d e r S P D an. N a c h ihrer E n t l a s s u n g e m i g r i e r t e sie 1933 in d i e S c h w e i z , w o sie im klinisch-therapeutischen Institut A r l e s h e i m tätig war. 1938 b e s u c h t e sie d i e Q u ä k e r - S c h u l e O m m e n (Niederlande), g i n g d a n n nach L o n d o n und w a r dort bis 1947 als Sozialarbeiterin tätig. 1948 k e h r t e S. als Mitarbeiterin des N a c h r i c h t e n d i e n s t e s des D e u t s c h e n Vereins f ü r ö f f e n t l i c h e und private F ü r s o r g e in F r a n k f u r t / M a i n n a c h D e u t s c h l a n d
z u r ü c k , leitete seit 1953 d a s P e s t a l o z z i - F r o e b e l - H a u s in B e r lin und w i d m e t e sich auch der A u s b i l d u n g von Sozialarbeiterinnen. m BHdE, Bd 1 S i m o n , Eric, bis 1934 Erich S., M u s i k e r , K o m p o n i s t , * 2 . 1 0 . 1907 Wien, t 6. 10. 1994 N e w M i l f o r d ( C o n n e c t i cut, U S A ) . N a c h d e m S t u d i u m der R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n in Wien arbeitete S. bei d e r Universal Edition. Er n a h m K l a v i e r u n t e r richt bei F r a n z —»Mittler, lernte Klarinette bei Victor P o latschek und Dirigieren bei H e r m a n n —» S c h e r c h e n . 1932 g r ü n d e t e er mit Herbert —» Z i p p e r das W i e n e r K o n z e r t o r chester und w u r d e dessen erster Klarinettist. 1 9 3 5 / 3 6 w a r S. an der M o s k a u e r P h i l h a r m o n i e engagiert und w u r d e ans c h l i e ß e n d Leiter des internationalen K o n z e r t b ü r o s in W i e n . Ü b e r d i e S c h w e i z emigrierte er nach N e w York, w o er A s sistent von Fritz —»Stiedry s o w i e erster Klarinettist b e i m O r c h e s t r a of t h e N e w F r i e n d s of M u s i c w u r d e . S. m a c h t e K a m m e r m u s i k mit E r n s t —»Krenek, A r n o l d —> S c h ö n b e r g , D m i t r i M i t r o p o u l o s , L e o n a r d B e r n s t e i n und d e m K o l i s c h Quartett und w u r d e Soloklarinettist des N e w York City S y m p h o n y O r c h e s t r a s . E r unterrichtete an der N e w S c h o o l of Social R e s e a r c h , d e m M a n n e s C o l l e g e of M u s i c und den D a l t o n S c h o o l s . S. schrieb O r c h e s t e r f a s s u n g e n v o n Klavierw e r k e n —»Schuberts, —»Schumanns, —»Brahms', M u s s o r g s kijs s o w i e von L i e d e r n . S i m o n , Ernst, F a b r i k a n t , * 1 6 . 5 . 1 8 7 2 E s s e n , f 2 8 . 8 . 1 9 4 5 Los Angeles (USA). N a c h einer k a u f m ä n n i s c h e n L e h r e u n d R e i s e n d u r c h A m e rika, R u ß l a n d und e u r o p ä i s c h e N a c h b a r l ä n d e r trat S. 1892 in das väterliche U n t e r n e h m e n ein; 1906 w u r d e er S e n i o r chef und H a u p t g e s e l l s c h a f t e r d e r D ö l l k e n & C o . G m b H in Essen. E r w a r Vorsitzender d e s Vereins der H o l z b e a r b e i t u n g s f a b r i k a n t e n i m Industriegebiet u n d Vorstandsmitglied des W i r t s c h a f t s v e r b a n d e s der D e u t s c h e n H o l z i n d u s t r i e sow i e d e s V e r b a n d e s der G o l d l e i s t e n f a b r i k a n t e n D e u t s c h l a n d s . Wegen seiner j ü d i s c h e n H e r k u n f t m u ß t e S. 1938 U n t e r n e h m e n und Ä m t e r a u f g e b e n . N a c h zeitweiliger „ S c h u t z h a f t " emigrierte er 1940 in d i e U S A . S i m o n , E r n s t A k i b a , P ä d a g o g e , * 1 5 . 3 . 1899 Berlin, t 1 8 . 8 . 1 9 8 8 Jerusalem. D e r aus einer K a u f m a n n s f a m i l i e s t a m m e n d e S. studierte n a c h der T e i l n a h m e a m Ersten Weltkrieg seit 1919 G e schichte, D e u t s c h u n d H e b r ä i s c h in Berlin, F r a n k f u r t / M a i n u n d H e i d e l b e r g , w o er 1923 mit der A r b e i t Ranke und Hegel p r o m o v i e r t w u r d e . Seit 1920 w a r er Schüler, später auch L e h r e n d e r an F r a n z —»Rosenzweigs F r e i e m J ü d i s c h e n Lehrh a u s in F r a n k f u r t / M a i n . 1926-28 als S t u d i e n r e f e r e n d a r und - a s s e s s o r tätig, g i n g S. 1928 nach Palästina, w u r d e D o z e n t a m o r t h o d o x e n L e h r e r i n n e n s e m i n a r in J e r u s a l e m und unterrichtete an der O b e r r e a l s c h u l e in H a i f a . 1 9 3 4 / 3 5 k e h r t e er nach D e u t s c h l a n d z u r ü c k und w u r d e e n g e r M i t a r b e i t e r M a r t i n —»Bubers an d e r Mittelstelle f ü r j ü d i s c h e E r w a c h s e n e n b i l d u n g bei der R e i c h s v e r t r e t u n g der d e u t s c h e n J u d e n . Z u r ü c k in Palästina, war S. in der E r w a c h s e n e n b i l d u n g u n d als D o z e n t f ü r P ä d a g o g i k an der H e b r ä i s c h e n U n i v . J e r u s a lem tätig, an d e r er 1950 a. o. und 1955 o. Prof. w u r d e . S. gilt als einer der b e d e u t e n d s t e n P ä d a g o g e n d e r j ü d i s c h e n R e n a i s s a n c e z w i s c h e n d e n Weltkriegen. Er hatte m a ß g e b l i c h e n Anteil a m A u f b a u von E r w a c h s e n e n - u n d L e h r e r b i l d u n g im Staat Israel. In seinen Schriften ( u . a . Außau im Untergang. Jüdische Erwachsenenbildung im nationalsozialistischen Deutschland als geistiger Widerstand, 1959) w i e auch in der Praxis seiner P ä d a g o g i k lag ihm d a r a n , R e l i g i o n und G l a u b e n als s i n n g e b e n d e und h a n d l u n g s o r i e n t i e r e n d e M o m e n t e der j ü d i s c h e n E r z i e h u n g herauszustellen. 1961 erhielt S. den Preis der Stadt J e r u s a l e m ; 1967 w u r d e i h m der Preis f ü r E r z i e h u n g des Staates Israel verliehen. CD L T h K
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Simon Simon,
Franz, Psychiater, * 9. 10.1851 Suhl, f 2 1 . 3 . 1 9 1 8 Görlitz. Der Sohn eines Justizrats besuchte die MedizinischChirurgische A k a d e m i e und das Friedrich-Wilhelm-Institut in Berlin, wurde 1876 zum Dr. med. promoviert ( U e b e r einen Fall von myelogenem Sarkom der Ulna) und war dann kurzzeitig in der Psychiatrischen Abteilung der Charite tätig. Seit 1876 Unterarzt, wurde S. 1881 Assistenzarzt erster Klasse bei der A r m e e , 1882 Assistenzarzt beim Generalund Korpsarzt des 5. Armeekorps in Posen. 1885 nahm er als Stabsarzt der Landwehr seinen Abschied, wandte sich der Psychiatrie zu, arbeitete in den Anstalten Leubus und Bunzlau und wurde 1891 an die Anstalt Tost (Oberschlesien) versetzt. Seit 1897 Sanitätsrat, wurde S. 1905 Direktor der neu zu schaffenden Amstalt Lüben (Schlesien) und trat 1914 als Geheimer Sanitätsrat in den Ruhestand.
Simon,
Franz (Eugen), auch Francis S., Physiker, * 2 . 7 . 1893 Berlin, f 31. 10.1956 Oxford (Großbritannien). Nach d e m 1921 mit der Promotion (Untersuchungen ueber die specifische Waerme bei tiefen Temperaturen) abgeschlossenen Studium der Physik in München, Göttingen und Berlin war S., Sohn eines Händlers, seit 1922 Assistent im Laboratorium für physikalische C h e m i e der Univ. Berlin, habilitierte sich dort 1924 für Physik und wurde 1927 a. o. Professor. 1931 wurde er o . P r o f . und Direktor des Laboratoriums f ü r physikalische C h e m i e in Breslau, emigrierte 1933 nach England und arbeitete im Clarendon-Laboratorium in Oxford, w o er sich besonders mit T h e r m o d y n a m i k befaßte. Seit 1936 hielt er Vorlesungen in Oxford und übernahm hier einen Lehrstuhl f ü r T h e r m o d y n a m i k . S. war maßgeblich am britischen Atombombenprojekt beteiligt. Er veröffentlichte u . a . Low temperature physics (1952). CD D S B
Simon,
Friedrich (Rudolf), auch Frederic R. S., schweizer. Maler, * 2 . 2 . 1828 Bern, t 16. 1.1862 Hyeres. Der Sohn eines Notars studierte seit 1845 am der Akademie in München, 1847-49 bei Barthelemy M e n n in Genf und setzte 1 8 5 0 / 5 1 seine Ausbildung bei Charles Gleyre in Paris fort. Er lebte als freischaffender Maler aus gesundheitlichen Gründen in Südfrankreich; im S o m m e r kehrte er jeweils in die Schweiz zurück. Die Winter 1 8 5 3 / 5 4 und 1 8 5 8 / 5 9 verbrachte er in R o m . S. schuf vorwiegend Genre- und Tierbilder, u . a . Der Hufschmied (1852), Die Mühte (1853) und Ersatzpferde in der Provence (1858). Od Schweiz Kunst
dienreise nach Paris, w o er erste Anregungen zur Operation von Blasenscheidenfisteln erhielt. S. war Mitgründer eines Hospitals f ü r chirurgische und Augenkranke in Darmstadt und hatte bald einen hervorragenden Ruf als Fisteloperateur. 1861 ging er als a. o. Prof. der Chirurgie nach Rostock, wo er noch im selben Jahr o. Prof. und Direktor der Chirurgischen Klinik wurde. Seit 1867 wirkte S. als Prof. der Chirurgie in Heidelberg. Er veröffentlichte u. a. Die Hautkrankheiten durch anatomische Untersuchungen erläutert (1848, 2 1851, Italien. 1854), Ueber Schusswunden (1851), Chirurgie der Nieren (2 Tie., 1871 -76) und Zur Operation der Blasenscheidenfistel. Vergleiche der Bozemanschen Operationsmethode mit der des Verfassers (1876). S i m o n , Gustav, Politiker, * 2 . 8 . 1900 Malstatt-Burbach, t 18. 12. 1945 Paderborn. Der Sohn eines Reichsbahnbeamten wurde 1917-20 am Merziger Lehrerseminar ausgebildet und studierte 1923-27 Volkswirtschaft und Rechtswissenschaften in F r a n k f u r t / Main. 1 9 2 8 / 2 9 als Lehrer tätig, wurde S., seit 1925 Mitglied der N S D A P , 1930 in den Reichstag gewählt. Seit 1933 preuß. Staatsrat, wurde er 1939 Obergruppenführer des Nationalsozialistischen Kraftfahrerkorps und war 1940-44 Chef der Zivilverwaltung in Luxemburg, wo er eine rigorose Germanisierungspolitik betrieb. Wenige Tage nach der Verhaftung 1945 wurde S. in seiner Zelle erhängt aufgefunden. OD Leb Rhein, Bd 16
Simon,
(August) Heinrich, Politiker, * 2 9 . 1 0 . 1 8 0 5 Breslau, t 16.8. 1860 Murg (Schweiz). Der Kaufmannssohn trat nach dem Studium der Rechtswissenschaften in den preuß. Justizdienst ein und wurde Stadtgerichtsrat in Breslau. 1845 schied er infolge mehrerer gegen die Gesetze vom 2 9 . 3 . 1844 gerichteten Broschüren, in denen er die Unabhängigkeit der preuß. Richter verteidigte, aus d e m Staatsdienst aus. 1848 wurde S. Mitglied des Vorparlaments, des Fünfzigerausschusses und der Frankfurter Nationalversammlung, in der er der Linken angehörte. Als Mitglied des R u m p f p a r l a m e n t s mußte er nach der Zersprengung der Versammlung 1849 in die Schweiz fliehen und wurde 1851 in Breslau in Abwesenheit zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurteilt. Seit 1852 lebte er als Direktor einer Aktiengesellschaft für Kupferbergbau in der Schweiz. CD Reinalter 2,1
Simon, Simon,
Günther, Schauspieler, * 1 1 . 5 . 1 9 2 5 Berlin, t 2 5 . 6 . 1972 Berlin. Nach dem Abitur besuchte S., Sohn eines B a n k k a u f m a n n s , eine private Schauspielschule, setzte seine Ausbildung nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und der Rückkehr aus amerikanischer und englischer Kriegsgefangenschaft 1947 an der Theaterschule des Hebbeltheaters in Berlin fort und debütierte am Stadttheater in Kothen. 1948-50 spielte er am Stadttheater in Schwerin, 1 9 5 0 / 5 1 am Staatstheater in Dresden und war dann vorwiegend als Filmschauspieler tätig. Bekannt wurde S. vor allem durch seine Darstellung Ernst —»Thälmanns in den Filmen Ernst Thälmann, Sohn seiner Klasse (1954) und Ernst Thälmann, Führer seiner Klasse (1955). Seit Mitte der sechziger Jahre wirkte er auch bei Fernsehfilmen mit. m Cinegraph
Simon,
Gustav, Chirurg, * 3 0 . 5 . 1 8 2 4 Darmstadt, t 2 8 . 8 . 1 8 7 6 Heidelberg. S., Sohn eines Rentmeisters, studierte Medizin in Gießen und Heidelberg, wurde 1848 promoviert ( U e b e r die Menge der ausgeathmeten Luft bei verschiedenen Menschen und ihre Messung durch das Spirometer. Ein Beitrag zur medicinischen Diagnostik), trat im selben Jahr als Militärarzt in das hessische Truppenkorps ein und war hier zunächst Unter-, dann bis 1861 Oberarzt. 1 8 5 1 / 5 2 unternahm er eine Stu-
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Heinrich, Pseud. H. Osmin, Bibliothekar, * 4 . 5 . 1858 Berlin, t 24. 10. 1930 Berlin. S. studierte Mathematik und Physik in Berlin und Halle, wo er 1886 promoviert wurde. Seit 1887 war er Volontär, seit 1896 Bibliothekar an der Berliner Universitätsbibliothek. 1 9 0 3 / 0 4 richtete er die Provinzialwanderbibliothek bei der Kaiser-Wilhelm-Bibliothek in Posen, 1 9 0 4 / 0 5 die Bibliothek der T H Danzig ein, erhielt 1907 den Titel Professor, war seit 1908 an der Bibliothek der T H Berlin tätig, wurde 1913 zum Oberbibliothekar ernannt und schied 1923 aus dem Bibliotheksdienst aus. Unter d e m Pseudonym H. Osmin veröffentlichte er zahlreiche musikwissenschaftliche Werke, u. a. Musik und Musiker im Lichte des Humors und der Satire (1899). CD Habermann 1
Simon,
Heinrich, Pseud. Heinrich Anton, Journalist, Verleger, * 3 1 . 7 . 1 8 8 0 Berlin, t 6 . 5 . 1941 Washington, D . C . S. studierte Philosophie, Nationalökonomie und Kunstgeschichte in Berlin und Freiburg /Breisgau, wo er 1905 zum Dr. phil. promoviert wurde (Die theoretischen Grundlagen des magischen Idealismus von Novalis). 1906 trat er in den von seinem Großvater Leopold Sonnemann begründeten Verlag Societäts-Druckerei in Frankfurt ein und arbeitete zunächst im Feuilleton der „Frankfurter Zeitung". 1910 wurde S. gemeinsam mit seinem Bruder Kurt - > S . als Prokurist in die Geschäftsleitung des Verlags a u f g e n o m m e n , war
Simon seit 1914 Vorsitzender d e r R e d a k t i o n s k o n f e r e n z der „Frankf u r t e r Z e i t u n g " u n d w i d m e t e sich d e m A u f h a u d e s B u c h verlags der S o c i e t ä t s - D r u c k e r e i , dessen M i t v e r l e g e r und Ges c h ä f t s f ü h r e r er seit 1916 war. 1929 w u r d e er M i t i n h a b e r des U n t e r n e h m e n s . N a c h s e i n e m e r z w u n g e n e n A u s s c h e i d e n aus der R e d a k t i o n s k o n f e r e n z 1934 e m i g r i e r t e S. n a c h Palästina. Dort w a r er M i t g r ü n d e r und seit 1936 G e s c h ä f t s f ü h r e r des Palestine P h i l h a r m o n i e Orchestra. 1939 ü b e r s i e d e l t e S. in die U S A und g a b in W a s h i n g t o n M u s i k k u r s e an e i n e m C o l l e g e . Er schrieb u. a. Leopold Sonnemann. Seine Jugendgeschichte bis zur Entstehung der „Frankfurter Zeitung" ( 1 9 3 1 ) und Palestine listens to its Orchestra. Personal Reminiscences (1939). S. w u r d e e r m o r d e t . OD D L L
Simon,
Heinz, M e d i z i n e r , * 18. 1.1922 G l e i w i t z , t 8 . 9 . 1993 Berlin. D a s 1940 in Breslau b e g o n n e n e M e d i z i n s t u d i u m Schloß S. n a c h der T e i l n a h m e a m Z w e i t e n Weltkrieg in G r e i f s w a l d mit d e r P r o m o t i o n 1951 a b (Zur Frage der Liquorveränderungen nach Elektrokonvulsionen). 1 9 5 2 / 5 3 Pflichtassistent an der U n i v . G r e i f s w a l d und 1953 W i s s e n s c h a f t l i c h e r A s s i stent a m P a t h o l o g i s c h e n Institut der C h a r i t e in Berlin, habilitierte er sich 1958 der Arbeit Grundlegende tierexperimentelle Untersuchungen zur Pathogenese der Infektionen des Nervensystems und w u r d e D o z e n t f ü r P a t h o l o g i s c h e A n a t o m i e an d e r H u m b o l d t - U n i v e r s i t ä t zu Berlin. 1961 erhielt er e i n e P r o f e s s u r mit L e h r a u f t r a g f ü r P a t h o l o g i s c h e A n a t o m i e s o w i e d a s Direktorat d e s P a t h o l o g i s c h e n Instituts der M e d i zinischen A k a d e m i e D r e s d e n und w u r d e 1963 z u m Prof. mit v o l l e m L e h r a u f t r a g e r n a n n t . 1977 g i n g S. als o . P r o f . f ü r Pat h o l o g i e nach Berlin, w o er zugleich D i r e k t o r des P a t h o l o g i schen Instituts w u r d e . S e i n e F o r s c h u n g s s c h w e r p u n k t e waren d i e H i r n p a t h o l o g i e und d i e a u t o m a t i s c h e B i l d v e r a r b e i t u n g in der M e d i z i n . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Automatische Bildverarbeitung in Medizin und Biologie (hrsg. mit D. K u n z e , K. Voss und W . R. H e r r m a n n , 1975, engl. 1984), Pathologie der Therapie und Diagnostik (mit H e i n z D a v i d , 1983) und Rudolf Virchow und Berlin (mit P e t e r Krietsch, 1985). Seit 1964 w a r er Mitglied, 1967-70 Vorsitzender d e s W i s s e n schaftlichen R a t s f ü r M e d i z i n u n d S t o m a t o l o g i e s o w i e seit 1970 M i t g l i e d des R a t s f ü r A k a d e m i s c h e G r a d e b e i m M i n i sterium f ü r H o c h - und F a c h s c h u l w e s e n . CD H e i d e l / L i e n e r t
Simon, H e l e n e (Henriette), Sozialpolitikerin, N a t i o n a l ökonomin, * 1 6 . 9 . 1 8 6 2 Düsseldorf, t 8 . 1 2 . 1 9 4 7 London. D i e T o c h t e r eines K a u f m a n n s u n d B a n k i e r s reiste 1895 zu e i n e m S t u d i e n a u f e n t h a l t n a c h L o n d o n , m a c h t e hier d i e Bek a n n t s c h a f t der S o z i a l w i s s e n s c h a f t l e r i n B e a t r i c e W e b b u n d studierte seit 1896 als M i t g l i e d der F a b i a n Society N a t i o n a l ö k o n o m i e u n d Sozialpolitik. Seit 1897 waren S. und Elisabeth - » G n a u c k - K ü h n e d i e ersten G a s t h ö r e r i n n e n an der U n i v . Berlin bei G u s t a v —> S c h m o l l e r . S. w a r sozialpolitisch aktiv und publizierte in s o z i a l d e m o k r a t i s c h e n Z e i t s c h r i f t e n w i e „ D i e N e u e Z e i t " , „Die G l e i c h h e i t " u n d „Sozialistische M o n a t s h e f t e " . Seit 1907 w a r sie M i t g l i e d des S t ä n d i g e n A u s s c h u s s e s zur F ö r d e r u n g d e r A r b e i t e r i n n e n - I n t e r e s s e n , w u r d e 1911 A u s s c h u ß m i t g l i e d der G e s e l l s c h a f t f ü r S o z i a l e R e f o r m und e n g a g i e r t e sich w ä h r e n d des Ersten Weltkriegs im Nationalen F r a u e n d i e n s t . 1919 Schloß sich S. der S P D an, w a r a m A u f b a u der A r b e i t e r w o h l f a h r t beteiligt und lebte seit 1932 in Berlin. 1938 e m i g r i e r t e sie w e g e n ihrer jüdischen H e r k u n f t nach L o n d o n . S. schrieb u. a. Robert Owen. Sein Leben und seine Bedeutung für die Gegenwart ( 1 9 0 5 , 2 1925), Schule und Brot ( 1 9 0 7 , 2 1 9 0 8 ) und William Godwin und Mary Wollstonecraft ( 1 9 0 9 ) und übersetzte p r o g r a m m a t i s c h e Schriften e n g l i s c h e r S o z i a l r e f o r m e r (u. a. The prevention of poverty von B e a t r i c e u n d S y d n e y Webb, 1912). CD D e m o k r W e g e
Simon,
H e r m a n n , Psychiater, * 2 2 . 3 . 1867 Z w e i b r ü c k e n , t 14. 11. 1947 G ü t e r s l o h . S., S o h n eines Brauereibesitzers, studierte M e d i z i n in M ü n c h e n , Berlin und S t r a ß b u r g . N a c h d e m E x a m e n (1891) w u r d e er Assistenzarzt an der Irrenanstalt in S a a r g e m ü n d , 1896 A n s t a l t s o b e r a r z t in D o r t m u n d - A p l e r b e c k und 1902 in L e n g e r i c h . 1898 w u r d e S. in S t r a ß b u r g mit der Arbeit Ein Beitrag zur Kenntnis der Militärpsychosen p r o m o v i e r t . 1905 w u r d e er D i r e k t o r d e r Irrenanstalt Warstein u n d 1914 der Provinzialheilanstalt G ü t e r s l o h . 1914-18 n a h m er am Ersten Weltkrieg teil. 1934 w u r d e er auf e i g e n e n W u n s c h pensioniert. S. g e h ö r t e 1920-24 der D e u t s c h e n D e m o k r a t i schen Partei s o w i e d e m Stadtrat von G ü t e r s l o h und 1934 v o r ü b e r g e h e n d der N S D A P an. Er e n t w i c k e l t e seit 1905 das K o n z e p t der „aktiveren K r a n k e n b e h a n d l u n g " , d a s die E i g e n v e r a n t w o r t u n g d e s Patienten und ihre aktive Tätigkeit betonte. N a c h d e m Ersten Weltkrieg vertrat er z u n e h m e n d b i o l o g i s t i s c h - s o z i a l d a r w i n i s t i s c h e Ideen u n d b e f ü r w o r tete E u g e n i k und Z w a n g s s t e r i l i s a t i o n . S.s p r o g r a m m a t i s c h e s H a u p t w e r k w a r Aktivere Krankenbehandlung in der Irrenanstalt (1929, Nachdr. 1986). m Kreuter
Simon,
H e r m a n n , K o m p o n i s t , * 2 6 . 1 . 1896 Berlin, t 14. 11. 1948 T i e n g e n / S c h w a r z w a l d . S. studierte 1915-19 K o m p o s i t i o n bei E n g e l b e r t —>Humperd i n c k und H e i n z —»Tiessen an d e r H o c h s c h u l e f ü r M u s i k in Berlin und ließ sich dort als f r e i s c h a f f e n d e r K o m p o n i s t nieder. Sein Werk u m f a ß t u. a. das O p e r n - M y s t e r i u m Reinhold Lenz ( 1 9 2 2 - 3 0 ) , e i n e Luthermesse a capella ( 1 9 3 4 ) s o w i e C h ö r e , L i e d e r und L i e d e r z y k l e n . DP M G G
Simon,
H u g o , B a n k i e r , Politiker, * 1 . 9 . 1880 U s c h (Kr. K o l m a r , P o s e n ) , t 4 . 7 . 1950 S ä o P a u l o (Brasilien). S. m a c h t e e i n e B a n k l e h r e in M a r b u r g . E r w a r M i t g r ü n d e r der P r i v a t b a n k C a r s c h , S i m o n & C o . und w u r d e M i t i n h a ber der seit 1911 als Bett, S i m o n & C o . firmierenden B a n k . S. Schloß sich der S P D an, w u r d e 1919 Unterstaatssekretär im p r e u ß . F i n a n z m i n i s t e r i u m und war k u r z e Zeit F i n a n z minister. E r w a r A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d b z w . -Vorsitzender verschiedener Bank- und Industrieunternehmungen, Aufsichtsratsmitglied des S. F i s c h e r Verlags u n d Vorstandsmitglied m e h r e r e r K u n s t v e r e i n e . 1933 e m i g r i e r t e S. Uber die S c h w e i z nach Paris, arbeitete hier mit Willi —»Münzenberg z u s a m m e n und w a r an d e n V e r h a n d l u n g e n u m die B i l d u n g einer d e u t s c h e n Volksfront beteiligt. 1940 ging er n a c h B r a silien, w o er später auf e i n e m G u t bei R e z e n d e ( R i o d e J a n e i r o ) lebte. S i m o n , Isaak, U n t e r n e h m e r , * 1816 Pyritz ( P o m m e r n ) , t 1890 Berlin. S., d e s s e n Vater ein T e x t i l g e s c h ä f t betrieb, durchlief e i n e S c h n e i d e r l e h r e und g i n g d a n n nach P o s e n . N a c h d e m U m z u g nach Berlin 1838 g r ü n d e t e er mit e i n e m Sozius ein H e r r e n g a r d e r o b e n g e s c h ä f t unter d e m N a m e n Sim o n & N e u m a n n , 1852 d i e F i r m a I. S i m o n & C o m p . , ein K o m m i s s i o n s - und S p e d i t i o n s g e s c h ä f t f ü r w o l l e n e und b a u m w o l l e n e S t o f f e , d e m ein V e r k a u f s g e s c h ä f t angeschlossen war und d a s 1862 in der F i r m a G e b r ü d e r Sim o n a u f g i n g . 1857 w u r d e er n e b e n s e i n e m B r u d e r L o u i s —»S. Teilhaber der F i r m a G e b r ü d e r S i m o n L e i n w a n d N i e d e r l a g e und B a u m w o l l w a r e n - F a b r i k . 1872 beteiligte er sich an der N e u g r ü n d u n g einer T e x t i l m a s c h i n e n f a b r i k . S. g e h ö r t e der Fortschrittspartei an u n d w a r seit 1876 e h r e n a m t l i c h e r S t a d t v e r o r d n e t e r . Er w a r der Vater von James - > S .
Simon,
(Henri) J a m e s , U n t e r n e h m e r , M ä z e n , * 1 7 . 9 . 1 8 5 1 Berlin, ΐ 2 3 . 5 . 1 9 3 2 Berlin. N a c h d e m A b i t u r trat S., S o h n Isaak —> S.s, als Lehrling in die F i r m a G e b r ü d e r S i m o n ein, ging 1870 zu e i n e m halbjährigen Volontariat n a c h B r a d f o r d ( E n g l a n d ) und w u r d e
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Simon 1876 Teilhaber des Familienunternehmens, nach d e m Tod des Vaters 1890 zweiter Hauptgesellschafter an der Seite seines Onkels Louis —»S. 1920 wurde das Unternehmen, das bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs eine führende B a u m wollhandlung in Europa war, in die Simon Vereinigte Textilwerke A G umgewandelt. 1927 schied S. als Kommanditist aus der Gebrüder Simon A G und KG aus, trat jedoch 1929 in den Aufsichtsrat des Unternehmens ein. Im N o v e m b e r 1929 wurde die Liquidation des ehemals größten deutschen Textilhandelshauses beschlossen, 1931 die Gebrüder Simon KG in die Textil-Beteiligungs A G & Co. Kommanditgesellschaft umgewandelt, gegen die im selben Jahr das Konkursverfahren eröffnet wurde. Seit 1902 war er Mitglied der neugegründeten Handelskammer zu Berlin, 1919-26 Vizepräsident der Berliner Industrie- und Handelskammer sowie 1906-27 Mitglied des Zentralausschusses der Reichsbank. Bedeutung erlangte S., 1898 Mitgründer der Deutschen Orient-Gesellschaft, vor allem als Kunstsammler und Mäzen. Er unterstützte Ausgrabungen in Mesopotamien, Palästina und Ägypten und machte den Berliner Museen bedeutende Schenkungen; die von ihm allein finanzierten Grabungen in Teil el-Amarna führten u. a. zum Fund der Büste der Nofretete. 1900 wurde S., der mit Wilhelm von —»Bode befreundet war, von Kaiser —»Wilhelm II. in das preuß. Herrenhaus berufen. Bis 1929 gehörte er dem Rat der Jewish Colonization Association an, engagierte sich auch in der jüdischen Wohlfahrtspflege und war 1901 Mitgründer des Hilfsvereins der Deutschen Juden, dessen Präsident er wurde. DP Lex Kunst
Simon,
James, Komponist, * 2 9 . 9 . 1 8 8 0 Berlin, 1 Oktober 1944 Konzentrationslager Auschwitz. Der Bankierssohn studierte Klavier bei Conrad —» Ansorge an der Berliner Hochschule für Musik, Komposition bei Max —»Bruch an der dortigen Akademie der Künste sowie Musikwissenschaften, Philosophie, Psychologie und Literatur in Berlin, B o n n und München, wo er 1905 mit der Arbeit Abt Voglers kompositorisches Wirken mit besonderer Berücksichtigung der romantischen Momente zum Dr. phil. promoviert wurde. 1907-19 unterrichtete er Klavier am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium in Berlin und lebte hier bis zu seiner Emigration in die Niederlande 1933 als freischaffender Komponist. Nach d e m Einmarsch deutscher Truppen wurde S. in das Konzentrationslager Theresienstadt, dann nach Auschwitz deportiert. S. komponierte u. a. die Oper Frau im Stein, die Motette Der Tod ist groß sowie ein Klavierkonzert, Orchester- und K a m m e r m u s i k werke.
Simon,
Johann Franz, Chemiker, * 2 5 . 8 . 1 8 0 7 F r a n k f u r t / Oder, t 23. 10. 1843 Wien. Nach einer pharmazeutischen Ausbildung war S. in Düsseldorf und Deutz tätig, studierte seit 1832 Pharmazie, seit 1835 C h e m i e in Berlin und wurde 1838 promoviert {De lactis muliebris ratione chemica et physiologica). 1842 habilitierte er sich in Berlin für pathologische Chemie und arbeitete als Chemiker an der Charite. Seit 1843 gab S. die „Beiträge zur physiologischen und pathologischen C h e m i e und Mikroskopie" heraus. Er veröffentlichte u. a. Handbuch der praktischen Toxikologie (mit Joseph Friedrich, 1838), Die Sobernheim Heilquellen Europa's (1839), Medizinisch-analytische Chemie oder Chemie der näheren Bestandtheile des thierischen Körpers (1840) und Handbuch der angewandten medizinischen Chemie nach dem neuesten Standpunkte der Wissenschaft (2 Bde., 1840-42, engl. 1845-58). S. gilt mit Johann Joseph von —» Scherer als Begründer der Laboratoriumsmedizin. CD A D B
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S i m o n , Johann Friedrich, Philanthrop, Publizist, * 2 3 . 5 . 1751 Straßburg, t 1829 Paris. Seit 1766 Student in Straßburg, erwarb S. 1770 den Grad eines Magisters der Philosophie. Nach abgebrochenem Theologiestudium wurde er 1775 Lehrer am Philanthropin in Dessau, kehrte 1777 nach Straßburg zurück und eröffnete dort 1779 eine Töchterschule, die 1783 geschlossen wurde. Bis 1784 Leiter einer Schule in Neuwied, war er danach Erzieher von Clemens Fürst von —»Metternich-Winneburg in Koblenz, den er 1788 nach Straßburg begleitete. Von der Französischen Revolution begeistert, übernahm S. 1789 das „Patriotische Wochenblatt". 1790 wurde er Mitglied der „Gesellschaft der Konstitutionsfreunde". 1792 ging er nach Paris und wurde Mitglied im „Geheimen Club der Dreiundvierzig", kehrte im selben Jahr nach Straßburg zurück, wurde „Nationalkommissar der vollstreckenden Gewalt f ü r Mainz und die Rheingegend" und trat dem Jakobinerklub bei. 1796 wurde er diplomatischer Agent am Hof des Landgrafen —»Wilhelm von Hessen-Kassel und wandte sich später der Schriftstellerei zu. 1800 wurde er Prof. der deutschen Sprache am Prytanee de St.-Cyr und am College Louis le Grand in Paris, u m 1815 Deutschlehrer der Kinder des Herzogs von Orleans. S. veröffentlichte u . a . Staatsverfassung oder Constitution des Französischen Freystaates vom VIII. Jahre, ins Teutsche übersetzt und mit erläuternden Anmerkungen (1800). m Reinalter 1
Simon,
Johann Kaspar, Komponist, * 1 0 . 1 . 1 7 0 1 Schmalkalden (Thüringen), t 22. 11. 1776 Leipzig. S. studierte 1723-27, vermutlich als Schüler Johann Nikolaus - » B a c h s , in Jena, wirkte 1727-31 als Praeceptor und Director musices in Langenburg (Thüringen) und übernahm 1731 die Stelle des evang. Musikdirektors und Organisten in Nördlingen. Seit 1743 unterrichtete er auch an der dortigen Lateinschule, g a b 1750 seine Ämter auf und übersiedelte nach Leipzig. S. komponierte Kantaten und Orgelkompositionen. CD M G G
Simon, Jordan, Augustiner, Theologe, * 5 . 1 1 . 1719 N e u s t a d t / S a a l e , t 2 . 8 . 1 7 7 6 Stranka (Böhmen). S. gehörte seit 1737 dem Augustinerorden an, studierte Theologie und Philosophie in Mainz, wurde 1742 zum Priester geweiht und unterrichtete 1743-46 Philosophie im Augustinerkloster in Konstanz. Nach Bildungs- und Wanderreisen durch Italien, Frankreich, Spanien und die Niederlande war er seit 1750 in Erfurt tätig, hatte dort seit 1757 eine Professur für Heilige Schrift und Homiletik inne und wurde 1758 zum Dr. theol. promoviert. Wegen seiner Kritik an der Besteuerung des Klerus aus Erfurt ausgewiesen, wurde er 1760 Lektor in Würzburg, kehrte 1763 nach Erfurt zurück und übernahm 1767 eine Professur f ü r Kirchengeschichte und Kirchenrecht. 1771 mußte er die Stadt aufgrund seiner Opposition gegen eine geplante Universitätsreform erneut verlassen. 1772 von Kaiserin -> Maria Theresia zum kaiserlichen Rat ernannt, wurde S. 1773 Assessor beim erzbischöflichen Konsistorium und Prof. für Kontroverstheologie an der Univ. Prag. In seiner Schrift Die Nichtigkeit der Hexerey und Zauberkunst (1766) wandte er sich gegen die letzten Hexenprozesse. S i m o n , Joseph, Politiker, * 2 3 . 5 . 1865 Scheppenbach (Alzenau), t 1.4. 1949 Kornwestheim. S. erlernte das Schusterhandwerk, Schloß sich 1884 der S P D an und war 1900-33 erster Vorsitzender des Zentralverbandes der Schuhmacher. 1905 wurde er Mitglied des Landesvorstandes der SPD, war 1907-18 Landtagsabgeordneter der S P D für den Wahlkreis Nürnberg und saß seit 1912 im Reichstag. 1 9 1 9 / 2 0 gehörte S. der Nationalversammlung an. Nach der M a c h t ü b e r n a h m e der Nationalsozialisten wurde er verhaftet, im Konzentrationslager Dachau interniert
Simon und stand nach seiner Entlassung 1934 unter Polizeiaufsicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg war S. Gründer und Aufsichtsratsvorsitzender der Konsumgesellschaft Nürnberg-Fürth. • 3 Schröder
Simon, Joseph Thorvald, österr. Jurist, * 2 4 . 5 . 1 9 1 2 Wien, t 2 3 . 1 . 1 9 7 6 Wien. S. studierte seit 1930 Rechtswissenschaften in Wien, war Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und wurde 1935 promoviert. Er gehörte der Revolutionären Sozialistischen Jugend an, wurde seit 1935 mehrmals verhaftet und emigrierte 1937 nach Dänemark. 1940 floh S. über Schweden, Finnland, die UdSSR und Japan in die USA, trat 1941 in die amerikanische A r m e e ein und kam 1946 als Rechtsberater des US-Hochkommissars nach Wien. Bis 1955 war er Mitglied der Legal Division beim US-Hochkommissariat und der US-Allied Commission for Austria, wurde dann Personalreferent bei der Osterreichischen Mineralölverwaltung und war 1962-75 Direktor einer Versicherungsgesellschaft. S. war seit 1955 SPÖ-Mitglied. Simon,
Julius, Schauspieler, * 18.3. 1835 Leipzig, t 5. 1. 1880 St. Petersburg. S. gab 1850 sein Debüt als Schauspieler in Leipzig, war dann Mitglied reisender Gesellschaften in Sachsen und trat 1856-59 in Köln, 1 8 5 9 / 6 0 in Königsberg und 1860 am Carltheater in Wien auf. Anschließend war er drei Jahre lang am Thalia-Theater in Hamburg engagiert, spielte 1863-67 in Mannheim, dann am Viktoria-Theater in Berlin, in Breslau und Schwerin und stand 1871-78 in Prag und Wien auf der Bühne. Nach 1878 wirkte S. als artistischer Direktor am Ostend-Theater in Berlin, am dortigen Stadttheater und wurde schließlich an das Hoftheater in St. Petersburg verpflichtet.
Simon, Kurt, Verleger, * 26.11. 1881 Gut Börnicke bei Nauen (Mark), f Oktober 1957 New York. S., dessen Vater Inhaber der nationalliberalen „Königsberger Allgemeinen Zeitung" war, studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg, legte 1907 das juristische Examen ab und war dann bei der „Frankfurter Zeitung" tätig. 1910 gemeinsam mit seinem Bruder Heinrich —>S. als Prokurist in die Geschäftsleitung der Verlags Societäts-Druckerei in Frankfurt aufgenommen, wurde er 1929 Verlagsleiter für technische und kaufmännische Angelegenheiten und war 1907-33 Direktor des Unternehmens. S. gehörte dem Vorstand der „Königsberger Allgemeinen Zeitung" an und war Präsident des Verbandes Deutscher Zeitungsverleger. 1933 seines Amtes enthoben und enteignet, emigrierte er in die USA. Simon, Leo, Industrieller, * 3 1 . 3 . 1 8 7 0 Mainz, t 1940 Paris. Der Sohn eines Textilfabrikanten erhielt eine kaufmännische Ausbildung im Metallhandel und in der Metallindustrie, war Sozius einer Metall-Großhandelsfirma in Nürnberg und gründete 1901 die Dübel werke G m b H in Charlottenburg. S. war Hauptlieferant der Deutschen Reichsbahn, exportierte nach Skandinavien und Westeuropa und gründete eine französische Tochtergesellschaft. 1933 mußte er sein Unternehmen an die Rütgerswerke verkaufen und emigrierte nach Paris. S. gehörte zu den Gründern der Deutsch-Französischen Gesellschaft. Er war der Vater von Manfred —> S. i n BHdE, Bd 1 S i m o n , Louis, urspr. Samuel Levi S., Unternehmer, * 1828 Pyritz (Pommern), t 1 5 . 9 . 1 9 0 3 Berlin. S. durchlief in Berlin eine Kaufmannslehre und wurde Mitarbeiter der Firma Μ. E. Levy. 1852 gründete er mit Siegmund Liebmann ein eigenes Unternehmen (Simon und Liebmann, Leinengeschäft und Baumwollfabrik). Nachdem Liebmann
1857 das Unternehmen verlassen hatte, trat S.s Bruder Isaak —>S. als Teilhaber an dessen Stelle. Die Firma, die sich seit diesem Jahr Gebrüder Simon Leinwand-Niederlage und Baumwollwaren-Fabrik nannte, spezialisierte sich auf den Zwischenhandel von importierter Baumwolle aus den U S A und entwickelte sich bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs zu einem der größten Baumwollunternehmen auf dem europäischen Kontinent. 1876 wurde S.s N e f f e James —»S., 1888 S.s Sohn Eduard Georg S. Teilhaber der Firma.
Simon,
Ludwig, Jurist, Politiker, Bankier, * 2 0 . 2 . 1 8 1 9 Saarlouis, t 2 . 2 . 1 8 7 2 Montreux (Kt. Waadt). Der Sohn eines Gymnasiallehrers studierte seit 1837 Rechtswissenschaften in Bonn und ließ sich als Rechtsanwalt in Trier nieder, wo er 1848 an die Spitze der demokratischkleinbürgerlichen Bewegung trat. S. wurde in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt, war einer der Führer der äußersten Linken (Fraktion Donnersberg) und gehörte auch dem Stuttgarter Rumpfparlament an. Nach der Niederschlagung der Revolution 1849 wurde er in Trier in Abwesenheit zum Tod verurteilt, floh in die Schweiz und lebte 1853-55 in Italien, seit 1855 in Paris. Dort war S. zunächst als Bankangestellter tätig und eröffnete später ein Bankgeschäft. 1870 ließ er sich in Montreux nieder. DP Demokr Wege
Simon,
Ludwig, Schauspieler, Regisseur, * 2 8 . 4 . 1 8 2 3 Danzig, t 7 . 6 . 1 8 9 6 Altona (heute zu Hamburg). Nach seiner Schauspielausbildung war S. Mitglied reisender Gesellschaften, trat 1 8 4 5 / 4 6 am Hamburger Actientheater, 1 8 4 9 / 5 0 in Augsburg und 1850/51 am Schweigertheater in München auf. Nach verschiedenen Engagements war er 1861-66 am Stadttheater in Altona verpflichtet, wo er seit 1863 auch als Regisseur tätig war, und wirkte 1866-85 am Deutschen Landestheater in Prag, seit 1870 auch als Regisseur. Später lebte er wieder in Altona. S. war mit Ottilie —>S. verheiratet.
Simon,
Manfred, Jurist, * 4 . 3 . 1 8 9 8 Nürnberg, t n . e . Der Sohn Leo - > S . s studierte seit 1919 politische Ökonomie in Zürich, seit 1920 Rechtswissenschaften in Bologna und wurde 1923 zum Dr. jur. promoviert. 1924 setzte er sein Studium an der Sorbonne in Paris fort, war seit 1928 im väterlichen Unternehmen tätig und emigrierte nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten nach Frankreich. Später Rechtsberater im Rang eines Conseiller d'Etat und Sekretär des Gesetzgebenden Komitees für die Nachkriegsplanung, war er 1949-51 beim Conseil d'Etat tätig und wurde 1951 Stabsmitglied der UN-Human Rights Division in New York. 1954 kehrte er nach Frankreich zurück und war Generalanwalt am Appellationsgericht Riom, arbeitete 1955 / 56 erneut für die Vereinten Nationen in New York und wurde 1958 Richter am Appellationsgericht in Paris. 1968 ließ er sich als Rechtsberater in der Schweiz nieder. CD B H d E , Bd 1
Simon,
Matthias, evang. Theologe, Historiker, * 1 0 . 6 . 1 8 9 3 Wernsbach bei Ansbach, t 17.3.1972. S. studierte Theologie in Erlangen und erwarb 1926 den Grad eines Lie. theol. 1925 wurde er Pfarrer in Arzberg, 1932 Studienrat in Nürnberg und 1936 Pfarrer in Augsburg. Seit 1947 war er Direktor des Landeskirchlichen Archivs in Nürnberg und seit 1950 Lehrbeauftragter an der Kirchlichen Hochschule Neuendettelsau. Er verfaßte u . a . das Arzberger Heimatbuch ( 1 9 2 6 , 2 1 9 5 4 ) und Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern im 19. und 20. Jahrhundert (1961) und gab in der Sammlung von Emil —»Sehling die evang. Kirchenordnungen aus dem Gebiet des heutigen Bayern heraus (Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts, Bd. 11-13, 1961-66).
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Simon Simon, Max, Mathematiker, * 8.6. 1844 Kolberg, t 15.1. 1918 Straßburg. S., Sohn eines Arztes, studierte Mathematik in Berlin, wurde 1867 promoviert (De relationibus inter constantes duarum linearum secundi ordinis, ut sit polygonum alteri inscriptum circumscriptum alteri) und war als Gymnasiallehrer in Straßburg tätig. 1891 erhielt er den Titel Professor. Seit 1903 lehrte er als Honorarprofessor der Geschichte der Mathematik an der Univ. Straßburg und trat 1912 in den Ruhestand. S. schrieb u. a. Über die Entwicklung der ElementarGeometrie im 19. Jahrhundert (1906), Didaktik und Methodik des Rechnens und der Mathematik (1908, 2 1909, Nachdr. 1985) und Geschichte der Mathematik im Altertum in Verbindung mit antiker Kulturgeschichte (1909, Neudr. 1973).
Simon, Ottilie, geb. Jost, Schauspielerin, * 2 5 . 3 . 1 8 3 8 München, t n . e . S. erhielt ihre Ausbildung am Konservatorium Jost in München, debütierte vermutlich 1852 am Landestheater in Prag und war 1 8 5 5 / 5 6 in Nürnberg engagiert. In der Spielzeit 1 8 5 6 / 5 7 trat sie in Altona, 1 8 5 7 / 5 8 in Augsburg auf und spielte dann an verschiedenen Bühnen. 1861-66 war S. Mitglied des Theaters in Altona und wirkte 1874-76 erneut am Landestheater in Prag. Sie war mit Ludwig —»S. verheiratet. Simon,
Paul, kath. Theologe, * 2 3 . 8 . 1882 Dortmund, t 2 5 . 1 1 . 1 9 4 6 Paderborn. S., Sohn eines Schneidermeisters, studierte seit 1901 Theologie an der Bischöflichen Akademie in Paderborn und an den Universitäten Freiburg/Breisgau, Innsbruck, Straßburg und Münster, empfing 1907 die Priesterweihe, war als Lehrer tätig und wurde 1918 zum Dr. phil. promoviert (Der Pragmatismus in der modernen franzosischen Philosophie). 1919-25 war er Direktor des Bischöflichen Theologenkonvikts in Paderborn, w o er seit 1920 als Prof. der Patrologie an der Akademie lehrte. 1925-33 war S. Prof. der Philosophie und Apologetik in Tübingen ( 1 9 3 2 / 3 3 Rektor), 1933-46 Dompropst in Paderborn. Er veröffentlichte u . a . Wiedervereinigung im Glauben (1925), Sein und Wirklichkeit. Grundfragen einer Metaphysik (1933), Mythos oder Religion (1934, 4 1935), Weltanschauung (1935), Das Menschliche in der Kirche Christi (1936, 3 1948), Das Priestertum als Stand und der Laie (1938) und Aurelius Augustinus. Sein geistiges Profil (1954). DD D L L S i m o n , Paul Ludwig, auch P. Louis S., Architekt, Naturforscher, * 12. 1.1771 Berlin, t 1 4 . 2 . 1 8 1 5 Berlin. Nach d e m Besuch der Berliner Kunstakademie betrieb S., Sohn eines Kaufmanns, private Studien, war seit 1789 Kondukteur des Oberhofbauamtes und wurde 1799 Bauinspektor und Prof. der architektonischen Klasse an der Akademie der Künste. Seit 1804 Geheimer Oberbaurat, wurde er 1809 Mitglied der Oberbaudeputation, 1811 Oberlandbaudirektor und lehrte seit 1800 als Prof. der Bauphysik und Baukonstruktion an der Bauakademie. Nach seinem Entwurf wurde u. a. das Oberlandesgericht am Königsberger Schloß errichtet. Neben dieser Tätigkeit beschäftigte er sich intensiv mit den neuesten Entwicklungen der C h e m i e in seiner Zeit und veröffentlichte eine Reihe von Aufsätzen zum Galvanismus. 1809 wurde S. zum Ehrenmitglied der Berliner Naturforschenden Gesellschaft gewählt. S i m o n , Simon, schweizer. Topograph, Reliefmodelleur, * 3 1 . 1 . 1 8 5 7 Allschwil (Kt. Baselland), t 2 7 . 4 . 1 9 2 5 Bern. S. studierte seit 1874 Physik, Mathematik und Geologie, dann Topographie am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich, war 1880-83 als Ingenieur im Eidgenössischen Geniebüro für Landesbefestigung und anschließend im Eidgenössischen Topographischen Büro in Bern tätig. Seit 1886 arbeitete er als freischaffender Topograph. Im Auftrag des
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Deutschen und Österreichischen Alpenvereins erarbeitete er 1893-99 in Tirol Musterblätter für Alpenkarten und schuf 1896-1914 gemeinsam mit Joseph Reichlin ein Großrelief des Berner Oberlandes (1 : 1 0 0 0 0 ; 4,8 χ 5,25 m). S i m o n , Sven, eigentl. Axel Springer jr., Journalist, Photograph, * 7 . 2 . 1 9 4 1 Hamburg, t 3 . 1 . 1 9 8 0 Hamburg. Der Sohn von Axel Caesar —> Springer war als Journalist (u. a. Chefredakteur der „Welt am Sonntag") und Photograph tätig und wurde vor allem durch seine Sportaufnahmen bekannt; sein Bild von U w e Seeler beim Verlassen des Wembley Stadions 1966 wurde zum „Sportfoto des Jahrhunderts" gewählt. A m Tag der Beerdigung von Rudolf —»Dutschke beging S. Selbstmord. S i m o n , Walter Veit, in Chile: Simon-Liebermann, Orthopäde, Chirurg, * 2 8 . 1 2 . 1882 Berlin, t 2 1 . 4 . 1958 Santiago de Chile. S., Vetter von Max —> Liebermann, studierte Medizin in Berlin, Würzburg und Freiburg/Breisgau, wo er 1909 promoviert wurde ( Ü b e r Pigmentierung des Darms mit besonderer Berücksichtigung des Wurmfortsatzes). 1914-22 Oberarzt der Universitätsklinik für orthopädische Chirurgie in F r a n k f u r t / Main, habilitierte er sich dort 1916 für Chirurgie und wurde zum Privatdozenten ernannt. 1919-23 war S. Leitender Arzt bei der Krüppelfürsorge in F r a n k f u r t / M a i n , seit 1921 als a. o. Professor; 1923 eröffnete er eine orthopädische Praxis in F r a n k f u r t / M a i n . 1935 beurlaubt, kam er im N o v e m b e r 1938 in Konzentrationslagerhaft und emigrierte im selben Jahr nach Chile. 1946 erhielt er die chilenische Staatsbürgerschaft und legte 1948 das chilenische Arztexamen ab. S. war neben privatärztlicher Tätigkeit auch in der Traumatologischen Abteilung des Hospitals San Borja (Chile) tätig und zählte zu den Gründungsmitgliedern der OrthopädischTraumatologischen Gesellschaft in Chile. Er veröffentlichte u. a. Spätrachitis und Hungerosteopathie (1921) und Aus der Praxis der KrüppelfUrsorge (1922). D3 H e u e r / W o l f S i m o n , Wilhelm, Geologe, * 15.7. 1915 Wuppertal, t 2 4 . 2 . 1993 Heidelberg. Nach dem Studium der Geologie in Köln, Aachen und F r a n k f u r t / M a i n wurde S. 1939 promoviert (Archaeocyathacea) und habilitierte sich 1942. 1949 aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, wurde er 1950 Assistent, 1953 apl. Prof. an der Bergakademie in Clausthal-Zellerfeld und ging 1955 an die T U Berlin. 1959-83 war er Direktor des Geologisch-Paläontologischen Instituts der Univ. Heidelberg. 1962 wurde er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, 1966 der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. S. beschäftigte sich vor allem mit Erdgeschichte, insbesondere der Evolution der Organismen, und veröffentlichte u. a. Zeitmarken der Erde. Grund und Grenze geologischer Forschung (1948), Leitfossilien der Mikropaläontologie (mit Helmut Bartenstein, 2 Tie., 1962) und Versteinerungen - Zeugnisse des Lebens vergangener Zeiten (1970). m Jb HAW 1994 S i m o n s , Anna, Gebrauchsgraphikerin, Buch- und Schriftkünstlerin, * 8 . 6 . 1871 Mönchengladbach, t 2 . 4 . 1951 Prien am Chiemsee. S. ging 1896 nach London, wo sie am Royal College of Art in South Kensington (London) verschiedene kunstgewerbliche Fächer studierte und wurde Meisterschülerin in Kalligraphie bei Edward Johnston. Seit 1905 war sie Leiterin der an der Kunstgewerbeschule in Düsseldorf neu eingerichteten Schriftkurse und seit 1914 Prof. an der A k a d e m i e für Angewandte Kunst in München, wo sie für die seit 1918 dort ansässige „Bremer Presse" arbeitete; S. entwarf für sie u . a . Titelblätter und zeichnete Initialen. Neben Rudolph —» Koch
Simonsfeld und Fritz Helmuth —»Ehmcke zählte S. zu den Buchkünstlern, welche die neue Schriftkultur zu Beginn des 20. Jh. entscheidend geprägt haben. CD Buchkunst
gehörten der D o n Giovanni, der Papageno in der Zauberflöte und der Zar in Zar und Zimmermann. S. war der Vater von Rainer - > S . Ed Kutsch
S i m o n s , Hans, Staatsbeamter, Politikwissenschaftler, * 1.7. 1893 Velbert (Kr. Mettmann), t 2 8 . 3 . 1972 Yonkers (New York, USA). Der Sohn von Walter —»S. studierte seit 1912 Jura in Berlin, Tübingen und Bonn, nahm am Ersten Weltkrieg teil und wurde 1921 in Königsberg zum Dr. jur. promoviert. In Ostpreußen gründete er 1919 die Deutsche Liga für den Völkerbund mit und hatte bis 1925 deren Vorsitz inne. Seit 1922 Regierungsrat im Reichsinnenministerium, war S. 1925-30 geschäftsführender Direktor der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin, w o er die demokratische Politikwissenschaft als Disziplin zu etablieren suchte. 1931 zum Regierungspräsidenten in Liegnitz ernannt, wurde S. als SPD-Mitglied im Z u g e des „Preußenschlags" Franz von —>Papens 1932 abgesetzt. 1934 übernahm er eine Professur an der N e w School for Social Research in N e w York und war 1950-60 deren Präsident. Als amerikanischer Staatsbürger beriet S. seit 1943 die US-Regierung, war 1 9 4 8 / 4 9 Verbindungsoffizier der amerikanischen Militärregierung ( O M G U S ) zum Parlamentarischen Rat in Deutschland und betätigte sich 1960-69 als Repräsentant der FordFoundation für Indien und Lateinamerika. t u B H d E , Bd 1
Simons, Menno
S i m o n s , (Hermann) Heinrich (Joseph), Landrat, * 17.9. 1799 Köln, t 2 6 . 7 . 1867 Haus Vogelsang in Köln. S. durchlief eine Ausbildung zum K a u f m a n n und betrieb Privatstudien zur Vorbereitung eines Universitätsstudiums. Seit 1830 betätigte er sich als Landwirt auf der D o m ä n e Vogelsang. 1836 wurde S. interimistisch und 1837 definitiv als Landrat des Kreises Köln-Land berufen; dieses A m t übte bis zu seinem Tod aus. 1849-52 war S. konservativer Abgeordneter der Zweiten Preußischen Kammer, CD R o m e y k S i m o n s , Hugo, Unternehmer, * 12. 10. 1847 Krefeld, t 8 . 3 . 1909 Rheda (heute Rheda-Wiedenbrück). S., Sohn eines Postmeisters, eröffnete nach Reisen durch Spanien und England zunächst in Langenfeld, dann in Düsseldorf und schließlich 1889 in Rheda eine Werkstatt für Fenster- und Türbeschläge, die hier erstmals maschinell hergestellt wurden. S., der u . a . eine Betriebskrankenkasse einrichtete, war auch Stadtverordneter und Mitglied der Führungsgremien verschiedener Fachverbände. Nach seinem Tod führten seine S ö h n e Paul und Rudolf das Unternehmen weiter, das 1910 unter Beteiligung von August Thyssen in eine G m b H umgewandelt wurde. S i m o n s , Karl, Sänger, Theaterdirektor, * 9. 11. 1829 Köln, t 1 8 . 1 2 . 1 8 8 9 Düsseldorf. Nach seiner Gesangsausbildung wurde S. 1855 Eleve am Opernhaus in Köln, sang 1 8 5 5 / 5 6 am Hoftheater in Ballenstedt, 1 8 5 6 / 5 7 am Stadttheater in Basel und war 1 8 5 8 / 5 9 am Stadttheater in Bremen, 1 8 5 9 / 6 0 am Stadttheater in Magdeburg engagiert. 1860-62 trat er am Stadttheater in Rostock, 1 8 6 3 / 6 4 am Theater in Königsberg auf und war 1864-67 Ensemblemitglied der Hofoper in München, an der er 1865 in der Uraufführung von Tristan und Isolde mitwirkte. Seit 1867 folgten Engagements am Opernhaus in Köln, am Opernhaus in Breslau, am Stadttheater in Hamburg und am Stadttheater in Lübeck. 1877-80 leitete er das Kölner Floratheater, war 1880/81 Mitdirektor des Deutschen Theaters in Gent und übernahm 1881 die Direktion des Stadttheaters in Düsseldorf sowie des mit diesem zusammengeschlossenen Stadttheaters in Barmen, wo er gelegentlich Partien aus d e m Baß-Buffofach sang und als Oberregisseur für den Bereich Oper tätig war. Zu seinen erfolgreichsten Partien
Menno Simons
S i m o n s , (Carl) Rainer, Theaterdirektor, Regisseur, Sänger,, * 1 6 . 9 . ( 8 . ? ) 1869 Köln, t 1 7 . 8 . 1 9 3 4 Rottach/ Tegernsee (Oberbayern). Der Sohn von Karl —>S. studierte Rechtswissenschaften in Lausanne und übernahm nach dem Tod seines Vaters 1889 gemeinsam mit seiner Mutter, der Schauspielerin Marie Meltzow, die Leitung der Stadttheater in Düsseldorf und Barmen, die er bis 1891 innehatte. 1 8 9 1 / 9 2 studierte S. am Hochschen Konservatorium in F r a n k f u r t / M a i n Gesang bei Julius —> Stockhausen und Dirigieren bei Engelbert —> Humperdinck. Seit 1893 war er Oberregisseur, 1894-99 Direktor des Stadltheaters in Mainz. 1903-17 leitete er das Kaiser-Jubiläums-Stadttheater (seit 1905 Volksoper) in Wien. 1920-25 lehrte er Theatergeschichte und Regie, bis 1923 auch dramatische Gestaltung an der Wiener Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst. 1926-28 war S. wieder in leitender künstlerischer Funktion an der Volksoper (seit 1925 Neues Wiener Schauspielhaus) tätig; 1933 war er kurzfristig Direktor des Wiener Raimundtheaters. CD Ö B L S i m o n s , Walter, Jurist, Politiker, * 2 4 . 9 . 1861 Elberfeld (heute zu Wuppertal), f 1 4 . 7 . 1 9 3 7 Neubabelsberg (heute zu Potsdam). Der Sohn eines Fabrikanten studierte Rechtswissenschaften, Nationalökonomie, Philosophie und Geschichte in Straßburg, Leipzig und Bonn, legte 1882 in C o l m a r das Referendarexamen ab und wurde 1893 Amtsrichter in Velbert, 1887 Landrichter in Meiningen und 1905 Oberlandesgerichtsrat in Kiel. Seit 1907 Vortragender Rat im Reichsjustizministerium, wurde S. 1911 Geheimer Legationsrat und Justitiar in der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amtes und 1918 Ministerialdirektor in der Reichskanzlei. 1919 war er Generalkommissar der deutschen Friedensdelegation in Versailles, schied im selben Jahr aus dem Reichsdienst aus und wurde Geschäftsführer des Reichsverbandes der deutschen Industrie. 1 9 2 0 / 2 1 war S. Reichsaußenminister, ohne einer Partei anzugehören, und vertrat das Deutsche Reich auf den Reparationskonferenzen in Spa und London, trat jedoch wegen des Londoner Ultimatums 1921 zurück. Nach dem Tod Friedrich —»Eberts führte er die Geschäfte des Reichspräsidenten bis zum Amtsantritt Paul von —> Hindenburgs. 1922-29 war S. Präsident des Reichsgerichts und des Reichsstaatsgerichtshofs; seit 1927 lehrte er als Honorarprofessor in Leipzig. S. leitete 1925-36 den Evangelisch-Sozialen Kongreß und war ein Förderer der ökumenischen Bewegung. Er schrieb u . a . Christentum und Verbrechen (1925), Religion und Recht (1936) und Kirchenvolk und Staatsvolk (postum 1938). S. war der Vater von Hans - > S . CD Wuppertal Bio, Bd 9 S i m o n s f e l d , Henry, Historiker, * 15.10. 1852 M e x i k o Stadt, t 5 . 4 . 1 9 1 3 München. Der Sohn eines K a u f m a n n s studierte nach dem frühen Tod seines Vaters seit 1870 Klassische Philologie und Geschichte in München und Göttingen. Nach d e m Staatsexamen (1873) unterrichtete er als Gymnasiallehrer in Nürnberg und München. Er hielt sich als Stipendiat in Italien auf und wurde 1876 zum Dr. phil. promoviert (Andreas Dandalo und seine Geschichtswerke). S. habilitierte sich 1878 in München (Das Chronicon Altinate in kritischer Beleuchtung), arbeitete bis 1898 als Bibliothekar an der Bayerischen Staatsbibliothek und wurde dann a. o., 1912 o . P r o f . für Historische Hilfswissenschaften. S. beschäftigte sich vor allem
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Simonsohn mit der Geschichte Venedigs und der mittelalterlichen Historiographie. Er veröffentlichte u. a. Der Fondaco dei Tedeschi in Venedig und die deutsch-venetianischen Handelsbeziehungen (2 Bde., 1887), g a b die Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Friedrich /. ( 1 9 0 7 / 0 8 ) heraus und verfaßte Beiträge für die „Münchner Neuesten Nachrichten". S. war Mitglied der Gesellschaft f ü r Rheinische Geschichtskunde, des Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti und seit 1902 der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften.
Simonsohn,
Berthold, Erziehungswissenschaftler, * 2 4 . 4 . 1912 B e r n b u r g / S a a l e , t 8 . 1 . 1978 F r a n k f u r t / M a i n . S., der sich früh in der jüdischen Jugendbewegung und Bildungsarbeit engagierte, studierte Jura und Volkswirtschaft in Halle und Leipzig und wurde 1934 promoviert. 1938 wurde er nach den Novemberpogromen verhaftet und war dann in den Konzentrationslagern Theresienstadt, Dachau und Auschwitz interniert. Nach dem Krieg studierte S. in Zürich Soziologie und Staatsphilosophie, wurde 1951 Geschäftsführer der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland und erhielt 1961 eine Professur für Erziehungswissenschaften an der Univ. Frankfurt. Er war Mitbegründer und Vorsitzender der „Gesellschaft der Freunde der Hebräischen Universität Jerusalem". CP Frankf Biogr
Simonson,
Ernst (Julius), Radiologe, Arbeitsphysiologe, * 2 6 . 6 . 1 8 9 8 Tiegenhof bei Danzig (Westpreußen), t 7. 12. 1974 Minneapolis (Minnesota, USA). S., Sohn eines Arztes, studierte seit 1918 Medizin in Greifswald, wo er 1924 promoviert wurde (Physiologische und pharmakologische Untersuchungen Uber die Beziehungen des Mittelhirns zum Tonus der Skelettmuskeln). 1924-26 war er Volontärassistent am Pharmakologischen Institut der Univ. Greifswald, 1927 Mitarbeiter am Sozialhygienischen Untersuchungsamt in F r a n k f u r t / M a i n , 1928 Vorsteher der dortigen Abteilung für Arbeitsphysiologie und Gewerbehygiene. Im selben Jahr habilitierte er sich in Frankfurt für Arbeitsphysiologie (Rationalisierung industrieller Arbeit nach physiologischen Gesichtspunkten) und blieb dort bis 1934 als Privatdozent. 1934 wurde ihm die Lehrbefugnis entzogen, woraufhin er nach Charkow emigrierte und bis 1937 als Prof. der Physiologie an der Univ. lehrte. 1937-39 leitete er die Abteilung für Physiologie am Psychotechnologischen Institut in Prag und ging dann in die U S A , w o er als Research Assistant am M o u n t Sinai Hospital in M i l w a u k e e (Wisconsin) tätig war. 1944-74 gehörte er dem Lehrkörper der University of Minnesota in Minneapolis an, 1944-58 als Associate Professor der physiologischen Hygiene und 1958-66 als Full Professor. 1945 erhielt S. die amerikanische Staatsbürgerschaft. Er veröffentlichte u. a. Differentiation between normal and abnormal in electrocardiography (1961) und Physiology of work capacity and fatigue (Hrsg., 1971, Fortsetzung unter d e m Titel Psychological aspects and physiological correlates of work and fatigue, mit Philip C. Weiser, 1976). CD Altpreuß Biogr, Bd 5
Simonson-Castelli,
Ernst (Oskar), eigentl. Simonson, Maler, * 20. 11. 1864 Dresden, t Juli 1929 Dresden. S.-C., Sohn eine Malers, besuchte die Kgl. A k a d e m i e in Dresden, studierte seit 1890 in München und setzte seine künstlerische Ausbildung seit 1892 an der A c a d e m i e Julian und als Schüler Jules Dupres in Paris fort. Er unternahm Studienreisen in die Normandie, nach Holland, Norddeutschland, England und Italien und ließ sich 1893 als freischaffender Maler in Dresden nieder. 1897 gründete S.-C. dort eine A k a d e m i e für Zeichnen und Malen, erhielt 1899 den Professorentitel und wurde Mitglied der Kgl. A k a d e m i e der Schönen Künste in Urbino. Zu seinen Gemälden zählen Die Prozession, Der heilige Bonfacius und Hero und Leander. CD Th-B
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S i m o n y , Friedrich, auch Szimonj, österr. Geograph, Geologe, Alpinist, * 30. 11. 1813 Hrachowteinitz (Böhmen), t 2 0 . 7 . 1896 St. Gallen (Steiermark). Der aus ärmlichen Verhältnissen stammende S., unehelicher Sohn eines Armeearztes, studierte nach pharmazeutischer Ausbildung seit 1827 Naturwissenschaften an der Univ. Wien; 1851 wurde er zum Dr. phil. promoviert. Seit 1848 war er Kustos am Landesmuseum in Klagenfurt, wurde 1849 C h e f g e o l o g e der Geologischen Reichsanstalt f ü r das Salzkammergut und begründete den Geologischen Lehrstuhl in Wien, dessen Vorstand er 1851-85 war. S. war 1856 Initiator der Geographischen Gesellschaft und 1862 Mitbegründer des Österreichischen Alpenvereins. Seit 1840 betrieb er geomorphologische Studien im Dachsteingebiet; 1847 führte er die erste Winterbesteigung des Dachsteins durch, fertigte bei seinen wissenschaftlichen Bergtouren auch Photographien an und illustrierte mit diesen u. a. sein Hauptwerk Das Dachsteingebiet (3 Bde., 1889-95). S. verfaßte Arbeiten zu meteorologischen, botanischen, geologischen, paläontologischen, glaziologischen und speläologischen Themen, darunter Die Alterthiimer vom Hallstätter Salzberg und dessen Umgebung (1851), Die Eiszeit der Diluvialperiode der Erde und ihr Einfluss auf die organische Welt (1875), Das Pflanzenleben der afrikanischen Wüsten (1881) und Der Kreislauf der oceanischen Gewässer (1882). 1886 wurde er zum Hofrat ernannt. S. war eng mit Adalbert Stifter befreundet und gilt als Vorbild des Naturforschers in dessen Nachsommer (1877). Er war der Vater von Oskar —>S. CD Ö B L S i m o n y , Oskar, österr. Mathematiker, Physiker, * 2 3 . 4 . 1852 Wien, t 6 . 4 . 1915 Wien. Der Sohn Friedrich —>S.s Schloß das Studium der Mathematik und Physik in Wien 1874 mit der Promotion aufgrund einer molekulartheoretischen Arbeit ab, war seit 1873 Supplent für Mathematik an der Mittelschule der Wiener Handelsakademie und wurde 1874 Dozent für höhere Mathematik und theoretische Mechanik an der Forstakademie Mariabrunn. 1875 habilitierte sich S. f ü r Mathematik und Physik in Wien und lehrte seit 1878 als a. o., seit 1889 als o . P r o f . der Mathematik und Physik an der dortigen Hochschule für Bodenkultur. S., seit 1888 Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina, befaßte sich auch mit Zoologie, Botanik, Geologie, Mineralogie und Meteorologie und nahm 1 8 8 8 / 8 9 an einer von der Akademie der Wissenschaften veranstalteten Expedition in den südarabischen R a u m teil. Er veröffentlichte u. a. Über spiritistische Manifestationen vom naturwissenschaftlichen Standpunkte (1884), Über die empirische Natur unserer Raumvorstellungen (1886) und Über Formzahlengleichungen und deren forstmathematische Verwertung (1904). S. beging Selbstmord. CD Ö B L
Simpfendörfer,
Wilhelm, Politiker, * 2 5 . 5 . 1888 N e u s t a d t / H a a r d t , t 4 . 5 . 1973 Heilbronn. S. besuchte seit 1905 das Lehrerseminar in Lichtenstern, unterrichtete seit 1910 an der Höheren Knabenschule in Korntal bei Stuttgart und war 1945-53 deren Leiter. 1924 gründete er den Christlich-Sozialen-Volksdienst, war 1929-33 dessen Reichsvorsitzender und redigierte 1925-30 deren Organ, die „Christlich Sozialen Blätter". 1930-33 war er Mitglied des Reichstags. 1945 Mitbegründer der C D U Württemberg (seit 1948 deren Vorsitzender), wurde er 1946 Präsident der Verfassunggebenden Landesversammlung in WürttembergBaden und und gehörte bis I960 dem Landtag an; 1 9 4 6 / 4 7 und 1953-58 war er Kultusminister von Württemberg-Baden bzw. Baden-Württemberg. 1965 legte S. wegen der Haltung der C D U in der Frage der Oder-Neiße-Linie das A m t des Ehrenvorsitzenden der Partei nieder und trat nach der Wahl Rainer Barzels 1971 aus der C D U aus. CD Munzinger
Simson Simpson,
George (Wilhelm) von, auch G. William v. S., Politiker, * 1 4 . 6 . 1 8 2 0 Plicken (Kr. Insterburg), t 13.9. 1886 Schloß Georgenburg (Kr. Insterburg). Nach dem Studium in Berlin übernahm S. die Bewirtschaftung des im Familienbesitz befindlichen Rittergut Georgenburg und verwaltete daneben die Rittergüter WensönenSydden. Während des Feldzugs gegen Frankreich 1870/71 war er Delegierter des Zentralkomitees für die Evakuierung der Verwundeten durch Belgien, Generalbevollmächtigter des Zentralkomitees der deutschen Vereine für Pflege im Feld verwundeter und erkrankter Krieger in Frankreich und zugleich Delegierter des kgl. Kommissars und Militärinspekteurs der freiwilligen Krankenpflege. S. war Vorsitzender des Verwaltungsrats der Tilsit-Insterburger Eisenbahngesellschaft und Vorsitzender des Vereins für Pferdezucht in der Provinz Preußen. Er gehörte in der konservativen Fraktion dem Reichstag des Norddeutschen Bundes an; 1871-74 bzw. 1878-84 war er Mitglied des Deutschen Reichstags und 1877-86 des preuß. Herrenhauses. DP Altpreuß Biogr, Bd 3
Simpson,
William von, Schriftsteller, * 19.4. 1881 Nettienen (Kr. Insterburg), t 11.5. 1945 Scharbeutz bei Timmendorf. Der auf d e m Rittergut Georgenburg geborene S. durchlief eine landwirtschaftliche, dann eine militärische Ausbildung, war zeitweise Offizier in Deutsch-Südwestafrika und verließ 1913 Ostpreußen, u m die Stelle des Landstallmeisters des Sennergestüts Lopshorn im Teutoburger Wald anzunehmen. Nach dem Ersten Weltkrieg lebte er fünf Jahre in Brasilien, später in Berlin und ließ sich 1935 in Scharbeutz nieder. Von einer Reise auf den Balkan und in den Orient berichtete er in dem Buch Im Sattel vom Ostseestrand zum Bosporus (1915). Bekannt wurde S. durch seine beiden auch verfilmten Familienromane Die Barrings (1937) und Der Enkel (1939), die das Leben und die Kultur der ostpreußischen Großgrundbesitzer zwischen 1875 und 1914 darstellen. S. schrieb auch Tagesfragen zur deutschen Landespferdezucht (1917). m Westf Autoren, Bd 3
Simrock,
Karl (Joseph), Germanist, Volkskundler, Schriftsteller, * 28. 8. 1802 Bonn, t 18.7. 1876 Bonn. S„ Sohn von Nikolaus - > S . , studierte 1818-22 Rechtswissenschaft in Bonn, trat 1823 in Berlin in den preuß. Staatsdienst ein, wurde jedoch als Referendar am Kammergericht in Berlin 1830 wegen eines Gedichts auf die französische Julirevolution entlassen und kehrte 1832 nach Bonn zurück, wo er als Privatgelehrter lebte. 1827 veröffentlichte er eine metrische Übertragung des Nibelungenlieds, die im 19. Jh. mehr als 50 Auflagen erreichte und noch heute nachgedruckt wird. Neben eigenen, vorwiegend lyrischen Dichtungen widmete sich S. vor allem der Übersetzung und Bearbeitung altdeutscher Literatur (Gudrun, 1843, f '1883). Er sammelte ferner Sagen und Märchen, die er in zahlreichen Anthologien (Deutsche Volksbücher, 58 Bde., 1839-51; Die geschichtlichen deutschen Sagen, 1850) teilweise erstmals herausgab, und edierte mittelhochdeutsche Literatur (Der Wartburgkrieg, 1858; Walther von der Vogelweide, 1870). 1834 in Tübingen zum Dr. phil. promoviert, lehrte er seit 1850 als a. o. Prof. der Geschichte der deutschen Literatur in Bonn, wo er 1852 o.Prof. der Deutschen Sprache und Literatur wurde. 1853-55 erschien sein dreibändiges Handbuch der deutschen Mythologie mit Einschluß der nordischen ( f , 1887, Nachdr. der 4. Aufl. [1874] 1979). 1842-46 gehörte er d e m Bonner Stadtrat an. DP I G L
Simrock,
Nikolaus, Musiker, Musikverleger, * 2 3 . 8 . 1 7 5 1 Mainz, f 12.6. 1832 Bonn. S. diente bereits als Sechzehnjähriger als Waldhornist in einer französischen Militärkapelle. 1774 wurde er zweiter, 1789 erster Waldhornist der kurfürstlichen Hofkapelle
in Bonn und war Verwalter ihrer Musikalien. U m 1785 gründete er eine eigene Musikalienhandlung, aus der 1793 einer der bedeutendsten deutschen Musikverlage hervorging. Die Firma wurde von seinen Erben weitergeführt, die sie 1902 in eine G m b H umwandelten und Agenturen in London und Paris errichteten. S. war der Vater von Karl —»S. CD M G G S i m s o n , (Martin) Eduard (Sigismund) von, Jurist, Politiker, * 10. 11.1810 Königsberg (Preußen), t 2 . 5 . 1899 Berlin. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften seit 1824 in Königsberg (Promotion 1829, De J. Paulli Manualium libris III) wurde S., Sohn eines K a u f m a n n s und Wechselmaklers, 1831 Privatdozent in Königsberg, w o er seit 1833 als a . o . , seit 1836 als o . P r o f . des Römischen Rechts lehrte. Daneben war er als Richter tätig. Seit 1846 Stadtverordneter in Königsberg, wurde er 1848 in die Frankfurter Nationalversammlung, im Dezember zu ihrem Präsidenten gewählt. Als führendes Mitglied der Erbkaiserlichen leitete S. im April 1849 die Abordnung, die König —»Friedrich Wilhelm IV. von Preußen die Kaiserkrone anbot. Er war Präsident der Gothaer Versammlung und des Erfurter Parlaments, seit 1859 Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses und 1867-76 als Nationalliberaler Mitglied des Norddeutschen Reichstags und des Deutschen Reichstags (1871-73 Präsident). 1870 überbrachte S. —>Wilhelm I. in Versailles die Bitte des Reichstags des Norddeutschen Bundes um die A n n a h m e der Kaiserwürde. Seit 1860 Vizepräsident, wurde er 1869 Präsident des Appellationsgerichts in F r a n k f u r t / O d e r und hatte 1879-91 das A m t des ersten Präsidenten des neuerrichteten Reichsgerichts in Leipzig inne. Als solcher versuchte er, diesem eine unabhängige Stellung im Staatsaufbau zu verschaffen. DP Heinrichs S i m s o n , Ernst von, Jurist, Industrieller, * 7 . 4 . 1 8 7 6 Berlin, t 7 . 1 2 . 1 9 4 1 Oxford. S., Sohn eines Juristen und Industriellen und Enkel Eduard von —>S.s, studierte Rechtswissenschaften in Lausanne, Leipzig und Berlin und wurde nach der Promotion zum Dr. jur. 1904 als Gerichtsassessor kommissarischer Hilfsarbeiter im Reichsjustizamt und 1908 Landrichter in Düsseldorf. Seit 1910 war S. ständiger Hilfsarbeiter, seit 1911 Vortragender Rat im Reichsjustizamt, seit 1918 Dirigent im Reichswirtschaftsministerium, dann im Auswärtigen A m t und wurde 1919 Ministerialdirektor und 1921 Staatssekretär. 1922 in den einstweiligen Ruhestand versetzt, war er bis 1926 Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglied der A G f ü r Anilinfabrikation A G F A Berlin und 1926-38 Mitglied des Verwaltungsrats der neugegründeten IG Farbenindustrie AG. 1938 emigrierte S. nach Großbritannien. Er war der Vater von Otto von —>S. CP Heine S i m s o n , Gerhard, Jurist, Schriftsteller, * 1 6 . 3 . 1 9 0 2 Berlin, t 7 . 1 . 1991. S., Sohn eines Fabrikanten, studierte 1920-22 Rechtswissenschaften in Freiburg/Breisgau und München, wurde 1923 promoviert, war seit 1927 Arbeitsrichter in Berlin und trat, seit 1920 Mitglied der Deutschen Volkspartei, 1932 als Regierungsrat in das Statistische Reichsamt ein. 1934 entlassen, emigrierte er 1939 nach Schweden und war zunächst als Journalist und Übersetzer sowie als Archivar im schwedischen Justizministerium tätig; 1950 wurde er in den Beamtenstatus übernommen, 1962 zum Ministerialrat ernannt. Neben juristischen Schriften (u. a. Das schwedische Zivilund Strafprozeßgesetz, 1953; Die Suizidtat. Eine rechtsvergleichende Betrachtung, 1976) veröffentlichte S. die biographischen Essays Fünf Kämpfer für Gerechtigkeit (1951, 1960 unter dem Titel Einer gegen alle, 3., stark veränd. und erw. Aufl. 1972) und Schicksal im Schatten. Die drei Söhne Napoleons (1960, 2 1972). DP B H d E , Bd 1
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Simson S i m s o n , Maximilian, Pseud. Max Reichardt, Schauspieler, Schriftsteller, * 1.7.1866 Berlin, t 14.8. 1916 Berlin. Zunächst Schauspieler und Anfang der neunziger Jahre erster Komiker am Stadttheater in Elberfeld, lebte S. später als Schriftsteller in Berlin. Er war Hausautor des WalhallaTheaters, für das er mehrere Revuen verfaßte. Er schrieb vorwiegend Possen, Burlesken und Libretti, u. a. Der Sommerleutnant (1906), Liebesbarometer (1911) und So lang noch das Lämpchen glüht (1916). S i m s o n , Otto (Georg) von, Kunsthistoriker, * 17.7. 1912 Berlin, t 23.5. 1993 Berlin. S., Sohn Ernst —>S.s, wurde 1936 an der Univ. München zum Dr. phil. promoviert (Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock, besonders der Medicigalerie des P. P. Rubens). 1939 emigrierte er in die USA, war bis 1943 am Marymount College in Tarrytown (New York), 1943/44 an St. Mary's College in Notre Dame (Indiana) tätig und gehörte 1945-57 dem Art Department der Univ. Chicago an, seit 1947 als Associate Professor und seit 1951 als Full Professor der Kunstgeschichte. 1957 zurückgekehrt, vertrat er auf Anregung Hans Heinrich —> Herwarth von Bittenfelds 1957-64 als Angehöriger des Auswärtigen Amtes die Bundesrepublik Deutschland bei der UNESCO in Paris, war 1960-64 Mitglied des Exekutivrats, seit 1965 Vizepräsident und seit 1978 Präsident der Deutschen UNESCOKommission. 1964-79 war S. o.Prof. der Kunstgeschichte an der Freien Univ. Berlin. 1988 gründete er die „GuardiniStiftung", der er als Präsident vorstand. 1971-73 lehrte S. als Gastprofessor an der Brown University und an der Harvard University. Er schrieb u. a. Sacred Fortress. Byzantine Art and Statecraft in Ravenna (1948), La vita di Maria Medici nell'opera di Rubens (1965) und Peter Paul Rubens (1577-1640). Der Künstler, der Mensch, der Diplomat (1996). Zum Standardwerk wurde The Gothic Cathedral (1956, 2 1962, dt.: Die gotische Kathedrale, 1968, 2 1972, Nachdr. 1992), auch wenn sich gegen die von S. angenommene „Theologie des Lichts" inzwischen Widerspruch erhoben hat. c d Metzler Kunsthistoriker S i m s o n , Werner von, Jurist, * 21.2.1908 Kiel, t 20.9. 1996 Freiburg/Breisgau. S. studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Freiburg/Breisgau und Berlin und wurde 1930 promoviert (Die materiellen Wirkungen des rechtskräftigen Urteils im internationalen Privatrecht, gedruckt 1935). 1935-39 Richter am Kammergericht Berlin, emigrierte er 1939 nach Großbritannien. 1953-65 war S. Jurist am Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft in Luxemburg. 1965 wurde er Privatdozent, 1967 a.o.Prof. und war 1968-76 o.Prof. des Staats- und Völkerrechts sowie des Rechts der Europäischen Gemeinschaften an der Univ. Freiburg/Breisgau. 1972-83 war S. Justitiar des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland. Er schrieb u.a. Die Souveränität im rechtlichen Verständnis der Gegenwart (1965), Der Staat und die Staatengemeinschaft (1978), Europäische Integration und Grundgesetz [• • •] (1992, mit Jürgen Schwarze) und Der Staat als Teil und als Ganzes (1993). c d DLL S i n a , Georg Simon, seit 1832 Frh. von Hodos und Kizdia, österr. Unternehmer, Bankier, * 20.11. 1782 Niä, t 18.5. 1856 Wien. S., der bereits seit 1803 gemeinsam mit seinem Vater das von diesem aufgebaute Großhandels- und Bankhaus führte, erwarb 1811 die österr. Staatsbürgerschaft und gründete in Wien ein Großhandels- und Bankhaus. Seit 1830 beteiligte er sich neben Salomon Mayer von —> Rothschild an allen Staatsanleihen und ihren Emissionen. S. war Besitzer zahlreicher Herrschaften in Niederösterreich, Böhmen, Mähren und Ungarn, hielt Anteile an einer großen Zahl von
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finanziellen und wirtschaftlichen Unternehmungen und war Direktor (1825-49), Vizegouverneur (1849-56) der Oesterreichischen Nationalbank sowie Präsident der Staatseisenbahngesellschaft. Er war führend am Ausbau des ungarischen Eisenbahnnetzes beteiligt und finanzierte den Bau der Kettenbrücke über die Donau zwischen Buda und Pest, die 1842-49 errichtet wurde. S., der nach Rothschild als zweitreichster Mann Österreichs galt, wurde in den ungarischen Adelsstand (1818) sowie in den österr. Ritter- (1826) und Freiherrenstand (1832) erhoben. Er war der Vater von Simon Georg —>S. CD ÖBL Sina, Simon Georg, seit 1832 Frh. von Hodos und Kiszdia, österr. Bankier, * 15.8. 1810 Wien, t 15.4.1876 Wien. Der Sohn Georg Simon —>S.s studierte 1826-28 Philosophie, Geschichte und Nationalökonomie an der Univ. Wien und übernahm 1835 die Leitung der von seinem Vater gegründeten Firma Simon Georg Sina in Wien. 1856-58 war S. griechischer Generalkonsul in Wien und 1858-64 als griechischer Gesandter in Wien, München und Berlin. 1864 finanzierte er nach dem Deutsch-Dänischen Krieg den Rücktransport der österr. Truppen aus Schleswig-Holstein. S. war Direktionsrat der Allgemeinen ungarischen CreditBank und Verwaltungsrat der Rossitzer Bergbaugesellschaft. Er gehörte dem dirigierenden Senat der Ungarischen Akademie der Wissenschaften und der Akademie der bildenden Künste in Wien an. Seit 1874 war S. Mitglied des österr. Herrenhauses. Cd ÖBL Sinapius, Johann, eigentl. Senf, Mediziner, Humanist, * um 1505 Schweinfurt, t 1561 Würzburg. Der Sohn eines Ratsherrn und Bürgermeisters studierte seit 1520 die Artes in Erfurt und Heidelberg, wurde 1527 Baccalaureus und Magister und lehrte seit 1529 als Prof. des Griechischen in Heidelberg. Um 1532 begann S. ein Medizinstudium in Ferrara und wirkte seit 1548 als Leibarzt des Würzburger Fürstbischofs Melchior —> Zobel. S. veröffentlichte u. a. Adversus ignaviam, et sordes eorum, qui literas humaniores negligunt, aut contemnunt, eo quod non sint de pane lucrando, declamatio (1530). Er trat auch als Übersetzer Lukians hervor. Sinclair, Isaak von, Pseud. Crisalin, Diplomat, Dichter, Philosoph, * 3. 10. 1775 Homburg v.d.H., t 29.4.1815 Wien. Der aus einer aus Schottland eingewanderten Familie stammende S. studierte 1792-95 Rechtswissenschaften in Tübingen und Jena, trat 1796 als Diplomat in die Dienste des Landgrafen von Hessen-Homburg und nahm in dessen Auftrag am Rastatter Kongreß 1798/99 teil. Als Geheimer Rat übernahm er die Führung der Regierungsgeschäfte, wurde 1805 einer Verschwörung gegen den Kurfürsten von Württemberg und dessen ersten Minister angeklagt und für fünf Monate inhaftiert. Nach seinem Freispruch wandte sich S. dem Studium der Philosophie zu. Auf dem Wiener Kongreß vertrat er erneut die Interessen des hessenhomburgischen Hofes. Als Anhänger der Französischen Revolution und der Idee einer Republik wirkte S. auf Friedrich —»Hölderlin, mit dem er seit dem Studium in Jena befreundet war. Seine eigenen Dichtungen, darunter die Trauerspieltrilogie Der Anfang des Cevennenkrieges, Der Gipfel des Cevennenkrieges und Das Ende des Cevennenkrieges (1806/07), Gedichte (2 Bde., 1812-14) und Kriegslieder (1814), waren stark von -»Klopstock, —»Schiller und Hölderlin beeinflußt. In seinen philosophischen Werken (u. a. Wahrheit und Gewißheit, 3 Bde., 1811) bemühte sich S. um eine Synthese von Elementen der Philosophie Fichtes und -> Hegels. CD Killy
Singer S i n d e r m a n n , Horst, Politiker, * 5 . 9 . 1 9 1 5 D r e s d e n , t 2 0 . 4 . 1990 Berlin. D e r S o h n eines B u c h d r u c k e r s w a r seit 1929 M i t g l i e d des K o m m u n i s t i s c h e n J u g e n d v e r b a n d e s , w u r d e 1933 n o c h als A b i t u r i e n t verhaftet und bis 1945 fast u n u n t e r b r o c h e n interniert, z u n ä c h s t im Z u c h t h a u s W a l d h e i m , d a n n in d e n K o n z e n t r a t i o n l a g e r n S a c h s e n h a u s e n und M a u t h a u s e n . N a c h K r i e g s e n d e trat S. der K P D bei, w u r d e C h e f r e d a k t e u r der „ S ä c h s i s c h e n V o l k s z e i t u n g " in D r e s d e n , d a n n der C h e m nitzer „ V o l k s s t i m m e " und w e c h s e l t e 1947 in d i e h a u p t b e rufliche Parteiarbeit. B i s 1949 w a r er erster Kreissekretär in C h e m n i t z und L e i p z i g u n d M i t g l i e d der L a n d e s l e i t u n g der S E D in S a c h s e n . 1950 w u r d e er C h e f r e d a k t e u r der Parteizeitung „Freiheit" in H a l l e / S a a l e und M i t g l i e d der dortigen S E D - B e z i r k s l e i t u n g . 1954-63 w a r S. A b t e i l u n g s l e i t e r f ü r Agitation im Z e n t r a l k o m i t e e der S E D in Berlin, 1963-71 erster S e k r e t ä r der S E D - B e z i r k s l e i t u n g in Halle, 1971-73 erster stellvertretender Vorsitzender, 1973-76 Vorsitzender des M i n i s t e r r a t s und 1976-89 Präsident d e r V o l k s k a m m e r der D D R . 1989 trat er von seinen Ä m t e r n z u r ü c k und k a m A n f a n g 1990 in U n t e r s u c h u n g s h a f t . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Frieden und Sozialismus, Staatsdoktrin der DDR. Ausgewählte Reden und Aufsätze (1980). m SBZ/DDR Sinelli, Emerich, Taufname: Johann Anton, Kapuziner, B i s c h o f von W i e n , Kardinal, * 2 9 . 6 . 1622 K o m o r n (Ungarn), t 2 7 . 2 . 1 6 8 5 Wien. S., S o h n eines Fleischselchers, b e s u c h t e d i e L a t e i n s c h u l e in L i n z und studierte in Ingolstadt P h i l o s o p h i e , n a c h sein e m Eintritt in d e n K a p u z i n e r o r d e n (1634) auch T h e o l o g i e . A n s c h l i e ß e n d wirkte er als K o n t r o v e r s p r e d i g e r g e g e n den P r o t e s t a n t i s m u s in Prag. Seit 1659 lebte S. als P r e d i g e r der S c h o t t e n k i r c h e in W i e n . Er erlangte d i e b e s o n d e r e G u n s t K a i s e r —»Leopolds I., d a n k derer er bis 1671 z u m M i s s i o n s p r ä f e k t e n der W i e n e r N u n t i a t u r aufstieg. 1681 w u r d e er z u m B i s c h o f von W i e n g e w e i h t , 1685 verlieh i h m der Papst die K a r d i n a l s w ü r d e . Seit 1682 w a r er Erster M i n i s t e r d e s Kaisers und d e s s e n e n g s t e r Berater. Als L e o p o l d I. 1683 vor den T ü r k e n nach L i n z floh, nötigte er S., i h m zu f o l g e n . S e i n e e r h a l t e n e K o r r e s p o n d e n z mit d e m Kaiser bezeugt den E i n f l u ß S.s, in d e s s e n H ä n d e n in den letzten Jahren der ges a m t e Staatsapparat lag. m Gatz 3 S i n g , J o h a n n K a s p a r , M a l e r , * 1651 B r a u n a u / I n n , t 16.2. 1729 M ü n c h e n . D e r S o h n eines G o l d s c h m i e d s ist seit 1698 als M e i s t e r und B ü r g e r in M ü n c h e n n a c h g e w i e s e n , später als kurfürstlicher H o f m a l e r . S. schuf ü b e r w i e g e n d Altarbilder, u . a . in A l t ö t t i n g ( M a g d a l e n e n k i r c h e ) , K e m p t e n (Stiftskirche), M ü n c h e n ( T h e a t i n e r k i r c h e ) und in d e n D o m e n von Eichstätt, Freising u n d P a s s a u . Von i h m w u r d e u . a . F r a n z J o s e p h —»Spiegier a u s g e b i l d e t . S i n g e r , E d m u n d , eigentl. Ö d ö n S., M u s i k e r , K o m p o n i s t , * 1 4 . 1 0 . 1 8 3 0 Totis ( U n g a r n ) , t 23. 1. 1913 Stuttgart. N a c h e r s t e m G e i g e n u n t e r r i c h t in P e s t erhielt S. seine m u sikalische A u s b i l d u n g u . a . bei J o s e p h —»Böhm in W i e n , setzte seine S t u d i e n in Paris fort, w o er mit E r f o l g k o n z e r tierte, und w u r d e 1846 Soloviolinist a m Pester T h e a t e r . N a c h Konzertreisen d u r c h D e u t s c h l a n d u n d a n d e r e L ä n d e r w u r d e S. d u r c h Vermittlung F r a n z —»Liszts 1854 K o n z e r t m e i s t e r in Weimar, wirkte 1 8 6 1 - 1 9 0 3 als H o f k o n z e r t m e i s t e r in Stuttgart und lehrte als Prof. a m dortigen K o n s e r v a t o r i u m , zu dessen B e g r ü n d e r n er gehörte. G e m e i n s a m mit M a x Seifriz v e r f a ß t e S. e i n e Große theoretisch-praktische Violinschule (2 Bde., 1881-84). CD M G G S i n g e r , Felix (Gustav), C h e m i k e r , * 6 . 4 . 1888 Lipnik (Kr. Biala), t 2 7 . 1 0 . 1 9 5 7 S o u t h C r o y d o n (Surrey). D e r S o h n eines Ziegeleidirektors studierte seit 1905 C h e m i e an der T H C h a r l o t t e n b u r g , an der U n i v . Breslau u n d
der K e r a m i s c h e n F a c h s c h u l e in B u n z l a u , w u r d e 1910 an der T H C h a r l o t t e n b u r g z u m Dr.-Ing. p r o m o v i e r t ( Ü b e r künstliche Zeolithe und ihren konstitutionellen Zusammenhang mit anderen Silicaten) und w a r 1909-14 I n h a b e r des Schlesischen L a b o r a t o r i u m s f ü r T o n i n d u s t r i e B u n z l a u . 1914 trat S. als C h e m i k e r und A b t e i l u n g s l e i t e r in die P o r z e l l a n f a b r i k P h . R o s e n t h a l & C o . A G in S e l b ( B a y e r n ) ein, w u r d e 1921 stellvertretender Direktor der D e u t s c h e n T o n - und S t e i n z e u g W e r k e A G in Berlin u n d w a r seit 1922 deren ordentliches Vorstandsmitglied. Er v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Über den Einfluß von Tonerde auf die Schmelzbarkeit von Gläsern (1915), Die Keramik im Dienste von Industrie und Volkswirtschaft (Hrsg., 1923), Geschmolzener Quarz (1930), Der Tunnelofen ( 1 9 3 3 ) und Industrial ceramics (mit S o n j a S. Singer, 1963; dt. Industrielle Keramik, 3 Bde., 1964-69). S i n g e r , Franz, österr. Architekt, K u n s t g e w e r b l e r , * 8 . 2 . 1896 Wien, t 5 . 1 0 . 1954 Berlin. S. erhielt s e i n e künstlerische A u s b i l d u n g bei Felix A l b r e c h t —»Harta, seit 1917 bei J o h a n n e s - » I t t e n , d e m er 1919 a m das B a u h a u s nach W e i m a r folgte, w o er A n s c h l u ß an Walter —»Gropius und die S t i j l - G r u p p e f a n d . 1918-24 arbeitete S. v o r n e h m l i c h f ü r d a s Theater, schuf u. a. E n t w ü r f e f ü r das B ü h n e n h a u s und d e n Z u s c h a u e r r a u m d e s S c h l o ß p a r k t h e a t e r s in Berlin s o w i e B u h n e n e i n r i c h t u n g e n f ü r d a s Staatliche S c h a u s p i e l h a u s in D r e s d e n und das Staatliche S c h a u s p i e l h a u s in Berlin. 1923 g r ü n d e t e er d i e Werkstätten b i l d e n d e r K u n s t in Berlin, d i e 1926 a u f g e l ö s t w u r d e n . 1925 k e h r t e S. nach Wien zurück und w a r hier v o r w i e g e n d als I n n e n architekt tätig. S i n g e r , G u s t a v , österr. Internist, * 2 8 . 2 . 1 8 6 7 B r ü n n , t 3 . 1 2 . 1944 L o n d o n . N a c h d e m 1890 mit der P r o m o t i o n a b g e s c h l o s s e n e n Stud i u m der M e d i z i n in W i e n und einer Tätigkeit als A s sistent a m dortigen A l l g e m e i n e n K r a n k e n h a u s habilitierte sich S. 1897 f ü r I n n e r e M e d i z i n ( Ä t i o l o g i e und Klinik des akuten Gelenkrheumatismus). 1903 w u r d e er P r i m a rius a m Kaiserin E l i s a b e t h - S p i t a l , 1905 an der I. M e d i z i n i s c h e n A b t e i l u n g d e r K r a n k e n a n s t a l t R u d o l f s t i f t u n g und 1911 a. o., 1912 o . P r o f e s s o r . 1924 e r f o l g t e s e i n e E r n e n n u n g z u m H o f r a t . 1938 e m i g r i e r t e er nach L o n d o n . S., der a u c h G u s t a v —»Mahler b e h a n d e l t e , v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Aetiologie und Klinik des acuten Gelenkrheumatismus (1898), Die atonische und die spastische Obstipation. Ihre Differentialdiagnose und Behandlung (1909), Die Gallensteinkrankheit (1923), Die Reizkörperbehandlung des Diabetes (1929) und Praxis der unspezifischen Diabetesbehandlung (1933). m
ÖBL
S i n g e r , H a n s , C h e m i k e r , * 17. 12. 1921 Berlin, t 6 . 7 . 1 9 7 9 Berlin. D e r S o h n d e s I n t e n d a n t e n d e r S t ä d t i s c h e n O p e r Berlin, Kurt —»S., e m i g r i e r t e 1933 in d i e S c h w e i z , Schloß das S t u d i u m d e r C h e m i e an der Ε Τ Η Z ü r i c h als D i p l o m c h e m i k e r a b und k e h r t e n a c h K r i e g s e n d e nach D e u t s c h l a n d z u r ü c k . S. Schloß sich der K P D an, w a r Mitarbeiter der M ü n c h n e r Parteiorganisation und übersiedelte 1948 in die S o w j e t i s c h e Besatz u n g s z o n e , w o er S E D - M i t g l i e d w u r d e . Z u n ä c h s t M i t a r b e i ter des „ N e u e n D e u t s c h l a n d " , w a r er seit 1952 als C h e m i ker tätig u n d w u r d e an der H u m b o l d t - U n i v e r s i t ä t in Berlin z u m Dr. rer. oec. p r o m o v i e r t . Seit 1961 Direktor f ü r Arbeit im V E B B u n a - W e r k e S c h k o p a u , w u r d e er dort W e r k d i r e k t o r u n d 1969 G e n e r a l d i r e k t o r . S. w a r O r d i n a r i u s f ü r T e c h n o l o g i e der Elaste der S e k t i o n C h e m i e an der T H L e u n a - M e r s e b u r g u n d 1967-69 Vorsitzender der C h e m i s c h e n G e s e l l s c h a f t der DDR.
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Singer S i n g e r , H a n s W o l f g a n g , P s e u d . L. T y s o n , Kunsthistoriker, * 1 6 . 9 . 1867 N e w York, f 3 0 . 5 . 1 9 5 7 D r e s d e n . D e r S o h n d e s M u s i k p ä d a g o g e n O t t o —»S. und B r u d e r d e s K o m p o n i s t e n O t t o —>S. studierte G e r m a n i s t i k und K u n s t g e schichte in C i n c i n n a t i , M ü n c h e n , Berlin und L e i p z i g , w o er 1891 z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t w u r d e . Seit 1891 a m D r e s d ner K u p f e r s t i c h k a b i n e t t tätig, w u r d e er K u s t o s und erhielt 1903 den Professorentitel. S. u n t e r n a h m zahlreiche Studienreisen d u r c h E u r o p a und v e r ö f f e n t l i c h t e k u n s t g e s c h i c h t l i c h e B e i t r ä g e in d e u t s c h e n und e n g l i s c h e n F a c h z e i t s c h r i f t e n . m
Metzler Kunsthistoriker
S i n g e r , Sir H a n s W o l f g a n g , W i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t l e r , E n t w i c k l u n g s ö k o n o m , * 29. 1 1 . 1 9 1 0 E l b e r f e l d (heute zu W u p p e r t a l ) , t 2 6 . 2 . 2 0 0 6 B r i g h t o n ( S u s s e x , Großbritannien). Bereits mit 21 J a h r e n e r w a r b der aus liberaler j ü d i s c h e r F a m i l i e s t a m m e n d e S., S o h n eines Arztes, d a s w i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t l i c h e D i p l o m bei J o s e p h A l o i s —»Schumpeter an der U n i v . B o n n . D i e f o l g e n d e A s s i s t e n t u r bei A r t h u r —»Spiethoff w a r n u r von kurzer D a u e r , d e n n n a c h d e m d i e an die M a c h t g e k o m m e n e n Nationalsozialisten seinen Vater verhaftet hatten - er starb w e n i g später i m G e f ä n g n i s - , floh S. im S o m m e r 1933 in die T ü r k e i , w o er die M o d e r n i s i e r u n g des L a n d e s unter K e m a l A t a t ü r k als C h a n c e f ü r d e n A u f b a u einer a k a d e m i s c h e n B u c h h a n d l u n g sah. A u f E m p f e h l u n g S c h u m p e t e r s erhielt er im F r ü h j a h r 1934 ein Stip e n d i u m f ü r d i e U n i v . C a m b r i d g e , w o er s e i n e in D e u t s c h land b e g o n n e n e Dissertation ü b e r städtischen W o h n u n g s b a u und d i e G r u n d s t ü c k s p r e i s e a b s c h l o ß . M i t der 1936 vorgelegten Arbeit Materials for the Study of Urban Ground Rent, die von d e n A n a l y s e n zur m a k r o ö k o n o m i s c h e n D y n a m i k S c h u m p e t e r s und vor a l l e m von J o h n M a y n a r d K e y n e s , sein e m D o k t o r v a t e r in C a m b r i d g e , b e e i n f l u ß t ist, g e h ö r t e S. zu den ersten drei P r o m o v e n d e n des dortigen F a c h s Ö k o n o m i e . M i t weiteren U n t e r s u c h u n g e n ü b e r P r o b l e m e der Arbeitslosigkeit f ü r den P i l g r i m Trust g e w a n n S. in G r o ß b r i t a n n i e n bald d e n R u f als „ o u t s t a n d i n g " . A n der U n i v . M a n c h e s t e r seit 1938 als L e c t u r e r tätig, g i n g er 1945 als R e s e a r c h O f f i cer an d a s Ministry f o r T o w n and C o u n t r y P l a n n i n g in L o n d o n ; 1946 w e c h s e l t e er in das E u r o p a - B ü r o der U N R R A und 1947 in d i e U N - Z e n t r a l e nach N e w York, w o er in d e n f o l g e n d e n z w a n z i g J a h r e n v e r s c h i e d e n e K o m m i s s i o n e n zu w i r t s c h a f t l i c h e n und sozialen F r a g e n a u f b a u t e , leitete o d e r vertrat. Seit d e n f r ü h e n f ü n f z i g e r Jahren profilierte er sich als P i o n i e r der E n t w i c k l u n g s ö k o n o m i e mit verschiedenen e m pirischen U n t e r s u c h u n g e n , die zeigten, w i e sich die A u s t a u s c h v e r h ä l t n i s s e ( T e r m s of T r a d e ) z w i s c h e n den Agrarb z w . R o h s t o f f e x p o r t e n der E n t w i c k l u n g s l ä n d e r und d e n Industrieexporten der e n t w i c k e l t e n L ä n d e r i m m e r nachteiliger f ü r d i e ersten entwickelten. D a s d a r a u s f o l g e n d e „ P r e b i s c h S i n g e r - T h e o r e m " - der a r g e n t i n i s c h e Ö k o n o m Raul Prebisch w a r zur g l e i c h e n Zeit u n a b h ä n g i g von S. zu g l e i c h e n B e f u n den g e k o m m e n - f o r d e r t e d a h e r anstelle der traditionellen agrarischen M o n o p r o d u k t i o n d i e I m p o r t e s u b s t i t u i e r e n d e Industrialisierung der E n t w i c k l u n g s l ä n d e r . In d e n f o l g e n d e n drei J a h r z e h n t e n bildete es d i e G r u n d l a g e der E n t w i c k l u n g s politik der Vereinten N a t i o n e n und der W e l t b a n k . D a n e b e n lehrte S. viele J a h r e an der N e w S c h o o l f o r Social R e s e a r c h . 1969 kehrte er mit der A n n a h m e einer P r o f e s sur a m n e u g e g r ü n d e t e n Institute of D e v e l o p m e n t E c o n o m i c s der U n i v . S u s s e x in die W i s s e n s c h a f t z u r ü c k . D i e u n g l e i c h e E n t w i c k l u n g von P e r i p h e r i e und M e t r o p o l e n in der g l o b a l e n Welt s o w i e P l a n u n g s f r a g e n f ü r g e r e c h t e Verteilung, Wachst u m und V o l l b e s c h ä f t i g u n g blieben weiterhin seine T h e m e n , auch ü b e r die E m e r i t i e r u n g 1985 hinaus. Z a h l r e i c h e E h r e n d o k t o r a t e und die E r h e b u n g in den britischen A d e l s s t a n d 1994 deuten auf S.s internationale R e p u t a t i o n .
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WEITERE WERKE: U n e m p l o y m e n t a n d the U n e m p l o y e d . L o n d o n 1940. - T h e Distribution b e t w e e n I n v e s t i n g a n d B o r r o w i n g C o u n t r i e s . In: A m e r i c a n E c o n o m i c R e v i e w 4 0 (1950) S. 4 7 3 - 4 8 5 . - T h e M e c h a n i c s of E c o n o m i c D e v e l o p m e n t . A Q u a n t i t a t i v e M o d e l A p p r o a c h . In: Indian E c o n o m i c R e v i e w 1 ( 1 9 5 2 / 5 3 ) S. 1-18. - International D e v e l o p m e n t . G r o w t h and C h a n g e . N e w York u . a . 1964. - G r o w t h , D e v e l o p m e n t a n d Trade. Selected E s s a y s . C h e l t e n h a m u. a. 1998. - T h e Inf l u e n c e of S c h u m p e t e r and K e y n e s on the D e v e l o p m e n t of a D e v e l o p m e n t E c o n o m i s t . In: Harald H a g e m a n n (Hrsg.): Z u r deutschsprachigen wirtschaftswissenschaftlichen Emigration n a c h 1933. M a r b u r g 1997, S. 127-150. LITERATUR: Raul Prebisch: T h e E c o n o m i c D e v e l o p m e n t of Latin A m e r i c a and its Principal P r o b l e m s . N e w York 1950. - Alec C a i r n c r o s s / M o h i n d e r Puri (Hrsg.): E m p l o y ment, I n c o m e Distribution and D e v e l o p m e n t Strategy. Prob l e m s of the D e v e l o p i n g C o u n t r i e s . E s s a y s in H o n o r of H. W . S. L o n d o n / B a s i n g s t o k e 1976. - H a g e m a n n , Bd. 2, 1999, S. 6 5 0 - 6 5 6 . - J o h n S h a w : Sir H . S. T h e L i f e a n d Work of a D e v e l o p m e n t E c o n o m i s t . L o n d o n 2 0 0 2 . Claus-Dieter
Krohn
S i n g e r , Herbert, G e r m a n i s t , * 4. 1 . 1 9 2 3 K ö l n , t 1 7 . 6 . 1970 Köln. D e r S o h n eines G r o ß k a u f m a n n s n a h m a m Z w e i t e n Weltkrieg teil und trat 1942 in d i e N S D A P ein. N a c h E n t l a s s u n g aus der G e f a n g e n s c h a f t studierte er seit 1946 G e r m a n i s t i k , A n g l i s t i k u n d P h i l o s o p h i e in K ö l n , w u r d e 1950 p r o m o v i e r t (Rilke und Hölderlin, g e d r u c k t 1957) u n d w a r d a n n als A s s i stent von R i c h a r d —»Alewyn und 1957-59 als L e k t o r an der U n i v . M a i l a n d tätig. 1959 habilitierte er sich mit Studien zum deutschen Roman in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts (Teildruck 1963 unter d e m Titel Der deutsche Roman zwischen Barock und Rokoko), lehrte 1960-62 als P r i v a t d o z e n t in B o n n u n d seit 1963 als o . P r o f . f ü r D e u t s c h e Literaturg e s c h i c h t e an der Univ. H a m b u r g und w a r 1968-70 O r d i n a rius f ü r D e u t s c h e S p r a c h e und Literatur an der U n i v . K ö l n . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a Der galante Roman ( 1 9 6 1 , 2 1 9 6 6 ) . CD I G L S i n g e r , I r m a , eigentl. I. M i r j a m B e r k o w i t s c h , S c h r i f t stellerin, * 1 . 3 . 1 8 9 8 Prag, t 1989. S., d i e in ihrer J u g e n d F r a n z - > K a f k a und M a x —>Brod k e n n e n g e l e r n t hatte, arbeitete 1 9 1 5 / 1 6 in e i n e m H e i m f ü r o s t j ü d i s c h e F l ü c h t l i n g s k i n d e r und v e r ö f f e n t l i c h t e 1918 ihre f ü r d i e K i n d e r e r f u n d e n e n M ä r c h e n unter d e m Titel Das verschlossene Buch ( 3 1 9 2 5 ) . 1920 ging sie nach Palästina und lebte mit ihrer F a m i l i e i m K i b b u z , w o sie als Kindergärtnerin tätig war. S. v e r ö f f e n t l i c h t e weitere K i n d e r b ü c h e r , u . a . Die Sage von Dilb (1935), Benni fliegt ins Gelobte Land (1936) und Lyrik (Licht im Lager, 1930). m Killy S i n g e r , J a k o b , Internist, * 2 4 . 1 2 . 1853 Wolin ( B ö h m e n ) , t 2 4 . 1 2 . 1926 P r a g . N a c h d e m 1877 an der U n i v . P r a g mit der P r o m o t i o n a b g e s c h l o s s e n e n S t u d i u m der M e d i z i n w a r S. A s s i s t e n t a m dortigen P h y s i o l o g i s c h e n Institut, arbeitete d a n e b e n a m Institut f ü r E x p e r i m e n t e l l e P a t h o l o g i e u n d w u r d e 1883 A s s i s t e n t an der M e d i z i n i s c h e n Klinik unter A l f r e d —> P r i b r a m . 1885 habilitierte er sich f ü r S p e z i e l l e P a t h o l o g i e und T h e r a p i e der inneren K r a n k h e i t e n , w u r d e 1887 Vorstand der D e u t s c h e n Poliklinik in P r a g , 1889 a . o . P r o f . f ü r P a t h o l o g i e und T h e rapie der inneren K r a n k h e i t e n u n d w a r 1921-24 O r d i n a r i u s und Leiter des Poliklinischen Instituts der D e u t s c h e n U n i v e r sität. Seit 1886 war er a u c h als Privatarzt tätig. M i t E g m o n t —»Münzer e n t d e c k t e S. den A u f b a u d e r H i n t e r s t r ä n g e des R ü c k e n m a r k s aus den hinteren W u r z e l n ; f e r n e r b e s c h ä f t i g t e er sich in v e r g l e i c h e n d e n U n t e r s u c h u n g e n mit der S e h n e r venkreuzung. t u ÖBL
Singer S i n g e r , Josef, Genossenschaftler, Bankier, * 1 0 . 1 0 . 1 8 8 8 Türkheim (Bayern), t 2 6 . 1 . 1 9 8 0 München. Der Sohn eines Kleinbauern Schloß das Studium der Rechtsund Staatswissenschaften in M ü n c h e n mit der Promotion zum Dr. jur. und zum Dr. rer. pol. ab und erfuhr anschließend eine kaufmännische Ausbildung in Hamburg. Seit 1922 war er im bayerischen landwirtschaftlichen Genossenschaftswesen tätig, 1926-34 als geschäftsführendes Vorstandsmitglied der dortigen Genossenschaftlichen Warenzentrale. Seit 1934 Prokurist bei der Bayerischen Warenvermittlung landwirtschaftlicher Genossenschaften A G (Baywa) in München, wurde er 1945 kommissarischer Geschäftsführer der Bayerischen Zentral-Darlehenskasse und der B a y w a in München und war 1946-62 Vorstandsvorsitzender der Bayerischen Raiffeisenzentralkasse und der B a y w a München. Er gehörte verschiedenen Verwaltungs- und Aufsichtsräten sowie dem Gesamtausschuß der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft in F r a n k f u r t / M a i n an und war 1947-68 erster Präsident des Bayerischen Senats. CD Munzinger S i n g e r , Kurt, Dirigent, Intendant, Psychiater, * 1 1 . 1 0 . 1 8 8 5 Berent (Westpreußen), t 7 . 2 . 1944 Konzentrationslager Theresienstadt. Der Sohn eines Rabbiners studierte Medizin und Musik in Berlin, wurde 1908 promoviert (Zur Klinik der LungenCarcinome) und praktizierte als Nervenarzt. 1910-19 war er Musikkritiker verschiedener Zeitungen und seit 1919 erster Musikkritiker des „Vorwärts". 1923 übernahm er einen Lehrauftrag an der Hochschule für Musik in Berlin und war 1927-31 Intendant der Städtischen Oper Berlin. 1935-38 war S. musikalischer Direktor des Reichsverbandes jüdischer Kulturbünde. 1939 emigrierte er in die Niederlande, wurde nach dem deutschen Einmarsch 1940 verhaftet und im Konzentrationslager Theresienstadt interniert. S. veröffentlichte u . a . Leitfaden der neurologischen Diagnostik (1921, 2 1926), Bruckners Chormusik (1924), Die Berufskrankheiten der Musiker (1926) und Heilwirkung der Musik (1927). Er war der Vater von Hans - » S . CD M G G S i n g e r , Kurt, Wirtschaftswissenschaftler, * 1 8 . 5 . 1 8 8 6 Magdeburg, t 10.2. 1962 Athen. S. studierte seit 1904 Philosophie, Staats- und Sozialwissenschaften an der T H Charlottenburg und den Universitäten Berlin, Genf, Freiburg/Breisgau und Straßburg, w o er 1910 bei Georg Friedrich Knapp zum Dr. rer. pol. promoviert wurde (Die Motive der indischen Geldreform). Er war Assistent am Amerikanischen Konsulat in Chemnitz, 1 9 1 2 / 1 3 Assistent des Direktors der Hamburger Hypothekenbank, seit 1913 leitender Handelsredakteur des „Hamburgischen Correspondenten" und 1916-28 Chefredakteur des „Wirtschaftsdienstes" in Hamburg. 1920 habilitierte er sich dort (Das Geld als Zeichen), erhielt 1924 den Professorentitel, wurde 1928 a. o . P r o f . der wirtschaftlichen Staats Wissenschaften und übernahm 1931 eine zweijährige Gastprofessur an der Kaiserlichen Univ. in Tokio. 1939 ging er nach Australien, wurde dort 1940-44 interniert, erhielt nach seiner Freilassung ein Forschungsstipendium in Melbourne und machte nebenher für den australischen R u n d f u n k Sendungen auf japanisch. Danach lehrte er als Dozent für Nationalökonomie an der Univ. Sydney. 1957 ließ er sich in Athen nieder. S. korrespondierte 1926-46 mit John Maynard Keynes, dessen Arbeiten er ins Deutsche übersetzte, und schrieb u . a . The Idea of Conflict (1949) und Antithule: Deutsche Geschichte aus Australien (1959, mit Hans Brasch). CD Hagemann S i n g e r , Kurt, eigentl. K. Deutsch, Pseud. P. Carbone, Don Modesto, Schriftsteller, * 10.8. 1911 Wien, f 9. 12.2005 Santa Barbara (Kalifornien, USA). Der Sohn eines Eisenhändlers wuchs seit 1919 in Berlin auf und wurde seit 1927 kaufmännisch ausgebildet. Dane-
ben schriftstellerisch tätig, betrieben S. und seine Frau seit 1932 eine Buchhandlung und gaben nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten die illegale Wochenschrift „Mitteilungsblätter" heraus. Nach Bekanntwerden der Herausgeber floh S. zunächst allein über die Tschechoslowakei nach Schweden, wohin ihm seine Frau 1934 folgte. Dort erschien 1936 von S. eine Biographie über Carl von —> Ossietzky sowie erste Bücher auf Schwedisch. 1940 ging er mit seiner Familie in die USA, wo er für norwegischamerikanische Zeitungen schrieb, wie in Schweden für den Geheimdienst arbeitete und die Nachrichtenagentur News Background gründete; zeitweise stand er mit Otto —> Strasser in Verbindung. S. veröffentlichte auch journalistische Bücher über Spionage und Kriminalfälle (u. a. Spies and Traitors of World War II, 1945) sowie Biographien und Abenteuer-, Geister- und Schauergeschichten. 1980 erschien seine Autobiographie I spied and survived. CD Spalek 3,2 S i n g e r , Otto, Musikpädagoge, * 2 6 . 7 . 1 8 3 3 Sora bei Meißen, t 3. 1.1894 N e w York. S. erhielt seine musikalische Ausbildung am Konservatorium in Leipzig, war 1851 -55 Schüler Franz —» Liszts und ließ sich 1860 als Musiklehrer in Dresden nieder. 1867 ging er in die U S A und unterrichtete am Konservatorium in Cincinnati. S. komponierte u . a . eine Violinsonate, eine Klaviersonate und ein Klavierkonzert. Er war der Vater von Hans Wolfgang und Otto —>S. S i n g e r , Otto, Komponist, * 14.9. 1863 Dresden, t 8 . 1 . 1 9 3 1 Leipzig. Der Bruder Hans Wolfgang —>S.s studierte bei Friedrich —»Kiel in Berlin, bei Hubert Leonard in Paris und bei Josef Gabriel —»Rheinberger in München. 1888 übernahm er die Leitung des Heidelberger Liederkranzes und wurde 1890 Lehrer am Kölner Konservatorium. Seit 1892 lebte S. als Komponist in Leipzig, ging 1900 nach Berlin und kehrte nach einem Aufenthalt in Kufstein 1919-22 nach Leipzig zurück. Er komponierte u. a. Männerchöre, ein Klavierkonzert, ein Konzert f ü r Violine und Orchester sowie Kammermusik. S i n g e r , Paul, K a u f m a n n , Politiker, * 16. 1. 1844 Berlin, t 3 1 . 1 . 1 9 1 1 Berlin. Nach einer kaufmännischen Lehre war S., Sohn eines Kaufmanns, in einer Berliner Konfektionsfirma tätig und gründete 1869 mit seinem Bruder eine Damenmäntelfabik, aus der er 1887 ausschied. Ursprünglich Mitglied der Deutschen Fortschrittspartei, war S. 1868 Mitgründer des Berliner Demokratischen Arbeitervereins und Schloß sich 1869 der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei an. Nach d e m Erlaß des Sozialistengesetzes 1878 half er beim Aufbau illegaler Parteiorganisationen und bei der Gründung der Zeitung „Der Sozialdemokrat" in Zürich. 1884 gründete er das „Berliner Volksblatt", einen Vorläufer des „Vorwärts". Seit 1883 Berliner Stadtverordneter, war S. 1884-1911 Reichstagsabgeordneter, wurde 1885 Mitglied des Parteivorstandes und 1890 neben August - » B e b e l Parteivorsitzender. Seit 1900 war er Mitglied des Internationalen Sozialistischen Büros in Brüssel. S. zählte zu den bedeutendsten Politikern der deutschen Sozialdemokratie im Kaiserreich. CD D e m o k r Wege S i n g e r , Rudolf, Journalist, * 10.7. 1915 Hamburg, t 1 . 1 1 . 1 9 8 0 Berlin. Nach einer Lehre als Exportkaufmann in Hamburg trat S. 1933 in die K P D ein und wurde im selben Jahr verhaftet und im Konzentrationslager Fuhlsbüttel interniert. Nach seiner Freilassung 1934 weiterhin politisch tätig und 1935 erneut verhaftet, emigrierte S. 1938 nach Italien, dann in die Schweiz, wo er bis Kriegsende interniert war, und arbeitete danach als Redakteur bei verschiedenen Zeitungen.
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Singer 1951 ging er in die D D R und arbeitete für die „Freiheit" in Halle. 1963-66 war S. Leiter der Abteilung Agitation des Zentralkomitees und stellvertretender Leiter der Agitationskommission beim Politbüro des Zentralkomitees der S E D in Berlin, 1966-71 Chefredakteur des „Neuen Deutschland" und seit 1971 Mitglied der Volkskammer. Zugleich leitete er das Staatliche R u n d f u n k k o m i t e e und bestimmte die Rundfunkpolitik der D D R maßgeblich mit. CD D D R S i n g e r , Samuel, Germanist, * 1 2 . 7 . 1 8 6 0 Wien, t 4. 12. 1948 Bern. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte Rechtswissenschaften, Philosophie und Germanistik in Wien, Leipzig und Berlin wurde 1884 in Wien zum Dr. jur., 1885 zum Dr. phil. promoviert und habilitierte sich 1891 für Literaturwissenschaft in Bern. Dort lehrte er seit 1896 als a. o . P r o f . der vergleichenden Literaturgeschichte und Sagenkunde, seit 1904 als o . P r o f . und war 1910-39 Ordinarius für Deutsche Philologie und Literatur des Mittelalters. 1921 wurde er schweizer. Staatsbürger. S. machte sich vor allem durch die Erforschung der mittelalterlichen Literatur in der deutschsprachigen Schweiz verdient. Er veröffentlichte u . a . Schweizer Märchen (2 Hefte, 1903-06; Nachdr. 1971), Die mittelalterliche Literatur der deutschen Schweiz (1930), Die religiöse Literatur des Mittelalters (1933), Germanisch-romanisches Mittelalter (1935) und Sprichwörter des Mittelalters (3 Bde., 1944-47). S. gab mittelhochdeutsche Texte heraus und war Begründer des Thesaurus proverbium medii aevi. OD IGL S i n g e r , Simon, Sänger, * 2 4 . 2 . 1870 Beuthen (Oberschlesien), t 8 . 9 . 1931 Nietleben. S. studierte Klavier, Gesang und Komposition am Konservatorium in Wien, begann 1893 seine Bühnenkarriere und war dann als erster Bariton an Theatern in Olmütz, Stettin, Halle/ Saale, Schwerin und Hamburg tätig. 1900 nahm er Abschied von der B ü h n e und wirkte seitdem als Oberkantor an der Synagoge von Kattowitz, wo er auch Musik und Gesang am Konservatorium unterrichtete. S. komponierte Chöre, Lieder und vor allem jüdische religiöse Musik. S i n g e r , Ventur, Sänger, * 2 4 . 7 . 1891 Villingen/Schwarzwald, t n · e. S. war 1 9 2 0 / 2 1 am Stadttheater in Heilbronn und 1 9 2 1 / 2 2 am Landestheater in Altenburg (Thüringen) engagiert. 1922-25 sang er am Stadttheater in Zürich und 1925-30 am Opernhaus in Köln, w o er 1926 in der Uraufführung von Egon —> Wellesz' Oper Die Opferung des Gefangenen mitwirkte. 1930-35 Mitglied des Opernhauses in Breslau, trat er eine Spielzeit lang am Chemnitzer Stadttheater auf und war 1936-39 an der Staatsoper in Stuttgart verpflichtet. Anschließend wirkte er bis zu seinem Abschied von der B ü h n e 1943 am Stadttheater in Stettin. Höhepunkte seines umfangreichen Repertoires waren u . a . der Erik im Fliegenden Holländer, der Tannhäuser und der Radames in Aida. EP Kutsch S i n g e r v o n M o s s a u , Maria Renata, Prämonstratenserin, getauft 27. 12. 1679 Niederviehbach (Niederbayern), t 2 1 . 6 . 1749 Würzburg. S. v. M. trat 1699 in das Prämonstratenserinnenkloster Unterzell bei Würzburg ein, legte 1701 die Profeß ab und wurde 1720 Subpriorin des Klosters. Aufgrund einer im Kloster ausgebrochenen Hysterie wurde sie nach einem zweifelhaften Prozeß als Hexe enthauptet und verbrannt. S. v. M. war ein spätes Opfer der ausklingenden Hexenverfolgungen, an denen Würzburger Jesuiten maßgeblich beteiligt waren. S i n g l e r , Frieda, Sängerin, * 1886, f 8 . 6 . 1931 Hamburg. S. gab 1910 ihr Bühnendebüt am Hoftheater in Hannover, war 1912-14 am Stadttheater in Aachen engagiert und gehörte 1914-30 d e m Stadttheater (Opernhaus) in Hamburg an Zu ihrem Repertoire zählten u. a. die Papagena in der
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Zauberflöte, die Zerline im Don Giovanni und die Marie in Zar und Zimmermann. 1928 sang S. in Hamburg in der Uraufführung der Oper Die versunkene Glocke von Ottorino Respighi. DP Kutsch S i n g r i e n e r , Johann, auch Singrüener, Singrenius, Syngrenius, österr. Drucker, * Otting (Bayern), t 1545 Wien. S. ist seit 1510 als Buchdrucker in Wien nachweisbar. Er arbeitete bis 1514 als Drucker und Verleger gemeinsam mit Hieronymus - » V i e t o r , seit 1514 allein. Seine Offizin war wegen der Vielfalt der verwendeten Typen und der sorgfältigen A u s f ü h r u n g der Erzeugnisse über Wien hinaus bekannt. Seit 1518 druckte er erstmals mit griechischen Buchstaben. 1540 erhielt S. das Privileg zum Druck aller landesfürstlichen M a n d a t e und Verordnungen für Niederösterreich. Sein Programm umfaßte die Bereiche Medizin, Theologie, Rechtswissenschaft, Philologie, Poesie und Rhetorik. S. war auch auf Notendruck spezialisiert. EP L G B S i n j e n , Sabine, Schauspielerin, * 18.8. 1942 Itzehoe (Holstein), t 1 8 . 5 . 1 9 9 5 Berlin. Die Tochter eines Diplomingenieurs und einer Journalistin bekam durch den Beruf der Mutter schon früh Kontakt mit Künstlerkreisen, wurde als Vierzehnjährige von Artur Brauner für den Film Die Frühreifen engagiert und spielte in den folgenden Jahren u. a. in den Filmen Mädchen in Uniform (1958), Ein Glas Wasser ( I 9 6 0 ) und Es (1965). Seit Beginn der sechziger Jahre war S. vorwiegend f ü r das Theater und das Fernsehen tätig, gab 1961 ihr Bühnendebüt als Wendla in Frühlings Erwachen in der Werkstatt des Berliner Schillertheaters, trat seit 1963 in Köln, seit 1967 an den Staatlichen Schauspielbühnen in Berlin und 1967-71 am Theater in der Josefstadt in Wien auf und hatte dann Engagements bei den Salzburger Festspielen (1972-74), am Mannheimer Nationaltheater (1974), am Thalia-Theater in Hamburg (1976-80) und an den Staatlichen Schauspielbühnen in Berlin. Zuletzt wirkte sie am Theater in Aachen. Unter dem Einfluß ihres Mannes Peter —»Beauvais entwickelte sich S. zur Charakterdarstellerin und feierte Erfolge u . a . als Undine, als Olivia in Was ihr wollt und als Fräulein Julie. CP Cinegraph S i n k w i t z , Paul, Maler, Radierer, Holzschneider, Illustrator, * 2 3 . 3 . 1 8 8 9 Ebersbach (Lausitz), t 1 5 . 7 . 1 9 8 1 Bad Tölz. S. studierte an der Leipziger Akademie für Graphische Künste, seit 1924 an der Dresdner Kunstgewerbe-Akademie. 1931-45 nahm er einen Lehrauftrag an der Dresdner Kunstgewerbeschule wahr. S. schuf Figürliches, besonders M o tive aus d e m bäuerlichen Leben, religiöse T h e m e n und Landschaften. Er führte Holzschnitte, Radierungen, Lithographien, Plakate und Buchillustrationen sowie Glas- und Wandmalereien für sächsische Kirchen aus. 1955 übersiedelte S. nach Stuttgart, wo er an der Meisterschule f ü r Malerei lehrte. DP Vollmer S i n n e r , Carl Ahasver von, schweizer. Architekt, * 10.2. 1754 Sumiswald (Kt. Bern), | 2 5 . 4 . 1 8 2 1 Bern. Seine Ausbildung zum Steinhauer Schloß S. 1776 mit der Meisterprüfung ab, nahm an verschiedenen Wettbewerben teil und erbaute u . a . den Landsitz Lohn in Kehrsatz ( 1 7 8 2 / 8 3 ) , Schloß Hofwil bei Münchenbuchsee (1784) und das Müller-Haus in Lenzburg (1789). S. vollzog eine Verbindung von Louis-seize und Klassizismus. S i n o g o w i t z , Heinrich Sigismund, Psychiater, * 2 . 1 . 1 7 9 6 Drengfurt (Kr. Rastenburg, Ostpreußen), t 28. 12. 1879 Neustadt/Dosse. S. studierte seit 1811 als Eleve am medizinisch-chirurgischen Friedrich-Wilhelm-Institut in Berlin, war 1 8 1 4 / 1 5 Unterarzt an der Charite und seit 1815 Militärarzt. 1822 promo-
Sintzenich viert (De hydrophobia), wurde er 1825 Stabsarzt in Danzig und arbeitete dort zugleich als Arzt des städtischen Lazaretts. 1839 schied S. aus dem Militärdienst aus, praktizierte in Berlin und befaßte sich vorwiegend mit Psychiatrie. 1872 wurde er zum Geheimen Sanitätsrat ernannt. S. veröffentlichte u. a. Die Wirkungen des kalten Wassers auf den menschlichen Körper (1840), Die Geistesstörungen in ihren organischen Beziehungen als Gegenstand der Heilkunde betrachtet (1843) und Das Kindbettfieber physiologisch und therapeutisch erläutert (1845). CD Altpreuß Biogr, Bd 2 S i n o l d , Philipp Balthasar, genannt von Schütz, Pseud. Constantin von Wahrenberg, L u d w i g Ernst von Faramund (Faramond), Irenicus Ehrenkron, A m a d e u s Creutzberg, A m a d e u s a M o n t e Crucis, Schriftsteller, * 5 . 5 . 1657 Schloß Königsberg bei Gießen, t 6 . 3 . 1 7 4 2 Laubach. Der Sohn eines in hessisch-darmstädtischen Diensten stehenden Kanzlers unternahm nach d e m Studium der Rechtswissenschaften in Jena eine Kavalierstour nach Italien und trat in die Gardekavallerie des Herzogs von Toskana ein. Nach zweijährigem Militärdienst ließ sich S. als Privatgelehrter in Leipzig nieder, gab seit 1702 die Zeitschrift „Die Europäische F a m a " heraus, die - nicht immer unter seiner Leitung - bis 1735 bestand. 1704 wurde er Hofmeister beim Grafen Heinrich von Reuß-Köstritz, trat 1705 in den Dienst der Herzogin von Sachsen-Merseburg zu Forst in der Lausitz und war seit 1711 Regierungsrat am Hof des Herzogs Karl von Württemberg-Oels in Bernstadt (Schlesien). 1718 wurde S. Geheimer Rat und Aufseher über die Kollegien beim Grafen von Hohenlohe in Pfedelbach bei Öhringen und stand von 1727 bis zu seinem Tod zu Laubach im Dienst des Grafen von Solms. Beeinflußt vom Halleschen Pietismus, trat er vor allem als Erbauungsschriftsteller und als satirischer und politischer Autor hervor. Er ist vermutlich Verfasser der Dialogschriften Das Courieuse Caffee-Haus zu Venedig. Die erste Wasser-Debauche (1698) und Das Neue und curieuse Caffee-Hauß, nunmehro in Teutschland eröffnet ( 1 7 0 7 / 0 8 ) . S. schrieb ferner Das Unchristliche Christenthum, in einem Send-Schreiben (2 Tie., 1717-23), eine Schlesische Kirchenhistorie. Die heiligen Betrachtungen auf alle Tage des ganzen Jahres (2 Bde., 1728) und den utopischen R o m a n Die glückseeligste Insul auf der gantzen Welt [...] (1723). OD Killy S i n s h e i m e r , Hermann, Theaterkritiker, Schriftsteller, * 6 . 3 . 1883 Freinsheim, t 2 9 . 8 . 1 9 5 0 London. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in München, Würzburg, Berlin und Wien ließ sich S., Sohn eines Kaufmanns, 1910 als Rechtsanwalt in Ludwigshafen nieder und war 1905-13 auch als Theaterkritiker tätig, u.a. für die „ S c h a u b ü h n e " und die „Frankfurter Zeitung". 1 9 1 6 / 1 7 war er künstlerischer Leiter der M ü n c h n e r Kammerspiele, 1919-23 Kritiker bei den „Münchner Neuesten Nachrichten" und 1923-29 Chefredakteur des „Simplicissimus". Seit 1930 Redakteur und Feuilletonchef des „Berliner Tageblatts", wurde er nach der M a c h t ü b e r n a h m e durch die Nationalsozialisten wegen seiner jüdischen Herkunft entlassen und emigrierte 1938 nach London. S. veröffentlichte u. a. die R o m a n e Die drei Kinder (1917) und Peter Wildangers Sohn (1919), den Erzählungsband An den Wassern von Babylon (1920) und eine Shylock-Studie (engl. 1947, dt. erw. 1960). Seine Autobiographie Gelebt im Paradies erschien postum 1953. m DLL S i n s t e d e n , Wilhelm Joseph, Militärarzt, * 6 . 5 . 1 8 0 3 Kleve, f 12. 11. 1891 Xanten. S., Sohn eines Kreisdirektors, studierte seit 1823 als Eleve des medizinisch-chirurgischen Friedrich-Wilhelms-Instituts, war seit 1828 Companiechirurg und wurde im selben Jahr promoviert (Diss, physico-medica sistens rationem gravitatem inter et vim vitalem). Seit 1832 Pensionärarzt, wurde er
1836 Stabsarzt am Friedrich-Wilhelm-Institut und 1839 Regimentsarzt in Pasewalk. 1871 verabschiedet, ging S. 1878 nach Xanten. Er veröffentlichte u . a . Versuch über den Grad der Continuität und die Stärke des Stroms eines größeren magneto-elektrischen Rotations-Apparats (2 Tie., 1854) und Über die magnetisierenden und elektrolytischen Wirkungen eines verbesserten Induktionsapparates (1855). S i n t e n i s , Christian Friedrich, evang. Theologe, Schriftsteller, * 1 2 . 3 . 1 7 5 0 Zerbst, t 31. 1. 1820 Zerbst. Der Sohn eines Konsistorialrats und Superintendenten studierte seit 1767 Theologie und Philosophie in Wittenberg, legte 1770 das Examen ab und kehrte nach Zerbst zurück, w o er im folgenden Jahr ordiniert wurde. Zunächst Hilfsprediger in Niederlepte, wurde er 1773 erster Pfarrer in B o r n u m und dann Diakon an St. Trinitatis in Zerbst. 1776 wurde S. zum Konsistorial- und Kirchenrat ernannt. 1791 übernahm er das Pfarramt an St. Trinitatis und war bis 1797 Prof. der luth. Theologie und Metaphysik am dortigen G y m nasium. S. trat als Erbauungsschriftsteller hervor und veröffentlichte u. a. den Tugendspiegel Vater Roderich unter seinen Kindern (1783, 4 1817), den R o m a n Theodor, oder über die Bildung der Fiirstensöhne zu Fürsten (2 Bde., 1785) und die Utopie Trakimor, oder das goldene Land (2 Bde., 1787/88). CD Killy S i n t e n i s , Renee, Bildhauerin, Graphikerin, * 2 0 . 3 . 1 8 8 8 Glatz (Schlesien), t 2 2 . 4 . 1 9 6 5 Berlin. Die Tochter eines Justizrats besuchte 1908-12 als Schülerin Leo von —> Königs die Kunstgewerbeschule in Berlin, setzte ihre Ausbildung bei Wilhelm Haverkamp fort und ließ sich dann als freischaffende Bildhauerin in Berlin nieder; Studienreisen führten sie nach Frankreich und Italien. S. schuf vorwiegend kleine Tierfiguren in Bronze, Terrakotta und Silberguß sowie Akte und Porträtfiguren. Ihr graphisches Werk umfaßt Zeichnungen, Holzschnitte und -Stiche sowie Radierungen. Sie wurde 1931 Mitglied der Preußischen A k a d e m i e der Künste, aus der sie 1934 ausgeschlossen wurde. Während des „Dritten Reiches" erhielt S. Berufsverbot; viele ihrer Werke wurden beschlagnahmt und zerstört. Seit 1947 lehrte S. an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin, an der sie 1955 zur Prof. ernannt wurde. Seit 1917 war sie mit Emil Rudolf - » W e i ß verheiratet. DP L G B S i n t p e r t , Bischof von Augsburg, auch Simpert, Sintbert, * u m 7 5 0 ( ? ) , f 13. 10.807 (?) Augsburg (?). S. stammte wohl aus alemannisch-bayerischen Adel. Verschiedentlich wurde er als Neffe —> Karls des Großen bezeichnet. S. wurde um 778 Bischof von Augsburg. Während seiner Amtszeit erhielt er umfangreiche Schenkungen von Karl sowie u m 800 das Nachbarbistum Neuburg-Staffelsee, das S. in den folgenden Jahren in das Bistum Augsburg eingliederte. 799 war S. Gesandter Karls bei der Provinzialsynode von Reisbach (Niederbayern). Als Bischof förderte S. u. a. das Kloster St. M a n g (Füssen) und widmete sich dem Wiederaufbau des Bistums, das durch die K ä m p f e der Alemannen und Bayern mit den Franken verwüstet worden war. Unter S. erfolgte die Neuerrichtung der zerstörten St. A f r a Kirche sowie die Vollendung des Doms. S. wurde nach seinem Tod als Nothelfer und Wundertäter verehrt. S i n t z e n i c h , Heinrich, Kupferstecher, * 7 . 1 2 . 1752 Mannheim, t 2 0 . 2 . 1 8 3 0 München. S. war Schüler von Ägid —»Verhelst an der M a n n h e i m e r Zeichenakademie, setzte seine Ausbildung 1775-78 mit einem Stipendium des Kurfürsten —>Karl Theodor bei Francesco Bartolozzi in London fort und wurde 1778 Hofkupferstecher in Mannheim. Zunächst in der Kgl. Preußischen H o f k u p f e r stecherofficin tätig, wurde er 1792 ordentliches Mitglied der Akademie. S. stach u . a . nach Werken von Fra Bartolomeo,
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Sinzendorf R u b e n s und A n g e l i c a —» K a u f f m a n n . E r schuf u. a. B i l d n i s s e von K u r f ü r s t Karl T h e o d o r von der P f a l z , —»Katharina II. von R u ß l a n d u n d —»Friedrich W i l h e l m II. von P r e u ß e n . OP T h - B S i n z e n d o r f , G e o r g L u d w i g Graf von, S t a a t s m a n n , * 1 7 . 6 . 1 6 1 6 Isenburg, t 14. 1 2 . 1 6 8 1 . S. w u r d e 1657 H o f k a m m e r p r ä s i d e n t unter K a i s e r —»Leopold I., soll d i e s e Stellung j a h r e l a n g zur H ä u f u n g e i n e s riesigen V e r m ö g e n s m i ß b r a u c h t haben und w u r d e d e s h a l b 1680 seiner Ä m t e r e n t h o b e n . 1654 e r w a r b er d i e B e s i t z u n g N e u e n b u r g / I n n , ließ nach d e m S t a d t b r a n d von Passau 1662 die K a p u z i n e r k i r c h e in der I n n e n s t a d t wieder a u f b a u e n und g r ü n d e t e 1665 d i e O r t s c h a f t D o m m e l s t a d l bei P a s s a u . S. w a r der Vater von Philipp L u d w i g von —»S. S i n z e n d o r f , P h i l i p p L u d w i g (Wenzel) Graf von, österr. S t a a t s m a n n , * 2 6 . 1 2 . 1671 W i e n , t 8 . 2 . 1 7 4 2 W i e n . D e r S o h n von G e o r g L u d w i g von - » S. war u r s p r ü n g l i c h f ü r d e n geistlichen Stand b e s t i m m t , trat j e d o c h nach d e m Tod seines älteren B r u d e r s in d i e A r m e e ein und w u r d e 1694 als K ä m m e r e r mit d i p l o m a t i s c h e n M i s s i o n e n betraut. Seit 1695 R e i c h s h o f r a t , w u r d e S. 1699 a u ß e r o r d e n t l i c h e r G e s a n d t e r a m f r a n z ö s i s c h e n H o f und 1701 Wirklicher G e h e i m e r Rat. I m S p a n i s c h e n E r b f o l g e k r i e g e r w a r b er sich als Begleiter Kaiser —»Josephs I. bei d e n F e l d z ü g e n g e g e n die F e s t u n g L a n d a u dessen b e s o n d e r e s Vertrauen und w u r d e 1705 H o f k a n z l e r , 1714 G e h e i m e r K o n f e r e n z m i n i s t e r . 1720 ü b e r n a h m S. die R e i c h s v i z e h o f k a n z l e i . Er w a r der Vater von P h i l i p p L u d w i g von —»S. S i n z e n d o r f , P h i l i p p L u d w i g R e i c h s g r a f von, B i s c h o f von R a a b u n d Breslau, Kardinal, * 1 4 . 7 . 1699 Paris, t 2 8 . 9 . 1747 B r e s l a u . D e r S o h n des G r a f e n P h i l i p p L u d w i g von —>S. w u r d e bei den Jesuiten in W i e n u n d seit 1714 a m C o l l e g i o R o m a n o in R o m f ü r d e n geistlichen S t a n d ausgebildet, 1717 z u m Dr. theol. und z u m Dr. j u r . utr. p r o m o v i e r t und erhielt u . a . D o m k a n o n i k a t e in Köln, Salzburg u n d O l m ü t z . 1722 e m p fing S. d i e P r i e s t e r w e i h e , w u r d e 1725 B i s c h o f von R a a b ( U n g a r n ) , 1728 d u r c h kaiserliche P r o m o t i o n Kardinal und 1732 F ü r s t b i s c h o f von B r e s l a u . N a c h der preuß. E r o b e r u n g Schlesiens 1741 w e g e n Konspiration k u r z f r i s t i g verhaftet, h u l d i g t e er freiwillig —> Friedrich II. u n d geriet d e s w e g e n in G e g e n s a t z z u m österr. H o f und d e m D o m k a p i t e l . DO N D B S i n z e n h o f e n , P a n k r a z v o n , B i s c h o f von R e g e n s b u r g , * v o r 1519, t 2 4 . 7 . 1 5 4 8 R e g e n s b u r g (?). S. s t a m m t e a u s b a y e r i s c h e m A d e l . 1519 w u r d e er K a n o n i kus in R e g e n s b u r g , 1527 D o m k a p i t u l a r mit Sitz u n d S t i m m e . 1527-29 w a r er D o m k u s t o s und seit 1532 D e k a n des D o m k a pitels. 1538 w u r d e S. z u m B i s c h o f v o n R e g e n s b u r g g e w ä h l t , o b w o h l er an einer G e i s t e s k r a n k h e i t litt. D i e E i n f ü h r u n g der R e f o r m a t i o n in R e g e n s b u r g 1542 k o n n t e er nicht verhindern. DP G a t z 2 S i n z h e i m , Joseph David, jüdischer Theologe, * 1 6 . 1 1 . 1 7 4 5 Trier, t 10. 1 1 . 1 8 1 2 Paris. Der S o h n eines Trierer R a b b i n e r s erhielt e i n e s o r g f ä l t i g e t h e o l o g i s c h e A u s b i l d u n g und w a r n e b e n s e i n e m in N i e d e r nay w i r k e n d e n Vater als R a b b i n e r tätig. 1773 w u r d e er Leiter d e r neu errichteten R a b b i n e r s c h u l e in B i s c h h e i m (Elsaß). Später w a r S. R a b b i n e r der Israelitischen G e m e i n d e in Straßburg. 1806 M i t g l i e d der in Paris von N a p o l e o n einb e r u f e n e n V e r s a m m l u n g der j ü d i s c h e n N o t a b l e n , setzte er sich m a ß g e b l i c h f ü r die staatsbürgerliche E m a n z i p a t i o n der J u d e n ein, w u r d e 1807 Vorsitzender d e s S y n e d r i u m s und dann Präses d e s neu konstituierten O b e r k o n s i s t o r i u m s f ü r alle Israeliten in F r a n k r e i c h und Italien. ••
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R a b b i n e r , Teil 1
S i n z h e i m e r , H u g o (Daniel), Jurist, R e c h t s p h i l o s o p h , S o z i o l o g e , Politiker, * 1 2 . 4 . 1 8 7 5 W o r m s , t 1 6 . 9 . 1945 Βloemendaal-Overveen (Niederlande). S., S o h n eines T e x t i l f a b r i k a n t e n , studierte n a c h einer B a n k a u s b i l d u n g R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n und N a t i o n a l ö k o n o m i e in M ü n c h e n , Berlin, F r e i b u r g / B r e i s g a u , M a r b u r g und Halle und w u r d e 1901 in H e i d e l b e r g p r o m o v i e r t ( L o h n und Aufrechnung, 1902). 1903 ließ er sich als R e c h t s a n w a l t und N o t a r in F r a n k f u r t / M a i n nieder; S c h w e r p u n k t seiner Tätigkeit waren p o l i t i s c h e S t r a f s a c h e n u n d die Vertretung der Gew e r k s c h a f t e n in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten. Z u n ä c h s t M i t g l i e d der N a t i o n a l s o z i a l e n Partei, der D e m o k r a t i s c h e n Vereinigung u n d der Fortschrittlichen Volkspartei, Schloß er sich 1914 der S P D an. S. war seit d e m s e l b e n J a h r D o z e n t an der A b e n d s c h u l e f ü r Werktätige, 1916-19 S t a d t v e r o r d n e t e r , 1 9 1 8 / 1 9 Polizeipräsident von F r a n k f u r t und M i t b e g r ü n d e r der dort 1921 e r ö f f n e t e n „ A k a d e m i e d e r A r b e i t " , an der er bis 1933 lehrte. 1919 w u r d e er o . H o n o r a r p r o f e s s o r d e s A r beitsrechts u n d der R e c h t s s o z i o l o g i e an der U n i v . F r a n k f u r t . 1 9 1 9 / 2 0 war S. M i t g l i e d der N a t i o n a l v e r s a m m l u n g , g e h ö r t e der K o m m i s s i o n zur A u s a r b e i t u n g eines A r b e i t s g e s e t z b u c h e s im R e i c h s a r b e i t s m i n i s t e r i u m an und w a r Mitinitiator des Betriebsrätegesetzes. I m M ä r z 1933 verhaftet, w u r d e i h m i m S e p t e m b e r 1933 d i e L e h r b e f u g n i s e n t z o g e n . S. emigrierte im selben J a h r in d i e N i e d e r l a n d e , w u r d e a. o. Prof. des A r b e i t s r e c h t s an der U n i v . A m s t e r d a m und 1935 der R e c h t s s o z i o l o g i e an der U n i v . L e i d e n . 1940 von der Gestapo v o r ü b e r g e h e n d verhaftet, überlebte S. den N a t i o n a l s o z i a l i s m u s bei h o l l ä n d i s c h e n F r e u n d e n z u n ä c h s t in A m s t e r d a m , d a n n in H a a r l e m u n d B l o e m e n d a a l . W e g e n der in Der korporative Arbeitsnormenvertrag (2 Tie., 1 9 0 7 / 0 8 , N a c h d r . 1977) e n t w i c k e l t e n K o n s t r u k t i o n des T a r i f v e r t r a g s gilt S. als „Vater d e s A r b e i t s r e c h t s " . Z u seinen S c h r i f ten g e h ö r e n a u ß e r d e m Grundzüge des Arbeitsrechts (1921, 2 1 9 2 7 ) , Jüdische Klassiker der deutschen Rechtswissenschaft (1938, N e u a u s g . 1953) und Theorie der Gesetzgebung. Die Idee der Evolution im Recht ( p o s t u m , 1948). •D
Heinrichs
S i o d m a k , Curt, P s e u d . C u r t B a r o n , D r e h b u c h a u t o r , Schriftsteller, R e g i s s e u r , * 1 0 . 8 . 1 9 0 2 D r e s d e n , t 2 . 9 . 2 0 0 0 Three Rivers (Kalifornien, USA). I m Alter von 18 Jahren ging S., dessen Vater 1880 in d i e U S A a u s g e w a n d e r t und u m die J a h r h u n d e r t w e n d e als amerik a n i s c h e r S t a a t s b ü r g e r nach D e u t s c h l a n d z u r ü c k g e k e h r t war, n a c h Berlin und arbeitete dort als R e p o r t e r f ü r v e r s c h i e d e n e T a g e s z e i t u n g e n . Er studierte M a t h e m a t i k , P h y s i k und Ingen i e u r w e s e n in Berlin, Stuttgart u n d Z ü r i c h , v e r d i e n t e sich einen Teil d e s L e b e n s u n t e r h a l t s als I n g e n i e u r der R e i c h s b a h n , w u r d e 1927 in M a t h e m a t i k an der U n i v . Berlin prom o v i e r t und arbeitete a n s c h l i e ß e n d f ü r d i e A l l g e m e i n e E l e k trizitätsgesellschaft in Berlin. Seit 1929 w a r er M i t v e r f a s s e r von D r e h b ü c h e r n und lieferte d a s K o n z e p t f ü r d e n b e r ü h m ten S e m i d o k u m e n t a r f i l m Menschen am Sonntag seines B r u ders R o b e r t - » S . S. schrieb ü b e r w i e g e n d p h a n t a s t i s c h e und S c i e n c e - F i c t i o n - G e s c h i c h t e n ; sein Z u k u n f t s r o m a n F. P. 1 antwortet nicht w u r d e 1932 von Karl —»Hartl mit E r f o l g verfilmt. I m f o l g e n d e n Jahr g i n g S. ins Exil, zuerst n a c h F r a n k r e i c h , d a n n nach E n g l a n d , 1937 nach H o l l y w o o d , w o er sich auf s c h m a l b u d g e t i e r t e H o r r o r f i l m e spezialisierte. W ä h r e n d d e s K r i e g e s w a r er M i t g l i e d d e r A n t i - N a z i L e a g u e und trat 1943 d e m O f f i c e of Strategie Services bei, f ü r d a s er F l u g b l ä t t e r schrieb, d i e ü b e r D e u t s c h l a n d a b g e w o r f e n w u r d e n . 1951 g a b er m i t der G r u s e l g e s c h i c h t e Die Braut des Gorillas sein R e g i e d e b ü t . Sein R o m a n Donovan's Brain w u r d e 1944 und 1953 verfilmt. 1995-97 legte er d i e z w e i b ä n d i g e A u t o b i o g r a p h i e Unter Wolfsmenschen vor. CD C i n e g r a p h
Sirk S i o d m a k , Robert, Regisseur, * 8 . 8 . 1 9 0 0 Dresden, t 10.3. 1973 Locarno (Kt. Tessin). Der Bruder von Curt —»S. nahm Schauspielunterricht bei Erich - » P o n t o , spielte zunächst kleine Rollen am Staatlichen Schauspielhaus in Dresden und bereiste seit 1918 mit einer Wanderbühne Norddeutschland. Seit 1921 arbeitete S. als Buchhalter in verschiedenen Dresdner Banken, war 1924 Mitgründer der Illustrierten „Das M a g a z i n " in Berlin, die im Verlag Robert Siodmak erschien, und kam 1925 zum Film, wo er zunächst als Übersetzer und Cutter tätig war. Sein vielbeachtetes Regiedebüt gab S. 1929 mit dem selbstproduzierten Stummfilm Menschen am Sonntag, erhielt im selben Jahr einen Regievertrag bei der U f a und drehte 1930 seinen ersten Tonfilm Abschied mit Brigitte - > H o r n e y , dem Filme wie Der Mann, der seinen Mörder sucht (1931) und Quick (1932) folgten. Kurz vor der M a c h t ü b e r n a h m e durch die Nationalsozialisten 1933 übersiedelte er nach Paris, drehte hier u. a. La crise est finie mit Danielle Darrieux und ging nach Kriegsausbruch in die U S A . In Hollywood entstanden etwa dreißig Filme, darunter Der Spieler (1949) und Unter Verdacht (1945). 1951 kehrte S. nach Europa zurück, arbeitete in Frankreich und Großbritannien und drehte seit 1955 auch wieder in Deutschland, zuletzt Kampf um Rom (1969). CD Cinegraph S i o l , Harald, Limnologe, * 25. 8 . 1 9 1 0 Kothen (Anhalt), t 1 4 . 1 0 . 2 0 0 4 Plön (Holstein). S. wurde nach d e m Studium der Naturwissenschaften 1935 in Kiel promoviert (Über den Chemismus der Reparatur von Schalendefekten bei Helix pomatia). Er war 1957-66 Geschäftsführender Direktor der Hydrobiologischen Anstalt Plön, wurde 1958 in Kiel z u m Honorarprofesor ernannt und war seit 1966 Direktor des Max-Planck-Instituts für Limnologie. S., der auch Wissenschaftlicher Berater des Institute Nacional de Pesquisas da Amazonia (Manaus) in Brasilien war, wandte sich in seinen Forschungen besonders geographischen und ökologischen Themen südamerikanischer Länder zu. Er war 1965 Mitbegründer der Zeitschrift „Amazoniana" und veröffentlichte u. a. Ökologie und Lebensschutz in internationaler Sicht (1973), Amazonien Grundlagen der Ökologie des größten tropischen Waldlandes (1983) und The Amazon. Limnology and landscape ecology of a mighty tropical river and its basin (1984). S i o l i , Emil Franz, Psychiater, * 2 9 . 7 . 1 8 5 2 Lieskau bei H a l l e / S a a l e , t 16.6. 1922 Friedrichsdorf/Taunus. Das Medizinstudium in Halle Schloß S., Sohn eines Offiziers und Gutsbesitzers, 1875 mit der Promotion ab (Vergleichende Untersuchungen über die Zwischenrippenund Bauch-Muskulatur der Wirbelthiere), war Assistent am dortigen Mineralogischen Institut, bevor er sich der Psychiatrie zuwandte und seine Fachausbildung in der Anstalt Nietleben bei Halle begann. S. wurde erster Assistent Carl - > Westphals in der Nervenklinik der Berliner Charite, kam 1880 als Oberarzt an die Provinzial-Irrenanstalt Leubus und wurde 1881 Direktor der Provinzial-Irrenanstalt Bunzlau. 1888 ging er als Direktor der Anstalt für Irre und Epileptische nach F r a n k f u r t / M a i n , gründete die Nervenheilstätte Köppern im Taunus und war 1914-19 o . P r o f . der Psychiatrie in F r a n k f u r t / M a i n . 1916 wurde S. zum Geheimen Medizinalrat ernannt. Er veröffentlichte u. a. Ueber Ueberwachungs-Abteilungen (mit Emil —»Kraepelin, 1894) und gab 1889-1910 den „Bericht über die Anstalt für Irre und Epileptische zu F r a n k f u r t / M a i n " heraus. S. war der Vater von Franz —>S. CD Kreuter S i o l i , Francesco, Regisseur, Intendant, * 3 1 . 3 . 1878 Oschersleben, t 1 5 . 6 . 1 9 5 8 Plön (Holstein). Nach d e m Musikstudium in Leipzig erhielt S. 1898 sein erstes Engagement als Schauspieler in Zwickau, war dann an
verschiedenen Theatern verpflichtet und übernahm 1907 die Leitung eines schlesischen Kurtheaters. 1908-13 war er Direktor des Stadttheaters in Tilsit, 1913-21 Intendant in Halberstadt, 1921-24 und 1933-36 in Aachen, 1924-30 am Nationaltheater in M a n n h e i m und 1936-38 Oberspielleiter in Köln. Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkte er als Dozent an der Theaterschule in Halle, später in Leipzig. S i o l i , Franz, Psychiater, * 13.3. 1882 Leubus, t 25. 1. 1949 Düsseldorf. Der Sohn Emil Franz —»S.s studierte Medizin in Halle, München und Berlin, wurde 1906 promoviert ( U e b e r die Spirochaete pallida bei Syphilis) und arbeitete an der Medizinischen Klinik Halle und an der Psychiatrischen Klinik in München. Seit 1908 war S. Assistent an der Heil- und Pflegeanstalt Bonn, an der Anstalt Galkhausen und an der Universitäts-Nervenklinik und Heil- und Pfleganstalt Bonn. 1919 habilitierte er sich für Psychiatrie und Neurologie in Bonn, folgte 1923 einem Ruf als o.Prof. der Psychiatrie an die Medizinische A k a d e m i e in Düsseldorf, wurde zugleich Oberarzt an der Heil- und Pflegeanstalt Grafenberg (Düsseldorf) und war 1930-47 deren Direktor. S. veröffentlichte u. a. Irrenwesen (1922), Über die Wirkung des Atebrin bei der Impfmalaria der Paralytiker (1923), Neue synthetische Arzneistoffe gegen Malaria (mit Heinrich Hörlein und Wilhelm Röhl, 1926) und Die psychiatrische Begutachtung des Düsseldorfer Mörders Peter Kürten (1931). CD Kreuter S i o l y , Johann, österr. Komponist, Musiker, Kapellmeister, * 2 6 . ( 2 5 . 7 ) 3 . 1843 Wien, t 8 . 4 . 1 9 1 1 Wien. Nach dem Studium am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (1853-59) war S., Sohn eines Polizeiagenten, zeitweise als Orchestermusiker tätig und wurde 1861 als Klavierspieler Mitglied der Volkssängergesellschaft Lemminger, für die er zahlreiche Lieder vertonte. Nach weiteren Engagements wurde er 1869 Begleiter Antonie —»Mansfelds und arbeitete später für verschiedene andere Volkssängergesellschaften. Zu den bekanntesten seiner etwa tausend Wienerlieder zählen Weil i α alter Drahrer bin, Die Mondscheinbrüder und Die Deutschmeister sind da! CD Ö B L S i p p l , Alois, Bühnenbildner, * 16.5. 1907 München, t 11.9. 1975 München. S. studierte Kirchenmalerei und 1924-27 Bühnenmalerei und war 1928-36 Bühnenmaler an den Bayerischen Staatstheatern in München. Daneben setzte er sein Studium an der dortigen A k a d e m i e fort und war 1936-41 Atelierleiter an den Städtischen Bühnen Königsberg. 1947 kehrte er als erster Bühnenmaler an den Kammerspielen nach M ü n c h e n zurück und war 1954-72 Leiter der Ausstattungswerkstätten. S i r k , Douglas, eigentl. Hans Detlef Sierck, Regisseur, * 2 6 . 4 . 1897 Hamburg, t 14. 1. 1987 Lugano. Der Sohn eines Lehrers und späteren Rektors studierte seit 1919 Rechtswissenschaften in München, anschließend Philosophie in Jena, war seit 1920 bei der „Neuen Hamburger Zeitung" tätig und setzte gleichzeitig das Studium der Philosophie und Kunstgeschichte fort, das er 1922 abbrach. Seit 1920 war S. Hilfsdramaturg, seit 1921 Dramaturg am Deutschen Schauspielhaus, gab hier 1922 sein Regiedebüt und leitete 1 9 2 2 / 2 3 das Kleine Theater in Chemnitz. 1923-29 war er Oberspielleiter am Schauspielhaus Bremen, übernahm 1929 die Direktion des Alten Theaters in Leipzig und war 1936-38 Spielleiter an der K o m ö d i e sowie an der Volksbühne in Berlin. Seit 1934 inszenierte S. auch im deutschsprachigen Ausland und erhielt im selben Jahr ein Engagement bei der Ufa, wo 1935 sein erster Spielfilm April, April entstand. 1936 hatte er seinen ersten großen Erfolg mit dem Melodram Schlußakkord und erreichte mit den beiden
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Sirk Filmen Zu neuen Ufern (1937) und La Habanera mit Zarah —> Leander den Höhepunkt seiner Karriere in Deutschland. 1937 kehrte S. von einer Auslandsreise nicht nach Deutschland zurück, ging nach R o m und emigrierte 1940 in die U S A . Zunächst als Drehbuchautor tätig, drehte er 1942 seinen ersten Hollywood-Film und war u. a. mit In den Wind geschrieben (1956) und Duell in den Wolken (1957) erfolgreich. Seit 1949 arbeitete S. auch wieder in Deutschland. c a Cinegraph S i r k , Hugo, österr. Physiker, * 1 1 . 3 . 1 8 8 1 Graz, t 1 5 . 1 2 . 1 9 5 9 Wien. Das Physikstudium in Graz, Göttingen und Berlin Schloß S., Sohn eines Ingenieurs, 1904 in Graz mit der Promotion ab (Ueber die Molekulargröße der löslichen Stärke), war Assistent an den Universitäten Göttingen, Berlin und Innsbruck sowie am Radiuminstitut der A k a d e m i e der Wissenschaften in Wien und habilitierte sich 1914 für Physik in Wien. Seit 1920 war er wissenschaftliche Hilfskraft am Elektrotechnischen Institut der dortigen T H , seit 1928 Ordinarius und Vorstand des Physikalischen Instituts an der Univ. Ljubljana und kehrte 1934 nach Wien zurück. Hier wirkte S. seit 1946 als a. o. Professor. Er veröffentlichte u. a. Mathematik für Naturwissenschaftler und Chemiker (1941, l 2 1972, span. 1943) und Einführung in die Vektorrechung für Naturwissenschaftler und Chemiker (1958, Μ 974). S i s t i g , Alfred Erich, Regisseur, Intendant, * 19. 10. 1909 Hagen, t 8 . 9 . 1 9 8 0 Duisburg. Seine Ausbildung erhielt S. an den Preußischen Staatstheatern in Berlin, war bis 1933 Hörspielregisseur am Westdeutschen R u n d f u n k und arbeitete dann am Stadttheater in Hagen sowie als Drehbuchautor in Berlin. 1 9 4 5 / 4 6 war er Regisseur am Bayerischen Staatsschauspiel und an den Kammerspielen in München, 1946-49 und 1955-60 Intendant der Kammerspiele, 1949-55 Regisseur und Dramaturg am Ballhof Theater in Hannover, seit 1960 Generalintendant der Städtischen Bühnen Münster und 1968-75 Generalintendant des Hessischen Staatstheaters in Wiesbaden. S i t t , Hans, auch Harms S., Musiker, Musikpädagoge, Komponist, * 2 1 . 9 . 1 8 5 0 Prag, t 10.3. 1922 Leipzig. Der Sohn eines Geigenbauers studierte 1861-67 Violine am Prager Konservatorium, wurde 1867 Konzertmeister am Stadttheater in Breslau und war 1870-73 Kapellmeister am dortigen Lobetheater und am Deutschen Landestheater in Prag. 1873-80 städtischer Kapellmeister in Chemnitz, wurde er dann Dirigent der Privatkapelle von Baron Paul von Derwies in Nizza und k a m 1882 als Leiter der Kristallpalastkapelle nach Leipzig. Dort gründete er die Populärkonzerte, lehrte 1884-1921 als Prof. für Violie, Orchester- und Partiturspiel am Leipziger Konservatorium und war 1885-1903 Dirigent des Bachvereins. S. komponierte u . a . Violin- und Cellokonzerte, Lieder, Männerchöre und Etüden. DP Ö B L S i t t a r d , Alfred, Musiker, * 4 . 1 1 . 1 8 7 8 Stuttgart, t 3 1 . 3 . 1942 Berlin. Zunächst Schüler seines Vaters Joseph —>S. und Karl - » A r m b r u s t s in Stuttgart, studierte S. 1897-1901 am Kölner Konservatorium und war dann Volontärdirigent am Hamburger Stadttheater. 1902 erhielt er den Mendelssohnpreis für Komposition, war 1903-12 Organist an der Kreuzkirche in Dresden und anschließend an der St. Michaelis-Kirche in Hamburg, w o er 1912 den großen Michaeliskirchenchor gründete. 1925 wurde er Prof. und Leiter einer Orgelklasse an der Akademie für Kirchen- und Schulmusik in Berlin und übernahm 1933 die Leitung des Berliner Domchores. S. komponierte Orgelwerke.
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S i t t a r d , Joseph, Musikwissenschaftler, * 4 . 6 . 1846 Aachen, t 24. 11.1903 Hamburg. S. besuchte 1868-72 das Stuttgarter Konservatorium, unterrichtete dort anschließend Gesang und Klavier und hielt 1 8 8 3 / 8 4 auch Vorlesungen über Musikgeschichte. 1885 wurde er Musikreferent, 1892 auch Feuilletonredakteur des „Hamburger Correspondenten" und erhielt 1891 den Professorentitel. S. schrieb u. a. Zur Einführung in die Ästhetik und Geschichte der Musik (1885), Studien und Charakteristiken (3 Bde., 1889), Geschichte des Musik- und Conzertwesens in Hamburg vom 14. Jahrhundert bis auf die Gegenwart (1890) und Zur Geschichte der Musik und des Theaters am Württembergischen Hofe (2 Bde., 1890/91). Er war der Vater von Alfred - > S . OD M G G S i t t e , Camillo, österr. Architekt, Stadtplaner, * 1 7 . 4 . 1 8 4 3 Wien, f 16. 11.1903 Wien. Der Sohn eines Architekten studierte bis 1869 Architektur in Wien bei Heinrich von —> Ferstel am Polytechnischen Institut sowie bei Rudolf von —»Eitelberger-Edelberg an der A k a d e m i e der bildenden Künste, hörte 1864-69 auch kunstgeschichtliche und archäologische Vorlesungen an der dortigen Univ. und unternahm Studienreisen durch Europa und in den Vorderen Orient. S. war Mitarbeiter seines Vaters beim Ausbau des Ordensgebäudes der Mechitaristen in Wien und errichtete 1871-73 die Mechitaristenkirche. 1875-83 war er Direktor der neugegründeten Staatsgewerbeschule in Salzburg, kehrte 1883 nach Wien zurück und gründete dort die erste Staatsgewerbeschule, deren Direktor er bis zu seinem Tod war. S. befaßte sich besonders mit den theoretischen und praktischen Fragen des Städtebaus (Der Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen, 1889) und gehörte zu den Gründern eines organisch und einheitlich nach historischen Erfahrungen entworfenen Städtebaus. Er entwarf Bebauungspläne f ü r böhmische und mährische Klein- und Mittelstädte ( u . a . f ü r Olmütz, 1894; Reichenberg, 1901) und war Mitgründer der Zeitschrift „Der Städtebau". S. war der Vater von Siegfried —>S. DP Ö B L S i t t e , Siegfried, österr. Architekt, Stadtplaner, * 2 9 . 4 . 1876 Salzburg, t 16.4. 1945 Bad Reichenhall. Der Sohn Camillo - » S . s studierte 1897-1900 Architektur an der Akademie der Bildenden Künste in Wien, arbeitete seit 1895 im Atelier seines Vaters und unterrichtete seit 1899 an der Staatsgewerbeschule, 1915-36 als Professor. Seit 1926 war S. Zivilarchitekt. Er war vorwiegend als Stadtplaner und Bodenreformer tätig. 1908 wurde er in die Zentralstelle für Wohnungsreform berufen; 1923-39 war er O b m a n n des Bundes österreichischer Bodenreformer. In seinen Publikationen propagierte er eine B o d e n r e f o r m und eine Bodenwertsteuer; er war an der Ausarbeitung neuer Bauordnungen und der Verrechtlichung von Baugesetzen beteiligt. S. entwarf zahlreiche Bebauungspläne, darunter den für Zell am See (1925). Er veröffentlichte u. a. Wirtschaftsbild und praktische Bodenreform (1924). DP Ö B L
Sitten, Frank -> Seton, Francis S i t t e n b e r g e r , Hans, österr. Schriftsteller, Literaturwissenschaftler, * 2 0 . 4 . 1 8 6 3 Klagenfurt, t 2 . 1 1 . 1 9 4 3 Eisgrub (Mähren). Der aus einer K a u f m a n n s f a m i l i e stammende S. studierte 1881-84 Germanistik und Klassische Philologie an der Univ. Wien, seit 1886 an der Univ. Graz und wurde 1889 mit einer Arbeit über Christoph Martin —> Wieland zum Dr. phil. promoviert. Nach einer Tätigkeit als Erzieher und Lehrer übernahm er die Leitung des Theaterressorts der „Deutschen Zeitung" in Wien und ging 1901 nach Eisgrub, w o er bis in die dreißiger Jahre an der Höheren Obst- und Gartenbauschule unterrichtete. 1 9 1 7 / 1 8 war er vorübergehend Dramaturg am Burgtheaters in Wien. Er schrieb u. a.
Sivers eine Einführung in die Geschichte der deutschen Literatur (1909), die Erzählung Der Bekenner (1959) über die Protestantenbewegung in Wien 1520 sowie die mehrfach aufgelegte Tagebuchnovelle Scholastica Bergamin (1898). S. erhielt 1940 den Kärntner Literaturpreis, 1943 für sein Lebenswerk den Schrifttumspreis des Gauleiters der N S D A P in Kärnten. cd ÖBL S i t t e r , Karl, österr. Journalist, Schriftsteller, * 29. 1. 1825 Wien, f 2 0 . 5 . 1884 Wien. S., Sohn eines Beamten, studierte seit 1844 an der Univ. Wien Medizin, seit 1847 auch Rechtwissenshaft, brach das Studium jedoch aus finanziellen Gründen ab und trat als Praktikant in Hofkriegsbuchhaltung ein. 1849 gründete er mit Eduard Beierl das Witzblatt „Punch", das 1851 von der Militärbehörde verboten wurde. Zur Strafkompanie nach Olmütz abkommandiert, wurde S. nach einem Jahr freigelassen. 1855 beendete er das 1853 wiederaufgenommene Studium der Medizin, arbeitete an zahlreichen Blättern mit und war seit 1857 Chefredakteur des liberalen humoristischen Wochenblatts „Figaro". S. schrieb u . a . den R o m a n Leben und Lieben in Wien (3 Bde., 1856) und Modernes Wien. Humoristische Federzeichnungen (1860). CD Ö B L S i t t i c u s v o n H o h e n e m s , Marcus, auch Marx Sittich III., Bischof von Konstanz, Kardinal, * 19.8. 1533 Hohenems, t 15.2. 1595 R o m . S. nahm an den K ä m p f e n Kaiser —> Karls V. gegen Frankreich (1552, 1 5 5 4 / 5 5 ) teil, schlug 1559 die geistliche Laufbahn ein und wurde 1560 Komtur des Ritterordens von Santiago und Kammerkleriker. Im folgenden Jahr erhob ihn Papst Pius IV. zum Kardinal; er fand A u f n a h m e im Konstanzer Domkapitel, wurde 1561 zum Bischof gewählt und zum fünften Legaten des Konzils von Trient ernannt. 1565 wirkte er als Stellvertreter seines Vetters, des Kardinalstaatssekretärs Carlo Borromeo, beteiligte sich am Augsburger Reichstag und hielt 1567 die erste Diözesansynode in Konstanz ab. 1589 trat S. von seinem A m t zurück. Er gehörte zu den reichsten M ä n n e r n Roms, erwarb für seine Nachk o m m e n riesigen Grundbesitz innerhalb und außerhalb des Kirchenstaats und ließ die „Villa M o n d r a g o n e " ( 1 5 7 3 / 8 0 ) erbauen. DP Gatz 2 S i t t i c u s v o n H o h e n e m s , Marcus Graf, auch Marx Sittich IV., Erzbischof von Salzburg, * 2 4 . 6 . 1 5 7 4 Hohenems, t 9. 10.1619 Salzburg. Von seinem Oheim, d e m 1610 heiliggesprochenen Erzbischof von Mailand, Carlo BorTomeo, gefördert, studierte S. in Mailand, seit 1585 am G e r m a n i c u m in R o m , dann in Ingolstadt und Bologna. In R o m zum Priester geweiht, erhielt er die Kanonikate seines Vetters Wolf Dietrich von —>Raitenau und wurde 1604 Dompropst von Konstanz. Nach der erzwungenen Resignation seines Vetters übernahm S. 1612 das A m t des Erzbischofs von Salzburg. Wie sein Vorgänger Wolf Dietrich, den er bis zu dessen Tod 1617 in Festungshaft hielt, verweigerte er den Beitritt zur kath. Liga und verhinderte den Zuzug der Jesuiten. Er bemühte sich jedoch u m eine zwangsweise Rekatholisierung seiner protestantischen Untertanen und gründete zur Ausbildung eines qualifizierten Klerus ein G y m n a s i u m (1617), das sein Nachfolger 1622-25 zur Salzburger Benediktineruniversität bei St. Peter ausbaute. S. ließ die Residenz erweitern und die Emsburg sowie das Lustschloß Hellbrunn (1613-19) mit Wasserspielen und dem Steintheater errichten, c d Gatz 2 S i t t i g , Ernst (Carl Wilhelm), Sprachwissenschaftler, * 1.2. 1887 Berlin, t 25. 12.1955 Tübingen. S. studierte Philologie mit d e m Schwerpunkt vergleichende Sprachwissenschaft in Jena, Berlin und Halle, wo er 1911 zum Dr. phil. promoviert wurde, legte gleichzeitig das Dolmetscherexamen für Polnisch, Russisch, Bulgarisch
und Neugriechisch ab und wurde 1914 Studienreferendar. Während des Ersten Weltkriegs arbeitete er in einer Dechiffrierabteilung des Heeres, war 1919-24 Beamter des höheren Chiffrierdienstes im Auswärtigen A m t und habilitierte sich 1923 f ü r Slawistik und vergleichende Sprachwissenschaft in Berlin. 1925 folgte S. einem Ruf als Ordinarius nach Königsberg und übernahm 1929 den Lehrstuhl für Slawistik und vergleichende Sprachwissenschaft in Tübingen, den er bis zu seiner Emeritierung 1952 innehatte. In seinen Forschungen widmete er sich u. a. der Entzifferung des Etruskischen (Corpus Inscriptionum Etruscarum, 1936) und der Erforschung kretischer Schriftzeichen. DD Munzinger S i t t i g , Otto, Neurologe, Psychiater, * 7 . 9 . 1886 Königliche Weinberge (heute zu Prag), t E n d e Oktober 1944 Konzentrationslager Auschwitz (?). S., Sohn eines Bankiers, Schloß das Studium der Medizin an der Deutschen Univ. Prag 1910 mit der Promotion ab und war dann Assistent an der Deutschen Psychiatrischen Klinik Prag unter Arnold —>Pick und Otto —>Pötzl. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg arbeitete er 1 9 1 9 / 2 0 in der Nervenklinik der Charite in Berlin und am Neurologischen Institut der Univ. F r a n k f u r t / M a i n , kehrte 1920 als Assistent an die Deutsche Psychiatrische Klinik in Prag zurück und betrieb dort seit 1922 eine Privatpraxis. 1921 habilitierte er sich für Neurologie und Psychiatrie und wurde 1931 zum a. o . P r o f . ernannt. 1939 entlassen, wurde S. 1943 nach Theresienstadt und im Oktober 1944 Auschwitz verbracht und vermutlich ermordet. Er veröffentlichte u. a. Über Apraxie (1931). cd ÖBL S i t t n e r , Hans, österr. Jurist, Musikwissenschaftler, * 9 . 8 . 1903 Linz, t 9 . 5 . 1 9 9 0 Wien. S. studierte Musik am Bruckner-Konservatorium in Linz, an der Akademie und Hochschule für Musik in Wien, 1921-27 Rechts- und Staatswissenschaften an der dortigen Univ. und wurde 1926 zum Dr. jur. promoviert. 1927-33 in der Linzer Polizeidirektion tätig, war er anschließend Abteilungsleiter im Bundesministerium f ü r Unterricht und Kunst, wurde 1943 zwangspensioniert und kehrte nach Kriegsende in das Ministerium zurück. Seit 1946 war er interimistischer, seit 1949 definitiver Direktor der Hochschule für Musik und darstellende Kunst und 1952-71 Ordinarius. S. trat als Konzertpianist und -begleiter, Kammermusiker, Korrepetitor, Musikkritiker, Komponist und Musikschriftsteller hervor. S i t z l e r , Friedrich (Georg), Jurist, * 10. 12. 1881 Tauberbischofsheim, t 22. 11. 1975 Stuttgart. Nach d e m mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in Straßburg, Berlin, Heidelberg und Freiburg/Breisgau trat S. in den Staatsdienst ein und war seit 1910 Hilfsarbeiter, seit 1915 ständiger Mitarbeiter des Reichsversicherungsamtes. Seit 1917 war er im Reichsamt des Innern, dann im Reichswirtschafts- und Reichsarbeitsministerium tätig, wo er 1921 als Ministerialdirektor die Leitung der Abteilung f ü r Arbeitsrecht, Arbeitsschutz und Lohnpolitik übernahm. 1933 wurde S. Divisionschef im Internationalen Arbeitsamt in Genf. 1947 erhielt er eine Honorarprofessur für Arbeitsrecht in Heidelberg und hielt daneben Vorlesungen an der M a n n h e i m e r Wirtschaftshochschule. S. gab 1921-33 die „Neue Zeitschrift f ü r Arbeitsrecht" und 1937-43 mit Ludwig —> Preller die Zeitschrift „Soziale Praxis" heraus. DP Munzinger S i v e r s , He(i)nrich Jakob, evang. Theologe, Schriftsteller, * 8 . 4 . 1709 Lübeck, t 8. 8. 1758 Tryserum (Schweden). S., Sohn eines Kantors, studierte 1 7 2 6 / 2 7 Rechtswissenschaften, dann Theologie in Kiel und ging 1727 nach Rostock, wo er im folgenden Jahr zum Magister promoviert
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Sivkovich wurde und 1730 die Wochenschrift „Der satyrische Patriot" herausgab. Im selben Jahr kehrte er als poeta laureatus und theologischer Kandidat nach Lübeck zurück, wurde aufgrund seiner Curiosorum Niendorpensium specimina (6 Bde., 1732-34) 1731 Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften und war seit 1735 in verschiedenen schwedischen Orten als Prediger tätig. 1756 wurde er in Greifswald zum Dr. theol. promoviert. S. veröffentlichte Gelegenheitsdichtungen, Predigten und Festreden in deutscher, schwedischer und lateinischer Sprache. CD Killy S i v k o v i c h , Hans L u d w i g Friedrich Christian, Pädagoge, Politiker, * 1 5 . 6 . 1 8 8 1 Wismar, t 9 . 1 2 . 1 9 6 8 Berlin. S. studierte 1899-1902 Theologie, Philosophie, Geschichte und Nationalökonomie in Rostock, Erlangen und Berlin und war 1902-18 in Mecklenburg im Lehramt tätig. 1912-24 gehörte er für die Fortschrittliche Volkspartei, dann für die Deutsche Demokratische Partei d e m Reichstag an, war 1918-20 mecklenburg-schwerinscher Staatsminister und Vorstand des mecklenburg-schwerinschen Ministeriums f ü r Unterricht, Kunst, geistliche und MedizinalAngelegenheiten in Schwerin und 1 9 1 9 / 2 0 Landtagsmitglied. 1921-33 Präsidialdelegierter des Hansa-Bundes, war er anschließend als beratender Volkswirt und 1939-54 im evang. Pfarramt Berlin-Steglitz tätig. S i x , Franz (Alfred), Zeitungswissenschaftler, * 12.8. 1909 Mannheim, t 9 . 7 . 1975 Bozen. S., Sohn eines Polsterers und Möbelhändlers, trat 1930 in die N S D A P ein, studierte Staatswissenschaften, Geschichte und Publizistik in Heidelberg, wurde 1932 Mitglied der S A und war 1933-35 Amtsleiter in der Deutschen Studentenschaft. 1935 wurde er mit der Arbeit Die politische Propaganda der NSDAP im Kampf um die Macht promoviert und nahm einen Lehrauftrag für Publizistik an der Univ. Königsberg wahr. Nach seinem Eintritt in die SS 1935 begann er mit d e m Ausbau des Pressereferats im SD-Hauptamt. S. habilitierte sich 1936 in Heidelberg (Die Presse der nationalen Minderheiten im Deutschen Reich), lehrte 1938 als a. o. Prof. für Zeitungswissenschaft in Königsberg und folgte 1939 einem Ruf an die Univ. Berlin, w o er Direktor des Auslandswissenschaftlichen Instituts wurde. 1941-45 leitete er das A m t VII (Weltanschauliche Forschung und Auswertung) im Reichssicherheitshauptamt der SS und war 1940-42 im Kriegseinsatz, u. a. in der Sowjetunion (Führer des Vork o m m a n d o s Moskau f ü r die sowjetischen Archive). 1943 als Amtsleiter in das Reichssicherheitshauptamt zurückgekehrt, wechselte er kurz darauf als Leiter in die kulturpolitische Abteilung des Auswärtigen Amtes und wurde zum Gesandten I. Klasse ernannt. Im Einsatzgruppenprozeß von Nürnberg wurde S. 1948 wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und SS-Mitgliedschaft zu 20 Jahren Haft verurteilt, jedoch bereits 1952 entlassen. 1953 trat er als persönlich haftender Gesellschafter in den C. W. Leske Verlag in Darmstadt ein und wurde 1957 Werbechef der Porsche Diesel Motorenbau G m b H in Friedrichshafen. DP Hachmeister S i x , Michael, österr. Bildhauer, Medailleur, * 2 3 . 9 . 1 8 7 4 Weng bei B r a u n a u / I n n , t 27. 11.1938. Der aus einer kinderreichen Bauernfamilie stammende S. besuchte 1891-94 die Salzburger Staatsgewerbeschule, arbeitete als Holzschnitzer in Salzburg und als Modelleur an der Ofenfabrik B. Erndt in Pöchlarn und setzte sein Studium 1898-1903 an der Wiener Kunstgewerbeschule fort. Danach als freier Bildhauer und Modelleur tätig, schuf er u. a. den Gemsenbrunnen (1912) aus Bronze für das Jagdhaus des Grafen Ernst Harrach in Schindeltal, das Kruzifix für die Kirche de Pleines bei Chicago (1920) und den Hochaltar für
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die Kapelle des Josefs-Hospitals in Kerkrade (Niederlande, 1926). Seit 1911 war S. Mitglied der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens. CD O B L S i x t , Paul, Dirigent, Komponist, * 2 2 . 2 . 1 9 0 8 Stuttgart, t 8 . 1 . 1964 Detmold. S. studierte an der Hochschule für Musik in Stuttgart, kam 1927 als Solorepetitor nach Weimar und war hier seit 1930 als Dirigent und 1935-45 als Leiter der Oper am Nationaltheater tätig. 1939-45 auch Direktor der Weimarer Musikhochschule, ließ er sich dann als Pianist und Musikschriftsteller in Stuttgart nieder und leitete 1947-51 die Stuttgarter Volksoper. 1951-64 war S. Generalmusikdirektor am Landestheater Detmold. Er komponierte u . a . Klaviermusik und Lieder sowie das 1930 in Altenburg uraufgeführte Märchenspiel Schlumm. S i x t v o n S t a u f e n , Hans, Bildschnitzer, 1. Hälfte 16. Jh. S. v. S. wirkte vermutlich 1515-32 in Freiburg/Breisgau. Er schuf hier für die Lochererkapelle des Münsters den Schnitzaltar mit der Schutzmantelmadonna in der Schreinmitte (1521-24) sowie vier Fürstenstatuen und Wappenreliefs an der Fassade des Kaufhauses (1530). Seine Werke zeigen Stilelemente der spätgotischen, oberrheinischen und der fränkischen Schnitzkunst mit Formen der Renaissance. S i x t u s von Tanberger, auch Tannberg, Bischof von Freising, t 1 4 . 7 . 1 4 9 5 Kloster Frankenthal. Nach d e m mit der Promotion zum Dr. jur. can. abgeschlossenen Studium war S. Propst von Isen und Pfarrer in Laufen, dann Domherr in Freising und Kanzler des Bischofs Johann IV. —»Tulbeck, der ihn zu seinem Nachfolger vorschlug. 1473 übernahm er das A m t des Bischofs von Freising und war 1478 als neuer Erzbischof von Salzburg vorgesehen; seine Erhebung wurde jedoch durch den Kaiser verhindert. 1484 unternahm S. eine Gesandtschaftsreise für das Reich nach Italien und an die Kurie. CD Gatz 2 S i z m a n n , Rudolf, Chemiker, Physiker, * 16.3. 1929 Koog ann d e Zaan (Niederlande), f 2 6 . 8 . 1993 München. S. wurde 1956 in München mit der Dissertation Rektifikation in Füllkörperkolonnen mit Inertgaszumischung promoviert, habilitierte sich 1963 an der dortigen T H (Bestrahlungsstimulierte Diffusion an Metalloberflächen) und war seit 1967 o. Prof. der Experimentalphysik an der Univ. München. Als Pionier der Sonnenenergieforschung gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Bayerischen Zentrums für Angewandte Energieforschung. S. war Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (seit 1986). Er veröffentlichte u. a. Bestrahlungsstimulierte Diffusion an Metalloberflächen (1963), Direktumwandlung von Sonnenenergie in thermische Energie (1986) und Salzrückführung in den Solarteich (mit T h o m a s Baumgartner und Oskar Heschl, 1988). CD Jb B A W 1993 S k a l a , Lilia, Schauspielerin, * 28. 12. 1896 Wien, t 1 8 . 1 2 . 1 9 9 4 Bay Shore bei N e w York. S. studierte in Dresden Architektur, wechselte ins Schauspielfach und spielte u . a . unter Max - > R e i n h a r d t . 1939 emigrierte sie in die U S A und wurde am Broadway und in Hollywood zum Star. Ihr größter Filmerfolg war die Rolle der Mutter Superior in Lilien auf dem Felde (1963). S. wurde mit einem Golden Globe ausgezeichnet. S k a l n i k , Kurt, österr. Journalist, * 2 0 . 2 . 1925 Wien, t 8 . 2 . 1997 Wien. S. beteiligte sich 1945 führend am A u f t a u der Österreichischen Hochschülerschaft und gab später die Monatsschrift junger Akademiker, „Morgen", heraus. 1948 wurde er an der Univ. Wien mit der Arbeit Die Persönlichkeit und die Politik Dr. Karl Luegers in der öffentlichen Meinung seiner
Sklarek Zeit zum Dr. phil. promoviert. 1949-69 gehörte S. der Redaktion der Wochenzeitung „Die Furche" an, deren Chefredakteur er 1954 wurde. 1952 arbeitete er am sog. Mariazeller Manifest mit. 1969-90 war er Leiter des Presse- und Informationsdienstes der Kanzlei des österr. Bundespräsidenten und 1974-94 Präsident des Presseclubs Concordia. S. schrieb u. a. Dr. Karl Lueger. Der Mann zwischen den Zeiten (1954). Mit Erika Weinzierl gab er Österreich. Die Zweite Republik (1972) und Österreich 1918-1938. Geschichte der Ersten Republik (2 Bde., 1983) heraus. S k a l w e i t , August (Karl Friedrich), Nationalökonom, * 2 1 . 8 . 1879 Hannover, t 12.3. 1960 Bad Homburg v.d.H. Der Sohn eines Chemikers studierte seit 1900 Nationalökonomie in Tübingen, M ü n c h e n und Berlin, wo er 1905 zum Dr. phil. promoviert wurde. 1906-13 war er Mitarbeiter an den „Acta Borussica" der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften in Berlin, habilitierte sich 1910, folgte 1913 einem Ruf auf den Lehrstuhl f ü r Staatswissenschaften in Gießen und wurde Direktor des Staatswissenschaftlichstatistischen Seminars. 1916-19 war er Referent im Kriegsernährungsamt und im Reichswirtschaftsministerium, lehrte seit 1921 als Ordinarius an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Bonn-Poppelsdorf und wurde 1923 an die Univ. Kiel berufen. 1933-47 war S. o . P r o f . der wirtschaftlichen Staatswissenschaften in F r a n k f u r t / M a i n . Er veröffentlichte u. a. ein Lehrbuch der Agrarpolitik (1923). S. war der Vater von —> Stephan —>S. OD Gießen S k a l w e i t , Stephan, Historiker, * 5 . 2 . 1 9 1 4 Gießen, t 9 . 9 . 2 0 0 3 Bonn. S., Sohn von August - > S . , studierte seit 1932 in Kiel, Wien, Paris und F r a n k f u r t / M a i n Geschichte, Philosophie, Volkswirtschaftslehre und Romanistik und wurde 1937 mit der Arbeit Die Berliner Wirtschaftskrise von 1763 und ihre Hintergründe promoviert. Seit 1942 im Archivdienst tätig, habilitierte er sich 1951 in Bonn mit der Studie Frankreich und Friedrich der Große. Der Aufstieg Preußens in der öffentlichen Meinung des „ancien regime", wurde Anfang 1957 apl. Prof., folgte im selben Jahr einem Ruf als Prof. für Neuere Geschichte an die Univ. Saarbrücken, wechselte 1963 an die Freie Univ. Berlin und lehrte seit 1964 an der Univ. Bonn. S. veröffentlichte u . a . Reich und Reformation (1967), Der ,moderne Staat'. Ein historischer Begriff und seine Problematik (1975) und Gestalten und Probleme der frühen Zeit (1987). CP Weber S k a r b i n a , Franz, Maler, * 2 4 . 2 . 1 8 4 9 Berlin, t 18.5. 1910 Berlin. Der Sohn eines aus Kroatien stammenden Goldschmieds war 1865-68 Schüler Julius Schräders an der Berliner Kunstakademie, wurde 1878 Hilfslehrer, 1892 Hauptlehrer an der Anatomieklasse der Hochschule für Bildende Künste und erhielt 1888 den Titel Professor. 1893 schied S. aus d e m Lehrkörper aus. 1892 Schloß er sich der Gruppe der XI an und wurde 1899 Mitglied der Berliner Secession. Als Vertreter des deutschen Impressionismus schuf S. zahlreiche Darstellungen des mondänen Lebens in Vergnügungsstätten, Pariser Theatern und belgischen Seebädern sowie große figurenreiche Gruppenbilder, u. a. Szenen aus dem Hamburger Straßenleben, Im Quartier Montmartre und Opernhausball. Er gehörte auch der Preußischen Akademie der Künste an. m
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S k a s a - W e i ß , Eugen, Pseud. O. Skalberg, Schriftsteller, Journalist, * 2 2 . 2 . 1 9 0 5 Nürnberg, t 17. 10. 1977 London. Nach dem Studium der Germanistik und Theaterwissenschaft in Kiel, Königsberg und Köln war S.-W. als Redakteur in Köln tätig und lebte schließlich als freier Schriftsteller und Journalist in Grafing bei München. Er schrieb vorwiegend
heitere Feuilletons (u.a. Die schnarchenden Gazellen, 1959; Bürobrüller, nicht wie du und ich, 1976) sowie Sachbücher. S.-W. wurde u . a . mit dem Theodor-Wolff-Preis (1969) ausgezeichnet. DP D L L S k a u p y , Franz, Physiker, * 2 0 . 6 . 1882 Wien, t 2 4 . 8 . 1969 Berlin. Nach d e m 1906 mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Naturwissenschaften in Wien war S. 1907-28 bei der Osram-Gesellschaft in Berlin tätig, deren Vorstand er seit 1922 angehörte, und leitete daneben 1916-28 die dortige Studiengesellschaft für elektrische Beleuchtung. 1928 habilitierte sich S. für Physik in Berlin und lehrte hier seit 1935 als a. o. Prof. der technischen Physik. Er veröffentlichte u. a. Metallkeramik. Die Herstellung von Metallkörpern aus Metallpulvern ( 1 9 3 0 , 4 1 9 5 0 , engl. 1944, span. 1955) und Die Grundlagen des Tonfilms (mit Max Wolff, 1932). S k i t a , Aladar, Chemiker, * 1 8 . 2 . 1 8 7 6 Wien, t 2 6 . 1 1 . 1953 Baden-Baden. S., Sohn eines Prokuristen, studierte C h e m i e an der T H Wien und der Univ. Heidelberg, wurde 1900 promoviert (Beiträge zur synthetischen Verwendung des Cyanwasserstoffsesquichlorhydrates) und war Assistent an der Univ. Berlin. 1903 trat er als Chemiker in die Farbwerke Hoechst ein, war seit 1905 Assistent am Chemisch-Technischen Institut der T H Karlsruhe und wurde nach der Habilitation 1906 (Synthesen hydroaromatischer Amidocarbonsäureester) Privatdozent für chemische Technologie und Abteilungsvorstand der organischen C h e m i e mit Lehrauftrag für Farbstoffe und Färberei. Seit 1911 a . o . P r o f . , ging S. 1914 nach Freiburg/Breisgau und 1921 nach Kiel, wo er 1923 Leiter der Organischen Abteilung des Chemischen Instituts wurde. 1924-47 war er Ordinarius für organische C h e m i e und Vorstand des Organisch-Chemischen Laboratoriums an der T H Hannover. 1926 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Er veröffentlichte u . a . Über katalytische Reduktionen organischer Verbindungen (1912). S k l a d a n o w s k y , M a x (Richard), Filmtechniker, Filmproduzent, * 3 0 . 4 . 1 8 6 3 Berlin, t 30. 11.1939 Berlin. Der Sohn eines Steinpappwarenfabrikanten unternahm nach einer optisch-mechanischen, einer photographischen und einer Glasmalerlehre in Berlin seit 1879 gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder Emil Tourneen als Schausteller mit farbigen Nebenbildprojektionen. Seit Mitte der achtziger Jahren experimentierte S. mit photographischen Apparaten und entwickelte u. a. eine Filmkamera, einen 50 m m breiten Film sowie einen zwei Filmstreifen alternierend projizierenden Bildwerfer (Bioskop), mit d e m er 1895 im Berliner Wintergarten die erste Filmvorführung in Deutschland veranstaltete. Er produzierte Kurzfilme mit vorwiegend komischen oder aktuellen Szenen, die er auf zahlreichen Tourneen vorführte. • • Cinegraph S k l a r e k , Wilhelm, Mediziner, Naturforscher, * 2 2 . 9 . 1 8 3 6 Raschkow (Posen), t 1 0 . 1 0 . 1 9 1 5 Berlin. S. studierte seit 1854 Medizin in Berlin, wurde 1858 zum Dr. med. promoviert (De respirationis frequenta dissectis nervis laryngeis) und arbeitete im Physiologischen Institut Dumbol Raymonds, bevor er sich 1858 als praktischer Arzt in Crossen, später in Eikenhagen niederließ. S. veröffentlichte eine Reihe populär-naturwissenschaftlicher Abhandlungen, gründete 1868 die Wochenzeitschrift „Der Naturforscher" und redigierte bis 1912 die „Naturwissenschaftliche Rundschau". 1899 erhielt er den Professorentitel. S. veröffentlichte u . a . Die Gesundheitslehre nach dem neuesten Standpunkte der Physiologie populär dargestellt (1868).
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Sklenka S k l e n k a , Johann, österr. Komponist, Kabarettist, Schauspieler, Regisseur, * 5 . 3 . 1 9 1 1 Saalfelden (Salzburg), t 5 . 8 . 1983 Hochegg bei Grimmenstein (Niederösterreich). S. studierte Oboe, Klavier und Violine am Mozarteum in Salzburg, legte an der Wiener Musikakademie die Staatsprüfung für Oboe ab und nahm in den dreißiger Jahren Schauspielunterricht. Er ging mit der „ P f e f f e r m ü h l e " auf Tournee, spielte in Mähren und trat am Theater in der Josefstadt, am Bürgertheater und an den Kammerspielen in Wien auf. In der „Kleinen K o m ö d i e " und nach deren Übersiedlung im Neuen Theater am Kärntnertor war S. neben Helmut —¥ Qualtinger als Kabarettist tätig und spielte mit diesem u. a. den Sketch In Linz miißte man sein. Seit E n d e der f ü n f ziger Jahre arbeitete er auch als Regisseur und Komponist f ü r das Fernsehen. S. schrieb Wienerlieder, Unterhaltungsund Tanzmusik, die K a m m e r o p e r Der schlaue Hans und das Singspiel Wiener Domestiken. CD O M L
S k o d a , Albin (Michael Johann), österr. Schauspieler, * 2 9 . 9 . 1909 Wien, t 2 2 . 9 . 1 9 6 1 Wien. Der Sohn eines Kaffeehausbesitzers trat bereits als Kind am Burgtheater auf, erhielt seine schauspielerische Ausbildung u . a . bei Alexander —»Moissi an der Staatsakademie für darstellende Kunst in Wien und debütierte 1924 als Ferdinand in Kabale und Liebe bei einer A u f f ü h r u n g der Staatsakademie. S. war am Wiener Volkstheater (1924-28), in St. Pölten ( 1 9 2 8 / 2 9 ) , in Aussig (1929-31), 1931-33 am Thalia-Theater und am Kleinen Schauspielhaus in Hamburg engagiert. 1933 trat er am Königsberger Schauspielhaus, 1 9 3 3 / 3 4 am Münchner Staatstheater und 1934-45 am Deutschen Theater in Berlin auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nach Wien zurück und war 1946-61 Mitglied des Burgtheaters. Besonders erfolgreich war er in klassischen Rollen der Weltliteratur, u . a . als Orest, Franz Moor, Richard III. und Mephisto. t u Kosch: Theater
S k o d a , Emil (Jacob Joseph Johann) von, österr. Ingenieur, Industrieller, * 18. 11.1839 Pilsen, t 8 . 8 . 1900 zwischen Selzthal (Steiermark) und Amstetten (Niederösterreich). S., Sohn des Mediziners Franz S., studierte seit 1856 Maschinenbau am Polytechnischen Institut in Prag und 1861 / 6 2 bei Ferdinand -> Redtenbacher an der Polytechnischen Schule in Karlsruhe. Er ging f ü r drei Jahre als Volontär zur Werkzeugmaschinenfabrik Richard Hartmann in Chemnitz, arbeitete dann in den Grusonwerken in Magdeburg und wurde kurz nach seinem Eintritt bei der „Aktiengesellschaft vormals Weser" in Bremen zum Oberingenieur ernannt. 1866 als Österreicher aus Preußen ausgewiesen, übernahm er im selben Jahr als Oberingenieur die Leitung der Werkstätten der Graf Waldstein'schen Maschinenfabrik in Pilsen. 1867 wurde S. in den erblichen österr. Ritterstand erhoben. Großaufträge (u. a. Ausbau der Franz-Josephs-Bahn und der Westbahn) verbesserten insgesamt die Lage des Unternehmens, erforderten jedoch auch große Investitionen. 1869 kaufte S. - finanziell unterstützt von seinem Onkel Josef —>S. - von Ernst Graf von Waldstein die Werkstätte, in der zu diesem Zeitpunkt 120 Arbeiter tätig waren. Er baute sie allmählich zu einer Maschinenfabrik aus, in der u. a. das Patent Weller-Jellinek zum Verdampfen des Zuckersudes entwickelt wurde, errichtete 1884-86 ein Stahlwerk und begann mit der Erzeugung von hochwertigem Gußstahl; später beteiligte er sich auch an Steinkohlebergwerken. Kernstück der 1889 und 1897 erweiterten Anlage, in der auch eine Brückenbauanstalt eingerichtet wurde, bildete eine Waffenfabrik, in der Geschütze leichten und schwersten Kalibers
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produziert wurden. Von den 886 Beschäftigten 1888 arbeiteten knapp mehr als die Hälfte im Hüttenbetrieb, der andere Teil in den mechanischen Werkstätten. 1890 bestanden Niederlassungen der Skodawerke (1250 Arbeiter, 65 technische und administrative Beamte) in Prag, Wien und Kiew. 1899 (mehr als 3000 Beschäftigte) wurde das Unternehmen aufgrund einer schweren Absatzkrise in die Skodawerke Aktiengesellschaft umgewandelt; S. übernahm den Vorsitz im A u f sichtsrat und wurde als Besitzer der Aktienmehrheit Generaldirektor des Unternehmens. 1900 erwarb er mehrere kleine Kohlenzechen. S.s Gußstahlhütte war eine der größten auf dem europäischen Kontinent und exportierte u . a . nach Deutschland, England und Italien. Die in der Abteilung für Kanonenguß- und M u nitionsherstellung produzierten Geschütze wurden an die österr., die spanische und zum Teil an die chinesische Kriegsmarine geliefert. Zu den Spezialitäten der Maschinenfabrikation gehörten Brücken und Kessel sowie die Einrichtung u. a. von Zuckerfabriken und Bierbrauereien. Für die Beamten und Werkmeister seines Unternehmens gründete S. 1893 einen Pensionsverein, für kranke Arbeiter und deren Familien richtete er einen Fonds ein. S. wurde 1898 in das österr. Herrenhaus berufen; er Schloß sich der Verfassungspartei an. Er war Vizepräsident der Prager Eisenindustriegesellschaft, Verwaltungsrat des Österreichischen Lloyd, Zensor der Österreichisch-Ungarischen Bank und Mitglied des Staatseisenbahnrats und Zollrats. S., Vater von Karl von —>S., starb auf der Rückreise von einer Badekur in Gastein zwischen Selzthal und Amstetten. LITERATUR: Skodawerke 1869 - 1919 - 1929. Prag 1930. Hellmut Herda: Geschäfte mit d e m Tod. Hannover 1955. Gustav Otruba: E. Ritter v. S. A n f ä n g e und Aufstieg seiner Werke. In: Lebensbilder zur Geschichte der böhmischen Länder. Bd. 1. Hrsg. v. Karl Bosl. M ü n c h e n / W i e n 1974, S. 197-233. - Martin Gutsjahr: Rüstungsunternehmen Österreich-Ungarns vor und im Ersten Weltkrieg. Die Entwicklung dargestellt an den Firmen Skoda, Steyr, AustroDaimler und Lohner. Diss. Wien 1995. Bruno Jahn
S k o d a , Josef (Tomas), eigentl. Skoda, österr. Internist, * 10.12. 1805 Pilsen, t 1 3 . 6 . 1 8 8 1 Wien. Der Sohn eines Schlossers lebte seit 1825 in Wien, studierte Medizin, wurde 1831 promoviert und war kurze Zeit Choleraarzt in B ö h m e n . Seit 1832 arbeitete S. als Sekundararzt am Allgemeinen Krankenhaus Wien, wurde jedoch wegen unerlaubt durchgeführter Tracheotomie bei einem Erstickenden für ein Jahr strafweise in die Irrenabteilung versetzt und praktizierte anschließend als Armenarzt in einem Wiener Vorstadtviertel. 1840 kehrte er an die für ihn geschaffene Station für Brustkranke am Allgemeinen Krankenhaus zurück, wurde 1841 Primarius und war 1846-71 Prof. der medizinischen Klinik. Seit 1848 war S. Mitglied der Kaiserlichen A k a d e m i e der Wissenschaften in Wien, seit 1856 der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Er wurde bekannt für den Ausbau physikalischer Untersuchungsmethoden (Auskultation, Perkussion), gilt als Neubegründer der physikalischen Diagnostik und führte gemeinsam mit Carl von —»Rokitansky die jüngere Wiener Klinische Schule an. S. trat entschieden für Ignaz Philipp —»Semmelweis' Lehre von der Ursache des Kindbettfiebers ein. Er verwandte für seine Vorlesungen erstmals die deutsche Sprache. Sein Hauptwerk ist Abhandlung Uber Perkussion und Auskultation (1839, 6 1864, frz. 1854), Über die von Semmelweis entdeckte wahre Ursache der [...] Erkrankungen der Wöchnerinnen (1850) und Über die Function der Vorkammern des Herzen (1853). t u ÖBL
Skramlik S k o d a , Karl (Emil) Baron von, österr. Unternehmer, * 2 9 . 6 . 1878 Pilsen, t 10.1. 1929 Gaaden bei Mödling (Niederösterreich). S., Sohn Emil von —>S.s, studierte an der Ε Τ Η Zürich und an der T H Stuttgart. Seit 1909 war er Generaldirektor der Skodawerke. 1912 wurden die Maschinenfabrik und die artilleristischen Werksanlagen vergrößert und eine neue Zahnräderfabrik gebaut. 1913 Schloß Skoda mit der ungarischen Regierung einen Vertrag über die Mitwirkung an der Einrichtung einer Ungarischen Kanonenfabrik Aktiengesellschaft in Györ mit Sitz in Budapest und trat einem Konsortium zur Errichtung einer Stahlhütte in Rußland bei. Im selben Jahr wurden in Pilsen eine Fabrik zur Herstellung von Artilleriezündern und eine neue Geschoßdreherei errichtet sowie die Geschützschmiede erweitert. Bei Beginn des Ersten Weltkriegs betrug die Zahl der Beamten etwa 1200, die der Arbeiter 12000. 1916 (1244 Beamte, 2 6 7 8 2 Arbeiter) gründeten die Skodawerke mit Bernhard Wetzler die Pulverfabrik Skodawerke-Wetzler-AG und beteiligten sich zur Hälfte am Aktienkapital der von der DaimlerMotoren-AG in Wiener Neustadt und einer Gruppe deutscher Interessenten gegründeten Imperator-Motorenwerke (Berlin) A G . 1917 (2200 Beamte, 3 2 3 0 0 Arbeiter) wurden - vor allem mit Blick auf die Nachkriegszeit - eine neue Werkzeugfabrik, weitere Fabriken für Zahnräder und für Artilleriezünder gebaut sowie eine Lokomotivfabrik errichtet, die A n f a n g des Jahres 1919 die Produktion aufnahm. S., der 1915 zum Marineartillerie-Generalingenieur, 1916 zum Mitglied des österr. Herrenhauses und Wirklichen Geheimen Rat ernannt wurde, schied Mitte des Jahres aus der Unternehmensführung aus. Bei Kriegsende war die Lage des Unternehmens äußerst kritisch. Eine Verstaatlichung der Skodawerke konnte durch eine Fusion mit dem französischen Rüstungskonzern Schneider & Cie., Creusot, im September 1919 abgewendet werden. In der Zwischenkriegszeit entfalteten sich die Skodawerke zu einem Unternehmen europäischen Formats. c n ÖBL S k o p n i k , Günter, Intendant, Regisseur, * 2 4 . 9 . 1907 Kallies (Pommern), t 5 . 4 . 1974 B o c h u m . Der Sohn eines Landgerichtsdirektors studierte seit 1926 Germanistik, Theaterwissenschaft, Philosophie, Kunstgeschichte und Theologie in Berlin, Wien und München, wurde 1933 in Berlin zum Dr. phil. promoviert und war 1934-45 Oberassistent am dortigen Germanistischen Seminar. 1936-38 arbeitete S. als Lektor in Amsterdam und wurde 1940 als Stabsintendant zur Wehrmacht eingezogen. Seit 1949 war er Chefdramaturg am Bochumer Schauspielhaus, seit 1951 auch der Ruhrfestspiele Recklinghausen, kam 1954 in gleicher Stellung an die Städtischen Bühnen Frankf u r t / M a i n und wurde hier 1958 Schauspieldirektor. 1960 übernahm S. die Leitung des Theaters am Kurfürstendamm in Berlin, war 1962-65 Intendant des Staatstheaters Kassel und 1966-72 Schauspieldirektor und stellvertretender Generalintendant am Schauspielhaus B o c h u m . Seit 1969 hielt er als Honorarprofessor Vorlesungen über Theatergeschichte an der dortigen Universität. S k o r k a , Siegfried, Physiker, * 2 5 . 8 . 1927 Hohenreinkendorf (Pommern), f 1 . 2 . 1 9 9 1 München. Das Studium der Physik in Hamburg Schloß S. 1956 mit der Promotion ab ( D e r Übergangseffekt der Ultrastrahlungsneutronen an der Grenzfläche Luft-Wasser), ging dann zu einem Forschungsaufenthalt nach Australien und wurde nach seiner Rückkehr Mitarbeiter an dem im A u f b a u befindlichen Institut f ü r Reine und Angewandte Kernphysik in Kiel. 1958 übernahm er die Leitung der Vorbereitungen für das in Hamburg entstehende Beschleunigungslabor, habilitierte sich hier und folgte 1967 einem Ruf auf den Lehrstuhl für Physik in
München. S. war einer der Begründer der Beschleunigerlaboratorien in München und ein international angesehener Fachmann f ü r Fragen der Kernreaktion. S k o r z e n y , Fritz, österr. Komponist, Musikkritiker, * 15. 12. 1900 Wien, t 2 0 . 9 . 1 9 6 5 München. S. erhielt privaten Unterricht in Violine und Musiktheorie, war als Fünfzehnjähriger Preisträger eines Jugendmusikwettbewerbs und lebte dann als freischaffender Komponist, Musikpädagoge und Musikschriftsteller in Wien. Er war als Musikkritiker u . a . f ü r die „Neue österreichische Tageszeitung" sowie für zahlreiche weitere in- und ausländische Zeitungen tätig. 1955 erhielt er den Österreichischen Staatspreis, 1961 den Theodor-Körner-Preis. Seit 1961 führte S. den Titel Professor. Er komponierte u. a. Orchesterwerke, Kammermusik und Chöre. CP M G G S k o r z e n y , Otto, Militär, * 12.6. 1908 Wien, t 6 . 7 . 1975 Madrid. S. studierte Ingenieurwissenschaften in Wien, legte 1931 das Ingenieurexamen ab und war dann in seinem Beruf tätig. Seit 1930 Mitglied der N S D A P , trat er 1940 in die SSLeibstandarte Adolf Hitler in Berlin ein, wurde nach Kampfeinsätzen in Frankreich, den Niederlanden und Rußland 1943 aus gesundheitlichen Gründen in das A m t VI im Reichssicherheitshauptamt versetzt und E n d e Juli beauftragt, Mussolini zu befreien, der sich in Gefangenschaft der neuen italienischen Regierung auf dem Gran Sasso (Abbruzzen) befand. E n d e 1944 wurde S. Obersturmbannführer, geriet 1945 in amerikanische Kriegsgefangenschaft und wurde interniert. 1948 floh er aus dem Internierungslager und lebte seit 1949 als Inhaber einer Export-Import-Firma in Madrid. CD Wistrich S k o w r o n n e k , Richard, Journalist, Schriftsteller, * 12.3. 1862 Schuiken bei Goldap (Ostpreußen), t 17. 10. 1932 Höckenberg bei Maldewin (Pommern). Der Sohn eines Försters studierte seit 1880 Geographie in Königsberg und ging 1885 nach Berlin, um als Forschungsreisender Anschluß an eine Expedition zu finden. Nach dem Scheitern des Plans wandte sich S. dem Journalismus zu und war 1888-91 Feuilletonredakteur bei der „Frankfurter Zeitung"; 1892 kehrte er nach Berlin zurück, wo er als Lustspielautor bekannt wurde. 1 8 9 7 / 9 8 wirkte er als Dramaturg am Kgl. Schauspielhaus. Zu seinen Stücken zählen Eine Palast-Revolution (1892) und Die Generalsecke (1912). Daneben schrieb S. zahlreiche Unterhaltungs-, Heimat- und Kriegsromane. c n Killy S k r a b a l , Anton, österr. Chemiker, * 1 2 . 4 . 1 8 7 7 Schwechat (Niederösterreich), t 3 0 . 1 0 . 1957 Graz. S., Sohn eines Arztes, studierte seit 1895 C h e m i e an der T H Wien, wurde 1903 promoviert und habilitierte sich nach zweijähriger Tätigkeit als Chemiker bei der Wittkowitzer Bergbau- und Eisenhüttengewerkschaft 1905 an der T H Wien. Seit 1911 tit. a . o . P r o f . , ging er 1912 als a . o . P r o f . der C h e m i e an die Univ. Graz, wo er 1927-42 als o . P r o f . lehrte. Seit 1919 war er korrespondierendes, seit 1924 wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien. 1932 wurde S. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . Er veröffentlichte u . a . Chemische und strahlende Energie (1911), Das Atom (1926) und Homogenkinetik (1941). S k r a m l i k , Emil Ritter von, Physiologe, * 8 . 9 . 1 8 8 6 Prag, t 20. 12. 1970 Berlin. S., Sohn eines Fabrikanten, studierte Medizin, Physik und C h e m i e an der Deutschen Univ. Prag und in München, wurde 1911 in Prag promoviert und war 1 9 1 2 / 1 3 Assistent am Physiologischen Institut in München, 1913 am Hygienischen Institut in Freiburg/Breisgau und 1913-26 am dortigen Physiologischen Institut. 1920 habilitierte er sich für
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Skraup Physiologie (Über die Beziehungen zwischen der normalen und rückläufigen Erregungsleitung beim Froschherzen), wurde 1923 a. o. Prof. und folgte 1927 einem Ruf als o. Prof. der Physiologie nach Jena. 1950 übernahm S. den Lehrstuhl für Physiologie an der Humboldt-Universität in Berlin. Er veröffentlichte u. a. Handbuch der Physiologie der niederen Sinne (1926), Anleitung zum Praktikum an der Physiologischen Anstalt der Thüringischen Landesuniversität Jena (1928, unter dem Titel Anleitung zum Praktikum an der Physiologischen Anstalt der Friedrich-Schiller-Universität Jena, 3 1940, unter d e m Titel Anleitung zum physiologischen Praktikum, 5 1948, 7 1956) und Psychophysiologic des Tastsinns (1937). m BLGbL S k r a u p , Karl, auch Karel Skroup, Schauspieler, Regisseur, Theaterdirektor, Schriftsteller, * 7 . 1 1 . 1 8 5 1 Prag, t 14.3. 1909 Erfurt. Der Sohn eines Domkapellmeisters und Bruder von Zdenko - > S . wandte sich früh der Bühne zu, gab 1871 sein Debüt als Schauspieler in Oldenburg und war bis 1879 an verschiedenen Bühnen engagiert. Seit 1876 als Lustspielautor tätig, kam er 1879 an das Ständetheater in Prag, arbeitete danach in Breslau, Freiburg, Dresden und St. Petersburg, war 1 8 8 4 / 8 5 vorübergehend Oberregisseur am Ständetheater in Prag und lehrte 1886-93 am dortigen Konservatorium. Seit 1886 redigierte S. die „Prager Zwischenactszeitung" und schrieb nach deren Vereinigung mit dem „Deutschen Abendblatt" für dieses Theaterkritiken. 1893 wurde er Oberregisseur am Hoftheater in Kassel, wirkte 1894-98 in gleicher Stellung in Stuttgart, war 1898-1901 künstlerischer Direktor des Stadttheaters in Zürich und kehrte als Leiter der beiden Sommertheater Wilhelma und Berg nach Stuttgart zurück. 1905-09 war S. Direktor des Erfurter Stadttheaters. Er schrieb mehrere Schauspiele, darunter Unter uns (1886) und Streik (1890). S. war vermutlich der Vater von Siegmund Hans Ludwig —>S. CD Ö B L S k r a u p , Karl, österr. Schauspieler, * 2 1 . 7 . 1898 Atzgersdorf (heute zu Wien), t 2 . 1 0 . 1 9 5 8 München. S. brach das Studium der Rechtswissenschaften in Wien ab, nahm Schauspielunterricht, war Bühneninspizient und debütierte 1924 unter Rudolf Beer am Deutschen Volkstheater. Nach zweijähriger Tätigkeit in Basel kehrte er an das Volkstheater zurück und war hier, mit Unterbrechungen durch kurze Engagements in Brünn, Straßburg und Basel, 1928-44 und seit 1947 Ensemblemitglied. Als Wiener Volksschauspieler brillierte er vor allem in —»Nestroy- und —>Raimund-Rollen; er wurde auch durch seine hervorragende Darstellung in Stücken von —> Anzengruber bekannt. Q3 Czeike S k r a u p , Siegmund Hans Ludwig, Schauspieler, Regisseur, Intendant, * 4 . 5 . 1901 Zürich, t 12. 12. 1963 auf der Fahrt nach Hannover. Nach d e m mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Musikwissenschaft in Leipzig debütierte S. 1924 als Schauspieler am dortigen Schauspielhaus und spielte dann an verschiedenen Bühnen. 1 9 3 0 / 3 1 war er Assistent Arturo Toscaninis bei den Bayreuther Festspielen, wurde 1945 Oberspielleiter der Städtischen Bühnen Leipzig und war 1946-48 Regisseur am Staatstheater Kassel und daneben als Gastregisseur auch an anderen Bühnen tätig. 1948-51 war er Intendant des Landestheaters in Darmstadt, 1954-56 als Gast Oberspielleiter der Oper in Kassel und 1955-58 Oberspielleiter am Badischen Staatstheater in Karlsruhe. Er unterrichtete an der Opernklasse der Hochschule für Musik in Frankf u r t / M a i n . S. schrieb u . a . Deutsches Theater. Tatsachen und Möglichkeiten (1948). CD D L L
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S k r a u p , Zdenko (Hans), auch Skroup, österr. Chemiker, * 3 . 3 . 1 8 5 0 Prag, t 10.9. 1910 Wien. S., Bruder Karl —>S.s, studierte 1866-71 an der Deutschen T H Prag, war nach einer Tätigkeit in einer Porzellanfabrik seit 1873 Assistent an der Univ. Wien und wurde 1875 in Gießen promoviert (Zur Kenntnis der Chrysophansäure und des Emodins). 1879 habilitierte sich S. an der T H , 1881 an der Univ. Wien, wurde Prof. der C h e m i e an der Wiener Handelsakademie, lehrte seit 1886 an der T H und seit 1897 an der Univ. Graz. 1906 übernahm er den Lehrstuhl für C h e m i e an der Univ. Wien und war hier Leiter des zweiten Chemischen Universitätslaboratoriums. S., Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina seit 1887 und der A k a d e m i e der Wissenschaften in Wien seit 1896, befaßte sich besonders mit Chinaalkaloiden, klärte 1878 die Struktur von Chinin und Chinonin auf und synthetisierte 1880 Chinolin und dessen Derivate aus Anilin und Glycerin in Gegenwart von Oxydationsmitteln (Skraupsche Synthese). 1901 entdeckte und isolierte er bei der CelluloseHydrolyse das Disaccharid Cellobiose. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Zur Kenntniss der Eisencyanverbindungen (1877), Ueher das Chinin (1880), Synthetische Versuche in der Chinolinreihe (2 Tie., 1881-83) und Constitution einiger Chinolinderivate (mit Philipp Brunner, 1886). m
Soukup
S k r e i n e r , Wilfried (August), österr. Jurist, Kunsthistoriker, * 8. 10. 1927 Graz, t 2 1 . 4 . 1994 Graz. S. Schloß das Studium der Rechtswissenschaft 1950 mit der Promotion ab und wurde nach weiteren Studien 1962 zum Dr. phil. promoviert (Studien zu den Eitelkeits- und Vergänglichkeitsdarstellungen in der abendländischen Malerei). Seit 1964 Assistent an der Univ. Graz, erhielt er 1970 den Titel a. o. Prof. und habilitierte sich 1973. 1983 wurde er Vorstand des Osterreichischen Kunsthistorikerverbandes. Als Leiter der Neuen Galerie am Landesmuseum in Graz und Mitglied des Kuratoriums und Direktoriums des Steirischen Herbst setzte sich S. vor allem für m o d e r n e Kunst ein und förderte insbesondere die „Neuen Wilden". S k r e t a , Heinrich, schweizer. Mediziner, Naturforscher, * 15.10. 1636 Schaffhausen, t 2. 11. 1689 Schaffhausen. Der aus einer Arztfamilie s t a m m e n d e S. erlernte den Apothekerberuf, studierte Mathematik und Medizin und ließ sich nach der Promotion (1671, De laesa auditione) in Heidelberg als praktischer Arzt in Schaffhausen nieder. Seine bedeutendste medizinische Publikation ist das Kurzer Bericht foil der allgemainen anstekenden Lagersucht (1685), in d e m er erstmals den Ausfall der Pupillenreaktion bei Meningitis beschrieb und Anleitungen zum Verhüten von Infektionskrankheiten gab. S. schrieb auch die Tragödie Thomas Morus, deren A u f f ü h r u n g jedoch verboten wurde. Kurz vor seinem Tod wurde er zum Schaffhauser Stadtarzt gewählt. S k r z e c z k a , Karl, Gerichtsmediziner, * 2 9 . 3 . 1 8 3 3 Königsberg, t 2 0 . 5 . 1 9 0 2 Berlin. Das Medizinstudium in Königsberg Schloß S., Sohn eines Philologen und Gymnasiallehrers, 1855 mit der Promotion ab (Quaeritur, quomodo caseinum et natrum acuminatum pepsino afficiantur), war 1861-65 Kreis Wundarzt und Privatdozent der gerichtlichen Medizin in Königsberg und ging 1865 als a. o. Prof. der Staatsarzneikunde nach Berlin. Bis 1875 als gerichtlicher Physikus tätig, wurde er 1882 Regierungs- und Medizinalrat beim Berliner Polizeipräsidium und Geheimer Obermedizinalrat. 1891 -98 war S. o. Honorarprofessor der gerichtlichen Medizin und Staatsarzneikunde an der Univ. Berlin. Er veröffentlichte Kindesmord (1881) und Generalbericht Uber das Medizinalund Sanitätswesen der Stadt Berlin in den Jahren 1879 und 1880 (1882). t u Kreuter
Slatin Pascha S k u m a n z , (Franz) Axel, österr. Schauspieler, Regisseur, * 2.10. 1898 Wien, t 1 8 . 6 . 1 9 7 5 Wien. S. begann seine Karriere als Schauspieler 1918 bei einer Wanderbühne, besuchte die Akademie in Wien und studierte dort Gesang. Sein erstes festes Engagement erhielt er in Leoben. S. spielte am Bürgertheater und am Theater in der Josefstadt in Wien. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er als Schauspieler und Regisseur in Hamburg tätig; später wurde er Oberspielleiter am Theater in der Josefstadt und am Raimundtheater in Wien. 1966-74 wirkte S. am Landestheater in Linz. S k u t s c h , Felix, Gynäkologe, * 14. 1.1861 Königshütte (Oberschlesien), f 14.1.1951 Leipzig. S., Sohn eines Arztes, studierte Medizin in Breslau, Leipzig und Freiburg/Breisgau, wurde 1884 promoviert (Die Lacerationen des Cervix uteri, ihre Bedeutung und operative Behandlung) und war bis 1897 Assistenzarzt an der Frauenklinik in Jena, wo er sich 1887 habilitierte (Die Beckenmessung an der lebenden Frau). Seit 1891 a. o.Prof., wechselte S. 1905 nach Leipzig, habilitierte sich für Geburtshilfe und Gynäkologie und wurde 1923 a. o. Professor. Er veröffentlichte u. a. Die Palpation der Bauch- und Beckenorgane (1892) und Geburtshilfliche Operationslehre (1901). 1933 entlassen, erhielt S. 1938 Berufsverbot und wurde 1943 in das Konzentrationslager Theresienstadt verbracht. 1945 kehrte er nach Leipzig zurück. S k u t s c h , Otto, Klassischer Philologe, * 6. 12.1906 Breslau, t 9 . 1 2 . 1 9 9 0 London. S., Sohn des Latinisten Franz S., studierte an den Universitäten Breslau, Kiel, Berlin und Göttingen, wo Felix —»Jacoby und Eduard -»Fraenkel zu seinen Lehrern gehörten. 1933 in Göttingen mit der Arbeit Prosodische und metrische Gesetze der lambenkürzung (1934) promoviert, emigrierte er wegen seiner jüdischen Herkunft nach Großbritannien und wurde Research Assistant am St. Andrew's College, wo er an einem Lateinlexikon mitarbeitete. Seit 1951 las S. als Prof. am University College London. S. befaßte sich vor allem mit Leben und Werk der römischen Schriftsteller Catull und Ennius, zu dessen Annales er 1985 eine maßgebliche Textausgabe vorlegte. Ferner veröffentlichte er Studia Enniana (1968). m Gnomon 63 (1991) S l a b y , Adolf (Karl Heinrich), Elektrotechniker, * 18.4. 1849 Berlin, t 6 . 4 . 1913 Berlin. Nach dem Studium an der Gewerbeakademie in Berlin, das er 1873 in Jena mit der Promotion abschloß (Ueber die Bewegung eines schweren Punktes auf einer rotirenden Bahn), lehrte S., Sohn eines Buchbinders, Mathematik und Mechanik an der Gewerbeschule in Potsdam und seit 1876 an der Berliner Gewerbeakademie. Seit 1882 lehrte er als Prof. an der TH Charlottenburg und baute hier den Lehrstuhl für Elektrotechnik auf. S., seit 1895 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, war ein Pionier der Funktechnik, entwickelte seit 1897 mit Georg Graf von —»Arco ein System der drahtlosen Telegraphie und errichtete die erste deutsche Antennenanlage bei Potsdam. Er befaßte sich mit den Grundlagen, der technischen Entwicklung und der industriellen Verwertung der drahtlosen Telegraphie, gründete 1903 unter Mitwirkung Ferdinand —»Brauns die Gesellschaft für drahtlose Telegraphie (die spätere Telefunken AG) und veröffentlichte u. a. Die Funkentelegraphie (1897, 2 1901) und Glückliche Stunden. Entdeckungsfahrten auf dem elektrischen Ozean (1908, unter dem Titel Entdeckungsfahrten in den elektrischen Ozean, "1911, ab 6 1922 bearb. von Otto Nairz, 7 1926, Neuaufl. 2007).
S l a d e k , Maximilian Viktor, Schauspieler, Theaterdirektor, * 30.5. 1875 (1877?) Hüttendorf (Kr. Oppeln), t 9.11. 1925 Berlin. Nach einer kaufmännischen Lehre ließ sich S. zum Schauspieler ausbilden, debütierte 1899 in St. Petersburg und hatte dann Engagements u.a. in Flensburg und Klagenfurt. 1907 wurde er Mitglied des Kleinen Theaters in Berlin. 1915 und 1916 war S. Vertreter Max —> Reinhardts und während der Sommermonate Pächter des Reinhardt-Konzerns, errichtete 1920 das Kleine Schauspielhaus in der Hochschule für Musik und wurde im selben Jahr Direktor des Wallner-Theaters. 1922-25 war er Direktor des großen Schauspielhauses in Berlin. S l a m a , Franz, österr. Jurist, Politiker, * 19.6. 1885 Brünn (Mähren), t 2 1 . 8 . 1 9 3 8 Wels. Der Sohn eines Karlsbader Stadtbaumeisters studierte Rechtswissenschaften in Graz und Innsbruck, wurde 1909 promoviert und war als Rechtsanwalt tätig. Seit 1917 wurde er als Militärjurist verwendet. Nach dem Ersten Weltkrieg eröffnete er eine Kanzlei in Wels (Oberösterreich). S. engagierte sich in der Großdeutschen Volkspartei, gehörte seit 1925 dem Oberösterreichischen Landtag an und wurde 1927 Obmann-Stellvertreter der Reichsparteileitung. 1925-29 war er stellvertretender Landesobmann der oberösterreichischen Heimwehr. 1928-30 hatte er das Justizressort inne und setzte sich besonders für die Rechtsangleichung an das Deutsche Reich ein. 1931 eröffnete S. in Wels eine Rechtsanwaltskanzlei 1933-38 war er führend im Deutschen Turnerbund tätig. 1938 wurde S. Mitglied der Akademie für Deutsches Recht in Berlin. DP Ö B L S l a m a , Victor (Theodor), österr. Maler, Graphiker, * 26. 10. 1890 Wien, t 1 . 1 2 . 1 9 7 3 Wien. S. besuchte private Kunstschulen in Wien, Prag und Moskau, war nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg Kunstlehrer für Kriegsversehrte und arbeitete seit 1918 vorwiegend als Graphiker und Ausstellungsgestalter. Seit 1923-53 schuf er aufsehenerregende Wahlplakate für die Sozialdemokraten und wurde vor allem durch seine Filmplakate bekannt. 1945 übernahm er die Leitung der Berufsgruppe Graphik und Angewandte Malerei der Berufsvereinigung bildender Künstler Österreichs. 1947 erhielt er den Professorentitel und wurde Vorstandsmitglied der Wiener Secession sowie Präsident der Künstlervereinigung „Brücke". 1951 wurde S. mit dem Preis der Stadt Wien für Malerei und Graphik ausgezeichnet. S l a n g , Fritz, eigentl. F. Hampel, auch Halep, Friha, Journalist, Karikaturist, * 2 8 . 4 . 1 8 9 5 Crimmitschau (Sachsen), t 10.8. 1932 in der Ostsee. S., Sohn eines Maschinenmeisters und Buchdruckers, war zunächst Volksschullehrer in Leipzig und nahm als Soldat am Ersten Weltkrieg teil. 1922 Schloß er sich der KPD an und arbeitete dann als Reporter und Zeichner u.a. für die „Sächsische Arbeiterzeitung", die „Rote Fahne" und die „Arbeiter-Illustrierte-Zeitung" in Berlin. Er gehörte zu den Begründern des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller. Neben literarischen Porträts, Bildgedichten und Glossen vom Tage (gesammelt 1932) verfaßte er nach der deutschen Uraufführung des Eisenstein-Films die AgitpropSchrift Panzerkreuzer Potemkin (1926). S., der mehrfach inhaftiert wurde, starb während eines Erholungsaufenthalts nach einer Haftstrafe. CD Killy S l a t i n P a s c h a , Rudolf Frh. von, eigentl. Rudolf Anton Carl Slatin, östenr. Afrikaforscher, Militär, Kolonialbeamter, * 13.6. 1857 Ober-St. Veit (heute zu Wien), t 4.10. 1932 Wien. Der Sohn eines getauften jüdischen Kaufmanns besuchte die Handelsschule in Wien, nahm 1874 eine Stelle in einer Kairoer Buchhandlung an und bereiste den Sudan. Seit 1878 im Dienst des britischen Generals Charles Gordon, wurde er
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Slatkonia 1879 zum Finanzinspektor des Sudan, 1881 zum Gouverneur von Darfur ernannt. 1883 trat S. P. zum Islam über. Im selben Jahr sah er sich aufgrund der militärisch aussichtslosen Lage gezwungen, die Provinz an den Mahdi zu übergeben, der ihn 1884 an seinen Hof berief. 1895 konnte S. P. fliehen. Vom ägyptischen Vizekönig zum Pascha ernannt, wurde er von Königin Viktoria 1899 geadelt. Als Leiter des Militärischen Nachrichtendienstes nahm er am Feldzug Kitcheners gegen den Sudan teil, war 1900-14 Generalinspekteur des Anglo-Ägyptischen Sudan und wurde 1915 stellvertretender Direktor des Informationsbüros für Kriegsgefangene und Vizepräsident des Kriegsgefangenenausschusses des Österreichischen Roten Kreuzes. S. P. war Mitglied der österr. Friedensdelegation in St. Germain. Er veröffentlichte u . a . Auf der Flucht (1895) und Feuer und Schwert im Sudan. Meine Kämpfe mit den Derwischen, meine Gefangenschaft und Flucht 1879-95 (2 Bde., 1896, 13 1921, Nachdr. 1983, hrsg. von Heinrich Pleticha, 1997, engl. 3 Bde., 1 8 9 6 , 3 1 9 2 2 , Neuausg. 1930, -M 935, erneut 1969, Nachdr. 1991, frz. 1896, 2 1898, schwed. 1896, ungar. 1896, italien. 1898, arab. 1999). DP Ö B L S l a t k o n i a , Georg, eigentl. Slatkonja, Bischof von Wien, * um 1456 Laibach, t 2 6 . 4 . 1 5 2 2 Wien. Nach der Priesterweihe wurde S. von Kaiser Maximilian I. mit der Leitung der kaiserlichen Hofmusikkapelle betraut, erweiterte deren Repertoire und zog auch Laien zur Mitwirkung heran. Er wurde mit Pfründen ausgestattet und auf Betreiben des Kaisers und des Papstes 1513 zum Bischof von Wien ernannt. 1514-19 war S. Rat des niederösterreichischen Regiments. Er nahm eine tolerante Haltung gegenüber der luth. Lehre ein und ließ 1522 den humanistischen Reformator Paul —»Speratus im Stephansdom gegen das Klosterleben predigen. m Gatz 1 S l a v i k , Felix, österr. Politiker, * 3 . 5 . 1912 Wien, t 1 6 . 1 0 . 1 9 8 0 Wien. S. erhielt 1926-29 eine Ausbildung zum Feinmechaniker, besuchte eine Fortbildungschule für Maschinenbau und war bis 1933 in seinem Beruf tätig. 1936-38 arbeitete er als Werkmeister in einer Seidenweberei, 1 9 3 8 / 3 9 wieder als Feinmechaniker und 1943-45 als Magazineur. Seit 1926 Mitglied der Sozialdemokraten, war er 1 9 3 4 / 3 5 und 1939-43 in politischer Haft. 1 9 4 5 / 4 6 war S. Amtsführender Stadtrat für Wohnungswesen in der Provisorischen Wiener Stadtregierung, 1945-49 Mitglied des Bundesrats und 1949-57 des Nationalrats. 1957 übernahm er in der Wiener Stadtregierung das Finanzressort und war 1957-73 Mitglied des Wiener Gemeinderats und Abgeordneter zum Wiener Landtag, 1970-73 Vorsitzender des Gemeinderats. 1959-70 war S. Vizebürgermeister, 1959-64 und 1965-70 Landeshauptmannstellvertreter und 1970-73 Bürgermeister von Wien. CD Czeike S l a w a t a von C h l u m und Koäumberk, Wilhelm, auch Vilem S„ Staatsmann, * 1. 12. 1572 Cestin (Böhmen), t 19.1. 1652 Wien. S. trat nach dem Studium in Prag, ausgedehnten Reisen und der Konversion zum Katholizismus 1600 als K ä m m e rer in den Dienst Kaiser - » R u d o l f s II. und wurde wenig später Landrichter in B ö h m e n und Burgraf in Karlstein. Seit 1611 Oberhoflehnrichter, wurde er nach der Krönung Kaiser —> Ferdinands II. zum König von Böhmen einer der kgl. Statthalter. Als einer der Hauptgegner der Protestanten wurde S. 1618 aus dem Fenster der Prager Burg gestürzt und unter Hausarrest gestellt. Seit 1620 im Passauer Exil, wurde er von Ferdinand II. zum Kammerpräsidenten für Böhmen ernannt und in den Grafenstand erhoben. 1621 kehrte S. nach B ö h m e n zurück, wurde vom Kaiser mit zahlreichen diplomatischen Missionen betraut, war Geheimer Rat und seit 1628 Oberkanzler von B ö h m e n . c n BLGbL
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S l e i d a n u s , Johannes, eigentl. Philippi, weiteres Pseud.: Baplista Lasdenus, Humanist, * um 1506 Schleiden (Eifel), t 3 1 . 1 0 . 1556 Straßburg. Nach d e m Studium in Lüttich, Köln, Paris und Orleans, das er als Lizentiat der Rechte abschloß, trat S., der sich nach seinem Heimatort nannte, 1537 als Sekretär in den Dienst der Brüder Guillaume und Jean du Beilay in Paris, die ein Bündnis zwischen der französischen Krone und den deutschen protestantischen Fürsten gegen Kaiser —»Karl V. zustandezubringen versuchten. Nach einer gescheiterten Mission nach Deutschland blieb S. 1544 in Straßburg und wurde durch die Vermittlung Martin —> Bucers 1545 zum offiziellen Geschichtsschreiber des Schmalkaldischen Bundes bestellt. Innerhalb eines Jahrzehnts schrieb S. die aktenmäßige Geschichte der Regierungszeit Karls V. De statu religionis et reipublicae Carolo V. Caesare commentarii (1555) als sein erstes Hauptwerk, das weit verbreitet war und bis zum Ende des 18. Jh. das Verständnis der deutschen Reformationsgeschichte wesentlich bestimmte. 1 5 5 1 / 5 2 weilte er im A u f trag Straßburgs beim Konzil von Trient und trat 1552 in die Dienste Straßburgs. Kurz vor seinem Tod verfaßte S. eine universalhistorische Darstellung der vier Weltmonarchien De quattuor summis imperils (1556), die bis 1701 66 Auflagen erfuhr und damit die Breitenwirkung der Reformationsgeschichte noch übertraf. DP Killy S l e m b e c k , Dieter, Sänger, * 2 4 . 5 . 1935 K a m p - L i n t f o r t / Niederrhein, f 1 0 . 5 . 1 9 7 4 F r a n k f u r t / M a i n . Nach seiner Gesangsausbildung bei Franziska —»Martienssen-Lohmann in Düsseldorf debütierte S. 1962 am Stadttheater in Aachen, an dem er bis 1965 engagiert war, und gehörte dann d e m Ensemble des Opernhauses in F r a n k f u r t / Main an. S. war auch ein bekannter Konzert-, Oratorienund vor allem Liedersänger, gab zahlreiche Gastspiele an großen deutschen Bühnen sowie in Frankreich und wirkte mehrfach bei den Bayreuther Festspielen mit. Zu seinen erfolgreichsten Partien gehörten der Graf in Die Hochzeit des Figaro, der Papageno in der Zaubeiflöte und der Wolfram im Tannhäuser. Cd Kutsch S l e v o g t , (Heinrich) Carl, Architekt, * 2 8 . 7 . 1787 Eutin, t 12.2. 1832 Oldenburg-Osternburg. Der Sohn eines Kammerassessors studierte seit 1806 Architektur an der Ober-Bau-Deputation in Königsberg, hospitierte 1810 bei der Berliner Oberbaudirektion und legte 1813 die Abschlußprüfung bei der obersten preuß. Baubehörde ab. Im selben Jahr wurde er Leiter der reorganisierten Bauverwaltung im Landesteil Oldenburg, übte seine Tätigkeit bis 1831 aus und erhielt schließlich den Titel eines Bauinspektors. S. betreute u . a . die Restaurierung der herzoglichen Schlösser in Oldenburg und Rastede und erbaute zahlreiche öffentliche Gebäude in Oldenburg. m SHBL, Bd 10 S l e v o g t , Max, Maler, Graphiker, * 8. 10. 1868 Landshut, t 2 0 . 9 . 1932 Neukastel bei L a n d a u / P f a l z . S., Sohn eines Kgl. Bayerischen Offiziers, wuchs seit 1873 in Würzburg auf und studierte 1884-89 an der Akademie in München bei Gabriel von - > H a c k l , Karl —>Raupp und Johann Caspar —»Herterich. 1889 hielt er sich in Paris an der Academie Julian auf, 1 8 8 9 / 9 0 studierte er abermals in München, bei Wilhelm von —> Diez. 1890 reiste er mit Robert —> Breyer nach Italien. Freischaffend malte er Porträts und Figurenbilder, die zunehmende Suche nach Abstand von gefälliger Auffassung
Slezak zeigten. Die heftigen Reaktionen auf seine Ringerschule, die er 1893 in der ersten Ausstellung der Münchner Sezession zeigte, trugen ihm Voreingenommenheit gegen sein weiteres Schaffen ein. Bereits 1894 gehörte er mit Lovis —» Corinth, Hermann —» Schlittgen, Peter —» Behrens, Carl - » S t r a t h m a n n und Thomas Theodor - » Heine zu der „Freien Vereinigung". Thematische Kompositionen wie Tanz der Salome und Triptychon des Tanzes (1895) weisen unverkennbare Beziehungen zum Jugendstil auf, die sich bei graphischen Arbeiten für Albert —»Langen und seit 1896 für den „Simplicissimus" noch intensivierten. Unstimmigkeiten in München trafen zusammen mit Annäherungsversuchen seitens der Berliner Secession seit 1899. Im Frühjahr 1901 malte S. in Frankfurt/Main im Zoologischen Garten; die dort entstandenen Arbeiten sind Zeugnisse für den Abstand von thematischen Überforderungen wie für den Zugang zu malerisch-farbiger Gestaltung. Sie ermöglichten es, S. mit Max —» Liebermann und Corinth als Repräsentanten eines sogenannten deutschen Impressionismus anzusehen. Ebenfalls noch 1901 begann S. mit den Vorarbeiten zu dem Schauspieler-Rollenbildnis des Francisco d'Andrade als Don Giovanni (1902). Für sensiblen Wirklichkeitsbezug standen Porträts: Dame mit Katze (1902), Bernhard Dernburg (1905), Rittmeister Griesinger (1905). S. entwarf Bühnenbilder und Kostüme für Inszenierungen von Max —» Reinhardt und Otto —»Brahm. Der Illustrator S. begann die Reihe seiner eigenständigen Publikationen mit Ali Baba (1903). Dann trat an die Stelle der photomechanisch reproduzierten Originalvorlage die eigenhändige Lithographie: 1907 Sindbad; 1908-10 James F. Cooper: Lederstrümpf; 1911-13 Benvenuto Cellini. Diese Tätigkeit machte S. offenbar frei für intensivere Beschäftigung mit der Landschaft. Von 1909 bis 1913 malte er die Serie der Godramsteinbilder. Die Auseinandersetzung mit Eugene Delacroix und Honore Daumier hatte seit 1905 eine Veränderung der Figurenkomposition zur bewegten Vielgestaltigkeit hin bewirkt. 1908-10 lud Prinzregent —»Luitpold von Bayern S. nach München und Nymphenburg ein, wo er Bildnisse und zeremonielle Situationen malte. Als Sonderform der dekorativen Zeichnungen entstanden 1911 die Wandbilder im Gartenpavillon in Neu-Cladow. Johannes Guthmann und Eduard —» Fuchs begleiteten S. auf der Reise nach Ägypten. Die hier im Februar und März 1914 entstandenen Malereien belegten erneut S.s souveräne Freiheit angesichts der Wirklichkeit. Im selben Jahr wurde S. Soldat an der Westfront; er führte ein Tagebuch, das tiefes Ergriffensein vom Schrecklichen bezeugt. S. hatte 1914 Neukastel erworben, das neben Berlin zunehmend zum Ort seiner Arbeit wurde. Zunächst malte er Gartenbilder im Umgebungsbereich des Hauses. 1918 stellte S. einen Zyklus von Radierungen zu —»Mozarts Zauberflöte fertig. 1922 konnte er einen Neubauflügel in Neukastel errichten lassen. Er enthält den Musiksaal, den er 1924 mit einem sehr persönlich durchdachten Wandbilderzyklus, Themen aus Opern von Mozart und Richard —» Wagner, ausstattete. Er hatte im selben Jahr für die Staatsoper in Dresden Bühnenbilder zu Don Giovanni entworfen. Im Oktober begann er mit den Illustrationen zum zweiten Teil von —»Goethes Faust, erschienen 1927. Es folgten die Wandbilder im Bremer Ratskeller nach den Phantasien von Wilhelm —» Hauff. 1929 malte S. die Decke des Bibliotheksraumes in Neukastel. Am Ende seines Lebenswerks erfüllte S. 1932 den Auftrag für das Golgathafresko in der Friedenskirche zu Ludwigshafen. Die eigene Arbeitsleistung, die er dafür erbrachte, hat seine vitalen Kräfte überfordert. LITERATUR: Karl Voll: M. S. 90 Reproduktionen nach seinen Gemälden. München 1912. - Johannes Guthmann: Bilder aus Ägypten. Berlin 1917, 2 1925. - Johannes Guth-
mann: Scherz und Laune. M. S. und seine Gelegenheitsarbeiten. Berlin 1920. - Emil Waldmann: M. S. Graphische Kunst. Dresden 1921. - Julius Elias: M. S. Berlin 1922. Emil Waldmann: M. S. Berlin 1923. - Wilken von Alten: M. S. Bielefeld/Leipzig 1926. - Arthur Rümann: Verzeichnis der Graphik von M. S. in Büchern und Mappenwerken. Hamburg 1936. - Karl Scheffler: M. S. Berlin 1940. - Johannes Guthmann: Schöne Welt. Wandern und Weilen mit M. S. Berlin 1948. - Walter Passarge: S. Wand- und Deckengemälde auf Neukastel. Heidelberg/Berlin 1961. - Johannes Sievers/Emil Waldmann: M. S. Das druckgraphische Werk. Bd. 1: 1890-1914. Heidelberg/Berlin 1962. - Hans-Jürgen Imiela: M. S. Eine Monographie. Karlsruhe 1968. - Michael Freitag: M. S. Berlin 1988. - Berthold Roland: M. S. Ägyptenreise. Mainz 1989. - Berthold Roland: M. S. Pfälzische Landschaften. München 1991. - Hans-Jürgen Imiela/ Berthold Roland: S. und Mozart. Mainz 1991. - ErnstGerhard Güse/Hans-Jürgen Imiela/Berthold Roland: M. S. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen. Stuttgart 1992. - M. S. die Berliner Jahre. Hrsg. v. Sabine Fehlemann. Köln 2005. Hans-Jürgen
Imiela
S l e z a k , Leo, österr. Schauspieler, Sänger, * 18.8.1873 Mährisch Schönberg, f 1.6. 1946 Rottach-Egern/Tegernsee (Oberbayern). Zunächst Gärtner- und Schlosserlehrling in Brünn, wirkte S. als Statist an Aufführungen des Brünner Stadttheaters mit und wurde von Adolf —» Robinson entdeckt, der seine Gesangsausbildung übernahm. 1896 debütierte er mit überwältigendem Erfolg als Lohengrin, trat 1898 an der Hofoper in Berlin auf und erhielt 1899 ein Engagement am Opernhaus in Breslau. 1901 folgte S. einem Ruf Gustav —» Mahlers an die Hofoper in Wien, der späteren Staatsoper, deren Mitglied er bis 1912 und 1917-34 war. S. gab Gastspiele an den Hofopern in München und Berlin sowie an der Oper in Frankfurt/Main, hatte zahlreiche Gastauftritte an europäischen Opernhäusern (u.a. 1905 als Tannhäuser an der Mailänder Scala) und war 1909-12 an der Metropolitan Opera in New York verpflichtet. Er brillierte vor allem als —»Wagner- und Verdi-Interpret, so als Siegfried, Siegmund und Tannhäuser sowie als Othello, Radames und Ernani. 1932 begann er eine zweite Karriere als Darsteller komischer Väterrollen im Film. Seine Erinnerungsbücher Meine sämtlichen Werke (1922), Der Wortbruch (1928), Der Riickfall (1930) und Mein Lebensmärchen (1948) erschienen in vielen Auflagen. S. war der Vater von Margarete und Walter - » S . CD M G G S l e z a k , Margarete, Sängerin, * 9 . 1 . 1 9 0 1 Breslau, t 30.8. 1953 Rottach-Egern/Tegernsee (Oberbayern). Die Tochter Leo —»S.s und Schwester Walter —»S.s studierte Gesang bei Vera —»Schwarz in Wien, debütierte 1926 am Theater an der Wien in der Operette Die goldne Meisterin und sang 1928/29 am Münchner Gärtnerplatztheater. Nach weiteren Gesangstudien debütierte S. als Opernsängerin am Theater in Brünn, wo sie als erste Partie die Eudoxia in La Juive neben ihrem Vater als Eleazar übernahm, und gastierte in den folgenden Jahren in Opern- und Operettenaufführungen. 1935-44 war S. Ensemblemitglied am Deutschen Opernhaus in Berlin, hatte 1932 einen ihrer größten Erfolge in der Operette Wiener Blut an der Berliner Staatsoper und wirkte 1935 in der Uraufführung der Operette Schach dem König von Walter W. - » Goetze mit. 1941 sang sie die Rosalinde in der Fledermaus an der Grand Opera in Paris, wandte sich zunehmend der Operette und dem volkstümlichen Lied zu und wirkte auch in einigen musikalischen Filmen mit. Nach dem Zweiten Weltkrieg trat S. mehrfach als Filmschauspielerin hervor. CD Kutsch
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Slezak S l e z a k , Walter, Schauspieler, Sänger, * 3 . 5 . 1902 Wien, t 2 2 . 4 . 1 9 8 3 N e w York. Der Sohn Leo —>S.s und Bruder Margarete —»S.s gab 1925 am Berliner Zentraltheater sein Debüt und trat dann häufig in Operetten am dortigen Metropoltheater auf, so 1932 als Partner von Fritzi —> Massary in der Uraufführung der Operette Eine Frau, die weiß, was sie will von Oscar —»Straus. 1930 ging er in die U S A und hatte Erfolg in Musicals am Broadway in N e w York (u.a. in Music in the air, 1934) sowie in anderen Großstädten. S. trat auch in zahlreichen Tonfilmen auf, gastierte 1959 als Zsupan im Zigeunerbaron an der Metropolitan Opera in N e w York und sang diese Partie auch 1 9 6 4 / 6 5 am Theater an der Wien. S. starb durch Selbstmord. 1970 erschienen seine Erinnerungen an seinen Vater unter d e m Titel Wann geht der nächste Schwan? CD Kutsch
Sling —»Schlesinger, Paul S l o m a n , Robert Miles, Reeder, * 3 0 . 7 . 1812 Itzehoe, t 3 0 . 7 . 1900 Hamburg. Nach dem Schulbesuch trat S. in das väterliche Schiffsmaklergeschäfl ein, gründete 1842 das eigene Maklergeschäft „Rob. M. Sloman jr.", 1872 die „Rob. M. Sloman & C o . " und nahm die regelmäßige Dampfschiffahrt im Mittelmeer auf. Durch Gründung der „Rob. M. Sloman j r . ' s Baltische Dampfschiffahrt" und der „Rob. M. S l o m a n ' s Australische Dampfschiffahrt" (beide 1881) erweiterte er seine internationalen Tätigkeiten und wurde zu einem der führenden Reeder in Hamburg. 1888 gehörte S. zu den Gründern der „DeutschAustralischen Dampfschiffahrtsgesellschaft". 1890 übergab er die Geschäfte an seinen Schwiegersohn. 1864-99 war S. Mitglied der hamburgischen Bürgerschaft, 1864-78 der Deputation für Handel und Schiffahrt und 1871-85 der Finanzdeputation. Für die Nationalliberalen gehörte er dem Konstituierenden Reichstag an. S l o t t a , Günter, Pädagoge, Politiker, * 4. 8 . 1 9 2 4 Beuthen (Oberschlesien), t 9 . 6 . 1974 Saarbrücken. Der Sohn eines Tischlers war nach d e m Besuch der Pädagogischen Hochschule in Hannover Lehrer in Göttingen, studierte daneben Erziehungswissenschaften, Germanistik, Psychologie, Philosophie und Soziologie an der dortigen Univ. und wurde zum Dr. phil. promoviert. Anschließend war S. Assistent am Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung in F r a n k f u r t / M a i n , wurde dann Rektor der Institutsschule in Braunschweig und kam schließlich als Dozent an die Pädagogische Hochschule von Saarbrücken, an der er zuletzt als Ordinarius für Pädagogik lehrte. Seit 1962 SPD-Mitglied, wurde S. 1964 Stadtverordneter von Saarbrücken und Fraktionsgeschäftsführer und gehörte seit 1969 d e m Deutschen Bundestag an. 1969 erschienen seine Gedanken über Erziehungswissenschaften. S l o t t a , Karl Heinrich, Chemiker, Biochemiker, * 12.5. 1895 Breslau, t 17.7. 1987 N e w York. Das Chemiestudium in Breslau Schloß S. 1923 mit der Promotion ab ( H y d a n t o f n e . Kritische Experimentaluntersuchungen über ihren Aufbau und ihre Derivate), war Assistent am dortigen Chemischen Institut und habilitierte sich 1929 f ü r C h e m i e (Beiträge zur Glukosid-Synthese). 1935 emigrierte er gemeinsam mit seiner jüdischen Ehefrau nach Brasilien, arbeitete bis 1938 als Chemiker am Butantan Institute in Säo Paulo und war 1938-55 wissenschaftlicher Direktor der chemischen Fabrik Industria Farmaceutica Endochimica. 1956 ging S. in die U S A und wurde Prof. der Biochemie an der University of Miami. Er veröffentlichte u. a. Grundriß der modernen Arzneistoff-Synthese (1931). S. war der Schwiegersohn von Ludwig —> Frankel. t u B H d E , Bd 2
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S l o v a k , Karl, Sänger, * 2 3 . 2 . 1 8 4 4 Olmütz, t 18.7. 1902 Großenhain (Hessen). S. debütierte 1867 am Opernhaus in Olmütz, trat 1868-70 am Theater in Ödenburg auf und sang 1871-73 am Stadttheater in Graz. Anschließend war S. bis 1883 vor allem als lyrischer Tenor am Hoftheater in M a n n h e i m tätig. 1874 wirkte er als Lucentino in der Uraufführung von Hermann —»Goetz' Oper Der Widerspenstigen Zähmung, 1877 als Paolo in der Uraufführung von dessen Oper Francesca da Rimini mit, war 1 8 8 3 / 8 4 am Stadttheater in Bremen engagiert und wurde dann an das Leipziger Opernhaus verpflichtet, wo er auch Buffo-Partien übernahm. 1885 gab er seine Bühnenlaufbahn auf und war nur noch gelegentlich bei Gastspielen zu hören. S l ü t e r , l o a c h i m , Reformator, * um 1490 D ö m i t z / E l b e , t 19.5. 1532 Rostock. S. ist seit 1517 als Priester in Rostock nachweisbar, wurde 1518 an der dortigen Univ. immatrikuliert und wird später als Magister und Baccalaureus decretorum genannt. 1523 wurde er Kaplan an St. Petri, wirkte hier von A n f a n g an im Sinne der luth. Reformation und gab 1525 einen Katechismus sowie ein Gesangbuch heraus, das als ältestes bekanntes niederdeutsches Gesangbuch gilt. 1531 wurde Rostock offiziell evangelisch. CD B B K L S l ü t e r , Johann, Jurist, * 2 4 . 3 . 1 6 1 6 W i n s e n / A l l e r , t 2 1 . 1 0 . 1686 Hamburg. Der aus einer evang. westfälischen Ratsbürgerfamilie stammende S. studierte Rechtswissenschaften in Rostock, Marburg, Greifswald und Helmstedt, ließ sich als Advokat in Hamburg nieder und wurde 1654 Assessor beim kgl. schwedischen Hohen Tribunal in Wismar. Anschließend Appellationsrat und Konsistorialpräsident von SchwedischVorpommern, wurde er 1668 Kanzler und Geheimrat des Herzogs von Mecklenburg-Schwerin in Güstrow und ging 1678 als Erster Syndikus nach Hamburg, wo er in den Unruhen der Bürgerschaft 1684 zum Bürgermeister gewählt wurde. 1686 wurde S. bei der Gegenbewegung verhaftet und starb vermutlich durch Gift.
Sluyterman van Langeweyde, Georg (Wilhelm), Maler, Graphiker, * 1 3 . 4 . 1 9 0 3 Essen, t 5 . 1 . 1978 Bendestorf in der Nordheide. Der Sohn eines Bauingenieurs lebte nach dem frühen Tod des Vaters in ärmlichen Verhältnissen in einem Essener Arbeiterviertel, Schloß sich dem Wandervogel an und machte eine Lehre als Plakatmaler. Er studierte an der Kunstgewerbeschule in Essen bei Wilhelm Pötter und Hermann —> Kätelhön, war an der Kunstakademie Düsseldorf Meisterschüler von Paul —> Junghanns und ließ sich dann als Graphiker in Düsseldorf nieder. Seit 1928 Mitglied der N S D A P , entwarf er den Kopf der Parteizeitung „Neue Front". S. v. L. trat vor allem durch seine Holz- und Linolschnitte hervor; er schuf u . a . die Zyklen Des Deutschen Volkes Lied (1935), Es mahnen die Väter (1935) und Deutsches Lied (1938). Er schrieb auch Gedichte, Balladen und Lieder (Der Strommerhannes, 1970). CD Vollmer
Smeikal,
Marie, auch Maria S., schweizer. Sängerin, * 1.5. 1881 Zürich, t 11. 10.1968 Küsnacht bei Zürich. S. debütierte 1897 als Altistin im Chor des Stadttheaters in Zürich, dem sie bis 1947 angehörte. Sie sang dort u . a . die Adelma in der Uraufführung von Ferruccio —»Busonis Turandot (1917) und die H e b a m m e in der Uraufführung von Alexander von —»Zemlinskys Der Kreidekreis (1933) und wirkte in der Uraufführung mehrerer Operetten mit, u. a. von Drei Walzer von Oscar —> Straus (1935) und Zwei Herzen im Dreivierteltakt von Robert —> Stolz (1933). Ihr umfangreiches Bühnenrepertoire umfaßte u. a. die Partien der Pamina
Smend in der Zauberflöte, die Marguerite im Faust und die Agathe im Freischütz sowie zahlreiche Operettenpartien. CD Kutsch
dem Attentat vom 20. Juli 1944 wurde S. am 1.8. 1944 verhaftet, vom Volksgerichtshof zum Tod verurteilt und hingerichtet.
S m e k a l , Adolf Gustav (Stephan), österr. Physiker, * 12.9. 1895 Wien, f 7 . 3 . 1959 Graz. S., Sohn eines Feldzeugmeisters, studierte seit 1912 Physik an der T H Wien und der Univ. Graz, wo er 1917 promoviert wurde (Zur Äquivalenz der Systemgesamtheiten in der statistischen Mechanik). Er setzte seine Studien in Mathematik und Physik 1917-19 in Berlin fort und habilitierte sich 1920 an der Univ., 1921 an der T H Wien für theoretische und Experimentalphysik. Seit 1927 tit. a. ο. Prof. an der Univ. Wien, wurde er 1928 o.Prof. der theoretischen Physik und Direktor des Instituts für Theoretische Physik in Halle. Seit 1937 war S. Mitglied der N S D A P und seit 1939 förderndes Mitglied der SS. 1946 entnazifiziert, vertrat er einen Lehrstuhl an der T H Darmstadt und lehrte seit 1949 in Graz. 1920/21 veröffentlichte er das erste Termschema der Röntgenspektren, sagte 1923 den Raman-Effekt voraus und arbeitete über die Theorie der Festigkeit und Störstellen von Kristallen (Smekal-Defekte). 1931 wurde S. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Er veröffentlichte u. a. Über die Dimension der a-Partikel und die Abweichungen vom Coulomb'sehen Gesetze in großer Nähe elektrischer Ladungen (1920), Allgemeine Grundlagen zur Quantenstatistik und Quantentheorie (1926) und Quantentheorie (Hrsg., 1933). CD D S B
Smend,
Smeling,
Tilman, Dominikaner, * vor 1500 Siegburg, t 1557 Köln. S. studierte seit 1504 an der Univ. Köln und trat in den Dominikanerorden ein. 1515 ist er als Student am Kölner Kloster belegt. 1525 Lizentiat und Prior (erneut 1529-54), wirkte er 1535-53/54 als Theologieprofessor an der Univ. Köln in der Nachfolge von Konrad —»Cöllin und zählte u . a . Petrus —>Canisius zu seinen Studenten. Vermutlich 1545 und 1553 war er Dekan der Theologischen Fakultät. S. lehrte auch am Ordensstudium der Dominikaner in Köln. 1 5 3 8 / 3 9 - 5 3 / 5 4 war er Inquisitor f ü r die Erzdiözesen Köln, Mainz und Trier. S. schrieb De Septem sacramentis (1538 u.ö.) und gab eine bearbeitete Fassung von Johannes —»Ecks Enchiridion heraus. m BBKL
Smend,
Friedrich, evang. Theologe, Musikforscher, Bibliothekar, * 26. 8. 1893 Straßburg, t 10.2. 1980 Berlin. Der Sohn Julius - > S . s studierte Theologie in Straßburg, Tübingen, Marburg und Münster, wo er 1921 mit der Arbeit Die Acta-Berichte über die Bekehrung des Paulus nach ihrem Quellenwert zum Lie. theol. promoviert wurde, und trat im selben Jahr in den wissenschaftlichen Bibliotheksdienst der Univ. Münster ein. 1923-45 an der Preußischen Staatsbibliothek in Berlin tätig, wurde S. 1929 zum Bibliotheksrat ernannt. Seit 1945 war er Dozent, 1949-58 Prof. der Hymnologie und Liturgik an der Kirchlichen Hochschule in Berlin, der er 1955-58 als Rektor vorstand; seit 1946 war er nebenamtlich Direktor der Bibliothek der Kirchlichen Hochschule. S. veröffentlichte seit 1927 wichtige Beiträge zur - » B a c h - F o r s c h u n g , u.a. Luther und Bach (1947) und J. S. Bach und die evangelische Hymnologie (1950). • • Habermann 1 S m e n d , Günther, Widerstandskämpfer, * 2 9 . 1 1 . 1 9 1 2 Trier, t 8.9. 1944 Berlin-Plötzensee. S. trat 1932 als Offiziersanwärter in das Heer ein, war im Zweiten Weltkrieg in Frankreich und der U d S S R eingesetzt und wurde Ende 1942 zum Generalstab kommandiert. Seit Juni 1943 war er Adjutant des Generalstabschefs des Heeres, des Generalobersten Kurt - » Zeitzier, und arbeitete mit der militärischen Opposition gegen —» Hitler zusammen. Nach
Julius (Wilhelm Hermann), evang. Theologe, Musikforscher, * 10.5. 1857 Lengerich (Westfalen), t 7 . 6 . 1930 Münster. Das Studium der Theologie in Bonn, Halle und Göttingen Schloß der aus einer Theologenfamilie stammende S., Bruder von Rudolf - > S . (1851-1913), 1884 in Bonn mit der Promotion zum Lie. theol. ab, war dann Hilfsprediger und Religionslehrer in Paderborn und wurde 1891 Prof. am Predigerseminar in Friedberg. 1893 übernahm S. den Lehrstuhl für praktische Theologie in Straßburg, gehörte 1914 zu den Gründungsmitgliedern der Theologischen Fakultät der Univ. Münster und lehrte hier bis zu seiner Emeritierung 1925. Er war um Reformen im evang. Gottesdienst bemüht, gab wichtige Anstöße zur Wiederentdeckung der Werke von Heinrich —»Schütz und war später maßgeblich an der Entwicklung eines evang. —»Bach-Verständnisses beteiligt. S. veröffentlichte u. a. Die evangelischen deutschen Messen bis zu Luthers Deutscher Messe (1896). Er war der Vater von Friedrich —>S. CD B B K L
Smend,
Rudolf, evang. Theologe, * 5. 11.1851 Lengerich (Westfalen), t 27. 12. 1913 Ballenstedt. Der Bruder Julius —»S.s studierte Theologie und orientalische Sprachen in Göttingen, Berlin und Bonn, wo er 1874 zum Dr. phil. promoviert wurde, habilitierte sich 1875 für Altes Testament in Halle und wurde 1880 a . o . P r o f . in Basel. Seit 1881 o.Prof., folgte er 1889 einem Ruf nach Göttingen. 1907 veranlaßte er die Gründung des Septuaginta-Unternehmens bei der Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften. Beeinflußt durch seinen Lehrer Julius —» Wellhausen, dessen Quellenscheidungsmethodik er weiterentwickelte, bearbeitete S. große Teile der alttestamentlichen Überlieferung, insbesondere des Pentateuch. S. veröffentlichte u . a . Der Prophet Ezechiel (1880), Lehrbuch der alttestamentlichen Religionsgeschichte (1893, 2 1899), Die Weisheit des Jesus Sirach erklärt (1906), Griechisch-syrischhebräischer Index zur Weisheit des Jesus Sirach (1907) und Die Erzählung des Hexateuch auf ihre Quellen untersucht (1912). Er war der Vater des Juristen Rudolf —»S. CD B B K L S m e n d , (Carl Friedrich) Rudolf, Jurist, * 15.1. 1882 Basel, t 5 . 7 . 1 9 7 5 Göttingen. Der Sohn des Alttestamentiers Rudolf —»S. studierte Staatsund Rechtswissenschaften in Basel, Berlin, Bonn und Göttingen, wurde 1904 zum Dr. jur. promoviert und habilitierte sich 1908 mit der Schrift Das Reichskammergericht (1911, Neudr. 1965) für Staats- und Kirchenrecht in Kiel. 1909 ging S. als a. o. Prof. nach Greifswald, wurde 1911 o. Prof. in Tübingen, 1915 in Bonn, 1922 in Berlin und lehrte 1935-50 in Göttingen; 1926-33 und seit 1948 war er Herausgeber des „Archivs des öffentlichen Rechts" und seit 1947 der „Monatsschrift für deutsches Recht". Nach dem Zweiten Weltkrieg war er Gründer und Leiter des Instituts für Evangelisches Kirchenrecht und gab seit 1951 die „Zeitschrift für Evangelisches Kirchenrecht" heraus. 1945-55 war er Mitglied des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland. S. verfaßte zahlreiche staatsrechtliche und staatstheoretische Arbeiten, die um ein integrierendes Gemeinschaftsverständnis des Staats bemüht waren (u. a. Verfassung und Verfassungsrecht, 1928) und in den späteren Jahren vor allem das Grundrechtssystem der Bonner Verfassung als eine materiale Wertordnung interpretierten, die den Staat bestimmt. In diesem Zusammenhang deutete S. auch die aus der Weimarer Reichsverfassung übernommenen Kirchenartikel neu. Er veröffentlichte Staatsrechtliche Abhandlungen und andere Aufsätze (1955, 3 1994). m Marcon/Strecker
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Smetius a Leda S m e t i u s a L e d a , Henricus, eigentl. Henrich (Hendrik) de Smet, Mediziner, Dichter, * 2 9 . 6 . 1537 Alost (Flandern), t 15.3. 1614 Heidelberg. Der Sohn eines Senators und Mediziners studierte Medizin in Rostock, Heidelberg und wurde 1561 in Bologna promoviert. Er war lippischer Leibarzt in Lemgo, wurde 1574 von Kurfürst —»Friedrich III. nach Heidelberg berufen und Schloß sich dort den Calvinisten an, die während der luth. Gegenreform an das neue akademische G y m n a s i u m nach N e u s t a d t / H a a r d t auswichen, dessen Rektor S. 1582 war. 1585 kehrte er auf den medizinischen Lehrstuhl in Heidelberg zurück. S. war auch schriftstellerisch tätig und veröffentlichte 1611 ein umfangreiches Lehrepos De antiquitate et praestantia medicinae (dt. Ueber Alter und Vortrefflichkeit der Medicin, 1889), das ein Bild des medizinischen Berufs in der Vergangenheit und der Gegenwart entwirft. Das wissenschaftliche Lebenswerk, mit Teilen der Korrespondenz zusammengefaßt in den Miscellanea medica (12 Tie., 1611), ist von großem kulturgeschichtlichen Wert. CD Killy S m e t s , Moritz, auch Smetatzko, eigentl. Smetaczko, österr. Schriftsteller, * 16. 12. 1828 Wien, t 2 2 . 4 . 1890 Wien. S. studierte in Wien, mußte wegen Beteiligung an der Revolution 1848 flüchten, konnte jedoch nach einem Jahr zurückkehren und begann ein Studium der Handelswissenschaft und der neueren Sprachen. Danach Buchhalter und Korrespondent in drei Wiener Handelshäusern, leitete er 1864-66 eine Leihbibliothek und lebte dann aus gesundheitlichen Gründen meist in Gloggnitz (Niederösterreich). S. verfaßte historische Schriften (u. a. Wien im Zeitalter der Reformation, 1875, Nachdr. 1969) und Bühnenstücke. 1888 erschienen seine Erinnerungen eines Achtundvierzigers (in: Heimgarten 12). S m i d t , Heinrich, Pseud. Smidt von Altona, Archivar, Schriftsteller, * 18. 12.1798 Altona, t 3 . 9 . 1 8 6 7 Berlin. S. f u h r 1815-22 zur See, studierte seit 1824 Rechtswissenschaften und Literatur in Kiel und Berlin und war seit 1834 Redakteur der „Preußischen Staatszeitung". 1848 wurde er Mitglied der Marineabteilung des Kriegsministeriums in Berlin, 1857 Geheimer Archivar des Kriegsministeriums. S., der in Verbindung mit —> Fontane und d e m „Tunnel über der Spree" stand, schrieb zahlreiche Seefahrts- und Schiffsromane (u.a. Seegemälde, 1828; Jan Blaufink, 2 Bde., 1864; Michael de Ruyter, 4 Bde., 1846, 2 1863), Novellen ( u . a . Devrient-Novellen, 1857, 3 1882) und Dramen ( K a u f m a n n und Seefahrer, 1844; Der Verstoßene, 1851). CD Killy S m i d t , Johann, K a u f m a n n , Staatsmann, * 5. 11. 1773 Bremen, t 7 . 5 . 1857 Bremen. Der Pfarrerssohn studierte Theologie in Jena, war seit 1797 Gymnasialprofessor, wurde dann Syndikus der Älterleute und 1800 Bremer Senator. Nach der Auflösung des alten Deutschen Reiches 1806 versuchte S„ einen Bund der drei Hansestädte zu gründen, u m ihre Selbständigkeit zu bewahren, konnte jedoch die Annexion durch Frankreich nicht verhindern. Nach der Befreiung Bremens durch russische Truppen 1813 setzte er sich für die Wiederherstellung der Selbständigkeit der drei Hansestädte ein, vertrat Bremen auf d e m Wiener Kongreß und wirkte bei der Ausarbeitung der Bundesakte 1815 mit. 1821-49 und 1852-57 war S. Bürgermeister von Bremen, gründete 1827 Bremerhaven und stärkte mit d e m Abschluß von Handels-, Schiffahrtsund Konsularverträgen mit den südamerikanischen Staaten sowie der Schaffung einer regelmäßigen Dampferlinie mit den U S A die Wirtschaftskraft Bremens entscheidend. CD Verwaltung
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S m i d t s , Michael Matthias, auch Smid, Schmidt, Unternehmer, Wasserbautechniker, * 1 1 . 7 . 1 6 2 6 Breda, t 2 4 . 7 . 1692 Berlin. Seit 1652 Hofzimmermeister und Schleusenbaumeister in Berlin, wurde S. 1653 Hofbaumeister. In Berlin und Umgebung war er auch ein einflußreicher Unternehmer, insbesondere im Holzhandel. S. betätigte sich im Kanal-, Schleusen-, Brücken- und Festungsbau, war Bauleiter am Berliner Schloß und errichtete u. a. die Schleuse an der Schloßfreiheit in Berlin-Mitte (1657) sowie die Lange Brücke in BerlinKöpenick (1669). S m i g e l s k i , Ernst (Richard), auch Smigelski-Atmer, Musikwissenschaftler, Komponist, Schriftsteller, * 16.2. 1881 Neisse, t 5. 12.1950 Leipzig. S. studierte Theologie in Rom, wurde dort Klosterpriester bei den Salvatorianern und wandte sich nach zehnjährigem Klosteraufenthalt der Musik zu. Nach d e m Studium bei M a x Reger und Stephan —»Krehl am Konservatorium in Leipzig war er während des Ersten Weltkriegs Kapellmeister an der Oper in Wilna, danach Referent der „Neuen Leipziger Zeitung" und der „Leipziger Neuesten Nachrichten". In Leipzig war S. auch Dozent für Musik an der Volksakademie sowie Theorielehrer am Landeskonservatorium und musikalischer Beirat beim Mitteldeutschen R u n d f u n k . Er komponierte u. a. das Orchesterwerk Zwei Menschen und die Operette Die Königin vom Naschmarkt (1923) sowie Lieder. Zudem schrieb er R o m a n e und Erzählungen, darunter Einer von den Vielen. Ein Priesterroman (1912). S m o l i a n , Arthur (Theodor Ferdinand), Dirigent, K o m p o nist, Musikschriftsteller, * 3 . 1 2 . 1 8 5 6 Riga, t 5. 11.1911 Leipzig. S. besuchte die M ü n c h n e r Kgl. Musikschule, war 1879-82 als Theaterkapellmeister in Berlin, Basel und Stettin tätig und lebte dann als Lehrer und Kritiker in Leipzig. 1884 ließ sich S. in Wiesbaden nieder und ging 1890 als Lehrer am Konservatorium und Musikreferent der „Karlsruher Zeitung" nach Karlsruhe. 1901 kehrte er als Musikreferent der „Leipziger Zeitung" und des „Musikalischen Wochenblatts" sowie als Redakteur der „Neuen musikalischen Presse" nach Leipzig zurück. Er veröffentlichte u. a. Vom Schwinden der Gesangskunst (1903). CD D L L S n i o l k a , Franciszek, Jurist, Politiker, * 5. 11. 1810 Kalusz (Galizien), t 4 . 1 2 . 1 8 9 9 Lemberg. Der Sohn eines Salinenbeamten studierte Rechtswissenschaften in Lemberg, wo er 1836 promoviert wurde und sich 1840 als Rechtsanwalt niederließ. Wegen seiner politischen Aktivitäten im Geheimbund „Volksfreunde" wurde er 1841 verhaftet und 1845 zum Tod verurteilt, jedoch kurz darauf begnadigt. 1848 trat er an die Spitze der nationalpolnischen B e w e g u n g in Galizien, führte den Vorsitz des Wiener, dann des Kremsierer Reichstags und lebte nach der Reichstagsauflösung 1849 als Rechtsanwalt und Gutsbesitzer in L e m berg. Nach der Wiederherstellung des Konstitutionalismus war S. 1861-63, 1867-77 und 1879-93 Abgeordneter Galiziens im Reichsrat, bis 1879 Mitglied des Lemberger Stadtrats, 1881 -93 Präsident des Abgeordnetenhauses des Reichsrats und gehörte nach seiner E r n e n n u n g zum k. k. Geheimrat (1882) seit 1893 dem Herrenhaus an. CD Ö B L S m o l n y , Paul, Schauspieler, Theaterleiter, * 2 3 . 6 . 1 8 9 6 Berlin, | 2 5 . 1 . 1 9 5 0 Oberhausen. S. erhielt eine Schauspielausbildung bei M a x —>Reinhardt in Berlin und war an zahlreichen Bühnen als Schauspieler und Regisseur tätig. 1927 wurde er Intendant in Würzburg, später in Hagen, Wuppertal und Gera, war dann Schauspiel-
Snell direktor in Leipzig und wirkte nach dem Zweiten Weltkrieg als Intendant des wiederaufgebauten Theaters in Oberhausen. S. war mit Mathilde —»Smolny-Heerdt verheiratet. S m o l n y - H e e r d t , Mathilde, geb. Heerdt, Schauspielerin, Theaterleiterin, * 1 4 . 5 . 1 8 9 0 F r a n k f u r t / M a i n , t 3 0 . 8 . 1967 Mülheim/Ruhr. S.-H. erhielt 1916 ihr erstes Engagement in Metz, spielte dann in Darmstadt und Bern und war nach der Heirat mit Paul —»Smolny 1923 gemeinsam mit diesem in Freiburg engagiert. Danach am Albert-Theater in Dresden tätig, wurde sie später Mitarbeiterin an der Berliner Schauspielschule, leitete 1939-43 die Schauspielabteilung an der Leipziger Musikhochschule und war seit 1949 Pädagogin an der Akademie für Bühne, Film und Funk in Wiesbaden. Anschließend übernahm sie gemeinsam mit ihrem M a n n die Intendanz des Theaters in Oberhausen und gründete nach dessen Tod 1950 das Zimmertheater in M ü l h e i m / R u h r . S n a g a , Josef, Pseud. Baran Bertek, Komponist, Dirigent, * 3 . 6 . 1871 Branitz (Oberschlesien), f 13.3. 1946 Halle/ Saale. S. wurde an der Regensburger Kirchenmusikschule, am Konservatorium in Leipzig und an der Musikhochschule in Berlin ausgebildet. 1 9 0 5 / 0 6 war er Theaterkapellmeister am Düsseldorfer Schauspielhaus, 1906-10 am Stadttheater in Köln, 1 9 1 6 / 1 7 am Apollotheater in Berlin und 1917-23 am dortigen Wintergarten. S. komponierte Opern (Das Bild der Favoritin, 1923), Operetten (Der Lumpenprinz, 1912) und musikalische S c h w a n k e (Der Leibkutscher des Fridericus Rex, 1923). S n e e k , Kornelius v o n / v a n , auch Snekanus, Snekis, Snecis, Sneken, Dominikaner, Theologe, * um 1460 Indijk/ Indyk / Hendjik bei Sneek (Friesland), t 1 4 . 9 . 1 5 3 4 Leeuwarden (Niederlande). S. trat in Leeuwarden in den Dominikanerorden ein (1476), immatrikulierte sich 1483 als Prior des Rostocker Konvents an der Univ. Rostock, studierte auch in Köln und Löwen und lehrte von 1513 bis zur Einführung der Reformation an der Univ. Rostock als Prof. der Theologie. 1 5 0 3 / 0 4 , 1510 und 1516-33 erneut Prior des Rostocker Konvents, war S. 1505-08 und 1511-14 Generalvikar der Congregatio Hollandica und 1514-17 Vikar der reformierten norddeutschen und dänischen Klöster. Seit 1505 wirkte er zudem als Inquisitor der Diözesen K a m m i n und Schwerin. 1533 ging er zunächst nach Wismar, dann nach Leeuwarden, w o er wenig später starb. S. hatte in Rostock entscheidenden Anteil an der Wiederbelebung der Lehre des T h o m a s von Aquin. In einigen seiner Schriften trat er als Gegner des Luthertums hervor (Defensio Ecclesiasticorum quos Spiritualis appellamus, 1532; Sacrosanctae Missae ac Canonis Mysteriorum brevis et compendiosa dilucidatio, 1534).
Wiederaufbau und Ausbau der Univ. Hamburg verdient, deren Rektor er 1951-53 war. 1955 gründete er das EuropaKolleg. Durch seine Editionen griechischer Texte ( u . a . Pindari carmina cum fragmentis, 2 Bde., 3 4 1964; Fragmenta Tragicorum Graecorum, 2 Bde., 1971-81) erwarb er sich internationales Ansehen. S. war Herausgeber des Lexikons des frühgriechischen Epos (seit 1955) sowie Mitherausgeber der Zeitschriften „Philologus" (1943-48) und „Glotta" (1952-73). Er veröffentlichte u . a . Die Entdeckung des Geistes (1946, "2000), Der Auflau der Sprache (1952, 3 1966), Griechische Metrik ( 1 9 5 5 , 4 1 9 8 2 , Nachdr. 1997) und Poetry and Society (1961; dt. Dichtung und Gesellschaft, dt. 1965). Seit 1977 war er Mitglied des Ordens Pour le merite für Wissenschaften und Künste. Seit 1989 vergibt die M o m m s e n Gesellschaft den Bruno-Snell-Preis. CD Killy S n e l l , Christian Wilhelm, Philosoph, * 1 1 . 4 . 1 7 5 5 Dachsenhausen, t 3 1 . 7 . 1 8 3 4 Wiesbaden. S., Sohn eines Pfarrers und Bruder von Friedrich Wilhelm Daniel - > S . , studierte 1776-79 Theologie und Philosophie in Gießen, wurde Hauslehrer und war 1780-84 am Pädagogium in Gießen tätig. 1784 wurde er Prorektor, 1797 Rektor und Prof. am G y m n a s i u m in Idstein. 1817-29 war er Oberschulrat und Direktor des G y m n a s i u m s in Weilburg. 1818 übernahm er das A m t des Präsidenten der nassauischen Deputiertenkammer. S., ein strenger Kantianer, veröffentlichte u. a. Welches sind die dauerhaftesten Mittel, den Menschen ohne äußere Gewalt zum Guten zu bringen? (1785), Über Determinismus und moralische Freiheit (1789), Über einige Hauptpunkte der philosophisch-moralischen Religionslehre (1789), Lehrbuch der Kritik des Geschmacks (1795) und Handbuch der Philosophie (8 Bde., 1809-15; 2 1819; später teilweise gemeinsam mit seinem Bruder Friedrich Wilhelm Daniel -h>S.). Er war der Vater von Ludwig —»S. CD A D B
CD Mecklenburg, Bd 2
S n e l l , Friedrich Wilhelm Daniel, Philosoph, * 26. 10. 1761 Dachsenhausen, t 2 8 . 1 0 . 1827 Gießen. Nach dem Studium der Theologie und Philosophie in Gießen war S., Bruder von Christian Wilhelm —»S., Hauslehrer in Braubach, seit 1784 Mathematiklehrer am Pädagogium in Gießen. 1789 habilitierte er sich an der dortigen Univ. und wurde 1800 o . P r o f . der Philosophie, Mathematik und Geschichte. Wie sein Bruder Christian Wilhelm - > S . war auch S. Kantianer. Er veröffentlichte u. a. Menon oder Versuch, in Gesprächen die vornehmsten Punkte aus der Kritik der praktischen Vernunft Kant's zu erläutern (1789; vermehrte Ausg., 1796), Kurze Darstellung und Erläuterung der Kantischen Kritik der ästhetischen Urtheilskraft (2 Tie., 1 7 9 1 / 9 2 ) , Über die Gleichmüthigkeit (1793), Lehrbuch für den ersten Unterricht in der Philosophie (1794, 8 1832) und Über philosophischen Kriticismus in Vergleichung mit Dogmatismus und Skepticismus (1802).
S n e l l , Bruno, Klassischer Philologe, * 1 8 . 6 . 1 8 9 6 Hildesheim, t 31. 10.1986 Hamburg. Der Sohn von Otto —>S. studierte Rechtswissenschaften und Nationalökonomie in Edinburgh und Oxford, wurde nach Beginn des Ersten Weltkriegs interniert und begann 1917 das Studium der Klassischen Philologie in Leiden, das er seit 1919 in Berlin und München fortsetzte und 1922 in Göttingen mit der Promotion abschloß (Die Ausdrücke für den Begriff des Wissens in der vorplatonischen Philosophie, 1924, Nachdr. 1992). 1925 habilitierte sich S. für Klassische Philologie in Hamburg mit der Studie Aischylos und das Handeln im Drama (1928) und hatte dort 1931-59 den Lehrstuhl inne. Als entschiedener Gegner des Nationalsozialismus und ausgezeichneter Wissenschaftsorganisator machte sich S. nach dem Zweiten Weltkrieg um die Wiederaufnahme der internationalen wissenschaftlichen Beziehungen sowie um den
S n e l l , (Christian) Karl, Mathematiker, Physiker, * 19. 1. 1806 Dachsenhausen, t 12.8. 1886 Jena. S., Sohn eines Pfarrers und N e f f e von Christian Wilhelm —> S. und Friedrich Wilhelm Daniel - ^ S . , studierte 1823-28 Philosophie und Mathematik in Gießen, Halle, Göttingen und Berlin, wurde promoviert und war 1829-42 Gymnasiallehrer für Naturwissenschaften, Mathematik und Physik in Dresden. 1844-78 lehrte er als o. Prof. der Mathematik und Physik in Jena. 1853 wurde er zum sachsen-weimarischen Hofrat ernannt. S. war ein Gegner des Materialismus. Er veröffentlichte u. a. Philosophische Betrachtungen der Natur (1839), Newton und die mechanische Naturwissenschaft (1843, 2 1858), Einleitung in die Differential- und Integralrechnung (2 Tie., 1846-51), Die Streitfrage des Materialismus. Ein vermittelndes Wort (1858) und Die Schöpfung des
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Snell Menschen (1863). Seine Vorlesungen Uber die Abstammung des Menschen (1887, 2 1893; Neuausg., hrsg. von Friedrich A. Kipp, 1981) wurden von Rudolf —»Seydel aus dem Nachlaß herausgegeben. DD D L L S n e l l , (Johann Philipp) Ludwig, Pädagoge, Philosoph, * 6 . 4 . 1785 Idstein, t 5 . 7 . 1854 Küsnacht bei Zürich. S., Sohn von Christian Wilhelm —»S. und Bruder von Wilhelm —>S., studierte 1803-06 Theologie in Gießen, war seit 1808 Konrektor am G y m n a s i u m in Idstein, w o er 1814 an der Gründung der Deutschen Gesellschaft beteiligt war, und übernahm 1817 die Leitung des G y m n a s i u m s in Wetzlar. 1820 infolge der Demagogenverfolgung suspendiert und verhaftet, emigrierte er 1824 nach London und ging 1827 in die Schweiz. 1831 wurde er eingebürgert, erhielt eine Professur für Philosophiegeschichte in Zürich und lehrte 1834-38 in gleicher Stellung in Bern. S. verfaßte u . a . ein Handbuch des schweizerischen Staatsrechts (2 Bde., 1837-45) und war Redakteur der Zeitschrift „Schweizerischer Republikaner". Er übte nachhaltigen Einfluß auf den politischen Liberalismus der Zürcher Regenerationsbewegung aus und erlangte maßgebliche Bedeutung für das schweizer. Schulwesen. DD Α DB S n e l l , L u d w i g (Daniel Christian), Psychiater, * 18. 10. 1817 Nauheim bei Kirberg, t 12.6. 1892 Hildesheim. S., Sohn eines Pfarrers und Enkel von Christian Wilhelm —>S., wurde von seinem Vater unterrichtet, studierte seit 1834 Medizin in Gießen, Heidelberg und Würzburg, wo er 1839 promoviert wurde (Wiesbadener Heilquellen), und war Medizinalakzessist in Hochheim und 1845 Assistenzarzt an der Anstalt in Eberbach. Nach einer ausgedehnten Studienreise 1 8 4 6 / 4 7 organisierte er den Aufbau der Irrenanstalt in Eichberg, deren Direktor er 1849-56 war. 1856 übernahm S. die Leitung der neueröffneten Gartenbau-Kolonie in Einum bei Hildesheim als erste deutsche landwirtschaftliche Kolonie in Verbindung mit einer Irrenanstalt. 1873 wurde er zum Geheimen Sanitätsrat ernannt. S. war der Vater von Otto und Richard —»S. DD Kreuter S n e l l , Otto, Psychiater, * 9 . 3 . 1859 Hildesheim, t 7 . 7 . 1939 Göttingen. Der Sohn des Psychiaters Ludwig —>S. und Bruder Richard —»S.s studierte Medizin in Göttingen, Tübingen, Berlin und Jena, w o er 1884 promoviert wurde (Ueber Empfindungen von Schmerz und Druck im Kopfe als Krankheitssymptom im Beginn und Verlauf des primären Wahnsinns), war Assistent unter Bernhard von —> Gudden an der Kreis-Irrenanstalt in M ü n c h e n und 1885-88 Assistent seines Vaters an der Heil- und Pflegeanstalt in Hildesheim. 1888 kehrte S. nach München zurück, betreute zeitweise König —»Otto von Bayern und wurde 1892 zweiter Arzt und Direktionsstellvertreter in der Anstalt in Hildesheim. 1901-24 war er erster Direktor der neuerrichteten Heil- und Pflegeanstalt in Lüneburg. S. veröffentlichte u. a. Hexenprozesse und Geistesstörung. Psychiatrische Untersuchungen (1891) und Crundzüge der Irrenpflege für Studirende und Aerzte (1897). Er war der Vater von Bruno —>S. DD Kreuter S n e l l , Richard (August Emil), Psychiater, * 1 6 . 3 . 1 8 6 7 Hildesheim, f 2 0 . 1 1 . 1 9 3 4 Wiesbaden. Nach d e m 1891 in Kiel mit der Promotion (Beitrag zur Kenntnis der Wirkung des Cocains) abgeschlossenen Medizinstudium war der Bruder Otto —»S.s dritter Arzt an der Provinzial-Heilanstalt in Hildesheim, anschließend an der Provinzial-Korrektions- und Landarmenanstalt in Wunstorf und an der Heil- und Pflegeanstalt in Osnabrück. Seit 1900 arbeitete er wieder an der Anstalt in Hildesheim, wurde 1906 Direktor der Heil- und Pflegeanstalt in Eichberg und hatte
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1911-32 die Leitung der Landes-Heil- und Pflegeanstalt in Herborn inne. 1913 wurde S. zum Sanitätsrat ernannt. CD Kreuter S n e l l , (Johann) Wilhelm, Jurist, Politiker, * 8 . 4 . 1789 Idstein, t 8 . 5 . 1 8 5 1 Bern. Der Bruder des Pädagogen und Philosophen Ludwig —»S. war nach d e m Studium der Rechtswissenschaften in Gießen seit 1814 Advokat und Hofgerichtsrat in Wiesbaden und wurde 1815 als Kriminalrichter nach Dillenburg strafversetzt, nachdem er durch die Gründung der ersten Deutschen Gesellschaft in Idstein und Wiesbaden verdächtig geworden war. Wegen oppositioneller Haltung in der D o m ä n e n f r a g e 1818 entlassen, floh S. 1820 in die Schweiz, übernahm 1821 eine Professur in Basel und wechselte 1833 als Prof. nach Zürich. Seit 1834 lehrte er als Prof. des Römischen Rechts und des Kriminalrechts in Bern. S. war einer der führenden freisinnigen Politiker in der Schweiz und galt als einer der Initiatoren des Freischarenzugs von 1845. Deswegen seines Amtes enthoben und aus d e m Kanton verwiesen, konnte er zwar 1846 wieder zurückkehren, erhielt jedoch keine Professur mehr. DD A D B S n i t g e r , Hieronymus, Politiker, * September 1648 Hamburg, t 4. 10. 1686 Hamburg. Der aus einer K a u f m a n n s f a m i l i e stammende S. war im Konflikt zwischen Rat und Hamburger Bürgerschaft mit Cord —»Jastram einer der Führer der Volkspartei und bestimmte nach der Flucht von Bürgermeister Heinrich —»Meurer die vor allem von den Auseinandersetzungen mit Herzog —»Georg Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg geprägte Politik der Stadt mit. Nach der Belagerung Hamburgs durch König Christian V. von Dänemark des Verrats bezichtigt, wurden S. und Jastram verhaftet, nach Folter zum Tod verurteilt und hingerichtet. DD A D B S o b e r n h e i m , Curt (Joseph), Bankier, * 1 0 . 1 . 1 8 7 1 Berlin, t 1940 Paris. Der aus einer Bankiersfamilie stammende Bruder von Moritz und Walter —> S. war nach einer Banklehre bei der Deutschen Genossenschaftsbank bei verschiedenen Privatbanken in Paris und London tätig und arbeitete nach seiner Rückkehr bei mehreren deutschen Bankinstituten. 1896 wurde er Direktor der Breslauer Disconto-Bank, 1902 stellvertretender Direktor der Nationalbank für Deutschland in Berlin und 1911 ordentliches Vorstandsmitglied der C o m m e r z - und Privatbank A G Berlin. Daneben war er Aufsichtsratsvorsitzender und -mitglied in zahlreichen Unternehmen der Elektro-, Metallund Bauindustrie. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten floh S. nach Frankreich und kam nach der deutschen Besetzung 1940 vermutlich in Gestapohaft um. S o b e r n h e i m , Georg, Hygieniker, * 8 . 6 . 1865 Charlottenburg (heute zu Berlin), t 2 8 . 2 . 1963 Grindelwald. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte Medizin in Leipzig und Berlin, w o er 1891 promoviert wurde ( Ü b e r die Beziehungen zwischen Pneumonie und Lungen-Tuberculose), und arbeitete am Berliner Krankenhaus am Urban und an den Hygienischen Instituten in Marburg und Halle. 1897 habilitierte er sich in Halle f ü r Hygiene (Experimentelle Untersuchungen zur Frage der aktiven und passiven Milzbrandimmunität). Seit 1902 Titularprofessor, wurde er 1907 Abteilungsvorstand am Berliner städtischen Gesundheitsamt, 1918 Ordinarius und Direktor des Instituts zur Erforschung der Infektionskrankheiten in Bern. S. befaßte sich mit Fragen der Bakteriologie und Immunologie, Wasserhygiene und Desinfektion sowie mit Variola- und Vakzineproblemen. Er veröffentlichte u . a . einen Leitfaden für Desinfektoren (1907, 5 1927) und Pocken und Pockenbekämpfung (1921). CD Cat Prof Hai
Socher Sobernheim,
Moritz (Sebastian), Orientalist, Diplomat, * 13.8. 1872 Berlin, | 5. 1. 1933 Berlin. Der Bruder von Curt und Walter S. studierte orientalische Sprachen in München, Berlin, Wien und Bonn, wo er 1896 zum Dr. phil. promoviert wurde, und widmete sich als Privatgelehrter vorwiegend der Epigraphik und der mittelalterlichen Geschichte des islamischen Reiches. 1900 reiste S. als Mitglied der deutschen Ausgrabungsexpedition nach Baalbeck, war 1905-14 Mitarbeiter des Französischen Archäologischen Instituts in Kairo und wurde 1908 zum Prof. ernannt. Während des Ersten Weltkriegs war er im Komitee für den Osten, seit 1918 im Auswärtigen A m t tätig. 1926-33 gehörte er dem Präsidium des Pro-Palästina-Komitees an. S. schrieb u. a. Baalbeck im Mittelalter (1922).
Sobernheim,
Walter, Industrieller, * 2 4 . 4 . 1 8 6 9 Berlin, t 15.6. 1945 N e w York. Nach d e m 1895 mit der Promotion (Die juristische Natur der sogenannten Syndikate) abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaften in Bonn, München und Göttingen war der Bruder von Curt und Moritz —>S. Volontär bei der Nationalbank für Deutschland in Berlin und beim Bankhaus W. Ladenburg & Cie. in London tätig. Anschließend wurde er Juniorpartner im Bankhaus Jakob Landau Nachfolger in Breslau. 1901-03 studierte S. Wirtschaftswissenschaften in den U S A , wurde nach seiner R ü c k k e h r Direktor, 1907 Generaldirektor der Aktien-Brauerei-Gesellschaft Friedrichshöhe vormals Patzenhofer in Berlin und 1920 Generaldirektor der Vereinigte Schultheiß-Patzenhofer Brauerei A G Berlin. Er war Vorstands- und Aufsichtsratsmitglied mehrerer Industrieunternehmungen. Nach der nationalsozialistischen M a c h t ü b e r n a h m e emigrierte S. über Frankreich und Südamerika in die USA. S o b o l e w s k i , Eduard (Johann Friedrich), Pseud. J. Freski, Dirigent, * 1. 10.1808 Königsberg (Preußen), t 17.5. 1872 St. Louis (Missouri, USA). S., Sohn eines Oboisten, war Schüler Carl Maria von —> Webers in Dresden, kehrte um 1825 nach Königsberg zurück, um die Kapellmeisterstelle am dortigen Stadttheater zu übernehmen, und wurde 1830 zum Musikdirektor ernannt. Seit 1835 war er Organist an der Altstädtischen Kirche in Königsberg, übernahm 1838 die Leitung der Philharmonischen Gesellschaft und wurde 1843 Leiter der Königsberger Musikakademie. 1847-54 war S. erneut Musikdirektor des Königsberger Theaters, wechselte 1854 in gleicher Stellung an das Stadttheater in Bremen und ging 1859 nach Milwaukee, wo er die Konzerte der Milwaukee Philharmonie Society dirigierte. 1860-66 wirkte S. als Dirigent der Philharmonie Society in St. Louis. Er komponierte u . a . die Oper Comala (1858) und die symphonische Dichtung Vineta. CD Altpreuß Biogr, Bd 2
Karl Korn in Wien tätig und hatte hier 1924-37 ein eigenes Architekturbüro. Er erbaute vorwiegend städtische Wohnhausanlagen. Seit 1929 war er Mitglied und 1932-38 Vizepräsident des Osterreichischen Werkbundes. 1937 in die U S A emigriert, entwarf er 1 9 3 8 / 3 9 als Designer f ü r Thonet in New York Möbel, war 1939-41 Designer bei der Rüssel Wright Association und lehrte 1941-58 als Associate Professor, dann als Prof. für Kunstgewerbe und Textilien, später für Inneneinrichtung an der Univ. Pittsburg. Seit 1948 war er daneben Prof. f ü r Architektur am dortigen Carnegie Institute for Technology. CD B H d E , Bd 2
Sobotta,
Johannes, Anatom, * 3 1 . 1 . 1 8 6 9 Berlin, t 2 0 . 4 . 1945 Bonn. Der Sohn eines Architekten studierte Medizin in Berlin, wurde 1891 promoviert (Über den Bau und die Entwicklung des Uterus, insbesondere beim Menschen und den Affen) und war Assistent an der Berliner Anatomischen Anstalt. 1895 wurde S. Prosektor am Institut f ü r vergleichende Anatomie, Embryologie und Mikroskopie in Wurzburg, w o er sich 1895 habilitierte. 1903 wurde er a. o., 1912 Prof. der Topographischen Anatomie; 1916 folgte er einem Ruf als Ordinarius und Direktor des Anatomischen Instituts nach Königsberg und lehrte 1919-35 an der Univ. Bonn. 1926 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . Er veröffentlichte u . a . Atlas und Grundriss der Histologie und mikroskopischen Anatomie des Menschen (1902, 5 1938), Atlas der deskriptiven Anatomie des Menschen (3 Abt., 1904-07; ab der 15. Aufl. hrsg. und bearb. von Hellmut —> Becher, ab der 16. Aufl unter d e m Titel Atlas der Anatomie des Menschen, 1962 ff., engl. 1906-07, l 4 2006, Italien. 1 9 5 3 / 5 4 , 3 1 9 5 9 , korean. 1991, russ. 2007) und Grundriss der deskriptiven Anatomie des Menschen (Abt. 1-3, 1904-07).
Sobottka,
Gustav, Partei- und Gewerkschaftsfunktionär, * 12.7. 1886 Turowen (Ostpreußen), t 6 . 3 . 1 9 5 3 Berlin. Seit 1901 Bergarbeiter im Ruhrbergbau, wurde S., Sohn eines Dachdeckers und Taglöhners, 1909 Mitglied des Verbandes der Bergarbeiter und 1910 Mitglied der SPD. Seit 1911 übte er Partei- und Gewerkschaftsfunktionen aus, Schloß sich 1920 der K P D an und leitete 1921-28 die Industriegruppe Bergbau in der Gewerkschaftsabteilung des Zentralkomitees der KPD. 1921-32 war S. Mitglied des Preußischen Landtags, 1928-35 Leiter des Internationalen Komitees der Bergarbeiter in Berlin, Saarbrücken und zuletzt in Paris. 1935 ging er in die U d S S R , wo er später beim Zentralrat der sowjetischen Gewerkschaften tätig war. 1945 kehrte S. nach Deutschland zurück, war 1945-47 Vizepräsident, 1 9 4 7 / 4 8 Präsident der Zentralverwaltung der Brennstoffindustrie und 1949-51 Minister für Schwerindustrie der D D R . m D D R
Sobotka,
Rudolf, österr. Schriftsteller, * 2 6 . 1 1 . 1 8 9 0 Wien, t 14.12. 1952 Wien. S. trat 1915 in den Dienst der G e m e i n d e Wien und arbeitete seit 1920 bei der niederösterreichischen Landesregierung. Daneben widmete er sich einer schriftstellerischen Tätigkeit und war 1913 Mitbegründer des „Vereins Christlichdeutsche Volksbühne" zur Pflege und Förderung der katholischen Literatur. S. schrieb Legendenspiele (Die Legende von der Himmelspförtnerin, 1927), Volksstücke (Der Traum des alten Fiakers, 1935) und Lustspiele (Die Liebesprobe, 1951) sowie den Bauernroman Die sieben Todsünden (1934).
Sobotka,
Walter, österr. Architekt, Designer, * 1.7. 1888 Wien, t 8 . 5 . 1974 N e w York. Nach dem Studium bei Karl —> König an der T H Wien, das er 1912 als Diplom-Ingenieur abschloß, und der Teiln a h m e am Ersten Weltkrieg war S. 1919-23 bei der Firma
Sochaczewer, Hans —> Orabuena, Jose S o c h e r , Joseph (Lorenz Erdmann Gebhart), Pseud. Laurentius Erdmann Gebhart Mandatarius, kath. Theologe, * 12.7. 1755 Peiting bei Schongau (Bayern), t 17.1. 1834 Kelheim. Der Sohn eines Dorfmüllers empfing 1778 die Priesterweihe und war dann Schulrektor in L a n d s b e r g / L e c h . Seit 1784 kurfürstlicher Geistlicher Rat, übernahm S. 1785 eine Pfarrstelle in Oberhaching bei München und wurde 1799 o . P r o f . der theoretischen und historischen Philosophie an der Univ. Ingolstadt ( 1 8 0 3 / 0 4 Rektor) und Stadtpfarrer in Kelheim. 1810 wurde er als ordentliches Mitglied in die Bayerische Akademie der Wissenschaften a u f g e n o m m e n , 1819, 1825 und 1831 in den Bayerischen Landtag gewählt. S. veröf-
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Socin fentlichte u. a. Christenlehrbuch für katholische Seelsorger, Katecheten und Lehrer (4 Bde., 1792-95, 2 1804), Grundriss der Geschichte der philosophischen Systeme von den Griechen bis auf Kant (1801, 2 1802) und Über Ehescheidung in katholischen Staaten (1810). c d LMU
Socin,
(Franz) Adolf, schweizer. Germanist, * 27. 1.1859 Wohlenschwil (Kt. Aargau), t 5 . 2 . 1 9 0 4 Basel. S., Sohn eines Kaufmanns und Strohfabrikanten, wuchs seit 1866 in Basel auf, studierte seit 1877 Klassische Philologie, Geschichte und Germanistik an der Akademie in Neuenburg und an den Universitäten Basel und Straßburg und wurde 1882 in Basel zum Dr. phil. promoviert. Seit 1878 als Stenograph tätig, war er Mitbegründer der „Vereinfachten Stenographie - System Schrey-Johnen-Socin" und arbeitete 1880-85 als Stenograph des Elsässischen Landtags in Straßburg. 1887 wurde er Privatdozent für Germanistik und 1894 a. o. Prof. der Deutschen Philologie an der Univ. Basel. S. veröffentlichte u. a. Schriftsprache und Dialekte im Deutschen nach Zeugnissen alter und neuer Zeit (1888), Basler Mundart und Basler Dichter (1895) und Mittelhochdeutsches Namenbuch. Nach oberrheinischen Quellen des 12. und 13. Jahrhunderts (1902). 1879-87 gab er die „Stenographischen Blätter aus der Schweiz", 1892-97 die „Stenographischen Nachrichten aus der Schweiz" und 1898-1904 mit Rudolf Schwarz den „Schweizer Stenograph" heraus. CD IGL
Socin,
Albert, schweizer. Orientalist, * 13.10. 1844 Basel, t 24.6. 1899 Leipzig. S., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1862 Philologie, Geschichte und Orientalistik in Basel, Göttingen und Leipzig und wurde 1867 in Halle zum Dr. phil. promoviert. Nach weiteren Studien in Berlin und einer Reise in den Orient habilitierte er sich 1871 in Basel für semitische Sprachen, wurde 1876 Ordinarius für semitische Sprachen in Tübingen und 1890 in Leipzig. Er veröffentlichte u. a. eine Arabische Grammatik (1885, 4 1894). 1900/01 gab Hans - ^ S t u m m e seinen Diwan aus Centraiarabien heraus. CH A D B
er später wurde. 1 9 2 5 / 2 6 war S. Osteuropakorrespondent des Zentrumsblatts „Germania" und der „Kölnischen Volkszeitung" in Warschau, studierte seit 1926 Theologie in Innsbruck und empfing 1931 die Priesterweihe. Anschließend war er Jugendpfarrer in München, seit 1935 Diözesanpräses der Vereine katholischer kaufmännischer Angestellter und Beamten und ersuchte 1936 nach Konflikten mit dem Münchner Ordinariat als entschiedener Gegner der Nationalsozialisten um Amtsenthebung und Versetzung als Pfarrer nach Marzling (Oberbayern). 1939 emigrierte S. in die Schweiz und ging 1940 nach Brasilien und weiter in die USA, wo er bis zu seinem Tod Leiter der Exilorganisation Bavarian Council war.
Soden,
Hans Frh. von, evang. Theologe, * 4 . 1 1 . 1 8 8 1 Striesen bei Dresden, t 2 . 1 0 . 1945 Marburg. Der Sohn Hermann von —>S.s studierte 1900-05 Theologie bei Adolf von —»Harnack in Berlin, wurde 1905 zum Lie. theol. promoviert und war Assistent am Kgl. Preußischen Historischen Institut in Rom, bevor er sich 1910 in Berlin f ü r Kirchengeschichte habilitierte. Bis 1914 war S. Religions- und Geschichtslehrer an der Elisabethschule in Berlin-Lichterfelde, während des Ersten Weltkriegs Divisionspfarrer und seit 1918 a. o . P r o f . der Kirchengeschichte in Breslau, wo er 1921 Ordinarius wurde. Seit 1924 lehrte S. Kirchengeschichte und Neues Testament, Dogmengeschichte und alte Kunst in Marburg, wurde 1933 von den Nationalsozialisten zwangsemeritiert, 1934 jedoch wieder eingesetzt. S. war Begründer und Haupt der Bekennenden Kirche in Kurhessen, stand ihrem Bruderrat vor und gehörte dem Reichsbruderrat an. Seine theologisch sorgfältig fundierte Position im Kirchenkampf wurde in zahlreichen Schriftstücken und Briefen verbreitet. S. war Mitbegründer der Gesellschaft für evangelische Theologie und Verfasser des Marburger Gutachtens gegen die Anwendung des Arierparagraphen in der Kirche (1933). Er veröffentlichte u.a. Urkunden zur Entstehungsgeschichte des Donatismus (1913, 2 1950) und eine Geschichte der christlichen Kirche (2 Bde., 1919/20). S. war der Vater von Wolfram von - > S .
Socin,
August, schweizer. Chirurg, * 2 1 . 2 . 1 8 3 7 Vevey, t 2 2 . 1 . 1 8 9 9 Basel. S., Sohn eines wenige Tage nach seiner Geburt verstorbenen Pfarrers, studierte seit 1854 in Basel und Würzburg Medizin, wurde 1857 promoviert (De intoxicatione saturnica chronica) und bildete sich danach an den Universitätskliniken in Prag und Wien weiter. Seit 1859 Assistenzarzt am Basler Bürgerspital, habilitierte er sich 1861 für Chirurgie und übernahm 1862 die Leitung der dortigen Chirurgischen Klinik, die sich unter seiner Leitung zu einer bedeutenden Lehrund Forschungseinrichtung entwickelte. 1862 wurde er a. o., 1864 o. Prof. der Chirurgie. 1866 nahm er am ÖsterreichischItalienischen, 1870/71 am Deutsch-Französischen Krieg teil. S., der sich f ü r die Einführung der antiseptischen Wundbehandlung und die Rehabilitation Invalider einsetzte, veröffentlichte u. a. Chirurgische und pathologisch-anatomische Beiträge zur Kriegsheilkunde (mit Edwin —»Klebs, 1872), und Die Krankheiten der Prostata (= Handbuch der allgemeinen und speciellen Chirurgie, hrsg. von Franz von - > P i t h a und Theodor - » B i l l r o t h , Bd. 3, Abt. 2, 1871-75; fortgesetzt unter dem Titel Die Verletzungen und Krankheiten der Prostata, von Emil Burckhardt, 1902). m Biogr Jahrb, Bd 4
Soden,
Carl Oskar Frh. von, kath. Theologe, Politiker, * 6 . 6 . 1 8 9 8 München, t 6 . 8 . 1 9 4 3 New York. S., Sohn eines Kgl. Bayerischen Kämmerers und Majors, studierte 1917-21 Rechts- und Staatswissenschaften in München und war dann als Rechtsanwalt tätig; er gehörte zu den Gründern der Bayerischen Volkspartei, deren Syndikus
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DD T R E
Soden,
(Hans Karl) Hermann Frh. von, evang. Theologe, * 16.8. 1852 Cincinnati (Ohio, USA), t 1 5 . 1 . 1 9 1 4 Berlin. S. studierte 1870-74 Theologie in Tübingen, war 1874-80 im württembergischen Kirchendienst tätig und wirkte 1 8 8 1 / 8 2 als Pfarrer in Dresden, 1883-86 in Chemnitz und seit 1887 in Berlin. 1889 habilitierte er sich an der dortigen Univ. für Neues Testament und wurde 1893 a . o . P r o f . , 1913 o. Honorarprofessor in Berlin. S. legte eine Ausgabe des Neuen Testaments vor: Schriften des Neuen Testaments in ihrer ältesten erreichbaren Textgestalt hergestellt auf Grund ihrer Textgeschichte (Bd. 1 in 3 Abteilungen, 1902-07 [Untersuchungen], Bd. 2, 1913 [Text und Apparat]). Umstritten war seine Sicht der neutestamentlichen Textgeschichte; als unentbehrliches Hilfsmittel dagegen galt der umfassende Apparat dieser Ausgabe. S. war der Vater von Hans von —> S. CD B B K L S o d e n , (Friedrich) Julius (Heinrich) Reichsgraf von, Diplomat, Schriftsteller, Nationalökonom, Theatergründer, * 4 . 1 2 . 1754 Ansbach, t 13.7.1831 Nürnberg. S., Sohn eines Offiziers, studierte Rechtswissenschaften in Altdorf und Erlangen, trat 1775 in den ansbachischen Justizdienst ein und war seit 1781 Gesandter beim fränkischen Kreis in Nürnberg. 1790 wurde er in den Reichsgrafenstand erhoben, 1794 in die Reichsritterschaft inkorporiert. Nach dem Anschluß Ansbachs an Preußen 1792 stand S. in preuß. Diensten, die er 1795 quittierte, und zog sich auf sein Gut
Soehner Sassenfahrt bei Bamberg zurück. 1802 gründete er das Theater in Bamberg, 1804 das Theater in Würzburg, das er bis 1811 leitete, und lebte seit 1813 meist in Nürnberg. S., der seinen ersten literarischen Erfolg mit der Operette Lindor und Ismene (1771) erzielte, schrieb Dramen (Aurore oder das Kind der Hölle, 1795; Doktor Faust, 1797; Schauspiele, 4 Bde., 1788-91), R o m a n e (Zoe. Ein hohes Ideal zarter Weiblichkeit, 1805) und Erzählungen (2 Bde., 1823) sowie eine Nationalökonomie (9 Bde., 1805-25). CD Killy
Soden,
Julius Frh. von, Politiker, Diplomat, * 5 . 2 . 1 8 4 6 Stuttgart, t 3 . 2 . 1 9 2 1 Tübingen. Nach d e m Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen und Göttingen wurde S., Sohn eines württembergischen Offiziers, 1871 Hilfsarbeiter beim Generalkonsulat in Bukarest, 1872 Konsul in Algier, 1876 in Hongkong, 1879 in Havanna, 1881 in Lima und 1884 in St. Petersburg. 1885 übernahm er das A m t des Gouverneurs in Kamerun, 1891 in Deutsch-Ostafrika. 1893 aus d e m Auswärtigen Dienst ausgeschieden, war S. 1899-1901 Kabinettschef des Königs von Württemberg und 1901-06 württembergischer Staatsminister für Auswärtiges und des Kgl. Hauses.
Soden, Wolfram Frh. von, Altorientalist, * 19.6. 1908 Berlin, t 6 . 1 0 . 1996 Münster. Der Sohn Hans von —>S.s studierte seit 1926 in M a r b u r g / Lahn, München, Berlin und Leipzig, wurde 1931 in Leipzig zum Dr. phil. promoviert und habilitierte sich 1933 an der Univ. Göttingen. 1936 wurde er dort a. o. Prof. f ü r Altorientalische Philologie und lehrte 1940-45 als o.Prof. in Berlin. 1950-55 nahm er einen Lehrauftrag an der Univ. Göttingen wahr und war seit 1955 o.Prof. der Altsemitischen Philologie und orientalischen Altertumswissenschaft in Wien, 1961-76 in Münster (Westfalen). S. trug maßgeblich dazu bei, daß babylonische und assyrische Texte zuverlässig umschrieben und grammatisch und lexikalisch analysiert werden können. Zugleich lieferte er wichtige Impulse für die vergleichende semitische Sprachwissenschaft. S. war Herausgeber der „Zeitschrift f ü r Assyriologie" (1936-45 und 1967-81) und Mitherausgeber des Reallexikons der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie. Zu seinen Werken gehören Das akkadische Syllabar (mit Wolfgang Röllig, 1948, 4 1991), Grundriß der akkadischen Grammatik (1952, 3 1995 mit Werner R. Mayer), Zweisprachigkeit in der geistigen Kultur Babyloniens (1960), Akkadisches Handwörterbuch (3 Bde., 1965-81), Sprache, Denken und Begriffsbildung im alten Orient (1974), Bibel und alter Orient (1985) und Einführung in die Altorientalistik (1985). S. war seit 1957 korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, seit 1973 der British Academy, seit 1973 der Heidelberger und seit 1981 der Göttinger Akademie der Wissenschaften sowie der A k a d e m i e der Wissenschaften und der Literatur zu Mainz. CD D L L S o d e n - F r a u n h o f e n , Maximilian Graf von, Politiker, * 7 . 8 . 1844 Ludwigsburg, t 22. 12.1922 München. Der Sohn des württembergischen Staatsrats und Regierungspräsidenten Rudolf August von Soden studierte Rechtswissenschaften in Tübingen, Berlin und München, war seit 1868 Rechtspraktikant am Münchner Stadtgericht, anschließend am Bezirksamt Vilshofen und besuchte dann die landwirtschaftliche Akademie Tharandt, um sich der Bewirtschaftung seines Guts Neufraunhofen (Niederbayern) widmen zu können. S.-F. war 1874-84 Mitglied des Reichstags, 1875-93 der bayerischen Abgeordnetenkammer, gehörte als Zentrumsmitglied seit 1895 dem bayerischen Reichsrat an und war 1912-16 bayerischer Innenminister.
Söckler,
Johann Michael, Kupferstecher, * 9 . 1 1 . 1 7 4 4 Augsburg, t 7 . 4 . 1 7 8 1 München. S. wurde durch Franz Xaver —»Jungwierth zum Kupferstecher ausgebildet, führte bis 1764 mit diesem gemeinsam eine Werkstatt und war dann in München selbständig tätig. 1767 erhielt er das M ü n c h n e r Bürgerrecht und wurde zum Stahlkupferstecher ernannt. Seit 1777 war S. auch kurfürstlicher Kupferstecher.
Söderbaum,
Kristina, Schauspielerin, Photographin, * 5 . 9 . 1 9 1 2 Stockholm, f 1 2 . 2 . 2 0 0 1 Hitzacker. S., Tochter eines Chemikers, Präsidenten der Kungliga Vetenskapsakademie und Vorsitzenden des Nobelpreiskomitees, erhielt 1 9 3 5 / 3 6 in Berlin Schauspielunterricht bei Rudolf —> Klein-Rogge. 1936 debütierte sie in d e m Film Onkel Bräsig und spielte 1937 erstmals eine Hauptrolle in d e m äußerst erfolgreichen Film Jugend. Die Regie führte Veit —> Harlan, den sie 1939 heiratete und in dessen Filmen sie in der Folgezeit bevorzugt spielte (u. a. Jud Süß, 1940; Der große König, 1942; Opfergang, 1944). S. wurde zu einer der wichtigsten Schauspielerinnen im nationalsozialistischen Deutschland und verkörperte den Idealtyp der vom R e g i m e propagierten deutschen Frau. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete S. am Theater, bevor sie seit den fünfziger Jahren erneut Filme unter der Regie von Harlan drehte. Nach dessen Tod 1964 arbeitete sie vorwiegend als Porträt- und Modephotographin. 1983 erschienen ihre Memoiren unter dem Titel Nichts bleibt immer so (Neufassung 1993). OP Cinegraph S ö d i n g , Hans, Botaniker, * 1 . 6 . 1 8 9 8 Papenburg, t 4 . 9 . 2 0 0 1 Hamburg. S., Sohn eines Gymnasiallehrers, begann 1917 mit d e m Jurastudium in Bonn, wechselte nach einem Semester zu den Naturwissenschaften, besonders der Botanik, in Bonn, Tübingen und Hamburg und wurde 1923 mit der Dissertation Anatomie der Wurzel-, Stengel- und Rübenbildung von Oelraps und Steckrübe promoviert. Zunächst als Assistent in Münster und Dresden tätig, habilitierte er sich dort 1928 mit der Arbeit Untersuchungen an Aspergillus niger über das Mitscherlich-Baulesche Wirkungsgesetz der Wachstumsfaktoren und wurde 1934 zum a . o . P r o f . ernannt. 1941 ging er als apl. Prof. an das Botanische Institut der Univ. Münster und wurde 1947 als Prof. für Botanik nach Hamburg berufen. In seinen botanischen Studien griff er immer wieder mathematisch-physikalische Gesichtspunkte und Methoden auf. Sein besonderes Interesse galt den Wachstumshormonen („Wuchsstoffe"), zu deren Erforschung er bereits im Jahr seiner Promotion auf Anregung von Rose - > Stoppel begonnen hatte. S.s Wuchsstofflehre (1952, russ. 1955) gilt als Standardwerk. S ö h l e , Karl, Schriftsteller, * 1.3. 1861 Uelzen, t 16. 12. 1947 Dresden. Nach d e m Besuch des Lehrerseminars in Wunstorf war S. als Volksschullehrer tätig und bildete sich daneben autodidaktisch zum Musiker aus. Seit 1885 studierte er mit Unterstützung eines Gönners am Konservatorium in Dresden, arbeitete zunächst als freier Musikkritiker und wurde schließlich Redakteur beim „Kunstwart". Später lebte S. als freier Schriftsteller in Dresden. Er verfaßte Landschaftsskizzen (u.a. Schummerstunde, 1903), viel gelesene Musikerzählungen (u. a. Musikantengeschichten, 1898; Sebastian Bach in Arnstadt, 1902; Der verdorbene Musikant, 1918) und Essays (Musikanten und Sonderlinge, 1900; Die letzte Perfektionierung, 1924). c n Killy
Soehner,
Halldor, Kunsthistoriker, * 31. 10.1919 München, t 2 3 . 4 . 1968 München. Das Studium der Kunstgeschichte in München Schloß S. mit der Promotion zum Dr. phil. ab, spezialisierte sich auf spa-
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Söhnge nische und französische Malerei des 18. Jh. und war als Volontär an den Bayerischen Staatlichen Museen tätig. 1959 wurde er Konservator an der Alten Pinakothek, wo er die Leitung der Abteilung für spanische und französische Malerei übernahm, und 1964 Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. S. veröffentlichte u . a . El Creco und Spanien (1963). S ö h n g e , Peter, Schauspieler, * 1 2 . 1 2 . 1 9 1 9 Duisburg, t 7. 11. 1989 M e m m i n g e n . S. studierte Theaterwissenschaften in Hamburg, wo er auch eine Schauspielausbildung erhielt, hatte nach d e m Zweiten Weltkrieg verschiedene Engagements an Theatern in Ostdeutschland und war 1963-73 am Landestheater in Dessau verpflichtet. Wegen illegaler Flucht inhaftiert und schließlich des Landes verwiesen, spielte er am Landestheater in Detmold und in Marburg, w o er auch Leiter des Künstlerischen Betriebsbüros war. 1981 wurde er Chefdisponent und Schauspieler am Landestheater Schwaben in M e m m i n g e n .
Söhngen,
Gottlieb (Clemens), kath. Theologe, Philosoph, * 2 1 . 5 . 1892 Köln, t 1 4 . 1 1 . 1 9 7 1 München. S. studierte Theologie und Philosophie in Bonn, München, Köln und Tübingen und wurde 1915 zum Dr. phil. promoviert (Ueber analytische und synthetische Urteile. Eine historisch-kritische Untersuchung zur Logik des Urteils). 1924-30 war er Geschäftsführer der Albertus-MagnusA k a d e m i e in Köln. 1930 zum Dr. theol. promoviert (Sein und Gegenstand. Das scholastische Axiom ens et verum convertuntur als Fundament metaphysischer und theologischer Spekulation), habilitierte er sich 1931 an der Univ. Bonn, an der er bis 1937 Privatdozent war. 1937 folgte er einem Ruf als Ordinarius an die Staatliche A k a d e m i e Braunsberg (Ostpreußen), kehrte 1946 als Gastprofessor nach Bonn zurück und wirkte seit 1947 als Ordinarius f ü r Fundamentaltheologie und Propädeutik in München. S. war um eine Synthese von scholastischer und moderner Philosophie und ihre A n w e n d u n g auf theologische Gegenwartsfragen bemüht. Er veröffentlichte u. a. Humanität und Christentum (1947), Die Einheit in der Theologie (1952), Philosophische Einübung in die Theologie. Erkennen, Wissen, Glauben (1955, 2 1964), Gesetz und Evangelium. Ihre analoge Einheit theologisch, philosophisch, staatsbürgerlich (1957), Der Weg der abendländischen Theologie. Grundgedanken zu einer Theologie des „ Weges" (1959), Analogie und Metapher. Kleine Philosophie und Theologie der Sprache (1962) und Grundfragen einer Rechtstheologie (1962). S. war Mitherausgeber der Schriftenreihe „Grenzfragen zwischen Theologie und Philosophie" (1936-42).
Söhngen,
Josef, Buchhändler, * 17.8. 1894 München, t 12.3. 1970 München. S., Inhaber der Buchhandlung L. Werner in München, war Mitglied der Widerstandsgruppe „Weiße Rose"; in seiner Buchhandlung wurde die Vervielfältigungsmaschine für die Flugblätter untergestellt. Nach d e m Krieg war er Vorstandsmitglied des Bayerischen Verleger- und Buchhändlerverbandes und baute zusammen mit Annemarie —»Meiner das gesamte Ausbildungswesen für den Buchhandel und das Verlagswesen in Bayern auf.
Köln. 1932 wurde er Referent f ü r Kirchenmusik und kirchliche Kunst beim Evangelischen Oberkirchenrat in Berlin, 1936 Oberkonsistorialrat und 1951 Vizepräsident der Evangelischen Kirche der Union. 1935-70 lehrte er an der Hochschule für Musikerziehung und Kirchenmusik (später Hochschule für Musik) in Berlin und war Vorsitzender der Evangelischen Gesellschaft f ü r Liturgieforschung. S. lieferte wichtige Arbeiten zur Erneuerung der evang. Kirchenmusik und ihrer theologischen Begründung. Er verfaßte u. a. Die Wiedergeburt der Kirchenmusik (1954), Theologie der Musik (1967) und Erneuerte Kirchenmusik. Eine Streitschrift (1975). S. war Mitherausgeber des Handbuchs zum Evangelischen Kirchengesangbuch (4 Bde., 1954-70). m RGG
Söhngen,
Werner, Industrieller, * 12.7. 1906 Essen, t 18.11. 1978 Essen. S. studierte Betriebswirtschaft in Freiburg/Breisgau und Köln, hatte dann die Leitung verschiedener KohleSyndikats-Handelsgesellschaften inne und war während des Zweiten Weltkriegs Vertreter des Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikats in der Reichsvereinigung Kohle. Seit 1945 war er Mitglied des Vorstands der Rheinischen Stahlwerke, 1954-68 Vorstandsvorsitzender und Generaldirektor. 1952-69 gehörte er dem Aufsichtsrat der Bayer A G , 1957-66 dem der Deutschen Bank AG an.
Söhning,
Kurt, eigentl. Kurt Lehmann, Sänger, Schauspieler, * 17.4. 1902 Berlin, t 6 . 5 . 1 9 9 0 Kassel. S. erhielt seinen Schauspielunterricht bei Karl und A n n e Uhlig, gab vermutlich 1922 sein Debüt in Nordhausen, w o er bis 1924 engagiert war, und trat 1924-26 in Altenburg auf. 1926-35 Ensemblemitglied in Kassel, war er dort zunächst als Schauspieler, dann als Operettenbuffo tätig. Seit 1935 spielte er in Königsberg, seit 1936 in Osnabrück, seit 1938 in Dortmund, seit 1941 am Staatstheater Braunschweig und 1946 in Göttingen. 1947-77 gehörte S. als Schauspieler und Operettenbuffo dem Staatstheater Kassel an, das ihn zum Ehrenmitglied ernannte.
Söhnker,
Hans (Albrecht Edmund), Schauspieler, * 11.10. 1905 Kiel, t 2 0 . 4 . 1981 Berlin. Der Sohn eines Tischlers und Verlagsangestellten erhielt nach dem Besuch der Handelsschule und einer kaufmännischen Lehre 1 9 2 2 / 2 3 eine Schauspielausbildung in Kiel, wo er 1923 am Stadttheater als Zedlitz in Traumulus debütierte. 1925 wurde S. als Jugendlicher Held und Liebhaber nach F r a n k f u r t / M a i n engagiert, spielte 1926-28 am Staatstheater in Danzig, 1 9 2 9 / 3 0 am Schauspielhaus in Baden-Baden und trat 1 9 3 0 / 3 1 erneut in Danzig, 1 9 3 2 / 3 3 am Stadttheater in Chemnitz auf. Es folgten Engagements am Schauspielhaus in Bremen, am Renaissancetheater und am Hebbeltheater in Berlin. 1934 für den Film entdeckt, übernahm er zahlreiche Rollen in Unterhaltungsfilmen (u.a. Die Czardasfürstin, 1934; Der Mustergatte, 1937; Große Freiheit Nr. 7, 1944). Nach d e m Zweiten Weltkrieg setzte S. seine Filmkarriere mit Filmen wie Geliebter Lügner (1950) und Wenn wir alle Engel wären (1956) fort und wirkte auch für das Fernsehen, vor allem in Serien. 1974 erschienen seine Memoiren unter dem Titel Und kein Tag zuviel. CD Cinegraph
Söhnlein, Söhngen,
Oskar, evang. Theologe, Musikwissenschaftler, * 5. 12. 1900 Hottenstein (heute zu Wuppertal), t 2 8 . 8 . 1983 Berlin. S. studierte seit 1919 Theologie und Philosophie in Bonn und Marburg, w o er auch musikwissenschaftliche Vorlesungen hörte, wurde 1923 mit der Arbeit Das mystische Erlebnis in Plotins Weltanschauung zum Dr. phil. und 1924 zum Lie. theol. promoviert und war seit 1926 Pfarrer in
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Johann Jacob, Fabrikant, * 1 2 . 9 . 1 8 2 7 F r a n k f u r t / M a i n , t 2 4 . 2 . 1 9 1 2 Schierstein/Rhein. Der früh verwaiste S. erhielt seit 1837 eine kaufmännische Ausbildung in einer Frankfurter Weinhandlung und einem Tabakunternehmen in Offenbach, war 1850 Mitgründer der Handlung in Tabak und Zigarren Söhnlein & Dennemann und gründete 1855 die Nassauische Gesellschaft für Tabakbau und Zigarren-Fabrikation in Schierstein. 1864 erfolgte die Gründung der Aktiengesellschaft Rheingauer
Soemmerring Schaumweinfabrik in Schierstein, deren Vorstandsvorsitzender S. wurde. Unter seiner Leitung entwickelte sich das Unternehmen seit etwa 1874 zu der in Deutschland führenden, weltbekannten Sektkellerei. S. war der Vater von Julius —»S.
Söhnlein,
Julius, Ingenieur, Erfinder, * 2 8 . 9 . 1856 Schierstein, t 6 . 6 . 1 9 4 2 Eberswalde. Der Sohn Johann Jacob —>S.s wurde Ingenieur und erfand mehrere Verbrennungsmaschinen, für die er Patente erwarb. 1873 konstruierte S. einen Motorwagen mit einem Verdichtungs-Zweitakt-Motor, der mit einem PetroleumBenzin-Gemisch betrieben wurde (seit 1884 als Patent anerkannt). 1892 baute er mit einem ähnlichen Motor ein Dreirad. Seit etwa 1900 lebte S. als freischaffender Ingenieur in Eberswalde.
Söhnlein,
Kurt, Bühnenbildner, * 7. 3 . 1 8 9 4 Wiesbaden, t 17.9. 1985 Luzern. Nach der Ausbildung an der Handelsakademie in Frankf u r t / M a i n besuchte S. 1918-24 die Kunstschule in Wiesbaden und betrieb daneben Privatstudien bei einem Maler. Anschließend war er Assistent in Schwerin, seit 1924-31 Bühnenarbeiter, später Bühnenbildner in Bayreuth und ging dann nach Hannover, wo er Assistent des Technischen Direktors, Bühnenbildner und bis 1959 Ausstattungsleiter der Niedersächsischen Staatstheater in Hannover war. Nach seiner Pensionierung widmete er sich dem Wiederaufbau des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Theatermuseums und -archivs in Hannover. S o l c h , Johann, österr. Geograph, * 1 6 . 1 0 . 1 8 8 3 Wien, t 10.9. 1951 Kitzbühel (Tirol). Das Studium der Geographie und Geschichte in Wien schloß S., Sohn eines Regierungsrats und Verlagsdirektors, 1906 mit der Promotion ab, war 1907 Assistent a m Geographischen Institut der Univ. Leipzig und seit 1907 Gymnasiallehrer in Wien und Graz. Dort habilitierte er sich 1917 f ü r Geographie, folgte 1920 einem Ruf als o. Prof. nach Innsbruck, wo er ein Seminar für Alpengeographie aufbaute, und lehrte seit 1928 als o. Prof. der Geographie in Heidelberg. 1935-51 war er o . P r o f . und Direktor des Geographischen Instituts in Wien. S. veröffentlichte vor allem Arbeiten zur Geomorphologie und allgemeinen Landeskunde der Ostalpen (u. a. Ceographischer Führer durch Nordtirol, 1924; Die Landformung der Steiermark, 1928; Die Ostalpen und Österreich, 1930; Fluß- und Eiswerk in den Alpen, 2 Bde., 1935) und Großbritanniens (Die Landschaften der britischen Inseln, 2 Bde., 1951/52). S ö l d e r , Friedrich (Leopold) von, österr. Psychiater, Neurologe, * 2 7 . 4 . 1867 Meran, t 11.9. 1943 Wien. S. studierte seit 1885 Medizin in Innsbruck und Graz, wurde 1891 in Innsbruck promoviert und war Assistent der Beobachtungsabteilung im Allgemeinen Krankenhaus in Wien. Seit 1893 war er Assistent Richard von —> Krafft-Ebings an der II. Psychiatrischen Universitätsklinik und habilitierte sich 1900 f ü r Psychiatrie und Neurologie. S. war Adjunkt an der II. Psychiatrischen Universitätsklinik, gehörte 1909-15 dem Obersten Sanitätsrat an und leitete 1912-32 die Nervenheilanstalt Rosenhügel in Wien. Auf ihn ist die Krankheitsbezeichnung Söldersche Linien (konzentrisch um M u n d und N a s e n ö f f n u n g verlaufende Begrenzungslinien) bezogen. S. veröffentlichte u . a . Der Regierungsentwurf eines Entmündigungsgesetzes (1909). CO O B L
Solle,
Dorothee, geb. Nipperdey, evang. Theologin, Literaturwissenschaftlerin, Schriftstellerin, * 3 0 . 9 . 1929 Köln, t 2 7 . 4 . 2 0 0 3 Göppingen. S., Tochter Hans Carl —»Nipperdeys und Schwester von T h o m a s - > Nipperdey, studierte evang. Theologie, Klassische Philologie, Philosophie und Literaturwissenschaft in
Köln, Freiburg/Breisgau und Göttingen und wurde 1954 promoviert. Nach Tätigkeit als Lehrerin sowie freier Mitarbeit in Funk und Fernsehen habilitierte sie sich 1971 an der Philosophischen Fakultät der Univ. Köln und wurde 1975 Professorin f ü r Systematische Theologie am Union Theological Seminary in N e w York. Z u s a m m e n mit ihrem Ehemann Fulbert Steffensky gründete sie in Köln den Arbeitskreis „Politisches Nachtgebet". Zunächst beeinflußt von der Gott-ist-tot-Theologie, gelangte S. über die Befreiungsund die feministische Theologie zu einer kirchenkritischen, politisch engagierten Position, die die christliche Überlieferung im Sinne einer säkularen Humanität zu interpretieren suchte. Sie veröffentlichte u . a . Stellvertretung. Ein Kapitel Theologie nach dem „Tode Gottes" (1965), Leiden (1973), Die Hinreise (1975), Fliegen lernen. Gedichte (1979), Politische Theologie (1982) und Gegenwind. Erinnerungen (1995). 1974 wurde S. die Theodor-Heuss-Medaille, 1982 der Droste-Preis für Lyrik verliehen. c n DLL
Söllner,
Alfred, Jurist, * 5 . 2 . 1 9 3 0 F r a n k f u r t / M a i n , t 9 . 1 1 . 2 0 0 5 Gießen. S. schloß das Studium der Rechtswissenschaften 1958 in F r a n k f u r t / M a i n mit der Promotion ab (Die causa im Kondiktionenund Vertragsrecht des Mittelalters bei den Glossatoren, Kommentatoren und Kanonisten) und war 1959-66 Assistent am Institut für Arbeitsrecht der Univ. F r a n k f u r t / M a i n . 1966 habilitiert, wurde er im selben Jahr o . P r o f . an der Univ. Kiel und lehrte 1970-97 als o . P r o f . für Römisches und Bürgerliches sowie Arbeits- und Sozialrecht an der Univ. Gießen, deren Vizepräsident er 1985-87 war. 1987-95 gehörte er d e m Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts an. Er veröffentlichte u. a. Einseitige Leistungsbestimmung im Arbeitsverhältnis (1966), Arbeitsrecht (1969, 7 1981, ab *1984 unter dem Titel Grundriß des Arl2 beitsrechts, 1990; danach fortgeführt von Raimund Wal,4 termann, 2007) und Römische Rechtsgeschichte (1971, ab 2 1980 unter dem Titel Einführung in die Römische Rechts5 geschichte, 1996). S. war korrespondierendes Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. S o e l t l , Johann Michael von, Historiker, Schriftsteller, * 1 9 . 4 . 1 7 9 7 Neunburg vorm Wald (Oberpfalz), t 14.4. 1888 München. Der Sohn eines Tagelöhners wurde nach dem Studium der Philologie und Geschichte in Landshut 1823 in Erlangen zum Dr. phil. promoviert. Er unterrichtete als Lehrer am Holländischen Erziehungsinstitut in München, studierte 1824-26 in Göttingen und war danach Gymnasialprofessor und Privatdozent in München. 1835 wurde S. wegen angeblich kirchenkritischer Tendenzen zwangspensioniert. Unter König —»Maximilian II. kehrte er an die Univ. zurück, 1848 als Honorarprofessor, 1849 als a. o. und im selben Jahr als o . P r o f . für Geschichte. Er war 1855-73 Geheimer Hausarchivar sowie 1868-76 Geheimer Staatsarchivar. 1867 wurde er geadelt und zum Geheimen Hofrat ernannt. S. veröffentlichte u . a . Heinrich IV. (1825), Geschichte der Deutschen (1835) und Der Religionskrieg in Deutschland (1842). Daneben verfaßte er spätromantische Schauspiele, Versepen und Lyrik und gab eine S a m m l u n g deutscher Sagen heraus.
tri
DLL
Soemmerring,
Detmar Wilhelm, Mediziner, * 2 7 . 6 . 1 7 9 3 F r a n k f u r t / M a i n , t 14.8. 1871 F r a n k f u r t / M a i n . Der Sohn Samuel T h o m a s von —>S.s schloß das Medizinstudium 1818 in Göttingen mit der Promotion ab (De oculorum hominis animaliumque sectione horizontali commentatio), war seit 1819 praktischer Arzt in F r a n k f u r t / M a i n und veröffentlichte u. a. als Gratulationsschrift zum fünfzigjährigen Doktorjubiläum seines Vaters 1828 Beobachtungen Uber
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Soemmerring die organischen Veränderungen im Auge nach Staroperationen. Im selben J a h r w u r d e S. in d i e D e u t s c h e A k a d e m i e d e r Naturforscher Leopoldina aufgenommen. CD Frankf B i o g r
Soemmerring,
Samuel T h o m a s von, Anatom, Anthropologe, P a l ä o n t o l o g e , * 28. 1. 1755 T h o r n (heute Toruri), t 2 . 3 . 1830 F r a n k f u r t / M a i n . Der S o h n d e s T h o r n e r Stadtp h y s i k u s J o h a n n T h o m a s S. studierte seit 1774 in G ö t t i n g e n M e d i z i n unter Ernst G o t t f r i e d —> B a l d i n g e r , J o h a n n Friedrich —» B l u m e n b a c h und H e i n r i c h A u g u s t Wrisberg. In seiner 1778 vorgelegten, 1792 erweiterten Dissertation De basi encephali et originibus nervorum cranio egredientium beschrieb er d i e bis h e u t e g ü l t i g e Einteilung der H i r n n e r v e n . N a c h einer Studienreise ( 1 7 7 8 / 7 9 ) trat er im H e r b s t 1779 seine erste P r o f e s s u r a m C o l l e g i u m C a r o l i n u m in Kassel an, d i e sein F r e u n d G e o r g —»Forster vermittelt hatte. In Kassel Schloß sich S. v o r ü b e r g e h e n d d e n F r e i m a u r e r n und R o s e n k r e u z e r n an, lernte —> G o e t h e und J o h a n n Heinrich —> M e r c k k e n n e n und b e s c h r i e b als erster d i e S e h n e r v e n k r e u z u n g im G e h i r n der S ä u g e r . D i e hier e n t s t a n d e n e , 1785 e r w e i t e r t e S c h r i f t Uber die körperliche Verschiedenheit des Mohren vom Europäer (1784), in der S. e r s t m a l s a n a t o m i s c h - q u a n t i t a t i v e Kriterien f ü r R a s s e n u n t e r s c h i e d e entwickelte, w i r k t e bis weit ins 19. Jh. hinein. Von 1784 bis 1797 w a r S. P r o f . der A n a t o m i e und P h y s i o l o g i e in M a i n z . Dort e n t d e c k t e er 1791 den gelben Fleck in der m e n s c h l i c h e n N e t z h a u t , publizierte ein Werk ü b e r M i ß g e b u r t e n ( 1 7 9 1 ) s o w i e sein s e c h s b ä n d i g e s K o m p e n d i u m Vom Baue des menschlichen Körpers (1791-96), ein S t a n d a r d w e r k der A n a t o m i e der G o e t h e z e i t . Seit 1795 wich S. w e g e n d e r unsicheren politischen L a g e in der F o l g e der M a i n z e r R e p u b l i k , deren unterschiedlic h e B e u r t e i l u n g z u m B r u c h mit F o r s t e r führte, z u n e h m e n d nach F r a n k f u r t / M a i n aus, w o er bis 1804 als praktischer Arzt arbeitete und w e s e n t l i c h e Verdienste bei der E i n f ü h r u n g der P o c k e n i m p f u n g in d i e s e r Stadt e r w a r b . Ü b e r S u s e t t e —»Gontard, e n g s t e F r e u n d i n seiner E h e f r a u M a r g a r e t h e Elisabeth, lernte er Friedrich —»Hölderlin k e n n e n , d e r neben W i l h e l m —»Heinse zu d e n w e n i g e n B e f ü r w o r t e r n von S.s zentraler Schrift Ueber das Organ der Seele ( 1 7 9 6 , mit N a c h w o r t von —»Kant) zählte, in d e m S. d i e Ventrikelflüssigkeit im G e h i r n als S e n s o r i u m c o m m u n e ( g e m e i n s a m e s S i n n e n o r g a n ) und v e r m e i n t l i c h e n Sitz der S e e l e bezeichnet hatte. N a c h d e m Tod seiner Frau ( 1 8 0 2 ) suchte S. e i n e n e u e b e r u f l i c h e H e r a u s f o r d e r u n g . St. P e t e r s b u r g , Halle, W ü r z b u r g , a u c h J e n a - unter tatkräftiger M i t w i r k u n g G o e t h e s - b e m ü h t e n sich vergeblich u m ihn. 1804 n a h m S. einen R u f an d i e B a y e r i s c h e A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f ten in M ü n c h e n an, w u r d e 1805 d e r e n ordentliches Mitglied und erhielt den K u r f ü r s t l i c h P f a l z - B a y e r i s c h e n Hofratstitel. 1816 w u r d e S. in die D e u t s c h e A k a d e m i e der N a t u r f o r s c h e r L e o p o l d i n a g e w ä h l t . In den J a h r e n des W e c h s e l s erschienen vier g r o ß e , d e m A u g e (1801), d e m O h r ( 1 8 0 6 ) , d e m G e s c h m a c k s - ( 1 8 0 6 ) und d e m G e r u c h s s i n n (1809) g e w i d m e t e T a f e l b ä n d e , die als Abbildungen der menschlichen Sinnesorgane ( 1 8 0 1 - 0 9 ) z u s a m m e n g e f a ß t w u r d e n . D a der B a u der i h m zugesagten A n a t o m i e ins S t o c k e n geriet, w a n d t e sich S. z u n e h m e n d von der M e d i z i n ab. 1809 konstruierte er einen e l e k t r o - c h e m i s c h e n T e l e g r a p h e n , seit 1812 legte er m e h r e r e p a l ä o n t o l o g i s c h e A b h a n d l u n g e n ( u . a . zu F l u g sauriern, fossilen Reptilien) vor, d i e teilweise w i c h t i g e Erstb e s c h r e i b u n g e n brachten ( v o r a l l e m bei P t e r o d a c t y l u s antiquus S o e m m e r r i n g ) .
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A l s 1819 der A k a d e m i e p r ä s i d e n t und F r e u n d Friedrich Heinrich —»Jacobi starb, e n t s c h l o ß sich S. zur R ü c k k e h r n a c h F r a n k f u r t / M a i n , w o er seinen L e b e n s a b e n d verbrachte. A m 7 . 4 . 1828 w u r d e unter großer, e u r o p a w e i t e r A n t e i l n a h m e sein f ü n f z i g j ä h r i g e s D o k t o r j u b i l ä u m gefeiert. In den letzten L e b e n s j a h r e n u n t e r s u c h t e S. S o n n e n f l e c k e n mit e i n e m F e r n r o h r , d a s i h m J o s e p h von —»Fraunhofer in M ü n c h e n g e s c h e n k t hatte. WEITERE WERKE: Ü b e r d i e S c h ä d l i c h k e i t der S c h n ü r b r ü s t e . L e i p z i g 1788. Berlin 2 1 7 9 3 . - U e b e r den Tod d u r c h d i e Guillotine. In: K l i o (1795) H e f t 9, S. 6 1 - 7 2 . - T a b u l a sceleti f e m i n i n i . F r a n k f u r t / M a i n 1797. - Ü b e r U r s a c h e und Verhütung der N a b e l - und L e i s t e n b r ü c h e . F r a n k f u r t / M a i n 1797. - S. T . S.: Werke. H r s g . v. G u n t e r M a n n t / J o s t B e n e d u m t / W e r n e r F. K ü m m e l : Stuttgart u . a . 1 9 9 0 f f . (bisher 18 Bde.). LITERATUR: G u n t e r M a n n t / J o s t B e n e d u m t / W e r n e r F. K ü m m e l (Hrsg.): S . - F o r s c h u n g e n . Stuttgart u . a . 1 9 8 5 f f . (bisher 8 B d e . , m i t B i b l i o g r a p h i e der W e r k e S.s in Bd. 1, 1985). - M a n f r e d Wenzel: D i e S.-Edition d e r A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n u n d der Literatur, M a i n z . In: A c t a historica L e o p o l d i n a N r . 2 0 (1992), S. 105-120 (mit detailliertem Editionsplan u n d Verzeichnis der E i n z e l b ä n d e ) . Manfred
Wenzel
Soennecken,
Friedrich, F a b r i k a n t , * 2 0 . 9 . 1 8 4 8 D r ö s c h e d e bei Iserlohn, t 2 . 7 . 1 9 1 9 B o n n . D e r S o h n eines K l e i n s c h m i e d s erhielt e i n e k a u f m ä n n i s c h e A u s b i l d u n g , b e f a ß t e sich mit der E n t w i c k l u n g einer n e u e n Z i e r s c h r i f t u n d verbreitete seit 1874 s e i n e n e u e Schriftart, d i e s o g e n a n n t e R u n d s c h r i f t , d u r c h L e h r h e f t e . 1875 g r ü n d e t e S. in R e m s c h e i d einen Verlag, ging n a c h B o n n und widm e t e sich 1 8 7 7 / 7 8 an der dortigen U n i v . s o w i e in d e n Bibliotheken und Museen Deutschlands, Frankreichs, Englands, Italiens und R u ß l a n d s d e m S t u d i u m der G e s c h i c h t e der Schrift. In seiner A r b e i t Das deutsche Schriftwesen und die Notwendigkeit seiner Reform ( 1 8 8 1 ) lehnte er d i e sog e n a n n t e d e u t s c h e Schrift z u g u n s t e n der i m übrigen E u r o p a g e b r a u c h t e n lateinischen Schrift a b und e n t w i c k e l t e ein S c h r e i b f e d e r n - S y s t e m . 1884 e r b a u t e S. in B o n n - P o p p e l s d o r f d i e S c h r e i b f e d e r n - und S c h r e i b w a r e n f a b r i k F. S o e n n e c k e n . Er gilt als B e g r ü n d e r der d e u t s c h e n S c h r e i b w a r e n i n d u s t r i e .
Soergel,
( W i l h e l m ) Albert, Literaturhistoriker, * 15.6. 1880 C h e m n i t z , t 2 7 . 9 . 1958 K a r l - M a r x - S t a d t (heute wieder C h e m n i t z ) . S., S o h n eines F a b r i k a n t e n , studierte seit 1899 D e u t s c h e S p r a c h e und Literatur in F r e i b u r g / B r e i s g a u , Berlin und Leipzig, w u r d e 1905 z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t ( A h a s v e r Dichtungen seit Goethe) u n d lebte d a n n als P r i v a t g e l e h r t e r in C h e m n i t z . 1911 w u r d e er D o z e n t f ü r D e u t s c h e S p r a c h e und Literatur, 1920 Prof. der Literatur- und K u l t u r g e s c h i c h t e an der dortigen G e w e r b e a k a d e m i e (seit 1929 Staatliche A k a d e m i e f ü r Technik). 1933 trat er in d i e N S D A P ein. S. w a r Verf a s s e r der zu ihrer Zeit populärsten Literaturgeschichte Dichtung und Dichter der Zeit. Eine Schilderung der deutschen Literatur der letzten Jahrzehnte ( 1 9 1 1 , N e u b e a r b . 1961) mit den F o r t s e t z u n g e n Im Banne des Expressionismus (1925) und Dichter aus deutschem Volkstum (1934, N e u b e a r b . in 2 B ä n d e n 1961-63 von C u r t H o h o f f ) . CO I G L S ö r g e l , H e r m a n , Architekt, K u l t u r p h i l o s o p h , * 2 . 4 . 1 8 8 5 R e g e n s b u r g , t 25. 12. 1952 M ü n c h e n . S., S o h n eines B a u i n g e n i e u r s , studierte A r c h i t e k t u r an der T H M ü n c h e n und an den Universitäten M ü n c h e n und K ö l n , legte d a s E x a m e n als D i p l o m - I n g e n i e u r a b und w a r nach kurzer Lehrtätigkeit als f r e i e r Architekt, d a n n als R e g i e r u n g s b a u m e i s t e r tätig. Später w i d m e t e er sich ausschließlich der V e r w i r k l i c h u n g seines A t l a n t r o p a - P l a n s , der e i n e S e n k u n g des M i t t e l m e e r w a s s e r s p i e g e l s vorsah, u m N e u l a n d f ü r Getreidebau zu g e w i n n e n . D u r c h d e n E i n b a u von S t a u d ä m m e n
Sohm bei Gibraltar und Gallipoli sollte d i e B e w ä s s e r u n g und Kultivierung N o r d a f r i k a s e r m ö g l i c h t w e r d e n . Ziel seines P r o j e k t s war, in kontinentaler Einheit einen politischen und kulturellen Z u s a m m e n s c h l u ß E u r o p a s und A f r i k a s h e r b e i z u f ü h r e n . S. g r ü n d e t e d a s Atlantropa-Institut in O b e r s t d o r f , d a s er bis zu s e i n e m T o d leitete, u n d zeigte M o d e l l e und E n t w ü r f e seines Projekts, an d e m n a m h a f t e e u r o p ä i s c h e W i s s e n s c h a f t l e r m i t w i r k t e n , auf zahlreichen A u s s t e l l u n g e n . Er w a r H e r a u s g e ber der von i h m m i t b e g r ü n d e t e n M o n a t s s c h r i f t „ B a u k u n s t " und v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Einführung in die Architektur-Asthetik. Prolegomena zu einer Theorie der Baukunst (1918; 3., erw. Aufl. unter d e m Titel Architektur-Ästhetik. Theorie der Baukunst, 1921; N e u d r . 1988) und Atlantropa (1932).
Soetbeer,
G e o r g A d o l p h , S t a a t s w i s s e n s c h a f t l e r , Wirts c h a f t s f a c h m a n n , * 23. 1 1 . 1 8 1 4 H a m b u r g , t 2 2 . 1 0 . 1892 Göttingen. N a c h d e m S t u d i u m der Philologie, G e s c h i c h t e u n d H a n d e l s politik w a r S. seit 1840 Bibliothekar, seit 1843 Sekretär und K o n s u l e n t der H a m b u r g e r K o m m e r z d e p u t a t i o n , der späteren H a n d e l s k a m m e r . E r leitete die V e r ö f f e n t l i c h u n g der d r e i b ä n d i g e n Statistik Über Hamburgs Handel (1840-46), g e h ö r t e 1848 d e m F r a n k f u r t e r V o r p a r l a m e n t an und w u r d e 1872 H o n o r a r p r o f e s s o r der S t a a t s w i s s e n s c h a f t e n in Göttingen. Er regte in D e n k s c h r i f t e n d i e Vereinigung der deutschen W ä h r u n g e n auf der G r u n d l a g e d e s G o l d s t a n d a r d s und d i e E i n f ü h r u n g d e r „ M a r k " als W ä h r u n g s e i n h e i t an. S. verö f f e n t l i c h t e u. a. Beiträge und Materialien zur Beurteilung von Geld- und Bankfragen (1855).
Soetbeer, Heinrich, V e r b a n d s f u n k t i o n ä r , * 5 . 5 . 1 8 6 3 Pölitz ( P o m m e r n ) , f 1 . 1 1 . 1 9 3 9 Berlin. S., S o h n eines f r ü h verstorbenen Pfarrers, w u r d e von G e o r g A d o l p h —>S. adoptiert und studierte seil 1880 S p r a c h w i s s e n s c h a f t , P h i l o s o p h i e , N a t i o n a l ö k o n o m i e und G e s c h i c h t e in G ö t t i n g e n u n d M ü n c h e n . 1886 w u r d e er mit d e r Arbeit Die Stellung der Sozialisten zur Malthus'sehen Bevölkerungslehre p r o m o v i e r t , arbeitete a n s c h l i e ß e n d als w i s s e n s c h a f t licher Hilfsarbeiter im R e i c h s a m t des I n n e r n in Berlin u n d trat 1889 d i e Stelle eines Sekretärs bei der H a n d e l s k a m m e r M ü n s t e r an. 1891 w e c h s e l t e S. an d i e H a n d e l s - u n d Gew e r b e k a m m e r Zittau. 1893 f o l g t e er e i n e m R u f als Sekretär an d i e H a n d e l s k a m m e r H a m b u r g und w u r d e 1897 G e n e ralsekretär d e s D e u t s c h e n H a n d e l s t a g e s ( D H T ) in Berlin; 1918 e r f o l g t e unter S.s M i t w i r k u n g die U m b e n e n n u n g des D H T in d e n „ D e u t s c h e n Industrie- und H a n d e l s t a g " . 1922 in d e n R u h e s t a n d getreten, ü b e r n a h m er 1925 n o c h e i n m a l das A m t d e s Vorsitzenden der Vereinigung d e u t s c h e r H a n d e l s und G e w e r b e k a m m e r s e k r e t ä r e und w a r n a c h der M a c h t ü b e r n a h m e durch d i e Nationalsozialisten 1934 a u c h m i t d e r e n A u f l ö s u n g betraut. DO R h e i n - W e s t f Wirt, Bd 15 S o e t b e e r , Volker, S c h a u s p i e l e r , * 1 2 . 1 1 . 1896 H a m b u r g , t 2 7 . 1 1 . 1 9 7 1 Kiel. S. erhielt seinen S c h a u s p i e l u n t e r r i c h t bei E d u a r d von —> Winterstein, debütierte 1920 an der Berliner V o l k s b ü h n e und hatte d a n n E n g a g e m e n t s in M a i n z ( 1 9 2 2 - 2 4 ) , H e i d e l b e r g (1924-26), Mönchengladbach (1926-28), Gotha ( 1 9 2 8 / 2 9 ) und L ü b e c k ( 1 9 2 9 - 3 3 ) . Seit 1933 in B r e s l a u verpflichtet, trat er 1936-41 a m D e u t s c h e n T h e a t e r s in Berlin auf und w a r seit 1941 E n s e m b l e m i t g l i e d der B ü h n e n der L a n d e s h a u p t s t a d t Kiel, w o er auch als R e g i s s e u r tätig war. S o e t e f l e i s c h , J o h a n n , luth. T h e o l o g e , * 1 6 . 1 0 . 1 5 5 2 Seesen, t 1 9 . 5 . 1 6 2 0 Wunstorf. S. erhielt seine A u s b i l d u n g a m P ä d a g o g i u m in G a n d e r s h e i m , ging 1575 als K a n t o r nach H a l b e r s t a d t u n d w u r d e 1578 in H e l m s t e d t z u m M a g i s t e r u n d z u m Dr. phil. promoviert. I m selben J a h r w u r d e er R e k t o r in B u r g bei M a g deburg. 1579 n a h m er einen R u f als D o z e n t an die U n i v . H e l m s t e d t an, w o er seit 1581 als Prof. der Dialektik u n d
E t h i k , seit 1587 als Prof. der T h e o l o g i e wirkte. 1589 w u r d e S. G e n e r a l s u p e r i n t e n d e n t von G ö t t i n g e n , 1608 von C a l e n berg und hatte e n t s c h e i d e n d e n Anteil an der F e s t i g u n g d e s e v a n g . K i r c h e n w e s e n s in diesen R e g i o n e n . Gleichzeitig w a r er S t i f t s s e n i o r in W u n s t o r f . D e r von i h m h e r a u s g e g e b e n e B a n d Kurze einfältige Fragen an den Katechismus Lutheri (1595) f a n d w e i t e Verbreitung, w u r d e 1676 in den G e m e i n den B r e m e n - V e r d e n s e i n g e f ü h r t und w a r dort noch A n f a n g des 20. Jh. in G e b r a u c h .
Sogemeier,
Martin, Verbandsfunktionär, * 5 . 4 . 1 8 9 3 B e r g k i r c h e n , f 2 6 . 6 . 1962 Essen. D e r S o h n eines P f a r r e r s studierte R e c h t s - und S t a a t s w i s s e n s c h a f t e n , w u r d e in M ü n s t e r z u m Dr. rer. pol. p r o m o v i e r t und Schloß e i n e kaufmännische A u s b i l d u n g in einer B r e m e r Ü b e r s e e f i r m a an. 1919 w u r d e er R e f e r e n t f ü r wirtschaftlic h e D e m o b i l m a c h u n g b e i m stellvertretenden G e n e r a l k o m m a n d o in M ü n s t e r und S y n d i k u s bei den Industrie- und H a n d e l s k a m m e r n in B o c h u m und Essen. 1922 ü b e r n a h m er die L e i t u n g des Z w e c k v e r b a n d e s N o r d w e s t d e u t s c h e r Wirts c h a f t s v e r t r e t u n g e n in Berlin und 1938 als N a c h f o l g e r von H a n s L o u i s F e r d i n a n d von —»Loewenstein zu L o e w e n s t e i n die G e s c h ä f t s f ü h r u n g des Vereins f ü r die b e r g b a u l i c h e n Interessen in E s s e n ; unter B e i b e h a l t u n g dieses A m t e s w u r d e er 1941 H a u p t g e s c h ä f t s f ü h r e r der R e i c h s v e r e i n i g u n g K o h l e . N a c h 1945 w a r S. in der Z o n e n v e r w a l t u n g f ü r W i r t s c h a f t tätig, 1950-53 M i t g l i e d d e s D i r e k t o r i u m s der D e u t s c h e n K o h l e n b e r g b a u - L e i t u n g u n d bis 1955 H a u p t g e s c h ä f t s f ü h r e r des U n t e r n e h m e n s v e r b a n d e s R u h r b e r g b a u . • 3 Leb Industrie 5
Sohl,
H a n s - G ü n t h e r , Industrieller, * 2 . 5 . 1 9 0 6 D a n z i g , t 13. 11. 1989 D ü s s e l d o r f . S., S o h n e i n e s Ministerialrats, studierte in Berlin d a s B e r g f a c h , w u r d e D i p l o m - I n g e n i e u r u n d B e r g a s s e s s o r , w a r seit 1932 bei den S t i n n e s - Z e c h e n in E s s e n u n d ü b e r n a h m 1935 die L e i t u n g d e s R o h s t o f f d e z e r n a t s der F i r m a K r u p p . Seit B e g i n n d e s Z w e i t e n Weltkriegs im Vorstand der Vereinigten S t a h l w e r k e A G , w u r d e er nach K r i e g s e n d e interniert. 1947 L i q u i d a t o r d e r Vereinigten S t a h l w e r k e , ü b e r n a h m er nach der G r ü n d u n g der A u g u s t - T h y s s e n - H ü t t e in D u i s b u r g 1953 als G e n e r a l d i r e k t o r d e n Vorstandsvorsitz des U n t e r n e h m e n s . S. zählte zu d e n Initiatoren d e r R u h r k o h l e A G , war 1956-69 Vorsitzender der W i r t s c h a f t s v e r e i n i g u n g Eisen- und Stahlindustrie, 1967 G r ü n d u n g s p r ä s i d e n t des I n t e r n a t i o n a len Eisen- und Stahl-Instituts in Berlin und ü b e r n a h m n a c h s e i n e m Wechsel in d e n A u f s i c h t s r a t d e s T h y s s e n - K o n z e r n s 1972 die P r ä s i d e n t s c h a f t im B u n d e s v e r b a n d der D e u t s c h e n Industrie. 1983 erschien seine A u t o b i o g r a p h i e Notizen. • D Altpreuß Biogr, Bd 4
Sohl,
Will, Maler, * 1 7 . 6 . 1906 L u d w i g s h a f e n , t 1 1 . 9 . 1969 Heidelberg. S e i n e künstlerische A u s b i l d u n g erhielt S. 1925-28 u . a . als M e i s t e r s c h ü l e r Heinrich —> N a u e n s an der A k a d e m i e d e r bild e n d e n K ü n s t e in D ü s s e l d o r f , studierte K u n s t g e s c h i c h t e und A r c h ä o l o g i e in Köln, Z ü r i c h und Berlin und ließ sich nach Studienreisen d u r c h E u r o p a 1936 als f r e i s c h a f f e n d e r M a l e r in Z i e g e l h a u s e n bei H e i d e l b e r g nieder. 1953-55 w a r er D o zent f ü r M o s a i k - , W a n d - und G l a s m a l e r e i an der W e r k k u n s t schule D a r m s t a d t u n d M i t g l i e d der P f ä l z e r S e z e s s i o n . N e b e n G e m ä l d e n und G r a p h i k e n schuf S. N a t u r s t e i n m o s a i k e n und W a n d m a l e r e i e n , u. a. in d e r C h r i s t u s k i r c h e in G o d e s b e r g und in der d e u t s c h e n e v a n g . Kirche in B a r c e l o n a .
Sohm,
R u d o l p h , Jurist, * 2 9 . 1 0 . 1 8 4 1 R o s t o c k , t 1 6 . 5 . 1917 Leipzig. D e r S o h n eines A d v o k a t e n und späteren L a n d a r c h i v a r s studierte in R o s t o c k , Berlin und H e i d e l b e r g R e c h t s w i s s e n s c h a f t und war S c h ü l e r von G e o r g W i l h e l m Wetzeil. 1864 w u r d e er
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Sohn an der R o s t o c k e r J u r i s t e n f a k u l t ä t mit der p r e i s g e k r ö n t e n Studie Die Lehre vom Subpignus p r o m o v i e r t . A n s c h l i e ß e n d ließ er sich in M ü n c h e n d u r c h Paul —> R o t h in d a s U r k u n d e n m a terial der f r ä n k i s c h e n E p o c h e e i n f ü h r e n . 1866 habilitierte er sich in G ö t t i n g e n . In d e n „ M o n u m e n t a G e r m a n i a e h i s t o r i c a " edierte er d i e Lex Ribuaria und die Lex Francorum Chamavorum ( „ L e g e s " , B d . 5). A u f B e t r e i b e n n a m e n t l i c h Karl —»Bindings erhielt S. 1 8 7 0 e i n e P r o f e s s u r in F r e i b u r g / B r e i s gau. Von 1872 bis 1887 lehrte er an d e r U n i v . S t r a ß b u r g , w o d e r N e u t e s t a m e n t i e r Heinrich Julius —»Holtzmann seine religiösen A n s c h a u u n g e n beeinflußte. 1887 f o l g t e S. e i n e m R u f an d i e J u r i s t e n f a k u l t ä t in L e i p z i g . Seit 1890 f u n g i e r t e er als K o m m i s s i o n s m i t g l i e d bei der A u s a r b e i t u n g des B ü r g e r lichen G e s e t z b u c h e s . 1892 w ä h l t e ihn die K ö n i g l i c h - S ä c h sische G e s e l l s c h a f t d e r W i s s e n s c h a f t e n zu ihrem M i t g l i e d . 1896 g e h ö r t e S. zu d e n p r o m i n e n t e n Delegierten d e r E r f u r ter G r ü n d u n g s v e r s a m m l u n g d e s „ N a t i o n a l s o z i a l e n Vereins". Ü b e r s c h a t t e t w a r S.s L e b e n d u r c h e i n e f r ü h z e i t i g einsetz e n d e S c h w e r h ö r i g k e i t . Verheiratet w a r er in erster E h e m i t Clara, geb. Seidel ( S c h w e s t e r des Schriftstellers Heinrich —> Seidel), d i e 1879 verstarb, in zweiter E h e mit Charlotte, geb. K e h r h a h n . R u h m errang S. z u n ä c h s t als g e r m a n i s t i s c h e r R e c h t s h i s t o riker. In s e i n e m g r o ß e n Werk Die fränkische Reichsund Gerichtsverfassung (1871), die als erster B a n d einer G e s a m t d a r s t e l l u n g d e r d e u t s c h e n R e i c h s - und G e r i c h t s v e r f a s s u n g konzipiert war, wies S. die g e n o s s e n s c h a f t l i c h e D e u tung des f r ä n k i s c h e n K ö n i g t u m s d u r c h O t t o von —> G i e r k e scharf z u r ü c k und betonte d a s staatliche M o m e n t im Frankenreich. Sein Interesse an den historischen E n t w i c k l u n g e n von R e c h t u n d Staat v e r b a n d S. m i t der „ B e g r i f f s j u r i s p r u d e n z " . S.s b e s o n d e r e B e g a b u n g f ü r die D a r s t e l l u n g d e s r ö m i schen R e c h t s zeigte sich 1883 in d e n Institutionen des römischen Rechts. D a s B u c h erlebte zahlreiche A u f l a g e n (späterer Titel: Institutionen. Geschichte und System des römischen Privatrechts). In d e n L e i p z i g e r Jahren e n t w i c k e l t e sich S. z u m K i r c h e n rechtler. E i n e A r t A u f t a k t bildete d i e vielfach a u f g e l e g t e Kirchengeschichte im Grundriß (1887). 1892 f o l g t e d a s u m f a n g r e i c h e Kirchenrecht I. Die geschichtlichen Grundlagen (Kirchenrecht II. Katholisches Kirchenrecht. Aus dem N a c h l a ß hrsg. von E . J a c o b i und O . M e y e r 1923). S. vertrat in d i e s e m Werk d i e T h e s e : „Das K i r c h e n r e c h t steht mit d e m Wesen der Kirche im W i d e r s p r u c h . " A u s g e h e n d von e i n e m idealtypischen Bild der urchristlichen ecclesia b e h a u p t e t e S., d a s Kirchenrecht bilde e i n e b e s o n d e r s g e f ä h r l i c h e F o r m der „ V e r w e l t l i c h u n g " der Kirche. K r a s s e s t e s Beispiel sei der Kat h o l i z i s m u s , der das K i r c h e n r e c h t zu e i n e m Bestandteil d e r D o g m a t i k g e m a c h t h a b e (Wesen und Ursprung des Katholizismus, 1909). Ulrich - » Stutz und A d o l f von - > H a r n a c k w i e s e n S.s A u f f a s s u n g von der r e c h t s f ö r m i g e n , sichtbaren Kirche als b l o ß e m Teil d e r „Welt" und der „ecclesia invisibilis" als der eigentlich w a h r e n Kirche z u r ü c k . W i r k u n g s g e s c h i c h t l i c h ließen S.s A r b e i t e n z u m K i r c h e n r e c h t seine S t u d i e n zur d e u t s c h e n R e c h t s g e s c h i c h t e und z u m römischen R e c h t weit hinter sich. S. s c h ä r f t e das B e w u ß t s e i n f ü r d i e S p a n n u n g e n z w i s c h e n Recht und R e l i g i o n , Jurisprud e n z u n d T h e o l o g i e , auch w e n n s e i n e petitio principii - ein c h a r i s m a t i s c h e s Verständnis d e r stets als E i n z e l g e m e i n d e gedachten ecclesia - der Kritik nicht standhielt. S.s W i r k u n g e n waren in der K a n o n i s t i k und i m e v a n g . K i r c h e n r e c h t bis in die M i t t e d e s 20. Jh. spürbar. WEITERE WERKE: D e r P r o z e ß d e r Lex Salica. W e i m a r 1867. - D a s Verhältnis von Staat u n d Kirche aus d e m B e griff von Staat und K i r c h e entwickelt. T ü b i n g e n 1873. D a s R e c h t der E h e s c h l i e ß u n g a u s d e m d e u t s c h e n und can o n i s c h e n R e c h t geschichtlich entwickelt. W e i m a r 1875. D i e E n t s t e h u n g d e s d e u t s c h e n S t ä d t e w e s e n s . E i n e Festschrift. L e i p z i g 1890. - D i e sozialen Pflichten der G e b i l d e -
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ten. Vortrag. L e i p z i g 1896. - Ü b e r B e g r i f f s j u r i s p r u d e n z . In: D e u t s c h e J u r i s t e n - Z e i t u n g 14 (1909) S p . 1019-1024. - B e g r i f f s j u r i s p r u d e n z . In: D e u t s c h e J u r i s t e n - Z e i t u n g 15 (1910) Sp. 114-118. LITERATUR: G e r h a r d Seeliger: R. S. In: H i s t o r i s c h e Viertelj a h r e s s c h r i f t 19 ( 1 9 1 9 / 2 0 ) S. 5 4 3 - 5 4 9 . - D i e t e r Stoodt: Wort und Recht. R. S. und d a s t h e o l o g i s c h e P r o b l e m d e s Kirchenrechts. M ü n c h e n 1962. - A n d r e a s B ü h l e r : K i r c h e und Staat bei R. S. Z ü r i c h 1965. - J o s e p h H o f f m a n n : U n canoniste d a n s la m e l e e politique. R. S. et l ' a s s o c i a t i o n p o u r le s o c i a l i s m e national. In: R e v u e d e droit c a n o n i q u e 16 (1966) S. 133-158. - H e r m a n n - J o s e p h S c h m i t z : F r ü h k a t h o lizismus bei A d o l f von H a r n a c k , R . S. und Ernst Käsem a n n . D ü s s e l d o r f 1977. - R e i n h o l d Sebott: F u n d a m e n t a l kanonistik. G r u n d u n d G r e n z e n des Kirchenrechts. Frankf u r t / M a i n 1993. - R e n e P a h u d d e M o r t a n g e s : S., R. In: T R E , B d . 31, 2 0 0 0 , S. 4 3 0 - 4 3 4 . Kurt Nowak
Sohn,
Carl F e r d i n a n d , M a l e r , * 10. 12. 1805 Berlin, t 2 5 . 1 1 . 1867 K ö l n . S. w a r seit 1823 S c h ü l e r W i l h e l m von —>Schadows an der A k a d e m i e in Berlin, f o l g t e i h m 1826 n a c h D ü s s e l d o r f und begleitete ihn 1830 nach Italien. 1832-55 und 1859-67 w a r er L e h r e r an der D ü s s e l d o r f e r K u n s t a k a d e m i e . N e b e n B i l d e r n mit m y t h o l o g i s c h e n und historischen T h e m e n schuf S. vorw i e g e n d F r a u e n p o r t r ä t s , u. a. von K ö n i g i n Viktoria von E n g land. E r w a r der Vater von Carl R u d o l f —»S. u n d O n k e l von W i l h e l m —>S. Sein b e d e u t e n d s t e r S c h ü l e r w a r A n s e l m —> F e u e r b a c h . DP T h - B
Sohn,
Carl R u d o l f , M a l e r , * 2 1 . 7 . 1 8 4 5 D ü s s e l d o r f , t 2 9 . 8 . 1908 D ü s s e l d o r f . D e r S o h n Carl F e r d i n a n d - > S . s absolvierte 1863-66 ein Ing e n i e u r s t u d i u m a m P o l y t e c h n i k u m in Karlsruhe, w a n d t e sich d a n n d e r M a l e r e i zu und w u r d e von s e i n e m Vetter W i l h e l m —>S. unterrichtet. S. lebte d a n n als f r e i s c h a f f e n d e r K ü n s t l e r in M ü n c h e n , später in D ü s s e l d o r f und w u r d e hier 1874 L e h rer an der A k a d e m i e . Er schuf G e n r e b i l d e r und B i l d n i s s e im Stil der D ü s s e l d o r f e r S c h u l e . S. w a r der Vater von A l f r e d -> Sohn-Rethel.
Sohn,
G e o r g , r e f o r m i e r t e r T h e o l o g e , * 31. 12. 1531 R o s b a c h (Wetterau), t 2 3 . 4 . 1 5 8 9 H e i d e l b e r g . S. studierte seit 1567 R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n in M a r b u r g und Wittenberg, w o er 1571 d e n G r a d eines M a g i s t e r s e r w a r b . 1572 k e h r t e er z u m S t u d i u m der T h e o l o g i e n a c h M a r b u r g z u r ü c k und ü b e r n a h m hier 1574 e i n e t h e o l o g i s c h e P r o f e s s u r , 1575 a u c h d i e der hebräischen S p r a c h e . 1578 w u r d e S. z u m Dr. theol. p r o m o v i e r t . A l s V e r t r a u e n s m a n n des L a n d g r a f e n —> W i l h e l m IV. o p p o n i e r t e er g e g e n d e n E i n f l u ß d e s A g i d i u s - > H u n n i u s und vereitelte d i e A n n a h m e der K o n k o r d i e n f o r m e l in H e s s e n . 1584 w u r d e S. Prof. d e r T h e o l o g i e in H e i d e l b e r g und I n s p e k t o r der S a p i e n z , 1588 a u c h K i r c h e n rat. Als Philippist verstärkte er nach Z a c h a r i a s —»Ursinus d a s m e l a n c h t h o n i s c h e E r b e in d e r d e u t s c h e n r e f o r m i e r t e n T h e o l o g i e . Er schrieb u. a. De verbo Dei et eius tractatione (1588). S e i n e Opera (3 B d e . ) erschienen 1 5 9 1 / 9 2 ( 3 1 6 0 9 ) . cn
RGG
Sohn,
( J o h a n n A u g u s t ) W i l h e l m , Maler, * 29. 8. 1830 Berlin, t 1 6 . 3 . 1899 P ü t z c h e n bei B o n n . S. war S c h ü l e r seines O n k e l s Carl F e r d i n a n d —»S. und von W i l h e l m von —»Schadow an der D ü s s e l d o r f e r A k a d e m i e , an der er seit 1867 als k o m m i s s a r i s c h e r , seit 1874 als ordentlicher L e h r e r wirkte. S. m a l t e v o r w i e g e n d b i b l i s c h e S t o f f e , u. a. Abendmahl und Christus und die Jünger.
Sohn-Rethel,
Alfred, Sozialwissenschaftler, Philosoph, * 4. 1. 1899 N e u i l l y - s u r - S e i n e bei Paris, t 6 . 4 . 1990 Bremen. D e r S o h n von Carl R u d o l f - » S o h n lebte 1908-12 als Pfleg e k i n d in der F a m i l i e des G r o ß i n d u s t r i e l l e n Erich P o e n s -
Soiron gen. 1917-22 studierte er in Heidelberg und Berlin Nationalökonomie, Soziologie, Französisch und Philosophie. Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Italien Schloß er sein Studium 1928 in Heidelberg bei Emil —> Lederer mit einer Dissertation über die Grenznutzenlehre ab. 1931-36 war er wissenschaftlicher Referent am Mitteleuropäischen Wirtschaftstag in Berlin. 1936 emigrierte er in die Schweiz, ging 1937 nach England, war Angestellter und lehrte an verschiedenen Volkshochschulen. S.-R. entwickelte eine empirisch fundierte, marxistische Theorie der Entstehung des deutschen Faschismus und beschäftigte sich mit erkenntnistheoretischen Themen. Erst nach d e m Zweiten Weltkrieg konnte er die Ergebnisse dieser Arbeiten publizieren (Warenform und Denkform. Versuch einer Analyse des gesellschaftlichen Ursprungs des „reinen Verstandes", 1971; Ökonomie und Klassenstruktur des deutschen Faschismus, 1973). Bekannt wurde S.-R. vor allem durch sein Werk Geistige und körperliche Arbeit. Zur Theorie der gesellschaftlichen Synthesis (1970, erw. Aufl. 1972; Neufassung mit neuem Untertitel: Zur Epistemologie der abendländischen Geschichte, 1989). 1972 kehrte er nach Deutschland zurück und erhielt eine Gastprofessur an der Univ. Bremen. S.-R. übertrug Kategorien der Marxschen politischen Ö k o n o m i e auf erkenntnistheoretische Fragestellungen und stellte so zum einen den Ö k o n o m i s m u s der Marxschen Lehre und zum anderen die idealistisch bestimmte Erkenntnisund Bewußtseinsphilosophie in Frage. Zu seinen Schriften gehören auch Soziologische Theorie der Erkenntnis (1985) und Von der Wiedergeburt der Antike zur neuzeitlichen Naturwissenschaft (1987). CD H a g e m a n n
Sohncke,
Leonhard, Physiker, Meteorologe, * 2 2 . 2 . 1 8 4 2 H a l l e / S a a l e , t 1 . 1 1 . 1 8 9 7 München. Der Sohn Ludwig Adolf —»S.s studierte Physik in Halle und Königsberg, wurde 1866 mit einer mathematischen Dissertation promoviert und war als Gymnasiallehrer tätig. 1869 habilitierte er sich in Königsberg, ging 1871 als Prof. der Physik am Polytechnikum nach Karlsruhe, wo er auch Vorstand der Meteorologischen Zentralstation war, lehrte seit 1883 als Prof. in Jena und wurde 1888 Prof. der Physik an der T H M ü n c h e n . S. erweiterte 1879 die Kristallsymmetrielehre durch die Einführung neuer Symmetrielemente und Raumgruppen. Er schrieb u. a. Über Stürme und Sturmwarnungen (1875), Entwicklung einer Theorie der Krystallstruktur (1879) und Gemeinverständliche Vorträge aus dem Gebiete der Physik (1892). CO D S B
Sohncke,
Ludwig Adolf, Mathematiker, * 2 0 . 6 . 1807 Königsberg (Preußen), t 1 6 . 1 . 1 8 5 3 H a l l e / S a a l e . S. habilitierte sich nach dem Studium der Mathematik 1833 in Königsberg mit der Arbeit De motu corporum coelestium in medio resistente, wurde dort Privatdozent für Mathematik und setzte sich für die Gründung eines Mathematisch-Physikalischen Seminars ein. 1835 ging er als a. o. Prof. nach Halle, wo er seit 1839 als o . P r o f . lehrte. S. veröffentlichte u . a . eine Sammlung von Aufgaben aus der Differentialund Integralrechnung (1850; 2 Tie., 2 1859; "1903-06). Er war der Vater von Leonhard - > S . CD Altpreuß Biogr, Bd 2
Sohnrey, Heinrich, Publizist, Schriftsteller, * 1 9 . 6 . 1 8 5 9 Jühnde bei M ü n d e n , t 2 6 . 1 . 1 9 4 8 Neuhaus bei Holzminden. Der aus ärmlichen Verhältnissen s t a m m e n d e S. wurde nach d e m Besuch der Präparandenanstalt in Ahlden / A l l e r und des Seminars in Hannover 1879 Lehrer in Nienhagen und 1886 in Möllensen. 1888-94 war er Chefredakteur der „Freiburger Zeitung". 1893 gründete er die Halbmonatsschrift „Das Land", die bis 1924 erschien. Seit 1894 lebte S. als freier
Schriftsteller in Berlin, wo er den Deutschen Verein für ländliche Wohlfahrts- und Heimatpflege gründete. Er war Herausgeber der „Deutschen Dorf-Zeitung" (1901-18) sowie einer Reihe von Zeitschriften, darunter des „Archivs für innere Kolonisation" (1909-39). S. schrieb niedersächsische Dorfgeschichten und R o m a n e (u. a. Die Leute aus der Lindenhütte, 2 Bde., 1886/87, Neudr. 1984) sowie Volksstücke (Die Dorfmusikanten, 1902; Gewitter, 1929), die teilweise der „Blut- und Boden-Literatur" zuzurechnen sind. CD Killy
Soik,
Helmut Maria, eigentl. Hellmuth Robert S., weiteres Pseud.: T h o m a s Michael Malan, Schriftsteller, * 12.7. 1911 Schwenningen, t 1 4 . 6 . 1 9 8 9 Celle. S. studierte Literatur- und Theaterwissenschaft in München und arbeitete 1934-39 als Verlagslektor und Redakteur. 1939 zum Kriegsdienst eingezogen, geriet er gegen Kriegsende in polnische Gefangenschaft, kehrte 1950 nach Deutschland zurück und ließ sich als freier Schriftsteller in Celle nieder. S. war als Lyriker (u.a. Die Botschaft, 1935; Exkurs über die mögliche Existenz der Hölle. Long-Poems, 1980), Biograph, Essayist (Oswald von Wolkenstein, 1939; Jean Artur Rimbaud, 1939), Literaturkritiker und Übersetzer tätig. 1952 erhielt er den Förderpreis der niedersächsischen Landesregierung. CD D L L S o i r o n , Alexander von, Jurist, Politiker, * 2. 8. 1806 M a n n h e i m , t 6 . 5 . 1 8 5 5 Heidelberg. Der Sohn eines kurpfälzischen Regierungsrats studierte Rechtswissenschaften, wurde 1834 Oberhofgerichtsadvokat in Mannheim und 1835 als Liberaler in die Zweite Badische K a m m e r gewählt. 1848 nahm S. an den Versammlungen in Heidelberg und Offenburg teil, w o ein deutsches Nationalparlament gefordert wurde, und gehörte dem Vorparlament und d e m Fünfzigerausschuß an. In der Frankfurter Nationalversammlung schloß er sich der Casinopartei an, war 1850 Vorsitzender des Verfassungsausschusses beim Erfurter Unionsparlament und seit 1851 wieder als Rechtsanwalt in M a n n h e i m tätig. CD Unionsparl S o i r o n , Heinz H., Industriemanager, * 11.2. 1939 Köln, t 8 . 4 . 1995 Köln. S. studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der T H D a r m stadt, trat 1964 in den Ford-Automobilkonzern ein und war als Finanzanalytiker der deutschen Ford-Werke A G tätig. 1969 übernahm er die Leitung der Antriebs- und Produkt-Studien bei der amerikanischen Muttergesellschaft Ford Motor C o m p a n y , wurde 1977 Direktor der L K W Produktionsplanung bei Ford of Europe und kehrte 1980 als Marketing-Direktor zur deutschen Ford-Werke A G in Köln zurück. Seit 1984 hier Direktor der Produktentwicklung, wurde S. 1989 Generaldirektor bei Ford Spanien und 1993 stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kölner Ford-Werke A G . S o i r o n , Hubert Heinrich Leo, Franziskaner, Theologe, * 2 5 . 3 . 1881 Kohlscheid-Kircheich (Landkreis Aachen), t 3 0 . 6 . 1957 Kloster Moresnet (Belgien). Der Sohn eines Grubenbeamten trat 1900 in Warendorf in das Noviziat der Westfälischen Franziskanerprovinz Saxonia ein, studierte Philosophie im Kloster Dorsten sowie Theologie im Paderborner Kloster und empfing 1909 die Priesterweihe. Nach einer zweijährigen seelsorgerischen Tätigkeit setzte S. seine Studien an den Universitäten Münster und München fort, wurde 1915 in Münster zum Dr. theol. promoviert und war bis 1918 Domprediger in Paderborn. 1918-36 gab er die Zeitschrift „Kirche und Kanzel" heraus, lehrte bis 1940 an der Ordenshochschule in Mönchengladbach und leitete 1941-44 die Franziskanerprovinz. Seit 1939 hielt S. Gastvorlesungen im Aachener Priesterseminar und war 1945-51 Seminarprofessor der Bibelwissenschaften im
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Solar Franziskanerkloster Moresnet, wo er seit 1941 lebte. 1943 erschien seine systematische Darstellung homiletischer Theologie unter d e m Titel Die Verkündigung des Wortes Gottes. c d BBKL S o l a r , Lola, österr. Pädagogin, Politikerin, * 1 3 . 5 . 1 9 0 4 Brunn am Gebirge (Niederösterreich), t 2 0 . 5 . 1989 Mödling (Niederösterreich). Nach einer Zeichenausbildung besuchte S. die Keramikklasse der Kunstgewerbeschule und die Lehrerbildungsanstalt in Wien, war 1926-30 Zeichenlehrerin an einer Privatschule, legte 1933 die Hauptschulprüfung ab und unterrichtete in Niederösterreich. S. engagierte sich in der Vaterländischen Front, wurde deswegen nach d e m „Anschluß" Österreichs 1938 entlassen, konnte ihren Dienst jedoch nach Kriegsbeginn wieder a u f n e h m e n . Nach dem Krieg ging S. nach Mödling und übernahm die Landesleitung der Frauenbewegung der Ö V P , deren Bundesleiterin sie 1950 wurde. 1953 initiierte sie in Salzburg den ersten Kongreß christlich-demokratischer Frauen Europas, die Keimzelle der Europäischen Frauenunion, deren Präsidentin sie 1955-59 war. 1969 gehörte sie zu den Gründerinnen des Österreichischen Frauenrings. 1949-70 war S. Abgeordnete zum Nationalrat. S o l b r i g , Carl Friedrich, Unternehmer, * 15.3. 1807 Reichenbach/Vogtland, t 1 7 . 3 . 1 8 7 2 Harthau. S., Sohn eines Webers, trug seit seinem siebenten Lebensjahr zum Unterhalt der Familie bei. Nach einer Lehre in einer Tuchmacherei und Wollkämmerei ging er 1830 nach Gera und arbeitete dort, später in Katharinenberg bei Reichenberg als Werkmeister in einer Tuchfabrik. 1841 trat S. in das Unternehmen von August K ü h n e in Altchemnitz ein. Nach dessen Ausscheiden führte er die Firma als C. F. Solbrig weiter, verlagerte sie 1849 nach Harthau in die ehemalige Bernhardsche Spinnerei und richtete diese als K a m m g a r n spinnerei ein. 1856 kaufte er das gesamte Anwesen, das er bis zu diesem Zeitpunkt gepachtet hatte. Im eigenen Betrieb nahm S. Verbesserungen an den Maschinen vor und entwickelte eine Plättmaschine. 1863 erwarb S. seine erste Fabrik in Altchemnitz, die dann unter dem N a m e n „Solbrig S ö h n e " firmierte. S o l b r i g , Karl August von, Psychiater, * 17.9. 1809 Fürth, t 3 1 . 5 . 1872 München. Das Medizinstudium in München und Erlangen Schloß S., Sohn eines Gerichtsarztes, 1833 mit der Promotion ab (De medicaminum doctrinae fundamento), besuchte 1 8 3 4 / 3 5 psychiatrische Anstalten und Lehrstätten in Deutschland, Belgien und Frankreich und arbeitete einige M o n a t e unter Carl Wilhelm —> Ideler an der Charite in Berlin. Anschließend war er zehn Jahre lang praktischer Arzt in Fürth, wurde 1845 mit der Planung und Organisation der neu zu errichtenden Kreis-Irrenanstalt betraut und war dort seit 1846 Vorstand und Oberarzt. Seit 1850 hielt S. Vorlesungen über Psychiatrie in Erlangen und erarbeitete seit 1851 einen Plan für die Erbauung einer neuen Kreis-Irrenanstalt für Oberbayern bei München, deren Vorstand er 1859 wurde. Seit 1861 hielt er Vorlesungen in München und lehrte hier seit 1864 als o. Prof. der Psychiatrie. Im selben Jahr wurde er zum Hofrat ernannt. S. veröffentlichte u. a. Die Gegensätze in der Medizin (1841) und Ueber die feinere Struktur der Nervenelemente bei den Gasteropoden (1872). • P Kreuter S o l b r i g , Karl Friedrich, auch Eduard Carl S., urspr. Christian Gottfried S., Schauspieler, Schriftsteller, * 7. 11. 1773 Leipzig, t 14. 10. 1838 Braunschweig. Nach d e m Studium der Ö k o n o m i e kurze Zeit als Pferdehändler tätig, debütierte S. als Schauspieler vermutlich 1800 in
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Prag, spielte anschließend in Altona, Hamburg und am Theater an der Wien, später in Breslau und war 1807 und 1809-14 in Augsburg, 1821 in Dessau engagiert. 1822-38 lebte er in Leipzig, unternahm kleinere Gastspielreisen und wurde vor allem als Deklamator bekannt. S. schrieb Bühnenstücke (Vaterliebe, oder der Engländer in Amerika, 1811; Die Dorfschule, 1812) und gab zahlreiche Anthologien sowie S a m m lungen von Prosastücken und Dichtungen mit Anweisungen zur Deklamation heraus. CP D L L S o l d a n , Kurt Erich Richard, Dirigent, * 7 . 1 . 1891 Berlin, t 19.8. 1946 Leipzig. S. besuchte das Konservatorium in Berlin, studierte daneben Medizin, später Musikwissenschaft und war 1913-16 Korrepetitor an der Hofoper in Berlin sowie Leiter der Bühnenmusik. 1 9 1 6 / 1 7 war er zweiter Dirigent in Rostock, 1919-21 Kapellmeister in Barmen-Elberfeld, kehrte 1922 als Gesanglehrer, Konzertbegleiter und Dirigent nach Berlin zurück und war später Mitarbeiter des Peters-Verlags in Leipzig. 1946 übernahm S. die Leitung der Kapellmeisterklasse und Opernschule an der dortigen Musikhochschule. S o l d a t - R o e g e r , Marie, geb. Soldat, österr. Musikerin, * 2 5 . 3 . 1863 Graz, f 3 0 . 9 . 1955 Graz. S.-R., Tochter eines Musiklehrers und Organisten, wurde als Fünfzehnjährige von Johannes - » B r a h m s entdeckt, wurde Violinschülerin bei Joseph —> Joachim in Berlin und gründete 1895 ein nur aus Frauen bestehendes Streichquartett, das unter ihrer Leitung u. a. beim Beethovenfest in B o n n 1901 konzertierte. Sie unternahm zahlreiche Konzertreisen, ließ sich später in Wien nieder und gab Kammermusikabende. S o l d e n h o f f , Alexander (Leo), schweizer. Maler, Zeichner, Radierer, * 1 3 . 9 . 1 8 8 2 Genf, t 9 . 1 1 . 1951 Zürich. Der Sohn eines Theatermalers besuchte die Kunstgewerbeschule in Zürich, trat 1902 als Schüler in das Atelier Rudolf —» Kollers ein und lebte seit 1905 als freischaffender Maler in Glarus, w o er bis 1906 auch Zeichenlehrer an der Höheren Stadtschule war. Anschließend hielt sich S. mit Unterbrechungen in F r a n k f u r t / M a i n auf und war dort zwischen 1908 und 1912 als Bühnenbildner und künstlerischer Beirat an den Städtischen Theatern tätig. 1914 kehrte er in die Schweiz zurück, behielt aber bis 1922 sein Atelier in Frankfurt. S. schuf Bildnisse, Landschaften und Wandmalereien. In den zwanziger Jahren beschäftigte er sich zunehmend mit dem Flugzeugbau. DP Schweiz Kunst S o l d n e r , Johann Georg von, Geodät, Astronom, * 16.7. 1776 Georgenhof bei Feuchtwangen, t 1 8 . 5 . 1 8 3 3 München. Der Bauernsohn erhielt seine erste Ausbildung in Feuchtwangen und Ansbach, betrieb dann autodidaktisch mathematische und physikalische Studien und war seit 1808 Trigonometer bei der Vermessungskommission in München. 1811 wurde er aufgrund seiner Denkschrift über die Berechnung von Dreiecksnetzen (1810) Steuenrat bei der Steuerkatasterkommission. Seit 1813 war er Mitglied der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften. 1815 zum Hofastronomen ernannt, übernahm er die Leitung der Sternwarte München-Bogenhausen. S. schuf die mathematische Grundlage des Systems der Bayerischen Landesvermessung, die im 19. Jh. von zahlreichen anderen Staaten übernommen wurde. Er schrieb u. a. Bestimmung des Azimuths von Altomünster (1813), Neue Methode, beobachtete Azimuthe zu reduzieren (1813) und Astronomische Beobachtungen von 1819 bis 1827 auf der Sternwarte zu Bogenhausen (3 Bde., 1833-35). CD D S B
Solis S o l e , Alphons, auch Alfons S., österr. Pädiater, * 2 6 . 5 . 1901 Wien, f 2 9 . 9 . 1 9 8 3 Wien. Das Medizinstudium in Leiden und Wien Schloß S., Sohn eines Kaufmanns, 1926 mit der Promotion ab, war 1926-28 Demonstrator an der Kinderklinik der Univ. Wien und wurde 1928 Assistent an der Universitäts-Kinderklinik in Greifswald. 1931-37 war er Chefarzt des Mauthner-MarkhofKinderspitals in Wien, emigrierte 1 9 3 7 / 3 8 nach Afghanistan und lehrte als Ordinarius für Kinderheilkunde in Kabul. 1947 nach Österreich zurückgekehrt, war S. bis 1966 a. o. Prof. der Kinderheilkunde sowie Primarius und Direktor des Karolinen-Kinderspitals in Wien. Er veröffentlichte u . a . ein Lehrbuch für Säuglings- und Kinderschwestern (1932, 12 1960) und Technik der kinderärztlichen Differentialdiagnostik (1948) sowie Essays (Gedanken über die Grundlagen lebendigen Geschehens, 1949; Zur Analyse des Zufalls, 1982) und Gedichte. CD Lex österr Exillit
S o l g e r , Bernhard, Anatom, Dermatologe, * 5 . 1 2 . 1 8 4 9 Untermerzbach (Unterfranken), t 2 1 . 2 . 1 9 3 5 Neisse (Schlesien). S., Sohn eines Richters, studierte Medizin in Erlangen, Würzburg, Tübingen und München, wurde 1872 in Würzburg promoviert (Ueber Sirenebildung) und war am Anatomischen Institut in Breslau tätig, wo er sich 1875 für Anatomie habilitierte (Beiträge zur Kenntnis der Nasenwandung, und besonders der Nasenmuscheln der Reptilien). Seit 1876 war er Prosektor in H a l l e / S a a l e , wurde 1882 a. o . P r o f . und lehrte 1886-1904 in gleicher Stellung in Greifswald. 1904 ließ er sich als Dermatologe in Neisse (Oberschlesien) nieder. S. war seit 1879 Mitglied, seit 1925 Ehrenmitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er veröffentlichte u. a. Zelle und Zellkern (1892) und Zur Kenntnis der postembryonalen Entwicklung der Säugetiere (1894).
S o l f , H e r m a n n , Architekt, * 20. 10.1856 Berlin, t 2 0 . 9 . 1909 Jena. S. studierte an der Bauakademie Berlin, legte 1886 die zweite Staatsprüfung im Hochbaufach ab und arbeitete u . a . im Atelier H u g o - » Lichts. Er war Assistent an der T H Berlin, ließ sich 1890 als selbständiger Architekt in Gemeinschaft mit Franz Wichards in Berlin nieder und erhielt 1899 den Professorentitel. Seit 1903 war S. außerordentliches Mitglied der Kgl. A k a d e m i e des Bauwesens. Er erbaute eine Reihe von Geschäftshäusern sowie das neue Dienstgebäude des Kaiserlichen Patentamtes in Berlin.
S o l g e r , Karl Wilhelm Ferdinand, Philosoph, * 28. 11. 1780 S c h w e d t / O d e r , f 2 5 . 1 0 . 1819 Berlin. Der Sohn eines markgräflich-brandenburgischen Kammerdirektors studierte 1799-1802 Rechtswissenschaften in Halle, hörte daneben Vorlesungen bei Friedrich August —> Wolf und gründete mit gleichaltrigen Studenten einen Zirkel, den Freilagskreis, in dem literarische, historische und philosophische Arbeiten besprochen wurden und zu dessen Mitgliedern u. a. Heinrich —> Voß d. J. und Friedrich von —> Raumer zählten. 1 8 0 1 / 0 2 studierte S. bei - > S c h e l l i n g in Jena und begann 1803 an der Berliner Kriegs- und Domänenkammer die Referendarausbildung, die er jedoch 1806 abbrach, u m sich ganz seinen philosophischen und philologischen Studien zu widmen. 1804 hörte er bei —»Fichte in Berlin, wurde 1808 aufgrund seiner Übersetzung der Tragödien des Sophokles (2 Bde., 2 1837, Neudr. 1958) in Jena zum Dr. phil. promoviert, habilitierte sich 1809 und erhielt eine a. o. Professur für Philosophie und Klassische Philologie in F r a n k f u r t / O d e r . 1811 folgte S. einem Ruf als o.Prof. der Philosophie und Mythologie nach Berlin. Er setzte sich dafür ein, daß —»Hegel als Nachfolger Fichtes nach Berlin berufen wurde. Im Zentrum seiner Philosophie steht die Ästhetik bzw. Kunstphilosophie, die er in Erwin. Vier Gespräche über das Schöne und die Kunst (2 Tie., 1815, Neudr. 1971) und in den Vorlesungen über Aesthetik (postum 1829, Neudr. 1980) entwickelte. Seine praktische Philosophie entfaltete S. in den Philosophischen Gesprächen (1817, Neudr. 1972). 1826 gaben —»Tieck und R a u m e r postum S.s Nachgelassene Schriften und Briefwechsel (2 Bde., Nachdr. 1973) heraus.
S o l f , Johanna (Susanne Elisabeth), geb. Dotti, Widerstandskämpferin, * 14. 11.1887 Neuenhagen bei Berlin, t 4. 11. 1954 Starnberg (Oberbayern). S. heiratete 1908 Wilhelm Heinrich —>S., den damaligen Gouverneur von Samoa, lebte seit 1920 in Tokio und seit 1928 in Berlin. Während des „Dritten Reiches" war ihr Haus Treffpunkt oppositioneller Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes. S. versuchte, politisch und rassisch Verfolgte bei der Flucht vor den Nationalsozialisten zu unterstützen und hatte durch ihren Schwiegersohn Hubert Graf von Ballestrem auch Kontakte zum Jordankreis. Von einem Spitzel der Gestapo denunziert, wurde sie am 1 2 . 1 . 1 9 4 4 gemeinsam mit Otto —>Kiep, Arthur —>Zarden und Elisabeth von —> Thadden verhaftet und in verschiedenen Gestapogefängnissen sowie in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Ravensbrück interniert. E n d e April 1945 wurde S. befreit.
CD Cat Prof Hai
CD Enz Phil Wiss S o l f , Wilhelm Heinrich, Politiker, Diplomat, Orientalist, * 5. 10. 1862 Berlin, t 6 . 2 . 1936 Berlin. Der Sohn eines Bergwerksbesitzers studierte Indologie, Sanskrit und Philosophie in Berlin und Kiel und wurde 1885 zum Dr. phil. promoviert. 1888 trat S. in den Dienst des Auswärtigen Amtes, war im Sekretariat des Kaiserlichen Generalkonsulats in Kalkutta tätig, begann 1891 das Studium der Rechtswissenschaften in Jena, arbeitete seit 1896 in der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes und wurde 1898 Richter in Daressalam (Deutsch-Ostafrika), 1899 Munizipalpräsident in Samoa, 1900 Gouverneur von Westsamoa. Seit 1911 war er unter gleichzeitiger E r n e n n u n g zum Wirklichen Geheimen Rat Staatssekretär des Reichskolonialamtes. Während des Ersten Weltkriegs trat er f ü r einen Verständigungsfrieden ein. Von Oktober bis Dezember 1918 zugleich Staatssekretär des Äußeren, leitete S. die Waffenstillstandsverhandlungen ein. Seit 1919 war er Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei. 1920-28 hielt sich S. als Botschafter in Tokio auf. U m ihn und seine Frau Johanna —> S. bildete sich der Solf-Kreis, eine Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus. S. veröffentlichte u . a . Kolonialpolitik (1919). CD D L L
S o l g e r , Reinhold (Ernst Friedrich Karl), Schriftsteller, * 17.7. 1817 Stettin, t 1 3 . 1 . 1 8 6 6 Washington, D . C . S. studierte bis 1841 Philosophie und Geschichte in Halle und Greifswald, war ein Jahr in Potsdam im preuß. Staatsdienst tätig und lebte dann in England und Frankreich. 1847 hatte er in Paris u . a . mit Michail A. Bakunin und Georg —> Herwegh Kontakt. 1848 nahm er am badischen Aufstand teil, floh nach dessen Scheitern in die Schweiz und kam über Frankreich und England 1853 in die USA, wo er sich durch wissenschaftliche Vorträge und publizistische Arbeiten f ü r die republikanische Sache engagierte. Unter Lincoln war er im Finanzministerium beschäftigt. S. war als Erzähler, Lyriker und Satiriker tätig. Er schrieb u. a. Anton in Amerika. Seitenstück zu Freytag's „Soll und Haben". Aus dem deutsch-amerikanischen Leben (2 Bde., 1862). CD D L L S o l i s , Virgil, Maler, Zeichner, Kupferstecher, Radierer, * 1514 Nürnberg, t 1.8. 1562 Nürnberg. S. war vermutlich in Zürich und München tätig, bevor er u m 1540 nach Nürnberg kam. Er schuf vorwiegend Buchillustrationen und sittenbildliche sowie allegorische und mythologische Darstellungen, die vielfach als Vorlagen für Maler,
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Solitaire Bildhauer, Goldschmiede, Graveure und Ziseleure dienten. S. zählte zu den Nürnberger Kleinmeistern, die in Anlehnung an Albrecht —»Dürer arbeiteten. Zu seinen Werken zählen Bibelillustrationen, Landschaftsdarstellungen und ornamentale Stiche.
Solitaire,
M., eigentl. Woldemar Nürnberger, auch Hilarius Bierfreund, Schriftsteller, Mediziner, * 1. 10. 1818 Sorau (Niederlausitz), t IV.4. 1869 Landsberg/Warthe. Der aus einer Hugenottenfamilie stammende S., Sohn eines preuß. Oberpostdirektors, studierte seit 1838 Medizin in Berlin, Leipzig und Halle, wurde 1843 promoviert (De vulneribus in pectus et abdomen penetrantibus) und unternahm Reisen durch Deutschland, Holland, die Schweiz, Italien, Südfrankreich und Nordafrika. Seit 1844 praktizierte er als Arzt in Landsberg/Warthe. S. schrieb Gedichte, Humoresken, Balladen und vor allem Novellen (Die Tragödie auf der Klippe, 1853; Trauter Heerd und fremde Woge, 1856) sowie ein Lustspiel und den R o m a n Diana Diaphana oder die Geschichte des Alchymisten lmbecill Kätzlein (1863). CD Killy S o l l e r , August, Architekt, * 1 4 . 3 . 1 8 0 5 Erfurt, t 6. 11. 1853 Berlin. Nach der Ausbildung zum Feldmesser 1820-22 in Erfurt volontierte S. 1822-27 bei einem preuß. Bauinspektor und bildete sich dann in Berlin zum Baukondukteur aus. 1830-33 kgl. Baukondukteur in Liegnitz, wurde er 1833 Landbaumeister und arbeitete als Assistent Karl Friedrich - » S c h i n k e l s bei der Oberbaudeputation in Berlin. Seit 1835 Bauinspektor von Posen, kehrte er 1837 als Assessor an die Oberbaudeputation zurück, wurde 1841 Oberbaurat, 1843 Geheimer Oberbaurat und war seit 1851 Vortragender Rat in der Bauabteilung des Handelsministeriums. S. entwarf zahlreiche Kirchen, u . a . die evang. Kirche in N e u s a l z / O d e r (1835-39), die Nikolaikirche in Breslau (1846-83) und als Hauptwerk die Berliner St. Michaelskirche (1851-61). Als Denkmalpfleger war er an Ausbau und Restaurierung der Basilika in Trier sowie der D o m e in Erfurt und Köln beteiligt. S. gilt als bedeutender Vertreter der Schinkel-Schule, der vor allem Elemente der italienischen Renaissancearchitektur in die Neogotik des Berliner Historismus einbrachte. CD Lex Kunst
Sollmann, Friedrich Wilhelm, seit 1943: William Frederick S., Politiker, Politikwissenschaftler, * 1.4. 1881 Oberlind (Sachsen-Meiningen), t 6 . 1 . 1951 M o u n t Carmel (Connecticut, USA). S„ Sohn eines Bierbrauers und Landwirts, machte seit 1897 eine kaufmännische Lehre in Köln, Schloß sich 1903 der S P D an und war 1907 Mitgründer der Arbeiterjugend Köln. 1911 wurde er Lokal-, dann politischer Redakteur der „Rheinischen Zeitung" und war 1920-33 deren Chefredakteur. 1919-33 war S. Mitglied des Reichstags und 1923 Reichsinnenminister im Kabinett —> Stresemann. 1933 von den Nationalsozialisten verhaftet und schwer mißhandelt, floh er nach Saarbrücken und 1935 nach Luxemburg. Im Exil war S. einer der Wortführer der „volkssozialistischen" Richtung in der Sozialdemokratie. 1937 emigrierte er in die U S A , war bis 1950 Dozent für politische Wissenschaften und internationalen Politik am Quaker College in Pendle Hill (Wallingford, Pennsylvania) und übernahm zahlreiche Gastdozenturen in den USA. 1949 war er Gastprofessor in Köln. S. veröffentlichte u . a . Sozialismus der Tat (1925) und Religion and Politics (1941). DP D e m o k r Wege Sollnitz,
Fritz, Journalist, Politiker, * 2 2 . 1 1 . 1893 Berlin, t 18. / 1 9 . 9 . 1 9 3 3 Hamburg. S. studierte Volkswirtschaftslehre in Freiburg/Breisgau, nahm seit 1915 am Ersten Weltkrieg teil und beteiligte sich
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im N o v e m b e r 1918 am Kampf gegen die Spartakusbewegung. Er Schloß sich der Sozialdemokratie an und arbeitete nach der Promotion zum Dr. rer. pol. 1921 in Freiburg (Dialektik und Materialismus bei Marx. Ein Beitrag zur Methode der Marx'schen Sozialphilosophie) als Dezernent in der öffentlichen Wohlfahrtspflege Berlins. 1924 wurde S. Redakteur beim „Lübecker Volksboten" und Mitglied der Lübecker Bürgerschaft. Als Gegner des Nationalsozialismus im M ä r z 1933 verhaftet, wurde er in das Konzentrationslager Fuhlsbüttel verbracht. S. starb an den Folgen der dort erlittenen Mißhandlungen. CD Osterroth
Sollnitz,
Walter Moritz, Germanist, Philosoph, * 19.1. 1905 Braunschweig, t 23. 8 . 1 9 6 2 Brunswick (Maine, USA). Der K a u f m a n n s s o h n studierte 1923-30 Klassische Philologie und Germanistik in Heidelberg, Berlin und Hamburg, u . a . bei Rudolf —»Pfeiffer, hörte auch Vorlesungen bei Ernst —»Cassirer und Erwin - ^ P a n o f s k y , gehörte dem Cassirer-Kreis an und war 1927-31 und 1 9 3 3 / 3 4 Assistent an der Bibliothek Warburg. 1933-35 war S. auch am FranzRosenzweig-Lehrhaus in Hamburg tätig. 1938 im Konzentrationslager Dachau interniert, emigrierte er 1939 nach England und arbeitete bis zu seiner Übersiedlung in die U S A 1940 am Warburg Institute in London. Nach einer Tätigkeit an der Harvard University 1941-46 war S. Assistant Professor der Germanistik und Philosophie am Bowdoin College in Brunswick (Maine). Er schrieb u. a. Cassirer on Galileo: An Example of Cassirer's Way of Thought (in: T h e Philosophy of Ernst Cassirer, 1949). S. starb durch Selbstmord. CD B H d E , Bd 2
Solms-Baruth,
Friedrich Fürst zu, * 2 4 . 6 . 1 8 5 3 Berlin, t 2 1 . 1 2 . 1 9 2 0 Klitschdorf (Schlesien). Der aus einem der ältesten deutschen Dynastengeschlechter stammende S.-B. trat nach d e m Studium in Leipzig 1876 als Offizier in den preuß. Militärdienst ein, verließ diesen jedoch 1879, um die Verwaltung der Herrschaften Klitschdorf und Wehrau in Schlesien zu übernehmen. 1897 wurde er Kommissar und Militärinspekteur der freiwilligen Krankenpflege, 1899 Oberstkämmerer des preuß. Hofes. S.-B. war erbliches Mitglied des preuß. Herrenhauses.
S o l m s - H o h e n s o l m s - L i c h , Ludwig Fürst zu, * 24. 1. 1805 Lieh (Hessen), f 2 9 . 2 . 1 8 8 0 Lieh. S.-H.-L. studierte Rechtswissenschaften in Göttingen und Heidelberg, wurde nach dem Tod seines älteren Bruders Karl 1824 dessen Nachfolger als Chef der Standesherrschaft im Großherzogtum Hessen. 1834 wurde er Mitglied der ersten K a m m e r der Stände des Großherzogtums, war 1 8 3 4 / 3 5 deren Vizepräsident, seit 1856 Präsident und 1836-45 Mitglied des Rheinischen Provinziallandtags, seit 1837 dessen Marschall. 1847 wurde S.-H.-L. Präsident des Herrenstandes des Vereinigten Landtags, gehörte seit 1837 d e m preuß. Staatsrat an und wurde 1861 erbliches Mitglied des preuß. Herrenhauses. 1 8 6 7 / 6 8 war er freikonservatives Mitglied des Reichstags. CD Unionsparl
Solms-Laubach,
Friedrich Christian Reichsgraf von, * 2 3 . 8 . 1769 Laubach (Hessen), t 2 4 . 2 . 1 8 2 2 Laubach. S.-L. studierte Rechtswissenschaften in Gießen und war seit 1789 am Reichskammergericht in Wetzlar tätig. Seit 1791 Reichshofrat, vertrat er 1797 die fränkischen und westfälischen Reichsgrafenkollegien beim Rastatter Kongreß und gehörte 1803 zu den Initiatoren der Frankfurter Union. 1806 zog sich S.-L. auf seine Güter zurück, war 1813 enger Mitarbeiter des Freiherrn vom —> Stein im Zentralverwaltungsrat und auf dem Wiener Kongreß und wurde 1815 erster Oberpräsident der preuß. Rheinprovinz.
Solomonica Solms-Laubach, H e r m a n n Graf zu, Botaniker,
Solmsen, Friedrich, Klassischer Philologe, * 4 . 2 . 1904
* 2 3 . 1 2 . 1 8 4 2 Laubach (Hessen), t 24. 11.1915 Straßburg. Das Studium der Naturwissenschaften in Berlin, Gießen und Freiburg/Breisgau Schloß S.-L., Sohn eines Grundbesitzers, 1865 in Berlin mit der Promotion ab (De Lathraeae generis positione systematica), habilitierte sich 1867 für Botanik in Halle (Terttamen bryo-geographiae Algarviae regni Lusitani provinciae) und ging 1872 als a. o. Prof. der Botanik an die Univ. Straßburg. 1879 wurde er o . P r o f . und Direktor des Botanischen Gartens in Göttingen, 1888 in Straßburg. S.-L. war Mitglied der Akademien der Wissenschaften in Berlin, München, Stockholm und Bologna. Er veröffentlichte u . a . eine Einleitung in die Paläophytologie (1887).
Bonn, t 30. 1. 1989 Chapel Hill (North Carolina, USA). S., Sohn von Felix —»S., studierte seit 1922 Klassische Philologie in Bonn, Berlin und Heidelberg, wurde 1928 in Berlin zum Dr. phil. promoviert und habilitierte sich dort 1929 mit einer Arbeit über Die Entwicklung der aristotelischen Logik und Rhetorik. Er war Privatdozent f ü r Klassische Philologie in Berlin, wurde 1933 entlassen und emigrierte nach England, w o er bis 1936 in Cambridge lehrte. 1937 ging S. in die U S A , war bis 1940 Prof. der Philosophie am Olivet College (Michigan), 1940-64 Prof. der klassischen Sprachen an der Cornell University in Ithaca (New York) und lehrte 1964-74 an der University of Wisconsin in Madison. S., der zu den angesehensten Klassischen Philologen seiner Generation gehörte, beschäftigte sich vor allem mit griechischer Philosophie und griechischem Drama. Er veröffentlichte u . a . Hesiod and Aeschylus (1949), Electra and Orestes. Three Recognitions in Greek Tragedy (1967), Kleine Schriften (2 Bde., 1968) und Intellectual Experiments of the Greek Enlightenment (1975). e n G n o m o n 61 (1989)
• P Cat Prof Hai
Solms-Laubach, Otto Graf zu, Gutsbesitzer, Politiker, * 1 . 1 0 . 1 7 9 9 Laubach (Hessen), t 2 2 . 1 1 . 1 8 7 2 Laubach. S.-L. studierte bis 1822 Rechtswissenschaft in Bonn und Berlin und ü b e r n a h m als Chef des gräflichen Hauses SolmsLaubach die Verwaltung der ehemals reichsunmittelbaren Grafschaft. Er war viele Jahre Präsident des Landwirtschaftlichen Vereins von Oberhessen, seit 1828 Mitglied der Ersten K a m m e r des Großherzogtums Hessen und 1852-55 deren Präsident. S.-L. gehörte dem Frankfurter Vorparlament, d e m Erfurter Staatenhaus und der altliberalen, später der freikonservativen Fraktion im Reichstags des Norddeutschen B u n des an. CD Unionsparl
Solms-Rödelheim und Assenheim, Maximilian Ludwig Graf zu, Soziologe, * 2 4 . 9 . 1893 Assenheim (Hessen), t 2 . 9 . 1968 M a r b u r g / L a h n . S. studierte 1913 und wieder seit 1920 Staatswissenschaften und Geschichte in Heidelberg, München und M a r b u r g / Lahn und wurde 1927 bei Ferdinand —> Tönnies an der Univ. Kiel promoviert. 1932 habilitierte er sich f ü r Soziologie in Marburg (Die Bestellung der Organträger in den Menschengruppen), wo er 1941-58 apl. Prof. der Soziologie war. Er veröffentlichte u . a . Kritik der Nationalismen, Sozialismus und Freiheit (1946) und Analytische Gesellungslehre (1956).
na i s z Solms-Wildenfels und Tecklenburg, Friedrich Ludwig Graf, Staatsmann, * 2 . 9 . 1 7 0 8 Königsberg (Preußen), t 2 7 . 8 . 1789 Schloß Sachsenfeld. S.-W., Sohn eines preuß. Kammerherrn, studierte 1 7 2 4 / 2 5 an der Univ. Halle, 1726-29 an der Univ. Leipzig die Rechte und bewirtschaftete seit 1731 die väterlichen Güter in Bielitz (Oberschlesien). 1735 trat er in ein russisches Infanterieregiment ein, wurde Generaladjutant Burchard Christoph von —>Münnichs und ging 1741 als Geheimer Rat und russischer Gesandter nach Dresden. 1742 seines Postens enthoben, trat S.-W. in die Dienste —> Friedrich Augusts II. von Sachsen und wurde Landeshauptmann des erzgebirgischen Kreises. Zu Beginn des Siebenjährigen Kriegs nach Wien und Ungarn geflohen, kehrte er 1757 als Generallandeskommissär in seine alte Funktion zurück. S.-W. veröffentlichte u . a . eine Übersetzung der Oden des Horaz (5 Bücher, 1756-60) und Fragmente zur Solmsischen Geschichte (9 Stücke, 1785). 1795 erschien seine Lebensgeschichte von ihm selbst erzählt (hrsg. von J. G. Reußmann). CD Altpreuß Biogr, Bd 2
Solmsen, Felix, Sprachwissenschaftler, * 11.7.1865 Schneidemühl, t 13.6. 1911 M e h l e m bei Bonn. S. studierte Sprachwissenschaften in Berlin und Leipzig, w o er 1886 zum Dr. phil. promoviert wurde, war Mitglied des Lehrerseminars an den Franckeschen Stiftungen in Halle und habilitierte sich 1893 in B o n n f ü r vergleichende Sprachwissenschaft mit besonderer Berücksichtigung der klassischen und slawischen Sprachen. 1897 wurde er a. o „ 1907 o.Professor. S. veröffentlichte u . a . eine Griechische Lautund Verslehre (1901). Er war der Vater von Friedrich —>S.
Solmssen, Georg Adolf, eigentl. Salomonsohn, Bankier, * 7 . 8 . 1869 Berlin, t 10. ( 1 1 . ? ) 1. 1957 Lugano. S. studierte Rechtswissenschaften in Straßburg, Freiburg/ Breisgau, Leipzig und Berlin, wurde promoviert und war als Gerichtsassessor im Staatsdienst tätig. 1901 trat er in die Disconto-Gesellschaft seines Vaters in Berlin ein, wurde 1904 Direktor und war 1911-29 Teilhaber. 1929 maßgeblich an der Fusion der Disconto-Gesellschaft mit der Deutschen Bank beteiligt, war er 1929-34 Vorstandsmitglied der Deutschen Bank und Disconto-Gesellschaft und gehörte 1930 zu den Gründern des Centraiverbandes des deutschen Bankund Bankiergewerbes in Berlin, dessen Präsident er wurde. S. war Aufsichtsratsvorsitzender bzw. -mitglied zahlreicher Wirtschaftsunternehmen und 1930 Mitgründer der Konservativen Volkspartei. 1934 emigrierte er in die Schweiz, blieb bis 1937 Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank und Disconto-Gesellschaft und war dann als Landwirt und Schriftsteller tätig. S. veröffentlichte Beiträge zur deutschen Politik und Wirtschaft 1900-33 (2 Bde., 1934, 2 1935).
Solomon, Emil, Bankier, * 12.5. 1844, t 2 3 . 4 . 1 9 0 9 . S. war 1869-72 bei d e m Bankhaus Caspary & Sohn tätig, danach bis 1875 Direktor der Wechselstubengesellschaft. 1876 gründete er das Bankhaus Emil Solomon jr. und war Aufsichtsratsvorsitzender bei mehreren Banken und Industrieunternehmen, darunter der Preußischen HypothekenAktienbank, der Aktiengesellschaft f ü r Grundbesitz und Hypotheken und der Maschinenfabrik Wegelin und Hübner in H a l l e / S a a l e sowie der Aktienbrauerei Friedrichshain. 1891-95 war S. Handelsrichter, 1899-1902 Ältester der Korporation der K a u f m a n n s c h a f t von Berlin, 1903-09 Mitglied der Handelskammer und 1904 Mitglied des Börsenvorstands zu Berlin.
Solomonica, Alexander, österr. Schriftsteller, * 1889 Jassy (Rumänien), f 1941 oder 1942 Ghetto Litzmannstadt oder Konzentrationslager Kulmhof. Seit 1891 in Wien aufgewachsen, trat S. zunächst mit Erzählungen in „Die Fackel" als Schriftsteller hervor und veröffentlichte 1916 die Erzählung Herr Heckfisch. Im Ersten Weltkrieg interniert, ließ er sich danach in Berlin nieder und emigrierte 1933 nach Österreich. 1941 wurde er in das Ghetto Litzmannstadt verbracht und dort oder im Konzentrationslager Kulmhof ermordet. S. war mit einer Tochter von Anton —>Kuh verheiratet; sein Sohn Michael —> Stone gab 1990 Herr Heckfisch und andere Schriften von ihm heraus. CD Lex österr Exillit
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Solta Solta,
Georg (Renatus), österr. Indogermanist, * 18.4. 1915 Wien, t 2 . 5 . 2 0 0 5 Wien. S. studierte seit 1934 Indogermanistik, Klassische Philologie und Romanistik (u. a. bei Norbert —» Jokl) an der Univ. Wien, wurde 1939 promoviert und war als Bibliothekar und wissenschaftliche Hilfskraft am dortigen Indogermanischen Institut tätig. 1953 habilitierte er sich (Die Stellung des Armenischen im Kreise der indogermanischen Sprachen, 1960), wurde 1955 wissenschaftlicher Assistent und war seit 1967 a. o. Prof. für Indogermanistik an der Univ. Wien. Seit 1984 gehörte er der Österreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften an. Neben d e m Armenischen und der Ortsnamenkunde befaßte sich S. vor allem mit der Balkanlinguistik, der sein Hauptwerk Einführung in die Balkanlinguistik mit besonderer Berücksichtigung des Substrats und des Balkanlateinischen (1980) gewidmet ist. Ferner veröffentlichte er Gedanken über das nt-Suffix (1958) und Zur Stellung der lateinischen Sprache (1974). • • Almanach Ost Akad, Jg. 155
Soltau,
Dietrich Wilhelm, K a u f m a n n , Übersetzer, * 15.3. 1745 Bergedorf (heute zu Hamburg), t 13.2. 1827 Lüneburg. S., Sohn eines Bürgermeisters, erhielt eine kaufmännische Ausbildung und gründete ein Handelshaus in St. Petersburg. Seit 1798 lebte er als Privatgelehrter, Schriftsteller und Übersetzer in Lüneburg. S. übersetzte u. a. Cervantes' Don Quixote (6 Bde., 1800) und Boccacios Decameron (3 Bde., 1803) und übertrug —»Goethes Reineke Fuchs (1803) in Knittelverse. Zu S.s eigenen Schriften zählen eine S a m m l u n g von Fabeln ( P f a u e n f e d e r n , 1800), die Beyträge zur Berichtigung des Adelungischen grammatisch kritischen Wörterbuchs (1806) und Briefe über Rußland und dessen Bewohner (1810). CD D L L
Soltau,
Hermann Wilhelm, Maler, Zeichner, Lithograph, * 9 . 7 . 1812 Hamburg, t 14.5. 1861 Hamburg. Der Kaufmannssohn erhielt seine künstlerische Ausbildung bei Gerdt —»Hardorff in Hamburg, setzte seine Studien 1832-38 in München, 1842-48 in Paris fort und ließ sich dann als freischaffender Maler in Hamburg nieder. S. kolorierte und entwarf u. a. die Dankurkunden Hamburgs an Dänemark, Frankreich, Rußland und Sachsen für die Unterstützung nach dem Großen Brand von 1842.
Soltau,
Nicolaus Heinrich, Maler, * 2 8 . 2 . 1877 Nienstedten (heute zu Hamburg), t 1.2. 1956 Hamburg. Nach einer praktischen Malerlehre besuchte S. Abendkurse bei Julius von —> Ehren, studierte Kunstgeschichte in Bonn und besuchte 1895 die A k a d e m i e in München. Er unternahm Studienreisen nach R o m und Mailand und ließ sich 1899 als freischaffender Maler in Hamburg nieder. S. spezialisierte sich auf Landschafts- und Marinemalerei und schuf zahlreiche Hallig- und Wattenbilder.
Solti,
Sir Georg, früher György S., Dirigent, Musiker, * 21. 10.1912 Budapest, t 5 . 9 . 1997 Antibes. S. wurde im Alter von zwölf Jahren Klavierschüler an der M u s i k a k a d e m i e in Budapest, studierte dann u. a. bei Bela Bartok, Ernst von —»Dohnänyi und Zoltän Kodäly und wurde 1930 Korrepetitor an der Budapester Staatsoper. 1 9 3 2 / 3 3 war er Korrepetitor in Karlsruhe und assistierte 1 9 3 6 / 3 7 Arturo Toscanini bei den Salzburger Festspielen. Nach dem Debüt als Operndirigent 1938 in Budapest emigrierte S. 1939 in die Schweiz, war als Pianist tätig und erhielt nach der Teilnahme am Genfer Concours 1941 und 1942 (2. und 1. Preis) die Erlaubnis zum Unterricht. 1946-52 war er Generalmusikdirektor der Staatsoper in München, 1952-61 der Oper in F r a n k f u r t / M a i n und 1961-71 Leiter der Covent Garden Opera in London. 1969-91 war S. Chefdirigent des Chicago S y m p h o n y Orchestra, 1972-75 auch des Orchestre de Paris, 1 9 7 3 / 7 4 Leiter der Pariser Opera und
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1979-83 Chefdirigent des London Philharmonie Orchestra. 1 9 9 2 / 9 3 hatte er die künstlerische Leitung der Salzburger Osterfestspiele inne und wurde 1995 künstlerischer Berater des Schleswig-Holstein Musik Festivals. S., einer der großen Dirigenten des 20. Jh., trat vor allem als Interpret der Wiener Klassik, der italienischen Oper sowie der Werke von Richard —»Wagner, Richard —»Strauss und Gustav —»Mahler hervor. CD M G G S o l t m a n n , Otto, Pädiater, * 17.12. 1844 Berlin, t 19.9. 1913 Schreiberhau. S. studierte Medizin in Berlin, Würzburg, Zürich, Prag und Wien, wurde 1869 in Berlin promoviert (Zur Lepra nervosa [anästhetica]) und spezialisierte sich auf Kinderheilkunde. 1872 ließ er sich als Kinderarzt in Breslau nieder, wurde 1876 Direktor des dortigen Wilhelm-AugustaHospitals und habilitierte sich 1877 für Innere Medizin und Kinderheilkunde in Breslau ( U e b e r einige physiologischen Eigenthümlichkeiten der Muskeln und Nerven des Neugeborenen), wo er seit 1883 als a. o. Prof. lehrte. 1881 gründete er als erster in Deutschland ein Wöchnerinnen- und Säuglingsheim, das Kaiserliche Kinderheim Graebschen bei Breslau, und folgte 1894 einem Ruf auf den Lehrstuhl für Kinderheilkunde nach Leipzig. 1895 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . Er veröffentlichte u . a . Behandlungen der wichtigsten Magenund Darmkrankheiten des Säuglings (1881, 2 1886), Über die Erfolge mit Diphtherie-Heilserum (1895) und Masern, Keuchhusten, Scharlach, Diphtherie (1904).
Somary,
Felix, Bankier, * 2 0 . 1 1 . 1 8 8 1 Wien, t 11.7. 1956 Zürich. Nach d e m mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Wien wurde S. 1905 Finanzsekretär der Anglo-Austrian Bank in Wien und lehrte 1910-14 als Prof. an der Hochschule für Staats wissenschaftliche Fortbildung in Berlin, w o er als Bankier tätig war. 1919 übernahm er die Leitung des Bankhauses Blankart & Co. in Zürich, lehrte als Gastprofessor an der Univ. Heidelberg sowie an verschiedenen amerikanischen Universitäten und war 1941-43 Adviser des amerikanischen War Department für internationale Finanzfragen. Sein Werk Bankpolitik (1915) wurde mehrfach aufgelegt und übersetzt. S o m a z z i , Ida, schweizer. Pädagogin, * 17.12. 1882 Bern, t 3 1 . 7 . 1963 Bern. S. besuchte das Lehrerinnenseminar der Stadt Bern, studierte an der dortigen Univ. und wurde 1919 zum Dr. phil. promoviert. 1907-49 war sie Sekundarlehrerin, 1925-49 Seminarlehrerin. S. engagierte sich in Berufsorganisationen und in der Frauenbewegung. 1921 wurde sie Mitglied des Vorstandes der Schweizerischen Völkerbundsvereinigung, später der Schweizerischen Gesellschaft für die U N O , deren Erziehungskommission sie bis 1947 vorstand. 1949 wurde S. Mitglied der nationalen U N E S C O - K o m m i s s i o n und Präsidentin der I. Sektion für Erziehung und Wiederaufbau. Seit 1949 präsidierte sie der 1934 gegründeten Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft Frau und Demokratie. 1949 übernahm sie auch das Präsidium der Studienkommission für Frauenfragen der U N O und der U N E S C O . Die 1964 errichtete Ida-Somazzi-Stiftung hat den Zweck, Frieden, Freiheit, Menschen- und Frauenrechte zu fördern. DP C H 91 S o m b a r t , Anton Ludwig, Geometer, Rittergutsbesitzer, Industrieller, Politiker, * 1 4 . 9 . 1 8 1 6 Rittergut Haus Bruch bei H a t t i n g e n / R u h r , t 12. 1. 1898 Elberfeld (heute zu Wuppertal). Der aus reformierter Elberfelder Kaufherrn- und Ratsfamilie hugenottischen Ursprungs stammende S. war nach dem Abitur Baueleve in Essen und danach beamteter Geometer in Genthin und Hettstedt im Mansfelder Gebirgskreis.
Sombart Aus Gesundheitsgründen gab er diese Tätigkeit auf, war 1848-50 Bürgermeister von Ermsleben/Harz und wurde dort Landwirt und Mitbesitzer einer von ihm bis 1875 geleiteten Zuckerfabrik. Er wurde Landschaftsdirektor der preuß. Provinz Sachsen und siedelte dann ganz nach Berlin über. Als Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses (1861-63, 1877-82, 1889-93) Schloß er sich der nationalliberalen Fraktion an, wurde Mitglied des Zollparlaments, des Norddeutschen und des Deutschen Reichstags (1867-78), 1870 der Kaiserdeputation in Versailles, seit 1875 auch des Landtags der Provinz Sachsen sowie Direktoriumsmitglied landwirtschaftlicher und industrieller Verbände. Er gehörte 1872 zu den Begründern des „Vereins für Socialpolitik" und war als Vorkämpfer der „inneren Kolonisation" Schöpfer des preuß. Rentengutsgesetzes von 1890. S. veröffentlichte u.a. Zur Frage der innern Kolonisation (1897) und Die Fehler im Parzellirimgs-Verfahren der preußischen Staatsdomänen (1876). Er war der Vater von Werner —»S. m
Biogr Jahrb, Bd 3
Sombart, Werner (Friedrich Wilhelm Carl), Nationalökonom, Soziologe, * 19.1. 1863 Ermsleben/Harz, t 18.5. 1941 Berlin. S. war der jüngste Sohn des Rittergutsbesitzers, Industriellen und National liberalen Anton Ludwig - > S . Er studierte seit 1882 in Pisa und Berlin die Rechte, legte 1885 das erste juristische Examen ab und studierte daneben in Berlin und Rom Staats- und Wirtschaftswissenschaften, Geschichte und Philosophie. In den Seminaren des Agrarhistorikers August Meitzen und der „Kathedersozialisten" Adolph —> Wagner und Gustav —»Schmoller erhielt er wie der ein Jahr jüngere Max —> Weber entscheidende wissenschaftliche Anregungen. Bei Schmoller wurde S. 1888 mit einer sozialökonomischen Studie über Die römische Campagna promoviert. Dieses Werk zeigt bereits die Eigenart und Meisterschaft der späteren Arbeiten, nüchterne Statistiken und Analysen mit einer lebendigen, farbenreichen, dabei begrifflich scharf zupackenden Sprache zu anschaulichdurchsichtiger Darstellung zu verbinden. Mit dieser Studie, der Untersuchungen über den Zustand des Familienlebens in Italien, zur Geschichte der italienischen Handelspolitik und Arbeiterbewegung folgten, begründete S. seinen Ruf als Italienfachmann unter den deutschen Volkswirten und sein Ansehen im italienischen Bürgertum; fast alle seine Schriften wurden ins Italienische übersetzt. Nach zweijähriger Tätigkeit als Syndikus der Bremer Handelskammer berief der Hochschulreferent im preuß. Kultusministerium, Friedrich —> Althoff, den nicht habilitierten S. gegen das Votum der Fakultät 1890 auf eine neu eingerichtete a. o. Professur in Breslau und ernannte ihn zum Mitdirektor des Staatswissenschaftlich-statistischen Seminars. Als „Marxist" blieb S. in der „Ära Stummschen Einflusses" 16 Jahre lang in Breslau. Berufungen nach Freiburg, Heidelberg und Karlsruhe, in zwei Fällen als Nachfolger Max Webers, scheiterten am Veto des Großherzogs. Den Ruf an die neue Berliner Handelshochschule nahm S. 1906 in der Hoffnung an, auch an der Univ. lesen zu können, was von dieser durch eine „Lex Sombart" vereitelt wurde. Erst im Dezember 1917 wurde er gegen den Protest zahlreicher Fakultätsmitglieder auf Betreiben des Hochschulreferenten Carl Heinrich —> Becker zum o. Prof. der wirtschaftlichen Staatswissenschaften an die Univ. berufen und zum Geheimen Regierungsrat ernannt. Nach 1918 fand S. auch offizielle Anerkennung. Er wurde Mitglied des „Institut Inter-
national de Sociologie" in Genf, 1932 Vorsitzender des „Vereins für Socialpolitik", Ratsmitglied der von ihm 1909 mitgegründeten, 1933 unter seiner Präsidentschaft selbst gleichgeschalteten „Deutschen Gesellschaft für Soziologie", 1933 Mitglied der Preußischen und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Akademie für Deutsches Recht. An Univ. und Handelshochschule lehrte S. über die Emeritierung 1931 hinaus bis 1940. Mit seinem in 24 Sprachen übersetzten Werk Sozialismus und soziale Bewegung im 19. Jahrhundert (1896, Neudr. 1966), das bis 1924, zuletzt unter dem Titel Der proletarische Sozialismus („Marxismus") (2 Bde.), zehn Auflagen erlebte, wurde S. der erste und erfolgreichste „bürgerliche" Zeithistoriker des Sozialismus und der internationalen Arbeiterbewegung; es spiegelt zugleich seine Wandlungen vom Marxisten zum Gegner des Bolschewismus und Vordenker der „konservativen Revolution" wider. Sein Hauptwerk wurde Der Moderne Kapitalismus (2 Bde., 1902; 6 Bde., 2 1916-27; Neudr. 1928, 1955, 1987). In diesem auf Aufforderung von Friedrich —> Engels nach dem postumen Erscheinen des 3. Bandes von Karl —>Marx' Das Kapital um 1897 begonnenen Werk wollte er dem seine Zeit beherrschenden Wirtschaftssystem die - so der Untertitel der 2. Auflage - Historisch-systematische Darstellung [und Deutung] des gesamteuropäischen Wirtschaftslebens von den Anfängen bis zur Gegenwart geben. Es wurde ins Russische (1903, 1924/31) und in Teilausgaben ins Italienische (1925, 1967, 1977), Französische (1932), Englische (1933, 1968), Griechische (1941) und Spanische (1946) übersetzt. In viel diskutierten Untersuchungen über Die Juden und das Wirtschaftsleben (1911), Der Bourgeois (1913), Luxus und Kapitalismus (1913) und Krieg und Kapitalismus (1913) suchte er, herausgefordert durch Webers These eines Zusammenhangs von Calvinismus und kapitalistischer Wirtschaftsentwicklung, im Hinblick auf die Neubearbeitung des Hauptwerks möglichst alle Faktoren zu erforschen, die zur Ausbildung des Kapitalismus beigetragen hatten. Sein Deutscher Sozialismus (1934, engl. 1937, 1969; frz. 1938, 1991; ital. 1941; japan. 1982) stieß als „eigener Weg des Herrn Professor Sombart neben dem Nationalsozialismus" sofort auf den Totalitätsanspruch der NSDAP. In der auf mehrere Bände geplanten Anthropologie, die er unter dem Eindruck der „wissenschaftlichen Bibel" der Rassenhygieniker, des von Erwin —»Baur, Eugen —»Fischer und Fritz —> Lenz verfaßten und von —»Hitler in Mein Kampf ( 1 9 2 5 / 2 6 ) eingearbeiteten Grundrisses der menschlichen Erblichkeitslehre und Rassenhygiene (1921, 5 1940) begann, wollte S. den Rasseaposteln und naturwissenschaftlich-medizinischen Scharlatanen das Handwerk legen. Der erste und außer den postum nachgedruckten Vorstudien aus den Jahren 1923-36 (NooSoziologie, 1956, span. 1962) einzige Band Vom Menschen. Versuch einer geistwissenschaftlichen Anthopologie (1938, 2 1956) ist unter dem Eindruck der „Nürnberger Rassegesetze" eine schneidende Absage an das „verheerende" naturwissenschaftliche Denken auf dem Gebiet der menschlichen Abstammungslehre, die „vertierende Tendenz des Darwinismus". WEITERE WERKE; Die deutsche Volkswirtschaft im 19. Jahrhundert. Berlin 1903, 7 1927, 8 1954; russ. 1910, 1924. Warum gibt es in den Vereinigten Staaten keinen Sozialismus? Tübingen 1906, Nachdr. 1969; japan. 1919; engl. 1976. - Das Lebenswerk von Karl Marx. Jena 1909. Die Juden und das Wirtschaftsleben. Leipzig 1911, 15. Tsd. 1928; engl. 1913, 1951, 1969, 1982, poln. 1913; frz. 1923; ital. 1986. - Der Bourgeois. München/Leipzig 1913, 9. Tsd. 1923, engl. 1915, 1967, 1984; russ. 1924; frz. 1926; ital. 1950, 1978, 1983; span. 1972, "1982. - Luxus und Kapitalismus. München/Leipzig 1913, 2 1922, 1967, 1983; span. 1928, 1951, 1965, 1979; engl. 1938, 1967; japan. 1969;
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Somborn ital. 1982, 1987. - Krieg u n d K a p i t a l i s m u s . M ü n c h e n / L e i p zig 1913, R e p r i n t N e w York 1975. - H ä n d l e r und H e l den. M ü n c h e n / L e i p z i g 1915, 20. Tsd. 1935. - G r u n d l a gen und Kritik d e s S o z i a l i s m u s . 2 B d e . , Berlin 1919. S o z i o l o g i e . Berlin 1923, 5 1 9 2 4 . - D i e drei N a t i o n a l ö k o n o m i e n . G e s c h i c h t e und S y s t e m der L e h r e von der W i r t s c h a f t . M ü n c h e n / L e i p z i g 1930, 2 1 9 6 7 ; j a p a n . - D i e Z u k u n f t d e s K a p i t a l i s m u s . Berlin 1932, 25. Tsd. 1937, übersetzt in fast alle Weltsprachen einschließlich des C h i n e s i s c h e n . LITERATUR: N i c o l a u s S o m b a r t : J u g e n d in Berlin 1933-1943. Ein Bericht. M ü n c h e n / W i e n 1984. - B e r n h a r d v o m B r o c k e . W . S. E i n e E i n f ü h r u n g in L e b e n , Werk und W i r k u n g . In: Ders.: S.s „ M o d e r n e r K a p i t a l i s m u s " . Materialien zur Kritik und R e z e p t i o n . M ü n c h e n 1987, S. 11-65 ( B i b l i o g r a phie). - M i c h a e l A p p e l : W . S. - H i s t o r i k e r und T h e o r e tiker des m o d e r n e n K a p i t a l i s m u s . M a r b u r g 1992. - Friedrich Lenger: W . S. 1863-1941. E i n e B i o g r a p h i e . M ü n c h e n 1994 (Bibliographie). - B e r n h a r d v o m B r o c k e : W . S. C a p i t a l i s m - S o c i a l i s m . His Life, Works a n d Influence. In: W . S. ( 1 8 6 3 - 1 9 4 1 ) . Social Scientist. Hrsg. v. Jürgen B a c k haus. 3 Bde., M a r b u r g 1996, B d . 1, S. 19-102. - Jürgen B a c k h a u s (Hrsg.): W . S. ( 1 8 6 3 - 1 9 4 1 ) - K l a s s i k e r der Soz i a l w i s s e n s c h a f t e n . E i n e kritische B e s t a n d s a u f n a h m e . M a r burg 2 0 0 0 . - R o b e r t B r a n d t (Hrsg.): N a h r u n g , M a r k t o d e r G e m e i n n u t z . W . S. u n d d a s vorindustrielle H a n d w e r k . Bielefeld 2 0 0 4 . - J o a c h i m Z w e y n e r t / D a n i e l R i n i k e r : W . S. in R u ß l a n d . Ein v e r g e s s e n e s Kapitel seiner L e b e n s - und Wirkungsgeschichte. Marburg 2004. Bernhard vom Brocke
Somborn,
( T h e o d o r ) Carl, M u s i k w i s s e n s c h a f t l e r , K o m p o n i s t , * 16. 1 1 . 1 8 5 1 B a r m e n ( h e u t e zu W u p p e r t a l ) , I 1 6 . 6 . 1935 M ü n c h e n . N a c h d e m S t u d i u m an d e r U n i v . S t r a ß b u r g und d e r Kgl. M u s i k s c h u l e in M ü n c h e n ü b e r n a h m S. 1878 die L e i t u n g d e s S i n g v e r e i n s in L a h r u n d w a r 1882-1911 L e h r e r f ü r T h e o rie und M u s i k g e s c h i c h t e s o w i e B i b l i o t h e k a r a m K o n s e r v a t o r i u m in S t r a ß b u r g . 1911-13 lebte er in Venedig, d a n a c h in M ü n c h e n . 1902 erhielt S. den Professorentitel. Er k o m ponierte u . a . d i e O p e r Philenor (1903), ein Streichquartett, O r c h e s t e r w e r k e , K l a v i e r s t ü c k e und zahlreiche C h o r l i e d e r . S o m m e r , Albert, C h e m i k e r , U n t e r n e h m e r , * 1 5 . 7 . 1879 W e i n h e i m (Baden), t 30. 1 1 . 1 9 6 8 M o n t a g n o l a (Kt. Tessin). S. studierte C h e m i e an der T H D r e s d e n , w u r d e 1903 prom o v i e r t und war hier Assistent. 1905 ging er in die U S A , errichtete u n d leitete dort B e t r i e b e der T e x t i l b r a n c h e und w u r d e 1906 C h e f c h e m i k e r der T e x a s C o m p a n y (Petroleum). 1906-11 w a r S. L e c t u r e r an der C o l u m b i a University und an der U S - M a r i n e a k a d e m i e in A n n a p o l i s , ü b e r n a h m 1911 die L e i t u n g d e r e u r o p ä i s c h e n Interessenvertretung der B a r ber A s p h a l t P a v i n g C o . in P h i l a d e l p h i a und w a r an der E i n f ü h r u n g der b i t u m i n ö s e n S t r a ß e n b a u w e i s e in E u r o p a beteiligt. 1911 g r ü n d e t e er die Trinidad D e u t s c h e A s p h a l t G m b H und w a r seit 1925 Leiter der N a c h f o l g e f i r m a Trinidad D e u t s c h e Öl und A s p h a l t A G . S. lebte in Dresden, w a r A u f s i c h t s r a t s v o r s i t z e n d e r und - m i t g l i e d zahlreic h e r B a u - und A s p h a l t f i r m e n und f ü h r t e die Kaltasphalt( A s p h a l t e m u l s i o n s - ) T e c h n i k auf d e m e u r o p ä i s c h e n K o n t i nent ein. N a c h der M a c h t ü b e r n a h m e d u r c h die N a t i o n a l s o zialisten e m i g r i e r t e er in d i e S c h w e i z . S o m m e r , (Carl) A u g u s t (Wilhelm), B i l d h a u e r , * 5 . 3 . 1839 C o b u r g , t 1 5 . 9 . 1921 C o b u r g . S e i n e künstlerische A u s b i l d u n g erhielt S. an d e r K u n s t s c h u l e in Stuttgart u n d an der K u n s t a k a d e m i e in M ü n c h e n , lebte 1861 - 6 9 in W i e n und schuf hier d i e R e l i e f s Mozart, Kaiserin Maria Theresia u n d Kaiser Leopold II. f ü r das O p e r n h a u s . 1869 g i n g er n a c h B u d a p e s t , arbeitete hier an einer R e i h e von F i g u r e n f ü r das Z o l l a m t und d i e U n i v e r s i t ä t s b i b l i o t h e k
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und hielt sich d a n n e i n i g e Zeit in R o m auf, b e v o r er n a c h C o b u r g z u r ü c k k e h r t e . Z u seinen weiteren W e r k e n zählen der M o n u m e n t a l b r u n n e n Kentaur mit einer Schlange kämpfend in B r e m e n und d i e B r o n z e f i g u r Mohr, vor Schlange erschreckend a m H e r z o g - A l f r e d - B r u n n e n im C o b u r g e r H o f garten. S o m m e r , Christian, Jurist, Publizist, * 2 7 . 2 . 1767 M e r s c h bei Jülich, t 1 . 1 2 . 1 8 3 5 M e r s c h bei Jülich. S. brach sein S t u d i u m der T h e o l o g i e in K ö l n ab, studierte seit 1788 Jura in B o n n und D ü s s e l d o r f und ging als A n walt n a c h K ö l n . Er unterstützte d i e c i s r h e n a n i s c h e B e w e g u n g und w u r d e 1797 f ü r kurze Zeit S e k r e t ä r des von den F r a n z o s e n eingesetzten S u b s t i t u t i o n s k o m m i s s a r s . 1799 warf er d e n K ö l n e r B e h ö r d e n in seiner Z e i t s c h r i f t „ D e r P a t r i o t " (wie schon 1797) K o r r u p t i o n vor, w o f ü r er k u r z e Zeit in U n t e r s u c h u n g s h a f t k a m . Bis 1815 w a r S. publizistisch tätig; er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Grundlage zu einem vollkommenen Staat (1802). S. zählte zu d e n f ü h r e n d e n linksrheinischen deutschen Jakobinern. CD R e i n a l t e r 1 S o m m e r , Elise, geb. B r a n d e n b u r g , Schriftstellerin, * 1767 Stralsund, t n. e. S. heiratete j u n g einen s a y n - b e r l e b u r g i s c h e n Kabinettsrat, mit d e m sie in B e r l e b u r g lebte, u n d w u r d e M u t t e r von z e h n K i n d e r n . N a c h d e m Tod ihres M a n n e s auf die U n t e r s t ü t z u n g von V e r w a n d t e n und F r e u n d e n a n g e w i e s e n , g i n g sie 1806 e i n e z w e i t e E h e mit e i n e m R e g i e r u n g s r a t ein, von d e m sie sich j e d o c h nach kurzer Zeit w i e d e r trennte. S. lebte d a n n bei ihren K i n d e r n , vor allem in M a r b u r g u n d F r a n k f u r t / O d e r . Ihre M i s z e l l e n und G e d i c h t e , in d e n e n sie sich v o r r a n g i g religiösen T h e m e n und N a t u r b e l r a c h t u n g e n w i d m e t e , veröffentlichte S. im „ N e u e n teutschen M e r k u r " und im „ M o r g e n blatt" s o w i e in d e n S a m m l u n g e n Poetische Versuche (1806) und Gedichte (1813). Ihre letzte V e r ö f f e n t l i c h u n g Gedichte und prosaische Aufsätze erschien 1833. CD Killy S o m m e r , E r n s t , Jurist, Schriftsteller, * 2 9 . 1 0 . 1 8 8 8 Iglau ( M ä h r e n ) , t 20. 10. 1955 L o n d o n . S., S o h n eines K a u f m a n n s , studierte seit 1907 M e d i z i n , K u n s t g e s c h i c h t e und R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n in W i e n , w u r d e 1912 z u m Dr. j u r . p r o m o v i e r t und w a r d a n n als R e c h t s a n walt in W i e n und N o r d b ö h m e n tätig. Seit 1914 n a h m er a m Ersten Weltkrieg teil. 1920 ließ er sich als R e c h t s a n w a l t in K a r l s b a d nieder. Im selben J a h r trat er in die Sozialdem o k r a t i s c h e Partei ein, w u r d e M i t a r b e i t e r d e s „ V o l k s w i l l e n " und g a b 1 9 2 5 / 2 6 mit B r u n o —»Adler und Ernst B e r g a u e r d i e Z e i t s c h r i f t „Die P r o v i n z " heraus. 1912 mit d e m autobiog r a p h i s c h g e p r ä g t e n R o m a n Gideons Auszug hervorgetreten, v e r f a ß t e S. seit B e g i n n der d r e i ß i g e r Jahre v o r a l l e m historis c h e R o m a n e , d i e versteckt die Z e i t g e s c h i c h t e , i n s b e s o n d e r e V e r f o l g u n g und Vertreibung der J u d e n k o m m e n t i e r e n , darunter Die Templer ( 1 9 3 5 , N e u d r . 1953) und Botschaft aus Granada ( 1 9 3 7 , N e u d r . 1987 und 2006). 1938 n a c h E n g l a n d emigriert, v e r ö f f e n t l i c h t e er 1944 d e n R o m a n Revolte der Heiligen ( 1 9 4 8 unter d e m Titel Revolte der Wehrlosen), der den A u f s t a n d in e i n e m K o n z e n t r a t i o n s l a g e r schildert. B e s o n ders in der D D R f a n d e n auch seine historischen W e r k e B e a c h t u n g (Die Sendung Thomas Münzers, 1948; Villon, 1949). 1951 w u r d e S. britischer Staatsbürger. CD S c h ü t z S o m m e r , F e r d i n a n d (Johann), I n d o g e r m a n i s t , * 4 . 5 . 1 8 7 5 Trier, t 3 . 4 . 1962 M ü n c h e n . N a c h d e m 1896 in F r e i b u r g / B r e i s g a u mit d e r P r o m o t i o n z u m D r . phil. a b g e s c h l o s s e n e n S t u d i u m der S p r a c h w i s s e n s c h a f t w a r S. A s s i s t e n t in L e i p z i g und habilitierte sich dort 1899. 1902 w u r d e er o . P r o f . der a l l g e m e i n e n und indog e r m a n i s c h e n S p r a c h w i s s e n s c h a f t in B a s e l , 1909 in R o stock, 1913 in Jena, 1924 in B o n n und 1926 in M ü n c h e n .
Sommer S. w u r d e z u m G e h e i m e n R e g i e r u n g s r a t e r n a n n t und w a r ord e n t l i c h e s M i t g l i e d der B a y e r i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n schaften sowie korrespondierendes Mitglied der Akademien der W i s s e n s c h a f t e n in Berlin und G ö t t i n g e n . Er v e r f a ß t e bed e u t e n d e A r b e i t e n zur g e s c h i c h t l i c h e n E r f o r s c h u n g der lateinischen (Handbuch der lateinischen Laut- und Formenlehre, 1902) und der g r i e c h i s c h e n S p r a c h e ( Z u r Geschichte der griechischen Nominalkomposita, 1948). N a c h B e d r i c h H r o z n y s N a c h w e i s d e s i n d o g e r m a n i s c h e n C h a r a k t e r s des H e t h i t i s c h e n w a n d t e sich S. der Interpretation hethitischer T e x t e zu u n d schrieb u . a . Hethiter und Hethitisch (1947). DO G n o m o n 3 4 (1962) S o m m e r , H a n s , eigentl. H a n s Friedrich A u g u s t Z i n c k e ( n ) , weitere P s e u d . Ε. T . N e c k i z , M a t h e m a t i k e r , K o m p o n i s t , * 2 0 . 7 . 1837 B r a u n s c h w e i g , t 2 6 . 4 . 1922 B r a u n s c h w e i g . N a c h d e m f r ü h e n T o d des Vaters Z i e h s o h n Peter W i l h e l m Friedrich von —> Voigtländers, studierte S. seit 1854 M a t h e m a t i k u n d P h y s i k in G ö t t i n g e n , erhielt d a n e b e n K o m p o s i tionsunterricht und w u r d e 1858 p r o m o v i e r t (Zur Bestimmung der Brechungsverhältnisse). Seit 1859 Hilfslehrer, seit 1866 Prof. der M a t h e m a t i k a m B r a u n s c h w e i g e r C o l l e g i u m C a r o l i n u m (seit 1862 P o l y t e c h n i k u m ) , setzte er sich f ü r dessen U m w a n d l u n g in eine T H ein und w a r 1878-81 deren erster D i r e k t o r . S. g r ü n d e t e 1863 den Verein f ü r K o n z e r t m u s i k , 1876 d e n Richard-Wagner-Verein in B r a u n s c h w e i g , w a n d t e sich 1883 g a n z der M u s i k zu und ging 1884 zu F r a n z —>Liszt n a c h W e i m a r . 1885-88 lebte er in Berlin und hielt sich 1888-98 e r n e u t f r e i s c h a f f e n d i m K r e i s e der LisztS c h ü l e r in W e i m a r auf. 1898 k e h r t e S. n a c h B r a u n s c h w e i g zurück, war im selben J a h r M i t g r ü n d e r der G e n o s s e n s c h a f t d e u t s c h e r K o m p o n i s t e n , der späteren G e n o s s e n s c h a f t deutscher Tonträger, und setzte sich mit R i c h a r d —> Strauss, der S. als K o m p o n i s t e n förderte, f ü r ein m u s i k a l i s c h e s Urheberrecht ein. E r k o m p o n i e r t e Lieder, B a l l a d e n und O p e r n ( u . a . Der Nachtwächter, 1865; Loreley, 1891; Der Meermann, 1896). CD M G G S o m m e r , H e i n e r (Heinrich A l f r e d Otto), Veterinärmediziner, * 1 1 . 7 . 1932 R a v e n s b u r g , t 2 1 . 1 0 . 1999 B o n n . S. studierte T i e r m e d i z i n und w u r d e 1962 in M ü n c h e n prom o v i e r t (Untersuchungen über die Beziehungen zwischen Wetter und Milchleistung des Rindes. Ein Beitrag zur Meteorobiologie). Er habilitierte sich 1968 in H o h e n h e i m , w a r a n s c h l i e ß e n d A s s i s t e n t a m Institut f ü r T i e r h y g i e n e und Leiter der A b t e i l u n g T i e r h y g i e n e der Universität, w u r d e 1971 z u m W i s s e n s c h a f t l i c h e n Rat e r n a n n t und f o l g t e 1972 e i n e m R u f als o . P r o f . an d i e U n i v . B o n n . S. b e s c h ä f t i g t e sich vor allem mit F r a g e n der T i e r h y g i e n e , p r ä v e n t i v e n T i e r m e d i z i n und Klinischen C h e m i e . E r v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Beziehungen zwischen verschiedenen Blutserumparametern und den erzielten Gewinnsummen von Galoppern (1981), Moderne Tierhaltung und Tiergesundheit (1981), Die Kontrolle der Gesundheit und Nährstoffversorgung bei Milchkühen (1985), The efficiency of preventive homeopathie treatment of postparturient diseases of dairy cattle (1990) und Tierhygiene ( 1 9 7 6 , 2 1991 S o m m e r , J a k o b Karl E r n s t , Bischof der m e t h o d i s t i s c h e n Kirche, * 2 . 1 2 . 1911 M a m u r e t - u l - A s i s (heute A z i g , Türkei), t 7 . 1 1 . 1 9 8 1 F r a n k f u r t / M a i n . D e r S o h n J o h a n n W i l h e l m E r n s t —>S.s studierte seit 1929 T h e o l o g i e , G e r m a n i s t i k , Anglistik und P h i l o s o p h i e in F r a n k f u r t / M a i n , w u r d e 1935 z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t u n d w a r als G y m n a s i a l l e h r e r in M o n t a b a u r tätig. 1936 w u r d e S. L a i e n prediger in der M e t h o d i s t e n k i r c h e . Seit 1950 D o z e n t f ü r Katechetik, K i r c h e n g e s c h i c h t e , P h i l o s o p h i e , P s y c h o l o g i e u n d P ä d a g o g i k a m P r e d i g e r s e m i n a r der M e t h o d i s t e n k i r c h e in F r a n k f u r t / M a i n , w u r d e er 1951 in d a s m e t h o d i s t i s c h e Pre-
d i g t a m t a u f g e n o m m e n , f u n g i e r t e seit 1953 als S e m i n a r Direktor und war ö k u m e n i s c h tätig. 1968-77 war S. B i s c h o f der e v a n g e l i s c h - m e t h o d i s t i s c h e n Kirche. CD B B K L S o m m e r , J o h a n n Friedrich J o s e f , P s e u d . W e s t p h a l u s E r e m i t a , Jurist, * 21. 1 . 1 7 9 3 K i r c h h u n d e m , t 3. 11. 1856 Arnsberg. S. studierte seit 1808 R e c h t s - und S t a a t s w i s s e n s c h a f t e n , M a thematik, P h i l o s o p h i e , F r a n z ö s i s c h , G e s c h i c h t e und F o r s t b o tanik in G i e ß e n , w u r d e 1819 z u m Dr. j u r . p r o m o v i e r t und ließ sich 1825 als R e c h t s a n w a l t in A r n s b e r g nieder. Seit 1826 w a r er A b g e o r d n e t e r im P r o v i n z i a l l a n d t a g , 1848 in der P r e u ß i s c h e N a t i o n a l v e r s a m m l u n g und setzte sich hier f ü r e i n e T r e n n u n g z w i s c h e n kirchlichen und staatlichen B e f u g n i s s e n ein. Er s c h r i e b Die geschichtliche Entwicklung der bäuerlichen Rechtsverhältnisse in Deutschland (3 Bde., 1823-30). S o m m e r , J o h a n n S a m u e l , M e d i z i n e r , * 8 . 9 . 1764 C o b u r g , t 1 6 . 3 . 1838 C o b u r g . D e r S o h n eines A p o t h e k e r s studierte seit 1783 M e d i z i n in L e i p z i g , J e n a und Berlin, w u r d e 1786 in J e n a p r o m o v i e r t (De conceptioone sine menstruis biga casuum confirmata) und ließ sich d a n n als Arzt in C o b u r g nieder. 1796 w u r d e er z u m Rat, L e i b m e d i k u s u n d S t a d t p h y s i k u s e r n a n n t und als erster M e d i z i n a l r a t in das K o l l e g i u m der h e r z o g l i c h e n L a n d e s r e g i e r u n g a u f g e n o m m e n . S. w a r seit 1821 H o f r a t , seit 1827 G e h e i m e r Medizinalrat. S o m m e r , Johann Wilhelm Ernst, Missionar, Bischof der m e t h o d i s t i s c h e n Kirche, * 3 1 . 3 . 1881 Stuttgart, t 15. 10. 1952 Zürich. D a s S t u d i u m der G e r m a n i s t i k u n d R o m a n i s t i k a m C a i u s C o l lege in C a m b r i d g e Schloß d e r S o h n eines w e s l e y a n i s c h e n Predigers als M a g i s t e r artium ab, setzte sein S t u d i u m in L a u s a n n e f o r t und w a r k u r z e Zeit L e h r e r im s c h w ä b i s c h e n W i l h e l m s d o r f . A n s c h l i e ß e n d w a r er bis 1912 als M i s s i o n a r mit der L e i t u n g eines L e h r e r s e m i n a r s in M a m u r e t - u l - A s i s (Türkei) b e a u f t r a g t u n d lehrte d a n n als D o z e n t a m Missio n s s e m i n a r des D e u t s c h e n H ü l f s b u n d e s f ü r christliche Liebestätigkeit i m Orient in U c h t e n h a g e n . 1920 w u r d e S. L e h r e r und H a u s v a t e r a m P r e d i g e r s e m i n a r der M e t h o d i s t e n k i r c h e in F r a n k f u r t / M a i n , d e m er bis 1936 als Direktor vorstand. 1 9 4 6 - 5 2 w a r er B i s c h o f d e r M e t h o d i s t e n k i r c h e in D e u t s c h land. Er w a r d e r Vater von J a k o b Karl E r n s t - > S . m
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S o m m e r , J o h a n n e s , P ä d a g o g e , Schriftsteller, * u m 1542 Pirna, t 1574 K l a u s e n b u r g . N a c h d e m S t u d i u m in F r a n k f u r t / O d e r w a r S. a m H o f des m o l d a u i s c h e n F ü r s t e n J a k o b u s B a s i l i k u s H e r a k l i d e s tätig, der i h m d i e L e i t u n g der n e u g e g r ü n d e t e n L a t e i n s c h u l e in C o t nari ü b e r g a b . N a c h d e r R e v o l t e g e g e n d e n Fürsten 1563 floh er n a c h K r o n s t a d t , w u r d e 1565 R e k t o r d e s dortigen G y m n a s i u m s und w i r k t e seit 1567 in gleicher E i g e n s c h a f t in Klausenburg, w o er O p f e r der P e s t w u r d e . S. v e r f a ß t e historische, theologische, p h i l o s o p h i s c h e und G e l e g e n h e i t s s c h r i f t e n , darunter Reges Hungarici (1567), s o w i e E l e g i e n (Clades Moldovica, 1568) u n d den P e s t g e s a n g Zur Zeit der Pestilentz. S o m m e r , Johannes, Pseud. Huldrichus Therander, J o h a n n e s O l o r i n u s Variscus, T h e o l o g e , Übersetzer, Schriftsteller, * 1559 Z w i c k a u , t 1 6 . 1 0 . 1622 O s t e r w e d d i n g e n . N a c h d e m T h e o l o g i e s t u d i u m w u r d e S. K o n v e n t u a l e und L e h r e r im Kloster B e r g bei M a g d e b u r g und v e r w a l t e t e seit 1598 die z u m Kloster g e h ö r e n d e Pfarrei O s t e r w e d d i n g e n . Er übersetzte z u n ä c h s t v o r w i e g e n d lateinische D r a m e n und g a b u. a. S a m m l u n g e n von S c h w ä n k e n (Emplastrum Cornelianum, 1605), S p r i c h w ö r t e r n , R ä t s e l n und R e i m e n heraus. S. v e r ö f f e n t l i c h t e f e r n e r e i n e satirische Predigt ü b e r d i e Mar-
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Sommer tins Ganß (1609) und setzte sich auch in seinem Hauptwerk Ethographia Mundi (1609-13) satirisch mit den Mißständen seiner Zeit auseinander. CD Killy S o m m e r , Julius, Mathematiker, * 9.7. 1871 Reutlingen (Württemberg), t 16.8. 1943 Danzig. S., Sohn eines Bäckermeisters, studierte Mathematik in Stuttgart, Tübingen und Göttingen, wurde 1898 in Tübingen zum Dr. rer. nat. promoviert (Ueber die Bestimmung ausgezeichneter Punktgruppen auf Kurven vom Geschlecht p) und habilitierte sich 1899 in Göttingen. Seit 1901 lehrte er als Prof. der Mathematik an der Landwirtschaftlichen Akademie in Bonn-Poppelsdorf und folgte 1904 einem Ruf als Ordinarius an die T H Danzig. S. veröffentlichte u.a. eine Einführung in die Theorie der algebraischen Zahlkörper (1907). CD Altpreuß Biogr, Bd 4 S o m m e r , Julius, Industrieller, * 1.7. 1876 Frankfurt/ Main, t 3.2. 1962 Montclair (New Jersey, USA). Nach dem Besuch der Frankfurter Handelsschule war S. seit 1891 Angestellter der dortigen Metallgesellschaft A G und wurde 1903 Vorstandsmitglied des Unternehmens. 1910-28 war er Vorstandsmitglied der Metallbank & Metallurgische Gesellschaft A G und gehörte nach deren Fusion mit der Metallgesellschaft A G 1928 bis 1935 dem Vorstand dieses Unternehmens an. Bis zu seiner Zwangspensionierung 1938 als Berater tätig, emigrierte er dann Uber England in die USA und lebte 1939-43 in Englewood (New Jersey) und 1943-62 in Montclair (New Jersey). S o m m e r , Karl Marcel, österr. Sänger, * 16.1.1855 Klagenfurt, t 9 . 1 0 . 1 9 0 0 Bleiberg (Kärnten). S. debütierte 1877 am Hoftheater in Sondershausen, trat seit 1878 am Hoftheater in Altenburg auf und erhielt im selben Jahr ein Engagement an der Hofoper in Dresden. 1881 gab er ein erfolgreiches Gastspiel an der Hofoper in Wien, wo er dann bis 1893 Ensemblemitglied war und 1886 an der Uraufführung der Oper Merlin von Karl —> Goldmark mitwirkte. Nach einer Gastspieltournee 1895 an das Opernhaus in Breslau verpflichtet, mußte er jedoch seine Karriere aus Gesundheitsgründen aufgeben. Höhepunkte seines Repertoires waren der Telramund im Lohengrin und der Papageno in der Zauberflöte. CD Kutsch S o m m e r , Kurt, Sänger, * 3 . 3 . 1 8 6 8 Altengottern (Thüringen), t 27.6. 1921 Berlin. Seine Gesangsausbildung erhielt S. am Konservatorium in Dresden, gab 1889 am Stadttheater in Königsberg sein Bühnendebüt, sang 1890-92 am Opernhaus in Köln und 1892/93 erneut in Königsberg. Seit 1894 war er Ensemblemitglied der Berliner Hofoper, der späteren Staatsoper, an der er bereits 1891 erfolgreich als Tamino in der Zauberflöte gastiert hatte. S. gab zahlreiche Gastspiele an deutschen Bühnen sowie u. a. in Bern, Riga, Stockholm, Holland und Belgien. Zu den erfolgreichsten Partien seines umfangreichen Rollenrepertoires, das vorwiegend lyrische und Buffopartien umfaßte, zählten der David in den Meistersingern, der Arnoldo in Wilhelm Teil und der Graf Almaviva im Barbier von Sevilla. CO Kutsch S o m m e r , Margarete, Widerstandskämpferin, * 21.7. 1893 Berlin, t 30.6. 1965 Berlin. Nach dem mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Philosophie und Volkswirtschaft in Berlin war S. Dozentin an Wohlfahrtsschulen. Von den Nationalsozialisten aus politischen Gründen entlassen, wurde sie 1935 Mitarbeiterin des Berliner Bischöflichen Ordinariats, wo sie vor allem von der Zwangssterilisation Betroffene beriet. 1941 übernahm sie die Geschäftsführung des Hilfswerks beim Bischöflichen Ordinariat Berlin, betreute vorwiegend Katholiken jüdischer Herkunft und war 1942 Initiatorin eines Protests gegen geplante
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Zwangsscheidungen von jüdischen und nichtjüdischen Eheleuten. 1942 schilderte S. in Berichten, die auch den Vatikan erreichten, ausführlich die Deportationen und die Lage der Verschleppten in Osteuropa und setzte sich für Konzentrationslager-Häftlinge und deren Familien ein. Nach Kriegsende half sie Juden, die das „Dritte Reich" überlebt hatten. CD Zeitgeschichte, Bd 8 S o m m e r , Oskar, Architekt, * 7. 12. 1840 Wolfenbüttel, t 13.2. 1894 Frankfurt/Main. S. studierte seit 1858 Architektur in Hannover und Zürich, wo Gottfried —> Semper zu seinen Lehrern gehörte. Während einer Italienreise 1863/64 beteiligte sich S. in Florenz an den Entwürfen zur Gestaltung der Domfassade. Nach kurzer Tätigkeit bei Friedrich - » H i t z i g ( 1 8 6 4 / 6 5 ) trat er in Frankfurt in das Baubüro Schmick ein; zu seinen ersten Aufgaben gehörte der Bau des Eisernen Stegs. 1874 mit dem Neubau des Städelschen Kunstinstituts und der Städelschule beauftragt, führte er daneben den Neubau der Börse durch; in Braunschweig errichtete er das Herzog-AntonUlrich-Museum. 1869 übernahm S. einen Lehrauftrag im Baufach an der Städelschule. 1887 wurde er zum Prof. ernannt. CD Frankf Biogr
Sommer, (Karl) Otto (August), Pädagoge, * 11.7.1838 Stadtoldendorf, t 17.4.1898 Braunschweig. Der Sohn eines Staatsanwalts studierte 1858-61 Theologie in Göttingen und Halle und war bis 1869 Lehrer in Braunschweig und Wolfenbüttel. 1869 in Jena zum Dr. phil. promoviert, wurde er Lehrer an der städtischen höheren Mädchenschule in Braunschweig und war seit 1875 deren Direktor. 1897 erhielt er den Professorentitel. 1886-98 war er Vorsitzender des Deutschen Vereins für höheres Mädchenschulwesen. S., der als Pionier des deutschen Mädchenschulwesens gilt, schrieb u.a. Wesen und Ziele der höheren Mädchenschule (1876). CD Braunschweig 2 S o m m e r , (Karl) Robert, Psychiater, Neurologe, * 19. 12. 1864 Grottkau (Schlesien), t 2.2. 1937 Gießen. S. studierte Philosophie und Medizin in Freiburg/Breisgau, Leipzig und Berlin, wo er 1887 zum Dr. phil. promoviert wurde (Locke's Verhältnis zu Descartes), arbeitete dann am Psychologischen Laboratorium in Leipzig und wurde 1890 Assistent in der Psychiatrischen Abteilung des Juliusspitals in Würzburg. Nach der Promotion zum Dr. med. 1891 (Soemmering's Lehre vom Sitz der Seele) habilitierte sich S. 1892 für Psychiatrie und übernahm 1893 die Redaktion des „Centralblatts für Nervenheilkunde und Psychiatrie". 1895 folgte er einem Ruf auf das neuerrichtete Ordinariat für Psychiatrie in Gießen, wurde 1911 zum Geheimen Medizinalrat ernannt und 1933 emeritiert. Seit 1936 war S. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Seit 1906 gab er die „Klinik für psychische und nervöse Krankheiten" heraus. S. verfaßte Schriften über Psychiatrie, Psychologie, Hygiene und Vererbungslehre, u. a. Diagnostik der Geisteskrankheiten (1894, 2 1901), Familienforschung und Vererbungslehre (1907; 3., durch Rasse- und Stammeslehre vermehrte Aufl. 1927), Die Beziehungen zwischen Psychologie, Psychopathologie und Kriminalpsychologie vom Standpunkt der Vererbungslehre (1907, 3 1927) und Hygienische Studien über den Einfluß der Umwelt (mit Werner Kollath, 1937). S. war auch als Erzähler, Lyriker und Dramatiker tätig. c n DLL S o m m e r , Siegfried, auch Sigi S., Pseud. Blasius der Spaziergänger, Journalist, Schriftsteller, * 2 3 . 8 . 1914 München, t 25. 1. 1996 München. S., Sohn eines Möbelrestaurators, durchlief 1928-31 eine Lehre als Elektrotechniker. Nach langer Krankheit und Arbeitslosigkeit schrieb er seit 1937 für die Zeitschrift „Jugend" und den „Simplicissimus" sowie für einige Münchner
Sommerfeld B o u l e v a r d z e i t u n g e n . 1939-45 war er Soldat. Seit 1945 verö f f e n t l i c h t e er B e i t r ä g e in d e r „ S ü d d e u t s c h e n Z e i t u n g " , f ü r d i e er d a n n als L o k a l r e p o r t e r und Sportberichterstatter tätig war; 1949 erschien in ihr e i n e erste L o k a l s p i t z e als „Blasius Blinzl". Seit 1948 w a r S. M i t a r b e i t e r der n e u g e g r ü n d e ten „ A b e n d z e i t u n g " , in der 1949-87 seine K o l u m n e „Blasius der S p a z i e r g ä n g e r " erschien ( g e s a m m e l t u. a. in den B ü c h e r n Das Beste von Blasius, 1953, u n d Blasius, der letzte Spaziergänger, 1960). In seinen G l o s s e n schilderte er d a s kleinbürgerliche M ü n c h n e r Milieu in m u n d a r t n a h e r Sprache. S. schrieb u. a. d i e R o m a n e Und keiner weint mir nach ( 1 9 5 3 , N a c h d r . 1987) u n d Meine 99 Bräute (1956). D e r von d e m Verleger Rolf S. —> S c h u l z 1982 gestiftete SigiS o m m e r - L i t e r a t u r p r e i s w u r d e bis zu S.s Tod v e r g e b e n . OD D L L
Sommer-Peters,
H i l d e g a r d , g e b . Peters, M a l e r i n , G r a p h i k e r i n , * 2 3 . 7 . 1908 B r a u n s c h w e i g , t 27. 1 2 . 1 9 8 1 Bückeburg. S.-P. b e s u c h t e bereits als G y m n a s i a s t i n d i e K u n s t g e w e r b e s c h u l e in B r a u n s c h w e i g , studierte seit 1924 B u c h g e w e r b e , G e b r a u c h s g r a p h i k und K u n s t an d e r K u n s t a k a d e m i e L e i p z i g und lebte seit 1929 wieder in B r a u n s c h w e i g . F ü r d a s T h e a ter e n t w a r f sie bereits seit 1928 K o s t ü m e und B ü h n e n b i l der. Seit 1931 n a h m sie mit ihren A q u a r e l l e n , R a d i e r u n g e n , H o l z s c h n i t t e n und Ö l b i l d e r n an zahlreichen A u s s t e l l u n g e n in B r a u n s c h w e i g teil. S. g e h ö r t e d e m K ü n s t l e r b u n d N i e d e r s a c h s e n s an. CD B r a u n s c h w e i g 2 S o m m e r f e l d , A r n o (Alex G u i d o ) , P s e u d . G u i d o Laurenat, S c h a u s p i e l e r , Schriftsteller, * 5 . 5 . 1891 Berlin, t 3 1 . 8 . 1963 M ü n c h e n . S. g a b 1913 sein D e b ü t a m Stadttheater in Stettin, spielte seit 1914 an der V o l k s b ü h n e in Berlin, d a n n a m D e u t s c h e n T h e a t e r und 1919-22 s o w i e 1931-44 a m B e r l i n e r Staatstheater. 1922-27 w a r er M i t i n h a b e r eines k a u f m ä n n i s c h e n U n t e r n e h m e n s , a n s c h l i e ß e n d M i t g l i e d v e r s c h i e d e n e r Berliner W a n d e r b ü h n e n . Später ü b e r s i e d e l t e S. n a c h M ü n c h e n , übern a h m 1945 die L e i t u n g der G a s t s p i e l b ü h n e M ü n c h n e r Künstler und spielte seit 1956 an d e n M ü n c h n e r K a m m e r s p i e l e n . N e b e n R o m a n e n und Hörspielen, d a r u n t e r der K r i m i n a l r o m a n Inspektor Higgins liest die Zeitung (1938), schrieb er u . a . d i e E i n a k t e r Die sittlich entrüstete alte Jungfer (1946) und Frau Rosemann und ihre Untermieter (1946). CD K o s c h : T h e a t e r
Sommerfeld,
Arnold (Johannes Wilhelm), Physiker, * 5 . 1 2 . 1868 K ö n i g s b e r g ( P r e u ß e n ) , t 2 6 . 4 . 1951 München. A l s S o h n eines Arztes und Naturliebhabers w u c h s S. in ein e m E l t e r n h a u s auf, in d e m s e i n e m a t h e m a t i s c h e und naturwissenschaftliche Begabung f r ü h e r k a n n t und g e f ö r d e r t w u r d e . Er Schloß sein Stud i u m in K ö n i g s b e r g 1891 mit der m a t h e m a t i s c h e n Dissertation Die Willkürlichen Functionen in der Mathematischen Physik u n d ein J a h r später mit d e m L e h r a m t s e x a m e n f ü r d i e F ä c h e r M a t h e m a t i k , Physik, C h e m i e und M i n e r a l o gie ab. 1893 w u r d e er Assistent d e s M i n e r a l o g e n T h e o d o r —»Liebisch in G ö t t i n g e n , 1894 d e s M a t h e m a t i k e r s u n d Wiss e n s c h a f t s o r g a n i s a t o r s Felix —»Klein, habilitierte sich 1895 mit der Arbeit Mathematische Theorie der Diffraction und g i n g 1897 als Prof. d e r M a t h e m a t i k an d i e B e r g a k a d e m i e C l a u s t h a l . 1900 w u r d e er auf d e n L e h r s t u h l f ü r M e c h a n i k der T H A a c h e n b e r u f e n . 1906 f o l g t e er e i n e m R u f als o. P r o f . der theoretischen P h y s i k an d i e U n i v . M ü n c h e n .
M i t d e m seit 1900 in M ü n c h e n w i r k e n d e n W i l h e l m C o n r a d —> R ö n t g e n als E x p e r i m e n t a l p h y s i k e r und S. als Theoretiker w u r d e M ü n c h e n zu e i n e m Z e n t r u m p h y s i k a l i s c h e r Fors c h u n g u n d Lehre. S. hatte bereits als R e d a k t e u r der P h y s i k b ä n d e der Enzyklopädie der mathematischen Wissenschaften im A u f t r a g Felix Kleins e i n e zentrale R o l l e f ü r die Entstehung d e r theoretischen P h y s i k erhalten. S e i n e K o n t a k t e zu den wichtigsten R e p r ä s e n t a n t e n dieses F a c h e s , seine char i s m a t i s c h e L e h r e r p e r s ö n l i c h k e i t und sein breites Interesse an Fragen aus allen B e r e i c h e n m a t h e m a t i s c h b e w ä l t i g b a r e r P h y s i k f ü h r t e n viele S t u d e n t e n dazu, bei S. e i n e Karriere als theoretischer P h y s i k e r zu b e g i n n e n . Z u d e n b e k a n n t e s t e n „ S o m m e r f e l d - S c h ü l e r n " zählen P e t e r - » D e b y e , W o l f g a n g —> Pauli, W e r n e r —> H e i s e n b e r g und H a n s —> Bethe. Als Forscher m a c h t e sich S. vor a l l e m in der m o d e r n e n A t o m t h e o rie ( „ B o h r - S o m m e r f e l d s c h e s A t o m m o d e l l " , „ S o m m e r f e l d sche F e i n s t r u k t u r k o n s t a n t e " ) einen N a m e n . S e i n e B e i t r ä g e zur theoretischen P h y s i k lassen sich j e d o c h nicht auf dieses G e b i e t e i n g r e n z e n . Sein N a m e ist a u c h mit wichtigen Werken und E r k e n n t n i s s e n auf d e m G e b i e t der M e c h a nik v e r k n ü p f t ( Ü b e r die Theorie des Kreisels, 1897-1910; Zur hydrodynamischen Theorie der Schmiermittelreibung, 1904; Ein Beitrag zur hydrodynamischen Erklärung der turbulenten Flüssigkeitsbewegung, 1908); er lieferte B e i t r ä g e zur T h e o r i e der R ö n t g e n s t r a h l e n s o w i e zur Q u a n t e n - und Relativitätstheorie. M i t g r u n d l e g e n d e n P u b l i k a t i o n e n Über die Ausbreitung der Wellen in der drahtlosen Telegraphie (1909) w u r d e er zu e i n e m P i o n i e r der F u n k t e c h n i k ; seine A r b e i t e n Zur Elektronentheorie der Metalle ( 1 9 2 7 , 1928) s c h u f e n w i c h t i g e V o r a u s s e t z u n g e n f ü r d i e m o d e r n e Festkörperphysik. G r o ß e B r e i t e n w i r k u n g erreichte S. i n s b e s o n d e r e als Lehrb u c h a u t o r . Sein 1919 e r s c h i e n e n e s B u c h Atombau und Spektrallinien galt als „ B i b e l " der A t o m p h y s i k . Sein im Z w e i t e n Weltkrieg v e r f a ß t e s s e c h s b ä n d i g e s Werk Vorlesungen Uber theoretische Physik ( 1 9 4 3 - 5 2 ) stellte f ü r m e h r e r e P h y s i k e r g e n e r a t i o n e n d a s R ü s t z e u g ihrer Disziplin in m a ß g e b l i c h e r F o r m dar. WERKE: G e s a m m e l t e S c h r i f t e n . 4 Bde., B r a u n s c h w e i g 1968. - A . S. W i s s e n s c h a f t l i c h e r B r i e f w e c h s e l . B d . 1: 1892-1918. Hrsg. v. M i c h a e l E c k e r t / K a r l M ä r k e r . Berlin u . a . 2 0 0 0 . B d . 2: 1919-1951. Hrsg. v. M i c h a e l E c k e r t / K a r l M ä r k e r . Berlin u . a . 2 0 0 4 . LITERATUR: Ulrich B e n z : A. S. L e h r e r und F o r s c h e r an der S c h w e l l e z u m A t o m z e i t a l t e r . Stuttgart 1975. - M i chael E c k e r t u . a . : G e h e i m r a t S. - T h e o r e t i s c h e r Physiker. M ü n c h e n 1984. - M i c h a e l Eckert: D i e A t o m p h y s i k e r . E i n e G e s c h i c h t e d e r theoretischen P h y s i k a m Beispiel der S o m m e r f e l d s c h u l e . W i e s b a d e n 1993. Michael Eckert
Sommerfeld,
Heinrich, B e t r i e b s w i r t s c h a f t l e r , * 9 . 7 . 1884 D e s s a u , t 8 . 1 2 . 1950 H ü n f e l d ( H e s s e n ) . S., S o h n eines Gärtnereibesitzers, studierte H a n d e l s - und W i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t e n in L e i p z i g und H e i d e l b e r g , w u r d e p r o m o v i e r t u n d legte die S t a a t s p r ü f u n g z u m D i p l o m K a u f m a n n ab. 1918 w u r d e er D o z e n t a m P o l y t e c h n i k u m in K o t h e n , 1920 o. Prof. f ü r B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e an der M a n n h e i m e r H a n d e l s h o c h s c h u l e ( 1 9 2 5 - 2 7 Rektor), 1923 H o n o r a r p r o f e s s o r und 1933 o. Prof. f ü r B e t r i e b s w i r t s c h a f t s lehre an d e r U n i v . H e i d e l b e r g . S., Mitglied der S A und der N S D A P , f o l g t e 1939 e i n e m R u f an d i e U n i v . B r e s l a u . 1948 erhielt er einen L e h r a u f t r a g in G ö t t i n g e n u n d lehrte seit 1949 in K ö l n . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Der Wertansatz in der Inventur [...] ( 1 9 2 1 , 2 1 9 2 3 ) , Die Technik des börsenmäßigen Termingeschäfts ( 1 9 2 3 , 2 1 9 2 9 ) und Börsenverkehr und Börsengeschäfte (1931).
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Sommerfeld S o m m e r f e l d , Martin, Philologe, Literarhistoriker, * 2 . 5 . 1894 Angerburg (Ostpreußen), t 2 6 . 7 . 1 9 3 9 Bristol (Vermont, USA). S., Sohn eines K a u f m a n n s und Fabrikanten, studierte seit 1912 Germanistik, Philosophie, Mittlere und Neuere Geschichte, historische Hilfswissenschaften, Kunstgeschichte und französische und englische Literatur an den Universitäten Berlin und München, wo er 1916 promoviert wurde (Friedrich Nicolai und der Sturm und Drang, gedruckt 1917, erw. Ausg. 1921). 1922 habilitierte er sich in F r a n k f u r t / Main f ü r Deutsche Philologie, insbesondere für Neuere deutsche Literaturgeschichte (Hebbel und Goethe, 1923). Seit 1927 a. o. Prof., emigrierte S. in die U S A und war 1936-39 Professor of G e r m a n Language and Literature am Smith College in Northampton (Massachusetts). Er veröffentlichte u. a. Goethe in Umwelt und Folgezeit (1935). CD IGL
Sommerfeld,
Theodor (Tobias), Mediziner, * 1 0 . 1 1 . 1 8 6 0 Deutsch-Krone (Bezirk Marienwerder), t 17. 11.1929 Berlin. S., Sohn eines Fleischermeisters, studierte Medizin in Berlin, gründete 1883 an der Univ. den AkademischWissenschaftlichen Verein, wurde 1886 promoviert und ließ sich als Allgemeinmediziner nieder. Er befaßte sich vorwiegend mit Gewerbekrankheiten und der Tuberkulose, engagierte sich für die Errichtung von Lungenheilstätten und wurde 1902 Titularprofessor. S. veröffentlichte u.a. Die ansteckenden Krankheiten und die Schule (1890), Hygiene der ansteckenden Krankheiten (1890) und Atlas der Gewerblichen Gesundheitspflege (2 Bde., 1927). DO Altpreuß Biogr, Bd 5
Sommerlath,
Ernst, evang. Theologe, * 23. 1. 1889 Hannover, t 4 . 3 . 1983 Leipzig. Der Kaufmannssohn Schloß das Studium der Theologie in Heidelberg, Greifswald, Leipzig und Göttingen 1917 mit der Promotion zum Dr. theol. ab, war seit 1919 Pfarrer in Hannover-Kleefeld und wurde im selben Jahr Dozent am Leipziger Religionslehrerseminar, dessen Direktorat er übernahm. 1921 habilitierte sich S. hier für systematische Theologie, leitete seit 1923 das Missionsseminar und war seit 1924 a. o . P r o f . und 1926-59 o.Prof. der systematischen Theologie in Leipzig. S. war jahrzehntelang Herausgeber der „Theologischen Literaturzeitung" und schrieb u. a. Der Sinn des Abendmahls (1930). CD B B K L
Sommerschuh,
Gerda, Sängerin, * 4 . 5 . 1915 Dresden, t 1 0 . 1 1 . 1 9 8 4 München. S. gab 1937 ihr Debüt als Page im Lohengrin am Stadttheater in Chemnitz und war 1938-42 an der Stuttgarter Staatsoper engagiert, wo ihr Repertoire Partien aus dem Bereich der Soubrette und d e m lyrischen Fach umfaßte, darunter die Zerline im Don Giovanni und die M i m i in La Boheme. Seit 1942 war sie Mitglied der Bayerischen Staatsoper in München, gastierte 1953 an der Covent Garden Opera in London und 1957 an der Grand Opera in Paris. S. war auch als Konzertsopranistin erfolgreich. 1949 sang sie bei den Begräbnisfeierlichkeiten von Richard —» Strauss auf dessen besonderen Wunsch. 1969 nahm sie Abschied von der Bühne. t33 Kutsch S o m m e r w e r c k , Wilhelm, genannt Wilhelm Jacobi, Bischof von Hildesheim, * 2 1 . 4 . 1821 Minden, t 18. 12.1905 Hildesheim. S. studierte 1839-42 Theologie an der Philosophisch-Theologischen Lehranstalt in Hildesheim, trat dann in das Klerikalseminar ein, studierte Philologie und Geschichte in Bonn und Göttingen, empfing 1846 in Hildesheim die Priesterweihe und unterrichtete am dortigen G y m n a s i u m Josephinum. 1854 wurde er Domprediger, 1843 Domkapitular und
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Generalvikar und 1871 Bischof von Hildesheim. Seit 1893 war er päpstlicher Thronassistent, seit 1900 Mitglied des preuß. Herrenhauses.
Sondegg,
Adolf, eigentl. Adolf Sonnenfeld, Sänger, * 2 2 . 6 . 1861 Budapest, t 1 5 . 2 . 1 9 0 4 Freiburg/Breisgau. Seine Gesangsausbildung erhielt S. bei Emmerich Belovicz in Budapest, begann 1892 seine Karriere als Bariton am Opernhaus in Breslau und war dann jeweils eine Spielzeit an Theatern in Königsberg, Nürnberg, Aachen, Preßburg und Reichenberg tätig. Nach Gastspielen in Karlsbad und Salzburg wurde er 1898 Mitglied des Stadttheaters in Freib u r g / B r e i s g a u . 1900 gastierte er als Titelheld im Fliegenden Holländer und als Wotan in der Walküre an der Münchner Hofoper. S., der vor allem heldische und —> Wagner-Partien sang, war auch ein angesehener Konzertsänger. S o n d e r e g g e r , Emil, schweizer. Militär, * 28. 11.1868 Herisau, t 14.7. 1934 Bern. Zunächst Mitinhaber eines Stickereigeschäfts, trat S. in den Militärdienst ein, und wurde Stabschef des dritten Armeekorps. 1917 wurde er zunächst an die Westfront zur deutschen und dann zur österr. A r m e e an die Isonzo-Front abkommandiert. S. war enger Mitarbeiter General Willes, der ihn beim Generalstreik 1918 zum K o m m a n d a n t e n der Ordnungstruppen in der Stadt Zürich ernannte. 1920-23 war er Generalstabschef. A n f a n g der dreißiger Jahre trat S. als Referent bei frontistischen Bewegungen auf und schrieb Ordnung im Staat (1933). S o n d e r e g g e r , Hans Konrad, schweizer. Jurist, Politiker, Journalist, * 10. 10. 1891 Heiden (Kt. Appenzell), t 3 . 9 . 1 9 4 4 Schuls (Kt. Graubünden). Nach d e m Studium der Theologie in Basel, Zürich und Marburg 1916 ordiniert, war S. als Pfarrer im Engadin tätig und begann 1920 das Studium der Rechtswissenschaften in Zürich, das er 1923 in Bern mit der Promotion abschloß (Die Strafrechtliche Behandlung der Frau). 1924 ließ sich S. als Rechtsanwalt in Teufen nieder, war 1929-32 Mitglied des Obergerichts, gehörte seit 1933 d e m Kantonsrat und 1 9 3 4 / 3 5 dem Ständerat an. Er war führender Vertreter der Freiwirtschaftslehre, zeitweise Mitarbeiter am „Schweizerischen Beobachter" und am „Säntis", Redakteur der Zeitung „Der Landschäftler" und 1936-44 Herausgeber und Redakteur der Wochenzeitung „Der Demokrat". Heftig kritisierte S. die Flüchtlingspolitik des Bundesrats während des Zweiten Weltkriegs. Wegen umstrittener Äußerungen und Initiativen nach der französischen Kapitulation wurde er 1940 aus dem Schweizer Freiwirtschaftsbund ausgeschlossen. S o n d e r e g g e r , Jakob Laurenz, schweizer. Hygieniker, * 2 7 . 1 0 . 1 8 2 5 Balgach (Kt. St. Gallen), t 2 0 . 6 . 1 8 9 6 St. Gallen. S. studierte Medizin in Zürich, Würzburg, Wien, Prag und Leipzig, wurde 1849 in Bern promoviert (Ueber Cholera asiatica nach einer im Juni und Juli 1849 in Prag verlaufenden Epidemie) und praktizierte seit 1850 in Balgach, seit 1873 in St. Gallen. Er übte maßgeblichen Einfluß auf die medizinische Gesetzgebung in der Schweiz aus, hatte Anteil an der Errichtung des Kurspitals in St. Gallen, dessen erster Direktor er bis 1889 war, und wurde erster Präsident des Ärztlichen Zentralvereins. Bis 1889 leitete er die Schweizerische Ärztekommission. Bereits 1885 regte er die Gründung eines internationalen Hygiene-Instituts an, die jedoch erst später verwirklicht wurde. S. veröffentlichte u . a . Vorposten der Gesundheitspflege im Kampfe ums Dasein der Einzelnen und ganzer Völker (1873, 5 1901).
Sondheimer,
Robert, Musikwissenschaftler, Verleger, * 6 . 2 . 1881 Mainz, t 7. 12. 1956 Hannover. Seine musikalische Ausbildung erhielt S. am Konservatorium in Mainz, dann bei Engelbert —> Humperdinck am Kon-
Sonnen s e r v a t o r i u m in K ö l n s o w i e bei Friedrich E r n s t —»Koch in Berlin. Er studierte M u s i k w i s s e n s c h a f t e n in B o n n , Berlin und Basel, w o er 1921 mit der A r b e i t Die Sinfonien Franz Becks z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t w u r d e . Nach a n f ä n g l i c h e r T ä t i g k e i t als K o m p o n i s t lebte er als M u s i k s c h r i f t s t e l l e r in Berlin. 1922-33 leitete er d i e Edition B e r n o u l l i u n d verlegte v o r w i e g e n d W e r k e aus der E n t s t e h u n g s z e i t des n e u e n Sonatenstils. S e i n e n Verlag f ü h r t e S. nach der E m i g r a t i o n 1934 in der S c h w e i z w e i t e r und hatte seit 1939 einen Verlag gleic h e n N a m e n s in L o n d o n . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Die Theorie der Sinfonie und die Beurteilung einzelner Sinfoniekomponisten bei den Musikschriftstellern des achtzehnten Jahrhundert (1925). DP B H d E , B d 2
Seit 1866 w a r er d e r e n alleiniger E i g e n t ü m e r und H e r a u s g e ber der Z e i t u n g , d i e er zu e i n e m f ü h r e n d e n O r g a n der wirts c h a f t s l i b e r a l e n und d e m o k r a t i s c h e n g e s a m t d e u t s c h e n N a t i o n a l b e w e g u n g machte. 1893 e r f o l g t e d i e U m w a n d l u n g des Betriebs in in d i e F r a n k f u r t e r S o c i e t ä t s d r u c k e r e i G . m . b . H . Seit 1885 g a b S. a u c h d i e illustrierte „ K l e i n e P r e s s e " heraus. 1859 w u r d e er M i t g l i e d d e s D e u t s c h e n N a t i o n a l v e r e i n s , w a r 1861 G r ü n d e r d e s A r b e i t e r b i l d u n g s v e r e i n s in F r a n k f u r t und trat 1868 der s ü d d e u t s c h - d e m o k r a t i s c h e n D e u t s c h e Volkspartei bei, f ü r die er 1871-76 u n d 1 8 7 8 - 8 4 d e m R e i c h s t a g angehörte. 1869-80 und 1 8 8 7 - 1 9 0 4 w a r S. S t a d t v e r o r d n e t e r von F r a n k f u r t . DO D e u t s c h e Presseverl
Sonnemann, S o n e r , Ernst, auch Sonerus, Mediziner, Philosoph, * D e z e m b e r 1572 N ü r n b e r g , f 1 2 . 9 . 1612 A l t d o r f . D e r K a u f m a n n s s o h n studierte seit 1588 in A l t d o r f , w a r ein S c h ü l e r der aristotelisch orientierten M e d i z i n e r N i k o l a u s —»Taurellus u n d P h i l i p p S c h e r b , w u r d e durch den N ü r n berger Senat mit d e m G o l d e n e n S t i p e n d i u m a u s g e z e i c h n e t und e r w a r b 1595 d e n G r a d eines M a g i s t e r s . Er u n t e r n a h m Studienreisen nach H o l l a n d , E n g l a n d , F r a n k r e i c h und Italien, w u r d e 1601 in Basel z u m Dr. m e d . p r o m o v i e r t und ließ sich 1602 in N ü r n b e r g als A r z t nieder. 1605-12 w a r S., ein G e g n e r der paracelsischen M e d i z i n , Prof. der M e d i z i n und der N a t u r k u n d e an der A k a d e m i e in A l t d o r f , 1 6 0 7 / 0 8 deren R e k t o r . 1644 erschien unter d e m Titel Disputationes sein K o m m e n t a r zur M e t a p h y s i k d e s Aristoteles. CD B B K L S o n n e , Abraham, Pseud. Abraham Ben-Yitzhak, L e h r e r , Schriftsteller, * 1 3 . 9 . 1 8 8 3 P r z e m y s l (Galizien), t 2 9 . 5 . 1 9 5 0 R a m a t a y i m (Israel). S. studierte in Berlin und Wien, unterrichtete 1 9 1 3 / 1 4 a m hebräischen L e h r e r s e m i n a r in J e r u s a l e m und kehrte 1914 nach Österreich zurück, w o er seit 1917 im R a h m e n der von S i e g f r i e d —» B e r n f e l d g e g r ü n d e t e n J ü d i s c h e n P ä d a g o g i schen K u r s e lehrte. Seit 1919 f ü r d i e Z i o n i s t i s c h e Weltorganisation in L o n d o n tätig, w u r d e er 1921 G e n e r a l s e k r e t ä r der Z i o n i s t i s c h e n E x e k u t i v e , k e h r t e j e d o c h i m selben J a h r n a c h Wien z u r ü c k und w a r Lehrer, später R e k t o r d e s H e b r ä i s c h e n P ä d a g o g i u m s . 1938 e m i g r i e r t e er nach Palästina. S., d e r u. a. mit Elias —»Canetti b e k a n n t war, v e r ö f f e n t l i c h t e vor a l l e m h e b r ä i s c h e Lyrik; 1994 erschien von i h m Es entfernen sich die Dinge. Gedichte und Fragmente (hrsg. und übersetzt von E f r a t G a l - E d und C h r i s t o p h M e c k e l ) . CP Ö B L
Sonne,
(Friedrich) W i l h e l m (Erich), C h e m i k e r , * 11.4. 1857 E m d e n , t 1 8 . 7 . 1941 N i e d e r - R a m s t a d t . D a s S t u d i u m der C h e m i e an der T H D a r m s t a d t Schloß S. 1881 mit d e r P r o m o t i o n ab ( U e b e r Gamma-Oxybuttersäure), w a r A s s i s t e n t a m P h y s i o l o g i s c h e n Institut d e r U n i v . M a r b u r g und arbeitete seit 1882 als C h e m i k e r in einer Fabrik i m R h e i n g a u . 1 8 8 6 - 1 9 2 4 w a r er Assistent, erster C h e m i k e r u n d später Direktor der G r o ß h e r z o g l i c h C h e m i s c h e n P r ü f u n g s a n s t a l t f ü r d a s G e w e r b e in D a r m s t a d t . 1891 habilitierte sich S. f ü r C h e m i e an der dortigen T H .
Sonnemann,
L e o p o l d , Journalist, Politiker, Verleger, * 2 9 . 1 0 . 1 8 3 1 H ö c h b e r g bei W ü r z b u r g , t 3 0 . 1 0 . 1 9 0 9 Frankfurt/Main. S., S o h n eines Webers und späteren K a u f m a n n s , w u c h s in O f f e n b a c h / M a i n auf, w a r bereits als V i e r z e h n j ä h r i g e r im F r a n k f u r t e r G r o ß h a n d e l s h a u s seines Vaters tätig und bildete sich d a n e b e n autodidaktisch. N a c h d e s s e n T o d ( 1 8 5 3 ) w a n delte er das G e s c h ä f t in ein B a n k h a u s u m , d a s er 1869 a u f gab. 1856 w a r S. leitend an der G r ü n d u n g der „ F r a n k f u r ter H a n d e l s z e i t u n g " , der späteren „ ( N e u e n ) F r a n k f u r t e r Zeit u n g " , beteiligt u n d betätigte sich d a n n auch j o u r n a l i s t i s c h .
T h e o d o r , Politiker, * 2 . 9 . 1 9 0 0 H i l d e s h e i m , t 6 . 9 . 1987 B o n n . N a c h d e m Ersten Weltkrieg studierte S. Volkswirtschaft, S t a a t s w i s s e n s c h a f t e n und G e s c h i c h t e in G ö t t i n g e n und R o stock und w u r d e 1922 z u m Dr. rer. pol. p r o m o v i e r t . 1923-33 w i r k t e er als S y n d i k u s d e s R e i c h s l a n d b u n d e s , der nach der M a c h t ü b e r n a h m e d u r c h die Nationalsozialisten 1933 in den R e i c h s n ä h r s t a n d ü b e r g e f ü h r t w u r d e , dessen Stabsleiter er 1934-36 war. 1936 trat S. in die K r i e g s m a r i n e ein und w a r w ä h r e n d des Z w e i t e n Weltkriegs K o r v e t t e n k a p i t ä n . N a c h K r i e g s e n d e z u n ä c h s t in d e r L a n d w i r t s c h a f t s k a m m e r H a n n o ver tätig, war er 1947-49 H a u p t g e s c h ä f t s f ü h r e r d e s Verbandes d e s niedersächsischen L a n d v o l k e s , Schloß sich d e r D e u t schen Partei an und w u r d e 1949 Staatssekretär i m B u n d e s m i n i s t e r i u m f ü r E r n ä h r u n g , L a n d w i r t s c h a f t u n d Forsten. Als s o l c h e r hatte S., der 1958 zur C D U übertrat, w e s e n t l i c h e n Anteil an d e r E r n ä h r u n g s p o l i t i k des B u n d e s . 1961-73 w a r er Präsident d e s D e u t s c h e n G e n o s s e n s c h a f t s - und R a i f f e i s e n v e r b a n d e s und trieb d e s s e n A u s b a u im l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n Bereich als V e r m a r k t u n g s o r g a n i s a t i o n voran. 1974 erschienen seine E r i n n e r u n g e n Gestalten und Gedanken. m DLL
Sonnemann,
Ulrich, P h i l o s o p h , S o z i a l w i s s e n s c h a f t l e r , * 3 . 2 . 1 9 1 2 Berlin, t 2 7 . 3 . 1 9 9 3 G u d e n s b e r g bei Kassel. S. studierte S o z i a l w i s s e n s c h a f t e n , P h i l o s o p h i e und P s y c h o logie an d e n U n i v e r s i t ä t e n Berlin, F r e i b u r g / B r e i s g a u und F r a n k f u r t / M a i n , e m i g r i e r t e 1933 u n d w u r d e 1934 in B a s e l p r o m o v i e r t ( D e r soziale Gedanke im Werk von H. G. Wells). 1939 g i n g er nach B e l g i e n , w u r d e kurz v o r A u s b r u c h des Z w e i t e n Weltkriegs nach F r a n k r e i c h deportiert, dort in den L a g e r n St.-Cyprien und G u r s interniert und k o n n t e 1941 in die U S A e m i g r i e r e n , w o er z u n ä c h s t als klinischer P s y c h o loge in e i n e m Lazarett, d a n n in staatlichen K r a n k e n h ä u s e r n arbeitete. 1949-52 w a r S. A s s o c i a t e P r o f e s s o r der P s y c h o l o gie an der N e w S c h o o l for Social R e s e a r c h in N e w York. 1955 nach D e u t s c h l a n d z u r ü c k g e k e h r t , lebte er z u n ä c h s t als f r e i e r Schriftsteller in M ü n c h e n , w a r 1969-74 D o z e n t f ü r S o z i o l o g i e und S o z i a l a n t h r o p o l o g i e an der d o r t i g e n H o c h s c h u l e f ü r F e r n s e h e n und F i l m , ü b e r n a h m 1971 e i n e Gastp r o f e s s u r f ü r S o z i o l o g i e an der U n i v . B r e m e n und lehrte 1974-92 als Prof. der S o z i a l p h i l o s o p h i e an der G e s a m t h o c h s c h u l e Kassel. S. schrieb u. a. Existence and Therapy (1955), Das Land der unbegrenzten Zumutbarkeiten. Deutsche Reflexionen ( 1 9 6 3 , N e u a u s g . 1985, 1992), Die Einübung des Ungehorsams in Deutschland ( 1 9 6 4 , N e u a u s g . 1984, 1992), Institutionalismus und studentische Opposition. Thesen zur Ausbreitung des Ungehorsams in Deutschland (1968), Negative Anthropologie. Vorstudien zur Sabotage des Schicksals ( 1 9 6 9 , N e u a u f l . 1981) u n d Tunnelstiche. Reden, Aufzeichnungen und Essays (1987). DP D L L S o n n e n , Willi, S ä n g e r , * 24. 1 2 . 1 8 8 2 M a g d e b u r g , t 9.6.1951 Braunschweig. S e i n e G e s a n g s a u s b i l d u n g erhielt S. als S c h ü l e r B a p t i s t - > H o f f m a n n s an der B e r l i n e r M u s i k h o c h s c h u l e , debütierte 1909 an d e r G u r a - O p e r in Berlin und s a n g d a n n j e w e i l s
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Sonnenberg e i n e Spielzeit a m H o f t h e a t e r in S o n d e r s h a u s e n und an den S t a d t t h e a t e r n in C o l m a r , D a n z i g und K r e f e l d . N a c h der R ü c k k e h r aus r u s s i s c h e r K r i e g s g e f a n g e n s c h a f t n a h m er seine Karriere 1920 a m Berliner Wallnertheater w i e d e r auf, w a r 1 9 2 0 / 2 1 a m Stadttheater in Bielefeld, 1921-23 a m Stadttheater in H a l l e / S a a l e engagiert und trat 1923-26 a m L a n destheater in B r a u n s c h w e i g auf. Von hier aus u n t e r n a h m er zahlreiche Gastspielreisen, vor a l l e m als K o n z e r t - und Oratoriensänger. S. w u r d e als - ^ W a g n e r - I n t e r p r e t b e k a n n t und w i r k t e m e h r m a l s bei den B a y r e u t h e r Festpielen mit, u . a . 1924 als G u n t h e r in der Götterdämmerung. CD K u t s c h S o n n e n b e r g , F r a n z A n t o n (Joseph I g n a z M a r i a ) Frh. von, P s e u d . Fr. v. S - g , Schriftsteller, * 5 . 9 . 1 7 7 9 M ü n s t e r (Westfalen), t 22. 11. 1805 Jena. S., S o h n eines H a u p t m a n n s , e n t w a r f bereits w ä h r e n d seiner S c h u l z e i t 1794 sein an - » K l o p s t o c k s Messias orientiertes christliches E p o s Das Weltende (1801). E r studierte bis 1798 R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n in Jena, u n t e r n a h m R e i s e n nach W i e n , G e n f u n d Paris s o w i e d u r c h D e u t s c h l a n d und lebte d a n n in D r a k e n d o r f bei Kassel und zuletzt in Jena. S. schrieb v o r w i e g e n d a u t o b i o g r a p h i s c h g e f ä r b t e Liebes-, H u l d i g u n g s und N a t u r g e d i c h t e ( G e d i c h t e , 1808). I m W i n t e r 1 8 0 4 / 0 5 arbeitete er intensiv an s e i n e m z w e i b ä n d i g e n christlichen E p o s Donatoa ( 1 8 0 6 / 0 7 ) , d a s zwölf G e s ä n g e in H e x a m e tern u m f a ß t . S. starb durch S e l b s t m o r d . • 3 Westf A u t o r e n , B d 1
Sonnenburg,
Eduard, Chirurg, * 3 . 1 1 . 1 8 4 8 Bremen, t 2 5 . 5 . 1915 B a d W i l d u n g e n . N a c h d e m 1872 mit der P r o m o t i o n a b g e s c h l o s s e n e n M e d i z i n s t u d i u m erhielt S. 1 8 7 3 - 8 0 seine c h i r u r g i s c h e A u s b i l d u n g bei Albert G e o r g —> L u e c k e in Straßburg und habilitierte sich 1876 f ü r C h i r u r g i e . 1880 w u r d e er A s s i s t e n t an d e r C h i r u r g i s c h e n Universitätsklinik in Berlin, 1883 a. o . P r o f . , 1890 Leiter der C h i r u r g i s c h e n A b t e i l u n g d e s K r a n k e n h a u s e s M o abit und 1913 o . H o n o r a r p r o f e s s o r . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Pathologie und Therapie der Perityphlitis (1894, 7 1 9 1 3 ) und Specielle Operationstechnik (1903). OD Kreuter
Sonnenburg,
F e r d i n a n d , P s e u d . A l e x a n d e r von S e v e n tornen, P ä d a g o g e , Schriftsteller, * 6 . 4 . 1 8 3 9 H o l z m i n d e n , t 2 8 . 1 . 1 9 1 3 Bad Harzburg. S. studierte P h i l o l o g i e in K ö n i g s b e r g , Berlin u n d G ö t t i n g e n , g r ü n d e t e e i n e P r i v a t s c h u l e in Wattenscheid, w a r S c h u l r e k tor in O e y n h a u s e n und 1 8 7 7 - 1 9 0 6 O b e r l e h r e r an der städtischen M ä d c h e n s c h u l e in B r a u n s c h w e i g , w o er K o n t a k t m i t W i l h e l m —>Raabe pflegte. S. schrieb historische R o m a n e (Der schwarze Herzog, 1893) u n d N o v e l l e n ( A u s der Heimat, 1890) s o w i e literaturgeschichtliche W e r k e (Lessing in Wolfenbüttel, 1881). t n DLL S o n n e n b u r g , H u b e r t F a l k n e r von, Kunsthistoriker, * 2 7 . 6 . 1928 K ö l n , t 1 6 . 7 . 2 0 0 4 N e w York. S., S o h n eines Ingenieurs und G e s c h ä f t s m a n n s , Schloß d a s S t u d i u m der K u n s t g e s c h i c h t e , A r c h ä o l o g i e u n d P a l ä o g r a p h i e an der U n i v . M ü n c h e n 1952 mit d e r P r o m o t i o n ab, w u r d e dann an den B a y e r i s c h e n S t a a t s g e m ä l d e s a m m l u n g e n z u m R e s t a u r a t o r ausgebildet und w a r als A s s i s t e n t a m D o e r n e r Institut in M ü n c h e n tätig. 1 9 5 8 / 5 9 arbeitete er als R e s t a u rator in L o n d o n und ging 1959 an d a s M e t r o p o l i t a n M u s e u m of Art in N e w York. 1974 k e h r t e er als Direktor d e s D o e r n e r Instituts und b a y e r i s c h e r L a n d e s k o n s e r v a t o r nach M ü n c h e n zurück u n d w u r d e 1987 z u m G e n e r a l d i r e k t o r der B a y e r i s c h e n S t a a t s g e m ä l d e s a m m l u n g e n e r n a n n t ; nach A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n ü b e r die bisherige A n k a u f s p r a x i s w e c h selte er 1991 als Leiter der R e s t a u r i e r u n g s a b t e i l u n g des M e tropolitan M u s e u m e r n e u t nach N e w York. S., der als weltweit a n e r k a n n t e r K o n s e r v a t o r a u c h d u r c h seine Expertisen
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zu K u n s t f ä l s c h u n g e n b e k a n n t wurde, v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Raphael in der Alten Pinakothek. Geschichte und Wiederherstellung des ersten Raphael-Gemäldes in Deutschland [...] (1983) u n d Rembrandt, not Rembrandt in the Metropolitan Museum of Art (2 Bde., 1995). Da M u n z i n g e r
Sonnenfeld,
Kurt, österr. Journalist, Schriftsteller, * 5 . 1 1 . 1893 Wien, t 1 5 . 3 . 1 9 3 8 W i e n . D e r K a u f m a n n s s o h n studierte an d e r U n i v . W i e n R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n 1916 Dr. jur.), P h i l o s o p h i e und G e r m a n i s t i k ( 1 9 1 9 Dr. phil.. Vom Antifeminismus) und d a n a c h bis 1921 M e d i z i n . S. arbeitete f ü r in- u n d a u s l ä n d i s c h e Z e i t u n g e n , vor allem f ü r das „ N e u e W i e n e r J o u r n a l " , und w a r seit 1922 R e d a k t e u r der „ N e u e n Freien P r e s s e " . E r v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. den G e d i c h t b a n d Traum und Rausch ( 1 9 1 4 ) s o w i e meist p h a n t a s t i s c h e R o m a n e , d a r u n t e r Hände. Roman einer Absonderlichkeit (1923), der 1926 a m W i e n e r M o d e r n e n T h e a t e r in d r a m a t i s c h e r B e a r b e i t u n g u r a u f g e f ü h r t w u r d e . S. beging nach d e m „ A n s c h l u ß " Österreichs g e m e i n s a m mit s e i n e m Vater u n d seiner Frau S e l b s t m o r d . Q3 Ö B L S o n n e n f e l s , J o s e p h von, österr. Kameralist, Jurist, Schriftsteller, * 1 7 3 2 / 1 7 3 3 / 1 7 3 4 N i k o l s b u r g ( M i k u l o v , Mähren), t 2 5 . 4 . 1 8 1 7 Wien. Der Vater Lipman Perlin ( 1 7 0 5 - 1 7 6 8 ) , ein S o h n d e s M i chel C h o s i d , des O b e r r a b b i ners von B r a n d e n b u r g , w a r unter der S c h u t z h e r r s c h a f t des Fürsten Esterhazy in Eisenstadt ( d a m a l s W e s t u n g a r n ) und später in N i k o l s b u r g in M ä h r e n unter j e n e r des Fürsten Dietrichslein als K e n n e r m e h r e rer orientalischer Sprachen, H e b r ä i s c h l e h r e r und Übersetzer tätig. Seit 1734 in Wien, konvertierte er 1735 m i t seinen drei S ö h n e n , d e n N a m e n Alois W i e n n e r a n n e h m e n d , z u m K a t h o l i z i s m u s . 1742 heiratete er e i n e v e r m ö g e n d e Wirtstochter. A m 20. 10. 1746 w u r d e er mit d e m P r ä d i k a t „von S o n n e n f e l s " geadelt. Sein S o h n J o s e p h ging im Piaristenkolleg von N i k o l s b u r g und in W i e n zur S c h u l e . I m Vaterhaus erlernte er H e b r ä i s c h und C h a l d ä i s c h . Von 1749 bis 1754 diente er in der Arm e e in U n g a r n , B ö h m e n , K ä r n t e n und in der S t e i e r m a r k als e i n f a c h e r Soldat. Dabei lernte er F r a n z ö s i s c h , Italienisch und B ö h m i s c h . M a n n i m m t an, d a ß er später a u c h E n g lischkenntnisse e r w a r b . Von 1754 bis 1756 studierte er an der bereits r e f o r m i e r t e n W i e n e r U n i v . die R e c h t e , nachhaltig beeinflußt von d e m Naturrechtslehrer Karl A n t o n von —»Martini. N a c h kleineren B e d i e n s t u n g e n bestritt er seinen Unterhalt als R e c h n u n g s f ü h r e r bei der A r c i e r e n g a r d e a m H o f . In d i e Ö f f e n t l i c h k e i t trat er erstmals 1761 mit einer R e d e in der von G o t t s c h e d i a n e r n soeben g e g r ü n d e t e n Deutschen G e s e l l s c h a f t , der ersten S p r a c h g e s e l l s c h a f t in W i e n . Seine H o f f n u n g auf den L e h r s t u h l d e r d e u t s c h e n S p r a c h e e r f ü l l t e sich nicht. S e i n e G ö n n e r i m Staatsrat erachteten es f ü r wichtiger, d a ß er f ü r die ins A u g e g e f a ß t e n W i r t s c h a f t s und S o z i a l r e f o r m e n d e n traditionellen K a m e r a l i s m u s weitere n t w i c k l e , zu d i e s e m Z w e c k d i e neuesten west- u n d mittele u r o p ä i s c h e n P u b l i k a t i o n e n sichte, das n e u e W i s s e n für d i e Ö s t e r r e i c h i s c h e M o n a r c h i e a d a p t i e r e und speziell, stilistisch und k o m p a k t f ü r den neu e i n z u f ü h r e n d e n U n i v e r s i t ä t s u n terricht a u f b e r e i t e . 1763 erhielt er die n e u e L e h r k a n z e l f ü r Polizey- u n d K a m e r a l w i s s e n s c h a f t e n in W i e n mit der A u f lage, ein L e h r b u c h Grundsätze der Polizey. Handlung und Finanz ( 1 7 6 5 - 7 6 ) zu verfassen. Es galt in m e h r e r e n A u f l a gen und S p r a c h e n bis 1848 als S t a n d a r d w e r k an allen Universitäten der Ö s t e r r e i c h i s c h e n M o n a r c h i e . A u c h lehrte er von 1766 bis 1784 a m T h e r e s i a n u m in W i e n .
Sonnenschein D u r c h S. w u r d e n d i e auf d e n H o f b e s c h r ä n k t e n kameralistischen und p o l i z e y w i s s e n s c h a f t l i c h e n K e n n t n i s s e als L e h r g e g e n s t a n d vermittelt u n d s o m i t auch G e g e n s t a n d d e s öffentlichen R a i s o n n e m e n t s . S. setzte als Ziel d e r W i r t s c h a f t s und Sozialpolitik W a c h s t u m , W o h l f a h r t , Sicherheit und Disziplinierung der B e v ö l k e r u n g . E i n i g e der neuen ö k o n o m i schen und sozialen A n l i e g e n ließ er von adligen S t u d e n t e n in F o r m von T h e s e n verteidigen u n d d r u c k e n . A u c h hielt er selbst zu B e g i n n des a k a d e m i s c h e n Jahres p r o g r a m m a t i s c h e Antrittsreden zu aktuellen T h e m e n w i e P a t r i o t i s m u s , Kritik a m A d e l und a m B i l d u n g s s y s t e m . A n der k o n k r e t e n F o r m u lierung und p r a k t i s c h e n D u r c h f ü h r u n g d e r W i r t s c h a f t s - u n d Sozialpolitik w a r er selbst k a u m beteiligt. Seit 1773 R a t der niederösterreichischen R e g i e r u n g , w u r d e er mit der A u s a r b e i t u n g einer m o d e r n e n P o l i z e i o r d n u n g f ü r W i e n ( 1 7 7 3 / 7 6 ) nach P a r i s e r M u s t e r betraut. Er w a r a u c h der erste, der R e c h t s f r a g e n ö f f e n t l i c h erörterte. So setzte er sich seit 1764 w i e d e r h o l t f ü r d i e A b s c h a f f u n g der T o d e s s t r a f e und 1775 erfolgreich f ü r d i e A b s c h a f f u n g der Folter ein. Seit 1779 Hofrat der böhmisch-österreichischen Hofkanzlei, oblag ihm seit 1781 d i e stilistische R e d a k t i o n von G e s e t z e n u m der besseren Verständlichkeit willen. D u r c h seine A n l e i t u n g e n f ü r einen g u t e n Stil „in privat- u n d ö f f e n t l i c h e n G e s c h ä f t e n " w i r k t e er p r ä g e n d auf den G e b r a u c h der d e u t s c h e n S p r a c h e in Osterreich, i n s b e s o n d e r e in d e r B ü r o k r a t i e . Er versuchte, auf d i e s e m W e g e a u c h seine R e c h t s a u f f a s s u n g e n einfließen zu lassen, w o g e g e n sich d i e K o m p i l a t i o n s k o m m i s s i o n verwahrte. Von 1781 bis zu s e i n e m Tod v e r f o l g t e er - freilich e r f o l g l o s - sein Vorhaben eines „politischen C o d e x " , einer Art von V e r f a s s u n g als eines einheitlichen Verwaltungsrechts für die ganze Monarchie. In den s e c h z i g e r Jahren w a r S. unter den ersten, die in W i e n a k u t e P r o b l e m e aus W i r t s c h a f t und G e s e l l s c h a f t s a m t ihrer kirchlichen D i m e n s i o n ö f f e n t l i c h diskutierten. U n t e r d e n ersten M o r a l i s c h e n W o c h e n s c h r i f t e n in W i e n erschien 1765 aus seiner F e d e r „ D e r Vertraute", als b e d e u t e n d s t e folgte, z w e i m a l w ö c h e n t l i c h e r s c h e i n e n d , v o m 2 3 . 9 . 1 7 6 5 bis M i t t e 1767 „ D e r M a n n o h n e Vorurteil". Seinen T r i b u t an d i e Leserinnen zollte er 1767 mit „Theresie und E l e o n o r e " . In d e n Briefen über die wienerische Schaubühne f ü h r t e er, das T h e a t e r als „ S i t t e n s c h u l e " p r o p a g i e r e n d , von 1767 bis 1769 einen h e f t i g e n K a m p f g e g e n d a s E x t e m p o r i e r e n in d e n populären H a n s w u r s t i a d e n . 1770 w a r er M i t g l i e d der Z e n s u r k o m m i s s i o n . 1768 w u r d e er Sekretär der 1766 g e g r ü n d e t e n K u p f e r s t e c h e r a k a d e m i e , 1794 und 1796 R e k t o r der U n i v . Wien, und 1811 Vizepräsident d e r A k a d e m i e der B i l d e n d e n K ü n s t e . In d i e 1776 g e g r ü n d e t e L o g e „ B a l d u i n " in L e i p z i g a u f g e n o m m e n , w u r d e er 1782 in d i e W i e n e r L o g e „ Z u r w a h ren E i n t r a c h t " inkorporiert, im O k t o b e r R e d n e r und i m M ä r z 1783 deputierter M e i s t e r . Wesentlich an der G r ü n d u n g der österr. N a t i o n a l - oder G r o ß e n L a n d e s l o g e beteiligt, w u r d e er 1784 G r o ß m e i s t e r der Distriktsloge „ Z u r w o h l t ä t i g e n Eintracht". Er gilt auch als W i e n e r O b e r h a u p t des I l l u m i n a t e n b u n d e s . A l s P r o f e s s o r , Wirtschafts- und R e c h t s g e l e h r t e r und Schriftsteller w a r S. der b e d e u t e n d s t e T h e o r e t i k e r d e s a u f geklärten A b s o l u t i s m u s in Österreich. S e i n e a m 1 2 . 7 . 1 7 6 3 in der D o m p f a r r e St. S t e p h a n g e s c h l o s s e n e E h e m i t T h e rese H a y , d e r T o c h t e r eines m ä h r i s c h e n H e r r s c h a f t s v e r w a l ters und S c h w e s t e r d e s späteren B i s c h o f s von K ö n i g g r ä t z , blieb kinderlos. WEITERE WERKE: Politische A b h a n d l u n g e n . Hrsg. v. I g n a z d e L u c a . Wien 1777. - G e s a m m e l t e S c h r i f t e n . 10 Bde., Wien 1783-87. - B e t r a c h t u n g e n eines österreichischen Staatsbürgers an seinen F r e u n d . W i e n 1793. - H a n d b u c h der Inneren S t a a t s v e r w a l t u n g mit R ü c k s i c h t auf die U m s t ä n d e und B e g r i f f e der Zeit. Wien 1798. - J. v. S . ' B r i e f e über d i e w i e n e r i s c h e S c h a u b ü h n e . Hrsg. v. H i l d e H a i d e r - P r e g l e r .
G r a z 1988. - A u f k l ä r u n g als Sozialpolitik. A u s g e w ä h l t e Schriften aus den J a h r e n 1764-1798. Hrsg. v. Hildegard Kremers. W i e n 1994. LITERATUR: R o b e r t A . K a n n : K a n z e l und K a t h e d e r . Wien 1962. - K a r l - H e i n z O s t e r l o h : J. v. S. u n d die österreichische R e f o r m b e w e g u n g im Zeitalter d e s a u f g e k l ä r t e n A b s o l u t i s m u s . L ü b e c k 1970. - Grete K l i n g e n s t e i n : S. als Patriot. In: W o l f e n b ü t t e l e r S t u d i e n zur A u f k l ä r u n g 4 (1977) S. 2 1 1 - 2 2 8 . - Grete Klingenstein: A k a d e m i k e r ü b e r s c h u ß als soziales P r o b l e m im a u f g e k l ä r t e n A b s o l u t i s m u s . In: W i e n e r B e i t r ä g e zur G e s c h i c h t e der N e u z e i t 5 ( 1 9 7 8 ) S. 165-204. Hilde Haider-Pregler: D e s sittlichen B ü r g e r s A b e n d s c h u l e . W i e n 1980. - H e l m u t R e i n a l t e r (Hrsg.): J. v. S. Wien 1988. - Grete K l i n g e n s t e i n : B e t w e e n M e r c a n t i l i s m and P h y siocracy. In: C h a r l e s I n g r a o (Hrsg.): State and Society in Early M o d e r n Austria. West L a f a y e t t e 1994, S. 181-214. Leslie B o d i : S p r a c h r e g e l u n g als Kulturgeschichte. In: G o t t hart W u n b e r g u. a. (Hrsg.): Pluralität. E i n e interdisziplinäre A n n ä h e r u n g . Wien 1996, S. 122-133. Grete Klingenstein
Sonnenhol,
Gustav Adolf, Diplomat, Wirtschaftsf a c h m a n n , * 25. 1 . 1 9 1 2 H o t t e b r u c h (bei L ü d e n s c h e i d ) , t 21. 1. 1988 B o n n . D e r aus bäuerlichen Verhältnissen s t a m m e n d e S. w a r n a c h d e m m i t der P r o m o t i o n a b g e s c h l o s s e n e n S t u d i u m der R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n seit 1939 i m d e u t s c h e n A u s w ä r t i g e n Dienst tätig, z u n ä c h s t in V i c h y - F r a n k r e i c h , d a n n in M a r o k k o und 1 9 4 4 / 4 5 als V i z e k o n s u l in G e n f . N a c h d e m Z w e i ten Weltkrieg Schloß er sich der F D P an und w a r E x p e r t e f ü r H a n d e l s - u n d W i r t s c h a f t s f r a g e n . 1957 k e h r t e er in den A u s w ä r t i g e n D i e n s t zurück, vertrat d i e B u n d e s r e p u b l i k b e i m E u r o p ä i s c h e n Wirtschaftsrat in Paris, w e c h s e l t e 1962 in das B u n d e s m i n i s t e r i u m f ü r w i r t s c h a f t l i c h e Z u s a m m e n a r b e i t und ü b e r n a h m schließlich als M i n i s t e r i a l d i r e k t o r d i e A b t e i l u n g E n t w i c k l u n g s p o l i t i k . 1968 w u r d e S. B o t s c h a f t e r in Pretoria, 1971 in der T ü r k e i und w a r n a c h seiner P e n s i o n i e r u n g 1977-85 als Industrieberater tätig. Er schrieb u. a. Südafrika ohne Hoffnung? Wege aus der Gefahr (1978).
Sonnenschein,
Carl, auch Karl S., P s e u d . L u j o S a a l e n stein, kath. T h e o l o g e , Sozialpolitiker, * 1 5 . 7 . 1876 D ü s s e l dorf, t 2 0 . 2 . 1929 Berlin. S. studierte T h e o l o g i e in B o n n und an der G r e g o r i a n a in R o m , w u r d e 1897 z u m D r . phil. u n d 1900 z u m Dr. theol. p r o m o v i e r t und e m p f i n g im selben J a h r d i e Priesterweihe. Seit 1902 K a p l a n in A a c h e n , w u r d e er 1903 nach KölnN i p p e s versetzt und k a m 1904 als Vikar nach E l b e r f e l d . 1906 w u r d e S. M i t a r b e i t e r des Vereins f ü r d a s katholische D e u t s c h l a n d in M ö n c h e n g l a d b a c h und g r ü n d e t e dort 1908 das Sekretariat sozialer S t u d e n t e n a r b e i t . Seit 1918 lebte er in Berlin, g r ü n d e t e 1919 d a s a k a d e m i s c h e A r b e i t s a m t , den „Kreis k a t h o l i s c h e r K ü n s t l e r " und a n d e r e Organisationen f ü r die A k a d e m i k e r - und G r o ß s t a d t s e e l s o r g e . 1908-16 war er H e r a u s g e b e r der „Sozialen S t u d e n t e n b l ä t t e r " u n d seit 1925 des „ K a t h o l i s c h e n Kirchenblatts f ü r B e r l i n " . U n t e r d e m E i n f l u ß d e r Sozialideen von F r a n z —»Hitze, Friedrich —> N a u m a n n und A d o l f —»Stoecker war S. f ü h r e n d in der E n t w i c k l u n g neuer M e t h o d e n der G r o ß s t a d t s e e l s o r g e tätig. Er w a r auch Leiter der kath. V o l k s h o c h s c h u l e in Berlin. Als M i t g l i e d des Z e n t r u m s setzte sich S. f ü r e i n e e n g e Z u s a m m e n a r b e i t m i t der S P D auf R e i c h s e b e n e ein. Heinrich —> B r ü n i n g w a r von i h m geprägt. 1953 w u r d e in M ü n s t e r ein „Carl S o n n e n s c h e i n - K r e i s f ü r a k a d e m i s c h e S o z i a l a r b e i t " g e g r ü n d e t (Zeitschrift „ O r d o socialis"). CP L T h K
Sonnenschein,
H u g o , P s e u d . S o n k a , Schriftsteller, * 2 5 . 5 . 1889 K y j o v (Gaya, bei B r ü n n ) , t 2 0 . 7 . 1 9 5 3 Prag. S., S o h n e i n e s B a u e r n , studierte o h n e A b s c h l u ß in W i e n und P r a g und lebte seit 1907 o h n e festen W o h n s i t z v o r w i e g e n d in W i e n . Seit 1914 n a h m er a m Ersten Weltkrieg teil. 1918
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Sonnenschein Schloß er sich der Roten Garde in Wien an und gehörte 1919 zu den Mitgründern des Genossenschaftsverlags und war bis zum Parteiausschluß 1927 Sekretär der tschechischen kommunistischen Partei in Wien. Seit 1929 war er Geschäftsführer des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller in Österreich, trat gegen den Nationalsozialismus auf und wurde 1934 ausgewiesen. Danach in Prag ansässig, gab S., der mit Leo Trotzki in Kontakt stand, 1936 Für Recht und Wahrheit. Materialien zum Moskauer Prozeß heraus und lebte seit dem deutschen Einmarsch in der Tschechoslowakei im Untergrund. 1942 wurde er verhaftet, dann in das Konzentrationslager Auschwitz verbracht und war nach dessen Befreiung zunächst in Moskau und dann in Prag inhaftiert; dort wurde er 1947 wegen angeblicher Kollaboration zu 20 Jahren H a f t verurteilt, in der er starb. S. veröffentlichte vor allem Lyrik (Die Legende vom weltverkommenen Sonka, 1920; Erde auf Erden, 1920, Nachdr. 1972; Meine slowakische Fibel, 1935); während der Haft in Auschwitz entstand die S a m m l u n g Schritte des Todes (1964, Neudr. 1993). 1984 erschienen seine gesammelten Gedichte unter dem Titel Die Fesseln meiner Brüder (hrsg. von Karl-Markus Gauß und Josef Haslinger), 1988 das autobiographische geprägte Terrhan oder Der Traum von meiner Erde. t u Killy
Sonnenschein,
(Johann) Valentin, Bildhauer, Stukkateur, getauft 2 2 . 5 . 1749 Stuttgart, t 22. 10. 1828 Bern. Seine künstlerische Ausbildung erhielt S., Sohn eines Schneiders, bei Luigi Bossi und Wilhelm —> Beyer in Stuttgart, stand 1763-76 im Dienst des Herzogs von Württemberg und wurde 1771 Hofstukkateur. Seit 1772 unterrichtete er als Prof. an der Ludwigsburger Kunstakademie, ging 1775 nach Zürich und schuf hier ein bedeutendes Stuckwerk im Musiksaal und im Salon des Hauses zum Kiel am Hirschengraben. 1779-1815 war er Zeichenlehrer an der Kunstschule in Bern. S. schuf Stukkaturen und Reliefs für Schloß Solitude bei Stuttgart, Modelle für Porzellanplastiken und Reliefs sowie Bildnismedaillons, Statuetten ( G a n y m e d , Trauernde Penelope), Büsten und Grabdenkmäler. CD Schweiz Kunst
Sonnenthal,
Adolf Ritter von, eigentl. Neckwadel, österr. Schauspieler, Regisseur, * 2 1 . 1 2 . 1 8 3 2 (1833?, 1834?) Pest (heute zu Budapest), t 4 . 4 . 1909 Prag. S., Sohn eines Schnittwarenhändlers, erlernte zunächst das Schneiderhandwerk, kam 1850 nach Wien, wandte sich der Bühne zu und trat seit 1851 in Temesvar, Hermannstadt, Graz und Königsberg auf. 1856 wurde er von Heinrich —> L a u b e an das Wiener Hofburgtheater engagiert, an d e m er bis 1908 wirkte. Seit 1884 war er Oberregisseur und 1887-90 provisorischer Leiter des Theaters. S. machte sich als Heldendarsteller einen Namen und hatte vor allem als Othello, Egmont und Wallenstein Erfolge. 1885 und 1889 gab er Gastspiele in den USA. DD Ö B L S o n n e r , Karl, Maler, Graphiker, * 1 4 . 4 . 1 8 8 9 München, t 2 8 . 9 . 1970 Schönbrunn bei Dachau. Seine künstlerische Ausbildung erhielt der Sohn eines Schuhmachers als Schüler Karl Wahlers an der Kunstgewerbeschule und bei Gabriel von —>Hackl an der M ü n c h ner Akademie. Später gründete er eine eigene Malschule in Olching bei München. S. schuf Fassadenmalereien und Kirchenfresken, u . a . am Rathaus in Fürstenfeldbruck, im Marienstift in Bad Tölz und in der Kirche in Palling bei Tittmoning. S o n n i n , Ernst Georg(e), Baumeister, * 1 0 . 6 . 1 7 0 9 Quitzow bei Perleberg, t 8 . 7 . 1794 Hamburg. Der Sohn eines Pastors studierte seit 1734 Theologie in Halle, dann Philosophie und Mathematik in Jena und war nach seiner Übersiedlung nach Hamburg einige Zeit als Privatlehrer tätig. Daneben widmete er sich mechanischen Arbeiten und bauwissenschaftlichen Studien. Mit dem Neu-
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bau der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis (1751-62) schuf S. den bedeutendsten evang. Kirchenbau des Barock in Norddeutschland. Weitere Bauten sind die Drostei in Pinneberg (1765-67) und die Pfarrkirche in Wilster (1775-80). c n S H B L , Bd 1
Sonnleithner, A. Th., eigentl. Alois Tluchor, weiteres Pseud.: Alois Th. Schlagbrandtner, österr. Schriftsteller, * 2 5 . 4 . 1869 Daschitz bei Pardubitz (Böhmen), t 2 . 6 . 1 9 3 9 Perchtoldsdorf (Niederösterreich). S. studierte Philologie und Pädagogik in Wien, wurde 1924 promoviert und war Fachlehrer, später Direktor einer Bürgerschule. Neben pädagogischen und sozialpolitischen Schriften verfaßte er auch Märchen und Gedichte. Sein Hauptwerk ist die Romantrilogie Die Höhlenkinder im Heimlichen Grund (1918), Die Höhlenkinder im Pfahlbau (1919) und Die Höhlenkinder im Steinhaus (1920) - eine dem kindlichen Verständnis angepaßte Darstellung der kulturgeschichtlichen Entwicklung des Menschen. CD D L L Sonnleithner, Christoph von, auch Sonnleitner, österr. Jurist, Komponist, * 2 8 . 5 . 1734 Szegedin (Ungarn), t 2 5 . 1 2 . 1786 Wien. Nach philophischen und juristischen Studien in Wien und der Promotion zum Dr. jur. war S. als Rechtsanwalt tätig. Er studierte Geige, Gesang und Musiktheorie bei d e m H o f k o m p o nisten Wenzel Raimund Johann Birck, trat in den Dienst des Fürsten Nikolaus —> Esterhäzy und kam dadurch in Kontakt mit Joseph —>Haydn. S. komponierte 26 Streichquartette, hauptsächlich für Kaiser —>Joseph II., sowie Symphonien und K a m m e r m u s i k . Er war der Vater von Ignaz und Joseph von —> S.; seine Tochter A n n a war die Mutter Franz - > Grillparzers. m ÖBL Sonnleithner, Ignaz von, auch Sonnleitner, österr. Jurist, Musikmäzen, * 3 0 . 7 . 1 7 7 0 Wien, t 2 7 . 1 1 . 1 8 3 1 Wien. Nach d e m 1794 mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaften war der Sohn Christoph von —»S.s und Bruder Joseph von —»S.s seit 1795 in Wien als Rechtsanwalt tätig. 1803 wurde er k. k. öffentlicher Notar, 1810 k. k. Rat. Seit 1811 war er Lehrer für Handelswissenschaft und Handels- und Wechselrecht an der Realschule und hielt seit 1814 an der Univ. Wien Vorlesungen über Handelsund Wechselrecht. 1815-24 veranstaltete S. in seinem Hause regelmäßig musikalische Abende, an denen Instrumentalund Vokalwerke aufgeführt wurden, u. a. viele Jugendwerke Franz —> Schuberts, mit dem sein Sohn Leopold von —> S. befreundet war. 1812 war S. unter den Gründungsmitgliedern der Gesellschaft der M u s i k f r e u n d e in Wien und gehörte 1815-18 deren leitendem Ausschuß an. cn ÖBL Sonnleithner,
Joseph (Ferdinand) von, österr. Beamter, Schriftsteller, * 3 . 3 . 1 7 6 6 Wien, t 2 5 . ( 2 6 . ? ) 12. 1835 Wien. Der Bruder Ignaz von —>S.s war seit 1787 Privatsekretär Kaiser —»Josephs II., dann Beamter im kaiserlichen Kabinett und nach kurzer Tätigkeit als künstlerischer Direktor des Theaters an der Wien (1804) 1804-14 Hoftheatersekretär. 1794-98 gab e r d e n „Wiener Theateralmanach" heraus. 1810 regte S. die Gründung der Gesellschaft adliger D a m e n an, aus der 1812 die Gesellschaft der M u s i k f r e u n d e hervorging. 1819 gehörte er zu den Initiatoren des Wiener Konservatoriums. S. schrieb Lustspiele, schuf Übersetzungen und veröffentlichte 1805 unter dem Titel Leonore oder der Triumph der ehelichen Liebe den Text zur Urfassung des Fidelio. m ÖBL
Sonnleithner, Leopold von, auch Sonnleitner, österr. Jurist, Mäzen, * 15. 11. 1797 Wien, t 4 . 3 . 1873 Wien. Der Sohn Ignaz von - > S . s studierte Rechtswissenschaften in Wien, wurde 1819 promoviert und war seit 1842 Hof-
Sontag und G e r i c h t s a d v o k a t . S. war ein F r e u n d F r a n z —> S c h u b e r t s , dessen J u g e n d w e r k e bei den m u s i k a l i s c h e n A b e n d e n im H a u s e seines Vaters u r a u f g e f ü h r t w u r d e n . Er v e r a n l a ß t e die V e r ö f f e n t l i c h u n g der ersten S c h u b e r t - L i e d e r . 1848 w u r d e S. in d e n W i e n e r G e m e i n d e a u s s c h u ß g e w ä h l t . 1825-59 w a r er M i t g l i e d des leitenden A u s s c h u s s e s (seit 1851 Direktion) der G e s e l l s c h a f t der M u s i k f r e u n d e in W i e n . m ÖBL
Sonntag,
Carl, E i n b a n d k ü n s t l e r , * 2 1 . 7 . 1883 L e i p z i g , t 2 0 . 8 . 1930 Berlin. In F r a n k r e i c h u n d E n g l a n d im B u c h e i n b a n d s c h a f f e n ausgebildet, e r ö f f n e t e S. 1908 in L e i p z i g e i n e Werkstatt f ü r h a n d g e b u n d e n e B ü c h e r , in d e r er u. a. f ü r den Insel- und d e n T e m p e l - V e r l a g s o w i e zu D r u c k e n d e r J a n u s - P r e s s e künstlerische E i n b ä n d e s c h u f . N a c h der G e s c h ä f t s a u f g a b e 1913 i m väterlichen T a b a k h a n d e l tätig, g r ü n d e t e er 1930 in Berlin e r n e u t e i n e Werkstatt. S. v e r ö f f e n t l i c h t e zahlreic h e A u f s ä t z e zur m o d e r n e n E i n b a n d k u n s t ( u . a . in der „Zeitschrift f ü r B ü c h e r f r e u n d e " , in „ D e r Z w i e b e l f i s c h " und im „Archiv f ü r B u c h b i n d e r e i " ) und g a b d e m K a t a l o g Kostbare Bucheinbände des XV. bis XIX. Jahrhundert ( 1 9 1 4 ) heraus. Er gilt als erster d e u t s c h e r E i n b a n d k ü n s t l e r der m o d e r n e n B u c h k u n s t b e w e g u n g . 1913 w a r S. M i t g r ü n d e r des J a k o b Krausse-Bundes. DD L e x K u n s t
Sonntag,
E r i c h , C h i r u r g , * 15. 3 . 1 8 8 1 G o t h a , t 3 0 . 3 . 1952 Leipzig. S., S o h n eines R e c h n u n g s r a t s , studierte M e d i z i n in B o n n , w u r d e 1905 p r o m o v i e r t (Unterschenkelbrüche mit Bezug auf das Unfallversicherungsgesetz) und w a r A s s i s t e n t in B o n n , D ü s s e l d o r f , D r e s d e n und B e r n . Seit 1911 als C h i r u r g in K ö n i g s b e r g und L e i p z i g tätig, habilitierte er sich dort 1916 f ü r C h i r u r g i e , w u r d e 1920 a. o . P r o f . und ü b e r n a h m 1922 d i e Leitung des C h i r u r g i s c h - P o l i k l i n i s c h e n Instituts in Leipzig. S. v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Grundriß der gesamten Chirurgie ( 1 9 2 0 , 3 1 9 3 2 ) , Chirurgische Propädeutik (1925, 3 1 9 5 7 ) und Die Chirurgie des praktischen Arztes (1931, K 1943).
Sonntag,
Karl Gottlieb, e v a n g . T h e o l o g e , * 10. 8 . 1 7 6 5 R a d e b e r g bei D r e s d e n , t 1 7 . 7 . 1827 R i g a . S. studierte 1784-88 in Leipzig. Er w u r d e R e k t o r der D o m s c h u l e in R i g a , 1791 O b e r p a s t o r , 1799 A s s e s s o r d e s livländischen O b e r k o n s i s t o r i u m s und 1803 livländischer G e n e r a l s u perintendent. E r w a r m i t v e r a n t w o r t l i c h f ü r e i n e E r n e u e r u n g von L i t u r g i e und G e s a n g b u c h , richtete S c h u l e n ein, e n g a gierte sich f ü r d i e B a u e r n b e f r e i u n g und setzte sich in den V e r h a n d l u n g e n u m d i e K i r c h e n v e r f a s s u n g von 1832 f ü r die Freiheit der K i r c h e g e g e n ü b e r R i t t e r s c h a f t und russischer R e g i e r u n g ein. S. g e h ö r t e zu den G r ü n d e r n d e r „literarischp r a k t i s c h e n B ü r g e r v e r b i n d u n g " in R i g a und arbeitete an der P r o v i n z i a l g e s e t z g e b u n g mit. In Z u s a m m e n h a n g mit seinen E i n s a t z f ü r d i e lettische S p r a c h e stand sein B u c h Versuch einer Geschichte der lettischen und estländischen Bibelübersetzungen (1817). S. g e n o ß einen a u s g e z e i c h n e t e n R u f als Prediger (u. a. Über Menschenleben, Christentum und Umgang, 4 B d e . , 1794-1805).
Sonntag,
W a l d e m a r , e v a n g . T h e o l o g e , * 2 5 . 8 . 1844 R e h s e n (Anhalt), t 1. 1 . 1 9 1 2 B r e m e n . S. studierte T h e o l o g i e in H a l l e und Berlin, w u r d e 1871 Diakon in N a u m b u r g / S a a l e und 1882 D o m p r e d i g e r in B r e m e n . 1886-98 w a r er Präsident d e s 1865 g e g r ü n d e t e n B r e m e r P r o t e s t a n t e n v e r e i n s und 1887-89 M i t h e r a u s g e b e r , d a n n bis 1895 A l l e i n h e r a u s g e b e r d e s „ D e u t s c h e n P r o t e s t a n t e n b l a t t s " . S. v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. die v i e l g e l e s e n e P r e d i g t s a m m l u n g Laienpredigten. Lose Blätter der Lebensweisheit (3 B d e . , 1884-89). m BBKL
Sonntag-Uhl,
E m m y , österr. S ä n g e r i n , * 31. 1 2 . 1 8 6 0 Graz, t D e z e m b e r 1913 Breslau. N a c h ihrer G e s a n g s a u s b i l d u n g in G r a z und bei J e n n y —> B ü r d e - N e y in D r e s d e n g a b S.-U. 1881 ihr B ü h n e n d e b ü t
als A z u c e n a im Troubadour an d e r dortigen H o f o p e r , w a r 1 8 8 2 / 8 3 a m Stadttheater in N ü r n b e r g , 1883-85 a m T h e a t e r in K ö n i g s b e r g engagiert und s a n g 1885-89 a m O p e r n h a u s in Breslau. 1 8 8 9 / 9 0 trat sie u . a . als D o n n a Elvira i m Don Giovanni und als Fricka in Rheingold an der M e t r o p o l i t a n O p e r a in N e w York auf, kehrte nach e i n i g e n Gastspielen in den U S A 1891 nach E u r o p a z u r ü c k u n d w a r bis 1892 Mitglied der D e u t s c h e n O p e r in R o t t e r d a m . 1892-94 w i r k t e S.-U. e r n e u t a m O p e r n h a u s in Breslau, w a r d a n n gastierend tätig und g a b später G e s a n g s u n t e r r i c h t . • • Kutsch
Sonnwald,
L e o , österr. Journalist, Schriftsteller, * 7. 12. 1896 Wien, t 2 4 . 7 . 1972 Wien. S. studierte an der H a n d e l s a k a d e m i e , n a h m als Offizier a m Ersten Weltkrieg teil und arbeitete d a n n im B a n k f a c h , seit 1931 bei der F i r m a K ö n i g & E b h a r d t . 1938 e m i grierte er nach G r o ß b r i t a n n i e n , w a r 1946-58 M i t a r b e i t e r einer f r a n z ö s i s c h e n B a n k i m L i b a n o n und kehrte d a n n nach W i e n zurück. D a n e b e n als J o u r n a l i s t (u. a. f ü r „Die F u r c h e " , „ N e u e Illustrierte W o c h e n s c h a u " , „ W i e n e r Z e i t u n g " und d e n N e w Yorker „ A u f b a u " ) und Schriftsteller tätig, v e r ö f f e n t l i c h te S. v o r allem G e d i c h t e , d a r u n t e r d i e B ä n d e Das Leben in Gedichten (1955), Heimweh nach Österreich. Gedichte eines Heimatvertreibenen (1958) und Der Ewigkeit nahe (1968); sein v o r 1938 e n t s t a n d e n e s Erzähl w e r k g i n g verloren. CD Lex österr Exillit
Sonreck,
F r a n z W i l h e l m , Orgelbauer, * 6 . 6 . 1822 N e v i g e s , t 7 . 2 . 1900 K ö l n . S. erlernte d a s H a n d w e r k des O r g e l b a u e r s bei H e i n r i c h A n t o n Weitz in D ü s s e l d o r f und w a r d a n n als G e h i l f e in M ü n s t e r , A m s t e r d a m und K ö l n tätig, b e v o r er in N e v i g e s ein e i g e n e s O r g e l b a u - A t e l i e r leitete. 1850 ü b e r n a h m er die Werkstatt seines e h e m a l i g e n Prinzipals E n g e l b e r t M a a ß in K ö l n . S. setzte d i e K ö l n e r Tradition der K ö n i g - O r g e l fort und e r b a u t e u. a. d i e Orgeln in kath. K i r c h e n in G e l s e n k i r c h e n (1847), M ö n c h e n g l a d b a c h ( 1 8 6 6 ) und M ü n s t e r (1866). m MGG S o n t a g , F r a n z i s k a , geb. M a r k l o f f oder M a r t l o f f , Schauspielerin, S ä n g e r i n , * 12. 1. 1789 H e d d e r n h e i m , t 1 0 . 4 . 1875 D r e s d e n . S. trat bereits als Z w ö l f j ä h r i g e a m L i e b h a b e r t h e a t e r in M a i n z auf, w a r als S c h a u s p i e l e r i n u n d S ä n g e r i n a m dortigen Stadttheater tätig und w u r d e d a n n in K o b l e n z engagiert. 1812-14 w a r sie a m H o f t h e a t e r in D a r m s t a d t , 1814-24 in P r a g verpflichtet und hatte a n s c h l i e ß e n d E n g a g e m e n t s in W i e n und Berlin. Sie zog sich i m m e r m e h r von d e r B ü h n e z u r ü c k und begleitete ihre T o c h t e r H e n r i e t t e —>S. auf ihren Gastspielreisen. N a c h d e r e n Verehelichung n a h m S. ihre B ü h n e n t ä t i g keit w i e d e r auf und spielte bis 1837. S i e war d i e M u t t e r von Nina - > S . S o n t a g , H e l m u t , B i b l i o t h e k a r , * 1 9 . 2 . 1 9 3 4 Erfurt, t 1 0 . 5 . 1988 Berlin. S. Schloß d a s S t u d i u m des W i r t s c h a f t s i n g e n i e u r w e s e n s an der T U Berlin 1959 als D i p l o m - I n g e n i e u r a b und w a r zwei J a h r e als B e t r i e b s i n g e n i e u r und A s s i s t e n t bei e i n e m Wirts c h a f t s p r ü f e r tätig. D a n a c h w i s s e n s c h a f t l i c h e r Assistent a m Institut f ü r W i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t e n der T U Berlin, betreute er dessen F a c h b i b l i o t h e k . 1 9 6 6 / 6 7 absolvierte er das B i b l i o t h e k s r e f e r e n d a r i a t an der Universitätsbibliothek der T U , deren Leiter er 1975 w u r d e . I m selben J a h r w u r d e S. z u m Vorsitzenden des Vereins D e u t s c h e r B i b l i o t h e k a r e g e w ä h l t ; 1983-88 war er Mitglied des Vorstandes des Deutschen B i b l i o t h e k s v e r b a n d e s ( D B V ) , 1983-86 dessen Vorsitzender. M i t s e i n e m E i n s a t z f ü r e i n e K o n z e n t r a t i o n der bibliothekarischen Vorstandsarbeit trug S. wesentlich zur E n t s t e h u n g der B u n d e s v e r e i n i g u n g D e u t s c h e r B i b l i o t h e k s v e r b ä n d e bei. 1989 entschloß sich der Vorstand des D B V , seinen Publizistenpreis n a c h S. zu b e n e n n e n .
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Sontag S o n t a g , Henriette (Gertrude Walpurgis), verh. Contessa Rossi, Gräfin von Lauenstein, Sängerin, * 3. 1.1806 Koblenz, t 17.6. 1854 M e x i k o Stadt. Die Tochter von Franziska —»S., Schwester von Nina —»S. und Halbschwester von Karl —>S. trat bereits sechsjährig in Darmstadt in Kinderrollen auf, erhielt ihre Gesangsausbildung am Konservatorium in Prag und gab dort 1821 ihr Bühnendebüt als Prinzessin in Fransois-Adrien Boieldieus Jean de Paris. 1822 kam S. nach Wien, w o sie großes Aufsehen erregte, übernahm 1823 bei der Uraufführung der Oper Euryanthe von Carl Maria von —»Weber am Theater am Kärntnertor die Titelpartie und sang 1824 in der Akademie in Wien die Sopransoli in der Uraufführung von —>Beethovens 9. Symphonie. 1825 gab S. in Berlin die Isabella in Rossinis Italiana in Algeri, gastierte 1826 in Paris, feierte 1828 Triumphe in London und sang 1 8 2 9 / 3 0 am Theätre-Italien in Paris. Nach ihrer Heirat mit d e m Diplomaten Graf Carlo Rossi gab sie ihre Bühnenkarriere auf, lebte mit ihrem M a n n in Den Haag, St. Petersburg und Berlin und trat n u r m e h r gelegentlich in Hofkonzerten auf. Als das Vermögen ihrer Familie 1848 dahinschwand, nahm S. ihre Sängerlaufbahn wieder auf und gab zahlreiche Gastspiele in den europäischen Metropolen und seit 1852 in Nordamerika. Zu ihren größten Partien gehörten die Donna A n n a im Don Giovanni, die Susanna in der Hochzeit des Figaro und die Rosina im Barbier von Sevilla. S. starb an der Cholera. CD M G G S o n t a g , Karl, Pseud. Karl Holm, Schauspieler, * 1. 1. 1828 Berlin (oder Dresden), t 2 3 . 6 . 1900 Dresden. Der Halbbruder von Henriette und Nina —>S. erlernte das Buchbinderhandwerk, erhielt dann Schauspielunterricht und debütierte 1848 am Hoftheater in Dresden. 1851 an das Hofburgtheater in Wien engagiert, spielte er dann an den Hoftheatern Schwerin (1852-59), Dresden (1859-62) und Hannover (1862-77) und trat anschließend nur noch gastierend in Deutschland und A m e r i k a auf. Seit 1885 lebte S. wieder in Dresden und feierte 1898 am dortigen Residenztheater sein fünfzigjähriges Bühnenjubiläum. 1887 erschien sein autobiographisches Werk Vom Nachtwächter zum türkischen Kaiser! Bühnen Erlebnisse aus dem Tagebuche eines Uninteressanten. DP D L L S o n t a g , Nina, Sängerin, * 26. 1 1. 1811 Koblenz, t 2 2 . 9 . 1879 Kloster Marienthal (Lausitz). Die Tochter von Franziska —>S., Schwester von Henriette —»S. und Halbschwester von Karl —»S. wurde teilweise von dieser unterrichtet und war 1825-31 am Königstädtischen Theater in Berlin engagiert. Seit 1831 trat S. in Magdeburg, Aachen, Kassel und am Deutschen Theater in Prag auf, begleitete ihre Schwester mehrmals auf ihren Tourneen und war u. a. als Zerline im Don Giovanni und als Ännchen im Freischütz erfolgreich. 1845 gab sie ihre Bühnenlaufbahn auf und trat in die Zisterzienserabtei Marienthal in der Lausitz ein. CD Kutsch
Sontheim,
Heinrich, Sänger, * 3 . 2 . 1820 Jebenhausen bei Göppingen, t 2 . 8 . 1 9 1 2 Stuttgart. Nach einer Gesangsausbildung in Stuttgart debütierte S. 1839 am Hoftheater in Karlsruhe als Pollione in Norma und nahm Unterricht bei Anton —> Haizinger. Seit 1850 Mitglied der Hofoper in Stuttgart, sang er in den Uraufführungen der Opern Anna von Landskron (1858), König Ezio (1860) und Astorga (1866) von Joseph - » A b e r t und gastierte an zahlreichen Bühnen in Deutschland und Österreich. Nach Beendigung seines Engagements an der Hofoper in Stuttgart 1872 trat S. dort regelmäßig als Gast auf und sang 1890 als Abschiedspartie den Vasco in - » M e y e r b e e r s L'Africaine. Zu den Glanzrollen seines umfangreichen Repertoires zählten der Tamino in der Zauberflöte, der Raoul in Les Huguenots und der Max im Freischütz. CD Kutsch
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Sontheimer,
Kurt, Politikwissenschaftler, * 3 1 . 7 . 1 9 2 8 Gernsbach (Baden), t 1 6 . 5 . 2 0 0 5 M u r n a u / S t a f f e l s e e . S. studierte Politikwissenschaften und Geschichte in Freib u r g / B r e i s g a u , Erlangen, Kansas City und Paris, wurde 1953 in Erlangen promoviert (Die amerikanische Soziologie als Organ des Konformismus) und habilitierte sich 1960 in Freiburg (Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik. Die politischen Ideen des Nationalismus zwischen 1918 und 1933, gedruckt 1962, 2 1964). Seit 1960 Prof. an der Pädagogischen Hochschule in Osnabrück, ging er 1962 an die Freie Univ. Berlin und wechselte 1969 als Prof. für Politische Wissenschaft an die Univ. München; 1993 wurde er vorzeitig emeritiert. S., Mitglied der S P D und 1969 Mitgründer einer Wählerinitiative für Willy —> Brandt, beschäftigte sich vor allem mit dem politischen System in Deutschland im 20. Jh. und insbesondere mit der Gefährdung der parlamentarischen Demokratie durch Rechts- und Linksextremismus. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Thomas Mann und die Deutschen (1961, Neuausg. 1965, 2003), Deutschland zwischen Demokratie und Antidemokratie (1971), Grundzüge des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland (1971, 8 1980; Neuausg. 1984, ab ' 1 9 9 7 mit Wilhelm Bleek, Neuausg. 2000), Die DDR (1972, 5 1979), Das Elend unserer Intellektuellen (1976), Die verunsicherte Repulik (1979), Deutschlands politische Kultur (1990), So war Deutschland nie. Anmerkungen zur politischen Kultur der Bundesrepublik (1999) und Die AdenauerÄra (1991, 3 2003). 1968-83 war er Mitglied im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentags. S. erhielt 1985 den Ernst-Robert-Curtius-Preis für Essayistik. c n DLL S o o m e r , Walter, eigentl. Ernst Albrecht Walter Scholz, Sänger, * 1 2 . 3 . 1 8 7 8 Liegnitz (Schlesien), t 6 . 8 . 1955 Leipzig. S., Sohn eines K a u f m a n n s , studierte Philosophie, dann Gesang in Berlin, debütierte 1902 am Stadttheater in Colmar und war 1903-06 am Stadttheater in H a l l e / S a a l e engagiert. Seit 1906 war S., mit A u s n a h m e einer Verpflichtung an der Hofoper in Dresden 1911-14, Ensemblemitglied des Leipziger Opernhauses und wirkte hier u . a . an den Uraufführungen der Opern Der Stier von Olivera (1918) und Revolutionshochzeit (1919) von Eugene —»d'Albert mit. Seit 1906 trat er regelmäßig bei den Bayreuther Festspielen auf, so 1908-14 als Wotan und als Hans Sachs, war 1908-11 an der Metropolitan Opera in N e w York verpflichtet und g a b zahlreiche Gastspiele an den großen europäischen Opernhäusern. Nach d e m Ersten Weltkrieg wechselte S. in das Baß-Fach und war vor allem als —»Wagner-Interpret erfolgreich. Nach seinem Abschied von der B ü h n e 1927 war er Direktor einer Gesang- und Opernschule in Leipzig. Nach 1945 trat er auch als Regisseur hervor. CD Leb Liegnitz, Bd 2
Soost,
Hans-Jürgen, Gynäkologe, * 2 3 . 5 . 1 9 2 0 Danzig, t 2 2 . 2 . 2 0 0 6 München. S. studierte in Königsberg, Jena und M ü n c h e n Medizin und wurde 1944 in Königsberg promoviert. 1944 habilitierte er sich in München, war 1966-90 Leiter des Zytologischen Instituts der Bayerischen Krebs-Gesellschaft und gründete 1967 die erste deutsche Schule f ü r Zytologieassistentinnen. 1970 wurde er in München z u m apl., 1971 zum o . P r o f . ernannt. In seinen Forschungen beschäftigte sich S. mit zahlreichen Themen der Gynäkologie, vor allem auf dem Feld der zytologischen Diagnostik. Er veröffentlichte u . a . den in zahlreiche Sprachen übersetzten Grundriß und Atlas der gynäkologischen Zytodiagnostik (mit Horst Smolka, 1956, 3 1971, unter dem Titel Gynäkologische Zytodiagnostik. Lehrbuch und Atlas, mit Siegfried Baur, "1980, 5 1990) und Ergebnisse zytologischer Krebsfrüherkenntnisund Vorsorgeuntersuchungen bei der Frau (1987).
Sophie Soot,
Fritz, eigentl. Friedrich Wilhelm S., Sänger, * 2 0 . 8 . 1878 Wellesweiler (heute zu N e u n k i r c h e n / S a a r ) , t 9 . 6 . 1965 Berlin. Neben seiner Tätigkeit als Schauspieler am Hoftheater von Karlsruhe 1900-07 studierte S. Gesang und gab 1908 als Tonio in Donizettis Regimentstochter sein Debüt an der Hofoper in Dresden, wo er 1909 in der Uraufführung von Elektro eine kleine Partie übernahm. Nach d e m Ersten Weltkrieg nahm S. seine Karriere an der Stuttgarter Oper wieder auf, wechselte vom lyrischen in das heldische Tenorfach und wurde vor allem als —»Wagner-Interpret bekannt. 1922-44 gehörte er als gefeiertes Mitglied der Berliner Staatsoper an, sang u . a . 1925 in der Uraufführung von Alban —» Bergs Wozzeck die Partie des Tambourmajors und 1931 in der Uraufführung von Hans —»Pfitzners Das Herz und wirkte 1924-31 bei den Festspielen in Zoppot mit. 1 9 2 4 / 2 5 gastierte S. an der Covent Garden Opera in London. 1935 wurde er Spielleiter und Chef des künstlerischen Betriebsbüros an der Berliner Staatsoper, wo er 1946-52 wieder auftrat. 1946-48 sang er auch an der Städtischen Oper Berlin. CD Kutsch S o p h e r , Bernhard (Burnat David), Bildhauer, * 15.6. 1879 Safed (Palästina), t 18.6. 1949 Hollywood. Der Kaufmannssohn studierte 1897-1901 Bildhauerei, Graphik und Malerei bei Peter —» Breuer an der Berliner Akademie, besuchte 1906-09 die Meisterklasse Adolf —»Brütts in Weimar und lebte seit 1910 als freischaffender Bildhauer in Düsseldorf, wo er zahlreiche Porträtbüsten bekannter Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft schuf. 1935 emigrierte S. in die USA, unterrichtete an Kunstschulen in San Francisco und Chicago und arbeitete 1938-49 in einer Keramik-Fabrik in Hollywood. 1943-45 entstand sein Hauptwerk der Spätzeit, der Zyklus Motherhood in War. CD B H d E , Bd 2
Sophia
von Solms-Laubach, Regentin, * 1 5 . 5 . 1 5 9 4 , t 16.5. 1651 Plötzkau (Anhalt). Die Tochter von Johann Georg I. von Solms-Laubach heiratete 1612 Markgraf —» Joachim Ernst von BrandenburgAnsbach, der aber bereits 1625 starb. S. übernahm bis 1639 mit ihrem Bruder Friedrich die Regentschaft für die minderjährigen Markgrafen —»Albrecht und —»Friedrich. Während des Dreißigjährigen Krieges mußte die Familie 1631 aus der Residenzstadt flüchten. Nach der Rückkehr 1635 Schloß sich S. d e m Prager Frieden an, konnte aber weitere Belastungen der Markgrafschaft nicht verhindern.
Sophie Caroline, Markgräfin von BrandenburgBayreuth, * 8 . 1 0 . 1 7 3 7 Braunschweig, t 2 2 . 1 2 . 1817 Erlangen. Die Tochter Herzog —» Karls I. von BraunschweigWolfenbüttel heiratete 1759 den Markgrafen —» Friedrich von Brandenburg-Bayreuth und wurde nach dreijähriger kinderloser Ehe Witwe. Seit 1764 lebte S. C. im Erlanger Schloß, widmete sich der A r m e n f ü r s o r g e und förderte besonders die Univ. Erlangen durch testamentarische Übereignung aller Liegenschaften, des Schlosses und des Schloßparks. CD Frauen Franken Sophie Elisabeth,
Herzogin von BraunschweigWolfenbüttel, Pseud. die Befreyende, geb. Herzogin von Mecklenburg-Güstrow, Komponistin, Schriftstellerin, * 2 0 . 8 . 1613 Güstrow, t 12.7. 1676 Lüchow. Die Tochter Herzog Johann Albrechts von MecklenburgGüstrow wurde stark von ihren Stiefmüttern Elisabeth, geb. Landgräfin von Hessen-Kassel, und Eleonora Marie, geb.
Prinzessin von Anhalt-Bernburg, der Vorsitzenden der adeligen Damensozietät Noble A c a d e m i e des Loyales, beeinflußt. 1629 wurde sie in diese Gesellschaft a u f g e n o m m e n . 1630 trat S. E. als „die Gutwillige" der Tugendlichen Gesellschaft bei. Sie widmete sich der Dichtkunst und d e m Komponieren und erlernte Latein, Französisch und Englisch. 1635 heiratete sie Herzog —»August d. J. von BraunschweigWolfenbüttel, nahm in Braunschweig, seit 1643 in Wolfenbüttel regen Anteil an der Herausbildung der Hofkultur und organisierte das Musik- und Theaterwesen am Wolfenbütteler Hof. S. E. komponierte geistliche Lieder, vertonte Gedichte ihres Stiefsohnes —» Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel und verfaßte Gelegenheitsgedichte sowie mehrere allegorische Singspiele (u. a. Ein Frewden Spielt. Von Dem Itzigen betrieglichen Zustande in der Welt, 1656), die meist an Geburtstagen des Herzogs aufgeführt wurden. Nach dessen Tod 1666 lebte S. E. zurückgezogen auf ihrem Witwensitz in Lüchow und widmete sich vor allem erbaulichen Schriften und der Komposition. CD M G G S o p h i e von der Pfalz, Kurfürstin von Hannover, * 14. 10. 1630 Den Haag, t 8 . 6 . 1714 Herrenhausen (heute zu Hannover). Die Tochter —»Friedrichs V. von der Pfalz und der —»Elisabeth Stuart wurde im Exil geboren und erhielt auf Kosten der Generalstaaten in Leiden eine außergewöhnlich gute Ausbildung. 1658 heiratete sie den späteren Kurfürsten —»Ernst August von Hannover und betrieb eine intrigenreiche und zielstrebige Familienpolitik, darunter die Verbannung ihrer Schwiegertochter —»Sophie Dorothea. Seit 1698 Witwe, wurde sie 1701 als Enkelin Jakobs I. v o m englischen Parlament zur Thronerbin erklärt, wodurch die Anwartschaft des Hauses Hannover auf den englischen Thron begründet wurde, den ihr einziger überlebender Sohn —»Georg Ludwig 1714 bestieg. Gottfried Wilhelm - » L e i b n i z , mit d e m sie einen ausgedehnten Briefwechsel führte, war S.s politischer Vertrauter. Ihre Memoiren wurden 1879 ediert. S. war die Mutter von —»Sophie Charlotte, Königin in Preußen. CD M e r k e l / W u n d e r
Sophie Dorothea,
Prinzessin von Hannover, * 15.9. 1666 Celle, t 13.11. 1726 Ahlden. S. D., Tochter von Herzog —»Georg Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg, wurde 1682 mit dem späteren Kurfürsten —»Georg Ludwig von Hannover vermählt. 1694 wurde die Ehe wegen S. D.s Liebesbeziehung zu Philipp Christoph von —»Königsmarck geschieden und S. D. nach Schloß Ahlden (Prinzessin von Ahlden) verbannt. Sie war die Mutter von —»Sophie Dorothea, Königin in Preußen.
Sophie
Friederike Dorothea, Erzherzogin von Österreich, * 27. 1. 1805 München, t 2 8 . 5 . 1872 Wien. Die Tochter König —»Maximilians I. Joseph von Bayern wuchs am Hof in München auf und heiratete 1824 Erzherzog —»Franz Karl von Österreich. S. entwickelte sich zu einer starken Persönlichkeit mit großem Durchsetzungsvermögen, unterstützte 1848 den Sturz —»Metternichs, hielt ihren Gemahl davon ab, nach der Abdankung —»Ferdinands I. die Krone anzunehmen, und setzte die Thronbesteigung ihres Sohnes —»Franz Joseph I. durch. Ihren Einfluß bei Hof setzte sie auch während der Regierungsjahre des j u n g e n Kaisers ein. Gegen ihren Willen heiratete dieser ihre Nichte —»Elisabeth (Sissi), mit der es zu starken Spannungen kam, als S. in die Erziehung ihrer Enkelkinder eingriff. Mitte der sechziger Jahre zog sich S. aus der Politik zurück. Sie war die Mutter - » M a x i m i l i a n s , des Kaisers von Mexiko. CD Ö B L
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Sophie Sophie Charlotte,
Kurfürstin von Brandenburg, Königin in Preußen, geb. Herzogin von Braunschweig-Lüneburg, * 3 0 . 1 0 . 1 6 6 8 Iburg (heute Bad Iburg), t 1 . 2 . 1 7 0 5 Hannover. Die Tochter des späteren Kurfürsten —» Ernst August von Hannover und der —»Sophie von der Pfalz wurde 1684 mit Kurprinz Friedrich von Brandenburg, d e m nachmaligen König —»Friedrich I. in Preußen verheiratet. Die gebildete Mutter —»Friedrich Wilhelms I. erhielt 1695 im Austausch gegen Caputh das Dorf Lietzow, wo sie ein Lustschloß bauen ließ, das nach ihrem Tod den N a m e n Charlottenburg erhielt. Gemeinsam mit Gottfried Wilhelm —»Leibniz veranlaßte die hochgebildete Fürstin die Gründung der KurfürstlichBrandenburgischen Societät der Wissenschaften (1700). en
Merkel/Wunder
S o p h i e , Kanonisse, Äbtissin von Gandersheim, * 975, t 27. (oder 30.) 1.1039. Die Tochter Kaiser —»Ottos II. und der Kaiserin —»Theophanu erhielt spätestens 979 von ihren Eltern das Kanonissenstift Gandersheim, für das Kaiser —»Otto I. 948 ein päpstliches Schutzprivileg erworben hatte, das die Befugnisse des Bischofs von Hildesheim einschränkte. 989 (oder 987) wurde S. als Kanonisse eingekleidet, gewann 995-997 einen gewissen Einfluß auf die Reichsgeschäfte und begleitete 996 ihren Bruder, —»Otto III., auf seiner ersten Reise nach R o m . U m 997 legte sie den Grundstein f ü r das Kanonissenstift zu Eschwege, war vermutlich Eigenherrin und empfing 1028 die Weihe als Äbtissin für Gandersheim. Daneben leitete S. das Kanonissenstift Essen und nahm aktiv an den politischen Ereignissen und Entwicklungen ihrer Zeit teil.
Sophie Dorothea,
Königin in Preußen, * 2 7 . 3 . 1687 Hannover, t 2 8 . 6 . 1757 Berlin. Die Tochter des Kurfürsten —»Georg Ludwig von Hannover, des späteren Königs Georg I. von England, und der —» Sophie Dorothea von Hannover heiratete 1706 den nachmaligen König —»Friedrich Wilhelm I. in Preußen. Die Mutter —»Friedrichs des Großen und der späteren Markgräfin —»Wilhelmine von Bayreuth versuchte vergeblich, durch Doppelheirat ihrer beiden ältesten Kinder mit den Kindern ihres Bruders —»Georg II. von England eine enge Verbindung zwischen Preußen und England-Hannover herzustellen, und entfremdete sich dadurch von ihrem Gemahl. Seit 1740 lebte sie zurückgezogen auf Schloß Monbijou. S o p h i e Wilhelmine Marie Louise, Großherzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach, Königliche Prinzessin der Niederlande, * 8 . 4 . 1 8 2 4 Den Haag (Niederlande), t 2 3 . 3 . 1897 Weimar. S. wuchs bei ihren Eltern Wilhelm von Oranien, d e m späteren König der Niederlande, und A n n a Pawlowna, einer Tochter Zar Pauls I. von Rußland, in Den Haag auf. 1842 heiratete sie —> Karl Alexander von Sachsen-Weimar, der 1853 die Regierung des Großherzogtums übernahm. Neben verschiedenen karitativen Einrichtungen, die S. stiftete, ermöglichte sie 1864 die Gründung der deutschen Shakespeare-Gesellschaft. Auf ihr Betreiben wurde 1891 eine volkstümliche deutsche Ausgabe der Werke Shakespeares in der Übersetzung von August Wilhelm von —»Schlegel und Ludwig —»Tieck veröffentlicht. Besondere Verdienste erwarb sich S. durch ihren Einsatz für den Nachlaß Johann Wolfgang von —»Goethes, den ihr dessen Enkel Walther von —> Goethe 1885 testamentarisch vermacht hatte. Im selben Jahr wurden die Goethe-Gesellschaft gegründet und weitere Manuskripte - wie der Briefwechsel zwischen Goethe und —»Schiller - erworben. 1887 erschienen die ersten Bände der 1919 mit Band 143 abgeschlossenen Weimarer oder Sophienausgabe, der bis heute vollständigsten A u s g a b e der Werke Goethes. Zur Aufbewahrung des umfangreichen Nachlasses wurde ein Archivgebäude errichtet, das heutige Goethe- und Schiller-Archiv, das 1896 als erstes deutsches Literaturarchiv eröffnet wurde. c o Lebenswege Thür, 2. Slg. S o p h i e von Brabant, Landgräfin von Thüringen, * 2 0 . 3 . 1224 auf der Wartburg, t 2 9 . 5 . 1 2 8 4 Marburg. Die Tochter den Landgrafen —»Ludwig IV. von Thüringen und der —»Elisabeth von Thüringen heiratete Herzog —»Heinrich II. von Brabant und verteidigte nach dem Aussterben der Thüringer Landgrafen im M a n n e s s t a m m 1247 die Erbansprüche zugunsten ihres Sohnes, des späteren Landgrafen —»Heinrich I. von Hessen, im ThüringischHessischen Erbfolgekrieg und hatte damit entscheidenden Anteil an der Bildung der Landgrafschaft Hessen.
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Sorauer,
Paul, Pseud. Paulus Asper, Botaniker, * 9 . 6 . 1 8 3 9 Breslau, t 9. 1.1916 Berlin. S., Sohn eines Tischlermeisters, studierte seit 1862 in Berlin Naturwissenschaften, insbesondere Botanik, und wurde 1867 an der Univ. Rostock promoviert (Beiträge zur Keimungsgeschichte der Kartoffelknolle). Seit 1868 war er Assistent an der von Hermann —»Hellriegel geleiteten Landwirtschaftlichen Versuchsstation D a h m e (Niederlausitz) und 1872-93 Leiter der Pflanzenphysiologischen Versuchsstation am Königlich Pomologischen Institut in Proskau (Oberschlesien); 1892 wurde er dort Prof. f ü r Botanik. Wegen eines Augenleidens reichte er 1893 seinen Abschied ein, setzte seine wissenschaftliche Arbeit jedoch fort und habilitierte sich 1902 an der Univ. Berlin für Botanik. 1909 wurde er zum Geheimen Regierungsrat ernannt. S. trug zur Entwicklung der Phytomedizin zu einer eigenständigen Wissenschaft bei. Er begründete 1891 die „Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten" und veröffentlichte u. a. Handbuch der Pflanzenkrankheiten (1874), Pflanzenschutz. Anleitungen für den praktischen Landwirt zur Erkennung und Bekämpfung der Beschädigungen der Kulturpflanzen ( 1 8 9 2 , 6 1 9 1 5 ) und Atlas der Pflanzenkrankheiten (1887-93). DD B ö h m S o r e l l , Walter, Kritiker, Schriftsteller, * 2 . 5 . 1905 Wien, t 2 1 . 2 . 1997 N e w York. S., der durch seinen Vater bis 1918 die türkische Staatsbürgerschaft besaß, studierte Germanistik an der Univ. Wien, brach 1925 das Studium aus finanziellen Gründen ab und war nach einem einjährigen Aufenthalt in England seit 1927 Angestellter in der Wiener Stadtverwaltung. Daneben betätigte er sich als freier Journalist und Schriftsteller sowie als Schauspieler, Rezitator, Chanson- und Kabarettautor, war 1930-32 Mitarbeiter der „Literarischen M o n a t s h e f t e " und leitete 1932-34 das Theater an der Volkshochschule Ottakring. 1938 nach London emigriert, ging S. 1939 nach N e w York, war als Übersetzer ins Englische (u. a. von Erich Maria —»Remarques Are de Triomphe), Schriftsteller und Tanzkritiker zahlreicher Zeitungen und Magazine tätig und lehrte, seit 1945 amerikanischer Staatsbürger, 1958-72 dramatische Literatur und Tanz an der Columbia University. Danach lebte er in Zürich. S. schrieb Gedichte, Theaterstücke und Künstlerbiographien. Zu seinen Veröffentlichungen gehören The Dance has Many Faces (1951, 2 1966), Isadora Duncan (1955), The Mary Wigman Book (1975) und Dance in its time. The emergence of an art form (1981). Erinnerungen von ihm erschienen u . a . 1983 (Am Rande der Zeit. Aufzeichnungen 1972-82) und 1998 (Die Stimme des Wortes. Betrachtungen eines Neunzigjährigen). S„ der 1955 an der Columbia University den Master of Fine Arts erwarb, trat auch als Maler hervor und betätigte sich als Wahrsager und Handleser (The story of the human hand, 1968). CD Spalek 2,1
Sorge S o r g , Anton, Drucker, * um 1430 Augsburg, f u m 1493 Augsburg. Zunächst Brief- und Kartenmaler, wurde S. Drucker in der Klosterdruckerei von St. Ulrich und A f r a in Augsburg, wo er sich 1475 selbständig machte. 1475-93 druckte er etwa 2 5 0 mit zahlreichen Holzschnitten ausgestattete, vorwiegend deutschsprachige Bücher weltlichen, aber auch geistlichen Inhalts. Sein bedeutendster Druck ist Ulrich —> Richentals Beschreibung des Konstanzer Konzils Conciliumbuch zu Constanz (1483). Von S. stammt die erste gedruckte Buchanzeige in deutscher Sprache für deutschsprachige Bücher. DP L G B S o r g , Heinrich, Verbandsfunktionär, * 7 . 1 1 . 1 8 9 8 B i s c h o f s h e i m / M a i n , t 2 1 . 9 . 1963 F r a n k f u r t / M a i n . S. war Angestellter, Schloß sich 1917 der S P D an und wurde Sekretär des Arbeiter-Turn- und Sportbundes im Kreis Hessen-Mittelrhein sowie Redakteur der Zeitschrift „Freier Sport". Er gehörte der obersten Kampfleitung der „Eisernen Front" in Frankfurt an, organisierte eine Informationszentrale für die A b w e h r des Nationalsozialismus und floh 1933 in die Tschechoslowakei, wo er im Graphia Verlag der Exil-SPD in Karlsbad und für die Sozialistische Arbeitersport-Internationale tätig war. 1939 emigrierte er nach Großbritannien und arbeitete seit 1941 als Gärtner. 1946 zurückgekehrt, wurde er Sportreferent des S P D Parteivorstandes in F r a n k f u r t / M a i n und war Mitinitiator und Präsidiumsmitglied des Deutschen Sportbundes sowie Präsidiumsmitglied der Deutschen Olympischen Gesellschaft. S o r g , Johann Jacob, Maler, * 8 . 9 . 1743 Straßburg, t 13.10. 1821 Mutzig. Nach seiner künstlerischen Ausbildung arbeitete S. 1 7 6 4 / 6 5 bei den H o f m a l e r n Franz Anton von Leitensdorffer und Felix Anton Besold in Mannheim und war 1 7 6 5 / 6 6 bei verschiedenen Augsburger Glasmalern, anschließend in München und Regensburg tätig. 1769 kehrte er ins Elsaß zurück, wo er 1772 das Meisterrecht erlangte. S. schuf vorwiegend Bildnisse und Dekorationen, u. a. die dekorativen Malereien in einem Pavillon des Rohan-Schlosses in Zabern. S o r g e , Christian, Schauspieler, Theaterleiter, * 2 . 2 . 1944 Bobrek-Karf (Oberschlesien), t 11. 1. 1986 München. Nach d e m Besuch der Max-Reinhardt-Schule in Berlin war S. seit 1968 als Schauspieler in Gießen tätig, trat dann am Berliner Schillertheater auf und befaßte sich seit 1973 intensiv mit dem Kinder- und Jugendtheater. Er wurde Mitarbeiter des GRIPS-Theaters in Berlin, ging 1979 nach Heidelberg und übernahm 1981 die Leitung des dortigen Kinder- und Jugendtheaters, das seit 1984 über eine eigene Spielstätte verfügte. S o r g e , Georg Andreas, Musiker, Komponist, Musikschriftsteller, * 2 1 . 3 . 1703 Mellenbach (Thüringen), t 4 . 4 . 1 7 7 8 Lobenstein. Seinen ersten Unterricht erhielt S., Sohn eines schwarzburgrudolstädtischen Hauptmanns, bei einem Organisten seines Heimatortes, bildete sich seit 1714 in Franken weiter und kehrte 1716 nach Mellenbach zurück, u m Komposition zu studieren. 1721 ging er als Hof- und Stadtorganist nach Lobenstein, w o er auch als Lehrer tätig war. 1747 wurde S. Mitglied der Societät der musikalischen Wissenschaften von Lorenz —> Mizler von Kolof. Sein kompositorisches Werk, das vor allem Klavier- und Orgelwerke umfaßt, gehört stilistisch in die Übergangszeit vom Spätbarock zur Frühklassik. S. trat auch als Musiktheoretiker hervor; er schrieb u. a. Vorgemach der musikalischen Kompositionen (3 Bde., 1745-47). CD Lebenswege Thür, 3. Slg.
S o r g e , Kurt Oskar, Industrieller, * 2 8 . 7 . 1855 Zwickau, t 9 . 9 . 1 9 2 8 Berlin. Der aus einer Technikerfamilie stammende S. studierte 1873-77 an der Bergakademie in Freiberg (Sachsen), legte die Diplomprüfung als Eisenhütteningenieur ab und war dann als C h e m i k e r und Ingenieur in verschiedenen Werken (u. a. in Osnabrück) tätig. 1888-93 war er Direktor der Rombacher Hüttenwerke in Lothringen, trat 1893 in die Firma Fried. Krupp ein, wurde 1899 Mitglied des Direktoriums der Fried. Krupp A G und wenig später Vorsitzender des Direktoriums des Krupp-Gruson-Werks in Magdeburg-Buckau, 1919 in Berlin. S. war seit 1919 Aufsichtsratsmitglied der Fried. Krupp A G und seit 1925 stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Fried. Krupp Gruson-Werk AG sowie 1919-25 Vorsitzender des Präsidiums des Reichsverbandes der Deutschen Industrie. CD M B L
Sorge,
Peter, Maler, Graphiker, * 1 4 . 4 . 1 9 3 7 Berlin, t 14. 1.2000 Berlin. S. studierte 1958-64 an der Hochschule der Künste in Berlin und war 1 9 6 4 / 6 5 Meisterschüler von M a c —»Zimmermann und Fred —> Thieler. 1964-69 war er Gründungsmitglied der Ausstellungsgemeinschaft Großgörschen in Berlin, zählte 1969 zu den Gründern des genossenschaftlichen Kunstvertriebs zahn neun und gehörte 1972-77 der Gruppe Aspekt an. Seit 1979 war er als Dozent für Radiertechnik in der Lehrerfortbildung tätig und hatte 1980-82 eine Gastprofessur an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig inne. Er trat zunächst mit Collagen hervor und wurde vor allem durch seine von Expressionismus und Verismus geprägten, sozialkritisch-realistischen Graphiken bekannt. Er war mit Maina-Miriam —> Munsky verheiratet.
Sorge,
Reinhard Johannes, ursprünglich (Karl Ferdinand) Reinhard S„ Dramatiker, Lyriker, * 29. 1.1892 Rixdorf (heute zu Berlin), t 2 0 . 7 . 1 9 1 6 A b l a i n c o u r t / S o m m e . Nach dem Abbruch einer kaufmännische Lehre und des Besuchs des G y m n a s i u m s wandte sich S. 1909 schriftstellerischer Tätigkeit zu. 1913 konvertierte er in R o m zum Katholizismus und zog nach Flüelen (Schweiz). Neben neuromantischen Gedichten (Eines Narren Narrenlieder, postum 1925) verfaßte S. u.a. von Friedrich - » N i e t z s c h e und Stefan —> George beeinflußte szenische Skizzen ( D e r Jüngling, postum 1925) sowie das Trauerspiel Das Unbekannte (1909). Höhepunkt seines literarischen Werks war das 1911 entstandene Drama Der Bettler ( 7 1928, Neudr. 1985), das als erstes weltanschaulich revolutionäre Drama des Expressionismus gilt, auf Vorschlag von Richard —»Dehmel 1912 mit d e m Kleist-Preis ausgezeichnet und 1917 von M a x —> Reinhardt am Deutschen Theater in Berlin uraufgeführt wurde. Seine späteren Werke, darunter das Schauspiel König David (1916), die Mytserien Metanoeite (1915, 4 1940) und die lyrische Folge Preis der Unbefleckten postum (1924), sind religiöse Dichtungen. 1915 begann S. am Kollegienhaus von Maria Hilf das Studium der Philosophie, wollte Priester werden, wurde als Soldat eingezogen und starb verwundet in Frankreich. CD Killy
Sorge,
Richard, Journalist, Spion, * 4 . 1 0 . 1 8 9 5 Adschibend bei Baku, t 9 . 7 . 1 9 4 4 Tokio. Der Sohn eines deutschen Mineningenieurs und einer Russin kam 1898 mit seinen Eltern nach Deutschland, war 1914 Kriegsfreiwilliger und wurde nach mehreren schweren Verwundungen entlassen. S. studierte Volkswirtschaft in Berlin, Kiel und Hamburg, trat 1917 der USPD, 1919 der K P D bei und war 1919-21 konspirativ im Ruhrgebiet tätig. 1920/21 war er Redakteur der „Bergischen Arbeiterstimme" in Solingen, nahm 1923 führend am Hamburger Aufstand teil, trat 1925 in den Dienst der Komintern und wurde sowjetischer Staatsbürger und Mitglied der K P d S U . Für die Agententätigkeit vorbereitet, wurde S. 1929 Pressekorrespondent
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Sorgo in Shanghai, ging 1933 nach Japan, gewann dort als Herausgeber eines „Deutschen Dienstes" und seit 1936 als Korrespondent der „Frankfurter Zeitung" in Tokio eine Vertrauensstellung und stand als Presseattache an der deutschen Botschaft in enger Verbindung zum deutschen Militärattache und späteren Botschafter Ott. Seine Meldungen über den geplanten deutschen Angriff und über den bevorstehenden Überfall Japans auf Pearl Harbour wurden von Stalin ignoriert, seine Mitteilung über das Nichteingreifen der japanischen K w a n t u n g - A r m e e 1941 war kriegsentscheidend. Im Oktober 1941 von der japanischen Polizei verhaftet, wurde S. nach einem Geständnis in einem Geheimprozeß 1944 zum Tod verurteilt und hingerichtet. S o r g o , Josef, österr. Internist, Pulmologe, * 7 . 1 1 . 1869 Bleiberg Kreuth (Kärnten), t 2 5 . 1 . 1950 Wien. S. studierte seit 1888 in Wien Medizin, wurde 1894 promoviert, hospitierte 1 8 9 5 / 9 6 an der III. Medizinischen Klinik im Allgemeinen Krankenhaus unter Lepold —> Schrötter von Kristelli und war 1899-1902 dessen Assistent. S. wandte sich der Erforschung der Tuberkulose zu, war 1902-19 Direktor und Chefarzt der ersten Tuberkulose-Heilstätte in Alland (Niederösterreich), die er mitbegründet hatte, und habilitierte sich 1904 in Wien für Innere Medizin. Seit 1915 tit. a. ο. Prof., w a r S . 1919-24 provisorischer, 1924-33 definitiver Abteilungsvorstand der II. Medizinischen Abteilung am Wilhelminenspital in Wien und hatte von 1933 bis zur zwangsweisen Versetzung in den Ruhestand 1938 die Leitung der II. Medizinischen Abteilung des Kaiser-Franz-Joseph-Spitals inne. Bis 1944 hielt er seine Vorlesungen an der Univ. Wien. Durch seine Forschungen leistete er einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung der Pulmologie als neue Subspezialität der Inneren Medizin. Er veröffentlichte u. a. Über die Disposition zur Tuberkulose (1905). c n ÖBL S o r m a , Agnes, eigentl. Agnes Maria Caroline Zaremba, Schauspielerin, * 1 7 . 5 . 1 8 6 5 Breslau, t 10.2. 1927 Crownsend (Arizona, USA). S. trat als Fünfzehnjährige am Breslauer Stadttheater auf, spielte dann in Görlitz, Posen (1880-82) und Weimar und seit 1883 am Deutschen Theater in Berlin, wo sie unter Adolph —»L'Arronge, Otto —>Brahm und Max —> Reinhardt arbeitete. 1890-94 war sie am Berliner Theater engagiert, wurde 1894 wieder an das Deutsche Theater verpflichtet und unternahm seit 1898 Tourneen durch zahlreiche europäische Staaten. Anschließend wirkte sie an verschiedenen Berliner Theatern. Zu ihren Hauptrollen zählten das Käthchen von Heilbronn, die M i n n a von Barnhelm, die Ophelia und die Nora.
Souchay,
Eduard Franz, Jurist, Politiker, * 16. 12. 1800 F r a n k f u r t / M a i n , f 1.7. 1872 F r a n k f u r t / M a i n . Der aus einer hugenottischen Kaufmannsfamilie stammende S. wurde nach d e m Jura- und Geschichtsstudium in Heidelberg und Göttingen 1821 zum Dr. jur. promoviert und ließ sich 1823 als Advokat in Frankfurt nieder. 1832-36 war er Stadtgerichtsrat, 1839-49 Appellationsgerichtsrat. Seit 1832 gehörte er d e m Frankfurter Senat an und war 1832-57 Mitglied der Gesetzgebenden Versammlung, zuletzt deren Präsident. 1 8 4 8 / 4 9 war S. Bevollmächtigter der Freien Stadt Frankfurt in der Nationalversammlung, die ihn 1849 mit der provisorischen Regierung in Schleswig-Holstein beauftragte. Später setzte er sich als Verleger des „Volksboten" und Leiter des Patriotischen Vereins aber weiterhin f ü r die freistädtische Verfassung ein. Nach der preuß. Annexion Frankfurts 1866 gehörte S. von 1868 bis zu seinem Tod der Stadtverordnetenversammlung an. Er veröffentlichte u. a. Anmerkungen zu der Reformation der Freien Stadt Frankfurt (1849) und Geschichte der deutschen Monarchie von ihrer Erhebung bis zu ihrem Verfall (4 Bde., 1861/62). CD Frankf Biogr
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S o u c h y , Augustin, Journalist, Publizist, * 2 8 . 8 . 1 8 9 2 Ratibor (Schlesien), t 1 . 1 . 1 9 8 4 München. S., dessen Vater zu den ersten Sozialdemokraten Schlesiens gehörte, Schloß sich 1 9 1 1 / 1 2 der anarchistischen B e w e g u n g an und war in Berlin in Gustav —> Landauers Sozialistischem Bund tätig. Nach Beginn des Ersten Weltkriegs flüchtete er als Kriegsdienstgegner nach Schweden, engagierte sich dort in der syndikalistischen B e w e g u n g und lebte nach seiner Ausweisung 1917 in Norwegen und Dänemark. 1919 kehrte S. nach Deutschland zurück, war bis 1933 ständiger Mitarbeiter und mehrere Jahre Redakteur der Wochenzeitung „Der Syndikalist" und gehörte 1922 zu den Gründungsmitgliedern der Internationalen Arbeiter-Assoziation. 1933 floh er nach Frankreich. Während des Spanischen Bürgerkriegs war er in der Federaciön Anarquista Iberica und in der Confederation Nacional del Trabajo tätig. 1942 emigrierte S. nach Mexiko, war als Journalist und Beauftragter des Unterrichtsministeriums tätig und unternahm seit 1949 Vortragsreisen in Ländern Amerikas, Europas, Afrikas und in Israel. 1963-66 war er Bildungsexperte des Internationalen Arbeitsamtes in Genf. S. schrieb u . a . Nacht über Spanien (o.J. [1948-55]; unter d e m Titel Anarcho-Syndikalisten über Bürgerkrieg und Revolution in Spanien, 1969), Zwischen Generälen, Campesinos und Revolutionären (1974) und ,Vorsicht Anarchist!' Ein Leben für die Freiheit (1977). DP B H d E , Bd 1
Soumagne,
Ludwig, Schriftsteller, * 1 1 . 6 . 1 9 2 7 Norf (Neuss), t 2 2 . 1 0 . 2 0 0 3 Neuss. Nach Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und Gefangenschaft in Olpe zum Bäcker ausgebildet, war S. als Bäckermeister in Neuss tätig. Bekannt wurde er als Mundartdichter, dessen von Heinrich —> Heine beeinflußte Lyrik häufig Redensarten und Sprachklischees verfremdet und aphoristisch pointiert (u. a. Ech an mech. Gedichte in rheinischer Mundart, 1966; Dat kaldee Böffee. Gedichte in landkölnischem Dialekt, 1972, 4 1981; Möt angere Wöert - jedaiht jedonn, 1975; Usjesproche nävebee bemerk. Gedichte in niederrheinischem Dialekt, 1979, 1981). Das bekannteste Werk von S., der auch Hörspiele, Szenen, Geschichten und Aphorismen schrieb (u. a. Läve un sterve lote. Dialoge, Szenen und Monologe, 1992; Oppjeläse ongerm Schrievdösch, 1994) und dessen Gedichte oft auf Schallplatte veröffentlicht wurden, ist Die Litanei. Übertragen in 52 Mundarten (4 Bde., 1988-93). m
KLG
Soupault, Re, geb. Meta Erna Niemeyer, Photographin, Journalistin, Übersetzerin, * 29. 10. 1901 Bublitz (Pommern), t 1 2 . 3 . 1 9 9 6 Versailles (Frankreich). S. studierte seit 1921 am Bauhaus in Weimar Photographie bei Johannes —> Itten, war dann in Berlin journalistisch tätig und wirkte an den Filmexperimenten von Viking Eggeling mit; zeitweise war sie mit dem Maler und Filmemacher Hans Richter verheiratet. E n d e der zwanziger Jahre ging S. als Modejournalistin nach Frankreich, w o sie u. a. mit Man Ray bekannt wurde, und gründete das Modestudio Re Sport, für das sie selbst Kleidung entwarf. 1933 heiratete sie den Journalisten und Schriftsteller Philippe Soupault, bereiste als Photographin gemeinsam mit ihm Europa, Nordafrika und Amerika und emigrierte 1940 in die U S A . 1945 nach Europa zurückgekehrt, lebte sie in Paris und in Basel und betätigte sich vor allem als Schriftstellerin und Übersetzerin; neben Werken von Ph. Soupault übertrug sie auch Lautreamont und Romain Rolland sowie französische Märchen ins Deutsche. Ende der achtziger Jahre wurde ihr vor allem Porträts und Alltagsszenen umfassendes fotografisches Werk wiederentdeckt (Paris 1934-1938, 1994; Frauenportraits aus dem „Quartier reserve" in Tunis, 2001, beide hrsg. von Manfred Metzner). 2007 erschien der Katalog Re Soupault. Die Fotografin der magischen Sekunde, hrsg. v. M. Metzner).
Spät S o w a d e , Eduard d. Ä., Sänger, Theaterdirektor, * 17.3. 1817 Oppeln (Schlesien), t 10.9. 1881 Altenburg (Thüringen). S. sang seit 1843 jeweils eine Spielzeit an Theatern in Koblenz, Mainz und Aachen, war 1846-54 am Hoftheater in Hannover engagiert und trat 1 8 5 7 / 5 8 am Hoftheater in Neustrelitz auf, wo er zugleich Theaterdirektor war. 1868-70 war er am Stadttheater in Basel, 1870-74 am Hoftheater in Sondershausen verpflichtet und wirkte von 1874 bis zu seinem Tod am Hoftheater in Altenburg. Seit 1861 hatte er die Leitung des Hoftheaters in Sondershausen inne und übernahm 1874 die Direktion des Hoftheaters in Altenburg. Sein Repertoire umfaßte vorwiegend heldische Partien, u. a. den Lohengrin und den Max im Freischütz. S. war der Vater von Eduard - > S . d . J . CD Kutsch S o w a d e , Eduard d.J., Sänger, Theaterdirektor, * 10.6. 1852 Hannover, f 10.5. 1906 Danzig. Der Sohn Eduard —»S.s d . Ä . begann ein polytechnisches Studium, das er jedoch abbrach, u m seinen aus gesundheitlichen Gründen verhinderten Vater in der Leitung des Hoftheaters in Sondershausen zu vertreten. 1872 debütierte S. am Theater in Sondershausen, sang 1875-84 am Hoftheater in Altenburg (Thüringen) und wurde nach d e m Tod seines Vaters 1881 dessen Nachfolger als Direktor des Hauses. 1884-91 war er Sänger und Oberregisseur am Stadttheater in Nürnberg, 1893-1900 Regisseur f ü r den Bereich Oper und artistischer Verwalter am Hoftheater in Schwerin. 1900 übernahm S. die Direktion des Danziger Stadttheaters. CD Kutsch
Sowinetz,
Kurt, österr. Schauspieler, * 2 6 . 2 . 1928 Wien, t 2 8 . 1 . 1991 Wien. Der Sohn eines Hausmeisterehepaars besuchte die Wiener Theaterschule Otto und ging 1944 nach Fürth (Bayern), wo er debütierte. In den fünfziger Jahren kehrte S. nach Wien zurück, erhielt ein Engagement am Volkstheater und spielte seit 1964 a m Theater in der Josefstadt. Seit 1975 gehörte er dem Ensemble des Wiener Burgtheaters an. S. war ein bedeutender Darsteller von —»Nestroy-Rollen und ein Interpret von Wienerliedern sowie Moritatensänger. Er wirkte auch zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen mit.
Soxhlet,
Franz Ritter von, Agrikulturchemiker, * 12. 1. 1848 Brünn (Mähren), t 6 . 5 . 1926 P ö c k i n g / Starnberger See. S., Sohn eines Spinnfabrikanten, studierte Naturwissenschaften und landwirtschaftliche C h e m i e an der Univ. Leipzig und wurde 1872 mit der Arbeit Beiträge zur physiologischen Chemie der Milch promoviert. 1873 ging er als A d j u n k t an die Landwirtschaftlich-Chemische Versuchsanstalt in Wien und war 1879-1913 o. Prof. der Agrikulturchemie an der T H München und gleichzeitig Leiter der Landwirtschaftlichen Centrai-Versuchsstation für Bayern. 1911 wurde er z u m kgl. Geheimen Rat ernannt. S. konstruierte 1886 einen Apparat zur Herstellung sterilisierter Milch f ü r Säuglinge und erhielt 1882 und 1892 Patente für Verfahren der Zuckerherstellung. Nach S. ist der Soxhlet-Apparat benannt, ein Apparat zur Extraktion fester Stoffe. Er veröffentlichte u . a . Ein verbessertes Verfahren der Milchsterilisation (1891). 133 Ö B L S o y f e r , Jura, Pseud. Jura, Georg Anders, Fritz Feder, Norbert Noll, Walter West, österr. Journalist, Schriftsteller, * 8. 12.1912 Charkow (Ukraine), t 1 6 . 2 . 1 9 3 9 Konzentrationslager Buchenwald. Der Sohn einer russisch-jüdischen Industriellenfamilie, die 1921 nach Wien emigrierte, engagierte sich bereits als Schüler für die Sozialdemokratie und schrieb sozialkritische Gedichte und Reportagen f ü r die „Arbeiter-Zeitung". Seit 1931 studierte S. Germanistik und Geschichte in Wien,
Schloß sich 1934 der illegalen K P Ö an und schrieb politische und Agit-Prop-Lieder und Stücke für Wiener Kleinkunstbühnen ( u . a . „Literatur am Naschmarkt", „ABC"). In seinen Szenenfolgen (u.a. Weltuntergang, 1936; Der Lechner-Edi schaut ins Paradies, 1936; Astoria, 1937; Vineta, 1937; Broadway-Melodie 1942, 1937) k ä m p f t e er gegen soziale Ungerechtigkeit und Faschismus und prangerte die politische Apathie des österr. Bürgertums an. In dem Romanfragment So starb eine Partei (in: Die Ordnung schuf der liebe Gott, 1979) befaßte er sich mit dem österr. Bürgerkrieg von 1934 und der fehlenden Unterstützung des Republikanischen Schutzbundes durch die Führung der Sozialdemokratischen Partei. 1937 wegen kommunistischer Betätigung verhaftet, jedoch A n f a n g 1938 freigelassen, wurde S. nach dem „Anschluß" Österreichs 1938 an der schweizer. Grenze festgenommen, zunächst im Konzentrationslager Dachau (Dachaulied, 1938) interniert und dann nach Buchenwald transportiert, wo er an Typhus erkrankte. 2002 erschien eine Werkausgabe in vier Bänden (hrsg. von Horst Jarka). CD Schütz S o y k a , Otto, österr. Schriftsteller, Journalist, * 9 . 5 . 1 8 8 1 Wien, f 2. 12.1955 Wien. S. studierte Maschinen an der T H Wien, wandte sich dann einer journalistisch-schriftstellerischen Tätigkeit zu und verfaßte Beiträge für die „Neue Freie Presse", das „Neue Wiener Tagblatt", das „Berliner Tageblatt" und die „Vossische Zeitung". Er war Mitarbeiter der Zeitschriften „Die Fackel" (er bestimmte deren Linie in den ersten Jahren entscheidend mit), „Der S t u r m " und „Simplicissimus" und schrieb expressionistisch beeinflußte Romane, in denen er sensationelle Ereignisse des Tagesgeschehens, häufig Kriminalfälle, verarbeitete (u.a. Die Söhne der Macht, 1911; Der entfesselte Mensch, 1919; Die Traumpeitsche, 1921; Bob Kreit sieht alles voraus, 1931). 1938 nach Frankreich emigriert, kehrte S. 1948 nach Wien zurück. CO Lex österr Exillit S o y t e r , Gustav, Klassischer Philologe, Byzantinist, * 3 0 . 1 . 1883 München, t 7 . 5 . 1965 München. S. studierte Klassische Philologie und Byzantinistik in München, wurde 1911 zum Dr. phil. promoviert (Untersuchungen zu den neugriechischen Sprachkomödien Babylonia von D. K. Byzantios und Korastika von K. J. Rhizos) und war Gymnasiallehrer in Würzburg. 1921 habilitierte er sich dort, wurde 1927 apl. Prof. und lehrte 1936-45 als a. o . P r o f . der Byzantinistik und neugriechischen Philologie in Leipzig. Seit 1950 war er Lehrbeauftragter der Univ. Erlangen. S. veröffentlichte u . a . Germanen und Deutsche im Urteil byzantinistischer Historiker (1953). S p ä n i , Paul, schweizer. Sänger, * 13.4. 1929 Winterthur, t 15.2. 1993 Davos. S. studierte Gesang an der Hochschule für Musik in Wien, besuchte das Max-Reinhardt-Seminar und war als Schauspieler tätig. Nach weiterer Gesangsausbildung erhielt er 1 9 5 6 / 5 7 sein erstes Engagement an der Wiener Volksoper, sang 1957-62 an der Deutschen Oper am Rhein DüsseldorfDuisburg und war 1962-64 am Staatstheater in Karlsruhe engagiert. 1964-93 war S. Mitglied des Opernhauses in Zürich und wirkte als Gesangspädagoge an der dortigen SchauspielAkademie. • • Schweiz Theater
Spät,
Caspar, auch Späth, Eisenschneider, * um 1610, t 6 . 1 0 . 1691. S. war als Nachfolger Daniel —»Sadelers Hofeisenschneider in München unter Kurfürst —»Maximilian I. Er wurde 1661 Mitglied der Goldschmiedeinnung und 1687 Burgpfleger im Alten Hof zu München. Ihm wurde eine herausragende Technik attestiert, mit der er Truhen, Reliquienkästen und Waffen schuf.
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Spaeter Spaeter, Carl, K a u f m a n n , * 11. 10.1835 Stadtsulza (heute Bad Sulza), t 9 . 7 . 1909 Koblenz. S., Sohn eines Webermeisters, durchlief seit 1850 eine Lehre in der Kolonial-, Glas- und Porzellanwarenhandlung seines Onkels in Weimar und wechselte nach einer Anstellung in einer Getreidehandlung zur auf Schiffsspedition und die Vertretungen von Dampfschiffahrtsgesellschaften spezialisierten Firma L u d w i g Wirth. 1860 wurde S. Teilhaber und wandelte das Unternehmen zu einem bedeutenden Handelshaus für Eisen und R o h s t o f f e um. Geschäftsverbindungen unterhielt er u. a. zu Alfred —> Krupp in Essen. Nach der U m b e n e n n u n g der Firma 1868 in Spaeter & Wirth kamen ein Walzwerk und eine Ziegelherstellung hinzu. Z u d e m war S. am Aufbau der Rombacher Hüttenwerke A G beteiligt. 1902 zog er sich von der Leitung des Unternehmens zurück. In Koblenz war S. Vorsitzender der Vereinigung der kaufmännischen Fortbildungsschule f ü r die Weiterbildung des Nachwuchses und 1884-1902 Präsident der Handelskammer. CD Rhein-Westf Wirt, Bd 10 S p ä t h , Andreas, auch Speeth, Musiker, Komponist, * 9. 10. 1790 Rossach bei Coburg, t 2 6 . 4 . 1876 Gotha. S. trat 1810 als Klarinettist in den zweiten Hautboistenchor in Coburg ein, der zur Hofkapelle zählte, und ging nach seiner Teilnahme am Feldzug 1 8 1 4 / 1 5 zu theoretischen Studien nach Wien. Nach seiner Rückkehr nach Coburg spielte er bei den H o f m u s i k e n mit, nahm 1821 die Organistenstelle in Morges am Genfer See an und dirigierte auch eine Musikalische Gesellschaft. Seit 1833 wirkte S. als Organist, Leiter des Kirchengesangs und von Instrumentalkonzerten in Neuchätel und war zudem Gesanglehrer am dortigen College. Seit 1838 lebte er wieder in Coburg, wurde Konzertmeister in der Hofkapelle und unterrichtete Musik am Lehrerseminar. Sein kompositorisches Werk umfaßt u. a. Opern, Singspiele, Messen, Chor-, Instrumental- und Kammermusik. S p ä t h , Ernst, österr. Chemiker, * 14.5. 1886 Bärn (Mähren), t 3 0 . 9 . 1 9 4 6 Zürich. S., Sohn eines Huf- und Wagenschmieds, studierte 1906-10 Chemie in Wien, habilitierte sich 1917 und wurde 1921 a. o. Professor. 1924-38 lehrte er als Ordinarius in Wien und stand d e m II. Chemischen Universitätslaboratorium vor. 1932 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . 1938-45 war er Generalsekretär, 1 9 4 5 / 4 6 Präsident der A k a d e m i e der Wissenschaften in Wien. S. befaßte sich mit der Erforschung der Alkaloide und beschrieb den molekularen A u f b a u von 120 Pfanzenstoffen. Er gilt als Begründer der Mikrohochvakuumsublimation und -destination. S. war lange Zeit Redakteur der „Monatshefte f ü r C h e m i e " und veröffentlichte u. a. eine Geschichte der Chemie in Österreich (1927). t u Soukup S p ä t h , Franz Jakob, Orgelbauer, * 1714 Regensburg, t 2 3 . 7 . 1786 Regensburg. Der Sohn eines Orgelbauers erlernte das väterliche Handwerk und baute u . a . eine Orgel mit 25 Registern für die St. Oswaldkirche in Regensburg, die 1750 eingeweiht wurde. S. gilt als Erfinder des Tangentenflügels. Seine Mitarbeit trug wesentlich zum Erfolg der F i r m a Ch. F. Schmahl in Regensburg bei. S p ä t h , Franz Ludwig, Pflanzenzüchter, Dendrologe, * 2 5 . 2 . 1839 Berlin, t 3 . 2 . 1913 Berlin. Nach einer Gärtnerlehre studierte S. Naturwissenschaften, Philosophie und Geschichte in Berlin und ging dann zum Studium des Gartenbaus nach Belgien, Frankreich, England und Holland. Als Vierundzwanzigjähriger übernahm er den seit 1720 bestehenden Familienbetrieb in Berlin, den er zur größten Baumschule Deutschlands ausbaute. Neben der A u f zucht von Alleebäumen, Koniferen und Rosen widmete er
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sich vor allem der Züchtung von Obstbäumen und Beerenobststräuchern. S. führte neue Gehölze ein und legte ein Arboretum mit über 4 0 0 0 Arten und Spielarten an. Er unternahm zahlreiche botanische und dendrologische Forschungsreisen und war Mitbegründer des Deutschen PomologenVereins. S. wurde zum Kgl. Landesökonomierat ernannt.
Späth,
Johann Leonhard, Mathematiker, Physiker, * 11.11. 1759 Augsburg, t 3 1 . 3 . 1842 M ü n c h e n . S., Sohn eines Ladendieners, trat 1775 in das Laboratorium G. F. Brandners in Augsburg ein, das für den Bau physikalischer und astronomischer Geräte berühmt war, und erhielt eine Ausbildung zum Instrumentenbauer. Seit 1785 studierte er Naturwissenschaften in Altdorf, wurde hier 1788 Prof. der Physik und Mathematik, 1795 auch der Forstwissenschaft und befaßte sich mit Fragen der Landvermessung. Nach A u f hebung der Univ. ging S. 1809 als Prof. der Mathematik an das Lyzeum in München, wurde 1824 Mitglied der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften und lehrte seit 1826 als Prof. der Mathematik an der Univ. München. Er veröffentlichte u. a. Geodäsie oder Anweisung zum Feldmessen (2 Bde., 1790), Handbuch der Forstwissenschaft (4 Bde., 1801-05), Über die Entstehung und Ausbildung des Sternenhimmels, oder die Cosmogenie (18159 und Über die Natur der Gase, oder die Gasometrie (1835). S p a e t h , Josef, auch Späth, österr. Gynäkologe, * 13.3. 1823 Bozen, t 2 9 . 3 . 1896 Wien. S., Sohn eines Amtsdieners, studierte seit 1843 Theologie in Brixen, seit 1844 Medizin in Wien, wurde 1849 zum Dr. med., 1850 zum Magister der Geburtshilfe promoviert und erhielt seine Fachausbildung an der Gynäkologischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses. 1850-54 war er Assistent an der dortigen Hebammenklinik und wurde 1851 zum Dr. chir. promoviert. 1853 vertrat S. den Lehrstuhl für Geburtshilfe an der Chirurgenschule in Salzburg, habilitierte sich 1854 für theoretische Geburtshilfe in Wien und vertrat den geburtshilflichen Lehrstuhl an der medizinisch-chirurgischen Josephs-Akademie. Seit 1856 Ordinarius am dort erweiterten Lehrstuhl für Geburtshilfe, Frauen- und Kinderkrankheiten, wurde er 1861 Vorstand der Hebammenklinik und leitete 1873-86 die neugegründete II. Geburtshilflich-Gynäkologische Universitätsklinik; 1 8 7 2 / 7 3 übte er das A m t des Rektors der Univ. Wien aus. 1870-80 war S. Mitglied des Niederösterreichischen Landessanitätsrats, 1881-86 des Obersten Sanitätsrats. Er veröffentlichte u . a . Klinik der Geburtshilfe und Gynäkologie (1855) und Lehrbuch der Geburtshilfe für Hebammen (1869). S. führte 1877 erstmals in Mitteleuropa erfolgreich einen Kaiserschnitt mit gleichzeitiger Entfernung der Gebärmutter durch. CD Ö B L
Spaethen,
Rolf (Carl), Gewerkschaftsfunktionär, * 2 8 . 2 . 1909 Hamburg, t 7 . 3 . 1 9 8 5 Hamburg. Der Kaufmannssohn studierte 1927-32 Rechtswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften und Geschichte in München, Leipzig, Berlin und Hamburg und Schloß sich d e m marxistischen Studentenbund an. Er war Angestellter einer Hamburger Handelsfirma, nahm 1938 sein wirtschaftswissenschaftliches Studium wieder auf und war daneben als Handelslehrer an Privatschulen sowie im Wirtschaftsprüfungsdienst tätig. 1940 zum Kriegsdienst eingezogen, war er nach Kriegsende wieder als Handelslehrer tätig und unterrichtete seit 1947 an der Schule der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG) in Hamburg. 1948 übernahm S. die Leitung der Abteilung Berufsbildung beim DAG-Hauptvorstand, wurde 1951 als Vorstandsmitglied für das Ressort Wirtschaftspolitik in die Geschäftsführung gewählt und hatte 1960-67 den DAG-Vorsitz inne. 1957-62 arbeitete er im Wirtschafts- und Sozialausschuß der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ( E W G ) und der Euratom mit.
Spalatin S p a h n , Carl, s c h w e i z e r . Jurist, Politiker, U n t e r n e h m e r , * 2 5 . 2 . 1863 S c h a f f h a u s e n , t 1 9 . 2 . 1943 S c h a f f h a u s e n . S., S o h n eines B ä c k e r m e i s t e r s , studierte R e c h t s w i s s e n s c h a f ten in L a u s a n n e , H e i d e l b e r g , M ü n c h e n und B e r n . Nach der P r o m o t i o n 1886 in B e r n e r ö f f n e t e er ein A d v o k a t u r b ü r o in S c h a f f h a u s e n , w u r d e e r s t m a l s in d e n G r o ß e n Rat von S c h a f f h a u s e n g e w ä h l t und w a r 1 8 9 4 - 1 9 1 7 Stadtpräsident. Er g e h ö r t e zu den B e g r ü n d e r n der F r e i s i n n i g - d e m o k r a t i s c h e n Partei d e s K a n t o n s S c h a f f h a u s e n . 1900-19 w a r er M i t g l i e d d e s s c h w e i z e r . Nationalrats. 1913 dessen Präsident. I m Ersten Weltkrieg w u r d e S. die L e i t u n g der s c h w e i z e r . N e u t r a l i t ä t s k o m m i s s i o n übertragen. 1907 trat er d e m Verwaltungsrat der S c h w e i z e r i s c h e n I n d u s t r i e g e s e l l s c h a f t bei und w i r k t e 1 9 2 9 - 4 0 als dessen Präsident.
w e i s e nahe. D e r letztere vermittelte i h m 1505 d i e Stelle des P r ä z e p t o r s und B i b l i o t h e k a r s a m Z i s t e r z i e n s e r k l o s t e r G e o r genthal bei G o t h a . E r e m p f i n g d i e niederen Weihen, übern a h m ein P f a r r a m t und w u r d e 1508 Priester. N o c h i m selben J a h r f o l g t e er einer B e r u f u n g als E r z i e h e r an d e n kursächsischen H o f - e i n e E n t s c h e i d u n g , d i e sich als d i e w i c h t i g s t e seines L e b e n s e r w e i s e n sollte.
Spalatin,
Im f ü r s t l i c h e n D i e n s t f ü h r t e er zunächst einzelne, a n s p r u c h s volle A u f t r ä g e aus. Schritt f ü r Schritt trat er d e n R e g i e r e n den näher, bis er im S e p t e m b e r 1516 Sekretär des K u r f ü r s t e n —> Friedrich III., d e s Weisen, w u r d e und d a m i t e i n e Stellung erlangte, in d e r i h m m a ß g e b l i c h e r E i n f l u ß auf d e n Fürsten und dessen religiöse u n d p o l i t i s c h e O r i e n t i e r u n g in dieser Umbruchszeit zuwuchs. Zuständig für Kirche und Universität, begleitete er Friedrich seit 1518 auf allen R e i s e n zu R e i c h s t a g e n und s o n s t i g e n V e r s a m m l u n g e n auf R e i c h s e b e n e , v e r s c h a f f t e i h m d u r c h Ü b e r s e t z u n g e n Z u g a n g zu d e n K o n troversen der Zeit und w u r d e sein R a t g e b e r u n d Seelsorger, seit 1522 im A m t e i n e s H o f k a p l a n s und H o f p r e d i g e r s . M i t M a r t i n —>Luther w a r S. seit d e r J a h r e s w e n d e 1 5 1 3 / 1 4 näher b e k a n n t ; bald e n t w i c k e l t e sich ein l e b h a f t e r A u s t a u s c h mit d i e s e m , und er w u r d e zu d e s s e n S c h ü l e r . D a s hatte zur Folge, d a ß er a u c h den K u r f ü r s t e n zu vorsichtiger S y m p a t h i e f ü r den R e f o r m a t o r und s e i n e A n l i e g e n und Z i e l s e t z u n g e n zu g e w i n n e n v e r m o c h t e ; als Vermittler z w i s c h e n K u r f ü r s t und L u t h e r w a r S. an der G r u n d l e g u n g der k u r s ä c h s i s c h e n R e f o r m a t i o n s p o l i t i k , d i e auf den S c h u t z der n e u e n L e h r e und ihrer P r o t a g o n i s t e n gerichtet war, beteiligt. N a c h d e m Tod Friedrichs d e s Weisen 1525 schied S. aus d e m H o f d i e n s t aus, heiratete und w u r d e f ü r d i e beiden letzten J a h r z e h n t e seines L e b e n s P f a r r e r an St. B a r t h o l o m a e i in A l t e n b u r g (seit 1528 S u p e r i n t e n d e n t ) . J e d o c h z o g e n ihn die sächsischen K u r f ü r s t e n auch weiterhin zu vielen R e i c h s v e r h a n d l u n g e n , T a g u n g e n d e s S c h m a l k a l d i s c h e n B u n d e s und ä h n l i c h e m s o w i e z u m organisatorischen A u f b a u des n e u e n K i r c h e n w e s e n s hinzu. O b g l e i c h o h n e e i g e n s t ä n d i g e theolog i s c h e K o n z e p t i o n und n i e m a l s in der vordersten R e i h e der A k t e u r e , d ü r f t e S. g l e i c h w o h l zu d e n w i r k u n g s r e i c h s t e n Kirc h e n p o l i t i k e r n in der ersten G e n e r a t i o n d e s P r o t e s t a n t i s m u s g e h ö r e n . Er war einer der w i c h t i g s t e n F ö r d e r e r L u t h e r s , von d e m nicht w e n i g e r als 4 2 7 B r i e f e an S. erhalten sind, stand aber a u c h mit vielen a n d e r e n R e f o r m a t o r e n und H u m a n i s t e n in K o r r e s p o n d e n z . Von seinen u m f a n g r e i c h e n historiographischen W e r k e n , an d e n e n er i m A u f t r a g und z u m R u h m des wettinischen H e r r s c h e r h a u s e s lebenslang arbeitete, erschien nur w e n i g e s zu seinen L e b z e i t e n im D r u c k . WERKE: Etliche C h r i s t l i c h e gebett vnd v n d e r w e i s u n g . A u g s burg 1522. - Etlich kurtz Vertröstung, w o es mit d e m sterben vber h a n d t n y m b t . E r f u r t 1530. - V i e r z e h e n v r s a c h e n d i e billich y e d e r m a n b e w e g e n sollen, den E h e s t a n d lieb v n d hoch z u h a b e n vnd achten. E r f u r t 1531. - Ein g e t r e w Vnterricht aus G o t t e s wort von a l l e m d e m , w a s ein Christen m e n s c h wissen sol. Z w i c k a u 1533.
E r f u r t e r H u m a n i s m u s und stand dessen R e p r ä s e n t a n t e n Nik o l a u s —> M a r s c h a l k und C o n r a d u s —>Mutianus R u f u s zeit-
LITERATUR: H a n s Volz: B i b l i o g r a p h i e der i m 16. J a h r h u n dert e r s c h i e n e n e n S c h r i f t e n G . S.s. In: Z e i t s c h r i f t f ü r Bib l i o t h e k s w e s e n und B i b l i o g r a p h i e 5 ( 1 9 5 8 ) S. 8 3 - 1 1 9 . V D 16, S 7 4 0 1 - 7 4 4 6 . - I r m g a r d H ö ß : G. S. 1484-1545. Ein L e b e n in der Zeit d e s H u m a n i s m u s und d e r R e f o r m a tion. W e i m a r 1956, 2 1 9 8 9 (Lit.). - Dies.: G . S. In: F r ä n k i sche L e b e n s b i l d e r . B d . 8. Hrsg. v. G e r h a r d P f e i f f e r u n d Alf r e d W e n d e h o r s t . N e u s t a d t / A i s c h 1978, S. 35-50. - Rainer H a m b r e c h t / H e l m a r J u n g h a n s : E i n t r a g u n g e n in k u r s ä c h sischen R e c h n u n g s b ü c h e r n zu W i t t e n b e r g e r R e f o r m a t o r e n und G . S. In: L u t h e r - J a h r b u c h 5 5 (1988) S. 102-117; 5 6 (1989) S. 6 8 - 1 2 9 . - I r m g a r d H ö ß : D a s J u g e n d b i l d n i s G. S.s von L u c a s C r a n a c h d. Α. 1509. In: Archiv f ü r R e f o r m a t i o n s g e s c h i c h t e 87 (1996) S. 4 0 0 - 4 0 4 . - H e l m a r J u n g h a n s : S., G . In: T R E , B d . 31, 2 0 0 0 , S. 6 0 5 - 6 0 7 . - M i c h a e l B e y e r : S „ G . In: R G G 4 , B d . 7, 2 0 0 4 , S p . 1533 f. Bernd Moeller
S p a h n , M a r t i n , Historiker, Politiker, * 7 . 3 . 1 8 7 5 M a r i e n burg ( W e s t p r e u ß e n ) , t 1 2 . 5 . 1945 S e e w a l c h e n (Oberösterreich). D e r S o h n Peter - > S . s studierte seit 1892 G e s c h i c h t e in B o n n , I n n s b r u c k und Berlin, w o er 1895 z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t w u r d e und sich 1898 habilitierte. 1901 w u r d e S. a. o . P r o f . in B o n n , erhielt i m selben J a h r einen R u f auf e i n e k o n f e s s i o n e l l g e b u n d e n e P r o f e s s u r nach S t r a ß b u r g , w a s zu Protesten f ü h r t e („Fall S p a h n " ) , und w u r d e dort 1908 M i t glied des G e m e i n d e r a t s , 1912 Vorsitzender der Z e n t r u m s fraktion. 1910-12 war er f ü r d i e Z e n t r u m s p a r t e i R e i c h s t a g s abgeordneter. 1920-40 hatte S. d e n L e h r s t u h l f ü r Mittelalterliche u n d n e u e r e G e s c h i c h t e s o w i e Z e i t u n g s w e s e n an der U n i v . K ö l n inne. 1920 w u r d e unter seiner L e i t u n g d a s „Politische K o l l e g " , ein S a m m e l p u n k t n e u k o n s e r v a t i v e r K r ä f t e , in Berlin e r ö f f n e t . 1924-35 w a r S. e r n e u t M i t g l i e d d e s R e i c h s t a g s , z u n ä c h s t f ü r d i e D e u t s c h n a t i o n a l e Volkspartei, d e r er seit 1921 a n g e h ö r t e , seit 1933 f ü r d i e N S D A P . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Bismarck ( 1 9 1 5 , s 1 9 2 5 ) und Für den Reichsgedanken. Historisch-politische Aufsätze 1915-34 (1936). m Historikerlex
Spahn,
P e t e r (Joseph), Jurist, Politiker, * 2 2 . 5 . 1846 W i n kel ( R h e i n g a u ) , I 1 . 9 . 1 9 2 5 B a d W i l d u n g e n . N a c h d e m S t u d i u m der R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n w u r d e S. 1874 A m t s r i c h t e r in M a r i e n b u r g ( W e s t p r e u ß e n ) , 1888 L a n d r i c h ter in B o n n , 1892 O b e r l a n d e s g e r i c h t s r a t in P o s e n u n d 1896 K a m m e r g e r i c h t s r a t in Berlin. Seit 1898 Reichsgerichtsrat, w u r d e er 1905 O b e r l a n d e s g e r i c h t s p r ä s i d e n t in Kiel, 1910 in F r a n k f u r t / M a i n . F ü r d a s Z e n t r u m g e h ö r t e S. 1882-88, 1891-98 und 1904-08 d e m preuß. A b g e o r d n e t e n h a u s und 1884-1917 d e m D e u t s c h e n R e i c h s t a g an und w a r seit 1912 F r a k t i o n s f ü h r e r . 1 9 1 7 / 1 8 preuß. Justizminister, w u r d e er 1919 M i t g l i e d der N a t i o n a l v e r s a m m l u n g und 1920 d e s R e i c h s t a g s . A l s Vertreter d e s b ü r g e r l i c h - k o n s e r v a t i v e n F l ü g e l s des Z e n t r u m s w a r er e i n e der kath. Führergestalten seiner Zeit. S. w a r der Vater von M a r t i n —>S. m
A l t p r e u ß Biogr, B d 5
G e o r g , eigentl. G . B u r c k h a r d t , R e f o r m a t o r , * 1 7 . 1 . 1484 Spalt bei N ü r n b e r g , t 1 6 . 1 . 1 5 4 5 A l t e n b u r g . D e r (illegitime) S o h n eines G e r b e r s w a r L a t e i n s c h ü l e r in N ü r n b e r g , b e v o r er 1498 ein S t u d i u m der Artes in E r f u r t beg a n n u n d seit 1502 in Wittenberg fortsetzte. A n der neuen H o c h s c h u l e zählte er bei seiner P r o m o t i o n z u m M a g i s t e r 1503 zu d e n ersten G r a d u i e r ten. Sein a n s c h l i e ß e n d e s Stud i u m der R e c h t e b e e n d e t e er o h n e weitere A b s c h l ü s s e . S. erf u h r seine P r ä g u n g d u r c h den
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Spalding Spalding, J o h a n n J o a c h i m , e v a n g . T h e o l o g e , * 1. 11. 1714 Tribsees ( S c h w e d i s c h - P o m m e r n ) , t 2 2 . 5 . 1804 Berlin. S. studierte his 1734 P h i l o s o p h i e , S p r a c h e n und T h e o l o g i e in R o s t o c k und G r e i f s w a l d , war d a n n als H a u s l e h r e r tätig und w u r d e 1736 in R o s t o c k p r o m o v i e r t . Seit 1735 H i l f s p r e d i g e r in Tribsees, w u r d e er 1745 G e s a n d t s c h a f t s s e k r e t ä r in Berlin, kehrte 1747 nach Tribsees zurück, erhielt 1749 d a s Pastorat in L a s s a n und 1757 e i n e Predigerstelle in B a r t h . 1764 k a m S. als Propst u n d O b e r k o n s i s t o r i a l r a t nach Berlin und w i r k t e dort als e i n f l u ß r e i c h e r P r e d i g e r an St. Nicolai und St. M a r i e n . N a c h d e m W ö l l n e r s c h e n R e l i g i o n s e d i k t 1788 legte er sein A m t nieder. B e e i n f l u ß t von der P h i l o s o p h i e Christian —»Wolffs, der e n g l i s c h e n Antideisten, von J o s e p h Butler und Anthony Ashley Cooper Shaftesbury, entstanden bei S. Z w e i f e l an der O r t h o d o x i e , die ihn zu a u f k l ä r e r i s c h e n und m o r a l i s c h e n S t a n d p u n k t e n f ü h r t e n . E r war ein H a u p t v e r treter der N e o l o g i e . B e k a n n t w u r d e er durch seinen K a m p f g e g e n Julien O f f r a y d e —> L a M e t t r i e u n d dessen Materialism u s ( u . a . in Die Bestimmung des Menschen, 1748, 1 1 1794, N e u a u s g . 2 0 0 6 ) . Z u d e n V e r ö f f e n t l i c h u n g e n S.s zählen Gedanken über den Werth der Gefühle in dem Christenthume ( 1 7 6 1 ) und Die Religion, eine Angelegenheit des Menschen ( 1 7 9 7 , J 1 7 9 9 ) . 1804 erschien S.s Lebensbeschreibung, hera u s g e g e b e n von s e i n e m S o h n G e o r g L u d w i g S. CD T R E Spallart,
J o h a n n e s von, a u c h H a n s von S., S c h a u s p i e l e r , Schriftsteller, * 1 2 . 1 2 . 1 9 0 0 Wien, t 1 2 . 3 . 1985 Zürich. N a c h e i n e m S t u d i u m an der E c o l e d ' i n g e n i e u r s in L a u s a n n e w a r S. u . a . als Z e i t u n g s r e p o r t e r tätig, n a h m S c h a u spielunterricht bei S a r e p h i n e —> Detschy u n d erhielt 1923 ein E n g a g e m e n t als E l e v e a m W ü r t t e m b e r g i s c h e n L a n d e s t h e a ter in Stuttgart. 1924-26 w a r er a m S c h a u s p i e l h a u s Zürich, nach einer T ä t i g k e i t b e i m T o u r n e e t h e a t e r „ P o n s " in W i e n 1927-29 a m Stadttheater in L u z e r n engagiert und g i n g 1929 nach Berlin. N a c h Stationen in H a r b u r g - W i l h e l m s b u r g , A u s sig und C o t t b u s w a r S. 1 9 3 4 / 3 5 Oberspielleiter a m D e u t schen S c h a u s p i e l in Riga, 1 9 3 5 / 3 6 Spielleiter und S c h a u spieler a m Stadttheater G i e ß e n , 1936-38 a m H e s s i s c h e n L a n destheater in D a r m s t a d t u n d 1938-41 an d e n Städtischen B ü h n e n Freiburg. Seit 1941 w i e d e r in Berlin, w u r d e er 1944 zur L u f t w a f f e e i n g e z o g e n . 1945-56 war S. S c h a u s p i e ler und R e g i s s e u r a m S t ä d t e b u n d t h e a t e r B i e l - S o l o t h u r n und trat 1959-61 a m B e r n e r Ateliertheater auf. 1962-67 war er M i t g l i e d d e s Z ü r c h e r S c h a u s p i e l h a u s e s . S. schrieb K u r z g e schichten, B ü h n e n s t ü c k e (u. a. Tinten-Spritzer, 1942) und Essays; 1965 erschien sein astrologisches B u c h Tierkreis und Schöpfung. CD S c h w e i z T h e a t e r
Spalteholz,
(Karl) Werner, A n a t o m , * 2 7 . 2 . 1 8 6 1 D r e s d e n , t 1 2 . 1 . 1940 L e i p z i g . Der K a u f m a n n s s o h n Schloß das M e d i z i n s t u d i u m in L e i p z i g 1886 mit d e r P r o m o t i o n ab, w a r A s s i s t e n t C h r i s t i a n W i l h e l m —> B r a u n e s a m L e i p z i g e r A n a t o m i s c h e n Institut u n d habilitierte sich 1891 f ü r A n a t o m i e . 1892 w u r d e er K u s t o s der A n a t o m i s c h e n S a m m l u n g e n und a. o . P r o f . , 1905 erster Prosektor und w a r 1912-29 p l a n m ä ß i g e r a. o. Prof. der A n a t o m i e in L e i p z i g . B e k a n n t w u r d e S. vor a l l e m durch sein Verfahren zur H e r s t e l l u n g d u r c h s i c h t i g e r a n a t o m i s c h e r ( m e n s c h l i cher und tierischer) Präparate. E r v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Handatlas der Anatomie des Menschen (3 B d e . , 1895-1903; a b der 15. Aufl. 1 9 5 3 / 5 4 hrsg. u n d bearb. von R u d o l f —»Spanner), Mikroskopie und Mikrochemie ( 1 9 0 4 ) u n d Die Arterien der Herzwand (1924). S p a m e r , A d o l f (Karl E m i l G u s t a v ) , G e r m a n i s t , Volkskundler, * 1 0 . 4 . 1883 M a i n z , f 2 0 . 6 . 1953 D r e s d e n . S., S o h n von Carl —>S., studierte seit 1902 G e r m a n i stik in F r e i b u r g / B r e i s g a u , Berlin und G i e ß e n , w u r d e 1913 z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t (Über die Zersetzung und Vererbung in deutschen Mystikertexten, g e d r u c k t 1910) und
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w a r 1 9 0 8 - 2 0 Leiter des A r c h i v s f ü r V o l k s k u n d e b e i m L a n desverein f ü r bayerischen H e i m a t s c h u t z in M ü n c h e n . 1914 w u r d e er M i t h e r a u s g e b e r d e r „ B a y e r i s c h e n H e f t e f ü r Volksk u n d e " . 1921 habilitierte er sich in F r a n k f u r t / M a i n , g i n g 1926 als a. o. Prof. der D e u t s c h e n P h i l o l o g i e u n d V o l k s k u n d e an d i e T H D r e s d e n , lehrte 1936-45 als O r d i n a r i u s in Berlin und k e h r t e 1947 als o . P r o f . f ü r Ä l t e r e g e r m a n i s c h e Philolog i e u n d Direktor des K u n s t h i s t o r i s c h e n Instituts an die T H D r e s d e n z u r ü c k . S. war M i t g l i e d der D e u t s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n zu Berlin. Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Das kleine Andachtsbild vom XIV. bis zu XX. Jahrhundert (1930, N a c h d r . 1980), Die Tätowierung in deutschen Hafenstädten ( 1 9 3 4 , 1993 neu hrsg. von M a r k u s E b e r w e i n ) und Die Deutsche Volkskunde (2 B d e . , 1934, 2 1 9 3 5 ) . m IGL S p a m e r , Carl, Psychiater, L a r y n g o l o g e , * 4. 11. 1842 G i e ß e n , t 18.5. 1891 D a r m s t a d t . D e r S o h n eines V e r w a l t u n g s b e a m t e n studierte seit 1860 M e dizin in G i e ß e n , trat 1866 als Militärarzt in d i e A r m e e ein und w u r d e nach d e m Krieg von 1866 Hilfsarzt an der hessischen Irrenanstalt in H o f h e i m . S. w a n d t e sich d a n n an d e n Universitäten Berlin und W i e n n e u r o l o g i s c h e n und laryng o l o g i s c h e n S t u d i e n zu, war als praktischer A r z t und als S c h i f f s a r z t tätig u n d habilitierte sich 1876 in G i e ß e n f ü r P s y c h i a t r i e und L a r y n g o l o g i e ( Ü b e r Aphasie und Asymbolie). E n d e der siebziger J a h r e trat er in den Sanitätsdienst d e s G r o ß h e r z o g t u m s H e s s e n und w u r d e 1881 Kreisarzt in M a i n z , 1886 in L a u t e r b a c h und später in B i n g e n . S. v e r ö f fentlichte u. a. Physiologie der Seele (1877). S. w a r der Vater von A d o l f —»S. CD Kreuter
Span, Sebastian, B e a m t e r , Schriftsteller, * 2 5 . 1 . 1 5 7 1 T i r s c h e n r e u t h ( O b e r p f a l z ) , t 24. 1 1 . 1 6 4 0 Graslitz. S., S o h n d e s T i r s c h e n r e u t h e r B ü r g e r m e i s t e r s M a t h i a s S., studierte 1590 an d e r U n i v . Jena, w u r d e 1594 H a u s l e h r e r und ü b e r n a h m 1605 das S y n d i k a t der kaiserlich freien Bergstadt S c h l a g g e n w a l d . 1607 w u r d e er A m t m a n n , f ö r d e r t e das e v a n g . U n t e r r i c h t s w e s e n , v e r f a ß t e im A u f t r a g des S e n a t s 1616 e i n e S t a d t o r d n u n g , u n t e r n a h m zahlreiche R e i s e n an den kaiserlichen H o f u n d w u r d e 1621 B ü r g e r m e i s t e r . A l s R e l i g i o n s f l ü c h t l i n g war er 1626-38 s c h ö n b u r g i s c h e r A m t m a n n , z u n ä c h s t in Graslitz, d a n n in Hartenstein. S. schrieb ein Geistliches Erbauungsbuch für Bergleute (1625). 1628 stellte er im M a n u s k r i p t e i n e S a m m l u n g der wichtigsten B e r g r e c h t s o r d n u n g e n z u s a m m e n , d i e in B ö h m e n und Sachsen G e l t u n g hatten ( S p e c u l u m Juris Metallici oder Berg Rechts Spiegel, p o s t u m 1698). m DLL Spangenberg,
A u g u s t Gottlieb, B i s c h o f der H e r r n h u t e r B r ü d e r g e m e i n e , * 1 5 . 7 . 1 7 0 4 Klettenberg bei N o r d h a u s e n / Harz, f 1 8 . 9 . 1 7 9 2 Berthelsdorf bei L ö b a u (Oberlausitz). D e r P f a r r e r s s o h n studierte seit 1722 T h e o l o g i e in Jena, w o er 1730 den G r a d eines M a g i s t e r s e r w a r b , k a m im H a u s e Johann F r a n z - » B u d d e u s ' mit pietistischen Kreisen und 1727 mit H e r r n h u t e r n in V e r b i n d u n g u n d w u r d e 1732 A d j u n k t der T h e o l o g i s c h e n Fakultät in Halle. N a c h seiner A u s w e i sung w e g e n seiner B e z i e h u n g e n zu H e r r n h u t und N i k o l a u s L u d w i g Graf von —»Zinzendorf 1733 trat S. i m selben J a h r der B r ü d e r u n i t ä t bei u n d ging 1735 zur O r g a n i s a t i o n der M i s s i o n s a r b e i t nach N o r d a m e r i k a . 1741-43 wirkte er vor allem in E n g l a n d b e i m A u f b a u einer H i l f s g e s e l l s c h a f t f ü r die B r ü d e r m i s s i o n , w u r d e 1744 z u m B i s c h o f e r n a n n t und mit der L e i t u n g d e s a m e r i k a n i s c h e n P r o j e k t s betraut. S. blieb bis 1762 in A m e r i k a , w o er m e h r e r e B r ü d e r k o l o n i e n a u f b a u t e , und g e h ö r t e n a c h seiner R ü c k k e h r d e m leitenden G r e m i u m der B r ü d e r u n i t ä t an, d e r e n b e d e u t e n d s t e r A p o l o g e t er war. In s e i n e m B u c h Idea fidei fratrum ( 1 7 7 9 ) f a ß t e er die L e h r e der B r ü d e r z u s a m m e n . N a c h Z i n z e n d o r f s T o d n a h m S. e i n e F ü h r u n g s p o s i t i o n in der Unität ein. CD B B K L
Spangenberg Spangenberg,
Berthold, Pseud. Jörg Junker, Verleger, * 17.5. 1916 Dresden, t 16.1. 1986 München. Nach d e m Studium der Wirtschafts- und Naturwissenschaften an den Universitäten Lausanne und München war S. als Diplom-Chemiker in Industrie und Forschung, 1 9 4 5 / 4 6 als Berater der Amerikanischen Militärregierung f ü r das Presseund Verlagswesen tätig. 1946 gründete er die Nymphenburger Verlagshandlung mit den Zeitschriften „Der R u f , „Deutsche Beiträge" und „Münchner Tagebuch"; die erste Buchveröffentlichung war Das Urteil von Nürnberg. Zum Programm des Verlags gehörten Literatur der Emigration und des Inneren Widerstands, Zeitgeschichte und Politische Literatur, m o d e r n e deutsche und ausländische Belletristik. S. war der Verleger von Klaus - » M a n n , betreute das Gesamtwerk Alfred —»Kubins und verlegte die erste große, m o d e r n e - » F o n t a n e - G e s a m t a u s g a b e . Er war Mitbegründer des Deutschen Taschenbuchverlags und kaufte 1967 den Ellermann Verlag, den er bis zu seinem Tod führte. 1974 verkaufte er die Nymphenburger Verlagshandlung. S. war Mitbegründer der Verwertungsgesellschaft Wort, 1958-65 Mitglied von deren Präsidium und Vorstand, Sachverständiger für die Urheberrechtsreform 1965, 1966 Vorstand des Verbandes Schöngeistiger und Wissenschaftlicher Verleger, 1970-76 dessen Vorsitzender. S. trat auch als Übersetzer und Herausgeber hervor und veröffentlichte Werke auf d e m Gebiet der Kulturgeschichte, des Verlagswesens und des Urheberrechts. S. war Schwiegersohn von Edgar Julius —»Jung. S p a n g e n b e r g , Christa, geb. Jung, Verlegerin, * 3 0 . 5 . 1928 München, t 1 8 . 9 . 2 0 0 3 München. S., Tochter des Rechtsanwalts Edgar —»Jung, heiratete 1946 Berthold —»S., der im selben Jahr die Nymphenburger Verlagshandlung in M ü n c h e n gründete und u. a. die Zeitschrift „Der R u f verlegte. 1960 trat S. in die Verlagsleitung ein und war vor allem in der Presseabteilung und im Sachbuchlektorat tätig. 1967 übernahm sie die Leitung des Eilermann Verlags, den sie zu einem führenden Bilderbuchverlag ausbaute. 1974 wurde die Nymphenburger Verlagshandlung an die Langen-Müller-Gruppe verkauft und im selben Jahr die Edition Spangenberg im Ellermann Verlag gegründet, vor allem u m die Verlagsrechte von Klaus —»Mann und Alfred —> Kubin weiter zu pflegen. Nach d e m Tod ihres Mannes 1986 übernahm S. die alleinige Leitung des Ellermann Verlags, den sie 1992 an den Kösel Verlag verkaufte. Im selben Jahr wurde sie Präsidentin der Internationalen Jugendbibliothek, deren Kuratorium sie seit 1980 angehörte. S. gelang die R e f o r m der Bibliothek und die Errichtung der Stiftung Internationale Jugendbibliothek, und sie übernahm den Vorsitz im Stiftungsvorstand. Sie engagierte sich im Beirat und Vorstand der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen und war viele Jahre Mitglied des Verlegerausschusses des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Als Kinderbuchautorin veröffentlichte sie u. a. Die grüne Uhr. Das Jahr der Blumen, Sträucher und Bäume (1974) und ABC für kleine Gärtner (1991).
Spangenberg,
Cyriacus, Pseud. Candidus Sylvester, luth. Theologe, Historiker, * 7 . 6 . 1528 Nordhausen, t 10.2. 1604 Straßburg. Der Sohn Johannes —»S.s studierte seit 1542 Theologie in Wittenberg, w o er 1550 den Grad eines Magisters erwarb, wurde Prediger in Eisleben und 1559 Generaldekan der Grafschaft Mansfeld. Wegen theologischer Streitigkeiten mußte S. 1574 sein A m t aufgeben und übernahm nach Aufenthalten in Sangerhausen und Straßburg 1581 die Pfarrstelle im oberhessischen Schlitz. Nach seiner erneuten Entlassung 1590 kehrte er nach Straßburg zurück. Neben theologischen Streitschriften im Erbsündestreit, kontroverstheologischen Traktaten und Predigten verfaßte S. historische Werke (Mansfeidische Chronica, 1572; Sächsische Chronica, 1585; Adels
Spiegel, 2 Tie., 1591-94), geistliche Dramen und die der 1597 neugegründeten Straßburger Meistersingergesellschaft gewidmete Schrift Von der Edlen und Hochberüembden Kunst der Musica (1598), die als Höhepunkt meistersängerischer Literaturgeschichtsschreibung gilt. Er war der Vater von Wolfhart —»S. m Killy
Spangenberg,
Dietrich, Politiker, * 2 5 . 6 . 1 9 2 2 D ö m i t z / Elbe, t 3 . 8 . 1 9 9 0 Berlin. S. begann 1942 das Medizinstudium in Greifswald, wurde im selben Jahr zum Kriegsdienst eingezogen und im Zus a m m e n h a n g mit d e m Attentat auf —»Hitler am 2 0 . 7 . 1944 in das berüchtigte Strafbataillon 999 überstellt. Nach der Rückkehr aus russischer Gefangenschaft nahm er 1947 sein Studium in Ostberlin wieder auf, Schloß sich der S P D an und ging 1948 nach Westberlin, wo er dem Gründungskomitee der Freien Univ. angehörte. S. brach das Studium ab, war 1950-58 Geschäftsführer des Amtes für Gesamtdeutsche Studentenfragen des Verbandes Deutscher Studentenschaften und leitete 1958-63 das Bundesbüro für politische Erziehung. 1963 wurde er Chef der Senatskanzlei, 1967 Senator für Bundesangelegenheiten und Bevollmächtigter des Landes Berlin beim Bund, 1969 Staatssekretär im Bundespräsidialamt in Bonn, 1974 Bevollmächtigter der Bundesregierung in Berlin und war 1977-82 Staatssekretär im B u n desministerium für innerdeutsche Beziehungen. S p a n g e n b e r g , Georg August, Mediziner, Militärarzt, * 10. 12. 1779 Bützow, ΐ 8 . 7 . 1 8 3 7 Albano bei R o m . S., Sohn eines Mediziners und Kanzleirats, studierte Medizin in Göttingen und Würzburg, wurde 1801 promoviert (Commentatio medica sistens historiam febris intermittentis malignae, quae anno MDCCC), unternahm eine Studienreise nach Paris und praktizierte in Braunschweig. 1803 wurde er ordentlicher Assessor am dortigen Obersanitätskollegium, lehrte später als Prof. am anatomisch-chirurgischen Lyzeum und war seit 1808 Leibarzt der Königin in Kassel. 1807 wurde S. Chef des Central-Militär-Hospitals, war Arzt an der kgl. Militärschule und praktizierte nach den Befreiungskriegen in Hamburg. Er veröffentlichte u. a. Neue theoretisch-praktische Darstellungen der Blutflüsse in medizinischer Hinsicht (1805). S. war der Vater von Louis und Gustav Adolph - » S .
Spangenberg,
Gustav, Jurist, * 1 0 . 3 . 1 8 8 4 D ö m i t z / E l b e , t 10. 12. 1972 Schwerin. Nach d e m Studium der Rechtswissenschaften war S. 1914-22 als Staatsanwalt tätig und wurde 1922 Amtsgerichtsrat in Schwerin. 1934-45 war er juristischer Berater des Bruderrats der Bekennenden Kirche in Mecklenburg, 1946-59 Präsident des Oberkirchenrats der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und Vorsitzender des Landesvereins für Innere Mission in Mecklenburg. S p a n g e n b e r g , Gustav Adolph, Maler, * 1 . 2 . 1 8 2 8 Hamburg, t 19. 11.1891 Berlin. Der Sohn Georg August —»S.s und Bruder Louis - » S . s war Schüler Hermann —»Kauffmanns, setzte seine Ausbildung 1849-51 in Antwerpen, 1851-57 als Meisterschüler T h o m a s Coutures in Paris fort und ließ sich nach einem Aufenthalt in R o m ( 1 8 5 7 / 5 8 ) als freischaffender Maler und Bildhauer in Berlin nieder. Seit 1869 unterrichtete S. an der dortigen Akademie. S. schuf vorwiegend Historiengemälde, u . a . Zug des Todes (1869). Berühmt wurden seine Fresken im Treppenhaus der Univ. Halle (1883-88).
Spangenberg,
Heinrich, Musikpädagoge, Komponist, * 2 4 . 5 . 1861 Darmstadt, t 2 7 . 9 . 1925 Darmstadt. Seine musikalische Ausbildung erhielt S. am Hochschen Konservatorium in F r a n k f u r t / M a i n sowie in Moskau und Wien. Er konzertierte einige Jahre als Pianist und wurde
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Spangenberg 1884 Musikdirektor am Mainzer Stadttheater sowie Lehrer am dortigen Konservatorium. Seit 1886 unterrichtete er am Freudenbergschen Konservatorium in Wiesbaden, dirigierte hier seit 1888 auch den Lehrergesangverein und gründete ein eigenes Konservatorium, das er 1888-1914 leitete. S. komponierte vorwiegend Männerchöre sowie die Oper Korsische Hochzeit (1904) und das Singspiel Sah ein Knab ein Röslein slehn (1917).
Spangenberg,
(Julius) Heinrich, Bauingenieur, * 5. 1. 1879 Pirna (Sachsen), t 3 0 . 4 . 1 9 3 6 München. Das Studium des Bauingenieurwesens an der T H Dresden Schloß S., Sohn eines Baurats, 1902 als Diplom-Ingenieur ab, war bis 1905 im sächsischen Staatsdienst tätig und wurde 1907 Direktor der Firma Dyckerhoff & Widmann in Karlsruhe. 1914-20 war er Direktor des gleichen Unternehmens in Dresden, seit 1920 o. Prof. der Ingenieurwissenschaften und Vorstand des bautechnischen Labors der T H M ü n c h e n . S. errichtete u. a. die Donaubrücke in Ulm, die Neckarbrücke in Stuttgart sowie zahlreiche Industriebauten in Mitteldeutschland. Er veröffentlichte u. a. Die Entwürfe für weitgespannte Gewölbe bei dem Wettbewerb Moselbrücke Koblenz (1928).
Spangenberg,
Johannes, auch Hardesius, Hardesianus, Herdesianus, luth. Theologe, * 2 9 . 3 . 1 4 8 4 Hardegsen bei Hannover, f 13.6. 1550 Eisleben. S. studierte seit 1508 in Erfurt, gehörte dem Dichterkreis um Helius Eobanus —»Hessus an und erlangte 1511 den Grad eines Baccalaureus, später den eines Magisters. Er übernahm u m 1520 die Leitung der Lateinschule in S t o l b e r g / H a r z und war 1524-46 Pfarrer an St. Blasii in Nordhausen. S. spielte eine maßgebliche Rolle bei der Durchsetzung der R e f o r m a tion im Südharz nach d e m Bauernkrieg und bemühte sich intensiv um eine Verbesserung des Schulwesens. 1546 folgte er einem Ruf nach Eisleben und hatte hier als Generalinspektor die Aufsicht über die Kirchen und Schulen der Grafschaft Mansfeld. 1544 erschien die Postille [...] Für die jungen Christen, Knaben und Meidlein, inn Fragestücke verfaßt mit einem Vorwort von —»Luther. S. war der Vater von Cyriacus —>S. CO B B K L
Spangenberg, Johannes, Augustinereremit, später luth. Theologe, * vor 1498, f nach 1530. S. trat um 1498 in das Augustinereremiten-Kloster Eschwege ein, wo er 1503 Lesemeister, 1505 Magister wurde. Er hielt sich mehrere M a l e in Wittenberg auf, studierte dort seit 1508 zusammen mit —»Luther und wurde 1509 Baccalaureus biblicus, 1510 Sententiarius, 1511 Lizentiat und Doktor der Theologie. 1516-18 lehrte S. am Generalstudium des Ordens in Köln, 1518-23 war er Prior in Eschwege. Er war maßgeblich an der Leipziger Protestation der Observanten gegen Luthers Lehre 1523 beteiligt und wurde im selben Jahr auf d e m Ordenskonvent zu Mühlheim zum Ordensvikar gewählt. In seinen Bemühungen, den Niedergang des Ordens aufzuhalten, hielt er sich u . a . 1524 in Köln, 1527 in Eschwege und Erfurt auf, legte jedoch 1529 sein A m t nieder. Er schrieb Vom Fegefeuer [...] (1525). CD N D B S p a n g e n b e r g , Kurt (Friedrich), Mineraloge, * 1.4. 1889 Weida (Thüringen), t 2 5 . 1 . 1957 H e g g e n / O l p e . S„ Sohn eines Lehrers, studierte Mineralogie in Jena, wurde 1913 mit der Dissertation Die künstliche Darstellung des Dolomits promoviert, war seit 1909 Hilfsassistent am dortigen Mineralogischen Institut und ging 1913 als planmäßiger Assistent an das Mineralogische Institut der Univ. München. 1920 habilitierte er sich in Jena mit der Arbeit Einige Anwendungen und Erweiterungen der Einbettungsmethode, wurde dort 1922 a. o. Prof., 1924 o. Prof. und Direktor des Mineralogisch-Petrographischen Instituts in Kiel, lehrte 1929-45 in gleicher Eigenschaft an der T H Breslau und
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übernahm nach d e m Zweiten Weltkrieg einen Lehrauftrag in Tübingen. 1940 wurde S. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . S p a n g e n b e r g , Louis, Maler, * 11.5. 1824 Hamburg, t 17. 10. 1893 Berlin. Der Bruder Gustav Adolph —>S.s studierte Architektur an der Polytechnischen Schule in Karlsruhe und in Berlin und wandte sich 1848 der Architektur- und Landschaftsmalerei zu. 1851-57 lebte S. in Paris, wo er Schüler T h o m a s C o u tures war, hielt sich 1 8 5 7 / 5 8 in R o m und Griechenland auf und ließ sich dann als freischaffender Maler in Berlin nieder. Er schuf u. a. Wandbilder f ü r die T H Charlottenburg und die Berliner Bergakademie.
Spangenberg,
Paul, Maler, * 2 6 . 7 . 1 8 4 3 Güstrow, t 2 2 . 7 . 1918 Berlin. Der Sohn eines Oberlandesgerichtsrats erhielt seine künstlerische Ausbildung an den Akademien in Berlin und Düsseldorf, setzte seine Studien in Paris fort und unternahm Studienreisen nach Spanien und Italien. 1876 ließ sich S. als freischaffender Bildnis- und Genremaler in Berlin nieder. Er war Mitglied des Vereins Berliner Künstler und erhielt vom Großherzog von Mecklenburg-Schwerin den Professorentitel.
Spangenberg,
Wolfhart, Pseud. Lycost(h)enes Psellionoros Andropediacus, Adolph Rose von Creutzheim, Wartolf, Dichter, Meistersinger, * 6 . 1 1 . 1 5 6 7 Mansfeld, t nach 1636 wahrscheinlich B u c h e n b a c h / J a g s t (heute Mulfingen, Hohenlohekreis). Der Sohn Cyriacus —>S.s studierte seit 1586 in Tübingen, erwarb 1591 den Grad eines Magisters und lebte seit spätestens 1595 in Straßburg, w o er literarische Auftragsarbeiten übernahm und als Korrektor für verschiedene Verleger tätig war. 1600 erwarb S. durch Heirat das Bürgerrecht in Straßburg, wurde 1601 in die dortige Meistersingerzunft aufg e n o m m e n und schrieb etwa zwanzig Meisterlieder sowie Arbeiten zur Geschichte und zu den Regularien der Meistersinger (Von der Musica. Singekunst oder Meister Gesang, 1615). Neben Übersetzungen, Gelegenheitsgedichten (Anbind oder Fang-Briefe, 1611, 3 1636) und Schuldramen (Geist und Fleisch, 1608; Mammons Sold, 1614) schuf er die Tierepen GanßKönig (1607) und EselKönig (1625), die seinen literarischen R u h m begründeten. Seit 1611 war S. Pfarrvertreter, seit 1615 Pfarrherr in Buchenbach. CD Killy
Spangler,
Maria Magdalena (Rosalie), verh. Frieberth, österr. Sängerin, * 4 . 9 . 1 7 5 0 Wien, t 29. 8 . 1 7 9 4 Wien. S. war seit 1764 Mitglied des Hoftheaterchors in Wien, dem auch ihr Vater angehörte. 1768 wurde sie durch die Vermittlung Joseph —»Haydns Sängerin in der fürstlich Esterhäzyschen Kapelle in Eisenstadt, wo sie bis 1776 wirkte und mehrmals die Hauptrolle bei Uraufführungen von Haydn-Opern sang. Später kehrte S. nach Wien zurück. • P MGG
Spanheim,
Ezechiel Frh. von, reformierter Theologe, Diplomat, * 7 . 1 2 . 1 6 2 9 Genf, f 7. 12.1710 London. Der Sohn Friedrich —»S.s d . Ä . und Bruder Friedrich —> S.s d. J. studierte Philologie und Theologie in Leiden, erhielt 1651 eine Professur für Eloquenz in Genf und wurde 1652 Mitglied des Großen Rats der Stadt. 1656 wurde S. als Erzieher der Kurprinzen an den Hof des Kurfürsten —> Karl Ludwig von der Pfalz in Heidelberg berufen, betrieb rechts- und staatswissenschaftliche Studien und war seit 1661 mit diplomatischen Missionen betraut. 1664 reiste er nach Italien, wo er sein bekanntestes Werk, die Dissertationes de praesentia et usu numismatum antiquorum verfaßte. Nach dem Friedensschluß von Nimwegen wurde er 1674 kurpfälzischer Gesandter bei König Karl II. von England, kehrte im selben
Spanner Jahr nach Heidelberg zurück und wurde 1678 erneut nach England gesandt. Daneben vertrat S. auch die Interessen des Kurfürsten —»Friedrich Wilhelm von Brandenburg, in dessen Dienst er 1680 trat und Geheimer Rat und a. o. Gesandter am französischen Hof wurde. In den Diensten Kurbrandenburgs hatte S. maßgeblichen Anteil an der Hugenottenpolitik. Als die Beziehungen zwischen Preußen und Frankreich 1689 abgebrochen wurden, kehrte er nach Berlin zurück, leitete die französischen Kolonien in Brandenburg und das 1694 neugeschaffene französische Oberkonsistorium und wurde 1701 in den Freiherrnstand erhoben. Seit 1702 war S. Gesandter am englischen Hof in London. CD B B K L
Spanheim,
Friedrich d. Ä., reformierter Theologe, * 1 . 1 . 1 6 0 0 Amberg (Oberpfalz), t 1 4 . 5 . 1 6 4 9 Leiden. S. begann 1614 das Studium der Philologie, Theologie und Philosophie in Heidelberg, das er 1619 in Genf fortsetzte, jedoch 1620 wegen Geldmangels abbrechen mußte. Er war als Hauslehrer in der Dauphine tätig, kehrte nach einer Reise nach England über Paris nach Genf zurück, wurde 1626 Prof. der Philosophie und übernahm 1631 eine theologische Professur. 1633-37 war er Rektor der Genfer Akademie. 1642 wurde S. in Basel zum Dr. theol. promoviert und war seither Prof. der Theologie in Leiden. Er trat sowohl als orthodoxer T h e o l o g e als auch als Historiker hervor. S. war der Vater von Ezechiel und Friedrich — d . J . CD B B K L
Spanheim,
Friedrich d. J., reformierter Theologe, * 1.5. 1632 Genf, f 1 8 . 5 . 1 7 0 1 Leiden. Der Sohn Friedrich —>S.s d. Ä. und Bruder Ezechiel von —>S.s wurde nach d e m Studium in Leiden 1655 Prof. der Dogmatik in Heidelberg, w o er seit 1658 Vorlesungen über Kontroverstheologie und Moraltheologie hielt. Seit 1660 lehrte S. Neues Testament und wurde 1670 Prof. der Theologie und Kirchengeschichte in Leiden. Er war hier auch Prediger und Vorsteher der Universitätsbibliothek. S. war literarischer Gegner Descartes', H o b b e s ' und Spinozas. Er schrieb u . a . eine Summa historiae ecclesiasticae (1689) und Brevis introductio ad historiam sacram utriusque testamenti ac praecipue Christianum ad annum MDXVIII. inchoata jam reformatione (1694). CD B B K L
Spanier,
Arthur, Bibliothekar, * 1 7 . 1 1 . 1 8 8 9 Magdeburg, t 3 0 . 3 . 1944 Konzentrationslager Bergen-Belsen. Das Studium der Klassischen Philologie und orientalischen Sprachen 1908-13 in Berlin und Freiburg Schloß der Sohn Moritz —»S.s nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1920 in Freiburg mit der Promotion ab. Zunächst im Schuldienst, war er 1919-21 Mitarbeiter an der Akademie für die Wissenschaft des Judentums in Berlin. Seit 1921 an der Preußischen Staatsbibliothek in Berlin tätig, wurde er 1926 Bibliotheksrat und Leiter der Abteilungen Hebraica und Judaica. 1935-38 war S. Dozent an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums. 1938 im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert, emigrierte er 1939 in die Niederlande, wurde 1942 erneut verhaftet und in das Konzentrationslager BergenBelsen verschleppt. S. veröffentlichte u . a . Die Toseftaperiode in der Tannaitischen Literatur (1922, 2 1936) und Die massoretischen Akzente (1927). CD Habermann 1
Spanier,
Moritz, jüdischer Theologe, * 2 . 7 . 1 8 5 3 Wunstorf, t 19.5. 1938 Magdeburg. S. besuchte seit 1867 die jüdische Lehrerbildungsanstalt in Hannover, war 1871-78 Lehrer am dortigen Landesrabbinat und 1878-83 Religionslehrer und Prediger in Solingen, danach in Magdeburg. 1896 wurde er in Bern zum Dr. phil. promoviert. S. war Mitarbeiter verschiedener Zeitschriften und Jahrbücher, u . a . 1907-13 der „Pädagogischen Jahresschau", für die er zahlreiche Artikel über allgemeine und religiöse Fragen des Judentums schrieb. Er veröffentlichte u. a.
Die jüdische Ethik und Herbarts fünf ethische Ideen (1901) und Geschichte der Juden in Magdeburg (1923). S. war der Vater von Arthur - > S . cd MBL
Spankeren,
Friedrich Wilhelm von, Beamter, Politiker, * 2 3 . 7 . 1804 Eupen, t 2 1 . 3 . 1 8 8 6 Bonn. Nach dem Studium der Rechte und der Kameralwissenschaften in Bonn und Berlin wurde S., Sohn eines Superintendenten und Pfarrers, 1825 Auskultator beim Landgericht Aachen, 1826 beim Oberlandesgericht Paderborn, 1829 dort Gerichtsreferendar, 1831 Gerichtsassessor an den Landgerichten in Köln und Trier und war 1 8 3 2 / 3 3 interimistischer Justitiar bei der Regierung in Trier. 1837 wurde er Regierungsrat in Koblenz, 1850 dort Regierungsvizepräsident und war 1854-63 Präsident der Regierung in Arnsberg. S. gehörte seit 1849 der Ersten preuß. K a m m e r an, 1866-73 d e m preuß. Abgeordnetenhaus und war nationalliberales Mitglied des Konstituierenden Reichstags. 1858 erhielt er durch Kabinettsordre die Erlaubnis, sich o h n e Adelsprädikat „von S." zu nennen. DP Wegmann S p a n n , Othmar, österr. Nationalökonom, Philosoph, Soziologe, * 1. 10. 1878 Altmannsdorf (heute zu Wien), t 8 . 7 . 1950 Neustift bei Schlaining (Burgenland). S., Sohn eines Papierfabrikanten, studierte Nationalökonomie, Gesellschaftslehre und Philosophie in Wien, Zürich, Bern und Tübingen, arbeitete nach der Promotion zum Dr. rer. pol. in Tübingen (1903) bei der Zentrale f ü r private Fürsorge in F r a n k f u r t / M a i n und habilitierte sich 1907 für Nationalökonomie und Gesellschaftslehre an der T H Brünn (Wirtschaft und Gesellschaft). Seit 1908 Vizesekretär der Statistischen Zentralkommission f ü r die Leitung der Vorbereitungen für die Volkszählung von 1910 zuständig, wurde er 1909 a. o., 1911 o . P r o f . für Volkswirtschaftslehre und Statistik an der Univ. Brünn. 1916 wurde er d e m wissenschaftliche Komitee f ü r Kriegswirtschaft im Kriegsministerium zugeteilt. 1919 folgte S. einem Ruf als o . P r o f . der Nationalökonomie und Gesellschaftslehre nach Wien und war 1931-38 Herausgeber des „Ständischen L e b e n s " und der „Zeitschrift f ü r Volkswirtschaft". 1933 wurde er korrespondierendes Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften in Wien. Nach d e m „Anschluß" Österreichs 1938 wurde er monatelang von den Nationalsozialisten interniert und lebte dann, mit Lehrverbot belegt, zurückgezogen auf seinem Besitz im Burgenland. S. begründete den Universalismus in der Volkswirtschafts- und Gesellschaftslehre, forderte in seiner Lehre vom „wahren Staat" eine Neuordnung von Wirtschaft und Gesellschaft auf berufsständischer Grundlage und k ä m p f t e damit zugleich gegen alle Strömungen des Liberalismus und Marxismus. In Der wahre Staat. Vorlesungen über Abbruch und Neubau der Gesellschaft (1921, 5 1972) unternahm er den Versuch einer „logischen" Widerlegung des demokratischen Staatsgedankens. S. veröffentlichte u . a . Die Haupttheorien der Volkswirtschaftslehre (1910, 2 7 1967), Fundament der Volkswirtschaftslehre (1918, 5 1967), Gesellschaftslehre (1921, 4 1938), Kategorienlehre (1924, 3 1939), Geschichtsphilosophie (1932), Philosophenspiegel. Die Hauptlehren der Philosophie begrifflich und lehrgeschichtlich dargestellt ( 1 9 3 3 , 3 1 9 7 0 ) und Religionsphilosophie auf geschichtlicher Grundlage (1947). Er gab Die Herdflamme. Sammlung der gesellschafts-wissenschaftlichen Grundwerke aller Zeiten und Völker (1922 ff.) heraus. S.s Gesammelte Werke erschienen 1963-79 in 21 Bänden (hrsg. von W . Heinrich u. a.). CP Ö B L
Spanner,
Rudolf (Maria), Anatom, * 17.4. 1895 Metternich (heute zu Koblenz), t 3 1 . 8 . 1 9 6 0 Köln. S. nahm als Feldhilfsarzt am Ersten Weltkrieg teil, Schloß das Studium der Medizin 1919 in Köln mit der Promotion ab, arbeitete am Senckenbergischen Institut in F r a n k f u r t / M a i n
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Spannocchi und am Anatomischen Institut in Hamburg und habilitierte sich 1924. 1925-29 Privatdozent und 1929-38 a. o . P r o f . an der Univ. Kiel, war er vorübergehend Prosektor am Anatomischen Institut der Univ. Jena und wurde 1939 in Köln zum o. Prof. ernannt. 1939-45 leitete er das Anatomische Institut der Medizinischen Akademie in Danzig, wo er unter Verwendung der Leichen von Patienten aus psychiatrischen Kliniken und Häftlingen des Konzentrati